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e1fac688-8064-4fe8-93ea-68653525ae8b | Sachverhalt
ab Seite 264
BGE 145 IV 263 S. 264
A.
Die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat führt ein Strafverfahren gegen A. betreffend Drohung, Sachbeschädigung, einfache Körperverletzung und eventuell Hausfriedensbruch. Das Verfahren betrifft einen Vorfall vom 15. Januar 2018, anlässlich dessen A. beim Verlassen einer Arztpraxis mit einem Brecheisen die Eingangstüre aus Glas, einen Blumentopf und die Dachrinne beschädigte. Zuvor soll er den Arzt und dessen Mitarbeiter bedroht haben. Ersterer soll zudem durch Glassplitter oberflächliche Schnittwunden erlitten haben. Am 9. Juli 2018 verfügte die Staatsanwaltschaft, dass von einem bereits vorhandenen Wangenschleimhautabstrich von A. ein DNA-Profil zu erstellen sei.
B.
Gegen diese Verfügung gelangte A. an das Obergericht des Kantons Zürich. Mit Beschluss vom 15. November 2018 wies dieses sein Rechtsmittel ab, soweit darauf einzutreten sei.
BGE 145 IV 263 S. 265
C.
Mit Beschwerde in Strafsachen vom 7. Januar 2019 an das Bundesgericht beantragt A., den Entscheid des Obergerichts aufzuheben sowie die unverzügliche Löschung des DNA-Profils anzuordnen, soweit dieses bereits erstellt worden sei. (...)
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
(Auszug) Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
3.1
Die Vorinstanz erachtet die Erstellung eines DNA-Profils weder für die Abklärung der dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem Vorfall in der Arztpraxis zur Last gelegten Straftaten noch für die ihm in einem weiteren Strafverfahren vorgeworfenen Widerhandlungen gegen das Waffengesetz als erforderlich. Sie verneint zudem konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer sonst Straftaten begangen haben oder in solche verwickelt gewesen sein könnte, weshalb die Erstellung eines DNA-Profils auch insoweit nicht notwendig sei. Die Profilerstellung sei jedoch mit Blick auf mögliche künftige Sachbeschädigungen gerechtfertigt.
3.2
Der Beschwerdeführer hält Letzteres für bundesrechtswidrig. Für die Erstellung eines DNA-Profils im Hinblick auf allfällige künftige Straftaten mangle es an einer gesetzlichen Grundlage. Da ein konkretes Delikt fehle, bestehe auch kein hinreichender Tatverdacht, wie ihn
Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO
für die Anordnung von Zwangsmassnahmen voraussetze. Die Erstellung eines DNA-Profils sei weiter unverhältnismässig. Insbesondere bestünden keine konkreten und erheblichen Anhaltspunkte dafür, dass er künftig Straftaten - noch dazu solche, welche die Profilerstellung rechtfertigen würden - begehen werde. Derartige Anhaltspunkte vermöchten das Erfordernis des hinreichenden Tatverdachts zudem nicht zu ersetzen.
3.3
Gemäss
Art. 255 Abs. 1 lit. a StPO
kann von der beschuldigten Person zur Aufklärung eines Verbrechens oder eines Vergehens eine Probe genommen und ein DNA-Profil erstellt werden. Aus diesem Wortlaut könnte zwar abgeleitet werden, ein solches Vorgehen sei nur möglich zur Abklärung bereits begangener und den Strafverfolgungsbehörden bekannter Delikte, deren die beschuldigte Person verdächtigt wird. Gemäss ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung, an welcher der vom Beschwerdeführer zitierte
BGE 141 IV 87
nichts Grundsätzliches geändert hat, entspricht eine derartige enge Auslegung jedoch nicht Sinn und Zweck der Bestimmung. Wie aus
Art. 259
BGE 145 IV 263 S. 266
StPO
in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 lit. a des Bundesgesetzes vom 20. Juni 2003 über die Verwendung von DNA-Profilen im Strafverfahren und zur Identifizierung von unbekannten oder vermissten Personen (DNA-Profil-Gesetz; SR 363) klarer hervorgeht, muss die Erstellung eines DNA-Profils es vielmehr auch erlauben, Täter von Delikten zu identifizieren, die den Strafverfolgungsbehörden noch unbekannt sind. Dabei kann es sich um vergangene oder künftige Delikte handeln. Das DNA-Profil kann so Irrtümer bei der Identifikation einer Person und die Verdächtigung Unschuldiger verhindern. Es kann auch präventiv wirken und damit zum Schutz Dritter beitragen (vgl. Urteile 1B_13/2019 und 1B_14/2019 je vom 12. März 2019 jeweils E. 2.1; 1B_274/2017 vom 6. März 2018 E. 2.1 mit Hinweis; 1B_244/2017 vom 7. August 2017 E. 2.1 mit Hinweisen; 1B_685/2011 vom 23. Februar 2012 E. 3.4, in: SJ 2012 I S. 440). Dies entspricht der überwiegenden Lehrmeinung (vgl. SCHMID/JOSITSCH, Schweizerische Strafprozessordnung [StPO], 3. Aufl. 2018, N. 2 zu
Art. 255 StPO
;
dies.
, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 3. Aufl. 2017, N. 1093; JEANNERET/KUHN, Précis de procédure pénale, 2. Aufl. 2018, N. 14048; MOREILLON/PAREIN-REYMOND, CPP, Code de procédure pénale, 2. Aufl. 2016, N. 5 zu 255 StPO; CAMILLE PERRIER DEPEURSINGE, Code de procédure pénale suisse [CPP] annoté, 2015, S. 329; THOMAS HANSJAKOB, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2. Aufl. 2014, N. 11 f. zu
Art. 255 StPO
; JO PITTELOUD, Code de procédure pénale suisse [CPP], 2012, N. 605 zu
Art. 255 StPO
; kritisch: FRANZ RIKLIN, StPO Kommentar, 2. Aufl. 2014, N. 1 zu
Art. 255 StPO
; NIKLAUS RUCKSTUHL, Strafprozessrecht: neue Entwicklungen, Anwaltsrevue 2011 S. 324; RUCKSTUHL/DITTMANN/ARNOLD, Strafprozessrecht, 2011, N. 783 ff.; a.M.: FRICKER/MAEDER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, Bd. II, 2. Aufl. 2014, N. 7e f. zu
Art. 255 StPO
; STEFAN MAEDER, Bemerkungen zum Urteil des Bundesgerichts 6B_718/2014 vom 12. Dezember 2014 [teilweise publ. in:
BGE 141 IV 87
], AJP 2015 S. 531 ff.; ANNINA MULLIS, Grenzen präventiver erkennungsdienstlicher Behandlung und DNA-Probenahme, forumpoenale 2015 S. 310 f.).
Bei der Auslegung von
Art. 255 Abs. 1 lit. a StPO
kommt demnach dem teleologischen Auslegungselement entscheidende Bedeutung zu. Soweit der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die weiteren Auslegungselemente, insbesondere die Gesetzessystematik, eine engere Auslegung als zutreffend erachtet, vermag er die bundesgerichtliche
BGE 145 IV 263 S. 267
Rechtsprechung nicht in Frage zu stellen. An dieser bzw. der erwähnten weiten Auslegung ist vorliegend deshalb festzuhalten, ohne dass im Einzelnen auf die Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen ist. Mit
Art. 255 Abs. 1 lit. a StPO
liegt somit auch für die hier strittige Erstellung eines DNA-Profils im Hinblick auf allfällige künftige Delikte eine gesetzliche Grundlage vor.
3.4
Erkennungsdienstliche Massnahmen und die Aufbewahrung der Daten können das Recht auf persönliche Freiheit (
Art. 10 Abs. 2 BV
) und auf informationelle Selbstbestimmung (
Art. 13 Abs. 2 BV
und
Art. 8 EMRK
;
BGE 136 I 87
E. 5.1 S. 101;
BGE 128 II 259
E. 3.2 S. 268; je mit Hinweisen) berühren. Dabei ist von einem leichten Grundrechtseingriff auszugehen (
BGE 144 IV 127
E. 2.1 S. 133;
BGE 134 III 241
E. 5.4.3 S. 247;
BGE 128 II 259
E. 3.3 S. 269 f.). Einschränkungen von Grundrechten bedürfen nicht nur einer gesetzlichen Grundlage, sondern müssen auch durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt und verhältnismässig sein (
Art. 36 Abs. 1-3 BV
).
Art. 255 StPO
erlaubt nicht die routinemässige Entnahme von DNA-Proben und deren Analyse. Dies konkretisiert
Art. 197 Abs. 1 StPO
. Danach können Zwangsmassnahmen nur ergriffen werden, wenn ein hinreichender Tatverdacht vorliegt (lit. b), die damit angestrebten Ziele nicht durch mildere Massnahmen erreicht werden können (lit. c) und die Bedeutung der Straftat die Zwangsmassnahme rechtfertigt (lit. d). Nach der Rechtsprechung ist die Erstellung eines DNA-Profils, das nicht der Aufklärung der Straftaten eines laufenden Strafverfahrens dient, nur dann verhältnismässig, wenn erhebliche und konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die beschuldigte Person in andere - auch künftige - Delikte verwickelt sein könnte. Dabei muss es sich allerdings um Delikte von einer gewissen Schwere handeln (vgl.
BGE 141 IV 87
E. 1.3 und 1.4 S. 90 ff.; Urteile 1B_13/2019 und 1B_14/2019 je vom 12. März 2019 jeweils E. 2.2; 1B_244/2017 vom 7. August 2017 E. 2.2 und 1B_274/2017 vom 6. März 2017 E. 2.1; je mit Hinweisen). Zu berücksichtigen ist auch, ob die beschuldigte Person vorbestraft ist (vgl. Urteil 1B_381/2015 vom 23. Februar 2016 E. 3.5); trifft dies nicht zu, schliesst das die Erstellung eines DNA-Profils jedoch nicht aus, sondern es fliesst als eines von vielen Kriterien in die Gesamtabwägung ein und ist entsprechend zu gewichten (Urteile 1B_13/2019 und 1B_14/2019 je vom 12. März 2019 jeweils E. 2.2).
Dass es bezüglich allfälliger künftiger Straftaten keinen hinreichenden Tatverdacht im Sinne von
Art. 197 Abs. 1 StPO
geben kann, steht der Erstellung eines DNA-Profils im Hinblick auf derartige Delikte
BGE 145 IV 263 S. 268
demnach nicht entgegen. Ein solcher Verdacht muss zwar hinsichtlich der Tat bestehen, die Anlass zur Probenahme oder Profilerstellung gibt (vgl. SCHMID/JOSITSCH, a.a.O., N. 2 zu
Art. 255 StPO
). In Bezug auf allfällige künftige Straftaten genügen aber Anhaltspunkte im genannten Sinn. Soweit der Beschwerdeführer Gegenteiliges vorbringt und die strittige Profilerstellung auch aus diesem Grund für bundesrechtswidrig hält, erweist sich dies daher als unbegründet. Daran ändert sein in diesem Zusammenhang wiederholtes Argument, es fehle an einer gesetzlichen Grundlage für die Erstellung eines DNA-Profils im Hinblick auf allfällige künftige Straftaten, nichts, ist dies doch, wie ausgeführt, unzutreffend. Näher zu prüfen ist nachfolgend hingegen sein Vorbringen, die strittige Profilerstellung sei unverhältnismässig. | mixed |
06cfc8f1-e60e-436f-8a26-7fd663b503dc | Sachverhalt
ab Seite 128
BGE 144 IV 127 S. 128
A.
Selon le rapport de police du 11 août 2015, une personne inconnue a, le 24 juin 2015, tué une chèvre de chamois allaitante et l'a fixée contre une paroi du stand de tir de B. à côté d'un panneau sur lequel était écrit "JE SUI D.". La procédure pénale ouverte à la suite de la dénonciation du garde-chasse D. et de la plainte de B. a été suspendue le 20 octobre 2015, faute d'élément permettant d'identifier un auteur potentiel.
Le 3 mars 2016, le Ministère public de l'Office régional du Bas-Valais a mandaté la police notamment pour entendre E., F.A., G., H.A. et I. en qualité de personnes appelées à donner des renseignements et leur demander s'ils étaient disposés à se soumettre aux formalités ADN. L'échantillon prélevé sur la personne de H.A. a été transmis pour analyse à fin juillet 2016 et, selon le courrier électronique du 2 août 2016 d'un membre du personnel de l'unité de génétique forensique du Centre Hospitalier Universitaire Vaudois (CHUV), son profil ADN ne semblait pas correspondre aux traces trouvées sur les
BGE 144 IV 127 S. 129
lieux de l'infraction; il y avait cependant suffisamment de ressemblance entre les deux pour que les traces proviennent de quelqu'un de sa famille.
A.A. a été entendu, en tant que personne appelée à donner des renseignements, le 18 août 2016 par la police, audition durant laquelle il a accepté qu'un prélèvement ADN soit effectué sur sa personne. Le 8 septembre 2016, le rapport de l'unité de génétique forensique du CHUV a conclu que l'ADN trouvé sur les lieux de l'infraction correspondrait très probablement à celui de A.A. Mis en prévention pour menaces contre les autorités et fonctionnaires, voire violation de la loi fédérale du 20 juin 1986 sur la chasse et la protection des mammifères et oiseaux sauvages (LChP; RS 922.0), celle du 16 décembre 2005 sur la protection des animaux (LPA; RS 455) et dommages à la propriété, A.A. a été entendu le 12 décembre 2016 et a contesté toute implication dans les faits examinés.
Les 23 janvier et 3 mars 2017, A.A. a demandé au Ministère public le retrait du dossier du procès-verbal de son audition du 12 décembre 2016, ainsi que celui du rapport de l'unité de génétique forensique du CHUV du 8 septembre 2016, soutenant que ces documents constituaient des preuves illicites. Par décision du 7 mars 2017, cette requête a été rejetée par le Ministère public, autorité qui a procédé à l'audition du prévenu le lendemain.
B.
Le 6 octobre 2017, A.A. a déposé un recours contre l'ordonnance susmentionnée, concluant au retrait et à la destruction des prélèvements ADN le concernant, du rapport d'analyse y relatif, ainsi que des procès-verbaux des auditions du 12 décembre 2016 et du 8 mars 2017.
La Chambre pénale du Tribunal cantonal du Valais a, par décision du 31 août 2017, partiellement admis ce recours. Elle a considéré que, si les prélèvements ADN mis en oeuvre par la police étaient légitimes au regard des soupçons pesant sur A.A., l'analyse des échantillons n'avait en revanche pas été ordonnée par le Ministère public, seule autorité pourtant compétente; cela constituait une violation des règles de validité que la poursuite des infractions en cause ou l'intérêt public à la résolution de celles-ci ne justifiaient pas. La cour cantonale a ainsi ordonné le retrait de ces preuves du dossier. Elle a précisé que la loi ne prévoyait pas la destruction immédiate des échantillons. Quant aux procès-verbaux des deux auditions litigieuses, la juridiction cantonale a estimé que les autorités avaient des soupçons à l'encontre de A.A. après la réception du courrier électronique du
BGE 144 IV 127 S. 130
2 août 2016, étant ainsi plausible que, même sans l'analyse ADN, de nouvelles auditions du susmentionné auraient été entreprises et d'autres mesures d'instruction mises en oeuvre; la preuve illicite n'était ainsi pas la condition nécessaire à l'administration des preuves en cause.
C.
Par acte du 4 octobre 2017, A.A. forme un recours en matière pénale contre cet arrêt, concluant à sa réforme en ce sens que les échantillons ADN prélevés le 18 août 2016 soient immédiatement détruits et que les procès-verbaux des 12 décembre 2016 et 8 mars 2017 soient retirés du dossier pénal y et conservés à part jusqu'à la clôture définitive de la procédure. A titre subsidiaire, il demande l'annulation de l'arrêt attaqué et le renvoi de la cause à l'autorité précédente.
Le Tribunal fédéral a admis ce recours dans la mesure où il était recevable et ordonné la destruction des échantillons ADN.
(résumé) Erwägungen
Extrait des considérants:
1.
(...)
1.3
Une décision relative à l'exploitation des moyens de preuve (
art. 140 et 141 CPP
) ne met pas fin à la procédure pénale; elle a donc un caractère incident. Le recours en matière pénale contre une telle décision n'est dès lors recevable qu'aux conditions de l'
art. 93 al. 1 let. a LTF
, soit en présence d'un préjudice irréparable, l'
art. 93 al. 1 let. b LTF
n'étant généralement pas applicable en matière pénale (
ATF 141 IV 284
consid. 2 p. 286).
1.3.1
En matière pénale, le préjudice irréparable au sens de l'
art. 93 al. 1 let. a LTF
se rapporte à un dommage de nature juridique qui ne puisse pas être réparé ultérieurement par un jugement final ou une autre décision favorable au recourant. Le seul fait qu'un moyen de preuve dont la validité est contestée demeure au dossier ne constitue en principe pas un tel préjudice, dès lors qu'il est possible de renouveler ce grief jusqu'à la clôture définitive de la procédure. En particulier, la question de la légalité des moyens de preuve peut être soumise au juge du fond (
art. 339 al. 2 let
. d CPP), autorité dont il peut être attendu qu'elle soit en mesure de faire la distinction entre les moyens de preuve licites et ceux qui ne le seraient pas, puis de fonder son appréciation en conséquence. Les motifs retenus par le juge de première instance peuvent ensuite être contestés dans le
BGE 144 IV 127 S. 131
cadre d'un appel (cf.
art. 398 ss CPP
) et, en dernier ressort, le prévenu peut remettre en cause ce jugement devant le Tribunal fédéral (
art. 78 ss LTF
;
ATF 143 IV 387
consid. 4.4 p. 394 et les arrêts cités).
Cette règle comporte toutefois des exceptions. Tel est notamment le cas lorsque la loi prévoit expressément la restitution immédiate, respectivement la destruction immédiate, des preuves illicites (cf. par exemple les art. 248, 271 al. 3, 277 et 289 al. 6 CPP). Il en va de même quand, en vertu de la loi ou de circonstances spécifiques liées au cas d'espèce, le caractère illicite des moyens de preuve s'impose d'emblée. De telles circonstances ne peuvent être admises que dans la situation où l'intéressé fait valoir un intérêt juridiquement protégé particulièrement important à un constat immédiat du caractère inexploitable de la preuve (
ATF 143 IV 387
consid. 4.4 p. 394 et les arrêts cités).
1.3.2
La cour cantonale a ordonné (1) le retrait du dossier du rapport d'analyse ADN (cf.
art. 141 al. 2 et 5 CPP
), ainsi que (2) celui des échantillons ADN. Elle a en revanche considéré que (3) les procès-verbaux des auditions du 12 décembre 2016 et du 8 mars 2017 devaient être maintenus au dossier.
Devant le Tribunal fédéral, seules les deux dernières problématiques sont remises en cause.
1.3.3
Par rapport tout d'abord aux prélèvements ADN, le recourant soutient que ceux-ci ne devraient pas être uniquement retirés du dossier pénal (
art. 141 al. 5 CPP
), mais devraient être immédiatement détruits en application de l'art. 9 al. 1 let. b de la loi fédérale du 20 juin 2003 sur l'utilisation de profils d'ADN dans les procédures pénales et sur l'identification de personnes inconnues ou disparues (loi sur les profils d'ADN; RS 363).
Cette disposition prévoit notamment que l'autorité qui a ordonné la mesure fait procéder à la destruction de l'échantillon prélevé sur une personne après trois mois à compter du jour du prélèvement si cette autorité n'a pas prescrit d'analyse. Au stade de la recevabilité, le recourant paraît donc pouvoir se prévaloir d'une règle légale permettant, le cas échéant, la destruction immédiate de ses prélèvements ADN. Partant, l'existence d'un préjudice irréparable doit être admis et le recours est, sur ce point, recevable.
1.3.4
S'agissant ensuite du maintien au dossier des deux procès-verbaux litigieux, le recourant soutient que leur caractère illicite
BGE 144 IV 127 S. 132
"s'impos[er]ait manifestement d'emblée", vu l'illicéité constatée par la cour cantonale du rapport d'analyse ADN; sans les conclusions de celui-ci, le recourant n'aurait en effet pas été convoqué aux auditions des 12 septembre 2016 et 8 mars 2017 et n'aurait pas fait les déclarations alors effectuées.
Selon la teneur de l'
art. 141 al. 4 CPP
, si un moyen de preuve est recueilli grâce à une preuve non exploitable au sens de l'
art. 141 al. 2 CPP
, il n'est pas exploitable lorsqu'il n'aurait pas pu être recueilli sans l'administration de la première preuve. Contrairement ainsi à ce que soutient le recourant, l'éventuel caractère illicite des preuves dérivées n'exclut pas à lui seul toute exploitation de celles-ci au cours de la procédure. La loi ne prévoit pas non plus leur destruction immédiate (cf.
art. 141 al. 5 CPP
). De plus, les soupçons contre le recourant paraissent découler du courrier électronique du 2 août 2016 - soit antérieurement à l'analyse ADN -, de sorte qu'il n'est pas non plus d'emblée manifeste que les conditions posées à l'
art. 141 al. 4 CPP
pour déclarer une preuve dérivée inexploitable soient réalisées. Il appartenait en conséquence au recourant de démontrer en quoi le refus, à ce stade de l'instruction, de retirer les pièces litigieuses constituait un préjudice irréparable qu'une décision ultérieure ne permettrait pas de réparer.
En l'absence d'explication circonstanciée, il n'y a pas lieu de se distancer de la jurisprudence en matière d'exploitation des preuves - découlant certes principalement de l'
art. 141 al. 2 CPP
- rappelée ci-dessus. Le recourant ne soutient au demeurant pas qu'une éventuelle application de l'
art. 141 al. 4 CPP
ne pourrait plus être invoquée devant le juge du fond.
Partant, le recours est irrecevable sur ce point.
2.
(...)
2.1
Le Code de procédure pénale prévoit des dispositions spéciales en matière d'analyse de l'ADN (art. 255 à 258 CPP). Il s'ensuit que les articles prévus par la loi sur les profils d'ADN s'agissant des conditions de prélèvements et d'analyse de l'ADN (section 2 de cette loi) ne s'appliquent pas.
En vertu toutefois du renvoi prévu à l'
art. 259 CPP
, la loi sur les profils d'ADN continue notamment de réglementer l'organisation de l'analyse (section 3; art. 8 s. de la loi sur les profils d'ADN; arrêts 1B_277/2013 du 15 avril 2014 consid. 4.3.2, in Pra 2014 n. 97 p. 765; 1B_685/2011 du 23 février 2012 consid. 3.2, in SJ 2012 I p. 440;
BGE 144 IV 127 S. 133
MOREILLON/PAREIN-REYMOND, CPP, Code de procédure pénale, 2
e
éd. 2016, n° 1 ad remarques préliminaires aux art. 255 à 259 CPP; FRICKER/MAEDER, in Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2
e
éd. 2014, n° 1 ad
art. 259 CPP
; NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung [StPO], Praxiskommentar, 2
e
éd. 2013, n° 4 ad vor
Art. 255-259 CPP
; SANDRINE ROHMER, in Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, n° 2 ad
art. 259 CPP
).
L'art. 9 de la loi sur les profils d'ADN relatif à la destruction des échantillons est ainsi applicable (MOREILLON/PAREIN-REYMOND, op. cit., n° 3 ad
art. 259 CPP
; FRICKER/MAEDER, op. cit., n
os
39 s. ad
art. 255 CPP
; JEANNERET/KUHN, Précis de procédure pénale, 2013, n. 14043 p. 281; ROHMER, op. cit., n° 5 ad
art. 259 CPP
). Cette disposition prévoit que l'autorité qui a ordonné la mesure fait procéder à la destruction de l'échantillon prélevé sur une personne si le profil d'ADN de la personne en cause a déjà été établi (art. 9 al. 1 let. a); après trois mois, à compter du jour du prélèvement, si cette autorité n'a pas prescrit d'analyse (art. 9 al. 1 let. b); s'il s'est avéré que la personne en cause ne peut être l'auteur du crime ou du délit (
art. 9 al. 1 let
. c); après l'identification de la personne dans les cas prévus à l'art. 6 de cette loi (
art. 9 al. 1 let
. d).
En matière d'identification de personnes, un prélèvement ADN, notamment par frottis de la muqueuse, et son analyse constituent des atteintes - certes légères (
ATF 134 III 241
consid. 5.4.3 p. 247;
ATF 128 II 259
consid. 3.3 p. 269 s.) - à la liberté personnelle, à l'intégrité corporelle (
art. 10 al. 2 Cst.
), respectivement à la sphère privée (
art. 13 al. 1 Cst.
), ainsi qu'au droit à l'autodétermination en matière de données personnelles (
art. 13 al. 2 Cst.
et 8 CEDH;
ATF 136 I 87
consid. 5.1 p. 101;
ATF 128 II 259
consid. 3.2 p. 268). Les limitations des droits constitutionnels doivent être justifiées par un intérêt public et respecter le principe de proportionnalité (
art. 36 al. 2 et 3 Cst.
et 197 al. 1 CPP). L'atteinte à la sphère privée persiste à tout le moins aussi longtemps que les données signalétiques demeurent accessibles aux agents de police ou qu'elles peuvent être prises en considération, voire transmises, dans le cadre de demandes de renseignements présentées par des autorités (
ATF 137 I 167
consid. 3.2 p. 172 s.)
2.2
La cour cantonale a considéré que dès lors que les conditions posées à l'
art. 9 al. 1 let
. c de la loi sur les profils d'ADN n'étaient pas réalisées, les échantillons d'ADN du recourant ne devaient pas être détruits.
BGE 144 IV 127 S. 134
Sous l'angle de cette seule lettre, le raisonnement de l'autorité précédente ne prête pas le flanc à la critique et le recourant ne le soutient d'ailleurs pas. Il se prévaut en revanche de l'un des autres motifs prévus par l'art. 9 al. 1 de la loi sur les profils d'ADN, soit la lettre b, pour obtenir la destruction de ses échantillons. Il y a donc lieu de déterminer si le défaut de réalisation de l'un des motifs prévus à l'art. 9 al. 1 - soit la lettre c - suffit à exclure toute application d'une autre lettre de cette disposition, soit notamment celle de la lettre b.
Le texte légal - y compris dans ses versions allemande et italienne - ne comporte aucune indication permettant de retenir que les conditions prévues aux différentes lettres devraient être réunies cumulativement pour obtenir la destruction des prélèvements ADN. De plus, du point de vue de la systématique, les motifs prévus à l'art. 9 al. 1 de la loi sur les profils d'ADN sont placés sur un même niveau hiérarchique (lettres), sans que l'un n'apparaisse ainsi déterminant par rapport aux autres, sous réserve peut-être de leur ordre. La disposition ne concernant a priori que le prévenu (cf. la lettre c) n'a pas non plus été placée dans un article particulier, paraissant dès lors constituer uniquement un motif supplémentaire pour celui-ci. Sa position après la lettre b - d'application plus générale - ne permet d'ailleurs pas d'emblée d'exclure que les conditions relatives à la lettre b (défaut d'analyse ordonnée dans les trois mois) ne devraient pas être examinées préalablement et que la lettre c n'entrerait dès lors en considération que dans une phase ultérieure (application en cascade), soit dans l'hypothèse où une analyse a été demandée en temps utile par l'autorité compétente; la conservation des échantillons peut, dans une telle situation se justifier à des fins de vérification des analyses effectuées (cf. le Message du 8 novembre 2000 relatif à la loi fédérale sur l'utilisation de profils d'ADN dans le cadre d'une procédure pénale et sur l'identification de personnes inconnues ou disparues [FF 2001 19, 39]).
Les travaux préparatoires de la loi sur les profils d'ADN ne permettent pas non plus de retenir que le défaut de réalisation de l'un des motifs prévus à l'art. 9 al. 1 de la loi sur les profils d'ADN exclurait toute destruction en application de l'une des autres possibilités. Le Conseil fédéral a ainsi formulé ses commentaires en lien avec les motifs des lettres b et c dans des paragraphes différents (cf. le Message précité [FF 2001 19, 39]), ce qui penche pour une applicationindépendante de chacun de ces motifs. Si la commission du Conseil National a proposé une légère modification de cette disposition par
BGE 144 IV 127 S. 135
rapport au projet (let. c: "s'il s'est avéré que la personne en cause ne
pouvait
être l'auteur du crime ou du délit" par "s'il s'est avéré que la personne en cause ne
peut
être l'auteur du crime ou du délit"), celle-ci a été ensuite adoptée sans discussion tant par le Conseil National (BO 2002 CN 1239) que par le Conseil des Etats (BO 2003 CE 366). Enfin la doctrine utilise le terme "ou" - "oder" - lorsqu'elle fait état des hypothèses prévues par cette disposition (FRICKER/MAEDER, op. cit., n
o
40 ad
art. 255 CPP
; ROHMER, op. cit., n° 5 ad
art. 259 CPP
; SANDRINE ROHMER, Spécificité des données génétiques et protection de la sphère privée, les exemples des profils d'ADN dans la procédure pénale et du diagnostic génétique, 2006, n. 3/a p. 120).
Au regard de l'ensemble de ces considérations, rien ne permet de considérer que, dans le cas où un prévenu serait en cause, l'art. 9 al. 1 let. b de la loi sur les profils d'ADN n'entrerait pas en considération tant que les conditions de la lettre c de cette même disposition ne seraient pas réalisées. Partant, la cour cantonale ne pouvait pas, sans violer le droit fédéral, limiter son examen à l'
art. 9 al. 1 let
. c de la loi sur les profils d'ADN pour exclure la destruction des échantillons ADN du recourant. Ce grief doit être admis.
2.3
Les conditions imposant la destruction des échantillons en application de l'art. 9 al. 1 let. b de la loi sur les profils d'ADN sont remplies en l'espèce.
En effet, les prélèvements ont été opérés par la police le 18 août 2016 et la juridiction cantonale a constaté, dans son arrêt du 31 août 2017, que l'analyse des échantillons d'ADN n'avait pas été ordonnée valablement - et par conséquent en temps utile - par le Ministère public, autorité compétente en la matière à ce stade de la procédure (
ATF 141 IV 87
consid. 1.3.2 p. 90 s.). Par conséquent, les échantillons en cause doivent être détruits. | mixed |
eb45c000-82aa-491b-ae39-b84d02eb9eb1 | 832.102 1 / 132 Verordnung über die Krankenversicherung (KVV) vom 27. Juni 1995 (Stand am 1. Januar 2023) Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf Artikel 81 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 20001 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG), auf Artikel 96 des Bundesgesetzes vom 18. März 19942 über die Krankenversicherung (Gesetz/KVG), auf Artikel 82 Absatz 2 des Heilmittelgesetzes vom 15. Dezember 20003 (HMG) und auf Artikel 46a des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 19974 (RVOG),5 verordnet: 1. Teil: Obligatorische Krankenpflegeversicherung 1. Titel: Versicherungspflicht 1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen 1. Abschnitt: Versicherungspflichtige Personen Art. 1 Versicherungspflicht 1 Personen mit Wohnsitz in der Schweiz nach den Artikeln 23–26 des Zivilgesetzbu- ches6 (ZGB) unterstehen der Versicherungspflicht nach Artikel 3 des Gesetzes. 2 Versicherungspflichtig sind zudem: a.7 Ausländer und Ausländerinnen mit einer Kurzaufenthalts- oder Aufenthalts- bewilligung nach den Artikeln 32 und 33 des Bundesgesetzes vom 16. De- zember 20058 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integra- tion (AIG), die mindestens drei Monate gültig ist; AS 1995 3867 1 SR 830.1 2 SR 832.10 3 SR 812.21 4 SR 172.010 5 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 9. Dez. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 4927). 6 SR 210 7 Fassung gemäss Ziff. I 4 der V vom 24. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5627). 8 SR 142.20. Der Titel wurde in Anwendung von Art. 12 Abs. 2 des Publikationsgesetzes vom 18. Juni 2004 (SR 170.512) auf den 1. Jan. 2019 angepasst. Diese Anpassung wurde im ganzen Text vorgenommen. 832.102 Kranken- und Unfallversicherung 2 / 132 832.102 b.9 unselbstständig erwerbstätige Ausländer und Ausländerinnen, deren Kurz- aufenthaltsbewilligung weniger als drei Monate gültig ist, sofern sie für Be- handlungen in der Schweiz nicht über einen gleichwertigen Versicherungs- schutz verfügen; c.10 Personen, die ein Asylgesuch in der Schweiz nach Artikel 18 des Asylgesetzes vom 26. Juni 199811 (AsylG) gestellt haben, und Personen, welchen nach Ar- tikel 66 des AsylG vorübergehender Schutz gewährt wurde, sowie Personen, für welche die vorläufige Aufnahme nach Artikel 83 AIG verfügt worden ist; d.12 Personen, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union wohnen und nach dem in Artikel 95a Absatz 1 des Gesetzes genannten Abkommen vom 21. Juni 199913 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft sowie ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen) sowie seinem Anhang II der schweizerischen Versicherung unterstellt sind; e.14 Personen, die in Island oder Norwegen wohnen und nach dem in Artikel 95a Absatz 2 des Gesetzes genannten Abkommen vom 21. Juni 200115 zur Ände- rung des Übereinkommens zur Errichtung der Europäischen Freihandelsasso- ziation (EFTA-Abkommen), seinem Anhang K und Anlage 2 zu Anhang K der schweizerischen Versicherung unterstellt sind; ebis.16 Personen, die in einem Staat wohnen, mit dem ein Abkommen über soziale Sicherheit besteht, und die aufgrund dieses Abkommens der schweizerischen Versicherung unterstellt sind; f.17 Personen mit einer Kurzaufenthalts- oder einer Aufenthaltsbewilligung nach dem Freizügigkeitsabkommen oder dem EFTA-Abkommen, die mindestens drei Monate gültig ist; 9 Fassung gemäss Ziff. I 4 der V vom 24. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5627). 10 Fassung gemäss Ziff. I 4 der V vom 24. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5627). 11 SR 142.31 12 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 3. Juli 2001 (AS 2002 915). Fassung gemäss Ziff. I 1 der V vom 26. Okt. 2022 über die Änderung von Verordnungen im Bereich der Kranken- versicherung zur Umsetzung des Abkommens zur Koordinierung der sozialen Sicherheit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 658). 13 SR 0.142.112.681 14 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 3. Juli 2001 (AS 2002 915). Fassung gemäss Ziff. I 1 der V vom 26. Okt. 2022 über die Änderung von Verordnungen im Bereich der Kranken- versicherung zur Umsetzung des Abkommens zur Koordinierung der sozialen Sicherheit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 658). 15 SR 0.632.31 16 Eingefügt durch Ziff. I 1 der V vom 26. Okt. 2022 über die Änderung von Verordnungen im Bereich der Krankenversicherung zur Umsetzung des Abkommens zur Koordinierung der sozialen Sicherheit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Verei- nigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 658). 17 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 22. Mai 2002, in Kraft seit 1. Juni 2002 (AS 2002 1633). Krankenversicherung. V 3 / 132 832.102 g.18 Personen, die während längstens drei Monaten in der Schweiz erwerbstätig sind und nach dem Freizügigkeitsabkommen oder dem EFTA-Abkommen hierfür keine Aufenthaltsbewilligung benötigen, sofern sie für Behandlungen in der Schweiz nicht über einen gleichwertigen Versicherungsschutz verfü- gen. Art. 2 Ausnahmen von der Versicherungspflicht 1 Es unterstehen nicht der Versicherungspflicht: a.19 aktive und pensionierte Bundesbedienstete, die nach Artikel 1a Absatz 1 Buchstabe b Ziffern 1–720 und Artikel 2 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 199221 über die Militärversicherung (MVG) der Militärversicherung unter- stellt sind; b. Personen, die sich ausschliesslich zur ärztlichen Behandlung oder zur Kur in der Schweiz aufhalten; c.22 Personen, die nach dem Freizügigkeitsabkommen23 sowie seinem Anhang II, dem EFTA-Abkommen24, seinem Anhang K und Anlage 2 zu Anhang K oder einem Abkommen über soziale Sicherheit wegen ihrer Erwerbstätigkeit in ei- nem anderen Staat den Rechtsvorschriften dieses Staates unterstellt sind; d.25 Personen, die wegen des Bezugs einer Leistung einer ausländischen Arbeits- losenversicherung nach dem Freizügigkeitsabkommen sowie seinem An- hang II oder dem EFTA-Abkommen, seinem Anhang K und Anlage 2 zu An- hang K den Rechtsvorschriften eines anderen Staates unterstellt sind; e.26 Personen, die keinen Anspruch auf eine schweizerische Rente haben, aber: 1. nach dem Freizügigkeitsabkommen sowie seinem Anhang II Anspruch auf eine Rente eines Mitgliedstaates der Europäischen Union haben, 18 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 3. Dez. 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2005 (AS 2004 5075). 19 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 11. Sept. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 3908). 20 Siehe: nach Art. 1a Abs. 1 Bst. b Ziff. 1-6 21 SR 833.1 22 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 22. Mai 2002 (AS 2002 1633). Fassung gemäss Ziff. I 1 der V vom 26. Okt. 2022 über die Änderung von Verordnungen im Bereich der Kran- kenversicherung zur Umsetzung des Abkommens zur Koordinierung der sozialen Sicher- heit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 658). 23 SR 0.142.112.681 24 SR 0.632.31 25 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 22. Mai 2002, in Kraft seit 1. Juni 2002 (AS 2002 1633). 26 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 22. Mai 2002 (AS 2002 1633). Fassung gemäss Ziff. I 1 der V vom 26. Okt. 2022 über die Änderung von Verordnungen im Bereich der Kran- kenversicherung zur Umsetzung des Abkommens zur Koordinierung der sozialen Sicher- heit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 658). Kranken- und Unfallversicherung 4 / 132 832.102 2. nach dem EFTA-Abkommen, seinem Anhang K und Anlage 2 zu An- hang K Anspruch auf eine isländische oder norwegische Rente haben, oder 3. nach dem Abkommen vom 9. September 202127 zur Koordinierung der sozialen Sicherheit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland (Abkommen mit dem Vereinigten Königreich) Anspruch auf eine briti- sche Rente haben; f.28 Personen, die als Familienangehörige einer unter den Buchstaben c, d oder e erwähnten Person in deren ausländischen Krankenversicherung mitversichert sind und entweder Anspruch auf Leistungsaushilfe haben oder für Behandlun- gen in der Schweiz über einen gleichwertigen Versicherungsschutz verfügen; g.29 Personen, die als Familienangehörige einer Person in deren ausländischen Krankenversicherung mitversichert sind und Anspruch auf Leistungsaushilfe haben. 2 Auf Gesuch hin von der Versicherungspflicht ausgenommen sind Personen, die nach dem Recht eines Staates, mit dem keine Regelung über die Abgrenzung der Versiche- rungspflicht besteht, obligatorisch krankenversichert sind, sofern der Einbezug in die schweizerische Versicherung für sie eine Doppelbelastung bedeuten würde und sie für Behandlungen in der Schweiz über einen gleichwertigen Versicherungsschutz verfü- gen. Dem Gesuch ist eine schriftliche Bestätigung der zuständigen ausländischen Stelle mit allen erforderlichen Angaben beizulegen.30 3 …31 4 Auf Gesuch hin von der Versicherungspflicht ausgenommen sind Personen, die sich im Rahmen einer Aus- oder Weiterbildung in der Schweiz aufhalten, wie namentlich Studierende, Schüler und Schülerinnen, Praktikanten und Praktikantinnen sowie Stagiaires, sowie die sie begleitenden Familienangehörigen im Sinne von Artikel 3 Absatz 2, sofern sie während der gesamten Geltungsdauer der Befreiung für Behand- lungen in der Schweiz über einen gleichwertigen Versicherungsschutz verfü- gen.32 Dem Gesuch ist eine schriftliche Bestätigung der zuständigen ausländischen Stelle mit allen erforderlichen Angaben beizulegen. Die zuständige kantonale Be- hörde kann die betreffende Person höchstens für drei Jahre von der Versicherungs- pflicht befreien. Auf Gesuch hin kann die Befreiung um höchstens drei weitere Jahre 27 SR 0.831.109.367.2 28 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 22. Mai 2002 (AS 2002 1633). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Juni 2003, in Kraft seit 1. Jan. 2004 (AS 2003 3249). 29 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 6. Juni 2003, in Kraft seit 1. Jan. 2004 (AS 2003 3249). 30 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 22. Mai 2002, in Kraft seit 1. Juni 2002 (AS 2002 1633). 31 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 22. Mai 2002, mit Wirkung seit 1. Juni 2002 (AS 2002 1633). 32 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Juni 2003, in Kraft seit 1. Jan. 2004 (AS 2003 3249). Krankenversicherung. V 5 / 132 832.102 verlängert werden. Die betreffende Person kann die Befreiung oder einen Verzicht auf die Befreiung ohne besonderen Grund nicht widerrufen.33 4bis …34 5 Auf Gesuch hin von der Versicherungspflicht ausgenommen sind in die Schweiz entsandte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, welche gestützt auf eine zwischen- staatliche Vereinbarung über soziale Sicherheit von der Beitragspflicht in der schwei- zerischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (AHV/IV) befreit sind, sowie die sie begleitenden Familienangehörigen im Sinne von Artikel 3 Absatz 2, wenn der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin sich verpflichtet, dafür zu sorgen, dass während der gesamten Geltungsdauer der Befreiung für Behandlungen in der Schweiz mindestens die Leistungen nach KVG versichert sind. Diese Regelung gilt sinngemäss auch für andere Personen, die gestützt auf eine zwischenstaatliche Vereinbarung durch eine Ausnahmebewilligung während eines vorübergehenden Aufenthaltes in der Schweiz von der Beitragspflicht in der AHV/IV befreit sind. Die betreffende Person und der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin können die Befreiung oder einen Verzicht auf die Befreiung nicht widerrufen.35 6 Auf Gesuch hin von der Versicherungspflicht ausgenommen sind Personen, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union wohnen, sofern sie nach dem Freizügig- keitsabkommen sowie seinem Anhang II von der Versicherungspflicht befreit werden können und nachweisen, dass sie im Wohnstaat und während eines Aufenthalts in ei- nem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union und in der Schweiz für den Krank- heitsfall gedeckt sind.36 7 Auf Gesuch hin von der Versicherungspflicht ausgenommen sind Personen, die über eine Aufenthaltsbewilligung für Personen ohne Erwerbstätigkeit nach dem Freizügig- keitsabkommen oder dem EFTA-Abkommen verfügen, sofern sie während der ge- samten Geltungsdauer der Befreiung für Behandlungen in der Schweiz über einen gleichwertigen Versicherungsschutz verfügen. Dem Gesuch ist eine schriftliche Be- stätigung der zuständigen ausländischen Stelle mit allen erforderlichen Angaben bei- zulegen. Die betreffende Person kann die Befreiung oder einen Verzicht auf die Be- freiung ohne besonderen Grund nicht widerrufen.37 8 Auf Gesuch hin von der Versicherungspflicht ausgenommen sind Personen, für wel- che eine Unterstellung unter die schweizerische Versicherung eine klare Verschlech- terung des bisherigen Versicherungsschutzes oder der bisherigen Kostendeckung zur Folge hätte und die sich auf Grund ihres Alters und/oder ihres Gesundheitszustandes 33 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Nov. 1996 (AS 1996 3139). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 3. Juli 2001, in Kraft seit 1. Juni 2002 (AS 2002 915). 34 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 3. Juli 2001 (AS 2002 915). Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 29. Nov. 2013, mit Wirkung seit 1. Jan. 2014 (AS 2013 4523). Siehe auch die UeB dieser Änd. am Ende des Textes. 35 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Nov. 1996, in Kraft seit 1. Jan. 1997 (AS 1996 3139). 36 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 3. Juli 2001 (AS 2002 915). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 2. Nov. 2011, in Kraft seit 1. April 2012 (AS 2012 955). 37 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 3. Juli 2001 (AS 2002 915). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 22. Mai 2002, in Kraft seit 1. Juni 2002 (AS 2002 1633). Kranken- und Unfallversicherung 6 / 132 832.102 nicht oder nur zu kaum tragbaren Bedingungen im bisherigen Umfang zusatzversi- chern könnten. Dem Gesuch ist eine schriftliche Bestätigung der zuständigen auslän- dischen Stelle mit allen erforderlichen Angaben beizulegen. Die betreffende Person kann die Befreiung oder einen Verzicht auf die Befreiung ohne besonderen Grund nicht widerrufen.38 Art. 3 Grenzgänger und Grenzgängerinnen 1 Nicht der Versicherungspflicht nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben d–ebis unter- stellte Grenzgänger und Grenzgängerinnen, die in der Schweiz eine Erwerbstätigkeit ausüben, sowie ihre Familienangehörigen, sofern diese im Ausland nicht eine kran- kenversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit ausüben, werden auf eigenes Gesuch hin der schweizerischen Versicherung unterstellt.39 2 Als Familienangehörige gelten Ehegatten sowie Kinder bis zum vollendeten 18. Al- tersjahr und Kinder, die das 25. Altersjahr noch nicht vollendet haben und in Ausbil- dung begriffen sind. Art. 4 Entsandte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen 1 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die ins Ausland entsandt werden, sowie die sie begleitenden Familienangehörigen im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 bleiben in der Schweiz versicherungspflichtig, wenn sie: a. unmittelbar vor der Entsendung in der Schweiz versicherungspflichtig waren; und b. für einen Arbeitgeber oder eine Arbeitgeberin mit Wohnsitz oder Sitz in der Schweiz tätig sind. 2 Die Versicherungspflicht für die Familienangehörigen entfällt, wenn diese im Aus- land eine krankenversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit ausüben. 3 Die Weiterdauer der Versicherungspflicht beträgt zwei Jahre. Die Versicherung wird vom Versicherer auf Gesuch hin bis auf insgesamt sechs Jahre verlängert. 4 Für Personen, die gestützt auf eine zwischenstaatliche Vereinbarung über soziale Sicherheit als Entsandte gelten, entspricht die Weiterdauer der Versicherung der Dauer der Entsendung nach dieser Vereinbarung. Dies gilt auch für andere Personen, die gestützt auf eine solche Vereinbarung während eines vorübergehenden Ausland- aufenthaltes der schweizerischen Gesetzgebung unterstellt sind. 38 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 3. Juli 2001, in Kraft seit 1. Juni 2002 (AS 2002 915). 39 Fassung gemäss Ziff. I 1 der V vom 26. Okt. 2022 über die Änderung von Verordnungen im Bereich der Krankenversicherung zur Umsetzung des Abkommens zur Koordinierung der sozialen Sicherheit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Verei- nigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 658). Krankenversicherung. V 7 / 132 832.102 Art. 5 Personen im öffentlichen Dienst mit Aufenthalt im Ausland 1 Folgende Personen und die sie begleitenden Familienangehörigen im Sinne von Ar- tikel 3 Absatz 2 sind versicherungspflichtig: a. Bundesbedienstete des Eidgenössischen Departements für auswärtige Ange- legenheiten (EDA), die der Versetzungsdisziplin unterstellt sind; b. Bundesbedienstete des EDA oder eines anderen Departements, die ausserhalb der Schweiz tätig sind; c. Personen, die sich aufgrund ihrer Tätigkeit für eine andere schweizerische Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts im Ausland befinden. 2 Die Versicherungspflicht für die Familienangehörigen entfällt, wenn diese im Aus- land eine krankenversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit ausüben. 3 Das lokal angestellte Personal ist der obligatorischen Versicherung nicht unterstellt. Art. 640 Personen mit Vorrechten nach internationalem Recht 1 Personen nach Artikel 2 Absatz 2 Buchstaben a und c des Gaststaatgesetzes vom 22. Juni 200741, die Vorrechte, Immunitäten und Erleichterungen geniessen, sind mit Ausnahme der privaten Hausangestellten nicht versicherungspflichtig. Sie werden auf eigenes Gesuch hin der schweizerischen Versicherung unterstellt. 2 Die privaten Hausangestellten der in Absatz 1 genannten begünstigten Personen sind versicherungspflichtig, wenn sie nicht im Staate ihres Arbeitgebers oder ihrer Arbeit- geberin oder in einem Drittstaat versichert sind. Das EDA regelt die Anwendungsmo- dalitäten dieser Bestimmung. 3 Personen, die ihre Tätigkeit bei einem institutionellen Begünstigten nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a, b, i oder k des Gaststaatgesetzes eingestellt haben, werden auf Gesuch hin von der Versicherungspflicht befreit, sofern ihr Versicherungsschutz für Behandlungen in der Schweiz gleichwertig ist. Dem Gesuch ist eine schriftliche Be- stätigung der zuständigen Stelle ihres früheren institutionellen Begünstigten mit allen erforderlichen Angaben beizulegen. Die betreffende Person kann die Befreiung oder den Verzicht auf eine Befreiung nicht widerrufen.42 4 Personen, die mit einer Person nach Absatz 1 oder 3 bei der Krankenversicherung eines institutionellen Begünstigten nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a, b, i oder k des Gaststaatgesetzes versichert sind und die nicht selber Vorrechte oder Immunitäten geniessen, werden auf Gesuch hin von der Versicherungspflicht befreit, sofern ihr Versicherungsschutz für Behandlungen in der Schweiz gleichwertig ist. Dem Gesuch 40 Fassung gemäss Anhang Ziff. 15 der Gaststaatverordnung vom 7. Dez. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 6657). 41 SR 192.12 42 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 15. Nov. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 6723). Kranken- und Unfallversicherung 8 / 132 832.102 ist eine schriftliche Bestätigung der zuständigen Stelle des institutionellen Begünstig- ten mit allen erforderlichen Angaben beizulegen. Die betreffende Person kann die Be- freiung oder den Verzicht auf eine Befreiung nicht widerrufen.43 2. Abschnitt: Beginn und Ende der Versicherung Art. 6a44 Angaben im Beitrittsformular 1 Die Versicherer dürfen auf dem Beitrittsformular nur Angaben verlangen, die für den Beitritt zur obligatorischen Krankenpflegeversicherung oder bei einem Wechsel des Versicherers erforderlich sind. 2 Das Beitrittsformular darf keinerlei Angaben, Hinweise und Verbindungen zu den Versicherungen nach Artikel 12 Absatz 245 des Gesetzes und zur freiwilligen Tag- geldversicherung nach den Artikeln 67–77 des Gesetzes enthalten. 3 Die Versicherer dürfen die Personendaten nur für die im Gesetz vorgesehenen Auf- gaben bearbeiten. Art. 7 Sonderfälle46 1 Ausländer und Ausländerinnen mit einer Niederlassungsbewilligung oder einer Kurzaufenthalts- oder einer Aufenthaltsbewilligung nach Artikel 1 Absatz 2 Buchsta- ben a und f sind verpflichtet, sich innert drei Monaten zu versichern, nachdem sie sich bei der für die Einwohnerkontrolle zuständigen Stelle angemeldet haben. Bei recht- zeitigem Beitritt beginnt die Versicherung im Zeitpunkt der Anmeldung des Aufent- haltes. Bei verspätetem Beitritt beginnt die Versicherung im Zeitpunkt des Beitritts.47 2 Ausländer und Ausländerinnen mit einer Kurzaufenthaltsbewilligung nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe b müssen ab Einreise in die Schweiz versichert sein.48 2bis Personen ohne Aufenthaltsbewilligung nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe g müs- sen ab Aufnahme der Erwerbstätigkeit in der Schweiz versichert sein. Auch bei einem verspäteten Beitritt beginnt die Versicherung am Tag, an dem die Erwerbstätigkeit aufgenommen worden ist.49 43 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 15. Nov. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 6723). 44 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. April 2006, in Kraft seit 10. Mai 2006 (AS 2006 1717). Siehe auch die SchlB dieser Änd. am Ende dieser Verordnung. 45 [AS 1995 1328. AS 2015 5137 Anhang Ziff. 2]. Siehe seit dem 1. Jan. 2016: Art. 2 Abs. 2 des Krankenversicherungsaufsichtsgesetzes vom 26. Sept. 2014 (SR 832.12). 46 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 26. April 2006, in Kraft seit 10. Mai 2006 (AS 2006 1717). 47 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 22. Mai 2002, in Kraft seit 1. Juni 2002 (AS 2002 1633). 48 Fassung gemäss Ziff. I 4 der V vom 24. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5627). 49 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 3. Dez. 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2005 (AS 2004 5075). Krankenversicherung. V 9 / 132 832.102 3 Bei den in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Personen endet die Versicherung am Tag des bei der für die Einwohnerkontrolle zuständigen Stelle gemeldeten Wegzugs aus der Schweiz, in jedem Fall am Tag der tatsächlichen Ausreise aus der Schweiz, oder mit dem Tod der Versicherten. 3bis Bei den im Absatz 2bis bezeichneten Personen endet die Versicherung am Tag der Aufgabe der Erwerbstätigkeit in der Schweiz, spätestens aber am Tag der tatsächli- chen Ausreise aus der Schweiz, oder mit dem Tod der Versicherten.50 4 Grenzgänger und Grenzgängerinnen sowie ihre Familienangehörigen, die der schweizerischen Versicherung unterstellt sein wollen (Art. 3 Abs. 1), müssen sich in- nert drei Monaten nach Beginn der Gültigkeit der Grenzgängerbewilligung versi- chern. Bei rechtzeitigem Beitritt beginnt die Versicherung im Zeitpunkt des Beginns der Gültigkeit der Bewilligung. Versichern sie sich später, beginnt die Versicherung im Zeitpunkt des Beitritts.51 Die Versicherung endet mit der Aufgabe der Erwerbstä- tigkeit in der Schweiz, mit dem Ablauf oder dem Widerruf der Grenzgängerbewilli- gung, mit dem Tod der Versicherten oder mit dem Verzicht auf die Unterstellung unter die schweizerische Versicherung. Im letzteren Fall darf ohne besonderen Grund kein neues Gesuch gestellt werden. 5 Asylsuchende sowie Schutzbedürftige sind verpflichtet, sich unmittelbar nach Zu- weisung an die Kantone nach Artikel 27 AsylG52 zu versichern. Vorläufig Aufgenom- mene sind verpflichtet, sich unmittelbar nach Verfügung der vorläufigen Aufnahme zu versichern. Die Versicherung beginnt im Zeitpunkt der Einreichung des Asylge- suchs oder der Anordnung der vorläufigen Aufnahme oder der Gewährung vorüber- gehenden Schutzes. Sie endet am Tag, an dem diese Personen die Schweiz nachge- wiesenermassen verlassen haben oder mit ihrem Tod.53 6 Die mit Vorrechten, Immunitäten und Erleichterungen begünstigten Personen, die der schweizerischen Versicherung unterstellt sein wollen (Art. 6 Abs. 1), haben sich innert sechs Monaten nach Erhalt der Legitimationskarte des EDA zu versichern. Die Versicherung beginnt am Tag, an dem sie diese Karte erhalten haben. Sie endet mit der Aufgabe der amtlichen Tätigkeit in der Schweiz, mit dem Tod der Versicherten oder mit dem Verzicht auf die Unterstellung unter die schweizerische obligatorische Versicherung. Im letzteren Fall darf ohne besonderen Grund kein neues Gesuch ge- stellt werden.54 50 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 3. Dez. 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2005 (AS 2004 5075). 51 Fassung des ersten bis dritten Satzes gemäss Ziff. I der V vom 3. Juli 2001, in Kraft seit 1. Juni 2002 (AS 2002 915). 52 SR 142.31 53 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 27. Juni 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 3573). 54 Fassung gemäss Anhang Ziff. 15 der Gaststaatverordnung vom 7. Dez. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 6657). Kranken- und Unfallversicherung 10 / 132 832.102 7 Aktive und pensionierte Bundesbedienstete nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a, die aus der Militärversicherung ausscheiden, müssen sich innert drei Monaten nach Aus- scheiden aus der Militärversicherung bei einem Versicherer nach Artikel 1155 des Ge- setzes für Krankenpflege versichern. Bei rechtzeitigem Versicherungsbeitritt beginnt die Versicherung im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Militärversicherung. 8 Versicherungspflichtige Personen nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben d–ebis sind verpflichtet, sich innert drei Monaten nach Entstehung der Versicherungspflicht in der Schweiz zu versichern. Versichern sie sich innert dieser Frist, so beginnt die Versi- cherung im Zeitpunkt der Unterstellung unter die schweizerische Versicherung. Ver- sichern sie sich später, so beginnt die Versicherung im Zeitpunkt des Beitritts. Die Versicherung endet, wenn diese Personen die Voraussetzungen für eine Unterstellung unter die schweizerische Versicherung nach dem Freizügigkeitsabkommen56 und des- sen Anhang II, nach dem EFTA-Abkommen57 und dessen Anhang K und dessen An- lage 2 zu Anhang K oder nach anderen internationalen Abkommen nicht mehr erfül- len.58 Art. 7a59 Fortdauer des Versicherungsschutzes für nicht mehr unterstellte Personen Die Versicherer können Personen, die nach Artikel 1 Absätze 1 und 2 Buchstaben a und c sowie den Artikeln 3–6 der obligatorischen Krankenpflegeversicherung unter- stellt waren, auf vertraglicher Basis eine Fortdauer des Versicherungsschutzes anbie- ten. Der Vertrag kann beim gleichen oder bei einem anderen Versicherer abgeschlos- sen werden. Die Finanzierung von Leistungen, welche denjenigen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung entsprechen, richtet sich nach den Grundsätzen der sozi- alen Krankenversicherung. Die Versicherungsverhältnisse unterliegen dem Bundes- gesetz vom 2. April 190860 über den Versicherungsvertrag. Art. 7b61 Fortdauer der Versicherungspflicht Die Versicherer informieren die Versicherten nach Artikel 6a Absatz 1 des Gesetzes schriftlich über eine Fortdauer der Versicherungspflicht. 55 Siehe seit dem 1. Jan. 2016: Art. 2 und 3 des Krankenversicherungsaufsichtsgesetzes vom 26. Sept. 2014 (SR 832.12). 56 SR 0.142.112.681 57 SR 0.632.31 58 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 3. Juli 2001 (AS 2002 915). Fassung gemäss Ziff. I 1 der V vom 26. Okt. 2022 über die Änderung von Verordnungen im Bereich der Kranken- versicherung zur Umsetzung des Abkommens zur Koordinierung der sozialen Sicherheit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 658). 59 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Nov. 1996, in Kraft seit 1. Jan. 1996 (AS 1996 3139). 60 SR 221.229.1 61 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 3. Juli 2001, in Kraft seit 1. Juni 2002 (AS 2002 915). Krankenversicherung. V 11 / 132 832.102 Art. 8 Prämienzuschlag bei verspätetem Beitritt 1 Die Erhebungsdauer für den Prämienzuschlag bei verspätetem Beitritt nach Artikel 5 Absatz 2 des Gesetzes entspricht der doppelten Dauer der Verspätung, höchstens je- doch fünf Jahren.62 Der Prämienzuschlag beträgt 30 bis 50 Prozent der Prämie. Der Versicherer setzt den Zuschlag nach der finanziellen Lage der Versicherten fest. Hat die Zahlung des Prämienzuschlages eine Notlage für die Versicherten zur Folge, setzt der Versicherer einen Zuschlag von weniger als 30 Prozent fest und trägt dabei der Lage der Versicherten und den Umständen der Verspätung angemessen Rechnung. 2 Wenn eine Sozialhilfebehörde für die Prämien aufkommt, wird kein Prämienzu- schlag erhoben. 3 Wechselt die versicherte Person den Versicherer, hat der bisherige Versicherer dem neuen Versicherer den Prämienzuschlag im Rahmen der Mitteilung gemäss Artikel 7 Absatz 5 des Gesetzes anzugeben. Ein einmal festgelegter Prämienzuschlag bleibt auch für spätere Versicherer verbindlich.63 Art. 964 Beendigung des Versicherungsverhältnisses 1 Kommen Versicherte, auf welche die schweizerische Gesetzgebung über die Sozi- alhilfe nicht anwendbar ist, ihrer Zahlungsverpflichtung nicht nach, und kann das Vollstreckungsverfahren nicht durchgeführt werden oder hat es keine Zahlung der Prämien oder keine Kostenbeteiligung zur Folge, so kann der Versicherer nach schrift- licher Mahnung und Hinweis auf die Folgen des Zahlungsverzuges das Versiche- rungsverhältnis beenden. 2 Erfahren Versicherer, dass eine versicherte Person gleichzeitig bei einem oder meh- reren anderen Versicherern versichert ist, insbesondere über eine Meldung der ge- meinsamen Einrichtung nach Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung vom 19. Oktober 201665 über den Risikoausgleich in der Krankenversicherung, so verfügen sie nach Anhörung dieser Person die Beendigung der Versicherungsverhältnisse, die nicht den Bestimmungen des KVG entsprechen.66 3. Abschnitt: Aufgaben der Kantone Art. 10 1 Die Kantone informieren periodisch die Bevölkerung über die Versicherungspflicht. Sie achten insbesondere darauf, dass Personen, die aus dem Ausland zuziehen, sowie Eltern von Neugeborenen rechtzeitig informiert werden. 62 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 9. Nov. 2005, in Kraft seit 1. Jan. 2006 (AS 2005 5639). 63 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 9. Nov. 2005, in Kraft seit 1. Jan. 2006 (AS 2005 5639). 64 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 11. Sept. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 3908). 65 SR 832.112.1 66 Eingefügt durch Ziff. II der V vom 11. Sept. 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 3917). Kranken- und Unfallversicherung 12 / 132 832.102 1bis Mit der Information über die Versicherungspflicht von Kurzaufenthaltern und -aufenthalterinnen, von Aufenthaltern und Aufenthalterinnen sowie von Niedergelas- senen gelten auch deren Familienangehörige als informiert, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island, in Norwegen oder im Vereinigten Königreich67 wohnen.68 2 Die zuständige kantonale Behörde entscheidet über die in den Artikeln 2 Absätze 2– 5 und 6 Absatz 3 vorgesehenen Gesuche.69 3 Die rentenauszahlenden Sozialversicherer und die Organe der Arbeitslosenversiche- rung unterstützen die Kantone bei der Information über die Versicherungspflicht von Personen nach Artikel 6a Absatz 1 Buchstaben b und c des Gesetzes.70 2. Kapitel: Sistierung der Versicherungspflicht und der Unfalldeckung71 Art. 10a72 Sistierung der Versicherungspflicht 1 Die Sistierung der Versicherungspflicht nach Artikel 3 Absatz 4 des Gesetzes be- ginnt am Tag, an dem die versicherte Person dem MVG73 unterstellt wird. 2 Die versicherte Person ist ab Beginn der Unterstellung unter die Militärversicherung von der Prämienzahlung befreit, wenn sie die Unterstellung mindestens acht Wochen vor deren Beginn ihrem Versicherer meldet. Hält sie diese Frist nicht ein, so erhebt der Versicherer ab dem nächsten ihm möglichen Termin, spätestens aber acht Wochen nach der Meldung keine Prämie mehr. 3 Die für den Militärdienst zuständige Stelle stellt sicher, dass die versicherte Person ihrem Versicherer nach Dienstantritt die voraussichtliche Dauer der Unterstellung und später allenfalls deren vorzeitige Beendigung meldet. 4 Die für den Zivildienst zuständige Stelle stellt sicher, dass die versicherte Person ihrem Versicherer jede nachträgliche Änderung der Dauer der Unterstellung meldet. 67 Ausdruck gemäss Ziff. I 1 der V vom 26. Okt. 2022 über die Änderung von Verordnun- gen im Bereich der Krankenversicherung zur Umsetzung des Abkommens zur Koordinie- rung der sozialen Sicherheit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 658). Diese Änd. wurde im ganzen Erlass berücksichtigt. 68 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 3. Juli 2001 (AS 2002 915). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 2. Nov. 2011, in Kraft seit 1. April 2012 (AS 2012 955). 69 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. Nov. 1996, in Kraft seit 1. Jan. 1997 (AS 1996 3139). 70 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 3. Juli 2001, in Kraft seit 1. Juni 2002 (AS 2002 915). 71 Ursprünglich vor Art. 11. Fassung gemäss Ziff. I der V vom 11. Dez. 2000, in Kraft seit 1. Jan. 2001 (AS 2001 138). 72 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 11. Dez. 2000 (AS 2001 138). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 26. April 2006, in Kraft seit 1. Mai 2006 (AS 2006 1717). Siehe auch die SchlB dieser Änd. am Ende dieser Verordnung. 73 SR 833.1 Krankenversicherung. V 13 / 132 832.102 5 Falls trotz der Sistierung Prämien bezahlt werden, rechnet sie der Versicherer an später fällige Prämien an oder erstattet sie zurück. 6 Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) kann den Versicherern für die Prämienbe- rechnung Weisungen erteilen. 7 Der Versicherer muss den für die Prämienverbilligung zuständigen kantonalen Be- hörden diejenigen Personen melden, deren Versicherungspflicht sistiert worden ist, und sie über die tatsächliche Dauer der Sistierung informieren. Art. 11 Sistierung der Unfalldeckung74 1 Die Sistierung der Unfalldeckung nach Artikel 8 des Gesetzes erfolgt auf schriftli- chen Antrag der Versicherten und beginnt frühestens am ersten Tag des dem Antrag folgenden Monats. 2 Der Arbeitgeber oder die Arbeitslosenversicherung haben die Versicherten vor Ende des Arbeitsverhältnisses, des Anspruchs auf Arbeitslosenentschädigung oder der Nichtberufsunfalldeckung schriftlich darüber zu informieren, dass sie den Kranken- versicherer vom Erlöschen der Unfalldeckung in Kenntnis setzen müssen. Die Versi- cherten haben den Krankenversicherer innerhalb eines Monats nach der Information durch den Arbeitgeber oder die Arbeitslosenversicherung in Kenntnis zu setzen. 2. Titel: Organisation 1. Kapitel: … Art. 12–1575 Art. 15a76 2. Kapitel: … Art. 16–1877 74 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 11. Dez. 2000, in Kraft seit 1. Jan. 2001 (AS 2001 138). 75 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 3 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, mit Wirkung seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165). 76 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 3. Juli 2001 (AS 2002 915). Aufgehoben durch Anhang Ziff. 3 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, mit Wirkung seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165). 77 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 3 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, mit Wirkung seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165). Kranken- und Unfallversicherung 14 / 132 832.102 3. Kapitel: Gemeinsame Einrichtung Art. 1978 Erfüllung internationaler Verpflichtungen 1 Die gemeinsame Einrichtung nimmt die sich aus Artikel 95a des Gesetzes ergeben- den Aufgaben als Verbindungsstelle wahr. Sie erfüllt auch die Aufgaben als aushel- fender Träger am Wohn- oder am Aufenthaltsort der Versicherten, für die aufgrund von Artikel 95a des Gesetzes Anspruch auf internationale Leistungsaushilfe besteht. Sie ist ausserdem zuständig für die Durchführung der Leistungsaushilfe und die Auf- gaben als Verbindungsstelle aufgrund anderer internationaler Vereinbarungen.79 2 Die gemeinsame Einrichtung übernimmt überdies Koordinationsaufgaben zur Erfül- lung der sich aus Artikel 95a des Gesetzes oder internationaler Vereinbarungen erge- benden Verpflichtungen. Namentlich erfüllt sie folgende Aufgaben:80 a. Sie ermittelt aufgrund der anerkannten Kostenstatistiken des zuständigen Or- gans der Europäischen Union (Verwaltungskommission für die Koordinie- rung der Systeme der sozialen Sicherheit) oder der Statistiken des betreffen- den Staates die Ansätze je Person, die die Versicherer der Prämienberechnung für die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island, in Norwegen oder im Vereinigten Königreich wohnhaften Versicherten zu Grunde zu legen haben. b.81 Sie erstellt bis zum 31. Mai einen Bericht zu Handen des BAG über die durch- geführte Leistungsaushilfe unter Angabe der Zahl der Fälle, der Gesamtkosten und der ausstehenden Rückzahlungen; die Daten sind nach den Mitgliedstaa- ten der Europäischen Union, nach Island, nach Norwegen, nach dem Verei- nigten Königreich und nach den schweizerischen Versicherern zu differenzie- ren.82 3 Die Versicherer tragen proportional zur Anzahl der bei ihnen obligatorisch für Kran- kenpflege versicherten Personen die Kosten der Aufgaben, welche die gemeinsame Einrichtung als aushelfender Träger erfüllt, sowie die Kosten der Berichterstattung gemäss Absatz 2 Buchstabe b. Der Bund trägt die durch die Vorfinanzierung der Leis- 78 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 3. Juli 2001, in Kraft seit 1. Juni 2002 (AS 2002 915). 79 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Juni 2003, in Kraft seit 1. Jan. 2004 (AS 2003 3249). 80 Fassung gemäss Ziff. I 1 der V vom 26. Okt. 2022 über die Änderung von Verordnungen im Bereich der Krankenversicherung zur Umsetzung des Abkommens zur Koordinierung der sozialen Sicherheit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Verei- nigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 658). 81 Fassung gemäss Ziff. I 1 der V vom 26. Okt. 2022 über die Änderung von Verordnungen im Bereich der Krankenversicherung zur Umsetzung des Abkommens zur Koordinierung der sozialen Sicherheit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Verei- nigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 658). 82 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 2. Nov. 2011, in Kraft seit 1. April 2012 (AS 2012 955). Krankenversicherung. V 15 / 132 832.102 tungsaushilfe entstehenden Zinskosten, die Kosten der Aufgaben, welche die gemein- same Einrichtung als Verbindungsstelle erfüllt, sowie die Kosten für die Ermittlungen gemäss Absatz 2 Buchstabe a.83 4 Haben Versicherer und Leistungserbringer gemäss Artikel 42 Absatz 2 des Gesetzes vertraglich vereinbart, dass der Versicherer die Vergütung schuldet, so wird die ge- meinsame Einrichtung bei der Durchführung der Leistungsaushilfe den vertrags- schliessenden Versicherern gleichgestellt. Art. 19a84 Aufteilung des kantonalen Anteils auf die Kantone 1 Nach der Einreichung der Forderungen der Versicherer nach Artikel 36b Absatz 2 zweiter Satz berechnet die gemeinsame Einrichtung, wie viel jeder Kanton vom kan- tonalen Anteil gemäss Artikel 49a Absatz 3bis zweiter Satz KVG zu übernehmen hat, und fordert den ermittelten Betrag bei jedem Kanton ein. Für die Ermittlung der Wohnbevölkerung der Kantone sind die Zahlen der letzten Erhebung der Bevölke- rungsstatistik des Bundesamtes für Statistik über die mittlere ständige Wohnbevölke- rung massgebend. 2 Nach dem Eingang der Zahlungen durch die Kantone begleicht die gemeinsame Ein- richtung die Forderungen der Versicherer. 3 Die Kantone tragen im Verhältnis zu ihrer Wohnbevölkerung die Kosten der Aufga- ben der gemeinsamen Einrichtung nach diesem Artikel. 4 Der Stiftungsrat der gemeinsamen Einrichtung erlässt ein Reglement zur einheitli- chen Umsetzung der Aufteilung des kantonalen Anteils auf die Kantone. Vor der Be- schlussfassung konsultiert er die Kantone und die Versicherer. Art. 19b85 Art. 20 und 2186 Art. 2287 Streitigkeiten 1 Bei Streitigkeiten zwischen der gemeinsamen Einrichtung und einem Versicherer ist Artikel 87 des Gesetzes anwendbar. Vorbehalten bleiben Absatz 3 und Artikel 27 der 83 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 2. Nov. 2011, in Kraft seit 1. April 2012 (AS 2012 955). 84 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 28. Sept. 1998 (AS 1998 2634). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 15. Nov. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2017 6723). 85 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. April 2006 (AS 2006 1717). Aufgehoben durch Anhang Ziff. 3 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, mit Wirkung seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165). 86 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 3 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, mit Wirkung seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165). 87 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 11. Sept. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 3908). Kranken- und Unfallversicherung 16 / 132 832.102 Verordnung vom 19. Oktober 201688 über den Risikoausgleich in der Krankenversi- cherung.89 2 Bei Streitigkeiten der gemeinsamen Einrichtung mit einem Leistungserbringer gilt Artikel 89 des Gesetzes. 3 Die gemeinsame Einrichtung entscheidet bei Streitigkeiten zwischen ihr und einem Versicherer in der Form einer Verfügung im Sinne von Artikel 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 196890 über das Verwaltungsverfahren über: a. die Umverteilung von Reserven nach Artikel 43 Absatz 3 des Krankenversi- cherungsaufsichtsgesetzes vom 26. September 201491 (KVAG); b. die Beiträge der Versicherer zur Finanzierung des Insolvenzfonds nach Arti- kel 48 Buchstabe a KVAG; c. Auszahlungen aus dem Insolvenzfonds nach Artikel 51 Absatz 1 KVAG.92 3bis Sie entscheidet bei Streitigkeiten zwischen ihr und einem Kanton in der Form einer Verfügung im Sinne von Artikel 5 VwVG über die Aufteilung des kantonalen Anteils auf die Kantone nach Artikel 19a.93 4 Der Rechtsmittelweg richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen der Bundes- rechtspflege.94 4. Kapitel: Förderung der Gesundheit Art. 23 1 Für die Aufsicht über die Institution nach Artikel 19 Absatz 2 KVG sind die Artikel 45 und 46 des Krankenversicherungsaufsichtsgesetzes vom 26. September 201495 (KVAG) sinngemäss anwendbar.96 2 Zusammen mit den im Rahmen der Aufsicht vorzulegenden Unterlagen stellt die Institution dem BAG ihren Antrag für den Beitrag (Art. 20 Abs. 1 KVG) des Folge- jahres zu. Dem Antrag sind ein Tätigkeitsprogramm und ein Budget beizulegen. 88 SR 832.112.1 89 Fassung gemäss Art. 31 der V vom 19. Okt. 2016 über den Risikoausgleich in der Kran- kenversicherung, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2016 4059). 90 SR 172.021 91 SR 832.12 92 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 3. Dez. 2004 (AS 2004 5075). Fassung gemäss Art. 31 der V vom 19. Okt. 2016 über den Risikoausgleich in der Krankenversicherung, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2016 4059). 93 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 15. Nov. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2017 6723). 94 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. April 2006, in Kraft seit 10. Mai 2006 (AS 2006 1717). 95 SR 832.12 96 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 15. Nov. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 6723). Krankenversicherung. V 17 / 132 832.102 3 Der Geschäftsbericht ist zu veröffentlichen.97 5. Kapitel: Aufsicht 1. Abschnitt: … Art. 24–2698 2. Abschnitt: Beschwerde durch das BAG Art. 2799 1 Die Entscheide der kantonalen Versicherungsgerichte (Art. 57 ATSG und 87 KVG), der kantonalen Schiedsgerichte (Art. 89 KVG) und des Bundesverwaltungsgerichts bezüglich der sozialen Krankenversicherung sind dem BAG zu eröffnen. 2 Das BAG ist berechtigt, gegen Entscheide nach Absatz 1 Beschwerde beim Bundes- gericht zu erheben. 3. Abschnitt: Daten100 Art. 28101 Daten der Versicherer 1 Die Versicherer müssen dem BAG zur Erfüllung der Aufgaben nach Artikel 21 Absatz 2 Buchstaben a–c KVG regelmässig pro versicherte Person folgende Daten weitergeben: a. soziodemografische Angaben: 1. Verbindungscode, 2. Alter, Geschlecht und Wohnort, 3. Risikogruppe nach Artikel 11 der Verordnung vom 19. Oktober 2016102 über den Risikoausgleich (VORA) und Einteilung der versicherten Per- son in eine pharmazeutische Kostengruppe nach Artikel 12 VORA; b. Angaben zur Versicherungsdeckung: 97 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 15. Nov. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 6723). 98 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 3 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, mit Wirkung seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165). 99 Fassung gemäss Ziff. II 95 der V vom 8. Nov. 2006 über die Anpassung von Bundesrats- verordnungen an die Totalrevision der Bundesrechtspflege, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 4705). 100 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Nov. 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 814). 101 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Nov. 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 814). 102 SR 832.112.1 Kranken- und Unfallversicherung 18 / 132 832.102 1. Beginn und Ende der Deckungsperiode, 2. Prämieneigenschaften, wie örtlicher Tätigkeitsbereich des Versicherers, Prämienregion, Kategorie der besonderen Versicherungsformen nach den Artikeln 93–101, Versicherungsform, Modellbezeichnung und des- sen Abkürzung, Zugehörigkeit der versicherten Person zu einem Haus- halt mit mehreren Kindern oder jungen Erwachsenen, Prämienstufe in der Bonusversicherung, Höhe der Franchise und Unfalldeckung, 3. Höhe der Prämie, mit und ohne Beitrag des Kantons, Prämienzuschlag nach Artikel 8, Prämienermässigungen und andere Abschläge, 4. Angabe, ob die Versicherungsdeckung nach Artikel 3 Absatz 4 KVG sis- tiert ist oder nicht, 5. Angabe, ob die versicherte Person dem Risikoausgleich unterstellt ist oder nicht, 6. Mutationsgründe bezogen auf die Versicherungsdeckung, wie Eintritt und Austritt, Geburt, Tod, Versichererwechsel und interner Wechsel, 7. Gesamtkosten der vergüteten Leistungen und Kostenbeteiligung, 8. für Versicherte mit einem Austritt in einem der Vorjahre: Austrittsdatum; c. Angaben der Abrechnungsbelege zu den Deckungsperioden nach Buch- stabe b: 1. Belegnummer in pseudonymisierter Form, 2. Datum der Abrechnung, 3. Beginn und Ende der Behandlung, 4. Gesamtkosten der vergüteten Leistungen und Kostenbeteiligung, 5. Angaben zum Leistungserbringer, wie Zahlstellenregisternummer oder Identifikationsnummer (Global Location Number, GLN), 6. Leistungsbereich, wie Krankheit, Prävention, Geburtsgebrechen, Unfall und Mutterschaft, 7. Art der Leistung, wie Behandlungsart, Tariftyp und Kostenart, 8. Höhe des in Rechnung gestellten Betrags, des vergüteten Betrags, des Franchisenanteils und des Selbstbehalts, 9. bei stationären Leistungen: Beitrag an die Kosten des Spitalaufenthalts und Aufenthaltsdauer, 10. bei ambulanten Leistungen: Anzahl Konsultationen. 2 Sie müssen dem BAG alle Daten, die sie aggregiert oder pro versicherte Person wei- tergeben müssen, elektronisch zur Verfügung stellen. Das BAG kann sie bei Erhe- bungsanpassungen auf Gesuch hin davon für eine befristete Zeit befreien, wenn ihnen die Lieferung aufgrund fehlender technischer Voraussetzungen nicht möglich ist. 3 Die Versicherer müssen dem BAG die Daten nach Absatz 2 korrekt, vollständig, fristgerecht und auf eigene Kosten liefern. 4 Sie müssen dem BAG auf eigene Kosten regelmässig die vollständigen Angaben des Zahlstellenregisters weitergeben. Krankenversicherung. V 19 / 132 832.102 5 Das BAG sorgt dafür, dass den Versicherern durch die Bereitstellung der Daten möglichst wenig Aufwand entsteht. 6 Zur Aufwandminderung kann das BAG die Daten nach Absatz 1 mit anderen Datenquellen verknüpfen, sofern dies zur Erfüllung seiner Aufgaben nach Artikel 21 Absatz 2 Buchstaben a–c KVG erforderlich ist. Zur Erfüllung weiterer Aufgaben darf es die Daten nach Absatz 1 nur mit anderen Datenquellen verknüpfen, wenn die Daten anonymisiert wurden. 7 Das BAG erlässt nach Anhören der Versicherer Weisungen zu den nach den Absät- zen 1–4 zu treffenden Vorkehren. 8 Die Datenverwendung im Sinne von Artikel 21 Absatz 3 KVG umfasst jede Form der Datenbearbeitung im Sinne des Datenschutzrechts des Bundes, einschliesslich der Datenbekanntgabe. 9 Das BAG stellt die Resultate der mit den Daten nach Absatz 2 durchgeführten Erhebungen den am Vollzug des KVG beteiligten Stellen zur Verfügung. Es stellt sicher, dass die Anonymität der Versicherten gewährleistet bleibt. Art. 28a103 Art. 28b104 Veröffentlichung der Daten der Versicherer 1 Das BAG veröffentlicht die Daten nach Artikel 28 unter Wahrung der Anonymität der Versicherten und stellt diese auf einem Portal des Bundes zur Datenveröffentli- chung elektronisch zur Verfügung. 2 Es sorgt dafür: a. dass namentlich Angaben über die Versicherungsform, die Versicherungsleis- tungen und die Kosten, gesondert nach Alter, Geschlecht und Region sowie nach Kategorien von Leistungserbringern, Betrieben und Pflegeleistungen, ersichtlich sind; b. dass Daten pro versicherte Person keinen Rückschluss auf die Versicherer ermöglichen. 3 Das BAG veröffentlicht je Versicherer namentlich folgende Kennzahlen der sozia- len Krankenversicherung: a. Einnahmen und Ausgaben; b. Ergebnis je versicherte Person; c. Reserven; d. Rückstellungen für unerledigte Versicherungsfälle; e. Krankenpflegekosten; 103 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 22. Okt. 2008 (AS 2008 5097). Aufgehoben durch An- hang Ziff. 3 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, mit Wir- kung seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165). 104 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 22. Okt. 2008 (AS 2008 5097). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Nov. 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 814). Kranken- und Unfallversicherung 20 / 132 832.102 f. Risikoausgleich; g. Verwaltungskosten; h. Versichertenbestand; i. Prämien; j. Bilanz und Betriebsrechnung. Art. 28c105 Gesuch für besondere Nutzung 1 Wer für eine besondere Nutzung zusätzlich zu den nach Artikel 28b veröffentlichten Daten weitere Daten benötigt oder die Daten in einer anderen Form benötigt, kann ein Gesuch beim BAG stellen. 2 Das BAG prüft das Gesuch unter Berücksichtigung des Datenschutzrechts. Es führt eine individuelle und materielle Einzelfallprüfung durch und bestimmt insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Re-Identifikationsrisikos der versicherten Person, ob Daten weitergegeben werden dürfen. Sofern dies zutrifft, prüft es, welche Daten in welchem Detaillierungsgrad, pro versicherte Person oder aggregiert weitergegeben werden dürfen. Es stellt sicher, dass das Amtsgeheimnis gewahrt bleibt und kann die Weitergabe der Daten vom Abschluss eines Datenschutzvertrags abhängig machen. 3 Es kann nach einer individuellen und materiellen Einzelfallprüfung Daten, die nach Artikel 28 Absatz 1 erhoben wurden, den am Vollzug des KVG beteiligten Stellen regelmässig zur Verfügung stellen, sofern es sicherstellt, dass die Anonymität der Ver- sicherten gewährleistet bleibt und die Daten für die Erfüllung ihrer Aufgaben nach dem KVG erforderlich sind. Es kann die Weitergabe der Daten vom Abschluss eines Datenschutzvertrags abhängig machen. 4 Es veröffentlicht die Namen der Empfänger der Daten nach den Absätzen 2 und 3 regelmässig. 5 Es gibt die Daten nach Massgabe seiner technischen, organisatorischen und perso- nellen Möglichkeiten weiter. 6 Es kann für die Bearbeitung des Gesuches eine Gebühr erheben. Diese wird nach Zeitaufwand bemessen, darf aber 10 000 Franken nicht überschreiten. Der Stunden- ansatz beträgt je nach erforderlicher Sachkenntnis und Funktionsstufe des ausführen- den Personals 90–200 Franken. Im Übrigen gelten die Bestimmungen der Allgemei- nen Gebührenverordnung vom 8. September 2004106. Art. 29107 Durchschnittlicher Versichertenbestand Der Versicherer zählt für die zu meldenden durchschnittlichen Versichertenbestände die Versicherungstage des betreffenden Jahres aller versicherten Personen zusammen und teilt diese Summe durch die Anzahl Tage dieses Jahres. 105 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 23. Nov. 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 814). 106 SR 172.041.1 107 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 15. Nov. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 6723). Krankenversicherung. V 21 / 132 832.102 Art. 30108 Daten der Leistungserbringer Die Leistungserbringer geben dem Bundesamt für Statistik (BFS) folgende Daten nach Artikel 59a Absatz 1 KVG, soweit diese für die Kontrolle der Wirtschaftlichkeit und der Qualität ihrer Leistungen nach dem KVG erforderlich sind, bekannt: a. Betriebsdaten (Art. 59a Abs. 1 Bst. a KVG), namentlich: 1. Betriebstyp und Leistungsangebot, 2. Standorte, 3. medizinisch-technische Infrastruktur, 4. Rechtsform und Art des öffentlichen Beitrags; b. Personaldaten (Art. 59a Abs. 1 Bst. b KVG), namentlich: 1. Personalbestand, 2. Aus- und Weiterbildungsangebot, 3. Angaben zu Beschäftigungsvolumen und Funktion sowie soziodemogra- fische Merkmale, 4. Angaben zum Personal in Aus- und Weiterbildung; c. Patientendaten (Art. 59a Abs. 1 Bst. c KVG), namentlich: 1. ambulanter Patientenkontakt, Ein- und Austritte, Pflegetage und Betten- belegung, 2. Diagnosen, Morbiditätsgrad, Art des Ein- und Austritts, Pflegebedarf und soziodemografische Merkmale; d. Leistungsdaten (Art. 59a Abs. 1 Bst. d KVG), namentlich: 1. Leistungstyp, Untersuchungen und Behandlungen, 2. Leistungsvolumen; e. Kostendaten für stationäre Leistungen (Art. 59a Abs. 1 Bst. d KVG), nament- lich Gestehungskosten und Erlöse pro Fall; f. Finanzdaten (Art. 59a Abs. 1 Bst. e KVG), namentlich: 1. Betriebsaufwand aus Finanz-, Lohn- und Anlagebuchhaltung, 2. Betriebsertrag aus Finanzbuchhaltung, 3. Betriebsergebnis aus Finanzbuchhaltung; g. medizinische Qualitätsindikatoren (Art. 59a Abs. 1 Bst. f KVG), namentlich Angaben, deren Analyse Rückschlüsse erlauben, inwieweit medizinische Leistungen wirksam, effizient, angemessen, sicher, patientenzentriert, recht- zeitig und chancengleich erbracht werden. 108 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. Juni 2016, in Kraft seit 1. Aug. 2016 (AS 2016 2689). Kranken- und Unfallversicherung 22 / 132 832.102 Art. 30a109 Erhebung und Bearbeitung der Daten der Leistungserbringer 1 Die Leistungserbringer haben die Daten gemäss den entsprechenden Variablen nach dem Anhang der Statistikerhebungsverordnung vom 30. Juni 1993110 korrekt, voll- ständig, fristgerecht, auf eigene Kosten und unter Wahrung der Anonymität der Pati- entinnen und Patienten zu liefern. 2 Sie müssen dem BFS die Daten in verschlüsselter Form elektronisch übermitteln. 3 Die Leistungserbringer und das BFS können die Daten einer formellen Vorkontrolle unterziehen, namentlich bezüglich Lesbarkeit, Vollständigkeit und Plausibilität. 4 Stellt das BFS Mängel in der Datenlieferung fest, so setzt es dem Leistungserbringer eine Nachfrist zur Lieferung korrekter und vollständiger Daten. Nach Ablauf der Frist bereitet das BFS die Daten ohne weitere Überprüfung und mit einem entsprechenden Vermerk für die Weitergabe an die Datenempfänger nach Artikel 30b vor. 5 Es bestimmt die Periodizitäten und die Fristen der Datenweitergabe im Einverneh- men mit dem BAG. 6 Es kann die erhobenen Daten im Rahmen der Gesetzgebung über die Bundesstatistik zu statistischen Zwecken in anonymisierter oder pseudonymisierter Form weiterver- wenden. 7 Es kann zur Gewinnung von Qualitätsindikatoren Daten nach Artikel 30 mit anderen Datenquellen verknüpfen. Die Artikel 13h–13n der Statistikerhebungsverordnung vom 30. Juni 1993111 mit Ausnahme der Bestimmungen über die Verknüpfung von Daten im Auftrag Dritter sind sinngemäss anwendbar. Art. 30b112 Weitergabe der Daten der Leistungserbringer 1 Das BFS gibt folgenden Datenempfängern folgende Daten weiter: a.113 dem BAG: die Daten nach Artikel 30, sofern sie erforderlich sind zur Beur- teilung der Tarife (Art. 43, 46 Abs. 4 und 47 KVG), für die Betriebsvergleiche zwischen Spitälern (Art. 49 Abs. 8 KVG), für die Kontrolle der Wirtschaft- lichkeit und der Qualität der Leistungen (Art. 32, 58 und 59 KVG), zur Fest- legung der Kriterien und der methodischen Grundsätze für die Festlegung der Höchstzahlen (Art. 55a Abs. 2 KVG) und für die Veröffentlichung von Daten (Art. 59a Abs. 3 KVG); abis.114 der Eidgenössischen Qualitätskommission: die zur Erfüllung der Aufgaben nach Artikel 58c KVG erforderlichen Daten; 109 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Juni 2016, in Kraft seit 1. Aug. 2016 (AS 2016 2689). 110 SR 431.012.1 111 SR 431.012.1 112 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Juni 2016, in Kraft seit 1. Aug. 2016 (AS 2016 2689). 113 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 114 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Febr. 2021, in Kraft seit 1. April 2021 (AS 2021 152). Krankenversicherung. V 23 / 132 832.102 b. den zuständigen Behörden der Kantone: 1. die Daten nach Artikel 30, sofern diese für die Planung der Spitäler, Ge- burtshäuser und Pflegeheime (Art. 39 KVG) erforderlich sind, 2. die Daten nach Artikel 30 Buchstaben a, d und e, sofern diese für die Be- urteilung der Tarife (Art. 43, 46 Abs. 4 und 47 KVG) erforderlich sind, 3.115 die Daten nach Artikel 30, sofern sie für die Festlegung der Höchstzahlen notwendig sind (Art. 55a KVG); c. den Versicherern: die Daten nach Artikel 30 Buchstaben a, c, d und e, sofern diese für den Vollzug der Bestimmungen zur Kontrolle der Wirtschaftlichkeit der Leistungen, die von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung über- nommen werden, erforderlich sind; d. dem Preisüberwacher: die Daten nach Artikel 30, sofern diese zur Prüfung von Preisen und Tarifen im Gesundheitswesen im Rahmen von Artikel 14 des Preisüberwachungsgesetzes vom 20. Dezember 1985116 erforderlich sind. 2 Es stellt die Anonymität des Personals nach Artikel 30 Buchstabe b und der Patien- tinnen und Patienten nach Artikel 30 Buchstabe c bei der Weitergabe der personenbe- zogenen Daten sicher. 3 Die Daten nach Artikel 30 werden grundsätzlich auf Betriebsebene aggregiert wei- tergegeben. Daten nach Artikel 30 Buchstaben b–e und g werden folgenden Empfän- gern als Einzeldaten weitergegeben: a. dem BAG; b. den zuständigen Behörden der Kantone für die Planung der Spitäler, Geburts- häuser und Pflegeheime. Art. 30c117 Bearbeitungsreglement Das BFS erstellt in Zusammenarbeit mit dem BAG für die Erhebung, Bearbeitung und Weitergabe von Daten nach Artikel 59a KVG ein Bearbeitungsreglement im Sinne von Artikel 21 der Verordnung vom 14. Juni 1993118 zum Bundesgesetz über den Da- tenschutz. Im Bearbeitungsreglement werden nach Anhörung der betroffenen Kreise die Variablen im Sinne von Artikel 30a Absatz 1, welche die Leistungserbringer zu liefern haben, festgehalten. 115 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 116 SR 942.20 117 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Juni 2016, in Kraft seit 1. Aug. 2016 (AS 2016 2689). 118 SR 235.11 Kranken- und Unfallversicherung 24 / 132 832.102 Art. 31119 Veröffentlichung der Daten der Leistungserbringer 1 Das BAG veröffentlicht die Ergebnisse der vom BFS gestützt auf Artikel 59a KVG und vom BAG nach Artikel 51 des Medizinalberufegesetzes vom 23. Juni 2006120 er- hobenen Daten so, dass namentlich folgende Angaben oder Kennzahlen der sozialen Krankenversicherung nach Leistungserbringer oder nach Kategorien von Leistungs- erbringern ersichtlich sind: a. Leistungsangebot der Leistungserbringer; b. Diplome und Weiterbildungstitel der Leistungserbringer; c. medizinische Qualitätsindikatoren; d. Umfang und Art der erbrachten Leistungen; e. Kostenentwicklung. 2 Das BAG veröffentlicht die Ergebnisse der weitergebenen Daten zu den Spitälern und anderen Einrichtungen nach Artikel 39 KVG sowie zu den Organisationen der Krankenpflege und Hilfe zu Hause nach Artikel 51 dieser Verordnung auf Stufe der einzelnen Einrichtung mit deren Namen und Standort. Bei den übrigen Leistungser- bringern werden die Daten nach Gruppen von Leistungserbringern veröffentlicht. Per- sonenbezogene Daten der Patientinnen und Patienten und des Personals werden nicht veröffentlicht. Art. 31a121 Sicherheit und Aufbewahrung der Daten Soweit die Aufbewahrung, die Löschung und die Vernichtung der Daten nicht ander- weitig geregelt sind, müssen die Behörden, an die Daten nach Artikel 59a KVG wei- tergeben wurden, folgende Grundsätze einhalten: a. Sie müssen die Daten durch die erforderlichen organisatorischen und techni- schen Massnahmen gegen unbefugtes Bearbeiten schützen. b. Sie müssen die Daten löschen, sobald diese zur Erreichung des Zwecks, zu dem sie weitergeben wurden, nicht mehr benötigt werden. c. Sie müssen die Daten spätestens fünf Jahre nach deren Erhalt vernichten, so- fern die Daten nicht archiviert werden müssen. Art. 32 Wirkungsanalyse 1 Das BAG führt in Zusammenarbeit mit den Versicherern, Leistungserbringern und Kantonen sowie Vertretern der Wissenschaft wissenschaftliche Untersuchungen über die Durchführung und die Wirkungen des Gesetzes durch. 119 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. Juni 2016, in Kraft seit 1. Aug. 2016 (AS 2016 2689). 120 SR 811.11 121 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Juni 2016, in Kraft seit 1. Aug. 2016 (AS 2016 2689). Krankenversicherung. V 25 / 132 832.102 2 Diese Untersuchungen haben den Einfluss des Gesetzes auf die Situation und das Verhalten der Versicherten, der Leistungserbringer und der Versicherer zum Gegen- stand. Insbesondere ist zu untersuchen, ob die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Grundversorgung gewährleistet ist und die sozial- und wettbewerbspolitischen Ziel- setzungen des Gesetzes erreicht werden. 3 Das BAG kann für die Durchführung der Untersuchungen wissenschaftliche Insti- tute beiziehen und Expertengruppen einsetzen. 3. Titel: Leistungen 1. Kapitel: Bezeichnung der Leistungen Art. 33 Allgemeine Leistungen Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) bezeichnet nach Anhören der zu- ständigen Kommission:122 a. die von Ärzten und Ärztinnen oder Chiropraktoren und Chiropraktorinnen er- brachten Leistungen, deren Kosten nicht oder nur unter bestimmten Bedin- gungen von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung übernommen werden; b.123 die nicht von Ärzten und Ärztinnen oder Chiropraktoren und Chiropraktorin- nen erbrachten Leistungen nach den Artikeln 25 Absatz 2 und 25a Absätze 1 und 2 des Gesetzes; c. die neuen oder umstrittenen Leistungen, deren Wirksamkeit, Zweckmässig- keit oder Wirtschaftlichkeit sich in Abklärung befinden; es bestimmt die Vo- raussetzungen und den Umfang der Kostenübernahme durch die obligatori- sche Krankenpflegeversicherung; d. die medizinischen Präventionsmassnahmen nach Artikel 26 des Gesetzes, die Leistungen bei Mutterschaft nach Artikel 29 Absatz 2 Buchstaben a und c des Gesetzes und die zahnärztlichen Behandlungen nach Artikel 31 Absatz 1 des Gesetzes; e. die von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zu übernehmenden Mittel und Gegenstände nach Artikel 52 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer 3 des Gesetzes; es setzt Höchstbeträge für ihre Vergütung fest; f. den in Artikel 25 Absatz 2 Buchstabe c des Gesetzes vorgesehenen Beitrag an die Kosten von Badekuren; dieser Beitrag dient der Deckung von Kosten bei Badekuren, die nicht durch andere Leistungen aus der obligatorischen Kran- kenpflegeversicherung gedeckt sind; er kann während höchstens 21 Tagen pro Kalenderjahr ausgerichtet werden; 122 Fassung gemäss Anhang Ziff. 3 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165). 123 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Juni 2009, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2009 3525 6847 Ziff. II 2). Kranken- und Unfallversicherung 26 / 132 832.102 g. den in Artikel 25 Absatz 2 Buchstabe g des Gesetzes vorgesehenen Beitrag an die Transport- und Rettungskosten; die medizinisch notwendigen Transporte von einem Spital in ein anderes sind Teil der stationären Behandlung; h.124 das Verfahren der Bedarfsermittlung; i.125 den in Artikel 25a Absätze 1 und 4 des Gesetzes vorgesehenen und nach Pfle- gebedarf differenzierten Beitrag an die Pflegeleistungen. Art. 34 Analysen und Arzneimittel Die Listen nach Artikel 52 Absatz 1 Buchstabe a Ziffern 1 (Analysenliste) und 2 (Arzneimittelliste) sowie Buchstabe b (Spezialitätenliste) des Gesetzes werden nach Anhören der zuständigen Kommission erstellt. Art. 35126 Geburtsgebrechen Das EDI sorgt dafür, dass die bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze von der Invalidenversicherung für Geburtsgebrechen erbrachten medizinischen Massnah- men von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nach Massgabe der Voraus- setzungen der Artikel 32–34 und 43–52a des Gesetzes vergütet werden. Art. 35a127 Komplementärmedizin Bei der Beurteilung der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit kom- plementärmedizinischer Leistungen stehen insbesondere folgende Kriterien im Vor- dergrund: a. die Anwendungs- und Forschungstradition der Fachrichtung, in der die Leis- tungen erbracht werden; b. das Basieren der Leistungen auf wissenschaftlicher Evidenz und ärztlicher Er- fahrung; c. die Vermittlung der für das Erbringen der Leistungen notwendigen Kennt- nisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten in einer spezifischen ergänzenden Weiter- bildung. 124 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Juni 2009, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2009 3525 6847 Ziff. II 2). 125 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Juni 2009, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2009 3525 6847 Ziff. II 2). 126 Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 der V vom 3. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 706). 127 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 16. Juni 2017, in Kraft seit 1. Aug. 2017 (AS 2017 3687). Krankenversicherung. V 27 / 132 832.102 2. Kapitel: Umfang der Kostenübernahme Art. 36 Leistungen im Ausland 1 Das EDI bezeichnet nach Anhören der zuständigen Kommission die Leistungen nach den Artikeln 25 Absatz 2 und 29 des Gesetzes, deren Kosten von der obligatori- schen Krankenpflegeversicherung im Ausland übernommen werden, wenn sie in der Schweiz nicht erbracht werden können. 2 Die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernimmt die Kosten von Behand- lungen, die in Notfällen im Ausland erbracht werden. Ein Notfall liegt vor, wenn Ver- sicherte bei einem vorübergehenden Auslandsaufenthalt einer medizinischen Behand- lung bedürfen und eine Rückreise in die Schweiz nicht angemessen ist. Kein Notfall besteht, wenn sich Versicherte zum Zwecke dieser Behandlung ins Ausland begeben. 3 Die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernimmt im Rahmen von Arti- kel 29 des Gesetzes die Kosten einer Entbindung, die im Ausland stattgefunden hat, weil nur so das Kind die Staatsangehörigkeit der Mutter oder des Vaters erwerben konnte oder weil das Kind, in der Schweiz geboren, staatenlos wäre. 4 Für Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 und für die Behandlung im Ausland von Grenzgängern und Grenzgängerinnen, entsandten Arbeitnehmern und Arbeitneh- merinnen und Personen im öffentlichen Dienst sowie ihren Familienangehörigen (Art. 3–5) wird höchstens der doppelte Betrag der Kosten übernommen, die in der Schweiz vergütet würden, in den Fällen von Absatz 3 höchstens der einfache Betrag. Für Versicherte nach den Artikeln 4 und 5 richtet sich die Kostenübernahme nach den Tarifen und Preisen an ihrem letzten Wohnort in der Schweiz. Sofern die Behandlung für Versicherte nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben d–ebis nicht nach den Regeln über die internationale Leistungsaushilfe erfolgt, richtet sich die Kostenübernahme nach den Tarifen und Preisen an ihrem letzten Wohn- oder Arbeitsort in der Schweiz; lässt sich keiner dieser Orte ermitteln, so richtet sich die Kostenübernahme nach den Tari- fen und Preisen des Kantons, in dem der Versicherer seinen Sitz hat.128 5 Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über die internationale Leistungsaushilfe.129 Art. 36a130 Kostenübernahme bei grenzüberschreitender Zusammenarbeit 1 Das BAG kann Programme zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit bewilligen, die eine Kostenübernahme durch Versicherer für Leistungen vorsehen, die in Grenz- gebieten für in der Schweiz wohnhafte Versicherte erbracht werden. 128 Fassung gemäss Ziff. I 1 der V vom 26. Okt. 2022 über die Änderung von Verordnungen im Bereich der Krankenversicherung zur Umsetzung des Abkommens zur Koordinierung der sozialen Sicherheit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Verei- nigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 658). 129 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 3. Juli 2001, in Kraft seit 1. Juni 2002 (AS 2002 915). 130 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. April 2006 (AS 2006 1717). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 15. Nov. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 6723). Kranken- und Unfallversicherung 28 / 132 832.102 2 Das Bewilligungsgesuch muss von einem oder mehreren Grenzkantonen und von einem oder mehreren Versicherern gemeinsam eingereicht werden. Es ist vier Monate vor dem voraussichtlichen Beginn der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit einzu- reichen. 3 Das Programm muss folgende Anforderungen erfüllen: a. Es steht Versicherten offen, die bei einem an der grenzüberschreitenden Zu- sammenarbeit beteiligten Versicherer der obligatorischen Krankenpflegever- sicherung versichert sind und ihren Wohnort in einem an der grenzüberschrei- tenden Zusammenarbeit beteiligten Grenzkanton haben. b. Es sieht vor, dass die Versicherten nicht verpflichtet werden können, sich im Ausland behandeln zu lassen. c. Es umschreibt die im Ausland erbrachten Leistungen, deren Kosten von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung übernommen werden; die Leis- tungen müssen die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen. d. Es enthält eine Liste der ausländischen Leistungserbringer, die im Rahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit Leistungen erbringen dürfen; diese Leistungserbringer müssen die gesetzlichen Anforderungen für Leis- tungserbringer entsprechend erfüllen. e. Es sieht vor, dass die Tarife und die Preise für die im Ausland erbrachten Leistungen zwischen den Versicherern und den ausländischen Leistungser- bringern vereinbart werden; sie dürfen nicht höher sein als in dem am Pro- gramm beteiligten Grenzkanton und müssen die Anforderungen der Artikel 43, 49 und 52 KVG erfüllen. f. Es sieht vor, dass sich die ausländischen Leistungserbringer an die vereinbar- ten Tarife und Preise halten müssen. Sie dürfen für die Leistungen nach Buch- stabe c keine weitergehenden Vergütungen berechnen. Art. 36b131 Kostenübernahme für im Ausland wohnhafte Versicherte 1 Referenzkanton nach Artikel 41 Absatz 2ter KVG ist der Kanton Bern. 2 Bei Versicherten, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island, in Norwegen oder im Vereinigten Königreich wohnen und die eine schweizerische Rente beziehen, sowie bei deren Familienangehörigen überweisen die Versicherer bei stati- onärer Behandlung in der Schweiz dem Spital ihren Anteil sowie als Vorleistung den gemäss Artikel 49a Absatz 3bis erster Satz KVG festgelegten kantonalen Anteil. Für die Rückerstattung der Vorleistung reichen die Versicherer ihre Forderungen an die Kantone bei der gemeinsamen Einrichtung ein. 131 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 15. Nov. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2017 6723). Krankenversicherung. V 29 / 132 832.102 Art. 37132 Kostenübernahme bei internationaler Leistungsaushilfe für im Ausland versicherte Personen Bei Personen, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island, in Liech- tenstein, in Norwegen oder im Vereinigten Königreich wohnen und bei einem Auf- enthalt in der Schweiz aufgrund von Artikel 95a KVG oder internationaler Vereinba- rungen Anspruch auf internationale Leistungsaushilfe haben, übernimmt bei statio- närer Behandlung in einem Listenspital in der Schweiz der ausländische Versicherer die Vergütungen, die nach Artikel 49 Absatz 1 KVG in Rechnung gestellt werden. 3. Kapitel:133 Kommissionen Art. 37a134 Beratende Kommissionen Beratende Kommissionen nach Artikel 33 Absatz 4 des Gesetzes sind: a. die Eidgenössische Kommission für allgemeine Leistungen und Grundsatz- fragen (Leistungs- und Grundsatzkommission); b. die Eidgenössische Kommission für Analysen, Mittel und Gegenstände (Ana- lysen-, Mittel- und Gegenständekommission); c. die Eidgenössische Arzneimittelkommission. Art. 37b135 Allgemeine Bestimmungen 1 Der Bundesrat wählt das Präsidium und die weiteren Mitglieder der Kommissionen. 2 Die Kommissionen geben sich je eine Geschäftsordnung. Diese regeln namentlich folgende Punkte: a. die Arbeitsweise der Kommission und die Zusammensetzung von Ausschüs- sen; b. die Richtlinien und Verfahren zur Leistungsbezeichnung; c. den Beizug von Experten und Expertinnen. 3 Der Beizug von Experten und Expertinnen ist bei der Beratung von Leistungen der nicht vertretenen Kreise obligatorisch. 4 Das EDI genehmigt die Geschäftsordnungen. 132 Fassung gemäss Ziff. I 1 der V vom 26. Okt. 2022 über die Änderung von Verordnungen im Bereich der Krankenversicherung zur Umsetzung des Abkommens zur Koordinierung der sozialen Sicherheit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Verei- nigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 658). 133 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Juni 1997, in Kraft seit 1. Jan. 1998 (AS 1997 1639). 134 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 27. Juni 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 3573). 135 Fassung gemäss Ziff. I 2.10 der V vom 9. Nov. 2011 (Überprüfung der ausserparlamenta- rischen Kommissionen), in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 5227). Kranken- und Unfallversicherung 30 / 132 832.102 5 Es genehmigt die Einsetzung von Ausschüssen. Es wählt deren Präsidium und die weiteren Mitglieder. 6 Das BAG führt das Sekretariat der Kommissionen und sorgt für die Koordination der Arbeiten. Es kann Dritte mit der Führung des Sekretariates beauftragen. Art. 37c136 Art. 37d137 Eidgenössische Kommission für allgemeine Leistungen und Grundsatzfragen 1 Die Eidgenössische Kommission für allgemeine Leistungen und Grundsatzfragen berät das EDI bei der Bezeichnung der Leistungen nach Artikel 33, bei der Ausarbei- tung der Bestimmungen nach den Artikeln 36 Absatz 1, 77k und 104a Absatz 4 sowie bei der Beurteilung von Grundsatzfragen in der Krankenversicherung unter Berück- sichtigung der ethischen Aspekte bei der Leistungsbezeichnung.138 2 Sie hat insbesondere die folgenden Aufgaben: a. Definition von Grundsätzen im Leistungsbereich sowie Beratung und Vor- schlag von Verordnungsbestimmungen zu Grundsätzen im Leistungsbereich; b. Festsetzung von Grundsätzen, damit der Datenschutz und die Interessen der Versicherten bei der Leistungsbezeichnung in der Krankenversicherung ge- wahrt werden; c. Ausarbeitung von Kriterien für die Beurteilung von Leistungen nach Arti- kel 33 Absatz 3 des Gesetzes und Artikel 70. 3 Sie besteht aus 18 Mitgliedern; davon vertreten:139 a. vier Personen die Ärzteschaft, wobei eine Person die Komplementärmedizin vertritt; b. eine Person die Spitäler; c. eine Person die Apothekerschaft, wobei diese Person gleichzeitig auch die Arzneimittelkommission vertritt; d. zwei Personen die Krankenversicherer; e. zwei Personen die Vertrauensärzteschaft; f. zwei Personen die Versicherten; g. eine Person die Kantone; h. eine Person die Analysen-, Mittel- und Gegenständekommission; 136 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 27. Juni 2007, mit Wirkung seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 3573). 137 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 27. Juni 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 3573). 138 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Febr. 2021, in Kraft seit 1. April 2021 (AS 2021 152). 139 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 4. Juni 2021, in Kraft seit 1. Okt. 2021 (AS 2021 346). Krankenversicherung. V 31 / 132 832.102 i. eine Person die Dozenten und Dozentinnen der Laboranalytik (wissenschaft- licher Experte oder wissenschaftliche Expertin); j. zwei Personen die medizinische Ethik; k. eine Person die Medizintechnikindustrie.140 Art. 37e Eidgenössische Arzneimittelkommission 1 Die Eidgenössische Arzneimittelkommission berät das BAG bei der Erstellung der Spezialitätenliste nach Artikel 34. Sie berät das EDI, in ihrem Bereich, bei der Ausar- beitung der Bestimmungen nach den Artikeln 36 Absatz 1, 75, 77k und 104a Absatz 4. Sie berät das EDI zudem bei der Zuordnung von Wirkstoffen und Arzneimitteln zu einer pharmazeutischen Kostengruppe (PCG) der Liste nach Artikel 4 der Verordnung vom 19. Oktober 2016141 über den Risikoausgleich in der Krankenversicherung sowie bei der Festlegung der standardisierten Tagesdosen, wenn Arzneimittel neu oder für eine zusätzliche Indikation in die Spezialitätenliste aufgenommen werden.142 2 Sie besteht aus 16 Mitgliedern; davon vertreten:143 a. eine Person die Fakultäten der Medizin und Pharmazie (wissenschaftlicher Experte oder wissenschaftliche Expertin); b. drei Personen die Ärzteschaft, wobei eine Person die Komplementärmedizin vertritt; c. drei Personen die Apothekerschaft, wobei eine Person die Komplementärme- dizin vertritt; d. eine Person die Spitäler; e. zwei Personen die Krankenversicherer; f. zwei Personen die Versicherten; g. zwei Personen die Pharmaindustrie; h. eine Person das Schweizerische Heilmittelinstitut; i.144 eine Person die Kantone.145 140 Fassung gemäss Ziff. I 2.10 der V vom 9. Nov. 2011 (Überprüfung der ausserparlamenta- rischen Kommissionen), in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 5227). 141 SR 832.112.1 142 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Febr. 2021, in Kraft seit 1. April 2021 (AS 2021 152). 143 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 4. Juni 2021, in Kraft seit 1. Okt. 2021 (AS 2021 346). 144 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 18. Jan. 2012, in Kraft seit 1. Febr. 2012 (AS 2012 459). 145 Fassung gemäss Ziff. I 2.10 der V vom 9. Nov. 2011 (Überprüfung der ausserparlamenta- rischen Kommissionen), in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 5227). Kranken- und Unfallversicherung 32 / 132 832.102 Art. 37f Eidgenössische Kommission für Analysen, Mittel und Gegenstände146 1 Die Eidgenössische Kommission für Analysen, Mittel und Gegenstände berät das EDI bei der Erstellung der Analysenliste nach Artikel 34, bei der Beurteilung und Festsetzung der Vergütung von Mitteln und Gegenständen nach Artikel 33 Buchstabe e sowie bei der Ausarbeitung der Bestimmungen nach den Artikeln 36 Absatz 1, 75, 77k und 104a Absatz 4, die ihren Bereich betreffen.147 2 Sie besteht aus 16 Mitgliedern; davon vertreten:148 a. zwei Personen die Dozenten und Dozentinnen der Laboranalytik (wissen- schaftliche Experten und Expertinnen); b.149 eine Person die Ärzteschaft; c. eine Person die Apothekerschaft; d. zwei Personen die Laboratorien; e. zwei Personen die Krankenversicherer; f. eine Person die Vertrauensärzteschaft; g. zwei Personen die Versicherten; h. eine Person die Diagnostica- und Diagnostica-Geräte-Industrie; i. eine Person die Abgabestellen für Mittel und Gegenstände; j. zwei Personen die Hersteller und Vertreiber von Mitteln und Gegenständen; k.150 eine Person die Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner, die Organisationen der Krankenpflege und Hilfe zu Hause und die Pflegeheime.151 Art. 37g152 146 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 27. Juni 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 3573). 147 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Febr. 2021, in Kraft seit 1. April 2021 (AS 2021 152). 148 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 4. Juni 2021, in Kraft seit 1. Okt. 2021 (AS 2021 346). 149 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 4. Juni 2021, in Kraft seit 1. Okt. 2021 (AS 2021 346). 150 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 4. Juni 2021, in Kraft seit 1. Okt. 2021 (AS 2021 346). 151 Fassung gemäss Ziff. I 2.10 der V vom 9. Nov. 2011 (Überprüfung der ausserparlamenta- rischen Kommissionen), in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 5227). 152 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 27. Juni 2007, mit Wirkung seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 3573). Krankenversicherung. V 33 / 132 832.102 4. Titel: Leistungserbringer 1. Kapitel: Zulassung 1. Abschnitt:153 Ärzte und Ärztinnen sowie Einrichtungen, die der ambulanten Krankenpflege durch Ärzte und Ärztinnen dienen Art. 38 Ärzte und Ärztinnen 1 Ärzte und Ärztinnen werden zugelassen, wenn sie zusätzlich zu den Voraussetzun- gen nach Artikel 37 Absätze 1 und 3 KVG die folgenden Voraussetzungen erfüllen: a. Sie verfügen über eine kantonale Bewilligung für die Berufsausübung als Arzt oder Ärztin nach Artikel 34 des Medizinalberufegesetzes vom 23. Juni 2006154 (MedBG). b. Sie verfügen über einen eidgenössischen Weiterbildungstitel im Fachgebiet nach dem MedBG, für das die Zulassung beantragt wird. c. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. 2 Die Beschränkungen der Anzahl zugelassener Ärzte und Ärztinnen (Art. 55a KVG) durch die Kantone bleiben vorbehalten. 3 Ärzte und Ärztinnen verfügen über die notwendige Sprachkompetenz im Sinne von Artikel 37 Absatz 1 KVG, wenn sie in der Lage sind, in der Sprache ihrer Tätigkeits- region: a. die Hauptinhalte komplexer Texte zu konkreten oder abstrakten Themen zu verstehen und deren implizite Bedeutungen zu erfassen; b. sich spontan und fliessend auszudrücken, ohne öfter nach Worten zu suchen; c. die Sprache wirksam und flexibel zu gebrauchen und sich klar und strukturiert zu komplexen Sachverhalten zu äussern. Art. 39 Einrichtungen, die der ambulanten Krankenpflege durch Ärzte und Ärztinnen dienen 1 Einrichtungen, die der ambulanten Krankenpflege durch Ärzte und Ärztinnen die- nen, werden zugelassen, wenn sie zusätzlich zu den Voraussetzungen nach Artikel 37 Absätze 2 und 3 KVG die folgenden Voraussetzungen erfüllen: a. Sie erbringen ihre Leistungen durch Ärzte und Ärztinnen, welche die Voraus- setzungen nach Artikel 38 Absatz 1 Buchstaben a und b erfüllen. b. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. 153 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 154 SR 811.11 Kranken- und Unfallversicherung 34 / 132 832.102 2 Die Beschränkungen der Anzahl zugelassener Ärzte und Ärztinnen (Art. 55a KVG) durch die Kantone bleiben vorbehalten. 2. Abschnitt:155 Apotheker und Apothekerinnen Art. 40156 1 Apotheker und Apothekerinnen werden zugelassen, wenn sie die folgenden Voraus- setzungen erfüllen: a. Sie verfügen über eine kantonale Bewilligung für die Berufsausübung als Apotheker und Apothekerin nach Artikel 34 MedBG157; b. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. 2 Die Kantone legen die Voraussetzungen fest, unter denen Ärzte und Ärztinnen mit einer Bewilligung zur Führung einer Apotheke den zugelassenen Apothekern und Apothekerinnen gleichgestellt sind. Sie berücksichtigen dabei insbesondere die Zu- gangsmöglichkeiten der Patienten und Patientinnen zu einer Apotheke. Art. 41158 3. Abschnitt:159 Zahnärzte und Zahnärztinnen Art. 42160 Zahnärzte und Zahnärztinnen werden für Leistungen nach Artikel 31 KVG zugelas- sen, wenn sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen: a. Sie verfügen über eine kantonale Bewilligung für die Berufsausübung als Zahnarzt oder Zahnärztin nach Artikel 34 MedBG161. b. Sie haben während drei Jahren eine praktische Tätigkeit in einer zahnärztli- chen Praxis oder einem zahnärztlichen Institut ausgeübt. 155 Fassung gemäss Art. 17 der V vom 27. Juni 2007 über Diplome, Ausbildung, Weiterbildung und Berufsausübung in den universitären Medizinalberufen, in Kraft seit 1. Sept. 2007 (AS 2007 4055). 156 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 157 SR 811.11 158 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, mit Wirkung seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 159 Fassung gemäss Art. 17 der V vom 27. Juni 2007 über Diplome, Ausbildung, Weiterbildung und Berufsausübung in den universitären Medizinalberufen, in Kraft seit 1. Sept. 2007 (AS 2007 4055). 160 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 161 SR 811.11 Krankenversicherung. V 35 / 132 832.102 c. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. Art. 43162 4. Abschnitt: Chiropraktoren und Chiropraktorinnen sowie Organisationen der Chiropraktik163 Art. 44 Chiropraktoren und Chiropraktorinnen164 1 Chiropraktoren und Chiropraktorinnen werden zugelassen, wenn sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen: a. Sie verfügen über eine kantonale Bewilligung für die Berufsausübung als Chi- ropraktor oder Chiropraktorin nach Artikel 34 MedBG165. b. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len.166 2 …167 3 Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über die Anwendung von ionisierenden Strahlen zu chiropraktischen Zwecken, insbesondere Artikel 182 Absatz 1 Buchstabe d der Strahlenschutzverordnung vom 26. April 2017168 sowie die entsprechenden Ausführungsbestimmungen des Eidgenössischen Departements für Inneres.169 Art. 44a170 Organisationen der Chiropraktik Organisationen der Chiropraktik werden zugelassen, wenn sie die folgenden Voraus- setzungen erfüllen: a. Sie sind nach der Gesetzgebung des Kantons, in dem sie tätig sind, zugelassen. 162 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, mit Wirkung seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 163 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 164 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 165 SR 811.11 166 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 167 Aufgehoben durch Art. 17 der V vom 27. Juni 2007 über Diplome, Ausbildung, Weiterbildung und Berufsausübung in den universitären Medizinalberufen, mit Wirkung seit 1. Sept. 2007 (AS 2007 4055). 168 SR 814.501 169 Fassung gemäss Anhang 11 Ziff. 7 der Strahlenschutzverordnung vom 26. April 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 4261). 170 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). Kranken- und Unfallversicherung 36 / 132 832.102 b. Sie haben ihren örtlichen, zeitlichen, sachlichen und personellen Tätigkeits- bereich festgelegt. c. Sie erbringen ihre Leistungen durch Personen, welche die Voraussetzungen nach Artikel 44 Absatz 1 Buchstabe a erfüllen. d. Sie verfügen über die für die Leistungserbringung notwendigen Einrichtun- gen. e. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. 5. Abschnitt:171 Hebammen und Organisationen der Hebammen Art. 45 Hebammen Hebammen werden zugelassen, wenn sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen: a. Sie verfügen über eine kantonale Bewilligung für die Berufsausübung als Hebamme nach Artikel 11 des Gesundheitsberufegesetzes vom 30. Septem- ber 2016172 (GesBG) oder eine nach Artikel 34 Absatz 1 GesBG anerkannte Bewilligung. b. Sie haben während zwei Jahren eine praktische Tätigkeit ausgeübt: 1. bei einer nach dieser Verordnung zugelassenen Hebamme; 2. in der geburtshilflichen Abteilung eines Spitals, unter der Leitung einer Hebamme, welche die Zulassungsvoraussetzungen dieser Verordnung erfüllt; oder 3. in einer Organisation der Hebammen, unter der Leitung einer Hebamme, welche die Zulassungsvoraussetzungen dieser Verordnung erfüllt. c. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. Art. 45a Organisationen der Hebammen Organisationen der Hebammen werden zugelassen, wenn sie die folgenden Voraus- setzungen erfüllen: a. Sie sind nach der Gesetzgebung des Kantons, in dem sie tätig sind, zugelassen. b. Sie haben ihren örtlichen, zeitlichen, sachlichen und personellen Tätigkeits- bereich festgelegt. c. Sie erbringen ihre Leistungen durch Personen, welche die Voraussetzungen nach Artikel 45 Buchstaben a und b erfüllen. 171 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 172 SR 811.21 Krankenversicherung. V 37 / 132 832.102 d. Sie verfügen über die für die Leistungserbringung notwendigen Einrichtun- gen. e. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. 6. Abschnitt: Personen, die auf ärztliche Anordnung hin Leistungen erbringen, und Organisationen, die solche Personen beschäftigen Art. 46173 Art. 47174 Physiotherapeuten und Physiotherapeutinnen Physiotherapeuten und Physiotherapeutinnen werden zugelassen, wenn sie die folgen- den Voraussetzungen erfüllen: a. Sie verfügen über eine kantonale Bewilligung für die Berufsausübung als Phy- siotherapeut oder Physiotherapeutin nach Artikel 11 GesBG175 oder eine nach Artikel 34 Absatz 1 GesBG anerkannte Bewilligung. b. Sie haben während zwei Jahren eine praktische Tätigkeit ausgeübt: 1. bei einem Physiotherapeuten oder einer Physiotherapeutin, der oder die nach dieser Verordnung zugelassen ist; 2. in einer physiotherapeutischen Spezialabteilung eines Spitals, unter der Leitung eines Physiotherapeuten oder einer Physiotherapeutin, der oder die die Zulassungsvoraussetzungen dieser Verordnung erfüllt; oder 3. in einer Organisation der Physiotherapie, unter der Leitung eines Physi- otherapeuten oder einer Physiotherapeutin, der oder die die Zulassungs- voraussetzungen dieser Verordnung erfüllt. c. Sie üben ihren Beruf selbstständig und auf eigene Rechnung aus. d. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. Art. 48176 Ergotherapeuten und Ergotherapeutinnen Ergotherapeuten und Ergotherapeutinnen werden zugelassen, wenn sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen: 173 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, mit Wirkung seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 174 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 175 SR 811.21 176 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). Kranken- und Unfallversicherung 38 / 132 832.102 a. Sie verfügen über eine kantonale Bewilligung für die Berufsausübung als Er- gotherapeut oder Ergotherapeutin nach Artikel 11 GesBG177 oder eine nach Artikel 34 Absatz 1 GesBG anerkannte Bewilligung. b. Sie haben während zwei Jahren eine praktische Tätigkeit ausgeübt: 1. bei einem Ergotherapeuten oder einer Ergotherapeutin, der oder die nach dieser Verordnung zugelassen ist; 2. in einem Spital, unter der Leitung eines Ergotherapeuten oder einer Er- gotherapeutin, der oder die die Zulassungsvoraussetzungen dieser Ver- ordnung erfüllt; oder 3. in einer Organisation der Ergotherapie, unter der Leitung eines Ergo- therapeuten oder einer Ergotherapeutin, der oder die die Zulassungsvo- raussetzungen dieser Verordnung erfüllt. c. Sie üben ihren Beruf selbstständig und auf eigene Rechnung aus. d. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. Art. 49178 Pflegefachmänner und Pflegefachfrauen Pflegefachmänner und Pflegefachfrauen werden zugelassen, wenn sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen: a. Sie verfügen über eine kantonale Bewilligung für die Berufsausübung als Pflegefachmann oder Pflegefachfrau nach Artikel 11 GesBG179 oder eine nach Artikel 34 Absatz 1 GesBG anerkannte Bewilligung. b. Sie haben während zwei Jahren eine praktische Tätigkeit ausgeübt: 1. bei einem Pflegefachmann oder einer Pflegefachfrau, der oder die nach dieser Verordnung zugelassen ist; 2. in einem Spital oder in einem Pflegeheim, unter der Leitung eines Pfle- gefachmanns oder einer Pflegefachfrau, der oder die die Zulassungsvo- raussetzungen dieser Verordnung erfüllt; oder 3. in einer Organisation der Krankenpflege und Hilfe zu Hause, unter der Leitung eines Pflegefachmanns oder einer Pflegefachfrau, der oder die die Zulassungsvoraussetzungen dieser Verordnung erfüllt. c. Sie üben ihren Beruf selbstständig und auf eigene Rechnung aus. d. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. 177 SR 811.21 178 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 179 SR 811.21 Krankenversicherung. V 39 / 132 832.102 Art. 50180 Logopäden und Logopädinnen Die Logopäden und Logopädinnen werden zugelassen, wenn sie die folgenden Vo- raussetzungen erfüllen: a. Sie sind nach kantonalem Recht zur Berufsausübung als Logopäde oder Lo- gopädin berechtigt. b. Sie verfügen über eine vom Kanton anerkannte dreijährige theoretische und praktische Fachausbildung als Logopäde oder Logopädin mit erfolgreich ab- gelegter Prüfung in folgenden Fächern: 1. Linguistik (Linguistik, Phonetik, Psycholinguistik); 2. Logopädie (logopädische Methodenlehre [Beratung, Abklärung, Be- handlung], Sprachbehindertenpädagogik, Sprachbehindertenpsycholo- gie, Sprachpathologie); 3. Medizin (Neurologie, Oto-Rhino-Laryngologie, Phoniatrie, Psychiatrie, Stomatologie); 4. Pädagogik (Pädagogik, Sonderpädagogik, Heilpädagogik); 5. Psychologie (Entwicklungspsychologie, klinische Psychologie, pädago- gische Psychologie einschliesslich Lernpsychologie, Sozialpsycholo- gie); 6. Recht (Sozialgesetzgebung). c. Sie haben während zwei Jahren eine praktische Tätigkeit in klinischer Logo- pädie, überwiegend im Erwachsenenbereich, ausgeübt, davon mindestens ein Jahr in einem Spital unter fachärztlicher Leitung (Oto-Rhino-Laryngologie, Psychiatrie, Kinderpsychiatrie, Phoniatrie oder Neurologie) und im Beisein eines Logopäden oder einer Logopädin, der oder die die Zulassungsvorausset- zungen dieser Verordnung erfüllt; ein Jahr kann unter entsprechender fach- ärztlicher Leitung und in Begleitung eines Logopäden oder einer Logopädin, der oder die die Zulassungsvoraussetzungen dieser Verordnung erfüllt, in ei- ner Facharztpraxis oder in einer Organisation der Logopädie, die nach dieser Verordnung zugelassen ist, absolviert werden. d. Sie üben ihren Beruf selbstständig und auf eigene Rechnung aus. e. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. Art. 50a181 Ernährungsberater und Ernährungsberaterinnen Ernährungsberater und Ernährungsberaterinnen werden zugelassen, wenn sie die fol- genden Voraussetzungen erfüllen: 180 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 181 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Nov. 1996 (AS 1996 3139). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). Kranken- und Unfallversicherung 40 / 132 832.102 a. Sie verfügen über eine kantonale Bewilligung für die Berufsausübung als Er- nährungsberater oder Ernährungsberaterin nach Artikel 11 GesBG182 oder eine nach Artikel 34 Absatz 1 GesBG anerkannte Bewilligung. b. Sie haben während zwei Jahren eine praktische Tätigkeit ausgeübt: 1. bei einem Ernährungsberater oder einer Ernährungsberaterin, der oder die nach dieser Verordnung zugelassen ist; 2. in einem Spital, unter der Leitung eines Ernährungsberaters oder einer Ernährungsberaterin, der oder die die Zulassungsvoraussetzungen dieser Verordnung erfüllt; oder 3. in einer Organisation der Ernährungsberatung, unter der Leitung eines Ernährungsberaters oder einer Ernährungsberaterin, der oder die die Zu- lassungsvoraussetzungen dieser Verordnung erfüllt. c. Sie üben ihren Beruf selbstständig und auf eigene Rechnung aus. d. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. Art. 50b183 Neuropsychologen und Neuropsychologinnen Neuropsychologen und Neuropsychologinnen werden zugelassen, wenn sie die fol- genden Voraussetzungen erfüllen: a. Sie sind nach kantonalem Recht zur Berufsausübung als Neuropsychologe oder Neuropsychologin berechtigt. b. Sie verfügen über: 1. einen anerkannten Abschluss in Psychologie und einen eidgenössischen oder als gleichwertig anerkannten Weiterbildungstitel in Neuropsycho- logie nach dem Psychologieberufegesetz vom 18. März 2011184 (PsyG); oder 2. einen anerkannten Abschluss in Psychologie nach dem PsyG und einen Fachtitel Neuropsychologie der Föderation der Schweizer Psychologin- nen und Psychologen. c. Sie üben ihren Beruf selbstständig und auf eigene Rechnung aus. d. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. 182 SR 811.21 183 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 9. Dez. 2016 (AS 2016 4927). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 184 SR 935.81 Krankenversicherung. V 41 / 132 832.102 Art. 50c185 Psychologische Psychotherapeuten und psychologische Psychotherapeutinnen Psychologische Psychotherapeuten und psychologische Psychotherapeutinnen wer- den zugelassen, wenn sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen: a. Sie verfügen über eine kantonale Bewilligung für die Ausübung des Psycho- therapieberufs nach Artikel 22 PsyG186. b. Sie haben eine klinische Erfahrung von drei Jahren, davon mindestens 12 Mo- nate in psychotherapeutisch-psychiatrischen Einrichtungen, die über eine der folgenden Anerkennungen des Schweizerischen Instituts für ärztliche Weiter- und Fortbildung (SIWF) verfügen: 1.187 ambulante oder stationäre Weiterbildungsstätte der Kategorie A, B oder C nach dem Weiterbildungsprogramm «Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie» vom 1. Juli 2009188 in der Fassung vom 15. Dezember 2016; 2. Weiterbildungsstätte der Kategorien A, B oder C nach dem Weiterbil- dungsprogramm «Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psy- chotherapie» vom 1. Juli 2006189 in der Fassung vom 20. Dezember 2018. c. Sie üben ihren Beruf selbstständig und auf eigene Rechnung aus. d. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. Art. 50d190 Podologen und Podologinnen Podologen und Podologinnen werden zugelassen, wenn sie die folgenden Vorausset- zungen erfüllen: a. Sie sind nach kantonalem Recht zur Berufsausübung als Podologe oder Podo- login berechtigt. b. Sie verfügen über ein Diplom einer höheren Fachschule gemäss Rahmenlehr- plan Podologie vom 12. November 2010191 in der Fassung vom 12. Dezember 2014 oder eine gleichwertige Ausbildung gemäss Ziffer 7.1 des Rahmenlehr- plans. 185 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 19. März 2021 (AS 2021 188). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). Siehe auch die UeB dieser Änd. am Schluss des Textes. 186 SR 935.81 187 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Nov. 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 814). 188 Das Dokument ist einsehbar unter: www.bag.admin.ch/ref. 189 Das Dokument ist einsehbar unter: www.bag.admin.ch/ref. 190 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. Mai 2021 (AS 2021 323). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). Siehe auch die UeB dieser Änd. am Schluss des Textes. 191 Das Dokument kann auf der folgenden Adresse eingesehen werden: www.ofsp.ad- min.ch/ref. Kranken- und Unfallversicherung 42 / 132 832.102 c. Sie haben nach Erhalt ihres Diploms während zwei Jahren eine praktische Tä- tigkeit ausgeübt: 1. bei einem Podologen oder einer Podologin, der oder die nach dieser Ver- ordnung zugelassen ist; 2. in einer Organisation der Podologie, die nach dieser Verordnung zuge- lassen ist; oder 3. in einem Spital, in einer Organisation der Krankenpflege und Hilfe zu Hause oder in einem Pflegeheim, unter der Leitung eines Podologen oder einer Podologin, der oder die die Zulassungsvoraussetzungen dieser Ver- ordnung erfüllt. d. Sie üben ihren Beruf selbstständig und auf eigene Rechnung aus. e. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. Art. 51192 Organisationen der Krankenpflege und Hilfe zu Hause Organisationen der Krankenpflege und Hilfe zu Hause werden zugelassen, wenn sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen: a. Sie sind nach der Gesetzgebung des Kantons, in dem sie tätig sind, zugelassen. b. Sie haben ihren örtlichen, zeitlichen, sachlichen und personellen Tätigkeits- bereich festgelegt. c. Sie verfügen über das erforderliche Fachpersonal, das eine dem Tätigkeitsbe- reich entsprechende Ausbildung hat. d. Sie verfügen über die für die Leistungserbringung notwendigen Einrichtun- gen. e. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. Art. 52193 Organisationen der Physiotherapie Organisationen der Physiotherapie werden zugelassen, wenn sie die folgenden Vo- raussetzungen erfüllen: a. Sie sind nach der Gesetzgebung des Kantons, in dem sie tätig sind, zugelassen. b. Sie haben ihren örtlichen, zeitlichen, sachlichen und personellen Tätigkeits- bereich festgelegt. c. Sie erbringen ihre Leistungen durch Personen, welche die Voraussetzungen nach Artikel 47 Buchstaben a und b erfüllen. d. Sie verfügen über die für die Leistungserbringung notwendigen Einrichtun- gen. 192 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 193 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). Krankenversicherung. V 43 / 132 832.102 e. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. Art. 52a194 Organisationen der Ergotherapie Organisationen der Ergotherapie werden zugelassen, wenn sie die folgenden Voraus- setzungen erfüllen: a. Sie sind nach der Gesetzgebung des Kantons, in dem sie tätig sind, zugelassen. b. Sie haben ihren örtlichen, zeitlichen, sachlichen und personellen Tätigkeits- bereich festgelegt. c. Sie erbringen ihre Leistungen durch Personen, welche die Voraussetzungen nach Artikel 48 Buchstaben a und b erfüllen. d. Sie verfügen über die für die Leistungserbringung notwendigen Einrichtun- gen. e. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. Art. 52b195 Organisationen der Logopädie Organisationen der Logopädie werden zugelassen, wenn sie die folgenden Vorausset- zungen erfüllen: a. Sie sind nach der Gesetzgebung des Kantons zugelassen, in dem sie ihre Tä- tigkeit ausüben. b. Sie haben ihren örtlichen, zeitlichen, sachlichen und personellen Tätigkeits- bereich festgelegt. c. Sie erbringen ihre Leistungen durch Personen, welche die Voraussetzungen nach Artikel 50 Buchstaben a–c erfüllen. d. Sie verfügen über die für die Leistungserbringung notwendigen Einrichtun- gen. e. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. Art. 52c196 Organisationen der Ernährungsberatung Organisationen der Ernährungsberatung werden zugelassen, wenn sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen: a. Sie sind nach der Gesetzgebung des Kantons, in dem sie tätig sind, zugelassen. 194 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Juni 2009 (AS 2009 3525). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 195 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 4. Juli 2012 (AS 2012 4089). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 196 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 9. Dez. 2016 (AS 2016 4927). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). Kranken- und Unfallversicherung 44 / 132 832.102 b. Sie haben ihren örtlichen, zeitlichen, sachlichen und personellen Tätigkeits- bereich festgelegt. c. Sie erbringen ihre Leistungen durch Personen, welche die Voraussetzungen nach Artikel 50a Buchstaben a und b erfüllen. d. Sie verfügen über die für die Leistungserbringung notwendigen Einrichtun- gen. e. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. Art. 52d197 Organisationen der Neuropsychologie Organisationen der Neuropsychologie werden zugelassen, wenn sie die folgenden Vo- raussetzungen erfüllen: a. Sie sind nach der Gesetzgebung des Kantons, in dem sie tätig sind, zugelassen. b. Sie haben ihren örtlichen, zeitlichen, sachlichen und personellen Tätigkeits- bereich festgelegt. c. Sie erbringen ihre Leistungen durch Personen, welche die Voraussetzungen nach Artikel 50b Buchstaben a und b erfüllen. d. Sie verfügen über die für die Leistungserbringung notwendigen Einrichtun- gen. e. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. Art. 52e198 Organisationen der psychologischen Psychotherapie Organisationen der psychologischen Psychotherapie werden zugelassen, wenn sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen: a. Sie sind nach der Gesetzgebung des Kantons, in dem sie tätig sind, zugelassen. b. Sie haben ihren örtlichen, zeitlichen, sachlichen und personellen Tätigkeits- bereich festgelegt. c. Sie erbringen ihre Leistungen durch Personen, welche die Voraussetzungen nach Artikel 50c Buchstaben a und b erfüllen. d. Sie verfügen über die für die Leistungserbringung notwendigen Einrichtun- gen. e. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. 197 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 198 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. Mai 2021 (AS 2021 188). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Juli 2022 (AS 2021 439). Krankenversicherung. V 45 / 132 832.102 Art. 52f199 Organisationen der Podologie Organisationen der Podologie werden zugelassen, wenn sie die folgenden Vorausset- zungen erfüllen: a. Sie sind nach der Gesetzgebung des Kantons, in dem sie tätig sind, zugelassen. b. Sie haben ihren örtlichen, zeitlichen, sachlichen und personellen Tätigkeits- bereich festgelegt. c. Sie erbringen ihre Leistungen durch Personen, welche die Voraussetzungen nach Artikel 50d Buchstaben a–c erfüllen. d. Sie verfügen über die für die Leistungserbringung notwendigen Einrichtun- gen. e. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. 7. Abschnitt: Laboratorien Art. 53 Grundsatz Als Laboratorien werden Einrichtungen zugelassen, die: a. medizinische Analysen durchführen; b. nach kantonalem Recht zugelassen sind; c.200 … d. den übrigen von der Gesetzgebung des Bundes oder des Kantons festgesetzten Anforderungen an Laboratorien entsprechen; e.201 über eine entsprechende Bewilligung des Schweizerischen Heilmittelinstituts Swissmedic (Institut) verfügen, wenn sie Untersuchungen zur Erkennung übertragbarer Krankheiten durchführen; ebis.202 über eine entsprechende Bewilligung des BAG verfügen, wenn sie zyto- oder molekulargenetische Untersuchungen durchführen; f. über zweckentsprechende Einrichtungen und das erforderliche Fachpersonal verfügen; g. die Zulassungsbedingungen nach Artikel 54 erfüllen. 199 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. Mai 2021 (AS 2021 323). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 200 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 24. Febr. 2021, mit Wirkung seit 1. April 2021 (AS 2021 152). 201 Fassung gemäss Art. 27 Ziff. 1 der V vom 29. April 2015 über mikrobiologische Labora- torien, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 1497). 202 Eingefügt durch Art. 37 Ziff. 2 der V vom 14. Febr. 2007 über genetische Untersuchun- gen beim Menschen, in Kraft seit 1. April 2007 (AS 2007 651). Kranken- und Unfallversicherung 46 / 132 832.102 Art. 54 Voraussetzungen203 1 Als Laboratorien sind zugelassen:204 a. das Praxislaboratorium eines Arztes oder einer Ärztin, wenn: 1. Analysen im Rahmen der Grundversorgung nach Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a für den Eigenbedarf des Arztes oder der Ärztin durchgeführt werden, 2. das Ergebnis der Analysen grundsätzlich im Verlauf der Konsultation vorliegt (Präsenzdiagnostik), 3. das Praxislaboratorium räumlich und rechtlich Teil der Praxis des behan- delnden Arztes oder der behandelnden Ärztin ist, 4.205 die Analysen im Praxislaboratorium oder, für separat bezeichnete Ana- lysen nach Ziffer 1, im Rahmen eines Hausbesuches durchgeführt wer- den; b. das Spitallaboratorium für Analysen, die nach Artikel 62 Absatz 1 Buch- stabe a im Rahmen der Grundversorgung für den Eigenbedarf durchgeführt werden; c. die Offizin eines Apothekers oder einer Apothekerin sowie das Spitallabora- torium für Analysen nach Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a im Rahmen der Grundversorgung, die von einem anderen Leistungserbringer angeordnet sind.206 2 Spitallaboratorien, die für den Eigenbedarf des Spitals Analysen durchführen, sind zugelassen, wenn sie unter der Leitung eines Arztes oder einer Ärztin, eines Apothe- kers oder einer Apothekerin oder eines Leiters oder einer Leiterin mit einer vom EDI anerkannten Hochschulausbildung naturwissenschaftlicher Richtung oder einer vom EDI anerkannten, für die Durchführung der Analysen geeigneten höheren Fachausbil- dung stehen. 3 Laboratorien, die im Auftrage eines anderen zugelassenen Leistungserbringers ne- ben den Analysen der Grundversorgung weitere Analysen durchführen, sind zugelas- sen, wenn: a. sie unter der Leitung eines Arztes oder einer Ärztin, eines Apothekers oder einer Apothekerin oder eines Leiters oder einer Leiterin mit einer vom EDI anerkannten Hochschulausbildung naturwissenschaftlicher Richtung stehen; b.207 die leitende Person nach Buchstabe a über einen Weiterbildungstitel in Labor- medizin verfügt, der durch den Schweizerischen Verband «Die medizinischen Laboratorien der Schweiz» (FAMH) erteilt wurde oder als mit einem solchen Weiterbildungstitel gleichwertig anerkannt wurde. 203 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 204 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 205 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Nov. 2013, in Kraft seit 1. Jan. 2014 (AS 2013 4523). 206 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Juni 2003, in Kraft seit 1. Jan. 2004 (AS 2003 3249). 207 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 9. Dez. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 4927). Krankenversicherung. V 47 / 132 832.102 4 Das EDI kann für die Vornahme von bestimmten Analysen weitergehende Anforde- rungen an Einrichtungen sowie Qualifikation und Weiterbildung von Laborleitung und Laborpersonal vorsehen. Es kann im Weiteren für die Durchführung bestimmter Analysen einzelne Zentren bestimmen und sie mit der Führung von Evaluationsregis- tern beauftragen. 4bis Um nach den Absätzen 1–3 zugelassen zu werden, müssen die Laboratorien nach- weisen, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfüllen.208 5 Das EDI kann Ausführungsbestimmungen zu Absatz 1 Buchstabe a erlassen.209 Art. 54a210 Verfahren und Gebühren 1 Das BAG entscheidet über Gesuche um Anerkennung der Gleichwertigkeit von Weiterbildungstiteln in Labormedizin nach Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe b. 2 Für den Entscheid nach Absatz 1 wird eine Gebühr erhoben. Sie wird nach Zeitauf- wand bemessen, darf aber 3000 Franken nicht überschreiten. 3 Sind ausserordentliche Aufwendungen nötig, namentlich wenn das Gesuch als man- gelhaft oder unvollständig beurteilt und zur Verbesserung zurückgewiesen wird, so kann die Gebühr den Höchstbetrag nach Absatz 2 übersteigen; sie darf aber 5000 Franken nicht überschreiten. 4 Der Stundenansatz beträgt je nach erforderlicher Sachkenntnis und Funktionsstufe des ausführenden Personals 90–200 Franken. 5 Es kann ein angemessener Kostenvorschuss in Rechnung gestellt werden. 6 Im Übrigen gelten die Bestimmungen der Allgemeinen Gebührenverordnung vom 8. September 2004211. 8. Abschnitt: Abgabestellen für Mittel und Gegenstände Art. 55212 Abgabestellen für Mittel und Gegenstände, die der Untersuchung oder Behandlung dienen, werden zugelassen, wenn sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen: a. Sie sind nach der Gesetzgebung des Kantons, in dem sie tätig sind, zugelassen. b. Sie haben mit den Versicherern, zulasten deren sie tätig sein möchten, einen Vertrag über die Abgabe von Mitteln und Gegenständen, die der Untersu- chung oder Behandlung dienen, abgeschlossen. 208 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 209 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 6. Juni 2003, in Kraft seit 1. Jan. 2004 (AS 2003 3249). 210 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 9. Dez. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 4927). Siehe auch die UeB am Schluss dieses Textes. 211 SR 172.041.1 212 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). Kranken- und Unfallversicherung 48 / 132 832.102 c. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. 8a. Abschnitt:213 Geburtshäuser Art. 55a214 Geburtshäuser werden zugelassen, wenn sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen: a. Sie erfüllen die Anforderungen nach Artikel 39 Absatz 1 Buchstaben b–f KVG. b. Sie haben ihren sachlichen Tätigkeitsbereich nach Artikel 29 KVG festgelegt. c. Sie stellen eine ausreichende medizinische Betreuung durch eine Hebamme sicher. d. Sie haben Vorkehrungen zur Einleitung von Massnahmen im medizinischen Notfall getroffen. 9. Abschnitt: Transport- und Rettungsunternehmen Art. 56215 Transport- und Rettungsunternehmen werden zugelassen, wenn sie die folgenden Vo- raussetzungen erfüllen: a. Sie sind nach der Gesetzgebung des Kantons, in dem sie tätig sind, zugelassen. b. Sie haben mit den Versicherern, zulasten deren sie tätig möchten, einen Ver- trag über die Durchführung von Transporten und Rettungen, abgeschlossen. c. Sie weisen nach, dass sie die Qualitätsanforderungen nach Artikel 58g erfül- len. 10. Abschnitt: Heilbäder Art. 57 Im Allgemeinen 1 Heilbäder werden zugelassen, wenn sie unter ärztlicher Aufsicht stehen, zu Heilzwe- cken vor Ort bestehende Heilquellen nutzen, über das erforderliche Fachpersonal so- wie die zweckentsprechenden diagnostischen und therapeutischen Einrichtungen ver- fügen und nach kantonalem Recht zugelassen sind. 213 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 22. Okt. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2009 (AS 2008 5097). 214 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 215 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). Krankenversicherung. V 49 / 132 832.102 2 Das EDI kann vom Erfordernis der vor Ort bestehenden Heilquelle Ausnahmen be- willigen. Es berücksichtigt dabei die bisherige Praxis der Krankenversicherer. Art. 58 Heilquellen 1 Als Heilquellen gelten Quellen, deren Wasser aufgrund besonderer chemischer oder physikalischer Eigenschaften und ohne jede Veränderung ihrer natürlichen Zusam- mensetzung eine wissenschaftlich anerkannte Heilwirkung ausüben oder erwarten las- sen. 2 Die chemischen oder physikalischen Eigenschaften sind durch Heilwasseranalysen gutachtlich nachzuweisen und alle drei Jahre durch eine Kontrollanalyse durch die zuständige kantonale Instanz zu überprüfen. 11. Abschnitt:216 Planungskriterien Art. 58a Grundsatz 1 Die Planung für eine bedarfsgerechte Versorgung nach Artikel 39 Absatz 1 Buch- stabe d des Gesetzes umfasst die Sicherstellung der stationären Behandlung im Spital oder in einem Geburtshaus sowie der Behandlung in einem Pflegeheim für die Ein- wohnerinnen und Einwohner der Kantone, die die Planung erstellen. 2 Sie wird periodisch überprüft.217 Art. 58b218 Versorgungsplanung 1 Die Kantone ermitteln den Bedarf in nachvollziehbaren Schritten. Sie stützen sich namentlich auf statistisch ausgewiesene Daten und Vergleiche und berücksichtigen namentlich die für die Prognose des Bedarfs relevanten Einflussfaktoren. 2 Sie ermitteln das Angebot, das in Einrichtungen beansprucht wird, die nicht auf der von ihnen erlassenen Liste nach Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe e KVG aufgeführt sind. 3 Sie bestimmen das Angebot, das durch die Aufführung von inner- und ausserkanto- nalen Einrichtungen auf der Liste zu sichern ist, damit die Versorgung gewährleistet ist. Das zu sichernde Angebot entspricht dem nach Absatz 1 ermittelten Versorgungs- bedarf abzüglich des nach Absatz 2 ermittelten Angebots. 4 Bei der Bestimmung des auf der Liste zu sichernden Angebots berücksichtigen die Kantone insbesondere: a. die Wirtschaftlichkeit und die Qualität der Leistungserbringung; b. den Zugang der Patientinnen und Patienten zur Behandlung innert nützlicher Frist; 216 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 22. Okt. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2009 (AS 2008 5097). 217 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 218 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). Kranken- und Unfallversicherung 50 / 132 832.102 c. die Bereitschaft und Fähigkeit der Einrichtung zur Erfüllung des Leistungs- auftrags. Art. 58c Art der Planung Die Planung erfolgt: a. für die Versorgung der versicherten Personen in Spitälern zur Behandlung von akutsomatischen Krankheiten sowie in Geburtshäusern leistungsorientiert; b. für die Versorgung der versicherten Personen in Spitälern zur rehabilitativen und zur psychiatrischen Behandlung leistungsorientiert oder kapazitätsbezo- gen; c. für die Versorgung der versicherten Personen in Pflegeheimen kapazitätsbe- zogen. Art. 58d219 Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und der Qualität 1 Die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Spitäler und Geburtshäuser erfolgt na- mentlich durch Vergleiche der schweregradbereinigten Kosten. Bei Pflegeheimen ist die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung in angemessener Weise zu berücksich- tigen. 2 Bei der Beurteilung der Qualität der Einrichtungen ist insbesondere zu prüfen, ob die gesamte Einrichtung folgende Anforderungen erfüllt: a. Sie verfügt über das erforderliche qualifizierte Personal. b. Sie verfügt über ein geeignetes Qualitätsmanagementsystem. c. Sie verfügt über ein geeignetes internes Berichts- und Lernsystem und hat sich, wo ein solches besteht, einem gesamtschweizerisch einheitlichen Netz- werk zur Meldung von unerwünschten Ereignissen angeschlossen. d. Sie verfügt über die Ausstattung, die erforderlich ist, um an nationalen Quali- tätsmessungen teilzunehmen. e. Sie verfügt über die Ausstattung zur Gewährleistung der Medikationssicher- heit, insbesondere durch die elektronische Erfassung der verordneten und ab- gegebenen Arzneimittel. 3 Die Ergebnisse national durchgeführter Qualitätsmessungen können als Kriterien für die Auswahl der Einrichtungen berücksichtigt werden. 4 Bei der Beurteilung der Spitäler ist insbesondere auf die Nutzung von Synergien, auf die Mindestfallzahlen und auf das Potenzial der Konzentration von Leistungen für die Stärkung der Wirtschaftlichkeit und der Qualität der Versorgung zu achten. 5 Die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und der Qualität kann sich auf aktuelle Beur- teilungen anderer Kantone stützen. 219 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). Krankenversicherung. V 51 / 132 832.102 Art. 58e220 Interkantonale Koordination der Planungen 1 Zur Koordination ihrer Planungen nach Artikel 39 Absatz 2 KVG müssen die Kan- tone namentlich: a. die nötigen Informationen über die Patientenströme auswerten und diese In- formationen mit den betroffenen Kantonen austauschen; b. das Potenzial der Koordination mit anderen Kantonen für die Stärkung der Wirtschaftlichkeit und der Qualität der Leistungserbringung im Spital berück- sichtigen. 2 Jeder Kanton koordiniert sich namentlich mit: 1. den Kantonen, in denen eine oder mehrere auf seiner Liste aufgeführte oder für seine Liste vorgesehene Einrichtungen ihren Standort haben; 2. den Kantonen, auf deren Liste eine oder mehrere Einrichtungen aufgeführt sind, die ihren Standort auf seinem Gebiet haben, oder für deren Liste solche Einrichtungen vorgesehen sind; 3. den Kantonen, die Standort von Einrichtungen sind, in denen sich eine bedeu- tende Anzahl Versicherte aus seinem Gebiet behandeln lassen oder voraus- sichtlich behandeln lassen werden; 4. den Kantonen, aus denen sich eine bedeutende Anzahl Versicherte in Einrich- tungen, die ihren Standort auf seinem Gebiet haben, behandeln lassen oder voraussichtlich behandeln lassen werden; 5. anderen Kantonen, wenn die Koordination zu einer Stärkung der Wirtschaft- lichkeit und der Qualität der Leistungserbringung im Spital führen kann. Art. 58f221 Listen und Leistungsaufträge 1 Auf der Liste nach Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe e KVG sind die inner- und aus- serkantonalen Einrichtungen aufzuführen, die notwendig sind, um das nach Arti- kel 58b Absatz 3 bestimmte Angebot sicherzustellen. 2 Jeder Einrichtung auf der Liste wird ein Leistungsauftrag nach Artikel 39 Absatz 1 Buchstabe e KVG erteilt. Hat die Einrichtung mehrere Standorte, so hält der Leis- tungsauftrag fest, für welchen Standort er gilt. 3 Die Listen halten für jedes Spital die dem Leistungsauftrag entsprechenden Leis- tungsgruppen fest. 4 Die Kantone bestimmen die Auflagen, die die Leistungsaufträge für Spitäler und Geburtshäuser enthalten müssen. Für akutsomatische Spitäler können sie namentlich folgende Auflagen vorsehen: a. Verfügbarkeit eines Grundangebots in den Fachgebieten Innere Medizin und Chirurgie; b. Verfügbarkeit und Qualifikation der Fachärzte und Fachärztinnen; 220 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 221 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). Kranken- und Unfallversicherung 52 / 132 832.102 c. Verfügbarkeit und Anforderungsstufe der Notfallstation; d. Verfügbarkeit und Anforderungsstufe der Intensiv- oder Überwachungssta- tion; e. verknüpfte Leistungsgruppen innerhalb des Spitals oder in Kooperation mit anderen Spitälern; f. Mindestfallzahlen. 5 Sie können vorsehen, dass die Leistungsaufträge für Pflegeheime Auflagen enthal- ten. 6 Sie können vorsehen, dass die Leistungsaufträge namentlich folgende Auflagen ent- halten, sofern diese weder strukturerhaltend sind noch jeglichen Wettbewerb verhin- dern: a. für akutsomatische Spitäler: ein Globalbudget nach Artikel 51 KVG oder die maximalen Leistungsmengen; b. für Spitäler in den Bereichen Psychiatrie und Rehabilitation: ein Globalbudget nach Artikel 51 KVG, die maximalen Leistungsmengen oder die maximalen Kapazitäten; c. für Pflegeheime: ein Globalbudget nach Artikel 51 KVG oder die maximalen Kapazitäten. 7 Sie sehen vor, dass die Leistungsaufträge für Spitäler als Auflage das Verbot öko- nomischer Anreizsysteme enthalten, die zu einer medizinisch nicht gerechtfertigten Mengenausweitung zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung oder zur Umgehung der Aufnahmepflicht nach Artikel 41a KVG führen. 12. Abschnitt:222 Qualitätsanforderungen Art. 58g Die Leistungserbringer müssen die folgenden Qualitätsanforderungen erfüllen: a. Sie verfügen über das erforderliche qualifizierte Personal. b. Sie verfügen über ein geeignetes Qualitätsmanagementsystem. c. Sie verfügen über ein geeignetes internes Berichts- und Lernsystem und haben sich, sofern ein solches besteht, einem gesamtschweizerisch einheitlichen Netzwerk zur Meldung von unerwünschten Ereignissen angeschlossen. d. Sie verfügen über die Ausstattung, die erforderlich ist, um an nationalen Qua- litätsmessungen teilzunehmen. 222 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). Krankenversicherung. V 53 / 132 832.102 2. Kapitel: Rechnungstellung Art. 59223 Rechnungsstellung im Allgemeinen 1 Die Leistungserbringer haben in ihren Rechnungen alle administrativen und medizi- nischen Angaben zu machen, die für die Überprüfung der Berechnung der Vergütung sowie der Wirtschaftlichkeit der Leistungen nach Artikel 42 Absätze 3 und 3bis des Gesetzes notwendig sind. Insbesondere sind folgende Angaben zu machen: a. Kalendarium der Behandlungen; b. erbrachte Leistungen im Detaillierungsgrad, den der massgebliche Tarif vor- sieht; c. Diagnosen und Prozeduren, die zur Berechnung des anwendbaren Tarifs not- wendig sind; d. Kennnummer der Versichertenkarte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe f der Verordnung vom 14. Februar 2007224 über die Versichertenkarte für die obli- gatorische Krankenpflegeversicherung; e. AHV-Nummer225. 2 Der Leistungserbringer muss für die von der obligatorischen Krankenpflegeversi- cherung übernommenen Leistungen und die anderen Leistungen zwei getrennte Rech- nungen erstellen. 3 Bei Analysen erfolgt die Rechnungsstellung an den Schuldner der Vergütung aus- schliesslich durch das Laboratorium, das die Analyse durchgeführt hat. Pauschaltarife nach Artikel 49 des Gesetzes bleiben vorbehalten. 4 Die Leistungserbringer stellen sicher, dass die Rechnung für die versicherte Person nachvollziehbar ist und dass insbesondere Art, Dauer und Inhalt der Behandlung ver- ständlich dargestellt werden.226 Art. 59a227 Rechnungsstellung bei einem Vergütungsmodell vom Typus DRG 1 Im Falle eines Vergütungsmodells vom Typus DRG (Diagnosis Related Groups) muss der Leistungserbringer die Datensätze mit den administrativen und medizini- schen Angaben nach Artikel 59 Absatz 1 mit einer einmaligen Identifikationsnummer versehen. Das EDI legt die gesamtschweizerisch einheitliche Struktur der Datensätze fest. 223 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 4. Juli 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 4089). 224 SR 832.105 225 Ausdruck gemäss Anhang Ziff. II 36 der V vom 17. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 800). Diese Änd. wurde in den in der AS genannten Bestimmungen vorgenom- men. 226 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Nov. 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 814). 227 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 17. Sept. 1997, in Kraft seit 1. Jan. 1998 (AS 1997 2272). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 4. Juli 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 4089). Siehe auch die UeB dieser Änd. am Ende dieses Textes. Kranken- und Unfallversicherung 54 / 132 832.102 2 Diagnosen und Prozeduren nach Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe c sind entsprechend den Klassifikationen für die medizinische Statistik der Krankenhäuser nach Ziffer 62 des Anhangs der Verordnung vom 30. Juni 1993228 über die Durchführung von statis- tischen Erhebungen des Bundes zu codieren. 3 Der Leistungserbringer leitet die Datensätze mit den administrativen und den medi- zinischen Angaben nach Artikel 59 Absatz 1 gleichzeitig mit der Rechnung an die Datenannahmestelle des Versicherers weiter. Es muss sichergestellt werden, dass aus- schliesslich diese Datenannahmestelle Zugang zu den medizinischen Angaben erhält. 4 Die Datenannahmestelle bestimmt, für welche Rechnungen eine weitere Prüfung be- nötigt wird, und leitet die dazu notwendigen Angaben an den Versicherer weiter. Der Versicherer darf der Datenannahmestelle keine Weisungen bezüglich der Datenwei- tergabe in Bezug auf einzelne Rechnungen erteilen. 5 Verlangt der Versicherer vom Leistungserbringer im Laufe der Prüfung zusätzliche Auskünfte medizinischer Natur im Sinne von Artikel 42 Absatz 4 des Gesetzes, so hat der Versicherer die versicherte Person über ihre Wahlmöglichkeit nach Artikel 42 Ab- satz 5 des Gesetzes zu informieren. 6 Jeder Versicherer muss über eine Datenannahmestelle verfügen. Diese muss nach Artikel 11 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1992229 über den Datenschutz zertifiziert sein. 7 Der Versicherer informiert den Beauftragten nach Artikel 26 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz unaufgefordert über die Zertifizierung oder Rezertifizierung seiner Datenannahmestelle. Der Beauftragte kann von der Datenan- nahmestelle oder von der Zertifizierungsstelle jederzeit die für die Zertifizierung oder Rezertifizierung relevanten Dokumente einfordern. Der Beauftragte veröffentlicht eine Liste der zertifizierten Datenannahmestellen. Art. 59abis 230 Rechnungsstellung im ambulanten Bereich Für den ambulanten Bereich erlässt das EDI ausführende Bestimmungen zur Erhe- bung, Bearbeitung und Weitergabe der Diagnosen und Prozeduren unter Wahrung des Verhältnismässigkeitsprinzips. Darin legt es die für die Codierung schweizweit an- wendbaren Klassifikationen fest. Art. 59ater 231 Datensichernde Massnahmen und Aufbewahrung 1 Für die Bearbeitung der medizinischen Angaben nach Artikel 59 Absatz 1 treffen die Versicherer die erforderlichen technischen und organisatorischen datensichernden Massnahmen, insbesondere diejenigen nach den Artikeln 21 und 22 der Verordnung vom 14. Juni 1993232 zum Bundesgesetz über den Datenschutz. 228 SR 431.012.1 229 SR 235.1 230 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 4. Juli 2012 (AS 2012 4089). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 3. Dez. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 838). 231 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 4. Juli 2012, in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2012 4089). 232 SR 235.11 Krankenversicherung. V 55 / 132 832.102 2 Sofern die medizinischen Angaben nach Artikel 59 Absatz 1 nicht verschlüsselt auf- bewahrt werden, werden die Personalien der Versicherten zur Aufbewahrung dieser Angaben pseudonymisiert. Die Aufhebung der Pseudonymisierung oder Verschlüsse- lung darf nur durch den Vertrauensarzt oder die Vertrauensärztin erfolgen. 3. Kapitel: Tarife und Preise233 1. Abschnitt: Grundsätze234 Art. 59b235 Art. 59c236 Tarifgestaltung 1 Die Genehmigungsbehörde im Sinne von Artikel 46 Absatz 4 des Gesetzes prüft, ob der Tarifvertrag namentlich folgenden Grundsätzen entspricht: a. Der Tarif darf höchstens die transparent ausgewiesenen Kosten der Leistung decken. b. Der Tarif darf höchstens die für eine effiziente Leistungserbringung erforder- lichen Kosten decken. c. Ein Wechsel des Tarifmodells darf keine Mehrkosten verursachen. 2 Die Vertragsparteien müssen die Tarife regelmässig überprüfen und anpassen, wenn die Erfüllung der Grundsätze nach Absatz 1 Buchstaben a und b nicht mehr gewähr- leistet ist. Die zuständigen Behörden sind über die Resultate der Überprüfungen zu informieren. 3 Die zuständige Behörde wendet die Absätze 1 und 2 bei Tariffestsetzungen nach den Artikeln 43 Absatz 5, 47 oder 48 des Gesetzes sinngemäss an. Art. 59d237 Leistungsbezogene Pauschalen 1 Die Tarifpartner müssen dem Bundesrat nach den Artikeln 46 Absatz 4 und 49 Ab- satz 2 des Gesetzes den Tarifvertrag zur Genehmigung unterbreiten. Der Tarifvertrag muss die einheitliche Tarifstruktur und die Anwendungsmodalitäten des Tarifs bein- halten. Zusammen mit dem Gesuch um Genehmigung müssen namentlich folgende Unterlagen eingereicht werden: a. die Berechnungsgrundlagen und Berechnungsmethode; 233 Ursprünglich vor Art. 59a. Fassung gemäss Ziff. I der V vom 17. Sept. 1997, in Kraft seit 1. Jan. 1998 (AS 1997 2272). 234 Ursprünglich vor Art. 59a. Eingefügt durch Ziff. I der V vom 17. Sept. 1997, in Kraft seit 1. Jan. 1998 (AS 1997 2272). 235 Eingefügt durch Ziff. I 8 der V vom 18. Aug. 2004 (AS 2004 4037). Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 29. April 2015, mit Wirkung seit 1. Juni 2015 (AS 2015 1255). 236 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 27. Juni 2007, in Kraft seit 1. Aug. 2007 (AS 2007 3573). 237 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 22. Okt. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2009 (AS 2008 5097). Siehe auch die SchlB dieser Änd. am Ende dieses Textes. Kranken- und Unfallversicherung 56 / 132 832.102 b. die Instrumente und Mechanismen zur Gewährleistung der Qualität der Leis- tungen im Rahmen der Tarifanwendung; c. die Schätzungen über die Auswirkungen der Anwendung des Tarifs auf das Leistungsvolumen und auf die Kosten für sämtliche nach Artikel 49 Absatz 1 des Gesetzes geregelten Bereiche, einschliesslich der vor- und nachgelagerten Bereiche. 2 Im Falle eines auf einem Patienten-Klassifikationssystem vom Typus DRG (Diag- nosis Related Groups) basierenden leistungsbezogenen Vergütungsmodells muss der Tarifvertrag zusätzlich das Kodierungshandbuch sowie ein Konzept zur Kodierrevi- sion enthalten. Dem Gesuch um Genehmigung beizulegen sind ergänzende Unterla- gen über die Anforderungen, die die Spitäler erfüllen müssen, damit sie bei der Erar- beitung der Tarifstruktur einbezogen werden können. 3 Die Tarifpartner müssen dem Bundesrat die Anpassungen des Tarifvertrags, nament- lich jene der Tarifstruktur oder der Anwendungsmodalitäten, zur Genehmigung un- terbreiten. 4 Der Bezug zur Leistung, der nach Artikel 49 Absatz 1 des Gesetzes herzustellen ist, muss eine Differenzierung des Tarifes nach Art und Intensität der Leistung erlauben. Art. 59e238 Fallbeitrag 1 Soll ein Fallbeitrag nach Artikel 49 Absatz 2 des Gesetzes erhoben werden, so müs- sen die Tarifpartner dem Bundesrat den entsprechenden Betrag zur Genehmigung un- terbreiten. Dem Gesuch sind ein Tätigkeitsbericht der Organisation und ein Budget beizulegen, mit denen die Notwendigkeit des beantragten Betrags begründet wird. 2 Wird der Fallbeitrag erhöht, so müssen die Tarifpartner dem Bundesrat den Fallbei- trag erneut zur Genehmigung unterbreiten. 3 Für die Aufteilung der Finanzierung des Fallbeitrags gilt Artikel 49a Absätze 1 und 2 des Gesetzes sinngemäss. Art. 59f239 Datenbekanntgabe im Tarifwesen für ambulante Behandlungen 1 Die Pflicht zur Datenbekanntgabe nach Artikel 47b Absatz 1 KVG umfasst folgende Daten: a. allgemeine Betriebsdaten, namentlich: 1. Betriebstyp, einschliesslich Rechtsform, 2. Standorte, 3. medizinisch-technische Infrastruktur, 4. Betriebsdauer pro Jahr; b. Daten zum Personalbestand des Betriebs, namentlich: 238 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 22. Okt. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2009 (AS 2008 5097). Siehe auch die SchlB dieser Änd. am Ende dieses Textes. 239 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 23. Nov. 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 814). Krankenversicherung. V 57 / 132 832.102 1. Anzahl Leistungserbringer, aufgeschlüsselt nach den Kategorien nach Artikel 35 Absatz 2 KVG und nach Spezialisierung, sowie weiteres Per- sonal, 2. Angaben zum Beschäftigungsvolumen der Leistungserbringer, aufge- schlüsselt nach den Kategorien nach Artikel 35 Absatz 2 KVG und nach Spezialisierung, sowie des weiteren Personals; c. Leistungstyp, Untersuchungen und Behandlungen; d. Gestehungskosten der Leistungen, namentlich: 1. Personalaufwand pro Personalkategorie, einschliesslich separat ausge- wiesener berufliche Vorsorge, 2. Materialaufwand und Materialmenge, 3. Raumaufwand und Raumfläche, 4. Kapitalaufwand sowie Eigen- und Fremdkapital, 5. Abschreibungen und Anlagevermögen, 6. Investitionsaufwand; e. quantitative Informationen zur Aufschlüsselung der Gestehungskosten nach den einzelnen Leistungen in Abhängigkeit des Kostenmodells, insbesondere die Dauer der Leistung und Anzahl Patientinnen und Patienten; f. Entwicklung der Kosten zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversiche- rung, namentlich: 1. Tarifpositionen, Leistungsvolumen und Kosten der abgerechneten Leis- tungen, 2. Anzahl der ambulant behandelten Patientinnen und Patienten, 3. Anzahl Konsultationen pro Patientin und Patient. 2 Daten, die vom BFS gestützt auf Artikel 30 erhoben wurden, dürfen nicht aufgrund von Absatz 1 verlangt werden. Art. 59g240 Übermittlung der Daten 1 Die Daten nach Artikel 59f müssen dem EDI oder der zuständigen Kantonsregierung korrekt, vollständig, fristgerecht, auf eigene Kosten, unter Wahrung der Anonymität der Patientinnen und Patienten und in verschlüsselter Form elektronisch übermittelt werden. 2 Stellt das EDI oder die zuständige Kantonsregierung Mängel in der Datenlieferung fest, so ist eine Nachfrist zur Übermittlung korrekter und vollständiger Daten zu set- zen, bevor Sanktionen nach Artikel 47b Absatz 2 KVG ergriffen werden können. 240 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 23. Nov. 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 814). Kranken- und Unfallversicherung 58 / 132 832.102 Art. 59h241 Kantonale Bearbeitungsreglemente Für die Erhebung und Bearbeitung von Daten nach Artikel 47b KVG erstellt die zu- ständige Kantonsregierung ein Bearbeitungsreglement, das die interne Organisation festlegt und insbesondere das Datenbearbeitungs- und Kontrollverfahren in Anwen- dung der kantonalen Bestimmungen zum Datenschutz umschreibt und alle Unterlagen über die Planung, die Realisierung und den Betrieb der Datenbearbeitungssysteme und der Informatikmittel enthält. Sie aktualisiert das Reglement regelmässig. Art. 59i242 Sicherheit und Aufbewahrung der Daten Soweit die Aufbewahrung, die Löschung und die Vernichtung der Daten nicht ander- weitig geregelt sind, müssen die Behörden, denen Daten nach Artikel 47b KVG bekannt gegeben werden, folgende Grundsätze einhalten: a. Sie müssen die Daten durch die erforderlichen organisatorischen und techni- schen Massnahmen gegen unbefugtes Bearbeiten schützen. b. Sie müssen die Daten löschen, sobald diese zur Erreichung des Zwecks, zu dem sie weitergegeben wurden, nicht mehr benötigt werden. c. Sie müssen die Daten spätestens fünf Jahre nach deren Erhalt vernichten, sofern die Daten nicht archiviert werden müssen. 2. Abschnitt:243 Analysenliste Art. 60244 Veröffentlichung Die Analysenliste (Art. 52 Abs. 1 Bst. a Ziff. 1 KVG) wird in der Regel jährlich her- ausgegeben. Ihr Titel und die Fundstelle werden in der Amtlichen Sammlung des Bun- desrechts veröffentlicht. Art. 61 Aufnahme, Streichung 1 Vorschläge um Aufnahme einer Analyse in die Analysenliste können beim BAG eingereicht werden. 2 Das BAG prüft den Vorschlag und unterbreitet ihn der zuständigen Kommission. Bei der Prüfung der Vorschläge kann es aussenstehende Experten oder Expertinnen beiziehen. Es ist befugt, von sich aus oder auf Antrag der zuständigen Kommission die Aufnahme einer Analyse von ergänzenden Prüfungen abhängig zu machen. 3 Eine in die Analysenliste aufgenommene Analyse ist zu streichen, wenn sie die Auf- nahmebedingungen nicht mehr erfüllt. 241 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 23. Nov. 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 814). 242 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 23. Nov. 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 814). 243 Ursprünglich 1. Abschn. 244 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 26. Juni 2002, in Kraft seit 1. Juli 2002 (AS 2002 2129). Krankenversicherung. V 59 / 132 832.102 Art. 62245 Separate Bezeichnung bestimmter Analysen 1 Das EDI bezeichnet diejenigen Analysen, die: a. im Rahmen der Grundversorgung von Laboratorien nach Artikel 54 Absatz 1 durchgeführt werden können; b. von Chiropraktoren und Chiropraktorinnen gestützt auf Artikel 25 Absatz 2 Buchstabe b des Gesetzes veranlasst werden können; c. von Hebammen gestützt auf Artikel 29 Absatz 2 Buchstabe a des Gesetzes veranlasst werden können. 2 …246 3. Abschnitt:247 Arzneimittelliste mit Tarif Art. 63 1 Die Arzneimittelliste mit Tarif (Art. 52 Abs. 1 Bst. a Ziff. 2 KVG) wird in der Regel jährlich herausgegeben. Ihr Titel und die Fundstelle werden in der Amtlichen Samm- lung des Bundesrechts veröffentlicht. 2 Für die Aufnahme eines Arzneimittels in die Arzneimittelliste mit Tarif finden die Bestimmungen über die Spezialitätenliste sinngemäss Anwendung. 4. Abschnitt:248 Spezialitätenliste Art. 64249 Art. 64a250 Begriffe 1 Als Originalpräparat gilt ein vom Schweizerischen Heilmittelinstitut Swissmedic (Institut) als erstes mit einem bestimmten Wirkstoff zugelassenes Arzneimittel, ein- schliesslich aller zum gleichen Zeitpunkt oder später zugelassenen Darreichungsfor- men. 2 Als Generikum gilt ein vom Institut zugelassenes Arzneimittel, das im wesentlichen gleich ist wie ein Originalpräparat und das mit diesem aufgrund identischer Wirkstoffe sowie seiner Darreichungsform und Dosierung austauschbar ist. 245 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. Febr. 2000, in Kraft seit 1. April 2000 (AS 2000 889). 246 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 4. Juni 2021, mit Wirkung seit 1. Okt. 2021 (AS 2021 346). 247 Ursprünglich 2. Abschn. 248 Ursprünglich 3. Abschn. 249 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 29. April 2015, mit Wirkung seit 1. Juni 2015 (AS 2015 1255). 250 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. April 2006, in Kraft seit 10. Mai 2006 (AS 2006 1717). Kranken- und Unfallversicherung 60 / 132 832.102 3 Als Co-Marketing-Arzneimittel gilt ein vom Institut zugelassenes Arzneimittel, das sich von einem anderen vom Institut zugelassenen Arzneimittel (Basispräparat) mit Ausnahme der Bezeichnung und der Packung nicht unterscheidet. Art. 65251 Aufnahmebedingungen252 1 Ein Arzneimittel kann in die Spezialitätenliste aufgenommen werden, wenn es über eine gültige Zulassung des Instituts verfügt. 1bis Erfüllt ein Arzneimittel die Voraussetzungen für eine Aufnahme in die Geburts- gebrechen-Spezialitätenliste nach Artikel 3sexies der Verordnung vom 17. Janu- ar 1961253 über die Invalidenversicherung (IVV), so wird es nicht in die Spezialitä- tenliste aufgenommen.254 2 Arzneimittel, für die Publikumswerbung nach Artikel 2 Buchstabe b der Arzneimit- tel-Werbeverordnung vom 17. Oktober 2001255 betrieben wird, werden nicht in die Spezialitätenliste aufgenommen. 3 Arzneimittel müssen wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein. 4 Die Inhaberin der Zulassung für ein Originalpräparat muss dem BAG die Nummern der Patente und der ergänzenden Schutzzertifikate sowie deren Ablaufdatum mit dem Gesuch um Aufnahme in die Spezialitätenliste angeben.256 5 Das BAG kann die Aufnahme mit Bedingungen und Auflagen verbinden, insbeson- dere: a. die Aufnahme eines Arzneimittels, dessen Wirksamkeit, Zweckmässigkeit oder Wirtschaftlichkeit sich in Abklärung befindet, befristen, wenn therapeu- tische Alternativen fehlen oder eine bessere Wirksamkeit im Vergleich zu be- stehenden Therapien erwartet wird; b. die Aufnahme mit der Auflage verbinden, dass die Zulassungsinhaberin dem BAG meldet, wenn sie mit dem Arzneimittel über einen bestimmten Zeitraum einen Umsatz in einer festgelegten Höhe überschreitet.257 Art. 65a258 Beurteilung der Wirksamkeit Die Beurteilung der Wirksamkeit von allopathischen Arzneimitteln muss sich auf kli- nisch kontrollierte Studien abstützen. 251 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Juli 2009, in Kraft seit 1. Okt. 2009 (AS 2009 4245). 252 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). 253 SR 831.201 254 Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 der V vom 3. Nov. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 706). Siehe auch die UeB dieser Änd. am Schluss des Textes. 255 SR 812.212.5 256 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. April 2015, in Kraft seit 1. Juni 2015 (AS 2015 1255). 257 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. April 2015, in Kraft seit 1. Juni 2015 (AS 2015 1255). 258 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. April 2006 (AS 2006 1717). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Juli 2009, in Kraft seit 1. Okt. 2009 (AS 2009 4245). Krankenversicherung. V 61 / 132 832.102 Art. 65b259 Beurteilung der Wirtschaftlichkeit260 1 Ein Arzneimittel gilt als wirtschaftlich, wenn es die indizierte Heilwirkung mit mög- lichst geringem finanziellem Aufwand gewährleistet. 2 Die Wirtschaftlichkeit wird aufgrund folgender Vergleiche beurteilt: a. Vergleich mit dem Preis in Referenzländern (Auslandpreisvergleich); b.261 Vergleich mit anderen Arzneimitteln (therapeutischer Quervergleich). 3 Beim Auslandpreisvergleich wird mit dem Fabrikabgabepreis verglichen. Bestehen keine öffentlich zugänglichen Fabrikabgabepreise, so wird der Apothekeneinstands- preis oder, falls dieser auch nicht öffentlich zugänglich ist, der Grosshandelspreis be- rücksichtigt; vom Apothekeneinstandspreis oder vom Grosshandelspreis werden Grosshandelsmargen abgezogen. Das EDI legt die Höhe des Abzugs aufgrund der durchschnittlich gewährten Grosshandelsmargen fest. Es kann vorsehen, dass die ef- fektiven anstatt der durchschnittlich gewährten Grosshandelsmargen abgezogen wer- den. 4 Von den Fabrikabgabepreisen der Referenzländer werden in einem Referenzland verbindliche Herstellerrabatte abgezogen. Das EDI legt fest, welche verbindlichen Herstellerrabatte für den Abzug zu berücksichtigen sind. Es kann vorsehen, dass an- statt dieser Herstellerrabatte die effektiven Herstellerrabatte abgezogen werden. 4bis Beim therapeutischen Quervergleich wird Folgendes überprüft: a. die Wirksamkeit im Verhältnis zu anderen Arzneimitteln, die zur Behandlung derselben Krankheit eingesetzt werden; b. die Kosten des Arzneimittels pro Tag oder Kur im Verhältnis zu den Kosten von Arzneimitteln, die zur Behandlung derselben Krankheit eingesetzt wer- den.262 5 Nach der Ermittlung des durchschnittlichen Preises der Referenzländer im Ausland- preisvergleich und des durchschnittlichen Preises anderer Arzneimittel im therapeuti- schen Quervergleich werden beide Preise je hälftig gewichtet.263 6 Bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines Originalpräparates werden zudem die Kosten für Forschung und Entwicklung berücksichtigt, es sei denn es handelt sich beim Originalpräparat um ein Nachfolgepräparat, das gegenüber dem bisher in der Spezialitätenliste aufgeführten Originalpräparat keinen therapeutischen Fortschritt bringt. 259 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. April 2006 (AS 2006 1717). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. April 2015, in Kraft seit 1. Juni 2015 (AS 2015 1255). 260 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). 261 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). 262 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). 263 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). Kranken- und Unfallversicherung 62 / 132 832.102 7 Bringt das Arzneimittel einen bedeutenden therapeutischen Fortschritt, so wird im Rahmen des therapeutischen Quervergleichs während höchstens 15 Jahren ein Inno- vationszuschlag berücksichtigt. 264 Art. 65c265 Beurteilung der Wirtschaftlichkeit bei Generika 1 Bei Generika werden für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit die geringeren Kos- ten für die Entwicklung im Vergleich zum Originalpräparat berücksichtigt. 2 Ein Generikum gilt bei der Aufnahme in die Spezialitätenliste als wirtschaftlich, wenn sein Fabrikabgabepreis gegenüber dem mit ihm austauschbaren Originalpräpa- rat: a. mindestens 20 Prozent tiefer ist, sofern das Schweizer Marktvolumen des Ori- ginalpräparates und von dessen Co-Marketing-Arzneimittel während drei Jah- ren vor Patentablauf im Durchschnitt pro Jahr 4 Millionen Franken nicht über- steigt; b. mindestens 30 Prozent tiefer ist, sofern das Schweizer Marktvolumen des Ori- ginalpräparates und von dessen Co-Marketing-Arzneimittel während drei Jah- ren vor Patentablauf im Durchschnitt pro Jahr zwischen 4 Millionen und 8 Millionen Franken liegt; c. mindestens 50 Prozent tiefer ist, sofern das Schweizer Marktvolumen des Ori- ginalpräparates und von dessen Co-Marketing-Arzneimittel während drei Jah- ren vor Patentablauf im Durchschnitt pro Jahr zwischen 8 Millionen und 16 Millionen Franken liegt; d. mindestens 60 Prozent tiefer ist, sofern das Schweizer Marktvolumen des Ori- ginalpräparates und von dessen Co-Marketing-Arzneimittel während drei Jah- ren vor Patentablauf im Durchschnitt pro Jahr zwischen 16 Millionen und 25 Millionen Franken liegt; e. mindestens 70 Prozent tiefer ist, sofern das Schweizer Marktvolumen des Ori- ginalpräparates und von dessen Co-Marketing-Arzneimittel während drei Jah- ren vor Patentablauf im Durchschnitt pro Jahr 25 Millionen Franken über- steigt.266 3 Massgebend für die Berechnung des Fabrikabgabepreises des Generikums ist der nach Artikel 65e ermittelte Fabrikabgabepreis des Originalpräparates.267 4 Das Schweizer Marktvolumen pro Jahr bemisst sich auf der Basis des Fabrikabga- bepreises des Originalpräparates und von dessen Co-Marketing-Arzneimittel und wird je Handelsform desselben Wirkstoffes bestimmt. Das BAG kann bei einem Gesuch um Aufnahme eines Generikums in die Spezialitätenliste von der Zulassungsinhaberin 264 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). 265 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. April 2006 (AS 2006 1717). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Juli 2009, in Kraft seit 1. Okt. 2009 (AS 2009 4245). 266 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). 267 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). Krankenversicherung. V 63 / 132 832.102 die Meldung des Schweizer Marktvolumens verlangen. Das Marktvolumen muss ge- stützt auf Umsatzerhebungen eines unabhängigen Instituts erfasst werden.268 5 Generika, die vor der Preisüberprüfung des Originalpräparates nach Artikel 65e in die Spezialitätenliste aufgenommen werden, werden nach der Preisüberprüfung zur Wahrung des Abstands preislich angepasst. Art. 65d269 Überprüfung der Aufnahmebedingungen alle drei Jahre 1 Das BAG überprüft sämtliche Arzneimittel, die in der Spezialitätenliste aufgeführt sind, alle drei Jahre daraufhin, ob sie die Aufnahmebedingungen noch erfüllen. Die Arzneimittel werden aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer therapeutischen Gruppe der Spezialitätenliste in drei Einheiten aufgeteilt. Jede Einheit wird alle drei Jahre überprüft. 2 Der Auslandpreisvergleich wird auf der Basis der umsatzstärksten Packung durch- geführt. 3 Der therapeutische Quervergleich wird auf der Basis der kleinsten Packung und Do- sierung durchgeführt, es sei denn die kleinste Packung und Dosierung erlaubt insbe- sondere aufgrund unterschiedlicher Dosierungen bei Therapiebeginn oder unter- schiedlicher Packungsgrössen keinen adäquaten Vergleich. 4 Ergibt die Überprüfung, dass der geltende Höchstpreis zu hoch ist, so verfügt das BAG auf den 1. Dezember des Überprüfungsjahres eine Preissenkung auf den nach Artikel 65b Absatz 5 und Artikel 67 Absatz 1quater ermittelten Höchstpreis. Liegt der dem geltenden Höchstpreis zugrunde liegende Fabrikabgabepreis unter dem nach Ar- tikel 65b Absatz 5 ermittelten Fabrikabgabepreis, so rechtfertigt dies keine Preiserhö- hung. 5 Die Zulassungsinhaberin hat dem BAG alle notwendigen Informationen bekannt zu geben. 6 Das BAG teilt der Inhaberin der Zulassung für ein Generikum den ab 1. Dezember vorgesehenen Preis des Originalpräparates mit. Art. 65e270 Überprüfung der Aufnahmebedingungen nach Patentablauf 1 Das BAG überprüft Originalpräparate unmittelbar nach Ablauf des Patentschutzes daraufhin, ob sie die Aufnahmebedingungen noch erfüllen. 2 Im Rahmen des therapeutischen Quervergleichs wird der Vergleich nach Artikel 65b Absatz 4bis Buchstabe b ausschliesslich mit patentabgelaufenen Originalpräparaten durchgeführt. Ein allfälliger Innovationszuschlag wird nicht mehr berücksichtigt. 3 Bei der Überprüfung der Wirtschaftlichkeit werden die Kosten für Forschung und Entwicklung nicht mehr berücksichtigt. 268 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). 269 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 1. Juli 2009 (AS 2009 4245). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). 270 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 1. Juli 2009 (AS 2009 4245 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). Kranken- und Unfallversicherung 64 / 132 832.102 4 Ergibt die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit, dass der geltende Höchstpreis zu hoch ist, so verfügt das BAG eine Preissenkung auf den nach Artikel 65b Absatz 5 und Artikel 67 Absatz 1quater ermittelten Höchstpreis. Art. 65f271 Indikationserweiterung und Limitierungsänderung 1 Lässt das Institut für ein Originalpräparat eine neue Indikation zu oder stellt die Zu- lassungsinhaberin ein Gesuch um Änderung oder Aufhebung einer Limitierung auf- grund einer Indikationserweiterung, so überprüft das BAG das Originalpräparat erneut daraufhin, ob die Aufnahmebedingungen erfüllt sind. 2 Das Originalpräparat gilt bis zur Überprüfung der Aufnahmebedingungen nach Ar- tikel 65d als wirtschaftlich, wenn die Zulassungsinhaberin beantragt, auf 35 Prozent des voraussichtlichen Mehrumsatzes zu verzichten; der Verzicht wird über eine Sen- kung des Fabrikabgabepreises umgesetzt. Ausgenommen sind Originalpräparate, de- ren voraussichtliche Mengenausweitung an Anzahl Packungen mehr als hundert Mal höher ist als vor der Aufnahme der neuen Indikation oder deren voraussichtlicher Mehrumsatz aufgrund fehlender Angaben nicht bestimmbar ist. 3 Nach Ablauf von zwei Jahren prüft das BAG, ob der voraussichtliche Gesamtum- satz, einschliesslich Mehrumsatz, nach Absatz 2 mit dem tatsächlichen Gesamtum- satz, einschliesslich Mehrumsatz, übereinstimmt. Ergibt die Überprüfung, dass der voraussichtliche Gesamtumsatz, einschliesslich Mehrumsatz, überschritten wurde, so verfügt das BAG eine angemessene Preissenkung.272 4 Verzichtet die Zulassungsinhaberin auf einen Antrag nach Absatz 2 erster Satz oder liegt eine Ausnahme nach Absatz 2 zweiter Satz vor, so erfolgt eine Beurteilung der Wirtschaftlichkeit nach Artikel 65b. 5 Erteilt das Institut die Zulassung für eine neue Indikation eines Originalpräparates, so hat die Zulassungsinhaberin diese Erweiterung dem BAG innert 90 Tagen zu mel- den. Das BAG kann eine angemessene Nachfrist setzen und die Einreichung der vom EDI für die Überprüfung der Aufnahmebedingungen festgelegten Unterlagen verlan- gen. 6 Sind die Aufnahmebedingungen für die neue Indikation nicht erfüllt, so kann das BAG das Originalpräparat auf die bisherige Indikation limitieren. Art. 65g273 Indikationseinschränkung 1 Schränkt das Institut für ein Originalpräparat die Indikation ein, so passt das BAG die Limitierung in der Spezialitätenliste unverzüglich an. Es kann das Originalpräpa- rat danach erneut daraufhin überprüfen, ob die Aufnahmebedingungen erfüllt sind, und von der Zulassungsinhaberin die dafür notwendigen Unterlagen einfordern. 271 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 8. Mai 2013 (AS 2013 1353). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. April 2015, in Kraft seit 1. Juni 2015 (AS 2015 1255). Siehe auch die UeB Änd. 8.5.2013 am Schluss des Textes. 272 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). 273 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. April 2015, in Kraft seit 1. Juni 2015 (AS 2015 1255). Krankenversicherung. V 65 / 132 832.102 2 Überprüft das BAG das Originalpräparat nicht nach Absatz 1 daraufhin, ob die Auf- nahmebedingungen erfüllt sind, so gelten das Originalpräparat und dessen Generika oder Co-Marketing-Arzneimittel bis zur Überprüfung der Aufnahmebedingungen nach Artikel 65d als wirtschaftlich. Der Preis darf wegen einer Indikationseinschrän- kung nicht erhöht werden. 3 Die Zulassungsinhaberin hat dem BAG innert 30 Tagen jede Einschränkung der In- dikation durch das Institut zu melden und ihm die vom EDI festgelegten Unterlagen innert 90 Tagen nachzureichen. Art. 66274 Unabhängigkeit der Preisüberprüfungen Die Preisüberprüfungen nach den Artikeln 65a–65g werden unabhängig voneinander durchgeführt. Es sind mehrere Preissenkungen innerhalb eines Kalenderjahres mög- lich. Art. 66a275 Zwischenüberprüfung Das BAG kann nach der Aufnahme eines Arzneimittels in die Spezialitätenliste jeder- zeit prüfen, ob die Aufnahmebedingungen noch erfüllt sind. Art. 66b276 Co-Marketing-Arzneimittel und Generika 1 Ist ein nach den Artikeln 65a–65g zu überprüfendes Originalpräparat auch Basisprä- parat für ein Co-Marketing-Arzneimittel, so wird das Co-Marketing-Arzneimittel gleichzeitig mit seinem Basispräparat überprüft. Ein Co-Marketing-Arzneimittel ist höchstens zu demselben Preis wirtschaftlich wie das Basispräparat. 2 Erfährt ein Originalpräparat aufgrund einer Überprüfung nach Artikel 65f oder 65g eine Limitierung oder eine Limitierungsänderung, so verfügt das BAG für entspre- chende Generika und Co-Marketing-Arzneimittel dieselbe Limitierung. Art. 67277 Preise 1 Die Spezialitätenliste enthält die bei Abgabe durch Apothekerinnen und Apotheker, Ärztinnen und Ärzte sowie Spitäler und Pflegeheime massgebenden Höchstpreise.278 1bis Der Höchstpreis besteht aus dem Fabrikabgabepreis und dem Vertriebsanteil.279 274 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. April 2015, in Kraft seit 1. Juni 2015 (AS 2015 1255). 275 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. April 2006 (AS 2006 1717). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). 276 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. April 2006 (AS 2006 1717). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. April 2015, in Kraft seit 1. Juni 2015 (AS 2015 1255). 277 Siehe die SchlB der Änd. vom 2. Okt. 2000 am Ende dieser Verordnung. 278 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 2. Okt. 2000, in Kraft seit 1. Jan. 2001 (AS 2000 2835). 279 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 2. Okt. 2000, in Kraft seit 1. Jan. 2001 (AS 2000 2835). Kranken- und Unfallversicherung 66 / 132 832.102 1ter Der Fabrikabgabepreis gilt die Leistungen, Abgaben inbegriffen, der Herstellungs- und der Vertriebsfirma bis zur Ausgabe ab Lager in der Schweiz ab.280 1quater Der Vertriebsanteil gilt die logistischen Leistungen ab. Er setzt sich wie folgt zusammen: a. für Arzneimittel, die aufgrund der Einteilung des Instituts verschreibungs- pflichtig sind, aus: 1. einem im Verhältnis zur Höhe des Fabrikabgabepreises bemessenen Zu- schlag (preisbezogener Zuschlag), namentlich für Kapitalkosten, Lager- haltung und ausstehende Guthaben, 2. einem Zuschlag je Packung, namentlich für Transport-, Infrastruktur- und Personalkosten; b. für Arzneimittel, die aufgrund der Einteilung des Instituts nicht verschrei- bungspflichtig sind, aus einem preisbezogenen Zuschlag.281 2 Für die Erhöhung der in der Spezialitätenliste festgesetzten Preise bedarf es einer Bewilligung des BAG. Die Bewilligung wird nur erteilt, wenn: a. das Arzneimittel die Aufnahmebedingungen noch erfüllt; und b. seit der Aufnahme oder der letzten Preiserhöhung mindestens zwei Jahre ver- strichen sind.282 2bis …283 2ter …284 3 …285 4 …286 Art. 67a287 Rückerstattung von Mehreinnahmen 1 Übersteigt der bei der Aufnahme eines Arzneimittels in die Spezialitätenliste dem verfügten Höchstpreis zugrunde gelegte Fabrikabgabepreis den bei der Überprüfung 280 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 2. Okt. 2000, in Kraft seit 1. Jan. 2001 (AS 2000 2835). 281 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 2. Okt. 2000 (AS 2000 2835). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Juli 2009, in Kraft seit 1. Okt. 2009 (AS 2009 4245). Siehe auch die SchlB dieser Änd. am Ende dieser Verordnung. 282 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). 283 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. Juni 2002 (AS 2002 2129). Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 1. Juli 2009, mit Wirkung seit 1. Okt. 2009 (AS 2009 4245). 284 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. Juni 2002 (AS 2002 2129). Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 29. April 2015, mit Wirkung seit 1. Juni 2015 (AS 2015 1255). Siehe auch die UeB dieser Änd. am Schluss des Textes. 285 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 1. Juli 2009, mit Wirkung seit 1. Okt. 2009 (AS 2009 4245). 286 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Nov. 1996 (AS 1996 3139). Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 2. Okt. 2000, mit Wirkung seit 1. Jan. 2001 (AS 2000 2835). 287 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. April 2015, in Kraft seit 1. Juni 2015 (AS 2015 1255). Krankenversicherung. V 67 / 132 832.102 der Wirtschaftlichkeit ermittelten Fabrikabgabepreis um mehr als 3 Prozent und be- tragen die dadurch erzielten Mehreinnahmen mindestens 20 000 Franken, so ist die Zulassungsinhaberin verpflichtet, die seit der Aufnahme erzielten Mehreinnahmen an die gemeinsame Einrichtung nach Artikel 18 KVG zurückzuerstatten. 2 Die Zulassungsinhaberin ist zudem verpflichtet, der gemeinsamen Einrichtung die Mehreinnahmen zurückzuerstatten, die sie erzielt hat: a.288 während der Dauer eines Beschwerdeverfahrens, sofern zwischen dem wäh- rend des Beschwerdeverfahrens geltenden Preis und dem nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens rechtskräftigen neuen Preis eine Differenz besteht und die Zulassungsinhaberin durch diese Preisdifferenz Mehreinnahmen erzielt hat; b. während zwei Jahren nach der Senkung des Fabrikabgabepreises gemäss Ar- tikel 65f Absatz 2 erster Satz, sofern der effektive Mehrumsatz höher war als der bei der Senkung angegebene voraussichtliche Mehrumsatz. Art. 68 Streichung 1 Ein in der Spezialitätenliste aufgeführtes Arzneimittel wird gestrichen, wenn: a. es nicht mehr alle Aufnahmebedingungen erfüllt; b. der in der jeweils geltenden Liste enthaltene Preis ohne Zustimmung des BAG erhöht wird; c.289 die Inhaberin der Zulassung für ein Originalpräparat die gemäss Artikel 65 Absatz 5 verfügten Auflagen und Bedingungen nicht erfüllt; d.290 die Zulassungsinhaberin direkt oder indirekt Publikumswerbung für das Arz- neimittel betreibt; e.291 die Gebühren oder Kosten nach Artikel 70b nicht rechtzeitig entrichtet wer- den; f.292 die Zulassungsinhaberin sich weigert, die für die Überprüfungen nach den Ar- tikeln 65d–65g notwendigen Unterlagen einzureichen; g.293 die Zulassungsinhaberin sich weigert, erzielte Mehreinnahmen nach Arti- kel 67a zurückzuerstatten. 288 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). 289 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Juli 2009, in Kraft seit 1. Okt. 2009 (AS 2009 4245). 290 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. Juni 2002 (AS 2002 2129). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. April 2015, in Kraft seit 1. Juni 2015 (AS 2015 1255). 291 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. Juni 2002 (AS 2002 2129). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). 292 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 8. Mai 2013 (AS 2013 1353). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. April 2015, in Kraft seit 1. Juni 2015 (AS 2015 1255). 293 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 8. Mai 2013 (AS 2013 1353). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. April 2015, in Kraft seit 1. Juni 2015 (AS 2015 1255). Kranken- und Unfallversicherung 68 / 132 832.102 2 Streichungen werden drei Monate nach ihrer Veröffentlichung im Bulletin des BAG (Art. 72 Bst. a) wirksam. Beim Vorliegen besonderer Gründe werden sie mit der Ver- öffentlichung wirksam.294 Art. 69295 Gesuche 1 Das Gesuch um Aufnahme eines verwendungsfertigen Arzneimittels in die Spezia- litätenliste ist beim BAG einzureichen. 2 Für jede Änderung eines in die Spezialitätenliste aufgenommenen Arzneimittels oder seines Preises ist ein neues Gesuch einzureichen. Bei Änderung in der Zusam- mensetzung der Wirkstoffe ist dem Gesuch die geänderte Zulassung des Instituts bei- zulegen.296 3 Aus den Unterlagen, die dem Gesuch beigelegt sind, muss hervorgehen, dass die Aufnahmebedingungen erfüllt sind. 4 Das Gesuch um Aufnahme in die Spezialitätenliste oder um Änderung der Speziali- tätenliste kann eingereicht werden, wenn die vom Institut im Rahmen des Vorbe- scheids nach Artikel 8 der Arzneimittelverordnung vom 21. September 2018297 bestä- tigten Angaben zur Indikation und zur Dosierung vorliegen. Das BAG tritt auf das Gesuch ein, sobald ihm die dazu gehörende Dokumentation vollständig vorliegt. Das EDI kann für einzelne Gesuche vorsehen, dass sie erst mit der Zulassung durch das Institut eingereicht werden können.298 Art. 69a299 Art. 70300 Aufnahme ohne Gesuch Das BAG kann ein vom Institut zugelassenes Arzneimittel oder eine vom Institut zu- gelassene Indikation eines Arzneimittels auch ohne Gesuch der Zulassungsinhaberin oder gegen deren Antrag in die Spezialitätenliste aufnehmen oder darin belassen, so- fern das Arzneimittel oder die Indikation für die medizinische Versorgung von grosser Bedeutung ist. Es legt den Preis fest. 294 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 15. Juni 1998, in Kraft seit 1. Aug. 1998 (AS 1998 1818). 295 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 26. Juni 2002, in Kraft seit 1. Juli 2002 (AS 2002 2129). 296 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 26. April 2006, in Kraft seit 10. Mai 2006 (AS 2006 1717). 297 SR 812.212.21. Der Verweis wurde in Anwendung von Art. 12 Abs. 2 des Publikations- gesetzes vom 18. Juni 2004 (SR 170.512) auf den 1. Jan. 2019 angepasst. 298 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). 299 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. Juni 2002 (AS 2002 2129). Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 27. Juni 2007, mit Wirkung seit 1. Aug. 2007 (AS 2007 3573). 300 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. April 2015, in Kraft seit 1. Juni 2015 (AS 2015 1255). Krankenversicherung. V 69 / 132 832.102 Art. 70a301 Nähere Vorschriften Das EDI erlässt nähere Vorschriften: a. zum Verfahren der Aufnahme eines Arzneimittels in die Spezialitätenliste; b. über die Wirksamkeits-, Zweckmässigkeits- und Wirtschaftlichkeitskriterien; c.302 zum Verfahren der Überprüfung der Aufnahmebedingungen nach den Arti- keln 65d–65g; d.303 zum Verfahren der Rückerstattung von Mehreinnahmen nach Artikel 67a. Art. 70b304 Gebühren 1 Für Verfügungen über Gesuche um Eintragung in die Spezialitätenliste und für die einzelnen Einträge werden Gebühren erhoben. Die Ansätze für die Gebühren sind im Anhang 1 festgelegt. 2 Ausserordentliche Auslagen, namentlich Auslagen für externe medizinische oder ökonomische Expertisen, können zusätzlich in Rechnung gestellt werden. Der Stun- denansatz beträgt 200 Franken. 3 Für ausserordentliche Aufwendungen kann das BAG nach Massgabe des Zeitauf- wandes Gebühren erheben. Der Stundenansatz beträgt je nach erforderlicher Sach- kenntnis 100 – 250 Franken. 4 Im Übrigen gelten die Bestimmungen der Allgemeinen Gebührenverordnung vom 8. September 2004305. Art. 71306 Veröffentlichungen 1 Das BAG veröffentlicht die Spezialitätenliste (Art. 52 Abs. 1 Bst. b KVG). 2 Bei der Aufnahme eines Arzneimittels in die Spezialitätenliste und bei Indikations- erweiterungen oder Limitierungsänderungen nach Artikel 65f veröffentlicht es die Grundlagen zur Beurteilung der Wirksamkeit und der Zweckmässigkeit des Arznei- mittels, des therapeutischen Quervergleichs (Art. 65b Abs. 2 Bst. b) und des Innova- tionszuschlags (Art. 65b Abs. 7) sowie den durchschnittlichen Fabrikabgabepreis der Referenzländer (Art. 65b Abs. 2 Bst. a).307 3 Bei einer befristeten Aufnahme in die Spezialitätenliste nach Artikel 65 Absatz 5 Buchstabe a veröffentlicht es die Dauer der Aufnahme. 301 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 1. Juli 2009, in Kraft seit 1. Okt. 2009 (AS 2009 4245). 302 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. April 2015, in Kraft seit 1. Juni 2015 (AS 2015 1255). 303 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. April 2015, in Kraft seit 1. Juni 2015 (AS 2015 1255). 304 Ursprünglich Art. 71. Fassung gemäss Ziff. I der V vom 8. Mai 2013, in Kraft seit 1. Jan. 2014 (AS 2013 1353). 305 SR 172.041.1 306 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. April 2015, in Kraft seit 1. Juni 2015 (AS 2015 1255). Siehe auch die UeB dieserÄnd. am Schluss des Textes. 307 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). Kranken- und Unfallversicherung 70 / 132 832.102 4 Wird ein Entscheid des BAG mittels Beschwerde angefochten, so kann das BAG den Namen des von der Beschwerde betroffenen Arzneimittels veröffentlichen. 5 Nach der Überprüfung der Aufnahmebedingungen nach Patentablauf veröffentlicht es die Fabrikabgabepreise des Originalpräparates.308 6 Die Veröffentlichungen nach den Absätzen 1–5 erfolgen über eine öffentlich zu- gängliche Online-Plattform.309 4a. Abschnitt: Vergütung von Arzneimitteln im Einzelfall310 Art. 71a311 Übernahme der Kosten eines Arzneimittels der Spezialitätenliste ausserhalb der genehmigten Fachinformation oder Limitierung 1 Die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernimmt die Kosten eines in die Spezialitätenliste aufgenommenen Arzneimittels für eine Anwendung ausserhalb der vom Institut genehmigten Fachinformation oder ausserhalb der in der Spezialitäten- liste festgelegten Limitierung nach Artikel 73, wenn: a. der Einsatz des Arzneimittels eine unerlässliche Voraussetzung für die Durch- führung einer anderen von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung übernommenen Leistung bildet und diese eindeutig im Vordergrund steht; oder b. vom Einsatz des Arzneimittels ein grosser therapeutischer Nutzen gegen eine Krankheit erwartet wird, die für die versicherte Person tödlich verlaufen oder schwere und chronische gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen kann, und wegen fehlender therapeutischer Alternativen keine andere wirk- same und zugelassene Behandlungsmethode verfügbar ist. 2 Der Versicherer bestimmt nach Absprache mit der Zulassungsinhaberin die Höhe der Vergütung. Der zu vergütende Preis muss unter dem Höchstpreis der Spezialitä- tenliste liegen.312 3 …313 308 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). 309 Die Dokumente können abgerufen werden unter: www.bag.admin.ch > Themen > Krankenversicherung > Tarife und Preise > Spezialitätenliste 310 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). 311 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 2. Febr. 2011, in Kraft seit 1. März 2011 (AS 2011 653). 312 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). 313 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, mit Wirkung seit 1. März 2017 (AS 2017 623). Krankenversicherung. V 71 / 132 832.102 Art. 71b314 Übernahme der Kosten eines vom Institut zugelassenen nicht in die Spezialitätenliste aufgenommenen Arzneimittels 1 Die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernimmt die Kosten eines vom Institut zugelassenen verwendungsfertigen Arzneimittels, das nicht in die Spezialitä- tenliste aufgenommen ist, für eine Anwendung innerhalb oder ausserhalb der Fachin- formation, wenn die Voraussetzungen nach Artikel 71a Absatz 1 Buchstabe a oder b erfüllt sind. 2 Der Versicherer bestimmt nach Absprache mit der Zulassungsinhaberin die Höhe der Vergütung. Art. 71c315 Übernahme der Kosten eines vom Institut nicht zugelassenen importierten Arzneimittels 1 Die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernimmt die Kosten eines vom Institut nicht zugelassenen verwendungsfertigen Arzneimittels, das nach dem Heil- mittelgesetz eingeführt werden darf, sofern die Voraussetzungen nach Artikel 71a Ab- satz 1 Buchstabe a oder b erfüllt sind und das Arzneimittel von einem Land mit einem vom Institut als gleichwertig anerkannten Zulassungssystem für die entsprechende In- dikation zugelassen ist. 2 Der Versicherer vergütet die Kosten, zu denen das Arzneimittel aus dem Ausland importiert wird. Der Leistungserbringer achtet bei der Auswahl des Landes, aus dem er das Arzneimittel importiert, auf die Kosten. Art. 71d316 Gemeinsame Bestimmungen 1 Die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernimmt die Kosten des Arznei- mittels nur auf besondere Gutsprache des Versicherers nach vorgängiger Konsultation des Vertrauensarztes oder der Vertrauensärztin. 2 Der Versicherer überprüft, ob die von der obligatorischen Krankenpflegeversiche- rung übernommenen Kosten in einem angemessenen Verhältnis zum therapeutischen Nutzen stehen. 3 Ist das Gesuch um Kostengutsprache vollständig, so entscheidet der Versicherer in- nert zwei Wochen darüber. 4 Der Leistungserbringer stellt dem Versicherer die effektiven Kosten in Rechnung. Bei Arzneimitteln nach Artikel 71a wird der Höchstpreis der Spezialitätenliste in Rechnung gestellt, bei Arzneimitteln nach den Artikeln 71b und 71c der Preis, zu dem das Arzneimittel vom Leistungserbringer bezogen wurde, zuzüglich des Vertriebsan- teils nach Artikel 67 Absatz 1quater und der Mehrwertsteuer. 314 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 2. Febr. 2011 (AS 2011 653). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). 315 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). 316 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 1. Febr. 2017, in Kraft seit 1. März 2017 (AS 2017 623). Kranken- und Unfallversicherung 72 / 132 832.102 Art. 71e317 Übernahme der Kosten von Arzneimitteln zur Behandlung von Covid-19 Die Artikel 71a–71d finden für die Übernahme der Kosten in folgenden Fällen keine Anwendung: a. Arzneimittel, die zur Behandlung von Covid-19 eingesetzt werden und Wirk- stoffe enthalten, die in Anhang 5 der Covid-19-Verordnung 3 vom 19. Juni 2020318 aufgeführt sind; b. Arzneimittel, die über eine gültige Zulassung des Instituts mit einer Indikation für die Behandlung von Covid-19 verfügen. Art. 71f319 Übernahme der Kosten von Arzneimitteln zur ambulanten oder stationären Behandlung von Affenpocken Die Artikel 71a–71d finden keine Anwendung für die Übernahme der Kosten von Arzneimitteln, die zur ambulanten oder stationären Behandlung von Affenpocken ein- gesetzt werden. 5. Abschnitt:320 Gemeinsame Bestimmungen für die Analysenliste, die Arzneimittelliste mit Tarif und die Spezialitätenliste321 Art. 72 Veröffentlichungen im Bulletin des BAG322 Im Bulletin des BAG werden veröffentlicht:323 a. Streichungen aus der Spezialitätenliste; b.324 andere Änderungen der Spezialitätenliste; c. Änderungen der Arzneimittelliste mit Tarif, die keine Neuauflage dieser Liste erfordern; 317 Eingefügt durch Ziff. III der V vom 12. Mai 2021 (AS 2021 274). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 17. Dez. 2021, in Kraft vom 1. Jan. 2022 bis zum 31. Dez. 2022, verlängert bis zum 30. Juni 2024 (AS 2021 892; 2022 838 Ziff. IV). 318 SR 818.101.24 319 Eingefügt durch Ziff. III der V vom 24. Aug. 2022, in Kraft vom 1. Sept. 2022 bis zum 31. Dez. 2023 (AS 2022 467). 320 Ursprünglich 4. Abschn. 321 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 17. Sept. 1997, in Kraft seit 1. Jan. 1998 (AS 1997 2272). 322 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 15. Juni 1998, in Kraft seit 1. Aug. 1998 (AS 1998 1818). 323 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 15. Juni 1998, in Kraft seit 1. Aug. 1998 (AS 1998 1818). 324 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 2. Okt. 2000, in Kraft seit 1. Jan. 2001 (AS 2000 2835). Krankenversicherung. V 73 / 132 832.102 d.325 Änderungen der Analysenliste, die ausserhalb der jährlichen Publikationen wirksam werden; e.326 Änderungen der Mittel- und Gegenständeliste (Art. 33 Bst. e), die ausserhalb der jährlichen Publikationen wirksam werden. Art. 73 Limitierungen Die Aufnahme in eine Liste kann unter der Bedingung einer Limitierung erfolgen. Die Limitierung kann sich insbesondere auf die Menge oder die medizinischen Indikatio- nen beziehen. Art. 74 Gesuche und Vorschläge Das BAG kann, nach Anhören der zuständigen Kommission, Weisungen über die Form, den Inhalt und die Einreichungsfrist von Gesuchen betreffend die Spezialitä- tenliste und Vorschläge betreffend die Analysenliste oder die Arzneimittelliste mit Tarif erlassen. Art. 75327 Nähere Vorschriften Das EDI erlässt, nach Anhören der zuständigen Kommissionen, nähere Vorschriften über die Erstellung der Listen. 4. Kapitel: Kontrolle der Wirtschaftlichkeit und der Qualität der Leistungen Art. 76 Angaben über die erbrachten Leistungen Die Versicherer können gemeinsam Angaben über Art und Umfang der von den ver- schiedenen Leistungserbringern erbrachten Leistungen und die dafür in Rechnung ge- stellten Vergütungen bearbeiten, dies ausschliesslich zu folgenden Zwecken: a. Analyse der Kosten und deren Entwicklung; b. Kontrolle und Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit der Leistungen im Sinne von Artikel 56 des Gesetzes; c. Gestaltung von Tarifverträgen. 325 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Juni 2003, in Kraft seit 1. Jan. 2004 (AS 2003 3249). 326 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 27. Juni 2007, in Kraft seit 1. Aug. 2007 (AS 2007 3573). 327 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Juli 2009, in Kraft seit 1. Okt. 2009 (AS 2009 4245). Kranken- und Unfallversicherung 74 / 132 832.102 Art. 76a328 Weitergabe der Vergünstigung 1 Die Vergünstigung nach Artikel 56 Absatz 3 des Gesetzes ist durch den Leistungs- erbringer in der Rechnung nach Artikel 42 des Gesetzes aufzuführen und dem Schuld- ner der Vergütung weiterzugeben. 2 Fliessen die Vergünstigungen über niedrigere Kosten bereits in die Berechnung der Tarife und Preise der entsprechenden Leistung ein, so müssen diese nicht mehr im Rahmen der Rechnungsstellung separat ausgewiesen werden. Art. 76b329 Vereinbarung über die nicht vollumfängliche Weitergabe von Vergünstigungen 1 Vereinbarungen nach Artikel 56 Absatz 3bis des Gesetzes werden in erster Linie zwi- schen den Verbänden der Leistungserbringer und der Versicherer abgeschlossen. 2 Die Vereinbarungen über die nicht vollumfängliche Weitergabe der Vergünstigung nach Artikel 56 Absatz 3bis des Gesetzes müssen schriftlich abgeschlossen werden und namentlich folgende Angaben enthalten: a. Art und Umfang der Vergünstigung sowie Modalitäten zur transparenten Do- kumentation in den Belegen und Rechnungen; b. Verwendungszweck der nicht weitergegebenen Vergünstigung, einschliess- lich des Ziels zur Verbesserung der Behandlungsqualität; c. Modalitäten des Nachweises der Verbesserung der Behandlungsqualität; 3 Die nicht weitergegebenen Mittel werden in erster Linie zugunsten national ausge- richteter Programme zur Verbesserung der Behandlungsqualität eingesetzt. 4 Die Versicherer und Leistungserbringer müssen das BAG über abgeschlossene Ver- einbarungen unverzüglich informieren. Art. 76c330 Berichterstattung an das BAG 1 Die Versicherer erstatten dem BAG Bericht über die Einhaltung der Vereinbarung nach Artikel 76b. Sie reichen den Bericht unverzüglich nach Beendigung der Verein- barung dem BAG ein. Bei mehrjährigen Projekten reichen sie jährlich Zwischenbe- richte ein. 2 Jeder Bericht sowie jeder Zwischenbericht enthält mindestens folgende Angaben: a. Nachweis des Einsatzes der nicht weitergegebenen Vergünstigungen zur Ver- besserung der Behandlungsqualität; b. Evaluation der durch die Vereinbarung erreichten Verbesserungen gegenüber der ursprünglichen Behandlungsqualität. 328 Eingefügt durch Anhang Ziff. 2 der V vom 10. April 2019 über die Integrität und Trans- parenz im Heilmittelbereich, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 1395). 329 Eingefügt durch Anhang Ziff. 2 der V vom 10. April 2019 über die Integrität und Trans- parenz im Heilmittelbereich, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 1395). 330 Eingefügt durch Anhang Ziff. 2 der V vom 10. April 2019 über die Integrität und Trans- parenz im Heilmittelbereich, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 1395). Krankenversicherung. V 75 / 132 832.102 3 Die Evaluation muss durch eine unabhängige Organisation unter Anwendung von wissenschaftlichen Methoden nach anerkannten Standards oder Leitlinien durchge- führt werden. Art. 77331 Qualitätsverträge 1 Die Verbände der Leistungserbringer und der Versicherer müssen die Qualitätsver- träge an die Ziele des Bundesrates nach Artikel 58 KVG und die Empfehlungen der Eidgenössischen Qualitätskommission nach Artikel 58c Absatz 1 Buchstaben c und h KVG anpassen. 2 Sie müssen die Qualitätsverträge veröffentlichen. Art. 77a332 Eidgenössische Qualitätskommission 1 Der Bundesrat wählt das Präsidium und die weiteren Mitglieder der Eidgenössischen Qualitätskommission. 2 Die Kommission besteht aus 15 Mitgliedern; davon vertreten: a. vier Personen die Leistungserbringer, wobei eine Person die Spitäler, eine Per- son die Ärzteschaft und eine Person die Pflegefachfrauen und Pflegefachmän- ner vertritt; b. zwei Personen die Kantone; c. zwei Personen die Versicherer; d. zwei Personen die Versicherten und die Patientenorganisationen; e. fünf Personen die Wissenschaft. 3 Die Mitglieder der Kommission müssen über eine grosse Fachkompetenz im Bereich der Qualität der Leistungserbringung, ein grosses Wissen im Qualitätsmanagement sowie gute Kenntnisse des schweizerischen Gesundheits- und Sozialversicherungs- systems verfügen. 4 Für die Beratung von Themen, die nicht in der Kommission vertretene Kreise betref- fen, müssen entsprechende Expertinnen und Experten beigezogen werden. 5 Das Sekretariat der Kommission untersteht fachlich dem Präsidium der Kommission und administrativ dem BAG. 6 Die Kommission erstellt jährlich einen Bericht zuhanden des Bundesrates und ver- öffentlicht diesen in geeigneter Form. 7 Sie veröffentlicht ihre Reglemente und Berichte sowie die Dokumente, die mit den ihr nach Artikel 58c KVG zugewiesenen Aufgaben zusammenhängen. 331 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Febr. 2021, in Kraft seit 1. April 2021 (AS 2021 152). 332 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Febr. 2021, in Kraft seit 1. April 2021 (AS 2021 152). Kranken- und Unfallversicherung 76 / 132 832.102 Art. 77b333 Daten der Kantone, der Leistungserbringer und der Versicherer 1 Die Kantone, die Leistungserbringer und die Versicherer müssen die Daten korrekt, vollständig, fristgerecht und auf eigene Kosten liefern. 2 Sie müssen die Daten in verschlüsselter Form elektronisch übermitteln. 3 Stellen die Dritten bei der Erfüllung der Aufgaben, mit denen sie nach Artikel 58c Absatz 1 Buchstaben e und f KVG beauftragt wurden, Mängel in der Datenlieferung fest, so setzen sie dem Kanton, dem Leistungserbringer oder dem Versicherer eine Nachfrist zur Lieferung korrekter und vollständiger Daten und informieren gleichzei- tig die Eidgenössische Qualitätskommission. Art. 77c334 Aufbewahrung, Löschung und Vernichtung der Daten 1 Für die Aufbewahrung, die Löschung und die Vernichtung der Daten durch die Drit- ten nach Artikel 77b Absatz 3 gilt Artikel 31a sinngemäss. 2 Die Dritten informieren die Datenlieferanten nach Artikel 77b Absatz 1 und die Eid- genössische Qualitätskommission über die Löschung und die Vernichtung der Daten. Art. 77d335 Auswahlverfahren bei der Übertragung von Aufgaben mit Abgeltung 1 Stehen für die Übertragung einer Aufgabe mehrere geeignete Personen oder Orga- nisationen ausserhalb der Bundesverwaltung zur Auswahl, so führt die Eidgenössi- sche Qualitätskommission ein transparentes, objektives und unparteiisches Auswahl- verfahren durch. 2 Die Ausschreibungsunterlagen enthalten insbesondere: a. die Teilnahmebedingungen; b. die Eignungskriterien, die insbesondere die fachliche, finanzielle, wirtschaft- liche, technische und organisatorische Leistungsfähigkeit sowie die Erfahrung der Anbieterin betreffen können; c. die Zuschlagskriterien. 3 Steht für die Übertragung einer Aufgabe nur eine geeignete Person oder Organisa- tion ausserhalb der Bundesverwaltung zur Verfügung, so kann die Aufgabe ohne Aus- schreibung übertragen werden. 333 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Febr. 2021, in Kraft seit 1. April 2021 (AS 2021 152). 334 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Febr. 2021, in Kraft seit 1. April 2021 (AS 2021 152). 335 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Febr. 2021, in Kraft seit 1. April 2021 (AS 2021 152). Krankenversicherung. V 77 / 132 832.102 Art. 77e336 Finanzhilfen 1 Die Eidgenössische Qualitätskommission gewährt Finanzhilfen nach Artikel 58e Absatz 1 KVG an nationale oder regionale Projekte zur Qualitätsentwicklung, wenn diese: a. einen Beitrag an die Qualitätsentwicklung im Rahmen der Ziele nach Arti- kel 58 KVG leisten; b. aufgrund von nachgewiesenem Handlungsbedarf ausgelöst wurden; c. nach wissenschaftlichen Methoden und anerkannten Standards oder Leitlinien durchgeführt werden; d. nicht zu Wettbewerbsverzerrung führen oder führen können. 2 Die Gesuche um Finanzhilfen müssen eine umfassende Beurteilung der beabsichtig- ten Qualitätsentwicklung ermöglichen. Sie müssen insbesondere enthalten: a. Angaben über die Gesuchstellerin oder den Gesuchsteller; b. eine Projektbeschreibung mit Angaben zum Ziel, zum Handlungsbedarf, zum Vorgehen und zu den erwarteten Wirkungen; c. die Modalitäten zur Überprüfung der Zielerreichung; d. den Zeitplan für die Durchführung des Projekts; e. einen Kostenvoranschlag; f. Unterlagen, welche die Eigenfinanzierung ausweisen, mit einer Begründung, warum eine Realisierung des Projekts ohne finanzielle Unterstützung nicht möglich ist. 3 Die Eidgenössische Qualitätskommission erlässt Richtlinien über die Angaben und Unterlagen zu den Gesuchen nach Absatz 2. 4 Nach Projektabschluss ist der Eidgenössischen Qualitätskommission ein Bericht über die Ergebnisse des Projekts vorzulegen. Art. 77f337 Leistungsvereinbarungen bei Abgeltungen und Finanzhilfen Die Leistungsvereinbarungen nach den Artikeln 58d Absatz 2 und 58e Absatz 2 KVG regeln insbesondere: a. die zu erfüllenden Aufgaben; b. die zu erreichenden Ziele; c. das methodische Vorgehen; d. die Bearbeitung, die Sicherheit und die Aufbewahrung der Daten; e. die Modalitäten der Überprüfung der Zielerreichung; 336 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Febr. 2021, in Kraft seit 1. April 2021 (AS 2021 152). 337 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Febr. 2021, in Kraft seit 1. April 2021 (AS 2021 152). Kranken- und Unfallversicherung 78 / 132 832.102 f. die Höhe und die Dauer der finanziellen Beteiligung des Bundes; g. die Zahlungsmodalitäten; h. die Folgen der Nichterfüllung oder mangelhaften Erfüllung der Aufgaben; i. die periodische Berichterstattung; j. die periodische Vorlage von Budgetierung und Rechnungslegung; k. die Anforderungen an den Bericht nach Artikel 77e Absatz 4. Art. 77g338 Berechnung der Finanzierungsanteile der Kantone und der Versicherer 1 Für die Ermittlung der Wohnbevölkerung nach Artikel 58f Absatz 4 KVG sind die Zahlen der letzten Erhebung der Bevölkerungsstatistik des BFS über die ständige mitt- lere Wohnbevölkerung massgebend. 2 Die Anzahl der Versicherten nach Artikel 58f Absatz 5 KVG bestimmt sich nach den Versichertenbeständen am 1. Januar. 3 Das BAG berechnet die Anteile der Kantone und der Versicherer. Art. 77h339 Einforderung der Beiträge 1 Das BAG fordert die Beiträge jeweils bis 30. April des Beitragsjahres bei den Kan- tonen und den Versicherern ein. 2 Versicherer und Kantone, die den geschuldeten Beitrag nicht fristgerecht entrichten, schulden einen Verzugszins von fünf Prozent pro Jahr. Art. 77i340 Abrechnung Das BAG erstellt die Abrechnung für den Beitrag des Bundes, der Kantone und der Versicherer jeweils auf den 31. März des dem Beitragsjahr folgenden Kalenderjahres. Ergibt sich in der Abrechnung eine Über- oder Unterdeckung, so wird der entspre- chende Betrag pro Kanton und Versicherer auf das nächste Beitragsjahr übertragen. Art. 77j341 Bussen und Sanktionen 1 Finanzielle Mittel aus Bussen und Sanktionen eines kantonalen Schiedsgerichts we- gen Nichteinhaltung der Massnahmen nach den Artikeln 58a und 58h KVG werden für die Finanzierung der Kosten nach Artikel 58f Absatz 1 KVG verwendet. 338 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Febr. 2021, in Kraft seit 1. April 2021 (AS 2021 152). 339 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Febr. 2021, in Kraft seit 1. April 2021 (AS 2021 152). 340 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Febr. 2021, in Kraft seit 1. April 2021 (AS 2021 152). 341 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Febr. 2021, in Kraft seit 1. April 2021 (AS 2021 152). Krankenversicherung. V 79 / 132 832.102 2 Das kantonale Schiedsgericht leitet die finanziellen Mittel aus Bussen und Sanktio- nen jeweils auf den 1. Januar des Folgejahres dem BAG weiter. Art. 77k342 Qualitätssicherung Das EDI setzt nach Anhören der zuständigen Kommission die Massnahmen nach Ar- tikel 58h Absatz 1 KVG fest. 4a. Titel:343 Pilotprojekte Art. 77l Gesuch 1 Das Gesuch um Bewilligung eines Pilotprojekts ist beim BAG einzureichen. Es kann namentlich von einem oder mehreren Kantonen, einem oder mehreren Leistungser- bringern, einem oder mehreren Versicherern oder einer oder mehreren Patientenorga- nisationen eingereicht werden. 2 Es muss mindestens umfassen: a. Name oder Bezeichnung der Gesuchsteller; b. ausführliche Beschreibung des Pilotprojekts, der geplanten Massnahmen, der angestrebten Ziele, der erwarteten Wirkung und der Auswirkungen nament- lich auf Kantone, Versicherer, Leistungserbringer und Versicherte; c. Bestimmungen des KVG und dieser Verordnung, von denen abgewichen wer- den soll, und die an ihrer Stelle anwendbare Regelung; d. Kriterien für die Teilnahme am Pilotprojekt einschliesslich der Frist, innerhalb derer der Widerruf der Zustimmung zur Teilnahme wirksam wird; e. Evaluationskonzept mit Angaben zu den regelmässigen Evaluationen und zur Schlussevaluation; f. Finanzierungskonzept für das Pilotprojekt und die Evaluationen; g. Zeitplan für die Durchführung des Pilotprojekts und der Evaluationen. Art. 77m Kosten Die Kosten für das Pilotprojekt und die Evaluationen, sowie die mit der Wiederher- stellung des vor dessen Durchführung bestehenden Zustands verbundenen Verwal- tungskosten gehen zulasten der Inhaber der Bewilligung für das Pilotprojekt. 342 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 24. Febr. 2021, in Kraft seit 1. April 2021 (AS 2021 152). 343 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 23. Nov. 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 814). Kranken- und Unfallversicherung 80 / 132 832.102 Art. 77n Bewilligung 1 Das EDI bewilligt nur Pilotprojekte, mit denen Massnahmen erprobt werden, die die folgenden Voraussetzungen erfüllen: a. Die Massnahmen sind in Bezug auf das geltende Recht innovativ. b. Die Massnahmen eignen sich dazu, eines der Ziele nach Artikel 59b Absatz 1 KVG in einem der Bereiche nach Artikel 59b Absatz 2 KVG zu erreichen. c. Die Massnahmen eignen sich dazu, in das Gesetz aufgenommen zu werden. 2 Die Bewilligungsverfügung enthält namentlich: a. die Namen der Gesuchsteller; b. die erwartete Wirkung und die Auswirkungen namentlich auf Kantone, Ver- sicherer, Leistungserbringer und Versicherte; c. das Evaluationskonzept; d. die Namen einer oder mehrerer unabhängigen Fachpersonen für die Evaluati- onen des Pilotprojekts. 3 Das EDI verweigert die Bewilligung, wenn für die Versicherten bei einer Teilnahme am Pilotprojekt das Recht auf Übernahme der Kosten von Leistungen der obligatori- schen Krankenpflegeversicherung nicht gewährleistet ist. 4 Es widerruft die Bewilligung, wenn sich vor Abschluss des Pilotprojekts heraus- stellt, dass die erwartete Wirkung nicht erreicht werden kann oder die Rechte der Ver- sicherten verletzt werden. 5 Das BAG informiert die Öffentlichkeit regelmässig über die laufenden Pilotprojekte. Art. 77o Verordnungen des EDI zu den Pilotprojekten 1 Zusätzlich zu den Punkten nach Artikel 59b Absatz 5 KVG legt die Verordnung des EDI zum jeweiligen Pilotprojekt fest: a. die Voraussetzungen für die Teilnahme; b. die Massnahmen, die mit dem Pilotprojekt umgesetzt werden können; c. die angestrebten Ziele; d. der räumliche Anwendungsbereich des Pilotprojekts; e. die Laufzeit des Pilotprojekts; f. die Frist, innerhalb derer der Widerruf einer versicherten Person der Zustim- mung zur Teilnahme am Pilotprojekt wirksam wird. 2 Die Laufzeit des Pilotprojekts beträgt höchstens drei Jahre. Sie kann einmal verlän- gert werden. 3 Die Frist nach Absatz 1 Buchstabe f darf höchstens bis zum Ende des laufenden Kalenderjahres dauern. Die Kündigungsfrist muss mindestens einen Monat betragen. 4 Das EDI hebt die Verordnung zum Pilotprojekt auf, wenn es die Bewilligung für das Pilotprojekt widerruft. Krankenversicherung. V 81 / 132 832.102 Art. 77p Teilnahme 1 Am Pilotprojekt dürfen nur Versicherte teilnehmen, die der Teilnahme ausdrücklich zugestimmt haben, nachdem sie über die Auswirkungen dieser Teilnahme auf ihre Rechte und Pflichten informiert worden sind. 2 Sie können die Zustimmung widerrufen. Art. 77q Evaluationen 1 Das Pilotprojekt muss während seiner Umsetzung regelmässig evaluiert werden. Nach Abschluss des Projekts muss eine Schlussevaluation durchgeführt werden. 2 In den Evaluationsberichten muss insbesondere beurteilt werden: a. ob das Pilotprojekt das angestrebte Ziel erreicht; b. welchen Einfluss die Massnahmen des Pilotprojekts auf das Gesundheitssys- tem haben; c. ob es einen Konflikt zwischen den Massnahmen des Pilotprojekts und gesetz- lichen Bestimmungen gibt, zu denen in der Verordnung keine Abweichung vorgesehen ist; d. ob die erprobten Massnahmen in das Gesetz aufgenommen werden können. Art. 77r Berichterstattung an den Bundesrat 1 Das EDI prüft die Evaluationsberichte. 2 Auf der Grundlage dieser Prüfung erstattet es dem Bundesrat Bericht über: a. die Wirkung der erprobten Massnahmen auf die Kostendämpfung, die Stär- kung der Qualität oder die Förderung der Digitalisierung; b. die Auswirkungen der Massnahmen namentlich auf Kantone, Versicherer, Leistungserbringer und Versicherte. 3 Erscheint es nach der Prüfung der Berichte zu den Zwischenevaluationen sinnvoll, dass die Bestimmungen nach Abschluss des Pilotprojekts gemäss Artikel 59b Absatz 7 KVG anwendbar bleiben, so kann das EDI dem Bundesrat bereits vor der Schluss- evaluation Bericht erstatten. 5. Titel: Finanzierung 1. Kapitel: … Art. 78344 344 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 3 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, mit Wirkung seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165). Kranken- und Unfallversicherung 82 / 132 832.102 Art. 78a–78c345 Art. 79346 Art. 80347 Art. 80a–80i348 Art. 81–85349 Art. 85a350 Art. 86–88351 2. Kapitel: Prämien der Versicherten 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 89 Angabe der Prämien Der Versicherer hat gegenüber jeder versicherten Person klar zu unterscheiden zwi- schen den Prämien: a.352 der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, wobei der Prämienanteil für den Einschluss des Unfallrisikos gesondert aufzuführen ist; b. der Taggeldversicherung; c. der Zusatzversicherungen; d. der weiteren Versicherungsarten. 345 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 22. Juni 2011 (AS 2011 3449). Aufgehoben durch An- hang Ziff. 3 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, mit Wir- kung seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165). 346 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 22. Juni 2011, mit Wirkung seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 3449). 347 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 3 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, mit Wirkung seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165). 348 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 3. Dez. 2010 (AS 2010 6155). Aufgehoben durch An- hang Ziff. 3 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, mit Wir- kung seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165). 349 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 3 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, mit Wirkung seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165). 350 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 6. Juni 2003 (AS 2003 3249). Aufgehoben durch An- hang Ziff. 3 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, mit Wir- kung seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165). 351 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 3 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, mit Wirkung seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165). 352 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 26. April 2006, in Kraft seit 10. Mai 2006 (AS 2006 1717). Krankenversicherung. V 83 / 132 832.102 Art. 90353 Prämienbezahlung Die Prämien sind im Voraus und in der Regel monatlich zu bezahlen. Art. 90a354 Vergütungszinsen 1 Vergütungszinsen nach Artikel 26 Absatz 1 ATSG werden ausgerichtet für nicht ge- schuldete Prämien, die vom Versicherer zurückerstattet oder verrechnet werden, so- wie für vom Versicherer zu ersetzende Prämiendifferenzen nach Artikel 7 Absätze 5 und 6 KVG, sofern die Forderung 3 000 Franken übersteigt und vom Versicherer nicht innert sechs Monaten beglichen wird. 2 Der Satz für den Vergütungszins beträgt 5 Prozent im Jahr. Für die Berechnung gel- ten die Vorschriften von Artikel 7 der Verordnung vom 11. September 2002355 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts sinngemäss. Art. 90b356 Art. 90c357 Minimale Prämie 1 Die Prämie der besonderen Versicherungsformen nach den Artikeln 93–101 beträgt mindestens 50 Prozent der Prämie der ordentlichen Versicherung mit Unfalldeckung für die Prämienregion und Altersgruppe des Versicherten. 2 Die Prämienermässigungen für die besonderen Versicherungsformen nach den Ar- tikeln 93–101 sind so auszugestalten, dass die Prämienermässigung bei Sistierung der Unfalldeckung gewährt werden kann, ohne dass die minimale Prämie nach Absatz 1 unterschritten wird. Art. 91 Abstufung der Prämien 1 Ein Bestand gilt als sehr klein im Sinne von Artikel 61 Absatz 2 des Gesetzes, wenn die Kosten einer einzelnen versicherten Person einen erheblichen Einfluss auf die Prä- mien der Versicherten des Bestandes ausüben, namentlich wenn der Versichertenbe- stand weniger als 300 Personen umfasst.358 353 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 27. Juni 2007, in Kraft seit 1. Aug. 2007 (AS 2007 3573). 354 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 11. Sept. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 3908). 355 SR 830.11 356 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. April 2006 (AS 2006 1717). Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 24. Juni 2009, mit Wirkung seit 1. Aug. 2009 (AS 2009 3525). 357 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. April 2006, in Kraft seit 10. Mai 2006 (AS 2006 1717). 358 Fassung gemäss Anhang Ziff. 3 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165). Kranken- und Unfallversicherung 84 / 132 832.102 1bis Nimmt ein Versicherer seine Tätigkeit neu auf oder erweitert er seinen örtlichen Tätigkeitsbereich, so legt er für die sehr kleinen Bestände seine Prämie so fest, dass sie einen bestimmten Minimalbetrag nicht unterschreitet.359 1ter Der Minimalbetrag nach Absatz 1bis entspricht dem Durchschnitt aller Prämien des laufenden Jahres für die betreffenden Prämienregion und Altersgruppe. Das BAG teilt den Versicherern jährlich diesen Betrag mit.360 2 Für Personen nach den Artikeln 4 und 5, die ihren Wohnort ausserhalb eines Mit- gliedstaats der Europäischen Union, Islands, Norwegens und des Vereinigten König- reichs haben und die in der Schweiz versichert sind, muss der Versicherer eine Prämie nach den ausgewiesenen Kosten festlegen. Ist dies angesichts der Anzahl der betroffe- nen Personen unverhältnismässig, so kann der Versicherer bei diesen Personen die Prämien am letzten Wohnort in der Schweiz oder am Sitz des Versicherers anwen- den.361 3 Die Abstufung nach Altersgruppen für Versicherte nach Artikel 61 Absatz 3 des Ge- setzes erfolgt aufgrund der Geburtsjahre. Art. 91a362 Prämienreduktion bei anderweitiger Versicherung 1 …363 2 Die Versicherer müssen die Prämien der Krankenpflegeversicherung derjenigen Per- sonen, die eine obligatorische Versicherung nach dem UVG364 abgeschlossen haben, während der Dauer der Unfalldeckung reduzieren.365 3 Die Versicherer können die Prämien der Krankenpflegeversicherung derjenigen Per- sonen, die eine freiwillige Versicherung oder eine Abredeversicherung nach dem UVG abgeschlossen haben, während der Dauer der Unfalldeckung reduzieren.366 4 Die Prämien dürfen nur um den Prämienanteil für die Unfalldeckung reduziert wer- den, höchstens aber um 7 Prozent.367 359 Eingefügt durch Anhang Ziff. 3 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165). 360 Eingefügt durch Anhang Ziff. 3 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165). 361 Fassung gemäss Ziff. I 1 der V vom 26. Okt. 2022 über die Änderung von Verordnungen im Bereich der Krankenversicherung zur Umsetzung des Abkommens zur Koordinierung der sozialen Sicherheit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Verei- nigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 658). 362 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Nov. 1996, in Kraft seit 1. Jan. 1997 (AS 1996 3139). 363 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 11. Dez. 2000, mit Wirkung seit 1. Jan. 2001 (AS 2001 138). 364 SR 832.20 365 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 26. April 2006, in Kraft seit 10. Mai 2006 (AS 2006 1717). 366 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. April 2006, in Kraft seit 10. Mai 2006 (AS 2006 1717). 367 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. April 2006, in Kraft seit 10. Mai 2006 (AS 2006 1717). Krankenversicherung. V 85 / 132 832.102 Art. 91b368 Verfahren zur Festlegung der Prämienregionen 1 Das EDI überprüft periodisch, ob die Prämienregionen noch sachgerecht sind. Die Kantone können für ihr Gebiet eine Änderung oder eine Reduktion der Prämienregi- onen vorschlagen. 2 Das EDI konsultiert die Kantone, bevor es die Prämienregionen ändert. 3 Im Falle einer Gemeindefusion macht der Kanton dem EDI einen Vorschlag, in wel- che Prämienregion die neue Gemeinde eingeteilt werden soll. Art. 92369 1a. Abschnitt:370 Prämien der Versicherten mit Wohnort in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island, in Norwegen oder im Vereinigten Königreich371 Art. 92a Prämienerhebung Wohnt die versicherte Person im Ausland, so erhebt der Versicherer die Prämien in Schweizer Franken oder in Euro. Der Versicherer kann die Prämien ohne Zustimmung der versicherten Person quartalsweise erheben. Art. 92b und 92c372 1b. Abschnitt:373 Prämien von nothilfeberechtigten Personen nach Artikel 82 AsylG374 Art. 92d 1 Auf nothilfeberechtigte Personen nach Artikel 82 AsylG375 sind die Artikel 82a AsylG und 105a KVG sinngemäss anwendbar. 368 Eingefügt durch Anhang Ziff. 3 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165). 369 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 3 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, mit Wirkung seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165). 370 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 3. Juli 2001, in Kraft seit 1. Juni 2002 (AS 2002 915). 371 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 2. Nov. 2011, in Kraft seit 1. April 2012 (AS 2012 955). 372 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 3 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, mit Wirkung seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165). 373 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 6. Juli 2011, in Kraft seit 1. Aug. 2011 (AS 2011 3535). Siehe auch die UeB dieser Änd. am Schluss des Textes. 374 SR 142.31 375 SR 142.31 Kranken- und Unfallversicherung 86 / 132 832.102 2 Die Fälligkeit der Prämien einer nothilfeberechtigten Person wird auf Verlangen des Kantons auf den von diesem angegebenen Zeitpunkt sistiert. 3 Wird dem Versicherer ein Gesuch um Kostenübernahme gestellt und übernimmt der Kanton nicht selbst die Kosten der Leistungen, die durch die obligatorische Kranken- pflegeversicherung gedeckt sind, so sind die Prämien, deren Fälligkeit sistiert wurde, rückwirkend auf den Zeitpunkt der Sistierung geschuldet. Sie werden um einen Auf- schlag von 25 Prozent erhöht, wobei dieser Aufschlag für höchstens zwölf Monats- prämien zu leisten ist. 4 Sobald die Prämien und der Aufschlag bezahlt sind, übernimmt der Versicherer die Kosten für sämtliche Leistungen, die während der Sistierungsperiode erbracht wur- den. 5 Auf Verlangen des Kantons wird nach Bezahlung der Prämien, der Kostenbeteili- gung und des Aufschlags die Fälligkeit von späteren Prämien erneut sistiert. 6 Die versicherte Person kann den Versicherer nicht wechseln, solange die Prämien, die Kostenbeteiligung und der Aufschlag nicht bezahlt sind. Artikel 7 Absatz 4 KVG bleibt vorbehalten. 7 Die Sistierung der Fälligkeit der Prämien wird ohne rückwirkende Bezahlung der vorherigen Prämien ab dem ersten Tag des Monats aufgehoben, in dem eine versi- cherte Person: a.376 nach Artikel 83 AIG377 vorläufig aufgenommen wird; b. nach den Artikeln 66 ff. AsylG als schutzbedürftige Person oder nach Arti- kel 3 AsylG als Flüchtling anerkannt wird; oder c. eine Aufenthaltsbewilligung erhält. 8 Wird die Sistierung der Fälligkeit der Prämien nach Absatz 7 aufgehoben, so ist die Bezahlung der vorherigen Prämien geschuldet, wenn während der Sistierungsperiode Leistungen bezogen wurden. Sind diese Prämien beglichen, so darf die versicherte Person den Versicherer unter den Voraussetzungen von Artikel 7 KVG wechseln. 9 Die Versicherung endet fünf Jahre nach dem Zeitpunkt der Rechtskraft des Wegwei- sungsentscheids, sofern die betroffene Person die Schweiz wahrscheinlich verlassen hat. 2. Abschnitt: Besondere Versicherungsformen Art. 93 Versicherung mit wählbaren Franchisen a. Wählbare Franchisen 1 Die Versicherer können neben der ordentlichen Krankenpflegeversicherung eine Versicherung betreiben, bei der Versicherte eine höhere Franchise als nach Arti- kel 103 Absatz 1 wählen können (wählbare Franchisen). Die wählbaren Franchisen betragen für Erwachsene und junge Erwachsene 500, 1 000, 1 500, 2 000 und 376 Berichtigung vom 29. Nov. 2016 (AS 2016 4195). 377 SR 142.20 Krankenversicherung. V 87 / 132 832.102 2 500 Franken, für Kinder 100, 200, 300, 400, 500 und 600 Franken. Ein Versicherer kann für Erwachsene und junge Erwachsene unterschiedliche Franchisen anbieten. Die Angebote des Versicherers müssen für den ganzen Kanton gelten.378 2 Der jährliche Höchstbetrag des Selbstbehalts entspricht jenem von Artikel 103 Ab- satz 2. 3 Sind mehrere Kinder einer Familie beim gleichen Versicherer versichert, so darf ihre Kostenbeteiligung das Zweifache des Höchstbetrages je Kind (wählbare Franchise und Selbstbehalt nach Art. 103 Abs. 2) nicht übersteigen. Wurden für die Kinder un- terschiedliche Franchisen gewählt, so setzt der Versicherer die Höchstbeteiligung fest. Art. 94 b. Bei- und Austritt, Wechsel der Franchise 1 Die Versicherung mit wählbaren Franchisen steht sämtlichen Versicherten offen. Die Wahl einer höheren Franchise kann nur auf den Beginn eines Kalenderjahres er- folgen. 2 Der Wechsel zu einer tieferen Franchise, in eine andere Versicherungsform oder zu einem anderen Versicherer ist unter Einhaltung der in Artikel 7 Absätze 1 und 2 des Gesetzes festgesetzten Kündigungsfristen auf das Ende eines Kalenderjahres mög- lich.379 3 Wechselt die versicherte Person den Versicherer auf Grund von Artikel 7 Ab- satz 2, 3 oder 4 des Gesetzes während des Kalenderjahres, so behält sie die beim bis- herigen Versicherer gewählte Franchise, sofern der übernehmende Versicherer diese Versicherungsform führt. Artikel 103 Absatz 4 ist sinngemäss anwendbar.380 Art. 95 c. Prämien 1 Die Prämien für die Versicherung mit wählbaren Franchisen müssen von denjenigen der ordentlichen Versicherung ausgehen. Die Versicherer haben dafür zu sorgen, dass die Versicherten beider Versicherungsformen im versicherungstechnisch erforderli- chen Masse an die Reserven und an den Risikoausgleich beitragen. 1bis Die Versicherer legen den Betrag, um den sie eine Prämie herabsetzen, aufgrund versicherungsmässiger Erfordernisse fest. Sie halten die in Absatz 2bis und Artikel 90c vorgeschriebenen maximalen Prämienreduktionen ein.381 2 …382 378 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 26. Mai 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2005 (AS 2004 3437). 379 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Juni 2003, in Kraft seit 1. Okt. 2003 (AS 2003 3249). 380 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Juni 2003, in Kraft seit 1. Okt. 2003 (AS 2003 3249). 381 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 23. Febr. 2000 (AS 2000 889). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 26. April 2006, in Kraft seit 10. Mai 2006 (AS 2006 1717). 382 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 26. April 2006, mit Wirkung seit 10. Mai 2006 (AS 2006 1717). Kranken- und Unfallversicherung 88 / 132 832.102 2bis Die Prämienreduktion je Kalenderjahr darf nicht höher sein als 70 Prozent des von den Versicherten mit der Wahl der höheren Franchise übernommenen Risikos, sich an den Kosten zu beteiligen.383 3 …384 Art. 96 Bonusversicherung a. Grundsatz 1 Die Versicherer können neben der ordentlichen Krankenpflegeversicherung eine Versicherung betreiben, bei der eine Prämienermässigung gewährt wird, wenn die versicherte Person während eines Jahres keine Leistungen in Anspruch genommen hat (Bonusversicherung). Ausgenommen sind Leistungen für Mutterschaft sowie für me- dizinische Prävention. 2 Als Periode für die Feststellung, ob Leistungen in Anspruch genommen worden sind, gilt das Kalenderjahr. Die Versicherer können jedoch eine um höchstens drei Monate vorverlegte Beobachtungsperiode vorsehen. In diesem Fall verkürzt sich im ersten Jahr der Zugehörigkeit zur Bonusversicherung die Beobachtungsperiode ent- sprechend. 3 Als Zeitpunkt der Inanspruchnahme einer Leistung gilt das Behandlungsdatum. Die Versicherer regeln, innert welcher Frist die Versicherten ihnen die Rechnungen ein- reichen müssen. 4 Die Bonusversicherung darf nicht in Verbindung mit einer wählbaren Franchise nach Artikel 93 angeboten werden. Art. 97 b. Bei- und Austritt 1 Die Bonusversicherung steht sämtlichen Versicherten offen. Der Wechsel von der ordentlichen Versicherung zur Bonusversicherung ist nur auf den Beginn eines Ka- lenderjahres möglich. 2 Der Wechsel zu einer anderen Versicherungsform oder zu einem anderen Versiche- rer ist unter Einhaltung der in Artikel 7 Absätze 1 und 2 des Gesetzes festgesetzten Kündigungsfristen auf das Ende eines Kalenderjahres möglich.385 3 Wechselt die versicherte Person den Versicherer auf Grund von Artikel 7 Ab- satz 2, 3 oder 4 des Gesetzes während des Kalenderjahres, so hat der übernehmende Versicherer die leistungsfreie Zeit in der Bonusversicherung des bisherigen Versiche- rers anzurechnen, sofern er die Bonusversicherung führt und die versicherte Person dieser beitritt.386 383 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 6. Juni 2003 (AS 2003 3249). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 1. Juli 2009, in Kraft seit 1. Jan. 2010 (AS 2009 4245). 384 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 23. Febr. 2000, mit Wirkung seit 1. Jan. 2001 (AS 2000 889). 385 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Juni 2003, in Kraft seit 1. Okt. 2003 (AS 2003 3249). 386 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Juni 2003, in Kraft seit 1. Okt. 2003 (AS 2003 3249). Krankenversicherung. V 89 / 132 832.102 Art. 98 c. Prämien 1 Die Versicherer haben die Prämien der Bonusversicherung so festzusetzen, dass die Versicherten der ordentlichen Versicherung und der Bonusversicherung im versiche- rungstechnisch erforderlichen Mass an die Reserven und an den Risikoausgleich bei- tragen. 2 Die Ausgangsprämien der Bonusversicherung müssen 10 Prozent höher sein als die Prämien der ordentlichen Versicherung. 3 In der Bonusversicherung gelten folgende Prämienstufen: Prämienstufen Bonus in % der Ausgangsprämie 4 0 3 15 2 25 1 35 0 45 4 Nehmen die Versicherten während des Kalenderjahres keine Leistungen in An- spruch, so gilt für sie im folgenden Kalenderjahr die nächsttiefere Prämienstufe. Mas- sgebend für die Prämienermässigung sind allein die leistungsfreien Jahre während der Zugehörigkeit zur Bonusversicherung. 5 Nehmen die Versicherten während des Kalenderjahres Leistungen in Anspruch, so gilt für sie im folgenden Kalenderjahr die nächsthöhere Prämienstufe. Art. 99 Versicherung mit eingeschränkter Wahl der Leistungserbringer a. Grundsatz 1 Die Versicherer können neben der ordentlichen Krankenpflegeversicherung Versi- cherungen betreiben, bei denen die Wahl der Leistungserbringer eingeschränkt ist. 1bis Die Versicherungen nach Absatz 1 dürfen nicht die obligatorische Teilnahme an Programmen zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit vorsehen.387 2 Bei einer Versicherung mit eingeschränkter Wahl der Leistungserbringer kann der Versicherer auf die Erhebung des Selbstbehaltes und der Franchise ganz oder teilweise verzichten.388 Art. 100 b. Bei- und Austritt 1 Die Versicherungen mit eingeschränkter Wahl der Leistungserbringer stehen sämt- lichen Versicherten mit Wohnsitz im Gebiet offen, in dem der Versicherer die betref- fende Versicherungsform betreibt. 387 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 15. Nov. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 6723). 388 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 17. Sept. 1997, in Kraft seit 1. Jan. 1998 (AS 1997 2272). Kranken- und Unfallversicherung 90 / 132 832.102 2 Der Wechsel von der ordentlichen Versicherung in eine Versicherung mit einge- schränkter Wahl der Leistungserbringer ist jederzeit möglich. 3 Der Wechsel zu einer anderen Versicherungsform oder zu einem anderen Versiche- rer ist unter Einhaltung der in Artikel 7 Absätze 1 und 2 des Gesetzes festgesetzten Kündigungsfristen auf das Ende eines Kalenderjahres möglich.389 4 Der Wechsel des Versicherers während des Kalenderjahres auf Grund von Artikel 7 Absatz 2, 3 oder 4 des Gesetzes bleibt vorbehalten.390 Art. 101 c. Prämien 1 Versicherungen mit eingeschränkter Wahl der Leistungserbringer sind keine beson- deren Risikogemeinschaften innerhalb eines Versicherers. Bei der Festsetzung der Prämien hat der Versicherer die Verwaltungskosten und allfällige Rückversicherungs- prämien einzurechnen und darauf zu achten, dass die Versicherten mit eingeschränk- ter Wahl der Leistungserbringer im versicherungstechnisch erforderlichen Mass an die Reserven und an den Risikoausgleich beitragen. 2 Prämienermässigungen sind nur zulässig für Kostenunterschiede, die auf die einge- schränkte Wahl der Leistungserbringer sowie auf eine besondere Art und Höhe der Entschädigung der Leistungserbringer zurückzuführen sind. Kostenunterschiede auf- grund eines günstigeren Risikobestandes geben keinen Anspruch auf Prämienermäs- sigung. Die Kostenunterschiede müssen durch Erfahrungszahlen von mindestens fünf Rechnungsjahren nachgewiesen sein. 3 Liegen noch keine Erfahrungszahlen von mindestens fünf Rechnungsjahren vor, dürfen die Prämien um höchstens 20 Prozent unter den Prämien der ordentlichen Ver- sicherung des betreffenden Versicherers liegen. 4 Erbringt eine Institution, die der Durchführung einer Versicherung mit einge- schränkter Wahl der Leistungserbringer dient, ihre Leistungen für Versicherte von mehreren Versicherern, kann für die Versicherten eine einheitliche Prämie festgelegt werden. Art. 101a391 Besondere Versicherungsformen für Versicherte mit Wohnort in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island, in Norwegen oder im Vereinigten Königreich Die besonderen Versicherungsformen nach den Artikeln 93–101 stehen nicht offen für Versicherte, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island, in Nor- wegen oder im Vereinigten Königreich wohnen. 389 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Juni 2003, in Kraft seit 1. Okt. 2003 (AS 2003 3249). 390 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 6. Juni 2003, in Kraft seit 1. Okt. 2003 (AS 2003 3249). 391 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 3. Juli 2001 (AS 2002 915). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 2. Nov. 2011, in Kraft seit 1. April 2012 (AS 2012 955). Krankenversicherung. V 91 / 132 832.102 3. Abschnitt: Entschädigungen an Dritte Art. 102 1 Die Entschädigung an Dritte nach Artikel 63 des Gesetzes darf die Kosten nicht übersteigen, die dem Versicherer für die dem Dritten übertragenen Aufgaben entste- hen würden. 2 Die Entschädigung zählt zu den Verwaltungskosten des Versicherers. Sie darf den Versicherten nicht als Prämienermässigung weitergegeben werden. 3. Kapitel: Kostenbeteiligung Art. 103 Franchise und Selbstbehalt 1 Die Franchise nach Artikel 64 Absatz 2 Buchstabe a des Gesetzes beträgt 300 Fran- ken je Kalenderjahr.392 2 Der jährliche Höchstbetrag des Selbstbehaltes nach Artikel 64 Absatz 2 Buchstabe b des Gesetzes beläuft sich auf 700 Franken für Erwachsene und 350 Franken für Kin- der.393 3 Massgebend für die Erhebung der Franchise und des Selbstbehaltes ist das Behand- lungsdatum. 4 Bei Wechsel des Versicherers im Verlaufe eines Kalenderjahrs rechnet der neue Ver- sicherer die in diesem Jahr bereits in Rechnung gestellte Franchise und den Selbstbe- halt an. Wurden keine Franchise und kein Selbstbehalt in Rechnung gestellt, erfolgt eine Anrechnung unter dem Vorbehalt des entsprechenden Nachweises durch die Ver- sicherten. 5 Die Versicherer können für Erwachsene, bei denen der Versicherungsschutz auf we- niger als ein Kalenderjahr angelegt ist, eine Pauschale für Franchise und Selbstbehalt bei Inanspruchnahme von Leistungen erheben. Diese Pauschale beträgt 250 Franken innerhalb eines Zeitraumes von 90 Tagen. Sie darf nicht in Verbindung mit besonde- ren Versicherungsformen nach den Artikeln 93–101a angeboten werden.394 6 Bei Versicherten, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island, in Liechtenstein, in Norwegen oder im Vereinigten Königreich wohnen und die bei einem Aufenthalt in der Schweiz aufgrund von Artikel 95a des Gesetzes oder inter- nationaler Vereinbarungen Anspruch auf internationale Leistungsaushilfe haben, wird eine Pauschale für Franchise und Selbstbehalt erhoben. Die Pauschale beträgt für 392 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Juni 2003, in Kraft seit 1. Jan. 2004 (AS 2003 3249). 393 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 6. Juni 2003, in Kraft seit 1. Jan. 2004 (AS 2003 3249). 394 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 3. Dez. 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2005 (AS 2004 5075). Kranken- und Unfallversicherung 92 / 132 832.102 Erwachsene 92 Franken und für Kinder 33 Franken innerhalb eines Zeitraumes von 30 Tagen.395 7 Für Versicherte, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island, in Nor- wegen oder im Vereinigten Königreich wohnen und in der Schweiz versichert sind, gelten die Absätze 1–4 sinngemäss.396 Art. 104397 Beitrag an die Kosten des Spitalaufenthalts 1 Der tägliche Beitrag an die Kosten des Aufenthalts im Spital nach Artikel 64 Ab- satz 5 des Gesetzes beträgt 15 Franken. 1bis Er ist nicht zu leisten: a. für den Austrittstag; b. für Urlaubstage, wobei diese nach den Regeln der anwendbaren Tarifstruktur nach Artikel 49 Absatz 1 KVG, wie sie vom Bundesrat genehmigt oder fest- gelegt wurden, berechnet werden.398 2 Keinen Beitrag haben zu entrichten: a. Kinder nach Artikel 61 Absatz 3 des Gesetzes; b. junge Erwachsene nach Artikel 61 Absatz 3 des Gesetzes, die in Ausbildung sind; c.399 Frauen, bei denen die Kostenbeteiligung nach Artikel 64 Absatz 7 des Geset- zes entfällt. Art. 104a400 Erhöhung, Herabsetzung oder Aufhebung der Kostenbeteiligung 1 Das EDI bezeichnet die Leistungen, für die nach Artikel 64 Absatz 6 Buchstabe a des Gesetzes eine höhere Kostenbeteiligung zu entrichten ist, und bestimmt deren Höhe. Es kann auch eine höhere Kostenbeteiligung vorsehen, wenn die Leistungen: a. während einer bestimmten Zeit erbracht worden sind; b. einen bestimmten Umfang erreicht haben. 395 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 3. Juli 2001 (AS 2002 915). Fassung gemäss Ziff. I 1 der V vom 26. Okt. 2022 über die Änderung von Verordnungen im Bereich der Kranken- versicherung zur Umsetzung des Abkommens zur Koordinierung der sozialen Sicherheit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 658). 396 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 3. Juli 2001 (AS 2002 915). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 2. Nov. 2011, in Kraft seit 1. April 2012 (AS 2012 955). 397 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 3. Dez. 2010, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 6161). 398 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 26. Mai 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 323). 399 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. Nov. 2013, in Kraft seit 1. März 2014 (AS 2013 4523). Siehe auch die UeB dieser Änd. am Schluss des Textes. 400 Ursprünglich: Art. 105. Krankenversicherung. V 93 / 132 832.102 1bis Das EDI bezeichnet die Arzneimittel, für die nach Artikel 64 Absatz 6 Buch- stabe a des Gesetzes ein höherer Selbstbehalt zu entrichten ist, und bestimmt dessen Höhe.401 2 Ist ein höherer als der in Artikel 64 Absatz 2 Buchstabe b des Gesetzes festgelegte Selbstbehalt zu entrichten, wird der den gesetzlichen Ansatz übersteigende Betrag nur zur Hälfte an den Höchstbetrag nach Artikel 103 Absatz 2 angerechnet. 3 Das EDI bezeichnet die Leistungen, für die nach Artikel 64 Absatz 6 Buchstabe b des Gesetzes die Kostenbeteiligung herabgesetzt oder aufgehoben ist. Es bestimmt die Höhe der herabgesetzten Kostenbeteiligung. 3bis Das EDI bezeichnet die Leistungen, welche nach Artikel 64 Absatz 6 Buchstabe d des Gesetzes von der Franchise ausgenommen sind.402 4 Vor Erlass der Bestimmungen nach den Absätzen 1, 3 und 3bis hört das EDI die zu- ständige Kommission an.403 Art. 105404 Kostenbeteiligung bei Mutterschaft 1 Die Ärztin oder der Arzt, die oder der die Schwangerschaft begleitet, ermittelt den mutmasslichen Beginn der 13. Schwangerschaftswoche und gibt ihn auf der Rech- nung an. 2 Eine Totgeburt nach der 23. Schwangerschaftswoche gilt als Niederkunft. 3 Die Frist nach Artikel 64 Absatz 7 Buchstabe b des Gesetzes endet am 56. Tag nach der Niederkunft um 24 Uhr. 3a. Kapitel:405 Nichtbezahlung von Prämien und Kostenbeteiligungen Art. 105a Verzugszins Der Satz für den Verzugszins auf fälligen Prämien nach Artikel 26 Absatz 1 ATSG beträgt 5 Prozent im Jahr. 401 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 9. Nov. 2005, in Kraft seit 1. Jan. 2006 (AS 2005 5639). 402 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 11. Dez. 2000, in Kraft seit 1. Jan. 2001 (AS 2001 138). 403 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 11. Dez. 2000, in Kraft seit 1. Jan. 2001 (AS 2001 138). 404 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Nov. 2013, in Kraft seit 1. März 2014 (AS 2013 4523). 405 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 27. Juni 2007, in Kraft seit 1. Aug. 2007 (AS 2007 3573). Kranken- und Unfallversicherung 94 / 132 832.102 Art. 105b406 Mahnverfahren 1 Der Versicherer muss die Zahlungsaufforderung bei Nichtbezahlung von Prämien und Kostenbeteiligungen spätestens drei Monate ab deren Fälligkeit zustellen. Er muss sie getrennt von allfälligen anderen Zahlungsausständen zustellen. 2 Verschuldet die versicherte Person Aufwendungen, die bei rechtzeitiger Zahlung nicht entstanden wären, so kann der Versicherer angemessene Bearbeitungsgebühren erheben, sofern er in seinen allgemeinen Bestimmungen über die Rechte und Pflichten der Versicherten eine entsprechende Regelung vorsieht. Art. 105c407 Ausschluss der Verrechnung Der Versicherer darf die Versicherungsleistungen nicht mit geschuldeten Prämien oder Kostenbeteiligungen verrechnen. Art. 105d408 Meldung der zuständigen kantonalen Behörde Der Kanton meldet dem Versicherer die zuständige kantonale Behörde. Art. 105e409 Meldungen über Betreibungen 1 Bei der Bekanntgabe von Betreibungen meldet der Versicherer der zuständigen kan- tonalen Behörde die Daten nach Artikel 105g zu den Schuldnerinnen und Schuldnern. Versichert er diese nicht, so muss er diese Daten nur melden, soweit sie ihm bekannt sind. Betrifft die Betreibung weitere Personen, so meldet der Versicherer zudem die Daten nach Artikel 105g zu diesen Personen.410 1bis Teilt eine versicherte Person ihrem Versicherer mit, dass ihre Prämien von einer juristischen Person bezahlt werden, so meldet der Versicherer der zuständigen kanto- nalen Behörde den Namen dieser juristischen Person und deren eidgenössische Un- ternehmensidentifikationsnummer, sofern diese ihm bekannt ist.411 2 Der Kanton kann den Versicherer anhalten, das Betreibungsverfahren nicht fortzu- setzen, bis er entschieden hat, ob er die Forderungen aus der obligatorischen Kran- kenpflegeversicherung übernimmt. 406 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 22. Juni 2011, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 3527). 407 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 22. Juni 2011, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 3527). 408 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 22. Juni 2011, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 3527). 409 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 22. Juni 2011, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 3527). 410 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 15. Nov. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 6723). 411 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 15. Nov. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 6723). Krankenversicherung. V 95 / 132 832.102 Art. 105f412 Meldungen über Verlustscheine 1 Der Versicherer informiert die zuständige kantonale Behörde innerhalb von zwei Wochen nach Ablauf jedes Quartals über die Entwicklung der seit Jahresbeginn aus- gestellten Verlustscheine.413 2 Er übermittelt der zuständigen kantonalen Behörde bis zum 31. März die Schlussab- rechnung der im Vorjahr ausgestellten Verlustscheine und den dazugehörigen Revisi- onsbericht. Die Abrechnung enthält eine Zusammenstellung der Gesuche um Über- nahme der Forderungen nach Artikel 64a Absatz 3 des Gesetzes und eine Zusammenstellung der Rückerstattungen nach Artikel 64a Absatz 5 des Gesetzes. Art. 105g414 Personendaten Bei der Bekanntgabe nach Artikel 64a Absatz 3 des Gesetzes muss der Versicherer zur Identifikation der versicherten Personen und der Schuldnerinnen und Schuldner melden: a. den Namen und den Vornamen; b. das Geschlecht; c. das Geburtsdatum; d. den Wohnsitz; e. die AHV-Nummer. Art. 105h415 Datenaustausch Das EDI kann die technischen und organisatorischen Vorgaben für den Datenaus- tausch zwischen Kantonen und Versicherern festlegen. Art. 105i416 Einem Verlustschein gleichzusetzende Rechtstitel Einem Verlustschein im Sinne von Artikel 64a Absatz 3 des Gesetzes sind Verfügun- gen über die Ausrichtung von Ergänzungsleistungen oder gleichwertige Rechtstitel, die das Fehlen von finanziellen Mitteln der versicherten Person belegen, gleichgesetzt. Der Kanton bezeichnet die Verfügungen und die betroffenen Rechtstitel. 412 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 22. Juni 2011, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 3527). 413 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 15. Nov. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 6723). 414 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 22. Juni 2011, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 3527). 415 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 22. Juni 2011, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 3527). 416 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 22. Juni 2011, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 3527). Kranken- und Unfallversicherung 96 / 132 832.102 Art. 105j417 Revisionsstelle 1 Die Revisionsstelle überprüft die Richtigkeit der Angaben des Versicherers bezüg- lich der Forderungen nach Artikel 64a Absatz 3 des Gesetzes. Sie kontrolliert, ob: a. die Angaben zu den Schuldnerinnen und Schuldnern sowie zu den Versicher- ten korrekt sind; b. das Mahnverfahren nach Artikel 105b eingehalten wurde; c. ein Verlustschein vorhanden ist; d. das Ausstellungsdatum des Verlustscheines im Vorjahr liegt; e. der Gesamtbetrag der Forderungen richtig ist; f. die Forderung dem Kanton gemeldet wurde, in dem der Verlustschein ausge- stellt wurde. 2 Sie überprüft die Richtigkeit und die Vollständigkeit der Angaben des Versicherers bezüglich: a. der Bezahlung der ausstehenden Forderungen nach der Ausstellung eines Ver- lustscheins; b. der Rückerstattungen an den Kanton nach Artikel 64a Absatz 5 KVG.418 3 Der Kanton übernimmt die Kosten der Revisionsstelle, wenn er eine andere Revisi- onsstelle als diejenige nach Artikel 25 KVAG419 bezeichnet.420 Art. 105k421 Zahlungen der Kantone an die Versicherer 1 Bei Eingang der Personendaten und der Meldungen über die Verlustscheine kann die zuständige kantonale Behörde dem Versicherer die Personendaten nach Arti- kel 105g für die Versicherten übermitteln, für die sie ausstehende Beträge übernimmt. 2 Der Kanton, in dem der Verlustschein ausgestellt wurde, bezahlt dem Versicherer die Forderungen nach Artikel 64a Absatz 4 des Gesetzes nach Abzug der Rückerstat- tungen nach Artikel 64a Absatz 5 des Gesetzes bis zum 30. Juni. Übersteigen die Rückerstattungen die Forderungen, so zahlt der Versicherer dem aktuellen Wohnkan- ton bis zum 30. Juni den Differenzbetrag zurück. 3 Richtet ein Kanton eine Prämienverbilligung für einen Zeitraum aus, für den der Versicherer ihm bereits eine Forderung gemäss Artikel 64a Absatz 3 KVG in seiner Schlussabrechnung bekanntgegeben hat, so erstattet der Versicherer 85 Prozent dieser 417 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 22. Juni 2011, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 3527). 418 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 15. Nov. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 6723). 419 SR 832.12 420 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 15. Nov. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 6723). 421 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 22. Juni 2011, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 3527). Krankenversicherung. V 97 / 132 832.102 Prämienverbilligung an den Kanton zurück. Die Forderungen gegenüber der versi- cherten Person werden auf dem Verlustschein oder dem gleichwertigen Rechtstitel um den Betrag der ganzen Prämienverbilligung vermindert.422 Art. 105l423 Wechsel des Versicherers bei Säumigkeit 1 Säumig im Sinne von Artikel 64a Absatz 6 des Gesetzes ist die versicherte Person ab Zustellung der Mahnung nach Artikel 105b Absatz 1. 2 Kündigt eine säumige versicherte Person ihr Versicherungsverhältnis, so muss der Versicherer sie informieren, dass die Kündigung keine Wirkung entfaltet, wenn die bis einen Monat vor Ablauf der Kündigungsfrist gemahnten Prämien, Kostenbeteili- gungen und Verzugszinse sowie die bis zu diesem Zeitpunkt aufgelaufenen Betrei- bungskosten bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht vollständig bezahlt sind. 3 Sind die ausstehenden Beträge nach Absatz 2 beim Versicherer nicht rechtzeitig ein- getroffen, so muss dieser die betroffene Person informieren, dass sie weiterhin bei ihm versichert ist und frühestens auf den nächstmöglichen Termin nach Artikel 7 Ab- sätze 1 und 2 des Gesetzes den Versicherer wechseln kann. Der Versicherer muss zu- dem den neuen Versicherer innerhalb von 60 Tagen darüber informieren, dass die ver- sicherte Person weiterhin bei ihm versichert ist. Art. 105m424 in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island, in Norwegen oder im Vereinigten Königreich 1 Ist es nach dem Recht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union, Islands, Nor- wegens oder des Vereinigten Königreichs möglich, dass der Schweizer Versicherer die unbezahlten Prämien und Kostenbeteiligungen einbringt, so sind folgende Best- immungen anwendbar auf Versicherte, die in einem solchen Staat wohnen und die fälligen Prämien oder Kostenbeteiligungen nicht bezahlen:425 a. Artikel 64a Absätze 1–7 des Gesetzes und die Artikel 105b–105l auf: 1. Grenzgänger und Grenzgängerinnen sowie deren Familienangehörige, 2. Familienangehörige von Niedergelassenen, von Aufenthaltern und Auf- enthalterinnen und von Kurzaufenthaltern und Kurzaufenthalterinnen, 3. Bezüger und Bezügerinnen einer Leistung der schweizerischen Arbeits- losenversicherung sowie deren Familienangehörige; 422 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 15. Nov. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2017 6723). 423 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 22. Juni 2011, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 3527). 424 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 22. Juni 2011, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 3527). 425 Fassung gemäss Ziff. I 1 der V vom 26. Okt. 2022 über die Änderung von Verordnungen im Bereich der Krankenversicherung zur Umsetzung des Abkommens zur Koordinierung der sozialen Sicherheit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Verei- nigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 658). Kranken- und Unfallversicherung 98 / 132 832.102 b. Artikel 64a Absätze 1, 2 und 6 des Gesetzes und die Artikel 105b und 105l auf Rentnerinnen und Rentnern sowie deren Familienangehörige; der Versi- cherer übernimmt die Verlustscheine. 2 Ist es nach dem Recht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union, Islands, Nor- wegens oder des Vereinigten Königreichs nicht möglich, dass der Schweizer Versi- cherer die unbezahlten Prämien und Kostenbeteiligungen einbringt, so hat der Versi- cherer der versicherten Person, die die fälligen Prämien oder Kostenbeteiligungen nicht bezahlt, nach mindestens einer schriftlichen Mahnung, eine Zahlungsaufforde- rung zuzustellen, ihr eine Nachfrist von 30 Tagen einzuräumen und sie auf die Folgen des Zahlungsverzugs hinzuweisen. Bezahlt die versicherte Person trotz Zahlungsauf- forderung die Prämien, Kostenbeteiligungen und Verzugszinse nicht innert der ge- setzten Frist, so kann der Versicherer die Übernahme der Kosten für die Leistungen aufschieben. Gleichzeitig muss er die versicherte Person und den zuständigen aushel- fenden Träger am Wohnort der versicherten Person informieren. Der Aufschub endet, sobald die gemahnten Prämien und Kostenbeteiligungen sowie die angefallenen Ver- zugszinse bezahlt sind. Der Versicherer darf während eines Aufschubs der Über- nahme der Kosten die Versicherungsleistungen mit geschuldeten Prämien oder Kos- tenbeteiligungen verrechnen.426 4. Kapitel:427 Prämienverbilligung durch die Kantone 1. Abschnitt: Anspruchsberechtigte428 Art. 106429 Prämienverbilligung durch die Kantone für Versicherte mit einer Aufenthaltsbewilligung, die mindestens drei Monate gültig ist Anspruch auf Prämienverbilligung haben auch versicherungspflichtige Personen nach Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben a und f, soweit sie die Anspruchsvoraussetzungen des Kantons erfüllen. Art. 106a Prämienverbilligung durch die Kantone für Versicherte, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island, in Norwegen oder im Vereinigten Königreich wohnen430 1 Die Prämienverbilligung richtet sich nach Artikel 65a des Gesetzes: 426 Fassung gemäss Ziff. I 1 der V vom 26. Okt. 2022 über die Änderung von Verordnungen im Bereich der Krankenversicherung zur Umsetzung des Abkommens zur Koordinierung der sozialen Sicherheit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Verei- nigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 658). 427 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 3. Juli 2001, in Kraft seit 1. Juni 2002 (AS 2002 915). 428 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 22. Juni 2011, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 3527). 429 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 22. Mai 2002, in Kraft seit 1. Juni 2002 (AS 2002 1633). 430 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 2. Nov. 2011, in Kraft seit 1. April 2012 (AS 2012 955). Krankenversicherung. V 99 / 132 832.102 a. für Versicherte, die eine schweizerische Rente beziehen, solange sie in der Schweiz erwerbstätig sind oder eine Leistung der schweizerischen Arbeitslo- senversicherung beziehen; b. für versicherte Familienangehörige einer versicherten Person nach Buchstabe a, selbst wenn ein anderer versicherter Familienangehöriger nur eine schwei- zerische Rente bezieht; c. für versicherte Familienangehörige einer versicherten Person, die in der Schweiz erwerbstätig ist oder eine Leistung der schweizerischen Arbeitslo- senversicherung bezieht, selbst wenn ein anderer versicherter Familienange- höriger nur eine schweizerische Rente bezieht. 2 Die Kantone dürfen bei der Prüfung der bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnisse der in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island, in Norwegen oder im Vereinigten Königreich wohnenden Versicherten das Einkommen und das Reinver- mögen derjenigen Familienangehörigen, die dem Verfahren nach Artikel 66a des Ge- setzes unterstellt sind, nicht berücksichtigen.431 2. Abschnitt:432 Durchführung der Prämienverbilligung Art. 106b Meldungen des Kantons 1 Der Kanton bestimmt eine Stelle, welche die Daten mit den Versicherern nach Arti- kel 65 Absatz 2 des Gesetzes austauscht. 2 Er meldet dem Versicherer: a. die versicherten Personen, die Anspruch auf Prämienverbilligung haben; b. die Höhe der Prämienverbilligung je berechtigte Person und Monat auf fünf Rappen gerundet; c. den Zeitraum in Monaten, für den die Prämienverbilligung ausgerichtet wird. 3 Er legt die Termine für seine Meldungen, die Meldungen nach Artikel 106c Ab- sätze 1 und 2 und die Lieferung der Jahresrechnung nach Artikel 106c Absatz 3 fest. Art. 106c Aufgaben des Versicherers 1 Der Versicherer teilt dem Kanton mit, ob er die Meldung einer bei ihm versicherten Person zuordnen kann. 2 Er meldet dem Kanton wesentliche Änderungen im Verhältnis zwischen der versi- cherten Person und ihm. Das EDI kann festlegen, welche Änderungen als wesentlich gelten. 431 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 2. Nov. 2011, in Kraft seit 1. April 2012 (AS 2012 955). 432 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 22. Juni 2011, in Kraft seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 3527). Kranken- und Unfallversicherung 100 / 132 832.102 3 Der Versicherer legt dem Kanton eine Jahresrechnung vor. Diese umfasst je berech- tigte Person die Personendaten nach Artikel 105g, den betroffenen Zeitraum, die Mo- natsprämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung und die ausgerichteten Beträge. 4 Der Versicherer gibt die Prämienverbilligung je versicherte Person und Monat auf der Prämienrechnung an. Er darf die Prämienverbilligung nicht auf dem Versiche- rungsausweis angeben. 5 Er bezahlt der versicherten Person die Differenz innerhalb von 60 Tagen aus, wenn seine restlichen Prämienforderungen für das laufende Kalenderjahr und seine anderen fälligen Forderungen aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, für die kein Verlustschein vorliegt, kleiner sind als: a. die vom Kanton gewährte Prämienverbilligung; vorbehalten bleiben kanto- nale Regelungen, wonach die Prämie höchstens bis zu ihrem vollen Umfang verbilligt werden kann und wonach kleine Beträge nicht ausgerichtet werden; b. der vom Kanton gewährte Pauschalbeitrag für die obligatorische Krankenpfle- geversicherung nach Artikel 10 Absatz 3 Buchstabe d des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2006433 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlasse- nen- und Invalidenversicherung. 6 Der Kanton kann vorsehen, dass der Versicherer ihm die Personendaten nach Arti- kel 105g und weitere Daten für seine Versicherten im betreffenden Kanton mitteilt. Art. 106d Datenaustausch 1 Die Meldungen nach den Artikeln 106b und 106c enthalten die Personendaten nach Artikel 105g. Der Kanton kann die Meldung weiterer Daten vorsehen. 2 Das EDI kann nach Anhörung der Kantone und der Versicherer technische und or- ganisatorische Vorgaben für den Datenaustausch und das Datenformat festlegen. Art. 106e Kosten Die Kantone und die Versicherer tragen die ihnen aus dem Vollzug der Prämienver- billigung erwachsenden Kosten. 2. Teil: Freiwillige Taggeldversicherung Art. 107 und 108434 433 SR 831.30 434 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 3 der Krankenversicherungsaufsichtsverordnung vom 18. Nov. 2015, mit Wirkung seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 5165). Krankenversicherung. V 101 / 132 832.102 Art. 108a435 Prämienbezahlung, Verzugs- und Vergütungszinsen Die Artikel 90, 90a, und 105a sind sinngemäss anwendbar. Art. 109 Beitritt Jede Person, welche die Voraussetzungen von Artikel 67 Absatz 1 des Gesetzes er- füllt, kann zu den gleichen Bedingungen, namentlich hinsichtlich der Dauer und der Höhe des Taggeldes, wie sie für die anderen Versicherten gelten, der Taggeldversi- cherung beitreten, soweit dadurch voraussichtlich keine Überentschädigung entsteht. 3. Teil: Koordinationsregeln 1. Titel: Leistungskoordination 1. Kapitel: Verhältnis zu anderen Sozialversicherungen 1. Abschnitt: Abgrenzung der Leistungspflicht Art. 110436 Grundsatz Soweit in einem Versicherungsfall Leistungen der Krankenversicherung mit gleich- artigen Leistungen der Unfallversicherung nach dem UVG437, der Militärversiche- rung, der Alters- und Hinterlassenenversicherung, der Invalidenversicherung oder dem Erwerbsersatzgesetz vom 25. September 1952438 für Dienstleistende und bei Mutterschaft zusammentreffen, gehen die Leistungen dieser anderen Sozialversiche- rungen vor. Artikel 128 der Verordnung vom 20. Dezember 1982439 über die Unfall- versicherung bleibt vorbehalten. Art. 111 Unfallmeldung Die Versicherten haben Unfälle, die nicht bei einem UVG-Versicherer oder bei der Militärversicherung angemeldet sind, ihrem Krankenversicherer zu melden. Sie haben Auskunft zu geben über:440 a. Zeit, Ort, Hergang und Folgen des Unfalles; b. den behandelnden Arzt, die behandelnde Ärztin oder das Spital; c. allfällige betroffene Haftpflichtige und Versicherungen. 435 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 11. Sept. 2002 (AS 2002 3908). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 27. Juni 2007, in Kraft seit 1. Aug. 2007 (AS 2007 3573). 436 Fassung gemäss Art. 45 Ziff. I der V vom 24. Nov. 2004 zum Erwerbsersatzgesetz, in Kraft seit 1. Juli 2005 (AS 2005 1251). 437 SR 832.20 438 SR 834.1 439 SR 832.202 440 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 11. Sept. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 3908). Kranken- und Unfallversicherung 102 / 132 832.102 2. Abschnitt: Vorleistungspflicht Art. 112 Im Verhältnis zur Unfallversicherung und zur Militärversicherung 1 Ist bei Krankheit oder Unfall die Leistungspflicht der Unfallversicherung nach UVG441 oder der Militärversicherung zweifelhaft, so darf der Krankenversicherer die bei ihm versicherten Leistungen ohne Antrag bei voller Wahrung seiner Rückerstat- tungsrechte von sich aus vorläufig ausrichten.442 2 Ist eine Person bei mehreren Krankenversicherern für Taggeld versichert, so ist jeder dieser Versicherer vorleistungspflichtig. Art. 113 Im Verhältnis zur Invalidenversicherung Hat sich eine versicherte Person sowohl beim Krankenversicherer als auch bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug angemeldet, so hat der Krankenversiche- rer vorläufig für die Krankenpflegekosten Gutsprache zu erteilen oder Zahlungen zu leisten, bis feststeht, welche Versicherung den Fall übernimmt. Art. 114443 Informationspflicht Der vorleistende Krankenversicherer macht die versicherte Person auf die Rückerstat- tungsordnung von Artikel 71 ATSG aufmerksam. Art. 115444 Art. 116 Unterschiedliche Tarife 1 Bei Vorleistung durch den Krankenversicherer haben die anderen Sozialversicherer den Leistungserbringern eine allfällige Differenz zwischen dem für sie geltenden Tarif und dem vom Krankenversicherer angewandten Tarif nachzuzahlen. 2 Hat der Krankenversicherer Leistungserbringern aufgrund seiner Tarife mehr vergü- tet, als aufgrund der für die anderen Versicherungen geltenden Tarife geschuldet ge- wesen wäre, so haben ihm die Leistungserbringer die Differenz zurückzuerstatten. 441 SR 832.20 442 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 11. Sept. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 3908). 443 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 11. Sept. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 3908). 444 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 11. Sept. 2002, mit Wirkung seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 3908). Krankenversicherung. V 103 / 132 832.102 3. Abschnitt: Rückvergütung von Leistungen anderer Sozialversicherer Art. 117 Grundsatz 1 Hat der Krankenversicherer anstelle eines anderen Sozialversicherers zu Unrecht Leistungen ausgerichtet oder hat dies ein anderer Sozialversicherer anstelle des Kran- kenversicherers getan, so muss der entlastete Versicherer den Betrag, um den er ent- lastet wurde, dem anderen Versicherer rückvergüten, höchstens jedoch bis zu seiner gesetzlichen Leistungspflicht. 2 Sind mehrere Krankenversicherer rückvergütungsberechtigt oder rückvergütungs- pflichtig, so bemisst sich ihr Anteil nach den Leistungen, die sie erbracht haben oder hätten erbringen sollen. 3 Der Rückvergütungsanspruch erlischt fünf Jahre nach der Ausrichtung der Leistung. Art. 118 Auswirkungen auf die Versicherten 1 In laufenden Versicherungsfällen sorgt der weiterhin leistungspflichtige Versicherer für die Ausrichtung der Leistungen nach den für ihn geltenden Vorschriften. Er infor- miert die versicherte Person darüber. 2 Hätte die versicherte Person bei einer sachgerechten Behandlung des Falles höhere Geldleistungen empfangen, als ihr ausgerichtet wurden, so vergütet ihr der rückver- gütungspflichtige Versicherer die Differenz. Dies gilt auch dann, wenn das Versiche- rungsverhältnis inzwischen aufgelöst wurde. Art. 119 Unterschiedliche Tarife 1 Der rückvergütungspflichtige Versicherer erstattet den Leistungserbringern eine all- fällige Differenz zwischen dem Tarif, den der rückvergütungsberechtigte Versicherer angewandt hat, und dem Tarif, der für ihn selber gilt. 2 Hat der rückvergütungsberechtigte Versicherer mehr erstattet, als aufgrund der für den rückvergütungspflichtigen Versicherer geltenden Tarife geschuldet gewesen wäre, müssen die Leistungserbringer dem rückvergütungsberechtigten Versicherer die Differenz zurückerstatten. 4. Abschnitt:445 Informationspflicht der Versicherer Art. 120 Die Versicherten sind über die Bekanntgabe von Daten (Art. 84a KVG) und über ge- leistete Verwaltungshilfe (Art. 32 Abs. 2 ATSG und Art. 82 KVG) zu informieren. 445 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 11. Sept. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 3908). Kranken- und Unfallversicherung 104 / 132 832.102 Art. 121 Aufgehoben 2. Kapitel: Überentschädigung Art. 122446 1 Eine Überentschädigung bei Sachleistungen liegt in dem Masse vor, als die jeweili- gen Sozialversicherungsleistungen für denselben Gesundheitsschaden namentlich die folgenden Grenzen übersteigen: a. die der versicherten Person entstandenen Diagnose- und Behandlungskosten; b. die der versicherten Person entstandenen Pflegekosten und andere ungedeckte Krankheitskosten; 2 Ist die versicherte Person bei mehr als einem Krankenversicherer für Taggeld ge- mäss den Artikeln 67–77 des Gesetzes versichert, gilt als Überentschädigungsgrenze diejenige von Artikel 69 Absatz 2 ATSG. Sind die Leistungen zu kürzen, so ist jeder Versicherer im Verhältnis des von ihm versicherten Taggeldes zum Gesamtbetrag der versicherten Taggelder leistungspflichtig. 2. Titel: … Art. 123–126447 4. Teil: Verfügung, Kosten der Bekanntgabe und Publikation von Daten448 Art. 127449 Verfügung Wird eine Verfügung auf Grund von Artikel 51 Absatz 2 ATSG verlangt, so hat der Versicherer sie innerhalb von 30 Tagen zu erlassen. Art. 128–129450 446 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 11. Sept. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 3908). 447 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 11. Sept. 2002, mit Wirkung seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 3908). 448 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 11. Sept. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 3908). 449 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 22. Nov. 2000 (AS 2000 2911). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 11. Sept. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 3908). 450 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 11. Sept. 2002, mit Wirkung seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 3908). Krankenversicherung. V 105 / 132 832.102 Art. 130451 Kosten der Bekanntgabe und Publikation von Daten452 1 In den Fällen nach Artikel 84a Absatz 5 des Gesetzes wird eine Gebühr erhoben, wenn die Datenbekanntgabe zahlreiche Kopien oder andere Vervielfältigungen oder besondere Nachforschungen erfordert. Die Höhe dieser Gebühr entspricht den in den Artikeln 14 und 16 der Verordnung vom 10. September 1969453 über Kosten und Ent- schädigungen im Verwaltungsverfahren festgesetzten Beträgen. 2 Für Publikationen nach Artikel 84a Absatz 3 des Gesetzes wird eine kostendeckende Gebühr erhoben. 3 Die Gebühr kann wegen Bedürftigkeit der gebührenpflichtigen Person oder aus an- deren wichtigen Gründen ermässigt oder erlassen werden. 5. Teil: Schlussbestimmungen 1. Titel: Übergangsbestimmungen Art. 131454 Art. 132 Bestehende Versicherungsverhältnisse 1 Die Krankenkassen können beim Inkrafttreten des Gesetzes bestehende Versiche- rungsverhältnisse mit Personen, die der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nicht unterstehen und auch nicht auf Gesuch hin unterstellt werden können, bis spä- testens am 31. Dezember 1996 weiterführen. Diese Versicherungsverhältnisse richten sich nach dem bisherigen Recht. 2 Ein neues Versicherungsverhältnis nach Absatz 1 darf nur begründet werden, wenn damit die Weiterführung bis zum 31. Dezember 1996 einer entsprechenden Versiche- rungsdeckung gewährleistet wird, die von einem Versicherer gewährt worden war, der auf die Fortführung der sozialen Krankenversicherung verzichtet hat (Art. 99 KVG). 3 Die Krankenkassen können den Personen nach den Absätzen 1 und 2 auf vertragli- cher Basis eine Fortdauer des Versicherungsschutzes nach dem 31. Dezember 1996 anbieten. Der Vertrag kann bei der gleichen Krankenkasse oder bei einem anderen Versicherer nach Artikel 11 des Gesetzes abgeschlossen werden. Die Finanzierung von Leistungen, welche denjenigen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung entsprechen, richtet sich nach den Grundsätzen der sozialen Krankenversicherung. Die Versicherungsverhältnisse unterliegen dem Versicherungsvertragsgesetz455.456 451 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 22. Nov. 2000, in Kraft seit 1. Jan. 2001 (AS 2000 2911). 452 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 11. Sept. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 3908). 453 SR 172.041.0 454 Aufgehoben durch Ziff. IV 51 der V vom 22. Aug. 2007 zur formellen Bereinigung des Bundesrechts, mit Wirkung seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 4477). 455 SR 221.229.1 456 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Nov. 1996, in Kraft seit 1. Jan. 1997 (AS 1996 3139). Kranken- und Unfallversicherung 106 / 132 832.102 4 Läuft eine vor dem 1. Januar 1997 begonnene Behandlung nach diesem Datum wei- ter, so hat die Krankenkasse das Versicherungsverhältnis bis zum Abschluss dieser Behandlung nach altem Recht weiterzuführen.457 Art. 133458 Art. 134 Leistungserbringer 1 Leistungserbringer im Sinne der Artikel 44–54, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes gestützt auf eine Bewilligung nach altem Recht für die Krankenversi- cherung tätig sind, bleiben zugelassen, wenn sie innert einem Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes nach kantonalem Recht zugelassen sind. 2 Logopäden und Logopädinnen sowie Ernährungsberater und Ernährungsberaterin- nen, welche die Zulassungsbedingungen dieser Verordnung nur teilweise erfüllen, aber vor dem Inkrafttreten des Gesetzes ihre Ausbildung abgeschlossen und ihren Be- ruf selbständig ausgeübt haben, können unter dem neuen Recht für die Krankenversi- cherung tätig sein, wenn sie innert vier Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes nach kantonalem Recht zugelassen werden.459 3 Laboratorien, die bereits nach den Artikeln 53 und 54 als Leistungserbringer für die Durchführung genetischer Untersuchungen zugelassen sind, können solche Untersu- chungen bis zum Bewilligungsentscheid des BAG weiter durchführen, wenn sie: a. die Zulassungsbedingungen nach den Artikeln 53 und 54 erfüllen; und b. innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung vom 14. Feb- ruar 2007460 über genetische Untersuchungen beim Menschen beim BAG ein Bewilligungsgesuch einreichen.461 Art. 135462 Art. 136463 457 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. Nov. 1996, in Kraft seit 1. Jan. 1997 (AS 1996 3139). 458 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 25. Juni 1997, mit Wirkung seit 1. Jan. 1998 (AS 1997 1639). 459 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 25. Nov. 1996, in Kraft seit 1. Jan. 1997 (AS 1996 3139). 460 SR 810.122.1; in Kraft seit 1. April 2007. 461 Eingefügt durch Art. 37 Ziff. 2 der V vom 14. Febr. 2007 über genetische Untersuchun- gen beim Menschen, in Kraft seit 1. April 2007 (AS 2007 651). 462 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 24. Febr. 2021, mit Wirkung seit 1. April 2021 (AS 2021 152). 463 Aufgehoben durch Ziff. IV 51 der V vom 22. Aug. 2007 zur formellen Bereinigung des Bundesrechts, mit Wirkung seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 4477). Fassung vom 15. Nov. 2017 gültig vom 1. Jan. bis zum 31. Dez. 2018 (AS 2017 6723). Krankenversicherung. V 107 / 132 832.102 2. Titel: Inkrafttreten Art. 137 Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1996 in Kraft. Kranken- und Unfallversicherung 108 / 132 832.102 Schlussbestimmungen der Änderung vom 17. September 1997464 Schlussbestimmungen der Änderung vom 23. Februar 2000465 Schlussbestimmungen der Änderung vom 2. Oktober 2000466 Das BAG kann für bestimmte Arzneimittelgruppen während höchstens fünf Jahren auf die Anpassung der Preise an die in Artikel 67 vorgesehene Preisstruktur verzichten oder eine gestaffelte Anpassung vorsehen. Schlussbestimmungen der Änderung vom 22. Mai 2002467 Schlussbestimmungen der Änderung vom 26. Juni 2002468 Für die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Änderung hängigen Verfahren gilt das neue Recht. Schlussbestimmungen der Änderung vom 6. Juni 2003469 Schlussbestimmungen der Änderung vom 26. Mai 2004470 1 Die Versicherer haben jede versicherte Person bis spätestens am 31. Oktober 2004 schriftlich über die von ihnen angebotenen neuen wählbaren Franchisen und die dafür gewährten Prämienreduktionen zu informieren. 2 Für die mit einer wählbaren Franchise versicherten Personen gilt ab dem 1. Januar 2005 die von ihrem Versicherer angebotene wählbare Franchise, die ihrer bisherigen Franchise entspricht oder die dieser am nächsten ist. Haben die nächstliegende höhere Franchise und die nächstliegende tiefere Franchise den gleichen Abstand zur bisheri- gen Franchise, so gilt die höhere. Die mit einer wählbaren Franchise versicherten Per- sonen können jedoch eine andere Franchise wählen oder in die ordentliche Versiche- rung wechseln, wenn sie dies dem Versicherer bis spätestens am 30. November 2004 schriftlich mitteilen. 464 AS 1997 2272. Aufgehoben durch Ziff. IV 51 der V vom 22. Aug. 2007 zur formellen Bereinigung des Bundesrechts, mit Wirkung seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 4477). 465 AS 2000 889. Aufgehoben durch Ziff. IV 51 der V vom 22. Aug. 2007 zur formellen Be- reinigung des Bundesrechts, mit Wirkung seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 4477). 466 AS 2000 2835 467 AS 2002 1633. Aufgehoben durch Ziff. IV 51 der V vom 22. Aug. 2007 zur formellen Bereinigung des Bundesrechts, mit Wirkung seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 4477). 468 AS 2002 2129 469 AS 2003 3249. Aufgehoben durch Ziff. IV 51 der V vom 22. Aug. 2007 zur formellen Bereinigung des Bundesrechts, mit Wirkung seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 4477). 470 AS 2004 3437 Krankenversicherung. V 109 / 132 832.102 Schlussbestimmungen der Änderung vom 3. Dezember 2004471 1 Als Diplome im Sinne der Artikel 45, 47–49 und 50a gelten auch diejenigen Dip- lome, die von der von den Kantonen gemeinsam oder vom EDI bezeichneten Stelle vor Inkrafttreten dieser Änderung ausgestellt oder als gleichwertig anerkannt worden sind. 2 Für Versicherungsverhältnisse, die vor Inkrafttreten dieser Änderung von Arti- kel 103 Absatz 5 abgeschlossen worden sind, gilt die bisherige Regelung für die ver- einbarte Vertragsdauer, höchstens aber bis zum 31. Dezember 2005. Schlussbestimmungen der Änderung vom 9. November 2005472 Schlussbestimmungen der Änderung vom 26. April 2006473 1 Die Versicherer müssen die Vorschriften von Artikel 6a bis zum 1. August 2006 anwenden. 2 Für versicherte Personen, deren Versicherungspflicht wegen Militärdienst vor dem 1. Juli 2006 sistiert wird, wird Artikel 10a in seiner bisherigen Fassung angewen- det474. 3 Die Artikel 65–65c sowie 66a gelten für die Arzneimittel, die vor dem Inkrafttreten dieser Änderung in die Spezialitätenliste aufgenommen worden sind. 4 …475 5 …476 Schlussbestimmungen der Änderung vom 27. Juni 2007477 1 Für Originalpräparate, die vor dem Inkrafttreten dieser Änderung in die Spezialitä- tenliste aufgenommen wurden, gilt Artikel 65a in der Fassung vom 26. April 2006478. 2 Originalpräparate und Generika, die zwischen dem 1. Januar 1993 und dem 31. De- zember 2002 in die Spezialitätenliste aufgenommen wurden, werden bis zum 30. Juni 2008 daraufhin überprüft, ob sie die Aufnahmebedingungen noch erfüllen. Das EDI legt das Verfahren der Überprüfung fest. 471 AS 2004 5075 472 AS 2005 5639. Aufgehoben durch Ziff. IV 51 der V vom 22. Aug. 2007 zur formellen Bereinigung des Bundesrechts, mit Wirkung seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 4477). 473 AS 2006 1717 474 AS 2001 138 475 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 27. Juni 2007, mit Wirkung seit 1. Aug. 2007 (AS 2007 3573). 476 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 22. Juni 2011, mit Wirkung seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 3449). 477 AS 2007 3573 478 AS 2006 1717 Kranken- und Unfallversicherung 110 / 132 832.102 3 Artikel 66 gilt auch für Arzneimittel, die vor dem 10. Mai 2006 in die Spezialitäten- liste aufgenommen wurden. 4 Für Prämien, die vor dem 1. August 2007 fällig wurden, und Kostenbeteiligungen an Leistungen, die vor dem 1. August 2007 erbracht wurden, ist Artikel 105b Ab- sätze 1 und 2 nicht anwendbar. 5 Bei am 1. August 2007 bestehenden Aufschüben von Kostenübernahmen für Leis- tungen ist Artikel 105c Absatz 2 nicht anwendbar. 6 Unbezahlte Prämien und Kostenbeteiligungen sowie Verzugszinse und Betreibungs- kosten, die vor dem 1. Januar 2006 angefallen sind, verhindern einen Wechsel des Versicherers nicht. Schlussbestimmungen der Änderung vom 22. August 2007479 Die Bestimmungen dieser Verordnung zur Revisionsstelle gelten vom ersten Ge- schäftsjahr an, das mit Inkrafttreten dieser Änderung oder danach beginnt. Schlussbestimmungen der Änderung vom 22. Oktober 2008480 1 Die Organisation nach Artikel 49 Absatz 2 des Gesetzes muss ihre Tätigkeit spätes- tens am 31. Januar 2009 aufnehmen. Die Tarifpartner und die Kantone müssen den Bundesrat über das Datum des Beginns der Tätigkeit der Organisation in Kenntnis setzen und ihm die Statuten der Organisation übermitteln. 2 Das erste Gesuch um Genehmigung des Tarifvertrags nach Artikel 59d muss dem Bundesrat spätestens am 30. Juni 2009 unterbreitet werden. Der Tarifvertrag muss zusätzlich zur einheitlichen Tarifstruktur und zu den Anwendungsmodalitäten des Ta- rifs einen gemeinsamen Vorschlag der Tarifpartner über die bei der Einführung der leistungsbezogenen Pauschalen erforderlichen Begleitmassnahmen enthalten. Dafür vereinbaren die Tarifpartner namentlich Instrumente zur Überwachung der Entwick- lung der Kosten und der Leistungsmengen (Monitoring) sowie die Korrekturmassnah- men. 2bis Das Monitoring nach Absatz 2 umfasst insbesondere pro Leistungserbringer die Entwicklung der Fallzahl, der abgerechneten Kosten und im Falle eines Vergütungs- modells vom Typus Diagnosis Related Groups (DRG) die Entwicklung des Case Mix Index (CMI). Das Monitoring über sämtliche Bereiche nach Artikel 49 Absatz 1 des Gesetzes, einschliesslich der vor- und nachgelagerten Bereiche, muss insbesondere gewährleisten, dass neben dem Korrekturmechanismus nach Absatz 2ter zusätzliche Korrekturmassnahmen von den Tarifpartnern durchgeführt werden können. Können sich die Tarifpartner nicht auf ein entsprechendes Monitoring einigen, übermitteln die Leistungserbringer den Versicherern die dazu notwendigen Informationen ab dem Einführungszeitpunkt nach Absatz 1 der Übergangsbestimmungen der Änderung vom 479 AS 2007 3989 480 AS 2008 5097 Krankenversicherung. V 111 / 132 832.102 21. Dezember 2007 des Gesetzes bis zum Abschluss der Korrekturmassnahmen quar- talsweise. Die Versicherer führen gemeinsam ein Monitoring durch und veröffentli- chen halbjährlich eine Auswertung als Grundlage für Korrekturmassnahmen der Ta- rifpartner.481 2ter Können sich die Tarifpartner im Falle eines Vergütungsmodells vom Typus DRG nicht auf gesamtschweizerisch einheitliche Korrekturmassnahmen nach Absatz 2 ei- nigen, so muss der Leistungserbringer in den ersten beiden Jahren nach Einführung des Vergütungsmodells sowohl bei einer ungerechtfertigten Erhöhung um mehr als 2 Prozent, des effektiven CMI im Abrechnungsjahr gegenüber dem vereinbarten CMI als auch der effektiven Fallzahl im Abrechnungsjahr gegenüber der bei der Vereinba- rung des CMI berücksichtigten Fallzahl, die Mehrerträge innerhalb des Folgejahres anteilsmässig nach Artikel 49a des Gesetzes rückvergüten. Die Umsetzungsmodalitä- ten werden zwischen Leistungserbringern und Versicherern vereinbart.482 3 Die Tarifpartner müssen dem Bundesrat den Betrag des Fallbeitrags nach Arti- kel 59e spätestens zusammen mit dem ersten Genehmigungsgesuch nach Absatz 2 zur Genehmigung unterbreiten. 4 In Abweichung zu den Schlussbestimmungen der Änderung vom 22. Oktober 2008483 der Verordnung vom 3. Juli 2002484 über die Kostenermittlung und die Leis- tungserfassung durch Spitäler, Geburtshäuser und Pflegeheime in der Krankenversi- cherung erfolgt im Jahr 2012 die Abgeltung der Anlagenutzungskosten im Falle eines Vergütungsmodells vom Typus DRG mittels eines Zuschlags auf den in den Tarifver- trägen verhandelten Basispreisen. Der Zuschlag beträgt 10 Prozent.485 Schlussbestimmungen der Änderung vom 13. März 2009486 Die gemeinsame Einrichtung informiert in Zusammenarbeit mit dem BAG, den ren- tenauszahlenden Stellen und den zuständigen Auslandvertretungen die Rentnerinnen und Rentner, die in einem neuen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft woh- nen, bis spätestens drei Monate nach dem Inkrafttreten des Protokolls vom 27. Mai 2008487 über die Ausdehnung des Freizügigkeitsabkommens auf Bulgarien und Ru- mänien im Hinblick auf die Aufnahme von Bulgarien und Rumänien als Vertragspar- teien infolge ihres Beitritts zur Europäischen Union über die Versicherungspflicht. Mit diesen Informationen gelten auch die in einem neuen Mitgliedstaat der Europäi- schen Gemeinschaft wohnhaften Familienangehörigen als informiert. Der Bund über- nimmt die der gemeinsamen Einrichtung entstehenden Kosten für die Information. 481 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 2. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Dez. 2011 (AS 2011 5037). 482 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 2. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Dez. 2011 (AS 2011 5037). 483 AS 2008 5105 484 SR 832.104 485 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 2. Nov. 2011, in Kraft seit 1. Dez. 2011 (AS 2011 5037). 486 AS 2009 1825 487 SR 0.142.112.681.1 Kranken- und Unfallversicherung 112 / 132 832.102 Übergangsbestimmungen der Änderung vom 24. Juni 2009488 Für Pilotprojekte nach Artikel 36a, die vor dem Inkrafttreten der Änderung vom 24. Juni 2009 genehmigt wurden, wird die Projektdauer von vier Jahren um die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Änderung bereits abgelaufene Zeit gekürzt. Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 1. Juli 2009489 1 Das BAG überprüft die Fabrikabgabepreise der Originalpräparate, die zwischen dem 1. Januar 1955 und dem 31. Dezember 2006 in die Spezialitätenliste aufgenommen wurden, daraufhin, ob sie die Aufnahmebedingungen noch erfüllen. 2 Das Unternehmen, das ein zu überprüfendes Originalpräparat vertreibt, ermittelt die Fabrikabgabepreise der in der Schweiz meistverkauften Packung in Deutschland, Dä- nemark, Grossbritannien, den Niederlanden, Frankreich und Österreich aufgrund von Regelungen der entsprechenden Behörden oder Verbände. Es lässt diese Fabrikabga- bepreise von einer zeichnungsberechtigten Person der jeweiligen Länderniederlas- sung bestätigen. Die Anzahl der in der Schweiz verkauften Packungen des Original- präparates der letzten 12 Monate muss für sämtliche Handelsformen ausgewiesen und von einer zeichnungsberechtigten Person des Unternehmens in der Schweiz bestätigt werden. 3 Das Unternehmen, welches das Originalpräparat vertreibt, muss dem BAG die am 1. Oktober 2009 gültigen Fabrikabgabepreise bis zum 30. November 2009 mitteilen. Das BAG ermittelt den durchschnittlichen Fabrikabgabepreis anhand der geltenden Preise in Deutschland, Dänemark, Grossbritannien, den Niederlanden, Frankreich und Österreich sowie den durchschnittlichen Wechselkurs der Monate April bis Septem- ber 2009 und rechnet diesen Preis in Schweizer Franken um. 4 Das BAG senkt den Fabrikabgabepreis eines Originalpräparates mit Wirkung ab 1. März 2010 auf den nach Absatz 3 ermittelten durchschnittlichen Fabrikabgabe- preis, wenn: a. der Fabrikabgabepreis des Originalpräparates am 1. Oktober 2009 (Ausgangs- wert) den nach Absatz 3 ermittelten Preis um mehr als 4 Prozent übersteigt; b. das Unternehmen bis zum 30. November 2009 kein Gesuch stellt, den Fabri- kabgabepreis mit Wirkung ab 1. März 2010 auf einen Preis zu senken, welcher den Fabrikabgabepreis nach Absatz 3 um höchstens 4 Prozent übersteigt. 5 Die Preissenkung nach Absatz 4 kann stufenweise erfolgen. Beträgt die Preissen- kung mehr als 15 Prozent des Ausgangswertes, so wird der Preis auf den 1. März 2010 auf 85 Prozent des Ausgangswertes und auf den 1. Januar 2011 auf den nach Absatz 3 ermittelten durchschnittlichen Fabrikabgabepreis gesenkt. 6 Generika, die bis zum Inkrafttreten der Änderung vom 1. Juli 2009 in die Speziali- tätenliste aufgenommen wurden, werden bis zum 1. Januar 2010 überprüft und per 1. März 2010 preislich angepasst. Im Zuge dieser ausserordentlichen Preisüberprü- fung gelten Generika als wirtschaftlich, wenn ihre Fabrikabgabepreise mindestens 488 AS 2009 3525 489 AS 2009 4245 Krankenversicherung. V 113 / 132 832.102 10 Prozent tiefer sind als die am 1. Oktober 2009 gültigen durchschnittlichen Fabri- kabgabepreise der dazugehörenden Originalpräparate im Ausland. Berechnet wird der durchschnittliche Fabrikabgabepreis anhand der geltenden Preise des Originalpräpa- rats in Deutschland, Dänemark, Grossbritannien, den Niederlanden, Frankreich und Österreich.490 7 Der preisbezogene Zuschlag und der Zuschlag je Packung nach Artikel 67 Ab- satz 1quater werden bei allen Präparaten, die vor Inkrafttreten der Änderung vom 1. Juli 2009 in die Spezialitätenliste aufgenommen wurden, bis zum 1. Januar 2010 überprüft und preislich per 1. März 2010 angepasst. Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 3. Dezember 2010491 1 Die Versicherer müssen dem BAG das Anlagereglement innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten der Änderung vom 3. Dezember 2010 zur Kenntnis bringen. 2 Sie müssen ihr Vermögen bis zum Jahresabschluss vom 31. Dezember 2011 nach den Artikeln 80–80i anlegen. Anlagen nach Artikel 80d Absatz 1 Buchstabe d müssen bis zum 31. Dezember 2015 nach den Artikeln 80–80i angelegt werden. 3 Die Versicherer müssen Anlagen nach Artikel 80d Absatz 1 Buchstabe e, die bei In- krafttreten der Änderung vom 3. Dezember 2010 bestehen, dem BAG innerhalb eines Jahres zur Genehmigung unterbreiten. Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 22. Juni 2011492 1 Die Versicherer müssen dafür sorgen, dass ihre Reserven innert fünf Jahren nach Inkrafttreten die Mindesthöhe nach Artikel 78a erreichen. 2 Vor diesem Zeitpunkt müssen die Versicherer, deren Reserven die Mindesthöhe nicht erreichen: a. über die Sicherheitsreserven nach Artikel 78 Absatz 4 des bisherigen Rechts verfügen; und b. sofern bei ihnen weniger als 50 000 Personen in der obligatorischen Kranken- pflegeversicherung versichert sind, über eine Rückversicherung verfügen. Übergangsbestimmung zur Änderung vom 6. Juli 2011493 Erhält ein Versicherer ein Gesuch um Kostenübernahme von einer nothilfeberechtig- ten Person, deren Asylentscheid vor dem Inkrafttreten dieser Änderung rechtskräftig wurde, so sind die Prämien und der Aufschlag nach dieser Änderung rückwirkend ab dem Inkrafttreten dieser Änderung geschuldet. 490 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 11. Sept. 2009, in Kraft seit 1. Okt. 2009 (AS 2009 4759). 491 AS 2010 6155 492 AS 2011 3449 493 AS 2011 3535 Kranken- und Unfallversicherung 114 / 132 832.102 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 2. November 2011494 In Bezug auf Island, Liechtenstein und Norwegen gilt bis zum Inkrafttreten der Än- derung vom …495 von Anhang K zum EFTA-Abkommen496 das bisherige Recht. Übergangsbestimmung zur Änderung vom 4. Juli 2012497 1 Jeder Versicherer muss bis zum 31. Dezember 2013 über eine zertifizierte Datenan- nahmestelle nach Artikel 59a Absatz 6 verfügen. Solange der Versicherer über keine zertifizierte Datenannahmestelle verfügt, ist eine systematische Weitergabe nach Ar- tikel 59a Absatz 3 von medizinischen Angaben nur möglich, wenn diese direkt an den Vertrauensarzt oder die Vertrauensärztin nach Artikel 57 des Gesetzes übermittelt werden. 2 Bis zur Festlegung der für sie anwendbaren Klassifikationen durch das EDI (Art. 59abis) geben die Leistungserbringer im ambulanten Bereich sowie in den Berei- chen Rehabilitation und Psychiatrie die Diagnosen und Prozeduren nach den in den anwendbaren Tarifverträgen vereinbarten Modalitäten und Codierungen weiter.498 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 8. Mai 2013499 Artikel 65f gilt auch für Gesuche um Indikationserweiterung oder um Änderung oder Aufhebung einer Limitierung, welche beim Inkrafttreten dieser Änderung noch beim BAG hängig sind. Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 29. November 2013500 1 Die von den Kantonen gestützt auf Artikel 2 Absatz 4bis ausgesprochenen Befreiun- gen bleiben bis zu ihrem Ablauf gültig. 2 Für Leistungen, die vor dem 1. März 2014 erbracht werden, gilt Artikel 104 Absatz 2 Buchstabe c in der Fassung der Änderung vom 3. Dezember 2010501. Massgebend ist das Behandlungsdatum. 494 AS 2012 955 495 AS … 496 SR 0.632.31 497 AS 2012 4089 498 Fassung gemäss Ziff. II der V vom 19. Nov. 2014, in Kraft seit 1. Jan. 2015 (AS 2014 4391, 2015 1177). 499 AS 2013 1353 500 AS 2013 4523 501 AS 2010 6161 Krankenversicherung. V 115 / 132 832.102 Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 29. April 2015502 1 Im Jahr 2016 findet keine Überprüfung der Aufnahmebedingungen nach Artikel 65d statt.503 2 Die Bestimmungen der Änderung vom 29. April 2015 gelten auch für Gesuche, die beim Inkrafttreten dieser Änderung beim BAG hängig sind. 3 Für Verfügungen des BAG, die vor Inkrafttreten der Änderung vom 29. April 2015 erlassen wurden, gilt Artikel 71 Absätze 2–4 nicht. 4 Artikel 65d Absatz 3 Buchstabe c gilt nicht für die Überprüfung der Wirtschaftlich- keit von Originalpräparaten, die vor dem Inkrafttreten der Änderung vom 29. April 2015 in die Spezialitätenliste aufgenommen wurden. 5 Die Rückerstattung von Mehreinnahmen bei Arzneimitteln, die vor dem Inkrafttre- ten der Änderung vom 29. April 2015 in die Spezialitätenliste aufgenommen und bis dahin noch nicht nach Artikel 65d überprüft wurden, wird bei der nächsten Überprü- fung der Aufnahmebedingungen alle drei Jahre nach Artikel 67 Absatz 2ter in der bis- herigen Fassung beurteilt. Übergangsbestimmung zur Änderung vom 9. Dezember 2016504 Für Gesuche um Anerkennung der Gleichwertigkeit von Weiterbildungstiteln in La- bormedizin nach Artikel 54a, die vor dem Inkrafttreten der Änderung vom 9. Dezem- ber 2016 eingereicht wurden, gilt das bisherige Recht. Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 1. Februar 2017505 1 Die Bestimmungen der Änderung vom 1. Februar 2017 gelten auch für Gesuche, die beim Inkrafttreten dieser Änderung beim BAG hängig sind. 2 Die erste Überprüfung der Aufnahmebedingungen nach Artikel 65d wird im Jahr 2017 durchgeführt. Übergangsbestimmung zur Änderung vom 5. April 2017506 1 Apothekerinnen und Apotheker, die sich bei Inkrafttreten der Änderung vom 5. Ap- ril 2017 in der zweijährigen praktischen Weiterbildung in einer Apotheke befinden und über eine kantonale Bewilligung nach Artikel 65 Absatz 1bis MedBG507 verfügen, können innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieser Änderung zulasten der 502 AS 2015 1255 503 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 23. März 2016, in Kraft seit 1. Mai 2016 (AS 2016 1175). 504 AS 2016 4927 505 AS 2017 623 506 AS 2017 2705 507 SR 811.11 Kranken- und Unfallversicherung 116 / 132 832.102 obligatorischen Krankenpflegeversicherung zugelassen werden, wenn sie diese Wei- terbildung bis dahin abgeschlossen haben. 2 Apothekerinnen und Apothekern, die bei Inkrafttreten der Änderung vom 5. April 2017 bereits zur Tätigkeit zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zugelassen sind, bleiben zugelassen. Übergangsbestimmung zur Änderung vom 19. März 2021508 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 26. Mai 2021509 Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 23. Juni 2021510 1 Die Versicherer müssen den Kantonen innert sechs Monaten nach Inkrafttreten der Änderung vom 23. Juni 2021 die Daten zu den vor Inkrafttreten der Änderung des KVG vom 19. Juni 2020511 auf ihrem Gebiet zugelassenen Leistungserbringern zu- kommen lassen. 2 Die Listen der akutsomatischen Spitäler und der Geburtshäuser müssen innert vier Jahren nach Inkrafttreten der Änderung vom 23. Juni 2021 den Planungskriterien nach dieser Verordnung entsprechen. 3 Die Listen der Spitäler in den Bereichen Psychiatrie und Rehabilitation müssen in- nert sechs Jahren nach Inkrafttreten der Änderung vom 23. Juni 2021 den Planungs- kriterien nach dieser Verordnung entsprechen. 4 Die Listen der Pflegeheime müssen innert fünf Jahren nach Inkrafttreten der Ände- rung vom 23. Juni 2021 den Planungskriterien nach dieser Verordnung entsprechen. 5 Psychologische Psychotherapeuten und psychologische Psychotherapeutinnen, die beim Inkrafttreten der Änderung vom 23. Juni 2021 über eine psychotherapeutische Berufserfahrung in der psychotherapeutisch-psychiatrischen Versorgung von mindes- tens drei Jahren verfügen, die von einer qualifizierten Supervision begleitet wurde, werden zugelassen, auch wenn diese Berufserfahrung die Voraussetzungen nach Ar- tikel 50c Buchstabe b nicht erfüllt. Bei einer Teilzeitbeschäftigung verlängert sich die Mindestdauer entsprechend. 6 Podologen und Podologinnen, die beim Inkrafttreten der Änderung vom 23. Ju- ni 2021 über eine kantonale Bewilligung zur Behandlung von Risikopersonen in ei- gener fachlicher Verantwortung verfügen, sind zugelassen, wenn sie Inhaber oder In- haberinnen einer der folgenden Abschlüsse sind: 508 AS 2021 188. Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, mit Wirkung seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 509 AS 2021 323. Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 23. Juni 2021, mit Wirkung seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 439). 510 AS 2021 439 511 AS 2021 413 Krankenversicherung. V 117 / 132 832.102 a. Fähigkeitszeugnis als Podologe oder Podologin des Schweizerischen Podolo- gen-Verbandes (SPV); b. Fähigkeitszeugnis des Fachverbandes Schweizerischer Podologen (FSP); c. Diplom als Podologe oder Podologin des Kantons Tessin ergänzt mit dem be- standenen Kurs über den diabetischen Fuss des Centro professionale sociosa- nitario (CPS) Lugano in Zusammenarbeit mit der Unione dei podologi della Svizzera italiana (UPSI). 7 Bei Podologen und Podologinnen, die beim Inkrafttreten der Änderung vom 23. Juni 2021 einen Abschluss nach Artikel 50d Buchstabe b oder nach Absatz 6 besitzen oder innerhalb von zwei Jahren ein Diplom nach Artikel 50d Buchstabe b erwerben, wird jede praktische Tätigkeit nach dem Erwerb des Diploms als Podologe oder Podologin vor dem Inkrafttreten der Änderung und während vier Jahren danach für die Beurtei- lung der Erfüllung des Erfordernisses der zweijährigen praktischen Tätigkeit nach Ar- tikel 50d Buchstabe c angerechnet, auch wenn die Tätigkeit die Voraussetzungen nach Artikel 50d Buchstabe c nicht erfüllt. Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 3. November 2021512 1 Artikel 65 Absatz 1bis gilt auch für Gesuche um Aufnahme in die Spezialitätenliste, die beim Inkrafttreten der Änderung vom 3. November 2021 beim BAG hängig sind. 2 Arzneimittel, die die Voraussetzungen für eine Aufnahme in die Geburtsgebrechen- Spezialitätenliste nach Artikel 3sexies IVV513 erfüllen und in der Spezialitätenliste auf- geführt sind, werden in Umsetzung von Artikel 65 Absatz 1bis im Rahmen der Über- prüfung nach Artikel 65d in die Geburtsgebrechen-Spezialitätenliste überführt. 3 Arzneimittel, die in der Geburtsgebrechenmedikamentenliste der Spezialitätenliste aufgeführt sind, werden im Rahmen der Überprüfung nach Artikel 65d in die Geburts- gebrechen-Spezialitätenliste nach Artikel 3sexies IVV oder die Spezialitätenliste nach Artikel 52 Absatz 1 Buchstabe b des Gesetzes überführt. 512 AS 2021 706 513 SR 831.201 Kranken- und Unfallversicherung 118 / 132 832.102 Anhang 1514 (Art. 70b) Gebühren für Eintragungen in der Spezialitätenliste Fr. 1. Gebühren pro galenische Form für Verfügungen über Gesuche um: a. Aufnahme von Arzneimitteln oder Limitierungsänderungen, die der Eidgenössischen Arzneimittelkommission vorgelegt werden 7 500 b. Aufnahme von Arzneimitteln, die der Eidgenössischen Arzneimittel- kommission nicht vorgelegt werden 2 500 c. Aufnahme von Arzneimitteln oder Limitierungsänderungen, die im beschleunigten Verfahren behandelt werden 9 000 d. Preiserhöhung 2 500 e. Änderung der Packungsgrössen 2 500 f. Änderung der Dosisstärke 2 500 g. Wiedererwägung 2 500 2. Jahresgebühr pro aufgenommenes Arzneimittel und aufgeführte Packung 40 514 Eingefügt durch Ziff. II der V vom 8. Mai 2013 (AS 2013 1353). Fassung gemäss Ziff. III der V vom 29. April 2015, in Kraft seit 1. Juni 2015 (AS 2015 1255). Krankenversicherung. V 119 / 132 832.102 Anhang 2515 Aufhebung und Änderung von Verordnungen 1. Es werden aufgehoben: a. Die Verordnung I vom 22. Dezember 1964516 über die Krankenversicherung betreffend das Rechnungswesen und die Kontrolle der vom Bund anerkannten Krankenkassen und Rückversicherungsverbände sowie die Berechnung der Bundesbeiträge; b. die Verordnung II vom 22. Dezember 1964517 über die Krankenversicherung betreffend die Kollektivversicherung bei den vom Bund anerkannten Kran- kenkassen; c. die Verordnung III vom 15. Januar 1965518 über die Krankenversicherung be- treffend die Leistungen der vom Bund anerkannten Krankenkassen und Rück- versicherungsverbände; d. die Verordnung IV vom 15. Januar 1965519 über die Krankenversicherung be- treffend die Anerkennung kantonaler Befähigungsausweise der Chiroprakto- ren für die Krankenversicherung; e. die Verordnung V vom 2. Februar 1965520 über die Krankenversicherung be- treffend die Anerkennung von Krankenkassen und Rückversicherungsverbän- den sowie ihre finanzielle Sicherheit; f. die Verordnung VI vom 11. März 1966521 über die Krankenversicherung be- treffend die Zulassung von medizinischen Hilfspersonen zur Betätigung für die Krankenversicherung; g. die Verordnung VII vom 29. März 1966522 über die Krankenversicherung be- treffend die Zulassung von Laboratorien zur Betätigung für die Krankenver- sicherung; h. die Verordnung VIII vom 30. Oktober 1968523 über die Krankenversicherung betreffend die Auswahl von Arzneimitteln und Analysen; i die Verordnung vom 22. November 1989524 über den Betrieb anderer Versi- cherungsarten durch anerkannte Krankenkassen. 2.‒10. …525 515 Ursprünglich Anhang. 516 [AS 1964 1289; 1974 978; 1986 685; 1990 1675; 1991 609, 2547; 1992 1738 Art. 18] 517 [AS 1965 31; 1984 1481; 1990 1674; 1991 606, 2546] 518 [AS 1965 41; 1968 43 Ziff. V, 1068; 1969 1126 Ziff. II; 1974 978 Ziff. II; 1983 38 Art. 142; 1984 1485; 1986 85] 519 [AS 1965 55] 520 [AS 1965 90; 1969 77 Ziff. II Bst. B Ziff. 3, 1220; 1970 1644; 1984 1479; 1986 80 1706; 1990 21 2039; 1991 370 Anhang Ziff. 18] 521 [AS 1966 499; 1971 1185] 522 [AS 1966 570] 523 [AS 1968 1318; 1982 2178; 1984 1486; 1986 89; 1988 1563] 524 [AS 1989 2430] 525 Die Änderungen können unter AS 1995 3867 konsultiert werden. Kranken- und Unfallversicherung 120 / 132 832.102 Inhaltsverzeichnis 1. Teil: Obligatorische Krankenpflegeversicherung 1. Titel: Versicherungspflicht 1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen 1. Abschnitt: Versicherungspflichtige Personen Versicherungspflicht ......................................................................Art. 1 Ausnahmen von der Versicherungspflicht .....................................Art. 2 Grenzgänger und Grenzgängerinnen .............................................Art. 3 Entsandte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ..........................Art. 4 Personen im öffentlichen Dienst mit Aufenthalt im Ausland ..........................................................................................Art. 5 Personen mit Vorrechten nach internationalem Recht ...................Art. 6 2. Abschnitt: Beginn und Ende der Versicherung Angaben im Beitrittsformular ...................................................... Art. 6a Sonderfälle .....................................................................................Art. 7 Fortdauer des Versicherungsschutzes für nicht mehr unterstellte Personen .................................................................... Art. 7a Fortdauer der Versicherungspflicht ............................................. Art. 7b Prämienzuschlag bei verspätetem Beitritt ......................................Art. 8 Beendigung des Versicherungsverhältnisses .................................Art. 9 3. Abschnitt: Aufgaben der Kantone ..................................................................................................... Art. 10 2. Kapitel: Sistierung der Versicherungspflicht und der Unfalldeckung Sistierung der Versicherungspflicht ........................................... Art. 10a Sistierung der Unfalldeckung ...................................................... Art. 11 2. Titel: Organisation 1. Kapitel: … Aufgehoben ............................................................................ Art. 12–15 Aufgehoben ................................................................................ Art. 15a 2. Kapitel: … Aufgehoben ............................................................................ Art. 16–18 3. Kapitel: Gemeinsame Einrichtung Erfüllung internationaler Verpflichtungen ................................... Art. 19 Aufteilung des kantonalen Anteils auf die Kantone ................... Art. 19a Krankenversicherung. V 121 / 132 832.102 Aufgehoben ............................................................................... Art. 19b Aufgehoben ............................................................................Art. 20–21 Streitigkeiten ............................................................................... Art. 22 4. Kapitel: Förderung der Gesundheit .................................................................................................... Art. 23 5. Kapitel: Aufsicht 1. Abschnitt: … Aufgehoben ............................................................................Art. 24–26 2. Abschnitt: Beschwerde durch das BAG .................................................................................................... Art. 27 3. Abschnitt: Daten Daten der Versicherer ................................................................. Art. 28 Aufgehoben ............................................................................... Art. 28a Veröffentlichung der Daten der Versicherer ............................. Art. 28b Gesuch für besondere Nutzung .................................................. Art. 28c Durchschnittlicher Versichertenbestand ..................................... Art. 29 Daten der Leistungserbringer ...................................................... Art. 30 Erhebung und Bearbeitung der Daten der Leistungserbringer .................................................................... Art. 30a Weitergabe der Daten der Leistungserbringer .......................... Art. 30b Bearbeitungsreglement .............................................................. Art. 30c Veröffentlichung der Daten der Leistungserbringer ................... Art. 31 Sicherheit und Aufbewahrung der Daten .................................. Art. 31a Wirkungsanalyse......................................................................... Art. 32 3. Titel: Leistungen 1. Kapitel: Bezeichnung der Leistungen Allgemeine Leistungen ............................................................... Art. 33 Analysen und Arzneimittel ......................................................... Art. 34 Geburtsgebrechen ....................................................................... Art. 35 Komplementärmedizin .............................................................. Art. 35a 2. Kapitel: Umfang der Kostenübernahme Leistungen im Ausland ............................................................... Art. 36 Kostenübernahme bei grenzüberschreitender Zusammenarbeit ....................................................................... Art. 36a Kostenübernahme für im Ausland wohnhafte Versicherte........ Art. 36b Kranken- und Unfallversicherung 122 / 132 832.102 Kostenübernahme bei internationaler Leistungsaushilfe für im Ausland versicherte Personen ........................................... Art. 37 3. Kapitel: Kommissionen Beratende Kommissionen .......................................................... Art. 37a Allgemeine Bestimmungen........................................................ Art. 37b Aufgehoben ................................................................................ Art. 37c Eidgenössische Kommission für allgemeine Leistungen und Grundsatzfragen .................................................................. Art. 37d Eidgenössische Arzneimittelkommission .................................. Art. 37e Eidgenössische Kommission für Analysen, Mittel und Gegenstände .............................................................................. Art. 37f Aufgehoben ................................................................................ Art. 37g 4. Titel: Leistungserbringer 1. Kapitel: Zulassung 1. Abschnitt: Ärzte und Ärztinnen sowie Einrichtungen, die der ambulanten Krankenpflege durch Ärzte und Ärztinnen dienen Ärzte und Ärztinnen .................................................................... Art. 38 Einrichtungen, die der ambulanten Krankenpflege durch Ärzte und Ärztinnen dienen ......................................................... Art. 39 2. Abschnitt:Apotheker und Apothekerinnen ..................................................................................................... Art. 40 Aufgehoben .................................................................................. Art. 41 3. Abschnitt: Zahnärzte und Zahnärztinnen ..................................................................................................... Art. 42 Aufgehoben .................................................................................. Art. 43 4. Abschnitt: Chiropraktoren und Chiropraktorinnen sowie Organisationen der Chiropraktik Chiropraktoren und Chiropraktorinnen ........................................ Art. 44 Organisationen der Chiropraktik................................................ Art. 44a 5. Abschnitt: Hebammen und Organisationen der Hebammen Hebammen ................................................................................... Art. 45 Organisationen der Hebammen.................................................. Art. 45a Krankenversicherung. V 123 / 132 832.102 6. Abschnitt: Personen, die auf ärztliche Anordnung hin Leistungen erbringen, und Organisationen, die solche Personen beschäftigen Aufgehoben ................................................................................. Art. 46 Physiotherapeuten und Physiotherapeutinnen ............................. Art. 47 Ergotherapeuten und Ergotherapeutinnen ................................... Art. 48 Pflegefachmänner und Pflegefachfrauen .................................... Art. 49 Logopäden und Logopädinnen ................................................... Art. 50 Ernährungsberater und Ernährungsberaterinnen ....................... Art. 50a Neuropsychologen und Neuropsychologinnen ......................... Art. 50b Psychologische Psychotherapeuten und psychologische Psychotherapeutinnen ................................................................ Art. 50c Podologen und Podologinnen ................................................... Art. 50d Organisationen der Krankenpflege und Hilfe zu Hause .............. Art. 51 Organisationen der Physiotherapie ............................................. Art. 52 Organisationen der Ergotherapie .............................................. Art. 52a Organisationen der Logopädie .................................................. Art. 52b Organisationen der Ernährungsberatung .................................... Art. 52c Organisationen der Neuropsychologie ...................................... Art. 52d Organisationen der psychologischen Psychotherapie ................ Art. 52e Organisationen der Podologie .................................................... Art. 52f 7. Abschnitt: Laboratorien Grundsatz .................................................................................... Art. 53 Voraussetzungen ......................................................................... Art. 54 Verfahren und Gebühren .......................................................... Art. 54a 8. Abschnitt: Abgabestellen für Mittel und Gegenstände .................................................................................................... Art. 55 8a. Abschnitt: Geburtshäuser .................................................................................................. Art. 55a 9. Abschnitt: Transport- und Rettungsunternehmen .................................................................................................... Art. 56 10. Abschnitt: Heilbäder Im Allgemeinen .......................................................................... Art. 57 Heilquellen.................................................................................. Art. 58 11. Abschnitt: Planungskriterien Grundsatz .................................................................................. Art. 58a Versorgungsplanung ................................................................. Art. 58b Kranken- und Unfallversicherung 124 / 132 832.102 Art der Planung .......................................................................... Art. 58c Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und der Qualität .................. Art. 58d Interkantonale Koordination der Planungen .............................. Art. 58e Listen und Leistungsaufträge ..................................................... Art. 58f 12. Abschnitt: Qualitätsanforderungen ................................................................................................... Art. 58g 2. Kapitel: Rechnungstellung Rechnungsstellung im Allgemeinen ............................................ Art. 59 Rechnungsstellung bei einem Vergütungsmodell vom Typus DRG ................................................................................ Art. 59a Rechnungsstellung im ambulanten Bereich ........................... Art. 59abis Datensichernde Massnahmen und Aufbewahrung .................. Art. 59ater 3. Kapitel: Tarife und Preise 1. Abschnitt: Grundsätze Aufgehoben ................................................................................ Art. 59b Tarifgestaltung ........................................................................... Art. 59c Leistungsbezogene Pauschalen .................................................. Art. 59d Fallbeitrag .................................................................................. Art. 59e Datenbekanntgabe im Tarifwesen für ambulante Behandlungen ............................................................................ Art. 59f Übermittlung der Daten ............................................................. Art. 59g Kantonale Bearbeitungsreglemente ........................................... Art. 59h Sicherheit und Aufbewahrung der Daten ................................... Art. 59i 2. Abschnitt: Analysenliste Veröffentlichung .......................................................................... Art. 60 Aufnahme, Streichung ................................................................. Art. 61 Separate Bezeichnung bestimmter Analysen ............................... Art. 62 3. Abschnitt: Arzneimittelliste mit Tarif ..................................................................................................... Art. 63 4. Abschnitt: Spezialitätenliste Aufgehoben .................................................................................. Art. 64 Begriffe ...................................................................................... Art. 64a Aufnahmebedingungen ................................................................ Art. 65 Beurteilung der Wirksamkeit ..................................................... Art. 65a Beurteilung der Wirtschaftlichkeit ............................................. Art. 65b Beurteilung der Wirtschaftlichkeit bei Generika ....................... Art. 65c Überprüfung der Aufnahmebedingungen alle drei Jahre ........... Art. 65d Krankenversicherung. V 125 / 132 832.102 Überprüfung der Aufnahmebedingungen nach Patentablauf ............................................................................... Art. 65e Indikationserweiterung und Limitierungsänderung ................... Art. 65f Indikationseinschränkung ......................................................... Art. 65g Unabhängigkeit der Preisüberprüfungen ..................................... Art. 66 Zwischenüberprüfung ............................................................... Art. 66a Co-Marketing-Arzneimittel und Generika ................................ Art. 66b Preise .......................................................................................... Art. 67 Rückerstattung von Mehreinnahmen ........................................ Art. 67a Streichung ................................................................................... Art. 68 Gesuche ...................................................................................... Art. 69 Aufgehoben ............................................................................... Art. 69a Aufnahme ohne Gesuch .............................................................. Art. 70 Nähere Vorschriften .................................................................. Art. 70a Gebühren .................................................................................. Art. 70b Veröffentlichungen ..................................................................... Art. 71 4a. Abschnitt: Vergütung von Arzneimitteln im Einzelfall Übernahme der Kosten eines Arzneimittels der Spezialitätenliste ausserhalb der genehmigten Fachinformation oder Limitierung ............................................ Art. 71a Übernahme der Kosten eines vom Institut zugelassenen nicht in die Spezialitätenliste aufgenommenen Arzneimittels ............................................................................ Art. 71b Übernahme der Kosten eines vom Institut nicht zugelassenen importierten Arzneimittels ................................... Art. 71c Gemeinsame Bestimmungen .................................................... Art. 71d Übernahme der Kosten von Arzneimitteln zur Behandlung von Covid-19 ............................................................................. Art. 71e Übernahme der Kosten von Arzneimitteln zur ambulanten oder stationären Behandlung von Affenpocken ......................... Art. 71f 5. Abschnitt: Gemeinsame Bestimmungen für die Analysenliste, die Arzneimittelliste mit Tarif und die Spezialitätenliste Veröffentlichungen im Bulletin des BAG ................................... Art. 72 Limitierungen ............................................................................. Art. 73 Gesuche und Vorschläge ............................................................ Art. 74 Nähere Vorschriften .................................................................... Art. 75 Kranken- und Unfallversicherung 126 / 132 832.102 4. Kapitel: Kontrolle der Wirtschaftlichkeit und der Qualität der Leistungen Angaben über die erbrachten Leistungen ..................................... Art. 76 Weitergabe der Vergünstigung .................................................. Art. 76a Vereinbarung über die nicht vollumfängliche Weitergabe von Vergünstigungen ................................................................ Art. 76b Berichterstattung an das BAG ................................................... Art. 76c Qualitätsverträge ......................................................................... Art. 77 Eidgenössische Qualitätskommission ........................................ Art. 77a Daten der Kantone, der Leistungserbringer und der Versicherer ................................................................................ Art. 77b Aufbewahrung, Löschung und Vernichtung der Daten .............. Art. 77c Auswahlverfahren bei der Übertragung von Aufgaben mit Abgeltung .................................................................................. Art. 77d Finanzhilfen ............................................................................... Art. 77e Leistungsvereinbarungen bei Abgeltungen und Finanzhilfen .............................................................................. Art. 77f Berechnung der Finanzierungsanteile der Kantone und der Versicherer ................................................................................ Art. 77g Einforderung der Beiträge ......................................................... Art. 77h Abrechnung ............................................................................... Art. 77i Bussen und Sanktionen ............................................................. Art. 77j Qualitätssicherung ..................................................................... Art. 77k 4a. Titel: Pilotprojekte Gesuch ....................................................................................... Art. 77l Kosten ....................................................................................... Art. 77m Bewilligung ............................................................................... Art. 77n Verordnungen des EDI zu den Pilotprojekten ........................... Art. 77o Teilnahme .................................................................................. Art. 77p Evaluationen .............................................................................. Art. 77q Berichterstattung an den Bundesrat ........................................... Art. 77r 5. Titel: Finanzierung 1. Kapitel: … Aufgehoben .................................................................................. Art. 78 Aufgehoben ........................................................................ Art. 78a–78c Aufgehoben .................................................................................. Art. 79 Aufgehoben .................................................................................. Art. 80 Aufgehoben ......................................................................... Art. 80a–80i Krankenversicherung. V 127 / 132 832.102 Aufgehoben ............................................................................Art. 81–85 Aufgehoben ............................................................................... Art. 85a Aufgehoben ............................................................................Art. 86–88 2. Kapitel: Prämien der Versicherten 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Angabe der Prämien ................................................................... Art. 89 Prämienbezahlung ....................................................................... Art. 90 Vergütungszinsen ..................................................................... Art. 90a Aufgehoben ............................................................................... Art. 90b Minimale Prämie ....................................................................... Art. 90c Abstufung der Prämien ............................................................... Art. 91 Prämienreduktion bei anderweitiger Versicherung ................... Art. 91a Verfahren zur Festlegung der Prämienregionen ........................ Art. 91b Aufgehoben ................................................................................. Art. 92 1a. Abschnitt: Prämien der Versicherten mit Wohnort in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island, in Norwegen oder im Vereinigten Königreich Prämienerhebung ...................................................................... Art. 92a Aufgehoben .................................................................. Art. 92b und 92c 1b. Abschnitt: Prämien von nothilfeberechtigten Personen nach Artikel 82 AsylG .................................................................................................. Art. 92d 2. Abschnitt: Besondere Versicherungsformen Versicherung mit wählbaren Franchisen a. Wählbare Franchisen ................................................................................... Art. 93 b. Bei- und Austritt, Wechsel der Franchise ............................... Art. 94 c. Prämien ................................................................................... Art. 95 Bonusversicherung a. Grundsatz................................................. Art. 96 b. Bei- und Austritt ..................................................................... Art. 97 c. Prämien ................................................................................... Art. 98 Versicherung mit eingeschränkter Wahl der Leistungserbringer a. Grundsatz ................................................. Art. 99 b. Bei- und Austritt ................................................................... Art. 100 c. Prämien ................................................................................. Art. 101 Besondere Versicherungsformen für Versicherte mit Wohnort in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island, in Norwegen oder im Vereinigten Königreich ........ Art. 101a Kranken- und Unfallversicherung 128 / 132 832.102 3. Abschnitt: Entschädigungen an Dritte ................................................................................................... Art. 102 3. Kapitel: Kostenbeteiligung Franchise und Selbstbehalt ........................................................ Art. 103 Beitrag an die Kosten des Spitalaufenthalts ............................... Art. 104 Erhöhung, Herabsetzung oder Aufhebung der Kostenbeteiligung .................................................................... Art. 104a Kostenbeteiligung bei Mutterschaft ........................................... Art. 105 3a. Kapitel: Nichtbezahlung von Prämien und Kostenbeteiligungen Verzugszins ............................................................................. Art. 105a Mahnverfahren ........................................................................ Art. 105b Ausschluss der Verrechnung ................................................... Art. 105c Meldung der zuständigen kantonalen Behörde ........................ Art. 105d Meldungen über Betreibungen ................................................. Art. 105e Meldungen über Verlustscheine .............................................. Art. 105f Personendaten .......................................................................... Art. 105g Datenaustausch ........................................................................ Art. 105h Einem Verlustschein gleichzusetzende Rechtstitel .................. Art. 105i Revisionsstelle ......................................................................... Art. 105j Zahlungen der Kantone an die Versicherer .............................. Art. 105k Wechsel des Versicherers bei Säumigkeit ............................... Art. 105l Versicherte mit Wohnort in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island, in Norwegen oder im Vereinigten Königreich .......................................................... Art. 105m 4. Kapitel: Prämienverbilligung durch die Kantone 1. Abschnitt: Anspruchsberechtigte Prämienverbilligung durch die Kantone für Versicherte mit einer Aufenthaltsbewilligung, die mindestens drei Monate gültig ist ........................................................................ Art. 106 Prämienverbilligung durch die Kantone für Versicherte, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island, in Norwegen oder im Vereinigten Königreich wohnen .................................................................................... Art. 106a 2. Abschnitt: Durchführung der Prämienverbilligung Meldungen des Kantons .......................................................... Art. 106b Aufgaben des Versicherers ...................................................... Art. 106c Datenaustausch ........................................................................ Art. 106d Krankenversicherung. V 129 / 132 832.102 Kosten ...................................................................................... Art. 106e 2. Teil: Freiwillige Taggeldversicherung Aufgehoben .................................................................. Art. 107 und 108 Prämienbezahlung, Verzugs- und Vergütungszinsen .............. Art. 108a Beitritt ....................................................................................... Art. 109 3. Teil: Koordinationsregeln 1. Titel: Leistungskoordination 1. Kapitel: Verhältnis zu anderen Sozialversicherungen 1. Abschnitt: Abgrenzung der Leistungspflicht Grundsatz .................................................................................. Art. 110 Unfallmeldung .......................................................................... Art. 111 2. Abschnitt: Vorleistungspflicht Im Verhältnis zur Unfallversicherung und zur Militärversicherung ................................................................... Art. 112 Im Verhältnis zur Invalidenversicherung .................................. Art. 113 Informationspflicht ................................................................... Art. 114 Aufgehoben ............................................................................... Art. 115 Unterschiedliche Tarife ............................................................. Art. 116 3. Abschnitt: Rückvergütung von Leistungen anderer Sozialversicherer Grundsatz .................................................................................. Art. 117 Auswirkungen auf die Versicherten .......................................... Art. 118 Unterschiedliche Tarife ............................................................. Art. 119 4. Abschnitt: Informationspflicht der Versicherer Aufgehoben ............................................................................... Art. 120 Aufgehoben ............................................................................... Art. 121 2. Kapitel: Überentschädigung Aufgehoben ............................................................................... Art. 122 2. Titel: … Aufgehoben ........................................................................ Art. 123–126 4. Teil: Verfügung, Kosten der Bekanntgabe und Publikation von Daten Verfügung ................................................................................. Art. 127 Aufgehoben ........................................................................ Art. 128–129 Kranken- und Unfallversicherung 130 / 132 832.102 Kosten der Bekanntgabe und Publikation von Daten ................. Art. 130 5. Teil: Schlussbestimmungen 1. Titel: Übergangsbestimmungen Aufgehoben ................................................................................ Art. 131 Bestehende Versicherungsverhältnisse ...................................... Art. 132 Aufgehoben ................................................................................ Art. 133 Leistungserbringer ..................................................................... Art. 134 Aufgehoben ................................................................................ Art. 135 Aufgehoben ................................................................................ Art. 136 2. Titel: Inkrafttreten ................................................................................................... Art. 137 Schlussbestimmungen der Änderung vom 17. September 1997 ................................................................................... Aufgehoben Schlussbestimmungen der Änderung vom 23. Februar 2000 ................................................................................... Aufgehoben Schlussbestimmungen der Änderung vom 2. Oktober 2000 ...................................................................................................... Schlussbestimmungen der Änderung vom 22. Mai 2002 ........................................................................................... Aufgehoben Schlussbestimmungen der Änderung vom 26. Juni 2002 ........................................................................................... Aufgehoben Schlussbestimmungen der Änderung vom 6. Juni 2003 ........................................................................................... Aufgehoben Schlussbestimmungen der Änderung vom 26. Mai 2004 ..................... Schlussbestimmungen der Änderung vom 3. Dezember 2004 ...................................................................................................... Schlussbestimmungen der Änderung vom 9. November 2005 ................................................................................... Aufgehoben Schlussbestimmungen der Änderung vom 26. April 2006 ................... Schlussbestimmungen der Änderung vom 27. Juni 2007 ..................... Schlussbestimmungen der Änderung vom 22. August 2007 ...................................................................................................... Krankenversicherung. V 131 / 132 832.102 Schlussbestimmungen der Änderung vom 22. Oktober 2008 ...................................................................................................... Schlussbestimmungen der Änderung vom 13. März 2009 ................... Übergangsbestimmungen der Änderung vom 24. Juni 2009 ...................................................................................................... Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 1. Juli 2009 ................... Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 3. Dezember 2010 ...................................................................................................... Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 22. Juni 2011 ...................................................................................................... Übergangsbestimmung zur Änderung vom 6. Juli 2011 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 2. November 2011 ...................................................................................................... Übergangsbestimmung zur Änderung vom 4. Juli 2012 ...................... Übergangsbestimmung zur Änderung vom 8. Mai 2013 ...................... Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 29. November 2013 .............................................................................. Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 29. April 2015 ...................................................................................................... Übergangsbestimmung zur Änderung vom 9. Dezember 2016 ...................................................................................................... Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 1. Februar 2017 ...................................................................................................... Übergangsbestimmung zur Änderung vom 5. April 2017 .................... Übergangsbestimmung zur Änderung vom 19. März 2021 .................. ........................................................................................... Aufgehoben Übergangsbestimmung zur Änderung vom 26. Mai 2021 .................... ........................................................................................... Aufgehoben Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 23. Juni 2021 ...................................................................................................... Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 3. November 2021 .................................................................................... Kranken- und Unfallversicherung 132 / 132 832.102 1. Teil: Obligatorische Krankenpflegeversicherung 1. Titel: Versicherungspflicht 1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen 1. Abschnitt: Versicherungspflichtige Personen Art. 1 Versicherungspflicht Art. 2 Ausnahmen von der Versicherungspflicht Art. 3 Grenzgänger und Grenzgängerinnen Art. 4 Entsandte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Art. 5 Personen im öffentlichen Dienst mit Aufenthalt im Ausland Art. 6 Personen mit Vorrechten nach internationalem Recht 2. Abschnitt: Beginn und Ende der Versicherung Art. 6a Angaben im Beitrittsformular Art. 7 Sonderfälle Art. 7a Fortdauer des Versicherungsschutzes für nicht mehr unterstellte Personen Art. 7b Fortdauer der Versicherungspflicht Art. 8 Prämienzuschlag bei verspätetem Beitritt Art. 9 Beendigung des Versicherungsverhältnisses 3. Abschnitt: Aufgaben der Kantone Art. 10 2. Kapitel: Sistierung der Versicherungspflicht und der Unfalldeckung Art. 10a Sistierung der Versicherungspflicht Art. 11 Sistierung der Unfalldeckung 2. Titel: Organisation 1. Kapitel: … Art. 12–15 Art. 15a 2. Kapitel: … Art. 16–18 3. Kapitel: Gemeinsame Einrichtung Art. 19 Erfüllung internationaler Verpflichtungen Art. 19a Aufteilung des kantonalen Anteils auf die Kantone Art. 19b Art. 20 und 21 Art. 22 Streitigkeiten 4. Kapitel: Förderung der Gesundheit Art. 23 5. Kapitel: Aufsicht 1. Abschnitt: … Art. 24–26 2. Abschnitt: Beschwerde durch das BAG Art. 27 3. Abschnitt: Daten Art. 28 Daten der Versicherer Art. 28a Art. 28b Veröffentlichung der Daten der Versicherer Art. 28c Gesuch für besondere Nutzung Art. 29 Durchschnittlicher Versichertenbestand Art. 30 Daten der Leistungserbringer Art. 30a Erhebung und Bearbeitung der Daten der Leistungserbringer Art. 30b Weitergabe der Daten der Leistungserbringer Art. 30c Bearbeitungsreglement Art. 31 Veröffentlichung der Daten der Leistungserbringer Art. 31a Sicherheit und Aufbewahrung der Daten Art. 32 Wirkungsanalyse 3. Titel: Leistungen 1. Kapitel: Bezeichnung der Leistungen Art. 33 Allgemeine Leistungen Art. 34 Analysen und Arzneimittel Art. 35 Geburtsgebrechen Art. 35a Komplementärmedizin 2. Kapitel: Umfang der Kostenübernahme Art. 36 Leistungen im Ausland Art. 36a Kostenübernahme bei grenzüberschreitender Zusammenarbeit Art. 36b Kostenübernahme für im Ausland wohnhafte Versicherte Art. 37 Kostenübernahme bei internationaler Leistungsaushilfe für im Ausland versicherte Personen 3. Kapitel: Kommissionen Art. 37a Beratende Kommissionen Art. 37b Allgemeine Bestimmungen Art. 37c Art. 37d Eidgenössische Kommission für allgemeine Leistungen und Grundsatzfragen Art. 37e Eidgenössische Arzneimittelkommission Art. 37f Eidgenössische Kommission für Analysen, Mittel und Gegenstände Art. 37g 4. Titel: Leistungserbringer 1. Kapitel: Zulassung 1. Abschnitt: Ärzte und Ärztinnen sowie Einrichtungen, die der ambulanten Krankenpflege durch Ärzte und Ärztinnen dienen Art. 38 Ärzte und Ärztinnen Art. 39 Einrichtungen, die der ambulanten Krankenpflege durch Ärzte und Ärztinnen dienen 2. Abschnitt: Apotheker und Apothekerinnen Art. 40 Art. 41 3. Abschnitt: Zahnärzte und Zahnärztinnen Art. 42 Art. 43 4. Abschnitt: Chiropraktoren und Chiropraktorinnen sowie Organisationen der Chiropraktik Art. 44 Chiropraktoren und Chiropraktorinnen Art. 44a Organisationen der Chiropraktik 5. Abschnitt: Hebammen und Organisationen der Hebammen Art. 45 Hebammen Art. 45a Organisationen der Hebammen 6. Abschnitt: Personen, die auf ärztliche Anordnung hin Leistungen erbringen, und Organisationen, die solche Personen beschäftigen Art. 46 Art. 47 Physiotherapeuten und Physiotherapeutinnen Art. 48 Ergotherapeuten und Ergotherapeutinnen Art. 49 Pflegefachmänner und Pflegefachfrauen Art. 50 Logopäden und Logopädinnen Art. 50a Ernährungsberater und Ernährungsberaterinnen Art. 50b Neuropsychologen und Neuropsychologinnen Art. 50c Psychologische Psychotherapeuten und psychologische Psychotherapeutinnen Art. 50d Podologen und Podologinnen Art. 51 Organisationen der Krankenpflege und Hilfe zu Hause Art. 52 Organisationen der Physiotherapie Art. 52a Organisationen der Ergotherapie Art. 52b Organisationen der Logopädie Art. 52c Organisationen der Ernährungsberatung Art. 52d Organisationen der Neuropsychologie Art. 52e Organisationen der psychologischen Psychotherapie Art. 52f Organisationen der Podologie 7. Abschnitt: Laboratorien Art. 53 Grundsatz Art. 54 Voraussetzungen Art. 54a Verfahren und Gebühren 8. Abschnitt: Abgabestellen für Mittel und Gegenstände Art. 55 8a. Abschnitt: Geburtshäuser Art. 55a 9. Abschnitt: Transport- und Rettungsunternehmen Art. 56 10. Abschnitt: Heilbäder Art. 57 Im Allgemeinen Art. 58 Heilquellen 11. Abschnitt: Planungskriterien Art. 58a Grundsatz Art. 58b Versorgungsplanung Art. 58c Art der Planung Art. 58d Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und der Qualität Art. 58e Interkantonale Koordination der Planungen Art. 58f Listen und Leistungsaufträge 12. Abschnitt: Qualitätsanforderungen Art. 58g 2. Kapitel: Rechnungstellung Art. 59 Rechnungsstellung im Allgemeinen Art. 59a Rechnungsstellung bei einem Vergütungsmodell vom Typus DRG Art. 59abis Rechnungsstellung im ambulanten Bereich Art. 59ater Datensichernde Massnahmen und Aufbewahrung 3. Kapitel: Tarife und Preise 1. Abschnitt: Grundsätze Art. 59b Art. 59c Tarifgestaltung Art. 59d Leistungsbezogene Pauschalen Art. 59e Fallbeitrag Art. 59f Datenbekanntgabe im Tarifwesen für ambulante Behandlungen Art. 59g Übermittlung der Daten Art. 59h Kantonale Bearbeitungsreglemente Art. 59i Sicherheit und Aufbewahrung der Daten 2. Abschnitt: Analysenliste Art. 60 Veröffentlichung Art. 61 Aufnahme, Streichung Art. 62 Separate Bezeichnung bestimmter Analysen 3. Abschnitt: Arzneimittelliste mit Tarif Art. 63 4. Abschnitt: Spezialitätenliste Art. 64 Art. 64a Begriffe Art. 65 Aufnahmebedingungen Art. 65a Beurteilung der Wirksamkeit Art. 65b Beurteilung der Wirtschaftlichkeit Art. 65c Beurteilung der Wirtschaftlichkeit bei Generika Art. 65d Überprüfung der Aufnahmebedingungen alle drei Jahre Art. 65e Überprüfung der Aufnahmebedingungen nach Patentablauf Art. 65f Indikationserweiterung und Limitierungsänderung Art. 65g Indikationseinschränkung Art. 66 Unabhängigkeit der Preisüberprüfungen Art. 66a Zwischenüberprüfung Art. 66b Co-Marketing-Arzneimittel und Generika Art. 67 Preise Art. 67a Rückerstattung von Mehreinnahmen Art. 68 Streichung Art. 69 Gesuche Art. 69a Art. 70 Aufnahme ohne Gesuch Art. 70a Nähere Vorschriften Art. 70b Gebühren Art. 71 Veröffentlichungen 4a. Abschnitt: Vergütung von Arzneimitteln im Einzelfall Art. 71a Übernahme der Kosten eines Arzneimittels der Spezialitätenliste ausserhalb der genehmigten Fachinformation oder Limitierung Art. 71b Übernahme der Kosten eines vom Institut zugelassenen nicht in die Spezialitätenliste aufgenommenen Arzneimittels Art. 71c Übernahme der Kosten eines vom Institut nicht zugelassenen importierten Arzneimittels Art. 71d Gemeinsame Bestimmungen Art. 71e Übernahme der Kosten von Arzneimitteln zur Behandlung von Covid-19 Art. 71f Übernahme der Kosten von Arzneimitteln zur ambulanten oder stationären Behandlung von Affenpocken 5. Abschnitt: Gemeinsame Bestimmungen für die Analysenliste, die Arzneimittelliste mit Tarif und die Spezialitätenliste Art. 72 Veröffentlichungen im Bulletin des BAG Art. 73 Limitierungen Art. 74 Gesuche und Vorschläge Art. 75 Nähere Vorschriften 4. Kapitel: Kontrolle der Wirtschaftlichkeit und der Qualität der Leistungen Art. 76 Angaben über die erbrachten Leistungen Art. 76a Weitergabe der Vergünstigung Art. 76b Vereinbarung über die nicht vollumfängliche Weitergabe von Vergünstigungen Art. 76c Berichterstattung an das BAG Art. 77 Qualitätsverträge Art. 77a Eidgenössische Qualitätskommission Art. 77b Daten der Kantone, der Leistungserbringer und der Versicherer Art. 77c Aufbewahrung, Löschung und Vernichtung der Daten Art. 77d Auswahlverfahren bei der Übertragung von Aufgaben mit Abgeltung Art. 77e Finanzhilfen 1 Die Eidgenössische Qualitätskommission gewährt Finanzhilfen nach Artikel 58e Absatz 1 KVG an nationale oder regionale Projekte zur Qualitätsentwicklung, wenn diese: 1 Die Eidgenössische Qualitätskommission gewährt Finanzhilfen nach Artikel 58e Absatz 1 KVG an nationale oder regionale Projekte zur Qualitätsentwicklung, wenn diese: Art. 77f Leistungsvereinbarungen bei Abgeltungen und Finanzhilfen Art. 77g Berechnung der Finanzierungsanteile der Kantone und der Versicherer Art. 77h Einforderung der Beiträge Art. 77i Abrechnung Art. 77j Bussen und Sanktionen Art. 77k Qualitätssicherung 4a. Titel: Pilotprojekte Art. 77l Gesuch Art. 77m Kosten Art. 77n Bewilligung Art. 77o Verordnungen des EDI zu den Pilotprojekten Art. 77p Teilnahme Art. 77q Evaluationen Art. 77r Berichterstattung an den Bundesrat 5. Titel: Finanzierung 1. Kapitel: … Art. 78 Art. 78a–78c Art. 79 Art. 80 Art. 80a–80i Art. 81–85 Art. 85a Art. 86–88 2. Kapitel: Prämien der Versicherten 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 89 Angabe der Prämien Art. 90 Prämienbezahlung Art. 90a Vergütungszinsen Art. 90b Art. 90c Minimale Prämie Art. 91 Abstufung der Prämien Art. 91a Prämienreduktion bei anderweitiger Versicherung Art. 91b Verfahren zur Festlegung der Prämienregionen Art. 92 1a. Abschnitt: Prämien der Versicherten mit Wohnort in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island, in Norwegen oder im Vereinigten Königreich Art. 92a Prämienerhebung Art. 92b und 92c 1b. Abschnitt: Prämien von nothilfeberechtigten Personen nach Artikel 82 AsylG Art. 92d 2. Abschnitt: Besondere Versicherungsformen Art. 93 Versicherung mit wählbaren Franchisen a. Wählbare Franchisen Art. 94 b. Bei- und Austritt, Wechsel der Franchise Art. 95 c. Prämien Art. 96 Bonusversicherung a. Grundsatz Art. 97 b. Bei- und Austritt Art. 98 c. Prämien Art. 99 Versicherung mit eingeschränkter Wahl der Leistungserbringer a. Grundsatz Art. 100 b. Bei- und Austritt Art. 101 c. Prämien Art. 101a Besondere Versicherungsformen für Versicherte mit Wohnort in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island, in Norwegen oder im Vereinigten Königreich 3. Abschnitt: Entschädigungen an Dritte Art. 102 3. Kapitel: Kostenbeteiligung Art. 103 Franchise und Selbstbehalt Art. 104 Beitrag an die Kosten des Spitalaufenthalts Art. 104a Erhöhung, Herabsetzung oder Aufhebung der Kostenbeteiligung Art. 105 Kostenbeteiligung bei Mutterschaft 3a. Kapitel: Nichtbezahlung von Prämien und Kostenbeteiligungen Art. 105a Verzugszins Art. 105b Mahnverfahren Art. 105c Ausschluss der Verrechnung Art. 105d Meldung der zuständigen kantonalen Behörde Art. 105e Meldungen über Betreibungen Art. 105f Meldungen über Verlustscheine Art. 105g Personendaten Art. 105h Datenaustausch Art. 105i Einem Verlustschein gleichzusetzende Rechtstitel Art. 105j Revisionsstelle Art. 105k Zahlungen der Kantone an die Versicherer Art. 105l Wechsel des Versicherers bei Säumigkeit Art. 105m in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island, in Norwegen oder im Vereinigten Königreich 4. Kapitel: Prämienverbilligung durch die Kantone 1. Abschnitt: Anspruchsberechtigte Art. 106 Prämienverbilligung durch die Kantone für Versicherte mit einer Aufenthaltsbewilligung, die mindestens drei Monate gültig ist Art. 106a Prämienverbilligung durch die Kantone für Versicherte, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in Island, in Norwegen oder im Vereinigten Königreich wohnen 2. Abschnitt: Durchführung der Prämienverbilligung Art. 106b Meldungen des Kantons Art. 106c Aufgaben des Versicherers Art. 106d Datenaustausch Art. 106e Kosten 2. Teil: Freiwillige Taggeldversicherung Art. 107 und 108 Art. 108a Prämienbezahlung, Verzugs- und Vergütungszinsen Art. 109 Beitritt 3. Teil: Koordinationsregeln 1. Titel: Leistungskoordination 1. Kapitel: Verhältnis zu anderen Sozialversicherungen 1. Abschnitt: Abgrenzung der Leistungspflicht Art. 110 Grundsatz Art. 111 Unfallmeldung 2. Abschnitt: Vorleistungspflicht Art. 112 Im Verhältnis zur Unfallversicherung und zur Militärversicherung Art. 113 Im Verhältnis zur Invalidenversicherung Art. 114 Informationspflicht Art. 115 Art. 116 Unterschiedliche Tarife 3. Abschnitt: Rückvergütung von Leistungen anderer Sozialversicherer Art. 117 Grundsatz Art. 118 Auswirkungen auf die Versicherten Art. 119 Unterschiedliche Tarife 4. Abschnitt: Informationspflicht der Versicherer Art. 120 Art. 121 2. Kapitel: Überentschädigung Art. 122 2. Titel: … Art. 123–126 4. Teil: Verfügung, Kosten der Bekanntgabe und Publikation von Daten Art. 127 Verfügung Art. 128–129 Art. 130 Kosten der Bekanntgabe und Publikation von Daten 5. Teil: Schlussbestimmungen 1. Titel: Übergangsbestimmungen Art. 131 Art. 132 Bestehende Versicherungsverhältnisse Art. 133 Art. 134 Leistungserbringer Art. 135 Art. 136 2. Titel: Inkrafttreten Art. 137 Schlussbestimmungen der Änderung vom 17. September 1997 Schlussbestimmungen der Änderung vom 23. Februar 2000 Schlussbestimmungen der Änderung vom 2. Oktober 2000 Schlussbestimmungen der Änderung vom 22. Mai 2002 Schlussbestimmungen der Änderung vom 26. Juni 2002 Schlussbestimmungen der Änderung vom 6. Juni 2003 Schlussbestimmungen der Änderung vom 26. Mai 2004 Schlussbestimmungen der Änderung vom 3. Dezember 2004 Schlussbestimmungen der Änderung vom 9. November 2005 Schlussbestimmungen der Änderung vom 26. April 2006 Schlussbestimmungen der Änderung vom 27. Juni 2007 Schlussbestimmungen der Änderung vom 22. August 2007 Schlussbestimmungen der Änderung vom 22. Oktober 2008 Schlussbestimmungen der Änderung vom 13. März 2009 Übergangsbestimmungen der Änderung vom 24. Juni 2009 Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 1. Juli 2009 Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 3. Dezember 2010 Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 22. Juni 2011 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 6. Juli 2011 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 2. November 2011 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 4. Juli 2012 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 8. Mai 2013 Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 29. November 2013 Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 29. April 2015 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 9. Dezember 2016 Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 1. Februar 2017 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 5. April 2017 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 19. März 2021 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 26. Mai 2021 Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 23. Juni 2021 Übergangsbestimmungen zur Änderung vom 3. November 2021 Anhang 1 Gebühren für Eintragungen in der Spezialitätenliste Anhang 2 Aufhebung und Änderung von Verordnungen 1. Es werden aufgehoben: 2.‒10. Inhaltsverzeichnis | mixed |
25cf76ca-e4df-42eb-9559-e431ac0847c7 | Erwägungen
ab Seite 276
BGE 125 V 276 S. 276
Aus den Erwägungen:
2.
c) aa) Dem Beschwerdeführer wurden [im Zusammenhang mit der Durchsetzung ausstehender Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen von der Krankenkasse] zusätzlich Mahnspesen von Fr. 50.-- sowie ein Umtriebsspesenanteil von Fr. 20.-- belastet. Die Erhebung eines Unkostenbeitrages für Spesen und Umtriebe, welche durch das Verhalten eines Versicherten verursacht worden sind, war unter dem KUVG bei entsprechenden statutarischen Bestimmungen zulässig (nicht veröffentlichte Urteile F. vom 25. Januar 1984 und B. vom 22. März 1982).
bb) Es fragt sich, ob unter dem neuen Recht an dieser Rechtsprechung festgehalten werden kann.
BGE 125 V 276 S. 277
Im Gegensatz zu
Art. 1 Abs. 2 KUVG
, wonach sich die Krankenkassen nach ihrem Gutfinden einrichteten, soweit das Gesetz keine entgegenstehenden Vorschriften enthielt, fehlt im neuen Recht ein entsprechender Hinweis auf eine Autonomie der Versicherer. Das Gesetzmässigkeitsprinzip hat das Autonomieprinzip abgelöst, indem das KVG die Krankenpflegeversicherung in wesentlichen Bereichen vollständig und detailliert regelt (
BGE 124 V 359
f. Erw. 2d mit Hinweisen; zur sozialen Krankentaggeldversicherung vgl. demgegenüber
BGE 124 V 205
Erw. 3d). In Bereichen, in denen die gesetzliche Regelung nicht detailliert ist, sind kasseninterne Bestimmungen hingegen nicht von vornherein unzulässig (MAURER, Das neue Krankenversicherungsrecht, S. 9; zurückhaltender EUGSTER, Krankenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Rz. 5). Davon geht auch
Art. 12 Abs. 2 lit. b KVV
aus, wonach die Krankenkassen dem Anerkennungsgesuch an das Bundesamt für Sozialversicherung allfällige allgemeine Bestimmungen über die Rechte und Pflichten der Versicherten beizulegen haben.
Bezüglich der Erhebung von Mahngebühren beim Verzug in der Zahlung von Prämien und Kostenbeteiligungen vertritt EUGSTER (a.a.O., Rz. 341) die Auffassung, dass autonome Regelungen der Versicherer zulässig sind, sofern die versicherte Person die (unnötigen) Kosten schuldhaft verursacht hat und die Entschädigung angemessen ist (anders bezüglich Kosten, die beim Gesetzesvollzug notwendigerweise entstehen; vgl. hiezu auch RKUV 1992 Nr. K 891 S. 72 Erw. 2b betreffend KUVG sowie SVR 1994 BVG Nr. 18 S. 47 Erw. 4 betreffend BVG). Nachdem die Durchsetzung der finanziellen Verpflichtungen der Versicherten gegenüber den Versicherern weder gesetzlich noch verordnungsmässig ausführlich geregelt ist und die Erhebung von Mahngebühren nicht in gesetzliche Ansprüche eingreift, kann dieser Auffassung gefolgt werden.
cc) Da Art. 12 Abs. 4 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen [der Kasse] ... die Erhebung von Umtriebsspesen bis zu einem Betrag von Fr. 50.-- pro Fall bei Verletzung der Mitwirkungspflichten des Versicherten (Prämieninkasso/Leistungsauszahlung) ausdrücklich vorsieht und der Beschwerdeführer mehrmals gemahnt werden musste, erging der vorinstanzliche Entscheid, soweit er die Auferlegung von Mahn- und Umtriebsspesen in der Höhe von insgesamt Fr. 70.-- schützt, zu Recht. | mixed |
ba7738c1-a8a9-4aa5-be61-0a017018f0de | 832.102 1 / 130 Ordonnance sur l’assurance-maladie (OAMal) du 27 juin 1995 (État le 1er janvier 2023) Le Conseil fédéral suisse, vu l’art. 81 de la loi fédérale du 6 octobre 2000 sur la partie générale des assurances sociales (LPGA)1, vu l’art. 96 de la loi fédérale du 18 mars 1994 sur l’assurance-maladie (loi/LAMal)2, vu l’art. 82, al. 2, de la loi du 15 décembre 2000 sur les produits thérapeutiques (LPTh)3, vu l’art. 46a de la loi du 21 mars 1997 sur l’organisation du gouvernement et de l’administration (LOGA)4,5 arrête: Partie 1 Assurance obligatoire des soins Titre 1 Obligation de s’assurer Chapitre 1 Dispositions générales Section 1 Personnes tenues de s’assurer Art. 1 Obligation de s’assurer 1 Les personnes domiciliées en Suisse au sens des art. 23 à 26 du code civil suisse (CC)6 sont tenues de s’assurer, conformément à l’art. 3 de la loi. 2 Sont en outre tenus de s’assurer: a.7 les ressortissants étrangers qui disposent d’une autorisation de courte durée ou d’une autorisation de séjour, au sens des art. 32 et 33 de la loi fédérale du 16 décembre 2005 sur les étrangers et l’intégration (LEI)8, valable au moins trois mois; RO 1995 3867 1 RS 830.1 2 RS 832.10 3 RS 812.21 4 RS 172.010 5 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 9 déc. 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 4927). 6 RS 210 7 Nouvelle teneur selon le ch. I 4 de l’O du 24 oct. 2007, en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5627). 8 RS 142.20. Le titre a été adapté au 1er janv. 2019 en application de l’art. 12 al. 2 de la LF du 18 juin 2004 sur les publications officielles (RS 170.512). Il a été tenu compte de cette mod. dans tout le texte. 832.102 Assurance en cas de maladie et d’accidents 2 / 130 832.102 b.9 les ressortissants étrangers exerçant une activité dépendante et dont l’autori- sation de courte durée est valable moins de trois mois, lorsqu’ils ne bénéficient pas d’une couverture d’assurance équivalente pour les traitements en Suisse; c.10 les personnes qui ont déposé une demande d’asile en Suisse conformément à l’art. 18 de la loi du 26 juin 1998 sur l’asile (LAsi)11, les personnes qui se sont vu accorder la protection provisoire selon l’art. 66 LAsi et les personnes pour lesquelles une admission provisoire a été décidée conformément à l’art. 83 LEI; d.12 les personnes qui résident dans un État membre de l’Union européenne et qui sont soumises à l’assurance suisse en vertu de l’Accord du 21 juin 1999 entre, d’une part, la Confédération suisse et, d’autre part, la Communauté euro- péenne et ses États membres, sur la libre circulation des personnes (Accord sur la libre circulation des personnes)13 et de son annexe II, mentionnés à l’art. 95a, al. 1, de la loi; e.14 les personnes qui résident en Islande ou en Norvège et qui sont soumises à l’assurance suisse en vertu de l’Accord du 21 juin 2001 amendant la Conven- tion instituant l’Association européenne de libre-échange (Accord AELE)15, de son annexe K et de l’appendice 2 de l’annexe K, mentionnés à l’art. 95a, al. 2, de la loi; ebis.16 les personnes qui résident dans un État avec lequel la Suisse a conclu une convention de sécurité sociale et qui sont soumises à l’assurance suisse en vertu de cette convention; f.17 les personnes qui disposent d’une autorisation de séjour de courte durée ou d’une autorisation de séjour conformément à l’Accord sur la libre circulation des personnes ou à l’Accord AELE, valable au moins trois mois; 9 Nouvelle teneur selon le ch. I 4 de l’O du 24 oct. 2007, en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5627). 10 Nouvelle teneur selon le ch. I 4 de l’O du 24 oct. 2007, en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5627). 11 RS 142.31 12 Introduite par le ch. I de l’O du 3 juil. 2001 (RO 2002 915). Nouvelle teneur selon le ch. I 1 de l’O du 26 oct. 2022 concernant la mise en œuvre de la Convention sur la coordi- nation de la sécurité sociale entre la Confédération suisse et le Royaume-Uni de Grande- Bretagne et d’Irlande du Nord, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 658). 13 RS 0.142.112.681 14 Introduite par le ch. I de l’O du 3 juil. 2001 (RO 2002 915). Nouvelle teneur selon le ch. I 1 de l’O du 26 oct. 2022 concernant la mise en œuvre de la Convention sur la coordi- nation de la sécurité sociale entre la Confédération suisse et le Royaume-Uni de Grande- Bretagne et d’Irlande du Nord, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 658). 15 RS 0.632.31 16 Introduite par le ch. I 1 de l’O du 26 oct. 2022 concernant la mise en œuvre de la Conven- tion sur la coordination de la sécurité sociale entre la Confédération suisse et le Royaume- Uni de Grande-Bretagne et d’Irlande du Nord, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 658). 17 Introduite par le ch. I de l’O du 22 mai 2002, en vigueur depuis le 1er juin 2002 (RO 2002 1633). Assurance-maladie. O 3 / 130 832.102 g.18 les personnes qui exercent une activité lucrative en Suisse pendant trois mois au plus et qui, en vertu de l’Accord sur la libre circulation des personnes ou de l’Accord AELE, n’ont pas besoin d’une autorisation de séjour, lorsqu’elles ne bénéficient pas d’une couverture d’assurance équivalente pour les traite- ments en Suisse. Art. 2 Exceptions à l’obligation de s’assurer 1 Sont exceptés de l’obligation de s’assurer: a.19 les agents de la Confédération, en exercice ou retraités, qui sont soumis à l’as- surance militaire en vertu de l’art. 1a, al. 1, let. b, ch. 1 à 720, et de l’art. 2 de la loi fédérale du 19 juin 1992 sur l’assurance militaire (LAM)21; b. les personnes qui séjournent en Suisse dans le seul but de suivre un traitement médical ou une cure; c.22 les personnes qui, en vertu de l’Accord sur la libre circulation des personnes23 et de son annexe II, de l’Accord AELE24, de son annexe K et de l’appendice 2 de l’annexe K ou d’une convention de sécurité sociale, sont soumises aux dispositions légales d’un autre État parce qu’elles exercent une activité lucra- tive dans cet État; d.25 les personnes qui, parce qu’elles perçoivent une prestation d’une assurance- chômage étrangère en vertu de l’Accord sur la libre circulation des personnes et de son annexe II ou de l’Accord AELE, de son annexe K et de l’appendice 2 de l’annexe K, sont assujetties aux dispositions légales d’un autre État; e.26 les personnes qui n’ont pas droit à une rente suisse, mais qui: 1. en vertu de l’Accord sur la libre circulation des personnes et de son an- nexe II, ont droit à une rente d’un État membre de l’Union européenne, 2. en vertu de l’Accord AELE, de son annexe K et de l’appendice 2 de l’an- nexe K, ont droit à une rente islandaise ou norvégienne, ou 18 Introduite par le ch. I de l’O du 3 déc. 2004, en vigueur depuis le 1er janv. 2005 (RO 2004 5075). 19 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 11 sept. 2002, en vigueur depuis le 1er janv. 2003 (RO 2002 3908). 20 Actuellement: art. 1a al. 1 let. b ch. 1 à 6 21 RS 833.1 22 Introduite par le ch. I de l’O du 22 mai 2002 (RO 2002 1633). Nouvelle teneur selon le ch. I 1 de l’O du 26 oct. 2022 concernant la mise en œuvre de la Convention sur la coordi- nation de la sécurité sociale entre la Confédération suisse et le Royaume-Uni de Grande- Bretagne et d’Irlande du Nord, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 658). 23 RS 0.142.112.681 24 RS 0.632.31 25 Introduite par le ch. I de l’O du 22 mai 2002, en vigueur depuis le 1er juin 2002 (RO 2002 1633). 26 Introduite par le ch. I de l’O du 22 mai 2002 (RO 2002 1633). Nouvelle teneur selon le ch. I 1 de l’O du 26 oct. 2022 concernant la mise en œuvre de la Convention sur la coordi- nation de la sécurité sociale entre la Confédération suisse et le Royaume-Uni de Grande- Bretagne et d’Irlande du Nord, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 658). Assurance en cas de maladie et d’accidents 4 / 130 832.102 3. en vertu de la Convention du 9 septembre 2021 sur la coordination de la sécurité sociale entre la Confédération suisse et le Royaume-Uni de Grande-Bretagne et d’Irlande du Nord27 (accord avec le Royaume-Uni), ont droit à une rente britannique; f.28 les personnes qui sont assurées en tant que membres de la famille des person- nes mentionnées aux let. c, d ou e, auprès de l’assurance-maladie étrangère de ces dernières et qui soit ont droit à l’entraide en matière de prestations, soit bénéficient d’une couverture équivalente pour les traitements en Suisse; g.29 les personnes qui sont assurées en tant que membres de la famille de personnes auprès de l’assurance-maladie étrangère de ces dernières et qui ont droit à l’entraide en matière de prestations. 2 Sont exceptées sur requête les personnes qui sont obligatoirement assurées contre la maladie en vertu du droit d’un État avec lequel il n’existe pas de réglementation sur la délimitation de l’obligation de s’assurer, dans la mesure où l’assujettissement à l’assurance suisse signifierait une double charge et pour autant qu’elles bénéficient d’une couverture d’assurance équivalente pour les traitements en Suisse. La requête doit être accompagnée d’une attestation écrite de l’organisme étranger compétent don- nant tous les renseignements nécessaires.30 3 …31 4 Sont exceptées sur requête les personnes qui séjournent en Suisse dans le cadre d’une formation ou d’un perfectionnement, telles que les étudiants, les écoliers et les sta- giaires, ainsi que les membres de leur famille au sens de l’art. 3, al. 2, qui les accom- pagnent, pour autant que, pendant toute la durée de validité de l’exception, ils bénéfi- cient d’une couverture d’assurance équivalente pour les traitements en Suisse.32 La requête doit être accompagnée d’une attestation écrite de l’organisme étranger com- pétent donnant tous les renseignements nécessaires. L’autorité cantonale compétente peut excepter ces personnes de l’obligation de s’assurer pour trois années au plus. Sur requête, l’exception peut être prolongée pour trois autres années au plus. L’intéressé ne peut revenir sur l’exception ou la renonciation à une exception sans raisons parti- culières.33 4bis …34 27 RS 0.831.109.367.2 28 Introduite par le ch. I de l’O du 22 mai 2002 (RO 2002 1633). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 6 juin 2003, en vigueur depuis le 1er janv. 2004 (RO 2003 3249). 29 Introduite par le ch. I de l’O du 6 juin 2003, en vigueur depuis le 1er janv. 2004 (RO 2003 3249). 30 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 22 mai 2002, en vigueur depuis le 1er juin 2002 (RO 2002 1633). 31 Abrogé par le ch. I de l’O du 22 mai 2002, avec effet 1er juin 2002 (RO 2002 1633). 32 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 6 juin 2003, en vigueur depuis le 1er janv. 2004 (RO 2003 3249). 33 Introduit par le ch. I de l’O du 25 nov. 1996 (RO 1996 3139). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 3 juil. 2001, en vigueur depuis le 1er juin 2002 (RO 2002 915). 34 Introduit par le ch. I de l’O du 3 juil. 2001, en vigueur depuis le 1er juin 2002 (RO 2002 915). Abrogé par le ch. I de l’O du 29 nov. 2013, avec effet au 1er janv. 2014 (RO 2013 4523). Voir aussi les disp. trans. de cette mod. à la fin du texte. Assurance-maladie. O 5 / 130 832.102 5 Sont exceptés sur requête les travailleurs détachés en Suisse qui sont exemptés de l’obligation de payer les cotisations de l’assurance-vieillesse, survivants et invalidité suisse (AVS/AI) en vertu d’une convention internationale de sécurité sociale, ainsi que les membres de leur famille au sens de l’art. 3, al. 2, lorsque leur employeur s’en- gage à ce que, pendant toute la durée de validité de l’exception, au moins les presta- tions prévues par la LAMal soient assurées pour les traitements en Suisse. Cette dis- position est applicable par analogie aux autres personnes exemptées de l’obligation de payer des cotisations de l’AVS/AI par une autorisation exceptionnelle prévue dans une convention internationale en cas de séjour temporaire en Suisse. L’intéressé ou son employeur ne peut revenir sur l’exception ou la renonciation à une exception.35 6 Sont exceptées sur requête les personnes qui résident dans un État membre de l’Union européenne, pour autant qu’elles puissent être exceptées de l’obligation de s’assurer en vertu de l’Accord sur la libre circulation des personnes et de son annexe II et qu’elles prouvent qu’elles bénéficient dans l’État de résidence et lors d’un séjour dans un autre État membre de l’Union européenne et en Suisse d’une couverture en cas de maladie.36 7 Sont exceptées sur requête les personnes qui disposent d’une autorisation de séjour pour personnes sans activité lucrative conformément à l’Accord sur la libre circulation des personnes et à l’Accord AELE, pour autant que, pendant toute la durée de validité de l’exception, elles bénéficient d’une couverture d’assurance équivalente pour les traitements en Suisse. La requête doit être accompagnée d’une attestation écrite de l’organisme étranger compétent donnant tous les renseignements nécessaires. L’inté- ressé ne peut revenir sur l’exception ou la renonciation à une exception sans raisons particulières.37 8 Sont exceptées sur requête les personnes dont l’adhésion à l’assurance suisse engen- drerait une nette dégradation de la protection d’assurance ou de la couverture des frais et qui, en raison de leur âge et/ou de leur état de santé, ne pourraient pas conclure une assurance complémentaire ayant la même étendue ou ne pourraient le faire qu’à des conditions difficilement acceptables. La requête doit être accompagnée d’une attesta- tion écrite de l’organisme étranger compétent donnant tous les renseignements néces- saires. L’intéressé ne peut revenir sur l’exception ou la renonciation à une exception sans raisons particulières.38 Art. 3 Frontaliers 1 Les frontaliers qui ne sont pas tenus de s’assurer en vertu de l’art. 1, al. 2, let. d à ebis, et qui exercent en Suisse une activité lucrative, ainsi que les membres de leur famille, pour autant qu’ils n’exercent pas à l’étranger une activité lucrative impliquant 35 Introduit par le ch. I de l’O du 25 nov. 1996, en vigueur depuis le 1er janv. 1997 (RO 1996 3139). 36 Introduit par le ch. I de l’O du 3 juil. 2001 (RO 2002 915). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 2 nov. 2011, en vigueur depuis le 1er avr. 2012 (RO 2012 955). 37 Introduit par le ch. I de l’O du 3 juil. 2001 (RO 2002 915). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 22 mai 2002, en vigueur depuis le 1er juin 2002 (RO 2002 1633). 38 Introduit par le ch. I de l’O du 3 juil. 2001, en vigueur depuis le 1er juin 2002 (RO 2002 915). Assurance en cas de maladie et d’accidents 6 / 130 832.102 l’assujettissement à une assurance-maladie obligatoire, sont soumis à l’assurance suisse sur requête de leur part.39 2 Sont considérés comme membres de la famille les conjoints ainsi que les enfants de moins de 18 ans révolus et ceux de moins de 25 ans révolus qui fréquentent une école ou poursuivent des études ou un apprentissage. Art. 4 Travailleurs détachés 1 Demeurent soumis à l’assurance obligatoire suisse les travailleurs détachés à l’étran- ger, ainsi que les membres de leur famille au sens de l’art. 3, al. 2, qui les accompa- gnent, lorsque: a. le travailleur était assuré obligatoirement en Suisse immédiatement avant le détachement et b. qu’il travaille pour le compte d’un employeur dont le domicile ou le siège est en Suisse. 2 Les membres de la famille ne sont pas soumis à l’assurance obligatoire suisse s’ils exercent à l’étranger une activité lucrative impliquant l’assujettissement à une assu- rance-maladie obligatoire. 3 L’assurance obligatoire est prolongée de deux ans. Sur requête, l’assureur la pro- longe jusqu’à six ans en tout. 4 Pour les personnes considérées comme détachées au sens d’une convention interna- tionale de sécurité sociale, la prolongation de l’assurance correspond à la durée de détachement autorisée par cette convention. La même règle s’applique aux autres per- sonnes qui, en raison d’une telle convention, sont soumises à la législation suisse pen- dant un séjour temporaire à l’étranger. Art. 5 Personnes relevant d’un service public qui séjournent à l’étranger 1 Les personnes suivantes et les membres de leur famille au sens de l’art. 3, al. 2, qui les accompagnent sont assujettis à l’assurance obligatoire: a. les agents fédéraux relevant du Département fédéral des affaires étrangères (DFAE) qui sont soumis à un régime de mutations; b. les agents fédéraux relevant du DFAE ou d’un autre département qui exercent leur activité hors de Suisse; c. les personnes se trouvant à l’étranger en raison de leur activité pour le compte d’autres collectivités ou établissements suisses de droit public. 2 Les membres de la famille ne sont pas soumis à l’assurance obligatoire suisse s’ils exercent à l’étranger une activité lucrative impliquant l’assujettissement à une assu- rance-maladie obligatoire. 39 Nouvelle teneur selon le ch. I 1 de l’O du 26 oct. 2022 concernant la mise en œuvre de la Convention sur la coordination de la sécurité sociale entre la Confédération suisse et le Royaume-Uni de Grande-Bretagne et d’Irlande du Nord, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 658). Assurance-maladie. O 7 / 130 832.102 3 Le personnel engagé sur place n’est pas soumis à l’assurance obligatoire. Art. 640 Personnes jouissant de privilèges en vertu du droit international 1 Les personnes bénéficiaires de privilèges, d’immunités et de facilités visées à l’art. 2, al. 2, let. a et c, de la loi du 22 juin 2007 sur l’État hôte41, à l’exception des domestiques privés, ne sont pas tenues de s’assurer. Elles peuvent demander à être soumises à l’assurance suisse. 2 Les domestiques privés des personnes bénéficiaires mentionnées à l’al. 1 sont sou- mis à l’assurance obligatoire lorsqu’ils ne sont pas assurés dans l’État de l’employeur ou dans un État tiers. Le DFAE règle les modalités d’application de cette disposition. 3 Les personnes qui ont cessé d’exercer leurs fonctions auprès d’un bénéficiaire insti- tutionnel visé à l’art. 2, al. 1, let. a, b, i ou k, de la loi sur l’État hôte sont exceptées sur requête de l’assurance obligatoire, pour autant que leur couverture d’assurance soit équivalente pour les traitements en Suisse. La requête doit être accompagnée d’une attestation écrite de l’organisme compétent de leur ancien bénéficiaire institu- tionnel donnant tous les renseignements nécessaires. L’intéressé ne peut revenir sur l’exception ou la renonciation à une exception.42 4 Les personnes qui sont assurées avec une personne mentionnée aux al. 1 ou 3 auprès de l’assurance-maladie d’un bénéficiaire institutionnel visé à l’art. 2, al. 1, let. a, b, i ou k, de la loi sur l’État hôte et qui ne bénéficient pas elles-mêmes de privilèges ou d’immunités sont exceptées sur requête de l’obligation de s’assurer, pour autant que leur couverture d’assurance soit équivalente pour les traitements en Suisse. La requête doit être accompagnée d’une attestation écrite de l’organisme compétent du bénéfi- ciaire institutionnel donnant tous les renseignements nécessaires. L’intéressé ne peut revenir sur l’exception ou la renonciation à une exception.43 Section 2 Début et fin de l’assurance Art. 6a44 Données du formulaire d’affiliation 1 Les assureurs ne peuvent demander dans le formulaire d’affiliation que les données nécessaires à l’admission dans l’assurance obligatoire des soins ou au changement d’assureur. 40 Nouvelle teneur selon l’annexe ch. 15 de l’O du 7 déc. 2007 sur l’État hôte, en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 6657). 41 RS 192.12 42 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 15 nov. 2017, en vigueur depuis le 1er janv. 2018 (RO 2017 6723). 43 Introduit par le ch. I de l’O du 15 nov. 2017, en vigueur depuis le 1er janv. 2018 (RO 2017 6723). 44 Introduit par le ch. I de l’O du 26 avr. 2006, en vigueur depuis le 10 mai 2006 (RO 2006 1717). Voir aussi les disp. fin. de cette mod. à la fin du texte. Assurance en cas de maladie et d’accidents 8 / 130 832.102 2 Le formulaire d’affiliation ne doit contenir ni données, ni indications, ni renvois en rapport avec les assurances au sens de l’art. 12, al. 245, de la loi ou avec l’assurance facultative d’indemnités journalières au sens des art. 67 à 77 de la loi. 3 Les assureurs ne peuvent traiter les données personnelles que pour accomplir les tâches prévues par la loi. Art. 7 Cas particuliers46 1 Les ressortissants étrangers détenteurs d’une autorisation d’établissement ou d’une autorisation de séjour de courte durée ou d’une autorisation de séjour au sens de l’art. 1, al. 2, let. a et f, sont tenus de s’assurer dans les trois mois qui suivent leur annonce au service compétent pour le contrôle des habitants. S’ils s’assurent à temps, l’assu- rance déploie ses effets dès la date de l’annonce du séjour. S’ils s’assurent plus tard, l’assurance déploie ses effets dès l’affiliation.47 2 Les ressortissants étrangers détenteurs d’une autorisation de courte durée au sens de l’art. 1, al. 2, let. b, doivent être assurés dès leur entrée en Suisse.48 2bis Les personnes sans autorisation de séjour au sens de l’art. 1, al. 2, let. g, doivent être assurées dès le début de leur activité lucrative en Suisse. Lorsqu’elles s’affilient plus tard, l’assurance doit également commencer à la date du début de leur activité lucrative en Suisse.49 3 Pour les personnes visées aux al. 1 et 2, l’assurance prend fin à la date de départ annoncée au service compétent pour le contrôle des habitants, dans tous les cas le jour du départ effectif de la Suisse, ou à la mort de l’assuré. 3bis Pour les personnes visées à l’al. 2bis, l’assurance prend fin à la date de l’arrêt de l’activité lucrative en Suisse, mais au plus tard le jour du départ effectif de la Suisse, ou au décès de l’assuré.50 4 Les frontaliers et les membres de leur famille qui entendent être soumis à l’assurance suisse (art. 3, al. 1) sont tenus de s’assurer dans les trois mois suivant le début de la validité de l’autorisation pour frontaliers. S’ils s’assurent à temps, l’assurance déploie ses effets dès la date de la validité de l’autorisation. S’ils s’assurent plus tard, l’assu- rance déploie ses effets dès l’affiliation.51 L’assurance prend fin avec l’abandon de l’activité lucrative en Suisse, avec l’expiration ou la révocation de l’autorisation pour 45 [RO 1995 1328. RO 2015 5137 annexe ch. 2]. Depuis le 1er janv. 2016 voir art. 2 al. 2 de la L du 26 sept. 2014 sur la surveillance de l’assurance-maladie (RS 832.12). 46 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 26 avr. 2006, en vigueur depuis le 10 mai 2006 (RO 2006 1717). 47 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 22 mai 2002, en vigueur depuis le 1er juin 2002 (RO 2002 1633). 48 Nouvelle teneur selon le ch. I 4 de l’O du 24 oct. 2007, en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5627). 49 Introduit par le ch. I de l’O du 3 déc. 2004, en vigueur depuis le 1er janv. 2005 (RO 2004 5075). 50 Introduit par le ch. I de l’O du 3 déc. 2004, en vigueur depuis le 1er janv. 2005 (RO 2004 5075). 51 Nouvelle teneur des 3 premières phrases selon le ch. I de l’O du 3 juil. 2001, en vigueur depuis le 1er juin 2002 (RO 2002 915). Assurance-maladie. O 9 / 130 832.102 frontaliers, à la mort de l’assuré ou avec la renonciation à l’assujettissement à l’assu- rance suisse. Dans ce dernier cas, une nouvelle requête ne peut être déposée, sauf raison particulière. 5 Les demandeurs d’asile et les personnes à protéger sont tenus de s’assurer immédia- tement après l’affectation aux cantons prévue à l’art. 27 LAsi52. Les personnes ad- mises à titre provisoire sont tenues de s’assurer immédiatement après la décision d’ad- mission provisoire. L’assurance déploie ses effets dès le dépôt de la demande d’asile, de la décision d’admission provisoire ou de l’octroi de la protection provisoire. Elle prend fin le jour pour lequel il est prouvé que l’assuré a quitté définitivement la Suisse ou à la mort de l’assuré.53 6 Les personnes bénéficiaires de privilèges, d’immunités et de facilités qui entendent être soumises à l’assurance suisse (art. 6, al. 1) doivent s’assurer dans les six mois qui suivent la date à laquelle elles ont reçu une carte de légitimation du DFAE. L’assu- rance déploie ses effets à la date à laquelle elles sont titulaires de cette carte. L’assu- rance prend fin avec l’expiration des fonctions en Suisse, à la mort de l’assuré ou avec la renonciation à l’assujettissement à l’assurance obligatoire suisse. Dans ce dernier cas, une nouvelle requête ne peut être déposée, sauf raison particulière.54 7 Les agents de la Confédération en exercice ou retraités visés à l’art. 2, al. 1, let. a, qui sortent de l’assurance militaire doivent s’assurer pour les soins dans les trois mois suivant la sortie de l’assurance militaire auprès d’un assureur désigné à l’art. 1155 de la loi. S’ils s’assurent à temps, l’assurance déploie ses effets dès la sortie de l’assu- rance militaire. 8 Les personnes tenues de s’assurer en vertu de l’art. 1, al. 2, let. d à ebis, doivent s’assurer dans les trois mois suivant la naissance de l’obligation d’assurance en Suisse. Si elles s’assurent dans ce délai, l’assurance débute dès la soumission à l’assurance suisse. Si elles s’assurent après ce délai, l’assurance déploie ses effets à la date de l’affiliation. L’assurance prend fin lorsque ces personnes ne remplissent plus les con- ditions de soumission à l’assurance suisse en vertu de l’Accord sur la libre circulation des personnes56 et de son annexe II, en vertu de l’Accord AELE57, de son annexe K et de l’appendice 2 de l’annexe K ou en vertu d’autres accords internationaux.58 52 RS 142.31 53 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 27 juin 2007, en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 3573). 54 Nouvelle teneur selon l’annexe ch. 15 de l’O du 7 déc. 2007 sur l’État hôte, en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 6657). 55 Depuis le 1er janv. 2016: art. 2 et 3 de la loi du 16 sept. 2014 sur la surveillance de l’assu- rance-maladie (RS 832.12). 56 RS 0.142.112.681 57 RS 0.632.31 58 Introduit par le ch. I de l’O du 3 juil. 2001 (RO 2002 915). Nouvelle teneur selon le ch. I 1 de l’O du 26 oct. 2022 concernant la mise en œuvre de la Convention sur la coordi- nation de la sécurité sociale entre la Confédération suisse et le Royaume-Uni de Grande- Bretagne et d’Irlande du Nord, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 658). https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/2002/243/fr Assurance en cas de maladie et d’accidents 10 / 130 832.102 Art. 7a59 Maintien de l’assurance pour personnes non assujetties Les assureurs peuvent offrir aux personnes qui étaient soumises à l’assurance obliga- toire des soins en vertu des art. 1, al. 1 et 2, let. a et c, et des art. 3 à 6, le maintien des rapports d’assurance sur une base contractuelle. Le contrat peut être conclu auprès du même assureur ou d’un autre. Le financement des prestations qui correspondent à celles de l’assurance obligatoire des soins est régi par les principes de l’assurance- maladie sociale. Les rapports d’assurance sont soumis à la loi fédérale du 2 avril 1908 sur le contrat d’assurance60. Art. 7b61 Prolongation de l’obligation de s’assurer Les assureurs renseignent par écrit les assurés mentionnés à l’art. 6a, al. 1, de la loi, sur la prolongation de l’obligation de s’assurer. Art. 8 Supplément de prime en cas d’affiliation tardive 1 Le supplément de prime prévu à l’art. 5, al. 2, de la loi est prélevé sur une durée équivalant au double de la durée du retard d’affiliation, mais au maximum de cinq ans.62 Il se situe entre 30 et 50 % de la prime. L’assureur fixe le supplément en fonc- tion de la situation financière de l’assuré. Si le paiement du supplément met celui-ci dans la gêne, l’assureur fixe un taux inférieur à 30 %, en tenant compte équitablement de la situation de l’assuré et des circonstances du retard. 2 Il n’est pas perçu de supplément lorsque les primes sont prises en charge par l’auto- rité compétente d’aide sociale. 3 Si l’assuré change d’assureur, l’ancien assureur doit indiquer au nouvel assureur, dans le cadre de la communication visée à l’art. 7, al. 5, de la loi, l’existence d’un supplément de prime. Lorsqu’un premier supplément est fixé, les assureurs ultérieurs sont tenus de l’encaisser.63 Art. 964 Fin des rapports d’assurance 1 Lorsqu’une procédure de poursuite ne peut être engagée contre un assuré qui n’est pas soumis à la législation suisse sur l’aide sociale ou qu’elle n’aboutit pas au paie- ment des primes ou participations aux coûts, l’assureur peut mettre fin au rapport d’assurance, après une sommation écrite dans laquelle il avertit l’assuré des consé- quences de son omission. 59 Introduit par le ch. I de l’O du 25 nov. 1996, en vigueur depuis le 1er janv. 1996 (RO 1996 3139). 60 RS 221.229.1 61 Introduit par le ch. I de l’O du 3 juil. 2001, en vigueur depuis le 1er juin 2002 (RO 2002 915). 62 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 9 nov. 2005, en vigueur depuis le 1er janv. 2006 (RO 2005 5639). 63 Introduit par le ch. I de l’O du 9 nov. 2005, en vigueur depuis le 1er janv. 2006 (RO 2005 5639). 64 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 11 sept. 2002, en vigueur depuis le 1er janv. 2003 (RO 2002 3908). Assurance-maladie. O 11 / 130 832.102 2 Lorsqu’un assureur apprend, notamment par une communication de l’institution commune au sens de l’art. 10, al. 3, de l’ordonnance du 19 octobre 2016 sur la com- pensation des risques dans l’assurance-maladie65, qu’une personne est également as- surée auprès d’un autre assureur ou d’autres assureurs, il rend, après avoir entendu cette personne, la décision de mettre fin aux rapports d’assurance qui ne respectent pas les dispositions de la LAMal.66 Section 3 Tâches des cantons Art. 10 1 Les cantons informent périodiquement la population sur l’obligation de s’assurer. Ils veillent notamment à ce que les personnes en provenance de l’étranger, ainsi que les parents de nouveau-nés soient informés en temps utile. 1bis Les informations sur l’obligation d’assurance des détenteurs d’une autorisation de séjour de courte durée, d’une autorisation de séjour et d’une autorisation d’établisse- ment valent d’office également pour les membres de la famille résidant dans un État membre de l’Union européenne, en Islande, en Norvège ou au Royaume-Uni67.68 2 L’autorité cantonale compétente statue sur les requêtes prévues aux art. 2, al. 2 à 5, et 6, al. 3.69 3 Les assureurs sociaux préposés au paiement des rentes et les organes de l’assurance- chômage assistent les cantons dans leur tâche d’information sur l’obligation de s’as- surer envers les personnes mentionnées à l’art. 6a, al. 1, let. b et c, de la loi.70 65 RS 832.112.1 66 Introduit par le ch. II de l’O du 11 sept. 2020, en vigueur depuis le 1er janv. 2021 (RO 2020 3917). 67 Nouvelle expression selon le ch. I 1 de l’O du 26 oct. 2022 concernant la mise en œuvre de la Convention sur la coordination de la sécurité sociale entre la Confédération suisse et le Royaume-Uni de Grande-Bretagne et d’Irlande du Nord, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 658). Il a été tenu compte de cette mod. dans tout le texte. 68 Introduit par le ch. I de l’O du 3 juil. 2001 (RO 2002 915). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 2 nov. 2011, en vigueur depuis le 1er avr. 2012 (RO 2012 955). 69 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 25 nov. 1996, en vigueur depuis le 1er janv. 1997 (RO 1996 3139). 70 Introduit par le ch. I de l’O du 3 juil. 2001, en vigueur depuis le 1er juin 2002 (RO 2002 915). Assurance en cas de maladie et d’accidents 12 / 130 832.102 Chapitre 2 Suspension de l’obligation d’assurance et de la couverture des accidents71 Art. 10a72 Suspension de l’obligation d’assurance 1 La suspension de l’obligation d’assurance selon l’art. 3, al. 4, de la loi déploie ses effets le jour où l’assuré est soumis à la LAM73. 2 L’assuré est exonéré du paiement des primes dès le début de son assujettissement à l’assurance militaire s’il en informe son assureur au moins huit semaines à l’avance. S’il ne respecte pas ce délai, l’assureur l’exonère dès le terme envisageable suivant, mais au plus tard huit semaines après l’annonce. 3 Après l’entrée en service, l’autorité militaire compétente veille à ce que l’assuré an- nonce à son assureur la durée probable de l’assujettissement à l’assurance militaire et, le cas échéant, la fin anticipée de celui-ci. 4 L’autorité compétente pour le service civil veille à ce que l’assuré annonce à son assureur toute modification ultérieure de la durée de l’assujettissement. 5 Si des primes sont payées malgré la suspension, l’assureur les déduit sur les primes ultérieures ou les restitue. 6 L’Office fédéral de la santé publique (OFSP) peut adresser des instructions aux as- sureurs sur le calcul des primes. 7 L’assureur annonce aux autorités cantonales compétentes en matière de réduction des primes les personnes dont l’obligation d’assurance a été suspendue et les informe de la durée effective de la suspension. Art. 11 Suspension de la couverture des accidents74 1 La suspension de la couverture des accidents, prévue à l’art. 8 de la loi, a lieu sur demande écrite de l’assuré et déploie ses effets au plus tôt le premier jour du mois qui suit cette demande. 2 Avant la fin des rapports de travail, du droit à l’indemnité de chômage ou de la cou- verture des accidents non professionnels, l’employeur ou l’assurance-chômage infor- ment l’assuré par écrit qu’il doit indiquer à l’assureur-maladie le moment où cesse la couverture des accidents. L’assuré doit faire cette communication à l’assureur-mala- die dans le mois qui suit l’information donnée par l’employeur ou l’assurance-chô- mage. 71 Anciennement avant l’art. 11. Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 11 déc. 2000, en vigueur depuis le 1er janv. 2001 (RO 2001 138). 72 Introduit par le ch. I de l’O du 11 déc. 2000 (RO 2001 138). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 26 avr. 2006, en vigueur depuis le 1er mai 2006 (RO 2006 1717). Voir aussi les disp. fin. de cette mod. à la fin du texte. 73 RS 833.1 74 Introduit par le ch. I de l’O du 11 déc. 2000, en vigueur depuis le 1er janv. 2001 (RO 2001 138). Assurance-maladie. O 13 / 130 832.102 Titre 2 Organisation Chapitre 1 … Art. 12 à 1575 Art. 15a76 Chapitre 2 … Art. 16 à 1877 Chapitre 3 Institution commune Art. 1978 Exécution des engagements internationaux 1 L’institution commune remplit les tâches découlant de l’art. 95a de la loi en tant qu’organisme de liaison. Elle assume aussi les tâches en tant qu’institution d’entraide au lieu de résidence, ou de séjour, des assurés pour lesquels il existe un droit, fondé sur l’art. 95a de la loi, à une entraide internationale en matière de prestations. Elle est en outre compétente pour l’exécution de l’entraide en matière de prestations et pour les tâches en tant qu’organisme de liaison en vertu d’autres accords internationaux.79 2 L’institution commune assume également les tâches de coordination pour l’exécu- tion des engagements découlant de l’art. 95a de la loi ou d’accords internationaux. Elle assume en particulier les tâches suivantes:80 a. elle établit les montants par personne que les assureurs doivent prendre en considération pour le calcul des primes des assurés résidant dans un État membre de l’Union européenne ou en Islande ou en Norvège, sur la base des statistiques de coûts reconnues de l’organe compétent de l’Union européenne (Commission administrative pour la coordination des régimes de sécurité so- ciale) ou des statistiques de l’État concerné; 75 Abrogés par l’annexe ch. 3 de l’O du 18 nov. 2015 sur la surveillance de l’assurance-ma- ladie, avec effet au 1er janv. 2016 (RO 2015 5165). 76 Introduit par le ch. I de l’O du 3 juil. 2001 (RO 2002 915). Abrogé par l’annexe ch. 3 de l’O du 18 nov. 2015 sur la surveillance de l’assurance-maladie, avec effet au 1er janv. 2016 (RO 2015 5165). 77 Abrogés par l’annexe ch. 3 de l’O du 18 nov. 2015 sur la surveillance de l’assurance-ma- ladie, avec effet au 1er janv. 2016 (RO 2015 5165). 78 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 3 juil. 2001, en vigueur depuis le 1er juin 2002 (RO 2002 915). 79 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 6 juin 2003, en vigueur depuis le 1er janv. 2004 (RO 2003 3249). 80 Nouvelle teneur selon le ch. I 1 de l’O du 26 oct. 2022 concernant la mise en œuvre de la Convention sur la coordination de la sécurité sociale entre la Confédération suisse et le Royaume-Uni de Grande-Bretagne et d’Irlande du Nord, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 658). Assurance en cas de maladie et d’accidents 14 / 130 832.102 b.81 elle élabore jusqu’au 31 mai un rapport à l’attention de l’OFSP sur l’exécution de l’entraide en matière de prestations indiquant le nombre de cas, les coûts totaux et les remboursements arriérés; les données sont présentées séparément pour chaque État membre de l’Union européenne, pour l’Islande, pour la Nor- vège, pour le Royaume-Uni et pour les assureurs suisses.82 3 Les coûts résultant de l’exécution des tâches que l’institution commune remplit en tant qu’institution d’entraide et ceux qui découlent du rapport prévu à l’al. 2, let. b, sont assumés par les assureurs, proportionnellement au nombre de personnes assurées obligatoirement auprès d’eux pour l’assurance des soins. La Confédération prend en charge les intérêts sur les avances de prestations accordées au titre de l’entraide, les coûts des tâches que l’institution commune exécute en tant qu’organisme de liaison et les coûts des calculs mentionnés à l’al. 2, let. a.83 4 Lorsque les assureurs et les fournisseurs de prestations ont convenu conformément à l’art. 42, al. 2, de la loi que l’assureur est le débiteur de la rémunération, l’institution commune est alors assimilée, lors de l’entraide en matière de prestations, à un assureur qui a conclu ladite convention. Art. 19a84 Répartition de la part cantonale entre les cantons 1 Une fois que les assureurs ont présenté leurs créances conformément à l’art. 36b, al. 2, 2e phrase, l’institution commune calcule le montant dû par chaque canton au titre de la part cantonale visée à l’art. 49a, al. 3bis, 2e phrase, LAMal et demande à chaque canton le paiement de ce montant. Les chiffres fournis par le dernier relevé démogra- phique de l’Office fédéral de la statistique sur la population résidante permanente moyenne sont déterminants pour le calcul de la population résidante du canton. 2 Après réception des paiements des cantons, l’institution commune règle les créances des assureurs. 3 Les cantons assument en proportion de leur population résidante les coûts que les tâches prévues par le présent article occasionnent à l’institution commune. 4 Le conseil de fondation de l’institution commune édicte un règlement sur la mise en œuvre uniforme de la répartition de la part cantonale entre les cantons. Il consulte les cantons et les assureurs avant de l’adopter. 81 Nouvelle teneur selon le ch. I 1 de l’O du 26 oct. 2022 concernant la mise en œuvre de la Convention sur la coordination de la sécurité sociale entre la Confédération suisse et le Royaume-Uni de Grande-Bretagne et d’Irlande du Nord, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 658). 82 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 2 nov. 2011, en vigueur depuis le 1er avr. 2012 (RO 2012 955). 83 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 2 nov. 2011, en vigueur depuis le 1er avr. 2012 (RO 2012 955). 84 Introduit par le ch. I de l’O du 28 sept. 1998 (RO 1998 2634). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 15 nov. 2017, en vigueur depuis le 1er janv. 2019 (RO 2017 6723). Assurance-maladie. O 15 / 130 832.102 Art. 19b85 Art. 20 et 2186 Art. 2287 Contentieux 1 En cas de litige entre l’institution commune et un assureur, l’art. 87 de la loi est applicable. L’al. 3 et l’art. 27 de l’ordonnance du 19 octobre 2016 sur la compensation des risques dans l’assurance-maladie88 sont réservés.89 2 En cas de litige entre l’institution commune et un fournisseur de prestations, l’art. 89 de la loi est applicable. 3 L’institution commune tranche sous la forme d’une décision au sens de l’art. 5 de la loi fédérale du 20 décembre 1968 sur la procédure administrative (PA)90 les litiges qui l’opposent à un assureur concernant:91 a. la redistribution des réserves selon l’art. 43, al. 3, de la loi du 26 septembre 2014 sur la surveillance de l’assurance-maladie (LSAMal)92; b. les contributions des assureurs au financement du fonds d’insolvabilité selon l’art. 48, let. a, LSAMal; c. les versements issus du fonds d’insolvabilité selon l’art. 51, al. 1, LSAMal;93 d.94 la répartition de la part cantonale entre les cantons au sens de l’art. 19a. 3bis Elle tranche sous la forme d’une décision au sens de l’art. 5 PA les litiges qui l’opposent à un canton concernant la répartition de la part cantonale entre les cantons au sens de l’art. 19a.95 85 Introduit par le ch. I de l’O du 26 avr. 2006 (RO 2006 1717). Abrogé par l’annexe ch. 3 de l’O du 18 nov. 2015 sur la surveillance de l’assurance-maladie, avec effet au 1er janv. 2016 (RO 2015 5165). 86 Abrogés par l’annexe ch. 3 de l’O du 18 nov. 2015 sur la surveillance de l’assurance-ma- ladie, avec effet au 1er janv. 2016 (RO 2015 5165). 87 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 11 sept. 2002, en vigueur depuis le 1er janv. 2003 (RO 2002 3908). 88 RS 832.112.1 89 Nouvelle teneur selon l’art. 31 de l’O du 19 oct. 2016 sur la compensation des risques dans l’assurance-maladie, en vigueur depuis le 1er janv. 2020 (RO 2016 4059). 90 RS 172.021 91 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 15 nov. 2017, en vigueur depuis le 1er janv. 2019 (RO 2017 6723). 92 RS 832.12 93 Introduit par le ch. I de l’O du 3 déc. 2004 (RO 2004 5075). Nouvelle teneur selon l’art. 31 de l’O du 19 oct. 2016 sur la compensation des risques dans l’assurance-maladie, en vigueur depuis le 1er janv. 2020 (RO 2016 4059). 94 Introduite par le ch. I de l’O du 15 nov. 2017, en vigueur depuis le 1er janv. 2019 (RO 2017 6723). 95 Introduit par le ch. I de l’O du 15 nov. 2017, en vigueur depuis le 1er janv. 2019 (RO 2017 6723). Assurance en cas de maladie et d’accidents 16 / 130 832.102 4 Les voies de droit sont régies par les dispositions générales de la procédure fédé- rale.96 Chapitre 4 Promotion de la santé Art. 23 1 Les art. 45 et 46 de la loi du 26 septembre 2014 sur la surveillance de l’assurance- maladie (LSAMal)97 sont applicables par analogie à la surveillance de l’institution visée à l’art. 19, al. 2, LAMal.98 2 L’institution adresse à l’OFSP, avec les documents requis pour la surveillance, sa proposition de contribution pour l’année suivante (art. 20, al. 1, LAMal). Cette pro- position doit être accompagnée d’un programme d’activité et d’un budget. 3 Le rapport de gestion est publié.99 Chapitre 5 Surveillance Section 1 … Art. 24 à 26100 Section 2 Recours de l’OFSP Art. 27101 1 Les jugements rendus par les tribunaux cantonaux des assurances (art. 57 LPGA et 87 LAMal), par les tribunaux arbitraux cantonaux (art. 89 LAMal) et par le Tribunal administratif fédéral en matière d’assurance-maladie sociale doivent être communi- qués à l’OFSP. 2 L’OFSP a qualité pour former un recours devant le Tribunal fédéral contre les juge- ments visés à l’al. 1. 96 Introduit par le ch. I de l’O du 26 avr. 2006, en vigueur depuis le 10 mai 2006 (RO 2006 1717). 97 RS 832.12 98 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 15 nov. 2017, en vigueur depuis le 1er janv. 2018 (RO 2017 6723). 99 Introduit par le ch. I de l’O du 15 nov. 2017, en vigueur depuis le 1er janv. 2018 (RO 2017 6723). 100 Abrogés par l’annexe ch. 3 de l’O du 18 nov. 2015 sur la surveillance de l’assurance-ma- ladie, avec effet au 1er janv. 2016 (RO 2015 5165). 101 Nouvelle teneur selon le ch. II 95 de l’O du 8 nov. 2006 portant adaptation d’O du CF à la révision totale de la procédure fédérale, en vigueur depuis le 1er janv. 2007 (RO 2006 4705). Assurance-maladie. O 17 / 130 832.102 Section 3 Données102 Art. 28103 Données des assureurs 1 Les assureurs transmettent régulièrement à l’OFSP, conformément à l’art. 21, al. 2, let. a à c, LAMal, les données suivantes par assuré: a. données sociodémographiques: 1. code de liaison, 2. âge, sexe et lieu de résidence, 3. groupe de risques au sens de l’art. 11 de l’ordonnance du 19 octobre 2016 sur la compensation des risques (OCoR)104 et répartition de l’assuré en groupes de coûts pharmaceutiques au sens de l’art. 12 OCoR; b. données sur la couverture d’assurance: 1. début et fin de couverture, 2. propriétés de la prime, telles que champ territorial d’activité de l’assu- reur, région de prime, catégorie des formes particulières d’assurance au sens des art. 93 à 101, forme d’assurance, désignation du modèle d’assu- rance et son abréviation, appartenance de la personne assurée à un mé- nage comportant plusieurs enfants ou jeunes adultes, barème de primes dans l’assurance avec bonus, hauteur de la franchise et couverture des accidents, 3. indication du montant de la prime avec et sans la contribution du canton, supplément de prime au sens de l’art. 8, réductions de primes et autres rabais, 4. indication si la couverture d’assurance au sens de l’art. 3, al. 4, LAMal est suspendue ou non, 5. indication si l’assuré est soumis à la compensation des risques ou non, 6. raisons des mutations de couverture, telles qu’entrée et sortie, naissance, décès, changement d’assureur et changement interne, 7. coûts totaux des prestations rémunérées et participation aux coûts, 8. pour les assurés qui sont sortis l’une des années antérieures, date de sor- tie; c. données sur les décomptes de prestations relatifs aux couvertures au sens de la let. b: 1. numéro de décompte, sous forme pseudonymisée, 2. date du décompte, 3. dates de début et de fin de traitement, 4. coûts totaux des prestations rémunérées et participation aux coûts, 102 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 nov. 2022, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 814). 103 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 nov. 2022, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 814). 104 RS 832.112.1 Assurance en cas de maladie et d’accidents 18 / 130 832.102 5. indications relatives au fournisseur de prestations, telles que numéro de registre créancier ou identifiant (Global Location Number, GLN), 6. domaine du catalogue de prestations, tel que maladie, prévention, infir- mité congénitale, accident et maternité, 7. type de prestations, tel que type de traitement, type de tarif et type de coûts, 8. montant facturé, montant pris en charge, montant de la part de la fran- chise et de la quote-part, 9. dans le cas de prestations hospitalières: contribution aux frais de séjour hospitalier et durée du séjour, 10. dans le cas de prestations ambulatoires, nombre de consultations. 2 Ils fournissent à l’OFSP toutes les données par voie électronique, qu’il s’agisse de données agrégées ou par assuré. En cas d’adaptation des relevés, ils peuvent en être dispensés par l’OFSP, à leur demande et pour une période limitée, s’ils ne disposent pas des moyens techniques nécessaires. 3 Les assureurs fournissent à l’OFSP les données visées à l’al. 2 à leurs frais, de manière exacte et complète et dans les délais impartis. 4 Ils transmettent à l’OFSP, régulièrement et à leurs frais, les données complètes du registre du code-créanciers. 5 L’OFSP veille à ce que la communication des données requises occasionne aussi peu de travail que possible aux assureurs. 6 Afin de limiter les coûts, l’OFSP peut apparier les données visées à l’al. 1 avec d’autres sources de données pour autant que l’accomplissement des tâches visées à l’art. 21, al. 2, let. a à c, LAMal le requière. Il ne peut les apparier pour l’accomplis- sement d’autres tâches que si les données visées à l’al. 1 ont été anonymisées. 7 L’OFSP émet, après avoir consulté les assureurs, des directives sur les mesures à prendre en vertu des al. 1 à 4. 8 L’exploitation des données au sens de l’art. 21, al. 3, LAMal comprend toute forme de traitement au sens du droit fédéral de la protection des données, y compris la com- munication de données. 9 L’OFSP met les résultats issus des données récoltées conformément à l’al. 2 à la disposition des organes participant à l’application de la LAMal. Il s’assure que l’ano- nymat des assurés soit garanti. Art. 28a105 105 Introduit par le ch. I de l’O du 22 oct. 2008 (RO 2008 5097). Abrogé par l’annexe ch. 3 de l’O du 18 nov. 2015 sur la surveillance de l’assurance-maladie, avec effet au 1er janv. 2016 (RO 2015 5165). Assurance-maladie. O 19 / 130 832.102 Art. 28b106 Publication des données des assureurs 1 L’OFSP publie les données visées à l’art. 28 en garantissant l’anonymat des assurés; il les met à disposition sous forme électronique sur un portail de la Confédération destiné à la publication de données. 2 Il veille: a. à ce qu’apparaissent notamment les informations sur les formes d’assurance, les prestations d’assurance et les coûts, distingués selon l’âge, le sexe et la région ainsi que selon les catégories de fournisseurs de prestations, d’établis- sements et de soins; b. à ce que les données par assuré ne permettent pas de remonter à l’assureur. 3 Il publie, par assureur, notamment les chiffres suivants concernant l’assurance-ma- ladie sociale: a. recettes et dépenses; b. résultat par assuré; c. réserves; d. provisions pour cas d’assurance non liquidés; e. coûts des soins; f. compensation des risques; g. frais d’administration; h. effectif des assurés; i. primes; j. bilan et compte d’exploitation. Art. 28c107 Demande d’utilisation particulière 1 Quiconque a besoin, pour une utilisation particulière, d’autres données que celles publiées en vertu de l’art. 28b ou de ces données sous une autre forme peut faire une demande à l’OFSP. 2 L’OFSP examine la demande en tenant compte du droit sur la protection des don- nées. Il procède à une analyse matérielle et individuelle, cas par cas, et détermine, notamment sous l’angle du risque de réidentification de l’assuré, si des données peu- vent être communiquées. Si tel est le cas, il examine quelles données, agrégées ou par assuré, peuvent être communiquées, et avec quel degré de détail. Il veille à ce que le respect du secret des affaires soit garanti et peut faire dépendre la communication de données de la conclusion d’un contrat de protection des données. 106 Introduit par le ch. I de l’O du 22 oct. 2008 (RO 2008 5097). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 nov. 2022, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 814). 107 Introduit par le ch. I de l’O du 23 nov. 2022, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 814). Assurance en cas de maladie et d’accidents 20 / 130 832.102 3 Après avoir procédé à une analyse matérielle et individuelle, cas par cas, il peut communiquer régulièrement aux organes participant à l’application de la LAMal les données visées à l’art. 28, al. 1, en veillant à ce que l’anonymat des assurés soit garanti et que les données soient nécessaires à l’accomplissement des tâches qui leur incom- bent en vertu de la LAMal. Il peut faire dépendre la transmission de données de la conclusion d’un contrat de protection des données. 4 Il publie régulièrement les noms des destinataires des données visés aux al. 2 et 3. 5 Il transmet les données en fonction de ses moyens techniques, organisationnels et humains. 6 Il peut percevoir un émolument pour le traitement de la demande. L’émolument est fixé en fonction du temps qui a été consacré à la prestation, mais ne peut dépasser 10 000 francs. Le tarif horaire est compris entre 90 et 200 francs, en fonction des connaissances requises et le niveau de fonction du personnel chargé de l’exécution. Pour le reste, les dispositions de l’ordonnance générale du 8 septembre 2004 sur les émoluments108 s’appliquent. Art. 29109 Effectif moyen des assurés Pour le calcul de l’effectif moyen des assurés qu’il doit communiquer, l’assureur ad- ditionne les jours d’assurance de tous les assurés pour l’année considérée et divise cette somme par le nombre de jours que compte cette année. Art. 30110 Données des fournisseurs de prestations Les fournisseurs de prestations communiquent à l’Office fédéral de la statistique (OFS) les données suivantes conformément à l’art. 59a, al. 1, LAMal, pour autant qu’elles soient nécessaires au contrôle du caractère économique et de la qualité de leurs prestations tel que prévu par la LAMal: a. les données sur l’activité (art. 59a, al. 1, let. a, LAMal), notamment: 1. le genre d’activité et l’offre de prestations, 2. les sites, 3. l’infrastructure technico-médicale, 4. la forme juridique et le type de contribution publique; b. les données sur le personnel (art. 59a, al. 1, let. b, LAMal), notamment: 1. l’effectif du personnel, 2. l’offre de formation de base et de formation postgrade, 3. les données sur le volume d’occupation et la fonction ainsi que les carac- téristiques sociodémographiques, 108 RS 172.041.1 109 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 15 nov. 2017, en vigueur depuis le 1er janv. 2018 (RO 2017 6723). 110 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 29 juin 2016, en vigueur depuis le 1er août 2016 (RO 2016 2689). Assurance-maladie. O 21 / 130 832.102 4. les données sur le personnel en formation de base ou en formation post- grade; c. les données relatives aux patients (art. 59a, al. 1, let. c, LAMal), notamment: 1. les consultations ambulatoires, les entrées et sorties, les jours de soins et l’occupation des lits, 2. les diagnostics, le degré de morbidité, le type d’entrée et de sortie, le besoin en soins et les caractéristiques sociodémographiques; d. les données concernant les prestations (art. 59a, al. 1, let. d, LAMal), notam- ment: 1. le genre de prestations, les examens et les traitements, 2. le volume des prestations; e. les données sur les coûts des prestations hospitalières (art. 59a, al. 1, let. d, LAMal), notamment les coûts de revient et les produits par cas; f. les données financières (art. 59a, al. 1, let. e, LAMal), notamment: 1. les charges d’exploitation de la comptabilité financière, la comptabilité des salaires et la comptabilité des immobilisations, 2. les produits d’exploitation de la comptabilité financière, 3. le résultat d’exploitation de la comptabilité financière; g. les indicateurs de qualité médicaux (art. 59a, al. 1, let. f, LAMal), notamment les données dont l’analyse permet de déterminer dans quelle mesure les pres- tations médicales sont efficaces, efficientes, appropriées, sûres, centrées sur les besoins du patient, non discriminatoires et fournies à temps. Art. 30a111 Collecte et traitement des données des fournisseurs de prestations 1 Les fournisseurs de prestations doivent transmettre les données en respectant les va- riables fixées dans l’annexe de l’ordonnance du 30 juin 1993 sur les relevés statis- tiques112; ils doivent les transmettre à leurs frais, de manière exacte et complète, dans les délais impartis et en garantissant l’anonymat des patients. 2 Ils sont tenus de transmettre les données à l’OFS par voie électronique sous forme chiffrée. 3 Les fournisseurs de prestations et l’OFS peuvent soumettre les données à un contrôle préalable formel, portant notamment sur la lisibilité, l’exhaustivité et la plausibilité des données. 4 Si l’OFS constate des lacunes dans les données livrées, il donne au fournisseur de prestations un délai supplémentaire pour livrer des données exactes et complètes. À l’expiration du délai, l’OFS prépare les données sans contrôle supplémentaire pour leur transmission au destinataire visé à l’art. 30b; il annote les données en consé- quence. 111 Introduit par le ch. I de l’O du 29 juin 2016, en vigueur depuis le 1er août 2016 (RO 2016 2689). 112 RS 431.012.1 Assurance en cas de maladie et d’accidents 22 / 130 832.102 5 Il fixe en accord avec l’OFSP la périodicité et les délais pour la transmission des données. 6 Il peut réutiliser à des fins statistiques, dans le respect de la législation sur la statis- tique fédérale, les données recueillies en les rendant anonymes ou en utilisant des pseudonymes. 7 Il peut produire des indicateurs de qualité en appariant des données visées à l’art. 30 à d’autres sources de données. Les art. 13h à 13n de l’ordonnance du 30 juin 1993 sur les relevés statistiques113 s’appliquent par analogie, à l’exception des dispositions ré- glant l’appariement de données sur mandat de tiers. Art. 30b114 Transmission des données des fournisseurs de prestations 1 L’OFS transmet aux destinataires suivants les données ci-après: a.115 à l’OFSP: les données visées à l’art. 30, pour autant qu’elles soient nécessaires pour évaluer les tarifs (art. 43, 46, al. 4, et 47 LAMal), procéder aux compa- raisons entre hôpitaux (art. 49, al. 8, LAMal), contrôler le caractère écono- mique et la qualité des prestations (art. 32, 58 et 59 LAMal), définir les critères et les principes méthodologiques à appliquer pour fixer les nombres maxi- maux (art. 55a, al. 2, LAMal) ou publier des données (art. 59a, al. 3, LAMal); abis.116 à la Commission fédérale pour la qualité: les données nécessaires pour rem- plir les tâches visées à l’art. 58c LAMal; b. aux autorités cantonales compétentes: 1. les données visées à l’art. 30, pour autant qu’elles soient nécessaires pour la planification des hôpitaux, des maisons de naissance et des établisse- ments médico-sociaux (art. 39 LAMal), 2. les données visées à l’art. 30, let. a, d et e, pour autant qu’elles soient nécessaires pour l’évaluation des tarifs (art. 43, 46, al. 4, et 47 LAMal), 3.117 les données visées à l’art. 30, pour autant qu’elles soient nécessaires pour fixer les nombres maximaux (art. 55a LAMal); c. aux assureurs: les données visées à l’art. 30, let. a, c, d et e, pour autant qu’elles soient nécessaires pour appliquer les dispositions relatives au contrôle du caractère économique des prestations prises en charge par l’assurance obli- gatoire des soins; d. au Surveillant des prix: les données visées à l’art. 30, pour autant qu’elles soient nécessaires pour l’examen des prix et des tarifs dans le système de santé 113 RS 431.012.1 114 Introduit par le ch. I de l’O du 29 juin 2016, en vigueur depuis le 1er août 2016 (RO 2016 2689). 115 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 116 Introduite par le ch. I de l’O du 24 fév. 2021, en vigueur depuis le 1er avr. 2021 (RO 2021 152). 117 Introduit par le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). Assurance-maladie. O 23 / 130 832.102 au sens de l’art. 14 de la loi fédérale du 20 décembre 1985 concernant la sur- veillance des prix118. 2 Il garantit l’anonymat du personnel au sens de l’art. 30, let. b, et celui des patients au sens de l’art. 30, let. c, lors de la transmission des données personnelles. 3 Les données visées à l’art. 30 sont en principe transmises sous forme agrégée pour l’ensemble de l’entreprise. Les données visées à l’art. 30, let. b à e et g, sont trans- mises aux destinataires suivants sous forme de données individuelles: a. à l’OFSP; b. aux autorités cantonales compétentes pour la planification des hôpitaux, des maisons de naissance et des établissements médico-sociaux. Art. 30c119 Règlement de traitement L’OFS établit en collaboration avec l’OFSP un règlement de traitement au sens de l’art. 21 de l’ordonnance du 14 juin 1993 relative à la loi fédérale sur la protection des données120 pour la collecte, le traitement et la transmission de données visées à l’art. 59a LAMal. Les variables au sens de l’art. 30a, al. 1, qui doivent être transmises par les fournisseurs de prestations sont fixées dans le règlement de traitement après consultation des milieux concernés. Art. 31121 Publication des données des fournisseurs de prestations 1 L’OFSP publie la synthèse des données recueillies par l’OFS en vertu de l’art. 59a LAMal et par l’OFSP en vertu de l’art. 51 de la loi du 23 juin 2006 sur les professions médicales122 de façon à ce qu’apparaissent clairement, notamment, les informations ou les chiffres suivants de l’assurance-maladie sociale, par fournisseur de prestations ou par catégorie de fournisseurs de prestations: a. offre de prestations des fournisseurs de prestations; b. diplômes et titres postgrades des fournisseurs de prestations; c. indicateurs de qualité médicaux; d. étendue et genre des prestations fournies; e. évolution des coûts. 2 Il publie la synthèse des données transmises concernant les hôpitaux et autres insti- tutions au sens de l’art. 39 LAMal et concernant les organisations de soins et d’aide à domicile au sens de l’art. 51 de la présente ordonnance pour chaque institution en indiquant leur nom et leur site. Pour les autres fournisseurs de prestations, il publie les 118 RS 942.20 119 Introduit par le ch. I de l’O du 29 juin 2016, en vigueur depuis le 1er août 2016 (RO 2016 2689). 120 RS 235.11 121 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 29 juin 2016, en vigueur depuis le 1er août 2016 (RO 2016 2689). 122 RS 811.11 Assurance en cas de maladie et d’accidents 24 / 130 832.102 données par groupe de fournisseurs de prestations. Les données personnelles concer- nant les patients et le personnel ne sont pas publiées. Art. 31a123 Sécurité et conservation des données Si la conservation, l’effacement et la destruction des données ne sont pas réglés dans d’autres dispositions, les autorités auxquelles sont remises les données visées à l’art. 59a LAMal doivent respecter les principes suivants: a. protéger les données contre tout traitement non autorisé en prenant les me- sures organisationnelles et techniques nécessaires; b. effacer les données dès que celles-ci ne sont plus nécessaires pour réaliser l’objectif pour lequel elles ont été transmises; c. détruire les données au plus tard cinq ans après leur réception, à moins qu’elles doivent être archivées. Art. 32 Analyse des effets 1 L’OFSP, en collaboration avec les assureurs, les fournisseurs de prestations, les can- tons et des représentants des milieux scientifiques, procède à des études scientifiques sur l’application et les effets de la loi. 2 Ces études ont pour objet l’influence de la loi sur la situation et le comportement des assurés, des fournisseurs de prestations et des assureurs. Elles servent notamment à examiner si la qualité et le caractère économique des soins de base sont garantis et si les objectifs de politique sociale et de concurrence sont atteints. 3 En vue de l’exécution de ces études, l’OFSP peut faire appel à des instituts scienti- fiques et nommer des groupes d’experts. Titre 3 Prestations Chapitre 1 Désignation des prestations Art. 33 Prestations générales Le Département fédéral de l’intérieur (DFI) désigne, après avoir consulté la commis- sion compétente:124 a. les prestations fournies par les médecins ou les chiropraticiens dont les coûts ne sont pas pris en charge par l’assurance obligatoire des soins ou le sont à certaines conditions; 123 Introduit par le ch. I de l’O du 29 juin 2016, en vigueur depuis le 1er août 2016 (RO 2016 2689). 124 Nouvelle teneur selon l’annexe ch. 3 de l’O du 18 nov. 2015 sur la surveillance de l’assu- rance-maladie, en vigueur depuis le 1er janv. 2016 (RO 2015 5165). Assurance-maladie. O 25 / 130 832.102 b.125 les prestations visées à l’art. 25, al. 2 et 25a, al. 1 et 2, de la loi qui ne sont pas fournies par les médecins ou les chiropraticiens; c. les prestations nouvelles ou controversées dont l’efficacité, l’adéquation ou le caractère économique sont en cours d’évaluation; il détermine les conditions et l’étendue de la prise en charge des coûts par l’assurance obligatoire des soins; d. les mesures de prévention visées à l’art. 26 de la loi, les prestations en cas de maternité visées à l’art. 29, al. 2, let. a et c, de la loi et les soins dentaires visés à l’art. 31, al. 1, de la loi; e.126 les moyens et appareils au sens de l’art. 52, al. 1, let. a, ch. 3, de la loi qui doivent être pris en charge par l’assurance obligatoire des soins; il fixe des montants maximaux pour leur rémunération; f. la participation aux frais de cures balnéaires prévue à l’art. 25, al. 2, let. c, de la loi; cette participation sert à couvrir les frais de cure qui ne le sont pas par d’autres prestations de l’assurance obligatoire des soins; elle peut être versée 21 jours au plus par année civile; g. la contribution aux frais de transport et de sauvetage prévue à l’art. 25, al. 2, let. g, de la loi; les transports médicalement nécessaires d’un hôpital à l’autre font partie du traitement hospitalier; h.127 la procédure d’évaluation des soins requis; i.128 le montant des contributions en fonction du besoin en soins prévues à l’art. 25a, al. 1 et 4 de la loi. Art. 34 Analyses et médicaments Les listes désignées à l’art. 52, al. 1, let. a, ch. 1 (liste des analyses) et 2 (liste des médicaments), et let. b (liste des spécialités), de la loi sont établies après consultation de la commission compétente. Art. 35129 Infirmité congénitale Le DFI veille à ce que les mesures médicales prodiguées en cas d’infirmité congéni- tale soient prises en charge par l’assurance obligatoire des soins dès que l’assuré at- teint l’âge auquel cesse le droit aux prestations de l’assurance-invalidité, en tenant compte des conditions énoncées aux art. 32 à 34 et 43 à 52a de la loi. 125 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 24 juin 2009, en vigueur depuis le 1er janv. 2011 (RO 2009 3525 6847 ch. II 2). 126 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 4 juin 2021, en vigueur depuis le 1er oct. 2021 (RO 2021 346). 127 Introduite par le ch. I de l’O du 24 juin 2009, en vigueur depuis le 1er janv. 2011 (RO 2009 3525 6847 ch. II 2). 128 Introduite par le ch. I de l’O du 24 juin 2009, en vigueur depuis le 1er janv. 2011 (RO 2009 3525 6847 ch. II 2). 129 Nouvelle teneur selon l’annexe ch. 4 de l’O du 3 nov. 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 706). Assurance en cas de maladie et d’accidents 26 / 130 832.102 Art. 35a130 Médecine complémentaire L’évaluation de l’efficacité, de l’adéquation et de l’économicité des prestations de médecine complémentaire se fonde en particulier sur les critères suivants: a. la tradition de recherche et d’application de la discipline dans laquelle les pres- tations sont fournies; b. les preuves scientifiques et l’expérience médicale sur lesquelles les prestations se fondent; c. la formation postgrade spécifique complémentaire durant laquelle les connais- sances, les aptitudes et les capacités nécessaires pour fournir les prestations sont transmises. Chapitre 2 Étendue de la prise en charge Art. 36 Prestations à l’étranger 1 Le DFI désigne, après avoir consulté la commission compétente, les prestations pré- vues aux art. 25, al. 2, et 29 de la loi dont les coûts occasionnés à l’étranger sont pris en charge par l’assurance obligatoire des soins lorsqu’elles ne peuvent être fournies en Suisse. 2 L’assurance obligatoire des soins prend en charge le coût des traitements effectués en cas d’urgence à l’étranger. Il y a urgence lorsque l’assuré, qui séjourne temporai- rement à l’étranger, a besoin d’un traitement médical et qu’un retour en Suisse n’est pas approprié. Il n’y a pas d’urgence lorsque l’assuré se rend à l’étranger dans le but de suivre ce traitement. 3 L’assurance obligatoire des soins prend en charge, dans le cadre de l’art. 29 de la loi, les coûts d’un accouchement ayant eu lieu à l’étranger lorsqu’il constitue le seul moyen de procurer à l’enfant la nationalité de la mère ou du père, ou lorsque l’enfant serait apatride s’il était né en Suisse. 4 Les prestations visées aux al. 1 et 2, et les traitements effectués à l’étranger pour les frontaliers, les travailleurs détachés et les personnes occupées par un service public, ainsi que pour les membres de leur famille (art. 3 à 5), sont pris en charge jusqu’à concurrence du double du montant qui aurait été payé si le traitement avait eu lieu en Suisse; dans les cas prévus à l’al. 3, le montant maximum correspond à celui qui aurait été payé en Suisse. Pour les assurés visés aux art. 4 et 5, la prise en charge des coûts s’effectue sur la base des tarifs et des prix applicables à leur dernier lieu de résidence en Suisse. Si le traitement effectué pour les assurés visés à l’art. 1, al. 2, let. d à ebis, ne suit pas les règles sur l’entraide internationale en matière de prestations, la prise en charge des coûts s’effectue sur la base des tarifs et des prix applicables à leur dernier lieu de résidence ou de travail en Suisse; si aucun de ces lieux ne peut être déterminé, 130 Introduit par le ch. I de l’O du 16 juin 2017, en vigueur depuis le 1er août 2017 (RO 2017 3687). Assurance-maladie. O 27 / 130 832.102 la prise en charge s’effectue sur la base des tarifs et des prix applicables dans le canton du siège de l’assureur.131 5 Les dispositions sur l’entraide internationale en matière de prestations demeurent réservées.132 Art. 36a133 Prise en charge des coûts dans le cadre de la coopération transfrontalière 1 L’OFSP peut autoriser des programmes de coopération transfrontalière prévoyant la prise en charge par des assureurs de prestations fournies à l’étranger, dans des zones frontières, à des personnes résidant en Suisse. 2 La demande d’autorisation doit être déposée conjointement par un ou plusieurs can- tons frontaliers et par un ou plusieurs assureurs. Elle doit l’être quatre mois avant le début envisagé de la coopération transfrontalière. 3 Le programme doit remplir les exigences suivantes: a. être ouvert aux personnes qui sont assurées au titre de l’assurance obligatoire des soins auprès des assureurs participant à la coopération transfrontalière et qui résident dans un canton frontalier participant à cette coopération; b. prévoir que les assurés ne peuvent pas être tenus de se faire traiter à l’étranger; c. circonscrire les prestations fournies à l’étranger qui sont prises en charge au titre de l’assurance obligatoire des soins parmi celles qui remplissent les con- ditions fixées par la loi; d. contenir la liste des fournisseurs de prestations étrangers qui respectent des exigences similaires à celles de la loi et qui sont admis à cet titre à pratiquer dans le cadre de la coopération transfrontalière; e. prévoir que les tarifs et les prix des prestations fournies à l’étranger doivent être convenus entre les assureurs et les fournisseurs de prestations étrangers; ils ne doivent pas dépasser ceux applicables dans le canton frontalier partici- pant au programme et doivent remplir les exigences fixées par les art. 43, 49 et 52 LAMal; f. prévoir que les fournisseurs de prestations étrangers doivent respecter les ta- rifs et les prix fixés par convention et ne peuvent exiger de rémunération plus élevée pour des prestations visées à la let. c. 131 Nouvelle teneur selon le ch. I 1 de l’O du 26 oct. 2022 concernant la mise en œuvre de la Convention sur la coordination de la sécurité sociale entre la Confédération suisse et le Royaume-Uni de Grande-Bretagne et d’Irlande du Nord, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 658). 132 Introduit par le ch. I de l’O du 3 juil. 2001, en vigueur depuis le 1er juin 2002 (RO 2002 915). 133 Introduit par le ch. I de l’O du 26 avr. 2006 (RO 2006 1717). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 15 nov. 2017, en vigueur depuis le 1er janv. 2018 (RO 2017 6723). Assurance en cas de maladie et d’accidents 28 / 130 832.102 Art. 36b134 Prise en charge des coûts des assurés résidant à l’étranger 1 Le canton de référence au sens de l’art. 41, al. 2ter, LAMal est le canton de Berne. 2 En cas de traitement hospitalier en Suisse suivi par des assurés qui résident dans un État membre de l’Union européenne, en Islande, en Norvège ou au Royaume-Uni et qui touchent une rente suisse ou par des membres de leur famille, les assureurs remet- tent à l’hôpital leur part ainsi que, à titre de prestation préalable, la part cantonale visée à l’art. 49a, al. 3bis, 1re phrase, LAMal. Pour le remboursement de la prestation préa- lable, les assureurs présentent leurs créances envers les cantons à l’institution com- mune. Art. 37135 Prise en charge des coûts des personnes assurées à l’étranger dans le cadre de l’entraide internationale en matière de prestations En cas de traitement hospitalier en Suisse dans un hôpital répertorié suivi par des per- sonnes qui résident dans un État membre de l’Union européenne, en Islande, au Liech- tenstein, en Norvège ou au Royaume-Uni lors d’un séjour en Suisse pour lequel elles ont droit à l’entraide internationale en matière de prestations en vertu de l’art. 95a LAMal ou d’accords internationaux, l’assureur étranger assume les rémunérations facturées conformément à l’art. 49, al. 1, LAMal. Chapitre 3136 Commissions Art. 37a137 Commissions consultatives Les commissions consultatives au sens de l’art. 33, al. 4, de la loi sont: a. la Commission fédérale des prestations générales et des principes (Commis- sion des prestations et des principes); b. la Commission fédérale des analyses, moyens et appareils (Commission des analyses, moyens et appareils); c. la Commission fédérale des médicaments. Art. 37b138 Dispositions générales 1 Le Conseil fédéral nomme le président et les autres membres des commissions. 134 Introduit par le ch. I de l’O du 15 nov. 2017, en vigueur depuis le 1er janv. 2019 (RO 2017 6723). 135 Nouvelle teneur selon le ch. I 1 de l’O du 26 oct. 2022 concernant la mise en œuvre de la Convention sur la coordination de la sécurité sociale entre la Confédération suisse et le Royaume-Uni de Grande-Bretagne et d’Irlande du Nord, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 658). 136 Introduit par le ch. I de l’O du 25 juin 1997, en vigueur depuis le 1er janv. 1998 (RO 1997 1639). 137 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 27 juin 2007, en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 3573). 138 Nouvelle teneur selon le ch. I 2.10 de l’O du 9 nov. 2011 (Réexamen des commissions extraparlementaires), en vigueur depuis le 1er janv. 2012 (RO 2011 5227). Assurance-maladie. O 29 / 130 832.102 2 Chaque commission se dote d’un règlement. Ce règlement règle notamment: a. le mode de travail de la commission et la composition des sous-commissions; b. les directives et procédures relatives à la désignation des prestations; c. la participation d’experts. 3 La participation d’experts est obligatoire lorsque la commission examine des pres- tations effectuées par des fournisseurs de prestations qui ne sont pas représentés. 4 Le règlement est soumis à l’approbation du DFI. 5 Le DFI approuve la constitution des sous-commissions. Il en désigne le président et les autres membres. 6 L’OFSP assure le secrétariat des commissions et veille à la coordination de leurs travaux. Il peut charger des tiers d’assurer le secrétariat des commissions. Art. 37c139 Art. 37d140 Commission fédérale des prestations générales et des principes 1 La Commission fédérale des prestations générales et des principes conseille le DFI pour la désignation des prestations visées à l’art. 33, pour l’élaboration des disposi- tions à édicter en application des art. 36, al. 1, 77k et 104a, al. 4, ainsi que pour l’éva- luation de principes dans l’assurance-maladie en tenant compte des aspects éthiques lors de la désignation des prestations.141 2 Elle est chargée en particulier des tâches suivantes: a. définition de principes dans le domaine des prestations, examen et élaboration de propositions de dispositions d’ordonnance sur les principes à observer dans le domaine des prestations; b. établissement des principes visant à assurer la protection des données et pré- server les intérêts des assurés lors de la désignation des prestations de l’assu- rance-maladie; c. élaboration de critères pour l’évaluation des prestations visées à l’art. 33, al. 3, de la loi et à l’art. 70. 3 Elle se compose de 18 membres, à savoir: a. quatre médecins, dont un représentant de la médecine complémentaire; b. un représentant des hôpitaux; c. un pharmacien représentant la commission des médicaments; d. deux représentants des assureurs-maladie; 139 Abrogé par le ch. I de l’O du 27 juin 2007, avec effet au 1er janv. 2008 (RO 2007 3573). 140 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 27 juin 2007, en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 3573). 141 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 24 fév. 2021, en vigueur depuis le 1er avr. 2021 (RO 2021 152). Assurance en cas de maladie et d’accidents 30 / 130 832.102 e. deux médecins-conseil; f. deux représentants des assurés; g. un représentant des cantons; h. un représentant de la Commission des analyses, moyens et appareils; i. un enseignant en analyses de laboratoire (expert scientifique); j. deux représentants de l’éthique médicale; k. un représentant de l’industrie de la technique médicale.142 Art. 37e Commission fédérale des médicaments 1 La Commission fédérale des médicaments conseille l’OFSP pour l’établissement de la liste des spécialités prévue par l’art. 34. Elle conseille le DFI dans l’élaboration des dispositions relevant de son domaine qui doivent être édictées en application des art. 36, al. 1, 75, 77k et 104a, al. 4. Elle le conseille aussi pour l’attribution de prin- cipes actifs et de médicaments à un groupe de coûts pharmaceutique (PCG) de la liste prévue par l’art. 4 de l’ordonnance du 19 octobre 2016 sur la compensation des risques dans l’assurance-maladie143 et pour la détermination des doses quotidiennes standard lorsque des médicaments sont admis dans la liste des spécialités pour la première fois ou pour une indication supplémentaire.144 2 Elle se compose de 16 membres, à savoir:145 a. un représentant des facultés de médecine et de pharmacie (expert scienti- fique); b. trois médecins, dont un représentant la médecine complémentaire; c. trois pharmaciens, dont un représentant la médecine complémentaire; d. un représentant des hôpitaux; e. deux représentants des assureurs-maladie; f. deux représentants des assurés; g. deux représentants de l’industrie pharmaceutique; h. un représentant de l’Institut suisse des produits thérapeutiques; i.146 un représentant des cantons.147 142 Nouvelle teneur selon le ch. I 2.10 de l’O du 9 nov. 2011 (Réexamen des commissions extraparlementaires), en vigueur depuis le 1er janv. 2012 (RO 2011 5227). 143 RS 832.112.1 144 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 24 fév. 2021, en vigueur depuis le 1er avr. 2021 (RO 2021 152). 145 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 4 juin 2021, en vigueur depuis le 1er oct. 2021 (RO 2021 346). 146 Introduite par le ch. I de l’O du 18 janv. 2012, en vigueur depuis le 1er fév. 2012 (RO 2012 459) 147 Nouvelle teneur selon le ch. I 2.10 de l’O du 9 nov. 2011 (Réexamen des commissions extraparlementaires), en vigueur depuis le 1er janv. 2012 (RO 2011 5227). Assurance-maladie. O 31 / 130 832.102 Art. 37f Commission fédérale des analyses, moyens et appareils148 1 La Commission fédérale des analyses, moyens et appareils conseille le DFI pour l’établissement de la liste des analyses prévue par l’art. 34, dans l’évaluation et la détermination du montant de la rémunération des moyens et appareils visés à l’art. 33, let. e, et dans l’élaboration des dispositions relevant de son domaine à édicter en ap- plication des art. 36, al. 1, 75, 77, al. 4, et 104a, al. 4.149 2 Elle se compose de 16 membres, à savoir:150 a. deux enseignants en analyses de laboratoire (experts scientifiques); b. un médecin; c. un pharmacien; d. deux représentants des laboratoires; e. deux représentants des assureurs-maladie; f. un médecin-conseil; g. deux représentants des assurés; h. un représentant de l’industrie des équipements et produits diagnostiques; i. un représentant des centres de remise des moyens et appareils; j. deux représentants des fabricants et des distributeurs de moyens et appareils; k.151 un représentant des infirmiers, des organisations de soins et d’aide à domicile et des établissements médico-sociaux.152 Art. 37g153 148 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 27 juin 2007, en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 3573). 149 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 4 juin 2021, en vigueur depuis le 1er oct. 2021 (RO 2021 346). 150 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 4 juin 2021, en vigueur depuis le 1er oct. 2021 (RO 2021 346). 151 Introduite par le ch. I de l’O du 4 juin 2021, en vigueur depuis le 1er oct. 2021 (RO 2021 346). 152 Nouvelle teneur selon le ch. I 2.10 de l’O du 9 nov. 2011 (Réexamen des commissions extraparlementaires), en vigueur depuis le 1er janv. 2012 (RO 2011 5227). 153 Abrogé par le ch. I de l’O du 27 juin 2007, avec effet au 1er janv. 2008 (RO 2007 3573). Assurance en cas de maladie et d’accidents 32 / 130 832.102 Titre 4 Fournisseurs de prestations Chapitre 1 Admission Section 1154 Médecins et institutions de soins ambulatoires dispensés par des médecins Art. 38 Médecins 1 Les médecins sont admis s’ils remplissent les conditions suivantes, outre celles pré- vues à l’art. 37, al. 1 et 3, LAMal: a. disposer d’une autorisation cantonale d’exercer la profession de médecin con- formément à l’art. 34 de la loi fédérale du 23 juin 2006 sur les professions médicales (LPMéd)155; b. être titulaires d’un titre postgrade fédéral dans le domaine de spécialité au sens de la LPMéd faisant l’objet de la demande d’admission; c. prouver qu’ils remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. 2 Les limitations cantonales du nombre de médecins admis (art. 55a LAMal) sont ré- servées. 3 Sont réputés disposer des compétences linguistiques nécessaires au sens de l’art. 37, al. 1, LAMal les médecins qui sont en mesure, dans la langue de la région dans la- quelle ils exercent leur profession: a. de comprendre les points essentiels de textes complexes consacrés à des sujets concrets ou abstraits et d’en saisir les significations implicites; b. de s’exprimer spontanément et couramment, sans trop chercher leurs mots; c. d’utiliser la langue de façon efficace et souple et de s’exprimer sur des sujets complexes de façon claire et structurée. Art. 39 Institutions de soins ambulatoires dispensés par des médecins 1 Les institutions qui offrent des soins ambulatoires dispensés par des médecins sont admises si elles remplissent les conditions suivantes, outre celles prévues à l’art. 37, al. 2 et 3, LAMal: a. fournir leurs prestations en ayant recours à des médecins qui remplissent les conditions de l’art. 38, al. 1, let. a et b; b. prouver qu’elles remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. 2 Les limitations cantonales du nombre de médecins admis (art. 55a LAMal) sont ré- servées. 154 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 155 RS 811.11 Assurance-maladie. O 33 / 130 832.102 Section 2156 Pharmaciens Art. 40157 1 Les pharmaciens sont admis s’ils remplissent les conditions suivantes: a. disposer d’une autorisation cantonale d’exercer la profession de pharmacien conformément à l’art. 34 LPMéd158; b. prouver qu’ils remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. 2 Les cantons fixent les conditions auxquelles les médecins autorisés à tenir une phar- macie sont assimilés aux pharmaciens admis. Ils tiennent compte en particulier des possibilités d’accès des patients à une pharmacie. Art. 41159 Section 3160 Dentistes Art. 42161 Les dentistes sont admis pour les prestations visées à l’art. 31 LAMal s’ils remplissent les conditions suivantes: a. disposer d’une autorisation cantonale d’exercer la profession de dentiste con- formément à l’art. 34 LPMéd162; b. avoir exercé pendant trois ans une activité pratique dans un cabinet de dentiste ou dans un institut dentaire; c. prouver qu’ils remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. Art. 43163 156 Nouvelle teneur selon l’art. 17 de l’O du 27 juin 2007 concernant les diplômes, la forma- tion universitaire, la formation postgrade et l’exercice des professions médicales universi- taires, en vigueur depuis le 1er sept. 2007 (RO 2007 4055). 157 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 158 RS 811.11 159 Abrogé par le ch. I de l’O du 23 juin 2021, avec effet au 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 160 Nouvelle teneur selon l’art. 17 de l’O du 27 juin 2007 concernant les diplômes, la forma- tion universitaire, la formation postgrade et l’exercice des professions médicales universi- taires, en vigueur depuis le 1er sept. 2007 (RO 2007 4055). 161 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 162 RS 811.11 163 Abrogé par le ch. I de l’O du 23 juin 2021, avec effet au 1er janv. 2022 (RO 2021 439). Assurance en cas de maladie et d’accidents 34 / 130 832.102 Section 4 Chiropraticiens et organisations de chiropraticiens164 Art. 44 Chiropraticiens165 1 Les chiropraticiens sont admis s’ils remplissent les conditions suivantes: a. disposer d’une autorisation cantonale d’exercer la profession de chiropraticien conformément à l’art. 34 LPMéd166; b. prouver qu’ils remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g.167 2 …168 3 Sont réservées les dispositions relatives à l’utilisation des radiations ionisantes en chiropratique, notamment l’art. 182, al. 1, let. d de l’ordonnance du 26 avril 2017 sur la radioprotection169 ainsi que ses dispositions d’application émises par le Départe- ment fédéral de l’intérieur.170 Art. 44a171 Organisations de chiropraticiens Les organisations de chiropraticiens sont admises si elles remplissent les conditions suivantes: a. être admises en vertu de la législation du canton dans lequel elles exercent leur activité; b. avoir délimité leur champ d’activité quant au lieu et à l’horaire de leurs inter- ventions, quant aux prestations qu’elles fournissent et quant aux patients aux- quels elles fournissent leurs prestations; c. fournir leurs prestations en ayant recours à des personnes qui remplissent les conditions de l’art. 44, al. 1, let. a; d. disposer des équipements nécessaires aux prestations qu’elles fournissent; e. prouver qu’elles remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. 164 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 165 Introduit par le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 166 RS 811.11 167 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 168 Abrogé par l’art. 17 de l’O du 27 juin 2007 concernant les diplômes, la formation univer- sitaire, la formation postgrade et l’exercice des professions médicales universitaires, avec effet au 1er sept. 2007 (RO 2007 4055). 169 RS 814.501 170 Nouvelle teneur selon l’annexe 11 ch. 7 de l’O du 26 avr. 2017 sur la radioprotection, en vigueur depuis le 1er janv. 2018 (RO 2017 4261). 171 Introduit par le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). Assurance-maladie. O 35 / 130 832.102 Section 5172 Sages-femmes et organisations de sages-femmes Art. 45 Sages-femmes Les sages-femmes sont admises si elles remplissent les conditions suivantes: a. disposer d’une autorisation cantonale d’exercer la profession de sage-femme octroyée conformément à l’art. 11 de la loi fédérale du 30 septembre 2016 sur les professions de la santé (LPSan)173 ou reconnue conformément à l’art. 34, al. 1, LPSan; b. avoir exercé pendant deux ans une activité pratique: 1. auprès d’une sage-femme admise en vertu de la présente ordonnance, 2. dans la division d’obstétrique d’un hôpital, sous la direction d’une sage- femme qui remplit les conditions d’admission de la présente ordonnance, ou 3. dans une organisation de sages-femmes, sous la direction d’une sage- femme qui remplit les conditions d’admission de la présente ordonnance; c. prouver qu’elles remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. Art. 45a Organisations de sages-femmes Les organisations de sages-femmes sont admises si elles remplissent les conditions suivantes: a. être admises en vertu de la législation du canton dans lequel elles exercent leur activité; b. avoir délimité leur champ d’activité quant au lieu et à l’horaire de leurs inter- ventions, quant aux prestations qu’elles fournissent et quant aux patients aux- quels elles fournissent leurs prestations; c. fournir leurs prestations en ayant recours à des personnes qui remplissent les conditions de l’art. 45, let. a et b; d. disposer des équipements nécessaires aux prestations qu’elles fournissent; e. prouver qu’elles remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. 172 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 173 RS 811.21 Assurance en cas de maladie et d’accidents 36 / 130 832.102 Section 6 Personnes prodiguant des soins sur prescription médicale et organisations qui les emploient Art. 46174 Art. 47175 Physiothérapeutes Les physiothérapeutes sont admis s’ils remplissent les conditions suivantes: a. disposer d’une autorisation cantonale d’exercer la profession de physiothéra- peute octroyée conformément à l’art. 11 LPSan176 ou reconnue conformément à l’art. 34, al. 1, LPSan; b. avoir exercé pendant deux ans une activité pratique: 1. auprès d’un physiothérapeute admis en vertu de la présente ordonnance, 2. dans un service hospitalier spécialisé en physiothérapie, sous la direction d’un physiothérapeute qui remplit les conditions d’admission de la pré- sente ordonnance, ou 3. au sein d’une organisation de physiothérapeutes, sous la direction d’un physiothérapeute qui remplit les conditions d’admission de la présente ordonnance; c. exercer à titre indépendant et à leur compte; d. prouver qu’ils remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. Art. 48177 Ergothérapeutes Les ergothérapeutes sont admis s’ils remplissent les conditions suivantes : a. disposer d’une autorisation cantonale d’exercer la profession d’ergothéra- peute octroyée conformément à l’art. 11 LPSan178 ou reconnue conformément à l’art. 34, al. 1, LPSan; b. avoir exercé pendant deux ans une activité pratique: 1. auprès d’un ergothérapeute admis en vertu de la présente ordonnance, 2. dans un hôpital sous la direction d’un ergothérapeute qui remplit les con- ditions d’admission de la présente ordonnance, ou 3. au sein d’une organisation d’ergothérapeutes, sous la direction d’un er- gothérapeute qui remplit les conditions d’admission de la présente or- donnance; c. exercer à titre indépendant et à leur compte; 174 Abrogé par le ch. I de l’O du 23 juin 2021, avec effet au 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 175 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 176 RS 811.21 177 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 178 RS 811.21 Assurance-maladie. O 37 / 130 832.102 d. prouver qu’ils remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. Art. 49179 Infirmiers Les infirmiers sont admis s’ils remplissent les conditions suivantes: a. disposer d’une autorisation cantonale d’exercer la profession d’infirmier oc- troyée conformément à l’art. 11 LPSan180 ou reconnue conformément à l’art. 34, al. 1, LPSan; b. avoir exercé pendant deux ans une activité pratique: 1. auprès d’un infirmier admis en vertu de la présente ordonnance, 2. dans un hôpital ou un établissement médico-social, sous la direction d’un infirmier qui remplit les conditions d’admission de la présente ordon- nance, ou 3. au sein d’une organisation de soins et d’aide à domicile, sous la direction d’un infirmier qui remplit les conditions d’admission de la présente or- donnance. c. exercer à titre indépendant et à leur compte; d. prouver qu’ils remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. Art. 50181 Logopédistes-orthophonistes Les logopédistes-orthophonistes sont admis s’ils remplissent les conditions suivantes: a. être autorisés conformément au droit cantonal à exercer la profession de logo- pédiste-orthophoniste; b. avoir reçu une formation professionnelle théorique et pratique de trois ans de logopédiste-orthophoniste, reconnue par le canton, et avoir subi avec succès l’examen portant sur les branches suivantes: 1. linguistique (linguistique, phonétique, psycholinguistique), 2. logopédie-orthophonie (méthode de thérapie logopédique-orthopho- nique [conseil, examen logopédique-orthophonique, traitement], péda- gogie et psychologie pour les personnes ayant des difficultés de langage, pathologie du langage), 3. médecine (neurologie, oto-rhino-laryngologie, phoniatrie, psychiatrie, stomatologie), 4. pédagogie (pédagogie, pédagogie spécialisée, pédagogie curative), 5. psychologie (psychologie du développement, psychologie clinique, psy- chologie pédagogique, y compris la psychologie de l’apprentissage, psy- chologie sociale), 179 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 180 RS 811.21 181 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). Assurance en cas de maladie et d’accidents 38 / 130 832.102 6. droit (législation sociale); c. avoir exercé pendant deux ans une activité pratique en logopédie-orthophonie clinique, essentiellement dans le traitement des adultes, dont au moins une année dans un hôpital, sous la direction d’un médecin spécialisé (oto-rhino- laryngologue, psychiatre, pédopsychiatre, phoniatre ou neurologue) et en pré- sence d’un logopédiste-orthophoniste qui remplit les conditions d’admission de la présente ordonnance; une année peut avoir été accomplie dans le cabinet d’un médecin spécialisé ou dans une organisation de logopédistes-orthopho- nistes admise en vertu de la présente ordonnance, sous la direction du médecin spécialisé et en compagnie d’un logopédiste-orthophoniste qui remplit les conditions d’admission de la présente ordonnance; d. exercer à titre indépendant et à leur compte; e. prouver qu’ils remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. Art. 50a182 Diététiciens Les diététiciens sont admis s’ils remplissent les conditions suivantes : a. disposer d’une autorisation cantonale d’exercer la profession de diététicien octroyée conformément à l’art. 11 LPSan183 ou reconnue conformément à l’art. 34, al. 1, LPSan; b. avoir exercé pendant deux ans une activité pratique: 1. auprès d’un diététicien admis en vertu de la présente ordonnance, 2. dans un hôpital, sous la direction d’un diététicien qui remplit les condi- tions d’admission de la présente ordonnance, ou 3. au sein d’une organisation de diététique, sous la direction d’un diététicien qui remplit les conditions d’admission de la présente ordonnance. c. exercer à titre indépendant et à leur compte; d. prouver qu’ils remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. Art. 50b184 Neuropsychologues Les neuropsychologues sont admis s’ils remplissent les conditions suivantes: a. être autorisés conformément au droit cantonal à exercer la profession de neu- ropsychologue; b. être titulaires: 182 Introduit par le ch. I de l’O du 25 nov. 1996 (RO 1996 3139). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 183 RS 811.21 184 Introduit par le ch. I de l’O du 9 déc. 2016 (RO 2016 4927). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). Assurance-maladie. O 39 / 130 832.102 1. d’un diplôme en psychologie reconnu et d’un titre postgrade fédéral en neuropsychologie ou reconnu équivalent selon la loi du 18 mars 2011 sur les professions de la psychologie (LPsy)185, ou 2. d’un diplôme en psychologie reconnu selon la LPsy et d’un titre de spé- cialisation en neuropsychologie de la Fédération suisse des psycho- logues; c. exercer à titre indépendant et à leur compte; d. prouver qu’ils remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. Art. 50c186 Psychologues-psychothérapeutes Les psychologues-psychothérapeutes sont admis s’ils remplissent les conditions sui- vantes: a. disposer d’une autorisation cantonale d’exercer la profession de psychothéra- peute conformément à l’art. 22 LPsy187; b. avoir une expérience clinique de trois ans, dont au moins douze mois dans des institutions proposant des traitements psychothérapeutiques et psychiatriques qui disposent de l’une des reconnaissances suivantes de l’Institut suisse pour la formation médicale postgraduée et continue: 1.188 établissement ambulatoire ou hospitalier de formation postgraduée des catégories A, B ou C selon le programme de formation postgraduée «Spécialiste en psychiatrie et psychothérapie» du 1er juillet 2009189, dans la version du 15 décembre 2016, 2. établissement des catégories A, B ou C selon le programme de formation postgraduée «Spécialiste en psychiatrie et psychothérapie d’enfants et d’adolescents» du 1er juillet 2006190, dans la version du 20 décem- bre 2018; c. exercer à titre indépendant et à leur compte; d. prouver qu’ils remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. Art. 50d191 Podologues Les podologues sont admis s’ils remplissent les conditions suivantes: 185 RS 935.81 186 Introduit par le ch. I de l’O du 19 mars 2021 (RO 2021 188). Nouvelle teneur par le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er juil. 2022 (RO 2021 439). Voir aussi la disp. trans. de cette mod. à la fin du texte. 187 RS 935.81 188 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 nov. 2022, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 814). 189 Le document peut être consulté à l’adresse suivante: www.ofsp.admin.ch/ref. 190 Le document peut être consulté à l’adresse suivante: www.ofsp.admin.ch/ref. 191 Introduit par le ch. I de l’O du 26 mai 2021 (RO 2021 323). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). Voir aussi la disp. trans. de cette mod. à la fin du texte. Assurance en cas de maladie et d’accidents 40 / 130 832.102 a. être autorisés conformément au droit cantonal à exercer la profession de po- dologue; b. disposer d’un diplôme d’une école supérieure selon le plan d’études cadre Po- dologie du 12 novembre 2010192, dans la version du 12 décembre 2014, ou d’une formation reconnue équivalente selon le ch. 7.1 du plan d’études cadre; c. avoir exercé pendant deux ans une activité pratique après avoir obtenu leur diplôme: 1. auprès d’un podologue admis en vertu de la présente ordonnance, 2. auprès d’une organisation de podologie admise en vertu de la présente ordonnance, ou 3. dans un hôpital, dans une organisation de soins et d’aide à domicile ou dans un établissement médico-social, sous la direction d’un podologue qui remplit les conditions d’admission de la présente ordonnance. d. exercer à titre indépendant et à leur compte; e. prouver qu’ils remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. Art. 51193 Organisations de soins et d’aide à domicile Les organisations de soins et d’aide à domicile sont admises si elles remplissent les conditions suivantes: a. être admises en vertu de la législation du canton dans lequel elles exercent leur activité; b. avoir délimité leur champ d’activité quant au lieu et à l’horaire de leurs inter- ventions, quant aux prestations qu’elles fournissent et quant aux patients aux- quels elles fournissent leurs prestations; c. disposer du personnel spécialisé nécessaire ayant une formation qui corres- pond à leur champ d’activité; d. disposer des équipements nécessaires aux prestations qu’elles fournissent; e. prouver qu’elles remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. Art. 52194 Organisations de physiothérapie Les organisations de physiothérapie sont admises si elles remplissent les conditions suivantes: a. être admises en vertu de la législation du canton dans lequel elles exercent leur activité; 192 Le document peut être consulté à l’adresse suivante: www.ofsp.admin.ch/ref. 193 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 194 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). Assurance-maladie. O 41 / 130 832.102 b. avoir délimité leur champ d’activité quant au lieu et à l’horaire de leurs inter- ventions, quant aux prestations qu’elles fournissent et quant aux patients aux- quels elles fournissent leurs prestations; c. fournir leurs prestations en ayant recours à des personnes qui remplissent les conditions de l’art. 47, let. a et b; d. disposer des équipements nécessaires aux prestations qu’elles fournissent; e. prouver qu’elles remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. Art. 52a195 Organisations d’ergothérapie Les organisations d’ergothérapie sont admises si elles remplissent les conditions sui- vantes: a. être admises en vertu de la législation du canton dans lequel elles exercent leur activité; b. avoir délimité leur champ d’activité quant au lieu et à l’horaire de leurs inter- ventions, quant aux prestations qu’elles fournissent et quant aux patients aux- quels elles fournissent leurs prestations; c. fournir leurs prestations en ayant recours à des personnes qui remplissent les conditions de l’art. 48, let. a et b; d. disposer des équipements nécessaires aux prestations qu’elles fournissent; e. prouver qu’elles remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. Art. 52b196 Organisations de logopédistes-orthophonistes Les organisations de logopédistes-orthophonistes sont admises si elles remplissent les conditions suivantes: a. être admises en vertu de la législation du canton dans lequel elles exercent leur activité; b. avoir délimité leur champ d’activité quant au lieu et à l’horaire de leurs inter- ventions, quant aux prestations qu’elles fournissent et quant aux patients aux- quels elles fournissent leurs prestations; c. fournir leurs prestations en ayant recours à des personnes qui remplissent les conditions de l’art. 50, let. a à c; d. disposer des équipements nécessaires aux prestations qu’elles fournissent; e. prouver qu’elles remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g 195 Introduit par le ch. I de l’O du 24 juin 2009 (RO 2009 3525). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 196 Introduit par le ch. I de l’O du 4 juil. 2012 (RO 2012 4089). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). Assurance en cas de maladie et d’accidents 42 / 130 832.102 Art. 52c197 Organisations de diététique Les organisations de diététique sont admises si elles remplissent les conditions sui- vantes: a. être admises en vertu de la législation du canton dans lequel elles exercent leur activité; b. avoir délimité leur champ d’activité quant au lieu et à l’horaire de leurs inter- ventions, quant aux prestations qu’elles fournissent et quant aux patients aux- quels elles fournissent leurs prestations; c. fournir leurs prestations en ayant recours à des personnes qui remplissent les conditions de l’art. 50a, let. a et b; d. disposer des équipements nécessaires aux prestations qu’elles fournissent; e. prouver qu’elles remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. Art. 52d198 Organisations de neuropsychologues Les organisations de neuropsychologues sont admises si elles remplissent les condi- tions suivantes: a. être admises en vertu de la législation du canton dans lequel elles exercent leur activité; b. avoir délimité leur champ d’activité quant au lieu et à l’horaire de leurs inter- ventions, quant aux prestations qu’elles fournissent et quant aux patients aux- quels elles fournissent leurs prestations; c. fournir leurs prestations en ayant recours à des personnes qui remplissent les conditions de l’art. 50b, let. a et b; d. disposer des équipements nécessaires aux prestations qu’elles fournissent; e. prouver qu’elles remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. Art. 52e199 Organisations de psychologues-psychothérapeutes Les organisations de psychologues-psychothérapeutes sont admises si elles remplis- sent les conditions suivantes: a. être admises en vertu de la législation du canton dans lequel elles exercent leur activité; b. avoir délimité leur champ d’activité quant au lieu et à l’horaire de leurs inter- ventions, quant aux prestations qu’elles fournissent et quant aux patients aux- quels elles fournissent leurs prestations; 197 Introduit par le ch. I de l’O du 9 déc. 2016 (RO 2016 4927). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 198 Introduit par le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 199 Introduit par le ch. I de l’O du 19 mars 2021 (RO 2021 188). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er juil. 2022 (RO 2021 439). Assurance-maladie. O 43 / 130 832.102 c. fournir leurs prestations en ayant recours à des personnes qui remplissent les conditions de l’art. 50c, let. a et b; d. disposer des équipements nécessaires aux prestations qu’elles fournissent; e. prouver qu’elles remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. Art. 52f200 Organisations de podologie Les organisations de podologie sont admises si elles remplissent les conditions sui- vantes: a. être admises en vertu de la législation du canton dans lequel elles exercent leur activité; b. avoir délimité leur champ d’activité quant au lieu et à l’horaire de leurs inter- ventions, quant aux prestations qu’elles fournissent et quant aux patients aux- quels elles fournissent leurs prestations; c. fournir leurs prestations en ayant recours à des personnes qui remplissent les conditions de l’art. 50d, let. a à c; d. disposer des équipements nécessaires aux prestations qu’elles fournissent; e. prouver qu’elles remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. Section 7 Laboratoires Art. 53 Principes Sont admis comme laboratoires les établissements qui: a. effectuent des analyses médicales; b. sont admis en vertu du droit cantonal; c.201 … d. répondent aux autres exigences posées aux laboratoires par la législation fé- dérale ou cantonale; e.202 sont autorisés par l’Institut suisse des produits thérapeutiques Swissmedic (institut), lorsqu’ils effectuent des analyses visant à dépister les maladies transmissibles; ebis.203 sont autorisés par l’OFSP, lorsqu’ils effectuent des analyses cytogénétiques ou moléculaires humaines; 200 Introduit par le ch. I de l’O du 26 mai 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 323). Nouvelle teneur le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 201 Abrogée par le ch. I de l’O du 24 fév. 2021, avec effet au 1er avr. 2021 (RO 2021 152). 202 Nouvelle teneur selon l’art. 27 ch. 1 de l’O du 29 avr. 2015 sur les laboratoires de micro- biologie, en vigueur depuis le 1er janv. 2016 (RO 2015 1497). 203 Introduite par l’art. 37 ch. 2 de l’O du 14 fév. 2007 sur l’analyse génétique humaine, en vigueur depuis le 1er avr. 2007 (RO 2007 651). Assurance en cas de maladie et d’accidents 44 / 130 832.102 f. disposent d’installations adéquates et du personnel spécialisé nécessaire; g. remplissent les conditions d’admission fixées à l’art. 54. Art. 54 Conditions204 1 Sont admis comme laboratoires médicaux:205 a. les laboratoires de cabinets médicaux: 1. si les analyses sont effectuées dans le cadre des soins de base d’après l’art. 62, al. 1, let. a, pour les besoins du médecin, 2. si le résultat des analyses est en principe disponible au cours de la con- sultation (diagnostic en présence du patient), 3. si le laboratoire de cabinet médical fait partie intégrante du cabinet du médecin traitant, au plan juridique et au plan des locaux, 4.206 si les analyses sont effectuées dans le laboratoire de cabinet médical ou, pour les analyses visées au ch. 1 qui sont désignées séparément, à l’oc- casion d’une consultation à domicile; b. les laboratoires d’hôpitaux pour les analyses qui sont effectuées dans le cadre des soins de base (art. 62, al. 1, let. a) pour les besoins de l’hôpital; c. les officines de pharmaciens et les laboratoires d’hôpitaux pour les analyses qui sont effectuées dans le cadre des soins de base (art. 62, al. 1, let. a) sur prescription d’un autre fournisseur de prestations.207 2 Les laboratoires d’hôpitaux qui effectuent des analyses uniquement pour les besoins de l’hôpital sont admis s’ils sont placés sous la direction d’un médecin, d’un pharma- cien ou d’un responsable ayant une formation universitaire en sciences naturelles re- connue par le DFI ou une formation supérieure convenant à la pratique des analyses reconnue par le DFI. 3 Les laboratoires mandatés par un autre fournisseur de prestations admis et qui font d’autres analyses que celles qui sont effectuées dans le cadre des soins de base sont admis lorsque: a. ils sont placés sous la direction d’un médecin, d’un pharmacien ou d’un res- ponsable ayant une formation universitaire en sciences naturelles reconnue par le DFI; 204 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 205 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 206 Introduit par le ch. I de l’O du 29 nov. 2013, en vigueur depuis le 1er janv. 2014 (RO 2013 4523). 207 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 6 juin 2003, en vigueur depuis le 1er janv. 2004 (RO 2003 3249). Assurance-maladie. O 45 / 130 832.102 b.208 la personne qui les dirige en vertu de la let. a est titulaire d’un titre postgrade en médecine de laboratoire délivré par l’association Les laboratoires médi- caux de Suisse (FAMH) ou d’un titre reconnu équivalent. 4 Le DFI peut prévoir pour l’exécution de certaines analyses des exigences supplé- mentaires quant aux installations, à la qualification et à la formation postgrade de la direction et du personnel de laboratoire. Il peut en outre désigner certains établisse- ments pour effectuer des analyses déterminées et les charger de tenir des registres d’évaluation.209 4bis Pour être admis conformément aux al. 1 à 3, les laboratoires doivent prouver qu’ils remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g.210 5 Le DFI peut édicter des dispositions d’exécution pour l’al. 1, let. a.211 Art. 54a212 Procédure et émoluments 1 L’OFSP statue sur les demandes de reconnaissance de l’équivalence des titres post- grades en médecine de laboratoire au sens de l’art. 54, al. 3, let. b. 2 Les décisions visées à l’al. 1 sont soumises à émolument. L’émolument est calculé en fonction du temps qui a été consacré au traitement de la demande; il ne peut toute- fois excéder 3000 francs. 3 Si des dépenses extraordinaires sont nécessaires, notamment lorsque la demande est jugée insuffisante ou incomplète et qu’elle est renvoyée au requérant pour améliora- tion, l’émolument peut dépasser le montant maximal fixé à l’al. 2; il ne peut toutefois excéder 5000 francs. 4 Le tarif horaire est compris entre 90 à 200 francs, en fonction des connaissances requises et de la fonction occupée par le personnel exécutant. 5 Une avance de frais appropriée peut être facturée. 6 Au surplus, l’ordonnance générale du 8 septembre 2004 sur les émoluments213 est applicable. 208 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 9 déc. 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 4927). 209 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 9 déc. 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 4927). 210 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 211 Introduit par le ch. I de l’O du 6 juin 2003, en vigueur depuis le 1er janv. 2004 (RO 2003 3249). 212 Introduit par le ch. I de l’O du 9 déc. 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 4927). Voir aussi la disp. trans. à la fin du texte. 213 RS 172.041.1 Assurance en cas de maladie et d’accidents 46 / 130 832.102 Section 8 Centres de remise de moyens et d’appareils Art. 55214 Les centres de remise de moyens et d’appareils diagnostiques ou thérapeutiques sont admis s’ils remplissent les conditions suivantes: a. être admis en vertu de la législation du canton dans lequel ils exercent leur activité; b. avoir conclu un contrat sur la remise de moyens et d’appareils diagnostiques et thérapeutiques avec les assureurs à la charge desquels ils entendent exercer; c. prouver qu’ils remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. Section 8a215 Maisons de naissance Art. 55a216 Les maisons de naissances sont admises si elles remplissent les conditions suivantes: a. remplir les conditions de l’art. 39, al. 1, let. b à f, LAMal; b. avoir défini leur champ d’activité conformément à l’art. 29 LAMal; c. garantir une assistance médicale suffisante par une sage-femme; d. avoir pris des mesures pour faire face aux situations d’urgence médicale. Section 9 Entreprises de transport et de sauvetage Art. 56217 Les entreprises de transports et de sauvetage sont admises si elles remplissent les con- ditions suivantes: a. être admises en vertu de la législation du canton dans lequel elles exercent leur activité; b. avoir conclu un contrat sur les transports et le sauvetage avec les assureurs à la charge desquels elles entendent exercer; c. prouver qu’elles remplissent les exigences de qualité définies à l’art. 58g. 214 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 215 Introduite par le ch. I de l’O du 22 oct. 2008, en vigueur depuis le 1er janv. 2009 (RO 2008 5097). 216 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 217 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). Assurance-maladie. O 47 / 130 832.102 Section 10 Établissements de cure balnéaire Art. 57 En général 1 Les établissements de cure balnéaire sont admis lorsqu’ils sont placés sous surveil- lance médicale, utilisent les sources thermales du lieu dans un but thérapeutique, sont dotés du personnel spécialisé nécessaire ainsi que d’installations diagnostiques et thé- rapeutiques adéquates et qu’ils sont admis en vertu du droit cantonal. 2 Le DFI peut autoriser des exceptions à l’exigence de l’utilisation des sources ther- males du lieu. Ce faisant, il tient compte de la pratique antérieure des assureurs. Art. 58 Sources thermales 1 Sont réputées sources thermales celles dont l’eau, en raison d’une propriété chimi- que ou physique particulière et sans avoir subi de modification dans sa composition naturelle, exerce ou permet d’attendre un effet curatif scientifiquement reconnu. 2 Les propriétés chimiques ou physiques des eaux thermales doivent être démontrées au moyen d’une expertise et réexaminées tous les trois ans au moyen d’analyses de contrôle effectuées par l’autorité cantonale compétente. Section 11218 Critères de planification Art. 58a Principe 1 La planification en vue de couvrir les besoins en soins (art. 39, al. 1, let. d, LAMal) garantit aux habitants des cantons qui l’établissent le traitement hospitalier à l’hôpital ou dans une maison de naissance ainsi que le traitement dans un établissement mé- dico-social. 2 Elle est réexaminée périodiquement.219 Art. 58b220 Planification des besoins en soins 1 Les cantons déterminent les besoins en soins selon une démarche vérifiable. Ils se fondent notamment sur des données statistiquement justifiées et sur des comparaisons et prennent en compte notamment les facteurs d’influence pertinents pour la prévision des besoins. 2 Ils déterminent l’offre utilisée dans les établissements qui ne figurent pas sur la liste visée à l’art. 39, al. 1, let. e, LAMal qu’ils ont arrêtée. 218 Introduite par le ch. I de l’O du 22 oct. 2008, en vigueur depuis le 1er janv. 2009 (RO 2008 5097). 219 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 220 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). Assurance en cas de maladie et d’accidents 48 / 130 832.102 3 Ils déterminent l’offre qui doit être garantie par l’inscription sur la liste d’établisse- ments situés dans le canton et d’établissements situés hors du canton afin d’assurer la couverture des besoins. Ils déduisent à cet effet l’offre déterminée conformément à l’al. 2 des besoins déterminés conformément à l’al. 1. 4 Afin de déterminer l’offre qui doit être garantie par la liste, les cantons prennent notamment en compte: a. le caractère économique et la qualité de la fourniture des prestations; b. l’accès des patients au traitement dans un délai utile; c. la disponibilité et la capacité de l’établissement à remplir le mandat de pres- tations. Art. 58c Type de planification La planification s’effectue de la manière suivante: a. pour la couverture des besoins en soins des assurés dans les hôpitaux pour le traitement des maladies somatiques aigues, ainsi que dans les maisons de nais- sance, la planification est liée aux prestations; b. pour la couverture des besoins en soins des assurés pour la réadaptation ou le traitement psychiatrique à l’hôpital, la planification est liée aux prestations ou aux capacités; c. pour la couverture des besoins en soins des assurés dans les établissements médico-sociaux, la planification est liée aux capacités. Art. 58d221 Évaluation du caractère économique et de la qualité 1 L’évaluation du caractère économique des hôpitaux et des maisons de naissance s’effectue notamment grâce à des comparaisons des coûts ajustés selon le degré de gravité des cas traités. Pour les établissements médico-sociaux, le caractère écono- mique des prestations fournies doit être pris en considération de manière appropriée. 2 L’évaluation de la qualité des établissements consiste notamment à examiner si l’en- semble de l’établissement remplit les exigences suivantes: a. disposer du personnel nécessaire qualifié; b. disposer d’un système de gestion de la qualité approprié; c. disposer d’un système interne de rapports et d’apprentissage approprié et avoir adhéré à un réseau de déclaration des événements indésirables uniforme à l’ensemble de la Suisse, pour autant qu’un tel réseau existe; d. disposer des équipements permettant de participer aux mesures nationales de la qualité; e. disposer de l’équipement garantissant la sécurité de la médication, notamment grâce à l’enregistrement électronique des médicaments prescrits et délivrés. 221 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). Assurance-maladie. O 49 / 130 832.102 3 Les résultats des mesures de la qualité réalisées à l’échelle nationale peuvent être utilisés comme critères de sélection des établissements. 4 L’évaluation des hôpitaux doit porter en particulier sur la mise à profit des synergies, sur les nombres minimums de cas et sur le potentiel de concentration des prestations pour le renforcement du caractère économique et de la qualité des soins. 5 L’évaluation du caractère économique et de la qualité peut se fonder sur des évalua- tions réalisées par d’autres cantons, pour autant qu’elles ne soient pas dépassées. Art. 58e222 Coordination intercantonale des planifications 1 Pour coordonner leurs planifications conformément à l’art. 39, al. 2, LAMal, les cantons doivent notamment: a. exploiter les informations nécessaires concernant les flux de patients et échan- ger ces informations avec les cantons concernés; b. prendre en compte le potentiel de coordination avec d’autres cantons pour le renforcement du caractère économique et de la qualité des prestations fournies à l’hôpital; 2 Chaque canton se coordonne notamment: 1. avec les cantons dans lesquels sont situés un ou plusieurs établissements qui figurent sur sa liste ou qu’il prévoit d’y faire figurer, 2. avec les cantons qui ont inscrit sur leur liste ou qui prévoient d’inscrire sur leur liste un ou plusieurs établissements situés sur son territoire, 3. avec les cantons où sont situés des établissements dans lesquels un nombre important d’assurés provenant de son territoire se font traiter ou se feront vrai- semblablement traiter, 4. avec les cantons dont un nombre important d’assurés se font traiter ou se fe- ront vraisemblablement traiter dans des établissements situés sur son terri- toire, 5. avec d’autres cantons, si cette coordination permet de renforcer le caractère économique et la qualité des prestations fournies à l’hôpital. Art. 58f223 Listes et mandats de prestations 1 La liste visée à l’art. 39, al. 1, let. e, LAMal répertorie les établissements situés dans le canton et les établissements situés hors du canton qui sont nécessaires pour garantir l’offre de soins déterminée conformément à l’art. 58b, al. 3. 2 Un mandat de prestations au sens de l’art. 39, al. 1, let. e, LAMal est attribué à chaque établissement figurant sur la liste. Si l’établissement a plusieurs sites, le man- dat de prestations précise le site. 222 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 223 Introduit par le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). Assurance en cas de maladie et d’accidents 50 / 130 832.102 3 Les listes spécifient pour chaque hôpital les groupes de prestations correspondant au mandat de prestations. 4 Les cantons déterminent les charges que les mandats de prestations attribués aux hôpitaux et aux maisons de naissance doivent contenir. Pour les hôpitaux de soins somatiques aigus, ils peuvent notamment prévoir les charges suivantes: a. la disponibilité d’une offre de base en médecine interne et en chirurgie; b. la disponibilité et la qualification des médecins spécialistes; c. la disponibilité du service des urgences et le niveau d’exigences auquel il doit satisfaire; d. la disponibilité de l’unité de soins intensifs ou du service de surveillance et le niveau d’exigences auquel il doit satisfaire; e. les groupes de prestations liés en interne ou en coopération avec d’autres hô- pitaux; f. les nombres minimums de cas. 5 Ils peuvent prévoir que les mandats de prestations des établissements médico-so- ciaux contiennent des charges à remplir. 6 Ils peuvent prévoir que les mandats de prestations contiennent notamment les charges suivantes, pour autant qu’elles ne figent pas les structures et qu’elles n’empê- chent pas toute concurrence: a. pour les hôpitaux de soins somatiques aigus, un budget global au sens de l’art. 51 LAMal ou les volumes de prestations maximaux; b. pour les hôpitaux psychiatriques et les hôpitaux de réadaptation, un budget global au sens de l’art. 51 LAMal, les volumes de prestations maximaux ou les capacités maximales; c. pour les établissements médico-sociaux, un budget global au sens de l’art. 51 LAMal ou les capacités maximales. 7 Ils prévoient que les mandats de prestations des hôpitaux contiennent à titre de charge l’interdiction des systèmes d’incitations économiques entraînant une augmen- tation du volume des prestations médicalement injustifiées à la charge de l’assurance obligatoire des soins ou permettant le contournement de l’obligation d’admission au sens de l’art. 41a LAMal. Section 12224 Exigences de qualité Art. 58g Les fournisseurs de prestations doivent remplir les exigences de qualité suivantes: a. disposer du personnel nécessaire qualifié; 224 Introduite par le ch. I de l’O du 23 juin 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 439). Assurance-maladie. O 51 / 130 832.102 b. disposer d’un système de gestion de la qualité approprié; c. disposer d’un système interne de rapports et d’apprentissage approprié et avoir adhéré à un réseau de déclaration des événements indésirables uniforme à l’ensemble de la Suisse, pour autant qu’un tel réseau existe d. disposer des équipements permettant de participer aux mesures nationales de la qualité. Chapitre 2 Facturation Art. 59225 Facturation en général 1 Les fournisseurs de prestations doivent inscrire sur leurs factures toutes les indica- tions administratives et médicales nécessaires à la vérification du calcul de la rému- nération et du caractère économique des prestations conformément à l’art. 42, al. 3 et 3bis, de la loi. Ils doivent fournir en particulier les indications suivantes: a. les dates de traitement; b. les prestations fournies, détaillées comme le prévoit le tarif qui leur est appli- cable; c. les diagnostics et les procédures qui sont nécessaires au calcul du tarif appli- cable; d. le numéro d’identification de la carte d’assuré visé à l’art. 3, al. 1, let. f, de l’ordonnance du 14 février 2007 sur la carte d’assuré pour l’assurance obliga- toire des soins226; e. le numéro AVS227. 2 Le fournisseur de prestations doit établir deux factures séparées, l’une pour les pres- tations prises en charge par l’assurance obligatoire des soins et l’autre pour les autres prestations. 3 Pour les analyses, la facture remise au débiteur de la rémunération est établie exclu- sivement par le laboratoire qui a effectué les analyses. Les tarifs forfaitaires d’après l’art. 49 de la loi sont réservés. 4 Les fournisseurs de prestations veillent à ce que la facture soit compréhensible pour l’assuré et veillent en particulier à ce que le genre, la durée et le contenu du traitement soient exposés de manière claire.228 225 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 4 juil. 2012, en vigueur depuis le 1er janv. 2013 (RO 2012 4089). 226 RS 832.105 227 Nouvelle expression selon l’annexe ch. II 36 de l’O du 17 nov. 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 800). Il a été tenu compte de cette mod. dans tout le texte. 228 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 nov. 2022, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 814). Assurance en cas de maladie et d’accidents 52 / 130 832.102 Art. 59a229 Facturation dans le cas d’un modèle de rémunération de type DRG 1 Dans le cas d’un modèle de rémunération de type DRG (Diagnosis Related Groups), le fournisseur de prestations doit munir d’un numéro d’identification unique les fi- chiers de données avec les indications administratives et médicales visées à l’art 59, al. 1. Le DFI fixe la structure uniforme au niveau suisse des fichiers de données. 2 Les diagnostics et les procédures visés à l’art 59, al. 1, let. c, doivent être codés conformément aux classifications mentionnées pour la statistique médicale des hôpi- taux au ch. 62 de l’annexe à l’ordonnance du 30 juin 1993 sur les relevés statis- tiques230. 3 Le fournisseur de prestations transmet simultanément avec la facture les fichiers de données avec les indications administratives et médicales visées à l’art 59, al. 1, au service de réception des données de l’assureur. Il doit être garanti que seul ce service de réception des données obtienne l’accès aux indications médicales. 4 Le service de réception des données détermine pour quelles factures un examen plus approfondi est nécessaire et transmet à l’assureur les indications nécessaires à cet ef- fet. L’assureur ne peut pas donner au service de réception des données, pour des fac- tures individuelles, d’instructions concernant la transmission des données. 5 Si des renseignements supplémentaires d’ordre médical au sens de l’art. 42, al. 4, de la loi sont exigés du fournisseur de prestations par l’assureur au cours de l’examen, l’assureur doit informer la personne assurée sur les possibilités dont elle dispose selon l’art. 42, al. 5, de la loi. 6 Chaque assureur doit disposer d’un service de réception des données. Ce dernier doit être certifié au sens de l’art. 11 de la loi fédérale du 19 juin 1992 sur la protection des données231. 7 L’assureur informe spontanément le préposé visé à l’art. 26 de la loi fédérale du 19 juin 1992 sur la protection des données de la certification de son service de récep- tion des données ou du renouvellement de la certification. Le préposé peut exiger à tout moment du service de réception des données ou de l’organisme de certification les documents déterminants pour la certification ou le renouvellement de la certifica- tion. Le préposé publie une liste des services de réception des données certifiés. Art. 59abis 232 Facturation dans le domaine ambulatoire Pour le domaine ambulatoire le DFI édicte des dispositions détaillées sur la collecte, le traitement et la transmission des diagnostics et des procédures, dans le respect du principe de la proportionnalité. Il y fixe les classifications pour le codage applicables dans toute la Suisse. 229 Introduit par le ch. I de l’O du 17 sept. 1997 (RO 1997 2272). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 4 juil. 2012, en vigueur depuis le 1er janv. 2013 (RO 2012 4089). Voir aussi les disp. trans. de cette mod. à la fin du texte. 230 RS 431.012.1 231 RS 235.1 232 Introduit par le ch. I de l’O du 4 juil. 2012 (RO 2012 4089). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 3 déc. 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 838). Assurance-maladie. O 53 / 130 832.102 Art. 59ater 233 Mesures propres à assurer la sécurité des données et conservation 1 Pour le traitement des indications médicales visées à l’art. 59, al. 1, les assureurs prennent les mesures techniques et organisationnelles propres à assurer la sécurité des données, en particulier celles visées aux art. 21 et 22 de l’ordonnance du 14 juin 1993 relative à la loi fédérale sur la protection des données234. 2 Lorsque les indications médicales visées à l’art. 59, al. 1, ne sont pas conservées sous forme chiffrée, l’identité des assurés doit être protégée au moyen d’un pseudo- nyme pour la conservation de ces indications. L’utilisation du pseudonyme ou le chif- frement peuvent être levés uniquement par le médecin-conseil.235 Chapitre 3 Tarifs et prix236 Section 1 Principes237 Art. 59b238 Art. 59c239 Tarification 1 L’autorité d’approbation au sens de l’art. 46, al. 4, de la loi vérifie que la convention tarifaire respecte notamment les principes suivants: a. le tarif couvre au plus les coûts de la prestation justifiés de manière transpa- rente; b. le tarif couvre au plus les coûts nécessaires à la fourniture efficiente des pres- tations; c. un changement de modèle tarifaire ne doit pas entraîner de coûts supplémen- taires. 2 Les parties à une convention doivent régulièrement vérifier les tarifs et les adapter si le respect des principes énoncés à l’al. 1, let. a et b, n’est plus garanti. Les autorités compétentes doivent être informées des résultats de ces vérifications. 3 L’autorité compétente applique par analogie les al. 1 et 2 lors de la fixation des tarifs prévus aux art. 43, al. 5, 47, ou 48 de la loi. 233 Introduit par le ch. I de l’O du 4 juil. 2012, en vigueur depuis le 1er janv. 2013 (RO 2012 4089). 234 RS 235.11 235 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 29 juin 2016, en vigueur depuis le 1er août 2016 (RO 2016 2689). 236 Anciennement avant. art. 59a. Introduit par le ch. I de l’O du 17 sept. 1997, en vigueur depuis le 1er janv. 1998 (RO 1997 2272). 237 Anciennement avant. art. 59a. Introduit par le ch. I de l’O du 17 sept. 1997, en vigueur depuis le 1er janv. 1998 (RO 1997 2272). 238 Introduit par le ch. I 8 de l’O du 18 août 2004 (RO 2004 4037). Abrogé par le ch. I de l’O du 29 avr. 2015, avec effet au 1er juin 2015 (RO 2015 1255). 239 Introduit par le ch. I de l’O du 27 juin 2007, en vigueur depuis le 1er août. 2007 (RO 2007 3573). Assurance en cas de maladie et d’accidents 54 / 130 832.102 Art. 59d240 Forfaits liés aux prestations 1 Les partenaires tarifaires doivent soumettre la convention tarifaire au Conseil fédéral pour approbation conformément aux art. 46, al. 4, et 49, al. 2, de la loi. La convention tarifaire doit contenir la structure tarifaire uniforme et les modalités d’application du tarif. La demande d’approbation doit être accompagnée notamment des documents suivants: a. les bases et la méthode de calcul; b. les instruments et les mécanismes destinés à garantir la qualité des prestations dans le cadre de l’application du tarif; c. les estimations sur les effets de l’application du tarif sur le volume des pres- tations, ainsi que sur les coûts pour l’ensemble des domaines visés par l’art. 49, al. 1, de la loi, y compris les domaines concernés avant et après l’hos- pitalisation. 2 Dans le cas d’un modèle de rémunération lié aux prestations basé sur un système de classification des patients de type DRG (Diagnosis Related Groups), la convention tarifaire comprend en outre le manuel de codage, ainsi qu’un concept pour la révision du codage. La demande d’approbation doit être accompagnée de documents supplé- mentaires sur les exigences à remplir par les hôpitaux pour pouvoir être retenus dans le cadre de l’élaboration de la structure tarifaire. 3 Les partenaires tarifaires soumettent pour approbation au Conseil fédéral les adap- tations apportées à la convention tarifaire, notamment à la structure tarifaire ou aux modalités d’application du tarif. 4 Le lien à établir avec la prestation au sens de l’art. 49, al. 1, de la loi, doit permettre une différenciation du tarif selon la nature et l’intensité de la prestation. Art. 59e241 Contribution par cas 1 En cas de prélèvement d’une contribution par cas conformément à l’art. 49, al. 2, de la loi, les partenaires tarifaires doivent en soumettre le montant au Conseil fédéral pour approbation. La demande doit être accompagnée d’un rapport d’activité de l’or- ganisation et d’un budget qui en justifient le montant. 2 En cas d’augmentation de la contribution, les partenaires tarifaires la soumettent à nouveau au Conseil fédéral pour approbation. 3 L’art. 49a, al. 1 et 2, de la loi s’applique par analogie à la répartition du financement de la contribution par cas. 240 Introduit par le ch. I de l’O du 22 oct. 2008, en vigueur depuis le 1er janv. 2009 (RO 2008 5097). Voir aussi les disp. fin. de cette mod. à la fin du texte. 241 Introduit par le ch. I de l’O du 22 oct. 2008, en vigueur depuis le 1er janv. 2009 (RO 2008 5097). Voir aussi les disp. fin. de cette mod. à la fin du texte. Assurance-maladie. O 55 / 130 832.102 Art. 59f242 Communication de données dans le domaine des tarifs pour les traitements ambulatoires 1 L’obligation de communication visée à l’art. 47b, al. 1, LAMal porte sur les données suivantes: a. les données sur l’activité, notamment: 1. le genre d’activité, y compris la forme juridique, 2. les sites, 3. l’infrastructure technico-médicale, 4. la durée d’activité annuelle; b. les données sur l’effectif du personnel, notamment: 1. le nombre de fournisseurs de prestations, ventilé dans les catégories définies à l’art. 35, al. 2, LAMal et par spécialisation, ainsi que l’effectif du reste du personnel, 2. l’indication du volume d’occupation des fournisseurs de prestations, ven- tilée dans les catégories définies à l’art. 35, al. 2, LAMal et par spéciali- sation, ainsi que du reste de l’effectif du personnel; c. les données relatives au genre de prestations, aux examens et aux traitements; d. les données relatives au coût de revient des prestations, notamment: 1. les charges de personnel par catégorie de personnel, y compris les charges de prévoyance professionnelle comptabilisées séparément, 2. les charges de matériel et la quantité de matériel, 3. les charges de locaux et la surface des locaux, 4. les dépenses en capital, ainsi que les fonds propres et les fonds étrangers, 5. les amortissements et les actifs immobilisés, 6. les dépenses d’investissement; e. les informations relatives à la ventilation des coûts de revient entre les diffé- rentes prestations, en fonction du modèle de coûts, en particulier la durée de la prestation et le nombre de patients; f. les données relatives à l’évolution des coûts à la charge de l’assurance obliga- toire des soins, notamment: 1. les positions tarifaires, le volume et les coûts des prestations facturées, 2. le nombre de patients traités en ambulatoire, 3. le nombre de consultations par patient. 2 Les données recueillies par l’OFS sur la base de l’art. 30 ne peuvent être exigées en vertu de l’al. 1. 242 Introduit par le ch. I de l’O du 23 nov. 2022, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 814). Assurance en cas de maladie et d’accidents 56 / 130 832.102 Art. 59g243 Transmission des données 1 Les données visées à l’art. 59f doivent être transmises au DFI ou au gouvernement cantonal compétent gratuitement, de manière exacte et complète, dans les délais im- partis, en garantissant l’anonymat des patients et par voie électronique sous forme chiffrée. 2 Si le DFI ou le gouvernement cantonal compétent constatent des carences dans les données communiquées, un délai supplémentaire est octroyé pour la transmission de données correctes et complètes avant que les sanctions prévues à l’art. 47b, al. 2, LAMal puissent être prononcées. Art. 59h244 Règlements de traitement cantonaux Le gouvernement cantonal compétent établit, pour la collecte et le traitement des don- nées visées à l’art. 47b LAMal, un règlement de traitement qui fixe l’organisation in- terne, décrit notamment la procédure de traitement et de contrôle des données et con- tient tous les documents relatifs à la planification, à la réalisation et à l’exploitation du système de traitement des données et des moyens informatiques Il le met réguliè- rement à jour. Art. 59i245 Sécurité et conservation des données Si la conservation, l’effacement et la destruction des données ne sont pas réglés dans d’autres dispositions, les autorités dont des données visées à l’art. 47b LAMal sont communiquées doivent respecter les principes suivants: a. protéger les données contre tout traitement non autorisé en prenant les me- sures organisationnelles et techniques nécessaires; b. effacer les données dès que celles-ci ne sont plus nécessaires pour réaliser l’objectif pour lequel elles ont été transmises; c. détruire les données au plus tard cinq ans après leur réception, à moins qu’elles doivent être archivées. 243 Introduit par le ch. I de l’O du 23 nov. 2022, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 814). 244 Introduit par le ch. I de l’O du 23 nov. 2022, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 814). 245 Introduit par le ch. I de l’O du 23 nov. 2022, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 814). Assurance-maladie. O 57 / 130 832.102 Section 2246 Liste des analyses Art. 60247 Publication La liste des analyses (art. 52, al. 1, let. a, ch. 1, LAMal) paraît en principe chaque année. Le titre et la référence en sont publiés dans le Recueil officiel du droit fédéral. Art. 61 Admission, radiation 1 Les propositions visant à faire admettre une analyse dans la liste peuvent être sou- mises à l’OFSP. 2 L’OFSP examine la proposition et la soumet à la commission compétente. Lors de l’examen des propositions, il peut faire appel à des experts externes. Il peut, de son propre chef ou sur proposition de la commission compétente, subordonner l’admission d’une analyse à des examens complémentaires. 3 Les analyses qui ne remplissent plus les conditions d’admission sont radiées de la liste. Art. 62248 Désignation séparée d’analyses 1 Le DFI désigne les analyses qui: a. peuvent être effectuées par les laboratoires visés à l’art. 54, al. 1, dans le cadre des soins de base; b. peuvent être prescrites par des chiropraticiens conformément à l’art. 25, al. 2, let. b, de la loi; c. peuvent être prescrites par des sages-femmes conformément à l’art. 29, al. 2, let. a, de la loi. 2 …249 246 Anciennement section 1. 247 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 26 juin 2002, en vigueur depuis le 1er juil. 2002 (RO 2002 2129). 248 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 fév. 2000, en vigueur depuis le 1er avr. 2000 (RO 2000 889). 249 Abrogé par le ch. I de l’O du 4 juin 2021, avec effet au 1er oct. 2021 (RO 2021 346). Assurance en cas de maladie et d’accidents 58 / 130 832.102 Section 3250 Liste des médicaments avec tarif Art. 63 1 La liste des médicaments avec tarif (art. 52, al. 1, let. a, ch. 2, LAMal) paraît en principe chaque année. Le titre et la référence en sont publiés dans le Recueil officiel du droit fédéral. 2 Les dispositions relatives à la liste des spécialités s’appliquent par analogie à l’ad- mission dans la liste des médicaments avec tarif. Section 4251 Liste des spécialités Art. 64252 Art. 64a253 Définitions 1 Est réputé préparation originale tout médicament dont la substance active a été auto- risée en premier par Swissmedic, l’Institut suisse des produits thérapeutiques (insti- tut), y compris toute forme galénique autorisée au même moment ou ultérieurement. 2 Est réputé générique tout médicament autorisé par l’institut, qui pour l’essentiel est semblable à une préparation originale et qui est interchangeable avec celle-ci parce qu’il possède une substance active, une forme galénique et un dosage identiques. 3 Est réputé médicament en co-marketing tout médicament autorisé par l’institut qui ne se différencie pas d’un autre médicament autorisé par l’institut (préparation de base) sauf par la dénomination et par l’emballage. Art. 65254 Conditions d’admission255 1 Un médicament peut être admis dans la liste des spécialités s’il dispose d’une auto- risation valable de l’institut. 1bis Si un médicament remplit les conditions fixées à l’art. 3sexies du règlement du 17 janvier 1961 sur l’assurance-invalidité (RAI)256 pour l’admission dans la liste des spécialités en matière d’infirmités congénitales, il n’est pas admis dans la liste des spécialités.257 250 Anciennement section 2. 251 Anciennement section 3. 252 Abrogé par le ch. I de l’O du 29 avr. 2015, avec effet au 1er juin 2015 (RO 2015 1255). 253 Introduit par le ch. I de l’O du 26 avr. 2006, en vigueur depuis le 10 mai 2006 (RO 2006 1717). 254 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er juil. 2009, en vigueur depuis le 1er oct. 2009 (RO 2009 4245). 255 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). 256 RS 832.201 257 Introduit par l’annexe ch. 4 de l’O du 3 nov. 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 706). Voir aussi les disp. trans. de cette mod. à la fin du texte. Assurance-maladie. O 59 / 130 832.102 2 Les médicaments qui font l’objet d’une publicité destinée au public, au sens de l’art. 2, let. b, de l’ordonnance du 17 octobre 2001 sur la publicité pour les médicaments258, ne sont pas admis dans la liste des spécialités. 3 Les médicaments doivent être efficaces, appropriés et économiques. 4 Le titulaire de l’autorisation de mise sur le marché d’une préparation originale doit remettre à l’OFSP, avec la demande d’admission dans la liste des spécialités, le nu- méro des brevets, celui des certificats complémentaires de protection et leur date d’ex- piration.259 5 L’OFSP peut assortir l’admission de conditions et de charges, notamment: a. admettre pour une durée limitée un médicament dont l’efficacité, l’adéquation ou le caractère économique sont en cours d’évaluation lorsqu’il n’y a pas d’al- ternative thérapeutique ou que le médicament promet une plus grande effica- cité par rapport aux traitements existants; b. faire obligation au titulaire de l’autorisation d’informer l’OFSP lorsque le mé- dicament dépasse un certain chiffre d’affaires sur une période donnée.260 Art. 65a261 Évaluation de l’efficacité L’évaluation de l’efficacité des médicaments allopathiques doit être fondée sur des études cliniques contrôlées. Art. 65b262 Évaluation du caractère économique263 1 Un médicament est réputé économique lorsqu’il produit l’effet thérapeutique recher- ché à un coût aussi réduit que possible. 2 Le caractère économique est évalué sur la base des comparaisons suivantes: a. comparaison avec les prix pratiqués dans des pays de référence (comparaison avec les prix pratiqués à l’étranger); b.264 comparaison avec d’autres médicaments (comparaison thérapeutique). 3 La comparaison avec les prix pratiqués à l’étranger porte sur le prix de fabrique. Si le prix de fabrique n’est pas public, on utilise le prix de revient pour les pharmacies ou, si celui-ci n’est pas non plus public, le prix de gros, en déduisant les marges des grossistes. Le DFI détermine le montant de la déduction en se fondant sur les marges 258 RS 812.212.5 259 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 29 avr. 2015, en vigueur depuis le 1er juin 2015 (RO 2015 1255). 260 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 29 avr. 2015, en vigueur depuis le 1er juin 2015 (RO 2015 1255). 261 Introduit par le ch. I de l’O du 26 avr. 2006 (RO 2006 1717). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er juil. 2009, en vigueur depuis le 1er oct. 2009 (RO 2009 4245). 262 Introduit par le ch. I de l’O du 26 avr. 2006 (RO 2006 1717). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 29 avr. 2015, en vigueur depuis le 1er juin 2015 (RO 2015 1255). 263 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). 264 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). Assurance en cas de maladie et d’accidents 60 / 130 832.102 moyennes des grossistes. Il peut prévoir que les marges effectives sont déduites en lieu et place. 4 Les rabais imposés aux fabricants dans les pays de référence sont déduits du prix de fabrique. Le DFI détermine le montant de la déduction. Il peut prévoir que le rabais effectif est déduit en lieu et place. 4bis La comparaison thérapeutique examine: a. l’efficacité par rapport à d’autres médicaments qui sont utilisés pour traiter la même maladie; b. le coût du médicament par jour ou par traitement par rapport au coût de mé- dicaments qui sont utilisés pour traiter la même maladie.265 5 Après détermination du prix moyen pratiqué dans les pays de référence par la com- paraison avec les prix pratiqués à l’étranger et du prix moyen d’autres médicaments par la comparaison thérapeutique, ces deux prix comptent chacun pour moitié.266 6 Lors de l’évaluation du caractère économique d’une préparation originale, les coûts de recherche et de développement sont également pris en compte, sauf lorsque la pré- paration concernée succède à une préparation originale figurant dans la liste des spé- cialités sans apporter de progrès thérapeutique. 7 Si le médicament apporte un progrès thérapeutique important, une prime à l’innova- tion est prise en compte pendant quinze ans au plus dans le cadre de la comparaison thérapeutique.267 Art. 65c268 Évaluation du caractère économique de génériques 1 Lors de l’évaluation du caractère économique de génériques, il est tenu compte du fait que les coûts de développement sont moins élevés que pour les préparations ori- ginales. 2 Lors de son admission dans la liste des spécialités, un générique est réputé écono- mique si son prix de fabrique est inférieur dans les proportions suivantes à la prépara- tion originale avec lequel il est interchangeable: a. d’au moins 20 %, lorsque le volume de marché en Suisse de la préparation originale et de son médicament en co-marketing ne dépasse pas 4 millions de francs par an en moyenne durant les trois années précédant l’échéance du bre- vet; b. d’au moins 30 %, lorsque le volume de marché en Suisse de la préparation originale et de son médicament en co-marketing se situe entre 4 et 8 millions 265 Introduit par le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). 266 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). 267 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). 268 Introduit par le ch. I de l’O du 26 avr. 2006 (RO 2006 1717). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er juil. 2009, en vigueur depuis le 1er oct. 2009 (RO 2009 4245). Assurance-maladie. O 61 / 130 832.102 de francs par an en moyenne durant les trois années précédant l’échéance du brevet; c. d’au moins 50 %, lorsque le volume de marché en Suisse de la préparation originale et de son médicament en co-marketing se situe entre 8 et 16 millions de francs par an en moyenne durant les trois années précédant l’échéance du brevet; d. d’au moins 60 %, lorsque le volume de marché en Suisse de la préparation originale et de son médicament en co-marketing se situe entre 16 et 25 mil- lions de francs par an en moyenne durant les trois années précédant l’échéance du brevet; e. d’au moins 70 %, lorsque le volume de marché en Suisse de la préparation originale et de son médicament en co-marketing dépasse 25 millions de francs par an en moyenne durant les trois années précédant l’échéance du brevet.269 3 Le prix de fabrique de la préparation originale calculé conformément à l’art. 65e est déterminant pour le calcul du prix de fabrique des génériques.270 4 Le volume de marché en Suisse par année est calculé sur la base du prix de fabrique de la préparation originale et de son médicament en co-marketing; il est déterminé pour chaque forme commerciale d’une même substance active. Lorsqu’il répond à la demande d’admission d’un générique dans la liste des spécialités, l’OFSP peut exiger du titulaire de l’autorisation qu’il lui indique le volume de marché en Suisse. Celui-ci doit se fonder sur des relevés établis par un institut indépendant.271 5 Les prix des génériques admis dans la liste des spécialités avant le réexamen du prix de la préparation originale conformément à l’art. 65e, sont adaptés après le réexamen du prix de manière à maintenir cet écart. Art. 65d272 Réexamen des conditions d’admission tous les trois ans 1 L’OFSP examine tous les trois ans si les médicaments figurant dans la liste des spé- cialités remplissent encore les conditions d’admission. Les médicaments sont répartis en trois blocs sur la base de leur appartenance à un groupe thérapeutique de la liste des spécialités. Chaque bloc fait l’objet d’un réexamen tous les trois ans. 2 La comparaison avec les prix pratiqués à l’étranger se fonde sur l’emballage géné- rant le chiffre d’affaires le plus élevé. 3 La comparaison thérapeutique se fonde sur le plus petit emballage et le plus petit dosage, à moins que le plus petit emballage et le plus petit dosage ne permettent pas 269 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). 270 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). 271 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). 272 Introduit par le ch. I de l’O du 1er juil. 2009 (RO 2009 4245). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). Voir aussi les disp. trans. de cette mod. à la fin du texte. Assurance en cas de maladie et d’accidents 62 / 130 832.102 de comparaison adéquate, notamment lorsque le dosage est différent au début de la thérapie ou que la taille des emballages est différente. 4 Si le réexamen montre que le prix maximum en vigueur est trop élevé, l’OFSP or- donne que le prix soit abaissé au niveau maximum calculé conformément aux art. 65b, al. 5, et 67, al. 1quater; cette baisse prend effet le 1er décembre de l’année du réexamen. Un prix de fabrique fondant le prix maximum en vigueur inférieur au prix de fabrique calculé conformément à l’art. 65b, al. 5, ne justifie pas une augmentation de prix. 5 Le titulaire de l’autorisation communique toutes les informations nécessaires à l’OFSP. 6 L’OFSP informe le titulaire de l’autorisation d’un générique du prix prévu pour la préparation originale à compter du 1er décembre. Art. 65e273 Réexamen des conditions d’admission à l’expiration du brevet 1 Dès que la protection du brevet est arrivée à échéance, l’OFSP réexamine si les pré- parations originales remplissent encore les conditions d’admission. 2 Dans le cadre de la comparaison thérapeutique, la comparaison des coûts visée à l’art. 65b, al. 4bis, let. b, se fonde exclusivement sur des préparations originales dont le brevet est échu. Une éventuelle prime à l’innovation n’est plus prise en compte. 3 Les coûts de recherche et de développement ne sont plus pris en compte lors du réexamen du caractère économique. 4 Si l’évaluation du caractère économique montre que le prix maximum en vigueur est trop élevé, l’OFSP ordonne que le prix soit abaissé au niveau maximum calculé con- formément aux art. 65b, al. 5, et 67, al. 1quater. Art. 65f274 Extension des indications ou modification de la limitation 1 Lorsque l’institut autorise une nouvelle indication pour une préparation originale ou que le titulaire de l’autorisation demande la modification ou la suppression d’une li- mitation fixée pour une préparation originale en raison d’une extension des indica- tions, l’OFSP examine une nouvelle fois si cette préparation remplit les conditions d’admission dans la liste des spécialités. 2 La préparation originale est réputée économique jusqu’au réexamen des conditions d’admission prévu à l’art. 65d si le titulaire de l’autorisation propose de renoncer à 35 % du montant estimé du chiffre d’affaires supplémentaire; le montant auquel il renonce est converti sous la forme d’une baisse du prix de fabrique de la préparation. Cette règle ne s’applique pas aux préparations originales pour lesquelles la quantité d’emballages supplémentaires estimée est plus de 100 fois supérieure à la quantité 273 Introduit par le ch. I de l’O du 1er juil. 2009 (RO 2009 4245 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). 274 Introduit par le ch. I de l’O du 8 mai 2013 (RO 2013 1353). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 29 avr. 2015, en vigueur depuis le 1er juin 2015 (RO 2015 1255). Voir aussi la disp. trans. de la mod. du 8 mai 2013 à la fin du texte. Assurance-maladie. O 63 / 130 832.102 d’emballages vendus avant l’admission de la nouvelle indication dans la liste des spé- cialités ou lorsqu’il n’est pas possible d’estimer le chiffre d’affaires supplémentaire faute de données suffisantes. 3 Deux ans après l’estimation du chiffre d’affaires total au sens de l’al. 2, chiffre d’af- faires supplémentaire compris, l’OFSP vérifie que cette estimation correspond à la réalité. S’il s’avère que le montant estimé a été dépassé, l’OFSP ordonne une baisse de prix appropriée.275 4 Si le titulaire de l’autorisation ne fait pas de proposition au sens de l’al. 2, 1re phrase, ou si les conditions de l’al. 2, 2e phrase sont remplies, l’OFSP procède à une évalua- tion du caractère économique de la préparation au sens de l’art. 65b. 5 Lorsque l’institut autorise une nouvelle indication pour une préparation originale, le titulaire de l’autorisation doit communiquer cette extension à l’OFSP dans les 90 jours. L’OFSP peut fixer un délai supplémentaire approprié et exiger la remise des documents définis par le DFI pour le réexamen des conditions d’admission. 6 Si les conditions d’admission pour la nouvelle indication ne sont pas remplies, l’OFSP peut limiter la préparation originale à l’indication admise. Art. 65g276 Restriction de l’indication 1 Si l’institut restreint l’indication d’une préparation originale, l’OFSP adapte immé- diatement la limitation dans la liste des spécialités. Il peut ensuite réexaminer une nouvelle fois que les conditions d’admission sont remplies et exiger du titulaire de l’autorisation les documents nécessaires à cet effet. 2 Si l’OFSP ne procède pas au réexamen visé à l’al. 1, la préparation originale ainsi que ses génériques et médicaments en co-marketing sont réputés économiques jusqu’au réexamen des conditions d’admission au sens de l’art. 65d. La restriction de l’indication ne peut entraîner une augmentation du prix de la préparation. 3 Le titulaire de l’autorisation signale à l’OFSP toute restriction de l’indication par l’institut dans les 30 jours et lui fournit dans les 90 jours les documents définis par le DFI. Art. 66277 Réexamens effectués indépendamment les uns des autres Les réexamens de prix prévus aux art. 65a à 65g sont effectués indépendamment les uns des autres. Le prix peut être abaissé plusieurs fois au cours de la même année civile. 275 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). 276 Introduit par le ch. I de l’O du 29 avr. 2015, en vigueur depuis le 1er juin 2015 (RO 2015 1255). 277 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 29 avr. 2015, en vigueur depuis le 1er juin 2015 (RO 2015 1255). Assurance en cas de maladie et d’accidents 64 / 130 832.102 Art. 66a278 Réexamen intermédiaire L’OFSP peut vérifier à tout moment après l’admission d’un médicament dans la liste des spécialités que celui-ci remplit toujours les conditions d’admission. Art. 66b279 Médicaments en co-marketing et génériques 1 Si une préparation originale visée aux art. 65a à 65g est également la préparation de base d’un médicament en co-marketing, ce dernier est réexaminé en même temps que la préparation de base. Un médicament en co-marketing est réputé économique si son prix n’excède pas celui de la préparation de base. 2 Si, lors d’un réexamen au sens des art. 65f ou 65g, une préparation originale fait l’objet d’une limitation ou d’une modification de la limitation, l’OFSP ordonne la même limitation pour ses génériques et médicaments en co-marketing. Art. 67280 Prix 1 La liste des spécialités contient les prix maximums déterminants pour la remise des médicaments par les pharmaciens, les médecins, les hôpitaux et les établissements médico-sociaux.281 1bis Le prix maximum se compose du prix de fabrique et de la part relative à la distri- bution.282 1ter Le prix de fabrique rémunère les prestations, redevances comprises, du fabricant et du distributeur jusqu’à la sortie de l’entrepôt, en Suisse.283 1quater La part relative à la distribution rémunère les prestations logistiques. Elle se compose: a. pour les médicaments qui, selon la classification de l’institut, ne sont remis que sur prescription: 1. d’une prime fixée en fonction du prix de fabrique (prime relative au prix) qui prend notamment en compte les coûts en capitaux résultant de la ges- tion des stocks et des avoirs non recouvrés, 2. d’une prime par emballage qui prend notamment en compte les frais de transport, d’infrastructure et de personnel; 278 Introduit par le ch. I de l’O du 26 avr. 2006 (RO 2006 1717). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). 279 Introduit par le ch. I de l’O du 26 avr. 2006 (RO 2006 1717). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 29 avr. 2015, en vigueur depuis le 1er juin 2015 (RO 2015 1255). 280 Voir la disp. fin. mod. 2 oct. 2000, à la fin du texte. 281 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 2 oct. 2000, en vigueur depuis le 1er janv. 2001 (RO 2000 2835). 282 Introduit par le ch. I de l’O du 2 oct. 2000, en vigueur depuis le 1er janv. 2001 (RO 2000 2835). 283 Introduit par le ch. I de l’O du 2 oct. 2000, en vigueur depuis le 1er janv. 2001 (RO 2000 2835). Assurance-maladie. O 65 / 130 832.102 b. pour les médicaments qui, selon la classification de l’institut, sont remis sans prescription: d’une prime fixée en fonction du prix de fabrique.284 2 Les prix fixés dans la liste des spécialités ne peuvent être augmentés que sur autori- sation de l’OFSP. L’autorisation n’est accordée que si les conditions suivantes sont réunies: a. le médicament remplit encore les conditions d’admission; b. deux années au moins se sont écoulées depuis l’admission du médicament dans la liste des spécialités ou depuis la dernière augmentation du prix.285 2bis …286 2ter …287 3 …288 4 …289 Art. 67a290 Remboursement de l’excédent de recettes 1 Si le prix de fabrique sur lequel se fonde le prix maximum fixé lors de l’admission d’un médicament dans la liste des spécialités est supérieur de plus de 3 % au prix de fabrique calculé lors du réexamen du caractère économique et que l’excédent de re- cettes ainsi réalisé atteint au moins 20 000 francs, le titulaire de l’autorisation de mise sur le marché est tenu de rembourser l’excédent de recettes perçu depuis l’admission à l’institution commune prévue à l’art. 18 LAMal. 2 Le titulaire de l’autorisation est tenu au surplus de rembourser à l’institution com- mune l’excédent de recettes qu’il a réalisé: a.291 pendant la durée d’une procédure de recours, s’il existe une différence entre le prix en vigueur pendant la procédure de recours et le nouveau prix ayant force de chose jugée au terme de cette procédure et que le titulaire de l’auto- risation a tiré des recettes supplémentaires de cette différence de prix; 284 Introduit par le ch. I de l’O du 2 oct. 2000 (RO 2000 2835). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er juil. 2009, en vigueur depuis le 1er oct. 2009 (RO 2009 4245). Voir aussi les disp. trans. de cette mod. à la fin du texte. 285 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). 286 Introduit par le ch. I de l’O du 26 juin 2002 (RO 2002 2129). Abrogé par le ch. I de l’O du 1er juil. 2009, avec effet au 1er oct. 2009 (RO 2009 4245). 287 Introduit par le ch. I de l’O du 26 juin 2002 (RO 2002 2129). Abrogé par le ch. I de l’O du 29 avr. 2015, avec effet au 1er juin 2015 (RO 2015 1255). Voir aussi les disp. trans. de cette mod. à la fin du texte. 288 Abrogé par le ch. I de l’O du 1er juil. 2009, avec effet au 1er oct. 2009 (RO 2009 4245). 289 Introduit par le ch. I de l’O du 25 nov. 1996 (RO 1996 3139). Abrogé par le ch. I de l’O du 2 oct. 2000, avec effet au 1er janv. 2001 (RO 2000 2835). 290 Introduit par le ch. I de l’O du 29 avr. 2015, en vigueur depuis le 1er juin 2015 (RO 2015 1255). 291 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). Assurance en cas de maladie et d’accidents 66 / 130 832.102 b. pendant les deux années qui ont suivi la baisse du prix de fabrique visée à l’art. 65f, al. 2, 1re phrase, pour autant que le chiffre d’affaires effectif ait été plus élevé que le chiffre d’affaires prévu lors de la baisse de prix. Art. 68 Radiation 1 Un médicament de la liste des spécialités en est radié:292 a. s’il ne remplit plus toutes les conditions d’admission; b. si le prix indiqué sur la liste en vigueur a été augmenté sans l’accord de l’OFSP; c.293 si le titulaire de l’autorisation de mise sur le marché de la préparation originale ne respecte pas les conditions et les charges prononcées avec l’admission (art. 65, al. 5); d.294 si le titulaire de l’autorisation de mise sur le marché du médicament fait, di- rectement ou indirectement, de la publicité destinée au public pour ce médi- cament; e.295 si les émoluments ou les frais visés à l’art. 70b ne sont pas payés à temps; f.296 si le titulaire de l’autorisation refuse de fournir les documents nécessaires pour les réexamens visés aux art. 65d à 65g; g.297 si le titulaire de l’autorisation refuse de rembourser l’excédent de recettes au sens de l’art. 67a. 2 La radiation prend effet trois mois après avoir été publiée dans le bulletin de l’OFSP (art. 72, let. a). Si des motifs particuliers le justifient, elle prend effet en même temps que la publication. Art. 69298 Demandes 1 Les demandes d’admission d’un médicament prêt à l’emploi dans la liste des spé- cialités doivent être déposées auprès de l’OFSP. 292 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 26 avr. 2006, en vigueur depuis le 10 mai 2006 (RO 2006 1717). 293 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er juil. 2009, en vigueur depuis le 1er oct. 2009 (RO 2009 4245). 294 Introduite par le ch. I de l’O du 26 juin 2002 (RO 2002 2129). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 29 avr. 2015, en vigueur depuis le 1er juin 2015 (RO 2015 1255). 295 Introduite par le ch. I de l’O du 26 juin 2002 (RO 2002 2129). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). 296 Introduite par le ch. I de l’O du 8 mai 2013 (RO 2013 1353). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 29 avr. 2015, en vigueur depuis le 1er juin 2015 (RO 2015 1255). 297 Introduite par le ch. I de l’O du 8 mai 2013 (RO 2013 1353). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 29 avr. 2015, en vigueur depuis le 1er juin 2015 (RO 2015 1255). 298 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 26 juin 2002, en vigueur depuis le 1er juil. 2002 (RO 2002 2129). Assurance-maladie. O 67 / 130 832.102 2 Une nouvelle demande doit être déposée pour toute modification d’un médicament inscrit dans la liste des spécialités ou de son prix. Lorsque la composition des subs- tances actives a été modifiée, l’acte d’autorisation modifié de l’institut doit être joint à la demande.299 3 La documentation jointe à la demande doit faire apparaître que les conditions d’ad- mission sont remplies. 4 La demande d’admission dans la liste des spécialités ou de modification de la liste des spécialités peut être déposée lorsque les données en matière d’indications et de dosages confirmées par l’institut dans le cadre du préavis visé à l’art. 8 de l’ordon- nance du 21 septembre 2018 sur les médicaments300 sont disponibles. L’OFSP exa- mine la demande dès que la documentation complète est en sa possession. Le DFI peut prévoir dans des cas particuliers que la demande ne peut être déposée qu’après que l’institut a donné son autorisation.301 Art. 69a302 Art. 70303 Admission non demandée L’OFSP peut admettre ou maintenir dans la liste des spécialités un médicament ou une indication d’un médicament qui ont été autorisés par l’institut, même lorsque le titulaire de l’autorisation n’a pas demandé leur admission ou qu’il a demandé leur radiation, si le médicament ou l’indication sont d’une grande importance pour garantir les soins médicaux. Il en détermine le prix. Art. 70a304 Modalités Le DFI édicte des prescriptions réglant: a. la procédure d’admission d’un médicament dans la liste des spécialités; b. les critères permettant de déterminer l’efficacité, l’adéquation et le caractère économique; c.305 la procédure de réexamen des conditions d’admission au sens des art. 65d à 65g; 299 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 26 avr. 2006, en vigueur depuis le 10 mai 2006 (RO 2006 1717). 300 RS 812.212.21. Le renvoi a été adapté en application de l'art. 12 al. 2 de la Loi du 18 juin 2004 sur les publications officielles (RS 170.512), avec effet au 1er janv. 2019. 301 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). 302 Introduit par le ch. I de l’O du 26 juin 2002 (RO 2002 2129). Abrogé par le ch. I de l’O du 27 juin 2007, avec effet au 1er août. 2007 (RO 2007 3573). 303 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). 304 Introduit par le ch. I de l’O du 1er juil. 2009, en vigueur depuis le 1er oct. 2009 (RO 2009 4245). 305 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 29 avr. 2015, en vigueur depuis le 1er juin 2015 (RO 2015 1255). Assurance en cas de maladie et d’accidents 68 / 130 832.102 d.306 la procédure de remboursement de l’excédent de recettes au sens de l’art. 67a. Art. 70b307 Émoluments 1 Des émoluments sont perçus pour les décisions concernant l’inscription dans la liste des spécialités et pour l’inscription proprement dite. Les montants des émoluments sont fixés dans l’annexe 1. 2 Les débours extraordinaires, notamment lorsqu’ils sont imputables à des expertises externes portant sur des questions médicales ou économiques, peuvent être facturés en plus. Le tarif horaire s’élève à 200 francs. 3 Pour ce qui concerne les frais extraordinaires, l’OFSP peut percevoir des émolu- ments en fonction du temps investi. Le tarif horaire varie de 100 à 250 francs en fonc- tion des connaissances requises. 4 Au surplus, les dispositions de l’ordonnance générale du 8 septembre 2004 sur les émoluments308 sont applicables. Art. 71309 Publications 1 L’OFSP publie la liste des spécialités (art. 52, al. 1, let. b, LAMal). 2 Lorsqu’il procède à l’admission d’un médicament dans la liste des spécialités, à une extension des indications ou à une modification de la limitation au sens de l’art. 65f, il publie les éléments sur lesquels reposent l’évaluation de l’efficacité et de l’adéqua- tion du médicament, la comparaison thérapeutique (art. 65b, al. 2, let. b) et la prime à l’innovation (art. 65b, al. 7), ainsi que le prix de fabrique moyen dans les pays de référence (art. 65b, al. 2, let. a).310 3 Lorsqu’il procède à une admission pour une durée limitée au sens de l’art. 65, al. 5, let. a, il publie la durée de l’admission. 4 Si un recours est formé contre une décision de l’OFSP, celui-ci peut publier le nom du médicament concerné. 5 Une fois qu’il a réexaminé les conditions d’admission à l’expiration du brevet, il publie le prix de fabrique de la préparation originale.311 6 Les publications visées aux al. 1 à 5 sont effectuées sur une plate-forme en ligne publique312. 306 Introduite par le ch. I de l’O du 29 avr. 2015, en vigueur depuis le 1er juin 2015 (RO 2015 1255). 307 Anciennement art. 71. Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 8 mai 2013, en vigueur de- puis le 1er janv. 2014 (RO 2013 1353). 308 RS 172.041.1 309 Introduit par le ch. I de l’O du 29 avr. 2015, en vigueur depuis le 1er juin 2015 (RO 2015 1255). Voir aussi les disp. trans. de cette mod. à la fin du texte. 310 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). 311 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). 312 Les documents sont disponibles sur le site www.ofsp.admin.ch > Thèmes > Assurance- maladie > Tarifs et prix > Liste des spécialités Assurance-maladie. O 69 / 130 832.102 Section 4a Prise en charge de médicaments dans des cas particuliers313 Art. 71a314 Prise en charge des coûts d’un médicament admis dans la liste des spécialités et utilisé pour d’autres indications que celles autorisées dans l’information professionnelle ou prévues par la limitation 1 L’assurance obligatoire des soins prend en charge les coûts d’un médicament admis dans la liste des spécialités et utilisé pour une autre indication que celle autorisée par l’institut ou prévue par la limitation fixée dans la liste des spécialités, au sens de l’art. 73, si: a. l’usage du médicament constitue un préalable indispensable à la réalisation d’une autre prestation prise en charge par l’assurance obligatoire des soins et que celle-ci est largement prédominante, ou b. l’usage du médicament permet d’escompter un bénéfice élevé contre une ma- ladie susceptible d’être mortelle pour l’assuré ou de lui causer des problèmes de santé graves et chroniques et que, faute d’alternative thérapeutique, il n’existe pas d’autre traitement efficace autorisé. 2 L’assureur détermine le montant de la prise en charge après avoir consulté le titulaire de l’autorisation. Ce montant doit être inférieur au prix maximum figurant dans la liste des spécialités.315 3 …316 Art. 71b317 Prise en charge des coûts d’un médicament autorisé par l’institut mais ne figurant pas dans la liste des spécialités 1 L’assurance obligatoire des soins prend en charge les coûts d’un médicament prêt à l’emploi autorisé par l’institut qui ne figure pas sur la liste des spécialités, qu’il soit utilisé pour les indications mentionnées sur la notice ou en dehors de celles-ci, si les conditions mentionnées à l’art. 71a, al. 1, let. a ou b, sont remplies. 2 L’assureur détermine le montant de la prise en charge après avoir consulté le titulaire de l’autorisation. 313 Introduit par le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). 314 Introduit par le ch. I de l’O du 2 fév. 2011, en vigueur depuis le 1er mars 2011 (RO 2011 653). 315 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). 316 Abrogé par le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, avec effet au 1er mars 2017 (RO 2017 623). 317 Introduit par le ch. I de l’O du 2 fév. 2011 (RO 2011 653). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). Assurance en cas de maladie et d’accidents 70 / 130 832.102 Art. 71c318 Prise en charge des coûts d’un médicament importé non autorisé par l’institut 1 L’assurance obligatoire des soins prend en charge les coûts d’un médicament prêt à l’emploi non autorisé par l’institut si le médicament peut être importé en vertu de la loi sur les produits thérapeutiques, que les conditions mentionnées à l’art. 71a, al. 1, let. a ou b, sont remplies et que le médicament est autorisé pour l’indication corres- pondante par un État ayant institué un système équivalent d’autorisation de mise sur le marché reconnu par l’institut. 2 L’assureur prend en charge les coûts auxquels le médicament est importé. Le four- nisseur de prestations veille aux coûts lors du choix du pays d’importation. Art. 71d319 Dispositions communes 1 L’assurance obligatoire des soins ne prend en charge les coûts du médicament que si l’assureur a donné une garantie spéciale après avoir consulté le médecin-conseil. 2 L’assureur examine si le rapport entre les coûts pris en charge par l’assurance obli- gatoire des soins et le bénéfice thérapeutique est approprié. 3 Si la demande de prise en charge des coûts est complète, l’assureur rend sa décision dans les deux semaines. 4 Le fournisseur de prestations facture les coûts effectifs à l’assureur. Pour les médi- caments visés à l’art. 71a, le prix facturé est le prix maximum figurant dans la liste des spécialités; pour les médicaments visés aux art. 71b et 71c, le prix facturé est le prix que le fournisseur de prestations a payé pour ce médicament, majoré de la part relative à la distribution au sens de l’art. 67, 1quater, et de la TVA. Art. 71e320 Prise en charge des coûts des médicaments visant à traiter le COVID-19 Les art. 71a à 71d ne s’appliquent pas à la prise en charge des coûts dans les cas suivants: a. médicaments qui sont utilisés pour traiter des patients atteints du COVID-19 et qui contiennent des substances actives énumérées à l’annexe 5 de l’ordon- nance 3 COVID-19 du 19 juin 2020321; b. médicaments qui disposent d’une autorisation valable de l’institut avec une indication pour le traitement du COVID-19. 318 Introduit par le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). 319 Introduit par le ch. I de l’O du 1er fév. 2017, en vigueur depuis le 1er mars 2017 (RO 2017 623). 320 Introduit par le ch. III de l’O du 12 mai 2021 (RO 2021 274). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 17 déc. 2021, en vigueur du 1er janv. au 31 déc. 2022, prolongée jusqu’au 30 juin 2024 (RO 2021 892; 2022 838 ch. IV). 321 RS 818.101.24 Assurance-maladie. O 71 / 130 832.102 Art. 71f322 Prise en charge des coûts de remise des médicaments pour le traitement ambulatoire ou stationnaire de la variole du singe Les art. 71a à 71d ne s’appliquent pas à la prise en charge des coûts des médicaments qui sont utilisés pour le traitement ambulatoire ou stationnaire de la variole du singe. Section 5 Dispositions communes pour la Liste des analyses, la Liste des médicaments avec tarif et la Liste des spécialités323 Art. 72 Publications dans le bulletin de l’OFSP Sont publiées dans le bulletin de l’OFSP: a. les radiations de la liste des spécialités; b.324 les autres modifications de la liste des spécialités; c. les modifications de la liste des médicaments avec tarif qui ne nécessitent pas une nouvelle parution de celle-ci; d.325 les modifications de la liste des analyses qui prennent effet en dehors des pa- rutions annuelles; e.326 les modifications de la liste des moyens et appareils (art. 33, let. e) qui pren- nent effet en dehors des parutions annuelles. Art. 73 Limitations L’admission dans une liste peut être assortie d’une limitation. Celle-ci peut notam- ment se rapporter à la quantité ou aux indications médicales. Art. 74 Demandes et propositions L’OFSP peut, après avoir consulté la commission compétente, émettre des directives sur la forme, le contenu et le délai de remise des demandes relatives à la liste des spécialités et des propositions concernant la liste des analyses ou la liste des médica- ments avec tarif. 322 Introduit par le ch. III de l’O du 24 août 2022, en vigueur du 1er sept. 2022 au 31 déc. 2023 (RO 2022 467). 323 Anciennement section 4. Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 17 sept. 1997, en vi- gueur depuis le 1er janv. 1998 (RO 1997 2272). 324 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 2 oct. 2000, en vigueur depuis le 1er janv. 2001 (RO 2000 2835). 325 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 6 juin 2003, en vigueur depuis le 1er janv. 2004 (RO 2003 3249). 326 Introduite par le ch. I de l’O du 27 juin 2007, en vigueur depuis le 1er août. 2007 (RO 2007 3573). Assurance en cas de maladie et d’accidents 72 / 130 832.102 Art. 75327 Modalités Après consultation des commissions compétentes, le département édicte des prescrip- tions réglant la constitution des listes. Chapitre 4 Contrôle du caractère économique et de la qualité des prestations Art. 76 Données concernant les prestations fournies Les assureurs peuvent traiter en commun des données relatives au genre et à l’étendue des prestations fournies par les différents fournisseurs de prestations ainsi qu’aux ré- munérations facturées pour ces prestations, cela exclusivement dans le but: a. d’analyser les coûts et leur évolution; b. de contrôler et de garantir le caractère économique des prestations au sens de l’art. 56 de la loi; c. d’élaborer des conventions tarifaires. Art. 76a328 Répercussion des avantages 1 Conformément à l’art. 42 de la loi, le fournisseur de prestations doit indiquer dans la facture l’avantage visé à l’art. 56, al. 3, de la loi et le répercuter sur le débiteur de la rémunération. 2 Si les avantages sont déjà intégrés dans le calcul des tarifs et des prix des prestations correspondantes sous la forme de coûts plus bas, il n’est pas nécessaire de les indiquer séparément dans la facture. Art. 76b329 Convention relative à la répercussion non intégrale des avantages 1 En premier lieu, les conventions visées à l’art. 56, al. 3bis, de la loi sont conclues entre les organisations des fournisseurs de prestations et celles des assureurs. 2 Les conventions relatives à la répercussion non intégrale des avantages visées à l’art. 56, al. 3bis, de la loi doivent être conclues par écrit et contenir notamment les indica- tions suivantes: a. la nature et l’ampleur de l’avantage ainsi que les modalités pour assurer la transparence dans les justificatifs et les comptes; 327 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er juil. 2009, en vigueur depuis le 1er oct. 2009 (RO 2009 4245). 328 Introduit par l’annexe ch. 2 de l’O du 10 avr. 2019 sur l’intégrité et la transparence dans le domaine des produits thérapeutiques, en vigueur depuis le 1er janv. 2020 (RO 2019 1395). 329 Introduit par l’annexe ch. 2 de l’O du 10 avr. 2019 sur l’intégrité et la transparence dans le domaine des produits thérapeutiques, en vigueur depuis le 1er janv. 2020 (RO 2019 1395). Assurance-maladie. O 73 / 130 832.102 b. l’utilisation prévue de l’avantage non répercuté, y compris le but poursuivi en matière d’amélioration de la qualité des traitements; c. les modalités pour prouver l’amélioration de la qualité des traitements. 3 Les moyens non répercutés sont utilisés en premier lieu pour des programmes natio- naux d’amélioration de la qualité des traitements. 4 Les assureurs et les fournisseurs de prestations qui concluent une convention en in- forment sans tarder l’OFSP. Art. 76c330 Rapport à l’OFSP 1 Les assureurs établissent à l’attention de l’OFSP des rapports attestant du respect de la convention visée à l’art. 76b. Ils lui présentent le rapport immédiatement après l’échéance de la convention. Dans le cas de projets pluriannuels, ils présentent chaque année des rapports intermédiaires. 2 Chaque rapport et chaque rapport intermédiaire contient au moins les indications suivantes: a. la preuve que les avantages non répercutés ont été utilisés pour améliorer la qualité des traitements; b. l’évaluation de l’amélioration de la qualité des traitements obtenue grâce à la convention. 3 L’évaluation doit être effectuée par une organisation indépendante, selon des mé- thodes scientifiques conformes aux normes ou directives reconnues. Art. 77331 Conventions de qualité 1 Les fédérations de fournisseurs de prestations et d’assureurs adaptent les conven- tions de qualité aux objectifs du Conseil fédéral prévus à l’art. 58 LAMal et aux re- commandations de la Commission fédérale pour la qualité prévues à l’art. 58c, al. 1, let. c et h, LAMal. 2 Elles publient les conventions de qualité. Art. 77a332 Commission fédérale pour la qualité 1 Le Conseil fédéral nomme le président et les autres membres de la Commission fé- dérale pour la qualité. 2 La commission est composée de 15 membres; y sont représentés: 330 Introduit par l’annexe ch. 2 de l’O du 10 avr. 2019 sur l’intégrité et la transparence dans le domaine des produits thérapeutiques, en vigueur depuis le 1er janv. 2020 (RO 2019 1395). 331 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 24 fév. 2021, en vigueur depuis le 1er avr. 2021 (RO 2021 152). 332 Introduit par le ch. I de l’O du 24 fév. 2021, en vigueur depuis le 1er avr. 2021 (RO 2021 152). Assurance en cas de maladie et d’accidents 74 / 130 832.102 a. les fournisseurs de prestations, par 4 personnes, dont 1 représente les hôpitaux, 1 les médecins et 1 les infirmiers; b. les cantons, par 2 personnes; c. les assureurs, par 2 personnes; d. les assurés et les organisations de patients, par 2 personnes; e. les experts scientifiques, par 5 personnes. 3 Les membres de la commission disposent d’une grande compétence spécialisée en matière de qualité des prestations, de connaissances approfondies en gestion de la qualité et d’une connaissance solide du système suisse de santé et d’assurances so- ciales. 4 Lorsque la commission traite des sujets qui concernent des milieux non représentés en son sein, la participation d’experts en la matière est obligatoire. 5 Le secrétariat de la commission est subordonné au président de la commission sur le plan technique et à l’OFSP sur le plan administratif. 6 La commission élabore chaque année un rapport à l’intention du Conseil fédéral et le publie sous une forme appropriée. 7 Elle publie ses règlements et ses rapports ainsi que les documents en lien avec les tâches qui lui sont confiées en vertu de l’art. 58c LAMal. Art. 77b333 Données des cantons, des fournisseurs de prestations et des assureurs 1 Les cantons, les fournisseurs de prestations et les assureurs transmettent les données de manière exacte et complète, dans les délais impartis et à leurs frais. 2 Ils les transmettent par voie électronique sous forme chiffrée. 3 Si les tiers mandatés pour l’exécution des tâches visées à l’art. 58c, al. 1, let. e et f, LAMal constatent des défauts dans les données fournies, ils impartissent au canton, au fournisseur de prestations ou à l’assureur un délai supplémentaire pour communi- quer des données exactes et complètes et en informent la Commission fédérale pour la qualité. Art. 77c334 Conservation, effacement et destruction des données 1 L’art. 31a s’applique par analogie à la conservation, à l’effacement et à la destruction de données par les tiers visés à l’art. 77b, al. 3. 2 Les tiers informent les fournisseurs de données visés à l’art. 77b, al. 1, et la Com- mission fédérale pour la qualité lorsqu’ils procèdent à l’effacement ou à la destruction des données fournies. 333 Introduit par le ch. I de l’O du 24 fév. 2021, en vigueur depuis le 1er avr. 2021 (RO 2021 152). 334 Introduit par le ch. I de l’O du 24 fév. 2021, en vigueur depuis le 1er avr. 2021 (RO 2021 152). Assurance-maladie. O 75 / 130 832.102 Art. 77d335 Procédure de sélection lors de la délégation de tâches avec indemnité 1 Si plusieurs personnes ou organisations appropriées en dehors de l’administration fédérale entrent en ligne de compte pour la délégation d’une tâche, la Commission fédérale pour la qualité mène une procédure de sélection transparente, objective et impartiale. 2 Les documents de l’appel d’offres contiennent en particulier: a. les conditions de participation; b. les critères d’aptitude, qui peuvent concerner en particulier les capacités pro- fessionnelles, financières, économiques, techniques et organisationnelles du soumissionnaire ainsi que son expérience; c. les critères d’adjudication. 3 Si une seule personne ou organisation appropriée en dehors de l’administration fé- dérale entre en ligne de compte pour la délégation d’une tâche, celle-ci peut lui être déléguée sans appel d’offres. Art. 77e336 Aides financières 1 La Commission fédérale pour la qualité accorde des aides financières au sens de l’art. 58e, al. 1, LAMal pour des projets nationaux ou régionaux de développement de la qualité qui répondent aux conditions suivantes: a. ils contribuent au développement de la qualité dans le cadre des objectifs pré- vus à l’art. 58 LAMal; b. ils ont été lancés parce que la nécessité d’agir dans ce domaine a été attestée; c. ils sont réalisés selon des méthodes scientifiques et des standards ou des di- rectives reconnus; d. ils ne causent pas ou ne peuvent pas causer de distorsion de la concurrence. 2 Les demandes d’aide financière doivent permettre une appréciation complète de l’objectif de développement de la qualité. Elles comprennent notamment: a. des indications concernant le requérant; b. un descriptif du projet, qui comprend des indications sur l’objectif, la néces- sité d’agir, la manière de procéder et les effets attendus; c. les modalités de vérification de la réalisation des objectifs; d. le calendrier de réalisation du projet; e. une estimation des coûts; f. des documents attestant l’utilisation de fonds propres et expliquant pourquoi la réalisation du projet n’est pas possible sans un soutien financier. 335 Introduit par le ch. I de l’O du 24 fév. 2021, en vigueur depuis le 1er avr. 2021 (RO 2021 152). 336 Introduit par le ch. I de l’O du 24 fév. 2021, en vigueur depuis le 1er avr. 2021 (RO 2021 152). Assurance en cas de maladie et d’accidents 76 / 130 832.102 3 La Commission fédérale pour la qualité édicte des directives concernant les indica- tions et les documents visés à l’al. 2. 4 Une fois le projet achevé, un rapport sur les résultats est présenté à la Commission fédérale pour la qualité. Art. 77f337 Contrats de prestations en cas d’indemnités ou d’aides financières Les contrats de prestations visés aux art. 58d, al. 2, et 58e, al. 2, LAMal règlent en particulier: a. les tâches à accomplir; b. les objectifs à atteindre; c. la méthode à appliquer; d. le traitement, la sécurité et la conservation des données; e. les modalités de vérification de la réalisation des objectifs; f. le niveau et la durée de la participation financière de la Confédération; g. les modalités de paiement; h. les conséquences du non-accomplissement ou de l’accomplissement défec- tueux des tâches; i. la remise périodique de rapports; j. la présentation périodique du budget et des comptes; k. les exigences applicables au rapport visé à l’art. 77e, al. 4. Art. 77g338 Calcul des parts de financement des cantons et des assureurs 1 Le calcul de la population résidente visée à l’art. 58f, al. 4, LAMal se base sur les chiffres du dernier relevé de la population résidente permanente moyenne effectué par l’OFS. 2 Le calcul du nombre d’assurés au sens de l’art. 58f, al. 5, LAMal se base sur les effectifs d’assurés au 1er janvier. 3 L’OFSP calcule les parts de financement des cantons et des assureurs. Art. 77h339 Perception des contributions 1 L’OFSP demande le 30 avril au plus tard aux cantons et aux assureurs de verser leur contribution pour l’année. 337 Introduit par le ch. I de l’O du 24 fév. 2021, en vigueur depuis le 1er avr. 2021 (RO 2021 152). 338 Introduit par le ch. I de l’O du 24 fév. 2021, en vigueur depuis le 1er avr. 2021 (RO 2021 152). 339 Introduit par le ch. I de l’O du 24 fév. 2021, en vigueur depuis le 1er avr. 2021 (RO 2021 152). Assurance-maladie. O 77 / 130 832.102 2 Les assureurs et les cantons qui ne versent pas leur contribution dans le délai imparti sont débiteurs d’intérêts moratoires de 5 % par an. Art. 77i340 Décompte L’OFSP établit le décompte des contributions de la Confédération, des cantons et des assureurs pour le 31 mars de l’année civile qui suit l’année de contribution. Si le dé- compte présente un solde excédentaire ou déficitaire, le montant correspondant est reporté, pour chaque canton ou assureur concerné, sur l’année de contribution sui- vante. Art. 77j341 Amendes et sanctions 1 Les fonds issus des amendes et sanctions prononcées par les tribunaux arbitraux cantonaux pour non-respect des mesures visées aux art. 58a et 58h LAMal servent à financer les coûts visés à l’art. 58f, al. 1, LAMal. 2 Le tribunal arbitral cantonal transmet les fonds issus des amendes et sanctions à l’OFSP au 1er janvier de l’année suivante. Art. 77k342 Garantie de la qualité Le DFI désigne, après avoir consulté la commission compétente, les mesures prévues à l’art. 58h, al. 1, LAMal. Titre 4a343 Projets pilotes Art. 77l Demande 1 La demande d’autorisation d’un projet pilote doit être déposée auprès de l’OFSP. Elle peut l’être notamment par un ou plusieurs cantons, un ou plusieurs fournisseurs de prestations, un ou plusieurs assureurs ou une ou plusieurs organisations de patients. 2 Elle doit comprendre au moins les éléments suivants: a. le nom ou la désignation des demandeurs; b. la description détaillée du projet, des mesures prévues, des buts poursuivis, des effets escomptés et des conséquences notamment pour les cantons, les as- sureurs, les fournisseurs de prestations et les assurés; 340 Introduit par le ch. I de l’O du 24 fév. 2021, en vigueur depuis le 1er avr. 2021 (RO 2021 152). 341 Introduit par le ch. I de l’O du 24 fév. 2021, en vigueur depuis le 1er avr. 2021 (RO 2021 152). 342 Introduit par le ch. I de l’O du 24 fév. 2021, en vigueur depuis le 1er avr. 2021 (RO 2021 152). 343 Introduit par le ch. I de l’O du 23 nov. 2022, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 814). Assurance en cas de maladie et d’accidents 78 / 130 832.102 c. les dispositions de la LAMal et de la présente ordonnance auxquelles il est prévu de déroger et la réglementation qui s’applique en lieu et place; d. les critères de participation au projet, y compris le délai dans lequel la révo- cation de l’accord de participation prend effet; e. le plan d’évaluation du projet, prévoyant des évaluations régulières et une éva- luation finale; f. le plan de financement du projet et des évaluations; g. le calendrier d’exécution du projet et des évaluations. Art. 77m Coûts Les frais du projet pilote et des évaluations, de même que les dépenses administratives liées au retour à la situation antérieure à la mise en œuvre, sont à la charge des titu- laires de l’autorisation. Art. 77n Autorisation 1 Le DFI n’autorise que les projets pilotes visant à expérimenter des mesures répon- dant aux conditions suivantes: a. elles sont innovantes par rapport au droit en vigueur; b. elles sont susceptibles de réaliser l’un des objectifs de l’art. 59b, al. 1, LAMal dans l’un des domaines prévus à l’art. 59b, al. 2, LAMal; c. elles sont susceptibles d’être intégrées dans la loi. 2 La décision d’autorisation contient notamment les éléments suivants: a. le nom des demandeurs; b. les effets escomptés et les conséquences notamment pour les cantons, les as- sureurs, les fournisseurs de prestations et les assurés; c. le plan d’évaluation; d. le nom d’un ou de plusieurs experts indépendants chargés d’évaluer le projet. 3 Le DFI refuse l’autorisation lorsque le projet ne garantit pas aux assurés qui y parti- cipent le droit à la prise en charge des coûts des prestations de la LAMal. 4 Il révoque l’autorisation s’il s’avère avant l’échéance du projet pilote que le but poursuivi ne peut pas être atteint par les mesures prévues ou si les droits des assurés sont violés. 5 L’OFSP informe régulièrement le public sur les projets en cours. Art. 77o Ordonnances du DFI sur les projets pilotes 1 Outre les points prévus à l’art. 59b, al. 5, LAMal, chaque ordonnance du DFI relative à un projet pilote détermine: a. les conditions de participation; Assurance-maladie. O 79 / 130 832.102 b. les mesures que le projet permettra de mettre en œuvre; c. les buts poursuivis; d. le champ d’application territorial du projet; e. la durée du projet; f. le délai dans lequel la révocation par un assuré de son accord à participer au projet pilote prend effet. 2 La durée d’un projet pilote est de trois ans au plus. Elle est prorogeable une fois. 3 Le délai visé à l’al. 1, let. f, ne peut aller au-delà de la fin de l’année civile en cours. Il doit respecter un préavis d’au moins un mois. 4 Le DFI abroge l’ordonnance relative au projet pilote lorsqu’il révoque l’autorisation du projet. Art. 77p Participation 1 Seuls peuvent participer à un projet pilote les assurés qui ont donné leur accord ex- près, après avoir été informés des effets de cette participation sur leurs droits et obli- gations. 2 Ils peuvent révoquer leur accord. Art. 77q Évaluations 1 Le projet pilote fait l’objet d’évaluations régulières durant sa mise en œuvre. Il fait l’objet d’une évaluation finale une fois le projet terminé. 2 Les rapports d’évaluation doivent en particulier analyser: a. si le projet permet d’atteindre le but poursuivi; b. quelle influence les mesures du projet pilote exercent sur le système de santé; c. si les mesures du projet pilote entrent en conflit avec des dispositions légales auxquelles l’ordonnance ne prévoit pas de déroger; d. si les mesures expérimentées peuvent être intégrées à la loi. Art. 77r Rapport au Conseil fédéral 1 Le DFI examine les rapports d’évaluation. 2 Sur la base de cet examen, il rend compte au Conseil fédéral: a. des effets des mesures expérimentées pour freiner la hausse des coûts, pour renforcer la qualité ou pour promouvoir la numérisation; b. des conséquences des mesures, notamment pour les cantons, les assureurs, les fournisseurs de prestations et les assurés. 3 Si, après examen des évaluations intermédiaires, il apparaît judicieux que les dispo- sitions restent applicables après la fin du projet pilote conformément à l’art. 59b, al. 7, LAMal, le DFI peut présenter un rapport au Conseil fédéral avant l’évaluation finale. Assurance en cas de maladie et d’accidents 80 / 130 832.102 Titre 5 Financement Chapitre 1 … Art. 78344 Art. 78a à 78c345 Art. 79346 Art. 80347 Art. 80a à 80i348 Art. 81 à 85349 Art. 85a350 Art. 86 à 88351 Chapitre 2 Primes des assurés Section 1 Dispositions générales Art. 89 Indication des primes L’assureur doit distinguer clairement, pour chaque assuré, entre les primes: 344 Abrogé par l’annexe ch. 3 de l’O du 18 nov. 2015 sur la surveillance de l’assurance-mala- die, avec effet au 1er janv. 2016 (RO 2015 5165). 345 Introduits par le ch. I de l’O du 3 déc. 2010 (RO 2010 6155). Abrogés par l’annexe ch. 3 de l’O du 18 nov. 2015 sur la surveillance de l’assurance-maladie, avec effet au 1er janv. 2016 (RO 2015 5165). 346 Abrogé par l’annexe ch. 3 de l’O du 18 nov. 2015 sur la surveillance de l’assurance-mala- die, avec effet au 1er janv. 2016 (RO 2015 5165). 347 Abrogé par l’annexe ch. 3 de l’O du 18 nov. 2015 sur la surveillance de l’assurance-mala- die, avec effet au 1er janv. 2016 (RO 2015 5165). 348 Introduits par le ch. I de l’O du 3 déc. 2010 (RO 2010 6155). Abrogés par l’annexe ch. 3 de l’O du 18 nov. 2015 sur la surveillance de l’assurance-maladie, avec effet au 1er janv. 2016 (RO 2015 5165). 349 Abrogés par l’annexe ch. 3 de l’O du 18 nov. 2015 sur la surveillance de l’assurance-ma- ladie, avec effet au 1er janv. 2016 (RO 2015 5165). 350 Introduit par le ch. I de l’O du 6 juin 2003 (RO 2003 3249). Abrogé par l’annexe ch. 3 de l’O du 18 nov. 2015 sur la surveillance de l’assurance-maladie, avec effet au 1er janv. 2016 (RO 2015 5165). 351 Abrogés par l’annexe ch. 3 de l’O du 18 nov. 2015 sur la surveillance de l’assurance-ma- ladie, avec effet au 1er janv. 2016 (RO 2015 5165). Assurance-maladie. O 81 / 130 832.102 a.352 de l’assurance obligatoire des soins, la part de la prime pour le risque d’acci- dent inclus devant être mentionnée séparément; b. de l’assurance d’indemnités journalières; c. des assurances complémentaires; d. des autres branches d’assurance. Art. 90353 Paiement des primes Les primes doivent être payées à l’avance et en principe tous les mois. Art. 90a354 Intérêts rémunératoires 1 Les intérêts rémunératoires visés à l’art. 26, al. 1, LPGA sont accordés lorsque l’as- sureur restitue ou compense des primes versées en trop ou qu’il doit réparer le dom- mage à concurrence des différences de primes en vertu de l’art. 7, al. 5 et 6, LAMal, pour autant que la créance dépasse 3000 francs et qu’elle ne soit pas acquittée dans les six mois. 2 Le taux des intérêts rémunératoires s’élève à 5 % par année. Les prescriptions de l’art. 7 de l’ordonnance du 11 septembre 2002 sur la partie générale du droit des as- surances sociales355 sont applicables par analogie. Art. 90b356 Art. 90c357 Prime minimale 1 La prime des formes particulières d’assurance visées aux art. 93 à 101 s’élève à au moins 50 % de la prime de l’assurance ordinaire avec couverture des accidents de la région de prime et du groupe d’âge de l’assuré. 2 Les réductions de primes pour les formes particulières d’assurance visées aux art. 93 à 101 doivent être fixées de sorte que la réduction liée à la suspension de la couverture des accidents puisse être accordée sans que la prime atteigne un niveau inférieur à la prime minimale fixée à l’al. 1. 352 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 26 avr. 2006, en vigueur depuis le 10 mai 2006 (RO 2006 1717). 353 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 27 juin 2007, en vigueur depuis le 1er août. 2007 (RO 2007 3573). 354 Introduit par le ch. I de l’O du 11 sept. 2002, en vigueur depuis le 1er janv. 2003 (RO 2002 3908). 355 RS 830.11 356 Introduit par le ch. I de l’O du 26 avr. 2006 (RO 2006 1717). Abrogé par le ch. I de l’O du 24 juin 2009, avec effet au 1er août 2009 (RO 2009 3525). 357 Introduit par le ch. I de l’O du 26 avr. 2006, en vigueur depuis le 10 mai 2006 (RO 2006 1717). Assurance en cas de maladie et d’accidents 82 / 130 832.102 Art. 91 Échelonnement des primes 1 Un effectif est considéré comme très peu important au sens de l’art. 61, al. 2, LAMal si les coûts d’un seul assuré ont une influence considérable sur les primes des assurés de l’effectif, notamment s’il compte moins de 300 personnes.358 1bis L’assureur qui débute son activité ou qui étend son champ territorial d’activité fixe pour les effectifs très peu importants une prime qui n’est pas inférieure à un montant minimal déterminé.359 1ter Le montant minimal visé à l’al. 1bis correspond à la moyenne de toutes les primes de l’année en cours, pour la région et le groupe d’âge concernés. L’OFSP commu- nique chaque année ce montant aux assureurs.360 2 Pour les personnes visées aux art. 4 et 5 qui ne résident ni dans un État membre de l’Union européenne, ni en Islande, en Norvège ou au Royaume-Uni et qui sont assu- rées en Suisse, l’assureur fixe une prime conforme aux coûts avérés. Si le nombre de personnes concernées rend l’exercice disproportionné, l’assureur peut aligner le mon- tant de leurs primes sur celles qui sont applicables au dernier domicile de l’intéressé en Suisse ou au siège de l’assureur.361 3 L’échelonnement des primes selon le groupe d’âge pour les assurés visés à l’art. 61, al. 3, de la loi s’effectue d’après l’année de naissance. Art. 91a362 Réduction de primes en cas d’assujettissement à une autre assurance 1 …363 2 Les assureurs réduisent les primes de l’assurance obligatoire des soins des personnes qui ont conclu une assurance à titre obligatoire selon la LAA364, et ce, pendant la durée de la couverture des accidents.365 3 Les assureurs peuvent réduire les primes de l’assurance obligatoire des soins des personnes qui ont conclu une assurance à titre facultatif ou par convention selon la LAA, et ce, pendant la durée de la couverture des accidents.366 358 Nouvelle teneur selon l’annexe ch. 3 de l’O du 18 nov. 2015 sur la surveillance de l’assu- rance-maladie, en vigueur depuis le 1er janv. 2016 (RO 2015 5165). 359 Introduit par l’annexe ch. 3 de l’O du 18 nov. 2015 sur la surveillance de l’assurance-ma- ladie, en vigueur depuis le 1er janv. 2016 (RO 2015 5165). 360 Introduit par l’annexe ch. 3 de l’O du 18 nov. 2015 sur la surveillance de l’assurance-ma- ladie, en vigueur depuis le 1er janv. 2016 (RO 2015 5165). 361 Nouvelle teneur selon le ch. I 1 de l’O du 26 oct. 2022 concernant la mise en œuvre de la Convention sur la coordination de la sécurité sociale entre la Confédération suisse et le Royaume-Uni de Grande-Bretagne et d’Irlande du Nord, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 658). 362 Introduit par le ch. I de l’O du 25 nov. 1996, en vigueur depuis le 1er janv. 1997 (RO 1996 3139). 363 Abrogé par le ch. I de l’O du 11 déc. 2000, avec effet au 1er janv. 2001 (RO 2001 138). 364 RS 832.20 365 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 26 avr. 2006, en vigueur depuis le 10 mai 2006 (RO 2006 1717). 366 Introduit par le ch. I de l’O du 26 avr. 2006, en vigueur depuis le 10 mai 2006 (RO 2006 1717). Assurance-maladie. O 83 / 130 832.102 4 Les primes peuvent être réduites seulement à hauteur de la part qui correspond à la couverture des accidents, mais au plus de 7 %.367 Art. 91b368 Procédure pour la délimitation des régions de primes 1 Le DFI vérifie périodiquement la pertinence des régions de primes. Les cantons peu- vent proposer une modification ou une réduction des régions de primes pour leur ter- ritoire. 2 Le DFI consulte les cantons avant de modifier la délimitation des régions de primes. 3 En cas de fusion de communes, le canton fait une proposition au DFI pour la région de primes à laquelle la nouvelle commune doit être rattachée. Art. 92369 Section 1a370 Primes des assurés résidant dans un État membre de l’Union européenne, en Islande, en Norvège ou au Royaume-Uni371 Art. 92a Prélèvement de la prime Lorsqu’un assuré réside à l’étranger, l’assureur prélève les primes en francs suisses ou en Euros. L’assureur peut percevoir les primes par trimestre sans le consentement de l’assuré. Art. 92b et 92c372 367 Introduit par le ch. I de l’O du 26 avr. 2006, en vigueur depuis le 10 mai 2006 (RO 2006 1717). 368 Introduit par l’annexe ch. 3 de l’O du 18 nov. 2015 sur la surveillance de l’assurance-ma- ladie, en vigueur depuis le 1er janv. 2016 (RO 2015 5165). 369 Abrogé par l’annexe ch. 3 de l’O du 18 nov. 2015 sur la surveillance de l’assurance-mala- die, avec effet au 1er janv. 2016 (RO 2015 5165). 370 Introduite par le ch. I de l’O du 3 juil. 2001, en vigueur depuis le 1er juin 2002 (RO 2002 915). 371 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 2 nov. 2011, en vigueur depuis le 1er avr. 2012 (RO 2012 955). 372 Abrogés par l’annexe ch. 3 de l’O du 18 nov. 2015 sur la surveillance de l’assurance-ma- ladie, avec effet au 1er janv. 2016 (RO 2015 5165). Assurance en cas de maladie et d’accidents 84 / 130 832.102 Section 1b373 Primes des bénéficiaires de l’aide d’urgence conformément à l’art. 82 LAsi374 Art. 92d 1 Les art. 82a LAsi375 et 105a de la LAMal sont applicables par analogie aux bénéfi- ciaires de l’aide d’urgence visés à l’art. 82 LAsi. 2 À la demande du canton et au moment indiqué par celui-ci, l’échéance des primes d’un bénéficiaire de l’aide d’urgence est suspendue. 3 Lorsqu’une demande de remboursement est adressée à l’assureur et que le canton ne prend pas lui-même en charge les coûts des prestations qui sont à la charge de l’assu- rance obligatoire des soins, les primes dont l’échéance a été suspendue sont dues avec effet rétroactif jusqu’au moment de la suspension. Elles sont dues avec un supplément de 25 %, le supplément n’étant toutefois dû que pour une durée maximale de 12 mois de primes. 4 Dès que les primes et le supplément ont été payés, l’assureur prend en charge les coûts de toutes les prestations fournies durant la période de la suspension. 5 Si le canton le demande, après le paiement des primes, de la participation aux coûts et du supplément de prime, l’échéance des primes à venir est à nouveau suspendue. 6 L’assuré ne peut pas changer d’assureur, tant que les primes, la participation aux coûts et le supplément de prime ne sont pas payés. L’art. 7, al. 4, LAMal est réservé. 7 La suspension de l’échéance des primes prend fin sans paiement rétroactif des primes antérieures dès le 1er jour du mois où un assuré: a. est admis à titre provisoire selon l’art. 83 LEI376; b. est reconnu comme personne à protéger selon les art. 66 ss LAsi ou comme réfugié selon l’art. 3 LAsi; c. obtient une autorisation de séjour. 8 Lorsque la suspension de l’échéance des primes prend fin conformément à l’al. 7, le paiement des primes antérieures est dû si des prestations ont été demandées durant la période de suspension. Lorsque ces primes sont acquittées, l’assuré peut changer d’as- sureur aux conditions de l’art. 7 LAMal. 9 L’assurance prend fin cinq ans après l’entrée en force de la décision de renvoi, pour autant que la personne ayant fait l’objet de la décision ait vraisemblablement quitté la Suisse. 373 Introduite par le ch. I de l’O du 6 juil. 2011, en vigueur depuis le 1er août 2011 (RO 2011 3535). Voir aussi la disp. trans. de cette mod. à la fin du texte. 374 RS 142.31 375 RS 142.31 376 RS 142.20 Assurance-maladie. O 85 / 130 832.102 Section 2 Formes particulières d’assurance Art. 93 Assurance avec franchise à option a. Franchises à option 1 Les assureurs peuvent pratiquer, en plus de l’assurance des soins ordinaire, une as- surance dans laquelle les assurés peuvent choisir une franchise plus élevée que le montant fixé à l’art. 103, al. 1 (franchise à option). Les franchises à option se montent à 500, 1000, 1500, 2000 et 2500 francs pour les adultes et les jeunes adultes et à 100, 200, 300, 400, 500 et 600 francs pour les enfants. Un assureur peut offrir des fran- chises différentes pour les adultes et les jeunes adultes. Les franchises à option offertes par l’assureur doivent s’appliquer à l’ensemble du canton.377 2 Le montant maximal annuel de la quote-part correspond à celui qui est prévu à l’art. 103, al. 2. 3 Si plusieurs enfants d’une même famille sont assurés par le même assureur, leur participation ne doit pas excéder le double du montant maximal par enfant (franchise à option et quote-part selon l’art. 103, al. 2). Si des franchises différentes sont choisies pour les enfants, l’assureur fixe la participation maximale. Art. 94 b. Adhésion et sortie, changement de franchise 1 Tous les assurés peuvent adhérer à l’assurance avec franchises à option. L’assuré ne peut choisir une franchise plus élevée que pour le début d’une année civile. 2 Le passage à une franchise moins élevée ou à une autre forme d’assurance ainsi que le changement d’assureur sont possibles pour la fin d’une année civile et moyennant préavis donné dans les délais fixés à l’art. 7, al. 1 et 2, de la loi.378 3 Lorsque l’assuré change d’assureur au cours d’une année civile en vertu de l’art. 7, al. 2, 3 ou 4 de la loi, il garde la franchise choisie auprès de l’ancien assureur pour autant que le nouvel assureur pratique cette forme d’assurance. L’art. 103, al. 4, s’ap- plique par analogie.379 Art. 95 c. Primes 1 Les primes de l’assurance avec franchises à option se fondent sur celles de l’assu- rance ordinaire. Les assureurs veillent à ce que les assurés de ces deux formes d’assu- rance contribuent, dans la mesure nécessaire selon les principes actuariels, aux ré- serves et à la compensation des risques. 377 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 26 mai 2004, en vigueur depuis le 1er janv. 2005 (RO 2004 3437). 378 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 6 juin 2003, en vigueur depuis le 1er oct. 2003 (RO 2003 3249). 379 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 6 juin 2003, en vigueur depuis le 1er oct. 2003 (RO 2003 3249). Assurance en cas de maladie et d’accidents 86 / 130 832.102 1bis Les assureurs fixent le montant dont ils réduisent la prime selon les exigences d’assurance. Ils respectent les réductions de primes maximales prescrites à l’al. 2bis et à l’art. 90c.380 2 …381 2bis La réduction de primes par année civile ne doit pas être plus importante que 70 % du risque de participer aux coûts assumé par les assurés ayant choisi une franchise plus élevée.382 3 …383 Art. 96 Assurance avec bonus a. Principe 1 Les assureurs peuvent pratiquer, en plus de l’assurance des soins ordinaire, une as- surance dans laquelle une réduction de prime est accordée lorsque l’assuré n’a béné- ficié d’aucune prestation pendant une année (assurance avec bonus). Sont exceptées les prestations de maternité et les mesures de prévention. 2 L’année civile est réputée période de référence permettant d’établir si l’assuré a bé- néficié de prestations. Les assureurs peuvent toutefois prévoir une période de réfé- rence avancée de trois mois au plus. Dans ce cas, durant la première année d’affiliation à l’assurance avec bonus, la période de référence est réduite d’autant. 3 La date du traitement est réputée celle où l’assuré a bénéficié d’une prestation. Les assureurs fixent le délai dans lequel les assurés doivent leur remettre les factures. 4 L’assurance avec bonus ne peut être pratiquée en relation avec une franchise à option au sens de l’art. 93. Art. 97 b. Adhésion et sortie 1 Tous les assurés peuvent adhérer à l’assurance avec bonus. Le passage de l’assu- rance ordinaire à l’assurance avec bonus n’est possible que pour le début d’une année civile. 2 L’assuré peut passer dans une autre forme d’assurance ou changer d’assureur pour la fin d’une année civile et moyennant préavis donné dans les délais fixés à l’art. 7, al. 1 et 2, de la loi.384 3 Lorsque l’assuré change d’assureur au cours d’une année civile en vertu de l’art. 7, al. 2, 3 ou 4, de la loi, le nouvel assureur doit, s’il pratique l’assurance avec bonus et 380 Introduit par le ch. I de l’O du 23 fév. 2000 (RO 2000 889). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 26 avr. 2006, en vigueur depuis le 10 mai 2006 (RO 2006 1717). 381 Abrogé par le ch. I de l’O du 26 avr. 2006, en vigueur depuis le 10 mai 2006 (RO 2006 1717). 382 Introduit par le ch. I de l’O du 6 juin 2003 (RO 2003 3249). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 1er juil. 2009, en vigueur depuis le 1er janv. 2010 (RO 2009 4245). 383 Abrogé par le ch. I de l’O du 23 fév. 2000, avec effet au 1er janv. 2001 (RO 2000 889). 384 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 6 juin 2003, en vigueur depuis le 1er oct. 2003 (RO 2003 3249). Assurance-maladie. O 87 / 130 832.102 si l’assuré y adhère, prendre en compte la période durant laquelle celui-ci n’a bénéficié d’aucune prestation dans l’assurance avec bonus de l’ancien assureur.385 Art. 98 c. Primes 1 Les assureurs doivent fixer les primes de l’assurance avec bonus de façon à ce que les assurés de l’assurance ordinaire et de l’assurance avec bonus contribuent, dans la mesure nécessaire selon les principes actuariels, aux réserves et à la compensation des risques. 2 Les primes initiales de l’assurance avec bonus doivent être de 10 pour cent plus élevées que celles de l’assurance ordinaire. 3 Le barème de primes suivant est applicable: Barème de primes Bonus en % de la prime initiale 4 0 3 15 2 25 1 35 0 45 4 Si, au cours de l’année civile, l’assuré ne bénéficie d’aucune prestation, la prime de l’année civile suivante est calculée d’après l’échelon de primes immédiatement infé- rieur. Seules sont déterminantes pour la réduction des primes les années d’affiliation à l’assurance avec bonus durant lesquelles l’assuré n’a bénéficié d’aucune prestation. 5 Si, au cours de l’année civile, l’assuré bénéficie de prestations, la prime de l’année civile suivante augmente d’un échelon. Art. 99 Assurances impliquant un choix limité des fournisseurs de prestations a. Principe 1 Les assureurs peuvent pratiquer, en plus de l’assurance des soins ordinaire, des as- surances impliquant un choix limité des fournisseurs de prestations. 1bis Les assurances visées à l’al. 1 ne peuvent prévoir une obligation de participer aux programmes de coopération transfrontalière.386 2 Dans les assurances impliquant un choix limité des fournisseurs de prestations, l’as- sureur peut renoncer en tout ou en partie au prélèvement de la quote-part et de la franchise.387 385 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 6 juin 2003, en vigueur depuis le 1er oct. 2003 (RO 2003 3249). 386 Introduit par le ch. I de l’O du 15 nov. 2017, en vigueur depuis le 1er janv. 2018 (RO 2017 6723). 387 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 17 sept. 1997, en vigueur depuis le 1er janv. 1998 (RO 1997 2272). Assurance en cas de maladie et d’accidents 88 / 130 832.102 Art. 100 b. Adhésion et sortie 1 Tous les assurés qui résident dans la région où l’assureur pratique une assurance impliquant un choix limité des fournisseurs de prestations peuvent y adhérer. 2 Le passage de l’assurance ordinaire à une assurance impliquant un choix limité des fournisseurs de prestations est possible à tout moment. 3 Le passage à une autre forme d’assurance ainsi que le changement d’assureur ne sont possibles que pour la fin d’une année civile et moyennant préavis donné dans les dé- lais fixés à l’art. 7, al. 1 et 2, de la loi.388 4 Le changement d’assureur au cours d’une année civile en vertu de l’art. 7, al. 2, 3 ou 4, de la loi est réservé.389 Art. 101 c. Primes 1 Les assurances impliquant un choix limité des fournisseurs de prestations ne consti- tuent pas des communautés de risques particulières pour un même assureur. Lors de la fixation des primes, l’assureur doit tenir compte des frais administratifs et des éven- tuelles primes de réassurance et veiller à ce que les assurés qui ont un choix limité des fournisseurs de prestations contribuent, dans la mesure nécessaire selon les principes actuariels, aux réserves et à la compensation des risques. 2 Des réductions de primes ne sont admises que pour les différences de coûts qui ré- sultent du choix limité des fournisseurs de prestations ainsi que du mode et du niveau particuliers de la rémunération des fournisseurs de prestations. Les différences de coûts dues à des structures de risques favorables ne donnent pas droit à une réduction de primes. Les différences de coûts doivent être démontrées par des chiffres empi- riques établis durant au moins cinq exercices comptables. 3 Lorsqu’il n’existe pas encore de chiffres empiriques établis durant au moins cinq exercices comptables, les primes peuvent se situer au plus à 20 % au-dessous des primes de l’assurance ordinaire de l’assureur considéré. 4 Lorsqu’une institution qui sert à la pratique d’une assurance impliquant un choix limité des fournisseurs de prestations fournit ses prestations à des personnes assurées auprès de plusieurs assureurs, ceux-ci peuvent fixer une prime uniforme pour lesdits assurés. 388 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 6 juin 2003, en vigueur depuis le 1er oct. 2003 (RO 2003 3249). 389 Introduit par le ch. I de l’O du 6 juin 2003, en vigueur depuis le 1er oct. 2003 (RO 2003 3249). Assurance-maladie. O 89 / 130 832.102 Art. 101a390 Formes particulières d’assurance pour les assurés résidant dans un État membre de l’Union européenne, en Islande, en Norvège ou au Royaume-Uni Les assurés résidant dans un État membre de l’Union européenne, en Islande, en Nor- vège ou au Royaume-Uni ne peuvent pas adhérer aux formes particulières d’assurance au sens des art. 93 à 101. Section 3 Indemnisation de tiers Art. 102 1 L’indemnisation de tiers au sens de l’art. 63 de la loi ne doit pas excéder les frais que les tâches confiées au tiers auraient occasionnés à l’assureur. 2 Cette indemnisation fait partie des frais d’administration de l’assureur. Elle ne doit pas être répercutée sur les assurés sous la forme d’une réduction de prime. Chapitre 3 Participation aux coûts Art. 103 Franchise et quote-part 1 La franchise prévue à l’art. 64, al. 2, let. a, de la loi s’élève à 300 francs par année civile.391 2 Le montant maximal annuel de la quote-part au sens de l’art. 64, al. 2, let. b, de la loi s’élève à 700 francs pour les adultes et à 350 francs pour les enfants.392 3 La date du traitement est déterminante pour la perception de la franchise et de la quote-part. 4 En cas de changement d’assureur au cours d’une année civile, le nouvel assureur impute la franchise et la quote-part déjà facturées dans cette même année. Lorsque ni franchise ni quote-part n’ont été facturées, la déduction est opérée si l’assuré apporte la preuve correspondante. 5 Les assureurs peuvent prélever un forfait pour la franchise et la quote-part des adultes dont la couverture d’assurance est prévue pour moins d’une année civile, lors- que ces derniers font valoir leur droit à des prestations. Ce forfait se monte à 250 francs dans une période de 90 jours. Il ne peut pas être proposé en relation avec des formes particulières d’assurance au sens des art. 93 à 101a.393 390 Introduit par le ch. I de l’O du 3 juil. 2001 (RO 2002 915). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 2 nov. 2011, en vigueur depuis le 1er avr. 2012 (RO 2012 955). 391 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 6 juin 2003, en vigueur depuis le 1er janv. 2004 (RO 2003 3249). 392 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 6 juin 2003, en vigueur depuis le 1er janv. 2004 (RO 2003 3249). 393 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 3 déc. 2004, en vigueur depuis le 1er janv. 2005 (RO 2004 5075). Voir aussi les disp. fin. de cette mod. à la fin du texte. Assurance en cas de maladie et d’accidents 90 / 130 832.102 6 Une franchise et une quote-part forfaitaires sont prélevées pour les assurés qui rési- dent dans un État membre de l’Union européenne, en Islande, au Liechtenstein, en Norvège ou au Royaume-Uni et qui, lors d’un séjour en Suisse, ont droit à l’entraide internationale en matière de prestations en vertu de l’art. 95a de la loi ou d’accords internationaux. Le forfait s’élève à 92 francs pour les adultes et à 33 francs pour les enfants dans une période de 30 jours.394 7 Les al. 1 à 4 sont applicables par analogie aux assurés résidant dans un État membre de l’Union européenne, en Islande, en Norvège ou au Royaume-Uni et qui sont assurés en Suisse.395 Art. 104396 Contribution aux frais de séjour hospitalier 1 La contribution journalière aux frais de séjour hospitalier prévue à l’art. 64, al. 5, de la loi se monte à 15 francs. 1bis Elle n’est pas due: a. pour le jour de sortie; b. pour les jours de congé, calculés selon les règles de la structure tarifaire ap- plicable visée à l’art. 49, al. 1, LAMal, telles qu’approuvées ou fixées par le Conseil fédéral.397 2 Sont exemptés de cette contribution: a. les enfants au sens de l’art. 61, al. 3, de la loi; b. les jeunes adultes, au sens de l’art. 61, al. 3, de la loi, qui sont en formation; c.398 les femmes exemptées de la participation aux coûts en vertu de l’art. 64, al. 7, de la loi. Art. 104a399 Participation augmentée, réduite ou supprimée 1 Le DFI désigne les prestations pour lesquelles la participation aux coûts est plus élevée, au sens de l’art. 64, al. 6, let. a, de la loi, et fixe le montant de celle-ci. Il peut aussi prévoir que la participation est augmentée lorsque la prestation: a. a été fournie pendant une durée déterminée; b. a atteint un volume déterminé. 394 Introduit par le ch. I de l’O du 3 juil. 2001 (RO 2002 915). Nouvelle teneur selon le ch. I 1 de l’O du 26 oct. 2022 concernant la mise en œuvre de la Convention sur la coordi- nation de la sécurité sociale entre la Confédération suisse et le Royaume-Uni de Grande- Bretagne et d’Irlande du Nord, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 658). 395 Introduit par le ch. I de l’O du 3 juil. 2001 (RO 2002 915). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 2 nov. 2011, en vigueur depuis le 1er avr. 2012 (RO 2012 955). 396 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 3 déc. 2010, en vigueur depuis le 1er janv. 2011 (RO 2010 6161). 397 Introduit par le ch. I de l’O du 26 mai 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 323). 398 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 29 nov. 2013, en vigueur depuis le 1er mars 2014 (RO 2013 4523). Voir aussi les disp, trans. de cette mod. à la fin du texte. 399 Anciennement art. 105. Assurance-maladie. O 91 / 130 832.102 1bis Le DFI désigne les médicaments pour lesquels une quote-part est plus élevée, au sens de l’art. 64, al. 6, let. a, de la loi, et fixe le taux de celle-ci.400 2 Lorsque la quote-part est augmentée par rapport à celle qui est fixée à l’art. 64, al. 2, let. b, de la loi, le montant qui dépasse le taux fixé par la loi ne compte que pour moitié dans le calcul du montant maximum prévu à l’art. 103, al. 2. 3 Le DFI désigne les prestations pour lesquelles la participation aux coûts est réduite ou supprimée, au sens de l’art. 64, al. 6, let. b, de la loi. Il fixe le montant des partici- pations réduites. 3bis Le DFI désigne les prestations pour lesquelles la franchise est supprimée selon l’art. 64, al. 6, let. d, de la loi.401 4 Avant d’édicter les dispositions visées aux al. 1, 3 et 3bis, le DFI consulte la com- mission compétente.402 Art. 105403 Participation aux coûts en cas de maternité 1 Le médecin qui suit la grossesse détermine le début présumé de la 13e semaine de grossesse et le mentionne sur la facture. 2 La naissance d’un enfant mort-né après la 23e semaine de grossesse est assimilée à un accouchement. 3 Le délai visé à l’art. 64, al. 7, let. b, de la loi prend fin le 56e jour après l’accouche- ment, à minuit. Chapitre 3a404 Non-paiement des primes et des participations aux coûts Art. 105a Intérêts moratoires Le taux des intérêts moratoires pour les primes échues selon l’art. 26, al. 1, LPGA s’élève à 5 % par année. Art. 105b405 Procédure de sommation 1 L’assureur envoie la sommation en cas de non-paiement des primes et des participa- tions aux coûts dans les trois mois qui suivent leur exigibilité. Il l’adresse séparément de toute sommation portant sur d’autres retards de paiement éventuels. 400 Introduit par le ch. I de l’O du 9 nov. 2005, en vigueur depuis le 1er janv. 2006 (RO 2005 5639). 401 Introduit par le ch. I de l’O du 11 déc. 2000, en vigueur depuis le 1er janv. 2001 (RO 2001 138). 402 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 11 déc. 2000, en vigueur depuis le 1er janv. 2001 (RO 2001 138). 403 Introduit par le ch. I de l’O du 29 nov. 2013, en vigueur depuis le 1er mars 2014 (RO 2013 4523). 404 Introduite par le ch. I de l’O du 27 juin 2007, en vigueur depuis le 1er août. 2007 (RO 2007 3573). 405 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 22 juin 2011, en vigueur depuis le 1er janv. 2012 (RO 2011 3527). Assurance en cas de maladie et d’accidents 92 / 130 832.102 2 Lorsque l’assuré a causé par sa faute des dépenses qui auraient pu être évitées par un paiement effectué à temps, l’assureur peut percevoir des frais administratifs d’un montant approprié, si une telle mesure est prévue par les conditions générales sur les droits et les obligations de l’assuré. Art. 105c406 Exclusion de la compensation L’assureur ne peut pas compenser les prestations avec des primes ou des participations aux coûts qui lui sont dues. Art. 105d407 Communication de l’autorité cantonale compétente Le canton communique l’autorité cantonale compétente à l’assureur. Art. 105e408 Annonces relatives aux poursuites 1 Lorsque l’assureur annonce les débiteurs mis aux poursuites à l’autorité cantonale compétente, il lui communique les données personnelles visées à l’art. 105g les con- cernant. S’il ne compte pas le débiteur au nombre de ses assurés, il communique ces données pour autant qu’il les connaisse. Si la poursuite touche encore d’autres per- sonnes, l’assureur communique aussi les données personnelles visées à l’art. 105g les concernant.409 1bis Si l’assuré informe son assureur que ses primes sont payées par une personne mo- rale, l’assureur communique à l’autorité cantonale compétente le nom de cette per- sonne morale ainsi que le numéro fédéral d’identification des entreprises de celle-ci, pour autant qu’il le connaisse.410 2 Le canton peut inviter l’assureur à ne pas continuer la poursuite jusqu’à sa décision sur la prise en charge des créances relevant de l’assurance obligatoire des soins. Art. 105f411 Annonces relatives aux actes de défaut de biens 1 L’assureur informe l’autorité cantonale compétente, dans les deux semaines qui sui- vent la fin de chaque trimestre, de l’évolution des actes de défaut de biens établis depuis le début de l’année.412 406 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 22 juin 2011, en vigueur depuis le 1er janv. 2012 (RO 2011 3527). 407 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 22 juin 2011, en vigueur depuis le 1er janv. 2012 (RO 2011 3527). 408 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 22 juin 2011, en vigueur depuis le 1er janv. 2012 (RO 2011 3527). 409 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 15 nov. 2017, en vigueur depuis le 1er janv. 2018 (RO 2017 6723). 410 Introduit par le ch. I de l’O du 15 nov. 2017, en vigueur depuis le 1er janv. 2018 (RO 2017 6723). 411 Introduit par le ch. I de l’O du 22 juin 2011, en vigueur depuis le 1er janv. 2012 (RO 2011 3527). 412 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 15 nov. 2017, en vigueur depuis le 1er janv. 2018 (RO 2017 6723). Assurance-maladie. O 93 / 130 832.102 2 Il annonce à l’autorité cantonale compétente, le 31 mars au plus tard, le décompte final des actes de défaut de biens qui ont été délivrés durant l’année précédente, ainsi que le rapport de révision qui s’y rapporte. Le décompte intègre le récapitulatif des demandes de prise en charge selon l’art. 64a, al. 3, de la loi et un récapitulatif des restitutions selon l’art. 64a, al. 5, de la loi. Art. 105g413 Données personnelles Lors de l’annonce selon l’art. 64a, al. 3, de la loi, l’assureur fournit les données per- sonnelles suivantes servant à identifier les assurés et les débiteurs: a. le nom et le prénom; b. le sexe; c. la date de naissance; d. le domicile; e. le numéro AVS. Art. 105h414 Échange de données Le DFI peut fixer les modalités techniques et organisationnelles en matière d’échange de données entre les cantons et les assureurs. Art. 105i415 Titres considérés comme équivalents à un acte de défaut de biens Sont assimilés à des actes de défaut de biens au sens de l’art. 64a, al. 3, de la loi les décisions d’octroi de prestations complémentaires ou des titres équivalents qui cons- tatent l’absence de ressources financières propres de l’assuré. Le canton désigne les décisions et titres concernés. Art. 105j416 Organe de contrôle 1 L’organe de contrôle vérifie l’exactitude des informations des assureurs concernant les créances selon l’art. 64a, al. 3, de la loi. Il contrôle si: a. les indications concernant les débiteurs et les personnes assurées sont cor- rectes; b. la procédure de sommation selon l’art. 105b a été respectée; c. un acte de défaut de biens existe; d. la date de délivrance de l’acte de défaut de biens concerne l’année précédente; 413 Introduit par le ch. I de l’O du 22 juin 2011, en vigueur depuis le 1er janv. 2012 (RO 2011 3527). 414 Introduit par le ch. I de l’O du 22 juin 2011, en vigueur depuis le 1er janv. 2012 (RO 2011 3527). 415 Introduit par le ch. I de l’O du 22 juin 2011, en vigueur depuis le 1er janv. 2012 (RO 2011 3527). 416 Introduit par le ch. I de l’O du 22 juin 2011, en vigueur depuis le 1er janv. 2012 (RO 2011 3527). Assurance en cas de maladie et d’accidents 94 / 130 832.102 e. le montant total des créances est exact; f. la créance est annoncée au canton dans lequel l’acte de défaut de biens a été établi. 2 Il vérifie l’exactitude et l’exhaustivité des informations des assureurs concernant: a. le paiement des créances arriérées après l’établissement de l’acte de défaut de biens; b. les remboursements au canton en vertu de l’art. 64a, al. 5, LAMal.417 3 Lorsque le canton désigne un autre organe de contrôle que l’organe de révision visé à l’art. 25 LSAMal418, il prend en charge les frais résultant des activités de celui-ci.419 Art. 105k420 Versements des cantons aux assureurs 1 Lorsque les données personnelles et les annonces relatives aux actes de défaut de biens lui parviennent, l’autorité cantonale compétente peut transmettre à l’assureur les données personnelles selon l’art. 105g des assurés pour lesquels des montants sont pris en charge. 2 Le canton dans lequel l’acte de défaut de biens a été établi verse à l’assureur selon l’art. 64a, al. 4, de la loi les créances jusqu’au 30 juin, après déduction de la rétroces- sion selon l’art. 64a, al. 5, de la loi. Si la rétrocession dépasse les créances, l’assureur rembourse le solde au canton de résidence actuel jusqu’au 30 juin. 3 Si le canton accorde une réduction de primes pour une période pour laquelle l’assu- reur lui a déjà annoncé dans son décompte final une créance conformément à l’art. 64a, al. 3, LAMal, l’assureur rétrocède au canton 85 % de la réduction de primes en question. Les créances envers l’assuré sont réduites, sur l’acte de défaut de biens ou le titre équivalent, du montant intégral de la réduction de primes.421 Art. 105l422 Changement d’assureur en cas de retard de paiement 1 L’assuré est en retard de paiement au sens de l’art. 64a, al. 6, de la loi dès la notifi- cation de la sommation visée à l’art. 105b, al. 1. 2 Si l’assuré en retard de paiement demande à changer d’assureur, l’assureur doit l’in- former après réception de la demande que celle-ci ne déploiera aucun effet si les primes, les participations aux coûts et les intérêts moratoires ayant fait l’objet d’un rappel jusqu’au mois précédant l’expiration du délai de changement ou si les frais de 417 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 15 nov. 2017, en vigueur depuis le 1er janv. 2018 (RO 2017 6723). 418 RS 832.12 419 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 15 nov. 2017, en vigueur depuis le 1er janv. 2018 (RO 2017 6723). 420 Introduit par le ch. I de l’O du 22 juin 2011, en vigueur depuis le 1er janv. 2012 (RO 2011 3527). 421 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 15 nov. 2017, en vigueur depuis le 1er janv. 2018 (RO 2017 6723). 422 Introduit par le ch. I de l’O du 22 juin 2011, en vigueur depuis le 1er janv. 2012 (RO 2011 3527). Assurance-maladie. O 95 / 130 832.102 poursuite en cours jusqu’à ce moment ne sont pas intégralement payés avant l’expira- tion de ce délai. 3 Si le paiement n’est pas parvenu à temps à l’assureur conformément à l’al. 2, celui- ci doit informer l’assuré qu’il continue à être assuré auprès de lui et qu’il ne pourra changer d’assureur qu’au prochain terme prévu à l’art. 7, al. 1 et 2, de la loi. L’assureur doit également informer le nouvel assureur, dans les 60 jours suivants, que l’assuré continue à être assuré auprès de lui. Art. 105m423 Assurés résidant dans un État membre de l’Union européenne, en Islande, en Norvège ou au Royaume-Uni 1 Si le droit d’un État membre de l’Union européenne, de l’Islande, de la Norvège ou du Royaume-Uni permet à l’assureur suisse de recouvrer les primes et participations aux coûts impayées, les dispositions suivantes s’appliquent aux assurés qui résident dans cet État et ne paient pas des primes ou des participations aux coûts échues:424 a. l’art. 64a, al. 1 à 7, de la loi et les art. 105b à 105l aux: 1. frontaliers et membres de leur famille, 2. membres de la famille des personnes titulaires d’une autorisation d’éta- blissement, d’une autorisation de séjour ou d’une autorisation de séjour de courte durée en Suisse, 3. personnes qui perçoivent une prestation de l’assurance-chômage suisse et les membres de leur famille; b. l’art. 64a, al. 1, 2 et 6, de la loi ainsi que les art. 105b et 105l: aux rentiers et aux membres de leur famille; l’assureur prend en charge les actes de défaut de biens. 2 Si le droit d’un État membre de l’Union européenne, de l’Islande, de la Norvège ou du Royaume-Uni dans lequel l’assuré réside ne permet pas à l’assureur suisse de re- couvrer les primes et participations aux coûts impayées, l’assureur envoie à l’assuré qui ne paie pas des primes ou des participations aux coûts échues une sommation, précédée d’au moins un rappel écrit. Il lui impartit un délai de 30 jours et l’informe des conséquences d’un retard de paiement. Si, malgré la sommation, l’assuré ne paie pas dans le délai imparti les primes, les participations aux coûts et les intérêts mora- toires dus, l’assureur peut suspendre la prise en charge des coûts des prestations. Il doit simultanément informer l’assuré et l’institution d’entraide compétente au lieu de résidence de l’assuré de la suspension. La suspension prend fin dès que les primes et les participations aux coûts ayant fait l’objet d’une sommation, ainsi que les intérêts moratoires échus, ont été payés. Lors de la suspension de la prise en charge des coûts, 423 Introduit par le ch. I de l’O du 22 juin 2011, en vigueur depuis le 1er janv. 2012 (RO 2011 3527). 424 Nouvelle teneur selon le ch. I 1 de l’O du 26 oct. 2022 concernant la mise en œuvre de la Convention sur la coordination de la sécurité sociale entre la Confédération suisse et le Royaume-Uni de Grande-Bretagne et d’Irlande du Nord, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 658). Assurance en cas de maladie et d’accidents 96 / 130 832.102 l’assureur a le droit de compenser les prestations d’assurance avec des primes ou des participations aux coûts qui lui sont dues.425 Chapitre 4426 Réduction des primes par les cantons Section 1 Ayants droit à une réduction des primes427 Art. 106428 Réduction des primes par les cantons en faveur des assurés au bénéfice d’une autorisation de séjour valable au moins trois mois Les personnes tenues de s’assurer d’après l’art. 1, al. 2, let. a et f, ont également droit à la réduction des primes, pour autant qu’elles remplissent les conditions fixées par le canton. Art. 106a Réduction des primes par les cantons en faveur des assurés qui résident dans un État membre de l’Union européenne, en Islande, en Norvège ou au Royaume-Uni429 1 La réduction des primes est régie par l’art. 65a de la loi: a. pour les assurés qui perçoivent une rente suisse, aussi longtemps qu’ils exer- cent une activité lucrative en Suisse ou qu’ils perçoivent une prestation de l’assurance-chômage suisse; b. pour les membres assurés de la famille d’un assuré au sens de la let. a, même si un autre membre assuré de la famille ne perçoit qu’une rente suisse; c. pour les membres assurés de la famille d’un assuré qui exerce une activité lucrative en Suisse ou qui perçoit une prestation de l’assurance-chômage suisse, même si un autre membre assuré de la famille ne perçoit qu’une rente suisse. 2 Lors de l’examen de la situation économique modeste des assurés résidant dans un État membre de l’Union européenne, en Islande, en Norvège ou au Royaume-Uni, les cantons ne sont pas autorisés à prendre en compte le revenu et la fortune nette des membres de la famille soumis à la procédure prévue par l’art. 66a de la loi.430 425 Nouvelle teneur selon le ch. I 1 de l’O du 26 oct. 2022 concernant la mise en œuvre de la Convention sur la coordination de la sécurité sociale entre la Confédération suisse et le Royaume-Uni de Grande-Bretagne et d’Irlande du Nord, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 658). 426 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 3 juil. 2001, en vigueur depuis le 1er juin 2002 (RO 2002 915). 427 Introduit par le ch. I de l’O du 22 juin 2011, en vigueur depuis le 1er janv. 2012 (RO 2011 3527). 428 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 22 mai 2002, en vigueur depuis le 1er juin 2002 (RO 2002 1633). 429 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 2 nov. 2011, en vigueur depuis le 1er avr. 2012 (RO 2012 955). 430 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 2 nov. 2011, en vigueur depuis le 1er avr. 2012 (RO 2012 955). Assurance-maladie. O 97 / 130 832.102 Section 2431 Exécution de la réduction des primes Art. 106b Annonces effectuées par le canton 1 Le canton désigne un service qui est compétent pour l’échange des données avec les assureurs selon l’art. 65, al. 2, de la loi. 2 Il annonce à l’assureur: a. les assurés qui ont droit à une réduction des primes; b. le montant de la réduction des primes par ayant droit et par mois, arrondi aux cinq centimes; c. la période en mois au cours de laquelle le montant de la réduction des primes sera versé. 3 Il fixe les délais pour effectuer ses annonces, les annonces selon l’art. 106c, al. 1 et 2, et la livraison du décompte annuel selon l’art. 106c, al. 3. Art. 106c Tâches de l’assureur 1 L’assureur communique au canton s’il peut attribuer l’annonce à une personne as- surée chez lui. 2 Il communique au canton les changements importants survenus dans ses rapports avec l’assuré. Le DFI peut définir quels changements doivent être considérés comme importants. 3 L’assureur présente au canton un décompte annuel. Celui-ci comprend, pour chaque ayant droit, les données personnelles selon l’art. 105g, la période concernée, la prime mensuelle de l’assurance obligatoire des soins et les montants versés. 4 Il mentionne la réduction des primes par personne assurée et par mois sur la facture des primes. Il ne doit pas faire figurer la réduction des primes dans le certificat d’as- surance. 5 Il verse à la personne assurée la différence dans un délai de 60 jours, si ses créances de primes restantes pour l’année civile en cours et ses autres créances échues ressor- tissant à l’assurance obligatoire des soins, pour lesquelles il n’existe pas d’acte de défaut de biens, sont inférieures: a. à la réduction des primes octroyée par le canton; demeurent réservées les ré- glementations cantonales qui prévoient que la réduction équivaut au maxi- mum au montant total de la prime et que les petits montants ne sont pas versés; b. au montant forfaitaire octroyé par le canton pour l’assurance obligatoire des soins selon l’art. 10, al. 3, let. d, de la loi du 6 octobre 2006 sur les prestations complémentaires432. 431 Introduite par le ch. I de l’O du 22 juin 2011, en vigueur depuis le 1er janv. 2012 (RO 2011 3527). 432 RS 831.30 Assurance en cas de maladie et d’accidents 98 / 130 832.102 6 Le canton peut prévoir que l’assureur lui communique les données personnelles se- lon l’art. 105g et d’autres données relatives à ses assurés dans le canton concerné. Art. 106d Échange des données 1 Les annonces au sens des articles 106b et 106c incluent les données personnelles au sens de l’art. 105g. Le canton peut prévoir la communication d’autres données. 2 Après audition des cantons et des assureurs, le DFI peut édicter des prescriptions techniques et organisationnelles pour l’échange et le format des données. Art. 106e Coûts Les cantons et les assureurs supportent les coûts liés à l’exécution de la réduction des primes. Partie 2 Assurance facultative d’indemnités journalières Art. 107 et 108433 Art. 108a434 Paiement des primes, intérêts moratoires et intérêts rémunératoires Les art. 90, 90a, et 105a sont applicables par analogie. Art. 109 Adhésion Toute personne qui satisfait aux exigences de l’art. 67, al. 1, de la loi peut adhérer à l’assurance d’indemnités journalières aux mêmes conditions que celles qui prévalent pour les autres assurés, notamment quant à la durée et au montant de l’indemnité jour- nalière, dans la mesure où, selon toute probabilité, il n’en résulte pas de surindemni- sation. 433 Abrogés par l’annexe ch. 3 de l’O du 18 nov. 2015 sur la surveillance de l’assurance-ma- ladie, avec effet au 1er janv. 2016 (RO 2015 5165). 434 Introduit par le ch. I de l’O du 11 sept. 2002 (RO 2002 3908). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 27 juin 2007, en vigueur depuis le 1er août. 2007 (RO 2007 3573). Assurance-maladie. O 99 / 130 832.102 Partie 3 Règles de coordination Titre 1 Coordination des prestations Chapitre 1 Relations avec les autres assurances sociales Section 1 Délimitation de l’obligation d’allouer les prestations Art. 110435 Principe Dans la mesure où, dans un cas d’assurance, des prestations de l’assurance-maladie sont en concours avec des prestations de même nature de l’assurance-accidents au sens de la LAA436, de l’assurance militaire, de l’assurance-vieillesse et survivants, de l’assurance-invalidité ou de la loi du 25 septembre 1952 sur les allocations pour perte de gain437, les prestations de ces autres assurances sociales doivent être allouées en priorité. L’art. 128 de l’ordonnance du 20 décembre 1982 sur l’assurance-accidents438 est réservé. Art. 111 Déclaration d’accident Les assurés doivent aviser leur assureur-maladie de tout accident non déclaré auprès d’un assureur-LAA ou de l’assurance militaire. Ils doivent donner tous les renseigne- ments concernant:439 a. le moment, le lieu, les circonstances et les suites de l’accident; b. le médecin traitant ou l’hôpital; c. les éventuels responsables et assurances intéressés. Section 2 Obligation d’avancer les prestations Art. 112 En relation avec l’assurance-accidents et l’assurance militaire 1 Si, dans un cas de maladie ou d’accident, il n’est pas certain que l’obligation d’al- louer les prestations incombe à l’assurance-accidents selon la LAA440 ou à l’assurance militaire, l’assureur-maladie peut avancer spontanément ses prestations, sous réserve de son plein droit à restitution.441 2 Si une personne est assurée pour des indemnités journalières auprès de plusieurs assureurs-maladie, chaque assureur est tenu d’avancer des prestations. 435 Nouvelle teneur selon l’art. 45 ch. 1 de l’O du 24 nov. 2004 sur les allocations pour perte de gain, en vigueur depuis le 1er juil. 2005 (RO 2005 1251). 436 RS 832.20 437 RS 834.1 438 RS 832.202 439 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 11 sept. 2002, en vigueur depuis le 1er janv. 2003 (RO 2002 3908). 440 RS 832.20 441 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 11 sept. 2002, en vigueur depuis le 1er janv. 2003 (RO 2002 3908). Assurance en cas de maladie et d’accidents 100 / 130 832.102 Art. 113 En relation avec l’assurance-invalidité Si l’assuré a demandé des prestations tant à l’assureur-maladie qu’à l’assurance-inva- lidité, l’assureur-maladie doit, à titre provisoire, fournir une garantie de paiement ou effectuer les paiements pour les frais de soins jusqu’à ce que soit déterminée l’assu- rance qui prendra le cas en charge. Art. 114442 Obligation d’informer L’assureur-maladie qui avance les prestations attire l’attention de l’assuré sur le ré- gime du remboursement visé à l’art. 71 LPGA. Art. 115443 Art. 116 Tarifs différents 1 Lorsque l’assureur-maladie a avancé des prestations, les autres assureurs sociaux doivent verser aux fournisseurs de prestations l’éventuelle différence entre le tarif va- lable pour eux et le tarif appliqué par l’assureur-maladie. 2 Lorsque, en appliquant ses tarifs, l’assureur-maladie a payé aux fournisseurs de pres- tations davantage que s’il avait appliqué les tarifs valables pour les autres assurances, les fournisseurs de prestations doivent lui restituer la différence. Section 3 Remboursement de prestations d’autres assureurs sociaux Art. 117 Principe 1 Si l’assureur-maladie a alloué à tort des prestations dues par un autre assureur social ou dans le cas inverse, l’assureur déchargé doit rembourser à l’autre assureur le mon- tant qu’il doit, mais au plus dans les limites de son obligation légale. 2 Lorsque plusieurs assureurs-maladie ont droit ou sont tenus au remboursement, leurs parts se calculent en fonction des prestations qu’ils ont ou auraient dû allouer. 3 Le droit au remboursement se prescrit par cinq ans à compter de l’octroi de la pres- tation. Art. 118 Conséquences pour les assurés 1 Dans les cas en cours, l’assureur définitivement tenu de verser les prestations veille à ce que celles-ci soient allouées conformément aux prescriptions qui lui sont appli- cables. Il en informe l’assuré. 2 Dans les cas où l’assuré aurait normalement dû recevoir des prestations en espèces plus élevées que celles qu’il a effectivement reçues, l’assureur tenu au remboursement 442 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 11 sept. 2002, en vigueur depuis le 1er janv. 2003 (RO 2002 3908). 443 Abrogé par le ch. I de l’O du 11 sept. 2002, avec effet au 1er janv. 2003 (RO 2002 3908). Assurance-maladie. O 101 / 130 832.102 lui verse la différence. Cette règle s’applique également aux cas où le rapport d’assu- rance a pris fin entre-temps. Art. 119 Tarifs différents 1 L’assureur tenu au remboursement verse aux fournisseurs de prestations l’éventuelle différence entre le tarif appliqué par l’assureur qui a droit au remboursement et le tarif qu’il applique lui-même. 2 Lorsque l’assureur qui a droit au remboursement a payé davantage que ce qu’il aurait dû en appliquant les tarifs valables pour l’assureur tenu au remboursement, les four- nisseurs de prestations doivent lui restituer la différence. Section 4444 Devoir d’information des assureurs Art. 120 Information mutuelle Les assurés doivent être informés sur la communication des données (art. 84a LAMal) et sur l’assistance administrative (art. 32, al. 2, LPGA et art. 82 LAMal). Art. 121 Abrogé Chapitre 2 Surindemnisation Art. 122445 1 Il y a surindemnisation dans la mesure où les prestations respectives des assurances sociales excèdent, pour une même atteinte à la santé, notamment les limites suivantes: a. les frais de diagnostic et de traitement supportés par l’assuré; b. les frais de soins supportés par l’assuré et d’autres frais non couverts dus à la maladie. 2 Lorsqu’une personne est assurée auprès de plus d’un assureur-maladie pour des in- demnités journalières au sens des art. 67 à 77 de la loi, les limites de la surindemnisa- tion sont celles de l’art. 69, al. 2, LPGA. Si les prestations doivent être réduites, cha- cun de ces assureurs est tenu de verser les prestations en proportion des indemnités journalières qu’il assure par rapport au total des indemnités journalières assurées. 444 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 11 sept. 2002, en vigueur depuis le 1er janv. 2003 (RO 2002 3908). 445 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 11 sept. 2002, en vigueur depuis le 1er janv. 2003 (RO 2002 3908). Assurance en cas de maladie et d’accidents 102 / 130 832.102 Titre 2 … Art. 123 à 126446 Partie 4 Décision, frais de communication et de publication des données447 Art. 127448 Décision Lorsqu’une décision est exigée en vertu de l’art. 51, al. 2, LPGA, l’assureur est tenu de la rendre dans les trente jours. Art. 128 et 129449 Art. 130450 Frais de communication et de publication de données451 1 Un émolument est perçu dans les cas visés à l’art. 84a, al. 5, de la loi, lorsque la communication de données nécessite de nombreuses copies ou autres reproductions ou des recherches particulières. Le montant de cet émolument équivaut à ceux des art. 14 et 16 de l’ordonnance du 10 septembre 1969 sur les frais et indemnités en procé- dure administrative452. 2 Un émolument couvrant les frais est perçu pour les publications au sens de l’art. 84a, al. 3, de la loi. 3 L’émolument peut être réduit ou remis si la personne assujettie est dans la gêne ou pour d’autres justes motifs. Partie 5 Dispositions finales Titre 1 Dispositions transitoires Art. 131453 446 Abrogés par le ch. I de l’O du 11 sept. 2002, avec effet au 1er janv. 2003 (RO 2002 3908). 447 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 11 sept. 2002, en vigueur depuis le 1er janv. 2003 (RO 2002 3908). 448 Abrogé par le ch. I de l’O du 22 nov. 2000 (RO 2000 2911). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 11 sept. 2002, en vigueur depuis le 1er janv. 2003 (RO 2002 3908). 449 Abrogés par le ch. I de l’O du 11 sept. 2002, avec effet au 1er janv. 2003 (RO 2002 3908). 450 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 22 nov. 2000, en vigueur depuis le 1er janv. 2001 (RO 2000 2911). 451 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 11 sept. 2002, en vigueur depuis le 1er janv. 2003 (RO 2002 3908). 452 RS 172.041.0 453 Abrogé par le ch. IV 51 de l’O du 22 août 2007 relative à la mise à jour formelle du droit fédéral, avec effet au 1er janv. 2008 (RO 2007 4477). Assurance-maladie. O 103 / 130 832.102 Art. 132 Rapports d’assurance existants 1 Les caisses-maladie peuvent maintenir jusqu’au 31 décembre 1996 au plus tard les rapports d’assurance existant lors de l’entrée en vigueur de la loi avec des personnes qui ne sont pas assujetties à l’assurance obligatoire des soins et ne peuvent pas non plus y être soumises sur demande. Ces rapports d’assurance sont régis par l’ancien droit. 2 Un nouveau rapport d’assurance au sens de l’al. 1 ne peut être fondé que s’il permet de maintenir jusqu’au 31 décembre 1996 une couverture d’assurance correspondante qui était garantie par un assureur ayant renoncé à pratiquer l’assurance-maladie so- ciale (art. 99 LAMal). 3 Les caisses-maladie peuvent offrir aux personnes visées aux al. 1 et 2 de maintenir les rapports d’assurance sur une base contractuelle après le 31 décembre 1996. Le contrat peut être conclu auprès de la même caisse-maladie ou d’un autre assureur au sens de l’art. 11 de la loi. Le financement des prestations qui correspondent à celles de l’assurance obligatoire des soins est régi par les principes de l’assurance-maladie sociale. Les rapports d’assurance sont soumis à la loi fédérale du 2 avril 1908 sur le contrat d’assurance454.455 4 Lorsqu’un traitement commencé avant le 1er janvier 1997 se poursuit après cette date, la caisse-maladie doit maintenir le rapport d’assurance selon l’ancien droit jus- qu’à la fin du traitement.456 Art. 133457 Art. 134 Fournisseurs de prestations 1 Les fournisseurs de prestations désignés aux art. 44 à 54 qui, à l’entrée en vigueur de la loi, pratiquent à la charge de l’assurance-maladie en vertu d’une autorisation accordée selon l’ancien droit continuent à y être habilités, s’ils sont admis en vertu du droit cantonal dans l’année qui suit l’entrée en vigueur de la loi. 2 Les logopédistes/orthophonistes et les diététiciens qui ne remplissent que partielle- ment les conditions d’admission de la présente ordonnance, mais qui ont achevé leur formation et exercé leur profession de manière indépendante et à leur propre compte avant l’entrée en vigueur de la loi, peuvent exercer à la charge de l’assurance-maladie sous le nouveau droit, s’ils sont admis en vertu du droit cantonal dans les quatre ans qui suivent l’entrée en vigueur de la loi.458 454 RS 221.229.1 455 Introduit par le ch. I de l’O du 25 nov. 1996, en vigueur depuis le 1er janv. 1997 (RO 1996 3139). 456 Introduit par le ch. I de l’O du 25 nov. 1996, en vigueur depuis le 1er janv. 1997 (RO 1996 3139). 457 Abrogé par le ch. I de l’O du 25 juin 1997, avec effet au 1er janv. 1998 (RO 1997 1639). 458 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 25 nov. 1996, en vigueur depuis le 1er janv. 1997 (RO 1996 3139). Assurance en cas de maladie et d’accidents 104 / 130 832.102 3 Les laboratoires déjà admis en vertu des art. 53 et 54 comme fournisseurs de presta- tions pour la réalisation d’analyses génétiques peuvent continuer à effectuer de telles analyses jusqu’à la décision d’autorisation de l’OFSP: a. s’ils satisfont aux conditions d’admission prévues aux art. 53 et 54, et b. s’ils présentent leur demande d’autorisation dans les trois mois suivant l’en- trée en vigueur de l’ordonnance du 14 février 2007 sur l’analyse génétique humaine459.460 Art. 135461 Art. 136462 Titre 2 Entrée en vigueur Art. 137 La présente ordonnance entre en vigueur le 1er janvier 1996. Dispositions finales de la modification du 17 septembre 1997463 Dispositions finales de la modification du 23 février 2000464 Disposition finale de la modification du 2 octobre 2000465 L’OFSP peut, durant cinq ans au plus, renoncer à adapter les prix de certains groupes de médicaments à la structure des prix prévue à l’art. 67 ou prévoir une adaptation échelonnée. 459 RS 810.122.1; en vigueur depuis le 1er avr. 2007. 460 Introduit par l’art. 37 ch. 2 de l’O du 14 fév. 2007 sur l’analyse génétique humaine, en vi- gueur depuis le 1er avr. 2007 (RO 2007 651). 461 Abrogé par le ch. I de l’O du 24 fév. 2021, avec effet au 1er avr. 2021 (RO 2021 152). 462 Abrogé par le ch. IV 51 de l’O du 22 août 2007 relative à la mise à jour formelle du droit fédéral, avec effet au 1er janv. 2008 (RO 2007 4477). Teneur du 15 nov. 2017 en vigueur du 1er janv. au 31 déc. 2018 (RO 2017 6723). 463 RO 1997 2272. Abrogées par le ch. IV 51 de l’O du 22 août 2007 relative à la mise à jour formelle du droit fédéral, avec effet au 1er janv. 2008 (RO 2007 4477). 464 RO 2000 889. Abrogées par le ch. IV 51 de l’O du 22 août 2007 relative à la mise à jour formelle du droit fédéral, avec effet au 1er janv. 2008 (RO 2007 4477). 465 RO 2000 2835 Assurance-maladie. O 105 / 130 832.102 Dispositions finales de la modification du 22 mai 2002466 Disposition transitoire de la modification du 26 juin 2002467 Les procédures pendantes à l’entrée en vigueur de la présente modification sont régies par le nouveau droit. Dispositions finales de la modification du 6 juin 2003468 Dispositions finales de la modification du 26 mai 2004469 1 Les assureurs doivent informer par écrit chaque assuré, le 31 octobre 2004 au plus tard, des nouvelles franchises à option qu’ils offrent et des réductions de primes ac- cordées pour chacune d’elles. 2 Pour les assurés qui ont choisi une franchise à option, la franchise à option offerte par l’assureur qui lui correspond ou celle dont le montant est le plus proche s’applique à partir du 1er janvier 2005. Si l’ancienne franchise se situe à égale distance des fran- chises supérieure et inférieure les plus proches, la franchise supérieure s’applique. Les assurés ayant une franchise à option peuvent cependant choisir une autre franchise ou s’affilier à l’assurance ordinaire, moyennant un préavis écrit donné à l’assureur le 30 novembre 2004 au plus tard. Dispositions finales de la modification du 3 décembre 2004470 1 Sont également reconnus comme diplômes au sens des art. 45, 47 à 49 et 50a les diplômes délivrés ou reconnus équivalents par l’organisme désigné en commun par les cantons ou par le DFI, avant l’entrée en vigueur de la présente modification. 2 Pour les contrats d’assurance conclus avant l’entrée en vigueur de la présente modi- fication de l’art. 103, al. 5, l’ancienne réglementation est applicable pour la durée pré- vue du contrat, mais au plus tard jusqu’au 31 décembre 2005. Disposition finale de la modification du 9 novembre 2005471 466 RO 2002 1633. Abrogées par le ch. IV 51 de l’O du 22 août 2007 relative à la mise à jour formelle du droit fédéral, avec effet au 1er janv. 2008 (RO 2007 4477). 467 RO 2002 2129 468 RO 2003 3249. Abrogées par le ch. IV 51 de l’O du 22 août 2007 relative à la mise à jour formelle du droit fédéral, avec effet au 1er janv. 2008 (RO 2007 4477). 469 RO 2004 3437 470 RO 2004 5075 471 RO 2005 5639. Abrogée par le ch. IV 51 de l’O du 22 août 2007 relative à la mise à jour formelle du droit fédéral, avec effet au 1er janv. 2008 (RO 2007 4477). Assurance en cas de maladie et d’accidents 106 / 130 832.102 Dispositions finales de la modification du 26 avril 2006472 1 Les assureurs doivent appliquer les prescriptions de l’art. 6a, d’ici au 1er août 2006. 2 L’art. 10a s’applique dans son ancienne teneur473 aux assurés dont l’obligation d’as- surance a été suspendue avant le 1er juillet 2006 pour cause de service militaire. 3 Les art. 65 à 65c ainsi que 66a s’appliquent aux médicaments qui ont été admis sur la liste des spécialités avant l’entrée en vigueur de la présente modification. 4 …474 5 …475 Dispositions finales de la modification du 27 juin 2007476 1 L’art. 65a s’applique dans sa teneur du 26 avril 2006477 aux préparations originales admises dans la liste des spécialités avant l’entrée en vigueur de la présente modifica- tion. 2 Les préparations originales et les génériques qui ont été admis dans la liste des spé- cialités entre le 1er janvier 1993 et le 31 décembre 2002 font l’objet d’un réexamen afin de contrôler jusqu’au 30 juin 2008 s’ils remplissent toujours les conditions d’ad- mission. Le DFI définit la procédure applicable pour le réexamen. 3 L’art. 66 s’applique également aux médicaments qui ont été admis sur la liste des spécialités avant le 10 mai 2006. 4 L’art. 105b, al. 1 et 2, ne s’applique pas aux primes échues avant le 1er août 2007, et aux participations aux coûts des prestations fournies avant le 1er août 2007. 5 L’art. 105c, al. 2, ne s’applique pas aux suspensions de la prise en charge des pres- tations existant au 1er août 2007. 6 Les primes et les participations aux coûts, ainsi que les intérêts moratoires et les frais de poursuite impayés qui étaient échus avant le 1er janvier 2006 n’empêchent pas un changement d’assureur. Disposition transitoire relative à la modification du 22 août 2007478 Les dispositions de la présente ordonnance concernant l’organe de révision s’appli- quent à l’exercice qui commence à la date de l’entrée en vigueur de la présente modi- fication ou au premier exercice suivant cette date. 472 RO 2006 1717 473 RO 2001 138 474 Abrogé par le ch. I de l’O du 27 juin 2007, avec effet au 1er août. 2007 (RO 2007 3573). 475 Abrogé par le ch. II de l’O du 22 juin 2011, avec effet au 1er janv. 2012 (RO 2011 3449). 476 RO 2007 3573 477 RO 2006 1717 478 RO 2007 3989 Assurance-maladie. O 107 / 130 832.102 Dispositions finales de la modification du 22 octobre 2008479 1 L’organisation prévue à l’art. 49, al. 2, de la loi, doit commencer son activité au plus tard le 31 janvier 2009. Les partenaires tarifaires et les cantons informent le Conseil fédéral de la date effective du début de l’activité de l’organisation et lui communi- quent simultanément les statuts de celle-ci. 2 La première demande d’approbation de la convention tarifaire visée à l’art. 59d doit être soumise au Conseil fédéral au plus tard le 30 juin 2009. La convention tarifaire comprend, outre la structure tarifaire uniforme et les modalités d’application du tarif, également une proposition commune des partenaires tarifaires sur les mesures d’ac- compagnement nécessaires lors de l’introduction des forfaits liés aux prestations. À ce titre, ils conviennent notamment des instruments destinés à la surveillance de l’évo- lution des coûts et du volume des prestations (monitoring), ainsi que des mesures de correction. 2bis Le monitoring selon l’al. 2 comprend en particulier, par fournisseur de prestations, l’évolution du nombre de cas, des coûts facturés et, dans le cas d’un modèle de rému- nération de type Diagnosis Related Groups (DRG), l’évolution du Case Mix Index (CMI). Le monitoring sur l’ensemble des domaines visés à l’art. 49, al. 1, de la loi, y compris les domaines concernés avant et après l’hospitalisation, doit en particulier garantir qu’en plus du mécanisme de correction selon l’al. 2ter des mesures de correc- tion supplémentaires puissent être effectuées par les partenaires tarifaires. Si les par- tenaires tarifaires ne peuvent s’entendre sur un monitoring correspondant, les fournis- seurs de prestations transmettent trimestriellement aux assureurs les informations nécessaires à cet effet à partir de la date d’introduction selon l’al. 1 des dispositions transitoires de la modification du 21 décembre 2007 de la loi et jusqu’à l’achèvement des mesures de correction. Les assureurs effectuent en commun un monitoring et pu- blient semestriellement une évaluation qui sert de base aux mesures de correction des partenaires tarifaires.480 2ter Si, dans le cas d’un modèle de rémunération de type DRG, les partenaires tarifaires ne peuvent s’entendre sur des mesures de correction uniformes sur le plan suisse selon l’al. 2, le fournisseur de prestations doit, dans les deux premières années suivant l’in- troduction du modèle de rémunération, aussi bien en cas d’augmentation injustifiée de plus de 2 % du CMI effectif durant l’année de facturation par rapport au CMI con- venu, que du nombre de cas effectif durant l’année de facturation par rapport au nombre de cas pris en compte lors de la fixation par convention du CMI, rembourser les recettes supplémentaires l’année suivante d’après la répartition selon l’art. 49a de la loi. Les modalités de mise en œuvre sont convenues entre les fournisseurs de pres- tations et les assureurs.481 3 Les partenaires tarifaires soumettent au Conseil fédéral pour approbation le montant de la contribution par cas visée à l’art. 59e, au plus tard lors de la première demande d’approbation selon l’al. 2. 479 RO 2008 5097 480 Introduit par le ch. I de l’O du 2 nov. 2011, en vigueur depuis le 1er déc. 2011 (RO 2011 5037). 481 Introduit par le ch. I de l’O du 2 nov. 2011, en vigueur depuis le 1er déc. 2011 (RO 2011 5037). Assurance en cas de maladie et d’accidents 108 / 130 832.102 4 En dérogation aux dispositions finales de la modification du 22 octobre 2008482 de l’ordonnance du 3 juillet 2002 sur le calcul des coûts et le classement des prestations par les hôpitaux, les maisons de naissance et les établissements médico-sociaux dans l’assurance-maladie483, en 2012 les coûts d’utilisation des immobilisations seront ré- munérés, dans le cas d’un modèle de rémunération de type DRG, par un supplément sur les prix de base négociés dans les conventions tarifaires. Le supplément est de 10 %.484 Disposition finale de la modification du 13 mars 2009485 En collaboration avec l’OFSP, avec les offices préposés au paiement des rentes et avec les représentations suisses à l’étranger compétentes, l’institution commune in- forme les rentiers qui résident dans un des nouveaux États membres de la Commu- nauté européenne de l’obligation de s’assurer, dans les trois mois au plus tard après l’entrée en vigueur du protocole du 27 mai 2008 relatif à l’extension de l’accord sur la libre circulation des personnes486, concernant la participation de la Bulgarie et de la Roumanie, en tant que parties contractantes, à la suite de leur adhésion à l’Union européenne. Ces informations valent d’office pour les membres de la famille résidant dans un des nouveaux États membres de la communauté européenne. La Confédéra- tion prend en charge les frais d’information de l’institution commune. Disposition transitoire de la modification du 24 juin 2009487 Pour les projets pilotes visés à l’art. 36a approuvés avant l’entrée en vigueur de la modification du 24 juin 2009, la durée de quatre ans est réduite du temps déjà écoulé lors de l’entrée en vigueur de la présente modification. Dispositions transitoires de la modification du 1er juillet 2009488 1 L’OFSP réexamine si les prix de fabrique des préparations originales inscrites dans la liste des spécialités entre le 1er janvier 1955 et le 31 décembre 2006, remplissent les conditions d’admission. 2 L’entreprise qui distribue une préparation originale soumise à réexamen détermine les prix de fabrique pratiqués en Allemagne, au Danemark, en Grande-Bretagne, aux Pays-Bas, en France et en Autriche pour l’emballage le plus vendu en Suisse, en se basant sur les réglementations émanant des autorités ou des associations compétentes. Elle fait attester ces prix de fabrique par une personne habilitée dans la filiale du pays concerné. Il doit être fait état du nombre d’emballages de la préparation originale, 482 RO 2008 5105 483 RS 832.104 484 Introduit par le ch. I de l’O du 2 nov. 2011, en vigueur depuis le 1er déc. 2011 (RO 2011 5037). 485 RO 2009 1825 486 RS 0.142.112.681.1 487 RO 2009 3525 488 RO 2009 4245 Assurance-maladie. O 109 / 130 832.102 sous toutes ses formes commerciales, vendus en Suisse durant les 12 derniers mois et ce nombre doit être certifié par une personne habilitée par l’entreprise en Suisse. 3 L’entreprise qui distribue une préparation originale communique à l’OFSP, jusqu’au 30 novembre 2009, les prix de fabrique valables au 1er octobre 2009. L’OFSP déter- mine le prix de fabrique moyen sur la base des prix pratiqués en Allemagne, au Da- nemark, en Grande-Bretagne, aux Pays-Bas, en France et en Autriche, calcule le cours de change moyen d’avril à septembre 2009, puis convertit le prix de fabrique en francs suisses. 4 L’OFSP abaisse le prix de fabrique d’une préparation originale, avec effet au 1er mars 2010, au niveau du prix moyen calculé à l’al. 3, si: a. le prix de fabrique d’une préparation originale dépasse, au 1er octobre 2009 (prix initial), de plus de 4 % le prix calculé à l’al. 3; b. l’entreprise n’a déposé aucune demande au 30 novembre 2009 pour abaisser le prix de fabrique, avec effet au 1er mars 2010, à un prix ne dépassant pas de 4 % au plus le prix calculé à l’al. 3. 5 La baisse du prix prévue à l’al. 4 peut se faire par étapes. Si la baisse porte sur plus de 15 % de la valeur initiale, le prix, au 1er mars 2010, sera de 85 % de la valeur initiale et il sera abaissé, au 1er janvier 2011, au niveau du prix moyen calculé à l’al. 3. 6 Les prix des génériques admis dans la liste des spécialités avant l’entrée en vigueur de la modification du 1er juillet 2009 sont réexaminés jusqu’au 1er janvier 2010 et adaptés au 1er mars 2010. Au titre de ce réexamen extraordinaire des prix, un géné- rique est réputé économique si son prix de fabrique est inférieur d’au moins 10 % au prix de fabrique moyen de la préparation originale appliqué au 1er octobre 2009 à l’étranger. Le prix de fabrique moyen est calculé sur la base des prix pratiqués en Allemagne, en Autriche, au Danemark, en France, en Grande-Bretagne et aux Pays- Bas.489 7 La prime relative au prix et la prime par emballage selon l’art. 67, al. 1quater, de tous les médicaments admis dans la liste des spécialités jusqu’à l’entrée en vigueur de la modification du 1er juillet 2009 sont réexaminées avant le 1er janvier 2010 et adaptés le 1er mars 2010. Dispositions transitoires de la modification du 3 décembre 2010490 1 Les assureurs doivent transmettre à l’OFSP, pour information, leur règlement de placement dans l’année qui suit l’entrée en vigueur de la modification du 3 décembre 2010. 2 Ils doivent placer leur fortune conformément aux art. 80 à 80i d’ici à la clôture des comptes annuels au 31 décembre 2011. Les placements visés à l’art. 80d, al. 1, let. d, doivent être effectués conformément aux art. 80 à 80i d’ici au 31 décembre 2015. 489 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 11 sept. 2009, en vigueur depuis le 1er oct. 2009 (RO 2009 4759). 490 RO 2010 6155 Assurance en cas de maladie et d’accidents 110 / 130 832.102 3 Les assureurs doivent soumettre dans les douze mois à l’OFSP, pour approbation, les placements visés à l’art. 80d, al. 1, let. e, existant au moment de l’entrée en vigueur de la modification du 3 décembre 2010. Dispositions transitoires de la modification du 22 juin 2011491 1 Les assureurs veillent à ce que leurs réserves atteignent le niveau minimal prescrit à l’art. 78a dans les cinq ans qui suivent son entrée en vigueur. 2 Dans l’intervalle, les assureurs dont les réserves n’atteignent pas le niveau minimal doivent: a. disposer de la réserve minimale de sécurité selon l’ancien art. 78, al. 4, et b. se réassurer dans la mesure où ils comptent moins de 50 000 assurés. Disposition transitoire de la modification du 6 juillet 2011492 Lorsqu’un assureur reçoit une demande de prise en charge de prestations par un bé- néficiaire de l’aide d’urgence ayant fait l’objet d’une décision en matière d’asile en- trée en force avant l’entrée en vigueur de la présente modification, les primes et le supplément de prime selon la présente modification sont dus avec effet rétroactif dès l’entrée en vigueur de la présente modification. Disposition transitoire de la modification du 2 novembre 2011493 L’ancien droit reste applicable à l’Islande, au Liechtenstein et à la Norvège jusqu’à l’entrée en vigueur de la modification du …494 de l’annexe K de l’Accord AELE.495 Disposition transitoire de la modification du 4 juillet 2012496 1 Chaque assureur doit, en date du 31 décembre 2013 au plus tard, disposer d’un ser- vice de réception des données certifié selon l’art. 59a, al. 6. Aussi longtemps que l’as- sureur ne dispose pas d’un service de réception des données certifié, une transmission systématique selon l’art. 59a, al. 3, d’indications médicales n’est possible que si ces indications sont transmises directement au médecin-conseil visé à l’art. 57 de la loi. 2 Les fournisseurs de prestations dans le domaine ambulatoire et dans les domaines de la réadaptation et de la psychiatrie transmettent les diagnostics et les procédures selon 491 RO 2011 3449 492 RO 2011 3535 493 RO 2012 955 494 RO … 495 RS 0.632.31 496 RO 2012 4089 Assurance-maladie. O 111 / 130 832.102 les modalités et les codes fixés dans les conventions tarifaires applicables jusqu’à ce que le DFI fixe les classifications qui leur sont applicables (art. 59abis).497 Disposition transitoire de la modification du 8 mai 2013498 L’art. 65f est également applicable aux demandes d’extension des indications et aux demandes de modification ou de suppression d’une limitation sur lesquelles l’OFSP ne s’est pas encore prononcé à l’entrée en vigueur de la présente modification. Disposition transitoire de la modification du 29 novembre 2013499 1 Les exemptions à l’obligation de s’assurer accordées par les cantons en vertu de l’art. 2, al. 4bis, restent valables jusqu’à leur échéance. 2 L’art. 104, al. 2, let. c, dans la version de la modification du 3 décembre 2010500, est applicable aux prestations fournies avant le 1er mars 2014. La date déterminante est celle du traitement. Dispositions transitoires de la modification du 29 avril 2015501 1 Aucun réexamen des conditions d’admission au sens de l’art. 65d n’est réalisé en 2016.502 2 Les dispositions de la modification du 29 avril 2015 sont également applicables aux demandes sur lesquelles l’OFSP ne s’est pas encore prononcé à l’entrée en vigueur de ladite modification. 3 L’art. 71, al. 2 à 4, n’est pas applicable aux décisions rendues par l’OFSP avant l’en- trée en vigueur de la modification du 29 avril 2015. 4 L’art. 65d, al. 3, let. c, n’est pas applicable au réexamen du caractère économique de préparations originales admises dans la liste des spécialités avant l’entrée en vigueur de la modification du 29 avril 2015. 5 Pour les médicaments qui ont été admis dans la liste des spécialités avant l’entrée en vigueur de la modification du 29 avril 2015 et dont le réexamen des conditions d’ad- mission tous les trois ans au sens de l’art. 65d n’avait pas encore eu lieu, le rembour- sement de l’excédent de recettes est évalué lors du prochain réexamen des conditions d’admission au sens de l’article précité selon les conditions prévues à l’art. 67, al. 2ter, de l’ancien droit. 497 Nouvelle teneur selon le ch. II de l’O du 19 nov. 2014, en vigueur depuis le 1er janv. 2015 (RO 2014 4391, RO 2015 1177). 498 RO 2013 1353 499 RO 2013 4523 500 RO 2010 6161 501 RO 2015 1255 502 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 23 mars 2016, en vigueur depuis le 1er mai 2016 (RO 2016 1175). Assurance en cas de maladie et d’accidents 112 / 130 832.102 Disposition transitoire de la modification du 9 décembre 2016503 Les demandes en reconnaissance de l’équivalence d’un titre postgrade en médecine de laboratoire au sens de l’art. 54a qui ont été déposées avant l’entrée en vigueur de la modification du 9 décembre 2016 sont régies par l’ancien droit. Dispositions transitoires de la modification du 1er février 2017504 1 Les dispositions de la modification du 1er février 2017 sont également applicables aux demandes sur lesquelles l’OFSP n’a pas encore statué à l’entrée en vigueur de ladite modification. 2 Le premier réexamen des conditions d’admission au sens de l’art. 65d a lieu en 2017. Dispositions transitoires de la modification du 5 avril 2017505 1 Les pharmaciens qui, au moment de l’entrée en vigueur de la modification du 5 avril 2017, suivent la formation continue pratique de deux ans dans une pharmacie et dis- posent d’une autorisation cantonale selon l’art. 65, al. 1bis, LPMéd506 peuvent, dans un délai de deux ans à compter de la date d’entrée en vigueur de cette modification, être admis à pratiquer à la charge de l’assurance obligatoire des soins s’ils ont achevé cette formation continue dans ce laps de t emps. 2 Les pharmaciens qui, à l’entrée en vigueur de la modification du 5 avril 2017 étaient déjà admis à pratiquer à la charge de l’assurance obligatoire des soins le restent. Disposition transitoire de la modification du 19 mars 2021507 Disposition transitoire de la modification du 26 mai 2021508 Dispositions transitoires de la modification du 23 juin 2021509 1 Les assureurs doivent fournir aux cantons, dans un délai de six mois à compter de l’entrée en vigueur de la modification du 23 juin 2021, les données concernant les 503 RO 2016 4927 504 RO 2017 623 505 RO 2017 2705 506 RS 811.11 507 RO 2021 188. Abrogée par le ch. I de l’O du 23 juin 2021, avec effet au 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 508 RO 2021 323. Abrogée par le ch. I de l’O du 23 juin 2021, avec effet au 1er janv. 2022 (RO 2021 439). 509 RO 2021 439 Assurance-maladie. O 113 / 130 832.102 fournisseurs de prestations admis sur leur territoire avant l’entrée en vigueur de la modification du 19 juin 2020 de la LAMal510. 2 Les listes des hôpitaux de soins somatiques aigus et des maisons de naissance doi- vent se conformer aux critères de planification prévus par la présente ordonnance dans un délai de quatre ans à compter de l’entrée en vigueur de la modification du 23 juin 2021. 3 Les listes des hôpitaux psychiatriques et des hôpitaux de réadaptation doivent se conformer aux critères de planification prévus par la présente ordonnance dans un délai de six ans à compter de l’entrée en vigueur de la modification du 23 juin 2021. 4 Les listes des établissements médico-sociaux doivent se conformer aux critères de planification prévus par la présente ordonnance dans un délai de cinq ans à compter de l’entrée en vigueur de la modification du 23 juin 2021. 5 Les psychologues-psychothérapeutes qui, à l’entrée en vigueur de la modification du 23 juin 2021, disposent d’une expérience professionnelle d’au moins trois ans dans le domaine des soins psychothérapeutiques-psychiatriques sous la supervision d’un professionnel qualifié, sont admis même si cette expérience professionnelle ne remplit pas les conditions de l’art. 50c, let. b. Dans le cas d’un emploi à temps partiel, la durée minimale est prolongée en conséquence. 6 Les podologues qui disposent, à l’entrée en vigueur de la modification du 23 juin 2021, d’une autorisation cantonale pour le traitement des personnes à risque sous leur propre responsabilité sont admis s’ils sont titulaires de l’un des titres suivants: a. certificat de capacité de podologue délivré par l’Association Suisse des Podo- logues (ASP); b. certificat de capacité de podologue délivré par l’Association Professionnelle Suisse des Podologues (APSP); c. diplôme de podologue délivré par le canton du Tessin, complété par l’attesta- tion de réussite du cours relatif au pied diabétique du centre de formation pro- fessionnelle socio-sanitaire (CPS) de Lugano en collaboration avec l’Union des podologues de la Suisse italienne (UPSI). 7 Lorsqu’un podologue dispose d’un titre visé à l’art. 50d, let. b, ou à l’al. 6 à l’entrée en vigueur de la modification du 23 juin 2021 ou obtient un diplôme visé à l’art. 50d, let. b, dans les deux ans qui suivent, toute activité pratique qu’il exerce après l’obten- tion du diplôme en tant que podologue avant l’entrée en vigueur de la modification et pendant les quatre années suivantes est prise en compte dans l’évaluation du respect de l’exigence de deux ans d’activité pratique visée à l’art. 50d, let. c, même si l’acti- vité ne remplit pas les conditions énoncées à l’art. 50d, let. c. 510 RO 2021 413 Assurance en cas de maladie et d’accidents 114 / 130 832.102 Dispositions transitoires de la modification du 3 novembre 2021511 1 L’art. 65, al. 1bis, s’applique aussi aux demandes d’admission dans la liste des spé- cialités qui sont encore pendantes auprès de l’OFSP au moment de l’entrée en vigueur de la modification du 3 novembre 2021. 2 En application de l’art. 65, al. 1bis, les médicaments figurant sur la liste des spécia- lités qui remplissent les conditions fixées à l’art. 3sexies RAI512 pour l’admission dans la liste des spécialités en matière d’infirmités congénitales sont transférés dans cette dernière dans le cadre du réexamen prévu à l’art. 65d. 3 Dans le cadre du réexamen prévu à l’art. 65d, les médicaments figurant sur la liste des médicaments en matière d’infirmités congénitales, qui fait partie de la liste des spécialités, sont transférés dans la liste des spécialités en matière d’infirmités congé- nitales au sens de l’art. 3sexies RAI ou dans la liste des spécialités au sens de l’art. 52, al. 1, de la loi. 511 RO 2021 706 512 RS 832.201 Assurance-maladie. O 115 / 130 832.102 Annexe 1513 (art. 70b) Émoluments perçus pour les inscriptions dans la liste des spécialités en francs 1. Émoluments perçus par forme galénique pour les décisions concernant les demandes suivantes: a. admission d’un médicament dans la liste des spécialités ou modifica- tion de la limitation inscrite dans la liste des spécialités, si la demande est soumise à la Commission fédérale des médicaments 7500 b. admission d’un médicament dans la liste des spécialités, si la demande n’est pas soumise à la Commission fédérale des médicaments 2500 c. admission d’un médicament dans la liste des spécialités ou modifica- tion de la limitation inscrite dans la liste des spécialités, si la demande est traitée en procédure rapide par l’OFSP 9000 d. augmentation de prix 2500 e. modification de la taille de l’emballage 2500 f. modification du dosage 2500 g. réexamen 2500 2. Émolument annuel pour tout médicament et pour tout emballage figurant dans la liste des spécialités 40 513 Introduite par le ch. II de l’O du 8 mai 2013 (RO 2013 1353). Nouvelle teneur selon le ch. III de l’O du 29 avr. 2015, en vigueur depuis le 1er juin 2015 (RO 2015 1255). Assurance en cas de maladie et d’accidents 116 / 130 832.102 Annexe 2514 Abrogation et modification d’ordonnances fédérales 1. Sont abrogées: a. l’ordonnance I du 22 décembre 1964515 sur l’assurance-maladie concernant la comptabilité et le contrôle des caisses-maladie et des fédérations de réassu- rance reconnues par la Confédération, ainsi que le calcul des subsides fédé- raux; b. l’ordonnance II du 22 décembre 1964516 sur l’assurance-maladie concernant l’assurance collective pratiquée par les caisses-maladie reconnues par la Con- fédération; c. l’ordonnance III du 15 janvier 1965517 sur l’assurance-maladie concernant les prestations des caisses-maladie et fédérations de réassurance reconnues par la Confédération; d. l’ordonnance IV du 15 janvier 1965518 sur l’assurance-maladie concernant la reconnaissance pour l’assurance-maladie des certificats cantonaux de capacité délivrés aux chiropraticiens; e. l’ordonnance V du 2 février 1965519 sur l’assurance-maladie concernant la reconnaissance des caisses-maladie et des fédérations de réassurance, ainsi que leur sécurité financière; f. l’ordonnance VI du 11 mars 1966520 sur l’assurance-maladie concernant l’au- torisation donnée au personnel paramédical de pratiquer à la charge de l’assu- rance-maladie; g. l’ordonnance VII du 29 mars 1966521 sur l’assurance-maladie concernant l’autorisation donnée aux laboratoires d’exercer leur activité à la charge de l’assurance-maladie; h. l’ordonnance VIII du 30 octobre 1968522 sur l’assurance-maladie concernant le choix des médicaments et des analyses; i. l’ordonnance du 22 novembre 1989523 sur la pratique d’autres branches d’as- surance par les caisses-maladie reconnues. 514 Anciennement annexe. 515 [RO 1964 1296, 1974 978, 1986 685, 1990 1675, 1991 609 2547, 1992 1738 art. 18] 516 [RO 1965 32, 1984 1481, 1990 1674, 1991 606 2546] 517 [RO 1965 45, 1968 43 ch. V 1107, 1969 1147 ch. II, 1974 978 ch. II, 1983 38 art. 142, 1984 1485, 1986 85] 518 [RO 1965 59] 519 [RO 1965 94, 1969 81 ch. II let. b ch. 3 1237, 1970 1648, 1984 1479, 1986 80 1706, 1990 21 2039, 1991 370 annexe ch. 18] 520 [RO 1966 519, 1971 1186] 521 [RO 1966 590] 522 [RO 1968 1366, 1982 2178, 1984 1486, 1986 89, 1988 1563] 523 [RO 1989 2430] Assurance-maladie. O 117 / 130 832.102 2. à 10. …524 524 Les mod. peuvent être consultées au RO 1995 3867. Assurance en cas de maladie et d’accidents 118 / 130 832.102 Table des matières Partie 1 Assurance obligatoire des soins Titre 1 Obligation de s’assurer Chapitre 1 Dispositions générales Section 1 Personnes tenues de s’assurer Obligation de s’assurer ..................................................................Art. 1 Exceptions à l’obligation de s’assurer ...........................................Art. 2 Frontaliers ......................................................................................Art. 3 Travailleurs détachés .....................................................................Art. 4 Personnes relevant d’un service public qui séjournent à l’étranger .......................................................................................Art. 5 Personnes jouissant de privilèges en vertu du droit international ...................................................................................Art. 6 Section 2 Début et fin de l’assurance Données du formulaire d’affiliation ............................................. Art. 6a Cas particuliers ..............................................................................Art. 7 Maintien de l’assurance pour personnes non assujetties .............. Art. 7a Prolongation de l’obligation de s’assurer ..................................... Art. 7b Supplément de prime en cas d’affiliation tardive ...........................Art. 8 Fin des rapports d’assurance ..........................................................Art. 9 Section 3 Tâches des cantons ..................................................................................................... Art. 10 Chapitre 2 Suspension de l’obligation d’assurance et de la couverture des accidents Suspension de l’obligation d’assurance ..................................... Art. 10a Suspension de la couverture des accidents ................................... Art. 11 Titre 2 Organisation Chapitre 1 … Abrogés ................................................................................ Art. 12 à 15 Abrogé ....................................................................................... Art. 15a Chapitre 2 … Abrogés ................................................................................ Art. 16 à 18 Chapitre 3 Institution commune Exécution des engagements internationaux ................................. Art. 19 Répartition de la part cantonale entre les cantons ...................... Art. 19a Assurance-maladie. O 119 / 130 832.102 Abrogé ...................................................................................... Art. 19b Abrogés ............................................................................... Art. 20 et 21 Contentieux ................................................................................. Art. 22 Chapitre 4 Promotion de la santé .................................................................................................... Art. 23 Chapitre 5 Surveillance Section 1 … Abrogés ................................................................................ Art. 24 à 26 Section 2 Recours de l’OFSP .................................................................................................... Art. 27 Section 3 Données Données des assureurs ................................................................ Art. 28 Abrogé ...................................................................................... Art. 28a Publication des données des assureurs ...................................... Art. 28b Demande d’utilisation particulière ............................................. Art. 28c Effectif moyen des assurés.......................................................... Art. 29 Données des fournisseurs de prestations ..................................... Art. 30 Collecte et traitement des données des fournisseurs de prestations ................................................................................. Art. 30a Transmission des données des fournisseurs de prestations ....... Art. 30b Règlement de traitement ............................................................ Art. 30c Publication des données des fournisseurs de prestations ............ Art. 31 Sécurité et conservation des données ........................................ Art. 31a Analyse des effets ....................................................................... Art. 32 Titre 3 Prestations Chapitre 1 Désignation des prestations Prestations générales ................................................................... Art. 33 Analyses et médicaments ............................................................ Art. 34 Infirmité congénitale ................................................................... Art. 35 Médecine complémentaire ........................................................ Art. 35a Chapitre 2 Étendue de la prise en charge Prestations à l’étranger ................................................................ Art. 36 Prise en charge des coûts dans le cadre de la coopération transfrontalière .......................................................................... Art. 36a Prise en charge des coûts des assurés résidant à l’étranger ....... Art. 36b Assurance en cas de maladie et d’accidents 120 / 130 832.102 Prise en charge des coûts des personnes assurées à l’étranger dans le cadre de l’entraide internationale en matière de prestations .................................................................. Art. 37 Chapitre 3 Commissions Commissions consultatives ........................................................ Art. 37a Dispositions générales ............................................................... Art. 37b Abrogé ....................................................................................... Art. 37c Commission fédérale des prestations générales et des principes .................................................................................... Art. 37d Commission fédérale des médicaments ..................................... Art. 37e Commission fédérale des analyses, moyens et appareils ........... Art. 37f Abrogé ....................................................................................... Art. 37g Titre 4 Fournisseurs de prestations Chapitre 1 Admission Section 1 Médecins et institutions de soins ambulatoires dispensés par des médecins Formation postgrade .................................................................... Art. 38 Certificats scientifiques équivalents ............................................ Art. 39 Section 2 Pharmaciens ..................................................................................................... Art. 40 Abrogé ......................................................................................... Art. 41 Section 3 Dentistes ..................................................................................................... Art. 42 Abrogé ......................................................................................... Art. 43 Section 4 Chiropraticiens et organisations de chiropraticiens Chiropraticiens ............................................................................ Art. 44 Organisations de chiropraticiens ................................................ Art. 44a Section 5 Sages-femmes et organisations de sages- femmes Admission .................................................................................... Art. 45 Organisations de sages-femmes ................................................. Art. 45a Section 6 Personnes prodiguant des soins sur prescription médicale et organisations qui les emploient Abrogé ......................................................................................... Art. 46 Physiothérapeutes ........................................................................ Art. 47 Ergothérapeutes ........................................................................... Art. 48 Assurance-maladie. O 121 / 130 832.102 Infirmiers .................................................................................... Art. 49 Logopédistes-orthophonistes ...................................................... Art. 50 Diététiciens ............................................................................... Art. 50a Neuropsychologues ................................................................... Art. 50b Psychologues-psychothérapeutes ............................................... Art. 50c Podologues................................................................................ Art. 50d Organisations de soins et d’aide à domicile ................................ Art. 51 Organisations de physiothérapie ................................................. Art. 52 Organisations d’ergothérapie .................................................... Art. 52a Organisations de logopédistes-orthophonistes .......................... Art. 52b Organisations de diététique ........................................................ Art. 52c Organisations de neuropsychologues ........................................ Art. 52d Organisations de psychologues-psychothérapeutes ................... Art. 52e Organisations de podologie ....................................................... Art. 52f Section 7 Laboratoires Principes ..................................................................................... Art. 53 Conditions ................................................................................... Art. 54 Procédure et émoluments .......................................................... Art. 54a Section 8 Centres de remise de moyens et d’appareils .................................................................................................... Art. 55 Section 8a Maisons de naissance .................................................................................................. Art. 55a Section 9 Entreprises de transport et de sauvetage .................................................................................................... Art. 56 Section 10 Établissements de cure balnéaire En général ................................................................................... Art. 57 Sources thermales ....................................................................... Art. 58 Section 11 Critères de planification Principe ..................................................................................... Art. 58a Planification des besoins en soins ............................................. Art. 58b Type de planification ................................................................. Art. 58c Évaluation du caractère économique et de la qualité ................ Art. 58d Coordination intercantonale des planifications .......................... Art. 58e Listes et mandats de prestations ................................................. Art. 58f Section 12 Exigences de qualité .................................................................................................. Art. 58g Assurance en cas de maladie et d’accidents 122 / 130 832.102 Chapitre 2 Facturation Facturation en général .................................................................. Art. 59 Facturation dans le cas d’un modèle de rémunération de type DRG ................................................................................... Art. 59a Facturation dans le domaine ambulatoire .............................. Art. 59abis Mesures propres à assurer la sécurité des données et conservation ............................................................................ Art. 59ater Chapitre 3 Tarifs et prix Section 1 Principes Abrogé ....................................................................................... Art. 59b Tarification ................................................................................ Art. 59c Forfaits liés aux prestations ....................................................... Art. 59d Contribution par cas ................................................................... Art. 59e Communication de données dans le domaine des tarifs pour les traitements ambulatoires .............................................. Art. 59f Transmission des données ......................................................... Art. 59g Règlements de traitement cantonaux ......................................... Art. 59h Sécurité et conservation des données ......................................... Art. 59i Section 2 Liste des analyses Publication ................................................................................... Art. 60 Admission, radiation .................................................................... Art. 61 Désignation séparée d’analyses ................................................... Art. 62 Section 3 Liste des médicaments avec tarif ..................................................................................................... Art. 63 Section 4 Liste des spécialités Abrogé ......................................................................................... Art. 64 Définitions ................................................................................. Art. 64a Conditions d’admission ............................................................... Art. 65 Évaluation de l’efficacité ........................................................... Art. 65a Évaluation du caractère économique ......................................... Art. 65b Évaluation du caractère économique de génériques .................. Art. 65c Réexamen des conditions d’admission tous les trois ans ........... Art. 65d Réexamen des conditions d’admission à l’expiration du brevet ......................................................................................... Art. 65e Extension des indications ou modification de la limitation........ Art. 65f Restriction de l’indication .......................................................... Art. 65g Réexamens effectués indépendamment les uns des autres ........... Art. 66 Réexamen intermédiaire ............................................................ Art. 66a Assurance-maladie. O 123 / 130 832.102 Médicaments en co-marketing et génériques ............................ Art. 66b Prix ............................................................................................. Art. 67 Remboursement de l’excédent de recettes ................................ Art. 67a Radiation ..................................................................................... Art. 68 Demandes ................................................................................... Art. 69 Abrogé ...................................................................................... Art. 69a Admission non demandée ........................................................... Art. 70 Modalités .................................................................................. Art. 70a Émoluments .............................................................................. Art. 70b Publications ................................................................................ Art. 71 Section 4a Prise en charge de médicaments dans des cas particuliers Prise en charge des coûts d’un médicament admis dans la liste des spécialités et utilisé pour d’autres indications que celles autorisées dans l’information professionnelle ou prévues par la limitation ........................................................... Art. 71a Prise en charge des coûts d’un médicament autorisé par l’institut mais ne figurant pas dans la liste des spécialités ........ Art. 71b Prise en charge des coûts d’un médicament importé non autorisé par l’institut .................................................................. Art. 71c Dispositions communes ............................................................ Art. 71d Prise en charge des coûts des médicaments visant à traiter le COVID-19 ............................................................................. Art. 71e Prise en charge des coûts de remise des médicaments pour le traitement ambulatoire ou stationnaire de la variole du singe ........................................................................................... Art. 71f Section 5 Dispositions communes pour la Liste des analyses, la Liste des médicaments avec tarif et la Liste des spécialités Publications dans le bulletin de l’OFSP ...................................... Art. 72 Limitations .................................................................................. Art. 73 Demandes et propositions ........................................................... Art. 74 Prescriptions de détail ................................................................. Art. 75 Chapitre 4 Contrôle du caractère économique et de la qualité des prestations Données concernant les prestations fournies .............................. Art. 76 Répercussion des avantages ...................................................... Art. 76a Convention relative à la répercussion non intégrale des avantages .................................................................................. Art. 76b Assurance en cas de maladie et d’accidents 124 / 130 832.102 Rapport à l’OFSP ....................................................................... Art. 76c Conventions de qualité ................................................................ Art. 77 Commission fédérale pour la qualité ......................................... Art. 77a Données des cantons, des fournisseurs de prestations et des assureurs .............................................................................. Art. 77b Conservation, effacement et destruction des données ................ Art. 77c Procédure de sélection lors de la délégation de tâches avec indemnité ................................................................................... Art. 77d Aides financières ....................................................................... Art. 77e Contrats de prestations en cas d’indemnités ou d’aides financières.................................................................................. Art. 77f Calcul des parts de financement des cantons et des assureurs .................................................................................... Art. 77g Perception des contributions ...................................................... Art. 77h Décompte ................................................................................... Art. 77i Amendes et sanctions ................................................................ Art. 77j Garantie de la qualité ................................................................. Art. 77k Titre 4a Projets pilotes Demande .................................................................................... Art. 77l Coûts ......................................................................................... Art. 77m Autorisation ............................................................................... Art. 77n Ordonnance du DFI sur les projets pilotes ................................. Art. 77o Participation ............................................................................... Art. 77p Évaluations ................................................................................ Art. 77q Rapport au Conseil fédéral ........................................................ Art. 77r Titre 5 Financement Chapitre 1 … Abrogé ......................................................................................... Art. 78 Abrogés ............................................................................ Art. 78a à 78c Abrogé ......................................................................................... Art. 79 Abrogé ......................................................................................... Art. 80 Abrogés ............................................................................. Art. 80a à 80i Abrogés ................................................................................ Art. 81 à 85 Abrogé ....................................................................................... Art. 85a Abrogés ................................................................................ Art. 86 à 88 Assurance-maladie. O 125 / 130 832.102 Chapitre 2 Primes des assurés Section 1 Dispositions générales Indication des primes .................................................................. Art. 89 Paiement des primes ................................................................... Art. 90 Intérêts rémunératoires ............................................................. Art. 90a Abrogé ...................................................................................... Art. 90b Prime minimale .......................................................................... Art. 90c Échelonnement des primes ......................................................... Art. 91 Réduction de primes en cas d’assujettissement à une autre assurance ................................................................................... Art. 91a Procédure pour la délimitation des régions de primes .............. Art. 91b Abrogé ........................................................................................ Art. 92 Section 1a Primes des assurés résidant dans un État membre de l’Union européenne, en Islande, en Norvège ou au Royaume-Uni Prélèvement de la prime ........................................................... Art. 92a Abrogé ............................................................................ Art. 92b et 92c Section 1b Primes des bénéficiaires de l’aide d’urgence conformément à l’art. 82 LAsi .................................................................................................. Art. 92d Section 2 Formes particulières d’assurance Assurance avec franchise à option a. Franchises à option.................................................................. Art. 93 b. Adhésion et sortie, changement de franchise .......................... Art. 94 c. Primes ..................................................................................... Art. 95 Assurance avec bonus a. Principe ................................................................................... Art. 96 b. Adhésion et sortie ................................................................... Art. 97 c. Primes ..................................................................................... Art. 98 Assurances impliquant un choix limité des fournisseurs de prestations a. Principe ................................................................................... Art. 99 b. Adhésion et sortie ................................................................. Art. 100 c. Primes ................................................................................... Art. 101 Formes particulières d’assurance pour les assurés résidant dans un État membre de la Communauté européenne, en Islande, en Norvège ou au Royaume-Uni ............................... Art. 101a Assurance en cas de maladie et d’accidents 126 / 130 832.102 Section 3 Indemnisation de tiers ................................................................................................... Art. 102 Chapitre 3 Participation aux coûts Franchise et quote-part .............................................................. Art. 103 Contribution aux frais de séjour hospitalier ............................... Art. 104 Participation augmentée, réduite ou supprimée ....................... Art. 104a Participation aux coûts en cas de maternité ............................... Art. 105 Chapitre 3a Non-paiement des primes et des participations aux coûts Intérêts moratoires ................................................................... Art. 105a Procédure de sommation .......................................................... Art. 105b Exclusion de la compensation .................................................. Art. 105c Communication de l’autorité cantonale compétente ................ Art. 105d Annonces relatives aux poursuites ........................................... Art. 105e Annonces relatives aux actes de défaut de biens ...................... Art. 105f Données personnelles .............................................................. Art. 105g Échange de données ................................................................. Art. 105h Titres considérés comme équivalents à un acte de défaut de biens .................................................................................... Art. 105i Organe de contrôle ................................................................... Art. 105j Versements des cantons aux assureurs ..................................... Art. 105k Changement d’assureur en cas de retard de paiement .............. Art. 105l Assurés résidant dans un État membre de l’Union européenne, en Islande, en Norvège ou au Royaume-Uni ...... Art. 105m Chapitre 4 Réduction des primes par les cantons Section 1 Ayants droit à une réduction des primes Réduction des primes par les cantons en faveur des assurés au bénéfice d’une autorisation de séjour valable au moins trois mois ................................................................................... Art. 106 Réduction des primes par les cantons en faveur des assurés qui résident dans un État membre de l’Union européenne, en Islande, en Norvège ou au Royaume-Uni ........................... Art. 106a Section 2 Exécution de la réduction des primes Annonces effectuées par le canton ........................................... Art. 106b Tâches de l’assureur ................................................................ Art. 106c Échange des données ............................................................... Art. 106d Coûts ........................................................................................ Art. 106e Assurance-maladie. O 127 / 130 832.102 Partie 2 Assurance facultative d’indemnités journalières Abrogés ........................................................................... Art. 107 et 108 Paiement des primes, intérêts moratoires et intérêts rémunératoires ........................................................................ Art. 108a Adhésion ................................................................................... Art. 109 Partie 3 Règles de coordination Titre 1 Coordination des prestations Chapitre 1 Relations avec les autres assurances sociales Section 1 Délimitation de l’obligation d’allouer les prestations Principe ..................................................................................... Art. 110 Déclaration d’accident .............................................................. Art. 111 Section 2 Obligation d’avancer les prestations En relation avec l’assurance-accidents et l’assurance militaire ..................................................................................... Art. 112 En relation avec l’assurance-invalidité ..................................... Art. 113 Obligation d’informer ............................................................... Art. 114 Abrogé ...................................................................................... Art. 115 Tarifs différents ........................................................................ Art. 116 Section 3 Remboursement de prestations d’autres assureurs sociaux Principe ..................................................................................... Art. 117 Conséquences pour les assurés ................................................. Art. 118 Tarifs différents ........................................................................ Art. 119 Section 4 Devoir d’information des assureurs Information mutuelle ................................................................ Art. 120 Abrogé ...................................................................................... Art. 121 Chapitre 2 Surindemnisation Abrogé ...................................................................................... Art. 122 Titre 2 … Abrogés ............................................................................ Art. 123 à 126 Partie 4 Décision, frais de communication et de publication des données Décision .................................................................................... Art. 127 Assurance en cas de maladie et d’accidents 128 / 130 832.102 Abrogés ........................................................................... Art. 128 et 129 Frais de communication et de publication de données ............... Art. 130 Partie 5 Dispositions finales Titre 1 Dispositions transitoires Abrogé ....................................................................................... Art. 131 Rapports d’assurance existants .................................................. Art. 132 Abrogé ....................................................................................... Art. 133 Fournisseurs de prestations ........................................................ Art. 134 Abrogé ....................................................................................... Art. 135 ................................................................................................... Art. 136 Titre 2 Entrée en vigueur ................................................................................................... Art. 137 Dispositions finales de la modification du 17 septembre 1997 ............................................................ Abrogées Dispositions finales de la modification du 23 février 2000 ................................................................. Abrogées Disposition finale de la modification du 2 octobre 2000 ................................................................................. Dispositions finales de la modification du 22 mai 2002 ...................................................................... Abrogées Disposition transitoire de la modification du 26 juin 2002 ..................................................................................... Dispositions finales de la modification du 6 juin 2003 ........................................................................ Abrogées Dispositions finales de la modification du 26 mai 2004 ..................................................................................... Dispositions finales de la modification du 3 décembre 2004 ............................................................................. Disposition finale de la modification du 9 novembre 2005 .............................................................. Abrogées Dispositions finales de la modification du 26 avril 2006 .................................................................................... Dispositions finales de la modification du 27 juin 2007 ..................................................................................... Assurance-maladie. O 129 / 130 832.102 Disposition transitoire relative à la modification du 22 août 2007 .................................................................................... Dispositions finales de la modification du 22 octobre 2008 ............................................................................... Disposition finale de la modification du 13 mars 2009 ................................................................................... Disposition transitoire de la modification du 24 juin 2009 ..................................................................................... Dispositions transitoires de la modification du 1er juillet 2009 .................................................................................. Dispositions transitoires de la modification du 3 décembre 2010 ............................................................................. Dispositions transitoires de la modification du 22 juin 2011 ..................................................................................... Disposition transitoire de la modification du 6 juillet 2011 .................................................................................... Disposition transitoire de la modification du 2 novembre 2011 ............................................................................. Disposition transitoire de la modification du 4 juillet 2012 .................................................................................... Disposition transitoire de la modification du 8 mai 2013 ....................................................................................... Disposition transitoire de la modification du 29 novembre 2013 ........................................................................... Dispositions transitoires de la modification du 29 avril 2015 .................................................................................... Disposition transitoire de la modification du 9 décembre 2016 ............................................................................. Dispositions transitoires de la modification du 1er février 2017 ................................................................................ Dispositions transitoires de la modification du 5 avril 2017 ...................................................................................... Disposition transitoire de la modification du 19 mars 2021 ..................................................................... Abrogée Disposition transitoire de la modification du 26 mai 2021 ....................................................................... Abrogée Assurance en cas de maladie et d’accidents 130 / 130 832.102 Dispositions transitoires de la modification du 23 juin 2021 ..................................................................................... Dispositions transitoires de la modification du 3 novembre 2021 ............................................................................. Partie 1 Assurance obligatoire des soins Titre 1 Obligation de s’assurer Chapitre 1 Dispositions générales Section 1 Personnes tenues de s’assurer Art. 1 Obligation de s’assurer Art. 2 Exceptions à l’obligation de s’assurer Art. 3 Frontaliers Art. 4 Travailleurs détachés Art. 5 Personnes relevant d’un service public qui séjournent à l’étranger Art. 6 Personnes jouissant de privilèges en vertu du droit international Section 2 Début et fin de l’assurance Art. 6a Données du formulaire d’affiliation Art. 7 Cas particuliers Art. 7a Maintien de l’assurance pour personnes non assujetties Art. 7b Prolongation de l’obligation de s’assurer Art. 8 Supplément de prime en cas d’affiliation tardive Art. 9 Fin des rapports d’assurance Section 3 Tâches des cantons Art. 10 Chapitre 2 Suspension de l’obligation d’assurance et de la couverture des accidents Art. 10a Suspension de l’obligation d’assurance Art. 11 Suspension de la couverture des accidents Titre 2 Organisation Chapitre 1 … Art. 12 à 15 Art. 15a Chapitre 2 … Art. 16 à 18 Chapitre 3 Institution commune Art. 19 Exécution des engagements internationaux Art. 19a Répartition de la part cantonale entre les cantons Art. 19b Art. 20 et 21 Art. 22 Contentieux Chapitre 4 Promotion de la santé Art. 23 Chapitre 5 Surveillance Section 1 … Art. 24 à 26 Section 2 Recours de l’OFSP Art. 27 Section 3 Données Art. 28 Données des assureurs Art. 28a Art. 28b Publication des données des assureurs Art. 28c Demande d’utilisation particulière Art. 29 Effectif moyen des assurés Art. 30 Données des fournisseurs de prestations Art. 30a Collecte et traitement des données des fournisseurs de prestations Art. 30b Transmission des données des fournisseurs de prestations Art. 30c Règlement de traitement Art. 31 Publication des données des fournisseurs de prestations Art. 31a Sécurité et conservation des données Art. 32 Analyse des effets Titre 3 Prestations Chapitre 1 Désignation des prestations Art. 33 Prestations générales Art. 34 Analyses et médicaments Art. 35 Infirmité congénitale Art. 35a Médecine complémentaire Chapitre 2 Étendue de la prise en charge Art. 36 Prestations à l’étranger Art. 36a Prise en charge des coûts dans le cadre de la coopération transfrontalière Art. 36b Prise en charge des coûts des assurés résidant à l’étranger Art. 37 Prise en charge des coûts des personnes assurées à l’étranger dans le cadre de l’entraide internationale en matière de prestations Chapitre 3 Commissions Art. 37a Commissions consultatives Art. 37b Dispositions générales Art. 37c Art. 37d Commission fédérale des prestations générales et des principes Art. 37e Commission fédérale des médicaments Art. 37f Commission fédérale des analyses, moyens et appareils Art. 37g Titre 4 Fournisseurs de prestations Chapitre 1 Admission Section 1 Médecins et institutions de soins ambulatoires dispensés par des médecins Art. 38 Médecins Art. 39 Institutions de soins ambulatoires dispensés par des médecins Section 2 Pharmaciens Art. 40 Art. 41 Section 3 Dentistes Art. 42 Art. 43 Section 4 Chiropraticiens et organisations de chiropraticiens Art. 44 Chiropraticiens Art. 44a Organisations de chiropraticiens Section 5 Sages-femmes et organisations de sages-femmes Art. 45 Sages-femmes Art. 45a Organisations de sages-femmes Section 6 Personnes prodiguant des soins sur prescription médicale et organisations qui les emploient Art. 46 Art. 47 Physiothérapeutes Art. 48 Ergothérapeutes Art. 49 Infirmiers Art. 50 Logopédistes-orthophonistes Art. 50a Diététiciens Art. 50b Neuropsychologues Art. 50c Psychologues-psychothérapeutes Art. 50d Podologues Art. 51 Organisations de soins et d’aide à domicile Art. 52 Organisations de physiothérapie Art. 52a Organisations d’ergothérapie Art. 52b Organisations de logopédistes-orthophonistes Art. 52c Organisations de diététique Art. 52d Organisations de neuropsychologues Art. 52e Organisations de psychologues-psychothérapeutes Art. 52f Organisations de podologie Section 7 Laboratoires Art. 53 Principes Art. 54 Conditions Art. 54a Procédure et émoluments Section 8 Centres de remise de moyens et d’appareils Art. 55 Section 8a Maisons de naissance Art. 55a Section 9 Entreprises de transport et de sauvetage Art. 56 Section 10 Établissements de cure balnéaire Art. 57 En général Art. 58 Sources thermales Section 11 Critères de planification Art. 58a Principe Art. 58b Planification des besoins en soins Art. 58c Type de planification Art. 58d Évaluation du caractère économique et de la qualité Art. 58e Coordination intercantonale des planifications Art. 58f Listes et mandats de prestations Section 12 Exigences de qualité Art. 58g Chapitre 2 Facturation Art. 59 Facturation en général Art. 59a Facturation dans le cas d’un modèle de rémunération de type DRG Art. 59abis Facturation dans le domaine ambulatoire Art. 59ater Mesures propres à assurer la sécurité des données et conservation Chapitre 3 Tarifs et prix Section 1 Principes Art. 59b Art. 59c Tarification Art. 59d Forfaits liés aux prestations Art. 59e Contribution par cas Art. 59f Communication de données dans le domaine des tarifs pour les traitements ambulatoires Art. 59g Transmission des données Art. 59h Règlements de traitement cantonaux Art. 59i Sécurité et conservation des données Section 2 Liste des analyses Art. 60 Publication Art. 61 Admission, radiation Art. 62 Désignation séparée d’analyses Section 3 Liste des médicaments avec tarif Art. 63 Section 4 Liste des spécialités Art. 64 Art. 64a Définitions Art. 65 Conditions d’admission Art. 65a Évaluation de l’efficacité Art. 65b Évaluation du caractère économique Art. 65c Évaluation du caractère économique de génériques Art. 65d Réexamen des conditions d’admission tous les trois ans Art. 65e Réexamen des conditions d’admission à l’expiration du brevet Art. 65f Extension des indications ou modification de la limitation Art. 65g Restriction de l’indication Art. 66 Réexamens effectués indépendamment les uns des autres Art. 66a Réexamen intermédiaire Art. 66b Médicaments en co-marketing et génériques Art. 67 Prix Art. 67a Remboursement de l’excédent de recettes Art. 68 Radiation Art. 69 Demandes Art. 69a Art. 70 Admission non demandée Art. 70a Modalités Art. 70b Émoluments Art. 71 Publications Section 4a Prise en charge de médicaments dans des cas particuliers Art. 71a Prise en charge des coûts d’un médicament admis dans la liste des spécialités et utilisé pour d’autres indications que celles autorisées dans l’information professionnelle ou prévues par la limitation Art. 71b Prise en charge des coûts d’un médicament autorisé par l’institut mais ne figurant pas dans la liste des spécialités Art. 71c Prise en charge des coûts d’un médicament importé non autorisé par l’institut Art. 71d Dispositions communes Art. 71e Prise en charge des coûts des médicaments visant à traiter le COVID-19 Art. 71f Prise en charge des coûts de remise des médicaments pour le traitement ambulatoire ou stationnaire de la variole du singe Section 5 Dispositions communes pour la Liste des analyses, la Liste des médicaments avec tarif et la Liste des spécialités Art. 72 Publications dans le bulletin de l’OFSP Art. 73 Limitations Art. 74 Demandes et propositions Art. 75 Modalités Chapitre 4 Contrôle du caractère économique et de la qualité des prestations Art. 76 Données concernant les prestations fournies Art. 76a Répercussion des avantages Art. 76b Convention relative à la répercussion non intégrale des avantages Art. 76c Rapport à l’OFSP Art. 77 Conventions de qualité Art. 77a Commission fédérale pour la qualité Art. 77b Données des cantons, des fournisseurs de prestations et des assureurs Art. 77c Conservation, effacement et destruction des données Art. 77d Procédure de sélection lors de la délégation de tâches avec indemnité Art. 77e Aides financières 1 La Commission fédérale pour la qualité accorde des aides financières au sens de l’art. 58e, al. 1, LAMal pour des projets nationaux ou régionaux de développement de la qualité qui répondent aux conditions suivantes: 1 La Commission fédérale pour la qualité accorde des aides financières au sens de l’art. 58e, al. 1, LAMal pour des projets nationaux ou régionaux de développement de la qualité qui répondent aux conditions suivantes: Art. 77f Contrats de prestations en cas d’indemnités ou d’aides financières Art. 77g Calcul des parts de financement des cantons et des assureurs Art. 77h Perception des contributions Art. 77i Décompte Art. 77j Amendes et sanctions Art. 77k Garantie de la qualité Titre 4a Projets pilotes Art. 77l Demande Art. 77m Coûts Art. 77n Autorisation Art. 77o Ordonnances du DFI sur les projets pilotes Art. 77p Participation Art. 77q Évaluations Art. 77r Rapport au Conseil fédéral Titre 5 Financement Chapitre 1 … Art. 78 Art. 78a à 78c Art. 79 Art. 80 Art. 80a à 80i Art. 81 à 85 Art. 85a Art. 86 à 88 Chapitre 2 Primes des assurés Section 1 Dispositions générales Art. 89 Indication des primes Art. 90 Paiement des primes Art. 90a Intérêts rémunératoires Art. 90b Art. 90c Prime minimale Art. 91 Échelonnement des primes Art. 91a Réduction de primes en cas d’assujettissement à une autre assurance Art. 91b Procédure pour la délimitation des régions de primes Art. 92 Section 1a Primes des assurés résidant dans un État membre de l’Union européenne, en Islande, en Norvège ou au Royaume-Uni Art. 92a Prélèvement de la prime Art. 92b et 92c Section 1b Primes des bénéficiaires de l’aide d’urgence conformément à l’art. 82 LAsi Art. 92d Section 2 Formes particulières d’assurance Art. 93 Assurance avec franchise à option a. Franchises à option Art. 94 b. Adhésion et sortie, changement de franchise Art. 95 c. Primes Art. 96 Assurance avec bonus a. Principe Art. 97 b. Adhésion et sortie Art. 98 c. Primes Art. 99 Assurances impliquant un choix limité des fournisseurs de prestations a. Principe Art. 100 b. Adhésion et sortie Art. 101 c. Primes Art. 101a Formes particulières d’assurance pour les assurés résidant dans un État membre de l’Union européenne, en Islande, en Norvège ou au Royaume-Uni Section 3 Indemnisation de tiers Art. 102 Chapitre 3 Participation aux coûts Art. 103 Franchise et quote-part Art. 104 Contribution aux frais de séjour hospitalier Art. 104a Participation augmentée, réduite ou supprimée Art. 105 Participation aux coûts en cas de maternité Chapitre 3a Non-paiement des primes et des participations aux coûts Art. 105a Intérêts moratoires Art. 105b Procédure de sommation Art. 105c Exclusion de la compensation Art. 105d Communication de l’autorité cantonale compétente Art. 105e Annonces relatives aux poursuites Art. 105f Annonces relatives aux actes de défaut de biens Art. 105g Données personnelles Art. 105h Échange de données Art. 105i Titres considérés comme équivalents à un acte de défaut de biens Art. 105j Organe de contrôle Art. 105k Versements des cantons aux assureurs Art. 105l Changement d’assureur en cas de retard de paiement Art. 105m Assurés résidant dans un État membre de l’Union européenne, en Islande, en Norvège ou au Royaume-Uni Chapitre 4 Réduction des primes par les cantons Section 1 Ayants droit à une réduction des primes Art. 106 Réduction des primes par les cantons en faveur des assurés au bénéfice d’une autorisation de séjour valable au moins trois mois Art. 106a Réduction des primes par les cantons en faveur des assurés qui résident dans un État membre de l’Union européenne, en Islande, en Norvège ou au Royaume-Uni Section 2 Exécution de la réduction des primes Art. 106b Annonces effectuées par le canton Art. 106c Tâches de l’assureur Art. 106d Échange des données Art. 106e Coûts Partie 2 Assurance facultative d’indemnités journalières Art. 107 et 108 Art. 108a Paiement des primes, intérêts moratoires et intérêts rémunératoires Art. 109 Adhésion Partie 3 Règles de coordination Titre 1 Coordination des prestations Chapitre 1 Relations avec les autres assurances sociales Section 1 Délimitation de l’obligation d’allouer les prestations Art. 110 Principe Art. 111 Déclaration d’accident Section 2 Obligation d’avancer les prestations Art. 112 En relation avec l’assurance-accidents et l’assurance militaire Art. 113 En relation avec l’assurance-invalidité Art. 114 Obligation d’informer Art. 115 Art. 116 Tarifs différents Section 3 Remboursement de prestations d’autres assureurs sociaux Art. 117 Principe Art. 118 Conséquences pour les assurés Art. 119 Tarifs différents Section 4 Devoir d’information des assureurs Art. 120 Information mutuelle Art. 121 Chapitre 2 Surindemnisation Art. 122 Titre 2 … Art. 123 à 126 Partie 4 Décision, frais de communication et de publication des données Art. 127 Décision Art. 128 et 129 Art. 130 Frais de communication et de publication de données Partie 5 Dispositions finales Titre 1 Dispositions transitoires Art. 131 Art. 132 Rapports d’assurance existants Art. 133 Art. 134 Fournisseurs de prestations Art. 135 Art. 136 Titre 2 Entrée en vigueur Art. 137 Dispositions finales de la modification du 17 septembre 1997 Dispositions finales de la modification du 23 février 2000 Disposition finale de la modification du 2 octobre 2000 Dispositions finales de la modification du 22 mai 2002 Disposition transitoire de la modification du 26 juin 2002 Dispositions finales de la modification du 6 juin 2003 Dispositions finales de la modification du 26 mai 2004 Dispositions finales de la modification du 3 décembre 2004 Disposition finale de la modification du 9 novembre 2005 Dispositions finales de la modification du 26 avril 2006 Dispositions finales de la modification du 27 juin 2007 Disposition transitoire relative à la modification du 22 août 2007 Dispositions finales de la modification du 22 octobre 2008 Disposition finale de la modification du 13 mars 2009 Disposition transitoire de la modification du 24 juin 2009 Dispositions transitoires de la modification du 1er juillet 2009 Dispositions transitoires de la modification du 3 décembre 2010 Dispositions transitoires de la modification du 22 juin 2011 Disposition transitoire de la modification du 6 juillet 2011 Disposition transitoire de la modification du 2 novembre 2011 Disposition transitoire de la modification du 4 juillet 2012 Disposition transitoire de la modification du 8 mai 2013 Disposition transitoire de la modification du 29 novembre 2013 Dispositions transitoires de la modification du 29 avril 2015 Disposition transitoire de la modification du 9 décembre 2016 Dispositions transitoires de la modification du 1er février 2017 Dispositions transitoires de la modification du 5 avril 2017 Disposition transitoire de la modification du 19 mars 2021 Disposition transitoire de la modification du 26 mai 2021 Dispositions transitoires de la modification du 23 juin 2021 Dispositions transitoires de la modification du 3 novembre 2021 Annexe 1 Émoluments perçus pour les inscriptions dans la liste des spécialités Annexe 2 Abrogation et modification d’ordonnances fédérales 1. Sont abrogées: 2. à 10. Table des matières | mixed |
a2c2f991-f4c3-4455-8869-934bd1f90702 | Sachverhalt
ab Seite 344
BGE 122 I 343 S. 344
Art. 65 des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG; AS 1995 1328; in Kraft seit 1. Januar 1996) sieht vor, dass die Kantone den Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen Prämienverbilligungen gewähren. Zur Regelung des Vollzugs des Krankenversicherungsgesetzes erliess der Kanton Thurgau am 25. Oktober 1995 ein Gesetz über die Krankenversicherung (KVG/TG), dessen § 4 wie folgt lautet:
§ 4 Berechtigung
1 Die Prämienverbilligung für die obligatorische Krankenversicherung wird
Personen mit steuerrechtlichem Wohnsitz oder Aufenthalt im Kanton ausgerichtet.
2 Für die Berechtigung massgebend sind die persönlichen Verhältnisse am 1. Januar des Jahres, in welchem die Prämienverbilligung ausgerichtet wird.
3 Neugeborene sowie Personen, die sich neu im Kanton angemeldet haben, sind ab 1. Januar des der Geburt oder der Anmeldung folgenden Jahres bezugsberechtigt.
4 Bezugsberechtigt für Kinder ist die prämienzahlende Person.
5 Der Regierungsrat regelt die Berechtigung von Ausländern mit besonderem Status, insbesondere von Saisonniers oder Asylbewerbern.
Gemäss § 5 des Gesetzes hängt der Anspruch auf Prämienverbilligung vom geschuldeten Steuerbetrag ab (Abs. 1), wobei Bemessungsgrundlage in der Regel die letzte rechtskräftige Einschätzung ist (Abs. 2). Für quellensteuerpflichtige Personen wird der Quellensteuerbetrag entsprechend umgerechnet (Abs. 3).
Am 19. Dezember 1995 erliess der Regierungsrat des Kantons Thurgau eine Verordnung zum Gesetz über die Krankenversicherung (RRV). Deren § 11 lautet wie folgt:
§ 11 Kurzaufenthalter
Ausländer und Ausländerinnen mit einer Aufenthaltsbewilligung, die weniger als zwölf Monate gültig ist, haben keinen Anspruch auf Prämienverbilligung.
Die Gewerkschaft Bau und Industrie, Baptista Alberto Santos, Joao Manuel Pereira Sousa und Manuel Augusto Lopes Gomes erheben gemeinsam staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, § 11 der Verordnung des Regierungsrates zum Krankenversicherungsgesetz aufzuheben.
Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde der Gewerkschaft Bau und Industrie nicht ein und weist diejenige der anderen drei Beschwerdeführer ab.
BGE 122 I 343 S. 345 Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
Die Beschwerdeführer bringen vor, der Ausschluss der Saisonniers von der Prämienverbilligung verstosse gegen Bundesrecht, indem
Art. 65 KVG
den Kreis der Berechtigten abschliessend umschreibe und insoweit keinen Raum für kantonales Ausführungsrecht belasse. Damit wird in hinreichender Weise eine Verletzung der derogatorischen Kraft des Bundesrechts gerügt, auch wenn in der Beschwerde Art. 2 ÜbBest. BV nicht ausdrücklich genannt ist.
a) Bei der Prüfung der Verfassungsmässigkeit eines kantonalen Erlasses im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts massgebend, ob der betreffenden Norm nach anerkannten Auslegungsregeln ein Sinn beigemessen werden kann, der sie mit den angerufenen Verfassungsgarantien vereinbar erscheinen lässt. Das Bundesgericht hebt eine kantonale Norm nur auf, wenn sie sich jeder verfassungskonformen Auslegung entzieht, nicht jedoch, wenn sie einer solchen in vertretbarer Weise zugänglich ist. Ob ein kantonaler Erlass mit der Verfassung vereinbar ist, prüft das Bundesgericht frei (
BGE 122 I 18
E. 2a/b.aa S. 20, mit Hinweisen).
b) Das Bundesrecht unterscheidet zwischen "Saisonniers" und "Kurzaufenthaltern" (Art. 16 ff. bzw. 20 ff. der Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der Zahl der Ausländer, BVO; SR 823.21). Das Marginale zur hier angefochtenen Verordnungsbestimmung lautet bloss "Kurzaufenthalter". Nach ihrem Wortlaut ist jedoch ein Anspruch ausgeschlossen für "Ausländer und Ausländerinnen mit einer Aufenthaltsbewilligung, die weniger als zwölf Monate gültig ist", was auch für Saisonniers zutrifft. Der Kanton geht in seiner Vernehmlassung zur staatsrechtlichen Beschwerde davon aus, dass § 11 RRV ebenfalls für Saisonniers gelte. Das liegt um so näher, als
§ 4 Abs. 5 KVG
/TG, auf den sich die angefochtene Bestimmung offensichtlich stützt, von "Ausländern mit besonderem Status, insbesondere von Saisonniers und Asylbewerbern" spricht. Es ist daher für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde davon auszugehen, dass § 11 RRV den Anspruch sowohl für Saisonniers als auch für Kurzaufenthalter (im Sinne der BVO) ausschliesst, ebenso wohl für Stagiaires, deren Aufenthaltsbewilligung höchstens zwölf Monate beträgt (
Art. 22 Abs. 2 BVO
).
c) Gemäss
Art. 65 KVG
gewähren die Kantone "den Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen" Prämienverbilligungen. Es ist eine Frage der Auslegung dieser Bestimmung, ob sie
BGE 122 I 343 S. 346
für einen generellen Ausschluss der Saisonniers und Kurzaufenthalter von der Prämienverbilligung Raum lässt.
d) Nach dem Wortlaut von
Art. 65 KVG
sind Kriterien für die Gewährung von Prämienverbilligungen erstens die Eigenschaft als Versicherter, zweitens der Umstand, dass der Versicherte in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen lebt.
e) Das Krankenversicherungsgesetz basiert auf dem Grundsatz des Versicherungsobligatoriums. Gemäss
Art. 3 Abs. 1 KVG
muss sich jede Person mit Wohnsitz in der Schweiz für Krankenpflege versichern oder versichern lassen. Zwar haben Saisonniers und Kurzaufenthalter keinen zivilrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz, doch kann der Bundesrat gemäss
Art. 3 Abs. 3 lit. a KVG
die Versicherungspflicht ausdehnen auf Personen ohne Wohnsitz in der Schweiz, die hier tätig sind oder sich hier längere Zeit aufhalten. Der Bundesrat hat demgemäss in Art. 1 Abs. 2 lit. a der Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung (Krankenversicherungsverordnung, KVV; AS 1995 3867) die Versicherungspflicht ausgedehnt auf Ausländer mit einer Aufenthaltsbewilligung für länger als drei Monate. Saisonniers und Kurzaufenthalter mit einer Aufenthaltsdauer von mehr als drei Monaten sind somit (obligatorisch) Versicherte im Sinne des Krankenversicherungsgesetzes.
f) Der Kanton Thurgau bringt vor, dass nach
Art. 65 KVG
die Kantone die Anspruchsvoraussetzungen definieren könnten. Der Entwurf des Bundesrates zum Krankenversicherungsgesetz sah vor, dass ein Anspruch auf Prämienverbilligung besteht, wenn die Prämie eines Versicherten einen vom Kanton festgelegten Prozentsatz des Einkommens übersteigt, wobei als Einkommen das steuerbare Einkommen der direkten Bundessteuer gelten sollte, erhöht um einen vom Kanton festgelegten Zuschlag für das nach kantonalem Recht steuerbare Vermögen (Art. 58 Abs. 1 und 3 des Entwurfs zum Krankenversicherungsgesetz, BBl 1992 I S. 277 f.). Der Nationalrat ersetzte diese Regelung durch die Formulierung "in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen". Damit sollte den Kantonen weitgehende Autonomie in der Ausgestaltung der Prämienverbilligung gegeben werden. Die Kantone sollen entscheiden können, ob eher viele Versicherte kleinere Beiträge oder wenige Versicherte grössere Beiträge erhalten sollen (Amtl.Bull. N 1993 S. 1889, Berichterstatterin Segmüller; vgl. auch Amtl Bull S 1993 S. 1082, 1084 f., Berichterstatter Huber). Nach dem Willen des Gesetzgebers geniessen somit die Kantone eine erhebliche Freiheit in der Ausgestaltung der Prämienverbilligung, indem sie autonom festlegen können, was
BGE 122 I 343 S. 347
unter "bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen" zu verstehen ist.
g) Die angefochtene thurgauische Regelung definiert indessen nicht diesen Begriff, sondern sie schliesst Personen mit einer Aufenthaltsbewilligung von weniger als zwölf Monaten auch dann von der Anspruchsberechtigung aus, wenn sie in - gemäss thurgauischem Recht umschriebenen - bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen leben. Sie konkretisiert somit nicht das vom Bundesrecht vorgesehene Kriterium der bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnisse, sondern sie fügt eine neue, im Bundesrecht nicht enthaltene Anspruchsvoraussetzung ein. Es fragt sich, ob
Art. 65 KVG
eine solche zusätzliche Anforderung zulässt.
aa) Weder dem Wortlaut noch der Systematik von
Art. 65 KVG
lässt sich entnehmen, ob Kriterien wie die Staatsangehörigkeit oder die Dauer der Aufenthaltsbewilligung für die Gewährung von Prämienverbilligungen ausschlaggebend sein sollen. Auch die historische Auslegung ist unergiebig, da diese Frage in der parlamentarischen Behandlung von
Art. 65 KVG
nicht diskutiert wurde.
bb) Teleologisch zielt die Prämienverbilligung darauf ab, für Personen in bescheidenen Verhältnissen die wirtschaftliche Last der Krankenversicherungsprämien zu mildern. Sie ist damit ein Element der Solidarität zugunsten weniger bemittelter Bevölkerungsschichten. Damit könnte einerseits die Auffassung vertreten werden, dass alle Bevölkerungsschichten, ungeachtet ihres fremdenpolizeilichen Status, in den Genuss der Prämienverbilligung gelangen sollten. Umgekehrt kann aber auch argumentiert werden, dass Solidaritätsregelungen, die ein Staat trifft, im allgemeinen auf einen Kreis von Personen beschränkt werden, die eine nähere Beziehung zu diesem Staat haben. Zwar hat das Bundesgericht einen menschenrechtlichen Anspruch auf Existenzsicherung unabhängig vom aufenthaltsrechtlichen Status anerkannt (
BGE 122 II 193
E. 2b S. 197
;
121 I 367
E. 2d S. 374), doch gilt dies nicht gleichermassen für Leistungen, die über das unmittelbar verfassungsrechtliche Minimum hinausgehen. So hat der Bundesgesetzgeber selber in denjenigen Bereichen der Sozialversicherung, die eine ausgesprochene Solidaritätskomponente enthalten, bisweilen die Ausrichtung von Leistungen an Ausländer an das Erfordernis des Wohnsitzes in der Schweiz geknüpft (
Art. 18 Abs. 2 AHVG
;
Art. 6 Abs. 2 IVG
;
Art. 2 Abs. 2 ELG
; vgl. JEAN MEYER, Le statut des travailleurs immigrés dans la sécurité sociale suisse. Basel 1990, S. 30 f., 62; ROLF SCHMID, Die Rechtsstellung des ausländischen Saisonarbeiters in der Schweiz,
BGE 122 I 343 S. 348
Diss. Zürich 1991, S. 290 ff.). Saisonniers und Kurzaufenthalter können daher - vorbehältlich staatsvertraglicher Vereinbarungen - diese Leistungen nicht erhalten. In anderen Bereichen der Sozialversicherung werden allerdings die Leistungen für Saisonniers und Kurzaufenthalter gleich wie für Personen mit Wohnsitz in der Schweiz ausgerichtet, so namentlich in der beruflichen Vorsorge, in der Unfallversicherung und in der Arbeitslosenversicherung (MEYER, a.a.O., S. 98, 102, 121 ff.; SCHMID, a.a.O., S. 302 ff., 317 f., 323). Es gibt somit keinen allgemeinen Grundsatz, wonach Saisonniers und Kurzaufenthalter sozialversicherungsrechtlich anders behandelt werden als Personen mit Wohnsitz in der Schweiz.
cc) Vorliegend hat der Bundesgesetzgeber eine solche Differenzierung nach Staatsangehörigkeit oder fremdenpolizeilichem Status nicht getroffen. Immerhin kann im Rahmen der teleologischen Auslegung einer bundesrechtlichen Bestimmung, die den Kantonen einen grossen Bereich gesetzgeberischen Gestaltungsermessens einräumen will, berücksichtigt werden, dass es Überlegungen gibt, die eine differenzierte Behandlung verschiedener Kategorien von Ausländern erlauben. Es kann nicht der Sinn des Krankenversicherungsgesetzes sein, einen Anspruch auf Prämienverbilligung all denjenigen Personen zuzugestehen, die vorübergehend und gleichsam zufällig in der Schweiz erwerbstätig sind, ohne zu ihr eine nähere Beziehung zu haben. Zu den obligatorisch versicherten Kurzaufenthaltern können auch Personen gehören, die einmalig für kurze Zeit in der Schweiz arbeiten, namentlich im Rahmen ihrer Aus- oder Weiterbildung. Es ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber, wenn er schon den Kantonen einen grossen Spielraum gewährte, zwingend vorschreiben wollte, all diesen Personen Prämienverbilligungen auszurichten.
dd) Hinzu kommt schliesslich, dass die zu treffende Regelung auch praktisch handhabbar sein muss. Das Bundesgericht hat zwar wiederholt entschieden, dass es mit
Art. 4 BV
nicht vereinbar ist, Unterschiede in der sozialversicherungsrechtlichen Anspruchsberechtigung allein mit beschränkten Überprüfungs- und Kontrollmöglichkeiten bezüglich anspruchsrelevanter Sachverhalte im Ausland zu begründen (
BGE 117 Ia 97
E. 3d S. 104;
BGE 114 Ia 1
E. 8c S. 6). Doch kann die Praktikabilität im Verein mit anderen Kriterien ein Element sein, welches eine gewisse Schematisierung erlaubt. Dabei ist zu beachten, dass das thurgauische Gesetz den Anspruch auf Prämienverbilligung an die Höhe des geschuldeten Steuerbetrags, somit an das Ergebnis des steuerrechtlichen Veranlagungsverfahrens,
BGE 122 I 343 S. 349
knüpft (
§ 5 KVG
/TG). Das ist eine zweckmässige und zulässige Regelung, sah doch der Bundesrat in seinem Entwurf zum Krankenversicherungsgesetz selber eine Regelung vor, die auf das steuerbare Einkommen abstellte. Es muss daher auch zulässig sein, die Anspruchsberechtigung auf diejenigen Fälle zu beschränken, in denen die Anspruchsvoraussetzungen mit Hilfe des steuerrechtlichen Verfahrens mit hinreichender Zuverlässigkeit abgeklärt werden können.
h) Aus all dem ergibt sich, dass
Art. 65 KVG
nicht so auszulegen ist, dass damit von Bundesrechts wegen alle obligatorisch Versicherten ohne Rücksicht auf die Dauer ihres Aufenthaltes und die Intensität ihrer Beziehung zur Schweiz in den persönlichen Geltungsbereich der Prämienverbilligung fallen.
4.
a) Das bedeutet allerdings nicht, dass die Kantone völlig freie Hand in der Ausgestaltung ihrer Regelung hätten. Sie müssen sich an den Sinn und Geist des Krankenversicherungsgesetzes halten und dürfen den damit angestrebten Zweck nicht vereiteln (vgl.
BGE 122 I 70
E. 2a S. 74;
BGE 119 Ia 453
E. 2b S. 456). Doch können die Schranken, die sich aus
Art. 65 KVG
ergeben, nicht wesentlich weiter gehen als diejenigen, die bereits aus
Art. 4 BV
fliessen, nachdem der Bundesgesetzgeber in dieser Frage bewusst den Kantonen einen grossen Gestaltungsspielraum eröffnen wollte. Die Rüge der Verletzung des Bundesrechts fällt somit im Ergebnis zusammen mit der von den Beschwerdeführern ebenfalls erhobenen Rüge der Verletzung des Gleichbehandlungsgebots.
b) Ein Erlass verletzt den Grundsatz der Rechtsgleichheit und damit
Art. 4 Abs. 1 BV
, wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen. Die Rechtsgleichheit ist verletzt, wenn Gleiches nicht nach Massgabe seiner Gleichheit gleich oder Ungleiches nicht nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt wird. Vorausgesetzt ist, dass sich der unbegründete Unterschied oder die unbegründete Gleichstellung auf eine wesentliche Tatsache bezieht. Die Frage, ob für eine rechtliche Unterscheidung ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen ersichtlich ist, kann zu verschiedenen Zeiten verschieden beantwortet werden je nach den herrschenden Anschauungen und Zeitverhältnissen. Dem Gesetzgeber bleibt im Rahmen dieser Grundsätze und des Willkürverbots ein weiter Spielraum der Gestaltungsfreiheit (
BGE 121 I 102
E. 4a S. 104, mit Hinweisen).
BGE 122 I 343 S. 350
c) Der Kanton bringt zur Rechtfertigung der angefochtenen Bestimmung im wesentlichen vor, dass sich die Einkommensverhältnisse der Saisonniers und Kurzaufenthalter nicht mit der erforderlichen Vollständigkeit und Genauigkeit feststellen liessen, da deren im Ausland gelegenes Vermögen bzw. dort erzieltes Einkommen nicht erfassbar sei. Zudem sei zu berücksichtigen, dass Kurzaufenthalter mit ihrem in der Schweiz erzielten Einkommen die Lebenshaltungskosten für den Aufenthalt in der Heimat für die ganze restliche Zeit des Jahres zu decken vermöchten, so dass aus Gründen der Gleichbehandlung diese überschiessenden Mittel mitzuberücksichtigen seien.
d) Es ist nicht grundsätzlich verfassungswidrig, Schweizer und Ausländer in der Sozialversicherung unterschiedlich zu behandeln (
BGE 117 Ia 97
E. 3e S. 104 f.). Unzulässig ist bloss, eine solche Unterscheidung zu treffen, ohne dass ein vernünftiger Grund vorliegt bzw. wenn der geltend gemachte Grund zweckfremd ist und nicht ins gesetzliche System der betreffenden Sozialversicherung passt (BGE
BGE 114 Ia 1
E. 8a/e, S. 4 und 7 f.).
e) Saisonniers und Kurzaufenthalter unterscheiden sich von Schweizern oder Ausländern mit einer Niederlassungs- oder Jahresaufenthaltsbewilligung dadurch, dass sie in der Schweiz keinen Wohnsitz haben. Ein Familiennachzug ist ausgeschlossen (
Art. 38 Abs. 2 BVO
). Sie verbringen einen gewissen Teil des Jahres im Ausland. Ihr Lebensmittelpunkt liegt deshalb nicht in der Schweiz. Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind anders als diejenigen von Personen, die das ganze Jahr - allenfalls mit ihrer Familie - hier leben und auch ganzjährig mit den hiesigen - in der Regel höheren - Lebenshaltungskosten konfrontiert sind. Es kann auch nicht gesagt werden, mit der angefochtenen Bestimmung werde eine system- oder zweckfremde Absicht verfolgt. Die Prämienverbilligung für die Krankenversicherung hat den Charakter einer sozial begründeten Hilfe für wirtschaftlich Benachteiligte. Auch wenn sie auf die Krankenversicherung Bezug nimmt, nähert sie sich von ihrer Funktion her doch einer Fürsorgeleistung oder Solidaritätsregelung, welche in der Regel an den Wohnsitz anknüpfen (vorne E. 3g.bb; vgl. auch Art. 12, 14, 20, 21 des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1977 über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger, SR 851.1). Nachdem bereits der Bundesgesetzgeber Kurzaufenthalter und Saisonniers sozialversicherungsrechtlich verschiedentlich anders behandelt hat als Personen mit Wohnsitz in der Schweiz (vorne E. 3g.bb), lässt sich auch die entsprechende kantonale Regelung verfassungsrechtlich
BGE 122 I 343 S. 351
rechtfertigen. Rund die Hälfte der Kantone hat denn auch, wie der Kanton Thurgau, die Saisonniers von der Anspruchsberechtigung ausgeschlossen. Die bundesrechtlich verlangte Solidarität kann sich nur auf Personen beziehen, deren Lebensmittelpunkt in der Schweiz liegt und die relativ unfreiwillig mit den hiesigen hohen Krankenkassenprämien konfrontiert sind, nicht dagegen auf Personen mit Lebensmittelpunkt im Ausland, die nur vorübergehend als Arbeitnehmer in die Schweiz kommen und in dieser Eigenschaft keine Unterstützung aus allgemeinen Steuermitteln erwarten dürfen. Es liegt am einzelnen Saisonnier oder Kurzaufenthalter, zu entscheiden, ob er die in der Schweiz zu bezahlenden hohen Krankenversicherungsprämien in Kauf nehmen will bzw. ob der aufgrund des offerierten Lohnes resultierende Nettoverdienst für ihn noch hoch genug ist. Dass viele Saisonniers den Wunsch haben mögen, dauernd oder längerfristig in der Schweiz tätig zu sein und gegebenenfalls auch die Familie nachzuziehen, ändert nichts. Massgebend für die Beurteilung der Bindung zur Schweiz ist der bewilligte fremdenpolizeiliche Status. Solange der Saisonnier keine Jahresaufenthaltsbewilligung erlangt hat, ist er vor Nachteilen, wie sie hier in Frage stehen, nicht verfassungsrechtlich geschützt, und es lässt sich mangels einer klaren Regelung auch aus
Art. 65 KVG
nichts Weitergehendes ableiten. | mixed |
8d08c873-e2c0-4e52-a739-1b985bb086d2 | 832.102 1 / 128 Ordinanza sull’assicurazione malattie (OAMal) del 27 giugno 1995 (Stato 1° gennaio 2023) Il Consiglio federale svizzero, visto l’articolo 81 della legge federale del 6 ottobre 20001 sulla parte generale del diritto delle assicurazioni sociali (LPGA); visto l’articolo 96 della legge federale del 18 marzo 19942 sull’assicurazione malattie (legge/LAMal); visto l’articolo 82 capoverso 2 della legge del 15 dicembre 20003 sugli agenti terapeutici (LATer); visto l’articolo 46a della legge del 21 marzo 19974 sull’organizzazione del Governo e dell’Amministrazione (LOGA),5 ordina: Parte prima: Assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie Titolo 1: Obbligo d’assicurazione Capitolo 1: Disposizioni generali Sezione 1: Persone tenute ad assicurarsi Art. 1 Obbligo d’assicurazione 1 Le persone domiciliate in Svizzera ai sensi degli articoli 23 a 26 del Codice civile svizzero6 (CC) sono tenute ad assicurarsi conformemente all’articolo 3 della legge. 2 Sono inoltre tenuti ad assicurarsi: a.7 gli stranieri con permesso di soggiorno di breve durata o di dimora ai sensi degli articoli 32 e 33 della legge federale del 16 dicembre 20058 sugli stranieri e la loro integrazione (LStrI)9, valevole almeno tre mesi; RU 1995 3867 1 RS 830.1 2 RS 832.10 3 RS 812.21 4 RS 172.010 5 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 9 dic. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 4927). 6 RS 210 7 Nuovo testo giusta il n. I 4 dell’O del 24 ott. 2007, in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5627). 8 RS 142.20 9 Il titolo è stato adattato in applicazione dell’art. 12 cpv. 2 della LF del 18 giu. 2004 sulle pubblicazioni ufficiali (RS 170.512), con effetto dal 1° gen. 2019. Di detta mod. è tenuto conto in tutto il presente testo. 832.102 Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 2 / 128 832.102 b.10 gli stranieri esercitanti un’attività lucrativa dipendente con permesso di sog- giorno di breve durata valevole meno di tre mesi, se non beneficiano di una copertura assicurativa equivalente per le cure in Svizzera; c.11 le persone che hanno presentato una domanda d’asilo in Svizzera conforme- mente all’articolo 18 della legge del 26 giugno 199812 sull’asilo (LAsi), le persone cui è stata concessa la protezione provvisoria secondo l’articolo 66 LAsi nonché le persone, per le quali è stata decisa l’ammissione provvisoria conformemente all’articolo 83 LStrI; d.13 le persone che risiedono in uno Stato membro dell’Unione europea e sono soggette all’assicurazione svizzera ai sensi dell’Accordo del 21 giu- gno 199914 tra la Confederazione Svizzera, da una parte, e la Comunità euro- pea ed i suoi Stati membri, dall’altra, sulla libera circolazione delle persone (Accordo sulla libera circolazione delle persone) e del relativo allegato II, menzionati nell’articolo 95a capoverso 1 della legge; e.15 le persone che risiedono in Islanda o in Norvegia e sono soggette all’assicu- razione svizzera ai sensi dell’Accordo del 21 giugno 200116 di emendamento della Convenzione istitutiva dell’Associazione europea di libero scambio (Ac- cordo AELS), del relativo allegato K e dell’appendice 2 dell’allegato K, men- zionati nell’articolo 95a capoverso 2 della legge; ebis.17 le persone che risiedono in uno Stato con il quale sussiste un accordo di sicurezza sociale e che, in virtù di tale accordo, sono soggette all’assicura- zione svizzera; f.18 le persone con permesso di dimora di breve durata o permesso di dimora ai sensi dell’Accordo sulla libera circolazione delle persone o dell’Accordo AELS, valevole almeno tre mesi; 10 Nuovo testo giusta il n. I 4 dell’O del 24 ott. 2007, in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5627). 11 Nuovo testo giusta il n. I 4 dell’O del 24 ott. 2007, in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5627). 12 RS 142.31 13 Introdotta dal n. I dell’O del 3 lug. 2001 (RU 2002 915). Nuovo testo giusta il n. I 1 dell’O del 26 ott. 2022 sulla modifica di ordinanze in materia di assicurazione malattie in attuazione della Convenzione sul coordinamento della sicurezza sociale tra il Regno Unito di Gran Bretagna e Irlanda del Nord e la Confederazione Svizzera, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 658). 14 RS 0.142.112.681 15 Introdotta dal n. I dell’O del 3 lug. 2001 (RU 2002 915). Nuovo testo giusta il n. I 1 dell’O del 26 ott. 2022 sulla modifica di ordinanze in materia di assicurazione malattie in attuazione della Convenzione sul coordinamento della sicurezza sociale tra il Regno Unito di Gran Bretagna e Irlanda del Nord e la Confederazione Svizzera, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 658). 16 RS 0.632.31 17 Introdotta dal n. I 1 dell’O del 26 ott. 2022 sulla modifica di ordinanze in materia di assi- curazione malattie in attuazione della Convenzione sul coordinamento della sicurezza so- ciale tra il Regno Unito di Gran Bretagna e Irlanda del Nord e la Confederazione Sviz- zera, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 658). 18 Introdotta dal n. I dell’O del 22 mag. 2002, in vigore il 1° giu. 2002 (RU 2002 1633). Assicurazione malattie. O 3 / 128 832.102 g.19 le persone che esercitano un’attività lucrativa in Svizzera per un periodo infe- riore ai tre mesi e che conformemente all’Accordo sulla libera circolazione delle persone o all’Accordo AELS non necessitano di un permesso di dimora, sempre che per i trattamenti in Svizzera non dispongano di una copertura as- sicurativa equivalente. Art. 2 Eccezioni all’obbligo d’assicurazione 1 Non sono soggetti all’obbligo d’assicurazione: a.20 gli agenti della Confederazione, in attività o in pensione, sottoposti all’assicu- razione militare ai sensi dell’articolo 1a capoverso 1 lettera b numeri 1 a 721 e dell’articolo 2 della legge federale del 19 giugno 199222 sull’assicurazione militare (LAM); b. le persone che soggiornano in Svizzera al solo scopo di seguire un trattamento medico o una cura; c.23 le persone che, in virtù dell’Accordo sulla libera circolazione delle persone24 e del relativo allegato II, dell’Accordo AELS25 e del relativo allegato K e dell’appendice 2 dell’allegato K o di una convenzione di sicurezza sociale, sottostanno alla normativa di un altro Stato in ragione della loro attività lucra- tiva in tale Stato; d.26 le persone che, in virtù dell’Accordo sulla libera circolazione delle persone e del relativo allegato II o dell’Accordo AELS, del relativo allegato K e dell’ap- pendice 2 dell’allegato K, sottostanno alla normativa di un altro Stato poiché percepiscono una prestazione di un’assicurazione estera contro la disoccupa- zione; e.27 le persone che non hanno diritto a una rendita svizzera ma: 1. in virtù dell’Accordo sulla libera circolazione delle persone e del relativo allegato II hanno diritto a una rendita in uno Stato membro dell’Unione europea, 19 Introdotta dal n. I dell’O del 3 dic. 2004, in vigore dal 1° gen. 2005 (RU 2004 5075). 20 Nuovo testo giusta il n. I dell’O dell’11 set. 2002, in vigore dal 1° gen. 2003 (RU 2002 3908). 21 Ora: art. 1a cpv. 1 lett. b n. 1–6 22 RS 833.1 23 Introdotta dal n. I dell’O del 22 mag. 2002 (RU 2002 1633). Nuovo testo giusta il n. I 1 dell’O del 26 ott. 2022 sulla modifica di ordinanze in materia di assicurazione malattie in attuazione della Convenzione sul coordinamento della sicurezza sociale tra il Regno Unito di Gran Bretagna e Irlanda del Nord e la Confederazione Svizzera, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 658). 24 RS 0.142.112.681 25 RS 0.632.31 26 Introdotta dal n. I dell’O del 22 mag. 2002, in vigore il 1° giu. 2002 (RU 2002 1633). 27 Introdotta dal n. I dell’O del 22 mag. 2002 (RU 2002 1633). Nuovo testo giusta il n. I 1 dell’O del 26 ott. 2022 sulla modifica di ordinanze in materia di assicurazione malattie in attuazione della Convenzione sul coordinamento della sicurezza sociale tra il Regno Unito di Gran Bretagna e Irlanda del Nord e la Confederazione Svizzera, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 658). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 4 / 128 832.102 2. in virtù dell’Accordo AELS, del relativo allegato K e dell’appendice 2 dell’allegato K hanno diritto a una rendita islandese o norvegese, 3. in virtù della Convenzione del 9 settembre 202128 sul coordinamento della sicurezza sociale tra il Regno Unito di Gran Bretagna e Irlanda del Nord e la Confederazione Svizzera (Convenzione con il Regno Unito) hanno diritto a una rendita britannica; f.29 le persone che sono incluse nell’assicurazione malattie estera di una delle per- sone di cui alle lettere c, d o e quali suoi familiari e hanno diritto all’assistenza reciproca in materia di prestazioni o beneficiano di una copertura equivalente per le cure in Svizzera; g.30 le persone che sono incluse nell’assicurazione malattie estera di una persona quali suoi familiari e hanno diritto all’assistenza reciproca in materia di pre- stazioni. 2 A domanda, sono esentate dall’obbligo d’assicurazione le persone obbligatoria- mente assicurate contro le malattie in virtù del diritto di uno Stato con il quale non sussiste alcuna normativa concernente la delimitazione dell’obbligo di assicurazione, se l’assoggettamento all’assicurazione svizzera costituirebbe un doppio onere e se esse beneficiano di una copertura assicurativa equivalente per le cure in Svizzera. Alla domanda va accluso un attestato scritto dell’organo estero competente che dia tutte le informazioni necessarie.31 3 ...32 4 A domanda, sono esentate dall’obbligo di assicurazione le persone che soggiornano in Svizzera nell’ambito di una formazione o di un perfezionamento, quali studenti, allievi, praticanti e stagisti, come pure i familiari ai sensi dell’articolo 3 capoverso 2 che li accompagnano, purché durante l’intera durata di validità dell’esenzione benefi- cino di una copertura assicurativa equivalente per le cure in Svizzera.33 La domanda dev’essere corredata di un attestato scritto dell’organo estero competente che dia tutte le informazioni necessarie. L’autorità cantonale competente può esonerare queste per- sone dall’obbligo di assicurarsi per al massimo tre anni. A domanda, l’esenzione può essere prolungata di altri tre anni al massimo. L’interessato non può revocare l’esen- zione o la rinuncia all’esenzione senza un motivo particolare.34 4bis ...35 28 RS 0.831.109.367.2 29 Introdotta dal n. I dell’O del 22 mag. 2002 (RU 2002 1633). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 6 giu. 2003, in vigore dal 1° gen. 2004 (RU 2003 3249). 30 Introdotta dal n. I dell’O del 6 giu. 2003, in vigore dal 1° gen. 2004 (RU 2003 3249). 31 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 22 mag. 2002, in vigore il 1° giu. 2002 (RU 2002 1633). 32 Abrogato dal n. I dell’O del 22 mag. 2002, con effetto dal 1° giu. 2002 (RU 2002 1633). 33 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 6 giu. 2003, in vigore dal 1° gen. 2004 (RU 2003 3249). 34 Introdotto dal n. I dell’O del 25 nov. 1996 (RU 1996 3139). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 3 lug. 2001, in vigore dal 1° giu. 2002 (RU 2002 915). 35 Introdotto dal n. I dell’O del 3 lug. 2001 (RU 2002 915). Abrogato dal n. I dell’O del 29 nov. 2013, con effetto dal 1° gen. 2014 (RU 2013 4523). Vedi anche le disp. trans. di detta mod. alla fine del presente testo. Assicurazione malattie. O 5 / 128 832.102 5 Su domanda, sono esentati dall’obbligo d’assicurazione i lavoratori distaccati in Svizzera non tenuti a pagare i contributi dell’assicurazione per la vecchiaia, i superstiti e l’invalidità (AVS/AI) in virtù di una convenzione internazionale di sicurezza sociale come pure i loro familiari ai sensi dell’articolo 3 capoverso 2, se il datore di lavoro provvede affinché durante l’intera durata di validità dell’esenzione siano almeno co- perte le prestazioni secondo la LAMal per le cure in Svizzera. Questa norma si applica per analogia ad altre persone non tenute a pagare contributi dell’AVS/AI in caso di soggiorno temporaneo in Svizzera in virtù di un’autorizzazione prevista da una con- venzione internazionale. L’interessato e il suo datore di lavoro non può revocare l’esenzione o la rinuncia all’esenzione.36 6 A domanda, sono esentate dall’obbligo d’assicurazione le persone residenti in uno Stato membro dell’Unione europea, purché possano esservi esentate conformemente all’Accordo sulla libera circolazione delle persone e al relativo allegato II e dimostrino di essere coperte in caso di malattia sia nello Stato di residenza sia durante un sog- giorno in un altro Stato membro dell’Unione europea o in Svizzera.37 7 A domanda, sono esentate dall’obbligo d’assicurazione le persone che dispongono di un permesso di dimora per persone senza attività lucrativa secondo l’Accordo sulla libera circolazione delle persone o l’Accordo AELS, purché durante l’intera validità dell’esenzione beneficino di una copertura assicurativa equivalente per le cure in Sviz- zera. La domanda dev’essere corredata di un attestato scritto dell’organo estero com- petente che dia tutte le informazioni necessarie. L’interessato non può revocare l’esen- zione o la rinuncia all’esenzione senza un motivo particolare.38 8 A domanda, sono esentate dall’obbligo d’assicurazione le persone a cui l’assogget- tamento all’assicurazione svizzera provoca un netto peggioramento della protezione assicurativa o della copertura dei costi e che a causa della loro età e/o del loro stato di salute non possono stipulare un’assicurazione complementare equiparabile o lo pos- sono fare solo a condizioni difficilmente sostenibili. La domanda dev’essere corredata di un attestato scritto dell’organo estero competente che dia tutte le informazioni ne- cessarie. L’interessato non può revocare l’esenzione o la rinuncia all’esenzione senza un motivo particolare.39 Art. 3 Frontalieri 1 A loro domanda vengono assoggettati all’assicurazione svizzera i frontalieri che esercitano un’attività lucrativa in Svizzera non soggetti all’obbligo d’assicurazione ai 36 Introdotto dal n. I dell’O del 25 nov. 1996, in vigore dal 1° gen. 1997 (RU 1996 3139). 37 Introdotto dal n. I dell’O del 3 lug. 2001 (RU 2002 915). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 2 nov. 2011, in vigore dal 1° apr. 2012 (RU 2012 955). 38 Introdotto dal n. I dell’O del 3 lug. 2001 (RU 2002 915). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 22 mag. 2002, in vigore il 1° giu. 2002 (RU 2002 1633). 39 Introdotto dal n. I dell’O del 3 lug. 2001, in vigore dal 1° giu. 2002 (RU 2002 915). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 6 / 128 832.102 sensi dell’articolo 1 capoverso 2 lettere d–ebis nonché i loro familiari, purché non eser- citino all’estero un’attività lucrativa per cui siano tenuti ad assicurarsi contro le ma- lattie.40 2 Sono considerati familiari il coniuge e i figli che non hanno ancora compiuto i 18 anni come pure i figli in formazione che non hanno ancora compiuto i 25 anni. Art. 4 Lavoratori distaccati all’estero 1 Rimangono soggetti all’assicurazione obbligatoria in Svizzera i lavoratori distaccati all’estero, come pure i loro familiari ai sensi dell’articolo 3 capoverso 2 che l’accom- pagnano, se: a. erano assicurati d’obbligo in Svizzera immediatamente prima di essere distac- cati all’estero e b. lavorano per conto di un datore di lavoro che ha il domicilio o la sede in Sviz- zera. 2 Per i familiari, l’obbligo d’assicurazione decade se esercitano all’estero un’attività lucrativa che implica l’assoggettamento a un’assicurazione malattie obbligatoria. 3 L’assicurazione obbligatoria si protrae per due anni. A domanda, l’assicuratore la protrae per sei anni in tutto. 4 Per le persone considerate distaccate all’estero ai sensi di una convenzione interna- zionale di sicurezza sociale, la protrazione dell’assicurazione corrisponde alla durata autorizzata da questa convenzione. La stessa regola è applicabile alle altre persone che, in base a siffatta convenzione, sono soggette alla legislazione svizzera durante un soggiorno temporaneo all’estero. Art. 5 Persone che soggiornano all’estero al servizio di una collettività pubblica 1 Le seguenti persone e i loro familiari che le accompagnano, ai sensi dell’articolo 3 capoverso 2, sono soggetti all’assicurazione obbligatoria: a. gli agenti federali del Dipartimento federale degli affari esteri (DFAE), sotto- posti a un regime di mutazioni; b. gli agenti federali del DFAE o di un altro Dipartimento che lavorano all’estero; c. le persone che lavorano all’estero per conto di altre collettività o istituti sviz- zeri di diritto pubblico. 2 Per i familiari, l’obbligo d’assicurazione decade se esercitano all’estero un’attività lucrativa che implica l’assoggettamento a un’assicurazione malattie obbligatoria. 3 Il personale reclutato sul posto non è soggetto all’assicurazione obbligatoria. 40 Nuovo testo giusta il n. I 1 dell’O del 26 ott. 2022 sulla modifica di ordinanze in materia di assicurazione malattie in attuazione della Convenzione sul coordinamento della sicu- rezza sociale tra il Regno Unito di Gran Bretagna e Irlanda del Nord e la Confederazione Svizzera, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 658). Assicurazione malattie. O 7 / 128 832.102 Art. 641 Persone beneficiarie di privilegi in virtù del diritto internazionale42 1 Le persone beneficiarie di privilegi, immunità e facilitazioni di cui all’articolo 2 ca- poverso 2 lettere a e c della legge del 22 giugno 200743 sullo Stato ospite, ad eccezione dei domestici privati, non sono soggetti all’obbligo d’assicurazione. Essi sono soggetti all’assicurazione svizzera se ne fanno espressa domanda. 2 I domestici privati delle persone beneficiarie menzionate nel capoverso 1 sono sog- getti all’assicurazione obbligatoria se non sono assicurati nello Stato del datore di la- voro o in uno Stato terzo. Il DFAE regola le modalità di applicazione di questa dispo- sizione. 3 Le persone che hanno cessato di esercitare le loro funzioni presso beneficiari istitu- zionali secondo l’articolo 2 capoverso 1 lettere a, b, i o k della legge sullo Stato ospite sono, a domanda, esentati dall’obbligo d’assicurazione se beneficiano, per le cure in Svizzera, di una copertura assicurativa equivalente. Alla domanda va accluso un atte- stato scritto dell’organo competente del loro beneficiario istituzionale precedente che dia tutte le informazioni necessarie. L’interessato non può revocare l’esenzione o la rinuncia all’esenzione.44 4 Le persone assicurate insieme a una persona secondo i capoversi 1 o 3 presso l’assi- curazione malattie di un beneficiario istitutionale secondo l’articolo 2 capoverso 1 let- tere a, b, i o k della legge sullo Stato ospite e che non fruiscono personalmente di privilegi o immunità sono, a domanda, esentate dall’obbligo d’assicurazione se bene- ficiano, per le cure in Svizzera, di una copertura assicurativa equivalente. Alla do- manda va accluso un attestato scritto dell’organo competente del beneficiario istitu- zionale che dia tutte le informazioni necessarie. L’interessato non può revocare l’esenzione o la rinuncia all’esenzione.45 Sezione 2: Inizio e fine dell’assicurazione Art. 6a46 Dati del formulario d’affiliazione 1 Gli assicuratori possono domandare nel formulario d’affiliazione soltanto i dati ne- cessari per l’adesione all’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie o per il cambiamento dell’assicuratore. 2 Il formulario d’affiliazione non deve contenere nessun dato, nessuna indicazione o qualsivoglia correlazione con le assicurazioni ai sensi dell’articolo 12 capoverso 247 41 Nuovo testo giusta l’all. n. 15 dell’O del 7 dic. 2007 sullo Stato ospite, in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 6657). 42 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 15 nov. 2017, in vigore dal 1° gen. 2018 (RU 2017 6723). 43 RS 192.12 44 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 15 nov. 2017, in vigore dal 1° gen. 2018 (RU 2017 6723). 45 Introdotto dal n. I dell’O del 15 nov. 2017, in vigore dal 1° gen. 2018 (RU 2017 6723). 46 Introdotto dal n. I dell’O del 26 apr. 2006, in vigore dal 10 mag. 2006 (RU 2006 1717). Vedi anche le disp. fin. di detta mod. alla fine del presente testo. 47 [RU 1995 1328. RU 2015 5137 all. n. 2]. Dal 1° gen. 2016 vedi l’art. 2 cpv. 2 della LF del 26 set. 2014 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie (RS 832.12). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 8 / 128 832.102 della legge o con l’assicurazione facoltativa delle indennità giornaliere ai sensi degli articoli 67–77 della legge. 3 Gli assicuratori possono trattare i dati personali soltanto per i compiti previsti nella legge. Art. 7 Casi particolari48 1 I cittadini stranieri con un permesso di domicilio, con un permesso di dimora oppure con un permesso di dimora di breve durata ai sensi dell’articolo 1 capoverso 2 lettere a e f sono tenuti ad assicurarsi entro tre mesi dal momento in cui si sono annunciati presso il competente ufficio di controllo degli abitanti. Se l’affiliazione è tempestiva, l’assicurazione inizia dalla data del suddetto annuncio. In caso di affiliazione tardiva, l’assicurazione inizia dalla data dell’affiliazione.49 2 Gli stranieri con permesso di soggiorno di breve durata ai sensi dell’articolo 1 capo- verso 2 lettera b devono essere assicurati a partire dalla loro entrata in Svizzera.50 2bis Le persone sprovviste di permesso di dimora di cui all’articolo 1 capoverso 2 let- tera g devono essere assicurate dal momento dell’inizio dell’attività lucrativa in Sviz- zera. Anche in caso di affiliazione tardiva, l’assicurazione inizia il giorno in cui co- mincia l’attività lucrativa.51 3 Per le persone di cui ai capoversi 1 e 2, l’assicurazione cessa il giorno per il quale la partenza dalla Svizzera è stata notificata al competente ufficio del controllo degli abi- tanti, in ogni caso il giorno della partenza effettiva dalla Svizzera o alla morte dell’as- sicurato. 3bis Per le persone di cui al capoverso 2bis, l’assicurazione cessa il giorno della fine dell’attività lucrativa in Svizzera, ma al più tardi il giorno della partenza effettiva dalla Svizzera o alla morte dell’assicurato.52 4 I frontalieri e i loro familiari che desiderano essere soggetti all’assicurazione sviz- zera (art. 3 cpv. 1) devono assicurarsi entro tre mesi dall’inizio della validità del per- messo di frontaliero. Se l’affiliazione è tempestiva, l’assicurazione inizia dalla data della validità del permesso. In caso di affiliazione tardiva, l’assicurazione inizia dalla data dell’affiliazione.53 L’assicurazione cessa con l’abbandono dell’attività lucrativa in Svizzera, la scadenza o la revoca del permesso di frontaliero, la morte dell’assicu- rato o la rinuncia all’assoggettamento all’assicurazione svizzera. In quest’ultimo caso, fatti salvi motivi particolari, non può essere presentata una nuova domanda. 5 I richiedenti l’asilo nonché le persone bisognose di protezione devono assicurarsi senza indugio a partire dalla ripartizione ai Cantoni giusta l’artico 27 della legge del 48 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 26 apr. 2006, in vigore dal 10 mag. 2006 (RU 2006 1717). 49 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 22 mag. 2002, in vigore il 1° giu. 2002 (RU 2002 1633). 50 Nuovo testo giusta il n. I 4 dell’O del 24 ott. 2007, in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5627). 51 Introdotto dal n. I dell’O del 3 dic. 2004, in vigore dal 1° gen. 2005 (RU 2004 5075). 52 Introdotto dal n. I dell’O del 3 dic. 2004, in vigore dal 1° gen. 2005 (RU 2004 5075). 53 Nuovo testo del primo al terzo per. giusta il n. I dell’O del 3 lug. 2001, in vigore dal 1° giu. 2002 (RU 2002 915). Assicurazione malattie. O 9 / 128 832.102 26 giugno 199854 sull’asilo. Le persone ammesse provvisoriamente devono assicu- rarsi subito dopo la decisione d’ammissione provvisoria. L’assicurazione inizia il giorno della presentazione della domanda d’asilo o della decisione di ammissione provvisoria o di concessione della protezione provvisoria. L’assicurazione cessa il giorno in cui provatamente queste persone hanno lasciato la Svizzera o con la morte dell’assicurato.55 6 Le persone beneficiarie di privilegi, immunità e facilitazioni che desiderano essere soggette all’assicurazione svizzera (art. 6 cpv. 1) devono assicurarsi entro sei mesi dall’ottenimento della carta di legittimazione del DFAE. L’assicurazione inizia il giorno in cui hanno ottenuto questa carta di legittimazione. L’assicurazione cessa alla fine dell’attività ufficiale in Svizzera, con la morte o la rinuncia all’assoggettamento all’assicurazione obbligatoria svizzera. In quest’ultimo caso, fatti salvi motivi parti- colari, non può essere presentata una nuova domanda.56 7 Gli agenti della Confederazione in attività o in pensione ai sensi dell’articolo 2 ca- poverso 1 lettera a che escono dall’assicurazione militare devono assicurarsi per le cure medico-sanitarie presso un assicuratore designato nell’articolo 1157 della legge entro tre mesi dall’uscita dall’assicurazione militare. Se l’affiliazione è tempestiva, l’assicurazione inizia dall’uscita dall’assicurazione militare. 8 Le persone tenute ad assicurarsi ai sensi dell’articolo 1 capoverso 2 lettere d–ebis devono assicurarsi entro tre mesi dalla nascita dell’obbligo d’assicurazione in Sviz- zera. Se si assicurano entro questo termine, l’assicurazione inizia dall’assoggetta- mento all’assicurazione svizzera. Se si assicurano più tardi, l’assicurazione inizia dalla data dell’affiliazione. L’assicurazione cessa se queste persone non adempiono più le condizioni per un assoggettamento all’assicurazione svizzera conformemente all’Accordo sulla libera circolazione delle persone58 e al relativo allegato II, all’Ac- cordo AELS59, al relativo allegato K e all’appendice 2 dell’allegato K o ad altri ac- cordi internazionali.60 Art. 7a61 Continuazione dell’assicurazione per persone non più soggette d’obbligo Gli assicuratori possono offrire alle persone che sono state soggette all’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie ai sensi dell’articolo 1 capoversi 1 e 2 lettere 54 RS 142.31 55 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 27 giu. 2007, in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 3573). 56 Nuovo testo giusta l’all. n. 15 dell’O del 7 dic. 2007 sullo Stato ospite, in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 6657). 57 Dal 1° gen. 2016: art. 2 e 3 della legge del 16 set. 2014 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie (RS 832.12). 58 RS 0.142.112.681 59 RS 0.632.31 60 Introdotto dal n. I dell’O del 3 lug. 2001 (RU 2002 915). Nuovo testo giusta il n. I 1 dell’O del 26 ott. 2022 sulla modifica di ordinanze in materia di assicurazione malattie in attuazione della Convenzione sul coordinamento della sicurezza sociale tra il Regno Unito di Gran Bretagna e Irlanda del Nord e la Confederazione Svizzera, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 658). 61 Introdotto dal n. I dell’O del 25 nov. 1996, in vigore dal 1° gen. 1996 (RU 1996 3139). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 10 / 128 832.102 a e c e degli articoli 3–6 la continuazione dei rapporti d’assicurazione su base contrat- tuale. Il contratto può essere stipulato con lo stesso assicuratore o con un altro. Il fi- nanziamento delle prestazioni corrispondenti a quelle dell’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie è retto dai principi dell’assicurazione sociale malattie. I rapporti d’assicurazione soggiacciono alla legge del 2 aprile 190862 sul contratto d’as- sicurazione. Art. 7b63 Prolungamento dell’obbligo d’assicurazione Gli assicuratori informano per iscritto gli assicurati di cui all’articolo 6a capoverso 1 della legge circa il prolungamento dell’obbligo d’assicurazione. Art. 8 Supplemento di premio in caso d’affiliazione tardiva 1 Il supplemento di premio in caso di affiliazione tardiva, previsto nell’articolo 5 ca- poverso 2 della legge, è riscosso per una durata pari ad doppio di quella del ritardo di affiliazione, al massimo però per cinque anni.64 Esso è compreso tra il 30 ed il 50 per cento del premio. L’assicuratore stabilisce il supplemento secondo la situazione fi- nanziaria dell’assicurato. Se il pagamento del supplemento risulta oltremodo gravoso per l’assicurato, l’assicuratore stabilisce un tasso inferiore al 30 per cento, considerate equamente la situazione dell’assicurato e le circostanze del ritardo. 2 Non è riscosso alcun supplemento se i premi sono assunti da un’autorità d’assistenza sociale. 3 Se l’assicurato cambia assicuratore, l’assicuratore precedente deve comunicare al nuovo assicuratore il supplemento di premio nell’ambito della comunicazione giusta l’articolo 7 capoverso 5 della legge. Il supplemento di premio stabilito dal primo as- sicuratore è vincolante anche per gli assicuratori successivi.65 Art. 966 Fine del rapporto assicurativo 1 Se un assicurato non sottoposto alla legislazione svizzera in materia d’assistenza sociale non paga premi o partecipazioni ai costi e la procedura esecutiva non può es- sere promossa contro di lui oppure non sfocia nel pagamento dei premi o delle parte- cipazioni ai costi, l’assicuratore può sciogliere il rapporto assicurativo, previa diffida scritta e avvertenza sulle conseguenze dell’omesso pagamento. 2 Se un assicuratore viene a conoscenza del fatto che una persona è assicurata contem- poraneamente presso uno o più altri assicuratori, segnatamente mediante una comu- nicazione dell’istituzione comune secondo l’articolo 10 capoverso 3 dell’ordinanza 62 RS 221.229.1 63 Introdotto dal n. I dell’O del 3 lug. 2001, in vigore dal 1° giu. 2002 (RU 2002 915). 64 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 9 nov. 2005, in vigore dal 1° gen. 2006 (RU 2005 5639). 65 Introdotto dal n. I dell’O del 9 nov. 2005, in vigore dal 1° gen. 2006 (RU 2005 5639). 66 Nuovo testo giusta il n. I dell’O dell’11 set. 2002, in vigore dal 1° gen. 2003 (RU 2002 3908). Assicurazione malattie. O 11 / 128 832.102 del 19 ottobre 201667 sulla compensazione dei rischi nell’assicurazione malattie, de- cide, sentita questa persona, di porre fine ai rapporti assicurativi non conformi alle disposizioni della LAMal.68 Sezione 3: Compiti dei Cantoni Art. 10 1 I Cantoni informano periodicamente la popolazione circa l’obbligo d’assicurazione. Provvedono segnatamente affinché le persone provenienti dall’estero e i genitori di neonati siano informati tempestivamente. 1bis Le informazioni sull’obbligo d’assicurazione destinate ai detentori di un permesso di soggiorno di breve durata, di un permesso di dimora o di un permesso di domicilio valgono parimenti per i loro familiari in uno Stato membro dell’Unione europea, in Islanda, in Norvegia o nel Regno Unito69.70 2 L’autorità cantonale competente decide delle domande di cui all’articolo 2 capoversi 3–5 e all’articolo 6 capoverso 3.71 3 Gli assicuratori sociali preposti al pagamento delle rendite e gli organi dell’assicu- razione contro la disoccupazione assistono i Cantoni nel compito d’informare circa l’obbligo d’assicurazione delle persone di cui all’articolo 6a capoverso 1 lettere b e c della legge.72 67 RS 832.112.1 68 Introdotto dal n. II dell’O dell’11 set. 2020, in vigore dal 1° gen. 2021 (RU 2020 3917). 69 Nuova espr. giusta il n. I 1 dell’O del 26 ott. 2022 sulla modifica di ordinanze in materia di assicurazione malattie in attuazione della Convenzione sul coordinamento della sicu- rezza sociale tra il Regno Unito di Gran Bretagna e Irlanda del Nord e la Confederazione Svizzera, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 658). Di detta mod. é tenuto conto il tutto il testo. 70 Introdotto dal n. I dell’O del 3 lug. 2001 (RU 2002 915). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 2 nov. 2011, in vigore dal 1° apr. 2012 (RU 2012 955). 71 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 25 nov. 1996, in vigore dal 1° gen. 1997 (RU 1996 3139). 72 Introdotto dal n. I dell’O del 3 lug. 2001, in vigore dal 1° giu. 2002 (RU 2002 915). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 12 / 128 832.102 Capitolo 2: Sospensione dell’obbligo d’assicurazione e della copertura dell’infortunio73 Art. 10a74 Sospensione dell’obbligo d’assicurazione 1 La sospensione dell’obbligo d’assicurazione di cui all’articolo 3 capoverso 4 della legge inizia il giorno in cui l’assicurato è soggetto alla LAM75. 2 L’assicurato è esonerato dal pagamento dei premi dall’inizio del suo assoggetta- mento all’assicurazione militare se ne informa il suo assicuratore almeno otto setti- mane in anticipo. Se non rispetta questo termine, l’assicuratore lo esonera dal pros- simo termine che può prendere in considerazione, ma al più tardi otto settimane dopo l’annuncio. 3 Dopo l’entrata in servizio, l’autorità militare competente provvede affinché l’assi- curato annunci al suo assicuratore la durata presumibile dell’assoggettamento all’as- sicurazione militare e in seguito, eventualmente, la fine anticipata del medesimo. 4 L’autorità competente per il servizio civile provvede affinché l’assicurato annunci al suo assicuratore qualsiasi modifica ulteriore della durata dell’assoggettamento. 5 Se sono pagati premi nonostante la sospensione, l’assicuratore li deduce dai premi ulteriori o li restituisce. 6 L’Ufficio federale della sanità pubblica (UFSP) può dare istruzioni agli assicuratori per il calcolo dei premi. 7 L’assicuratore segnala alle autorità cantonali competenti per la riduzione dei premi le persone il cui obbligo di assicurazione è stato sospeso e la durata della sospensione. Art. 11 Sospensione della copertura dell’infortunio76 1 La sospensione della copertura dell’infortunio prevista nell’articolo 8 della legge, effettuata a domanda scritta dell’assicurato, inizia al più presto il primo giorno del mese che segue questa domanda. 2 Prima della fine del rapporto di lavoro, della nascita del diritto all’indennità di di- soccupazione o della copertura degli infortuni non professionali, il datore di lavoro oppure l’assicurazione contro la disoccupazione deve informare per scritto l’assicu- rato circa l’obbligo, per questo, di comunicare all’assicuratore-malattie da quando cessa la copertura dell’infortunio. L’assicurato deve fare detta comunicazione all’as- sicuratore-malattie nel mese che segue l’informazione del datore di lavoro o dell’as- sicurazione contro la disoccupazione. 73 Originario avanti l’art. 11. Nuovo testo giusta il n. I dell’O dell’11 dic. 2000, in vigore dal 1° gen. 2001 (RU 2001 138). 74 Introdotto dal n. I dell’O dell’11 dic. 2000 (RU 2001 138). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 26 apr. 2006, in vigore dal 10 mag. 2006 (RU 2006 1717). Vedi anche le disp. fin. di detta mod. alla fine del presente testo. 75 RS 833.1 76 Introdotto dal n. I dell’O dell’11 dic. 2000, in vigore dal 1° gen. 2001 (RU 2001 138). Assicurazione malattie. O 13 / 128 832.102 Titolo 2: Organizzazione Capitolo 1: ... Art. 12 a 1577 Art. 15a78 Capitolo 2: ... Art. 16 a 1879 Capitolo 3: Istituzione comune Art. 1980 Adempimento di obblighi internazionali 1 All’istituzione comune compete l’esecuzione dei compiti di cui all’articolo 95a della legge in qualità di organo di collegamento. Essa svolge anche i compiti di assistenza reciproca al luogo di residenza o di dimora degli assicurati per i quali esiste un diritto, fondato sull’articolo 95a della legge, a un’assistenza reciproca internazionale in ma- teria di prestazioni. L’istituzione comune è inoltre competente dell’esecuzione dell’assistenza reciproca in materia di prestazioni e dei compiti che le incombono, in qualità di organo di collegamento, in virtù di altri accordi internazionali.81 2 L’istituzione comune assume inoltre compiti di coordinamento per l’adempimento degli obblighi derivanti dall’articolo 95a della legge o da convenzioni internazionali. Adempie segnatamente i compiti seguenti:82 a. stabilisce, in base alle statistiche dei costi riconosciuti dall’organo competente dell’Unione europea (Commissione amministrativa per il coordinamento dei sistemi di sicurezza sociale) o in base alle statistiche dello Stato considerato, le aliquote pro capite che gli assicuratori devono considerare per il calcolo dei 77 Abrogati dall’all. n. 3 dell’O del 18 nov. 2015 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie, con effetto dal 1° gen. 2016 (RU 2015 5165). 78 Introdotto dal n. I dell’O del 3 lug. 2001 (RU 2002 915). Abrogato dall’all. n. 3 dell’O del 18 nov. 2015 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie, con effetto dal 1° gen. 2016 (RU 2015 5165). 79 Abrogati dall’all. n. 3 dell’O del 18 nov. 2015 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie, con effetto dal 1° gen. 2016 (RU 2015 5165). 80 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 3 lug. 2001, in vigore dal 1° giu. 2002 (RU 2002 915). 81 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 6 giu. 2003, in vigore dal 1° gen. 2004 (RU 2003 3249). 82 Nuovo testo giusta il n. I 1 dell’O del 26 ott. 2022 sulla modifica di ordinanze in materia di assicurazione malattie in attuazione della Convenzione sul coordinamento della sicu- rezza sociale tra il Regno Unito di Gran Bretagna e Irlanda del Nord e la Confederazione Svizzera, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 658). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 14 / 128 832.102 premi degli assicurati residenti in uno Stato membro dell’Unione europea, in Islanda, in Norvegia o nel Regno Unito; b.83 appronta entro il 31 maggio un rapporto all’attenzione dell’UFSP sull’esecu- zione dell’assistenza reciproca in materia di prestazioni, evidenziando il nu- mero di casi, i costi complessivi e i rimborsi arretrati; i dati vanno differenziati per ogni singolo Stato membro dell’Unione europea, per l’Islanda, per la Nor- vegia, per il Regno Unito e per ogni singolo assicuratore svizzero.84 3 I costi inerenti l’esecuzione dei compiti che l’istituzione comune adempie in qualità di istituzione d’assistenza reciproca come pure quelli inerenti il rapporto di cui al ca- poverso 2 lettera b sono assunti dagli assicuratori proporzionalmente al numero di persone che assicurano a titolo obbligatorio per le cure medico-sanitarie. La Confede- razione assume gli interessi maturati in seguito al prefinanziamento dell’assistenza reciproca in materia di prestazioni, i costi dei compiti che l’istituzione comune svolge in qualità di organo di collegamento, come pure i costi per i calcoli di cui al capoverso 2 lettera a.85 4 Se, giusta l’articolo 42 capoverso 2 della legge, assicuratori e fornitori di prestazioni hanno stabilito per convenzione che l’assicuratore è il debitore della rimunerazione, l’istituzione comune è assimilata, nell’esecuzione dell’assistenza reciproca in materia di prestazioni, agli assicuratori convenzionati. Art. 19a86 Ripartizione tra i Cantoni della quotaparte cantonale 1 Dopo la presentazione dei crediti degli assicuratori secondo l’articolo 36b capoverso 2 secondo periodo, l’istituzione comune calcola a quanto ammonta il contributo che ogni Cantone deve assumersi della quotaparte cantonale di cui all’articolo 49a capo- verso 3bis secondo periodo LAMal e lo riscuote da ciascun Cantone. Per il calcolo della popolazione residente dei Cantoni sono determinanti le cifre dell’ultimo censi- mento della popolazione residente permanente media effettuato dall’Ufficio federale di statistica. 2 Dopo aver ricevuto i pagamenti dei Cantoni, l’istituzione comune salda i crediti degli assicuratori. 3 I Cantoni sostengono, in proporzione alla loro popolazione residente, i costi dei com- piti assegnati all’istituzione comune secondo il presente articolo. 4 Il Consiglio di fondazione dell’istituzione comune emana un regolamento per l’at- tuazione unitaria della ripartizione della quotaparte cantonale tra Cantoni. Prima di adottarlo consulta i Cantoni e gli assicuratori. 83 Nuovo testo giusta il n. I 1 dell’O del 26 ott. 2022 sulla modifica di ordinanze in materia di assicurazione malattie in attuazione della Convenzione sul coordinamento della sicu- rezza sociale tra il Regno Unito di Gran Bretagna e Irlanda del Nord e la Confederazione Svizzera, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 658). 84 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 2 nov. 2011, in vigore dal 1° apr. 2012 (RU 2012 955). 85 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 2 nov. 2011, in vigore dal 1° apr. 2012 (RU 2012 955). 86 Introdotto dal n. I dell’O del 28 set. 1998 (RU 1998 2634). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 15 nov. 2017, in vigore dal 1° gen. 2018 (RU 2017 6723). Assicurazione malattie. O 15 / 128 832.102 Art. 19b87 Art. 20 e 2188 Art. 2289 Contenzioso 1 In caso di contestazione tra l’istituzione comune e un assicuratore è applicabile l’ar- ticolo 87 della legge. Sono fatti salvi il capoverso 3 e l’articolo 27 dell’ordinanza del 19 ottobre 201690 sulla compensazione dei rischi nell’assicurazione malattie.91 2 In caso di contestazione tra l’istituzione comune e un fornitore di prestazioni è ap- plicabile l’articolo 89 della legge. 3 L’istituzione comune statuisce pronunciando una decisione ai sensi dell’articolo 5 della legge federale del 20 dicembre 196892 sulla procedura amministrativa, in caso di una contestazione che l’oppone a un assicuratore in merito: a. alla ridistribuzione delle riserve secondo l’articolo 43 capoverso 3 della legge del 26 settembre 201493 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie (LVA- Mal); b. ai contributi degli assicuratori per il finanziamento del fondo per i casi d’in- solvenza secondo l’articolo 48 lettera a LVAMal; c. ai pagamenti effettuati attingendo dal fondo per i casi d’insolvenza secondo l’articolo 51 capoverso 1 LVAMal.94 3bis In caso di una contestazione che l’oppone a un Cantone in merito alla ripartizione della quotaparte cantonale sui Cantoni secondo l’articolo 19a, l’istituzione comune statuisce pronunciando una decisione ai sensi dell’articolo 5 PA.95 4 I rimedi giuridici sono retti dalle disposizioni generali dell’organizzazione giudizia- ria.96 87 Introdotto dal n. I dell’O del 26 apr. 2006 (RU 2006 1717). Abrogato dall’all. n. 3 dell’O del 18 nov. 2015 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie, con effetto dal 1° gen. 2016 (RU 2015 5165). 88 Abrogati dall’all. n. 3 dell’O del 18 nov. 2015 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie, con effetto dal 1° gen. 2016 (RU 2015 5165). 89 Nuovo testo giusta il n. I dell’O dell’11 set. 2002, in vigore dal 1° gen. 2003 (RU 2002 3908). 90 RS 832.112.1 91 Nuovo testo giusta l’art. 31 dell’O del 19 ott. 2016 sulla compensazione dei rischi nell’as- sicurazione malattie, in vigore dal 1° gen. 2020 (RU 2016 4059). 92 RS 172.021 93 RS 832.12 94 Introdotto n. I dell’O del 3 dic. 2004 (RU 2004 5075). Nuovo testo giusta l’art. 31 dell’O del 19 ott. 2016 sulla compensazione dei rischi nell’assicurazione malattie, in vigore dal 1° gen. 2020 (RU 2016 4059). 95 Introdotto dal n. I dell’O del 15 nov. 2017, in vigore dal 1° gen. 2019 (RU 2017 6723). 96 Introdotto dal n. I dell’O del 26 apr. 2006, in vigore dal 10 mag. 2006 (RU 2006 1717). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 16 / 128 832.102 Capitolo 4: Promozione della salute Art. 23 1 Gli articoli 45 e 46 LVAMal97 si applicano per analogia alla vigilanza sull’istitu- zione di cui all’articolo 19 capoverso 2 LAMal.98 2 L’istituzione invia all’UFSP, unitamente ai documenti richiesti per la vigilanza, la sua proposta di contributo per l’anno successivo (art. 20 cpv. 1 LAMal). Questa pro- posta dev’essere corredata del programma d’attività e del preventivo. 3 Il rapporto di gestione è pubblicato.99 Capitolo 5: Vigilanza Sezione 1: ... Art. 24 a 26100 Sezione 2: Ricorso dell’UFSP Art. 27101 1 Le decisioni in materia di assicurazione sociale contro le malattie emesse dai tribu- nali cantonali delle assicurazioni (art. 57 LPGA e 87 LAMal), dai tribunali arbitrali cantonali (art. 89 LAMal) e dal Tribunale amministrativo federale devono essere co- municate all’UFSP. 2 Contro le decisioni di cui al capoverso 1 l’UFSP può interporre ricorso al Tribunale federale. 97 RS 832.12 98 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 15 nov. 2017, in vigore dal 1° gen. 2018 (RU 2017 6723). 99 Introdotto dal n. I dell’O del 15 nov. 2017, in vigore dal 1° gen. 2018 (RU 2017 6723). 100 Abrogati dall’all. n. 3 dell’O del 18 nov. 2015 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie, con effetto dal 1° gen. 2016 (RU 2015 5165). 101 Nuovo testo giusta il n. II 95 dell’O dell’8 nov. 2006 concernente l’adeguamento di ordi- nanze del Consiglio federale alla revisione totale dell’organizzazione giudiziaria federale, in vigore dal 1° gen. 2007 (RU 2006 4705). Assicurazione malattie. O 17 / 128 832.102 Sezione 3: Dati102 Art. 28103 Dati degli assicuratori 1 Per adempiere i compiti di cui all’articolo 21 capoverso 2 lettere a–c LAMal, gli assicuratori comunicano regolarmente all’UFSP i seguenti dati di ogni assicurato: a. dati sociodemografici: 1. il codice di collegamento, 2. l’età, il sesso e il domicilio, 3. il gruppo di rischio secondo l’articolo 11 dell’ordinanza del 19 otto- bre 2016104 sulla compensazione dei rischi nell’assicurazione malattie (OCoR) e la ripartizione dell’assicurato in un gruppo di costo farmaceu- tico secondo l’articolo 12 OCoR; b. informazioni sulla copertura assicurativa: 1. l’inizio e la fine del periodo di copertura, 2. le caratteristiche dei premi, quali il raggio d’attività territoriale dell’assi- curatore, la regione di premio, la categoria delle forme particolari d’assi- curazione di cui agli articoli 93–101, la forma di assicurazione, la deno- minazione del modello e la sua abbreviazione, l’appartenenza dell’assi- curato a un’economia domestica con più minorenni o giovani adulti, il grado di premi nell’assicurazione con bonus, l’ammontare della franchi- gia e la copertura dell’infortunio, 3. l’ammontare del premio con e senza il contributo del Cantone, il supple- mento di premio di cui all’articolo 8, le riduzioni di premi e altri ribassi, 4. l’indicazione se la copertura assicurativa di cui all’articolo 3 capoverso 4 LAMal sia sospesa o meno, 5. l’indicazione se l’assicurato sia assoggettato alla compensazione dei rischi o meno, 6. i motivi del cambiamento riferiti alla copertura assicurativa, quali am- missione e dimissione, nascita, decesso, cambiamento d’assicuratore e cambiamento interno, 7. i costi complessivi delle prestazioni rimunerate e la partecipazione ai co- sti, 8. per gli assicurati con una dimissione in uno degli anni precedenti: la data di dimissione; c. indicazioni dei giustificativi di conteggio relative ai periodi di copertura secondo la lettera b; 1. il numero di giustificativo in forma pseudonimizzata, 2. la data del conteggio, 102 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 nov. 2022, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 814). 103 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 nov. 2022, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 814). 104 RS 832.112.1 Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 18 / 128 832.102 3. l’inizio e la fine del trattamento, 4. i costi complessivi delle prestazioni rimunerate e la partecipazione ai co- sti, 5. indicazioni sul fornitore di prestazioni, come il numero di registro dei codici creditori o il numero d’identificazione (Global Location Number, GLN), 6. il campo delle prestazioni, come malattia, prevenzione, infermità conge- nite, infortunio e maternità, 7. il genere della prestazione, come il tipo di terapia, di tariffa e di costo, 8. l’ammontare dell’importo fatturato, dell’importo rimunerato, della quota di franchigia e dell’aliquota percentuale, 9. in caso di prestazioni ospedaliere: il contributo ai costi di degenza ospe- daliera e la durata della degenza, 10. in caso di prestazioni ambulatoriali: il numero delle consultazioni. 2 Gli assicuratori forniscono all’UFSP tutti i dati da comunicare, in forma aggregata o per ogni assicurato, in formato elettronico. In caso di adeguamento delle rilevazioni possono, su richiesta, esserne dispensati dall’UFSP per un periodo limitato se man- cano i mezzi tecnici adeguati. 3 Gli assicuratori forniscono all’UFSP i dati di cui al capoverso 2 in modo corretto, completo, tempestivo e a proprie spese. 4 Gli assicuratori comunicano regolarmente all’UFSP, a proprie spese, i dati completi del registro dei codici creditori. 5 L’UFSP provvede affinché la fornitura dei dati provochi agli assicuratori il minore aggravio di lavoro possibile. 6 Per ridurre tale aggravio, l’UFSP può collegare i dati di cui al capoverso 1 con altre fonti di dati, laddove questo risulti necessario per adempiere i propri compiti di cui all’articolo 21 capoverso 2 lettere a–c LAMal. Per adempiere ulteriori compiti, può collegare i dati di cui al capoverso 1 con altre fonti di dati, soltanto se tali dati sono stati anonimizzati. 7 L’UFSP, consultati gli assicuratori, stabilisce direttive sulle misure di cui ai capo- versi 1–4. 8 L’utilizzazione dei dati ai sensi dell’articolo 21 capoverso 3 LAMal comprende qualsiasi forma di trattamento degli stessi in virtù del diritto in materia di protezione dei dati della Confederazione, compresa la loro comunicazione. 9 L’UFSP mette a disposizione degli organismi preposti all’esecuzione della LAMal i risultati delle rilevazioni effettuate con i dati di cui al capoverso 2. Assicura che l’ano- nimato degli assicurati resti garantito. Assicurazione malattie. O 19 / 128 832.102 Art. 28a105 Art. 28b106 Pubblicazione dei dati degli assicuratori 1 L’UFSP pubblica i dati di cui all’articolo 28 salvaguardando l’anonimato degli assi- curati e li mette a disposizione in formato elettronico su un portale della Confedera- zione per la pubblicazione di dati. 2 L’UFSP provvede: a. a fornire informazioni riguardanti segnatamente la forma di assicurazione, le prestazioni dell’assicurazione e i costi suddivisi secondo l’età, il sesso e la regione come pure secondo le categorie di fornitori di prestazioni, d’istituti e di cure; b. affinché i dati pubblicati di ogni assicurato non permettano di risalire agli assicuratori. 3 L’UFSP pubblica per assicuratore segnatamente i seguenti dati relativi all’assicura- zione sociale malattie: a. entrate e uscite; b. risultato per assicurato; c. riserve; d. accantonamenti per casi d’assicurazione non liquidati; e. costi delle cure medico-sanitarie; f. compensazione dei rischi; g. costi amministrativi; h. effettivo degli assicurati; i. premi; j. bilancio e conto d’esercizio. Art. 28c107 Domanda di utilizzazione particolare 1 Chiunque, per un’utilizzazione particolare, necessita oltre ai dati pubblicati secondo l’articolo 28b anche di ulteriori dati o di dati in un’altra forma può farne domanda all’UFSP. 2 L’UFSP esamina la domanda tenendo conto del diritto in materia di protezione dei dati. Effettua una verifica individuale e materiale di ciascun caso e decide, in partico- lare nell’ottica del rischio di reidentificazione dell’assicurato, se i dati possono essere trasmessi. Se tale rischio sussiste, esamina quali dati per ogni assicurato o in forma 105 Introdotto dal n. I dell’O del 22 ott. 2008 (RU 2008 5097). Abrogato dall’all. n. 3 dell’O del 18 nov. 2015 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie, con effetto dal 1° gen. 2016 (RU 2015 5165). 106 Introdotto dal n. I dell’O del 22 ott. 2008 (RU 2008 5097). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 nov. 2022, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 814). 107 Introdotto dal n. I dell’O del 23 nov. 2022, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 814). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 20 / 128 832.102 aggregata possono essere trasmessi e con quale grado di dettaglio. Assicura il rispetto del segreto d’ufficio e può subordinare la trasmissione dei dati alla conclusione di un contratto sulla protezione dei dati. 3 Dopo una verifica individuale e materiale di ciascun caso, l’UFSP può mettere rego- larmente a disposizione degli organismi preposti all’esecuzione della LAMal i dati rilevati di cui all’articolo 28 capoverso 1, se garantisce che l’anonimato degli assicu- rati resti garantito e i dati siano necessari per l’adempimento dei propri compiti se- condo la LAMal. Può subordinare la trasmissione dei dati alla conclusione di un con- tratto sulla protezione dei dati. 4 Pubblica regolarmente i nomi dei destinatari dei dati di cui ai capoversi 2 e 3. 5 Trasmette i dati secondo le proprie possibilità tecniche, organizzative e personali. 6 Per il trattamento della domanda può riscuotere una tassa. Essa è commisurata al tempo impiegato, ma non può superare i 10 000 franchi. La tariffa oraria oscilla tra 90 e 200 franchi a seconda della competenza specifica richiesta e della classe di fun- zione del personale incaricato. Per il rimanente si applicano le disposizioni dell’ordi- nanza generale dell’8 settembre 2004108 sugli emolumenti. Art. 29109 Effettivo medio degli assicurati Per calcolare gli effettivi medi degli assicurati che devono comunicare, gli assicuratori sommano i giorni di assicurazione di tutti gli assicurati per l’anno in questione e divi- dono il totale per il numero di giorni di detto anno. Art. 30110 Dati dei fornitori di prestazioni I fornitori di prestazioni comunicano all’Ufficio federale di statistica (UST) i seguenti dati conformemente all’articolo 59a capoverso 1 della LAMal, purché necessari al controllo dell’economicità e della qualità delle loro prestazioni ai sensi della LAMal: a. dati sull’attività (art. 59a cpv. 1 lett. a LAMal), segnatamente: 1. genere di attività e offerta di prestazioni, 2. sedi, 3. infrastruttura medico-tecnica, 4. forma giuridica e tipo di contributo pubblico; b. dati sul personale (art. 59a cpv. 1 lett. b LAMal), segnatamente: 1. effettivo del personale, 2. offerta di formazione e perfezionamento, 3. dati sul volume degli impieghi e sulla funzione, nonché caratteristiche sociodemografiche, 4. dati sul personale in formazione e perfezionamento; 108 RS 172.041.1 109 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 15 nov. 2017, in vigore dal 1° gen. 2018 (RU 2017 6723). 110 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 29 giu. 2016, in vigore dal 1° ago. 2016 (RU 2016 2689). Assicurazione malattie. O 21 / 128 832.102 c. dati sui pazienti (art. 59a cpv. 1 lett. c LAMal), segnatamente: 1. consultazioni ambulatoriali, ammissioni e dimissioni, giorni di cura e oc- cupazione dei letti, 2. diagnosi, tasso di morbilità, tipo di ammissione e dimissione, bisogno di cure e caratteristiche sociodemografiche; d. dati sulle prestazioni (art. 59a cpv. 1 lett. d LAMal), segnatamente: 1. genere di prestazione, esami e terapie, 2. volume delle prestazioni; e. dati sui costi per prestazioni ospedaliere (art. 59a cpv. 1 lett. d LAMal), se- gnatamente prezzi di costo e ricavi per ciascun caso; f. dati finanziari (art. 59a cpv. 1 lett. e LAMal), segnatamente: 1. costi d’esercizio risultanti dalla contabilità finanziaria, dalla contabilità dei salari e dalla contabilità delle immobilizzazioni, 2. ricavi d’esercizio risultanti dalla contabilità finanziaria, 3. risultato d’esercizio risultante dalla contabilità finanziaria; g. indicatori medici della qualità (art. 59a cpv. 1 lett. f LAMal), segnatamente dati la cui analisi permette di trarre conclusioni sulla misura in cui le presta- zioni mediche sono fornite in maniera efficace, efficiente, adeguata, sicura, incentrata sul paziente, tempestiva e rispettosa delle pari opportunità. Art. 30a111 Rilevazione e trattamento dei dati dei fornitori di prestazioni 1 I fornitori di prestazioni devono fornire i dati, conformemente alle pertinenti varia- bili che figurano nell’allegato dell’ordinanza del 30 giugno 1993112 sulle rilevazioni statistiche, in maniera corretta, completa, entro il termine prescritto, a proprie spese e nel rispetto dell’anonimato dei pazienti. 2 Essi trasmettono i dati all’UST per via elettronica e in forma criptata. 3 I fornitori di prestazioni e l’UST possono sottoporre i dati a un controllo preliminare formale, segnatamente per quanto riguarda la leggibilità, la completezza e la plausi- bilità. 4 Se constata lacune nella fornitura dei dati, l’UST assegna al fornitore di prestazioni un termine supplementare per fornire dati corretti e completi. Allo scadere del termine, prepara i dati per la trasmissione ai destinatari di cui all’articolo 30b, senza ulteriore verifica e con una nota corrispondente. 5 L’UST, d’intesa con l’UFSP, determina la frequenza e i termini della trasmissione dei dati. 6 Nell’ambito della legislazione in materia di statistica federale, esso può riutilizzare a fini statistici i dati raccolti, in forma anonimizzata o pseudonimizzata. 111 Introdotto dal n. I dell’O del 29 giu. 2016, in vigore dal 1° ago. 2016 (RU 2016 2689). 112 RS 431.012.1 Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 22 / 128 832.102 7 Per produrre indicatori di qualità, può anche collegare i dati di cui all’articolo 30 con altre fonti di dati. Gli articoli 13h–13n dell’ordinanza del 30 giugno 1993113 sulle ri- levazioni statistiche, a eccezione delle disposizioni sul collegamento di dati su man- dato di terzi, sono applicabili per analogia. Art. 30b114 Trasmissione dei dati dei fornitori di prestazioni 1 L’UST trasmette ai seguenti destinatari i dati elencati qui di seguito: a.115 all’UFSP: i dati di cui all’articolo 30, se necessari per l’esame delle tariffe (art. 43, 46 cpv. 4 e 47 LAMal), per le comparazioni tra ospedali (art. 49 cpv. 8 LAMal), per il controllo dell’economicità e della qualità delle prestazioni (art. 32, 58 e 59 LAMal), per la definizione dei criteri e dei principi metodo- logici per determinare i numeri massimi (art. 55a cpv. 2 LAMal) e per la pub- blicazione dei dati (art. 59a cpv. 3 LAMal); abis.116alla Commissione federale per la qualità: i dati necessari per l’adempimento dei compiti di cui all’articolo 58c LAMal; b. alle autorità cantonali competenti: 1. i dati di cui all’articolo 30, se necessari per la pianificazione degli ospe- dali, delle case per partorienti e delle case di cura (art. 39 LAMal), 2. i dati di cui all’articolo 30 lettere a, d ed e, se necessari per l’esame delle tariffe (art. 43, 46 cpv. 4 e art. 47 LAMal); 3.117 i dati di cui all’articolo 30, se necessari per determinare i numeri massimi (art. 55a LAMal); c. agli assicuratori: i dati di cui all’articolo 30 lettere a, c, d ed e, se necessari per eseguire le disposizioni in merito al controllo dell’economicità delle presta- zioni a carico dell’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie; d. al Sorvegliante dei prezzi: i dati di cui all’articolo 30, se necessari per l’esame dei prezzi e delle tariffe del sistema sanitario nel quadro dell’articolo 14 della legge federale del 20 dicembre 1985118 sulla sorveglianza dei prezzi. 2 Esso garantisce l’anonimato del personale secondo l’articolo 30 lett. b e dei pazienti secondo l’articolo 30 lett. c durante la trasmissione dei dati personali. 3 I dati di cui all’articolo 30 sono trasmessi per principio in forma aggregata a livello di azienda. I dati di cui all’articolo 30 lettere b–e e g sono trasmessi come dati indivi- duali ai seguenti destinatari: a. all’UFSP; b. alle autorità cantonali competenti per la pianificazione degli ospedali, delle case per partorienti e delle case di cura. 113 RS 431.012.1 114 Introdotto dal n. I dell’O del 29 giu. 2016, in vigore dal 1° ago. 2016 (RU 2016 2689). 115 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 116 Introdotta dal n. I dell’O del 24 feb. 2021, in vigore dal 1° apr. 2021 (RU 2021 152). 117 Introdotto dal n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 118 RS 942.20 Assicurazione malattie. O 23 / 128 832.102 Art. 30c119 Regolamento per il trattamento Per la rilevazione, il trattamento e la trasmissione dei dati secondo l’articolo 59a della legge, l’UST, in collaborazione con l’UFSP, appronta un regolamento per il tratta- mento ai sensi dell’articolo 21 dell’ordinanza del 14 giugno 1993120 relativa alla legge federale sulla protezione dei dati. Nel regolamento per il trattamento sono fissate, dopo aver sentito le cerchie interessate, le variabili ai sensi dell’articolo 30a capoverso 1 che i fornitori di prestazioni devono fornire. Art. 31121 Pubblicazione dei dati dei fornitori di prestazioni 1 I risultati delle rilevazioni effettuate dall’Ufficio federale di statistica in virtù dell’ar- ticolo 59a della LAMal e dall’UFSP in virtù dell’articolo 51 della legge del 23 giu- gno 2006122 sulle professioni mediche (LPMed), sono pubblicati da quest’ultimo in modo da fornire segnatamente i dati e le informazioni seguenti sull’assicurazione so- ciale malattie secondo i fornitori di prestazioni o le categorie di fornitori di presta- zioni: a. l’offerta di prestazioni dei fornitori di prestazioni; b. i diplomi e i titoli di perfezionamento dei fornitori di prestazioni; c. gli indicatori di qualità di natura medica; d. l’entità e il genere delle prestazioni fornite; e. l’evoluzione dei costi. 2 L’UFSP pubblica i risultati dei dati trasmessi riguardanti gli ospedali e gli altri isti- tuti secondo l’articolo 39 della LAMal come pure le organizzazioni di cure e d’aiuto a domicilio secondo l’articolo 51 della presente ordinanza a livello di singolo istituto, con il loro nome e la loro sede. Per i rimanenti fornitori di prestazioni i dati sono pubblicati per gruppi di fornitori di prestazioni. Non sono pubblicati i dati personali dei pazienti e del personale. Art. 31a123 Sicurezza e conservazione dei dati Se la conservazione, la cancellazione e la distruzione dei dati non sono altrimenti di- sciplinate, le autorità cui sono stati trasmessi dati di cui all’articolo 59a della LAMal sono tenute a rispettare i seguenti principi: a. proteggere i dati contro ogni trattamento non autorizzato, mediante i necessari provvedimenti tecnici e organizzativi; b. cancellare i dati non appena questi non sono più necessari per raggiungere lo scopo per il quale sono stati trasmessi; 119 Introdotto dal n. I dell’O del 29 giu. 2016, in vigore dal 1° ago. 2016 (RU 2016 2689). 120 RS 235.11 121 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 29 giu. 2016, in vigore dal 1° ago. 2016 (RU 2016 2689). 122 RS 811.11 123 Introdotto dal n. I dell’O del 29 giu. 2016, in vigore dal 1° ago. 2016 (RU 2016 2689). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 24 / 128 832.102 c. distruggere i dati al più tardi cinque anni dopo il loro ricevimento, sempre che non debbano essere archiviati. Art. 32 Analisi degli effetti 1 L’UFSP, in collaborazione con gli assicuratori, i fornitori di prestazioni, i Cantoni e rappresentanti del campo scientifico, procede a studi scientifici sull’esecuzione e gli effetti della legge. 2 Questi studi hanno per tema l’esame dell’influsso della legge sulla situazione e il comportamento degli assicurati, dei fornitori di prestazioni e degli assicuratori. Ser- vono segnatamente a esaminare se la qualità e l’economicità delle cure di base sono garantite e se gli obiettivi di politica sociale e di concorrenza sono stati raggiunti. 3 Per l’attuazione di questi studi, l’UFSP può ricorrere a istituti scientifici e nominare gruppi di periti. Titolo 3: Prestazioni Capitolo 1: Designazione delle prestazioni Art. 33 Prestazioni generali Sentita la commissione competente, il Dipartimento federale dell’interno (DFI) desi- gna:124 a. le prestazioni dispensate dai medici o dai chiropratici i cui costi non sono as- sunti dall’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie o sono as- sunti solo a determinate condizioni; b.125 le prestazioni di cui agli articoli 25 capoverso 2 e 25a capoversi 1 e 2 della legge, non dispensate dai medici o dai chiropratici; c. le prestazioni, nuove o contestate, la cui efficacia, idoneità ed economicità sono ancora in fase di valutazione; stabilisce le condizioni e l’entità della ri- munerazione a carico dell’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sani- tarie; d. le misure di prevenzione di cui all’articolo 26 della legge, le prestazioni di maternità di cui all’articolo 29 capoverso 2 lettere a e c della legge e le cure dentarie di cui all’articolo 31 capoverso 1 della legge; e. i mezzi e gli apparecchi di cui all’articolo 52 capoverso 1 lettera a numero 3 della legge a carico dell’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanita- rie; stabilisce gli importi massimi della corrispettiva rimunerazione; f. il contributo alle spese di cura balneare di cui all’articolo 25 capoverso 2 let- tera c della legge; questo contributo serve a coprire le spese non coperte da 124 Nuovo testo giusta l’all. n. 3 dell’O del 18 nov. 2015 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie, in vigore dal 1° gen. 2016 (RU 2015 5165). 125 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 24 giu. 2009, in vigore dal 1° gen. 2011 (RU 2009 3525 6847 n. II 2). Assicurazione malattie. O 25 / 128 832.102 altre prestazioni dell’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie; può essere accordato al massimo durante 21 giorni per anno civile; g. il contributo alle spese di trasporto e di salvataggio di cui all’articolo 25 ca- poverso 2 lettera g della legge; i trasporti da un ospedale a un altro, necessari dal profilo medico, fanno parte del trattamento ospedaliero; h.126 la procedura di valutazione dei bisogni di cure; i.127 il contributo alle cure previsto dall’articolo 25a capoversi 1 e 4 della legge, differenziato in funzione del bisogno di cure. Art. 34 Analisi e medicamenti Gli elenchi designati nell’articolo 52 capoverso 1 lettera a numeri 1 (elenco delle ana- lisi) e 2 (elenco dei medicamenti) e lettera b (elenco delle specialità) della legge sono approntati sentita la commissione competente. Art. 35128 Infermità congenite Il DFI provvede affinché i provvedimenti sanitari dispensati dall’assicurazione per l’invalidità in caso d’infermità congenite fino al raggiungimento del limite d’età legale siano presi a carico dall’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie se- condo le condizioni di cui agli articoli 32–34 e 43–52a della legge. Art. 35a129 Medicina complementare La valutazione dell’efficacia, dell’appropriatezza e dell’economicità delle prestazioni di medicina complementare si basa in particolare sui seguenti criteri: a. tradizione d’impiego e di ricerca nella specializzazione medica in cui s’iscri- vono le prestazioni; b. fondatezza delle prestazioni sull’evidenza scientifica e sull’esperienza me- dica; c. trasmissione delle conoscenze, attitudini e capacità necessarie per fornire le prestazioni attraverso un perfezionamento specifico complementare. 126 Introdotta dal n. I dell’O del 24 giu. 2009, in vigore dal 1° gen. 2011 (RU 2009 3525 6847 n. II 2). 127 Introdotta dal n. I dell’O del 24 giu. 2009, in vigore dal 1° gen. 2011 (RU 2009 3525 6847 n. II 2). 128 Nuovo testo giusta l’all. n. 4 dell’O del 3 nov. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 706). 129 Introdotto dal n. I dell’O del 16 giu. 2017, in vigore dal 1° ago. 2017 (RU 2017 3687). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 26 / 128 832.102 Capitolo 2: Entità della rimunerazione Art. 36 Prestazioni all’estero 1 Sentita la competente commissione, il DFI designa le prestazioni di cui agli articoli 25 capoverso 2 e 29 della legge, i cui costi sono a carico dell’assicurazione obbliga- toria delle cure medico-sanitarie se le stesse non possono essere effettuate in Svizzera. 2 L’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie assume i costi dei tratta- menti effettuati all’estero in caso d’urgenza. Esiste urgenza se l’assicurato che sog- giorna temporaneamente all’estero necessita di un trattamento medico e se il rientro in Svizzera è inappropriato. Non esiste urgenza se l’assicurato si reca all’estero allo scopo di seguire questo trattamento. 3 L’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie assume, nei limiti dell’arti- colo 29 della legge, i costi del parto effettuato all’estero se questo costituisce la sola possibilità di procurare al figlio la nazionalità della madre o del padre oppure nel caso in cui il figlio, se nascesse in Svizzera, risulterebbe apolide. 4 Le prestazioni di cui ai capoversi 1 e 2 e i trattamenti dispensati all’estero ai fronta- lieri, ai lavoratori distaccati all’estero e alle persone al servizio di una collettività pub- blica, come pure ai loro familiari (art. 3 a 5), sono assunti al massimo fino a un im- porto pari al doppio del corrispettivo rimborso in Svizzera e, nei casi di cui al capoverso 3, per un importo pari a quello in Svizzera. Per gli assicurati di cui agli articoli 4 e 5, la rimunerazione è effettuata in base alle tariffe e ai prezzi valevoli nel loro ultimo luogo di domicilio in Svizzera. Se ad assicurati ai sensi dell’articolo 1 capoverso 2 lettere d–ebis vengono dispensate cure difformemente dalle regole dell’assistenza reciproca internazionale in materia di prestazioni, i costi vengono as- sunti secondo le tariffe ed i prezzi praticati nel loro ultimo luogo di residenza o di lavoro; non potendosi determinare alcuno di questi luoghi, i costi saranno assunti se- condo le tariffe ed i prezzi del Cantone di domicilio dell’assicuratore.130 5 Sono salve le disposizioni sull’assistenza reciproca internazionale in materia di pre- stazioni.131 Art. 36a132 Assunzione dei costi in caso di cooperazione transfrontaliera 1 L’UFSP può autorizzare programmi di cooperazione transfrontaliera che prevedono l’assunzione dei costi da parte degli assicuratori di prestazioni fornite all’estero nelle zone di frontiera a persone residenti in Svizzera. 2 La domanda di autorizzazione deve essere depositata congiuntamente da uno o più Cantoni di frontiera e da uno o più assicuratori. Essa deve essere depositata quattro mesi prima dell’inizio presumibile della cooperazione transfrontaliera. 130 Nuovo testo giusta il n. I 1 dell’O del 26 ott. 2022 sulla modifica di ordinanze in materia di assicurazione malattie in attuazione della Convenzione sul coordinamento della sicu- rezza sociale tra il Regno Unito di Gran Bretagna e Irlanda del Nord e la Confederazione Svizzera, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 658). 131 Introdotto dal n. I dell’O del 3 lug. 2001, in vigore dal 1° giu. 2002 (RU 2002 915). 132 Introdotto dal n. I dell’O del 26 apr. 2006 (RU 2006 1717). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 15 nov. 2017, in vigore dal 1° gen. 2018 (RU 2017 6723). Assicurazione malattie. O 27 / 128 832.102 3 Il programma deve adempiere le esigenze seguenti: a. possono beneficiarne le persone affiliate all’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie presso assicuratori che partecipano alla cooperazione transfrontaliera le quali risiedono in un Cantone di frontiera che partecipa a tale cooperazione; b. prevede che gli assicurati non possano essere obbligati a farsi curare all’estero; c. definisce le prestazioni fornite all’estero i cui costi sono assunti dall’assicura- zione obbligatoria delle cure medico-sanitarie; le prestazioni devono adem- piere le condizioni legali; d. contiene la lista dei fornitori di prestazioni esteri ammessi a praticare nell’am- bito della cooperazione transfrontaliera; questi fornitori di prestazioni devono rispettare esigenze simili a quelle della legge; e. prevede che le tariffe e i prezzi delle prestazioni fornite all’estero siano con- venuti tra gli assicuratori e i fornitori di prestazioni esteri; non possono essere superiori a quelli applicabili nel Cantone di frontiera che partecipa al pro- gramma e devono adempiere le esigenze fissate dagli articoli 43, 49 e 52 LA- Mal; f. prevede che i fornitori di prestazioni esteri devono attenersi alle tariffe e ai prezzi convenuti e non possano esigere rimunerazioni più elevate per le pre- stazioni di cui alla lettera c. Art. 36b133 Assunzione dei costi per assicurati residenti all’estero 1 Il Cantone di riferimento di cui all’articolo 41 capoverso 2ter LAMal è il Cantone di Berna. 2 Se gli assicurati che risiedono in uno Stato membro dell’Unione europea, in Islanda, in Norvegia o nel Regno Unito e percepiscono una rendita svizzera o i loro familiari si avvalgono di cure ospedaliere in Svizzera, gli assicuratori versano all’ospedale la loro quotaparte nonché la quotaparte cantonale stabilita conformemente all’arti- colo 49a capoverso 3bis primo periodo LAMal come prestazione anticipata. Per otte- nere il rimborso della prestazione anticipata, gli assicuratori presentano all’istituzione comune i loro crediti nei confronti dei Cantoni. Art. 37134 Assunzione dei costi in caso di assistenza reciproca internazionale in materia di prestazioni per persone assicurate all’estero Se le persone che risiedono in uno Stato membro dell’Unione europea, in Islanda, nel Liechtenstein, in Norvegia o nel Regno Unito e che durante un soggiorno in Svizzera hanno diritto all’assistenza reciproca internazionale in materia di prestazioni in base 133 Introdotto dal n. I dell’O del 15 nov. 2017, in vigore dal 1° gen. 2019 (RU 2017 6723). 134 Nuovo testo giusta il n. I 1 dell’O del 26 ott. 2022 sulla modifica di ordinanze in materia di assicurazione malattie in attuazione della Convenzione sul coordinamento della sicu- rezza sociale tra il Regno Unito di Gran Bretagna e Irlanda del Nord e la Confederazione Svizzera, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 658). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 28 / 128 832.102 all’articolo 95a LAMal o a convenzioni internazionali si avvalgono di cure ospeda- liere in Svizzera in un ospedale figurante nell’elenco, l’assicuratore estero assume le rimunerazioni fatturate secondo l’articolo 49 capoverso 1 LAMal. Capitolo 3:135 Commissioni Art. 37a136 Commissioni consultive Le commissioni consultive ai sensi dell’articolo 33 capoverso 4 della legge sono: a. la Commissione federale delle prestazioni generali e delle questioni fonda- mentali (Commissione delle prestazioni e delle questioni fondamentali); b. la Commissione federale delle analisi, dei mezzi e degli apparecchi (Commis- sione delle analisi, dei mezzi e degli apparecchi); c. Commissione federale dei medicamenti. Art. 37b137 Disposizioni generali 1 Il Consiglio federale nomina la presidenza e gli ulteriori membri delle commissioni. 2 Le commissioni si dotano di un regolamento. Tale regolamento disciplina in parti- colare: a. il metodo di lavoro della commissione e l’assetto dei comitati; b. le direttive e la procedura per la designazione delle prestazioni; c. la partecipazione di periti. 3 La partecipazione di periti è obbligatoria se si esaminano prestazioni di fornitori di prestazioni non rappresentati. 4 Il regolamento è sottoposto all’approvazione del DFI. 5 Il DFI approva la costituzione dei comitati. Ne nomina la presidenza e gli ulteriori membri. 6 L’UFSP assume la segreteria delle commissioni e provvede al coordinamento dei lavori. Può affidare la segreteria a terzi. 135 Introdotto dal n. I dell’O del 25 giu. 1997, in vigore dal 1° gen. 1998 (RU 1997 1639). 136 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 27 giu. 2007, in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 3573). 137 Nuovo testo giusta il n. I 2.10 dell’O del 9 nov. 2011 (verifica delle commissioni extraparlamentari), in vigore dal 1° gen. 2012 (RU 2011 5227). Assicurazione malattie. O 29 / 128 832.102 Art. 37c138 Art. 37d139 Commissione federale delle prestazioni generali e delle questioni fondamentali 1 La Commissione federale delle prestazioni generali e delle questioni fondamentali consiglia il DFI riguardo alla designazione delle prestazioni secondo l’articolo 33 e alla definizione delle disposizioni secondo gli articoli 36 capoverso 1, 77k e 104a ca- poverso 4, nonché riguardo alla valutazione di questioni fondamentali nell’assicura- zione malattie tenendo conto degli aspetti etici nell’ambito della designazione delle prestazioni.140 2 La Commissione federale delle prestazioni generali e delle questioni fondamentali ha segnatamente i compiti seguenti: a. definizione di principi nel campo delle prestazioni, esame ed elaborazione di proposte di disposizioni d’ordinanza sui principi da osservare nel campo delle prestazioni; b. determinazione di principi per garantire la protezione dei dati e degli interessi degli assicurati nell’ambito della designazione delle prestazioni nell’assicura- zione malattie; c. elaborazione di criteri per la valutazione delle prestazioni secondo l’artico- lo 33 capoverso 3 della legge e l’articolo 70. 3 La Commissione federale delle prestazioni generali e delle questioni fondamentali si compone di 18 membri, di cui: a. quattro medici, tra cui un rappresentante della medicina complementare; b. un rappresentante degli ospedali; c. un farmacista, che rappresenta contemporaneamente anche la Commissione dei medicamenti; d. due rappresentanti degli assicuratori malattie; e. due rappresentanti dei medici di fiducia; f. due rappresentanti degli assicurati; g. un rappresentante dei Cantoni; h. un rappresentante della Commissione delle analisi, dei mezzi e degli apparec- chi; i. un docente di analisi di laboratorio (perito scientifico); j. due rappresentanti dell’etica medica; 138 Abrogato dal n. I dell’O del 27 giu. 2007, con effetto dal 1° gen. 2008 (RU 2007 3573). 139 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 27 giu. 2007, in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 3573). 140 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 24 feb. 2021, in vigore dal 1° apr. 2021 (RU 2021 152). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 30 / 128 832.102 k. un rappresentante dell’industria della tecnica medica.141 Art. 37e Commissione federale dei medicamenti 1 La Commissione federale dei medicamenti consiglia l’UFSP in merito alla stesura dell’elenco delle specialità ai sensi dell’articolo 34. Consiglia il DFI riguardo alla de- finizione delle disposizioni che attengono al proprio ambito ai sensi degli articoli 36 capoverso 1, 75, 77k e 104a capoverso 4. Consiglia inoltre il DFI in merito all’attri- buzione di principi attivi e medicamenti a un gruppo di costo farmaceutico (PCG) dell’elenco di cui all’articolo 4 dell’ordinanza del 19 ottobre 2016142 sulla compensa- zione dei rischi nell’assicurazione malattie e in merito alla determinazione delle dosi giornaliere standard ogni qualvolta un medicamento è ammesso nell’elenco delle spe- cialità per la prima volta o per un’indicazione supplementare. 143 2 Essa si compone di 16 membri, di cui:144 a. un rappresentante delle facoltà di medicina e di farmacia (periti scientifici); b. tre medici, tra cui un rappresentante della medicina complementare; c. tre farmacisti, tra cui un rappresentante della medicina complementare; d. un rappresentante degli ospedali; e. due rappresentanti degli assicuratori malattie; f. due rappresentanti degli assicurati; g. due rappresentanti dell’industria farmaceutica; h. un rappresentante dell’Istituto svizzero per gli agenti terapeutici; i.145 un rappresentante dei Cantoni.146 Art. 37f Commissione federale delle analisi, dei mezzi e degli apparecchi147 1 La Commissione federale delle analisi, dei mezzi e degli apparecchi consiglia il DFI in merito alla stesura dell’elenco delle analisi ai sensi dell’articolo 34, in merito alla valutazione e alla determinazione dell’importo della rimunerazione dei mezzi e degli apparecchi di cui all’articolo 33 lettera e, nonché in merito alla definizione delle di- sposizioni che attengono al proprio ambito ai sensi degli articoli 36 capoverso 1, 75, 77 capoverso 4 e 104a capoverso 4.148 141 Nuovo testo giusta il n. I 2.10 dell’O del 9 nov. 2011 (verifica delle commissioni extraparlamentari), in vigore dal 1° gen. 2012 (RU 2011 5227). 142 RS 832.112.1 143 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 24 feb. 2021, in vigore dal 1° apr. 2021 (RU 2021 152). 144 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 18 gen. 2012, in vigore dal 1° feb. 2012 (RU 2012 459). 145 Introdotta dal n. I dell’O del 18 gen. 2012, in vigore dal 1° feb. 2012 (RU 2012 459). 146 Nuovo testo giusta il n. I 2.10 dell’O del 9 nov. 2011 (verifica delle commissioni extraparlamentari), in vigore dal 1° gen. 2012 (RU 2011 5227). 147 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 27 giu. 2007, in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 3573). 148 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 4 giu. 2021, in vigore dal 1° ott. 2021 (RU 2021 346). Assicurazione malattie. O 31 / 128 832.102 2 Essa si compone di 16 membri, di cui:149 a. due docenti in analisi di laboratorio (periti scientifici); b. un medico; c. un farmacista; d. due rappresentanti dei laboratori; e. due rappresentanti degli assicuratori malattie; f. un rappresentante dei medici di fiducia; g. due rappresentanti degli assicurati; h. un rappresentante dell’industria degli apparecchi e dei prodotti diagnostici; i. un rappresentante dei centri di consegna dei mezzi e degli apparecchi; j. due rappresentanti dei fabbricanti e dei distributori di mezzi e di apparecchi; k.150 un rappresentante del personale infermieristico, delle organizzazioni di cure e d’aiuto a domicilio e delle case di cura.151 Art. 37g152 Titolo 4: Fornitori di prestazioni Capitolo 1: Autorizzazione Sezione 1:153 Medici e istituti che dispensano cure ambulatoriali effettuate da medici Art. 38 Medici 1 I medici sono autorizzati se adempiono le condizioni seguenti, oltre a quelle previste dall’articolo 37 capoversi 1 e 3 LAMal: a. disporre di un’autorizzazione cantonale a esercitare conformemente all’arti- colo 34 della legge federale del 23 giugno 2006154 sulle professioni mediche (LPMed); b. essere titolari di un titolo di perfezionamento federale nel campo di specializ- zazione ai sensi della LPMed che è oggetto della domanda di autorizzazione; c. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. 149 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 4 giu. 2021, in vigore dal 1° ott. 2021 (RU 2021 346). 150 Introdotta dal n. I dell’O del 4 giu. 2021, in vigore dal 1° ott. 2021 (RU 2021 346). 151 Nuovo testo giusta il n. I 2.10 dell’O del 9 nov. 2011 (verifica delle commissioni extraparlamentari), in vigore dal 1° gen. 2012 (RU 2011 5227). 152 Abrogato dal n. I dell’O del 27 giu. 2007, con effetto dal 1° gen. 2008 (RU 2007 3573). 153 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 154 RS 811.11 Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 32 / 128 832.102 2 Sono fatte salve le limitazioni cantonali relative al numero di medici autorizzati (art. 55a LAMal). 3 Si reputa che dispongano delle competenze linguistiche necessarie ai sensi dell’arti- colo 37 capoverso 1 LAMal i medici che, nella lingua della regione nella quale eser- citano la loro professione, sono in grado di: a. comprendere i punti essenziali di testi complessi su temi concreti o astratti e di coglierne i significati impliciti; b. esprimersi in modo spontaneo e fluente, senza dover cercare a lungo le parole; c. utilizzare la lingua in modo efficace e flessibile ed esprimersi su temi com- plessi in maniera chiara e strutturata. Art. 39 Istituti che dispensano cure ambulatoriali effettuate da medici 1 Gli istituti che dispensano cure ambulatoriali effettuate da medici sono autorizzati se adempiono le condizioni seguenti, oltre a quelle previste dall’articolo 37 capoversi 2 e 3 LAMal: a. fornire le loro prestazioni facendo ricorso a medici che adempiono le condi- zioni dell’articolo 38 capoverso 1 lettere a e b; b. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. 2 Sono fatte salve le limitazioni cantonali relative al numero di medici autorizzati (art. 55a LAMal). Sezione 2:155 Farmacisti Art. 40156 1 I farmacisti sono autorizzati se adempiono le seguenti condizioni: a. disporre di un’autorizzazione cantonale a esercitare la professione di farmaci- sta conformemente all’articolo 34 LPMed157; b. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. 2 I Cantoni fissano le condizioni alle quali i medici autorizzati a condurre una farmacia sono parificati ai farmacisti autorizzati. Considerano segnatamente le possibilità d’ac- cesso dei pazienti a una farmacia. 155 Nuovo testo giusta l’art. 17 dell’O del 27 giu. 2007 sui diplomi, la formazione, il perfezionamento e l’esercizio della professione nelle professioni mediche universitarie, in vigore dal 1° set. 2007 (RU 2007 4055). 156 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 157 RS 811.11 Assicurazione malattie. O 33 / 128 832.102 Art. 41158 Sezione 3:159 Dentisti Art. 42160 I dentisti sono autorizzati per le prestazioni ai sensi dell’articolo 31 LAMal se adem- piono le seguenti condizioni: a. disporre di un’autorizzazione cantonale a esercitare la professione di dentista conformemente all’articolo 34 LPMed161; b. aver esercitato per tre anni un’attività pratica presso un gabinetto dentistico o un istituto dentistico; c. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. Art. 43162 Sezione 4: Chiropratici e organizzazioni di chiropratica163 Art. 44 Chiropratici164 1 I chiropratici sono autorizzati se adempiono le seguenti condizioni: a. disporre di un’autorizzazione cantonale a esercitare la professione di chiro- pratico conformemente all’articolo 34 LPMed165; b. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g.166 2 ...167 3 Sono fatte salve le disposizioni relative all’applicazione di radiazioni ionizzanti in chiropratica, segnatamente l’articolo 182 capoverso 1 lettera d dell’ordinanza del 158 Abrogato dal n. I dell’O del 23 giu. 2021, con effetto dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 159 Nuovo testo giusta l’art. 17 dell’O del 27 giu. 2007 sui diplomi, la formazione, il perfezionamento e l’esercizio della professione nelle professioni mediche universitarie, in vigore dal 1° set. 2007 (RU 2007 4055). 160 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 161 RS 811.11 162 Abrogato dal n. I dell’O del 23 giu. 2021, con effetto dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 163 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 164 Introdotta dal n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 165 RS 811.11 166 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 167 Abrogato dall’art. 17 dell’O del 27 giu. 2007 sui diplomi, la formazione, il perfeziona- mento e l’esercizio della professione nelle professioni mediche universitarie, con effetto dal 1° set. 2007 (RU 2007 4055). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 34 / 128 832.102 26 aprile 2017168 sulla radioprotezione nonché le relative disposizioni d’esecuzione del Dipartimento federale dell’interno.169 Art. 44a170 Organizzazioni di chiropratica Le organizzazioni di chiropratica sono autorizzate se adempiono le seguenti condi- zioni: a. essere autorizzate ai sensi della legislazione del Cantone nel quale esercitano la loro attività; b. avere delimitato il loro campo d’attività in relazione al luogo e all’orario degli interventi, alle prestazioni fornite e ai pazienti ai quali forniscono le presta- zioni; c. fornire le loro prestazioni facendo ricorso a personale che soddisfa le condi- zioni dell’articolo 44 capoverso 1 lettera a; d. disporre delle attrezzature necessarie alla fornitura delle prestazioni; e. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. Sezione 5:171 Levatrici e organizzazioni di levatrici Art. 45 Levatrici Le levatrici sono autorizzate se adempiono le seguenti condizioni: a. disporre di un’autorizzazione cantonale a esercitare la professione di levatrice concessa conformemente all’articolo 11 della legge federale del 30 settembre 2016172 sulle professioni sanitarie (LPSan) o riconosciuta conformemente all’articolo 34 capoverso 1 LPSan; b. avere esercitato per due anni un’attività pratica: 1. presso una levatrice autorizzata conformemente alla presente ordinanza, 2. nel reparto d’ostetricia di un ospedale, sotto la direzione di una levatrice che adempie le condizioni di autorizzazione stabilite nella presente ordi- nanza, o 3. in un’organizzazione di levatrici, sotto la direzione di una levatrice che adempie le condizioni di autorizzazione stabilite nella presente ordi- nanza; c. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. 168 RS 814.501 169 Nuovo testo giusta l’all. 11 n. 7 dell’O del 26 apr. 2017 sulla radioprotezione, in vigore dal 1° gen. 2018 (RU 2017 4261). 170 Introdotto dal n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 171 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 172 RS 811.21 Assicurazione malattie. O 35 / 128 832.102 Art. 45a Organizzazioni di levatrici Le organizzazioni di levatrici sono autorizzate se adempiono le seguenti condizioni: a. essere autorizzate ai sensi della legislazione del Cantone nel quale esercitano la loro attività; b. avere delimitato il loro campo d’attività in relazione al luogo e all’orario degli interventi, alle prestazioni fornite e ai pazienti ai quali forniscono le presta- zioni; c. fornire le loro prestazioni facendo ricorso a personale che soddisfa le condi- zioni dell’articolo 45 lettere a e b; d. disporre delle attrezzature necessarie alla fornitura delle prestazioni; e. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. Sezione 6: Persone che dispensano cure previa prescrizione medica e organizzazioni che le occupano Art. 46173 Art. 47174 Fisioterapisti I fisioterapisti sono autorizzati se adempiono le seguenti condizioni: a. disporre di un’autorizzazione cantonale a esercitare la professione di fisiote- rapista concessa conformemente all’articolo 11 LPSan175 o riconosciuta con- formemente all’articolo 34 capoverso 1 LPSan; b. avere esercitato per due anni un’attività pratica: 1. presso un fisioterapista autorizzato ai sensi della presente ordinanza, 2. in un servizio ospedaliero specializzato in fisioterapia, sotto la direzione di un fisioterapista che adempie le condizioni di autorizzazione stabilite nella presente ordinanza, o 3. all’interno di un’organizzazione di fisioterapisti, sotto la direzione di un fisioterapista che adempie le condizioni di autorizzazione stabilite nella presente ordinanza; c. esercitare a titolo indipendente e per conto proprio; d. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. 173 Abrogato dal n. I dell’O del 23 giu. 2021, con effetto dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 174 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 175 RS 811.21 Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 36 / 128 832.102 Art. 48176 Ergoterapisti Gli ergoterapisti sono autorizzati se adempiono le seguenti condizioni: a. disporre di un’autorizzazione cantonale a esercitare la professione di ergote- rapista concessa conformemente all’articolo 11 LPSan177 o riconosciuta con- formemente all’articolo 34 capoverso 1 LPSan; b. avere esercitato per due anni un’attività pratica: 1. presso un ergoterapista autorizzato ai sensi della presente ordinanza, 2. in un ospedale sotto la direzione di un ergoterapista che adempie le con- dizioni di autorizzazione stabilite nella presente ordinanza, o 3. all’interno di un’organizzazione di ergoterapia sotto la direzione di un ergoterapista che adempie le condizioni di autorizzazione stabilite nella presente ordinanza; c. esercitare a titolo indipendente e per conto proprio; d. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. Art. 49178 Infermieri Gli infermieri sono autorizzati se adempiono le seguenti condizioni: a. disporre di un’autorizzazione cantonale a esercitare la professione di infer- miere concessa conformemente all’articolo 11 LPSan179 o riconosciuta con- formemente all’articolo 34 capoverso 1 LPSan; b. avere esercitato per due anni un’attività pratica: 1. presso un infermiere autorizzato ai sensi della presente ordinanza, 2. in un ospedale o in una casa di cura, sotto la direzione di un infermiere che adempie le condizioni di autorizzazione stabilite nella presente ordi- nanza, o 3. all’interno di un’organizzazione di cure e d’aiuto a domicilio, sotto la direzione di un infermiere che adempie le condizioni di autorizzazione stabilite nella presente ordinanza; c. esercitare a titolo indipendente e per conto proprio; d. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. 176 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 177 RS 811.21 178 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 179 RS 811.21 Assicurazione malattie. O 37 / 128 832.102 Art. 50180 Logopedisti I logopedisti sono autorizzati se adempiono le seguenti condizioni: a. essere autorizzati conformemente al diritto cantonale a esercitare la profes- sione di logopedisti; b. avere ricevuto una formazione professionale teorica e pratica per logopedista della durata di tre anni riconosciuta dal Cantone e avere superato l’esame con- cernente le seguenti branche: 1. linguistica (linguistica, fonetica, psicolinguistica), 2. logopedia (metodo di terapia logopedica [consulenza, esame, tratta- mento], pedagogia e psicologia per persone con turbe del linguaggio, patologia del linguaggio), 3. medicina (neurologia, otorinolaringoiatria, foniatria, psichiatria, stoma- tologia), 4. pedagogia (pedagogia, pedagogia speciale, pedagogia curativa), 5. psicologia (psicologia dello sviluppo, psicologia clinica, psicopedagogia, comprese la psicologia dell’apprendimento e la psicologia sociale), 6. diritto (legislazione sociale); c. avere esercitato per due anni un’attività pratica in logopedia clinica, essenzial- mente nel campo della terapia degli adulti, di cui almeno un anno in un ospe- dale sotto la direzione di un medico specialista (otorinolaringologia, psichia- tria, pedopsichiatria, foniatria o neurologia) e in presenza di un logopedista che adempie le condizioni di autorizzazione stabilite nella presente ordinanza; un anno può essere assolto nel gabinetto di un medico specializzato o in un’or- ganizzazione di logopedia autorizzata ai sensi della presente ordinanza, sotto la direzione di un medico specialista coadiuvato da un logopedista che soddi- sfa le condizioni di autorizzazione stabilite nella presente ordinanza; d. esercitare a titolo indipendente e per conto proprio; e. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. Art. 50a181 Dietisti I dietisti sono autorizzati se adempiono le seguenti condizioni: a. disporre di un’autorizzazione cantonale a esercitare la professione di dietista concessa conformemente all’articolo 11 LPSan182 o riconosciuta conforme- mente all’articolo 34 capoverso 1 LPSan; b. avere esercitato per due anni un’attività pratica: 1. presso un dietista autorizzato ai sensi della presente ordinanza, 180 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 181 Introdotto dal n. I dell’O del 25 nov. 1996 (RU 1996 3139). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 182 RS 811.21 Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 38 / 128 832.102 2. in un ospedale sotto la direzione di un dietista che adempie le condizioni di autorizzazione stabilite dalla presente ordinanza, o 3. all’interno di un’organizzazione di dietetica, sotto la direzione di un die- tista che adempie le condizioni di autorizzazione stabilite nella presente ordinanza; c. esercitare a titolo indipendente e per conto proprio; d. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. Art. 50b183 Neuropsicologi I neuropsicologi sono autorizzati se adempiono le seguenti condizioni: a. essere autorizzati conformemente al diritto cantonale a esercitare la profes- sione di neuropsicologo; b. essere titolari di: 1. un diploma in psicologia riconosciuto e un titolo di perfezionamento fe- derale in neuropsicologia o riconosciuto equivalente secondo la legge del 18 marzo 2011184 sulle professioni psicologiche (LPPsi), o 2. un diploma in psicologia riconosciuto secondo la LPPsi e un titolo di specializzazione in neuropsicologia della Federazione svizzera delle psi- cologhe e degli psicologi; c. esercitare a titolo indipendente e per conto proprio; d. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. Art. 50c185 Psicologi psicoterapeuti Gli psicologi psicoterapeuti sono autorizzati se adempiono le seguenti condizioni: a. disporre di un’autorizzazione cantonale a esercitare la professione di psicote- rapeuta conformemente all’articolo 22 LPPsi186; b. avere acquisito un’esperienza clinica di tre anni, di cui almeno 12 mesi presso un istituto che offre trattamenti di psicoterapia e psichiatria e disporre di uno dei seguenti riconoscimenti dell’Istituto svizzero per la formazione medica (ISFM): 183 Introdotto dal n. I dell’O del 9 dic. 2016 (RU 2016 4927). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 184 RS 935.81 185 Introdotto dal n. I dell’O del 19 mar. 2021 (RU 2021 188). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° lug. 2022 (RU 2021 439). 186 RS 935.81 Assicurazione malattie. O 39 / 128 832.102 1.187 centro di perfezionamento professionale ambulatoriale o ospedaliero di categoria A, B o C secondo il programma di perfezionamento professio- nale «Specialista in psichiatria e psicoterapia» del 1° luglio 2009188 nella versione del 15 dicembre 2016, 2. centro di perfezionamento professionale di categoria A, B o C secondo il programma di perfezionamento professionale «Specialista in psichiatria e psicoterapia infantile e adolescenziale» del 1° luglio 2006189 nella ver- sione del 20 dicembre 2018; c. esercitare a titolo indipendente e per conto proprio; d. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. Art. 50d190 Podologi I podologi sono autorizzati se adempiono le seguenti condizioni: a. essere autorizzati conformemente al diritto cantonale a esercitare la profes- sione di podologo; b. disporre di un diploma di una scuola specializzata superiore secondo il pro- gramma quadro d’insegnamento «podologia» del 12 novembre 2010191 nella versione del 12 dicembre 2014 o di una formazione equipollente secondo il numero 7.1 del programma quadro d’insegnamento; c. avere esercitato per due anni, dopo aver conseguito il loro diploma, un’attività pratica: 1. presso un podologo autorizzato conformemente alla presente ordinanza, 2. in un’organizzazione di podologia autorizzata conformemente alla pre- sente ordinanza, oppure 3. in un ospedale, in un’organizzazione di cure e d’aiuto a domicilio o in una casa di cura, sotto la direzione di un podologo che adempie le con- dizioni di autorizzazione stabilite nella presente ordinanza; d. esercitare a titolo indipendente e per conto proprio; e. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. 187 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 nov. 2022, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 814). 188 Il documento può essere consultato al seguente indirizzo Internet: www.ufsp.admin.ch/ref. 189 Il documento può essere consultato al seguente indirizzo Internet: www.ufsp.admin.ch/ref. 190 Introdotto dal n. I dell’O del 26 mag. 2021 (RU 2021 323). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). Vedi anche la disp. trans. del 23 giu. 2021 alla fine del testo. 191 Il documento può essere consultato al seguente indirizzo Internet: www.ufsp.admin.ch/ref. Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 40 / 128 832.102 Art. 51192 Organizzazioni di cure e d’aiuto a domicilio Le organizzazioni di cure e d’aiuto a domicilio sono autorizzate se adempiono le se- guenti condizioni: a. essere autorizzate ai sensi della legislazione del Cantone nel quale esercitano la loro attività; b. avere delimitato il loro campo d’attività in relazione al luogo e all’orario degli interventi, alle prestazioni fornite e ai pazienti ai quali forniscono le presta- zioni; c. disporre del necessario personale specializzato in possesso di una formazione che corrisponde al loro campo d’attività; d. disporre delle attrezzature necessarie alla fornitura delle prestazioni; e. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. Art. 52193 Organizzazioni di fisioterapia Le organizzazioni di fisioterapia sono autorizzate se adempiono le seguenti condi- zioni: a. essere autorizzate ai sensi della legislazione del Cantone nel quale esercitano la loro attività; b. avere delimitato il loro campo d’attività in relazione al luogo e all’orario degli interventi, alle prestazioni fornite e ai pazienti ai quali forniscono le presta- zioni; c. fornire le loro prestazioni facendo ricorso a personale che adempie le condi- zioni dell’articolo 47 lettere a e b; d. disporre delle attrezzature necessarie alla fornitura delle prestazioni; e. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. Art. 52a194 Organizzazioni di ergoterapia Le organizzazioni di ergoterapia sono autorizzate se adempiono le seguenti condi- zioni: a. essere autorizzate ai sensi della legislazione del Cantone nel quale esercitano la loro attività; b. avere delimitato il loro campo d’attività in relazione al luogo e all’orario degli interventi, alle prestazioni fornite e ai pazienti ai quali forniscono le presta- zioni; 192 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 193 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 194 Introdotto dal n. I dell’O del 24 giu. 2009 (RU 2009 3525). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). Assicurazione malattie. O 41 / 128 832.102 c. fornire le loro prestazioni facendo ricorso a personale che adempie le condi- zioni dell’articolo 48 lettere a e b; d. disporre delle attrezzature necessarie alla fornitura delle prestazioni; e. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. Art. 52b195 Organizzazioni di logopedia Le organizzazioni di logopedia sono autorizzate se adempiono le seguenti condizioni: a. essere autorizzate ai sensi della legislazione del Cantone nel quale esercitano la loro attività; b. avere delimitato il loro campo d’attività in relazione al luogo e all’orario degli interventi, alle prestazioni fornite e ai pazienti ai quali forniscono le presta- zioni; c. fornire le loro prestazioni facendo ricorso a personale che adempie le condi- zioni dell’articolo 50 lettere a e b; d. disporre delle attrezzature necessarie alla fornitura delle prestazioni; e. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. Art. 52c196 Organizzazioni di dietetica Le organizzazioni di dietetica sono autorizzate se adempiono le seguenti condizioni: a. essere autorizzate ai sensi della legislazione del Cantone nel quale esercitano la loro attività; b. avere delimitato il loro campo d’attività in relazione al luogo e all’orario degli interventi, alle prestazioni fornite e ai pazienti ai quali forniscono le presta- zioni; c. fornire le loro prestazioni facendo ricorso a personale che adempie le condi- zioni dell’articolo 50a lettere a e b; d. disporre delle attrezzature necessarie alla fornitura delle prestazioni; e. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. Art. 52d197 Organizzazioni di neuropsicologia Le organizzazioni di neuropsicologia sono autorizzate se adempiono le seguenti con- dizioni: a. essere autorizzate ai sensi della legislazione del Cantone nel quale esercitano la loro attività; 195 Introdotto dal n. I dell’O del 4 lug. 2012 (RU 2012 4089). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 196 Introdotto dal n. I dell’O del 9 dic. 2016 (RU 2016 4927). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 197 Introdotto dal n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 42 / 128 832.102 b. avere delimitato il loro campo d’attività in relazione al luogo e all’orario degli interventi, alle prestazioni fornite e ai pazienti ai quali forniscono le presta- zioni; c. fornire le loro prestazioni facendo ricorso a personale che adempie le condi- zioni dell’articolo 50b lettere a e b; d. disporre delle attrezzature necessarie alla fornitura delle prestazioni; e. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. Art. 52e198 Organizzazioni di psicologi psicoterapeuti Le organizzazioni di psicologi psicoterapeuti sono autorizzate se adempiono le se- guenti condizioni: a. essere autorizzate ai sensi della legislazione del Cantone nel quale esercitano la loro attività; b. avere delimitato il loro campo d’attività in relazione al luogo e all’orario degli interventi, alle prestazioni fornite e ai pazienti ai quali forniscono le presta- zioni; c. fornire le loro prestazioni facendo ricorso a personale che adempie le condi- zioni dell’articolo 50c lettere a e b; d. disporre delle attrezzature necessarie alla fornitura delle prestazioni; e. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. Art. 52f199 Organizzazioni di podologia Le organizzazioni di podologia sono autorizzate se adempiono le seguenti condizioni: a. essere autorizzate ai sensi della legislazione del Cantone nel quale esercitano la loro attività; b. avere delimitato il loro campo d’attività in relazione al luogo e all’orario degli interventi, alle prestazioni fornite e ai pazienti ai quali forniscono le presta- zioni; c. fornire le loro prestazioni facendo ricorso a personale che adempie le condi- zioni dell’articolo 50d lettere a–c; d. disporre delle attrezzature necessarie alla fornitura delle prestazioni; e. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. 198 Introdotto dal n. I dell’O del 19 mar. 2021 (RU 2021 188). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 199 Introdotto dal n. I dell’O del 26 mag. 2021 (RU 2021 323). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). Assicurazione malattie. O 43 / 128 832.102 Sezione 7: Laboratori Art. 53 Principio Sono autorizzati quali laboratori gli istituti che: a. eseguono analisi mediche; b. sono autorizzati giusta il diritto cantonale; c.200 ... d. adempiono le altre condizioni stabilite per i laboratori dalla legislazione della Confederazione o del Cantone; e.201 dispongono di un’autorizzazione corrispondente dell’Istituto svizzero per gli agenti terapeutici, se eseguono analisi per la diagnosi di malattie trasmissibili; ebis.202 dispongono di una corrispondente autorizzazione dell’UFSP se eseguono esami citogenetici o genetico-molecolari; f. dispongono delle attrezzature adeguate e del personale specializzato necessa- rio; g. adempiono le condizioni d’autorizzazione di cui all’articolo 54. Art. 54 Condizioni203 1 È autorizzato come laboratorio:204 a. il laboratorio del gabinetto medico se: 1. le analisi sono eseguite nell’ambito delle cure di base secondo l’arti- colo 62 capoverso 1 lettera a per il proprio bisogno, 2. il risultato delle analisi è in linea di massima disponibile durante la con- sultazione (diagnosi in presenza del paziente), 3. il laboratorio è parte del gabinetto del medico curante sia fisicamente sia giuridicamente, 4.205 le analisi sono eseguite nel laboratorio del gabinetto medico o, per quelle designate separatamente secondo il numero 1, durante una visita a domi- cilio; b. il laboratorio d’ospedale per le analisi eseguite nell’ambito delle cure di base secondo l’articolo 62 capoverso 1 lettera a per il proprio bisogno; 200 Abrogata dal n. I dell’O del 24 feb. 2021, con effetto dal 1° apr. 2021 (RU 2021 152) 201 Nuovo testo giusta l’art. 27 n. 1 dell’O del 29 apr. 2015 concernente i laboratori di micro- biologia, in vigore dal 1° gen. 2016 (RU 2015 1497). 202 Introdotta dall’art. 37 n. 2 dell’O del 14 feb. 2007 sugli esami genetici sull’essere umano, in vigore dal 1° apr. 2007 (RU 2007 651). 203 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 204 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 205 Introdotto dal n. I dell’O del 29 nov. 2013, in vigore dal 1° gen. 2014 (RU 2013 4523). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 44 / 128 832.102 c. l’officina del farmacista e il laboratorio d’ospedale per le analisi eseguite nell’ambito delle cure di base secondo l’articolo 62 capoverso 1 lettera a, su prescrizione di un altro fornitore di prestazioni.206 2 I laboratori d’ospedale che eseguono analisi per i propri bisogni dell’ospedale sono autorizzati se posti sotto la direzione di un medico, di un farmacista o di un responsa- bile con formazione universitaria in scienze naturali riconosciuta dal DFI oppure con congrua formazione superiore, pure riconosciuta dal DFI, nel campo dell’esecuzione di analisi. 3 I laboratori che, per mandato di un altro fornitore di prestazioni autorizzato, ese- guono altre analisi oltre quelle attinenti all’ambito delle cure di base, sono autorizzati se: a. sono posti sotto la direzione di un medico, di un farmacista o di un responsa- bile con formazione universitaria in scienze naturali, riconosciuta dal DFI; b.207 il direttore ai sensi della lettera a attesta un titolo di perfezionamento in medi- cina di laboratorio rilasciato dall’Associazione «I laboratori medici della Sviz- zera» (FAMH) o ritenuto equipollente ad esso. 4 Per l’esecuzione di determinate analisi, il DFI può stabilire esigenze supplementari riguardo le installazioni, la qualifica e la formazione di perfezionamento della dire- zione e del personale di laboratorio. Può inoltre designare taluni istituti per l’esecu- zione di determinate analisi e incaricarli dell’apprestamento dei registri di valutazione. 4bis Per essere autorizzati conformemente ai capoversi 1–3, i laboratori devono di- mostrare di adempiere i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g.208 5 Il DFI può emanare disposizioni d’esecuzione per il capoverso 1 lettera a.209 Art. 54a210 Procedura e tasse 1 L’UFSP decide in merito alle domande di riconoscimento dell’equipollenza di titoli di perfezionamento in medicina di laboratorio secondo gli articoli 54 capoverso 3 let- tera b. 2 Per la decisione secondo il capoverso 1 è riscossa una tassa. Essa è commisurata al tempo impiegato, ma non deve superare 3000 franchi. 3 Se sono necessarie spese straordinarie, segnatamente se la domanda è giudicata la- cunosa o incompleta ed è rinviata per essere migliorata, la tassa può superare l’importo massimo secondo il capoverso 2; non può tuttavia superare 5000 franchi. 4 La tariffa oraria oscilla tra 90 e 200 franchi a seconda della competenza specifica richiesta e della classe di funzione del personale incaricato. 206 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 6 giu. 2003, in vigore dal 1° gen. 2004 (RU 2003 3249). 207 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 9 dic. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 4927). 208 Introdotto dal n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 209 Introdotto dal n. I dell’O del 6 giu. 2003, in vigore dal 1° gen. 2004 (RU 2003 3249). 210 Introdotto dal n. I dell’O del 9 dic. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 4927). Vedi anche la disp. trans. di detta mod. alla fine del presente testo Assicurazione malattie. O 45 / 128 832.102 5 Può essere fatturato un congruo anticipo delle spese. 6 Per il rimanente si applicano le disposizioni dell’ordinanza generale dell’8 settembre 2004211 sugli emolumenti. Sezione 8: Centri di consegna di mezzi e apparecchi Art. 55212 I centri di consegna di mezzi e apparecchi diagnostici o terapeutici sono autorizzati se adempiono le seguenti condizioni: a. essere autorizzati ai sensi della legislazione del Cantone nel quale esercitano la loro attività; b. avere stipulato un contratto di consegna di mezzi e apparecchi diagnostici e terapeutici con gli assicuratori a carico dei quali intendono esercitare; c. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. Sezione 8a:213 Case per partorienti Art. 55a214 Le case per partorienti sono autorizzate se adempiono le seguenti condizioni: a. adempiere le condizioni dell’articolo 39 capoverso 1 lettere b–f LAMal; b. avere stabilito il proprio campo d’attività conformemente all’articolo 29 LA- Mal; c. garantire una sufficiente assistenza medica da parte di una levatrice; d. avere preso disposizioni per l’adozione di provvedimenti in caso di emergenza medica. Sezione 9: Imprese di trasporto e di salvataggio Art. 56215 Le imprese di trasporto e di salvataggio sono autorizzate se adempiono le seguenti condizioni: 211 RS 172.041.1 212 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 213 Introdotta dal n. I dell’O del 22 ott. 2008, in vigore dal 1° gen. 2009 (RU 2008 5097). 214 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 215 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 46 / 128 832.102 a. essere autorizzate ai sensi della legislazione del Cantone nel quale esercitano la loro attività; b. avere stipulato un contratto d’esecuzione di trasporti e salvataggi con gli assi- curatori a carico dei quali intendono esercitare; c. dimostrare che adempiono i requisiti di qualità definiti nell’articolo 58g. Sezione 10: Stabilimenti di cura balneare Art. 57 In generale 1 Sono autorizzati gli stabilimenti di cura balneare che sono posti sotto sorveglianza medica, utilizzano a scopo terapeutico le fonti termali locali, sono dotati di personale curante specializzato, dispongono d’apparecchi diagnostici e terapeutici adeguati e sono autorizzati giusta il diritto cantonale. 2 Il DFI può ammettere eccezioni quanto all’utilizzo delle acque termali locali. Tiene conto in proposito della prassi precedente degli assicuratori. Art. 58 Fonti termali 1 Sono considerate fonti termali quelle la cui acqua, per specifiche proprietà chimiche o fisiche, e senza che ne sia stata modificata la composizione naturale, procura o lascia presumere un effetto terapeutico scientificamente riconosciuto. 2 Le proprietà chimiche o fisiche devono essere dimostrate mediante analisi peritali dell’acqua e riesaminate ogni tre anni mediante analisi di controllo effettuate dalla competente istanza cantonale. Sezione 11:216 Criteri di pianificazione Art. 58a Principio 1 La pianificazione intesa a coprire il fabbisogno ai sensi dell’articolo 39 capoverso 1 lettera d della legge garantisce le cure ospedaliere in ospedale o in una casa per par- torienti e le cure in una casa di cura agli abitanti dei Cantoni che effettuano la pianifi- cazione. 2 È verificata periodicamente.217 216 Introdotta dal n. I dell’O del 22 ott. 2008, in vigore dal 1° gen. 2009 (RU 2008 5097). 217 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). Assicurazione malattie. O 47 / 128 832.102 Art. 58b218 Pianificazione del fabbisogno 1 I Cantoni determinano il fabbisogno secondo una procedura trasparente. Si basano in particolare su dati statistici fondati e su confronti e considerano segnatamente i fattori d’influenza rilevanti per la previsione del fabbisogno. 2 Determinano l’offerta utilizzata in istituti che non figurano nell’elenco da essi ema- nato ai sensi dell’articolo 39 capoverso 1 lettera e LAMal. 3 Determinano l’offerta da assicurare mediante l’inserimento nell’elenco di istituti cantonali ed extracantonali affinché la copertura del fabbisogno sia garantita. L’of- ferta da assicurare corrisponde al fabbisogno di cui al capoverso 1, dedotta l’offerta di cui al capoverso 2. 4 Nel determinare l’offerta da assicurare che figura nell’elenco, i Cantoni considerano in particolare: a. l’economicità e la qualità della fornitura di prestazioni; b. l’accesso dei pazienti alle cure entro un termine utile; c. la disponibilità e la capacità dell’istituto ad adempiere il mandato di presta- zioni. Art. 58c Modalità di pianificazione La pianificazione è: a. riferita alle prestazioni per quanto concerne la copertura del fabbisogno degli assicurati negli ospedali per la cura di malattie somatiche acute e nelle case per partorienti; b. riferita alle prestazioni o alle capacità per quanto concerne la copertura del fabbisogno degli assicurati per la riabilitazione o la cura di malattie psichia- triche in ospedale; c. riferita alle capacità per quanto concerne la copertura del fabbisogno degli assicurati nelle case di cura. Art. 58d219 Valutazione dell’economicità e della qualità 1 La valutazione dell’economicità degli ospedali e delle case per partorienti è effet- tuata segnatamente mediante confronti dei costi corretti per il grado di gravità. Per le case di cura l’economicità della fornitura di prestazioni dev’essere presa in conside- razione in modo adeguato. 2 Nella valutazione della qualità degli istituti occorre in particolare esaminare se l’in- sieme dell’istituto adempie le esigenze seguenti: a. disporre del necessario personale qualificato; 218 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 219 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 48 / 128 832.102 b. disporre di un adeguato sistema di gestione della qualità; c. disporre di un sistema interno di rapporti e d’apprendimento appropriato e aver aderito a una rete di notifica di eventi indesiderabili uniforme a livello svizzero, per quanto tale rete esista; d. disporre delle attrezzature che consentono di partecipare alle misurazioni na- zionali della qualità; e. disporre dell’attrezzatura per garantire la sicurezza delle terapie farmacologi- che, in particolare mediante il rilevamento elettronico dei medicamenti pre- scritti e dispensati. 3 I risultati delle misurazioni della qualità condotte su scala nazionale possono essere utilizzati come criteri di selezione degli istituti. 4 Nella valutazione degli ospedali occorre in particolare tener conto dello sfruttamento di sinergie, del numero minimo di casi e del potenziale di concentrazione di presta- zioni al fine di rafforzare l’economicità e la qualità delle cure. 5 La valutazione dell’economicità e della qualità può basarsi su valutazioni recenti di altri Cantoni. Art. 58e220 Coordinamento intercantonale delle pianificazioni 1 Per coordinare le loro pianificazioni secondo l’articolo 39 capoverso 2 LAMal i Can- toni devono segnatamente: a. analizzare le necessarie informazioni sui flussi di pazienti e scambiarle con i Cantoni interessati; b. prendere in considerazione il potenziale di coordinamento con altri Cantoni per il rafforzamento dell’economicità e della qualità della fornitura di presta- zioni in ospedale. 2 Ogni Cantone si coordina segnatamente con: 1. i Cantoni in cui hanno sede uno o più istituti che figurano nel suo elenco o che è previsto di far figurare nel suo elenco; 2. i Cantoni nel cui elenco figurano uno o più istituti che hanno sede sul suo territorio o che prevedono di farvi figurare tali istituti; 3. i Cantoni in cui sono situati gli istituti nei quali un numero importante di as- sicurati provenienti dal suo territorio si fanno curare o presumibilmente si faranno curare; 4. i Cantoni di provenienza di un numero importante di assicurati che si fanno curare o presumibilmente si faranno curare in istituti con sede sul suo territo- rio; 5. altri Cantoni, se il coordinamento permette un rafforzamento dell’economicità e della qualità della fornitura di prestazioni in ospedale. 220 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). Assicurazione malattie. O 49 / 128 832.102 Art. 58f221 Elenchi e mandati di prestazioni 1 Nell’elenco di cui all’articolo 39 capoverso 1 lettera e LAMal sono riportati gli isti- tuti cantonali ed extracantonali necessari ad assicurare l’offerta stabilita secondo l’ar- ticolo 58b capoverso 3. 2 A ogni istituto figurante nell’elenco è attribuito un mandato di prestazioni ai sensi dell’articolo 39 capoverso 1 lettera e LAMal. Se l’istituto ha più sedi, il mandato di prestazioni fissa per quale sede è valido. 3 Negli elenchi sono riportati per ogni ospedale i gruppi di prestazioni corrispondenti al mandato di prestazioni. 4 I Cantoni stabiliscono gli oneri che i mandati di prestazioni per gli ospedali e le case per partorienti devono contenere. Per gli ospedali di cure somatiche acute possono prevedere segnatamente i seguenti oneri: a. la disponibilità di un’offerta di base in medicina interna e chirurgia; b. la disponibilità e la qualifica dei medici specialisti; c. la disponibilità del pronto soccorso e il livello di requisiti ai quali deve adem- piere; d. la disponibilità del reparto di cure intense o del servizio di sorveglianza e il livello di requisiti ai quali deve adempiere; e. i gruppi di prestazioni connessi internamente all’ospedale o in cooperazione con altri ospedali; f. il numero minimo di casi. 5 Possono prevedere che i mandati di prestazioni delle case di cura contengano oneri. 6 Possono prevedere che i mandati di prestazioni contengano segnatamente i seguenti oneri, purché essi non provochino un mantenimento delle strutture e non impediscano ogni concorrenza: a. per gli ospedali di cure somatiche acute uno stanziamento globale di bilancio ai sensi dell’articolo 51 LAMal o i volumi massimi delle prestazioni; b. per gli ospedali nei settori della psichiatria e della riabilitazione uno stanzia- mento globale di bilancio ai sensi dell’articolo 51 LAMal, i volumi massimi delle prestazioni o le capacità massime; c. per le case di cura uno stanziamento globale di bilancio ai sensi dell’articolo 51 LAMal o le capacità massime. 7 Prevedono che i mandati di prestazione per gli ospedali contengano come onere il divieto dei sistemi di incentivi economici che portano a un aumento del volume delle prestazioni ingiustificato dal punto di vista medico a carico dell’assicurazione obbli- gatoria delle cure medico-sanitarie o all’elusione dell’obbligo di ammissione ai sensi dell’articolo 41a LAMal. 221 Introdotto dal n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 50 / 128 832.102 Sezione 12:222 Requisiti di qualità Art. 58g I fornitori di prestazioni devono adempiere i seguenti requisiti di qualità: a. disporre del necessario personale qualificato; b. disporre di un adeguato sistema di gestione della qualità; c. disporre di un sistema interno di rapporti e d’apprendimento appropriato e aver aderito a una rete di notifica di eventi indesiderabili uniforme a livello svizzero, per quanto tale rete esista; d. disporre delle attrezzature che consentono di partecipare alle misurazioni na- zionali della qualità. Capitolo 2: Fatturazione Art. 59223 Fatturazione in generale 1 I fornitori di prestazioni devono fornire nelle loro fatture tutte le indicazioni ammi- nistrative e mediche necessarie alla verifica del calcolo della rimunerazione e dell’economicità delle prestazioni conformemente all’articolo 42 capoverso 3 e 3bis della legge. Devono fornire in particolare le indicazioni seguenti: a. le date delle cure; b. le prestazioni dispensate, dettagliate secondo la tariffa determinante; c. le diagnosi e le procedure necessarie al calcolo della tariffa applicabile; d. il numero d’identificazione della tessera d’assicurato ai sensi dell’articolo 3 capoverso 1 lettera f dell’ordinanza del 14 febbraio 2007224 sulla tessera d’as- sicurato per l’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie; e. il numero AVS225. 2 Il fornitore di prestazioni emette due fatture separate per le prestazioni a carico dell’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie e per le altre prestazioni. 3 Per le analisi, la fatturazione al debitore della rimunerazione è effettuata esclusiva- mente dal laboratorio che ha eseguito l’analisi. Le tariffe forfettarie secondo l’articolo 49 della legge rimangono salve. 222 Introdotta dal n. I dell’O del 23 giu. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 223 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 4 lug. 2012, in vigore dal 1° gen. 2013 (RU 2012 4089). 224 RS 832.105 225 Nuova espr. giusta l’all. n. II 36 dell’O del 17 nov. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 800). Di detta mod. é tenuto conto unicamente nelle disp. menzionate nella RU. Assicurazione malattie. O 51 / 128 832.102 4 I fornitori di prestazioni assicurano che le loro fatture siano chiare per gli assicurati e che in particolare indichino in modo comprensibile il genere, la durata e il contenuto delle cure. 226 Art. 59a227 Fatturazione nel caso di un modello di rimunerazione di tipo DRG 1 Nel caso di un modello di rimunerazione di tipo DRG (diagnosis related groups) il fornitore di prestazioni deve fornire un numero d’identificazione unico per gli insiemi di dati con le indicazioni amministrative e mediche ai sensi dell’articolo 59 capoverso 1. Il DFI stabilisce una struttura uniforme degli insiemi di dati, valida in tutta la Sviz- zera. 2 Le diagnosi e le procedure ai sensi dell’articolo 59 capoverso 1 lettera c devono essere codificate conformemente alle classificazioni menzionate per la statistica me- dica degli stabilimenti ospedalieri alla cifra 62 dell’allegato dell’ordinanza del 30 giu- gno 1993228 sull’esecuzione di rilevazioni statistiche federali. 3 Il fornitore di prestazioni trasmette contemporaneamente alla fattura gli insiemi di dati con le indicazioni amministrative e mediche secondo l’articolo 59 capoverso 1 al servizio di ricezione dei dati dell’assicuratore. Deve essere garantito che esclusiva- mente questo servizio di ricezione dei dati ottenga l’accesso alle indicazioni mediche. 4 Il servizio di ricezione dei dati determina per quali fatture è necessario un esame più approfondito e trasmette all’assicuratore le indicazioni necessarie a questo scopo. L’assicuratore non può impartire al servizio di ricezione dei dati istruzioni concernenti la trasmissione dei dati in relazione a singole fatture. 5 Se nel corso dell’esame l’assicuratore esige dal fornitore di prestazioni ragguagli supplementari di natura medica ai sensi dell’articolo 42 capoverso 4 della legge, l’as- sicuratore deve informare la persona assicurata riguardo alla possibilità di scelta di cui dispone ai sensi dell’articolo 42 capoverso 5 della legge. 6 Ogni assicuratore deve disporre di un servizio di ricezione dei dati. Quest’ultimo deve essere certificato ai sensi dell’articolo 11 della legge federale del 19 giugno 1992229 sulla protezione dei dati. 7 L’assicuratore informa spontaneamente l’Incaricato ai sensi dell’articolo 26 della legge federale 19 giugno 1992 sulla protezione dei dati della certificazione o del rin- novo della certificazione del suo servizio di ricezione dei dati. L’Incaricato può esi- gere in ogni momento dal servizio di ricezione dei dati o dall’organismo di certifica- zione i documenti rilevanti per la certificazione o il rinnovo della certificazione. L’Incaricato pubblica un elenco dei servizi di ricezione dei dati certificati. 226 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 nov. 2022, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 814). 227 Introdotto dal n. I dell’O del 17 set. 1997 (RU 1997 2272). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 4 lug. 2012, in vigore dal 1° gen. 2013 (RU 2012 4089). Vedi anche le disp. trans. di detta mod. alla fine del presente testo. 228 RS 431.012.1 229 RS 235.1 Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 52 / 128 832.102 Art. 59abis 230 Fatturazione nel settore ambulatoriale Per il settore ambulatoriale il DFI emana disposizioni d’esecuzione sulla rilevazione, il trattamento e la trasmissione delle diagnosi e delle procedure, nel rispetto del prin- cipio della proporzionalità. A questo scopo il DFI stabilisce le classificazioni per la codifica applicabili in tutta la Svizzera. Art. 59ater 231 Misure atte a proteggere i dati e conservazione 1 Per l’elaborazione delle indicazioni mediche ai sensi dell’articolo 59 capoverso 1, gli assicuratori prendono le misure tecniche e organizzative atte a proteggere i dati, in particolare quelle secondo gli articoli 21 e 22 dell’ordinanza del 14 giugno 1993232 relativa alla legge federale sulla protezione dei dati. 2 Se le indicazioni mediche ai sensi dell’articolo 59 capoverso 1 non sono conservate sotto forma criptata, le generalità degli assicurati sono sostituite da uno pseudonimo per la conservazione di queste indicazioni. La pseudonimizzazione o il criptaggio pos- sono essere tolti soltanto dal medico di fiducia. Capitolo 3: Tariffe e prezzi233 234 Sezione 1: Principi235 Art. 59b236 Art. 59c237 Tariffazione 1 L’autorità che approva ai sensi dell’articolo 46 capoverso 4 della legge verifica che la convenzione tariffaria rispetti segnatamente i principi seguenti: a. la tariffa copre al massimo i costi della prestazione comprovati in modo tra- sparente; b. la tariffa copre al massimo i costi necessari per la fornitura efficiente delle prestazioni; c. un cambiamento del modello tariffale non deve comportare costi supplemen- tari. 230 Introdotto dal n. I dell’O del 4 lug. 2012 (RU 2012 4089). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 3 dic. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 838). 231 Introdotto dal n. I dell’O del 4 lug. 2012, in vigore dal 1° gen. 2013 (RU 2012 4089). 232 RS 235.11 233 Originario avanti art. 59a. Introdotto dal n. I dell’O del 17 set. 1997, in vigore dal 1° gen. 1998 (RU 1997 2272). 234 RU 1997 2440 235 Originario avanti art. 59a. Introdotto dal n. I dell’O del 17 set. 1997, in vigore dal 1° gen. 1998 (RU 1997 2272). 236 Introdotto dal n. I 8 dell’O del 18 ago. 2004 (RU 2004 4037). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 29 apr. 2015, in vigore dal 1° giu. 2015 (RU 2015 1255). 237 Introdotto dal n. I dell’O del 27 giu. 2007, in vigore dal 1° ago. 2007 (RU 2007 3573). Assicurazione malattie. O 53 / 128 832.102 2 Le parti contraenti devono verificare regolarmente le tariffe e adeguarle se il rispetto dei principi enunciati nel capoverso 1 lettere a e b non è più garantito. Le autorità competenti devono essere informate dei risultati di dette verifiche. 3 L’autorità competente applica per analogia i capoversi 1 e 2 all’atto di stabilire le tariffe previste negli articoli 43 capoverso 5, 47 o 48 della legge. Art. 59d238 Importi forfettari riferiti alle prestazioni 1 Le parti contraenti sottopongono la convenzione tariffale all’approvazione del Con- siglio federale conformemente agli articoli 46 capoverso 4 e 49 capoverso 2 della legge. La convenzione tariffale include la struttura tariffale uniforme e le modalità di applicazione della tariffa. Alla richiesta di approvazione vanno allegati, in particolare, i seguenti documenti: a. le basi e il metodo di calcolo; b. gli strumenti e i meccanismi volti a garantire la qualità delle prestazioni nel quadro dell’applicazione della tariffa; c. le stime sugli effetti dell’applicazione della tariffa sul volume delle prestazioni e sui costi per tutti i settori di cui all’articolo 49 capoverso 1 della legge, in- clusi i settori interessati prima e dopo il ricovero. 2 Se è scelto un modello di rimunerazione riferito alle prestazioni basato su un sistema di classificazione dei pazienti di tipo DRG (diagnosis related groups), la convenzione tariffale include anche il relativo manuale di codificazione e un piano per la revisione della codificazione. Alla richiesta di approvazione vanno allegati ulteriori documenti relativi ai requisiti necessari affinché gli ospedali possano essere presi in considera- zione nell’elaborazione della struttura tariffale. 3 Le parti contraenti sottopongono per approvazione al Consiglio federale le modifi- che alla convenzione tariffale, segnatamente alla struttura tariffale o alle modalità di applicazione. 4 Il legame che deve essere stabilito con la prestazione ai sensi dell’articolo 49 capo- verso 1 della legge deve permettere una differenziazione della tariffa secondo il tipo e l’intensità della prestazione. Art. 59e239 Contributo per ogni caso 1 In caso di riscossione di un contributo per ogni caso ai sensi dell’articolo 49 capo- verso 2 della legge, i partner tariffali sottopongono all’approvazione del Consiglio fe- derale il relativo importo. Alla richiesta vanno allegati un rapporto di attività dell’or- ganizzazione e un preventivo che giustifichino l’importo proposto. 2 In caso di aumento del contributo per ogni caso, i partner tariffali sottopongono il nuovo importo all’approvazione del Consiglio federale. 238 Introdotto dal n. I dell’O del 22 ott. 2008, in vigore dal 1° gen. 2009 (RU 2008 5097). Vedi anche le disp. fin. di detta mod. alla fine del presente testo. 239 Introdotto dal n. I dell’O del 22 ott. 2008, in vigore dal 1° gen. 2009 (RU 2008 5097). Vedi anche le disp. fin. di detta mod. alla fine del presente testo. Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 54 / 128 832.102 3 Per la ripartizione del finanziamento del contributo per ogni caso è applicabile per analogia l’articolo 49a capoversi 1 e 2 della legge. Art. 59f240 Comunicazione dei dati sulle tariffe nel settore delle cure ambulatoriali 1 L’obbligo di comunicazione dei dati secondo l’articolo 47b capoverso 1 LAMal comprende i seguenti dati: a. dati generali sull’attività, segnatamente: 1. tipo di impresa, compresa la forma giuridica, 2. sedi, 3. infrastruttura medico-tecnica, 4. periodo di operatività annuale; b. dati sull’effettivo del personale dell’impresa, segnatamente: 1. numero di fornitori di prestazioni, suddiviso per categorie di cui all’arti- colo 35 capoverso 2 LAMal e in base alla specializzazione, nonché rima- nente personale, 2. indicazioni sul volume di occupazione dei fornitori di prestazioni, suddi- vise per categorie di cui all’articolo 35 capoverso 2 LAMal e in base alla specializzazione, nonché del rimanente personale; c. tipo di prestazioni, esami e cure; d. costi di produzione delle prestazioni, segnatamente: 1. spese per il personale per categoria di personale, compresa la previdenza professionale comprovata separatamente, 2. costi e quantità del materiale, 3. costi per l’uso di spazi e superficie degli spazi, 4. costi del capitale nonché capitale proprio e capitale di terzi, 5. ammortamenti e immobilizzazioni, 6. spese per investimenti; e. informazioni quantitative sull’imputazione dei costi di produzione alle singole prestazioni in base al modello di costi, e in particolare durata della prestazione e numero di pazienti; f. evoluzione dei costi a carico dell’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie, segnatamente: 1. posizioni tariffali, volume delle prestazioni e costi delle prestazioni con- teggiate, 2. numero di pazienti curati in regime ambulatoriale, 3. numero di consultazioni per paziente. 2 I dati rilevati dall’UST in virtù dell’articolo 30 non possono essere richiesti sulla base del capoverso 1. 240 Introdotto dal n. I dell’O del 23 nov. 2022, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 814). Assicurazione malattie. O 55 / 128 832.102 Art. 59g241 Trasmissione dei dati 1 I dati di cui all’articolo 59f devono essere trasmessi al DFI o al governo cantonale competente in modo corretto, completo, tempestivo e a proprie spese, salvaguardando l’anonimato dei pazienti, in forma codificata e per via elettronica. 2 Se constata delle carenze nella fornitura di dati, il DFI o il governo cantonale com- petente deve fissare un termine di proroga per la trasmissione di dati corretti e com- pleti, prima che possano essere adottate le sanzioni previste all’articolo 47b capo- verso 2 LAMal. Art. 59h242 Regolamenti cantonali per il trattamento dei dati Per la rilevazione e il trattamento dei dati secondo l’articolo 47b LAMal, il governo cantonale competente elabora un regolamento che descrive l’organizzazione interna e in particolare le procedure di trattamento e di controllo dei dati in applicazione delle disposizioni cantonali sulla protezione dei dati e comprende tutti i documenti relativi alla pianificazione, elaborazione e gestione dei sistemi di trattamento dei dati e dei mezzi informatici. Il governo cantonale lo aggiorna regolarmente. Art. 59i243 Sicurezza e conservazione dei dati Nella misura in cui la conservazione, la cancellazione e la distruzione dei dati non sono disciplinate altrimenti, le autorità che ricevono dati secondo l’articolo 47b LA- Mal devono rispettare i principi seguenti: a. adottare le necessarie misure tecniche e organizzative per proteggere i dati contro il trattamento non autorizzato; b. cancellare i dati non appena non servono più per raggiungere lo scopo per il quale sono stati comunicati; c. distruggere i dati al più tardi cinque anni dopo averli ricevuti, tranne se devono essere archiviati. Sezione 2:244 Elenco delle analisi Art. 60245 Pubblicazione L’elenco delle analisi (art. 52 cpv. 1 lett. a n. 1 LAMal) è diffuso di regola ogni anno. Il titolo e il riferimento sono pubblicati nella Raccolta ufficiale delle leggi federali. 241 Introdotto dal n. I dell’O del 23 nov. 2022, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 814). 242 Introdotto dal n. I dell’O del 23 nov. 2022, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 814). 243 Introdotto dal n. I dell’O del 23 nov. 2022, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 814). 244 Originaria Sez. 1. 245 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 26 giu. 2002, in vigore il 1° lug. 2002 (RU 2002 2129). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 56 / 128 832.102 Art. 61 Ammissione, radiazione 1 All’UFSP possono essere sottoposte proposte d’ammissione di analisi nell’elenco delle analisi. 2 L’UFSP esamina la proposta e la sottopone alla commissione competente. Per l’esame, può appellarsi a periti esterni. Può, di sua iniziativa oppure sentita la com- missione competente, subordinare l’ammissione di un’analisi ad esami suppletivi. 3 Le analisi iscritte nell’elenco delle analisi vanno radiate se non soddisfano più le condizioni d’ammissione. Art. 62246 Designazione separata di determinate analisi 1 Il DFI designa le analisi che: a. possono essere eseguite nell’ambito delle cure di base dai laboratori di cui all’articolo 54 capoverso 1; b. possono essere prescritte dai chiropratici conformemente all’articolo 25 capo- verso 2 lettera b della legge; c. possono essere prescritte dalle levatrici conformemente all’articolo 29 capo- verso 2 lettera a della legge. 2 ...247 Sezione 3:248 Elenco dei medicamenti con tariffa Art. 63 1 L’elenco dei medicamenti con tariffa (art. 52 cpv. 1 lett. a n. 2 LAMal) è diffuso di regola ogni anno. Il titolo e il riferimento sono pubblicati nella Raccolta ufficiale delle leggi federali. 2 Per l’ammissione di medicamenti nell’elenco dei medicamenti con tariffa si appli- cano per analogia le disposizioni relative all’ammissione nell’elenco delle specialità. 246 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 feb. 2000, in vigore dal 1° apr. 2000 (RU 2000 889). 247 Abrogato dal n. I dell’O del 4 giu. 2021, con effetto dal 1° ott. 2021 (RU 2021 346). 248 Originaria Sez. 2. Assicurazione malattie. O 57 / 128 832.102 Sezione 4:249 Elenco delle specialità Art. 64250 Art. 64a251 Definizioni 1 È considerato preparato originale qualsiasi medicamento la cui sostanza attiva è stata omologata per la prima volta dall’Istituto svizzero per gli agenti terapeutici, Swissme- dic (Istituto), compresa qualsiasi forma galenica autorizzata allo stesso momento o ulteriormente. 2 È considerato generico qualsiasi medicamento omologato dall’Istituto che per l’es- senziale è uguale a un preparato originale ed è intercambiabile con quest’ultimo poi- ché possiede una sostanza attiva, una forma galenica e un dosaggio identici.252 3 È considerato medicamento in co-marketing qualsiasi medicamento omologato dall’Istituto che si differenzia da un altro medicamento omologato dall’Istituto (pre- parato di base) unicamente per la denominazione e l’imballaggio. Art. 65253 Condizioni di ammissione254 1 Un medicamento può essere ammesso nell’elenco delle specialità se è stato valida- mente omologato dall’Istituto. 1bis Se un medicamento adempie le condizioni di ammissione nell’elenco delle spe- cialità per le infermità congenite di cui all’articolo 3sexies dell’ordinanza del 17 gen- naio 1961255 sull’assicurazione per l’invalidità (OAI), non è ammesso nell’elenco delle specialità.256 2 I medicamenti pubblicamente reclamizzati secondo l’articolo 2 lettera b dell’ordi- nanza del 17 ottobre 2001257 sulla pubblicità dei medicamenti non sono ammessi nell’elenco delle specialità. 3 I medicamenti devono essere efficaci, idonei ed economici. 4 Il titolare dell’omologazione di un preparato originale deve consegnare all’UFSP, con la domanda di ammissione nell’elenco delle specialità, il numero dei brevetti, il numero dei certificati originali di protezione nonché la loro data di scadenza.258 249 Originaria Sez. 3. 250 Abrogato dal n. I dell’O del 29 apr. 2015, con effetto dal 1° giu. 2015 (RU 2015 1255). 251 Introdotto dal n. I dell’O del 26 apr. 2006, in vigore dal 10 mag. 2006 (RU 2006 1717). 252 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). 253 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° lug. 2009, in vigore dal 1° ott. 2009 (RU 2009 4245). 254 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). 255 RS 831.201 256 Introdotto dall’all. n. 4 dell’O del 3 nov. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 706). Vedi anche le disp. trans. di detta mod. alla fine del testo. 257 RS 812.212.5 258 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 29 apr. 2015, in vigore dal 1° giu. 2015 (RU 2015 1255). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 58 / 128 832.102 5 L’UFSP può vincolare l’ammissione a condizioni e oneri, in particolare: a. può ammettere per un periodo limitato un medicamento la cui efficacia, ido- neità ed economicità sono ancora in fase di valutazione, se mancano terapie alternative o se il medicamento promette una maggiore efficacia rispetto alle terapie esistenti; b. può vincolare l’ammissione all’obbligo del titolare dell’omologazione di in- formare l’UFSP se per un determinato periodo il medicamento supera una ci- fra d’affari prestabilita.259 Art. 65a260 Valutazione dell’efficacia La valutazione dell’efficacia dei medicamenti allopatici deve poggiare in ogni caso su studi clinici controllati. Art. 65b261 Valutazione dell’economicità 262 1 Un medicamento è economico quando al minor costo possibile produce l’effetto te- rapeutico desiderato. 2 L’economicità è valutata in base ai seguenti confronti: a. confronto con i prezzi praticati in Stati di riferimento (confronto con i prezzi praticati all’estero); b.263 confronto con altri medicamenti (confronto terapeutico trasversale). 3 Il confronto con i prezzi praticati all’estero si basa sul prezzo di fabbrica per la con- segna. Se non esistono prezzi di fabbrica per la consegna pubblicamente accessibili, funge da base il prezzo di costo per le farmacie o, se neppure questo è pubblicamente accessibile, il prezzo di vendita al pubblico, detraendone i margini dei grossisti. Il DFI stabilisce l’ammontare della detrazione basandosi sui margini medi dei grossisti. Può prevedere che, invece dei margini medi, siano dedotti i margini effettivi concessi ai grossisti. 4 Gli sconti vincolanti imposti ai fabbricanti negli Stati di riferimento sono detratti dai relativi prezzi di fabbrica per la consegna. Il DFI stabilisce gli sconti da prendere in considerazione. Può prevedere che invece di tali sconti siano detratti gli sconti effettivi dei fabbricanti. 4bis Il confronto terapeutico trasversale esamina i seguenti aspetti: 259 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 29 apr. 2015, in vigore dal 1° giu. 2015 (RU 2015 1255). 260 Introdotto dal n. I dell’O del 26 apr. 2006 (RU 2006 1717). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° lug. 2009, in vigore dal 1° ott. 2009 (RU 2009 4245). 261 Introdotto dal n. I dell’O del 26 apr. 2006 (RU 2006 1717). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 29 apr. 2015, in vigore dal 1° giu. 2015 (RU 2015 1255). 262 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). 263 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). Assicurazione malattie. O 59 / 128 832.102 a. l’efficacia rispetto ad altri medicamenti che sono utilizzati per il trattamento della stessa malattia; b. il costo giornaliero del medicamento o della cura rispetto a quello di altri me- dicamenti che sono utilizzati per il trattamento della stessa malattia.264 5 Dopo aver determinato il prezzo medio negli Stati di riferimento nel confronto con i prezzi praticati all’estero e il prezzo medio di altri medicamenti nel confronto tera- peutico trasversale, i due prezzi sono presi in considerazione con una ponderazione del 50 per cento ciascuno.265 6 Nella valutazione dell’economicità di un preparato originale sono inoltre presi in considerazione i costi di ricerca e di sviluppo, salvo che si tratti di un preparato origi- nale successore che non comporta alcun beneficio terapeutico supplementare rispetto al preparato originale iscritto nell’elenco delle specialità. 7 Se il medicamento comporta un beneficio terapeutico supplementare significativo, nel quadro del confronto terapeutico trasversale si tiene conto di un premio all’inno- vazione per un massimo di 15 anni.266 Art. 65c267 Valutazione dell’economicità dei generici 1 Per la valutazione dell’economicità dei generici si tiene conto del fatto che i corri- spettivi costi di sviluppo sono inferiori a quelli relativi ai preparati originali. 2 Ai fini dell’ammissione nell’elenco delle specialità, un generico è considerato eco- nomico se il suo prezzo di fabbrica per la consegna, rispetto al prezzo del preparato originale con cui tale generico è intercambiabile: a. è inferiore almeno del 20 per cento, nella misura in cui nei tre anni precedenti la scadenza della protezione del brevetto il volume di mercato svizzero del preparato originale e del relativo medicamento in co-marketing non supera in media 4 milioni di franchi all’anno; b. è inferiore almeno del 30 per cento, nella misura in cui nei tre anni precedenti la scadenza della protezione del brevetto il volume di mercato svizzero del preparato originale e del relativo medicamento in co-marketing si situa in me- dia tra 4 e 8 milioni di franchi all’anno; c. è inferiore almeno del 50 per cento, nella misura in cui nei tre anni precedenti la scadenza della protezione del brevetto il volume di mercato svizzero del preparato originale e del relativo medicamento in co-marketing si situa in me- dia tra 8 e 16 milioni di franchi all’anno; 264 Introdotto dal n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). 265 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). 266 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). 267 Introdotto dal n. I dell’O del 26 apr. 2006 (RU 2006 1717). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° lug. 2009, in vigore dal 1° ott. 2009 (RU 2009 4245). Vedi anche le disp. trans. di detta mod. alla fine del presente testo. Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 60 / 128 832.102 d. è inferiore almeno del 60 per cento, nella misura in cui nei tre anni precedenti la scadenza della protezione del brevetto il volume di mercato svizzero del preparato originale e del relativo medicamento in co-marketing si situa in me- dia tra 16 e 25 milioni di franchi all’anno; e. è inferiore almeno del 70 per cento, nella misura in cui nei tre anni precedenti la scadenza della protezione del brevetto il volume di mercato svizzero del preparato originale e del relativo medicamento in co-marketing supera in me- dia 25 milioni di franchi all’anno.268 3 Per calcolare il prezzo di fabbrica per la consegna dei generici è determinante il prezzo di fabbrica per la consegna del preparato originale calcolato secondo l’articolo 65e.269 4 Il volume annuale di mercato svizzero si calcola in base al prezzo di fabbrica per la consegna del preparato originale e del relativo medicamento in co-marketing ed è de- terminato per ogni forma di commercio del medesimo principio attivo. Nell’ambito di una domanda di ammissione di un generico nell’elenco delle specialità, l’UFSP può richiedere al titolare dell’omologazione la notifica del volume di mercato svizzero. Il volume di mercato deve essere determinato in base alla cifra d’affari rilevata da un istituto indipendente.270 5 I prezzi dei generici ammessi nell’elenco delle specialità prima del riesame dei prezzi dei preparati originali secondo l’articolo 65e sono adeguati, dopo siffatto rie- same, allo scopo di mantenere invariata la differenza di prezzo sopraindicata. Art. 65d271 Riesame delle condizioni di ammissione ogni tre anni 1 Ogni tre anni l’UFSP riesamina se tutti i medicamenti che figurano nell’elenco delle specialità adempiono ancora le condizioni di ammissione. I medicamenti sono suddi- visi in tre unità in funzione dell’appartenenza a un gruppo terapeutico dell’elenco delle specialità. Ciascuna unità è riesaminata ogni tre anni. 2 Il confronto con i prezzi praticati all’estero si basa sull’imballaggio con la maggiore cifra d’affari. 3 Il confronto terapeutico trasversale si basa sull’imballaggio più piccolo e sul dosag- gio minimo, a meno che l’imballaggio più piccolo e il dosaggio minimo non permet- tano un confronto adeguato, segnatamente a causa di dosaggi differenti all’inizio della terapia o di dimensioni differenti dell’imballaggio. 268 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). 269 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). 270 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). 271 Introdotto dal n. I dell’O del 1° lug. 2009 (RU 2009 4245). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). Vedi anche le disp. trans. di detta mod. alla fine del presente testo. Assicurazione malattie. O 61 / 128 832.102 4 Se dal riesame risulta che il prezzo massimo è troppo elevato, l’UFSP decide che il prezzo sia ridotto, per il 1° dicembre dell’anno del riesame, al prezzo massimo deter- minato secondo l’articolo 65b capoverso 5 e l’articolo 67 capoverso 1quater. Il fatto che il prezzo di fabbrica per la consegna in base al quale è stato stabilito il prezzo massimo sia inferiore al prezzo di fabbrica per la consegna determinato secondo l’articolo 65b capoverso 5 non giustifica un aumento di prezzo. 5 Il titolare dell’omologazione comunica all’UFSP tutte le informazioni necessarie. 6 L’UFSP comunica al titolare dell’omologazione di un generico il livello di prezzo previsto dal 1° dicembre per il preparato originale. Art. 65e272 Riesame delle condizioni di ammissione alla scadenza del brevetto 1 Immediatamente dopo la scadenza della protezione del brevetto, l’UFSP riesamina i preparati originali per verificare se adempiono ancora le condizioni di ammissione. 2 Nell’ambito del confronto terapeutico trasversale, il confronto dei costi secondo l’ar- ticolo 65b capoverso 4bis lettera b si basa esclusivamente su preparati originali il cui brevetto è scaduto. Un eventuale premio all’innovazione non è più preso in conside- razione. 3 Per il riesame dell’economicità i costi di ricerca e di sviluppo non sono più presi in considerazione. 4 Se dal riesame dell’economicità risulta che il prezzo massimo è troppo elevato, l’UFSP decide che il prezzo sia ridotto al prezzo massimo determinato secondo l’ar- ticolo 65b capoverso 5 e l’articolo 67 capoverso 1quater. Art. 65f273 Estensione dell’indicazione e modificazione della limitazione 1 Se l’Istituto omologa una nuova indicazione per un preparato originale o se il titolare dell’omologazione presenta una domanda di modifica o soppressione di una limita- zione a seguito di un’estensione dell’indicazione, l’UFSP riesamina tale preparato ori- ginale per verificare se adempie ancora le condizioni di ammissione. 2 Fino al riesame delle condizioni di ammissione secondo l’articolo 65d, il preparato originale è considerato come economico se il titolare dell’omologazione chiede di ri- nunciare al 35 per cento della maggiore cifra d’affari prevista; la rinuncia è trasfor- mata in una riduzione del prezzo di fabbrica per la consegna. Sono esclusi i preparati originali la cui estensione della quantità del numero di imballaggi prevista è 100 volte più elevata rispetto a prima dell’ammissione della nuova indicazione o la cui maggiore cifra d’affari prevista non è determinabile a causa della mancanza di dati. 3 Dopo due anni, l’UFSP valuta se la cifra d’affari complessiva prevista, inclusa la maggiore cifra d’affari prevista, di cui al capoverso 2 corrisponde alla cifra d’affari 272 Introdotto dal n. I dell’O del 1° lug. 2009 (RU 2009 4245). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). 273 Introdotto dal n. I dell’O dell’8 mag. 2013 (RU 2013 1353). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 29 apr. 2015, in vigore dal 1° giu. 2015 (RU 2015 1255). Vedi anche le disp. trans. mod. 8.5.2013. Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 62 / 128 832.102 complessiva effettivamente realizzata, inclusa la maggiore cifra d’affari effettiva- mente realizzata. Se da tale verifica risulta che la cifra d’affari complessiva prevista, inclusa la maggiore cifra d’affari prevista, è stata superata, l’UFSP decide un’adeguata riduzione del prezzo.274 4 Se il titolare dell’omologazione rinuncia a presentare una richiesta secondo il capo- verso 2 primo periodo o in presenza di una deroga ai sensi del capoverso 2 secondo periodo, l’economicità è valutata secondo l’articolo 65b. 5 Se l’Istituto rilascia l’omologazione per una nuova indicazione di un preparato ori- ginale, il titolare dell’omologazione è tenuto a comunicare all’UFSP entro 90 giorni l’estensione dell’indicazione. L’UFSP può impartire un congruo termine supplemen- tare e chiedere la presentazione dei documenti stabiliti dal DFI per il riesame delle condizioni di ammissione. 6 Se le condizioni di ammissione per la nuova indicazione non sono adempiute, l’UFSP può limitare il preparato originale all’indicazione vigente. Art. 65g275 Limitazione dell’indicazione 1 Se l’Istituto limita l’indicazione per un preparato originale, l’UFSP adegua imme- diatamente la limitazione nell’elenco delle specialità. L’UFSP può successivamente verificare se le condizioni di ammissione del preparato originale sono adempiute e richiedere i documenti necessari dal titolare dell’omologazione. 2 Se l’UFSP non verifica se il preparato originale adempie le condizioni di ammissione conformemente al capoverso 1, fino al loro riesame secondo l’articolo 65d il preparato originale, i suoi generici o i suoi medicamenti in co-marketing sono considerati come economici. Il prezzo non può essere aumentato in seguito a una limitazione dell’indi- cazione. 3 Il titolare dell’omologazione comunica all’UFSP entro 30 giorni ogni limitazione dell’indicazione da parte dell’Istituto e gli presenta entro 90 giorni i documenti stabi- liti dal DFI. Art. 66276 Indipendenza dei riesami del prezzo I riesami del prezzo di cui agli articoli 65a–65g sono effettuati in modo indipendente gli uni dagli altri. Nell’arco dello stesso anno civile sono possibili diverse riduzioni dei prezzi. 274 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). 275 Introdotto dal n. I dell’O del 29 apr. 2015, in vigore dal 1° giu. 2015 (RU 2015 1255). 276 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 29 apr. 2015, in vigore dal 1° giu. 2015 (RU 2015 1255). Assicurazione malattie. O 63 / 128 832.102 Art. 66a277 Riesame intermedio Dopo l’iscrizione di un medicamento nell’elenco delle specialità, l’UFSP può esami- nare in qualsiasi momento se le condizioni di ammissione sono ancora adempiute. Art. 66b278 Medicamenti in co-marketing e generici 1 Se un preparato originale da riesaminare secondo gli articoli 65a–65g è pure un pre- parato di base di un medicamento in co-marketing, quest’ultimo è riesaminato con- temporaneamente al suo preparato di base. Un medicamento in co-marketing è eco- nomico se il suo prezzo non supera quello del preparato di base. 2 Se a seguito di un riesame secondo l’articolo 65f o 65g un preparato originale subisce una limitazione o una modificazione della limitazione, l’UFSP decide la stessa limi- tazione per i rispettivi generici e medicamenti in co-marketing. Art. 67279 Prezzi 1 L’elenco delle specialità indica i prezzi massimi determinanti per la consegna da parte di farmacisti, medici, ospedali e case di cura.280 1bis Il prezzo massimo consta del prezzo di fabbrica per la consegna e della parte pro- pria alla distribuzione.281 1ter Il prezzo di fabbrica per la consegna rimunera le prestazioni, consegne comprese, del fabbricante e della ditta di distribuzione fino alla fornitura dal deposito in Sviz- zera.282 1quater La parte propria alla distribuzione rimunera le prestazioni logistiche. Essa con- sta: a. per i medicamenti che in base alla classificazione dell’Istituto sono soggetti a prescrizione medica: 1. di un supplemento calcolato in rapporto al prezzo di fabbrica per la con- segna (supplemento attinente al prezzo) che considera segnatamente i co- sti del capitale per la gestione delle scorte e per gli averi da riscuotere, 2. di un supplemento per imballaggio, segnatamente per i costi di trasporto, d’infrastruttura e del personale; b. per i medicamenti che in base alla classificazione dell’Istituto non sono sog- getti a prescrizione medica: di supplemento attinente al prezzo.283 277 Introdotto dal n. I dell’O del 26 apr. 2006 (RU 2006 1717). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). 278 Introdotto dal n. I dell’O del 26 apr. 2006 (RU 2006 1717). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 29 apr. 2015, in vigore dal 1° giu. 2015 (RU 2015 1255). 279 Vedi anche le disp. fin. della mod. del 2 ott. 2000 alla fine del presente testo. 280 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 2 ott. 2000, in vigore dal 1° gen. 2001 (RU 2000 2835). 281 Introdotto dal n. I dell’O del 2 ott. 2000, in vigore dal 1° gen. 2001 (RU 2000 2835). 282 Introdotto dal n. I dell’O del 2 ott. 2000, in vigore dal 1° gen. 2001 (RU 2000 2835). 283 Introdotto dal n. I dell’O del 2 ott. 2000 (RU 2000 2835). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° lug. 2009, in vigore dal 1° ott. 2009 (RU 2009 4245). Vedi anche le disp. trans. di detta mod. alla fine del presente testo. Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 64 / 128 832.102 2 Per l’aumento dei prezzi stabiliti nell’elenco delle specialità occorre l’autorizzazione dell’UFSP. L’autorizzazione è accordata solo se: a. il medicamento adempie ancora le condizioni di ammissione; e b. sono trascorsi almeno due anni dall’ammissione o dall’ultimo aumento di prezzo.284 2bis ...285 2ter ...286 3 ...287 4 ...288 Art. 67a289 Restituzione delle eccedenze 1 Se il prezzo di fabbrica per la consegna in base al quale è stato deciso il prezzo massimo al momento dell’ammissione di un medicamento nell’elenco delle specialità supera di oltre il 3 per cento il prezzo di fabbrica per la consegna determinato in oc- casione dell’esame dell’economicità e le eccedenze così conseguite ammontano ad almeno 20 000 franchi, il titolare dell’omologazione è obbligato a restituire le ecce- denze conseguite dopo l’ammissione all’istituzione comune definita nell’articolo 18 LAMal. 2 Il titolare dell’omologazione è inoltre obbligato a restituire all’istituzione comune le eccedenze conseguite: a.290 durante una procedura di ricorso, se vi è una differenza tra il prezzo applica- bile durante la procedura di ricorso e il nuovo prezzo passato in giudicato al termine della procedura di ricorso e il titolare dell’omologazione ha conse- guito eccedenze grazie a questa differenza di prezzo; b. nei due anni successivi alla riduzione del prezzo di fabbrica per la consegna secondo l’articolo 65f capoverso 2 primo periodo, se la cifra d’affari effettiva era superiore a quella prevista in occasione della riduzione. Art. 68 Radiazione 1 Un medicamento iscritto nell’elenco delle specialità è radiato se: 284 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). 285 Introdotto dal n. I dell’O del 26 giu. 2002 (RU 2002 2129). Abrogato dal n. I dell’O del 1° lug. 2009, con effetto dal 1° ott. 2009 (RU 2009 4245). 286 Introdotto dal n. I dell’O del 26 giu. 2002 (RU 2002 2129). Abrogato dal n. I dell’O del 29 apr. 2015, con effetto dal 1° giu. 2015 (RU 2015 1255). Vedi anche le disp. trans. di detta mod. alla fine del presente testo. 287 Abrogato dal n. I dell’O del 1° lug. 2009, con effetto dal 1° ott. 2009 (RU 2009 4245). 288 Introdotto dal n. I dell’O del 25 nov. 1996 (RU 1996 3139). Abrogato dal n. I dell’O del 2 ott. 2000, con effetto dal 1° gen. 2001 (RU 2000 2835). 289 Introdotto dal n. I dell’O del 29 apr. 2015, in vigore dal 1° giu. 2015 (RU 2015 1255). 290 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). Assicurazione malattie. O 65 / 128 832.102 a. non adempie più tutte le condizioni d’ammissione; b. il prezzo indicato nell’elenco in vigore è stato aumentato senza il consenso dell’UFSP; c.291 il titolare dell’omologazione del preparato originale non adempie le condi- zioni e gli oneri stabiliti conformemente all’articolo 65 capoverso 5; d.292 il titolare dell’omologazione reclamizza il medicamento, direttamente o indi- rettamente, pubblicamente; e.293 le tasse e i costi di cui all’articolo 70b non sono pagati per tempo; f.294 il titolare dell’omologazione si rifiuta di presentare i documenti necessari ai riesami di cui agli articoli 65d–65g; g.295 il titolare dell’omologazione si rifiuta di restituire le eccedenze conseguite se- condo l’articolo 67a. 2 La radiazione ha effetto decorsi tre mesi dalla pubblicazione nel Bollettino dell’Uf- ficio della sanità pubblica (art. 72 lett. a). Se motivi particolari lo giustificano, essa ha effetto dal giorno della pubblicazione. Art. 69296 Domande 1 La domanda d’ammissione di un medicamento pronto per l’uso nell’elenco delle specialità va presentata all’UFSP. 2 Per ogni modifica di un medicamento iscritto nell’elenco delle specialità o del suo prezzo va presentata una nuova domanda. Se è stata modificata la composizione delle sostanze attive, l’atto di modifica dell’omologazione dell’Istituto deve essere allegato alla domanda.297 3 Dai documenti allegati alla domanda deve risultare che le condizioni d’ammissione sono adempiute. 4 La domanda di ammissione nell’elenco delle specialità o di modifica dell’elenco delle specialità può essere presentata quando sono disponibili i dati concernenti le indicazioni e il dosaggio confermati dall’Istituto nel quadro del preavviso di cui all’ar- ticolo 8 dell’ordinanza del 21 settembre 2018298 sui medicamenti. L’UFSP entra nel 291 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° lug. 2009, in vigore dal 1° ott. 2009 (RU 2009 4245). 292 Introdotta dal n. I dell’O del 26 giu. 2002 (RU 2002 2129). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 29 apr. 2015, in vigore dal 1° giu. 2015 (RU 2015 1255). 293 Introdotta dal n. I dell’O del 26 giu. 2002 (RU 2002 2129). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). 294 Introdotta dal n. I dell’O dell’8 mag. 2013 (RU 2013 1353). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 29 apr. 2015, in vigore dal 1° giu. 2015 (RU 2015 1255). 295 Introdotta dal n. I dell’O dell’8 mag. 2013 (RU 2013 1353). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 29 apr. 2015, in vigore dal 1° giu. 2015 (RU 2015 1255). 296 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 26 giu. 2002 , in vigore il 1° lug. 2002 (RU 2002 2129). 297 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 26 apr. 2006, in vigore dal 10 mag. 2006 (RU 2006 1717). 298 RS 812.212.21. Il rimando è stato adeguato in applicazione dell'art. 12 cpv. 2 della L del 18 giu. 2004 sulle pubblicazioni ufficiali (RS 170.512) con effetto dal 1° gen. 2019. Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 66 / 128 832.102 merito della domanda non appena è in possesso della relativa documentazione. Per singole domande, il DFI può prevedere che possano essere presentate solo dopo l’omologazione da parte dell’Istituto.299 Art. 69a300 Art. 70301 Ammissione senza domanda L’UFSP può ammettere o mantenere nell’elenco delle specialità un medicamento o un’indicazione di un medicamento che sono stati omologati dall’Istituto, se rivestono una grande importanza per le cure mediche, anche se il titolare dell’omologazione non ha presentato una domanda di ammissione o ne ha chiesto la radiazione. L’UFSP ne stabilisce il prezzo. Art. 70a302 Prescrizioni di dettaglio Il DFI emana prescrizioni di dettaglio: a. sulla procedura d’ammissione di medicamenti nell’elenco delle specialità; b. sui criteri applicabili in materia di valutazione dell’efficacia, dell’idoneità e dell’economicità; c.303 sulla procedura di riesame delle condizioni di ammissione di cui agli arti- coli 65d–65g; d.304 sulla procedura di restituzione delle eccedenze di cui all’articolo 67a. Art. 70b305 Tasse 1 Per le decisioni in merito alle domande di iscrizione nell’elenco delle specialità e per le singole iscrizioni sono riscosse tasse. L’importo delle tasse è definito nell’alle- gato 1. 2 I costi straordinari, segnatamente per perizie esterne mediche o economiche, pos- sono essere conteggiati in sovrappiù. La tariffa oraria ammonta a 200 franchi. 3 Per spese straordinarie, l’UFSP può riscuotere tasse in corrispondenza del tempo impiegato. La tariffa oraria ammonta, a seconda della competenza specifica richiesta, a 100−250 franchi. 299 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). 300 Introdotto dal n. I dell’O del 26 giu. 2002 (RU 2002 2129). Abrogato n. I dell’O del 27 giu. 2007, con effetto dal 1° ago. 2007 (RU 2007 3573). 301 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). 302 Introdotto dal n. I dell’O del 1° lug. 2009, in vigore dal 1° ott. 2009 (RU 2009 4245). 303 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 29 apr. 2015, in vigore dal 1° giu. 2015 (RU 2015 1255). 304 Introdotta dal n. I dell’O del 29 apr. 2015, in vigore dal 1° giu. 2015 (RU 2015 1255). 305 Originario art. 71. Nuovo testo giusta il n. I dell’O dell’8 mag. 2013, in vigore dal 1° gen. 2014 (RU 2013 1353). Assicurazione malattie. O 67 / 128 832.102 4 Per il rimanente si applicano le disposizioni dell’ordinanza generale dell’8 settembre 2004306 sugli emolumenti. Art. 71307 Pubblicazioni 1 L’UFSP pubblica l’elenco delle specialità (art. 52 cpv. 1 lett. b LAMal). 2 Al momento dell’ammissione di un medicamento nell’elenco delle specialità e dell’estensione dell’indicazione o della modificazione della limitazione secondo l’ar- ticolo 65f, l’UFSP pubblica le basi utilizzate per valutare l’efficacia e l’idoneità del medicamento, il confronto terapeutico trasversale (art. 65b cpv. 2 lett. b) e il premio all’innovazione (art. 65b cpv. 7), nonché il prezzo medio di fabbrica per la consegna negli Stati di riferimento (art. 65b cpv. 2 lett. a).308 3 In caso di ammissione nell’elenco delle specialità per un periodo limitato secondo l’articolo 65 capoverso 5 lettera a, l’UFSP pubblica la durata dell’ammissione. 4 Se una sua decisione viene impugnata mediante ricorso, l’UFSP può pubblicare il nome del medicamento in questione. 5 Dopo aver riesaminato le condizioni di ammissione alla scadenza del brevetto, l’UFSP pubblica i prezzi di fabbrica per la consegna del preparato originale.309 6 Le pubblicazioni di cui ai capoversi 1–5 sono effettuate attraverso una piattaforma online pubblicamente accessibile.310 Sezione 4a: Rimunerazione di medicamenti nel singolo caso311 Art. 71a312 Assunzione dei costi di un medicamento ammesso nell’elenco delle specialità che non rientra nell’informazione professionale approvata o nella limitazione 1 L’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie assume i costi di un medi- camento ammesso nell’elenco delle specialità per un impiego che non rientra nell’in- formazione professionale approvata dall’Istituto o nella limitazione stabilita nell’elenco delle specialità secondo l’articolo 73 se: a. l’impiego del medicamento costituisce un presupposto indispensabile per l’esecuzione di un’altra prestazione assunta dall’assicurazione obbligatoria 306 RS 172.041.1 307 Introdotto dal n. I dell’O del 29 apr. 2015, in vigore dal 1° giu. 2015 (RU 2015 1255). Vedi anche le disp. trans. di detta mod. alla fine del presente testo. 308 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). 309 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). 310 I documenti possono essere consultati al seguente indirizzo Internet: www.bag.admin.ch > Temi > Assicurazione malattie > Tariffe e prezzi > Elenco delle specialità 311 Introdotto dal n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). 312 Introdotto dal n. I dell’O del 2 feb. 2011, in vigore dal 1° mar. 2011 (RU 2011 653). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 68 / 128 832.102 delle cure medico-sanitarie e tale prestazione è chiaramente predominante; oppure b. l’impiego del medicamento promette un elevato beneficio terapeutico contro una malattia che può avere esito letale per l’assicurato o può provocare danni gravi e cronici alla sua salute e, a causa della mancanza di alternative terapeu- tiche, un altro trattamento omologato efficace non è disponibile. 2 L’assicuratore stabilisce l’importo della rimunerazione d’intesa con il titolare dell’omologazione. Il prezzo da rimunerare deve essere inferiore al prezzo massimo iscritto nell’elenco delle specialità.313 3 ...314 Art. 71b315 Assunzione dei costi di un medicamento omologato dall’Istituto non ammesso nell’elenco delle specialità 1 L’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie assume i costi di un medi- camento pronto per l’uso omologato dall’Istituto, non ammesso nell’elenco delle spe- cialità, per un impiego che rientra o non rientra nell’informazione professionale se sono adempiute le condizioni di cui all’articolo 71a capoverso 1 lettera a o b. 2 L’assicuratore stabilisce l’importo della rimunerazione d’intesa con il titolare dell’omologazione. Art. 71c316 Assunzione dei costi di un medicamento importato non omologato dall’Istituto 1 L’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie assume i costi di un medi- camento pronto per l’uso non omologato dall’Istituto, che può essere importato se- condo la legge sugli agenti terapeutici, se le condizioni di cui all’articolo 71a capo- verso 1 lettera a o b sono adempiute e il medicamento è omologato per la corrispondente indicazione da uno Stato con un sistema di omologazione riconosciuto come equivalente dall’Istituto. 2 L’assicuratore rimunera i costi a cui il medicamento è importato dall’estero. Il for- nitore di prestazioni sceglie il Paese d’importazione del medicamento prestando at- tenzione ai costi. Art. 71d317 Disposizioni comuni 1 L’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie assume i costi del medica- mento soltanto previa garanzia speciale dell’assicuratore e previa consultazione del medico di fiducia. 313 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). 314 Abrogato dal n. I dell’O del 1° feb. 2017, con effetto dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). 315 Introdotto dal n. I dell’O del 2 feb. 2011 (RU 2011 653). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). 316 Introdotto dal n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). 317 Introdotto dal n. I dell’O del 1° feb. 2017, in vigore dal 1° mar. 2017 (RU 2017 623). Assicurazione malattie. O 69 / 128 832.102 2 L’assicuratore verifica se i costi assunti dall’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie sono proporzionati al beneficio terapeutico. 3 Se la domanda di garanzia di assunzione dei costi è completa, l’assicuratore decide in merito entro due settimane. 4 Il fornitore di prestazioni addebita all’assicuratore i costi effettivi. Per i medicamenti di cui all’articolo 71a è addebitato il prezzo massimo figurante nell’elenco delle spe- cialità, mentre per i medicamenti di cui agli articoli 71b e 71c il prezzo al quale il fornitore di prestazioni ha acquistato il medicamento, maggiorato dalla parte propria alla distribuzione di cui all’articolo 67 capoverso 1quater e dall’imposta sul valore ag- giunto. Art. 71e318 Assunzione dei costi dei medicamenti per il trattamento dei pazienti affetti da COVID-19 Gli articoli 71a–71d non si applicano all’assunzione dei costi dei: a. medicamenti impiegati per il trattamento di pazienti affetti da COVID-19 e contenenti principi attivi elencati nell’allegato 5 dell’ordinanza 3 COVID-19 del 19 giugno 2020319; b. medicamenti validamente omologati dall’Istituto con un’indicazione per il trattamento dei pazienti affetti da COVID-19. Art. 71f320 Assunzione dei costi dei medicamenti impiegati per il trattamento ambulatoriale o ospedaliero di pazienti affetti da vaiolo delle scimmie Gli articoli 71a–71d non si applicano all’assunzione dei costi dei medicamenti impie- gati per il trattamento ambulatoriale o ospedaliero di pazienti affetti da vaiolo delle scimmie. Sezione 5:321 Disposizioni comuni per l’Elenco delle analisi, l’Elenco dei medicamenti con tariffa e l’Elenco delle specialità Art. 72 Pubblicazioni nel Bollettino dell’UFSP Nel Bollettino dell’UFSP sono pubblicati: a. le radiazioni dall’elenco delle specialità; 318 Introdotto dal n. III dell’O del 12 mag. 2021 (RU 2021 274). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 17 dic. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 al 31 dic. 2022, prorogato sino al 30 giu. 2024 (RU 2021 892; 2022 838 n. IV). 319 RS 818.101.24 320 Introdotto dal n. III dell’O del 24 ago. 2022, in vigore dal 1° set. 2022 sino al 31 dic. 2023 (RU 2022 467). 321 Originaria Sez. 4. Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 17 set. 1997, in vigore dal 1° gen. 1998 (RU 1997 2272). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 70 / 128 832.102 b.322 altre modifiche dell’elenco delle specialità; c. le modifiche dell’elenco dei medicamenti con tariffa che non comportano una nuova edizione di questo elenco; d.323 le modifiche dell’elenco delle analisi che hanno effetto all’infuori delle edi- zioni annuali; e.324 le modifiche della lista dei mezzi e degli apparecchi (art. 33 lett. e) che hanno effetto all’infuori delle edizioni annuali. Art. 73 Limitazioni L’ammissione in un elenco può essere vincolata a limitazioni. La limitazione può se- gnatamente concernere la quantità e le indicazioni mediche. Art. 74 Domande e proposte Sentita la commissione competente, l’UFSP può promulgare direttive riguardo la forma, il contenuto e i termini d’inoltro delle domande concernenti l’elenco delle spe- cialità e le proposte riguardanti l’elenco delle analisi o l’elenco dei medicamenti con tariffa. Art. 75325 Prescrizioni di dettaglio Sentite le commissioni competenti, il DFI emana prescrizioni di dettaglio concernenti l’approntamento degli elenchi. Capitolo 4: Controllo dell’economicità e della qualità delle prestazioni Art. 76 Dati concernenti le prestazioni fornite Gli assicuratori possono trattare in comune i dati relativi al genere e all’entità delle prestazioni fornite dai diversi fornitori di prestazioni, come pure quelli relativi alle rimunerazioni fatturate per queste prestazioni, allo scopo esclusivo di: a. analizzare i costi e la loro evoluzione; b. controllare e garantire l’economicità delle prestazioni ai sensi dell’articolo 56 della legge; c. approntare le convenzioni tariffali. 322 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 2 ott. 2000, in vigore dal 1° gen. 2001 (RU 2000 2835). 323 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 6 giu. 2003, in vigore dal 1° gen. 2004 (RU 2003 3249). 324 Introdotta dal n. I dell’O del 27 giu. 2007, in vigore dal 1° ago. 2007 (RU 2007 3573). 325 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° lug. 2009, in vigore dal 1° ott. 2009 (RU 2009 4245). Assicurazione malattie. O 71 / 128 832.102 Art. 76a326 Ripercussione dello sconto 1 Il fornitore di prestazioni deve indicare nella fattura secondo l’articolo 42 della legge lo sconto di cui all’articolo 56 capoverso 3 della legge e farne usufruire il debitore della rimunerazione. 2 Se gli sconti sono già considerati nel calcolo delle tariffe e dei prezzi della corri- spondente prestazione tramite costi inferiori, non devono più essere esposti separata- mente nel quadro della fatturazione. Art. 76b327 Convenzione concernente la ripercussione non integrale degli sconti 1 Le convenzioni secondo l’articolo 56 capoverso 3bis della legge sono stipulate in primo luogo fra le associazioni dei fornitori di prestazioni e degli assicuratori. 2 Le convenzioni concernenti la ripercussione non integrale degli sconti secondo l’ar- ticolo 56 capoverso 3bis della legge devono essere stipulate per scritto e contenere segnatamente le seguenti indicazioni: a. tipo ed entità dello sconto nonché modalità di una documentazione trasparente nei giustificativi e nelle fatture; b. scopo d’impiego dello sconto non ripercosso, compreso l’obiettivo del miglio- ramento della qualità del trattamento; c. modalità della prova del miglioramento della qualità del trattamento. 3 I fondi non ripercossi sono utilizzati in primo luogo a favore di programmi di portata nazionale volti a migliorare la qualità del trattamento. 4 Gli assicuratori e i fornitori di prestazioni devono informare l’UFSP senza indugio in merito alle convenzioni stipulate. Art. 76c328 Rapporto all’UFSP 1 Gli assicuratori fanno rapporto all’UFSP in merito all’osservanza della convenzione di cui all’articolo 76b. Presentano il rapporto all’UFSP senza indugio dopo la cessa- zione della convenzione. In caso di progetti pluriennali, presentano rapporti intermedi ogni anno. 2 Ogni rapporto e ogni rapporto intermedio devono contenere almeno le seguenti in- dicazioni: a. prova dell’impiego degli sconti non ripercossi per migliorare la qualità del trattamento; b. valutazione dei miglioramenti ottenuti con la convenzione rispetto alla qualità iniziale del trattamento. 326 Introdotto dall’all. n. 2 dell’O del 10 apr. 2019 concernente l’integrità e la trasparenza nel settore degli agenti terapeutici, in vigore dal 1° gen. 2020 (RU 2019 1395). 327 Introdotto dall’all. n. 2 dell’O del 10 apr. 2019 concernente l’integrità e la trasparenza nel settore degli agenti terapeutici, in vigore dal 1° gen. 2020 (RU 2019 1395). 328 Introdotto dall’all. n. 2 dell’O del 10 apr. 2019 concernente l’integrità e la trasparenza nel settore degli agenti terapeutici, in vigore dal 1° gen. 2020 (RU 2019 1395). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 72 / 128 832.102 3 La valutazione deve essere svolta da un’organizzazione indipendente applicando metodi scientifici secondo standard o linee guida riconosciuti. Art. 77329 Convenzioni sulla qualità 1 Le associazioni dei fornitori di prestazioni e degli assicuratori sono tenute ad ade- guare le convenzioni sulla qualità agli obiettivi del Consiglio federale di cui all’arti- colo 58 LAMal e alle raccomandazioni della Commissione federale per la qualità di cui all’articolo 58c capoverso 1 lettere c ed h LAMal. 2 Sono tenute a pubblicare le convenzioni sulla qualità. 4 Sentita la competente commissione, il DFI stabilisce le misure di cui all’articolo 58 capoverso 3 della legge. Art. 77a330 Commissione federale per la qualità 1 Il Consiglio federale nomina la presidenza e gli altri membri della Commissione federale per la qualità. 2 La Commissione è composta di 15 membri, di cui: a. quattro persone rappresentano i fornitori di prestazioni, una delle quali gli ospedali, una i medici e una gli infermieri; b. due persone rappresentano i Cantoni; c. due persone rappresentano gli assicuratori; d. due persone rappresentano gli assicurati e le organizzazioni di pazienti; e. cinque persone rappresentano il campo scientifico. 3 I membri della Commissione devono disporre di elevate competenze specialistiche nell’ambito della qualità della fornitura delle prestazioni, di ampie conoscenze nella gestione della qualità nonché di buone conoscenze del sistema sanitario e delle assi- curazioni sociali svizzero. 4 Per esaminare temi che riguardano cerchie non rappresentate nella Commissione occorre fare appello a esperti. 5 La segreteria sottostà alla presidenza della Commissione dal punto di vista speciali- stico e all’UFSP da quello amministrativo. 6 La Commissione redige ogni anno un rapporto all’attenzione del Consiglio federale e lo pubblica in forma appropriata. 7 Pubblica i suoi regolamenti e rapporti come pure i documenti legati ai compiti che le sono stati attribuiti secondo l’articolo 58c LAMal. 329 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 24 feb. 2021, in vigore dal 1° apr. 2021 (RU 2021 152) 330 Introdotto dal n. I dell’O del 24 feb. 2021, in vigore dal 1° apr. 2021 (RU 2021 152) Assicurazione malattie. O 73 / 128 832.102 Art. 77b331 Dati dei Cantoni, dei fornitori di prestazioni e degli assicuratori 1 I Cantoni, i fornitori di prestazioni e gli assicuratori devono fornire i dati in maniera corretta, completa, tempestiva e a proprie spese. 2 Devono trasmettere i dati per via elettronica in forma criptata. 3 Se nell’adempimento dei compiti di cui sono stati incaricati secondo l’articolo 58c capoverso 1 lettere e ed f LAMal constatano lacune nella fornitura dei dati, i terzi as- segnano al Cantone, al fornitore di prestazioni o all’assicuratore un termine supple- mentare per fornire dati corretti e completi e ne informano nel contempo la Commis- sione federale per la qualità. Art. 77c332 Conservazione, cancellazione e distruzione dei dati 1 Alla conservazione, alla cancellazione e alla distruzione dei dati da parte di terzi di cui all’articolo 77b capoverso 3 si applica per analogia l’articolo 31a. 2 I terzi informano i fornitori di dati di cui all’articolo 77b capoverso 1 e la Commis- sione federale per la qualità sulla cancellazione e la distruzione dei dati. Art. 77d333 Procedura di selezione in caso di delega di compiti con indennità 1 Se per la delega di un compito sono disponibili più persone o organizzazioni idonee esterne all’Amministrazione federale, la Commissione federale per la qualità svolge una procedura di selezione trasparente, oggettiva e imparziale. 2 La documentazione del bando contiene in particolare: a. le condizioni di partecipazione; b. i criteri d’idoneità, che possono riguardare in particolare l’idoneità speciali- stica, finanziaria, economica, tecnica e organizzativa nonché l’esperienza dell’offerente; c. i criteri di aggiudicazione. 3 I compiti, per i quali è disponibile una sola persona o organizzazione idonea esterna all’Amministrazione federale, possono essere delegati senza bando. Art. 77e334 Aiuti finanziari 1 La Commissione federale per la qualità concede aiuti finanziari di cui all’arti- colo 58e capoverso 1 LAMal a progetti nazionali o regionali di sviluppo della qualità se: a. contribuiscono allo sviluppo della qualità nell’ambito degli obiettivi di cui all’articolo 58 LAMal; b. rispondono a una necessità d’intervento comprovata; 331 Introdotto dal n. I dell’O del 24 feb. 2021, in vigore dal 1° apr. 2021 (RU 2021 152) 332 Introdotto dal n. I dell’O del 24 feb. 2021, in vigore dal 1° apr. 2021 (RU 2021 152) 333 Introdotto dal n. I dell’O del 24 feb. 2021, in vigore dal 1° apr. 2021 (RU 2021 152) 334 Introdotto dal n. I dell’O del 24 feb. 2021, in vigore dal 1° apr. 2021 (RU 2021 152) Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 74 / 128 832.102 c. la loro realizzazione si basa su metodi scientifici e standard o linee guida ri- conosciuti; d. non distorcono né possono distorcere la concorrenza. 2 Le domande di aiuti finanziari devono permettere una valutazione completa dello sviluppo della qualità previsto. In particolare esse devono contenere: a. indicazioni concernenti il richiedente; b. una descrizione del progetto con indicazioni riguardanti l’obiettivo, la neces- sità d’intervento, la procedura e gli effetti attesi; c. le modalità di verifica del raggiungimento degli obiettivi; d. il calendario dell’esecuzione del progetto; e. un preventivo; f. la documentazione che comprovi l’autofinanziamento, con una motivazione dell’impossibilità di realizzare il progetto senza aiuti finanziari. 3 La Commissione federale per la qualità emana direttive concernenti le indicazioni e la documentazione da allegare alle domande di cui al capoverso 2. 4 Al termine del progetto occorre presentare alla Commissione federale per la qualità un rapporto sui risultati del progetto. Art. 77f335 Convenzioni sulle prestazioni concernenti rimunerazioni e aiuti finanziari Le convenzioni sulle prestazioni di cui agli articoli 58d capoverso 2 e 58e capo- verso 2 LAMal disciplinano in particolare: a. i compiti da adempiere; b. gli obiettivi da raggiungere; c. la procedura metodologica; d. il trattamento, la sicurezza e la conservazione dei dati; e. le modalità di verifica del raggiungimento degli obiettivi; f. l’ammontare e la durata della partecipazione finanziaria della Confederazione; g. le modalità di pagamento; h. le conseguenze del mancato o lacunoso adempimento dei compiti; i. l’allestimento di rapporti periodici; j. la presentazione periodica del preventivo e dei conti; k. i requisiti che deve soddisfare il rapporto di cui all’articolo 77e capoverso 4. 335 Introdotto dal n. I dell’O del 24 feb. 2021, in vigore dal 1° apr. 2021 (RU 2021 152) Assicurazione malattie. O 75 / 128 832.102 Art. 77g336 Calcolo delle quoteparti di finanziamento dei Cantoni e degli assicuratori 1 Per il calcolo della popolazione residente di cui all’articolo 58f capoverso 4 LAMal sono determinanti le cifre dell’ultima rilevazione della statistica demografica dell’UST sulla popolazione residente permanente media. 2 Il numero degli assicurati di cui all’articolo 58f capoverso 5 LAMal è determinato in base all’effettivo degli assicurati il 1° gennaio. 3 L’UFSP calcola le quoteparti dei Cantoni e degli assicuratori. Art. 77h337 Riscossione dei contributi 1 L’UFSP riscuote i contributi presso i Cantoni e gli assicuratori entro il 30 aprile dell’anno di contribuzione. 2 Gli assicuratori e i Cantoni, che non pagano il contributo dovuto entro il termine, devono un interesse di mora del cinque per cento all’anno. Art. 77i338 Conteggio L’UFSP effettua il conteggio per il contributo della Confederazione, dei Cantoni e degli assicuratori al 31 marzo di ogni anno civile successivo all’anno di contribuzione. Se dal conteggio risulta un’eccedenza o una copertura insufficiente, il contributo cor- rispondente per Cantone e assicuratore è trasferito all’anno di contribuzione succes- sivo. Art. 77j339 Multe e sanzioni 1 I mezzi finanziari derivanti da multe e sanzioni applicate da un tribunale arbitrale cantonale per il mancato rispetto delle misure di cui agli articoli 58a e 58h LAMal sono utilizzati per finanziare i costi di cui all’articolo 58f capoverso 1 LAMal. 2 Il tribunale arbitrale cantonale trasferisce all’UFSP i mezzi finanziari derivanti da multe e sanzioni al 1° gennaio dell’anno successivo. Art. 77k340 Garanzia della qualità Sentita la competente commissione, il DFI stabilisce le misure di cui all’articolo 58h capoverso 1 LAMal. 336 Introdotto dal n. I dell’O del 24 feb. 2021, in vigore dal 1° apr. 2021 (RU 2021 152) 337 Introdotto dal n. I dell’O del 24 feb. 2021, in vigore dal 1° apr. 2021 (RU 2021 152) 338 Introdotto dal n. I dell’O del 24 feb. 2021, in vigore dal 1° apr. 2021 (RU 2021 152) 339 Introdotto dal n. I dell’O del 24 feb. 2021, in vigore dal 1° apr. 2021 (RU 2021 152) 340 Introdotto dal n. I dell’O del 24 feb. 2021, in vigore dal 1° apr. 2021 (RU 2021 152) Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 76 / 128 832.102 Titolo 4a:341 Progetti pilota Art. 77l Domanda 1 La domanda di autorizzazione di un progetto pilota deve essere presentata all’UFSP, segnatamente da uno o più Cantoni, uno o più fornitori di prestazioni, uno o più assi- curatori o una o più organizzazioni di pazienti. 2 Deve comprendere almeno: a. il nome o la denominazione del richiedente; b. la descrizione dettagliata del progetto pilota, delle misure previste, degli obiet- tivi perseguiti, dell’effetto atteso e delle conseguenze segnatamente per i Can- toni, gli assicuratori, i fornitori di prestazioni e gli assicurati; c. le disposizioni della LAMal e della presente ordinanza alle quali derogare e il regolamento applicabile in sostituzione delle stesse; d. i criteri per la partecipazione al progetto pilota, compreso il termine entro il quale la revoca al consenso alla partecipazione ha effetto; e. un piano di valutazione con indicazioni sulle valutazioni periodiche e sulla valutazione finale; f. un piano di finanziamento per il progetto pilota e le valutazioni; g. uno scadenzario per la realizzazione del progetto pilota e delle valutazioni. Art. 77m Costi I costi del progetto pilota e delle valutazioni così come i costi amministrativi legati al ripristino dello stato anteriore alla sua esecuzione sono a carico del titolare dell’auto- rizzazione per il progetto pilota. Art. 77n Autorizzazione 1 Il DFI autorizza soltanto progetti pilota volti alla sperimentazione di misure adem- pienti le seguenti condizioni: a. le misure risultano innovative in relazione al diritto vigente; b. le misure sono adeguate per raggiungere uno degli obiettivi di cui all’arti- colo 59b capoverso 1 LAMal in uno degli ambiti di cui all’articolo 59b capo- verso 2 LAMal; c. le misure sono adeguate per essere recepite nella legge. 2 La decisione di autorizzazione comprende nello specifico: a. i nomi dei richiedenti; b. l’effetto atteso e le conseguenze segnatamente per i Cantoni, gli assicuratori, i fornitori di prestazioni e gli assicurati; 341 Introdotto dal n. I dell’O del 23 nov. 2022, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 814). Assicurazione malattie. O 77 / 128 832.102 c. il piano di valutazione; d. i nomi di uno o più specialisti indipendenti per le valutazioni del progetto pilota. 3 Il DFI nega l’autorizzazione se per gli assicurati che partecipano al progetto pilota non è garantito il diritto all’assunzione dei costi di prestazioni dell’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie. 4 Il DFI revoca l’autorizzazione se prima della conclusione del progetto pilota emerge che l’effetto atteso non può essere ottenuto o che sono lesi i diritti degli assicurati. 5 L’UFSP informa regolarmente il pubblico in merito ai progetti pilota in corso. Art. 77o Ordinanze del DFI sui progetti pilota 1 Oltre ai punti di cui all’articolo 59b capoverso 5 LAMal, l’ordinanza del DFI sul rispettivo progetto pilota disciplina: a. i requisiti per la partecipazione; b. le misure che possono essere attuate con il progetto pilota; c. gli obiettivi perseguiti; d. il campo di applicazione territoriale del progetto pilota; e. la durata del progetto pilota; f. il termine entro il quale la revoca di un assicurato al consenso alla partecipa- zione al progetto pilota ha effetto. 2 La durata del progetto pilota è al massimo di tre anni e può essere prorogata una volta. 3 Il termine di cui al capoverso 1 lettera f può coincidere al massimo con la fine dell’anno civile in corso. Il termine di preavviso deve essere almeno di un mese. 4 Revocandone l’autorizzazione, il DFI abroga l’ordinanza sul progetto pilota. Art. 77p Partecipazione 1 Al progetto pilota possono partecipare soltanto gli assicurati che hanno acconsentito espressamente, dopo essere stati informati in merito alle conseguenze di tale parteci- pazione sui loro diritti e obblighi. 2 Gli assicurati possono revocare il loro consenso. Art. 77q Valutazioni 1 Nel corso della sua attuazione il progetto pilota deve essere valutato periodicamente. Dopo la sua conclusione deve essere effettuata una valutazione finale. 2 I rapporti di valutazione devono valutare in particolare: a. se il progetto pilota raggiunge l’obiettivo perseguito; b. quale impatto hanno le misure del progetto pilota sul sistema sanitario; Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 78 / 128 832.102 c. se le misure del progetto pilota entrano in conflitto con le disposizioni legali per le quali nell’ordinanza non è prevista alcuna deroga; d. se le misure sperimentate possono essere recepite nella legge. Art. 77r Rapporto al Consiglio federale 1 Il DFI esamina i rapporti di valutazione. 2 Basandosi su tale esame, presenta al Consiglio federale un rapporto: a. sull’effetto delle misure sperimentate sul contenimento dei costi, sul rafforza- mento della qualità o sulla promozione della digitalizzazione; b. sulle conseguenze delle misure segnatamente per i Cantoni, gli assicuratori, i fornitori di prestazioni e gli assicurati. 3 Se in seguito all’esame dei rapporti sulle valutazioni intermedie sembra opportuno che le disposizioni restino applicabili dopo la conclusione del progetto pilota confor- memente all’articolo 59b capoverso 7 LAMal, il DFI può presentare un rapporto al Consiglio federale già prima della valutazione finale. Titolo 5: Finanziamento Capitolo 1: ... Art. 78342 Art. 78a a 78c343 Art. 79344 Art. 80345 Art. 80a a 80i346 342 Abrogato dall’all. n. 3 dell’O del 18 nov. 2015 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie, con effetto dal 1° gen. 2016 (RU 2015 5165). 343 Introdotti dal n. I dell’O del 3 dic. 2010 (RU 2010 6155). Abrogati dall’all. n. 3 dell’O del 18 nov. 2015 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie, con effetto dal 1° gen. 2016 (RU 2015 5165). 344 Abrogato dal n. II dell’O del 22 giu. 2011, con effetto dal 1° gen. 2012 (RU 2011 3449). 345 Abrogato dall’all. n. 3 dell’O del 18 nov. 2015 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie, con effetto dal 1° gen. 2016 (RU 2015 5165). 346 Introdotto dal n. I dell’O del 3 dic. 2010 (RU 2010 6155). Abrogati dall’all. n. 3 dell’O del 18 nov. 2015 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie, con effetto dal 1° gen. 2016 (RU 2015 5165). Assicurazione malattie. O 79 / 128 832.102 Art. 81 a 85347 Art. 85a348 Art. 86 a 88349 Capitolo 2: Premi degli assicurati Sezione 1: Disposizioni generali Art. 89 Indicazione dei premi L’assicuratore deve indicare separatamente per ogni assicurato i premi: a.350 dell’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie, scindendo la parte di premio per il rischio infortuni ivi incluso; b. dell’assicurazione d’indennità giornaliera; c. delle assicurazioni complementari; d. degli altri rami d’assicurazione. Art. 90351 Pagamento dei premi I premi devono essere pagati in anticipo e di regola mensilmente. Art. 90a352 Interessi compensativi 1 Gli interessi compensativi ai sensi dell’articolo 26 capoverso 1 LPGA sono versati per premi non dovuti che vengono restituiti o compensati dall’assicuratore e per dif- ferenze di premi che l’assicuratore deve risarcire ai sensi dell’articolo 7 capoversi 7 e 8 LAMal, purché la pretesa sia superiore a 3000 franchi e non venga saldata dall’as- sicuratore entro sei mesi. 347 Abrogati dall’all. n. 3 dell’O del 18 nov. 2015 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie, con effetto dal 1° gen. 2016 (RU 2015 5165). 348 Introdotto dal n. I dell’O del 6 giu. 2003 (RU 2003 3249). Abrogato dall’all. n. 3 dell’O del 18 nov. 2015 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie, con effetto dal 1° gen. 2016 (RU 2015 5165). 349 Abrogati dall’all. n. 3 dell’O del 18 nov. 2015 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie, con effetto dal 1° gen. 2016 (RU 2015 5165). 350 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 26 apr. 2006, in vigore dal 10 mag. 2006 (RU 2006 1717). 351 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 27 giu. 2007, in vigore dal 1° ago. 2007 (RU 2007 3573). 352 Introdotto dal n. I dell’O dell’11 set. 2002, in vigore dal 1° gen. 2003 (RU 2002 3908). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 80 / 128 832.102 2 Il tasso sull’interesse compensativo ammonta al 5 per cento all’anno. Per il calcolo sono applicabili per analogia le disposizioni dell’articolo 7 dell’ordinanza dell’11 set- tembre 2002353 concernente la legge sulla parte generale del diritto delle assicurazioni sociali. Art. 90b354 Art. 90c355 Premi minimi 1 Il premio delle forme particolari di assicurazione secondo gli articoli 93–101 am- monta almeno al 50 per cento del premio dell’assicurazione ordinaria con copertura degli infortuni della regione di premio e del gruppo di età dell’assicurato. 2 Le riduzioni di premi per le forme particolari d’assicurazione secondo gli articoli 93–101 devono essere fissate in modo che la riduzione per la sospensione della co- pertura degli infortuni possa essere concessa senza che il premio raggiunga un livello inferiore al premio minimo secondo il capoverso 1. Art. 91 Graduazione dei premi 1 Un effettivo è considerato molto piccolo secondo l’articolo 61 capoverso 2 della legge, quando i costi di un singolo assicurato hanno un influsso notevole sui premi degli assicurati dell’effettivo, segnatamente quando quest’ultimo conta meno di 300 assicurati.356 1bis Un assicuratore che inizia la sua attività o che estende il suo raggio d’attività ter- ritoriale fissa per gli effettivi molto piccoli il suo premio in modo che non sia inferiore a un determinato importo minimo.357 1ter L’importo minimo di cui al capoverso 1bis corrisponde alla media di tutti i premi dell’anno in corso per la regione di premio e il gruppo di età interessati. L’UFSP co- munica questo importo agli assicurati ogni anno.358 2 Per le persone di cui agli articoli 4 e 5 che non risiedono né in uno Stato membro dell’Unione europea, né in Islanda, in Norvegia o nel Regno Unito e che sono assicu- rate in Svizzera, l’assicuratore fissa un premio in base ai costi comprovati. Qualora, in considerazione del numero delle persone interessate, ciò risulti sproporzionato, 353 RS 830.11 354 Introdotto dal n. I dell’O del 26 apr. 2006 (RU 2006 1717). Abrogato dal n. I dell’O del 24 giu. 2009, con effetto dal 1° ago. 2009 (RU 2009 3525). 355 Introdotto dal n. I dell’O del 26 apr. 2006, in vigore dal 10 mag. 2006 (RU 2006 1717). 356 Nuovo testo giusta l’all. n. 3 dell’O del 18 nov. 2015 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie, in vigore dal 1° gen. 2016 (RU 2015 5165). 357 Introdotto dall’all. n. 3 dell’O del 18 nov. 2015 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie, in vigore dal 1° gen. 2016 (RU 2015 5165). 358 Introdotto dall’all. n. 3 dell’O del 18 nov. 2015 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie, in vigore dal 1° gen. 2016 (RU 2015 5165). Assicurazione malattie. O 81 / 128 832.102 l’assicuratore può applicare i premi svizzeri dell’ultimo domicilio della persona in Svizzera o della sede dell’assicuratore.359 3 Per gli assicurati di cui all’articolo 61 capoverso 3 della legge, la graduazione dei premi secondo i gruppi d’età è effettuata in base all’anno di nascita. Art. 91a360 Riduzione dei premi per assoggettamento a un’altra assicurazione 1 ...361 2 Gli assicuratori riducono, per la durata della copertura degli infortuni, i premi dell’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie delle persone che hanno concluso un’assicurazione obbligatoria secondo la LAINF362.363 3 Gli assicuratori possono ridurre, per la durata della copertura degli infortuni, i premi dell’assicurazione delle cure medico-sanitarie delle persone che hanno stipulato un’assicurazione facoltativa o per accordo ai sensi della LAINF.364 4 Il premio può essere ridotto soltanto della parte che corrisponde alla copertura degli infortuni, ma al massimo del 7 per cento.365 Art. 91b366 Procedura per la definizione delle regioni di premio 1 Il DFI verifica periodicamente se le regioni di premio sono ancora appropriate. I Cantoni possono proporre una modifica o una riduzione delle regioni di premio per il rispettivo territorio. 2 Il DFI consulta i Cantoni prima di modificare le regioni di premio. 3 In caso di aggregazioni di comuni, il Cantone presenta al DFI una proposta in merito alla regione di premio alla quale attribuire il nuovo comune. Art. 92367 359 Nuovo testo giusta il n. I 1 dell’O del 26 ott. 2022 sulla modifica di ordinanze in materia di assicurazione malattie in attuazione della Convenzione sul coordinamento della sicu- rezza sociale tra il Regno Unito di Gran Bretagna e Irlanda del Nord e la Confederazione Svizzera, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 658). 360 Introdotto dal n. I dell’O del 25 nov. 1996, in vigore dal 1° gen. 1997 (RU 1996 3139). 361 Abrogato dal n. I dell’O dell’11 dic. 2000, con effetto dal 1° gen. 2001 (RU 2001 138). 362 RS 832.20 363 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 26 apr. 2006, in vigore dal 10 mag. 2006 (RU 2006 1717). 364 Introdotto dal n. I dell’O del 26 apr. 2006, in vigore dal 10 mag. 2006 (RU 2006 1717). 365 Introdotto dal n. I dell’O del 26 apr. 2006, in vigore dal 10 mag. 2006 (RU 2006 1717). 366 Introdotto dall’all. n. 3 dell’O del 18 nov. 2015 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie, in vigore dal 1° gen. 2016 (RU 2015 5165). 367 Abrogato dall’all. n. 3 dell’O del 18 nov. 2015 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie, con effetto dal 1° gen. 2016 (RU 2015 5165). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 82 / 128 832.102 Sezione 1a:368 Premi degli assicurati residenti in uno Stato membro dell’Unione europea, in Islanda, in Norvegia o nel Regno Unito369 Art. 92a Riscossione dei premi Se l’assicurato risiede all’estero, l’assicuratore riscuote i premi in franchi svizzeri op- pure in euro. L’assicuratore può riscuotere questi premi trimestralmente, senza il con- senso dell’assicurato. Art. 92b e 92c370 Sezione 1b:371 Premi dei beneficiari del soccorso d’emergenza ai sensi dell’art. 82 LAsi372 Art. 92d 1 Ai beneficiari del soccorso d’emergenza ai sensi dell’articolo 82 LAsi373 si appli- cano per analogia gli articoli 82a LAsi e 105a LAMal. 2 La scadenza dei premi di un beneficiario del soccorso d’emergenza è sospesa su richiesta del Cantone al momento da esso indicato. 3 Se all’assicuratore viene presentata una domanda di rimborso e il Cantone non as- sume esso stesso i costi delle prestazioni coperte dall’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie, i premi la cui scadenza è stata sospesa sono dovuti con effetto retroattivo fino al momento della sospensione. Ai premi si aggiunge un supplemento del 25 per cento, che tuttavia è dovuto per un massimo di 12 premi mensili. 4 Non appena i premi e il supplemento sono versati, l’assicuratore assume i costi di tutte le prestazioni fornite durante il periodo della sospensione. 5 Su richiesta del Cantone, dopo il versamento dei premi, della partecipazione ai costi e del supplemento, la scadenza dei premi successivi è nuovamente sospesa. 6 L’assicurato non può cambiare assicuratore prima che siano stati versati i premi, la partecipazione ai costi e il supplemento. È fatto salvo l’articolo 7 capoverso 4 LAMal. 7 La sospensione della scadenza dei premi è abrogata senza versamento retroattivo dei premi precedenti a partire dal primo giorno del mese in cui un assicurato: 368 Introdotta dal n. I dell’O del 3 lug. 2001, in vigore dal 1° giu. 2002 (RU 2002 915). 369 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 2 nov. 2011, in vigore dal 1° apr. 2012 (RU 2012 955). 370 Abrogati dall’all. n. 3 dell’O del 18 nov. 2015 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie, con effetto dal 1° gen. 2016 (RU 2015 5165). 371 Introdotta dal n. I dell’O del 6 lug. 2011, in vigore dal 1° ago. 2011 (RU 2011 3535). Vedi anche la disp. trans. di detta mod. alla fine del presente testo. 372 RS 142.31 373 RS 142.31 Assicurazione malattie. O 83 / 128 832.102 a. è ammesso provvisoriamente ai sensi dell’articolo 83 LStrI374; b. è riconosciuto come persona bisognosa di soccorso d’emergenza ai sensi degli articoli 66 segg. LAsi o come rifugiato ai sensi dell’articolo 3 LAsi; c. ottiene un permesso di dimora. 8 Se la sospensione della scadenza dei premi è abrogata conformemente al capo- verso 7, i premi devono essere versati qualora siano state domandate prestazioni du- rante il periodo di sospensione. Se questi premi sono stati pagati, l’assicurato può cambiare assicuratore alle condizioni dell’articolo 7 LAMal. 9 Il rapporto assicurativo termina cinque anni dopo il passaggio in giudicato della de- cisione di allontanamento, sempreché le persone oggetto di tale decisione abbiano ve- rosimilmente lasciato la Svizzera. Sezione 2: Forme particolari d’assicurazione Art. 93 Assicurazione con franchigie opzionali a. Franchigie opzionali 1 Oltre all’assicurazione ordinaria delle cure medico-sanitarie, gli assicuratori possono esercitare un’assicurazione per la quale gli assicurati possono scegliere una franchigia superiore a quella prevista nell’articolo 103 capoverso 1 (franchigie opzionali). Le franchigie opzionali ammontano a 500, 1000, 1500, 2000 e 2500 franchi per gli adulti e i giovani adulti, a 100, 200, 300, 400, 500 e 600 franchi per gli assicurati che non hanno ancora compiuto 18 anni. Un assicuratore può offrire franchigie diverse per gli adulti e i giovani adulti. Le offerte dell’assicuratore devono essere valide in tutto il Cantone.375 2 L’importo annuo massimo dell’aliquota percentuale corrisponde a quello di cui all’articolo 103 capoverso 2. 3 Se più figli di una stessa famiglia che non hanno ancora compiuto 18 anni sono assicurati presso lo stesso assicuratore, la loro partecipazione ai costi non deve supe- rare il doppio dell’importo massimo per figlio (franchigia opzionale e aliquota per- centuale secondo l’art. 103 cpv. 2). Se per questi figli sono state scelte differenti fran- chigie, l’assicuratore stabilisce la partecipazione massima. Art. 94 b. Adesione e uscita, cambiamento di franchigia 1 Tutti gli assicurati possono aderire all’assicurazione con franchigie opzionali. L’as- sicurato può scegliere una franchigia superiore solo per l’inizio di un anno civile. 374 RS 142.20 375 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 26 mag. 2004, in vigore dal 1° gen. 2005 (RU 2004 3437). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 84 / 128 832.102 2 Il passaggio a una franchigia inferiore o a un’altra forma di assicurazione, come pure il cambiamento dell’assicuratore, è possibile per la fine di un anno civile e con preav- viso secondo i termini stabiliti nell’articolo 7 capoversi 1 e 2 della legge.376 3 L’assicurato che cambia assicuratore secondo l’articolo 7 capoversi 2, 3 e 4 della legge nel corso dell’anno civile mantiene la franchigia scelta presso il precedente as- sicuratore sempreché il nuovo assicuratore eserciti tale forma di assicurazione. L’ar- ticolo 103 capoverso 4 si applica per analogia.377 Art. 95 c. Premi 1 I premi dell’assicurazione con franchigie opzionali devono fondarsi su quelli dell’as- sicurazione ordinaria. Gli assicuratori provvedono affinché gli assicurati di ambedue queste forme d’assicurazione contribuiscano alla costituzione delle riserve e alla com- pensazione dei rischi nella misura esatta secondo i principi attuariali d’assicurazione. 1bis Gli assicuratori stabiliscono l’ammontare della riduzione del premio in base alle esigenze attuariali. Si attengono alle riduzioni massime dei premi stabilite nel capo- verso 2bis e nell’articolo 90c.378 2 ...379 2bis La riduzione dei premi per anno civile non deve superare il 70 per cento del rischio di partecipare ai costi assunto dagli assicurati che hanno scelto una franchigia più ele- vata.380 3 ...381 Art. 96 Assicurazione con bonus a. Principio 1 Oltre all’assicurazione ordinaria delle cure medico-sanitarie, gli assicuratori possono esercitare un’assicurazione per la quale è accordata una riduzione di premio se l’assi- curato non ha ottenuto alcuna prestazione durante un anno (assicurazione con bonus). Sono fatte salve le prestazioni di maternità e le misure mediche di prevenzione. 2 L’anno civile è considerato periodo di riferimento, inteso a stabilire se l’assicurato ha ottenuto prestazioni. Gli assicuratori possono tuttavia prevedere un periodo di rife- rimento anticipato di tre mesi al massimo. In questo caso, il periodo di riferimento per il primo anno d’affiliazione all’assicurazione con bonus è ridotto in proporzione. 376 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 6 giu. 2003, in vigore dal 1° ott. 2003 (RU 2003 3249). 377 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 6 giu. 2003, in vigore dal 1° ott. 2003 (RU 2003 3249). 378 Introdotto dal n. I dell’O del 23 feb. 2000 (RU 2000 889). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 26 apr. 2006, in vigore dal 10 mag. 2006 (RU 2006 1717). 379 Abrogato dal n. I dell’O del 26 apr. 2006, con effetto dal 10 mag. 2006 (RU 2006 1717). 380 Introdotto dal n. I dell’O del 6 giu. 2003 (RU 2003 3249). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 1° lug. 2009, in vigore dal 1° gen. 2010 (RU 2009 4245). 381 Abrogato dal n. I dell’O del 23 feb. 2000, con effetto dal 1° gen. 2001 (RU 2000 889). Assicurazione malattie. O 85 / 128 832.102 3 La data della cura va considerata data dell’ottenimento di prestazione. Gli assicura- tori stabiliscono il termine entro il quale gli assicurati devono trasmettere loro le fat- ture. 4 L’assicurazione con bonus non può essere offerta in combinazione con franchigie opzionali ai sensi dell’articolo 93. Art. 97 b. Adesione e uscita 1 Tutti gli assicurati possono aderire all’assicurazione con bonus. Il passaggio dall’as- sicurazione ordinaria all’assicurazione con bonus è solo possibile per l’inizio di un anno civile. 2 Il passaggio a un’altra forma di assicurazione o il cambiamento di assicuratore è possibile per la fine di un anno civile e con preavviso secondo i termini stabiliti nell’articolo 7 capoversi 1 e 2 della legge.382 3 Se l’assicurato cambia assicuratore secondo l’articolo 7 capoverso 2, 3 o 4 della legge nel corso dell’anno civile, il nuovo assicuratore deve, se esercita l’assicurazione con bonus e se l’assicurato vi aderisce, computare il periodo durante il quale quest’ul- timo non ha riscosso alcuna prestazione dall’assicurazione con bonus del precedente assicuratore.383 Art. 98 c. Premi 1 Gli assicuratori devono stabilire i premi dell’assicurazione con bonus cosicché gli affiliati all’assicurazione ordinaria e all’assicurazione con bonus contribuiscano alla costituzione delle riserve e alla compensazione dei rischi nella misura esatta secondo i principi attuariali d’assicurazione. 2 I premi iniziali dell’assicurazione con bonus devono superare del 10 per cento quelli dell’assicurazione ordinaria. 3 Nell’assicurazione con bonus vanno applicati i gradi di premi seguenti: Gradi di premi Bonus in % del premio iniziale 4 0 3 15 2 25 1 35 0 45 382 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 6 giu. 2003, in vigore dal 1° ott. 2003 (RU 2003 3249). 383 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 6 giu. 2003, in vigore dal 1° ott. 2003 (RU 2003 3249). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 86 / 128 832.102 4 Se durante l’anno civile l’assicurato non ottiene alcuna prestazione, nell’anno civile successivo gli è applicato il grado di premio immediatamente inferiore. Per la ridu- zione dei premi sono determinanti unicamente gli anni d’affiliazione all’assicurazione con bonus durante i quali l’assicurato non ha ottenuto alcuna prestazione. 5 Se durante l’anno civile l’assicurato ottiene prestazioni, nell’anno civile successivo gli è applicato il grado di premio immediatamente superiore. Art. 99 Assicurazioni con scelta limitata dei fornitori di prestazioni a. Principio 1 Oltre all’assicurazione ordinaria delle cure medico-sanitarie, gli assicuratori possono esercitare assicurazioni con scelta limitata dei fornitori di prestazioni. 1bis Le assicurazioni di cui al capoverso 1 non possono prevedere l’obbligo di parteci- pazione a programmi di cooperazione transfrontaliera.384 2 Per le assicurazioni con scelta limitata dei fornitori di prestazioni l’assicuratore può rinunciare in tutto o in parte alla riscossione dell’aliquota percentuale e della franchi- gia.385 Art. 100 b. Adesione e uscita 1 Tutti gli assicurati residenti nella regione in cui l’assicuratore esercita assicurazioni con scelta limitata dei fornitori di prestazioni possono aderire a queste assicurazioni. 2 È sempre possibile passare dall’assicurazione ordinaria a un’assicurazione con scelta limitata dei fornitori di prestazioni. 3 Il passaggio a un’altra forma di assicurazione o il cambiamento di assicuratore è possibile per la fine di un anno civile e con preavviso secondo i termini stabiliti nell’articolo 7 capoversi 1 e 2 della legge.386 4 È fatto salvo il cambiamento di assicuratore nel corso dell’anno secondo l’articolo 7 capoversi 2, 3 e 4 della legge.387 Art. 101 c. Premi 1 Le assicurazioni con scelta limitata dei fornitori di prestazioni non costituiscono co- munità di rischio particolari per uno stesso assicuratore. Per la determinazione dei premi, l’assicuratore deve tener conto dei costi amministrativi e degli eventuali premi di riassicurazione e provvedere affinché gli assicurati con scelta limitata dei fornitori di prestazioni contribuiscano alla costituzione delle riserve e alla compensazione dei rischi nella misura esatta secondo i principi attuariali d’assicurazione. 384 Introdotto dal n. I dell’O del 15 nov. 2017, in vigore dal 1° gen. 2018 (RU 2017 6723). 385 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 17 set. 1997, in vigore dal 1° gen. 1998 (RU 1997 2272). 386 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 6 giu. 2003, in vigore dal 1° ott. 2003 (RU 2003 3249). 387 Introdotto dal n. I dell’O del 6 giu. 2003, in vigore dal 1° ott. 2003 (RU 2003 3249). Assicurazione malattie. O 87 / 128 832.102 2 Riduzioni di premi sono solo ammesse per le differenze di costi risultanti dalla scelta limitata dei fornitori di prestazioni come pure dal modo e dall’entità della rimunera- zione dei fornitori di prestazioni. Differenze di costi dovute a strutture di rischio fa- vorevoli non danno diritto a riduzione di premio. Le differenze di costi devono essere comprovate mediante cifre empiriche, stabilite durante almeno cinque esercizi conta- bili. 3 Se non esistono ancora cifre empiriche stabilite durante almeno cinque esercizi con- tabili, i premi possono essere al massimo del 20 per cento inferiori a quelli dell’assi- curazione ordinaria dell’assicuratore considerato. 4 Se un’istituzione che serve all’esercizio di un’assicurazione con scelta limitata dei fornitori di prestazioni fornisce le sue prestazioni ad assicurati presso più assicuratori, per gli assicurati può essere stabilito un premio uniforme. Art. 101a388 Forme particolari d’assicurazione per gli assicurati residenti in uno Stato membro dell’Unione europea, in Islanda, in Norvegia o nel Regno Unito Gli assicurati residenti in uno Stato membro dell’Unione europea, in Islanda, in Nor- vegia o nel Regno Unito non possono aderire alle forme particolari d’assicurazione di cui agli articoli 93–101. Sezione 3: Indennizzo di terzi Art. 102 1 L’indennizzo di terzi ai sensi dell’articolo 63 della legge non può superare le spese che sarebbero state a carico dell’assicuratore se avesse assunto lui stesso i compiti delegati a terzi. 2 Questo indennizzo fa parte dei costi d’amministrazione dell’assicuratore. Esso non può essere impiegato per ridurre i premi degli assicurati. Capitolo 3: Partecipazione ai costi Art. 103 Franchigia e aliquota percentuale 1 La franchigia prevista nell’articolo 64 capoverso 2 lettera a della legge ammonta a 300 franchi per anno civile.389 388 Introdotto dal n. I dell’O del 3 lug. 2001 (RU 2002 915). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 2 nov. 2011, in vigore dal 1° apr. 2012 (RU 2012 955). 389 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 6 giu. 2003, in vigore dal 1° gen. 2004 (RU 2003 3249). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 88 / 128 832.102 2 L’importo annuo massimo dell’aliquota percentuale secondo l’articolo 64 capoverso 2 lettera b della legge ammonta a 700390 franchi per gli assicurati adulti e a 350 franchi per gli assicurati che non hanno ancora compiuto 18 anni.391 3 Per la riscossione della franchigia e dell’aliquota percentuale è determinante la data della cura. 4 In caso di cambiamento dell’assicuratore nel corso di un anno civile, il nuovo assi- curatore computa la franchigia e l’aliquota percentuale già fatturate in questo stesso anno. Se nessuna franchigia e nessuna aliquota percentuale sono state fatturate, il com- puto sarà effettuato a prova addotta dall’assicurato. 5 Per gli adulti la cui protezione assicurativa è prevista per meno di un anno civile, gli assicuratori possono riscuotere un importo forfetario per la franchigia e l’aliquota per- centuale in caso di ricorso a prestazioni. Questo importo forfetario ammonta a franchi 250 per un periodo di 90 giorni. Esso non può essere offerto in combinazione con forme speciali di assicurazione di cui agli articoli 93–101a.392 6 Per gli assicurati residenti in uno Stato membro dell’Unione europea, in Islanda, nel Liechtenstein, in Norvegia o nel Regno Unito e che in caso di soggiorno in Svizzera hanno diritto all’assistenza reciproca internazionale in materia di prestazioni in base all’articolo 95a della legge o a convenzioni internazionali, viene riscosso un importo globale per la franchigia e per l’aliquota percentuale. L’importo ammonta, per un pe- riodo di 30 giorni, a 92 franchi per gli adulti e a 33 franchi per gli assicurati che non hanno ancora compiuto 18 anni.393 7 I capoversi 1–4 si applicano per analogia agli assicurati che risiedono in uno Stato membro dell’Unione europea, in Islanda, in Norvegia o nel Regno Unito e che sono assicurati in Svizzera.394 Art. 104395 Contributo ai costi di degenza ospedaliera 1 Il contributo giornaliero ai costi di degenza ospedaliera previsto nell’articolo 64 ca- poverso 5 della legge ammonta a 15 franchi. 1bis Non è dovuto: a. per il giorno di dimissione; 390 RU 2003 3991 391 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 6 giu. 2003, in vigore dal 1° gen. 2004 (RU 2003 3249). 392 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 3 dic. 2004, in vigore dal 1° gen. 2005 (RU 2004 5075). Vedi anche le disp. fin. di detta mod. alla fine del presente testo. 393 Introdotto dal n. I dell’O del 3 lug. 2001 (RU 2002 915). Nuovo testo giusta il n. I 1 dell’O del 26 ott. 2022 sulla modifica di ordinanze in materia di assicurazione malattie in attuazione della Convenzione sul coordinamento della sicurezza sociale tra il Regno Unito di Gran Bretagna e Irlanda del Nord e la Confederazione Svizzera, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 658). 394 Introdotto dal n. I dell’O del 3 lug. 2001 (RU 2002 915). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 2 nov. 2011, in vigore dal 1° apr. 2012 (RU 2012 955). 395 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 3 dic. 2010, in vigore dal 1° gen. 2011 (RU 2010 6161). Assicurazione malattie. O 89 / 128 832.102 b. per i giorni di congedo calcolati secondo le regole della struttura tariffale ap- plicabile di cui all’articolo 49 capoverso 1 della legge, nel loro tenore appro- vato o fissato dal Consiglio federale.396 2 Sono esentati dal pagamento di questo contributo: a. i minorenni secondo l’articolo 61 capoverso 3 della legge; b. i giovani adulti secondo l’articolo 61 capoverso 3 della legge che sono in for- mazione; c.397 le donne esentate dalla partecipazione ai costi secondo l’articolo 64 capoverso 7 della legge. Art. 104a398 Aumento, riduzione e soppressione della partecipazione ai costi 1 Il DFI designa le prestazioni per le quali va riscossa una partecipazione ai costi più alta ai sensi dell’articolo 64 capoverso 6 lettera a della legge e ne stabilisce l’ammon- tare. Può inoltre prevedere una partecipazione ai costi più alta se le prestazioni: a. sono state fornite per un determinato periodo; b. hanno raggiunto un determinato volume. 1bis Il DFI designa i medicamenti per i quali deve essere pagata un’aliquota percen- tuale più elevata ai sensi dell’articolo 64 capoverso 6 lettera a e ne stabilisce l’en- tità.399 2 Se l’aliquota percentuale è aumentata rispetto a quella prevista nell’articolo 64 capoverso 2 lettera b della legge, l’ammontare che supera il tasso stabilito nella legge conta solo per metà nel calcolo dell’importo massimo di cui all’articolo 103 capoverso 2. 3 Il DFI designa le prestazioni per le quali la partecipazione ai costi è ridotta o sop- pressa ai sensi dell’articolo 64 capoverso 6 lettera b della legge. Esso stabilisce l’am- montare della partecipazione ai costi ridotta. 3bis Il DFI designa le prestazioni di cui all’articolo 64 capoverso 6 lettera d della legge, per le quali la franchigia non è dovuta.400 4 Prima di emanare le disposizioni di cui ai capoversi 1, 3 e 3bis, il DFI sente la com- missione competente.401 Art. 105402 Partecipazione ai costi in caso di maternità 1 Il medico che accompagna la gravidanza accerta l’inizio presunto della tredicesima settimana di gravidanza e lo indica sulla fattura. 396 Introdotto dal n. I dell’O del 26 mag. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 323). 397 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 29 nov. 2013, in vigore dal 1° mar. 2014 (RU 2013 4523). Vedi anche le disp. trans. di detta mod. alla fine del presente testo. 398 Originario art. 105. 399 Introdotto dal n. I dell’O del 9 nov. 2005, in vigore dal 1° gen. 2006 (RU 2005 5639). 400 Introdotto dal n. I dell’O dell’11 dic. 2000, in vigore dal 1° gen. 2001 (RU 2001 138). 401 Nuovo testo giusta il n. I dell’O dell’11 dic. 2000, in vigore dal 1° gen. 2001 (RU 2001 138). 402 Introdotto dal n. I dell’O del 29 nov. 2013, in vigore dal 1° mar. 2014 (RU 2013 4523). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 90 / 128 832.102 2 La nascita di feto morto dopo la ventitreesima settimana di gravidanza è considerata alla stregua di un parto. 3 Il termine secondo l’articolo 64 capoverso 7 lettera b della legge scade il cinquanta- seiesimo giorno dopo il parto, a mezzanotte. Capitolo 3a:403 Mancato pagamento dei premi e delle partecipazioni ai costi Art. 105a Interessi di mora Il tasso degli interessi di mora sui premi scaduti secondo l’articolo 26 capoverso 1 LPGA è del 5 per cento all’anno. Art. 105b404 Procedura di diffida 1 In caso di mancato pagamento dei premi e delle partecipazioni ai costi, l’assicuratore invia la diffida al più tardi entro tre mesi dall’esigibilità degli stessi. Egli la presenta separatamente da eventuali altri pagamenti in arretrato. 2 Se l’assicurato causa per propria colpa spese che avrebbero potuto essere evitate con un pagamento tempestivo, l’assicuratore può riscuotere adeguate spese amministra- tive, se una misura siffatta è prevista dalle disposizioni generali sui diritti e sugli ob- blighi dell’assicurato. Art. 105c405 Esclusione della compensazione Gli assicuratori non possono compensare le prestazioni assicurative con premi o par- tecipazioni ai costi loro dovuti. Art. 105d406 Notifica dell’autorità cantonale competente Il Cantone notifica all’assicuratore l’autorità cantonale competente. Art. 105e407 Notifiche relative alle esecuzioni 1 Al momento della notifica di esecuzioni, l’assicuratore comunica all’autorità canto- nale competente i dati di cui all’articolo 105g relativi ai debitori. Se non li annovera tra i suoi assicurati, deve comunicarne i dati solo se ne è a conoscenza. Se l’esecuzione 403 Introdotto dal n. I dell’O del 27 giu. 2007, in vigore dal 1° ago. 2007 (RU 2007 3573). 404 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 22 giu. 2011, in vigore dal 1° gen. 2012 (RU 2011 3527). 405 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 22 giu. 2011, in vigore dal 1° gen. 2012 (RU 2011 3527). 406 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 22 giu. 2011, in vigore dal 1° gen. 2012 (RU 2011 3527). 407 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 22 giu. 2011, in vigore dal 1° gen. 2012 (RU 2011 3527). Assicurazione malattie. O 91 / 128 832.102 riguarda anche altre persone, l’assicuratore comunica pure i dati di cui all’arti- colo 105g che le riguardano.408 1bis Se un assicurato comunica al proprio assicuratore che i suoi premi sono pagati da una persona giuridica, l’assicuratore notifica all’autorità cantonale competente la de- nominazione di tale persona giuridica e, se ne è a conoscenza, il relativo numero fe- derale d’identificazione delle imprese.409 2 Il Cantone può sollecitare l’assicuratore a non proseguire la procedura d’esecuzione fino a quando esso non abbia deciso se assumere i crediti derivanti dall’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie. Art. 105f410 Notifiche relative ai certificati di carenza di beni 1 L’assicuratore informa l’autorità cantonale competente, entro due settimane dalla fine di ogni trimestre, sull’evoluzione dei certificati di carenza di beni rilasciati dall’inizio dell’anno.411 2 L’assicuratore trasmette all’autorità cantonale competente entro il 31 marzo il con- teggio finale dei certificati di carenza di beni rilasciati durante l’anno precedente, non- ché il corrispondente rapporto di revisione. Il conteggio contiene una ricapitolazione delle domande di assunzione dei crediti ai sensi dell’articolo 64a capoverso 3 della legge e una ricapitolazione delle restituzioni ai sensi dell’articolo 64a capoverso 5 della legge. Art. 105g412 Dati personali Al momento della comunicazione secondo l’articolo 64a capoverso 3 della legge l’as- sicuratore notifica i seguenti dati affinché assicurati e debitori possano essere identi- ficati: a. il cognome e il nome; b. il sesso; c. la data di nascita; d. il domicilio; e. il numero AVS. Art. 105h413 Scambio di dati Il DFI stabilisce le modalità tecniche e organizzative per lo scambio di dati fra Cantoni e assicurati. 408 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 15 nov. 2017, in vigore dal 1° gen. 2018 (RU 2017 6723). 409 Introdotto dal n. I dell’O del 15 nov. 2017, in vigore dal 1° gen. 2018 (RU 2017 6723). 410 Introdotto dal n. I dell’O del 22 giu. 2011, in vigore dal 1° gen. 2012 (RU 2011 3527). 411 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 15 nov. 2017, in vigore dal 1° gen. 2018 (RU 2017 6723). 412 Introdotto dal n. I dell’O del 22 giu. 2011, in vigore dal 1° gen. 2012 (RU 2011 3527). 413 Introdotto dal n. I dell’O del 22 giu. 2011, in vigore dal 1° gen. 2012 (RU 2011 3527). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 92 / 128 832.102 Art. 105i414 Titoli considerati equivalenti a un certificato di carenza di beni Sono equiparati a certificati di carenza di beni ai sensi dell’articolo 64a capoverso 3 della legge le decisioni sulla concessione di prestazioni complementari o titoli equi- valenti che certificano la mancanza di mezzi finanziari propri dell’assicurato. Il Can- tone designa le decisioni e i titoli interessati. Art. 105j415 Organo di revisione 1 L’organo di revisione verifica l’esattezza delle informazioni fornite dagli assicura- tori sui crediti ai sensi dell’articolo 64a capoverso 3 della legge. Esso controlla se: a. le indicazioni concernenti i debitori e gli assicurati sono corrette; b. la procedura di diffida secondo l’articolo 105b è stata rispettata; c. esiste un certificato di carenza di beni; d. la data di rilascio del certificato di carenza di beni risale all’anno precedente; e. l’importo complessivo dei crediti è esatto; f. il credito è stato notificato al Cantone nel quale è stato rilasciato il certificato di carenza di beni. 2 Verifica l’esattezza e la completezza delle informazioni fornite dagli assicuratori su: a. il pagamento dei crediti in arretrato dopo il rilascio di un certificato di carenza di beni; b. le restituzioni al Cantone secondo l’articolo 64a capoverso 5 LAMal.416 3 Il Cantone assume i costi dell’organo di revisione qualora ne designi uno diverso da quello di cui all’articolo 25 LVAMal417.418 Art. 105k419 Pagamenti dei Cantoni agli assicuratori 1 Al momento della ricezione dei dati personali e delle notifiche concernenti i certifi- cati di carenza di beni, l’autorità cantonale competente può trasmettere all’assicura- tore i dati personali di cui all’articolo 105g relativi agli assicurati per i quali si assume gli importi in arretrato. 2 Il Cantone nel quale è stato rilasciato il certificato di carenza di beni versa entro il 30 giugno all’assicuratore i crediti di cui all’articolo 64a capoverso 4 della legge dopo deduzione delle restituzioni di cui all’articolo 64a capoverso 5 della legge. Se le re- stituzioni superano i crediti, l’assicuratore restituisce la differenza all’attuale Cantone di domicilio entro il 30 giugno. 414 Introdotto dal n. I dell’O del 22 giu. 2011, in vigore dal 1° gen. 2012 (RU 2011 3527). 415 Introdotto dal n. I dell’O del 22 giu. 2011, in vigore dal 1° gen. 2012 (RU 2011 3527). 416 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 15 nov. 2017, in vigore dal 1° gen. 2018 (RU 2017 6723). 417 RS 832.12 418 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 15 nov. 2017, in vigore dal 1° gen. 2018 (RU 2017 6723). 419 Introdotto dal n. I dell’O del 22 giu. 2011, in vigore dal 1° gen. 2012 (RU 2011 3527). Assicurazione malattie. O 93 / 128 832.102 3 Se un Cantone accorda una riduzione del premio per un periodo per il quale l’assi- curatore gli ha già notificato nel suo conteggio finale un credito secondo l’articolo 64a capoverso 3 LAMal, l’assicuratore restituisce al Cantone l’85 per cento di tale ridu- zione del premio. Sul certificato di carenza di beni o sul titolo equivalente i crediti nei confronti della persona assicurata sono ridotti dell’ammontare dell’intera riduzione del premio.420 Art. 105l421 Cambiamento di assicuratore in caso di mora 1 L’assicurato è in mora ai sensi dell’articolo 64a capoverso 6 della legge a decorrere dal recapito della diffida di cui all’articolo 105b capoverso 1. 2 Se l’assicurato in mora disdice il rapporto assicurativo, l’assicuratore deve infor- marlo che la disdetta non ha alcun effetto se i premi, le partecipazioni ai costi e gli interessi di mora oggetto della diffida o le spese d’esecuzione accumulate fino a tale momento non sono integralmente pagate entro un mese dalla scadenza del termine di disdetta. 3 Se gli importi in arretrato conformemente al capoverso 2 non sono pervenuti all’as- sicuratore tempestivamente, quest’ultimo deve informare l’interessato che egli conti- nua ad essere assicurato presso di lui e che può cambiare assicuratore soltanto al suc- cessivo termine previsto dall’articolo 7 capoversi 1 e 2 della legge. L’assicuratore informa il nuovo assicuratore entro 60 giorni che l’assicurato continua ad essere assi- curato presso di lui. Art. 105m422 Assicurati che risiedono in uno Stato membro dell’Unione europea, in Islanda, in Norvegia o nel Regno Unito 1 Se il diritto di uno Stato membro dell’Unione europea, dell’Islanda, della Norvegia o del Regno Unito permette all’assicuratore svizzero di recuperare i premi e le parte- cipazioni ai costi non pagati, le seguenti disposizioni si applicano agli assicurati che vivono in uno di questi Stati e non pagano i premi e le partecipazioni ai costi sca- duti:423 a. articolo 64a capoversi 1–7 della legge e articoli 105b–105l ai: 1. frontalieri e ai loro familiari, 2. familiari di domiciliati, dimoranti annuali e dimoranti temporanei, 3. beneficiari di una prestazione dell’assicurazione svizzera contro la disoc- cupazione e ai loro familiari; b. articolo 64a capoversi 1, 2 e 6 della legge e articoli 105b e 105l ai beneficiari di rendite e ai loro familiari; l’assicuratore rileva i certificati di carenza di beni. 420 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 15 nov. 2017, in vigore dal 1° gen. 2018 (RU 2017 6723). 421 Introdotto dal n. I dell’O del 22 giu. 2011, in vigore dal 1° gen. 2012 (RU 2011 3527). 422 Introdotto dal n. I dell’O del 22 giu. 2011, in vigore dal 1° gen. 2012 (RU 2011 3527). 423 Nuovo testo giusta il n. I 1 dell’O del 26 ott. 2022 sulla modifica di ordinanze in materia di assicurazione malattie in attuazione della Convenzione sul coordinamento della sicu- rezza sociale tra il Regno Unito di Gran Bretagna e Irlanda del Nord e la Confederazione Svizzera, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 658). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 94 / 128 832.102 2 Se il diritto di uno Stato membro dell’Unione europea, dell’Islanda, della Norvegia o del Regno Unito non permette all’assicuratore svizzero di recuperare i premi e le partecipazioni ai costi non pagati, l’assicuratore invia all’assicurato che non paga i premi o le partecipazioni ai costi esigibili una diffida di pagamento preceduta almeno da un sollecito scritto, gli assegna un termine supplementare di 30 giorni e gli indica le conseguenze della mora. Se, nonostante la diffida, l’assicurato non paga i premi, le partecipazioni ai costi e gli interessi di mora entro il termine stabilito, l’assicuratore può sospendere l’assunzione dei costi delle prestazioni. Esso deve nel contempo in- formare l’assicurato e l’istituzione di assistenza competente nel luogo di residenza del medesimo in merito alla sospensione. La sospensione termina non appena sono stati pagati i premi e le partecipazioni ai costi oggetto della diffida, nonché gli interessi di mora accumulati. Durante la sospensione dell’assunzione delle prestazioni, gli assi- curatori possono compensare le prestazioni con i premi o le partecipazioni ai costi dovuti.424 Capitolo 4: Riduzione dei premi da parte dei Cantoni Sezione 1: Aventi diritto425 Art. 106426 Riduzione dei premi da parte dei Cantoni per gli assicurati con un permesso di dimora valido per almeno tre mesi Hanno diritto alla riduzione dei premi anche le persone tenute ad assicurarsi ai sensi dell’articolo 1 capoverso 2 lettere a ed f, purché soddisfino le condizioni di diritto del Cantone. Art. 106a Riduzione dei premi da parte dei Cantoni per gli assicurati che risiedono in uno Stato membro dell’Unione europea, in Islanda, in Norvegia o nel Regno Unito427 1 Per le seguenti persone la riduzione dei premi è praticata secondo l’articolo 65a della legge: a. gli assicurati che percepiscono una rendita svizzera, fintanto che esercitano un’attività lucrativa in Svizzera o beneficiano di una prestazione dell’assicu- razione svizzera contro la disoccupazione; b. i familiari assicurati di una persona assicurata ai sensi della lettera a, anche se un altro familiare assicurato percepisce solo una rendita svizzera; 424 Nuovo testo giusta il n. I 1 dell’O del 26 ott. 2022 sulla modifica di ordinanze in materia di assicurazione malattie in attuazione della Convenzione sul coordinamento della sicu- rezza sociale tra il Regno Unito di Gran Bretagna e Irlanda del Nord e la Confederazione Svizzera, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 658). 425 Introdotto dal n. I dell’O del 22 giu. 2011, in vigore dal 1° gen. 2012 (RU 2011 3527). 426 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 22 mag. 2002, in vigore il 1° giu. 2002 (RU 2002 1633). 427 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 2 nov. 2011, in vigore dal 1° apr. 2012 (RU 2012 955). Assicurazione malattie. O 95 / 128 832.102 c. i familiari assicurati di una persona assicurata che esercita un’attività lucrativa in Svizzera o che beneficia di una prestazione dell’assicurazione svizzera con- tro la disoccupazione, anche se un altro familiare assicurato percepisce solo una rendita svizzera. 2 All’atto di verificare le modeste condizioni economiche degli assicurati residenti in uno Stato membro dell’Unione europea, in Islanda, in Norvegia o nel Regno Unito, i Cantoni non possono prendere in considerazione il reddito e la sostanza netta dei fa- miliari assoggettati alla procedura ai sensi dell’articolo 66a della legge.428 Sezione 2:429 Esecuzione della riduzione dei premi Art. 106b Notifiche del Cantone 1 Il Cantone designa un servizio per lo scambio dei dati con gli assicuratori conforme- mente all’articolo 65 capoverso 2 della legge. 2 Notifica all’assicuratore: a. gli assicurati che hanno diritto a una riduzione dei premi; b. l’ammontare della riduzione dei premi per avente diritto e per mese arroton- dato ai cinque centesimi; c. il periodo in mesi, per il quale è accordata la riduzione dei premi. 3 Stabilisce le scadenze per le sue notifiche, per le notifiche ai sensi dell’articolo 106c capoversi 1 e 2 e per la consegna del conto annuale conformemente all’articolo 106c capoverso 3. Art. 106c Compiti dell’assicuratore 1 L’assicuratore comunica al Cantone se può attribuire la notifica a un proprio assicu- rato. 2 Notifica al Cantone importanti cambiamenti nei rapporti con l’assicurato. Il DFI può definire quali cambiamenti sono considerati importanti. 3 L’assicuratore presenta al Cantone un conto annuale. Quest’ultimo comprende, per ogni avente diritto, i dati personali di cui all’articolo 105g, il periodo interessato, i premi mensili dell’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie e gli importi versati. 4 L’assicuratore indica la riduzione del premio per assicurato e per mese nel conteggio dei premi. Non può indicarla sul certificato di assicurazione. 428 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 2 nov. 2011, in vigore dal 1° apr. 2012 (RU 2012 955). 429 Introdotta dal n. I dell’O del 22 giu. 2011, in vigore dal 1° gen. 2012 (RU 2011 3527). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 96 / 128 832.102 5 Versa all’assicurato la differenza entro 60 giorni, se i suoi crediti residui relativi ai premi per l’anno civile in corso e altri crediti scaduti relativi all’assicurazione obbli- gatoria delle cure medico-sanitarie, per i quali non esiste un certificato di carenza di beni, sono inferiori: a. alla riduzione dei premi accordata dal Cantone; sono fatti salvi i disciplina- menti cantonali secondo cui il premio può essere ridotto al massimo del suo stesso importo mentre i piccoli importi non sono versati; b. al contributo forfettario accordato dal Cantone per l’assicurazione obbligato- ria delle cure medico-sanitarie di cui all’articolo 10 capoverso 3 lettera d della legge federale del 6 ottobre 2006430 sulle prestazioni complementari all’assi- curazione per la vecchiaia, i superstiti e l’invalidità. 6 Il Cantone può prevedere che l’assicuratore gli comunichi i dati personali di cui all’articolo 105g e altri dati per i suoi assicurati nel Cantone interessato. Art. 106d Scambio di dati 1 Le notifiche ai sensi degli articoli 106b e 106c contengono i dati personali di cui all’articolo 105g. Il Cantone può prevedere la notifica di ulteriori dati. 2 Dopo aver sentito i Cantoni e gli assicuratori, il DFI può stabilire modalità tecniche e organizzative per lo scambio e il formato dei dati. Art. 106e Costi I Cantoni e gli assicuratori assumono i costi derivanti dall’applicazione della riduzione dei premi. Parte seconda: Assicurazione facoltativa d’indennità giornaliera Art. 107 e 108431 Art. 108a432 Pagamento dei premi, interessi di mora e interessi rimunerativi Gli articoli 90, 90a e 105a sono applicabili per analogia. Art. 109 Adesione Ogni persona che adempie le condizioni di cui all’articolo 67 capoverso 1 della legge può aderire all’assicurazione d’indennità giornaliera alle stesse condizioni valevoli per gli altri assicurati, segnatamente riguardo la durata e l’ammontare dell’indennità giornaliera e per quanto, presumibilmente, non ne risulti un sovrindennizzo. 430 RS 831.30 431 Abrogati dall’all. n. 3 dell’O del 18 nov. 2015 sulla vigilanza sull’assicurazione malattie, con effetto dal 1° gen. 2016 (RU 2015 5165). 432 Introdotto dal n. I dell’O dell’11 set. 2002 (RU 2002 3908). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 27 giu. 2007, in vigore dal 1° ago. 2007 (RU 2007 3573). Assicurazione malattie. O 97 / 128 832.102 Parte terza: Regole di coordinamento Titolo 1: Coordinamento delle prestazioni Capitolo 1: Relazioni con altre assicurazioni sociali Sezione 1: Limiti dell’obbligo di fornire prestazioni Art. 110433 Principio Ove, in un caso d’assicurazione, prestazioni dell’assicurazione malattie concorrano con prestazioni di uguale natura dell’assicurazione infortuni secondo la LAINF434, dell’assicurazione militare, dell’assicurazione per la vecchiaia e per i superstiti, dell’assicurazione per l’invalidità o della legge federale del 25 settembre 1952435 sull’indennità di perdita di guadagno per chi presta servizio o in caso di maternità, le prestazioni di queste altre assicurazioni sono poziori. È fatto salvo l’articolo 128 dell’ordinanza del 20 dicembre 1982436 sull’assicurazione contro gli infortuni. Art. 111 Notifica dell’infortunio Gli assicurati devono notificare al loro assicuratore-malattie gli infortuni non notifi- cati a un assicuratore-infortuni o all’assicurazione militare.437 Essi devono fornire le informazioni riguardanti: a. l’ora, il luogo, le circostanze e le conseguenze dell’infortunio; b. il medico curante o l’ospedale; c. eventuali responsabili e assicurazioni interessate. Sezione 2: Obbligo di anticipare le prestazioni Art. 112 In relazione con l’assicurazione contro gli infortuni e l’assicurazione militare 1 Ove, in caso di malattia o d’infortunio, non è certo se l’obbligo di fornire prestazioni spetti all’assicurazione contro gli infortuni secondo la LAINF438 o all’assicurazione militare, l’assicuratore-malattie può anticipare spontaneamente le prestazioni che as- sicura, a condizione che sia garantito il suo pieno diritto alla ripetizione.439 433 Nuovo testo giusta l’art. 45 n. 1 dell’O del 24 nov. 2004 sulle indennità di perdita di gua- dagno, in vigore dal 1° lug. 2005 (RU 2005 1251). 434 RS 832.20 435 RS 834.1 436 RS 832.202 437 Nuovo testo giusta il n. I dell’O dell’11 set. 2002, in vigore dal 1° gen. 2003 (RU 2002 3908). 438 RS 832.20 439 Nuovo testo giusta il n. I dell’O dell’11 set. 2002, in vigore dal 1° gen. 2003 (RU 2002 3908). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 98 / 128 832.102 2 Se una persona è assicurata per l’indennità giornaliera presso più assicuratori-malat- tie, l’obbligo di anticipare le prestazioni incombe ad ognuno di questi assicuratori. Art. 113 In relazione con l’assicurazione per l’invalidità Se l’assicurato ha chiesto prestazioni sia all’assicuratore-malattie sia all’assicurazione per l’invalidità, l’assicuratore-malattie deve fornire a titolo provvisorio una garanzia di pagamento per i costi della cura medico-sanitaria finché sia stabilita l’assicurazione che assume il caso. Art. 114440 Obbligo d’informare L’assicuratore-malattie che anticipa le prestazioni deve avvertire l’assicurato circa il diritto di ricorso reciproco di cui all’articolo 71 LPGA. Art. 115441 Art. 116 Tariffe differenti 1 Se l’assicuratore-malattie ha anticipato prestazioni, gli altri assicuratori sociali de- vono versare ai fornitori di prestazioni l’eventuale differenza tra la loro propria tariffa e quella applicata dall’assicuratore-malattie. 2 Se, applicando le proprie tariffe, l’assicuratore-malattie ha pagato ai fornitori di pre- stazioni più di quanto avrebbe dovuto se avesse applicato le tariffe valevoli per le altre assicurazioni, i fornitori di prestazioni devono restituirgli la differenza. Sezione 3: Rimborso di prestazioni di altri assicuratori sociali Art. 117 Principio 1 Se l’assicuratore-malattie ha indebitamente pagato prestazioni sgravando a torto un altro assicuratore sociale o viceversa, l’assicuratore sgravato a torto deve rimborsare all’altro assicuratore l’importo di cui è stato sgravato, ma al massimo sino a concor- renza del suo obbligo legale. 2 Se più assicuratori-malattie hanno diritto oppure sono tenuti al rimborso, le loro ri- spettive aliquote sono calcolate secondo le prestazioni che hanno o avrebbero dovuto effettuare. 3 Il diritto al rimborso si prescrive in cinque anni dall’effettuazione della prestazione. 440 Nuovo testo giusta il n. I dell’O dell’11 set. 2002, in vigore dal 1° gen. 2003 (RU 2002 3908). 441 Abrogato dal n. I dell’O dell’11 set. 2002, con effetto 1° gen. 2003 (RU 2002 3908). Assicurazione malattie. O 99 / 128 832.102 Art. 118 Conseguenze per gli assicurati 1 Nei casi d’assicurazione correnti, l’assicuratore tenuto definitivamente a prestare provvede affinché le prestazioni siano effettuate secondo le prescrizioni che gli sono applicabili. Egli informa in merito l’assicurato. 2 Se l’assicurato avesse di norma dovuto ottenere prestazioni in contanti superiori a quelle effettivamente ottenute, l’assicuratore tenuto al rimborso gli versa la differenza. Ciò vale anche se il rapporto assicurativo si è frattanto sciolto. Art. 119 Differenti tariffe 1 L’assicuratore tenuto al rimborso versa ai fornitori di prestazioni l’eventuale diffe- renza tra la tariffa applicata dall’assicuratore avente diritto al rimborso e la tariffa valevole per lui. 2 Se l’assicuratore avente diritto al rimborso ha pagato più di quanto avrebbe dovuto applicando le tariffe valevoli per l’assicuratore tenuto al rimborso, i fornitori di pre- stazioni devono versargli la differenza. Sezione 4:442 Obbligo dell’assicuratore d’informare Art. 120 L’assicurato deve essere informato sulla comunicazione di dati (art. 84a LAMal) e sull’assistenza amministrativa (art. 32 cpv. 2 LPGA e art. 82 LAMal). Art. 121 Abrogato Capitolo 2: Sovrindennizzo Art. 122443 1 Trattandosi di prestazioni in natura, vi è sovrindennizzo nella misura in cui, per lo stesso danno alla salute, le corrispettive prestazioni delle assicurazioni sociali supe- rano segnatamente i limiti seguenti: a. i costi diagnostici e terapeutici che ne derivano per l’assicurato; b. i costi delle cure e altri costi di malattia non coperti che ne derivano per l’as- sicurato. 442 Nuovo testo giusta il n. I dell’O dell’11 set. 2002, in vigore dal 1° gen. 2003 (RU 2002 3908). 443 Nuovo testo giusta il n. I dell’O dell’11 set. 2002, in vigore dal 1° gen. 2003 (RU 2002 3908). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 100 / 128 832.102 2 Se una persona è assicurata presso più assicuratori-malattie per l’indennità giorna- liera ai sensi degli articoli 67 a 77 della legge, il sovrindenizzo è stabilito secondo l’articolo 69 capoverso 2 LPGA. Se le prestazioni devono essere ridotte, ciascun as- sicuratore è tenuto a versare le prestazioni nella proporzione esistente tra l’indennità giornaliera che assicura e l’importo totale delle indennità giornaliere assicurate. Titolo 2: ... Art. 123 a 126444 Parte quarta: Decisione, spese di comunicazione e pubblicazione di dati445 Art. 127446 Decisione L’assicuratore è tenuto a emanare entro 30 giorni le decisioni richieste secondo l’ar- ticolo 51 capoverso 2 LPGA. Art. 128 e 129447 Art. 130448 Spese di comunicazione e di pubblicazione dei dati449 1 Nei casi di cui all’articolo 84a capoverso 5 della legge, è riscosso un emolumento se la comunicazione dei dati richiede numerose copie o altre riproduzioni o ricerche particolari. L’ammontare dell’emolumento corrisponde agli importi fissati negli arti- coli 14 e 16 dell’ordinanza del 10 settembre 1969450 sulle tasse e spese nella procedura amministrativa. 2 Per le pubblicazioni di cui all’articolo 84a capoverso 3 della legge è riscosso un emolumento a copertura delle spese. 3 L’emolumento può essere ridotto o condonato in caso di indigenza dell’assoggettato o per altri gravi motivi. 444 Abrogati dal n. I dell’O dell’11 set. 2002, con effetto 1° gen. 2003 (RU 2002 3908). 445 Nuovo testo giusta il n. I dell’O dell’11 set. 2002, in vigore dal 1° gen. 2003 (RU 2002 3908). 446 Nuovo testo giusta il n. I dell’O dell’11 set. 2002, in vigore dal 1° gen. 2003 (RU 2002 3908). 447 Abrogati dal n. I dell’O dell’11 set. 2002, con effetto 1° gen. 2003 (RU 2002 3908). 448 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 22 nov. 2000, in vigore dal 1° gen. 2001 (RU 2000 2911) 449 Nuovo testo giusta il n. I dell’O dell’11 set. 2002, in vigore dal 1° gen. 2003 (RU 2002 3908). 450 RS 172.041.0 Assicurazione malattie. O 101 / 128 832.102 Parte quinta: Disposizioni finali Titolo 1: Disposizioni transitorie Art. 131451 Art. 132 Rapporti d’assicurazione esistenti 1 Al più tardi sino al 31 dicembre 1996, le casse malati possono continuare i rapporti d’assicurazione, esistenti all’entrata in vigore della legge, con persone che non sono soggette all’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie e che nemmeno possono esservi soggette a domanda. Questi rapporti d’assicurazione sono retti dal diritto previgente. 2 Un nuovo rapporto d’assicurazione ai sensi del capoverso 1 può essere creato sol- tanto se esso permette una corrispondente continuazione della copertura assicurativa sino al 31 dicembre 1996, allora garantita da un assicuratore che ha rinunciato a eser- citare l’assicurazione sociale malattie (art. 99 LAMal). 3 Le casse malati possono offrire alle persone di cui ai capoversi 1 e 2 la continuazione dei rapporti d’assicurazione su base contrattuale oltre il 31 dicembre 1996. Il contratto può essere stipulato con la stessa cassa malati o con un altro assicuratore ai sensi dell’articolo 11 della legge. Il finanziamento delle prestazioni corrispondenti a quelle dell’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie è retto dai principi dell’as- sicurazione sociale malattie. I rapporti d’assicurazione soggiacciono alla legge del 2 aprile 1908452 sul contratto d’assicurazione.453 4 Se una cura iniziata prima del 1° gennaio 1997 continua dopo questa data, la cassa malati deve mantenere il rapporto d’assicurazione sino alla fine della cura conforme- mente al diritto previgente.454 Art. 133455 Art. 134 Fornitori di prestazioni 1 I fornitori di prestazioni ai sensi degli articoli 44 a 54, che all’entrata in vigore della legge esercitano a carico dell’assicurazione malattie in virtù di un permesso secondo il previgente diritto, continuano ad essere autorizzati se lo sono, giusta il diritto can- tonale, entro un anno a contare dall’entrata in vigore della legge. 2 I logopedisti e i dietisti che, pur adempiendo solo in parte le condizioni d’autorizza- zione della presente ordinanza, hanno conseguito la loro formazione ed esercitato a titolo indipendente prima dell’entrata in vigore della legge, possono esercitare a carico 451 Abrogato dal n. IV 51 dell’O del 22 ago. 2007 concernente l’aggiornamento formale del diritto federale, con effetto dal 1° gen. 2008 (RU 2007 4477). 452 RS 221.229.1 453 Introdotto dal n. I dell’O del 25 nov. 1996, in vigore dal 1° gen. 1997 (RU 1996 3139). 454 Introdotto dal n. I dell’O del 25 nov. 1996, in vigore dal 1° gen. 1997 (RU 1996 3139). 455 Abrogato dal n. I dell’O del 25 giu. 1997, con effetto dal 1° gen. 1998 (RU 1997 1639). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 102 / 128 832.102 dell’assicurazione malattie secondo il nuovo diritto se autorizzati, giusta il diritto can- tonale, entro quattro anni dall’entrata in vigore della legge.456 3 I laboratori già ammessi in virtù degli articoli 53 e 54 come fornitori di prestazioni per l’esecuzione di esami genetici possono continuare a effettuare tali esami fino alla decisione d’autorizzazione dell’UFSP se: a. soddisfano le condizioni d’ammissione di cui agli articoli 53 e 54; e b. presentano la domanda d’autorizzazione entro tre mesi dall’entrata in vigore dell’ordinanza del 14 febbraio 2007457 sugli esami genetici sull’essere umano.458 Art. 135459 Art. 136460 Titolo 2: Entrata in vigore Art. 137 La presente ordinanza entra in vigore il 1° gennaio 1996. Disposizione finale della modifica del 17 settembre 1997461 Disposizioni finali della modifica del 23 febbraio 2000462 Disposizione finale della modifica del 2 ottobre 2000463 Per determinati gruppi di medicamenti, l’UFSP può rinunciare durante cinque anni al massimo all’adeguamento dei prezzi alla struttura dei prezzi di cui all’articolo 67 op- pure prevedere un adeguamento scaglionato. 456 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 25 nov. 1996, in vigore dal 1° gen. 1997 (RU 1996 3139). 457 RS 810.122.1 458 Introdotto dall’art. 37 n. 2 dell’O del 14 feb. 2007 sugli esami genetici sull’essere umano, in vigore dal 1° apr. 2007 (RU 2007 651). 459 Abrogato dal n. I dell’O del 24 feb. 2021, con effetto dal 1° apr. 2021 (RU 2021 152) 460 Abrogato dal n. IV 51 dell’O del 22 ago. 2007 concernente l’aggiornamento formale del diritto federale, con effetto dal 1° gen. 2008 (RU 2007 4477). Il testo del 1° gen. ha ef- fetto sino al 31 dic. 2018 (RU 2017 6723). 461 Abrogata dal n. IV 51 dell’O del 22 ago. 2007 concernente l’aggiornamento formale del diritto federale, con effetto dal 1° gen. 2008 (RU 2007 4477). 462 Abrogate dal n. IV 51 dell’O del 22 ago. 2007 concernente l’aggiornamento formale del diritto federale, con effetto dal 1° gen. 2008 (RU 2007 4477). 463 RU 2000 2835 Assicurazione malattie. O 103 / 128 832.102 Disposizioni finali della modifica del 22 maggio 2002464 Disposizioni finali della modifica del 26 giugno 2002465 Le procedure pendenti all’entrata in vigore della presente modifica sono rette dal nuovo diritto. Disposizione finale della modifica del 6 giugno 2003466 Disposizioni finali della modifica del 26 maggio 2004467 1 Gli assicuratori devono informare per scritto ogni assicurato entro il 31 ottobre 2004 al più tardi sulle nuove franchigie opzionali e sulle riduzioni dei premi accordate in relazione ad esse. 2 Per gli assicurati che hanno scelto una franchigia opzionale, a partire dal 1° gennaio 2005 si applica la franchigia opzionale offerta dal loro assicuratore che corrisponde alla loro franchigia attuale o che vi si avvicina maggiormente. Se la franchigia appena superiore o appena inferiore differiscono dello stesso ammontare dalla loro franchigia attuale, si applica la franchigia superiore. Gli assicurati con franchigia opzionale pos- sono tuttavia scegliere un’altra franchigia o passare all’assicurazione ordinaria se lo comunicano per scritto all’assicuratore al più tardi entro il 30 novembre 2004. Disposizioni finali della modifica del 3 dicembre 2004468 1 Per diplomi ai sensi degli articoli 45, 47–49 e 50a si intendono anche i diplomi rila- sciati o ritenuti equipollenti, prima dell’entrata in vigore della presente modifica, da un organismo designato in comune dai Cantoni o dal DFI. 2 Per quanto concerne i rapporti assicurativi conclusi prima dell’entrata in vigore della presente modifica dell’articolo 103 capoverso 5, la normativa previgente si applica alla durata contrattuale convenuta, ma al massimo sino al 31 dicembre 2005. Disposizioni finali della modifica del 9 novembre 2005469 464 Abrogate dal n. IV 51 dell’O del 22 ago. 2007 concernente l’aggiornamento formale del diritto federale, con effetto dal 1° gen. 2008 (RU 2007 4477). 465 RU 2002 2129 466 Abrogata dal n. IV 51 dell’O del 22 ago. 2007 concernente l’aggiornamento formale del diritto federale, con effetto dal 1° gen. 2008 (RU 2007 4477). 467 RU 2004 3437 468 RU 2004 5075 469 Abrogate dal n. IV 51 dell’O del 22 ago. 2007 concernente l’aggiornamento formale del diritto federale, con effetto dal 1° gen. 2008 (RU 2007 4477). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 104 / 128 832.102 Disposizioni finali della modifica del 26 aprile 2006470 1 Gli assicuratori devono applicare le prescrizioni di cui all’articolo 6a entro il 1° ago- sto 2006. 2 Per gli assicurati il cui obbligo di assicurazione è stato sospeso prima del 1° luglio 2006 a causa del servizio militare, l’articolo 10a si applica nel suo tenore prece- dente471. 3 Gli articoli 65–65c nonché 66a si applicano ai medicamenti che sono stati ammessi nell’elenco delle specialità prima dell’entrata in vigore della presente modifica. 4 ...472 5 ...473 Disposizioni transitorie della modifica del 27 giugno 2007474 1 Per i preparati originali ammessi nell’elenco delle specialità prima dell’entrata in vigore della presente modifica si applica l’articolo 65a nella versione del 26 aprile 2006475. 2 I preparati originali e i generici ammessi nell’elenco delle specialità tra il 1° gennaio 1993 e il 31 dicembre 2002 sono oggetto di un riesame entro il 30 giugno 2008 al fine di controllare se adempiono ancora le condizioni di ammissione. Il DFI definisce la procedura applicabile per il riesame. 3 L’articolo 66 si applica anche ai medicamenti ammessi nell’elenco delle specialità prima del 10 maggio 2006. 4 L’articolo 105b capoversi 1 e 2 non si applica ai premi scaduti prima del 1° agosto 2007 e alle partecipazioni ai costi delle prestazioni fornite prima del 1° agosto 2007. 5 L’articolo 105c capoverso 2 non si applica alle sospensioni della presa a carico delle prestazioni esistenti il 1° agosto 2007. 6 I premi e le partecipazioni ai costi, nonché gli interessi di mora e le spese d’esecu- zione non pagati, scaduti prima del 1° gennaio 2006, non impediscono un cambia- mento di assicuratore. Disposizione transitoria della modifica del 22 agosto 2007476 Le disposizioni della presente ordinanza relative all’ufficio di revisione valgono a par- tire dal primo esercizio annuale che inizia con l’entrata in vigore della presente modi- fica o in seguito. 470 RU 2006 1717 471 RU 2001 138 472 Abrogato dal n. I dell’O del 27 giu. 2007, con effetto dal 1° ago. 2007 (RU 2007 3573). 473 Abrogato dal n. II dell’O del 22 giu. 2011, con effetto dal 1° gen. 2012 (RU 2011 3449). 474 RU 2007 3573 475 RU 2006 1717 476 RU 2007 3989 Assicurazione malattie. O 105 / 128 832.102 Disposizioni finali della modifica del 22 ottobre 2008477 1 L’organizzazione menzionata nell’articolo 49 capoverso 2 della legge inizia la sua attività al più tardi il 31 gennaio 2009. I partner tariffali e i Cantoni comunicano al Consiglio federale la data d’inizio dell’attività dell’organizzazione e gli inviano gli statuti della medesima. 2 La prima richiesta di approvazione della convenzione tariffale di cui all’articolo 59d è sottoposta al Consiglio federale al più tardi il 30 giugno 2009. Oltre alla struttura tariffale uniforme e alle modalità di applicazione della tariffa, la convenzione include anche una proposta congiunta dei partner tariffali concernente le misure d’accompa- gnamento necessarie al momento dell’introduzione degli importi forfettari riferiti alle prestazioni. I partner tariffali concordano in particolare gli strumenti per la sorve- glianza dell’evoluzione dei costi e del volume delle prestazioni (monitoraggio) e le misure correttive. 2bis Il monitoraggio di cui al capoverso 2 comprende in particolare, per ciascun forni- tore di prestazioni, l’evoluzione del numero di casi, dei costi fatturati e, nel caso di un modello di rimunerazione di tipo Diagnosis Related Groups (DRG), l’evoluzione del Case Mix Index (CMI). Il monitoraggio di tutti i settori di cui all’articolo 49 capoverso 1 della legge, inclusi i settori interessati prima e dopo il ricovero, deve garantire in particolare che, oltre al meccanismo di correzione previsto dal capoverso 2ter, ulteriori misure correttive possano essere applicate dai partner tariffali. Se i partner tariffali non riescono a concordare un monitoraggio corrispondente, i fornitori di prestazioni trasmettono trimestralmente agli assicuratori le informazioni necessarie a tal fine, a partire dalla data d’introduzione di cui al capoverso 1 delle disposizioni transitorie della modifica del 21 dicembre 2007 della legge e fino alla conclusione delle misure correttive. Gli assicuratori svolgono un monitoraggio congiuntamente e pubblicano ogni sei mesi una valutazione come base per le misure correttive dei partner tarif- fali.478 2ter Se, nel caso di un modello di rimunerazione di tipo DRG, i partner tariffali non riescono a concordare misure correttive uniformi a livello nazionale conformemente al capoverso 2, nei primi due anni successivi all’introduzione del modello di rimune- razione, sia in caso di aumento ingiustificato superiore al 2 per cento del CMI effettivo durante l’anno di fatturazione rispetto al CMI concordato, sia del numero di casi ef- fettivo durante l’anno di fatturazione rispetto al numero di casi considerato per con- cordare il CMI, il fornitore di prestazioni deve rimborsare i ricavi supplementari nel corso dell’anno successivo secondo la ripartizione ai sensi dell’articolo 49a della legge. Le modalità di attuazione sono concordate tra i fornitori di prestazioni e gli assicuratori.479 3 I partner tariffali sottopongono al Consiglio federale l’importo del contributo per ogni caso ai sensi dell’articolo 59e al più tardi al momento della presentazione della prima richiesta di approvazione secondo il capoverso 2. 477 RU 2008 5097 478 Introdotto dal n. I dell’O del 2 nov. 2011, in vigore dal 1° dic. 2011 (RU 2011 5037). 479 Introdotto dal n. I dell’O del 2 nov. 2011, in vigore dal 1° dic. 2011 (RU 2011 5037). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 106 / 128 832.102 4 In deroga alle disposizioni finali della modifica del 22 ottobre 2008480 dell’ordi- nanza del 3 luglio 2002481 sul calcolo dei costi e la registrazione delle prestazioni da parte degli ospedali, delle case per partorienti e delle case di cura nell’assicurazione malattie, nel 2012 la rimunerazione dei costi di utilizzazione delle immobilizzazioni, nel caso di un modello di rimunerazione di tipo DRG, si effettua per mezzo di un supplemento sui prezzi di base negoziati nelle convenzioni tariffali. Il supplemento ammonta al 10 per cento.482 Disposizione finale della modifica del 13 marzo 2009483 In collaborazione con l’UFSP, con gli uffici preposti al versamento delle rendite e con le competenti rappresentanze svizzere all’estero, l’istituzione comune informa i red- ditieri residenti in uno dei nuovi Stati membri della Comunità europea dell’obbligo di assicurarsi, al più tardi tre mesi dopo l’entrata in vigore del Protocollo del 27 mag- gio 2008484 relativo all’estensione dell’Accordo sulla libera circolazione delle per- sone alla Bulgaria e alla Romania, considerata la partecipazione della Bulgaria e della Romania, in qualità di parti contraenti, a seguito alla loro adesione all’Unione euro- pea. Queste informazioni valgono d’ufficio per tutti i familiari residenti in uno dei nuovi Stati membri della Comunità europea. La Confederazione prende a suo carico le spese d’informazione dell’istituzione comune. Disposizione transitoria della modifica del 24 giugno 2009485 Per i progetti pilota di cui all’articolo 36a approvati prima dell’entrata in vigore della modifica del 24 giugno 2009 la durata di quattro anni è ridotta del tempo già trascorso al momento dell’entrata in vigore della presente modifica. Disposizioni transitorie della modifica del 1° luglio 2009486 1 L’UFSP esamina se i prezzi di fabbrica per la consegna dei preparati originali am- messi nell’elenco delle specialità tra il 1° gennaio 1955 e il 31 dicembre 2006 adem- piono ancora le condizioni di ammissione. 2 L’azienda responsabile della distribuzione di un preparato originale che deve essere riesaminato calcola, in base ai disciplinamenti rilasciati dalle relative autorità o asso- ciazioni, i prezzi di fabbrica per la consegna in Germania, Danimarca, Regno Unito, Paesi Bassi, Francia e Austria degli imballaggi maggiormente venduti in Svizzera. L’azienda provvede a far confermare tali prezzi da una persona con potere di firma 480 RU 2008 5105 481 RS 832.104 482 Introdotto dal n. I dell’O del 2 nov. 2011, in vigore dal 1° dic. 2011 (RU 2011 5037). 483 RU 2009 1825 484 RS 0.142.112.681.1 485 RU 2009 3525 486 RU 2009 4245 Assicurazione malattie. O 107 / 128 832.102 rappresentante del fabbricante nel rispettivo Paese. Il numero di imballaggi del prepa- rato originale venduti in Svizzera negli ultimi 12 mesi comprende tutte le forme di commercio e deve essere confermato da una persona con potere di firma rappresen- tante del fabbricante in Svizzera. 3 L’azienda responsabile della distribuzione di un preparato originale deve comuni- care all’UFSP, entro il 30 novembre 2009, i prezzi medi di fabbrica per la consegna vigenti il 1° ottobre 2009. L’UFSP calcola il prezzo medio di fabbrica per la consegna in base ai prezzi vigenti in Germania, Danimarca, Regno Unito, Paesi Bassi, Francia e Austria e lo converte in franchi svizzeri in base al corso medio del cambio vigente tra i mesi di aprile e settembre 2009. 4 L’UFSP riduce il prezzo di fabbrica per la consegna dei preparati originali con ef- fetto dal 1° marzo 2010 fino al prezzo medio di fabbrica per la consegna calcolato secondo il capoverso 3, se: a. il 1° ottobre 2009 il prezzo di fabbrica per la consegna del preparato originale (valore originario) è superiore di oltre il 4 per cento al prezzo calcolato se- condo il capoverso 3; b. fino al 30 novembre 2009 l’azienda non ha presentato domanda di riduzione del prezzo di fabbrica per la consegna con effetto dal 1° marzo 2010 fino a un importo che superi del 4 per cento al massimo il prezzo di fabbrica per la consegna calcolato secondo il capoverso 3. 5 La riduzione di prezzo secondo il capoverso 4 può avvenire progressivamente. Se la riduzione di prezzo è superiore al 15 per cento del valore originario, un primo ade- guamento è effettuato il 1° marzo 2010 con una riduzione di prezzo all’85 per cento del valore originario, e il 1° gennaio 2011, con una riduzione fino al prezzo medio di fabbrica per la consegna calcolato secondo il capoverso 3. 6 I prezzi dei generici ammessi nell’elenco delle specialità prima dell’entrata in vigore della modifica del 1° luglio 2009 sono riesaminati fino al 1° gennaio 2010 e adeguati dal 1° marzo 2010. Nel quadro di questo riesame straordinario dei prezzi, sono consi- derati economici i generici il cui prezzo di fabbrica per la consegna sia inferiore di almeno il 10 per cento rispetto al prezzo medio di fabbrica per la consegna vigente il 1° ottobre 2009 del corrispettivo preparato originale all’estero. Il prezzo medio di fab- brica per la consegna è calcolato in base ai prezzi vigenti in Austria, Danimarca, Fran- cia, Germania, Paesi Bassi e Regno Unito.487 7 Il supplemento attinente al prezzo e il supplemento per imballaggio di cui all’articolo 67 capoverso 1quater di tutti i preparati ammessi nella lista delle specialità fino all’en- trata in vigore della modifica del 1° luglio 2009 sono riesaminati fino al 1° gennaio 2010 e adeguati dal 1° marzo 2010. 487 Nuovo testo giusta il n. I dell’O dell’11 set. 2009, in vigore dal 1° ott. 2009 (RU 2009 4759). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 108 / 128 832.102 Disposizioni transitorie della modifica del 3 dicembre 2010488 1 Gli assicuratori devono trasmettere all’UFSP, per informazione, il regolamento di collocamento entro un anno dall’entrata in vigore della modifica del 3 dicembre 2010. 2 Essi devono collocare il loro patrimonio conformemente agli articoli 80–80i entro la chiusura dei conti annuali del 31 dicembre 2011. I collocamenti giusta l’articolo 80d capoverso 1 lettera d devono essere effettuati conformemente agli articoli 80–80i en- tro il 31 dicembre 2015. 3 Gli assicuratori devono sottoporre entro un anno all’UFSP, per approvazione, i col- locamenti secondo l’articolo 80d capoverso 1 lettera e esistenti al momento dell’en- trata in vigore della modifica del 3 dicembre 2010. Disposizioni transitorie relativa alla modifica del 22 giugno 2011489 1 Gli assicuratori devono provvedere affinché, entro cinque anni dall’entrata in vigore, le loro riserve raggiungano l’ammontare minimo di cui all’articolo 78a. 2 Prima di tale data, gli assicuratori le cui riserve non raggiungono l’ammontare mi- nimo devono disporre: a. delle riserve di sicurezza di cui all’articolo 78 capoverso 4 del diritto vigente; e b. di una riassicurazione, sempre che abbiano meno di 50 000 persone nell’assi- curazione obbligatoria delle cure medico sanitarie. Disposizione transitoria della modifica del 6 luglio 2011490 Se un beneficiario del soccorso d’emergenza oggetto di una decisione in materia di asilo passata in giudicato prima dell’entrata in vigore della presente modifica presenta a un assicuratore una domanda di assunzione dei costi, i premi e i supplementi secondo la presente modifica sono dovuti con effetto retroattivo dal momento dell’entrata in vigore di quest’ultima. Disposizione transitoria della modifica del 2 novembre 2011491 Il diritto previgente si applica a Islanda, Liechtenstein e Norvegia fino all’entrata in vigore della modifica del ...492 dell’allegato K dell’Accordo AELS493. 488 RU 2010 6155 489 RU 2011 3449 490 RU 2011 3535 491 RU 2012 955 492 RU 2012 … 493 RS 0.632.31 Assicurazione malattie. O 109 / 128 832.102 Disposizione transitoria della modifica del 4 luglio 2012494 1 Entro il 31 dicembre 2013, ogni assicuratore deve disporre di un servizio di ricezione dei dati certificato ai sensi dell’articolo 59a capoverso 6. Fino a quando l’assicuratore non dispone di un servizio di ricezione dei dati certificato, una trasmissione sistema- tica secondo l’articolo 59a capoverso 3 di indicazioni mediche è unicamente possibile se queste indicazioni sono trasmesse direttamente al medico di fiducia ai sensi dell’ar- ticolo 57 della legge. 2 I fornitori di prestazioni nel settore ambulatoriale e nei settori della riabilitazione e della psichiatria trasmettono le diagnosi e le procedure secondo le modalità e le codi- fiche convenute nelle convenzioni tariffali applicabili fino a quando il DFI non ha fissato le classificazioni ad essi applicabili (art. 59abis).495 Disposizione transitoria della modifica dell’8 maggio 2013496 L’articolo 65f si applica parimenti alle domande di estensione dell’indicazione e di modificazione o soppressione di una limitazione ancora pendenti presso l’UFSP al momento dell’entrata in vigore della presente modifica. Disposizioni transitorie della modifica del 29 novembre 2013497 1 Le esenzioni decise dai Cantoni in virtù dell’articolo 2 capoverso 4bis rimangono valide fino alla loro scadenza. 2 Alle prestazioni fornite prima del 1° marzo 2014 è applicabile l’articolo 104 capo- verso 2 lettera c nella versione della modifica del 3 dicembre 2010498. Determinante è la data del trattamento. Disposizioni transitorie della modifica del 29 aprile 2015499 1 Nel 2016 non si svolge alcun riesame delle condizioni di ammissione secondo l’ar- ticolo 65d.500 2 Le disposizioni della modifica del 29 aprile 2015 si applicano anche alle domande che al momento dell’entrata in vigore della presente modifica sono pendenti presso l’UFSP. 3 Alle decisioni dell’USFP emanate prima dell’entrata in vigore della modifica del 29 aprile 2015 non si applica l’articolo 71 capoversi 2–4. 494 RU 2012 4089 495 Nuovo testo giusta il n. II dell’O del 19 nov. 2014, in vigore dal 1° gen. 2015 (RU 2014 4391, 2015 1177). 496 RU 2013 1353 497 RU 2013 4523 498 RU 2010 6161 499 RU 2015 1255 500 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 23 mar. 2016, in vigore dal 1° mag. 2016 (RU 2016 1175). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 110 / 128 832.102 4 L’articolo 65d capoverso 3 lettera c non si applica alla verifica dell’economicità dei preparati originali che sono stati ammessi nell’elenco delle specialità prima dell’en- trata in vigore della modifica del 29 aprile 2015. 5 La restituzione delle eccedenze per i medicamenti che sono stati ammessi nell’elenco delle specialità prima dell’entrata in vigore della modifica del 29 aprile 2015 e che fino ad allora non sono stati riesaminati conformemente all’articolo 65d è valutata in occasione del successivo riesame triennale delle condizioni di ammissione secondo l’articolo 67 capoverso 2ter nel suo tenore previgente. Disposizione transitoria della modifica del 9 dicembre 2016501 Le domande di riconoscimento dell’equipollenza di titoli di perfezionamento in me- dicina di laboratorio secondo l’articolo 54a, presentate prima dell’entrata in vigore della modifica del 9 dicembre 2016, sono rette dal diritto vigente. Disposizioni transitorie della modifica del 1° febbraio 2017502 1 Le disposizioni della modifica del 1° febbraio 2017 si applicano anche alle domande che al momento dell’entrata in vigore della presente modifica sono pendenti presso l’UFSP. 2 Il primo riesame delle condizioni di ammissione secondo l’articolo 65d è effettuato nel 2017. Disposizione transitoria della modifica del 5 aprile 2017503 1 I farmacisti che, al momento dell’entrata in vigore della modifica del 5 aprile 2017, stanno svolgendo il perfezionamento pratico di due anni in una farmacia e dispongono di un’autorizzazione cantonale secondo l’articolo 65 capoverso 1bis LPMed504 pos- sono essere ammessi a esercitare la professione a carico dell’assicurazione obbligato- ria delle cure medico-sanitarie nei due anni successivi all’entrata in vigore di tale mo- difica, se entro questo periodo hanno terminato il perfezionamento. 2 I farmacisti, già autorizzati a esercitare a carico dell’assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie al momento dell’entrata in vigore della modifica del 5 aprile 2017, continuano ad esserlo. 501 RU 2016 4927 502 RU 2017 623 503 RU 2017 2705 504 RS 811.11 Assicurazione malattie. O 111 / 128 832.102 Disposizione transitoria della modifica del 19 marzo 2021505 Disposizione transitoria della modifica del 26 maggio 2021506 Disposizioni transitorie della modifica del 23 giugno 2021507 1 Gli assicuratori devono fornire ai Cantoni entro un termine di sei mesi dall’entrata in vigore della modifica del 23 giugno 2021 i dati relativi ai fornitori di prestazioni autorizzati sul loro territorio prima dell’entrata in vigore della modifica della LAMal del 19 giugno 2020508. 2 Gli elenchi degli ospedali somatici acuti e delle case per partorienti devono essere adeguati ai criteri di pianificazione previsti dalla presente ordinanza entro quattro anni dall’entrata in vigore della modifica del 23 giugno 2021. 3 Gli elenchi degli ospedali psichiatrici e riabilitativi devono essere adeguati ai criteri di pianificazione previsti dalla presente ordinanza entro sei anni dall’entrata in vigore della modifica del 23 giugno 2021. 4 Gli elenchi delle case di cura devono essere adeguati ai criteri di pianificazione pre- visti dalla presente ordinanza entro cinque anni dall’entrata in vigore della modifica del 23 giugno 2021. 5 Gli psicologi psicoterapeuti che all’entrata in vigore della modifica del 23 giugno 2021 hanno acquisito un’esperienza professionale di almeno tre anni nell’assistenza psichiatrica-psicoterapeutica sotto la supervisione di un professionista qualificato sono autorizzati all’esercizio della professione anche se tale esperienza professionale in psicoterapia non adempie le condizioni di cui all’articolo 50c lettera b. In caso di occupazione a tempo parziale, la durata minima aumenta di conseguenza. 6 I podologi che all’entrata in vigore della modifica del 23 giugno 2021 dispongono di un’autorizzazione cantonale per trattare pazienti che appartengono a una categoria a rischio sotto la propria responsabilità professionale sono autorizzati se sono in pos- sesso di uno dei seguenti titoli: a. attestato di capacità di podologo rilasciato dall’associazione professionale «Schweizerischer Podologen-Verband» (SPV); b. attestato di capacità di podologo rilasciato dall’associazione professionale «Fachverband Schweizerischer Podologen» (FSP); 505 RU 2021 188. Abrogata dal n. I dell’O del 23 giu. 2021, con effetto dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 506 RU 2021 323. Abrogata dal n. I dell’O del 23 giu. 2021, con effetto dal 1° gen. 2022 (RU 2021 439). 507 RU 2021 439 508 RU 2021 413 Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 112 / 128 832.102 c. diploma di podologo rilasciato dal Cantone Ticino, completato con l’attesta- zione di superamento del corso sul piede diabetico organizzato dal Centro pro- fessionale sociosanitario (CPS) di Lugano in collaborazione con l’Unione dei podologi della Svizzera italiana (UPSI). 7 Se all’entrata in vigore della modifica del 23 giugno 2021 un podologo dispone di un titolo di cui all’articolo 50d lettera b o capoverso 6 o consegue entro due anni un diploma di cui all’articolo 50d lettera b, ogni attività pratica svolta dopo il consegui- mento del diploma di podologo prima dell’entrata in vigore della modifica e durante i quattro anni seguenti viene computata nella valutazione dell’adempimento del requi- sito dello svolgimento di un’attività pratica di due anni secondo l’articolo 50d lettera c, anche se l’attività non adempie le condizioni di cui all’articolo 50d lettera c. Disposizioni transitorie della modifica del 3 novembre 2021509 1 L’articolo 65 capoverso 1bis si applica anche alle domande di ammissione nell’elenco delle specialità pendenti presso l’UFSP al momento dell’entrata in vigore della modifica del 3 novembre 2021. 2 I medicamenti che adempiono le condizioni per l’ammissione nell’elenco delle spe- cialità per le infermità congenite di cui all’articolo 3sexies OAI510 e figurano nell’elenco delle specialità sono inseriti, nel quadro del riesame di cui all’articolo 65d, in applicazione dell’articolo 65 capoverso 1bis, nell’elenco delle specialità per le in- fermità congenite. 3 I medicamenti che figurano nell’elenco dei farmaci per infermità congenite dell’elenco delle specialità sono inseriti, nel quadro del riesame di cui all’articolo 65d, nell’elenco delle specialità per le infermità congenite di cui all’articolo 3sexies OAI o nell’elenco delle specialità di cui all’articolo 52 capoverso 1 lettera b della legge. 509 RU 2021 706 510 RS 831.201 Assicurazione malattie. O 113 / 128 832.102 Allegato 1511 (art. 70b) Tasse per l’iscrizione nell’elenco delle specialità Fr. 1. Tasse per forma galenica per le decisioni in merito alle domande di a. ammissione di medicamenti o modificazione delle limitazioni, se la do- manda è presentata alla Commissione federale dei medicamenti 7500 b. ammissione di medicamenti, se la domanda non è presentata alla Com- missione federale dei medicamenti 2500 c. ammissione di medicamenti o modificazione delle limitazioni, se la do- manda è trattata in procedura accelerata 9000 d. aumento di prezzo 2500 e. modifica delle dimensioni dell’imballaggio 2500 f. modifica del dosaggio 2500 g. riesame 2500 2. tassa annuale per ogni medicamento ammesso e per ogni imballaggio iscritto 40 511 Introdotto dal n. II dell’O dell’8 mag. 2013 (RU 2013 1353). Nuovo testo giusta il n. II dell’O del 29 apr. 2015, in vigore dal 1° giu. 2015 (RU 2015 1255). Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 114 / 128 832.102 Allegato 2512 Abrogazione e modifica di ordinanze 1. Sono abrogate: a. l’ordinanza I del 22 dicembre 1964513 sull’assicurazione contro le malattie concernente la contabilità e il controllo delle casse malati e delle federazioni di riassicurazione riconosciute dalla Confederazione, come pure il calcolo dei sussidi federali; b. l’ordinanza II del 22 dicembre 1964514 sull’assicurazione contro le malattie concernente l’assicurazione collettiva esercitata dalle casse malati ricono- sciute dalla Confederazione; c. l’ordinanza III del 15 gennaio 1965515 sull’assicurazione contro le malattie concernente le prestazioni delle casse malati e delle federazioni di riassicura- zione riconosciute dalla Confederazione; d. l’ordinanza IV del 15 gennaio 1965516 sull’assicurazione contro le malattie concernente il riconoscimento, per la medesima, dei certificati cantonali d’idoneità rilasciati ai chiropratici; e. l’ordinanza V del 2 febbraio 1965517 sull’assicurazione contro le malattie con- cernente il riconoscimento delle casse malati e delle federazioni di riassicura- zione come pure la loro sicurezza finanziaria; f. l’ordinanza VI dell’11 marzo 1966518 sull’assicurazione contro le malattie concernente l’autorizzazione data al personale sanitario ausiliario di esercitare a carico dell’assicurazione contro le malattie; g. l’ordinanza VII del 29 marzo 1966519 sull’assicurazione contro le malattie concernente l’autorizzazione data ai laboratori di eseguire analisi a carico dell’assicurazione contro le malattie; h. l’ordinanza VIII del 30 ottobre 1968520 sull’assicurazione contro le malattie concernente la scelta dei medicamenti e delle analisi; i. l’ordinanza del 22 novembre 1989521 concernente l’esercizio di altri generi d’assicurazione da parte delle casse malati riconosciute. 512 Originario all. 513 [RU 1964 1329; 1974 978, 1986 685, 1990 1675; 1991 609, 2547; 1992 1738 art. 18] 514 [RU 1965 33; 1984 1481; 1990 1674; 1991 606, 2546] 515 [RU 1965 45; 1968 43 n. V, 1024, 1969 1149 n. II; 1974 978 n. II; 1983 38 art. 142; 1984 1485; 1986 85] 516 [RU 1965 60] 517 [RU 1965 93; 1969 81 n. II lett. B n. 3, 1241; 1970 1648; 1984 1479; 1986 80, 1706; 1990 21, 2039; 1991 370 all. n. 18] 518 [RU 1966 515, 1971 1186] 519 [RU 1966 586] 520 [RU 1968 1282, 1982 2178, 1984 1486, 1986 89, 1988 1563] 521 [RU 1989 2430] Assicurazione malattie. O 115 / 128 832.102 2. a 10. ...522 522 Le mod. possono essere consultate alla RU 1995 3867. Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 116 / 128 832.102 Indice Parte prima: Assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie Titolo 1: Obbligo d’assicurazione Capitolo 1: Disposizioni generali Sezione 1: Persone tenute ad assicurarsi Obbligo d’assicurazione ................................................................Art. 1 Eccezioni all’obbligo d’assicurazione ...........................................Art. 2 Frontalieri ......................................................................................Art. 3 Lavoratori distaccati all’estero .......................................................Art. 4 Persone che soggiornano all’estero al servizio di una collettività pubblica .......................................................................Art. 5 Persone beneficiarie di privilegi in virtù del diritto internazionale ................................................................................Art. 6 Sezione 2: Inizio e fine dell’assicurazione Dati del formulario d’affiliazione ................................................ Art. 6a Casi particolari ...............................................................................Art. 7 Continuazione dell’assicurazione per persone non più soggette d’obbligo ....................................................................... Art. 7a Prolungamento dell’obbligo d’assicurazione ............................... Art. 7b Supplemento di premio in caso d’affiliazione tardiva....................Art. 8 Fine del rapporto assicurativo ........................................................Art. 9 Sezione 3: Compiti dei Cantoni ..................................................................................................... Art. 10 Capitolo 2: Sospensione dell’obbligo d’assicurazione e della copertura dell’infortunio Sospensione dell’obbligo d’assicurazione ................................. Art. 10a Sospensione della copertura dell’infortunio ................................. Art. 11 Titolo 2: Organizzazione Capitolo 1: ... Abrogati ............................................................................... Art. 12 a 15 Abrogato .................................................................................... Art. 15a Capitolo 2: ... Abrogati ............................................................................... Art. 16 a 18 Assicurazione malattie. O 117 / 128 832.102 Capitolo 3: Istituzione comune Adempimento di obblighi internazionali .................................... Art. 19 Ripartizione tra i Cantoni della quotaparte cantonale ............... Art. 19a Abrogato ................................................................................... Art. 19b Abrogati ............................................................................... Art. 20 e 21 Contenzioso ................................................................................ Art. 22 Capitolo 4: Promozione della salute .................................................................................................... Art. 23 Capitolo 5: Vigilanza Sezione 1: ... Abrogati ............................................................................... Art. 24 a 26 Sezione 2: Ricorso dell’UFSP .................................................................................................... Art. 27 Sezione 3: Dati Dati degli assicuratori ................................................................. Art. 28 Abrogato ................................................................................... Art. 28a Pubblicazione dei dati degli assicuratori ................................... Art. 28b Domanda di utilizzazione particolare ......................................... Art. 28c Effettivo medio degli assicurati .................................................. Art. 29 Dati dei fornitori di prestazioni ................................................... Art. 30 Rilevazione e trattamento dei dati dei fornitori di prestazioni ................................................................................. Art. 30a Trasmissione dei dati dei fornitori di prestazioni ...................... Art. 30b Regolamento per il trattamento .................................................. Art. 30c Pubblicazione dei dati dei fornitori di prestazioni ....................... Art. 31 Sicurezza e conservazione dei dati ............................................ Art. 31a Analisi degli effetti ..................................................................... Art. 32 Titolo 3: Prestazioni Capitolo 1: Designazione delle prestazioni Prestazioni generali ..................................................................... Art. 33 Analisi e medicamenti ................................................................ Art. 34 Infermità congenite ..................................................................... Art. 35 Medicina complementare .......................................................... Art. 35a Capitolo 2: Entità della rimunerazione Prestazioni all’estero ................................................................... Art. 36 Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 118 / 128 832.102 Assunzione dei costi in caso di cooperazione transfrontaliera ........................................................................... Art. 36a Assunzione dei costi per assicurati residenti all’estero .............. Art. 36b Assunzione dei costi in caso di assistenza reciproca internazionale in materia di prestazioni per persone assicurate all’estero ...................................................................... Art. 37 Capitolo 3: Commissioni Commissioni consultive ............................................................. Art. 37a Disposizioni generali ................................................................. Art. 37b Abrogato .................................................................................... Art. 37c Commissione federale delle prestazioni generali e delle questioni fondamentali ............................................................... Art. 37d Commissione federale dei medicamenti .................................... Art. 37e Commissione federale delle analisi, dei mezzi e degli apparecchi .................................................................................. Art. 37f Abrogato .................................................................................... Art. 37g Titolo 4: Fornitori di prestazioni Capitolo 1: Autorizzazione Sezione 1: Medici e istituti che dispensano cure ambulatoriali effettuate da medici Medici .......................................................................................... Art. 38 Istituti che dispensano cure ambulatoriali effettuate da medici .......................................................................................... Art. 39 Sezione 2: Farmacisti ..................................................................................................... Art. 40 Abrogato ...................................................................................... Art. 41 Sezione 3: Dentisti ..................................................................................................... Art. 42 Abrogato ...................................................................................... Art. 43 Sezione 4: Chiropratici e organizzazioni di chiropratica Chiropratici .................................................................................. Art. 44 Organizzazioni di chiropratica ................................................... Art. 44a Sezione 5: Levatrici e organizzazioni di levatrici Levatrici ....................................................................................... Art. 45 Organizzazioni di levatrici ......................................................... Art. 45a Assicurazione malattie. O 119 / 128 832.102 Sezione 6: Persone che dispensano cure previa prescrizione medica e organizzazioni che le occupano Abrogato ..................................................................................... Art. 46 Fisioterapisti ............................................................................... Art. 47 Ergoterapisti ................................................................................ Art. 48 Infermieri .................................................................................... Art. 49 Logopedisti ................................................................................. Art. 50 Dietisti ...................................................................................... Art. 50a Neuropsicologi .......................................................................... Art. 50b Psicologi psicoterapeuti ............................................................. Art. 50c Podologi .................................................................................... Art. 50d Organizzazioni di cure e d’aiuto a domicilio .............................. Art. 51 Organizzazioni di fisioterapia ..................................................... Art. 52 Organizzazioni di ergoterapia ................................................... Art. 52a Organizzazioni di logopedia ..................................................... Art. 52b Organizzazioni di dietetica ........................................................ Art. 52c Organizzazioni di neuropsicologia ............................................ Art. 52d Organizzazioni di psicologi psicoterapeuti ................................ Art. 52e Organizzazioni di podologia ...................................................... Art. 52f Sezione 7: Laboratori Principio ..................................................................................... Art. 53 Condizioni .................................................................................. Art. 54 Procedura e tasse....................................................................... Art. 54a Sezione 8: Centri di consegna di mezzi e apparecchi .................................................................................................... Art. 55 Sezione 8a: Case per partorienti .................................................................................................. Art. 55a Sezione 9: Imprese di trasporto e di salvataggio .................................................................................................... Art. 56 Sezione 10: Stabilimenti di cura balneare In generale .................................................................................. Art. 57 Fonti termali ............................................................................... Art. 58 Sezione 11: Criteri di pianificazione Principio ................................................................................... Art. 58a Pianificazione del fabbisogno ................................................... Art. 58b Modalità di pianificazione ......................................................... Art. 58c Valutazione dell’economicità e della qualità ............................ Art. 58d Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 120 / 128 832.102 Coordinamento intercantonale delle pianificazioni .................... Art. 58e Elenchi e mandati di prestazioni ................................................ Art. 58f Sezione 12: Requisiti di qualità ................................................................................................... Art. 58g Capitolo 2: Fatturazione Fatturazione in generale ............................................................... Art. 59 Fatturazione nel caso di un modello di rimunerazione di tipo DRG ................................................................................... Art. 59a Fatturazione nel settore ambulatoriale ................................... Art. 59abis Misure atte a proteggere i dati e conservazione ...................... Art. 59ater Capitolo 3: Tariffe e prezzi Sezione 1: Principi Abrogato .................................................................................... Art. 59b Tariffazione ............................................................................... Art. 59c Importi forfettari riferiti alle prestazioni .................................... Art. 59d Contributo per ogni caso ............................................................ Art. 59e Comunicazione dei dati sulle tariffe nel settore delle cure ambulatoriali ............................................................. Art. 59f Trasmissione dei dati ................................................................. Art. 59g Regolamenti cantonali per il trattamento dei dati ...................... Art. 59h Sicurezza e conservazione dei dati ............................................ Art. 59i Sezione 2: Elenco delle analisi Pubblicazione .............................................................................. Art. 60 Ammissione, radiazione .............................................................. Art. 61 Designazione separata di determinate analisi .............................. Art. 62 Sezione 3: Elenco dei medicamenti con tariffa ..................................................................................................... Art. 63 Sezione 4: Elenco delle specialità Abrogato ...................................................................................... Art. 64 Definizioni ................................................................................. Art. 64a Condizioni di ammissione ........................................................... Art. 65 Valutazione dell’efficacia .......................................................... Art. 65a Valutazione dell’economicità .................................................... Art. 65b Valutazione dell’economicità dei generici ................................. Art. 65c Riesame delle condizioni di ammissione ogni tre anni .............. Art. 65d Riesame delle condizioni di ammissione alla scadenza del brevetto ...................................................................................... Art. 65e Assicurazione malattie. O 121 / 128 832.102 Estensione dell’indicazione e modificazione della limitazione ................................................................................. Art. 65f Limitazione dell’indicazione .................................................... Art. 65g Indipendenza dei riesami del prezzo ........................................... Art. 66 Riesame intermedio .................................................................. Art. 66a Medicamenti in co-marketing e generici ................................... Art. 66b Prezzi .......................................................................................... Art. 67 Restituzione delle eccedenze .................................................... Art. 67a Radiazione .................................................................................. Art. 68 Domande ..................................................................................... Art. 69 Abrogato ................................................................................... Art. 69a Ammissione senza domanda ....................................................... Art. 70 Prescrizioni di dettaglio ............................................................ Art. 70a Tasse ......................................................................................... Art. 70b Pubblicazioni .............................................................................. Art. 71 Sezione 4a: Rimunerazione di medicamenti nel singolo caso Assunzione dei costi di un medicamento ammesso nell’elenco delle specialità che non rientra nell’informazione professionale approvata o nella limitazione ................................................................................ Art. 71a Assunzione dei costi di un medicamento omologato dall’Istituto non ammesso nell’elenco delle specialità .............. Art. 71b Assunzione dei costi di un medicamento importato non omologato dall’Istituto ............................................................... Art. 71c Disposizioni comuni ................................................................. Art. 71d Assunzione dei costi dei medicamenti per il trattamento dei pazienti affetti da COVID-19 ............................................... Art. 71e Assunzione dei costi dei medicamenti impiegati per il trattamento ambulatoriale o ospedaliero di pazienti affetti da vaiolo delle scimmie ............................................................. Art. 71f Sezione 5: Disposizioni comuni per l’Elenco delle analisi, l’Elenco dei medicamenti con tariffa e l’Elenco delle specialità Pubblicazioni nel Bollettino dell’UFSP ...................................... Art. 72 Limitazioni.................................................................................. Art. 73 Domande e proposte ................................................................... Art. 74 Prescrizioni di dettaglio .............................................................. Art. 75 Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 122 / 128 832.102 Capitolo 4: Controllo dell’economicità e della qualità delle prestazioni Dati concernenti le prestazioni fornite ......................................... Art. 76 Ripercussione dello sconto ........................................................ Art. 76a Convenzione concernente la ripercussione non integrale degli sconti................................................................................. Art. 76b Rapporto all’UFSP .................................................................... Art. 76c Convenzioni sulla qualità ............................................................ Art. 77 Commissione federale per la qualità .......................................... Art. 77a Dati dei Cantoni, dei fornitori di prestazioni e degli assicuratori ................................................................................. Art. 77b Conservazione, cancellazione e distruzione dei dati .................. Art. 77c Procedura di selezione in caso di delega di compiti con indennità .................................................................................... Art. 77d Aiuti finanziari ........................................................................... Art. 77e Convenzioni sulle prestazioni concernenti rimunerazioni e aiuti finanziari ............................................................................ Art. 77f Calcolo delle quoteparti di finanziamento dei Cantoni e degli assicuratori ........................................................................ Art. 77g Riscossione dei contributi .......................................................... Art. 77h Conteggio .................................................................................. Art. 77i Multe e sanzioni......................................................................... Art. 77j Garanzia della qualità ................................................................ Art. 77k Titolo 4a: Progetti pilota Domanda ................................................................................... Art. 77l Costi ......................................................................................... Art. 77m Autorizzazione ........................................................................... Art. 77n Ordinanze del DFI sui progetti pilota ........................................ Art. 77o Partecipazione ............................................................................ Art. 77p Valutazioni ................................................................................ Art. 77q Rapporto al Consiglio federale .................................................. Art. 77r Titolo 5: Finanziamento Capitolo 1: ... Abrogato ...................................................................................... Art. 78 Abrogati ........................................................................... Art. 78a a 78c Abrogato ...................................................................................... Art. 79 Abrogato ...................................................................................... Art. 80 Abrogati ............................................................................ Art. 80a a 80i Assicurazione malattie. O 123 / 128 832.102 Abrogati ............................................................................... Art. 81 a 85 Abrogato ................................................................................... Art. 85a Abrogati ............................................................................... Art. 86 a 88 Capitolo 2: Premi degli assicurati Sezione 1: Disposizioni generali Indicazione dei premi.................................................................. Art. 89 Pagamento dei premi .................................................................. Art. 90 Interessi compensativi ............................................................... Art. 90a Abrogato ................................................................................... Art. 90b Premi minimi ............................................................................. Art. 90c Graduazione dei premi ................................................................ Art. 91 Riduzione dei premi per assoggettamento a un’altra assicurazione ............................................................................. Art. 91a Procedura per la definizione delle regioni di premio ................ Art. 91b .................................................................................................... Art. 92 Sezione 1a: Premi degli assicurati residenti in uno Stato membro dell’Unione europea, in Islanda, in Norvegia o nel Regno Unito Riscossione dei premi ............................................................... Art. 92a Abrogati ........................................................................... Art. 92b e 92c Sezione 1b: Premi dei beneficiari del soccorso d’emergenza ai sensi dell’art. 82 LAsi .................................................................................................. Art. 92d Sezione 2: Forme particolari d’assicurazione Assicurazione con franchigie opzionali a. Franchigie opzionali ..................................................................................... Art. 93 b. Adesione e uscita, cambiamento di franchigia ........................ Art. 94 c. Premi ....................................................................................... Art. 95 Assicurazione con bonus a. Principio ......................................... Art. 96 b. Adesione e uscita .................................................................... Art. 97 c. Premi ....................................................................................... Art. 98 Assicurazioni con scelta limitata dei fornitori di prestazioni a. Principio ............................................................... Art. 99 b. Adesione e uscita .................................................................. Art. 100 c. Premi ..................................................................................... Art. 101 Forme particolari d’assicurazione per gli assicurati residenti in uno Stato membro dell’Unione europea, in Islanda, in Norvegia o nel Regno Unito .................................. Art. 101a Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 124 / 128 832.102 Sezione 3: Indennizzo di terzi ................................................................................................... Art. 102 Capitolo 3: Partecipazione ai costi Franchigia e aliquota percentuale .............................................. Art. 103 Contributo ai costi di degenza ospedaliera ................................ Art. 104 Aumento, riduzione e soppressione della partecipazione ai costi ......................................................................................... Art. 104a Partecipazione ai costi in caso di maternità ............................... Art. 105 Capitolo 3a: Mancato pagamento dei premi e delle partecipazioni ai costi Interessi di mora ...................................................................... Art. 105a Procedura di diffida ................................................................. Art. 105b Esclusione della compensazione .............................................. Art. 105c Notifica dell’autorità cantonale competente ............................ Art. 105d Notifiche relative alle esecuzioni ............................................. Art. 105e Notifiche relative ai certificati di carenza di beni .................... Art. 105f Dati personali ........................................................................... Art. 105g Scambio di dati ........................................................................ Art. 105h Titoli considerati equivalenti a un certificato di carenza di beni .......................................................................................... Art. 105i Organo di revisione ................................................................. Art. 105j Pagamenti dei Cantoni agli assicuratori ................................... Art. 105k Cambiamento di assicuratore in caso di mora .......................... Art. 105l Assicurati che risiedono in uno Stato membro dell’Unione europea, in Islanda, in Norvegia o nel Regno Unito ............... Art. 105m Capitolo 4: Riduzione dei premi da parte dei Cantoni Sezione 1:Aventi diritto Riduzione dei premi da parte dei Cantoni per gli assicurati con un permesso di dimora valido per almeno tre mesi ............. Art. 106 Riduzione dei premi da parte dei Cantoni per gli assicurati che risiedono in uno Stato membro dell’Unione europea, in Islanda, in Norvegia o nel Regno Unito ............................... Art. 106a Sezione 2: Esecuzione della riduzione dei premi Notifiche del Cantone .............................................................. Art. 106b Compiti dell’assicuratore ......................................................... Art. 106c Scambio di dati ........................................................................ Art. 106d Costi ........................................................................................ Art. 106e Assicurazione malattie. O 125 / 128 832.102 Parte seconda: Assicurazione facoltativa d’indennità giornaliera Abrogati ........................................................................... Art. 107 e 108 Pagamento dei premi, interessi di mora e interessi rimunerativi ............................................................................ Art. 108a Adesione ................................................................................... Art. 109 Parte terza: Regole di coordinamento Titolo 1: Coordinamento delle prestazioni Capitolo 1: Relazioni con altre assicurazioni sociali Sezione 1: Limiti dell’obbligo di fornire prestazioni Principio ................................................................................... Art. 110 Notifica dell’infortunio ............................................................. Art. 111 Sezione 2: Obbligo di anticipare le prestazioni In relazione con l’assicurazione contro gli infortuni e l’assicurazione militare ............................................................. Art. 112 In relazione con l’assicurazione per l’invalidità........................ Art. 113 Obbligo d’informare ................................................................. Art. 114 Abrogato ................................................................................... Art. 115 Tariffe differenti ....................................................................... Art. 116 Sezione 3: Rimborso di prestazioni di altri assicuratori sociali Principio ................................................................................... Art. 117 Conseguenze per gli assicurati .................................................. Art. 118 Differenti tariffe ........................................................................ Art. 119 Sezione 4: Obbligo dell’assicuratore d’informare .................................................................................................. Art. 120 Abrogato ................................................................................... Art. 121 Capitolo 2: Sovrindennizzo .................................................................................................. Art. 122 Titolo 2: ... Abrogati ........................................................................... Art. 123 a 126 Parte quarta: Decisione, spese di comunicazione e pubblicazione di dati Decisione .................................................................................. Art. 127 Abrogati ........................................................................... Art. 128 e 129 Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 126 / 128 832.102 Spese di comunicazione e di pubblicazione dei dati .................. Art. 130 Parte quinta: Disposizioni finali Titolo 1: Disposizioni transitorie Abrogato .................................................................................... Art. 131 Rapporti d’assicurazione esistenti .............................................. Art. 132 Abrogato .................................................................................... Art. 133 Fornitori di prestazioni .............................................................. Art. 134 Abrogato .................................................................................... Art. 135 Abrogato .................................................................................... Art. 136 Titolo 2: Entrata in vigore ................................................................................................... Art. 137 Assicurazione malattie. O 127 / 128 832.102 Disposizione finale della modifica del 17 settembre 1997 Disposizioni finali della modifica del 23 febbraio 2000 Disposizione finale della modifica del 2 ottobre 2000 Disposizioni finali della modifica del 22 maggio 2002 Disposizioni finali della modifica del 26 giugno 2002 Disposizione finale della modifica del 6 giugno 2003 Disposizioni finali della modifica del 26 maggio 2004 Disposizioni finali della modifica del 3 dicembre 2004 Disposizioni finali della modifica del 9 novembre 2005 Disposizioni finali della modifica del 26 aprile 2006 Disposizioni transitorie della modifica del 27 giugno 2007 Disposizione transitoria della modifica del 22 agosto 2007 Disposizioni finali della modifica del 22 ottobre 2008 Disposizione finale della modifica del 13 marzo 2009 Disposizione transitoria della modifica del 24 giugno 2009 Disposizioni transitorie della modifica del 1° luglio 2009 Disposizioni transitorie della modifica del 3 dicembre 2010 Disposizioni transitorie relativa alla modifica del 22 giugno 2011 Disposizione transitoria della modifica del 6 luglio 2011 Assicurazione contro le malattie e gli infortuni 128 / 128 832.102 Disposizione transitoria della modifica del 2 novembre 2011 Disposizione transitoria della modifica del 4 luglio 2012 Disposizione transitoria della modifica dell’8 maggio 2013 Disposizioni transitorie della modifica del 29 novembre 2013 Disposizioni transitorie della modifica del 29 aprile 2015 Disposizione transitoria della modifica del 9 dicembre 2016 Disposizioni transitorie della modifica del 1° febbraio 2017 Disposizione transitoria della modifica del 5 aprile 2017 Disposizione transitoria della modifica del 19 marzo 2021 Disposizione transitoria della modifica del 26 maggio 2021 Disposizioni transitorie della modifica del 23 giugno 2021 Disposizioni transitorie della modifica del 3 novembre 2021 Parte prima: Assicurazione obbligatoria delle cure medico-sanitarie Titolo 1: Obbligo d’assicurazione Capitolo 1: Disposizioni generali Sezione 1: Persone tenute ad assicurarsi Art. 1 Obbligo d’assicurazione Art. 2 Eccezioni all’obbligo d’assicurazione Art. 3 Frontalieri Art. 4 Lavoratori distaccati all’estero Art. 5 Persone che soggiornano all’estero al servizio di una collettività pubblica Art. 6 Persone beneficiarie di privilegi in virtù del diritto internazionale Sezione 2: Inizio e fine dell’assicurazione Art. 6a Dati del formulario d’affiliazione Art. 7 Casi particolari Art. 7a Continuazione dell’assicurazione per persone non più soggette d’obbligo Art. 7b Prolungamento dell’obbligo d’assicurazione Art. 8 Supplemento di premio in caso d’affiliazione tardiva Art. 9 Fine del rapporto assicurativo Sezione 3: Compiti dei Cantoni Art. 10 Capitolo 2: Sospensione dell’obbligo d’assicurazione e della copertura dell’infortunio Art. 10a Sospensione dell’obbligo d’assicurazione Art. 11 Sospensione della copertura dell’infortunio Titolo 2: Organizzazione Capitolo 1: ... Art. 12 a 15 Art. 15a Capitolo 2: ... Art. 16 a 18 Capitolo 3: Istituzione comune Art. 19 Adempimento di obblighi internazionali Art. 19a Ripartizione tra i Cantoni della quotaparte cantonale Art. 19b Art. 20 e 21 Art. 22 Contenzioso Capitolo 4: Promozione della salute Art. 23 Capitolo 5: Vigilanza Sezione 1: ... Art. 24 a 26 Sezione 2: Ricorso dell’UFSP Art. 27 Sezione 3: Dati Art. 28 Dati degli assicuratori Art. 28a Art. 28b Pubblicazione dei dati degli assicuratori Art. 28c Domanda di utilizzazione particolare Art. 29 Effettivo medio degli assicurati Art. 30 Dati dei fornitori di prestazioni Art. 30a Rilevazione e trattamento dei dati dei fornitori di prestazioni Art. 30b Trasmissione dei dati dei fornitori di prestazioni Art. 30c Regolamento per il trattamento Art. 31 Pubblicazione dei dati dei fornitori di prestazioni Art. 31a Sicurezza e conservazione dei dati Art. 32 Analisi degli effetti Titolo 3: Prestazioni Capitolo 1: Designazione delle prestazioni Art. 33 Prestazioni generali Art. 34 Analisi e medicamenti Art. 35 Infermità congenite Art. 35a Medicina complementare Capitolo 2: Entità della rimunerazione Art. 36 Prestazioni all’estero Art. 36a Assunzione dei costi in caso di cooperazione transfrontaliera Art. 36b Assunzione dei costi per assicurati residenti all’estero Art. 37 Assunzione dei costi in caso di assistenza reciproca internazionale in materia di prestazioni per persone assicurate all’estero Capitolo 3: Commissioni Art. 37a Commissioni consultive Art. 37b Disposizioni generali Art. 37c Art. 37d Commissione federale delle prestazioni generali e delle questioni fondamentali Art. 37e Commissione federale dei medicamenti Art. 37f Commissione federale delle analisi, dei mezzi e degli apparecchi Art. 37g Titolo 4: Fornitori di prestazioni Capitolo 1: Autorizzazione Sezione 1: Medici e istituti che dispensano cure ambulatoriali effettuate da medici Art. 38 Medici Art. 39 Istituti che dispensano cure ambulatoriali effettuate da medici Sezione 2: Farmacisti Art. 40 Art. 41 Sezione 3: Dentisti Art. 42 Art. 43 Sezione 4: Chiropratici e organizzazioni di chiropratica Art. 44 Chiropratici Art. 44a Organizzazioni di chiropratica Sezione 5: Levatrici e organizzazioni di levatrici Art. 45 Levatrici Art. 45a Organizzazioni di levatrici Sezione 6: Persone che dispensano cure previa prescrizione medica e organizzazioni che le occupano Art. 46 Art. 47 Fisioterapisti Art. 48 Ergoterapisti Art. 49 Infermieri Art. 50 Logopedisti Art. 50a Dietisti Art. 50b Neuropsicologi Art. 50c Psicologi psicoterapeuti Art. 50d Podologi Art. 51 Organizzazioni di cure e d’aiuto a domicilio Art. 52 Organizzazioni di fisioterapia Art. 52a Organizzazioni di ergoterapia Art. 52b Organizzazioni di logopedia Art. 52c Organizzazioni di dietetica Art. 52d Organizzazioni di neuropsicologia Art. 52e Organizzazioni di psicologi psicoterapeuti Art. 52f Organizzazioni di podologia Sezione 7: Laboratori Art. 53 Principio Art. 54 Condizioni Art. 54a Procedura e tasse Sezione 8: Centri di consegna di mezzi e apparecchi Art. 55 Sezione 8a: Case per partorienti Art. 55a Sezione 9: Imprese di trasporto e di salvataggio Art. 56 Sezione 10: Stabilimenti di cura balneare Art. 57 In generale Art. 58 Fonti termali Sezione 11: Criteri di pianificazione Art. 58a Principio Art. 58b Pianificazione del fabbisogno Art. 58c Modalità di pianificazione Art. 58d Valutazione dell’economicità e della qualità Art. 58e Coordinamento intercantonale delle pianificazioni Art. 58f Elenchi e mandati di prestazioni Sezione 12: Requisiti di qualità Art. 58g Capitolo 2: Fatturazione Art. 59 Fatturazione in generale Art. 59a Fatturazione nel caso di un modello di rimunerazione di tipo DRG Art. 59abis Fatturazione nel settore ambulatoriale Art. 59ater Misure atte a proteggere i dati e conservazione Capitolo 3: Tariffe e prezzi Sezione 1: Principi Art. 59b Art. 59c Tariffazione Art. 59d Importi forfettari riferiti alle prestazioni Art. 59e Contributo per ogni caso Art. 59f Comunicazione dei dati sulle tariffe nel settore delle cure ambulatoriali Art. 59g Trasmissione dei dati Art. 59h Regolamenti cantonali per il trattamento dei dati Art. 59i Sicurezza e conservazione dei dati Sezione 2: Elenco delle analisi Art. 60 Pubblicazione Art. 61 Ammissione, radiazione Art. 62 Designazione separata di determinate analisi Sezione 3: Elenco dei medicamenti con tariffa Art. 63 Sezione 4: Elenco delle specialità Art. 64 Art. 64a Definizioni Art. 65 Condizioni di ammissione Art. 65a Valutazione dell’efficacia Art. 65b Valutazione dell’economicità Art. 65c Valutazione dell’economicità dei generici Art. 65d Riesame delle condizioni di ammissione ogni tre anni Art. 65e Riesame delle condizioni di ammissione alla scadenza del brevetto Art. 65f Estensione dell’indicazione e modificazione della limitazione Art. 65g Limitazione dell’indicazione Art. 66 Indipendenza dei riesami del prezzo Art. 66a Riesame intermedio Art. 66b Medicamenti in co-marketing e generici Art. 67 Prezzi Art. 67a Restituzione delle eccedenze Art. 68 Radiazione Art. 69 Domande Art. 69a Art. 70 Ammissione senza domanda Art. 70a Prescrizioni di dettaglio Art. 70b Tasse Art. 71 Pubblicazioni Sezione 4a: Rimunerazione di medicamenti nel singolo caso Art. 71a Assunzione dei costi di un medicamento ammesso nell’elenco delle specialità che non rientra nell’informazione professionale approvata o nella limitazione Art. 71b Assunzione dei costi di un medicamento omologato dall’Istituto non ammesso nell’elenco delle specialità Art. 71c Assunzione dei costi di un medicamento importato non omologato dall’Istituto Art. 71d Disposizioni comuni Art. 71e Assunzione dei costi dei medicamenti per il trattamento dei pazienti affetti da COVID-19 Art. 71f Assunzione dei costi dei medicamenti impiegati per il trattamento ambulatoriale o ospedaliero di pazienti affetti da vaiolo delle scimmie Sezione 5: Disposizioni comuni per l’Elenco delle analisi, l’Elenco dei medicamenti con tariffa e l’Elenco delle specialità Art. 72 Pubblicazioni nel Bollettino dell’UFSP Art. 73 Limitazioni Art. 74 Domande e proposte Art. 75 Prescrizioni di dettaglio Capitolo 4: Controllo dell’economicità e della qualità delle prestazioni Art. 76 Dati concernenti le prestazioni fornite Art. 76a Ripercussione dello sconto Art. 76b Convenzione concernente la ripercussione non integrale degli sconti Art. 76c Rapporto all’UFSP Art. 77 Convenzioni sulla qualità Art. 77a Commissione federale per la qualità Art. 77b Dati dei Cantoni, dei fornitori di prestazioni e degli assicuratori Art. 77c Conservazione, cancellazione e distruzione dei dati Art. 77d Procedura di selezione in caso di delega di compiti con indennità Art. 77e Aiuti finanziari 1 La Commissione federale per la qualità concede aiuti finanziari di cui all’articolo 58e capoverso 1 LAMal a progetti nazionali o regionali di sviluppo della qualità se: 1 La Commissione federale per la qualità concede aiuti finanziari di cui all’articolo 58e capoverso 1 LAMal a progetti nazionali o regionali di sviluppo della qualità se: Art. 77f Convenzioni sulle prestazioni concernenti rimunerazioni e aiuti finanziari Art. 77g Calcolo delle quoteparti di finanziamento dei Cantoni e degli assicuratori Art. 77h Riscossione dei contributi Art. 77i Conteggio Art. 77j Multe e sanzioni Art. 77k Garanzia della qualità Titolo 4a: Progetti pilota Art. 77l Domanda Art. 77m Costi Art. 77n Autorizzazione Art. 77o Ordinanze del DFI sui progetti pilota Art. 77p Partecipazione Art. 77q Valutazioni Art. 77r Rapporto al Consiglio federale Titolo 5: Finanziamento Capitolo 1: ... Art. 78 Art. 78a a 78c Art. 79 Art. 80 Art. 80a a 80i Art. 81 a 85 Art. 85a Art. 86 a 88 Capitolo 2: Premi degli assicurati Sezione 1: Disposizioni generali Art. 89 Indicazione dei premi Art. 90 Pagamento dei premi Art. 90a Interessi compensativi Art. 90b Art. 90c Premi minimi Art. 91 Graduazione dei premi Art. 91a Riduzione dei premi per assoggettamento a un’altra assicurazione Art. 91b Procedura per la definizione delle regioni di premio Art. 92 Sezione 1a: Premi degli assicurati residenti in uno Stato membro dell’Unione europea, in Islanda, in Norvegia o nel Regno Unito Art. 92a Riscossione dei premi Art. 92b e 92c Sezione 1b: Premi dei beneficiari del soccorso d’emergenza ai sensi dell’art. 82 LAsi Art. 92d Sezione 2: Forme particolari d’assicurazione Art. 93 Assicurazione con franchigie opzionali a. Franchigie opzionali Art. 94 b. Adesione e uscita, cambiamento di franchigia Art. 95 c. Premi Art. 96 Assicurazione con bonus a. Principio Art. 97 b. Adesione e uscita Art. 98 c. Premi Art. 99 Assicurazioni con scelta limitata dei fornitori di prestazioni a. Principio Art. 100 b. Adesione e uscita Art. 101 c. Premi Art. 101a Forme particolari d’assicurazione per gli assicurati residenti in uno Stato membro dell’Unione europea, in Islanda, in Norvegia o nel Regno Unito Sezione 3: Indennizzo di terzi Art. 102 Capitolo 3: Partecipazione ai costi Art. 103 Franchigia e aliquota percentuale Art. 104 Contributo ai costi di degenza ospedaliera Art. 104a Aumento, riduzione e soppressione della partecipazione ai costi Art. 105 Partecipazione ai costi in caso di maternità Capitolo 3a: Mancato pagamento dei premi e delle partecipazioni ai costi Art. 105a Interessi di mora Art. 105b Procedura di diffida Art. 105c Esclusione della compensazione Art. 105d Notifica dell’autorità cantonale competente Art. 105e Notifiche relative alle esecuzioni Art. 105f Notifiche relative ai certificati di carenza di beni Art. 105g Dati personali Art. 105h Scambio di dati Art. 105i Titoli considerati equivalenti a un certificato di carenza di beni Art. 105j Organo di revisione Art. 105k Pagamenti dei Cantoni agli assicuratori Art. 105l Cambiamento di assicuratore in caso di mora Art. 105m Assicurati che risiedono in uno Stato membro dell’Unione europea, in Islanda, in Norvegia o nel Regno Unito Capitolo 4: Riduzione dei premi da parte dei Cantoni Sezione 1: Aventi diritto Art. 106 Riduzione dei premi da parte dei Cantoni per gli assicurati con un permesso di dimora valido per almeno tre mesi Art. 106a Riduzione dei premi da parte dei Cantoni per gli assicurati che risiedono in uno Stato membro dell’Unione europea, in Islanda, in Norvegia o nel Regno Unito Sezione 2: Esecuzione della riduzione dei premi Art. 106b Notifiche del Cantone Art. 106c Compiti dell’assicuratore Art. 106d Scambio di dati Art. 106e Costi Parte seconda: Assicurazione facoltativa d’indennità giornaliera Art. 107 e 108 Art. 108a Pagamento dei premi, interessi di mora e interessi rimunerativi Art. 109 Adesione Parte terza: Regole di coordinamento Titolo 1: Coordinamento delle prestazioni Capitolo 1: Relazioni con altre assicurazioni sociali Sezione 1: Limiti dell’obbligo di fornire prestazioni Art. 110 Principio Art. 111 Notifica dell’infortunio Sezione 2: Obbligo di anticipare le prestazioni Art. 112 In relazione con l’assicurazione contro gli infortuni e l’assicurazione militare Art. 113 In relazione con l’assicurazione per l’invalidità Art. 114 Obbligo d’informare Art. 115 Art. 116 Tariffe differenti Sezione 3: Rimborso di prestazioni di altri assicuratori sociali Art. 117 Principio Art. 118 Conseguenze per gli assicurati Art. 119 Differenti tariffe Sezione 4: Obbligo dell’assicuratore d’informare Art. 120 Art. 121 Capitolo 2: Sovrindennizzo Art. 122 Titolo 2: ... Art. 123 a 126 Parte quarta: Decisione, spese di comunicazione e pubblicazione di dati Art. 127 Decisione Art. 128 e 129 Art. 130 Spese di comunicazione e di pubblicazione dei dati Parte quinta: Disposizioni finali Titolo 1: Disposizioni transitorie Art. 131 Art. 132 Rapporti d’assicurazione esistenti Art. 133 Art. 134 Fornitori di prestazioni Art. 135 Art. 136 Titolo 2: Entrata in vigore Art. 137 Disposizione finale della modifica del 17 settembre 1997 Disposizioni finali della modifica del 23 febbraio 2000 Disposizione finale della modifica del 2 ottobre 2000 Disposizioni finali della modifica del 22 maggio 2002 Disposizioni finali della modifica del 26 giugno 2002 Disposizione finale della modifica del 6 giugno 2003 Disposizioni finali della modifica del 26 maggio 2004 Disposizioni finali della modifica del 3 dicembre 2004 Disposizioni finali della modifica del 9 novembre 2005 Disposizioni finali della modifica del 26 aprile 2006 Disposizioni transitorie della modifica del 27 giugno 2007 Disposizione transitoria della modifica del 22 agosto 2007 Disposizioni finali della modifica del 22 ottobre 2008 Disposizione finale della modifica del 13 marzo 2009 Disposizione transitoria della modifica del 24 giugno 2009 Disposizioni transitorie della modifica del 1 luglio 2009 Disposizioni transitorie della modifica del 3 dicembre 2010 Disposizioni transitorie relativa alla modifica del 22 giugno 2011 Disposizione transitoria della modifica del 6 luglio 2011 Disposizione transitoria della modifica del 2 novembre 2011 Disposizione transitoria della modifica del 4 luglio 2012 Disposizione transitoria della modifica dell’8 maggio 2013 Disposizioni transitorie della modifica del 29 novembre 2013 Disposizioni transitorie della modifica del 29 aprile 2015 Disposizione transitoria della modifica del 9 dicembre 2016 Disposizioni transitorie della modifica del 1 febbraio 2017 Disposizione transitoria della modifica del 5 aprile 2017 Disposizione transitoria della modifica del 19 marzo 2021 Disposizione transitoria della modifica del 26 maggio 2021 Disposizioni transitorie della modifica del 23 giugno 2021 Disposizioni transitorie della modifica del 3 novembre 2021 Allegato 1 Tasse per l’iscrizione nell’elenco delle specialità Allegato 2 Abrogazione e modifica di ordinanze 1. Sono abrogate: 2. a 10. | mixed |
7294ee2c-5cee-40d6-bc58-bd483a5a42c9 | Sachverhalt
ab Seite 86
BGE 124 II 85 S. 86
Die X. AG ist Eigentümerin von Grundstücken in der Industriezone von Heerbrugg (Politische Gemeinde Balgach). In ihrem östlichen Bereich befindet sich eine Bestockung. Im Rahmen der Festlegung der Waldgrenzen in Bauzonen stellte das Volkswirtschaftsdepartement des Kantons St. Gallen fest, die Bestockung habe Waldqualität. Die X. AG erhob gegen diese Verfügung Einsprache und beantragte, es sei festzustellen, dass es sich bei der Bestockung nicht um Wald im Rechtssinn handle. Zur Begründung führte sie an, die Bestockung erfülle keine Waldfunktionen. Sie sei seit jeher Bestandteil des Industriegeländes gewesen. Dazu komme, dass es sich um die letzte Baulandreserve für eine Betriebserweiterung handle. Aufgrund der einzuhaltenden Waldabstände würde die Überbaubarkeit ihres freien Areals stark eingeschränkt, wenn nicht gar verunmöglicht.
Mit Verfügung vom 20. Februar 1995 bestätigte das Volkswirtschaftsdepartement des Kantons St. Gallen indessen die Waldqualität der Bestockung.
Gegen diesen Entscheid erhob die X. AG Rekurs beim Regierungsrat des Kantons St. Gallen mit dem Antrag auf Feststellung, dass die fragliche Bestockung nicht zum Waldareal gehöre. Mit Entscheid vom 27. Februar 1996 hiess der Regierungsrat den Rekurs gut. Er erwog, es seien zwar sowohl die quantitativen als auch die qualitativen Voraussetzungen für die Annahme von Wald erfüllt. Die Rekurrentin mache aber sinngemäss geltend, die Bestockung stelle eine Grünanlage im Sinne von
Art. 2 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über den Wald (Waldgesetz, WaG; SR 921.0)
dar. Eine solche Grünanlage liege immer dann vor, wenn willentlich auf einer Landreserve Waldbäume und -sträucher angepflanzt oder aufwachsen gelassen würden und die Bestockung nicht älter als 50 Jahre sei, was hier zutreffe.
Gegen diesen Regierungsratsentscheid reichten der St. Gallisch-Appenzellische Naturschutzbund, das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) sowie einige Nachbarn Beschwerden beim Verwaltungsgericht ein. Dieses hob das regierungsrätliche Erkenntnis mit Entscheid vom 30. Mai 1997 auf. Es befand gestützt auf einen Augenschein, die fragliche Bestockung gehöre sowohl unter dem quantitativen Blickwinkel als auch unter qualitativen Gesichtspunkten zum Waldareal und könne nicht als Grünanlage bezeichnet werden.
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hat die X. AG am 18. August 1997 Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben.
BGE 124 II 85 S. 87
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
a) Gemäss
Art. 2 Abs. 1 WaG
gilt jede Fläche als Wald, die mit Waldbäumen oder -sträuchern bestockt ist und Waldfunktionen (namentlich Schutz-, Nutz- oder Wohlfahrtsfunktionen) erfüllen kann. Entstehung, Nutzungsart und Bezeichnung im Grundbuch sind nicht massgebend. Zum Waldareal gehören auch Weidwälder, bestockte Weiden (Wytweiden) und Selven, unbestockte oder ertraglose Flächen eines Waldgrundstücks und Aufforstungsflächen (
Art. 2 Abs. 2 WaG
). Nicht als Wald gelten isolierte Baum- und Strauchgruppen, Hecken, Alleen, Garten-, Grün- und Parkanlagen, Baumkulturen, die auf offenem Land zur kurzfristigen Nutzung angelegt worden sind, sowie Bäume und Sträucher auf Einrichtungen zur Stauhaltung und in deren unmittelbarem Vorgelände (
Art. 2 Abs. 3 WaG
). Innerhalb eines vom Bundesrat festgesetzten Rahmens können die Kantone im übrigen bestimmen, ab welcher Breite, welcher Fläche und welchem Alter eine ins Baugebiet einwachsende Fläche sowie ab welcher Breite und welcher Fläche eine andere Bestockung als Wald gilt. Erfüllt eine Bestockung in besonderem Masse Wohlfahrts- oder Schutzfunktionen, so sind die kantonalen Kriterien freilich nicht massgebend (
Art. 2 Abs. 4 WaG
).
b) Unbestritten ist, dass die Bestockung mit einer Fläche von rund 4'000 m2 die quantitativen Waldkriterien gemäss
Art. 2 Abs. 4 WaG
i.V.m.
Art. 1 der Verordnung vom 30. November 1992 über den Wald (Waldverordnung, WaV; SR 921.01)
und Art. 1 der kantonalen Vollzugsverordnung zum Forstgesetz (sGS 651.11) erfüllt und mit einem Alter von über 15 Jahren auch genügend alt ist, um als Wald zu gelten. Zu überprüfen sind daher nur qualitative Kriterien.
c) Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Bestockung hauptsächlich aus Weiden besteht. Die Weide gehört laut Anhang I der forstlichen Pflanzenschutzverordnung vom 30. November 1992 (SR 921.541) zu den Waldbäumen. Sie ist für die Region des Rheintals typisch und standortgemäss. Die weiteren Bäume und Sträucher auf der bestockten Fläche (namentlich Erlen, Eschen, Rottannen und Birken sowie Brombeerstauden) sind ebenfalls den Forstpflanzen zuzurechnen bzw. im Wald heimisch. Die Beschwerdeführerin hält zwar dafür, der Waldboden sei mit Fremdkörpern durchsetzt und könne daher wichtige Waldfunktionen nicht übernehmen. Dass überwachsene Fremdkörper wie Ziegel vorhanden sind, haben auch das
BGE 124 II 85 S. 88
Verwaltungsgericht und der Regierungsrat festgestellt. Die Vorinstanzen sind aber übereinstimmend zur Auffassung gelangt, dieser Umstand wirke sich auf die Waldfunktionen nicht aus und verdiene kaum Beachtung. Für das BUWAL steht ebenfalls im Vordergrund, dass die Bodenvegetation durchaus waldtypisch ist. Das Bundesgericht hatte bereits früher Gelegenheit, auf die beschränkte Tragweite besonderer Bodenverhältnisse hinzuweisen (vgl. in ZBl 94/1993 S. 177 publizierte E. 4d von
BGE 118 Ib 433
). Auch im vorliegenden Fall kann nicht gesagt werden, die Zusammensetzung des Untergrunds schliesse die Waldqualifikation der Bestockung aus.
d) aa) Die Beschwerdeführerin argumentiert, die Bestockung könne keine Wohlfahrtsfunktionen übernehmen, da sie unter anderem über keinen genügenden Kronenschluss verfüge. Die grosse Distanz von 200 m zwischen der Bestockung und den nächsten Bäumen schliesse zudem jeglichen Vernetzungswert aus. Zu Unrecht und ohne nähere Begründung habe die Vorinstanz der Bestokkung eine Erholungsfunktion und auch eine optisch-ästhetische Funktion zugesprochen.
bb) Ein Wald erfüllt Wohlfahrtsfunktionen, wenn er durch seine Lage, seinen Aufbau, seine Bestockung und Gestaltung dem Menschen als Erholungsraum dient, aber auch wenn er durch seine Form die Landschaft prägt, ferner wenn er vor schädlichen Umwelteinflüssen wie Lärm oder Immissionen schützt, Wasservorräte quantitativ und qualitativ sichert und wildlebenden Tieren und einheimischen Pflanzen einen unersetzlichen Lebensraum schafft (vgl. Botschaft des Bundesrates zum WaG, BBl 1988 III 187f.; STEFAN JAISSLE, Der dynamische Waldbegriff und die Raumplanung, Zürich 1994, S. 5; HANS-PETER JENNI, Vor lauter Bäumen den Wald noch sehen: Ein Wegweiser durch die neue Waldgesetzgebung, Schriftenreihe Umwelt Nr. 210 des BUWAL, 1993, S. 29). Insbesondere gehören zu den Wohlfahrtsfunktionen auch der Landschaftsschutz, d.h. die optisch-ästhetische Funktion einer Bestockung und ihre biologische Bedeutung als Lebensraum für Flora und Fauna (
BGE 114 Ib 224
E. 9a/ac S. 232 f. mit Hinweisen).
cc) Die bei den Akten liegenden Aufnahmen lassen keine Zweifel daran, dass die Bestockung einen optisch-ästhetischen Wert hat. Die Beschwerdeführerin selber weist - im Zusammenhang mit ihrer Argumentation betreffend die Qualifikation als Grünanlage - auf diesen Umstand hin. Auch eine gewisse Erholungsfunktion kann dem Baumbestand nicht abgesprochen werden (vgl. nachfolgend E. 4e). Das Verwaltungsgericht hat im übrigen mit einleuchtender
BGE 124 II 85 S. 89
Begründung und in Übereinstimmung mit dem Regierungsrat und der kantonalen Fachinstanz dargelegt, dass der erforderliche Wuchszusammenhang gegeben ist. Wohl hat ein Sturzwind zu Beginn der neunziger Jahre eine noch heute sichtbare Lücke geschaffen und ist die Bestockung im Bereich der früheren Geleisanlage nicht so dicht wie auf der übrigen Fläche. Für die Annahme von Wald muss der Kronenschluss aber beim hier zu beurteilenden Flächenmass nicht lückenlos sein (vgl. auch
Art. 2 Abs. 2 lit. b und c WaG
, wonach selbst unbestockte Flächen zum Waldareal gehören können). Unwidersprochen geblieben ist zudem die Feststellung des Regierungsrats, das Wäldchen biete einen wertvollen Lebensraum für Vögel, Kleinsäuger und Insekten. Mit Blick auf die Distanzen zu den umliegenden Bestockungen erfüllt es für die Vogelwelt auch Vernetzungsfunktionen. Vor diesem Hintergrund besteht kein Zweifel, dass die umstrittene Bestockung Wohlfahrtsfunktionen erfüllt. Für die Annahme von Wald genügt, dass eine Bestockung geeignet ist, eine oder einzelne der Aufgaben des Waldareals zu übernehmen (vgl.
Art. 2 Abs. 1 WaG
; HANS-PETER JENNI, a.a.O., S. 31; STEFAN JAISSLE, a.a.O., S. 68 f.). Nicht erforderlich ist daher, dass der Baumbestand auch Schutz vor Naturereignissen bietet oder der Holzerzeugung dienen kann.
e) Bei der Waldfeststellung ist einzig auf die tatsächlichen Verhältnisse (Wuchs, Dichte, Alter, Ausmasse und Funktion der Bestockung), den bundesrechtlichen Waldbegriff und die allenfalls nach
Art. 2 Abs. 4 WaG
durch kantonales Ausführungsrecht bestimmten Waldkriterien abzustellen (vgl.
BGE 122 II 274
E. 2b und 3a S. 279 f.). Eine Abwägung mit den berührten privaten und anderen öffentlichen Interessen ist nicht vorzunehmen (vgl.
BGE 118 Ib 433
; PETER M. KELLER, Rechtliche Aspekte der neuen Waldgesetzgebung, in AJP 1993 S. 144 ff., S. 146 mit weiteren Hinweisen). Was die Beschwerdeführerin und die Politische Gemeinde Balgach unter dem Gesichtswinkel der raschen Verfügbarkeit der Landreserve und der Standortsicherung vorbringen, muss deshalb unbeachtlich bleiben.
f) Es ergibt sich somit, dass die Beschwerdeführerin mit ihren Einwänden gegen die Waldqualifikation gemäss
Art. 2 Abs. 1 und 2 WaG
nicht durchdringen kann. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass die grundlegenden Voraussetzungen zur Annahme von Wald erfüllt sind. Zu prüfen bleibt, ob die Bestockung den Anforderungen an eine Grünanlage im Sinne von
Art. 2 Abs. 3 WaG
entspricht und aus diesem Grund nicht als Wald gilt.
BGE 124 II 85 S. 90
4.
a) In
Art. 2 Abs. 3 WaG
wird der Waldbegriff gegen besondere Erscheinungsformen von Bestockungen abgegrenzt. Dazu gehören Bestockungen zur Tarnung von Gebäuden, temporäre Bestockungen auf Deponien, Begrünung von Industrielandreserven, Begrünung zur Gliederung und Gestaltung von Siedlungsraum und dergleichen, die unter dem Begriff Grünanlagen zusammengefasst werden (Botschaft des Bundesrates zum Waldgesetz, BBl 1988 III 190).
b) In einem unveröffentlichten Urteil vom 6. Dezember 1994 betreffend die Einwohnergemeinde Risch hat sich das Bundesgericht erstmals zum Begriff der Grünanlage geäussert. Es war damals eine Bestockung auf einer Fläche von ca. 720 m2 an einer Dammböschung zu beurteilen. Das Bundesgericht hielt im erwähnten Entscheid (E. 9c) fest, unter einer Grünanlage sei eine Fläche zu verstehen, die zwar nicht gerade ein Garten oder Park sei, aber zu benachbarten Bauten oder Verkehrsanlagen gehöre und unter Verwendung einheimischer Waldbäume oder -sträucher entsprechend gestaltet sei. Mit Blick auf die objektiv erkennbare Art der Bestockung, namentlich angesichts ihres Alters von über 15 Jahren und ihrer Entwicklung könne im zu beurteilenden Fall nicht von einer Grünanlage gesprochen werden. Es würde den Rahmen von
Art. 2 Abs. 3 WaG
sprengen, wenn man auf die generelle Umschreibung des Begriffs in der bundesrätlichen Botschaft abstellte und zum Beispiel sämtliche Bestockungen, die zur Gliederung von Siedlungsraum angelegt worden seien, vom Waldbegriff ausnähme. Bei derartiger Betrachtungsweise würden mit einem Schlag viele Flächen, die heute nach dem dynamischen Waldbegriff als Wald einzustufen seien und gerade in der Nähe von Siedlungen wichtige Waldfunktionen erfüllten, dem Schutz des Waldgesetzes entzogen.
c) aa) Nach Auffassung der Beschwerdeführerin kommt dem Text in der Botschaft zum Waldgesetz entscheidende Bedeutung zu, zumal die bundesrätliche Vorlage zu
Art. 2 Abs. 3 WaG
keinen Anlass zu Diskussionen im Parlament gegeben habe und unverändert beschlossen worden sei. Der Gesetzgeber habe sich damit den Ausführungen in der Botschaft angeschlossen. Nur die deutsche Fassung spreche von einer "Anlage". Die französische ("espaces verts") und die italienische Fassung ("spazi verdi") stellten klar, dass Grünräume gemeint seien im Unterschied zu den Anlagen bei Gärten und Pärken. Erforderlich sei bei Grünanlagen somit nur der Wille, die Begrünung zuzulassen. Künstliche Elemente seien nicht vorausgesetzt, ebensowenig ein Bezug zu Bauten. Dass an die Gestaltung einer Grünanlage keine besonderen Anforderungen gestellt werden
BGE 124 II 85 S. 91
dürften, bestätigten auch systematische und teleologische Aspekte. Der Zusatz "Anlage" erweise sich beim Begriff der Grünanlage als überflüssig, weil der Gesetzgeber neben den Garten- und Parkanlagen noch etwas Drittes aus dem Waldbegriff habe ausklammern wollen. Die beabsichtigten Erleichterungen für sinnvolle und ökologisch wertvolle Begrünungen im Baugebiet nach erfolgter Waldfeststellung würden wieder aufgehoben, wenn man den Begriff der Grünanlage eng auslege. Die vom Verwaltungsgericht herangezogenen Kriterien, wonach die Begrünung einer Industrielandreserve zur Verschönerung (z.B. zum Kaschieren) dienen und einen engen Bezug zur Umgebung aufweisen müsse, fänden keine Stütze im Gesetz und in den Materialien. Im übrigen erfülle die Bestockung durchaus auch ästhetische Zwecke und Gliederungsfunktionen, letzteres gerade, weil sie isoliert stehe. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin der Gemeinde Balgach das Erstellen eines Ententeiches gestattet habe, zeige zudem, dass sie die Bestockung nicht nur geduldet, sondern auch willentlich gestaltet habe.
bb) Der Regierungsrat des Kantons St. Gallen ist wie die Beschwerdeführerin der Meinung, der Gesetzgeber habe dem Begriffsteil "Anlage" keine besondere, eigenständige Bedeutung zumessen wollen. Vielmehr sollte eine strenge Qualifikationspraxis ausgeschlossen werden. Eine Bestockung auf einer Industrielandreserve erfülle den Zweck einer Grünanlage schon mit der willentlichen Begrünung. Als solche genüge ein bewusstes Aufwachsenlassen von Pflanzen, da es keinen Sinn mache, natürlichen Pflanzenwuchs durch zugekaufte Pflanzen zu ersetzen.
cc) Das Verwaltungsgericht hat sich ebenfalls dagegen ausgesprochen, aus der Verwendung des Begriffsteils "Anlage" in der deutschsprachigen Fassung auf besondere Gestaltungsanforderungen zu schliessen. Dass damit auch viele Gehölze ausserhalb der Bauzone aus dem Schutz des Waldgesetzes entlassen würden, sei nicht zu befürchten, weil Bestockungen zur Tarnung von Gebäuden und Industrielandreserven selten ausserhalb der Bauzone lägen. Eine weitgefasste Umschreibung des Begriffs führe zu einer vermehrten Begrünung von Baulandflächen, weil die Grundeigentümer nach erfolgter Waldfeststellung nicht mehr damit rechnen müssten, solche Bestände würden als Wald qualifiziert. Indessen sei nicht jede Begrünung auf einer Industrielandreserve eine Grünanlage. Eine derartige Anlage setze eine willentliche Durchgrünung des Siedlungsraums voraus. Wohl seien an ihre gärtnerische Gestaltung keine besonderen Anforderungen zu stellen. Sie müsse aber zur Verschönerung
BGE 124 II 85 S. 92
der Landschaft beitragen und einen engen Bezug zur Umgebung aufweisen, d.h. eine Gliederungsfunktion ausüben. An diesem engen räumlichen Bezug fehle es vorliegend, weshalb die streitige Bestockung nicht als Grünanlage zu qualifizieren sei.
d) Entsprechend der bisherigen, bewährten Praxis sind bei der Prüfung, ob eine Bestockung Wald ist, wie bereits erwähnt, der im Zeitpunkt des Entscheids tatsächliche Wuchs und dessen Funktion massgebend; ausnahmsweise ist trotz ganzen oder teilweisen Fehlens einer Bestockung Wald anzunehmen, wenn Flächen ohne Bewilligung gerodet worden sind. Welche Ursache die Bewaldung hat, ist nicht entscheidend; das gesetzliche Gebot der Walderhaltung besteht unabhängig vom Willen des Eigentümers, nicht Wald schaffen zu wollen. Auch früher unbewaldete Flächen werden (vorbehältlich
Art. 13 WaG
) zu geschütztem Waldareal, wenn sich dort Waldbäume oder -sträucher ansiedeln und der Eigentümer nicht alles zur Verhinderung der Bewaldung vorgekehrt hat, was unter den gegebenen Umständen vernünftigerweise von ihm erwartet werden konnte (
BGE 120 Ib 339
E. 4a S. 342 unten;
113 Ib 357
E. 3 S. 361 f.).
aa) In
Art. 2 Abs. 2 und 3 WaG
zählt der Bundesgesetzgeber bestimmte Erscheinungsformen von Bestockungen auf, die unter den rechtlichen Waldbegriff fallen (Abs. 2) bzw. von diesem ausgenommen werden (Abs. 3) (so schon H. TROMP, Der Rechtsbegriff des Waldes, Beiheft zu den Zeitschriften des Forstvereins No. 39, 1966, S. 45, 53 ff., auf dessen Aufsatz der heute noch geltende Waldbegriff im wesentlichen zurückgeht). Die Aufzählung von bestimmten Baumbeständen mit speziellen Funktionen in Abs. 3 dient der Abgrenzung des Waldbegriffs, wovon auch die Botschaft zum WaG ausgeht (vorne E. 4a; so auch STEFAN JAISSLE, a.a.O., S. 74 f.). Zu diesen besonderen Bestockungsformen gehören u.a. Garten -, Grün- und Parkanlagen. Der Begriffsteil "Anlage" macht deutlich, dass es sich um einen eigens angelegten Bestand handeln muss. Das Anlegen einer Bestockung schliesst stets willentliches, gestalterisches Handeln oder zumindest das willentliche Dulden einer aufkommenden Bestockung zu bestimmten Zwecken und mit einem gewissen Bezug zur Umgebung mit ein (vgl. zum Element des willentlichen Vorgehens die Botschaft zum WaG, BBl 1988 III 190). Solche Baumbestände bezwecken demnach die Verschönerung des gestalteten Raums oder dienen zur Erholung (s. auch HANS-PETER JENNI, a.a.O., S. 34). Diese besondere Gestaltung wurde in der bisherigen Praxis schon für die Garten- und Parkanlagen im Sinne von
Art. 1 Abs. 3 FPolV
verlangt (
BGE 113 Ib 353
E. 4, 357 E. 3 mit
BGE 124 II 85 S. 93
Hinweisen). Je nach der Art des Baumbestandes, der gestalterischen Elemente und der Zweckbestimmung überwiegen der Gartencharakter, der Parkcharakter oder die Merkmale einer Grünanlage. Die Übergänge zwischen den einzelnen Anlagetypen sind fliessend, und die Begriffe lassen sich nicht klar voneinander abgrenzen; sie überschneiden sich.
bb) Die Beschwerdeführerin und die Vorinstanzen meinen zwar, auf den Begriffsteil "Anlage" dürfe bei der Gesetzesauslegung kein Gewicht gelegt werden, weil er nur in der deutschen Fassung vorkomme. Es trifft zu, dass die französische und die italienische Fassung von "espaces verts", bzw. "spazi verdi", d.h. von Grünräumen, sprechen. Das hat jedoch keine weitere Bedeutung, denn die romanischen Fassungen verwenden auch für die Garten- und Parkanlagen den Begriffsteil Anlage nicht, sondern umschreiben diese Bestockungen als "jardins et parcs" bzw. "giardini e parchi". Deren Anlagencharakter ist jedoch unbestritten. In allen drei Fassungen werden die drei Anlagentypen zudem zu einer Einheit zusammengefasst ("Garten-, Grün- und Parkanlagen", "les jardins, les parcs et les espaces verts", "i giardini, i parchi e gli spazi verdi"). Entscheidend kann deshalb nicht sein, ob auch die romanischen Fassungen Begrünungen ausdrücklich als Anlagen bezeichnen. Massgebend ist vielmehr, dass drei Erscheinungsformen von Bestockungen zusammengenommen werden und damit zum Ausdruck gebracht wird, dass sie gemeinsame Merkmale aufweisen. Sie haben insbesondere, was in der deutschen Fassung klar ausgedrückt wird, allesamt Anlagencharakter.
cc) Gewiss sind nicht bei allen Anlagentypen die gleichen Anforderungen an die einzelnen Merkmale zu stellen. Diese müssen aber stets objektiv erkennbar sein, wenn von einer Anlage gesprochen werden soll (vgl. auch HANS-PETER JENNI, a.a.O., S. 34). Das Willensmoment kann bei Grünanlagen bereits als erfüllt betrachtet werden, wenn der Grundeigentümer natürlich aufkommenden Waldwuchs bewusst duldet, d.h. in seine Arealplanung einbezieht. Es wäre in der Tat sinnlos, wenn man ein gezieltes Anpflanzen voraussetzen und den Grundeigentümer damit zwingen wollte, den natürlichen Pflanzenwuchs zu beseitigen und durch künstlichen zu ersetzen. Auch in gestalterischer Hinsicht müssen Grünanlagen keine hohen Anforderungen erfüllen.
Im bereits erwähnten unveröffentlichten Urteil vom 6. Dezember 1994 betreffend die Einwohnergemeinde Risch hat das Bundesgericht ausgeführt, dass auch eine Grünanlage gestalterische Vorstellungen
BGE 124 II 85 S. 94
und deren Umsetzung voraussetzt und dass es sich dabei um andere Gestaltungselemente handeln muss als bei Garten- und Parkanlagen. Ein bestimmtes Begrünungskonzept und die nötigen Eingriffe zu seiner Verwirklichung sind jedoch unabdingbar. Ist auf einer Baulandreserve bloss die Landpflege vernachlässigt und dadurch das Einwachsen von Waldbäumen ermöglicht worden, so ist damit noch keine Grünanlage im Sinne von
Art. 2 Abs. 3 WaG
entstanden. Der Grünanlagencharakter einer Bestockung muss sich auch in den vorgenommenen Massnahmen zeigen (pflegerische oder begrenzende Eingriffe, ergänzende Pflanzungen, gegebenenfalls Schutzmassnahmen, Abstimmen auf die Umgebung usw.). Der Natur freien Lauf lassen bedeutet nicht, "eine Fläche willentlich zur Durchgrünung bestocken" (vgl. BBl 1988 III 190) und entspricht daher auch nicht der Umschreibung in der bundesrätlichen Botschaft. Die Gestaltung der Grünanlage muss im weiteren einen Bezug zur Umgebung aufweisen, indem sie das Gebiet gezielt aufwertet (z.B. die Landschaft gliedert oder nachteilig in Erscheinung tretende Bauten, Anlagen oder Landschaftsteile verdeckt). Sie muss somit einer planerischen Vorstellung entsprechen und Verschönerungszwecken, allenfalls Erholungszwecken dienen. Die Anforderungen sind auch in dieser Hinsicht nicht sehr hoch anzusetzen, und gerade Begrünungen von Industrielandreserven brauchen keinen besonderen ästhetischen Ansprüchen zu genügen. Dennoch muss ein gezieltes Gestalten mit Bezug zur Umgebung vorausgesetzt werden und auch feststellbar sein. Andernfalls könnten längst zu Wald gewordene Bestockungen in Bauzonen kurzerhand zu Grünanlagen erklärt und nach Belieben beseitigt werden, was den Zielen der Waldgesetzgebung zuwiderlaufen würde.
Die Beschwerdeführerin vertritt zwar unter Hinweis auf die bundesrätliche Botschaft (BBl 1988 III 190) die Meinung, auf Industrielandreserven seien alle Bestockungen, die der Grundeigentümer habe aufkommen lassen, als Grünanlagen zu qualifizieren. Sie übersieht aber, dass der Begriff der Grünanlagen für alle Zonen gilt und nicht völlig unterschiedlich verstanden werden kann, je nachdem, ob es sich um Anlagen auf Industrieland, in den übrigen Bauzonen oder ausserhalb des Baugebiets handelt. Denkbar sind bloss Nuancierungen, die auf die verschiedenen Zonenzwecke Rücksicht nehmen. Im weiteren macht auch das in der Botschaft erwähnte Beispiel der Begrünung von Industrielandreserven deutlich, dass ein aktives Handeln bzw. bewusstes Dulden einer Bestockung im Sinne eines Gestaltens vorausgesetzt wird und ein rein passives Verhalten ohne
BGE 124 II 85 S. 95
objektiv erkennbare Gestaltungsabsicht (blosses Überwachsenlassen) zur Annahme einer Grünanlage nicht genügt. Hätte der Gesetzgeber den Begriff der Grünanlage so weit verstehen wollen wie die Beschwerdeführerin, so würden ausser den seit unvordenklicher Zeit bestehenden Bestockungen sämtliche Waldbestände in Bauzonen darunter fallen, weil sie alle einst mit Duldung des Eigentümers entstanden sind. Die in
Art. 13 WaG
vorgesehene Abgrenzung von Wald und Bauzonen würde damit weitgehend obsolet; sie würde sich auf Bestockungen beschränken, deren Entstehen nicht dokumentiert und niemandem mehr in Erinnerung ist. Es deutet aber nichts darauf hin, dass der Gesetzgeber einen derart weitgehenden Einbruch in den dynamischen Waldbegriff beabsichtigte. Der Begriff der Grünanlage muss deshalb auf Bestockungen beschränkt bleiben, die kontrolliert und mit bestimmtem gestalterischem Zweck entstanden sind. Ferner muss eine Grünanlage eine bestimmte, objektiv erkennbare Funktion erfüllen. Die bundesrätliche Botschaft erwähnt als solche mögliche Funktionen von Grünanlagen "Bestockungen zur Tarnung von Gebäuden, temporäre Bestockungen auf Deponien, Begrünung von Industrielandreserven, Begrünung zur Gliederung und Gestaltung von Siedlungsraum und dergleichen", wobei sich bereits aus der Botschaft ergibt, dass es sich dabei nicht um eine abschliessende Aufzählung handelt.
dd) Dass eine solche Auslegung des Begriffs "Grünanlage" Auswirkungen auf die Begrünung des Siedlungsraums nach Vornahme der Waldabgrenzung gemäss
Art. 13 WaG
haben soll, wie dies die Beschwerdeführerin behauptet, trifft nicht zu. Laut Abs. 2 dieser Vorschrift gehören in Bauzonen alle Bestockungen ausserhalb der festgestellten Waldgrenzen nicht zum Waldareal. Die Grundeigentümer müssen deshalb bei neuem Waldwuchs (nach erfolgter Waldabgrenzung) nicht mehr auf die Einhaltung der Merkmale eines Anlagentyps achten, wenn sie vermeiden wollen, dass die neu entstandene Bestockung als Wald bezeichnet wird.
ee) Es ergibt sich somit, dass sowohl der Wortlaut von
Art. 2 Abs. 3 WaG
als auch dessen Entstehungsgeschichte, die systematischen Gesichtspunkte sowie der Normzweck die von der Beschwerdeführerin vertretene Auslegung des Begriffs der Grünanlage ausschliessen. Im folgenden bleibt zu prüfen, ob die umstrittene Bestokkung die vorne (in E. 4d/aa und cc) umschriebenen Kriterien einer Grünanlage erfüllt.
e) Den Akten des vorliegenden Verfahrens lässt sich entnehmen, dass die interessierende Bestockung natürlich entstanden ist und die
BGE 124 II 85 S. 96
Beschwerdeführerin nichts zu ihrer Förderung unternommen hat. Sie hat das Aufkommen von Wald ohne Gestaltungsabsicht geschehen lassen: Es sind keinerlei planerische Vorstellungen im Hinblick auf bestimmte Gestaltungszwecke dokumentiert und auch keine Massnahmen zur Umsetzung eines gestalterischen Konzepts ersichtlich. Die Beschwerdeführerin weist zwar darauf hin, dass sie im Mai 1989 mit der Politischen Gemeinde Balgach eine Vereinbarung getroffen hat, wonach die Gemeinde am Rand des Baumbestandes einen Ententeich errichten durfte. Diese Vereinbarung ist jedoch auf Initiative der Gemeinde zustandegekommen. Die Beschwerdeführerin hat damit keine eigenen Gestaltungsvorstellungen verwirklicht. Das Verwaltungsgericht hat im weiteren ausgeführt, dass die Bestokkung relativ isoliert steht und weder wesentliche Gliederungsfunktionen noch Kaschierungsfunktionen erfüllt, insbesondere keinen engen räumlichen Bezug zu den umliegenden Gebäuden aufweist. Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, vermag die Feststellungen und Schlüsse des Verwaltungsgerichts nicht als falsch oder unvollständig erscheinen zu lassen. Wohl zeigen die bei den Akten liegenden Fotografien auf, dass es sich um einen schönen Baumbestand handelt und die Bestockung insofern durchaus Verschönerungsfunktionen - und für die beim Ententeich spazierenden Personen auch Erholungsfunktionen - erfüllt. Die Lage des Gehölzes und seine Ausdehnung sind aber zufällig; es weist kaum Bezüge zur näheren Umgebung auf. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Bestockung daher nicht als Grünanlage gemäss
Art. 2 Abs. 3 WaG
bezeichnet, sondern die Waldqualität bejaht. | mixed |
121177b3-9c26-4d20-9f6e-b969e804c2a7 | 921.01 1 Verordnung über den Wald (Waldverordnung, WaV) vom 30. November 1992 (Stand am 1. Juli 2021) Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf Artikel 49 des Waldgesetzes vom 4. Oktober 19911 (WaG) sowie auf Artikel 29 des Umweltschutzgesetzes vom 7. Oktober 19832, verordnet: 1. Kapitel: Begriff des Waldes Art. 1 Begriff des Waldes (Art. 2 Abs. 4 WaG) 1 Die Kantone bestimmen die Werte, ab welchen eine bestockte Fläche als Wald gilt, innerhalb der folgenden Bereiche: a. Fläche mit Einschluss eines zweckmässigen Waldsaumes: 200–800 m2; b. Breite mit Einschluss eines zweckmässigen Waldsaumes: 10–12 m; c. Alter der Bestockung auf Einwuchsflächen: 10–20 Jahre. 2 Erfüllt die Bestockung in besonderem Masse Wohlfahrts- oder Schutzfunktionen, so gilt sie unabhängig von ihrer Fläche, ihrer Breite oder ihrem Alter als Wald. Art. 2 Bestockte Weiden (Art. 2 Abs. 2 WaG) Bestockte Weiden (Wytweiden) sind Flächen, auf denen Waldbestockungen und offene Weideplätze mosaikartig abwechseln und die sowohl der Vieh- als auch der Forstwirtschaft dienen. Art. 3 Einrichtungen zur Stauhaltung und Vorgelände (Art. 2 Abs. 3 WaG) 1 Einrichtungen zur Stauhaltung sind Bauwerke, die Wasser an seinem natürlichen Abfluss hindern und einen Rückstau verursachen. 2 Als unmittelbares Vorgelände einer Einrichtung zur Stauhaltung gilt das Gelände, das luftseitig an die Einrichtung angrenzt. Es umfasst in der Regel einen Streifen von 10 m Breite. AS 1992 2538 1 SR 921.0 2 SR 814.01 921.01 Forstwesen 2 921.01 2. Kapitel: Schutz des Waldes vor Eingriffen 1. Abschnitt: Rodung Art. 4 Begriff (Art. 4 und 12 WaG) Nicht als Rodung gilt: a. die Beanspruchung von Waldboden für forstliche Bauten und Anlagen sowie für nichtforstliche Kleinbauten und -anlagen; b. die Zuweisung von Wald in eine Schutzzone nach Artikel 17 des Raumpla- nungsgesetzes vom 22. Juni 19793 (RPG), sofern das Schutzziel mit der Walderhaltung in Einklang steht. Art. 54 Rodungsgesuch, öffentliche Auflage 1 Das Rodungsgesuch ist bei Werken, für die der Bund zuständig ist, der Leitbehörde des Bundes und bei Werken, für die die Kantone zuständig sind, der nach kantona- lem Recht zuständigen Behörde einzureichen. 2 Die Behörde macht das Gesuch öffentlich bekannt und legt die Akten zur Einsicht auf. 3 Das Bundesamt für Umwelt5 (BAFU6) erlässt Richtlinien über den Inhalt eines Rodungsgesuches. Art. 67 Mitwirkung des BAFU und der Kantone 1 Ist der Bund für die Rodungsbewilligung zuständig, so gilt für die Mitwirkung des BAFU und der Kantone Artikel 49 Absatz 2 WaG. Die Kantone unterstützen die Bundesbehörden bei der Abklärung des Sachverhalts. 2 Zur Rodungsfläche, nach der sich die Pflicht zur Anhörung des BAFU (Art. 6 Abs. 2 WaG) bestimmt, sind alle Rodungen zu rechnen, die: a. mit dem Rodungsgesuch anbegehrt werden; b. in den letzten 15 Jahren vor der Einreichung des Rodungsgesuchs für das gleiche Werk ausgeführt wurden oder noch ausgeführt werden dürfen. 3 SR 700 4 Fassung gemäss Ziff. II 17 der V vom 2. Febr. 2000 zum BG über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren, in Kraft seit 1. März 2000 (AS 2000 703). 5 Die Bezeichnung der Verwaltungseinheit wurde in Anwendung von Art. 16 Abs. 3 der Publikationsverordnung vom 17. Nov. 2004 (AS 2004 4937) angepasst. 6 Bezeichnung gemäss Ziff. I 5 der V vom 28. Jan. 2015 über Anpassungen des Verord- nungsrechts im Umweltbereich, insbesondere hinsichtlich der Programmvereinbarungen für die Programmperiode 2016–2019, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 427). Die An- passung wurde im ganzen Erlass berücksichtigt. 7 Fassung gemäss Ziff. II 17 der V vom 2. Febr. 2000 zum BG über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren, in Kraft seit 1. März 2000 (AS 2000 703). Waldverordnung 3 921.01 Art. 7 Rodungsentscheid 1 Der Rodungsentscheid spricht sich aus über: a. die Flächen der bewilligten und der verweigerten Rodungen sowie über die davon betroffenen Grundstücke mit Angabe der Koordinaten; b. Art und Umfang der Ersatzmassnahmen sowie die davon betroffenen Grund- stücke mit Angabe der Koordinaten; c. die Fristen zur Benutzung der Rodungsbewilligung und zur Erfüllung der mit der Rodung verbundenen Pflichten, insbesondere derjenigen der Ersatz- massnahmen; d. die unerledigten Einsprachen; e. allfällige weitere Bedingungen und Auflagen. 2 Das BAFU führt eine Statistik der vom Bund und von den Kantonen bewilligten Rodungen. Die Kantone stellen dem BAFU die erforderlichen Angaben zur Verfü- gung.8 Art. 8 Realersatz (Art. 7 Abs. 1 WaG)9 1 Realersatz wird geleistet, indem für die gerodete Fläche eine gleich grosse Fläche Wald an einem Standort begründet wird, der qualitativ ähnliche Bedingungen bietet wie die gerodete Fläche. 2 Der Realersatz schliesst die Landbeschaffung, die Pflanzung sowie alle Massnah- men ein, die zur dauernden Sicherung der Ersatzfläche erforderlich sind. 3 Einwuchsflächen und freiwillig aufgeforstete Flächen, die noch nicht Wald sind, können als Realersatz anerkannt werden. Art. 8a10 Gebiete mit zunehmender Waldfläche (Art. 7 Abs. 2 Bst. a WaG) Die Kantone bezeichnen nach Anhörung des BAFU die Gebiete mit zunehmender Waldfläche. Deren Abgrenzung stützt sich auf Erhebungen des Bundes und der Kantone, erfolgt grundsätzlich entlang topografischer Einheiten und berücksichtigt die bestehende Besiedlung und Nutzung. 8 Eingefügt durch Ziff. II 17 der V vom 2. Febr. 2000 zum BG über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren, in Kraft seit 1. März 2000 (AS 2000 703). 9 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 14. Juni 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1983). 10 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 14. Juni 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1983). Forstwesen 4 921.01 Art. 9 Schonung von landwirtschaftlichem Kulturland sowie ökologisch oder landschaftlich wertvoller Gebiete (Art. 7 Abs. 2 Bst. b WaG)11 1 Auf Realersatz kann insbesondere bei Fruchtfolgeflächen verzichtet werden.12 2 Ökologisch wertvoll sind insbesondere: a. Biotope nach Artikel 18 Absatz 1bis des Bundesgesetzes vom 1. Juli 196613 über den Natur- und Heimatschutz; b. Gebiete, die nach Artikel 17 RPG14 als Naturschutzzonen ausgeschieden sind. 3 Landschaftlich wertvoll sind insbesondere: a. Objekte, die nach der Verordnung vom 10. August 197715 über das Bun- desinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung sind; b. Moorlandschaften von besonderer Schönheit und von nationaler Bedeutung nach Artikel 24sexies Absatz 5 der Bundesverfassung16; c. Gebiete, die nach Artikel 17 RPG als Landschaftsschutzzonen ausgeschie- den sind. Art. 9a17 Verzicht auf Rodungsersatz (Art. 7 Abs. 3 Bst. b WaG) Bei Projekten zur Gewährleistung des Hochwasserschutzes und zur Revitalisierung von Gewässern kann auf Rodungsersatz insbesondere bei Flächen verzichtet werden, die nicht mehr mit Wald bestockt werden können. Art. 1018 11 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 14. Juni 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1983). 12 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 14. Juni 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1983). 13 SR 451 14 SR 700 15 [AS 1977 1962, 1983 1942, 1996 3264, 1998 788, 2010 1593 Anhang Ziff. 2. AS 2017 2815 Art. 11]. Siehe heute: die V vom 29. März 2017 (SR 451.11). 16 [BS 1 3; AS 1988 352]. Der genannten Bestimmung entspricht heute Art. 78 Abs. 5 der BV vom 18. April 1999 (SR 101). 17 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 14. Juni 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1983). 18 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 14. Juni 2013, mit Wirkung seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1983). Waldverordnung 5 921.01 Art. 11 Anmerkung im Grundbuch und Meldung 1 Auf Anmeldung der nach Artikel 6 Absatz 1 WaG zuständigen Behörde ist im Grundbuch anzumerken die Pflicht zur Leistung:19 a. von Realersatz oder zu Massnahmen zugunsten des Natur- und Landschafts- schutzes; b. des nachträglichen Rodungsersatzes bei Nutzungsänderungen nach Artikel 7 Absatz 4 WaG.20 2 Die Kantone überwachen sämtliche Ersatzmassnahmen und melden deren Abnah- me dem BAFU. 2. Abschnitt: Waldfeststellung21 Art. 12 Waldfeststellungsverfügung (Art. 10 Abs. 1 WaG)22 1 Die Waldfeststellungsverfügung hält fest, ob eine bestockte oder unbestockte Fläche Wald ist oder nicht und gibt deren Koordinaten an. 2 Sie bezeichnet in einem Plan Lage und Ausmasse des Waldes sowie die Lage der berührten Grundstücke. Art. 12a23 Festlegung statischer Waldgrenzen ausserhalb der Bauzonen (Art. 10 Abs. 2 Bst. b WaG) Gebiete, in denen der Kanton eine Zunahme des Waldes verhindern will, sind im kantonalen Richtplan zu bezeichnen. 3. Abschnitt: Motorfahrzeugverkehr (Art. 15 Abs. 1 WaG) Art. 13 1 Waldstrassen dürfen zu folgenden Zwecken mit Motorfahrzeugen befahren wer- den: a. zu Rettungs- und Bergungszwecken; 19 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). 20 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 14. Juni 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1983). 21 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 14. Juni 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1983). 22 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 14. Juni 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1983). 23 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 14. Juni 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1983). Forstwesen 6 921.01 b. zu Polizeikontrollen; c. zu militärischen Übungen; d. zur Durchführung von Massnahmen zum Schutz vor Naturereignissen; e.24 zum Unterhalt von Leitungsnetzen der Anbieterinnen von Fernmeldediens- ten. 2 Der übrige Wald darf nur mit Motorfahrzeugen befahren werden, wenn dies zur Erfüllung eines Zweckes nach Absatz 1 unumgänglich ist. 3 Veranstaltungen mit Motorfahrzeugen sind auf Waldstrassen und im übrigen Wald verboten. 4. Abschnitt: Bauten und Anlagen im Wald25 Art. 13a26 Forstliche Bauten und Anlagen (Art. 2 Abs. 2 Bst. b und 11 Abs. 1 WaG) 1 Forstliche Bauten und Anlagen, wie Forstwerkhöfe, Rundholzlager, gedeckte Energieholzlager und Waldstrassen, dürfen mit behördlicher Bewilligung nach Artikel 22 RPG27 errichtet oder geändert werden.28 2 Voraussetzung einer Bewilligung ist, dass: a. die Bauten und Anlagen der regionalen Bewirtschaftung des Waldes dienen; b. für diese Bauten und Anlagen der Bedarf ausgewiesen, ihr Standort zweck- mässig und ihre Dimensionierung den regionalen Verhältnissen angepasst ist; und c. ihr keine überwiegenden öffentlichen Interessen entgegenstehen. 3 Die übrigen Voraussetzungen des Bundesrechts und des kantonalen Rechts bleiben vorbehalten. Art. 14 Einbezug der kantonalen Forstbehörde (Art. 11 Abs. 1 und 16 WaG)29 1 Bevor Baubewilligungen für forstliche Bauten oder Anlagen im Wald nach Arti- kel 22 RPG30 erteilt werden, ist die zuständige kantonale Forstbehörde anzuhören. 24 Fassung gemäss Ziff. II 61 der V vom 1. Dez. 1997, in Kraft seit 1. Jan. 1998 (AS 1997 2779). 25 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 14. Juni 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1983). 26 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 14. Juni 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1983). 27 SR 700 28 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 12. Mai 2021, in Kraft seit 1. Juli 2021 (AS 2021 294). 29 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 14. Juni 2013, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1983). 30 SR 700 Waldverordnung 7 921.01 2 Ausnahmebewilligungen für nichtforstliche Kleinbauten oder -anlagen im Wald nach Artikel 24 RPG dürfen nur im Einvernehmen mit der zuständigen kantonalen Forstbehörde erteilt werden. 3. Kapitel: Schutz vor Naturereignissen Art. 15 Grundlagen 1 Die Kantone erarbeiten die Grundlagen für den Schutz vor Naturereignissen. Sie: a. führen Inventare über Bauten und Anlagen, die für den Schutz vor Natur- ereignissen von Bedeutung sind (Schutzbautenkataster); b. dokumentieren Schadenereignisse (Ereigniskataster) und analysieren, soweit erforderlich, grössere Schadenereignisse; c. erstellen Gefahrenkarten und, für den Ereignisfall, Notfallplanungen und führen diese periodisch nach.31 2 Bei der Erarbeitung der Grundlagen berücksichtigen sie die von den Fachstellen des Bundes durchgeführten Arbeiten und aufgestellten technischen Richtlinien. 3 Die Kantone berücksichtigen die Grundlagen bei allen raumwirksamen Tätigkei- ten, insbesondere in der Richt- und Nutzungsplanung. 4 Sie stellen die Grundlagen dem BAFU auf Verlangen zur Verfügung und machen sie der Öffentlichkeit in geeigneter Form zugänglich.32 Art. 16 Frühwarndienste 1 Wo es der Schutz von Menschen oder erheblichen Sachwerten erfordert, errichten die Kantone Frühwarndienste. Sie sorgen für den Aufbau sowie den Betrieb der dazugehörigen Messstellen und Informationssysteme. 2 Bei der Errichtung und beim Betrieb der Frühwarndienste berücksichtigen sie die von den Fachstellen des Bundes durchgeführten Arbeiten und aufgestellten techni- schen Richtlinien. 3 Sie sorgen dafür, dass die Daten der Messstellen und Informationssysteme dem BAFU auf Verlangen zur Verfügung gestellt und der Öffentlichkeit in geeigneter Form zugänglich gemacht werden.33 31 Fassung gemäss Ziff. I 5 der V vom 28. Jan. 2015 über Anpassungen des Verordnungs- rechts im Umweltbereich, insbesondere hinsichtlich der Programmvereinbarungen für die Programmperiode 2016–2019, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 427). 32 Eingefügt durch Ziff. I 21 der V vom 7. Nov. 2007 über die Neugestaltung des Finanzaus- gleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (AS 2007 5823). Fassung gemäss Anhang 2 Ziff. 13 der V vom 21. Mai 2008 über Geoinformation, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2809). 33 Eingefügt durch Ziff. I 21 der V vom 7. Nov. 2007 über die Neugestaltung des Finanzaus- gleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (AS 2007 5823). Fassung gemäss Anhang 2 Ziff. 13 der V vom 21. Mai 2008 über Geoinformation, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2809). Forstwesen 8 921.01 Art. 17 Sicherung von Gefahrengebieten (Art. 19 WaG) 1 Die Sicherung von Gefahrengebieten umfasst: a. waldbauliche Massnahmen; b. bauliche Massnahmen zur Verhinderung von Lawinenschäden und aus- nahmsweise die Erstellung von Anlagen zur vorsorglichen Auslösung von Lawinen; c. begleitende Massnahmen im Gerinne, die mit der Walderhaltung im Zusam- menhang stehen (forstlicher Bachverbau); d. den Rutschhang- und Rüfenverbau, entsprechende Entwässerungen sowie den Erosionsschutz; e. Steinschlag- und Felssturzverbauungen, Auffangwerke sowie ausnahms- weise die vorsorgliche Auslösung von absturzgefährdetem Material; f. die Verlegung gefährdeter Bauten und Anlagen an sichere Orte. 2 Die Arbeiten sind wenn möglich mit ingenieurbiologischen und waldbaulichen Massnahmen zu kombinieren. 3 Die Kantone sorgen für eine integrale Planung; diese berücksichtigt insbesondere die Interessen der Bewirtschaftung des Waldes, des Natur- und Landschaftsschutzes, des Wasserbaus, der Landwirtschaft und der Raumplanung. 4. Kapitel: Pflege und Nutzung des Waldes 1. Abschnitt: Bewirtschaftung des Waldes Art. 18 Forstliche Planung (Art. 20 Abs. 2 WaG) 1 Die Kantone erlassen Vorschriften für die Planung der Waldbewirtschaftung. Darin halten sie insbesondere fest: a. die Planarten und deren Inhalt; b. die Planungspflichtigen; c. die Planungsziele; d. die Art der Beschaffung und der Verwendung von Planungsgrundlagen; e. das Planungs- und Kontrollverfahren; f. die periodische Überprüfung der Pläne. 2 In den forstlichen Planungsdokumenten sind mindestens die Standortverhältnisse sowie die Waldfunktionen und deren Gewichtung festzuhalten. 3 Die Kantone sorgen bei Planungen von überbetrieblicher Bedeutung dafür, dass die Bevölkerung: a. über deren Ziele und Ablauf unterrichtet wird; Waldverordnung 9 921.01 b. dabei in geeigneter Weise mitwirken kann; c. diese einsehen kann. 4 Sie berücksichtigen die raumwirksamen Ergebnisse der forstlichen Planung in ihrer Richtplanung.34 Art. 19 Waldbauliche Massnahmen (Art. 20 WaG) 1 Als waldbauliche Massnahmen gelten alle Pflegeeingriffe, die zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Stabilität und der Qualität des Bestandes beitragen. 2 Massnahmen der Jungwaldpflege sind: a.35 die Jungwuchspflege, die Dickungspflege und die Stangenholzdurchforstung zur Schaffung von standortgerechten, widerstands- und anpassungsfähigen Bestockungen; b. die spezifischen Massnahmen zur Pflege des Nachwuchses im Plenterwald, im übrigen stufigen Wald, im Mittel- und Niederwald sowie im stufigen Waldrand; c. Schutzmassnahmen gegen Wildschäden; d. die Erstellung von Begehungswegen in unzugänglichen Gebieten. 3 Massnahmen der Durchforstung und der Verjüngung sind: a. die Schlagräumung und die Begründung einer neuen Bestockung sowie die erforderlichen Begleitmassnahmen; b. die Holznutzung und -bringung. 4 Massnahmen der minimalen Pflege zur Erhaltung der Schutzfunktion sind Pflege- eingriffe, die sich auf die nachhaltige Sicherung der Stabilität des Bestandes be- schränken; anfallendes Holz wird an Ort und Stelle verbaut oder bleibt liegen, sofern davon keine Gefährdung ausgeht. Art. 20 Kahlschlag (Art. 22 WaG) 1 Kahlschlag ist die vollständige oder weitgehende Räumung eines Bestandes, durch die auf der Schlagfläche freilandähnliche ökologische Bedingungen entstehen oder erhebliche nachteilige Wirkungen für den Standort oder die Nachbarbestände ver- ursacht werden. 2 Kein Kahlschlag liegt vor, wenn nach einer ausreichenden und gesicherten Ver- jüngung nur der alte Bestand geräumt wird. 34 Eingefügt durch Ziff. I 5 der V vom 28. Jan. 2015 über Anpassungen des Verordnungs- rechts im Umweltbereich, insbesondere hinsichtlich der Programmvereinbarungen für die Programmperiode 2016–2019, in Kraft seit 1. März 2015 (AS 2015 427). 35 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). Forstwesen 10 921.01 2. Abschnitt: Forstliches Vermehrungsgut Art. 21 Gewinnung und Verwendung (Art. 24 WaG) 1 Die Kantone stellen die Versorgung mit geeignetem forstlichem Vermehrungsgut sicher. 2 Die zuständige kantonale Forstbehörde wählt die Waldbestände aus, aus denen forstliches Vermehrungsgut gewonnen werden darf. Sie meldet die Erntebestände dem BAFU. 3 Sie kontrolliert die gewerbliche Gewinnung von Saatgut und Pflanzenteilen und stellt Herkunftszeugnisse aus. 4 Für forstliche Zwecke darf nur forstliches Vermehrungsgut verwendet werden, des- sen Herkunft nachgewiesen ist. 5 Das BAFU berät die Kantone in Fragen: a. der Gewinnung, der Versorgung und der Verwendung von forstlichem Ver- mehrungsgut; b. der Sicherung der genetischen Vielfalt. 6 Es führt einen Kataster der Erntebestände und einen Kataster der Genreservate. Art. 22 Ein- und Ausfuhr (Art. 24 WaG) 1 Die Einfuhr von forstlichem Vermehrungsgut bedarf einer Bewilligung des BAFU. 2 Die Bewilligung wird erteilt, wenn: a. das forstliche Vermehrungsgut sich zum Anbau eignet und die Herkunft durch ein amtliches Zeugnis bestätigt ist; oder b. die Importeurin oder der Importeur schriftlich erklärt, dass das Vermeh- rungsgut ausschliesslich ausserhalb des Waldes Verwendung findet. 2bis Für die Bewilligung der Einfuhr von gentechnisch verändertem forstlichem Ver- mehrungsgut ist die Freisetzungsverordnung vom 10. September 200836 anwendbar; dabei sind auch die Vorgaben dieser Verordnung zu berücksichtigen.37 36 SR 814.911 37 Eingefügt durch Art. 51 Ziff. 3 der Pflanzenschutzverordnung vom 28. Febr. 2001 (AS 2001 1191). Fassung gemäss Anhang 5 Ziff. 16 der Freisetzungsverordnung vom 10. Sept. 2008, in Kraft seit 1. Okt. 2008 (AS 2008 4377). Waldverordnung 11 921.01 3 Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunika- tion38 (UVEK39) erlässt Vorschriften über das Ausstellen von Ausfuhrdokumenten für forstliches Vermehrungsgut. Art. 23 Betriebsführung (Art. 24 WaG) 1 Öffentliche und private Klenganstalten, Forstbaumschulen, Forstgärten und Han- delsbetriebe müssen über Herkunft, Aufarbeitung, Nachzucht und Abgaben von forstlichem Vermehrungsgut sowie über Vorräte an solchem Gut Buch führen. 2 Sie informieren die Abnehmerinnen und Abnehmer von forstlichem Vermehrungs- gut in Angeboten, auf Waren und in Rechnungen über dessen Kategorie und Her- kunft. 3 Das BAFU kontrolliert die Betriebsführung. Es kann dafür die Kantone beiziehen. Art. 24 Technische Bestimmungen 1 Das UVEK erlässt eine Verordnung über die Ausführung der Bestimmungen dieses Abschnittes. 2 Es kann vorsehen, dass für wissenschaftliche Zwecke forstliches Vermehrungsgut eingeführt und verwendet werden darf, dessen Eignung und Herkunft nicht nachge- wiesen sind. 3. Abschnitt: Verwendung umweltgefährdender Stoffe Art. 2540 Die ausnahmsweise Verwendung von umweltgefährdenden Stoffen im Wald richtet sich nach der Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung vom 18. Mai 200541. Art. 26 und 2742 38 Die Bezeichnung der Verwaltungseinheit wurde in Anwendung von Art. 16 Abs. 3 der Publikationsverordnung vom 17. Nov. 2004 (AS 2004 4937) angepasst. 39 Ausdruck gemäss Ziff. I 5 der V vom 28. Jan. 2015 über Anpassungen des Verordnungs- rechts im Umweltbereich, insbesondere hinsichtlich der Programmvereinbarungen für die Programmperiode 2016–2019, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 427). Die Anpassung wurde im ganzen Erlass berücksichtigt. 40 Fassung gemäss Ziff. II 21 der V vom 18. Mai 2005 über die Aufhebung und Änderung von Verordnungen im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Chemikaliengesetzes, in Kraft seit 1. Aug. 2005 (AS 2005 2695). 41 SR 814.81 42 Aufgehoben durch Ziff. II 21 der V vom 18. Mai 2005 über die Aufhebung und Änderung von Verordnungen im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Chemikaliengesetzes, mit Wirkung seit 1. Aug. 2005 (AS 2005 2695). Forstwesen 12 921.01 4. Abschnitt: Verhütung und Behebung von Waldschäden Art. 2843 Grundsätze (Art. 26 WaG) 1 Als Waldschäden gelten Schäden, die den Wald in seinen Funktionen erheblich gefährden und die verursacht werden durch: a. Naturereignisse wie Sturm, Waldbrand oder Trockenheit; b. Schadorganismen wie gewisse Viren, Bakterien, Würmer, Insekten, Pilze oder Pflanzen. 2 Die Überwachung und Bekämpfung besonders gefährlicher Schadorganismen rich- tet sich nach den Bestimmungen der Pflanzengesundheitsverordnung vom 31. Okto- ber 201844.45 Art. 2946 Verhütung und Behebung von Waldschäden (Art. 27 Abs. 1 WaG) Die Kantone sorgen zur Verhütung und Behebung von Waldschäden insbesondere für: a. technische und waldbauliche Massnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Feuer; b. Massnahmen zur Verminderung physikalischer Belastungen des Bodens; c. Massnahmen zur Überwachung von Schadorganismen und deren Bekämp- fung mit dem Ziel der Tilgung, Eindämmung oder Schadensbegrenzung. Art. 3047 Zuständigkeiten des Bundes (Art. 26 Abs. 3 und 27a Abs. 2 WaG) 1 Das BAFU sorgt für die Grundlagen zur Verhütung und Behebung von Waldschä- den. Es koordiniert die kantonsübergreifenden Massnahmen und legt solche bei Bedarf selber fest. 2 Die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) hat im Rahmen ihres Grundauftrags folgende Aufgaben: a. Sie organisiert zusammen mit den kantonalen Forstdiensten die Erhebung von Daten, die für den Waldschutz von Bedeutung sind. 43 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). 44 SR 916.20 45 Fassung gemäss Anhang 8 Ziff. 7 der Pflanzengesundheitsverordnung vom 31. Okt. 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2018 4209). 46 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). 47 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). Waldverordnung 13 921.01 b. Sie informiert über das Auftreten von Schadorganismen und anderen Ein- flüssen, die den Wald gefährden können. c. Sie berät in Waldschutzfragen die eidgenössischen und kantonalen Fach- stellen. 5. Abschnitt: Wildschäden (Art. 27 Abs. 2 WaG) Art. 31 1 Treten trotz Regulierung der Wildbestände Wildschäden auf, so ist ein Konzept zu ihrer Verhütung zu erstellen. 2 Das Konzept umfasst forstliche Massnahmen, jagdliche Massnahmen, Massnah- men zur Verbesserung und Beruhigung der Lebensräume sowie eine Erfolgskont- rolle.48 3 Es ist Bestandteil der forstlichen Planung. 5. Kapitel: Ausbildung und Grundlagen49 1. Abschnitt: Grundausbildung und Weiterbildung Art. 3250 Theoretische und praktische Aus- und Weiterbildung (Art. 29 Abs. 1 und 2 WaG) 1 Das BAFU sorgt zusammen mit den Hochschulen, den Kantonen und weiteren betroffenen Organisationen für die Aufrechterhaltung der im Studium erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie für die Einführung von theoretischen und prakti- schen Neuerungen. 2 Die Kantone bieten genügend Stellen für die praktische Weiterbildung an und koordinieren diese untereinander. Die praktische Weiterbildung soll insbesondere: a. auf die Waldplanung, Waldbewirtschaftung und Walderhaltung im Lichte sämtlicher Waldfunktionen ausgerichtet sein; b. die Führungskompetenzen und Verwaltungskenntnisse fördern; c. mit einem Nachweis über die erworbenen Kompetenzen und Kenntnisse be- scheinigt werden. 48 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). 49 Fassung gemäss Anhang 2 Ziff. 13 der V vom 21. Mai 2008 über Geoinformation, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2809). 50 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 3215). Forstwesen 14 921.01 Art. 3351 Forstpersonal (Art. 29 Abs. 4 und 51 Abs. 2 WaG) 1 Die Kantone sorgen: a. für die höhere Berufsbildung der Försterinnen und Förster und führen die dafür notwendigen höheren Fachschulen; b. zusammen mit den zuständigen Organisationen der Arbeitswelt für die be- rufsorientierte Weiterbildung des Forstpersonals. 2 Vor dem Erlass beziehungsweise der Genehmigung von Vorschriften im Bereich der forstlichen Ausbildung nach den Artikeln 19 Absatz 1, 28 Absatz 2 und 29 Absatz 3 des Berufsbildungsgesetzes vom 13. Dezember 200252 (BBG) wird das BAFU angehört. Art. 3453 Arbeitssicherheit (Art. 21a und 30 WaG) 1 Die Kantone sorgen zusammen mit Fachorganisationen dafür, dass zur Verbesse- rung der Arbeitssicherheit bei Holzerntearbeiten im Wald Kurse für forstlich unge- lernte Arbeitskräfte angeboten werden. 2 Vom Bund anerkannte Kurse müssen Grundkenntnisse über Arbeitssicherheit zum Gegenstand haben, insbesondere das fachgerechte und sichere Fällen, Entasten, Einschneiden und Rücken von Bäumen und Baumstämmen; sie müssen insgesamt mindestens 10 Tage umfassen. Art. 35 Koordination und Dokumentation (Art. 29 Abs. 1 WaG) 1 ...54 2 Das BAFU führt für Massnahmen der forstlichen Ausbildung eine zentrale Koor- dinations- und Dokumentationsstelle. 2. Abschnitt: ... Art. 36 und 3755 51 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 2 der Berufsbildungsverordnung vom 19. Nov. 2003, in Kraft seit 1. Jan. 2004 (AS 2003 5047). 52 SR 412.10 53 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). 54 Aufgehoben durch Ziff. I 7.4 der V vom 9. Nov. 2011 (Überprüfung der ausserparlamen- tarischen Kommissionen), mit Wirkung seit 1. Jan. 2012 (AS 2011 5227). 55 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, mit Wirkung seit 1. Jan. 2018 (AS 2016 3215). Waldverordnung 15 921.01 3. Abschnitt:56 Erhebungen Art. 37a57 (Art. 33 und 34 WaG) 1 Das BAFU ist zuständig für die Erhebungen der Daten zum Wald. 2 Es erhebt in Zusammenarbeit mit der WSL: a. im Landesforstinventar die Grundlagendaten zu den Standorten, den Funk- tionen und zum Zustand des Waldes; b. die langfristigen Entwicklungsprozesse in den Naturwaldreservaten. 3 Die WSL erhebt im Rahmen ihres Grundauftrags in langfristigen Forschungspro- grammen die Belastung des Waldökosystems. 4 Das BAFU informiert die Behörden und die Öffentlichkeit über die Erhebungen. 4. Abschnitt:58 Holzförderung Art. 37b Absatz und Verwertung von nachhaltig produziertem Holz (Art. 34a WaG) 1 Absatz und Verwertung von nachhaltig produziertem Holz werden ausschliesslich im vorwettbewerblichen und überbetrieblichen Bereich gefördert. 2 Unterstützt werden können insbesondere innovative Forschungs- und Entwick- lungsprojekte, die im Sinne einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung die Daten- grundlagen, die Absatz- und Verwertungsmöglichkeiten oder die Ressourceneffi- zienz verbessern, sowie die Öffentlichkeitsarbeit. 3 Ergebnisse und Erkenntnisse, die im Zusammenhang mit unterstützten Tätigkeiten stehen, sind dem BAFU auf Verlangen zur Verfügung zu stellen. Art. 37c Verwendung von Holz bei Bauten und Anlagen des Bundes (Art. 34b WaG) 1 Bei der Konzeption, der Planung, der Errichtung sowie dem Betrieb von Bauten und Anlagen des Bundes ist dem Förderungsziel, Holz oder Holzerzeugnisse zu verwenden, Rechnung zu tragen. 2 Für die Beurteilung der Nachhaltigkeit von Holz und Holzerzeugnissen sind beste- hende Richtlinien und Empfehlungen wie etwa diejenigen der Koordinationskonfe- renz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren zu berücksichti- gen. 56 Eingefügt durch Anhang 2 Ziff. 13 der V vom 21. Mai 2008 über Geoinformation, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2809). 57 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). 58 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). Forstwesen 16 921.01 6. Kapitel:59 Finanzhilfen (ohne Investitionskredite) und Abgeltungen 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen60 (Art. 35 WaG) Art. 38 Allgemeine Voraussetzung der Bundeshilfe (Art. 35 Abs. 2 WaG) Finanzhilfen und Abgeltungen des Bundes werden nur gewährt, wenn: a. die Massnahmen der forstlichen Planung entsprechen; b. die Massnahmen notwendig und zweckmässig sind; c. die Massnahmen den technischen, wirtschaftlichen und ökologischen Anfor- derungen genügen; d. die übrigen Voraussetzungen des Bundesrechts erfüllt sind; e. die Koordination mit den öffentlichen Interessen aus anderen Sachbereichen sichergestellt ist; f. der weitere Unterhalt gesichert ist. Art. 38a61 Anrechenbare Kosten 1 Für Abgeltungen nach den Artikeln 39 Absätze 1 und 2 und 40 Absatz 1 Buch- stabe c sind nur Kosten anrechenbar, die tatsächlich entstanden sind und unmittelbar für die zweckmässige Erfüllung der beitragsberechtigten Aufgabe erforderlich sind. Dazu gehören die Kosten für die Projektierung, den Landerwerb und die Ausführung sowie die Vermarkungskosten. 2 Nicht anrechenbar sind insbesondere Gebühren und Steuern sowie Kosten, die auf Dritte, die massgebliche Nutzniesser oder Schadenverursacher sind, überwälzt werden können. 59 Fassung gemäss Ziff. I 21 der V vom 7. Nov. 2007 über die Neugestaltung des Finanz- ausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5823). 60 Fassung gemäss Ziff. I 5 V vom 28. Jan. 2015 über Anpassungen des Verordnungsrechts im Umweltbereich, insbesondere hinsichtlich der Programmvereinbarungen für die Pro- grammperiode 2016–2019, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 427). 61 Eingefügt durch Ziff. I 5 V vom 28. Jan. 2015 über Anpassungen des Verordnungsrechts im Umweltbereich, insbesondere hinsichtlich der Programmvereinbarungen für die Pro- grammperiode 2016–2019, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 427). Waldverordnung 17 921.01 2. Abschnitt: Massnahmen Art. 3962 Schutz vor Naturereignissen (Art. 36 WaG) 1 Abgeltungen an die Massnahmen und die Erstellung von Gefahrengrundlagen werden in der Regel global gewährt. Die Höhe der globalen Abgeltungen wird zwischen dem BAFU und dem betroffenen Kanton ausgehandelt und richtet sich nach: a. dem Gefahren- und Schadenpotenzial; b. dem Umfang und der Qualität der Massnahmen sowie von deren Planung. 2 Abgeltungen können einzeln gewährt werden, wenn die Massnahmen: a. einen kantonsübergreifenden Bezug aufweisen; b. Schutzgebiete oder Objekte nationaler Inventare berühren; c. wegen der möglichen Alternativen oder aus anderen Gründen in besonderem Mass eine komplexe oder spezielle fachliche Beurteilung erfordern; oder d. unvorhersehbar waren. 3 Der Beitrag an die Kosten der Massnahmen nach Absatz 2 beträgt zwischen 35 und 45 Prozent und richtet sich nach: a. dem Gefahren- und Schadenpotenzial; b. dem Grad der Umsetzung einer umfassenden Risikobetrachtung; c. dem Umfang und der Qualität der Massnahmen sowie von deren Planung. 4 Wird ein Kanton durch ausserordentliche Schutzmassnahmen, namentlich nach Unwetterschäden, erheblich belastet, so kann der Beitrag nach Absatz 3 ausnahms- weise auf höchstens 65 Prozent der Kosten der Massnahmen erhöht werden. 5 Keine Abgeltungen werden gewährt an: a.63 Massnahmen zum Schutz von Bauten und Anlagen, die zum Zeitpunkt der Errichtung: 1. in bereits ausgeschiedenen Gefahrenzonen oder bekannten Gefahren- gebieten erstellt wurden, und 2. nicht zwingend an diesen Standort gebunden waren; b. Massnahmen zum Schutz touristischer Bauten und Anlagen wie Seilbahnen, Skilifte, Skipisten oder Wanderwege, die sich ausserhalb des Siedlungsge- bietes befinden. 62 Fassung gemäss Ziff. I 3 der V vom 2. Febr. 2011 (Weiterentwicklung der Programm- vereinbarungen im Umweltbereich), in Kraft seit 1. März 2011 (AS 2011 649). 63 Fassung gemäss Ziff. I 5 V vom 28. Jan. 2015 über Anpassungen des Verordnungsrechts im Umweltbereich, insbesondere hinsichtlich der Programmvereinbarungen für die Pro- grammperiode 2016–2019, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 427). Forstwesen 18 921.01 Art. 40 Schutzwald (Art. 37 WaG) 1 Die Höhe der globalen Abgeltungen an Massnahmen, die für die Erfüllung der Funktion des Schutzwaldes notwendig sind, richtet sich nach: a. dem Gefahren- und Schadenpotenzial; b. der Anzahl Hektaren des zu pflegenden Schutzwaldes; c. dem Umfang und der Planung der für die Schutzwaldpflege erforderlichen Infrastruktur; d. der Qualität der Leistungserbringung. 2 Sie wird zwischen dem BAFU und dem betroffenen Kanton ausgehandelt. 3 Der durch Verfügung gewährte Beitrag an die Kosten von Projekten, die durch ausserordentliche Naturereignisse ausgelöst werden, beträgt höchstens 40 Prozent der Kosten und richtet sich nach Absatz 1 Buchstaben a, c und d.64 Art. 40a65 Massnahmen gegen Waldschäden ausserhalb des Schutzwaldes (Art. 37a WaG) 1 Die Höhe der globalen Abgeltungen an Massnahmen zur Verhütung und Behebung von Waldschäden ausserhalb des Schutzwaldes, richtet sich nach: a. der Gefährdung der Waldfunktionen; b. der Anzahl Hektaren, auf denen Massnahmen ergriffen werden; c. der Qualität der Leistungserbringung. 2 Sie wird zwischen dem BAFU und dem betroffenen Kanton ausgehandelt. 3 Abgeltungen können einzeln gewährt werden, wenn die Massnahmen unvorher- sehbar waren und besonders aufwendig sind. Der Beitrag beträgt höchstens 40 Prozent der Kosten und richtet sich nach Absatz 1 Buchstaben a und c. Art. 40b66 Abfindung für Kosten (Art. 37b WaG) 1 Eine Abfindung kann in Härtefällen ausgerichtet werden, wenn Einzelne besonders schwer betroffen sind und ihnen daher nicht zugemutet werden kann, den Schaden selbst zu tragen. 2 Gesuche um Entschädigung sind nach Feststellung des Schadens, spätestens aber ein Jahr nach der Durchführung der Massnahmen bei der zuständigen kantonalen Stelle einzureichen und zu begründen. 3 Keine Abfindung wird für Ertragsausfälle oder immaterielle Schäden gewährt. 64 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). 65 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). Siehe auch die UeB dieser Änd. am Schluss des Textes. 66 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). Waldverordnung 19 921.01 4 Der Bund vergütet den Kantonen im Rahmen der globalen Abgeltungen nach Artikel 40a zwischen 35 und 50 Prozent der durch die Abfindungen verursachten Auslagen. Art. 41 Biologische Vielfalt des Waldes (Art. 38 Abs. 1 WaG)67 1 Die Höhe der globalen Finanzhilfen an Massnahmen, die zur Erhaltung und Ver- besserung der biologischen Vielfalt des Waldes beitragen, richtet sich nach: a. der Anzahl Hektaren der auszuscheidenden und zu pflegenden Waldreser- vate; b.68 ... c. der Anzahl Hektaren der zu pflegenden Lebensräume, insbesondere der Waldränder, die der Vernetzung dienen; d. dem Umfang und der Qualität der Massnahmen zur Förderung von Tier- und Pflanzenarten, die für die biologische Vielfalt prioritär zu erhalten sind; e.69 der Anzahl Hektaren der ausserhalb von Waldreservaten auszuscheidenden Fläche mit hohen Anteilen an Alt- und Totholz oder mit genügend Bäumen, die für die biologische Vielfalt des Waldes besonders wertvolle Eigenschaf- ten aufweisen (Biotopbäume); f. der Anzahl Hektaren der zu pflegenden Kulturformen der Waldbewirtschaf- tung wie Wytweiden, Mittel- und Niederwälder sowie Selven; g. der Qualität der Leistungserbringung. 2 Sie wird zwischen dem BAFU und dem betroffenen Kanton ausgehandelt. 3 Die Finanzhilfen dürfen nur gewährt werden, wenn der Schutz der ökologischen Flächen nach Absatz 1 Buchstaben a und c–f vertraglich oder auf andere geeignete Weise gesichert ist. 4 ...70 Art. 4271 67 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). 68 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, mit Wirkung seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). 69 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). 70 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, mit Wirkung seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). 71 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, mit Wirkung seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). Forstwesen 20 921.01 Art. 43 Waldbewirtschaftung72 (Art. 38a WaG) 1 Die Höhe der globalen Finanzhilfen an Massnahmen, welche die Wirtschaftlichkeit der Waldbewirtschaftung verbessern, richtet sich: a.73 für Planungsgrundlagen der Kantone: nach der Grösse der kantonalen Wald- fläche sowie der Waldfläche, die in die Planung oder in eine Wirkungs- analyse einbezogen wird; b.74 für die Verbesserung der Bewirtschaftungsbedingungen der Betriebe der Waldwirtschaft: nach dem Umfang und der Qualität der vom Kanton geplan- ten und umgesetzten Optimierungsmassnahmen; c. für die Lagerung von Holz bei aussergewöhnlichem Holzanfall: nach der Holzmenge, die der Markt vorübergehend nicht aufnehmen kann; d. nach der Qualität der Leistungserbringung; e.75 für die Förderung der Ausbildung von Waldarbeiterinnen und Waldarbei- tern: nach der Anzahl besuchter Kurstage bei einem vom Bund anerkannten Kursanbieter; f.76 für die praktische Ausbildung von Waldfachleuten der Hochschulstufe: nach der Anzahl absolvierter Ausbildungstage; g.77 für die Jungwaldpflege: nach der Anzahl Hektaren des zu pflegenden Jung- waldes; h.78 für die gezielte Anpassung von Waldbeständen an sich verändernde Klima- bedingungen: nach der Anzahl Hektaren, auf denen Massnahmen ergriffen werden; i.79 für die Gewinnung von forstlichem Vermehrungsgut: nach der Infrastruktur und Ausrüstung von Klenganstalten sowie der Anzahl der für die genetische Vielfalt wichtigen Baumarten in den Samenernteplantagen; 72 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). 73 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). 74 Fassung gemäss Ziff. I 5 V vom 28. Jan. 2015 über Anpassungen des Verordnungsrechts im Umweltbereich, insbesondere hinsichtlich der Programmvereinbarungen für die Pro- grammperiode 2016–2019, in Kraft seit 1. Jan. 2016 (AS 2015 427). 75 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). 76 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). 77 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). 78 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). 79 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). Waldverordnung 21 921.01 j.80 für die Anpassung oder die Wiederinstandstellung von Erschliessungsan- lagen: nach der Anzahl Hektaren des erschlossenen Waldes. 2 Sie wird zwischen dem BAFU und dem betroffenen Kanton ausgehandelt. 3 Globale Finanzhilfen für die Verbesserung der Bewirtschaftungsbedingungen der Betriebe der Waldwirtschaft werden nur gewährt, wenn: a. eine Kooperation oder eine Zusammenlegung von Betrieben vorliegt, die auf Dauer ausgerichtet ist; b. eine wirtschaftlich bedeutende Holzmenge gemeinsam genutzt bzw. vermit- telt wird; und c. eine kaufmännische Buchführung erfolgt. 4 Globale Finanzhilfen für die Jungwaldpflege sowie die gezielte Anpassung von Waldbeständen an sich verändernde Klimabedingungen werden nur gewährt, wenn die Massnahmen dem naturnahen Waldbau Rechnung tragen.81 5 Globale Finanzhilfen für die Gewinnung von forstlichem Vermehrungsgut werden nur gewährt, wenn ein vom Kanton genehmigtes Bauprojekt oder Betriebskonzept mit Kostenvoranschlag und Finanzierungsausweis vorliegt.82 Art. 44 Förderung der Ausbildung (Art. 39 WaG) 1 ...83 2 Als Ausgleich für die berufsspezifischen Kosten der ortsgebundenen praktischen Ausbildung des Forstpersonals gewährt der Bund Finanzhilfen im Einzelfall in Form einer Pauschale von 10 Prozent der Ausbildungskosten der Försterschulen und der Kurse. 3 An die Schaffung von Lehrmitteln für das Forstpersonal gewährt der Bund Finanz- hilfen im Einzelfall bis zu 50 Prozent der anerkannten Kosten. 4 ...84 Art. 45 Forschung und Entwicklung (Art. 31 WaG) 1 Der Bund kann an Forschungs- und Entwicklungsprojekte, die er nicht selbst in Auftrag gibt, Finanzhilfen im Einzelfall im Umfang von höchstens 50 Prozent der Projektkosten gewähren. 80 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). Siehe auch die UeB dieser Änd. am Schluss des Textes. 81 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). 82 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). 83 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, mit Wirkung seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). 84 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 17. Aug. 2016, mit Wirkung seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3215). Forstwesen 22 921.01 2 Er kann an Einrichtungen zur Förderung und Koordination der Forschung und Ent- wicklung Finanzhilfen im Einzelfall bis zum Umfang der von Dritten aufgebrachten Mittel gewähren, sofern ihm ein angemessenes Mitspracherecht in diesen Einrich- tungen eingeräumt wird. 3. Abschnitt: Verfahren bei der Gewährung globaler Abgeltungen oder Finanzhilfen Art. 46 Gesuch 1 Der Kanton reicht das Gesuch um globale Abgeltungen oder Finanzhilfen beim BAFU ein. 2 Das Gesuch enthält Angaben über: a. die zu erreichenden Programmziele; b. die zur Zielerreichung voraussichtlich notwendigen Massnahmen und deren Durchführung; c. die Wirksamkeit der Massnahmen. 3 Bei Massnahmen mit kantonsübergreifender Wirkung stellen die Kantone die Koordination der Gesuche mit den betroffenen Kantonen sicher. Art. 47 Programmvereinbarung 1 Das BAFU schliesst die Programmvereinbarung mit der zuständigen kantonalen Behörde ab. 2 Gegenstand der Programmvereinbarung sind insbesondere: a. die gemeinsam zu erreichenden strategischen Programmziele; b. die Leistung des Kantons; c. die Beitragsleistung des Bundes; d. das Controlling. 3 Die Dauer der Programmvereinbarung beträgt höchstens vier Jahre. 4 Das BAFU erlässt Richtlinien über das Vorgehen bei Programmvereinbarungen sowie über die Angaben und Unterlagen zu den Gegenständen der Programm- vereinbarung. Art. 48 Auszahlung Globale Abgeltungen oder Finanzhilfen werden in Tranchen ausbezahlt. Art. 49 Berichterstattung und Kontrolle 1 Der Kanton erstattet dem BAFU jährlich Bericht über die Verwendung der globa- len Beiträge. Waldverordnung 23 921.01 2 Das BAFU kontrolliert stichprobenweise: a. die Ausführung einzelner Massnahmen gemäss den Programmzielen; b. die Verwendung der ausgerichteten Beiträge. Art. 50 Mangelhafte Erfüllung und Zweckentfremdung 1 Das BAFU hält die Tranchenzahlungen während der Programmdauer ganz oder teilweise zurück, wenn der Kanton: a. seiner Berichterstattungspflicht (Art. 49 Abs. 1) nicht nachkommt; b. eine erhebliche Störung seiner Leistung schuldhaft verursacht. 2 Stellt sich nach der Programmdauer heraus, dass die Leistung mangelhaft ist, so verlangt das BAFU vom Kanton Nachbesserung; es setzt ihm dafür eine ange- messene Frist. 3 Werden Anlagen oder Einrichtungen, an die Finanzhilfen oder Abgeltungen ge- leistet wurden, ihrem Zweck entfremdet, so kann das BAFU vom Kanton verlangen, dass er innerhalb einer angemessenen Frist die Unterlassung oder Rückgän- gigmachung der Zweckentfremdung erwirkt. 4 Werden die Mängel nicht behoben oder wird die Zweckentfremdung nicht unter- lassen oder nicht rückgängig gemacht, so richtet sich die Rückforderung nach den Artikeln 28 und 29 des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 199085 (SuG). 4. Abschnitt: Verfahren bei der Gewährung von Abgeltungen oder Finanzhilfen im Einzelfall Art. 51 Gesuche 1 Gesuche um Abgeltungen oder Finanzhilfen im Einzelfall ohne Kantonsbeteiligung sind dem BAFU, alle andern Gesuche dem Kanton einzureichen. 2 Der Kanton prüft die bei ihm eingereichten Gesuche und leitet sie mit einem be- gründeten Antrag, den bereits vorliegenden kantonalen Bewilligungen und dem kantonalen Beitragsbeschluss an das BAFU weiter. 3 Das BAFU erlässt Richtlinien über die Angaben und Unterlagen zum Gesuch. Art. 52 Gewährung und Auszahlung der Beiträge 1 Das BAFU legt die Höhe der Abgeltung oder der Finanzhilfe mittels Verfügung fest oder schliesst dazu mit dem Beitragsempfänger einen Vertrag ab. 2 Es richtet die Beiträge nach Fortschritt der Massnahmen aus. 85 SR 616.1 Forstwesen 24 921.01 Art. 53 Mangelhafte Erfüllung und Zweckentfremdung 1 Erfüllt der Empfänger von zugesicherten Abgeltungen oder Finanzhilfen die Mass- nahmen trotz Mahnung nicht oder mangelhaft, so werden die Abgeltungen oder Finanzhilfen nicht ausbezahlt oder gekürzt. 2 Sind Abgeltungen oder Finanzhilfen ausbezahlt worden und erfüllt der Empfänger trotz Mahnung die Massnahmen nicht oder mangelhaft, so richtet sich die Rückfor- derung nach Artikel 28 SuG86. 3 Werden Anlagen oder Einrichtungen, an die Abgeltungen oder Finanzhilfen ge- leistet wurden, ihrem Zweck entfremdet, so kann das BAFU vom Kanton verlangen, dass er innerhalb einer angemessenen Frist die Unterlassung oder Rückgän- gigmachung der Zweckentfremdung erwirkt. 4 Wird die Zweckentfremdung nicht unterlassen oder nicht rückgängig gemacht, so richtet sich die Rückforderung nach Artikel 29 SuG. Art. 54 Berichterstattung und Kontrolle Für die Berichterstattung und die Kontrolle gilt Artikel 49 sinngemäss. Art. 55–59 Aufgehoben 7. Kapitel: Investitionskredite Art. 60 Voraussetzungen 1 Investitionskredite werden gewährt, wenn: a. die Investition für den Schutz vor Naturereignissen oder für die Pflege und Nutzung des Waldes notwendig und geeignet ist; und b. es die finanzielle Lage der Gesuchstellerin oder des Gesuchstellers erfordert. 2 Die entstehende Gesamtbelastung muss für die Gesuchstellerin oder den Gesuchs- teller tragbar sein. 3 Die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller hat die eigenen finanziellen Möglich- keiten auszuschöpfen und von Dritten erhältliche Beiträge geltend zu machen. 4 Investitionskredite dürfen nicht mit Krediten nach dem Bundesgesetz vom 23. März 196287 über Investitionskredite und Betriebshilfen in der Landwirtschaft 86 SR 616.1 87 [AS 1962 1273; 1972 2699; 1977 2249 Ziff. I, 961, 1991 362 Ziff. II 52, 857 Anhang Ziff. 27; 1992 288 Anhang Ziff. 47, 2104. AS 1998 3033 Anhang Bst. f] Waldverordnung 25 921.01 oder nach dem Bundesgesetz vom 28. Juni 197488 über Investitionshilfe für Berg- gebiete kumuliert werden. 5 Für ihre eigenen Investitionen erhalten die Kantone keine Kredite. 6 ...89 Art. 61 Bundeskredite 1 Das BAFU gewährt dem Kanton für die Ausrichtung von Investitionskrediten globale Darlehen. Diese sind unverzinslich und auf 20 Jahre befristet. 2 Der Kanton meldet dem BAFU jährlich seinen voraussichtlichen Darlehensbedarf für das kommende Jahr. 3 Die Aufteilung der verfügbaren Mittel richtet sich nach dem Bedarf.90 Art. 62 Gesuche (Art. 40 Abs. 3 WaG) 1 Gesuche um Investitionskredite sind dem Kanton einzureichen. 2 Dem Gesuch sind beizulegen: a. die allgemeine Betriebsplanung; b. die Betriebsrechnung; c. die Darstellung der finanziellen Lage der Gesuchstellerin oder des Gesuch- stellers. 3 Unternehmen, die Wälder gewerbsmässig als Auftragnehmer pflegen oder nutzen, haben ihrem Gesuch die Bilanz und die Erfolgsrechnung der letzten zwei Jahre bei- zulegen. Art. 63 Höhe und Verzinsung (Art. 40 Abs. 1 WaG) 1 Investitionskredite werden gewährt: a. als Baukredite bis zu 80 Prozent der Baukosten; b.91 zur Finanzierung der Restkosten von Massnahmen gemäss den Artikeln 39, 40 und 43; 88 [AS 1975 392, 1980 1798, 1985 387, 1991 857 Anhang Ziff. 24, 1992 288 Anhang Ziff. 43. AS 1997 2995 Art. 25]. Siehe heute: das BG vom 6. Okt. 2006 über Regionalpolitik (SR 901.0). 89 Aufgehoben durch Ziff. I 21 der V vom 7. Nov. 2007 über die Neugestaltung des Finanz- ausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen, mit Wirkung seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5823). 90 Fassung gemäss Ziff. I 21 der V vom 7. Nov. 2007 über die Neugestaltung des Finanz- ausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5823). 91 Fassung gemäss Ziff. I 21 der V vom 7. Nov. 2007 über die Neugestaltung des Finanz- ausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5823). Forstwesen 26 921.01 c. zur Anschaffung forstlicher Fahrzeuge, Maschinen und Geräte bis zu 80 Pro- zent der Kosten; d. zur Erstellung forstbetrieblicher Anlagen bis zu 80 Prozent der Kosten. 2 Investitionskredite sind in der Regel unverzinslich. Lässt es die Gesamtbelastung der Gesuchstellerin oder des Gesuchstellers jedoch zu, wird ein angemessener Zins verlangt. 3 Unter 10 000 Franken werden keine Darlehen gewährt. Art. 64 Dauer, Rückzahlung, Rückforderung (Art. 40 WaG) 1 Investitionskredite werden für eine Dauer von bis zu 20 Jahren gewährt. 2 Die Rückzahlungsraten sind nach der Art der Massnahme und nach den wirt- schaftlichen Möglichkeiten der Kreditnehmerin oder des Kreditnehmers festzulegen. 3 Die Rückzahlung beginnt: a. für Investitionen nach Artikel 63 Absatz 1 Buchstaben a und b ein Jahr nach Beendigung des Projekts, spätestens jedoch fünf Jahre nach Auszahlung der ersten Kreditrate; b. für die übrigen Investitionen in dem auf die Auszahlung folgenden Kalen- derjahr. 4 Die Kreditnehmerin oder der Kreditnehmer kann den Kredit ohne Kündigung jederzeit ganz oder teilweise zurückzahlen. 5 ...92 6 Zur Rückzahlung fällige Kredite oder Rückzahlungsraten, die ausstehen, sind zu 5 Prozent zu verzinsen. 8. Kapitel: Schlussbestimmungen 1. Abschnitt: Vollzug Art. 65 Vollzug durch den Bund (Art. 49 WaG) 1 Das UVEK wird zur selbständigen Erledigung der Geschäfte aus dem Vollzug des WaG ermächtigt. 2 Wenden Bundesbehörden andere Bundesgesetze oder völkerrechtliche Verein- barungen oder Beschlüsse an, die Gegenstände dieser Verordnung betreffen, so voll- ziehen sie dabei auch diese Verordnung. Für die Mitwirkung des BAFU und der 92 Aufgehoben durch Ziff. I 21 der V vom 7. Nov. 2007 über die Neugestaltung des Finanz- ausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen, mit Wirkung seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5823). Waldverordnung 27 921.01 Kantone gilt Artikel 49 Absatz 2 WaG; gesetzliche Geheimhaltungspflichten bleiben vorbehalten.93 Art. 66 Vollzug durch die Kantone (Art. 50 WaG) 1 Die Kantone erlassen die Ausführungsbestimmungen zum WaG und zu dieser Ver- ordnung innert fünf Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes. 2 Sie teilen dem BAFU Verfügungen und Entscheide über Rodungen mit.94 Art. 66a95 Geoinformation Das BAFU gibt die minimalen Geodatenmodelle und Darstellungsmodelle für Geobasisdaten nach dieser Verordnung vor, für die es im Anhang 1 der Geoinfor- mationsverordnung vom 21. Mai 200896 als Fachstelle des Bundes bezeichnet ist. 2. Abschnitt: Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts Art. 67 Aufhebung bisherigen Rechts Es werden aufgehoben: a. die Verordnung vom 1. Oktober 196597 betreffend die eidgenössische Ober- aufsicht über die Forstpolizei; b. die Verordnung vom 23. Mai 197398 über die Wählbarkeit höherer Forst- beamter; c. die Verordnung vom 28. November 198899 über ausserordentliche Massnah- men zur Walderhaltung; d. die Artikel 2–5 der Verordnung vom 16. Oktober 1956100 über den forstli- chen Pflanzenschutz; e. den Bundesratsbeschluss vom 16. Oktober 1956101 betreffend Herkunft und Verwendung von forstlichem Saatgut und Forstpflanzen; 93 Eingefügt durch Ziff. II 17 der V vom 2. Febr. 2000 zum BG über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren, in Kraft seit 1. März 2000 (AS 2000 703). 94 Eingefügt durch Ziff. II 17 der V vom 2. Febr. 2000 zum BG über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren, in Kraft seit 1. März 2000 (AS 2000 703). 95 Eingefügt durch Anhang 2 Ziff. 13 der V vom 21. Mai 2008 über Geoinformation, in Kraft seit 1. Juli 2008 (AS 2008 2809). 96 SR 510.620 97 [AS 1965 861, 1971 1192, 1977 2273 Ziff. I 18.1, 1985 670 Ziff. I 3 685 Ziff. I 6 2022] 98 [AS 1973 964, 1987 608 Art. 16 Abs. 1 Bst. e] 99 [AS 1988 2057, 1990 874] 100 [AS 1956 1220, 1959 1626, 1977 2325 Ziff. I 19, 1986 1254 Art. 70 Ziff. 3, 1987 2529, 1989 1124 Art. 2 Ziff. 2, 1992 1749 Ziff. II 4. AS 1993 104 Art. 42 Bst. a] 101 [AS 1956 1227, 1959 1628, 1975 402 Ziff. I 15, 1987 2531] Forstwesen 28 921.01 f. die Verordnung vom 22. Juni 1970102 über Investitionskredite für die Forst- wirtschaft im Berggebiet. Art. 68 Änderung bisherigen Rechts ...103 3. Abschnitt: Inkrafttreten Art. 69 1 Diese Verordnung tritt mit Ausnahme der Artikel 60–64 und 67 Buchstabe f am 1. Januar 1993 in Kraft. 2 Die Artikel 60–64 und 67 Buchstabe f treten am 1. Januar 1994 in Kraft. Übergangsbestimmung der Änderung vom 2. Februar 2000104 Rodungsgesuche für Werke in kantonaler Zuständigkeit, die am 1. Januar 2000 hän- gig sind, werden nach altem Recht beurteilt. Übergangsbestimmung zur Änderung vom 17. August 2016105 1 Anstelle des Kriteriums nach Artikel 40a Absatz 1 kann sich die Höhe der Abgel- tungen an Massnahmen gegen Waldschäden ausserhalb des Schutzwaldes, die vor dem 31. Dezember 2019 durchgeführt werden, nach dem Umfang und der Qualität der Massnahmen richten. 2 Anstelle der Kriterien nach Artikel 43 Absatz 1 Buchstabe j kann sich die Höhe der Finanzhilfen für Erschliessungsanlagen, die vor dem 31. Dezember 2024 angepasst oder wiederinstandgestellt werden, nach dem Umfang und der Qualität der Mass- nahmen richten.106 102 [AS 1970 765, 1978 1819] 103 Die Änd. können unter AS 1992 2538 konsultiert werden. 104 AS 2000 703 105 AS 2016 3215 106 Fassung gemäss Ziff. I 2 der V vom 17. April 2019 über Anpassungen des Verordnungs- rechts an die Weiterentwicklung der Programmvereinbarungen im Umweltbereich für die Programmperiode 2020–2024, in Kraft seit 1. Jan. 2020 (AS 2019 1487). Waldverordnung 29 921.01 Anhang107 107 Aufgehoben durch Ziff. I 21 der V vom 7. Nov. 2007 über die Neugestaltung des Finanz- ausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen, mit Wirkung seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5823). Forstwesen 30 921.01 1. Kapitel: Begriff des Waldes Art. 1 Begriff des Waldes Art. 2 Bestockte Weiden Art. 3 Einrichtungen zur Stauhaltung und Vorgelände 2. Kapitel: Schutz des Waldes vor Eingriffen 1. Abschnitt: Rodung Art. 4 Begriff Art. 5 Rodungsgesuch, öffentliche Auflage Art. 6 Mitwirkung des BAFU und der Kantone Art. 7 Rodungsentscheid Art. 8 Realersatz Art. 8a Gebiete mit zunehmender Waldfläche Art. 9 Schonung von landwirtschaftlichem Kulturland sowie ökologisch oder landschaftlich wertvoller Gebiete Art. 9a Verzicht auf Rodungsersatz Art. 10 Art. 11 Anmerkung im Grundbuch und Meldung 2. Abschnitt: Waldfeststellung Art. 12 Waldfeststellungsverfügung Art. 12a Festlegung statischer Waldgrenzen ausserhalb der Bauzonen 3. Abschnitt: Motorfahrzeugverkehr Art. 13 4. Abschnitt: Bauten und Anlagen im Wald Art. 13a Forstliche Bauten und Anlagen Art. 14 Einbezug der kantonalen Forstbehörde 3. Kapitel: Schutz vor Naturereignissen Art. 15 Grundlagen Art. 16 Frühwarndienste Art. 17 Sicherung von Gefahrengebieten 4. Kapitel: Pflege und Nutzung des Waldes 1. Abschnitt: Bewirtschaftung des Waldes Art. 18 Forstliche Planung Art. 19 Waldbauliche Massnahmen Art. 20 Kahlschlag 2. Abschnitt: Forstliches Vermehrungsgut Art. 21 Gewinnung und Verwendung Art. 22 Ein- und Ausfuhr Art. 23 Betriebsführung Art. 24 Technische Bestimmungen 3. Abschnitt: Verwendung umweltgefährdender Stoffe Art. 25 Art. 26 und 27 4. Abschnitt: Verhütung und Behebung von Waldschäden Art. 28 Grundsätze Art. 29 Verhütung und Behebung von Waldschäden Art. 30 Zuständigkeiten des Bundes 5. Abschnitt: Wildschäden Art. 31 5. Kapitel: Ausbildung und Grundlagen 1. Abschnitt: Grundausbildung und Weiterbildung Art. 32 Theoretische und praktische Aus- und Weiterbildung Art. 33 Forstpersonal Art. 34 Arbeitssicherheit Art. 35 Koordination und Dokumentation 2. Abschnitt: ... Art. 36 und 37 3. Abschnitt: Erhebungen Art. 37a 4. Abschnitt: Holzförderung Art. 37b Absatz und Verwertung von nachhaltig produziertem Holz Art. 37c Verwendung von Holz bei Bauten und Anlagen des Bundes 6. Kapitel: Finanzhilfen (ohne Investitionskredite) und Abgeltungen 1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen Art. 38 Allgemeine Voraussetzung der Bundeshilfe Art. 38a Anrechenbare Kosten 2. Abschnitt: Massnahmen Art. 39 Schutz vor Naturereignissen Art. 40 Schutzwald Art. 40a Massnahmen gegen Waldschäden ausserhalb des Schutzwaldes Art. 40b Abfindung für Kosten Art. 41 Biologische Vielfalt des Waldes Art. 42 Art. 43 Waldbewirtschaftung Art. 44 Förderung der Ausbildung Art. 45 Forschung und Entwicklung 3. Abschnitt: Verfahren bei der Gewährung globaler Abgeltungen oder Finanzhilfen Art. 46 Gesuch Art. 47 Programmvereinbarung Art. 48 Auszahlung Art. 49 Berichterstattung und Kontrolle Art. 50 Mangelhafte Erfüllung und Zweckentfremdung 4. Abschnitt: Verfahren bei der Gewährung von Abgeltungen oder Finanzhilfen im Einzelfall Art. 51 Gesuche Art. 52 Gewährung und Auszahlung der Beiträge Art. 53 Mangelhafte Erfüllung und Zweckentfremdung Art. 54 Berichterstattung und Kontrolle Art. 55–59 7. Kapitel: Investitionskredite Art. 60 Voraussetzungen Art. 61 Bundeskredite Art. 62 Gesuche Art. 63 Höhe und Verzinsung Art. 64 Dauer, Rückzahlung, Rückforderung 8. Kapitel: Schlussbestimmungen 1. Abschnitt: Vollzug Art. 65 Vollzug durch den Bund Art. 66 Vollzug durch die Kantone Art. 66a Geoinformation 2. Abschnitt: Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts Art. 67 Aufhebung bisherigen Rechts Art. 68 Änderung bisherigen Rechts 3. Abschnitt: Inkrafttreten Art. 69 Übergangsbestimmung der Änderung vom 2. Februar 2000 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 17. August 2016 Anhang | mixed |
67340b84-5afe-4556-9f31-6ac660655acd | 921.0 1 Legge federale sulle foreste (Legge forestale, LFo) del 4 ottobre 1991 (Stato 1° gennaio 2022) L’Assemblea federale della Confederazione Svizzera, visti gli articoli 74 capoverso 1, 77 capoversi 2 e 3, 78 capoverso 4 e 95 capoverso 1 della Costituzione federale1;2 visto il messaggio del Consiglio federale del 29 giugno 19883, decreta: Capitolo 1: Disposizioni generali Art. 1 Scopo 1 La presente legge ha lo scopo di: a. garantire la conservazione della foresta nella sua estensione e ripartizione geografica; b. proteggere la foresta come ambiente naturale di vita; c. garantire che la foresta possa svolgere le sue funzioni, in particolare protet- tive, sociali ed economiche (funzioni della foresta); d. promuovere e tutelare l’economia forestale. 2 Deve inoltre contribuire a proteggere la vita umana e beni materiali considerevoli da valanghe, scoscendimenti, erosione e cadute di pietre (catastrofi naturali). Art. 2 Definizione di foresta 1 Si considera foresta ogni superficie coperta da4 alberi o arbusti forestali, che possa svolgere funzioni forestali. L’origine, il genere di sfruttamento e la designazione nel registro fondiario non sono elementi rilevanti al riguardo. 2 Si considerano inoltre foreste: a. i boschi pascolati, i pascoli alberati e le selve; b. le superfici non alberate o improduttive di un fondo forestale quali radure, strade forestali o altre costruzioni e impianti forestali; RU 1992 2521 1 RS 101 2 Nuovo testo giusta l’all. n. 8 della LF del 2 set. 2015, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2015 3631; FF 2009 7425). 3 FF 1988 III 137 4 Testo rettificato dalla Commissione di redazione dell’AF (art. 33 LRC – RU 1974 1051). 921.0 Foreste 2 921.0 c. i fondi gravati dall’obbligo di rimboschimento. 3 Non si considerano foreste i gruppi isolati di alberi e di arbusti, le siepi, i viali, i giardini, i parchi e gli spazi verdi, le colture d’alberi su terreno aperto e destinate allo sfruttamento a breve scadenza come pure alberi ed arbusti su impianti di sbarra- mento o su terreni immediatamente antistanti. 4 Entro i limiti fissati dal Consiglio federale, i Cantoni possono stabilire larghezza, superficie ed età che deve avere un’estensione boschiva spontanea come anche lar- ghezza e superficie che devono avere altre aree boschive per essere considerate foreste. I criteri cantonali non sono tuttavia determinanti se un’area svolge funzioni sociali o protettive particolarmente importanti. Art. 3 Conservazione della foresta L’area forestale non va diminuita. Capitolo 2: Protezione della foresta da interventi nocivi Sezione 1: Dissodamento e accertamento del carattere forestale Art. 4 Definizione del dissodamento Si considera dissodamento ogni cambiamento, durevole o temporaneo, delle finalità del suolo boschivo. Art. 5 Divieto di dissodamento e deroghe 1 I dissodamenti sono vietati. 2 Può essere concessa deroga se il richiedente comprova l’esistenza di gravi motivi preponderanti rispetto all’interesse alla conservazione della foresta, e sono inoltre adempiute le condizioni seguenti: a. l’opera per la quale si richiede il dissodamento è attuabile soltanto nel luogo previsto; b. l’opera soddisfa materialmente alle condizioni della pianificazione del terri- torio; c. il dissodamento non comporta seri pericoli per l’ambiente. 3 Non sono gravi motivi gli interessi finanziari, come un più redditizio sfruttamento del suolo o l’acquisizione di terreno a buon mercato per scopi non forestali. 3bis Quando un’autorità deve decidere in merito all’autorizzazione per la costruzione di impianti per l’impiego di energie rinnovabili e di impianti di trasporto e distribu- zione di energia, nella ponderazione degli interessi l’interesse nazionale alla realiz- zazione di questi progetti è considerato equivalente ad altri interessi nazionali.5 5 Introdotto dal n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). Legge forestale 3 921.0 4 Va tenuto conto della protezione della natura e del paesaggio. 5 I permessi di dissodamento hanno validità limitata. Art. 66 Competenza 1 Le deroghe sono accordate: a. dalle autorità federali, quando decidono sulla costruzione o la modifica di un’opera per cui occorre un dissodamento; b. dalle autorità cantonali, quando decidono sulla costruzione o la modifica di un’opera per cui occorre un dissodamento. 2 Prima di accordare una deroga in materia di dissodamento, l’autorità cantonale consulta l’Ufficio federale dell’ambiente7 (Ufficio federale) se: a. il dissodamento interessa una superficie superiore a 5000 m2; quando per la stessa opera sono presentate più domande di dissodamento, è determinante la superficie totale; b. l’area forestale da dissodare si estende sul territorio di più Cantoni. Art. 78 Rimboschimento compensativo 1 Ogni dissodamento va compensato nella medesima regione in natura e con essenze stanziali. 2 Invece del compenso in natura è possibile adottare provvedimenti equivalenti a favore della protezione della natura e del paesaggio: a. nelle zone con superficie forestale9 in crescita; b. nelle altre zone, in casi eccezionali, per riguardo a terre coltive e a zone di pregio ecologico o paesistico particolare. 3 È possibile rinunciare al rimboschimento compensativo in caso di dissodamento: a. di estensioni boschive cresciute spontaneamente negli ultimi 30 anni, al fine di recuperare terreni agricoli; b. volto a garantire la protezione contro le piene e la rivitalizzazione delle acque; c. per conservare e valorizzare i biotopi secondo gli articoli 18a e 18b capo- verso 1 della legge federale del 1° luglio 196610 sulla protezione della natura e del paesaggio. 6 Nuovo testo giusta il n. I 17 della LF del 18 giu. 1999 sul coordinamento e la semplificazione delle procedure d’approvazione dei piani, in vigore dal 1° gen. 2000 (RU 1999 3071; FF 1998 2029). 7 La designazione dell’unità amministrativa è stata adattata in applicazione dell’art. 16 cpv. 3 dell’O del 17 nov. 2004 sulle pubblicazioni (RU 2004 4937). 8 Nuovo testo giusta il n. I della LF del 16 mar. 2012, in vigore dal 1° lug. 2013 (RU 2013 1981; FF 2011 3955 3985). 9 Rettificato dalla Commissione di redazione dell’AF (art. 58 cpv. 1 LParl – RS 171.10). 10 RS 451 Foreste 4 921.0 4 Se nel corso dei 30 anni successivi il terreno agricolo recuperato secondo il capo- verso 3 lettera a è destinato a un’altra utilizzazione, il rimboschimento compensativo deve essere effettuato a posteriori. Art. 811 Art. 9 Compensazione I Cantoni curano che i vantaggi considerevoli derivanti da permessi di dissoda- mento, non contemplati dall’articolo 5 della legge federale del 22 giugno 197912 sulla pianificazione del territorio (LPT), siano equamente compensati. Art. 10 Accertamento del carattere forestale 1 Chi comprova un interesse degno di protezione può far accertare dal Cantone il carattere forestale di un fondo. 2 Al momento dell’emanazione e dell’adattamento dei piani di utilizzazione ai sensi della LPT13 sulla pianificazione del territorio è ordinato un accertamento del caratte- re forestale: a. laddove le zone edificabili confinano o confineranno in futuro con la foresta; b. laddove, al di fuori delle zone edificabili, il Cantone intende impedire l’avanzamento della foresta.14 3 Se la domanda d’accertamento è in relazione con una domanda di dissodamento, la competenza è regolata dall’articolo 6. L’autorità federale competente decide su richiesta dell’autorità cantonale competente.15 Sezione 2: Foresta e pianificazione del territorio Art. 11 Dissodamento e permesso di costruire 1 Il permesso di dissodare non dispensa dalla domanda d’autorizzazione edilizia pre- vista dalla LPT16. 2 Se un progetto edilizio richiede sia un permesso di dissodamento sia un’autorizza- zione eccezionale per la costruzione fuori della zona edificabile, l’autorizzazione eccezionale può essere rilasciata solo d’intesa con l’autorità competente secondo l’articolo 6 della presente legge. 11 Abrogato dal n. I della LF del 16 mar. 2012, con effetto dal 1° lug. 2013 (RU 2013 1981; FF 2011 3955 3985). 12 RS 700 13 RS 700 14 Nuovo testo giusta il n. I della LF del 16 mar. 2012, in vigore dal 1° lug. 2013 (RU 2013 1981; FF 2011 3955 3985). 15 Per. introdotto dal n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 16 RS 700 Legge forestale 5 921.0 Art. 12 Inclusione della foresta nei piani di utilizzazione L’inclusione di foreste in una zona d’utilizzazione è subordinata a un permesso di dissodamento. Art. 13 Delimitazione tra foreste e zone d’utilizzazione17 1 I margini forestali definiti secondo l’articolo 10 capoverso 2 sono integrati nei piani d’utilizzazione.18 2 I nuovi popolamenti al di fuori di questi margini forestali non sono considerati foreste. 3 I margini forestali possono essere sottoposti a una procedura di accertamento del carattere forestale secondo l’articolo 10 se i piani d’utilizzazione sono adattati e le condizioni reali sono mutate in modo sostanziale.19 Sezione 3: Accesso alla foresta e circolazione in foresta Art. 14 Accessibilità 1 I Cantoni provvedono affinché la foresta sia accessibile al pubblico. 2 Se la conservazione della foresta o altri interessi pubblici, quale segnatamente la protezione di piante e di animali selvatici lo esigono, i Cantoni: a. limitano l’accesso a determinate zone forestali; b. assoggettano ad autorizzazione l’organizzazione di grandi manifestazioni nella foresta. Art. 15 Circolazione di veicoli a motore 1 I veicoli a motore possono circolare in foresta e su strade forestali soltanto a fini forestali. Il Consiglio federale regola le eccezioni per l’esercito e per altri compiti d’interesse pubblico. 2 I Cantoni possono ammettere sulle strade forestali altre categorie d’utenti, purché la conservazione della foresta o altri pubblici interessi non vi si oppongano. 3 I Cantoni provvedono a una segnaletica adeguata e ai controlli necessari. Laddove la segnaletica e i controlli non fossero sufficienti, possono installare barriere. 17 Nuovo testo giusta il n. I della LF del 16 mar. 2012, in vigore dal 1° lug. 2013 (RU 2013 1981; FF 2011 3955 3985). 18 Nuovo testo giusta il n. I della LF del 16 mar. 2012, in vigore dal 1° lug. 2013 (RU 2013 1981; FF 2011 3955 3985). 19 Nuovo testo giusta il n. I della LF del 16 mar. 2012, in vigore dal 1° lug. 2013 (RU 2013 1981; FF 2011 3955 3985). Foreste 6 921.0 Sezione 4: Protezione della foresta da altri interventi nocivi Art. 16 Utilizzazioni nocive 1 Sono vietate le utilizzazioni che, pur non essendo dissodamenti secondo l’arti- colo 4, intralciano o mettono in pericolo le funzioni o la gestione della foresta. I diritti inerenti a tali utilizzazioni vanno riscattati, se necessario mediante esproprio. I Cantoni emanano le disposizioni necessarie. 2 Per gravi motivi le autorità competenti possono autorizzare tali utilizzazioni, subordinandole a oneri e condizioni.20 Art. 17 Distanza dalla foresta 1 Le costruzioni e gli impianti in vicinanza della foresta sono ammissibili soltanto se non ne pregiudicano la conservazione, la cura e l’utilizzazione. 2 I Cantoni prescrivono per costruzioni ed impianti un’adeguata distanza minima dalla foresta, in funzione della situazione di quest’ultima e dell’altezza prevedibile dei suoi alberi. 3 Per gravi motivi le autorità competenti possono autorizzare la riduzione della distanza minima, subordinandola a oneri e condizioni.21 Art. 18 Sostanze pericolose per l’ambiente È vietato l’uso in foresta di sostanze pericolose per l’ambiente. La legislazione sulla protezione dell’ambiente regola le eccezioni. Capitolo 3: Protezione dalle catastrofi naturali Art. 19 Se la protezione della vita umana o di beni materiali considerevoli lo esige, i Cantoni provvedono alla sicurezza delle zone soggette a valanghe, scoscendimento di ter- reno, erosione o cadute di pietre, come pure alle opere forestali per la correzione dei torrenti.22 Per quanto possibile sono utilizzati metodi rispettosi della natura. 20 Nuovo testo giusta il n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 21 Introdotto dal n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 22 Nuovo testo giusta il n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). Legge forestale 7 921.0 Capitolo 4: Cura ed utilizzazione della foresta Sezione 1: Gestione della foresta Art. 20 Principi della gestione 1 La foresta va gestita in modo che possa adempiere le proprie funzioni durevol- mente e senza restrizioni (continuità23). 2 I Cantoni emanano le necessarie prescrizioni di pianificazione e di gestione. Al riguardo tengono conto delle esigenze dell’approvvigionamento di legname, di una selvicoltura naturalistica24 e della protezione della natura e del paesaggio. 3 Se lo stato e la conservazione della foresta lo permettono, segnatamente per ragio- ni di natura ecologica e paesistica si può desistere interamente o in parte dalla manu- tenzione e dallo sfruttamento. 4 Per garantire la conservazione della molteplicità delle specie animali e vegetali, i Cantoni possono circoscrivere riserve forestali di ampiezza adeguata. 5 Se il mantenimento della funzione protettiva lo esige, i Cantoni devono garantire un minimo di cure. Art. 21 Sfruttamento del legno Il taglio d’alberi nella foresta è subordinato all’autorizzazione del servizio forestale. I Cantoni possono prevedere eccezioni. Art. 21a25 Sicurezza sul lavoro Per garantire la sicurezza sul lavoro, i mandatari che svolgono lavori di raccolta del legname nella foresta devono dimostrare che la manodopera impiegata ha seguito un corso riconosciuto dalla Confederazione di sensibilizzazione sui pericoli connessi ai lavori forestali. Art. 22 Divieto di taglio raso 1 Sono vietati i tagli rasi e le forme di sfruttamento d’effetto equivalente. 2 I Cantoni possono accordare eccezioni per particolari misure selvicolturali. Art. 23 Ripopolamento di radure 1 Le radure dovute ad interventi umani o a fenomeni naturali, compromettenti la sta- bilità o la funzione protettiva della foresta, devono essere ripopolate. 2 Se è impossibile il ripopolamento per rigenerazione naturale, si provvede con alberi ed arbusti stanziali. 23 Testo rettificato dalla Commissione di redazione dell’AF (art. 33 LRC – RU 1974 1051). 24 Testo rettificato dalla Commissione di redazione dell’AF (art. 33 LRC – RU 1974 1051). 25 Introdotto dal n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). Foreste 8 921.0 Art. 2426 Materiale di riproduzione forestale 1 Il materiale di riproduzione destinato alle piantagioni forestali deve essere sano ed appropriato al luogo. 2 Il Consiglio federale emana prescrizioni circa la provenienza, l’uso, il commercio e la protezione di tale materiale. Art. 25 Alienazione e spartizione 1 L’alienazione di foresta appartenente a Comuni o a corporazioni e la spartizione di foresta richiedono un’autorizzazione cantonale. Quest’ultima può essere accordata soltanto se le funzioni forestali non ne siano ostacolate. 2 Se l’alienazione o la spartizione sono anche subordinate ad autorizzazioni in virtù della legge federale del 4 ottobre 199127 sul diritto fondiario rurale, i Cantoni prov- vedono a riunire le due procedure e concluderle con decisione unica. Sezione 2: Prevenzione e riparazione dei danni alla foresta Art. 2628 Provvedimenti della Confederazione 1 Il Consiglio federale emana prescrizioni su provvedimenti intesi a prevenire e riparare i danni dovuti a eventi naturali o a organismi nocivi e che possono mettere in grave pericolo la foresta e le sue funzioni. 2 Per la protezione contro gli organismi nocivi può in particolare vietare o limitare l’utilizzazione di determinati organismi, piante e merci e introdurre obblighi di autorizzazione, di notifica, di registrazione e di documentazione. 3 La Confederazione si adopera affinché siano eseguiti provvedimenti al confine e stabilisce e coordina i provvedimenti intercantonali adottati dai Cantoni all’interno del Paese. 4 Gestisce un servizio fitosanitario federale che nel settore della foresta è subordina- to all’Ufficio federale. Art. 27 Provvedimenti dei Cantoni 1 Fatto salvo l’articolo 26, i Cantoni adottano provvedimenti contro le cause e le conseguenze di danni che possono compromettere sostanzialmente la conservazione della foresta e delle sue funzioni. Effettuano in particolare il monitoraggio degli organismi nocivi sul loro territorio.29 26 Testo rettificato dalla Commissione di redazione dell’AF (art. 33 LRC – RU 1974 1051). 27 RS 211.412.11 28 Nuovo testo giusta il n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 29 Nuovo testo giusta il n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). Legge forestale 9 921.0 2 Emanano prescrizioni sulla regolamentazione dell’effettivo della selvaggina per assicurare la conservazione della foresta, in particolare la sua rigenerazione naturale mediante essenze stanziali, senza ricorrere a provvedimenti protettivi. Se queste pre- scrizioni non sono sufficienti, adottano altre misure per prevenire danni da parte della selvaggina. Art. 27a30 Provvedimenti contro gli organismi nocivi 1 Chi utilizza materiale vegetale deve osservare i principi della protezione dei vege- tali. 2 In collaborazione con i Cantoni interessati, la Confederazione stabilisce strategie e direttive concernenti provvedimenti contro gli organismi nocivi che possono mettere in grave pericolo la foresta e le sue funzioni. I provvedimenti devono essere eseguiti in modo tale da consentire di: a. eradicare tempestivamente i nuovi organismi nocivi accertati; b. contenere gli organismi nocivi radicati se l’utilità da attendersi prevale sui costi per combatterli; c. sorvegliare, eradicare o contenere gli organismi nocivi anche al di fuori della superficie forestale al fine di proteggere la foresta. 3 I detentori di alberi, arbusti, altre piante, colture, materiale vegetale, mezzi di produzione e oggetti che sono o potrebbero essere infestati da organismi nocivi o che sono organismi nocivi devono, in collaborazione con le autorità competenti, eseguirne o accettarne la sorveglianza, l’isolamento, il trattamento o la distruzione. Art. 28 Interventi straordinari nel caso di catastrofi forestali Nel caso di catastrofi forestali, l’Assemblea federale può adottare provvedimenti mediante decreto federale di obbligatorietà generale non soggetto a referendum, segnatamente per il mantenimento dell’economia forestale e del legno. Art. 28a31 Provvedimenti per far fronte ai cambiamenti climatici La Confederazione e i Cantoni adottano provvedimenti che sostengono la foresta nella capacità di adempiere le sue funzioni durevolmente anche in condizioni clima- tiche mutate. 30 Introdotto dal n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 31 Introdotto dal n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). Foreste 10 921.0 Capitolo 5: Provvedimenti promozionali Sezione 1: Formazione, consulenza, ricerca e raccolta di dati32 Art. 29 Compiti formativi della Confederazione 1 La Confederazione coordina e promuove la formazione in campo forestale.33 2 In collaborazione con i Cantoni, provvede alla formazione e alla formazione conti- nua sul piano teorico e pratico in campo forestale a livello di scuola universitaria.34 3 ...35 4 La formazione professionale del personale forestale è regolata dalla legislazione federale sulla formazione professionale. Il Consiglio federale stabilisce i settori di formazione del personale forestale nei quali il Dipartimento federale dell’ambiente, dei trasporti, dell’energia e delle comunicazioni esegue questa legislazione.36 Art. 30 Compiti formativi e consultivi dei Cantoni I Cantoni curano la formazione professionale degli operai forestali e la consulenza ai proprietari di foreste. Art. 31 Ricerca e sviluppo 1 La Confederazione può affidare a terzi o sostenere finanziariamente: a. la ricerca in materia forestale; b. lo studio e lo sviluppo di provvedimenti per la protezione della foresta da effetti nocivi; c. lo studio e lo sviluppo di provvedimenti volti a proteggere da catastrofi natu- rali la vita umana e beni materiali considerevoli; d. lo studio e lo sviluppo di provvedimenti volti a migliorare lo smercio e l’uti- lizzazione del legno. 2 Essa può istituire e mantenere centri di ricerca. 32 Nuovo testo giusta il n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 33 Nuovo testo giusta il n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 34 Nuovo testo giusta il n. III della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 35 Abrogato dal n. I della LF del 18 mar. 2016, con effetto dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 36 Nuovo testo giusta l’all. n. II 6 della LF del 13 dic. 2002 sulla formazione professionale, in vigore dal 1° gen. 2004 (RU 2003 4557; FF 2000 4957). Legge forestale 11 921.0 Art. 32 Delega di compiti alle associazioni 1 La Confederazione può affidare ad associazioni d’importanza nazionale compiti interessanti la conservazione della foresta e versar loro, a tale scopo, un aiuto finan- ziario. 2 Può affidare compiti d’importanza particolare per determinate regioni, segnata- mente nelle regioni di montagna, anche ad associazioni cantonali o regionali. Art. 33 Accertamenti 1 La Confederazione provvede ad accertamenti periodici circa l’ubicazione, le fun- zioni e lo stato della foresta, circa la produzione e l’utilizzazione del legno, nonché circa le strutture e la situazione economica delle aziende forestali. I proprietari di foreste e gli organi responsabili di aziende dell’economia forestale o del legno devo- no dare alle autorità le informazioni necessarie e, all’occorrenza, tollerare inchieste. 2 Le persone incaricate di eseguire accertamenti o di valutarne i risultati sono tenute all’osservanza del segreto d’ufficio. Art. 34 Informazione Confederazione e Cantoni provvedono ad informare le autorità e l’opinione pubblica sull’importanza e lo stato della foresta, nonché sull’economia forestale e del legno. Sezione 1a:37 Promozione del legno Art. 34a Vendita e utilizzazione del legno La Confederazione promuove la vendita e l’utilizzazione del legno derivante da produzione sostenibile, in particolare mediante il sostegno di progetti innovativi. Art. 34b Costruzioni e impianti della Confederazione 1 La Confederazione promuove l’utilizzazione del legno derivante da produzione sostenibile, per quanto vi si presti, nella pianificazione, nell’edificazione e nell’eser- cizio delle costruzioni e degli impianti di sua proprietà. 2 Nell’acquisizione di prodotti in legno la Confederazione tiene conto della gestione forestale sostenibile e rispettosa della natura nonché dell’obiettivo di riduzione delle emissioni di gas serra. 37 Introdotta dal n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). Foreste 12 921.0 Sezione 2: Finanziamento Art. 3538 Principi 1 Nei limiti dei crediti stanziati, i contributi di promozione secondo la presente legge sono accordati a condizione che: a. i provvedimenti siano attuati in modo economico e competente; b. i provvedimenti siano valutati insieme a quelli previsti da altre leggi federali, globalmente e tenendo conto delle loro sinergie; c. il beneficiario fornisca una prestazione propria proporzionata alla sua capa- cità economica, allo sforzo che si può ragionevolmente pretendere da lui ed alle altre possibilità finanziarie delle quali potrebbe valersi; d. i terzi usufruttuari o responsabili di danni partecipino al finanziamento; e. le controversie siano composte durevolmente e a vantaggio della conserva- zione della foresta. 2 Il Consiglio federale può prevedere che i contributi siano versati soltanto a desti- natari che partecipano a misure d’autosostegno dell’economia forestale e del legno. Art. 36 Protezione da catastrofi naturali 1 La Confederazione accorda ai Cantoni sulla base di accordi di programma inden- nità globali per provvedimenti intesi a proteggere la vita umana e beni materiali considerevoli contro le catastrofi naturali, segnatamente per:39 a.40 la costruzione, il ripristino e la sostituzione di opere e impianti protettivi; b. la realizzazione di foreste con funzione protettiva particolare, nonché la cura di giovani popolamenti; c. l’istituzione di catasti e di carte dei pericoli, l’allestimento e la gestione di stazioni di misurazione nonché l’organizzazione di servizi di preallarme per garantire la sicurezza di insediamenti e di vie di comunicazione. 2 In casi eccezionali, la Confederazione può accordare, mediante decisione formale, indennità a singoli progetti che richiedono una sua valutazione.41 38 Nuovo testo giusta il n. II 30 della LF del 6 ott. 2006 (Nuova impostazione della perequa- zione finanziaria e della ripartizione dei compiti tra Confederazione e Cantoni), in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5779; FF 2005 5349). 39 Nuovo testo giusta il n. II 30 della LF del 6 ott. 2006 (Nuova impostazione della perequa- zione finanziaria e della ripartizione dei compiti tra Confederazione e Cantoni), in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5779; FF 2005 5349). 40 Nuovo testo giusta il n. II 30 della LF del 6 ott. 2006 (Nuova impostazione della perequa- zione finanziaria e della ripartizione dei compiti tra Confederazione e Cantoni), in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5779; FF 2005 5349). 41 Introdotto dal n. II 30 della LF del 6 ott. 2006 (Nuova impostazione della perequazione finanziaria e della ripartizione dei compiti tra Confederazione e Cantoni), in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5779; FF 2005 5349). Legge forestale 13 921.0 3 L’ammontare delle indennità è determinato in base al pericolo costituito da cata- strofi naturali, nonché ai costi e all’efficacia dei provvedimenti.42 Art. 3743 Foresta di protezione 1 La Confederazione accorda ai Cantoni sulla base di accordi di programma inden- nità globali per provvedimenti necessari per adempiere la funzione protettiva della foresta, segnatamente per: a. la cura della foresta di protezione, incluse la prevenzione e la riparazione di danni che mettono in pericolo la foresta di protezione; b. la garanzia dell’infrastruttura per la cura della foresta di protezione, per quanto essa tenga conto della foresta come ambiente naturale di vita. 1bis In via eccezionale, la Confederazione può accordare, mediante decisione forma- le, indennità a progetti nati in seguito a eventi naturali eccezionali.44 2 L’ammontare delle indennità è determinato in base alla superficie di foresta di pro- tezione da curare, al pericolo da evitare e all’efficacia dei provvedimenti. Art. 37a45 Provvedimenti contro i danni alla foresta al di fuori della foresta di protezione 1 La Confederazione accorda ai Cantoni, sulla base di accordi di programma, inden- nità globali per provvedimenti per la prevenzione e la riparazione dei danni alla foresta al di fuori della foresta di protezione dovuti a eventi naturali o a organismi nocivi. 2 In via eccezionale, la Confederazione può accordare, mediante decisione formale, indennità a progetti che richiedono una valutazione specifica da parte sua. 3 L’ammontare delle indennità è determinato in base al pericolo da prevenire e all’efficacia dei provvedimenti. Art. 37b46 Indennità per costi 1 Ai destinatari di provvedimenti contro gli organismi nocivi di cui all’articolo 27a capoverso 3 può essere versata un’equa indennità per i costi di prevenzione, lotta e ripristino che non sono assunti secondo l’articolo 48a. 42 Introdotto dal n. II 30 della LF del 6 ott. 2006 (Nuova impostazione della perequazione finanziaria e della ripartizione dei compiti tra Confederazione e Cantoni), in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5779; FF 2005 5349). 43 Nuovo testo giusta il n. II 30 della LF del 6 ott. 2006 (Nuova impostazione della perequa- zione finanziaria e della ripartizione dei compiti tra Confederazione e Cantoni), in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5779; FF 2005 5349). 44 Introdotto dal n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 45 Introdotto dal n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 46 Introdotto dal n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). Foreste 14 921.0 2 L’indennità è fissata definitivamente dall’autorità competente secondo una proce- dura quanto più semplice possibile e gratuita per la persona danneggiata. Art. 3847 Diversità biologica della foresta 1 La Confederazione accorda ai Cantoni, sulla base di accordi di programma, aiuti finanziari globali per provvedimenti che contribuiscono a conservare e a migliorare la diversità biologica della foresta, segnatamente per:48 a. la protezione e la manutenzione delle riserve forestali e di altri spazi vitali della foresta importanti dal profilo ecologico; b.49 la promozione della diversità delle specie e della diversità genetica nella foresta; c. il collegamento di spazi vitali della foresta; d. la conservazione di gestioni forestali tradizionali. e.50 ... 2 ... 51 3 L’ammontare degli aiuti finanziari è determinato in base all’importanza dei prov- vedimenti per la diversità biologica e alla loro efficacia. Art. 38a52 Gestione forestale53 1 La Confederazione accorda aiuti finanziari per provvedimenti che migliorano la redditività della gestione forestale sostenibile, segnatamente per:54 a. basi di pianificazione sovraziendali; b. provvedimenti intesi a migliorare le condizioni di gestione delle aziende dell’economia forestale; 47 Nuovo testo giusta il n. II 30 della LF del 6 ott. 2006 (Nuova impostazione della perequa- zione finanziaria e della ripartizione dei compiti tra Confederazione e Cantoni), in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5779; FF 2005 5349). 48 Nuovo testo giusta il n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 49 Nuovo testo giusta il n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 50 Abrogata dal n. I della LF del 18 mar. 2016, con effetto dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 51 Abrogato dal n. I della LF del 18 mar. 2016, con effetto dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 52 Introdotto dal n. II 30 della LF del 6 ott. 2006 (Nuova impostazione della perequazione finanziaria e della ripartizione dei compiti tra Confederazione e Cantoni), in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5779; FF 2005 5349). 53 Nuovo testo giusta il n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 54 Nuovo testo giusta il n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). Legge forestale 15 921.0 c. provvedimenti temporanei relativi alla pubblicità e alla promozione delle vendite presi in comune dall’economia forestale e del legno in caso di sovra- produzione straordinaria; d. il deposito di legname in caso di sovrapproduzione straordinaria; e.55 la promozione della formazione degli operai forestali e la formazione pratica degli operatori forestali a livello di scuola universitaria; f.56 provvedimenti che sostengono la foresta nella sua capacità di adempiere le sue funzioni anche in condizioni climatiche mutate, segnatamente per la cura dei giovani popolamenti e per la produzione di materiale di riproduzione forestale; g.57 l’adeguamento o il ripristino di infrastrutture di allacciamento, sempre che esse siano necessarie per la gestione della foresta nell’ambito di progetti globali, rispettino la foresta come ambiente naturale di vita e che sia evitata una densità di allacciamento eccessiva. 2 La Confederazione accorda gli aiuti finanziari per: a.58 i provvedimenti di cui al capoverso 1 lettere a, b e d−g: come contributi glo- bali in base agli accordi di programma conclusi con i Cantoni; b. i provvedimenti di cui al capoverso 1 lettera c: mediante decisione dell’Uf- ficio federale. 3 L’ammontare degli aiuti finanziari è determinato in base all’efficacia dei provve- dimenti. Art. 39 Formazione professionale 1 La Confederazione versa contributi per la formazione del personale forestale conformemente agli articoli 52–59 della legge federale del 13 dicembre 200259 sulla formazione professionale.60 2 In deroga al capoverso 1, versa aiuti finanziari sino al 50 per cento dei costi speci- fici della professione, segnatamente per la formazione pratica, in loco, del personale forestale e per l’allestimento di materiale didattico.61 55 Introdotta dal n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 56 Introdotta dal n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 57 Introdotta dal n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 58 Nuovo testo giusta il n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 59 RS 412.10 60 Nuovo testo giusta l’all. n. II 6 della LF del 13 dic. 2002 sulla formazione professionale, in vigore dal 1° gen. 2004 (RU 2003 4557; FF 2000 4957). 61 Nuovo testo giusta l’all. n. II 6 della LF del 13 dic. 2002 sulla formazione professionale, in vigore dal 1° gen. 2004 (RU 2003 4557; FF 2000 4957). Foreste 16 921.0 3 ...62 Art. 40 Crediti d’investimento 1 La Confederazione può accordare mutui rimborsabili, senza interesse o a interesse ridotto: a. per crediti di costruzione; b.63 per il finanziamento dei costi residui di provvedimenti sussidiabili secondo gli articoli 36, 37 e 38a capoverso 1 lettera b; c. per l’acquisto di veicoli, macchine e attrezzature forestali, nonché per la costruzione di impianti per l’esercizio forestale. 2 I mutui sono limitati nel tempo. 3 I mutui sono accordati soltanto su proposta del Cantone. Se un debitore disattende l’obbligo del rimborso gli subentra il Cantone. 4 I rimborsi sono impiegati per nuovi investimenti. Art. 4164 Assegnazione dei contributi 1 L’Assemblea federale stanzia di volta in volta mediante decreto federale semplice un credito d’impegno65 quadriennale per l’assegnazione dei contributi e dei mutui. 2 I contributi destinati agli interventi intesi a far fronte a catastrofi naturali straordi- narie sono limitati alla durata del singolo intervento. Sezione 3:66 Altre misure Art. 41a 1 Per promuovere la qualità e lo smercio, il Consiglio federale può emanare norme sulla designazione facoltativa della provenienza dei prodotti forestali e dei loro prodotti trasformati. 2 La registrazione e la protezione delle designazioni, nonché la procedura sono rette dalla legge del 29 aprile 199867 sull’agricoltura. 62 Abrogato dal n. I della LF del 18 mar. 2016, con effetto dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 63 Nuovo testo giusta il n. II 30 della LF del 6 ott. 2006 (Nuova impostazione della perequa- zione finanziaria e della ripartizione dei compiti tra Confederazione e Cantoni), in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5779; FF 2005 5349). 64 Nuovo testo giusta il n. II 30 della LF del 6 ott. 2006 (Nuova impostazione della perequa- zione finanziaria e della ripartizione dei compiti tra Confederazione e Cantoni), in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5779; FF 2005 5349). 65 Nuova espr. giusta l’all. n. 9 della LF del 19 mar. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 662; FF 2020 333). 66 Introdotta dall’all. n. 8 della LF del 2 set. 2015, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2015 3631; FF 2009 7425). 67 RS 910.1 Legge forestale 17 921.0 Capitolo 6: Disposizioni penali Art. 42 Delitti 1 È punito con una pena detentiva sino a un anno o con una pena pecuniaria chiun- que, intenzionalmente:68 a. dissoda senza autorizzazione; b. con indicazioni inveritiere od incomplete, o altrimenti, ottiene per sé o per terzi una prestazione indebita; c. omette o impedisce un rimboschimento prescritto. 2 Se agisce per negligenza, l’autore è punito con la multa sino a 40 000 franchi. Art. 43 Contravvenzioni 1 È punito con una multa sino a 20 000 franchi chiunque intenzionalmente e senza autorizzazione:69 a. distoglie dalle loro finalità costruzioni ed impianti forestali; b. limita l’accessibilità alla foresta; c. non rispetta le limitazioni d’accesso di cui all’articolo 14; d. circola con veicoli a motore in foresta o su strade forestali; e. abbatte alberi in foresta; f. ostacola accertamenti, disattende l’obbligo d’informare dando informazioni inveritiere od incomplete oppure si rifiuta d’informare; g. non rispetta, dentro o fuori la foresta, le prescrizioni sui provvedimenti per la prevenzione e la riparazione di danni alla foresta nonché le misure contro malattie e parassiti che possono costituire una minaccia per la foresta. È fatto salvo l’articolo 233 del Codice penale70; h. non rispetta le prescrizioni sulla provenienza, l’utilizzazione, il commercio e la preservazione di materiale di riproduzione forestale71. Se tale violazione costituisce contemporaneamente un’infrazione alla legislazione doganale, il perseguimento e il giudizio avvengono giusta la legge federale del 1° ottobre 192572 sulle dogane. 68 Nuovo testo giusta l’art. 333 del Codice penale (RS 311.0), nel testo della LF del 13 dic. 2002, in vigore dal 1° gen. 2007 (RU 2006 3459; FF 1999 1669). 69 Nuovo testo giusta l’art. 333 del Codice penale (RS 311.0), nel testo della LF del 13 dic. 2002, in vigore dal 1° gen. 2007 (RU 2006 3459; FF 1999 1669). 70 RS 311.0 71 Testo rettificato dalla Commissione di redazione dell’AF (art. 33 LRC – RU 1974 1051). 72 [CS 6 475; RU 1956 639, 1959 1400 art. 11 n. III, 1973 644, 1974 1857 all. n. 7, 1980 1793 n. I 1, 1992 1670 n. III, 1994 1634 n. I 3, 1995 1816, 1996 3371 all. 2 n. 2, 1997 2465 all. n. 13, 2000 1300 art. 92 1891 n. VI 6, 2002 248 n. I 1 art. 41, 2004 4763 all. n. II 1, 2006 2197 all. n. 50. RU 2007 1411 art. 131 cpv. 1]. Vedi ora la L del 18 mar. 2005 sulle dogane (RS 631.0). Foreste 18 921.0 2 Tentativo e complicità sono punibili. 3 Se agisce per negligenza, l’autore è punito con la multa. 4 I Cantoni possono perseguire come contravvenzioni le infrazioni al diritto canto- nale. Art. 44 Delitti e contravvenzioni commessi nell’azienda Se l’infrazione è commessa nella gestione degli affari di una persona giuridica, di una società di persone, di una ditta individuale o altrimenti nell’esercizio di una cor- porazione o di un istituto di diritto pubblico, si applicano gli articoli 6 e 7 della legge federale del 22 marzo 197473 sul diritto penale amministrativo. Art. 45 Perseguimento penale Il perseguimento penale compete ai Cantoni. Capitolo 7: Procedura ed esecuzione Sezione 1: Procedura Art. 46 Ricorso 1 La procedura di ricorso è retta dalle disposizioni generali sull’amministrazione del- la giustizia federale.74 1bis e 1ter ...75 2 L’Ufficio federale76 ha facoltà di avvalersi delle vie di ricorso previste dal diritto federale o dal diritto cantonale contro decisioni delle autorità cantonali riguardanti l’applicazione della presente legge e le sue disposizioni d’esecuzione. 3 Il diritto di ricorso dei Cantoni, dei Comuni e delle associazioni per la protezione della natura e del paesaggio è retto dagli articoli 12−12g della legge federale del 1° luglio 196677 sulla protezione della natura e del paesaggio.78 Esso concerne anche le decisioni prese in virtù degli articoli 5, 7, 8, 10, 12 e 13 della presente legge. 73 RS 313.0 74 Nuovo testo giusta l’all. n. 127 della L del 17 giu. 2005 sul Tribunale amministrativo federale, in vigore dal 1° gen. 2007 (RU 2006 2197 1069; FF 2001 3764). 75 Introdotti dall’all. n. 9 della LF del 21 mar. 2003 sull’ingegneria genetica (RU 2003 4803; FF 2000 2145). Abrogati dall’all. n. 127 della L del 17 giu. 2005 sul Tribunale ammini- strativo federale, con effetto dal 1° gen. 2007 (RU 2006 2197 1069; FF 2001 3764). 76 Nuova denominazione giusta il n. 17 I della LF del 18 giu. 1999 sul coordinamento e la semplificazione delle procedure d’approvazione dei piani, in vigore dal 1° gen. 2000 (RU 1999 3071; FF 1998 2029). 77 RS 451 78 Nuovo testo giusta il n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). Legge forestale 19 921.0 4 Il Consiglio federale può prevedere nelle disposizioni d’esecuzione una procedura d’opposizione contro le decisioni di prima istanza.79 Art. 47 Validità di autorizzazioni e altre disposizioni Le autorizzazioni e le disposizioni date in virtù della presente legge diventano effi- caci solo dopo essere cresciute in giudicato. È fatto salvo l’articolo 12e della legge federale del 1° luglio 196680 sulla protezione della natura e del paesaggio.81 Art. 48 Espropriazione 1 Se i provvedimenti intesi alla conservazione della foresta o alla costruzione di edi- fici o d’impianti per la protezione contro catastrofi naturali lo esigono, i Cantoni possono riscattare in via d’espropriazione la proprietà fondiaria occorrente ed even- tuali servitù. 2 Nei disposti esecutivi, i Cantoni possono dichiarare applicabile la legge federale del 20 giugno 193082 sull’espropriazione. Nondimeno, sulle opposizioni ancora in sospeso decide il governo cantonale. La legge federale sull’espropriazione è appli- cabile in tutti i casi in cui il bene espropriato si estenda sul territorio di parecchi Cantoni. Art. 48a83 Assunzione dei costi da parte di chi li causa I costi derivanti da provvedimenti che le autorità adottano o ordinano per evitare un pericolo o pregiudizio imminente per la foresta, come pure per accertarlo ed elimi- narlo, sono a carico di chi li ha causati per colpa propria. Sezione 2: Esecuzione Art. 4984 Confederazione 1 La Confederazione vigila sull’esecuzione della presente legge ed esegue i compiti che le sono direttamente affidati dalla legge. 1bis Coordina le sue misure esecutive con quelle dei Cantoni.85 79 Introdotto dal n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 80 RS 451 81 Per. introdotto dal n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 82 RS 711 83 Introdotto dal n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 84 Nuovo testo giusta il n. I 17 della LF del 18 giu. 1999 sul coordinamento e la semplificazione delle procedure d’approvazione dei piani, in vigore dal 1° gen. 2000 (RU 1999 3071; FF 1998 2029). 85 Introdotto dal n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). Foreste 20 921.0 2 L’autorità federale che, in virtù di un’altra legge federale o di un trattato interna- zionale, emana una decisione in applicazione della presente legge consulta previa- mente i Cantoni interessati. L’Ufficio federale e gli altri servizi federali interessati partecipano all’esecuzione conformemente agli articoli 62a e 62b della legge del 21 marzo 199786 sull’organizzazione del Governo e dell’Amministrazione. 3 Il Consiglio federale emana le prescrizioni d’esecuzione. Può delegare al Diparti- mento federale dell’ambiente, dei trasporti, dell’energia e delle comunicazioni, ai suoi servizi o a uffici federali a esso subordinati, il compito di emanare prescrizioni di natura prevalentemente tecnica o amministrativa.87 Art. 50 Cantoni 1 I Cantoni eseguono la presente legge, salvo l’articolo 49. Essi emanano le prescri- zioni necessarie. 2 Nel caso di situazioni contrarie al diritto le autorità cantonali competenti adottano immediatamente provvedimenti per il ripristino della legalità. Esse possono riscuo- tere cauzioni e ordinare l’esecuzione d’ufficio. Art. 50a88 Delega di compiti esecutivi Le autorità esecutive possono incaricare corporazioni di diritto pubblico o privati, contro indennità, di svolgere controlli o di mettere in atto ulteriori misure esecutive Art. 51 Organizzazione forestale 1 I Cantoni provvedono all’organizzazione razionale del servizio forestale. 2 Essi suddividono il loro territorio in circondari e settori forestali. Questi sono diretti da operatori forestali con formazione superiore ed esperienza pratica.89 Art. 52 Riserva d’approvazione La validità delle disposizioni cantonali d’esecuzione relative agli articoli 16 capo- verso 1, 17 capoverso 2 e 20 capoverso 2 sottostanno all’approvazione della Confe- derazione. Art. 53 Obbligo d’informare 1 Tutte le disposizioni d’esecuzione cantonali vanno comunicate all’Ufficio federale prima della loro entrata in vigore. 86 RS 172.010 87 Per. introdotto dal n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 88 Introdotto dal n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). 89 Nuovo testo giusta il n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). Legge forestale 21 921.0 2 Il Dipartimento federale dell’ambiente, dei trasporti, dell’energia e delle comuni- cazioni decide quali decisioni cantonali vanno comunicate all’Ufficio federale. Capitolo 8: Disposizioni finali Art. 54 Diritto previgente: abrogazione Sono abrogati: a. la legge federale dell’11 ottobre 190290 concernente l’alta vigilanza della Confederazione sulla polizia delle foreste; b. la legge federale del 21 marzo 196991 sui crediti forestali d’investimento nel- le regioni di montagna; c. il decreto federale del 21 dicembre 195692 concernente la partecipazione del- la Confederazione alla ricostituzione delle foreste affette dal cancro della corteccia del castagno; d. il decreto federale del 23 giugno 198893 su provvedimenti straordinari di conservazione della foresta. Art. 55 Modificazione del diritto vigente …94 Art. 56 Disposizioni transitorie 1 Le procedure in sospeso all’atto dell’entrata in vigore della presente legge sono rette dalla medesima. L’autorità competente secondo la vecchia legislazione regola le procedure pendenti. 2 I permessi di dissodamento di durata indeterminata decadono dopo due anni dall’entrata in vigore della presente legge. L’autorità competente può, nei singoli casi, concedere proroghe sempreché siano adempiute le condizioni preliminari al disboscamento. La domanda va presentata prima della scadenza del termine di perenzione. È fatto salvo l’adeguamento delle decisioni al nuovo diritto. 3 I mandatari che svolgono lavori di raccolta del legname nella foresta sono esonera- ti per cinque anni dall’entrata in vigore della presente legge dall’obbligo di cui all’articolo 21a di dimostrare che la manodopera impiegata ha seguito un corso riconosciuto dalla Confederazione di sensibilizzazione sui pericoli connessi ai lavori forestali.95 90 [CS 9 529; RU 1954 455 I n. 5, 1956 1311, 1965 321 art. 60, 1969 507, 1971 1191, 1977 2249 n. I 11.11, 1985 660 n. I 23, 1988 1696 art. 7] 91 RU 1970 760 92 [RU 1957 331, 1977 2249 ch. I 11.12] 93 RU 1988 1696 94 Le mod. possono essere consultate alla RU 1992 2521. 95 Introdotto dal n. I della LF del 18 mar. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3207; FF 2014 4237). Foreste 22 921.0 Art. 57 Referendum ed entrata in vigore 1 La presente legge sottostà al referendum facoltativo. 2 Il Consiglio federale ne determina l’entrata in vigore. Data dell’entrata in vigore:96 1° gennaio 1993 Art. 40 e 54 lett. b: 1° gennaio 1994 96 DCF del 30 nov. 1992. Capitolo 1: Disposizioni generali Art. 1 Scopo Art. 2 Definizione di foresta Art. 3 Conservazione della foresta Capitolo 2: Protezione della foresta da interventi nocivi Sezione 1: Dissodamento e accertamento del carattere forestale Art. 4 Definizione del dissodamento Art. 5 Divieto di dissodamento e deroghe Art. 6 Competenza Art. 7 Rimboschimento compensativo Art. 8 Art. 9 Compensazione Art. 10 Accertamento del carattere forestale Sezione 2: Foresta e pianificazione del territorio Art. 11 Dissodamento e permesso di costruire Art. 12 Inclusione della foresta nei piani di utilizzazione Art. 13 Delimitazione tra foreste e zone d’utilizzazione Sezione 3: Accesso alla foresta e circolazione in foresta Art. 14 Accessibilità Art. 15 Circolazione di veicoli a motore Sezione 4: Protezione della foresta da altri interventi nocivi Art. 16 Utilizzazioni nocive Art. 17 Distanza dalla foresta Art. 18 Sostanze pericolose per l’ambiente Capitolo 3: Protezione dalle catastrofi naturali Art. 19 Capitolo 4: Cura ed utilizzazione della foresta Sezione 1: Gestione della foresta Art. 20 Principi della gestione Art. 21 Sfruttamento del legno Art. 21a Sicurezza sul lavoro Art. 22 Divieto di taglio raso Art. 23 Ripopolamento di radure Art. 24 Materiale di riproduzione forestale Art. 25 Alienazione e spartizione Sezione 2: Prevenzione e riparazione dei danni alla foresta Art. 26 Provvedimenti della Confederazione Art. 27 Provvedimenti dei Cantoni Art. 27a Provvedimenti contro gli organismi nocivi Art. 28 Interventi straordinari nel caso di catastrofi forestali Art. 28a Provvedimenti per far fronte ai cambiamenti climatici Capitolo 5: Provvedimenti promozionali Sezione 1: Formazione, consulenza, ricerca e raccolta di dati Art. 29 Compiti formativi della Confederazione Art. 30 Compiti formativi e consultivi dei Cantoni Art. 31 Ricerca e sviluppo Art. 32 Delega di compiti alle associazioni Art. 33 Accertamenti Art. 34 Informazione Sezione 1a: Promozione del legno Art. 34a Vendita e utilizzazione del legno Art. 34b Costruzioni e impianti della Confederazione Sezione 2: Finanziamento Art. 35 Principi Art. 36 Protezione da catastrofi naturali Art. 37 Foresta di protezione Art. 37a Provvedimenti contro i danni alla foresta al di fuori della foresta di protezione Art. 37b Indennità per costi Art. 38 Diversità biologica della foresta Art. 38a Gestione forestale Art. 39 Formazione professionale Art. 40 Crediti d’investimento Art. 41 Assegnazione dei contributi Sezione 3: Altre misure Art. 41a Capitolo 6: Disposizioni penali Art. 42 Delitti Art. 43 Contravvenzioni Art. 44 Delitti e contravvenzioni commessi nell’azienda Art. 45 Perseguimento penale Capitolo 7: Procedura ed esecuzione Sezione 1: Procedura Art. 46 Ricorso Art. 47 Validità di autorizzazioni e altre disposizioni Art. 48 Espropriazione Art. 48a Assunzione dei costi da parte di chi li causa Sezione 2: Esecuzione Art. 49 Confederazione Art. 50 Cantoni Art. 50a Delega di compiti esecutivi Art. 51 Organizzazione forestale Art. 52 Riserva d’approvazione Art. 53 Obbligo d’informare Capitolo 8: Disposizioni finali Art. 54 Diritto previgente: abrogazione Art. 55 Modificazione del diritto vigente Art. 56 Disposizioni transitorie Art. 57 Referendum ed entrata in vigore | mixed |
9d892065-4b76-4f06-a9f8-7c8b52938497 | 921.0 1 Loi fédérale sur les forêts* (Loi sur les forêts, LFo) du 4 octobre 1991 (Etat le 1er janvier 2022) L’Assemblée fédérale de la Confédération suisse, vu les art. 74, al. 1, 77, al. 2 et 3, 78, al. 4, et 95, al. 1, de la Constitution1,2 vu le message du Conseil fédéral du 29 juin 19883, arrête: Chapitre 1 Dispositions générales Art. 1 But 1 La présente loi a pour but: a. d’assurer la conservation des forêts dans leur étendue et leur répartition géo- graphique; b. de protéger les forêts en tant que milieu naturel; c. de garantir que les forêts puissent remplir leurs fonctions, notamment leurs fonctions protectrice, sociale et économique (fonctions de la forêt); d. de maintenir et promouvoir l’économie forestière. 2 Elle a en outre pour but de contribuer à protéger la population et les biens d’une valeur notable contre les avalanches, les glissements de terrain, l’érosion et les chu- tes de pierres (catastrophes naturelles). Art. 2 Définition de la forêt 1 Par forêt on entend toutes les surfaces couvertes d’arbres ou d’arbustes forestiers à même d’exercer des fonctions forestières. Leur origine, leur mode d’exploitation et la mention au registre foncier ne sont pas pertinents. 2 Sont assimilés aux forêts: a. les forêts pâturées, les pâturages boisés, les peuplements de noyers et de châ- taigniers; RO 1992 2521 * Les termes désignant des personnes s’appliquent également aux femmes et aux hommes. 1 RS 101 2 Nouvelle teneur selon l’annexe ch. 8 de la LF du 21 juin 2013, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2015 3631; FF 2009 7711). 3 FF 1988 III 157 921.0 Forêts 2 921.0 b. les surfaces non boisées ou improductives d’un bien-fonds forestier, telles que les vides ou les surfaces occupées par des routes forestières ou d’autres constructions ou installations forestières; c. les biens-fonds faisant l’objet d’une obligation de reboiser. 3 Ne sont pas considérés comme forêts les groupes d’arbres ou d’arbustes isolés, les haies, les allées, les jardins, les parcs et les espaces verts, les cultures d’arbres en ter- rain nu destinées à une exploitation à court terme ainsi que les buissons et les arbres situés sur ou à proximité immédiate des installations de barrage. 4 Dans le cadre fixé par le Conseil fédéral, les cantons peuvent préciser la largeur, la surface et l’âge minimaux que doit avoir un peuplement sur une surface conquise par la forêt ainsi que la largeur et la surface minimales que doit avoir un autre peuple- ment pour être considérés comme forêt. Si le peuplement en question exerce une fonction sociale ou protectrice particulièrement importante, les critères cantonaux ne sont pas applicables. Art. 3 Conservation des forêts L’aire forestière ne doit pas être diminuée. Chapitre 2 Protection des forêts contre les atteintes de l’homme Section 1 Défrichement et constatation de la nature forestière Art. 4 Définition du défrichement Par défrichement, on entend tout changement durable ou temporaire de l’affectation du sol forestier. Art. 5 Interdiction de défricher; dérogations 1 Les défrichements sont interdits. 2 Une autorisation peut être accordée à titre exceptionnel au requérant qui démontre que le défrichement répond à des exigences primant l’intérêt à la conservation de la forêt à condition que: a. l’ouvrage pour lequel le défrichement est sollicité ne puisse être réalisé qu’à l’endroit prévu; b. l’ouvrage remplisse, du point de vue matériel, les conditions posées en ma- tière d’aménagement du territoire; c. le défrichement ne présente pas de sérieux dangers pour l’environnement. 3 Ne sont pas considérés comme raisons importantes les motifs financiers, tels que le souhait de tirer du sol le plus gros profit possible ou la volonté de se procurer du ter- rain bon marché à des fins non forestières. 3bis Lorsqu’une autorité doit statuer sur l’autorisation de construire des installations destinées à utiliser les énergies renouvelables ainsi que des installations de transport L sur les forêts 3 921.0 et de distribution d’énergie, l’intérêt national attaché à la réalisation de ces projets doit être considéré comme équivalent à d’autres intérêts nationaux lors de la pesée des intérêts.4 4 Les exigences de la protection de la nature et du paysage doivent être respectées. 5 Les dérogations à l’interdiction de défricher doivent être limitées dans le temps. Art. 65 Compétence 1 Les dérogations sont accordées: a. soit par les autorités fédérales, lorsque la construction ou la transformation d’un ouvrage exigeant un défrichement relève de leur compétence; b. soit par les autorités cantonales, lorsque la construction ou la transformation d’un ouvrage exigeant un défrichement relève de leur compétence 2 Avant que l’autorité cantonale n’accorde une dérogation, elle consulte l’Office fédéral de l’environnement6 (office); a. lorsque la surface excède 5000 m2; si plusieurs demandes de défrichement sont présentées pour le même ouvrage, le total des surfaces à défricher est déterminant; b. lorsque la surface à défricher est située sur le territoire de plusieurs cantons. Art. 77 Compensation du défrichement 1 Tout défrichement doit être compensé en nature dans la même région, avec des essences adaptées à la station. 2 Au lieu de fournir une compensation en nature, il est possible de prendre des mesures équivalentes en faveur de la protection de la nature et du paysage: a. dans les régions où la surface forestière augmente; b. dans les autres régions, à titre exceptionnel, si cela permet d’épargner des terres agricoles ou des zones d’une grande valeur écologique ou paysagère. 3 Il est possible de renoncer à la compensation du défrichement: a. pour récupérer des terres agricoles sur des surfaces conquises par la forêt au cours des 30 dernières années; b.8 pour assurer la protection contre les crues et la revitalisation des eaux; 4 Introduit par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 5 Nouvelle teneur selon le ch. I 17 de la LF du 18 juin 1999 sur la coordination et la simpli- fication des procédures de décision, en vigueur depuis le 1er janv. 2000 (RO 1999 3071; FF 1998 2221). 6 La désignation de l’unité administrative a été adaptée en application de l’art. 16 al. 3 de l’O du 17 nov. 2004 sur les publications officielles (RO 2004 4937). 7 Nouvelle teneur selon le ch. I de la LF du 16 mars 2012, en vigueur depuis le 1er juil. 2013 (RO 2013 1981; FF 2011 4085 4115). 8 Nouvelle teneur selon le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). Forêts 4 921.0 c. pour préserver et valoriser des biotopes selon les art. 18a et 18b, al. 1, de la loi fédérale du 1er juillet 1966 sur la protection de la nature et du paysage9. 4 Si des terres agricoles récupérées au sens de l’al. 3, let. a, sont affectées dans les 30 ans qui suivent à une autre utilisation, la compensation du défrichement doit être effectuée ultérieurement. Art. 810 Art. 9 Compensation Les cantons veillent à ce que les avantages considérables résultant de l’octroi d’auto- risations de défrichement, qui ne sont pas traités selon l’art. 5 de la loi fédérale du 22 juin 1979 sur l’aménagement du territoire11 soient équitablement compensés. Art. 10 Constatation de la nature forestière 1 Quiconque prouve un intérêt digne d’être protégé peut demander au canton de décider si un bien-fonds doit être considéré comme forêt ou non. 2 Lors de l’édiction et de la révision des plans d’affectation au sens de la loi fédérale du 22 juin 1979 sur l’aménagement du territoire12, une constatation de la nature forestière doit être ordonnée: a. là où des zones à bâtir confinent ou confineront à la forêt; b. là où, en dehors des zones à bâtir, le canton veut empêcher une croissance de la surface forestière.13 3 Lorsqu’une telle demande est liée à une demande de défrichement, la compétence est réglée à l’art. 6. L’autorité fédérale compétente décide sur demande de l’autorité cantonale compétente.14 Section 2 Forêts et aménagement du territoire Art. 11 Défrichement et autorisation de construire 1 L’autorisation de défricher ne dispense pas son titulaire de demander l’autorisation de construire prévue par la loi fédérale du 22 juin 1979 sur l’aménagement du terri- toire15. 9 RS 451 10 Abrogé par le ch. I de la LF du 16 mars 2012, avec effet au 1er juil. 2013 (RO 2013 1981; FF 2011 4085 4115). 11 RS 700 12 RS 700 13 Nouvelle teneur selon le ch. I de la LF du 16 mars 2012, en vigueur depuis le 1er juil. 2013 (RO 2013 1981; FF 2011 4085 4115). 14 Phrase introduite par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 15 RS 700 L sur les forêts 5 921.0 2 Lorsqu’un projet de construction exige aussi bien une autorisation de défrichement qu’une autorisation exceptionnelle de construire en dehors de la zone à bâtir, cette dernière ne peut être octroyée que d’entente avec l’autorité compétente selon l’art. 6. Art. 12 Insertion des forêts dans les plans d’affectation L’insertion de forêts dans une zone d’affectation est subordonnée à une autorisation de défricher. Art. 13 Délimitation des forêts par rapport aux zones d’affectation16 1 Les limites des bien-fonds dont la nature forestière a été constatée conformément à l’art. 10, al. 2, sont fixées dans les plans d’affectation.17 2 Les nouveaux peuplements à l’extérieur de ces limites de forêts ne sont pas consi- dérés comme forêt. 3 Les limites de forêts peuvent être réexaminées dans le cadre d’une procédure en constatation de la nature forestière conformément à l’art. 10 lorsque les plans d’affectation sont révisés et que les conditions effectives se sont sensiblement modi- fiées.18 Section 3 Accès aux forêts et circulation en forêt Art. 14 Accès 1 Les cantons veillent à ce que les forêts soient accessibles au public. 2 Si la conservation des forêts ou un autre intérêt public l’exigent, par exemple la protection des plantes ou d’animaux sauvages, les cantons doivent: a. limiter l’accès à certaines zones forestières; b. soumettre à autorisation l’organisation de grandes manifestations en forêt. Art. 15 Circulation des véhicules à moteur 1 Les véhicules à moteur ne sont autorisés à circuler en forêt et sur des routes fores- tières que pour accomplir les activités de gestion forestière. Le Conseil fédéral règle les exceptions nécessaires pour l’armée et pour l’accomplissement d’autres tâches d’intérêt public. 2 Les cantons peuvent admettre d’autres catégories d’usagers sur les routes forestiè- res pour autant que la conservation des forêts ne s’en trouve pas menacée et qu’une telle décision ne soit pas contraire à l’intérêt public. 16 Nouvelle teneur selon le ch. I de la LF du 16 mars 2012, en vigueur depuis le 1er juil. 2013 (RO 2013 1981; FF 2011 4085 4115). 17 Nouvelle teneur selon le ch. I de la LF du 16 mars 2012, en vigueur depuis le 1er juil. 2013 (RO 2013 1981; FF 2011 4085 4115). 18 Nouvelle teneur selon le ch. I de la LF du 16 mars 2012, en vigueur depuis le 1er juil. 2013 (RO 2013 1981; FF 2011 4085 4115). Forêts 6 921.0 3 Les cantons pourvoient à la signalisation et aux contrôles nécessaires. Là où la signalisation et les contrôles ne suffisent pas, il est possible d’installer des barrières. Section 4 Protection des forêts contre d’autres atteintes Art. 16 Exploitations préjudiciables 1 Les exploitations qui ne constituent pas un défrichement au sens de l’art. 4, mais qui compromettent ou perturbent les fonctions ou la gestion de la forêt sont inter- dites. Les droits sur de telles exploitations doivent être rachetés, si nécessaire par voie d’expropriation. Les cantons édictent les dispositions nécessaires. 2 Si des raisons importantes le justifient, les autorités compétentes peuvent autoriser de telles exploitations en imposant des conditions et des charges.19 Art. 17 Distance par rapport à la forêt 1 Les constructions et installations à proximité de la forêt peuvent être autorisées uniquement si elles n’en compromettent ni la conservation, ni le traitement, ni l’ex- ploitation. 2 Les cantons fixent la distance minimale appropriée qui doit séparer les construc- tions et les installations de la lisière de la forêt. Cette distance est déterminée compte tenu de la situation et de la hauteur prévisible du peuplement. 3 Si des raisons importantes le justifient, les autorités compétentes peuvent autoriser une distance plus courte en imposant des conditions et des charges.20 Art. 18 Substances dangereuses pour l’environnement L’utilisation en forêt de substances dangereuses pour l’environnement est interdite. Les exceptions sont réglées dans la législation fédérale en matière de protection de l’environnement. Chapitre 3 Protection contre les catastrophes naturelles Art. 19 Là où la protection de la population ou des biens d’une valeur notable l’exige, les cantons doivent assurer la sécurité des zones d’avalanches, de glissements de terrain, d’érosion et de chutes de pierres et veiller à l’endiguement forestier des torrents.21 Des méthodes aussi respectueuses que possible de la nature doivent être utilisées. 19 Nouvelle teneur selon le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 20 Introduit par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 21 Nouvelle teneur selon le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). L sur les forêts 7 921.0 Chapitre 4 Entretien et exploitation des forêts Section 1 Gestion des forêts Art. 20 Principes de gestion 1 Les forêts doivent être gérées de manière que leurs fonctions soient pleinement et durablement garanties (rendement soutenu). 2 Les cantons édictent les prescriptions nécessaires en matière d’aménagement et de gestion, en tenant compte des exigences de l’approvisionnement en bois, d’une sylviculture proche de la nature et de la protection de la nature et du paysage. 3 Dans la mesure où l’état et la conservation des forêts le permettent, il est possible de renoncer entièrement ou en partie à leur entretien et à leur exploitation, notam- ment pour des raisons écologiques et paysagères. 4 Les cantons peuvent délimiter des réserves forestières de surface suffisante pour assurer la conservation de la diversité des espèces animales et végétales. 5 Là où la sauvegarde de la fonction protectrice l’exige, les cantons doivent garantir des soins minimums. Art. 21 Exploitation du bois Tout abattage d’arbres en forêt est soumis à l’autorisation du service forestier. Les cantons peuvent prévoir des exceptions. Art. 21a22 Sécurité au travail Aux fins de garantir la sécurité au travail, les mandataires doivent justifier que les personnes qui exécutent les travaux de récolte du bois en forêt ont suivi un cours de sensibilisation aux dangers des travaux forestiers reconnu par la Confédération. Art. 22 Interdiction des coupes rases 1 Les coupes rases et toutes les formes d’exploitation dont les effets peuvent être assimilés à ceux des coupes rases sont inadmissibles. 2 Les cantons peuvent les autoriser à titre exceptionnel pour permettre l’exécution de travaux sylvicoles particuliers. Art. 23 Reboisement de vides 1 S’ils compromettent la stabilité ou la fonction protectrice des forêts, les vides qui ont été occasionnés par des atteintes de l’homme ou de la nature doivent être reboi- sés. 22 Introduit par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). Forêts 8 921.0 2 Lorsque le reboisement ne peut pas être assuré par régénération naturelle, des arbres et des buissons adaptés à la station doivent être plantés. Art. 24 Plants et semences d’essences forestières 1 Les plants et semences utilisés pour les plantations forestières doivent être sains et adaptés à la station. 2 Le Conseil fédéral édicte des prescriptions sur la provenance, l’utilisation, le com- merce et la sauvegarde des plants et semences d’essences forestières. Art. 25 Vente et partage 1 La vente de forêts appartenant à des communes ou à d’autres collectivités publi- ques ainsi que le partage de forêts sont soumis à une autorisation cantonale. Celle-ci peut être accordée uniquement à la condition que l’opération ne porte pas atteinte aux fonctions de la forêt en cause. 2 Lorsque la vente ou le partage sont aussi soumis à autorisation en vertu de la loi fédérale du 4 octobre 1991 sur le droit foncier rural23, les cantons veillent à ce que les procédures d’autorisation soient réunies et aboutissent à une seule décision. Section 2 Prévention et réparation des dégâts aux forêts Art. 2624 Mesures de la Confédération 1 Le Conseil fédéral édicte des prescriptions sur les mesures visant à prévenir et à réparer les dégâts qui sont causés par des événements naturels ou des organismes nuisibles et qui peuvent mettre gravement en danger les fonctions de la forêt. 2 Il peut en particulier, pour protéger la forêt contre les organismes nuisibles, inter- dire ou limiter l’utilisation de certains organismes, plantes ou marchandises et intro- duire un régime d’autorisation, de déclaration, d’enregistrement et de documenta- tion. 3 La Confédération pourvoit aux mesures aux frontières nationales, et à la définition et à la coordination de mesures supracantonales des cantons à l’intérieur du pays. 4 Elle gère un service phytosanitaire fédéral dont les activités concernant les forêts sont subordonnées à l’office. Art. 27 Mesures des cantons 1 Sous réserve de l’art. 26, les cantons prennent des mesures destinées à prévenir et à réparer les dégâts qui peuvent compromettre gravement la conservation des forêts et 23 RS 211.412.11 24 Nouvelle teneur selon le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). L sur les forêts 9 921.0 leurs fonctions. Ils surveillent en particulier les organismes nuisibles sur leur terri- toire.25 2 Ils édictent des prescriptions visant à prévenir une prolifération nuisible du gibier; ces prescriptions doivent permettre de garantir la conservation des forêts, en parti- culier leur régénération naturelle par des essences adaptées à la station, sans qu’il soit nécessaire de prendre des mesures pour protéger les arbres. Lorsque cela n’est pas possible, les cantons prennent des mesures pour éviter les dommages causés par le gibier. Art. 27a26 Mesures à prendre face aux organismes nuisibles 1 Toute personne qui utilise du matériel végétal doit respecter les principes régissant la protection des végétaux. 2 La Confédération fixe, en collaboration avec les cantons concernés, des stratégies et des directives concernant les mesures à prendre face aux organismes nuisibles qui peuvent mettre gravement en danger les fonctions de la forêt. Ces mesures doivent être conçues de sorte que: a. les nouveaux organismes nuisibles détectés soient éliminés en temps utile; b. les organismes nuisibles établis soient confinés si l’utilité qu’on peut at- tendre de cette mesure l’emporte sur les coûts de la lutte contre ces orga- nismes; c. les organismes nuisibles soient surveillés, éliminés ou confinés également hors de l’aire forestière aux fins de protéger la forêt. 3 Les détenteurs d’arbres, de buissons, d’autres plantes, de cultures, de matériel végétal, d’agents de production ou d’objets qui sont ou pourraient être contaminés par des organismes nuisibles ou sont des organismes nuisibles, doivent procéder à la surveillance, à l’isolement, au traitement ou à la destruction en collaboration avec les autorités compétentes, ou tolérer ces mesures. Art. 28 Mesures extraordinaires en cas de catastrophe forestière En cas de catastrophe forestière, l’Assemblée fédérale peut prendre des mesures par arrêté fédéral de portée générale non sujet au référendum, en particulier pour sauve- garder l’économie forestière et l’industrie du bois. Art. 28a27 Mesures à prendre face aux changements climatiques La Confédération et les cantons prennent les mesures qui permettent à la forêt de remplir ses fonctions durablement, même dans un contexte de changements clima- tiques. 25 Nouvelle teneur selon le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 26 Introduit par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 27 Introduit par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). Forêts 10 921.0 Chapitre 5 Mesures d’encouragement Section 1 Formation, vulgarisation, recherche, collecte de données28 Art. 29 Tâches de la Confédération dans le domaine de la formation29 1 La Confédération coordonne et encourage la formation dans le domaine forestier.30 2 Elle veille, en collaboration avec les cantons, à la formation initiale et continue, aussi bien théorique que pratique, dans le domaine forestier au niveau des hautes écoles.31 3 …32 4 La formation professionnelle du personnel forestier est régie par la législation fédé- rale en matière de formation professionnelle. Le Conseil fédéral détermine les do- maines de la formation du personnel forestier pour lesquels l’exécution de cette légi- slation incombe au Département fédéral de l’environnement, des transports, de l’énergie et de la communication (DETEC).33 Art. 30 Tâches des cantons dans les domaines de la formation professionnelle et de la vulgarisation Les cantons veillent à la formation professionnelle des ouvriers forestiers et s’occu- pent de la vulgarisation à l’intention des propriétaires de forêts. Art. 31 Recherche 1 La Confédération peut confier à des tiers ou soutenir par des aides financières: a. la recherche sur les forêts; b. l’étude et la mise au point de mesures visant à protéger les forêts contre les atteintes de toutes sortes; c. l’étude et la mise au point de mesures visant à protéger la population et les biens d’une valeur notable contre les catastrophes naturelles; d. l’étude et le développement de procédés permettant d’améliorer la commer- cialisation et l’utilisation du bois. 2 Elle peut créer des centres de recherche et en financer l’exploitation. 28 Nouvelle teneur selon le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 29 Nouvelle teneur selon le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 30 Nouvelle teneur selon le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 31 Nouvelle teneur selon le ch. III de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 32 Abrogé par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, avec effet au 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 33 Nouvelle teneur selon l’annexe ch. II 6 de la LF du 13 déc. 2002 sur la formation profes- sionnelle, en vigueur depuis le 1er janv. 2004 (RO 2003 4557). L sur les forêts 11 921.0 Art. 32 Délégation de tâches aux associations 1 La Confédération peut confier à des associations d’importance nationale des tâches en rapport avec la conservation des forêts et leur allouer des aides financières à cet effet. 2 Elle peut également confier des tâches particulièrement importantes pour certaines régions à des associations cantonales ou régionales, notamment dans les régions de montagne. Art. 33 Relevés 1 La Confédération fait exécuter des relevés périodiques sur les stations forestières, les fonctions et l’état des forêts, sur la production et l’utilisation du bois ainsi que sur les structures et la situation économique des entreprises forestières. Les proprié- taires de forêt ainsi que les organes responsables des entreprises de l’économie fo- restière et de l’industrie du bois sont tenus de fournir aux autorités les renseigne- ments nécessaires et, au besoin, de tolérer des enquêtes. 2 Les personnes chargées de la réalisation des enquêtes ou de l’interprétation des résultats sont tenues au secret de fonction. Art. 34 Information La Confédération et les cantons veillent à ce que les autorités et la population soient informées sur le rôle et sur l’état des forêts ainsi que sur l’économie forestière et l’industrie du bois. Section 1a34 Promotion du bois Art. 34a Vente et valorisation du bois La Confédération encourage la vente et la valorisation du bois produit selon les principes du développement durable, en particulier en soutenant des projets inno- vants. Art. 34b Construction et installations de la Confédération 1 La Confédération encourage, dans la mesure où elle s’y prête, l’utilisation du bois produit selon les principes du développement durable lors de la planification, de la construction et de l’exploitation de ses propres bâtiments ou installations. 2 Lors de l’acquisition de produits en bois, elle tient compte d’une gestion forestière durable et proche de la nature ainsi que du but de réduction des émissions de gaz à effet de serre. 34 Introduite par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). Forêts 12 921.0 Section 2 Financement Art. 3535 Principes 1 Les subventions d’encouragement au sens de la présente loi sont allouées dans les limites des crédits accordés et aux conditions suivantes: a. les mesures doivent être exécutées de manière économique et profession- nelle; b. les mesures sont appréciées dans leur ensemble et dans leur action conjointe par rapport aux autres dispositions fédérales pertinentes; c. le bénéficiaire fournit une prestation propre adaptée à ses moyens, aux ef- forts personnels qu’on est en droit d’attendre de lui ainsi qu’aux autres sources de financement dont il pourrait disposer; d. les tiers, qu’ils soient usufruitiers ou responsables de dégâts, participent au financement; e. les litiges éventuels ont été réglés durablement et de manière à assurer la conservation des forêts. 2 Le Conseil fédéral peut prévoir que des subventions ne soient accordées qu’à des bénéficiaires participant à des mesures d’entraide de l’économie forestière et de l’industrie du bois. Art. 36 Protection contre les catastrophes naturelles 1 La Confédération alloue aux cantons, sur la base de conventions-programmes, des indemnités globales pour les mesures destinées à protéger la population et les biens d’une valeur notable contre les catastrophes naturelles, notamment:36 a.37 la construction, la remise en état et le remplacement d’ouvrages et d’instal- lations de protection; b. la création et le traitement de jeunes peuplements ayant une fonction protec- trice particulière; c. l’établissement de cadastres et de cartes des dangers, l’aménagement et l’ex- ploitation de stations de mesures ainsi que la mise sur pied de services d’alerte, pour assurer la sécurité des agglomérations et des voies de commu- nication. 35 Nouvelle teneur selon le ch. II 30 de la LF du 6 oct. 2006 sur la réforme de la péréquation financière et de la répartition des tâches entre la Confédération et les cantons (RPT), en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5779; FF 2005 5641). 36 Nouvelle teneur selon le ch. II 30 de la LF du 6 oct. 2006 sur la réforme de la péréquation financière et de la répartition des tâches entre la Confédération et les cantons (RPT), en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5779; FF 2005 5641). 37 Nouvelle teneur selon le ch. II 30 de la LF du 6 oct. 2006 sur la réforme de la péréquation financière et de la répartition des tâches entre la Confédération et les cantons (RPT), en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5779; FF 2005 5641). L sur les forêts 13 921.0 2 Exceptionnellement, elle peut allouer par voie de décision des indemnités pour des projets impliquant une évaluation individuelle de sa part.38 3 Le montant des indemnités dépend de la mise en danger par des catastrophes naturelles, ainsi que du coût et de l’efficacité des mesures.39 Art. 3740 Forêts protectrices 1 La Confédération alloue aux cantons, sur la base de conventions-programmes, des indemnités globales pour les mesures nécessaires afin que les forêts protectrices puissent remplir leur fonction, notamment: a. l’entretien des forêts protectrices, y compris la prévention et la réparation des dégâts qui les menacent; b. la garantie des infrastructures servant à l’entretien des forêts protectrices, pour autant qu’elles respectent la forêt en tant que biocénose naturelle. 1bis Exceptionnellement, elle peut, par voie de décision, allouer des indemnités pour des projets qui ont été lancés à la suite d'événements naturels extraordinaires.41 2 Le montant des indemnités dépend de l’aire des forêts protectrices à entretenir, du danger à prévenir et de l’efficacité des mesures. Art. 37a42 Mesures contre les dégâts aux forêts hors forêts protectrices 1 La Confédération alloue aux cantons, sur la base de conventions-programmes, des indemnités globales pour les mesures de prévention et de réparation des dégâts aux forêts hors forêts protectrices causés par des événements naturels ou par des orga- nismes nuisibles. 2 Exceptionnellement, elle peut, par voie de décision, allouer des indemnités pour des projets qui impliquent une évaluation au, cas par cas, par la Confédération. 3 Le montant des indemnités dépend des dangers à prévenir et de l’efficacité des mesures. 38 Introduit par le ch. II 30 de la LF du 6 oct. 2006 sur la réforme de la péréquation finan- cière et de la répartition des tâches entre la Confédération et les cantons (RPT), en vi- gueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5779; FF 2005 5641). 39 Introduit par le ch. II 30 de la LF du 6 oct. 2006 sur la réforme de la péréquation finan- cière et de la répartition des tâches entre la Confédération et les cantons (RPT), en vi- gueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5779; FF 2005 5641). 40 Nouvelle teneur selon le ch. II 30 de la LF du 6 oct. 2006 sur la réforme de la péréquation financière et de la répartition des tâches entre la Confédération et les cantons (RPT), en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5779; FF 2005 5641). 41 Introduit par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 42 Introduit par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). Forêts 14 921.0 Art. 37b43 Indemnisation des frais 1 Les destinataires des mesures de lutte contre les organismes nuisibles visées à l’art. 27a, al. 3, peuvent recevoir une indemnisation équitable des frais de préven- tion, de lutte et de remise en état qui ne sont pas pris en charge conformément à l’art. 48a. 2 L’indemnisation est fixée de manière définitive par l’autorité compétente selon une procédure aussi simple que possible et sans frais pour les personnes lésées. Art. 3844 Diversité biologique de la forêt 1 La Confédération alloue aux cantons, sur la base de conventions-programmes, des aides financières globales pour les mesures destinées au maintien et à l’amélioration de la diversité biologique de la forêt, notamment pour:45 a. la protection et l’entretien des réserves forestières et d’autres espaces fores- tiers précieux sur le plan écologique; b.46 les mesures d’encouragement de la diversité des espèces et de la diversité génétique en forêt; c. la connexion des espaces forestiers; d. le maintien des modes traditionnels de gestion forestière; e.47 … 2 …48 3 Le montant des aides financières dépend de l’importance des mesures pour la diversité biologique et de l’efficacité des mesures. Art. 38a49 Gestion des forêts 1 La Confédération alloue des aides financières pour des mesures qui améliorent la rentabilité de la gestion des forêts selon les principes du développement durable, notamment pour:50 43 Introduit par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 44 Nouvelle teneur selon le ch. II 30 de la LF du 6 oct. 2006 sur la réforme de la péréquation financière et de la répartition des tâches entre la Confédération et les cantons (RPT), en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5779; FF 2005 5641). 45 Nouvelle teneur selon le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 46 Nouvelle teneur selon le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 47 Abrogée par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, avec effet au 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 48 Abrogé par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, avec effet au 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 49 Introduit par le ch. II 30 de la LF du 6 oct. 2006 sur la réforme de la péréquation finan- cière et de la répartition des tâches entre la Confédération et les cantons (RPT), en vi- gueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5779; FF 2005 5641). 50 Nouvelle teneur selon le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). L sur les forêts 15 921.0 a. les bases de planification concernant plusieurs entreprises; b. les mesures d’amélioration des conditions de gestion des exploitations fores- tières; c. les mesures temporaires de publicité et de promotion des ventes prises en commun par l’économie forestière et l’industrie du bois en cas de surproduc- tion exceptionnelle; d. l’entreposage de bois en cas de surproduction exceptionnelle; e.51 l’encouragement de la formation des ouvriers forestiers et la formation pra- tique des spécialistes forestiers des hautes écoles; f.52 les mesures qui aident la forêt à remplir ses fonctions même dans un con- texte de changements climatiques, notamment pour les soins aux jeunes peuplements et la production de plants et de semences d’essences fores- tières; g.53 l’adaptation ou la remise en état d’équipements de desserte pour autant qu’ils soient indispensables à la gestion de la forêt dans le cadre de concepts généraux, qu’ils respectent la forêt en tant que milieu naturel et que tout su- réquipement en matière de desserte soit évité. 2 Les aides financières sont allouées: a.54 pour les mesures visées à l’al. 1, let. a, b et d à g: sous la forme de contri- butions globales sur la base de conventions-programmes conclues avec les cantons; b. pour les mesures visées à l’al.1, let. c: par décision de l’office. 3 Le montant des aides financières dépend de l’efficacité des mesures. Art. 39 Formation professionnelle 1 La Confédération encourage la formation du personnel forestier en allouant des contributions en vertu des art. 52 à 59 de la loi fédérale du 13 décembre 2002 sur la formation professionnelle55.56 2 En dérogation à l’al. 1, elle alloue des aides financières jusqu’à concurrence de 50 % des autres dépenses spécifiques de la formation, notamment des fonds affectés 51 Introduite par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 52 Introduite par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 53 Introduite par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 54 Nouvelle teneur selon le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 55 RS 412.10 56 Nouvelle teneur selon l’annexe ch. II 6 de la LF du 13 déc. 2002 sur la formation profes- sionnelle, en vigueur depuis le 1er janv. 2004 (RO 2003 4557). Forêts 16 921.0 à la formation pratique du personnel forestier sur le terrain et à l’élaboration du matériel pédagogique destiné au personnel forestier.57 3 …58 Art. 40 Crédits d’investissement 1 La Confédération peut consentir des prêts remboursables, sans intérêt ou à intérêt réduit: a. pour des crédits de construction; b.59 pour le financement du solde des frais occasionnés par exécution de mesures subventionnables en vertu des art. 36, 37 et 38a, al. 1, let. b; c. pour l’acquisition de véhicules, de machines et d’outillage forestiers ainsi que pour la construction d’installations destinées à l’exploitation forestière. 2 Les prêts sont de durée limitée. 3 Ils ne sont consentis que sur proposition du canton. Si un débiteur ne s’acquitte pas de son obligation de rembourser, le canton doit effectuer le remboursement à sa place. 4 Les sommes provenant de remboursements seront affectées à de nouveaux inves- tissements. Art. 4160 Mise à disposition des subventions 1 L’Assemblée fédérale vote tous les quatre ans, par voie d’arrêté fédéral simple, un crédit d’engagement61 pour l’octroi des subventions et des prêts. 2 Si les subventions relèvent de l’aide en cas d’événements naturels exceptionnels, la durée de validité est calculée à partir du moment où les mesures correspondantes sont prises. 57 Nouvelle teneur selon l’annexe ch. II 6 de la LF du 13 déc. 2002 sur la formation profes- sionnelle, en vigueur depuis le 1er janv. 2004 (RO 2003 4557). 58 Abrogé par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, avec effet au 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 59 Nouvelle teneur selon le ch. II 30 de la LF du 6 oct. 2006 sur la réforme de la péréquation financière et de la répartition des tâches entre la Confédération et les cantons (RPT), en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5779; FF 2005 5641). 60 Nouvelle teneur selon le ch. II 30 de la LF du 6 oct. 2006 sur la réforme de la péréquation financière et de la répartition des tâches entre la Confédération et les cantons (RPT), en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5779; FF 2005 5641). 61 Nouvelle expression selon l’annexe ch. 9 de la LF du 19 mars 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 662; FF 2020 339). L sur les forêts 17 921.0 Section 362 Autres mesures Art. 41a 1 Le Conseil fédéral peut édicter des prescriptions sur la désignation facultative indiquant l’origine des produits sylvicoles et des produits sylvicoles transformés, pour en promouvoir la qualité et l’écoulement. 2 La procédure d’enregistrement et la protection des appellations sont régies par la loi du 29 avril 1998 sur l’agriculture63. Chapitre 6 Dispositions pénales Art. 42 Délits 1 La personne qui intentionnellement: a. défriche sans autorisation; b. obtient, pour lui-même ou pour un tiers, une prestation à laquelle il n’a pas droit en fournissant des indications fausses ou incomplètes ou de toute autre manière; c. omet ou empêche l’exécution d’un reboisement prescrit, est punie d’une peine privative de liberté d'un an au plus ou d’une peine pécu- niaire.64 2 Si le délinquant agit par négligence, il est passible d’une amende de 40 000 francs au plus. Art. 43 Contraventions 1 La personne qui intentionnellement et sans autorisation: a. désaffecte des constructions ou des installations forestières; b. limite l’accès à une forêt; c. ne respecte pas les limitations d’accès selon l’art. 14; d. circule en forêt ou sur des routes forestières avec des véhicules à moteur; e. abat des arbres en forêt; f. entrave l’établissement des faits ou contrevient à l’obligation d’informer en donnant des indications fausses ou incomplètes, ou refuse de donner des ren- seignements; 62 Introduite par l’annexe ch. 8 de la LF du 21 juin 2013, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2015 3631; FF 2009 7711). 63 RS 910.1 64 Nouvelle teneur du par. selon l’art. 333 du CP (RS 311.0), dans la teneur de la LF du 13 déc. 2002, en vigueur depuis le 1er janv. 2007 (RO 2006 3459). Forêts 18 921.0 g. ne respecte pas, à l’intérieur ou à l’extérieur de la forêt, les prescriptions sur les mesures de prévention et de réparation des dégâts aux forêts ainsi que les mesures contre les maladies et les parasites, qui peuvent constituer une me- nace pour les forêts; l’art. 233 du code pénal suisse65 est réservé; h. ne respecte pas les prescriptions sur la provenance, l’utilisation, le com- merce et la sauvegarde des plants et semences d’essences forestières. Lors- qu’une telle infraction constitue en même temps une infraction à la législa- tion douanière, elle sera poursuivie et jugée conformément à la loi fédérale du 1er octobre 1925 sur les douanes66 est passible d’une amende de 20 000 francs au plus.67 2 La tentative et la complicité sont punissables. 3 Si le contrevenant agit par négligence, il est passible de l’amende. 4 Les cantons peuvent considérer les infractions au droit cantonal comme des con- traventions. Art. 44 Contraventions et délits commis par des entreprises commerciales Si une contravention ou un délit est commis dans le cadre de la gestion d’une per- sonne morale, d’une société de personnes, d’une entreprise individuelle ou dans le cadre de la gestion d’une collectivité ou d’un établissement de droit public, les art. 6 et 7 de la loi fédérale du 22 mars 1974 sur le droit pénal administratif68 sont appli- cables. Art. 45 Poursuite pénale La poursuite pénale est du ressort des cantons. Chapitre 7 Procédure et exécution Section 1 Procédure Art. 46 Voies de recours 1 La procédure de recours est régie par les dispositions générales de la procédure fédérale.69 65 RS 311.0 66 [RS 6 469; RO 1956 635, 1959 1397 art. 11 ch. III, 1973 644, 1974 1857 annexe ch. 7, 1980 1793 ch. I 1, 1992 1670 ch. III, 1994 1634 ch. I 3, 1995 1816, 1996 3371 annexe 2 ch. 2, 1997 2465 appendice ch. 13, 2000 1300 art. 92 1891 ch. VI 6, 2002 248 ch. I 1 art. 41, 2004 4763 annexe ch. II 1, 2006 2197 annexe ch. 50. RO 2007 1411 art. 131 al. 1]. Voir actuellement la LF du 18 mars 2005 sur les douanes (RS 631.0). 67 Nouvelle teneur du par. selon l’art. 333 du CP (RS 311.0), dans la teneur de la LF du 13 déc. 2002, en vigueur depuis le 1er janv. 2007 (RO 2006 3459). 68 RS 313.0 69 Nouvelle teneur selon l’annexe ch. 127 de la L du 17 juin 2005 sur le TAF, en vigueur depuis le 1er janv. 2007 (RO 2006 2197 1069; FF 2001 4000). L sur les forêts 19 921.0 1bis et 1ter …70 2 L’office71 a qualité pour exercer les recours prévus par le droit fédéral ou par le droit cantonal pour contester les décisions prises par des autorités cantonales en ce qui concerne l’application de la présente loi et de ses dispositions d’exécution. 3 Le droit de recours des cantons, des communes et des associations pour la protec- tion de la nature et du paysage est régi par les art. 12 à 12g de la loi fédérale du 1er juillet 1966 sur la protection de la nature et du paysage72.73 Il porte aussi sur les décisions prises en vertu des art. 5, 7, 8, 10, 12 et 13 de la présente loi. 4 Le Conseil fédéral peut prévoir une procédure d’opposition aux décisions de pre- mière instance dans ses dispositions d'exécution.74 Art. 47 Validité des autorisations et autres décisions Les autorisations délivrées et les autres décisions prises sur la base de la présente loi ne prennent effet que lorsqu’elles sont entrées en force. L’art. 12e de la loi fédérale du 1er juillet 1966 sur la protection de la nature et du paysage75 est réservé.76 Art. 48 Expropriation 1 Lorsque les cantons ont besoin d’un bien-fonds pour assurer la conservation de forêts ou pour construire des ouvrages ou installations de protection contre les catas- trophes naturelles, ils peuvent obtenir ce bien-fonds et, le cas échéant, les servitudes nécessaires par voie d’expropriation. 2 Dans leurs dispositions d’exécution, les cantons peuvent déclarer applicable la loi fédérale du 20 juin 1930 sur l’expropriation77; les recours en suspens restent cepen- dant du ressort du gouvernement cantonal. La loi fédérale sur l’expropriation est applicable dans tous les cas où l’objet de l’expropriation s’étend sur le territoire de plusieurs cantons. 70 Introduits par l’annexe ch. 9 de la LF du 21 mars 2003 sur le génie génétique (RO 2003 4803; FF 2000 2283). Abrogés par l’annexe ch. 127 de la L du 17 juin 2005 sur le TAF, avec effet au 1er janv. 2007 (RO 2006 2197 1069; FF 2001 4000). 71 Nouvelle expression selon le ch. I 17 de la LF du 18 juin 1999 sur la coordination et la simplification des procédures de décision, en vigueur depuis le 1er janv. 2000 (RO 1999 3071; FF 1998 2221). 72 RS 451 73 Nouvelle teneur selon le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 74 Introduit par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 75 RS 451 76 Phrase introduite par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 77 RS 711 Forêts 20 921.0 Art. 48a78 Prise en charge des frais par le responsable Les frais des mesures prises ou ordonnées par les autorités pour défendre la forêt contre une atteinte ou un danger imminents, et pour en faire le constat et procéder aux réparations, sont à la charge de celui qui en est la cause par son comportement fautif. Section 2 Exécution Art. 4979 Confédération 1 La Confédération veille à l’exécution de la présente loi et accomplit les tâches qui lui sont directement attribuées par celle-ci. 1bis Elle coordonne ses mesures d’exécution avec celles des cantons.80 2 Avant de rendre une décision en application de la présente loi, sur la base d’une autre loi fédérale ou d’un traité international, l’autorité fédérale consulte les cantons concernés. L’office et les autres services fédéraux concernés collaborent à l’exé- cution conformément aux art. 62a et 62b de la loi fédérale du 21 mars 1997 sur l’organisation du gouvernement et de l’administration81. 3 Le Conseil fédéral édicte les dispositions d’exécution. Il peut déléguer l’édiction de prescriptions de nature principalement technique ou administrative au DETEC ou à ses services ainsi qu’aux offices fédéraux subordonnés.82 Art. 50 Cantons 1 Les cantons exécutent la présente loi sous réserve de l’art. 49. Ils édictent les dispositions nécessaires. 2 En présence d’une situation contraire au droit, les autorités cantonales compétentes prennent immédiatement les mesures nécessaires à la restauration de l’état légal. Elles sont habilitées à percevoir des cautions et à ordonner l’exécution d’office. 78 Introduit par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 79 Nouvelle teneur selon le ch. I 17 de la LF du 18 juin 1999 sur la coordination et la simpli- fication des procédures de décision, en vigueur depuis le 1er janv. 2000 (RO 1999 3071; FF 1998 2221). 80 Introduit par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 81 RS 172.010 82 Phrase introduite par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). L sur les forêts 21 921.0 Art. 50a83 Externalisation de tâches d’exécution Les autorités d’exécution peuvent charger des collectivités de droit public ou des particuliers de procéder contre rémunération à des contrôles ou à d’autres mesures d’exécution. Art. 51 Organisation forestière 1 Les cantons veillent à ce que le service forestier soit organisé de façon judicieuse. 2 Ils divisent leur territoire en arrondissements forestiers et en triages forestiers. Les arrondissements forestiers et les triages forestiers sont dirigés par des spécialistes forestiers au bénéfice d’une formation supérieure et d’une expérience pratique.84 Art. 52 Approbation des dispositions d’exécution cantonales Pour être valables, les dispositions d’exécution cantonales relatives aux art. 16, al. 1, 17, al. 2, et 20, al. 2, doivent avoir été approuvées par la Confédération. Art. 53 Communication obligatoire 1 Toutes les dispositions d’exécution cantonales doivent avoir été communiquées à l’office avant leur entrée en vigueur. 2 Le DETEC décide quels prononcés et décisions cantonaux doivent être communi- qués à l’office. Chapitre 8 Dispositions finales Art. 54 Abrogation du droit en vigueur Sont abrogés: a. la loi fédérale du 11 octobre 1902 concernant la haute surveillance de la Confédération sur la police des forêts85; b. la loi fédérale du 21 mars 1969 concernant des crédits d’investissement pour l’économie forestière en montagne86; c. l’arrêté fédéral du 21 décembre 1956 concernant la participation de la Con- fédération à la reconstitution des forêts atteintes par le chancre de l’écorce du châtaignier87; 83 Introduit par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 84 Nouvelle teneur selon le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 85 [RS 9 511; RO 1954 573 ch. I 5, 1956 1297, 1965 321 art. 60, 1969 509, 1971 1191, 1977 2249 ch. I 11.11, 1985 660 ch. I 23, 1988 1696 art. 7] 86 [RO 1970 760] 87 [RO 1957 317, 1977 2249 ch. I 11.12] Forêts 22 921.0 d. l’arrêté fédéral du 23 juin 1988 sur des mesures extraordinaires pour la con- servation de la forêt88. Art. 55 Modification du droit en vigueur …89 Art. 56 Dispositions transitoires 1 Les procédures pendantes lors de l’entrée en vigueur de la présente loi sont régies par le nouveau droit. C’est toutefois l’autorité compétente en vertu de l’ancien droit qui continuera de traiter l’affaire. 2 Les autorisations de défrichement de durée indéterminée sont frappées de péremp- tion deux ans après l’entrée en vigueur de la présente loi. Le cas échéant, un délai supplémentaire peut être fixé par les autorités compétentes en matière d’autorisation, pour autant que les conditions préalables à un défrichement soient remplies. La demande doit être présentée avant l’échéance du délai de péremption. L’adaptation des décisions au nouveau droit est réservée. 3 Les mandataires qui exécutent des travaux de récolte de bois en forêt sont exemp- tés pendant 5 ans à compter de l’entrée en vigueur de la présente loi de l’obligation de justifier que les personnes engagées ont suivi un cours de sensibilisation aux dangers des travaux forestiers reconnu par la Confédération, selon l’article 21a.90 Art. 57 Référendum et entrée en vigueur 1 La présente loi est sujette au référendum facultatif. 2 Le Conseil fédéral fixe la date de l’entrée en vigueur. Date de l’entrée en vigueur91: 1er janvier 1993 Art. 40 let. b: 1er janvier 1994 88 [RO 1988 1696] 89 Les mod. peuvent être consultées au RO 1992 2521. 90 Introduit par le ch. I de la LF du 18 mars 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3207; FF 2014 4775). 91 ACF du 30 nov. 1992 Chapitre 1 Dispositions générales Art. 1 But Art. 2 Définition de la forêt Art. 3 Conservation des forêts Chapitre 2 Protection des forêts contre les atteintes de l’homme Section 1 Défrichement et constatation de la nature forestière Art. 4 Définition du défrichement Art. 5 Interdiction de défricher; dérogations Art. 6 Compétence Art. 7 Compensation du défrichement Art. 8 Art. 9 Compensation Art. 10 Constatation de la nature forestière Section 2 Forêts et aménagement du territoire Art. 11 Défrichement et autorisation de construire Art. 12 Insertion des forêts dans les plans d’affectation Art. 13 Délimitation des forêts par rapport aux zones d’affectation Section 3 Accès aux forêts et circulation en forêt Art. 14 Accès Art. 15 Circulation des véhicules à moteur Section 4 Protection des forêts contre d’autres atteintes Art. 16 Exploitations préjudiciables Art. 17 Distance par rapport à la forêt Art. 18 Substances dangereuses pour l’environnement Chapitre 3 Protection contre les catastrophes naturelles Art. 19 Chapitre 4 Entretien et exploitation des forêts Section 1 Gestion des forêts Art. 20 Principes de gestion Art. 21 Exploitation du bois Art. 21a Sécurité au travail Art. 22 Interdiction des coupes rases Art. 23 Reboisement de vides Art. 24 Plants et semences d’essences forestières Art. 25 Vente et partage Section 2 Prévention et réparation des dégâts aux forêts Art. 26 Mesures de la Confédération Art. 27 Mesures des cantons Art. 27a Mesures à prendre face aux organismes nuisibles Art. 28 Mesures extraordinaires en cas de catastrophe forestière Art. 28a Mesures à prendre face aux changements climatiques Chapitre 5 Mesures d’encouragement Section 1 Formation, vulgarisation, recherche, collecte de données Art. 29 Tâches de la Confédération dans le domaine de la formation Art. 30 Tâches des cantons dans les domaines de la formation professionnelle et de la vulgarisation Art. 31 Recherche Art. 32 Délégation de tâches aux associations Art. 33 Relevés Art. 34 Information Section 1a Promotion du bois Art. 34a Vente et valorisation du bois Art. 34b Construction et installations de la Confédération Section 2 Financement Art. 35 Principes Art. 36 Protection contre les catastrophes naturelles Art. 37 Forêts protectrices Art. 37a Mesures contre les dégâts aux forêts hors forêts protectrices Art. 37b Indemnisation des frais Art. 38 Diversité biologique de la forêt Art. 38a Gestion des forêts Art. 39 Formation professionnelle Art. 40 Crédits d’investissement Art. 41 Mise à disposition des subventions Section 3 Autres mesures Art. 41a Chapitre 6 Dispositions pénales Art. 42 Délits Art. 43 Contraventions Art. 44 Contraventions et délits commis par des entreprises commerciales Art. 45 Poursuite pénale Chapitre 7 Procédure et exécution Section 1 Procédure Art. 46 Voies de recours Art. 47 Validité des autorisations et autres décisions Art. 48 Expropriation Art. 48a Prise en charge des frais par le responsable Section 2 Exécution Art. 49 Confédération Art. 50 Cantons Art. 50a Externalisation de tâches d’exécution Art. 51 Organisation forestière Art. 52 Approbation des dispositions d’exécution cantonales Art. 53 Communication obligatoire Chapitre 8 Dispositions finales Art. 54 Abrogation du droit en vigueur Art. 55 Modification du droit en vigueur Art. 56 Dispositions transitoires Art. 57 Référendum et entrée en vigueur | mixed |
eaac80c8-fc67-4a39-a1e5-45eefd913716 | 921.01 1 Ordonnance sur les forêts (OFo) du 30 novembre 1992 (Etat le 1er juillet 2021) Le Conseil fédéral suisse, vu l’art. 49 de la loi du 4 octobre 1991 sur les forêts (LFo)1, vu l’art. 29 de la loi du 7 octobre 1983 sur la protection de l’environnement2, arrête: Chapitre 1 Définition de la forêt Art. 1 Définition de la forêt (art. 2, al. 43) 1 Les cantons précisent les valeurs requises pour qu’une surface boisée soit reconnue comme forêt, dans les limites suivantes: a. surface comprenant une lisière appropriée: 200 à 800 m2; b. largeur comprenant une lisière appropriée: 10 à 12 m; c. âge du peuplement sur une surface conquise par la forêt: 10 à 20 ans. 2 Si le peuplement exerce une fonction sociale ou protectrice particulièrement impor- tante, il doit être considéré comme forêt, indépendamment de sa surface, de sa lar- geur ou de son âge. Art. 2 Pâturages boisés (art. 2, al. 2) Les pâturages boisés sont des surfaces sur lesquelles alternent, en forme de mosaï- que, des peuplements boisés et des pâturages sans couvert et qui servent aussi bien à la production animale qu’à l’économie forestière. Art. 3 Installations de barrage et terrain devant la digue (art. 2, al. 3) 1 Les installations de barrage sont des ouvrages qui empêchent l’écoulement naturel de l’eau et provoquent un exhaussement du plan d’eau. RO 1992 2538 1 RS 921.0 2 RS 814.01 3 Les indications qui suivent les titres des chapitres et des articles sont des références aux articles de la L sur les forêts. 921.01 Forêts 2 921.01 2 On entend par terrain à proximité immédiate des installations de barrage, le terrain qui se trouve immédiatement contre le pied aval des barrages. Il comprend, en règle générale, une bande de 10 m de largeur. Chapitre 2 Protection des forêts contre les atteintes Section 1 Défrichement Art. 4 Définition (art. 4 et 12) Ne sont pas considérées comme défrichement: a. l’affectation du sol forestier à des constructions et installations forestières, de même qu’à des petites constructions et installations non forestières; b. l’attribution de forêt à une zone de protection au sens de l’art. 17 de la loi fédérale du 22 juin 1979 sur l’aménagement du territoire (LAT)4, si le but de la protection est compatible avec la conservation de la forêt. Art. 55 Autorisation de défrichement, dépôt public 1 La demande de défrichement doit être présentée à l’autorité unique de la Confédé- ration compétente pour autoriser l’ouvrage ou, si l’ouvrage relève de la compétence des cantons, à l’autorité compétente en vertu du droit cantonal. 2 L’autorité publie la demande et dépose le dossier publiquement. 3 L’Office fédéral de l’environnement6 (OFEV7) édicte des directives concernant le contenu d’une demande de défrichement. Art. 68 Collaboration de l’OFEV et des cantons 1 Lorsque la Confédération est compétente pour autoriser le défrichement, la collabo- ration de l’OFEV et des cantons est régie par l’art. 49, al. 2, LFo. Les cantons sou- tiennent les autorités fédérales dans l’établissement des faits. 2 Pour calculer la surface déterminant l’obligation de consulter l’OFEV (art. 6, al. 2, LFo), il faut additionner tous les défrichements: 4 RS 700 5 Nouvelle teneur selon le ch. II 17 de l’O du 2 fév. 2000 (Coordination et simplification des procédures de décision), en vigueur depuis le 1er mars 2000 (RO 2000 703). 6 La désignation de l’unité administrative a été adaptée en application de l’art. 16 al. 3 de l’O du 17 nov. 2004 sur les publications officielles (RO 2004 4937). 7 Nouvelle expression selon le ch. I 5 de l’O du 28 janv. 2015 sur les adaptations d’O dans le domaine de l’environnement, liées en particulier aux conventions-programmes à con- clure pour la période allant de 2016 à 2019, en vigueur depuis le 1er janv. 2016 (RO 2015 427). Il a été tenu compte de cette mod. dans tout le texte. 8 Nouvelle teneur selon le ch. II 17 de l’O du 2 fév. 2000 (Coordination et simplification des procédures de décision), en vigueur depuis le 1er mars 2000 (RO 2000 703). Forêts. O 3 921.01 a. faisant l’objet de la demande; b. exécutés pour le même ouvrage au cours des quinze années précédant la demande ou qui bénéficient encore d’une autorisation. Art. 7 Décision de défrichement 1 La décision de défrichement précise: a. les surfaces des défrichements autorisés et refusés, ainsi que les immeubles touchés, avec indication de leurs coordonnées; b. le genre et l’ampleur de la compensation du défrichement, ainsi que les immeubles touchés, avec indication de leurs coordonnées; c. les délais pour faire usage de l’autorisation de défrichement et pour remplir les obligations y relatives, en particulier celles concernant la compensation du défrichement; d. les oppositions non liquidées; e. d’autres conditions et obligations le cas échéant. 2 L’OFEV tient une statistique des défrichements autorisés par la Confédération et par les cantons. Les cantons mettent à la disposition de l’OFEV les données néces- saires.9 Art. 8 Compensation en nature (art. 7, al. 1)10 1 La compensation en nature est fournie, lorsqu’une forêt de même étendue est créée dans une station offrant des conditions qualitatives similaires à celles de la surface défrichée. 2 Elle inclut la mise à disposition du terrain, la plantation ainsi que toutes les mesures nécessaires au maintien durable de la surface de compensation. 3 Des surfaces conquises par la forêt et des surfaces reboisées volontairement peu- vent être admises comme compensation en nature si elles ne sont pas encore forêts. Art. 8a11 Régions où la surface forestière augmente (art. 7, al. 2, let. a) Les cantons désignent les régions où la surface forestière augmente, après avoir consulté l’OFEV. La délimitation de ces régions s’appuie sur les relevés de la Con- fédération et des cantons, suit en principe les limites des unités topographiques et tient compte de l’utilisation du sol et des constructions existantes. 9 Introduit par le ch. II 17 de l’O du 2 fév. 2000 (Coordination et simplification des procé- dures de décision), en vigueur depuis le 1er mars 2000 (RO 2000 703). 10 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 14 juin 2013, en vigueur depuis le 1er juil. 2013 (RO 2013 1983). 11 Introduit par le ch. I de l’O du 14 juin 2013, en vigueur depuis le 1er juil. 2013 (RO 2013 1983). Forêts 4 921.01 Art. 9 Préservation des terres agricoles et des zones d’une grande valeur écologique ou paysagère12 (art. 7, al. 2, let. b) 1 Il est possible de renoncer à la compensation en nature en particulier sur des sur- faces d’assolement.13 2 Sont de grande valeur écologique en particulier: a. les biotopes au sens de l’art. 18, al. 1, de la loi fédérale du 1er juillet 1966 sur la protection de la nature et du paysage (LPN)14; b. les territoires qui sont désignés comme zones de protection naturelle au sens de l’art. 17 LAT15. 3 Sont de grande valeur paysagère en particulier: a. les objets qualifiés d’importance nationale selon l’ordonnance du 10 août 1977 concernant l’inventaire fédéral des paysages, sites et monuments natu- rels (OIFP)16; b. les sites marécageux d’une beauté particulière et d’importance nationale au sens de l’art. 24sexies, al. 5, de la constitution17; c. les territoires considérés comme zones de protection paysagère au sens de l’art. 17 LAT. Art. 9a18 Renonciation à la compensation du défrichement (art. 7, al. 3, let. b) Dans des projets de protection contre les crues ou de revitalisation des eaux, il est possible de renoncer à la compensation du défrichement, en particulier sur des sur- faces qui ne peuvent plus être reboisées. Art. 1019 Art. 11 Mention au registre foncier et information 1 Sur demande de l’autorité compétente selon l’art. 6, al. 1, LFo, il doit être mention- né au registre foncier l’obligation:20 12 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 14 juin 2013, en vigueur depuis le 1er juil. 2013 (RO 2013 1983). 13 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 14 juin 2013, en vigueur depuis le 1er juil. 2013 (RO 2013 1983). 14 RS 451 15 RS 700 16 [RO 1977 1962, 1983 1942, 1996 3264, 1998 788, 2010 1593 annexe ch. 2. RO 2017 2815 art. 11]. Voir actuellement l’O du 29 mars 2017 (RS 451.11). 17 [RS 1 3; RO 1988 352]. Voir actuellement l’art. 78, al. 5 de la Cst. du 18 avril 1999 (RS 101). 18 Introduit par le ch. I de l’O du 14 juin 2013, en vigueur depuis le 1er juil. 2013 (RO 2013 1983). 19 Abrogé par le ch. I de l’O du 14 juin 2013, avec effet au 1er juil. 2013 (RO 2013 1983). Forêts. O 5 921.01 a. de fournir une compensation en nature ou de prendre des mesures en faveur de la protection de la nature et du paysage; b. de fournir une compensation ultérieurement en cas de changement de l’utili- sation au sens de l’art. 7, al. 4, LFo.21 2 Les cantons surveillent l’exécution de toutes les mesures de compensation et infor- ment l’OFEV de la réception des travaux. Section 2 Constatation de la nature forestière22 Art. 12 Décision de constatation de la nature forestière23 (art. 10, al. 1) 1 La décision de constatation de la nature forestière indique si une surface boisée ou non boisée est considérée comme forêt et en donne les coordonnées. 2 Elle indique sur un plan la situation et les dimensions de la forêt ainsi que la situa- tion des immeubles touchés. Art. 12a24 Détermination de limites forestières statiques en dehors des zones à bâtir (art. 10, al. 2, let. b) Les régions où le canton veut empêcher une croissance de la surface forestière doi- vent être désignées dans le plan directeur cantonal. Section 3 Circulation des véhicules à moteur (art. 15, al. 1) Art. 13 1 Les véhicules à moteur peuvent utiliser les routes forestières dans les buts suivants: a. sauvetage; b. contrôle policier; c. exercices militaires; d. mesures de protection contre les catastrophes naturelles; 20 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). 21 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 14 juin 2013, en vigueur depuis le 1er juil. 2013 (RO 2013 1983). 22 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 14 juin 2013, en vigueur depuis le 1er juil. 2013 (RO 2013 1983). 23 Introduit par le ch. I de l’O du 14 juin 2013, en vigueur depuis le 1er juil. 2013 (RO 2013 1983). 24 Introduit par le ch. I de l’O du 14 juin 2013, en vigueur depuis le 1er juil. 2013 (RO 2013 1983). Forêts 6 921.01 e.25 entretien du réseau de lignes des fournisseurs de services de télécommunica- tions. 2 Les véhicules à moteur ne peuvent circuler en forêt hors des routes forestières que si c’est indispensable pour remplir un des buts visés à l’al. 1. 3 Les manifestations organisées avec des véhicules à moteur sont interdites en forêt et sur les routes forestières. Section 4 Constructions et installations en forêt26 Art. 13a27 Constructions et installations forestières (art. 2, al. 2, let. b, et 11, al. 1) 1 Une construction ou installation forestière, telle que entrepôt forestier, dépôt de bois rond, dépôt couvert pour bois d’énergie ou route forestière, peut être créée ou transformée avec l’autorisation de l’autorité compétente, conformément à l’art. 22 LAT28.29 2 L’autorisation est délivrée si: a. la construction ou l’installation sert à la gestion régionale de la forêt; b. sa nécessité est démontrée, le site est approprié et le dimensionnement est adapté aux conditions régionales; et si c. aucun intérêt public prépondérant ne s’y oppose. 3 Le droit fédéral et le droit cantonal peuvent poser d’autres conditions. Art. 14 Consultation de l’autorité forestière cantonale30 (art. 11, al. 1, et 16) 1 Avant de délivrer une autorisation pour des constructions ou installations forestiè- res en forêt, au sens de l’art. 22 LAT31, on entendra l’autorité forestière cantonale compétente. 2 Des autorisations exceptionnelles pour construire en forêt de petites constructions ou installations non forestières, au sens de l’art. 24 LAT, ne peuvent être délivrées qu’en accord avec l’autorité forestière cantonale compétente. 25 Nouvelle teneur selon le ch. II 61 de l’O du 1er déc. 1997, en vigueur depuis le 1er janv. 1998 (RO 1997 2779). 26 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 14 juin 2013, en vigueur depuis le 1er juil. 2013 (RO 2013 1983). 27 Introduit par le ch. I de l’O du 14 juin 2013, en vigueur depuis le 1er juil. 2013 (RO 2013 1983). 28 RS 700 29 Nouvelle teneur selon le ch.I de l’O du 12 mai 2021, en vigueur depuis le 1er juillet 2021 (RO 2021 294). 30 Introduit par le ch. I de l’O du 14 juin 2013, en vigueur depuis le 1er juil. 2013 (RO 2013 1983). 31 RS 700 Forêts. O 7 921.01 Chapitre 3 Protection contre les catastrophes naturelles Art. 15 Documents de base 1 Les cantons établissent les documents de base pour la protection contre les catas- trophes naturelles. Ils: a. dressent des inventaires répertoriant les ouvrages et les installations impor- tants pour la protection contre les catastrophes naturelles (cadastre des ouvrages de protection); b. documentent les sinistres (cadastre des événements) et analysent en cas de besoin les sinistres d’une certaine gravité; c. élaborent des cartes des dangers et des plans d’urgence en cas de sinistre et les tiennent à jour.32 2 Lors de l’établissement des documents de base, les cantons tiennent compte des tra- vaux exécutés par les services spécialisés de la Confédération et de ses directives techniques. 3 Ils tiennent compte des documents de base lors de toute activité ayant des effets sur l’organisation du territoire, en particulier dans l’établissement des plans directeurs et d’affectation. 4 Sur demande, ils mettent les documents de base à la disposition de l’OFEV et les rendent accessibles au public sous une forme adaptée.33 Art. 16 Services d’alerte 1 Dans les endroits où la protection de la population et de valeurs matérielles consi- dérables l’exige, les cantons instituent des services d’alerte. Ils pourvoient à l’aména- gement et à l’exploitation des stations de mesure et des systèmes d’information nécessaires. 2 Lors de la mise sur pied et de l’exploitation des services d’alerte, les cantons tien- nent compte des travaux exécutés par les services spécialisés de la Confédération et de ses directives techniques. 3 Ils veillent à ce que les données des stations de mesure et des systèmes d’information soient mises à la disposition de l’OFEV si celui-ci en fait la demande et soient rendues accessibles au public sous une forme adaptée.34 32 Nouvelle teneur selon le ch. I 5 de l’O du 28 janv. 2015 sur les adaptations d’O dans le domaine de l’environnement, liées en particulier aux conventions-programmes à conclure pour la période allant de 2016 à 2019, en vigueur depuis le 1er janv. 2016 (RO 2015 427). 33 Introduit par le ch. I 21 de l’O du 7 nov. 2007 sur la réforme de la péréquation financière et de la répartition des tâches entre la Confédération et les cantons (RO 2007 5823). Nou- velle teneur selon l’annexe 2 ch. 13 de l’O du 21 mai 2008 sur la géoinformation, en vigueur depuis le 1er juil. 2008 (RO 2008 2809). 34 Introduit par le ch. I 21 de l’O du 7 nov. 2007 sur la réforme de la péréquation financière et de la répartition des tâches entre la Confédération et les cantons (RO 2007 5823). Nou- velle teneur selon l’annexe 2 ch. 13 de l’O du 21 mai 2008 sur la géoinformation, en vigueur depuis le 1er juil. 2008 (RO 2008 2809). Forêts 8 921.01 Art. 17 Sécurité des territoires dangereux (art. 19) 1 La sécurité des territoires dangereux comprend: a. des mesures sylvicoles; b. des constructions pour empêcher les dégâts d’avalanches et exceptionnelle- ment l’aménagement d’installations pour le déclenchement préventif d’ava- lanches; c. des mesures concomitantes dans le lit des torrents, liées à la conservation des forêts (endiguement forestier); d. des travaux contre les glissements de terrain et le ravinement, les drainages nécessaires et la protection contre l’érosion; e. des travaux de défense et ouvrages de réception contre les chutes de pierres et de rochers, ainsi qu’à titre exceptionnel le minage préventif de matériaux risquant de tomber; f. le transfert, dans des endroits sûrs, de constructions et d’installations mena- cées. 2 Les travaux doivent être combinés, dans la mesure du possible, avec des mesures d’ingénierie biologiques et sylvicoles. 3 Les cantons veillent à une planification intégrale; celle-ci tiendra compte en parti- culier des intérêts de la gestion forestière, de la protection de la nature et du paysage, de la construction hydraulique, de l’agriculture et de l’aménagement du territoire. Chapitre 4 Entretien et exploitation de la forêt Section 1 Gestion de la forêt Art. 18 Planification forestière (art. 20, al. 2) 1 Les cantons édictent des prescriptions pour la planification de la gestion forestière. Celles-ci fixeront en particulier: a. les sortes de plans et leur contenu; b. les responsables de la planification; c. les buts de la planification; d. la manière d’obtenir et d’utiliser les bases de planification; e. la procédure de planification et de contrôle; f. le réexamen périodique des plans. 2 Dans les documents de planification forestière, on consignera au moins les condi- tions de station, les fonctions de la forêt ainsi que leur importance. Forêts. O 9 921.01 3 Lors de planifications dépassant le cadre d’une entreprise, les cantons veilleront à ce que le public: a. soit renseigné sur les objectifs et le déroulement de la planification; b. puisse y être associé de façon adéquate; c. puisse en prendre connaissance. 4 Ils tiennent compte, dans leur planification directrice, des résultats de la planifi- cation forestière qui ont des effets sur l’organisation du territoire.35 Art. 19 Mesures sylvicoles (art. 20) 1 Sont considérés comme mesures sylvicoles tous les soins culturaux contribuant à la conservation ou à la restauration de la stabilité ou de la qualité du peuplement. 2 Les soins aux jeunes peuplements comprennent: a.36 les soins aux recrûs et aux fourrés, ainsi que les éclaircies dans les perchis, pour créer des peuplements conformes à la station, résistants et capables de s’adapter; b. les soins spécifiques aux recrûs dans les forêts jardinées, les autres forêts éta- gées, dans les taillis sous futaie et les taillis simples ainsi que dans les lisières étagées; c. les mesures de protection contre les dégâts du gibier; d. l’aménagement de sentiers dans les zones d’accès difficile. 3 Les mesures d’éclaircies et de régénération comprennent: a. le nettoiement du parterre de coupe et la création d’un nouveau peuplement ainsi que les mesures d’accompagnement nécessaires; b. l’exploitation et le transport des bois. 4 Des mesures de soins minimums pour garantir la fonction protectrice sont des interventions se limitant à assurer durablement la stabilité du peuplement; les bois abattus sont laissés ou utilisés sur place, s’il n’en résulte aucun danger. Art. 20 Coupe rase (art. 22) 1 Par coupe rase, on entend l’enlèvement total ou quasi total d’un peuplement, qui soumet le parterre de coupe aux conditions écologiques des terrains découverts ou qui provoque des inconvénients graves pour la station ou les peuplements voisins. 35 Introduit par le ch. I 5 de l’O du 28 janv. 2015 sur les adaptations d’O dans le domaine de l’environnement, liées en particulier aux conventions-programmes à conclure pour la période allant de 2016 à 2019, en vigueur depuis le 1er mars 2015 (RO 2015 427). 36 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). Forêts 10 921.01 2 Il n’y a pas de coupe rase, lorsque seul le vieux peuplement est enlevé après une régénération suffisante et assurée. Section 2 Matériel forestier de reproduction Art. 21 Production et utilisation (art. 24) 1 Les cantons assurent l’approvisionnement du matériel forestier de reproduction appropriée. 2 L’autorité forestière cantonale compétente choisit les peuplements forestiers qui fourniront le matériel forestier de reproduction (peuplements semenciers). Elle en informe l’OFEV. 3 Elle contrôle la production à titre commercial de semences et parties de plantes et établit les certificats de provenance. 4 Seul le matériel de reproduction de provenance attestée peut être utilisé à des fins forestières. 5 L’OFEV conseille les cantons s’agissant de: a. production, approvisionnement et utilisation du matériel forestier de repro- duction; b. garantie de la diversité génétique. 6 Il tient un cadastre des peuplements semenciers et un cadastre des réserves généti- ques. Art. 22 Importation et exportation (art. 24) 1 L’importation de matériel forestier de reproduction est soumise à l’autorisation de l’OFEV. 2 L’autorisation est délivrée si: a. le matériel forestier de reproduction est approprié à la culture et l’origine attestée par un certificat officiel; ou b. la personne qui l’importe déclare par écrit que le matériel forestier de repro- duction sera utilisé exclusivement hors de la forêt. Forêts. O 11 921.01 2bis Les dispositions de l’ordonnance du 10 septembre 2008 sur la dissémination dans l’environnement37 sont applicables pour l’autorisation d’importation de matériel forestier de reproduction génétiquement modifié; en pareil cas, les dispositions de la présente ordonnance doivent également être observées.38 3 Le Département fédéral de l’environnement, des transports, de l’énergie et de la communication39 (DETEC40) édicte des prescriptions sur l’établissement de docu- ments d’exportation du matériel forestier de reproduction. Art. 23 Gestion (art. 24) 1 Les sécheries privées et publiques, les pépinières forestières et les commerces doi- vent tenir un contrôle de la provenance, de la préparation, de la multiplication et de la remise du matériel forestier de reproduction ainsi que de leurs réserves. 2 Dans leurs offres, leurs factures et sur la marchandise, ils renseignent leur clientèle sur les catégories et les provenances du matériel forestier de reproduction. 3 L’OFEV contrôle leur gestion. Il peut pour cela requérir l’aide des cantons. Art. 24 Dispositions techniques 1 Le DETEC édicte une ordonnance sur l’exécution des dispositions contenues dans la présente section. 2 Il peut prévoir la possibilité d’importer et d’utiliser à des fins scientifiques du maté- riel forestier de reproduction dont l’aptitude et la provenance ne sont pas attestées. 37 RS 814.911 38 Introduit par l’art. 51 ch. 3 de l’O du 28 fév. 2001 sur la protection des végétaux, (RO 2001 1191). Nouvelle teneur selon l’annexe 5 ch. 16 de l’O du 10 sept. 2008 sur la dissémination dans l’environnement, en vigueur depuis le 1er oct. 2008 (RO 2008 4377). 39 La désignation de l’unité administrative a été adaptée en application de l’art. 16 al. 3 de l’O du 17 nov. 2004 sur les publications officielles (RO 2004 4937). 40 Nouvelle expression selon le ch. I 5 de l’O du 28 janv. 2015 sur les adaptations d’O dans le domaine de l’environnement, liées en particulier aux conventions-programmes à con- clure pour la période allant de 2016 à 2019, en vigueur depuis le 1er janv. 2016 (RO 2015 427). Il a été tenu compte de cette mod. dans tout le texte. Forêts 12 921.01 Section 3 Utilisation de substances dangereuses pour l’environnement Art. 2541 L’utilisation exceptionnelle en forêt de substances dangereuses pour l’environnement est régie par l’ordonnance du 18 mai 2005 sur la réduction des risques liés aux pro- duits chimiques42. Art. 26 et 2743 Section 4 Prévention et réparation des dégâts aux forêts Art. 2844 Principes (art. 26) 1 Sont réputés dégâts aux forêts les dégâts qui mettent gravement en danger les fonctions des forêts et qui sont causés par: a. des événements naturels tels que tempêtes, incendies ou sécheresses; b. des organismes nuisibles tels que virus, bactéries, vers, insectes, champi- gnons ou plantes. 2 La surveillance des organismes nuisibles particulièrement dangereux et la lutte contre ces organismes sont régies par les dispositions de l’ordonnance du 31 octobre 2018 sur la santé des végétaux45.46 Art. 2947 Prévention et réparation des dégâts aux forêts (art. 27, al. 1) Les cantons prennent les mesures suivantes pour prévenir et réparer les dégâts aux forêts: a. mesures techniques et sylvicoles visant à prévenir et à combattre les incen- dies; 41 Nouvelle teneur selon le ch. II 21 de l’O du 18 mai 2005 sur l’abrogation et la mod. du droit en vigueur du fait de la L sur les produits chimiques, en vigueur depuis le 1er août 2005 (RO 2005 2695). 42 RS 814.81 43 Abrogés par le ch. II 21 de l’O du 18 mai 2005 sur l’abrogation et la mod. du droit en vigueur du fait de la L sur les produits chimiques, avec effet au 1er août 2005 (RO 2005 2695). 44 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). 45 RS 916.20 46 Nouvelle teneur selon l’annexe 8 ch. 7 de l’O du 31 oct. 2018 sur la santé des végétaux, en vigueur depuis le 1er janv. 2020 (RO 2018 4209). 47 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). Forêts. O 13 921.01 b. mesures visant à réduire les atteintes physiques aux sols; c. mesures visant à surveiller et à combattre les organismes nuisibles, à savoir élimination, confinement ou limitation des dégâts. Art. 3048 Compétences de la Confédération (art. 26, al. 3, et 27a, al. 2) 1 L’OFEV pourvoit aux bases permettant la prévention et la réparation des dégâts aux forêts. Il coordonne les mesures de portée supracantonale et en définit au besoin. 2 L’Institut fédéral de recherches sur la forêt, la neige et le paysage (WSL) accomplit les tâches suivantes, dans le cadre de sa mission de base: a. il organise avec les services forestiers cantonaux le relevé de données importantes pour la protection de la forêt; b. il informe de l’apparition d’organismes nuisibles et d’autres facteurs pouvant nuire à la forêt; c. il conseille les services forestiers cantonaux et fédéraux en matière de protec- tion des forêts. Section 5 Dégâts causés par le gibier (art. 27, al. 2) Art. 31 1 Si des dégâts causés par le gibier se produisent malgré la régulation du cheptel, on établira une stratégie pour leur prévention.49 2 Celle-ci comprendra des mesures forestières, des mesures cynégétiques, des me- sures pour améliorer et tranquilliser les habitats naturels, ainsi qu’un contrôle des résultats.50 3 Elle fera partie intégrante de la planification forestière. 48 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). 49 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). 50 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). Forêts 14 921.01 Chapitre 5 Formation professionnelle et bases51 Section 1 Formation de base et formation continue52 Art. 3253 Formation de base et continue théorique et pratique (art. 29, al. 1 et 2) 1 En collaboration avec les hautes écoles, les cantons et d’autres organisations con- cernées, l’OFEV veille à l’entretien des connaissances et aptitudes acquises pendant les études, ainsi qu’à l’introduction de nouveautés théoriques et pratiques. 2 Les cantons offrent des places de formation continue pratique en nombre suffisant et en assurent la coordination. La formation continue pratique doit en particulier: a. porter sur la planification forestière, la gestion et la conservation des forêts dans l’optique de l’ensemble des fonctions forestières; b. encourager les compétences directionnelles et les connaissances administra- tives; c. être sanctionnée par une attestation des compétences et connaissances ac- quises. Art. 3354 Personnel forestier (art. 29, al. 4 et 51, al. 2) 1 Les cantons veillent: a. à la formation professionnelle des gardes forestiers et gèrent les écoles pro- fessionnelles supérieures ad hoc; b. à la formation continue du personnel forestier, en collaboration avec les organisations compétentes du monde du travail. 2 L’OFEV doit être entendu avant l’édiction ou l’adoption de prescriptions sur la formation du personnel forestier telle qu’elle est définie aux art. 19, al. 1, 28, al. 2, et 29, al. 3, de la loi du 13 décembre 2002 sur la formation professionnelle (LFPr)55. 51 Nouvelle teneur selon l’annexe 2 ch. 13 de l’O du 21 mai 2008 sur la géoinformation, en vigueur depuis le 1er juil. 2008 (RO 2008 2809). 52 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2018 (RO 2016 3215). 53 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2018 (RO 2016 3215). 54 Nouvelle teneur selon l’annexe ch. II 2 de l’O du 19 nov. 2003 sur la formation professionnelle, en vigueur depuis le 1er janv. 2004 (RO 2003 5047). 55 RS 412.10 Forêts. O 15 921.01 Art. 3456 Sécurité au travail (art. 21a et 30) 1 En collaboration avec des organisations spécialisées, les cantons veillent à ce que des cours destinés à améliorer la sécurité au travail lors des travaux de récolte du bois en forêt soient proposés à la main-d’œuvre sans formation forestière. 2 Les cours reconnus par la Confédération doivent porter sur les bases de la sécurité au travail, en particulier l’abattage, l’ébranchage, le débitage et le débardage d’arbres et de troncs dans les règles et en toute sécurité; ils doivent totaliser au minimum dix jours. Art. 35 Coordination et documentation (art. 29, al. 1) 1 …57 2 L’OFEV gère un service central de coordination et de documentation pour la for- mation forestière. Section 2 … Art. 36 et 3758 Section 359 Relevés Art. 37a60 (art. 33 et 34) 1 L’OFEV a compétence pour relever les données relatives à la forêt. 2 En collaboration avec le WSL, il relève: a. les données de base relatives aux stations forestières, aux fonctions fores- tières et à l’état des forêts dans le cadre de l’inventaire forestier national; b. les processus d’évolution à long terme dans les réserves forestières natu- relles. 3 Le WSL, dans le cadre de sa mission de base, relève les atteintes à l’écosystème forestier, par le biais de programmes de recherche à long terme. 56 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). 57 Abrogé par le ch. I 7.4 de l’O du 9 nov. 2011 (Réexamen des commissions extraparlemen- taires), avec effet au 1er janv. 2012 (RO 2011 5227). 58 Abrogés par le ch. I de l’O du 17 août 2016, avec effet au 1er janv. 2018 (RO 2016 3215). 59 Introduite par l’annexe 2 ch. 13 de l’O du 21 mai 2008 sur la géoinformation, en vigueur depuis le 1er juil. 2008 (RO 2008 2809). 60 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). Forêts 16 921.01 4 L’OFEV informe les autorités et le public des relevés effectués. Section 461 Promotion du bois Art. 37b Vente et valorisation du bois produit selon les principes du développement durable (art. 34a) 1 La vente et la valorisation du bois produit selon les principes du développement durable bénéficient de promotion exclusivement dans les domaines préconcurrentiel et interentreprise. 2 Peuvent être soutenus en particulier les projets innovants de recherche et dévelop- pement qui, au titre de la gestion durable des forêts, améliorent les données de base, les possibilités de vente et de valorisation ou l’efficacité des ressources, ainsi que le travail de relations publiques. 3 Les connaissances et les résultats découlant des activités bénéficiant de soutien doivent, sur demande, être mis à la disposition de l’OFEV. Art. 37c Utilisation de bois pour les constructions et les installations de la Confédération (art. 34b) 1 La conception, la planification, la construction et l’exploitation des constructions et installations de la Confédération doivent tenir compte de l’objectif d’encouragement de l’utilisation du bois et de ses produits dérivés. 2 Pour évaluer le caractère durable du bois et des produits dérivés, il convient de suivre les directives et recommandations existantes, comme celles de la Conférence de coordination des services de la construction et des immeubles des maîtres d’ouvrage publics. 61 Introduite par le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). Forêts. O 17 921.01 Chapitre 662 Aides financières (sans crédits d’investissement) et indemnités Section 1 Dispositions générales63 (art. 35) Art. 38 Les aides financières et les indemnités de la Confédération ne sont allouées que si: a. les mesures correspondent à la planification forestière; b. les mesures sont nécessaires et adéquates; c. les mesures répondent aux exigences techniques, économiques et écolo- giques; d. les autres conditions prévues par le droit fédéral sont remplies; e. les mesures sont coordonnées avec les intérêts publics relevant d’autres sec- teurs; f. l’entretien ultérieur est garanti. Art. 38a64 Coûts imputables 1 Pour le versement des indemnités visées aux art. 39, al. 1 et 2, et 40, al. 1, let. c, seuls sont imputables les coûts effectifs et directement nécessaires à l’accomplis- sement adéquat de la tâche qui donne droit à des indemnités. En font partie les coûts de l’étude de projet, de l’acquisition de terrain et de l’exécution des travaux ainsi que du bornage. 2 Les taxes et les impôts en particulier ne sont pas imputables ni les coûts qui peu- vent être mis à la charge des tiers qui, de manière déterminante, sont bénéficiaires ou responsables de dégâts. 62 Nouvelle teneur selon le ch. I 2 de l’O du 7 nov. 2007 sur la réforme de la péréquation financière et de la répartition des tâches entre la Confédération et les cantons, en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5823). 63 Nouvelle teneur selon le ch. I 5 de l’O du 28 janv. 2015 sur les adaptations d’O dans le domaine de l’environnement, liées en particulier aux conventions-programmes à conclure pour la période allant de 2016 à 2019, en vigueur depuis le 1er janv. 2016 (RO 2015 427). 64 Introduit par le ch. I 5 de l’O du 28 janv. 2015 sur les adaptations d’O dans le domaine de l’environnement, liées en particulier aux conventions-programmes à conclure pour la période allant de 2016 à 2019, en vigueur depuis le 1er janv. 2016 (RO 2015 427). Forêts 18 921.01 Section 2 Mesures Art. 3965 Protection contre les catastrophes naturelles (art. 36) 1 Les indemnités pour les mesures et l’établissement des documents de base sur les dangers sont en règle générale allouées sous forme globale. Le montant des indemni- tés globales est négocié entre l’office et le canton concerné et est fonction: a. des dangers potentiels et des risques de dommages; b. de l’ampleur et de la qualité des mesures ainsi que de leur planification. 2 Les indemnités peuvent être allouées au cas par cas lorsque les mesures: a. présentent une dimension intercantonale; b. touchent des zones protégées ou des objets inscrits dans des inventaires fédé- raux; c. requièrent dans une mesure particulière une évaluation complexe ou spéci- fique par des experts en raison des variantes possibles ou pour d’autres mo- tifs; ou d. n’étaient pas prévisibles. 3 La contribution au financement des mesures visées à l’al. 2 est comprise entre 35 et 45 % des coûts et est fonction: a. des dangers potentiels et des risques de dommages; b. du degré de prise en compte effective des risques; c. de l’ampleur et de la qualité des mesures ainsi que de leur planification. 4 Si un canton assume des charges considérables en raison de mesures de protection extraordinaires, notamment à la suite de dommages dus à des intempéries, la contri- bution visée à l’al. 3 pourra être exceptionnellement relevée à 65 % au plus du coût des mesures. 5 Aucune indemnité n’est allouée pour: a.66 des mesures visant à protéger des bâtiments et des installations qui ont été construits: 1. dans des zones alors déjà définies comme dangereuses ou réputées dan- gereuses, et 2. sans être alors liés impérativement à cet emplacement; 65 Nouvelle teneur selon le ch. I 3 de l’O du 2 fév. 2011 (Développement des conventions- programmes dans le domaine de l’environnement), en vigueur depuis le 1er mars 2011 (RO 2011 649). 66 Nouvelle teneur selon le ch. I 5 de l’O du 28 janv. 2015 sur les adaptations d’O dans le domaine de l’environnement, liées en particulier aux conventions-programmes à conclure pour la période allant de 2016 à 2019, en vigueur depuis le 1er janv. 2016 (RO 2015 427). Forêts. O 19 921.01 b. des mesures visant à protéger des bâtiments et des installations touristiques telles que téléphériques, remontées mécaniques, pistes de ski ou sentiers pédestres qui se trouvent en dehors des zones habitées. Art. 40 Forêts protectrices (art. 37) 1 Le montant des indemnités globales en faveur des mesures nécessaires afin que les forêts protectrices puissent remplir leur fonction dépend: a. des dangers potentiels et des risques de dommages; b. du nombre d’hectares de forêt protectrice à entretenir; c. de l’ampleur et de la planification de l’infrastructure nécessaire à l’entretien des forêts protectrices; d. de la qualité de la fourniture des prestations. 2 Le montant est négocié entre l’OFEV et le canton concerné. 3 Les indemnités allouées par voie de décision aux projets lancés à la suite d’événe- ments naturels extraordinaires se montent à 40 % des frais au plus et sont régies par l’al. 1, let. a, c et d.67 Art. 40a68 Mesures contre les dégâts aux forêts hors forêts protectrices (art. 37a) 1 Le montant des indemnités globales en faveur de mesures de prévention et de réparation des dégâts aux forêts hors forêts protectrices est fonction des éléments suivants: a. la mise en danger des fonctions de la forêt; b. le nombre d’hectares qui font l’objet de mesures; c. la qualité des prestations fournies. 2 Le montant est négocié entre l’OFEV et le canton concerné. 3 Les indemnités peuvent être allouées au cas par cas, lorsque les mesures n’étaient pas prévisibles et qu’elles sont en outre particulièrement coûteuses. La contribution se monte à 40 % des frais au plus et est régie par l’al. 1, let. a et c. 67 Introduit par le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). 68 Introduit par le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). Voir aussi la disp. trans. de cette mod. à la fin du texte. Forêts 20 921.01 Art. 40b69 Indemnisation des frais (art. 37b) 1 Une indemnisation peut être versée dans des cas de rigueur lorsque des particuliers sont très durement touchés et qu’il n’est raisonnablement pas possible d’exiger d’eux qu’ils supportent seuls les frais des dégâts. 2 Les demandes d’indemnisation dûment fondées sont présentées au service cantonal compétent une fois les dégâts constatés, mais au plus tard un an après la réalisation des mesures. 3 Il n’est pas alloué d’indemnisation pour des pertes de rendement ou des dommages immatériels. 4 La Confédération rembourse aux cantons entre 35 et 50 % des dépenses générées par l’indemnisation, dans le cadre des indemnités globales visées à l’art. 40a. Art. 41 Diversité biologique de la forêt (art. 38, al. 1)70 1 Le montant des aides financières globales aux mesures destinées au maintien et à l’amélioration de la diversité biologique de la forêt est fonction: a. du nombre d’hectares de réserves forestières à délimiter et à entretenir; b.71 … c. du nombre d’hectares de biotopes à entretenir, notamment des lisières de forêt qui servent à la mise en réseau; d. de l’ampleur et de la qualité des mesures destinées à valoriser les espèces animales et végétales qui doivent être préservées en priorité au nom de la diversité biologique; e.72 du nombre d’hectares de surfaces à délimiter en dehors des réserves fores- tières ayant une forte proportion de vieux arbres et de bois mort, ou ayant suffisamment d’arbres possédant des propriétés particulièrement précieuses pour la diversité biologique de la forêt (arbres-habitats); f. du nombre d’hectares des formes de culture à entretenir dans le cadre de la gestion forestière, telles que les pâturages boisés, les taillis sous futaie et les taillis simples ainsi que les selves; g. de la qualité de la fourniture des prestations. 2 Le montant est négocié entre l’OFEV et le canton concerné. 69 Introduit par le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). 70 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). 71 Abrogée par le ch. I de l’O du 17 août 2016, avec effet au 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). 72 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). Forêts. O 21 921.01 3 Les aides financières ne peuvent être octroyées que si la protection des surfaces écologiques, visées à l’al. 1, let. a, et c à f, est garantie par contrat ou de toute autre manière appropriée. 4 …73 Art. 4274 Art. 43 Gestion des forêts (art. 38a) 1 Le montant des aides financières globales aux mesures destinées à améliorer la rentabilité de la gestion des forêts est fonction: a.75 pour les bases de planification des cantons: de la surface des forêts du canton et de la surface des forêts prise en compte dans la planification ou dans une analyse des effets; b.76 pour les mesures d’amélioration des conditions de gestion des exploitations forestières: de l’ampleur et de la qualité des mesures d’optimisation plani- fiées et mises en œuvre par le canton; c. de la quantité de bois que le marché ne peut momentanément pas absorber, lorsqu’il faut entreposer du bois en cas de surproduction exceptionnelle; d. de la qualité de la fourniture des prestations; e.77 pour l’encouragement à la formation des ouvriers forestiers: du nombre de jours de cours suivis reconnus par la Confédération; f.78 pour la formation pratique des spécialistes forestiers issus des hautes écoles: du nombre de jours de formation accomplis; g.79 pour les soins aux jeunes peuplements: du nombre d’hectares de jeunes peu- plements à entretenir; h.80 pour l’adaptation ciblée de peuplements forestiers aux changements clima- tiques: du nombre d’hectares bénéficiant de mesures; 73 Abrogé par le ch. I de l’O du 17 août 2016, avec effet au 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). 74 Abrogé par le ch. I de l’O du 17 août 2016, avec effet au 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). 75 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). 76 Nouvelle teneur selon le ch. I 5 de l’O du 28 janv. 2015 sur les adaptations d’O dans le domaine de l’environnement, liées en particulier aux conventions-programmes à conclure pour la période allant de 2016 à 2019, en vigueur depuis le 1er janv. 2016 (RO 2015 427). 77 Introduite par le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). 78 Introduite par le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). 79 Introduite par le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). 80 Introduite par le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). Forêts 22 921.01 i.81 pour la production de plants et de semences forestières: de l’infrastructure et de l’équipement des sécheries, ainsi que du nombre des essences importantes pour la diversité génétique dans les plantations d’arbres semenciers; j.82 pour l’adaptation ou la remise en état d’équipements de desserte: du nombre d’hectares de la forêt desservie. 2 Le montant est négocié entre l’OFEV et le canton concerné. 3 Des aides financières globales destinées à améliorer les conditions de gestion des exploitations forestières ne peuvent être octroyées: a. qu’en présence d’une coopération ou d’une fusion des entreprises concernées s’inscrivant dans la durée; b. que si une quantité de bois économiquement importante est utilisée ou com- mercialisée en commun; c. que s’il existe une comptabilité commerciale. 4 Les aides financières globales pour les soins aux jeunes peuplements et pour l’adaptation ciblée de peuplements forestiers aux changements climatiques ne sont allouées que si les mesures tiennent compte de la sylviculture proche de la nature.83 5 Les aides financières globales destinées à acquérir des plants et semences d’essences forestières ne sont allouées que s’il a été établi un projet de construction ou un concept d’exploitation approuvé par le canton avec devis et garantie de finan- cement.84 Art. 44 Encouragement de la formation professionnelle (art. 39) 1 …85 2 Comme compensation des frais spécifiques à la formation pratique du personnel forestier sur le terrain, la Confédération alloue au cas par cas des aides financières sous la forme d’un forfait s’élevant à 10 % des coûts de formation des écoles et des cours pour gardes forestiers. 3 La Confédération alloue au cas par cas des aides financières allant jusqu’à 50 % des coûts reconnus pour la création du matériel didactique destiné au personnel forestier. 4 …86 81 Introduite par le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). 82 Introduite par le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). Voir aussi la disp. trans. de cette mod. à la fin du texte. 83 Introduit par le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). 84 Introduit par le ch. I de l’O du 17 août 2016, en vigueur depuis le 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). 85 Abrogé par le ch. I de l’O du 17 août 2016, avec effet au 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). 86 Abrogé par le ch. I de l’O du 17 août 2016, avec effet au 1er janv. 2017 (RO 2016 3215). Forêts. O 23 921.01 Art. 45 Recherche et développement (art. 31) 1 La Confédération peut allouer au cas par cas des aides financières de 50 % au plus des coûts de projets de recherche et développement dont elle n’est pas elle-même le mandant. 2 Elle peut allouer au cas par cas des aides financières à des organisations encoura- geant et coordonnant la recherche et développement, jusqu’à concurrence du montant engagé par les tiers, pour autant qu’un droit de codécision convenable lui soit accor- dé dans ces organisations. Section 3 Procédure pour l’octroi d’indemnités ou d’aides financières globales Art. 46 Demande 1 Le canton présente la demande d’indemnités ou d’aides financières globales à l’OFEV. 2 La demande contient les informations relatives: a. aux objectifs à atteindre; b. aux mesures probablement nécessaires pour atteindre les objectifs et à leur réalisation; c. à l’efficacité des mesures. 3 Pour les mesures dont les effets dépassent les frontières cantonales, le canton assure la coordination des demandes avec les autres cantons concernés. Art. 47 Convention-programme 1 L’OFEV conclut la convention-programme avec l’autorité cantonale compétente. 2 La convention-programme a notamment pour objets: a. les objectifs stratégiques à atteindre en commun; b. la prestation du canton; c. la contribution fournie par la Confédération; d. le controlling. 3 La durée de la convention-programme est de quatre ans au plus. 4 L’OFEV édicte des directives sur la procédure à suivre dans le cadre des conven- tions-programmes et sur les informations et documents relatifs aux objets de celles- ci. Art. 48 Versement Les indemnités et aides financières globales sont versées par paiements échelonnés. Forêts 24 921.01 Art. 49 Compte rendu et contrôle 1 Le canton rend compte chaque année à l’OFEV de l’utilisation des subventions globales. 2 L’OFEV contrôle par sondages: a. l’exécution de certaines mesures en fonction des objectifs; b. l’utilisation des subventions versées. Art. 50 Exécution imparfaite et désaffectation 1 L’OFEV retient tout ou partie des paiements échelonnés, pendant la durée du programme, si le canton: a. ne s’acquitte pas de son devoir de compte rendu (art. 49, al.1); b. entrave considérablement et par sa propre faute l’exécution de sa prestation. 2 Si, après la durée du programme, il s’avère que la prestation a été fournie de ma- nière imparfaite, l’OFEV en exige l’exécution correcte par le canton; il lui fixe un délai raisonnable à cet effet. 3 Si des installations ou des constructions qui ont bénéficié d’indemnités ou d’aides financières sont affectées à un autre but, l’OFEV peut exiger du canton qu’il renonce à cette désaffectation ou l’annule, dans un délai raisonnable. 4 Si le canton n’exécute pas correctement la prestation malgré l’injonction de l’OFEV ou s’il ne renonce pas à la désaffectation ou ne l’annule pas, la restitution est régie par les art. 28 et 29 de la loi du 5 octobre 1990 sur les subventions (LSu)87. Section 4 Procédure pour l’octroi d’indemnités ou d’aides financières au cas par cas Art. 51 Demandes 1 Les demandes d’indemnités ou d’aides financières allouées au cas par cas sans participation du canton sont à adresser à l’OFEV, toutes les autres demandes au canton. 2 Le canton examine les dossiers qui lui ont été présentés et les transmet à l’OFEV avec sa proposition dûment motivée, les autorisations cantonales déjà délivrées et la décision cantonale de subventionnement. 3 L’OFEV édicte des directives sur les informations et les documents relatifs à la demande. 87 RS 616.1 Forêts. O 25 921.01 Art. 52 Octroi et versement des subventions 1 L’OFEV fixe le montant des indemnités ou des aides financières par voie de déci- sion ou conclut un contrat à cet effet avec le bénéficiaire. 2 L’OFEV verse les subventions en fonction de l’avancement des mesures. Art. 53 Exécution imparfaite et désaffectation 1 Si, en dépit d’une mise en demeure, le bénéficiaire d’une indemnité ou d’une aide financière octroyée n’exécute pas la mesure ou l’exécute de manière imparfaite, l’indemnité ou l’aide financière n’est pas versée ou est réduite. 2 Si des indemnités ou aides financières ont été versées et que le bénéficiaire, en dépit d’une mise en demeure, n’exécute pas pas la mesure ou l’exécute de manière imparfaite, la restitution est régie par l’art. 28 LSu88. 3 Si des installations ou des constructions qui ont bénéficié d’indemnités ou d’aides financières sont affectées à un autre but, l’OFEV peut exiger du canton qu’il renonce à cette désaffectation ou l’annule, dans un délai raisonnable. 4 Si le canton ne renonce pas à la désaffectation ou ne n’annule pas, la restitution est régie par l’art. 29 LSu. Art. 54 Compte rendu et contrôle En matière de compte rendu et de contrôle l’art. 49 s’applique par analogie. Art. 55 à 59 Abrogés Chapitre 7 Crédits d’investissement Art. 60 Conditions 1 Des crédits d’investissement seront alloués si: a. l’investissement est nécessaire et approprié pour la protection contre les catastrophes naturelles ou pour l’entretien et l’exploitation des forêts; et b. la situation financière des requérants l’exige. 2 La charge totale qui en résulte doit être supportable pour les requérants. 3 Les requérants doivent épuiser leurs propres moyens financiers et faire valoir leurs droits aux prestations de tiers. 4 Les crédits d’investissement ne doivent pas être cumulés avec des crédits alloués en vertu de la loi fédérale du 23 mars 1962 sur les crédits d’investissement dans l’agri- 88 RS 616.1 Forêts 26 921.01 culture et l’aide aux exploitations paysannes89 ou de la loi fédérale du 28 juin 1974 sur l’aide en matière d’investissements dans les régions de montagne90. 5 Les cantons ne reçoivent aucun crédit pour leurs propres investissements. 6 …91 Art. 61 Crédits fédéraux 1 L’OFEV accorde des prêts globaux aux cantons pour le versement de crédits d’investissement. Ces prêts sont sans intérêt et limités à 20 ans. 2 Le canton communique chaque année à l’OFEV ses besoins probables pour les prêts de l’année suivante. 3 La répartition des fonds s’effectue sur la base des besoins.92 Art. 62 Demandes (art. 40, al. 3) 1 Les demandes de crédits d’investissement seront présentées au canton. 2 On joindra à la demande: a. la planification générale de l’entreprise; b. le compte d’exploitation; c. la présentation de la situation financière des requérants. 3 Les entreprises qui entretiennent et exploitent des forêts à titre professionnel et en qualité de mandataires joignent à leur demande le bilan et le compte de pertes et pro- fits des deux dernières années. Art. 63 Montant des crédits et intérêts (art. 40, al. 1) 1 Les crédits d’investissement sont alloués: a. comme crédits de construction, jusqu’à 80 % des frais de construction; b.93 pour financer le solde des frais des mesures prévues aux art. 39, 40 et 43; 89 [RO 1962 1315, 1967 812, 1972 2749, 1977 2249 ch. I 961, 1991 362 ch. II 52 857 appendice ch. 27, 1992 288 annexe ch. 47 2104. RO 1998 3033 annexe let. f] 90 [RO 1975 392, 1980 1798, 1985 387, 1991 857 appendice ch. 24, 1992 288 annexe ch. 43. RO 1997 2995 art. 25]. Voir actuellement la LF du 6 oct. 2006 sur la politique régionale (RS 901.0). 91 Abrogé par le ch. I 21 de l’O du 7 nov. 2007 sur la réforme de la péréquation financière et de la répartition des tâches entre la Confédération et les cantons, avec effet au 1er janv. 2008 (RO 2007 5823). 92 Nouvelle teneur selon le ch. I 21 de l’O du 7 nov. 2007 sur la réforme de la péréquation financière et de la répartition des tâches entre la Confédération et les cantons, en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5823). 93 Nouvelle teneur selon le ch. I 21 de l’O du 7 nov. 2007 sur la réforme de la péréquation financière et de la répartition des tâches entre la Confédération et les cantons, en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5823). Forêts. O 27 921.01 c. pour l’achat de véhicules, de machines et d’outillages forestiers, jusqu’à 80 % des frais; d. pour la construction d’installations destinées à l’exploitation forestière, jus- qu’à 80 % des frais. 2 Les crédits d’investissement sont en général alloués sans intérêt. Si la charge totale grevant les requérants le permet, un taux d’intérêt convenable sera exigé. 3 Il ne sera pas accordé de prêt inférieur à 1000 francs. Art. 64 Durée, remboursement et restitution (art. 40) 1 Les crédits d’investissement sont alloués pour une durée maximale de 20 ans. 2 Les annuités pour le remboursement sont fixées selon le genre de mesures et en tenant compte des possibilités économiques des bénéficiaires du crédit. 3 Le remboursement commence: a. un an après la fin du projet, pour les investissements selon l’art. 63, al. 1, let. a et b, mais au plus tard cinq ans après le versement de la première tran- che de crédit; b. pour les autres investissements, l’année civile qui suit celle du versement. 4 Les bénéficiaires peuvent en tout temps et sans résiliation préalable rembourser tout ou partie du prêt. 5 …94 6 Les annuités et crédits pour le remboursement, échus et non payés, sont frappés d’un intérêt de 5 %. Chapitre 8 Dispositions finales Section 1 Exécution Art. 65 Exécution par la Confédération (art. 49) 1 Le DETEC est habilité à régler lui-même les affaires ressortissant de l’exécution de la LFo. 2 Lorsque les autorités fédérales appliquent d’autres lois fédérales, des accords inter- nationaux ou des décisions internationales qui touchent des objets relevant de la pré- sente ordonnance, elles exécutent également la présente ordonnance. La collabora- 94 Abrogé par le ch. I 21 de l’O du 7 nov. 2007 sur la réforme de la péréquation financière et de la répartition des tâches entre la Confédération et les cantons, avec effet au 1er janv. 2008 (RO 2007 5823). Forêts 28 921.01 tion de l’OFEV et des cantons est régie par l’art. 49, al. 2, LFo; les dispositions légales sur l’obligation de garder le secret sont réservées.95 Art. 66 Exécution par les cantons (art. 50) 1 Les cantons édictent les dispositions d’exécution de la LFo et de la présente ordon- nance dans les cinq ans suivant l’entrée en vigueur de la loi. 2 Ils communiquent à l’OFEV les prononcés et décisions de défrichement.96 Art. 66a97 Géoinformation L’OFEV prescrit les modèles de géodonnées et les modèles de représentation mini- maux pour les géodonnées de base visées par la présente ordonnance, lorsqu’il est désigné comme service spécialisé de la Confédération dans l’annexe 1 de l’ordonnance du 21 mai 2008 sur la géoinformation98. Section 2 Abrogation et modification du droit en vigueur Art. 67 Abrogation du droit en vigueur Sont abrogés: a. l’ordonnance du 1er octobre 1965 concernant la haute surveillance de la Con- fédération sur la police des forêts99; b. l’ordonnance du 23 mai 1973 concernant l’éligibilité des agents forestiers supérieurs100; c. l’ordonnance du 28 novembre 1988 sur les mesures extraordinaires pour la conservation de la forêt101; d. les art. 2 à 5 de l’ordonnance du 16 octobre 1956 sur la protection des forêts102; e. l’arrêté du Conseil fédéral du 16 octobre 1956 concernant la provenance et l’utilisation de semences forestières et de plants forestiers103; 95 Introduit par le ch. II 17 de l’O du 2 fév. 2000 (Coordination et simplification des procé- dures de décision;) en vigueur depuis le 1er mars 2000 RO 2000 703). 96 Introduit par le ch. II 17 de l’O du 2 fév. 2000 (Coordination et simplification des procé- dures de décision), en vigueur depuis le 1er mars 2000 (RO 2000 703). 97 Introduit par l’annexe 2 ch. 13 de l’O du 21 mai 2008 sur la géoinformation, en vigueur depuis le 1er juil. 2008 (RO 2008 2809). 98 RS 510.620 99 [RO 1965 869, 1971 1193, 1977 2273 ch. I 18.1, 1985 670 ch. I 3 685 ch. I 6 2022] 100 [RO 1973 964, 1987 608 art. 16 al. 1 let. e] 101 [RO 1988 2057, 1990 874 ch. I, II] 102 [RO 1956 1303, 1959 1680, 1977 2325 ch. I 19, 1986 1254 art. 70 ch. 3, 1987 2538, 1989 1124 art. 2 ch. 2, 1992 1749 ch. II 4. RO 1993 104 art. 42 let. a] 103 [RO 1956 1311, 1959 1682, 1975 402 ch. I 15, 1987 2540] Forêts. O 29 921.01 f. l’ordonnance du 22 juin 1970 concernant des crédits d’investissement pour l’économie forestière en montagne104. Art. 68 Modification du droit en vigueur …105 Section 3 Entrée en vigueur Art. 69 1 La présente ordonnance entre en vigueur le 1er janvier 1993, à l’exception des art. 60 à 64 et 67, let. f. 2 Les art. 60 à 64 et 67, let. f, entrent en vigueur le 1er janvier 1994. Disposition transitoire de la modification du 2 février 2000106 Les demandes de défrichement pendantes le 1er janvier 2000 qui portent sur des ouvrages ressortissant de la compétence cantonale sont régies par l’ancien droit. Disposition transitoire de la modification du 17 août 2016107 1 En lieu et place du critère défini à l’art. 40a, al. 1, le montant des indemnités pour mesures de lutte contre les dégâts aux forêts hors forêts protectrices réalisées avant le 31 décembre 2019 peut être déterminé en fonction de l’ampleur et de la qualité des mesures. 2 En lieu et place des critères définis à l’art. 43, al. 1, let. j, le montant des aides financières pour les équipements de desserte adaptés ou remis en état avant le 31 décembre 2024 peut être déterminé en fonction de l’ampleur et de la qualité des mesures.108 104 [RO 1970 764, 1978 1819] 105 Les mod. peuvent être consultées au RO 1992 2538. 106 RO 2000 703 107 RO 2016 3215 108 Nouvelle teneur selon le ch. I 2 de l’O du 17 avr. 2019 sur les adaptations d’ordonnances au développement des conventions-programmes dans le domaine de l’environnement pour la période 2020-2024, en vigueur depuis le 1er janv. 2020 (RO 2019 1487). Forêts 30 921.01 Annexe109 109 Abrogée par le ch. I 21 de l’O du 7 nov. 2007 sur la réforme de la péréquation financière et de la répartition des tâches entre la Confédération et les cantons, avec effet au 1er janv. 2008 (RO 2007 5823). Chapitre 1 Définition de la forêt Art. 1 Définition de la forêt Art. 2 Pâturages boisés Art. 3 Installations de barrage et terrain devant la digue Chapitre 2 Protection des forêts contre les atteintes Section 1 Défrichement Art. 4 Définition Art. 5 Autorisation de défrichement, dépôt public Art. 6 Collaboration de l’OFEV et des cantons Art. 7 Décision de défrichement Art. 8 Compensation en nature Art. 8a Régions où la surface forestière augmente Art. 9 Préservation des terres agricoles et des zones d’une grande valeur écologique ou paysagère Art. 9a Renonciation à la compensation du défrichement Art. 10 Art. 11 Mention au registre foncier et information Section 2 Constatation de la nature forestière Art. 12 Décision de constatation de la nature forestière Art. 12a Détermination de limites forestières statiques en dehors des zones à bâtir Section 3 Circulation des véhicules à moteur Art. 13 Section 4 Constructions et installations en forêt Art. 13a Constructions et installations forestières Art. 14 Consultation de l’autorité forestière cantonale Chapitre 3 Protection contre les catastrophes naturelles Art. 15 Documents de base Art. 16 Services d’alerte Art. 17 Sécurité des territoires dangereux Chapitre 4 Entretien et exploitation de la forêt Section 1 Gestion de la forêt Art. 18 Planification forestière Art. 19 Mesures sylvicoles Art. 20 Coupe rase Section 2 Matériel forestier de reproduction Art. 21 Production et utilisation Art. 22 Importation et exportation Art. 23 Gestion Art. 24 Dispositions techniques Section 3 Utilisation de substances dangereuses pour l’environnement Art. 25 Art. 26 et 27 Section 4 Prévention et réparation des dégâts aux forêts Art. 28 Principes Art. 29 Prévention et réparation des dégâts aux forêts Art. 30 Compétences de la Confédération Section 5 Dégâts causés par le gibier Art. 31 Chapitre 5 Formation professionnelle et bases Section 1 Formation de base et formation continue Art. 32 Formation de base et continue théorique et pratique Art. 33 Personnel forestier Art. 34 Sécurité au travail Art. 35 Coordination et documentation Section 2 … Art. 36 et 37 Section 3 Relevés Art. 37a Section 4 Promotion du bois Art. 37b Vente et valorisation du bois produit selon les principes du développement durable Art. 37c Utilisation de bois pour les constructions et les installations de la Confédération Chapitre 6 Aides financières (sans crédits d’investissement) et indemnités Section 1 Dispositions générales Art. 38 Art. 38a Coûts imputables Section 2 Mesures Art. 39 Protection contre les catastrophes naturelles Art. 40 Forêts protectrices Art. 40a Mesures contre les dégâts aux forêts hors forêts protectrices Art. 40b Indemnisation des frais Art. 41 Diversité biologique de la forêt Art. 42 Art. 43 Gestion des forêts Art. 44 Encouragement de la formation professionnelle Art. 45 Recherche et développement Section 3 Procédure pour l’octroi d’indemnités ou d’aides financières globales Art. 46 Demande Art. 47 Convention-programme Art. 48 Versement Art. 49 Compte rendu et contrôle Art. 50 Exécution imparfaite et désaffectation Section 4 Procédure pour l’octroi d’indemnités ou d’aides financières au cas par cas Art. 51 Demandes Art. 52 Octroi et versement des subventions Art. 53 Exécution imparfaite et désaffectation Art. 54 Compte rendu et contrôle Art. 55 à 59 Chapitre 7 Crédits d’investissement Art. 60 Conditions Art. 61 Crédits fédéraux Art. 62 Demandes Art. 63 Montant des crédits et intérêts Art. 64 Durée, remboursement et restitution Chapitre 8 Dispositions finales Section 1 Exécution Art. 65 Exécution par la Confédération Art. 66 Exécution par les cantons Art. 66a Géoinformation Section 2 Abrogation et modification du droit en vigueur Art. 67 Abrogation du droit en vigueur Art. 68 Modification du droit en vigueur Section 3 Entrée en vigueur Art. 69 Disposition transitoire de la modification du 2 février 2000 Disposition transitoire de la modification du 17 août 2016 Annexe | mixed |
307e6d59-aee9-469b-af78-9cc361fabee5 | Sachverhalt
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BGE 135 II 313 S. 314
Par acte d'abandon de biens et cession en lieu de partage du 19 juin 1987, C.X. a cédé à ses fils A.X. et B.X. tous ses biens immobiliers agricoles, soit les domaines de D. et E., à l'exception du pâturage dit de F. B.X. a acquis le domaine de D. du registre foncier de G. et A.X. celui de E. dudit registre foncier, par acte de partage du 2 juillet 1997. Postérieurement à ce partage, l'alpage de F. a été affermé à B.X.
L'alpage de F., situé à une altitude de 995 mètres, comprend, outre des pâturages, un chalet d'alpage avec une installation adaptée à la fabrication du fromage et des étables avec un système de traite directe. Il a été exploité durant de nombreuses années par C.X. et ses deux fils, principalement A.X. A l'époque, les intéressés dormaient et fabriquaient du fromage sur place de mai à fin septembre. Depuis que l'alpage de F. a été affermé à B.X., celui-ci l'exploite de début mai à fin septembre de chaque année. Durant cette période, B.X. ne séjourne ni ne fabrique de fromage sur place. Par contre, il effectue la traite du bétail au chalet de F. Cet alpage supporte actuellement une charge de trente vaches pendant cent dix jours et de seize génisses pendant trente jours.
C.X. est décédé en 2005. Son testament contenait la disposition suivante:
"J'attribue par une règle de partage mon gîte de "F." à mes deux fils agriculteurs, A.X. et B.X. Ceux-ci devront se partager "F." selon les règles: "F." est divisé par une route en deux lots, le haut et le bas. Le haut sera attribué à mon fils A.X. et le bas, avec le chalet de "F.", à mon fils B.X."
Saisie par l'exécuteur testamentaire, l'Autorité foncière cantonale du canton de Fribourg (ci-après: l'Autorité foncière) a constaté, par décision du 23 juin 2006, que l'alpage F. constituait une entreprise agricole et que, partant, il tombait sous le coup de l'interdiction de
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partage. Elle a retenu que cet alpage devait se distinguer des propriétés traditionnelles de la région préalpine. En effet, le climat à 995 mètres offrait des conditions de travail qui permettaient de gérer une exploitation à l'année. Par ailleurs, ayant procédé à une inspection des lieux, l'Autorité foncière a retenu que le complexe en cause possédait des bâtiments ruraux en très bon état et des équipements de traite qui permettaient un travail rationnel. De plus, le chalet comprenait un local de transformation du lait. Le bâtiment présentait une partie habitable, certes aménagée en rapport aux conditions alpestres, mais d'une surface importante. Le gîte était en outre situé dans une zone habitable à l'année. Ainsi, l'ensemble des bâtiments devait pouvoir servir de base à la production agricole, indépendamment de l'usage effectif qui en était fait. Enfin, au vu de la charge de bétail du complexe, celui-ci répondait à la condition légale de trois quarts d'une unité de main d'oeuvre standard, condition posée pour être considéré comme entreprise agricole.
Par arrêt du 25 septembre 2008, le Tribunal cantonal du canton de Fribourg (ci-après: le Tribunal cantonal) a rejeté le recours de A.X et confirmé que l'alpage F. constituait une entreprise agricole.
Le Tribunal fédéral a admis le recours de A.X., annulé l'arrêt attaqué et jugé que l'alpage en cause n'était pas une entreprise agricole et que, partant, il n'était pas soumis à l'interdiction de partage matériel imposé aux entreprises agricoles.
(résumé) Erwägungen
Extrait des considérants:
2.
2.1
2.1.1
Se pose la question du droit applicable puisque la loi fédérale sur le droit foncier rural a été modifiée alors que la présente procédure était pendante devant le Tribunal cantonal. En effet, le 1
er
septembre 2008 est entrée en vigueur la novelle du 5 octobre 2007 (RO 2008 3585). Celle-ci a notamment modifié l'art. 7 de la loi fédérale du 4 octobre 1991 sur le droit foncier rural (LDFR; RS 211.412.11), disposition qui définit l'entreprise agricole, du point de vue de son volume, en recourant au concept d'unité de main-d'oeuvre standard (ci-après: UMOS), ladite unité ayant passé d'un minimum de 0.75 UMOS à 1 UMOS. Auparavant, la loi faisait appel à la notion de moitié des forces de travail annuelles d'une famille paysanne (cf. sur la modification, CAROLINE EMERY, Le droit de
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préemption en droit foncier rural, 2005, p. 93; THOMAS MEYER, Der Gewinnanspruch der Miterben im bäuerlichen Bodenrecht, 2004, p. 107 ss).
L'Autorité foncière cantonale, qui a rendu sa décision en constatation le 23 juin 2006, a appliqué l'
art. 7 LDFR
dans son ancienne teneur. Dans son arrêt du 25 septembre 2008, le Tribunal cantonal s'est basé sur la nouvelle disposition sans en expliquer les raisons.
2.1.2
Le Message du 17 mai 2006 concernant l'évolution future de la politique agricole (Politique agricole 2001; FF 2006 6027, 6180 ch. 3.5.1) a précisé qu'en raison de l'élévation des exigences en matière de besoin minimal en travail susmentionnée, "un certain nombre d'entreprises ne pourront plus être considérées comme des entreprises agricoles. Il est donc indispensable de définir l'état de fait pertinent et la date à laquelle le nouveau seuil minimal est applicable. ... il est prévu de déclarer applicables à la présente révision les dispositions transitoires édictées au moment de l'entrée en vigueur de la loi." De fait, selon l'
art. 95b LDFR
, les dispositions transitoires des
art. 94 et 95 LDFR
s'appliquent à la modification du 5 octobre 2007. L'
art. 95 al. 2 LDFR
prévoit que les procédures d'autorisation et de recours qui sont en cours au moment de l'entrée en vigueur de la présente loi sont liquidées selon le nouveau droit si, à ce moment-là, l'inscription de l'acte juridique n'était pas encore requise auprès de l'office du registre foncier.
Est ici en cause, non pas une procédure d'autorisation, mais une procédure en constatation qui n'est pas mentionnée par l'
art. 95 al. 2 LDFR
. Toutefois le Message du 19 octobre 1988 à l'appui des projets de loi fédérale sur le droit foncier rural ... (FF 1988 III 889 ad art. 101) utilise l'expression plus générale de "procédures en cours" et précise: "le nouveau droit ne s'applique aux procédures en cours que si l'inscription des actes juridiques n'était pas encore requise auprès de l'office du registre foncier au moment de son entrée en vigueur (2
e
al.). Ainsi, l'acte juridique, dont le prix n'aura été déclaré licite qu'à titre provisionnel par une décision de constatation, sera-t-il régi par le nouveau droit." Dès lors, il convient d'appliquer l'
art. 95 al. 2 LDFR
par analogie à la procédure en constatation. Cette application est confortée par le fait qu'une décision en constatation sera, le cas échéant, suivie par une procédure d'autorisation (d'acquisition, de partage matériel, etc.). Or, dans le cadre d'une procédure d'autorisation consécutive à une procédure en constatation,
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l'autorité compétente est en principe liée par sa décision en constatation (EDUARD HOFER, in Le droit foncier rural, Commentaire de la loi fédérale sur le droit foncier rural du 4 octobre 1991 [ci-après: Le droit foncier rural], 1998, n° 9 ad
art. 84 LDFR
). Ainsi, l'
art. 95 al. 2 LDFR
prévoyant d'appliquer le nouveau droit aux procédures d'autorisation qui sont en cours au moment de l'entrée en vigueur de celui-ci, il s'impose d'appliquer également ce nouveau droit aux procédures en constatation en cours à ce moment-là, afin d'éviter l'application de l'ancien droit dans un cas et du nouveau droit dans l'autre.
En l'espèce, les parties ne prétendent pas que l'inscription de l'acte juridique dans le cadre du partage aurait déjà été requise auprès de l'office du registre foncier. Dès lors, l'
art. 7 LDFR
est applicable dans sa teneur de la novelle du 5 octobre 2007.
2.2
2.2.1
La novelle du 5 octobre 2007 a également modifié l'
art. 5 let. a LDFR
. Selon cette disposition dans sa nouvelle teneur, les cantons peuvent soumettre aux dispositions sur les entreprises agricoles les entreprises agricoles qui ne remplissent pas les conditions prévues à l'
art. 7 LDFR
relatives à l'unité de main d'oeuvre standard; la taille minimale de l'entreprise devant être fixée en une fraction d'unité de main-d'oeuvre standard et ne devant pas être inférieur à 0.75 unité.
Le droit cantonal étant ainsi réservé, le Grand Conseil du canton de Fribourg a édicté la loi du 8 octobre 2008 relative à la définition de l'entreprise agricole pour les années 2008 à 2011 (ci-après: la loi fribourgeoise relative à la définition de l'entreprise agricole; RSF 214.2.2). L'art. 1 de cette loi dispose que sont soumises aux dispositions sur les entreprises agricoles les entreprises agricoles qui exigent au moins 0.75 UMOS et qui remplissent les autres conditions fixées par l'
art. 7 LDFR
. Selon l'art. 2, ladite loi entre en vigueur avec effet rétroactif au 1
er
septembre 2008 et expire le 31 décembre 2011.
2.2.2
La loi fribourgeoise relative à la définition de l'entreprise agricole a été adoptée le 8 octobre 2008. Dès lors, ni l'Autorité foncière dans sa décision du 23 juin 2006, ni le Tribunal cantonal dans son arrêt du 25 septembre 2008 ne pouvaient appliquer ladite loi, bien qu'elle mentionne une entrée en vigueur au 1
er
septembre 2008.
La question du droit applicable devant le Tribunal fédéral se pose. La loi cantonale susmentionnée ne contient pas de disposition
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transitoire. Dès lors, selon les principes généraux, la validité d'une décision doit être examinée selon le droit applicable au moment où elle a été prise (
ATF 112 Ib 39
consid. 1c p. 42). Il est fait exception à ce principe en application, par analogie, de l'
art. 2 Tit. fin. CC
lorsque les nouvelles règles sont établies dans l'intérêt de l'ordre public (
ATF 133 II 181
consid. 11.2.2 p. 206 concernant l'ordonnance du 15 décembre 1986 sur la protection contre le bruit;
ATF 127 III 16
consid. 3 p. 20 concernant la loi fédérale sur le droit foncier rural). Dans ce cas, le nouveau droit régit d'emblée tous les faits pour lesquels la loi n'a pas prévu d'exception, lorsque le changement de loi intervient pendant la procédure cantonale de recours (
ATF 99 Ia 113
consid. 9 p. 124/125 concernant la loi fédérale de 1971 sur la protection des eaux contre la pollution). Toutefois, étaient en cause, dans les affaires où le nouveau droit a été appliqué, des dispositions de droit fédéral. Tel n'est pas le cas de la présente cause où il s'agit d'une nouvelle disposition de droit cantonal. Le Tribunal de céans ne contrôle l'application d'une disposition de droit cantonal qu'avec un pouvoir limité à l'arbitraire. Or, le Tribunal de céans ne peut pas contrôler l'application de la disposition en cause puisque le Tribunal cantonal ne l'a pas appliquée, étant mentionné que le recourant ne se plaint pas de ce fait (
art. 106 al. 2 LTF
). Le Tribunal cantonal ne le pouvait du reste pas, puisqu'au moment où l'arrêt attaqué a été rendu, la nouvelle loi n'était pas encore adoptée. En outre, il ne revient pas au Tribunal fédéral d'appliquer l'art. 1 de la loi relative à la définition de l'entreprise agricole, en quelque sorte, en première et unique instance mais avec un pouvoir d'examen limité alors que les autorités cantonales auraient eu un plein pouvoir d'examen.
2.2.3
Dès lors, la loi fribourgeoise relative à la définition de l'entreprise agricole n'est pas applicable en l'espèce.
3.
Le seul point litigieux est de savoir si le domaine de F. constitue ou non une entreprise agricole au sens de l'art. 7 nouveau LDFR. Ce n'est que dans la première hypothèse, soit celle retenue par le Tribunal cantonal, qu'il serait soumis à l'interdiction de partage matériel de l'
art. 58 LDFR
.
4.
4.1
L'
art. 7 LDFR
dispose:
"
1
Par entreprise agricole, on entend une unité composée d'immeubles, de bâtiments et d'installations agricoles qui sert de base à la production agricole et qui exige, dans les conditions d'exploitation usuelles du pays,
BGE 135 II 313 S. 319
au moins une unité de main-d'oeuvre standard. Le Conseil fédéral fixe, conformément au droit agraire, les facteurs et les valeurs servant au calcul de l'unité de main d'oeuvre standard.
(...)
3
Pour apprécier, s'il s'agit d'une entreprise agricole, on prendra en considération les immeubles assujettis à la présente loi (art. 2).
4
Doivent, en outre, être pris en considération:
a. les conditions locales;
b. la possibilité de construire des bâtiments manquants nécessaires à l'exploitation ou de transformer, rénover ou remplacer ceux qui existent, lorsque l'exploitation permet de supporter les dépenses correspondantes;
c. les immeubles pris à ferme pour une certaine durée.
(...)"
Selon l'
art. 58 al. 1 LDFR
aucun immeuble ou partie d'immeuble ne peut être soustrait à une entreprise agricole (interdiction de partage matériel).
4.2
Pour sa part, l'art. 9 al. 1 de l'ordonnance du 7 décembre 1998 sur la terminologie agricole et la reconnaissance des formes d'exploitation (ordonnance sur la terminologie agricole, OTerm; RS 910.91) prévoit:
"
1
Par exploitation d'estivage, on entend une entreprise agricole qui:
a. sert à l'estivage d'animaux;
b. est séparée des exploitations des propriétaires du bétail estivé;
c. comprend des pâturages d'estivage (art. 26);
d. comprend des bâtiments ou des installations nécessaires à l'estivage;
e. est exploitée durant l'estivage, et
f. ne dépend pas d'autres exploitations d'estivage."
4.3
La loi fédérale sur le droit foncier rural est fondée sur deux concepts juridiques, soit ceux d'immeuble et d'entreprise agricoles (cf. art. 1 al. 2, art. 2 al. 1,
art. 6 et 7 LDFR
). L'ordonnance sur la terminologie agricole, qui contient les dispositions d'exécution nécessaires à la loi fédérale du 29 avril 1998 sur l'agriculture (loi sur l'agriculture, LAgr; SR 910.1), établit d'autres notions, relatives aux différentes formes d'exploitation que l'on peut trouver dans le domaine agricole, dont celle d'exploitation d'estivage. D'une manière générale, on peut dire que toutes les entreprises au sens de la loi fédérale sur le droit foncier rural sont des exploitations, l'inverse n'étant pas vrai, dans la mesure où la loi énonce des critères spécifiques tant qualitatifs que quantitatifs qui excluent certaines
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exploitations de l'appellation d'entreprise (JEAN-MICHEL HENNY, Questions choisies en matière de droit foncier rural, Revue suisse du notariat et du registre foncier 87/2006 p. 244).
Le traitement des exploitations d'estivage a toujours posé des problèmes d'incorporation tout d'abord en droit successoral paysan du Code civil, puis au régime de la loi fédérale sur le droit foncier rural. Celles-ci sont en effet utilisées comme le complément d'entreprises agricoles situées en plaine, pour l'estivage, et non pas comme des entités fondant des entreprises agricoles indépendantes (NEUKOMM/CZETTLER, Le droit successoral paysan, 5
e
éd. 1983, p. 91). En effet, ces exploitations ne sont utilisables que quelques mois par année (EDUARD HOFER, in Le droit foncier rural, n° 35 ad
art. 7 LDFR
) et ne sont souvent pas équipées en locaux techniques essentiels à une gestion de bétail conforme aux différentes exigences légales durant la majeure partie de l'année; elles ne comportent généralement pas de grange et les étables, quand il y en a, sont souvent rudimentaires. Ceci explique que la doctrine, en général, n'analyse pas les exploitations d'estivage comme des entités indépendantes mais s'interroge plutôt sur leur incorporation à l'entreprise de plaine du point de vue de l'unité géographique nécessaire à l'intégration d'immeubles dans une entreprise agricole (p. ex. SANDRA DOSIOS PROBST, La loi sur le droit foncier rural: objet et conditions du droit à l'attribution dans une succession ab intestat, 2002, n° 182 et 185 p. 90 ss; EMERY, op. cit., p. 92). Sous l'ancien droit agraire, le Tribunal fédéral avait d'ailleurs jugé, sous l'angle de l'unité géographique, qu'il n'est pas rare qu'une exploitation de plaine soit complétée par un alpage (
ATF 44 I 237
). Le législateur, lorsqu'il a adopté la loi fédérale sur le droit foncier rural, n'avait nullement pour but d'empêcher l'intégration de tels immeubles, situés dans la zone des collines ou de montagne, aux entreprises dont le centre se trouvait en plaine, pour autant que la distance les séparant ne soit pas excessive. Il ne s'agissait ainsi pas d'interdire les entreprises par étages (Stufenbetriebe) traditionnelles dans certaines régions de Suisse (cf. BRUNO BEELER, Bäuerliches Erbrecht, 1998, p. 72, avec référence aux travaux préparatoires; DOSIOS PROBST, op. cit., n° 182 p. 90 ss). Par contre, des motifs de rentabilité de l'exploitation et des raisons écologiques s'opposent à des déplacements trop importants et imposent d'assigner des limites à ce cas de figure.
A cet égard, les autorités cantonales n'ont pas retenu, en l'espèce, que le domaine en cause constituait un alpage lié à une exploitation
BGE 135 II 313 S. 321
agricole qui formerait un tout avec celle-ci. L'exploitation d'estivage doit donc être examinée en tant que telle, individuellement.
5.
Pour qu'une entreprise agricole soit reconnue comme telle, il faut tout d'abord la présence cumulative d'immeubles (a), de bâtiments (b) et d'installations agricoles (c) qui doivent former une unité (d). Il faut, en outre, que ces éléments servent de base à la production agricole (e) et que leur exploitation exige au moins une UMOS (f) (YVES DONZALLAZ, Commentaire de la loi fédérale du 4 octobre 1991 sur le nouveau droit foncier rural [ci-après: Commentaire], 1993, n° 90 ad
art. 7 LDFR
p. 47;
le même
, Quelques problèmes relatifs à la LDFR [ci-après: Problèmes LDFR], Revue valaisanne de jurisprudence 1993 p. 337, 344; DOSIOS PROBST, op. cit., n° 174 p. 87; HOFER, op. cit., n° 29 ad
art. 7 LDFR
).
5.1
Les immeubles (a) mentionnés à l'
art. 7 LDFR
sont ceux de l'
art. 655 al. 2 CC
, sauf les mines (DONZALLAZ, Commentaire, n° 91 ad
art. 7 LDFR
p. 47; MEYER, op. cit., p. 97 ss, spéc. 99). Le fait que l'alpage en cause comporte des biens-fonds (
art. 655 al. 2 ch. 1 CC
) appropriés à un usage agricole (
art. 6 et 7 al. 3 LDFR
) ne fait aucun doute et ce point n'est pas contesté par le recourant.
5.2
5.2.1
Les bâtiments agricoles (b) sont ceux servant, d'une part, à l'habitation et, d'autre part, à l'exploitation - p. ex. les locaux techniques, granges et étables - (YVES DONZALLAZ, Traité de droit agraire suisse: droit public et droit privé [ci-après: Traité], vol. II, 2006, p. 347; DOSIOS PROBST, op. cit., n° 177 ss p. 88; HOFER, op. cit., n° 23 ad
art. 7 LDFR
p. 146; cf. aussi
ATF 121 III 75
consid. 3c p. 78). La loi ne définit pas la notion d'installations agricoles (c). Certaines peuvent être de nature immobilière et faire partie des bâtiments d'exploitation. Ainsi en est-il des silos ou des hangars. Leur nombre et leur variété dépendent du type d'agriculture, de son implantation géographique et de la grandeur de l'entreprise (DONZALLAZ, Traité, n° 2556 p. 355; DOSIOS PROBST, op. cit., n° 180 p. 89).
Les éléments principaux des bâtiments et des installations agricoles doivent être convenables (
ATF 82 II 4
consid. 2 p. 8). Pour juger si tel est le cas, seuls devraient être pris en compte les besoins normaux au regard des standards prévalant dans le monde agricole (DONZALLAZ, Traité, n° 2549 p. 353). La condition de l'existence de bâtiments d'exploitation, posée pour pouvoir qualifier un domaine
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d'entreprise agricole, doit être considérée comme remplie même si des réparations sont nécessaires et s'il y a lieu de compléter les bâtiments existants (DONZALLAZ, Traité, n
os
2532 et 2539 p. 348 ss). A cet égard, l'aménagement ou la rénovation de bâtiment doit être économiquement supportable. Il faut pour cela prendre en considération uniquement les revenus agricoles créés par l'entité concernée, comme l'impose l'
art. 7 al. 4 let. b LDFR
, et non des apports extérieurs (héritage, donation, etc.; cf. DONZALLAZ, Traité, n° 2755 p. 422). Les experts jouent un rôle primordial dans cette appréciation (JEAN-MICHEL HENNY, L'entreprise agricole au sens du droit foncier rural et du droit du bail à ferme agricole, Communications de droit agraire, 2003 I 133 ss, n° 2.1.3 p. 137). Quant aux locaux d'exploitation, ils doivent être adaptés au type d'agriculture choisi ainsi qu'à l'étendue de l'entreprise.
5.2.2
Le Tribunal fédéral, qui est un juge du droit, fonde son raisonnement juridique sur les faits retenus par l'autorité précédente (
art. 105 al. 1 LTF
), sauf s'ils ont été établis de façon manifestement inexacte ou en violation du droit au sens de l'
art. 95 LTF
(cf.
art. 105 al. 2 LTF
). Si le recourant entend s'écarter des constatations de fait de l'autorité précédente, il doit expliquer de manière circonstanciée en quoi les conditions de l'
art. 105 al. 2 LTF
seraient réalisées et la correction du vice susceptible d'influer sur le sort de la cause (
art. 97 al. 1 LTF
). A ce défaut, un état de fait divergent de celui de la décision attaquée ne peut être pris en compte. En particulier, l'autorité de céans n'entre pas en matière sur des critiques de type appellatoire portant sur l'état de fait ou sur l'appréciation des preuves (cf.
ATF 133 II 249
consid. 1.4 p. 254/255;
ATF 133 IV 286
consid. 6.2 p. 288; voir aussi arrêt 4A_326/2007 du 29 novembre 2007 consid. 4.1).
L'arrêt entrepris retient que "le chalet est habitable, et le local de transformation du fromage est utilisable". Il mentionne en outre que "le complexe d'alpage possède des ruraux en très bon état et des équipements de traite qui permettent un travail rationnel. (...) Enfin, le bâtiment présente une partie habitable, certes aménagée selon des conditions alpestres, mais d'une surface importante".
Le recourant estime que le gîte de F., bien que disposant de volumes importants, n'est pas habitable à l'année. D'ailleurs, alors qu'ils y fabriquaient du fromage, C.X. et lui-même n'y séjournaient que de mai à fin septembre. De coûteux travaux devraient être entrepris en
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ce qui concerne le chauffage et le sanitaire. En outre, le recourant prétend que les installations sont vétustes: le local de fabrication du fromage n'est plus utilisé depuis 1997 et nécessiterait des travaux pour être à nouveau exploitable; la presse ne fonctionne plus; l'alimentation en eau est insuffisante; il n'y a plus de chaudière; la chambre à lait est trop petite. Ainsi, à défaut de logement habitable toute l'année et d'installations agricoles utilisables en l'état ni réparables étant donné que le coût des travaux ne pourrait être supporté par le revenu engendré par le domaine, celui-ci ne pourrait être considéré comme une entreprise.
Le recourant prétend ainsi, de façon implicite, que l'état de fait retenu par le Tribunal cantonal est manifestement inexact, puisque, selon lui, l'habitation n'est pas dans le bon état décrit par le Tribunal cantonal et les installations agricoles ne sont pas utilisables telles quelles alors que l'arrêt du Tribunal cantonal mentionne le contraire. Il est vrai que l'arrêt est extrêmement succinct dans sa description des bâtiments et installations et de leur état. Pourtant ces faits sont importants pour la qualification d'entreprise agricole (cf. consid. 5.2.1). Toutefois, les critiques du recourant sont essentiellement appellatoires. L'intéressé n'explique pas de la manière exigée en quoi l'état de fait retenu par le Tribunal cantonal serait manifestement inexact ou violerait le droit, en particulier serait arbitraire, et ces prétendues inexactitudes ne sont pas manifestes. Le grief est insuffisamment motivé au regard des art. 42 al. 2 et 106 al. 2 LTF et, partant, irrecevable.
5.2.3
Comme susmentionné, pour être reconnus comme entreprise agricole, les bâtiments et installations agricoles nécessaires à un domaine doivent être convenables (cf. consid. 5.2.1). L'arrêt du Tribunal cantonal mentionne que le chalet, aménagé selon des conditions alpestres, est toutefois habitable, la partie rurale en très bon état, le local de transformation du fromage utilisable et que les équipements de traite permettent un travail rationnel. Il faut ainsi conclure que les bâtiments et les installations agricoles sont dans un état convenable par rapport aux exigences prévalant en économie rurale alpestre. Quant à la partie rurale, elle est adaptée au type d'activité choisi, soit uniquement le bétail.
Il n'est ainsi pas contestable que F. dispose de bâtiments équipés de manière suffisante, d'un point de vue technique, pour permettre une exploitation correcte d'un alpage. Autre est la question de
BGE 135 II 313 S. 324
savoir s'il en est de même s'agissant d'admettre l'existence d'une entreprise agricole. Ce point étant lié à la condition du centre d'existence de l'exploitant (cf. consid. 5.3.1) il sera tranché ci-après (cf. consid. 5.3.3).
5.3
5.3.1
L'exploitation doit former une unité (d) tant sous l'angle économique que géographique. Il faut en principe qu'une seule personne gère et dirige la totalité des immeubles agricoles avec les mêmes moyens humains, financiers et matériels depuis un centre d'exploitation (DONZALLAZ, Traité, n° 2656 p. 390). En outre, les bâtiments et installations, avec les terres qui y sont rattachées, constituant le domaine agricole, doivent être propres à constituer le centre d'existence du paysan et de sa famille (HOFER, op. cit., n° 35 p. 150; HENNY, op. cit., n° 2.1.2 p. 136) et la base de l'exploitation de l'entreprise agricole (
ATF 110 II 304
consid. 2a p. 306;
ATF 107 II 375
consid. 2c/bb p. 378; BEAT STALDER, Die verfassungs- und verwaltungsrechtliche Behandlung unerwünschter Handänderungen im bäuerlichen Bodenrecht, 1993, p. 95).
5.3.2
Selon l'arrêt attaqué, le fait que l'alpage n'ait jamais été exploité en hiver et que le chalet n'ait jamais été habité durant cette saison est un fait dénué de pertinence. L'essentiel est que l'ensemble du domaine peut servir de base à la production agricole, indépendamment de l'usage effectif qui en est fait, puisque le complexe en cause comporte toutes les installations nécessaires à un usage agricole, le local de transformation du fromage étant utilisable et le chalet étant habitable toute l'année. Ainsi, le Tribunal cantonal estime implicitement que le domaine de F. peut constituer le centre d'existence de l'exploitant et la base de l'exploitation de l'entreprise agricole.
Selon le recourant, F. ne permet qu'une utilisation pendant environ cent dix jours pour trente vaches, et pendant trente jours pour seize génisses. Le reste de l'année, l'exploitant doit disposer de pâturages supplémentaires ou d'autres moyens pour assurer la subsistance de son bétail. Ainsi, contrairement à ce qu'a retenu le Tribunal cantonal, F. ne serait pas un domaine exploitable toute l'année et ne pourrait être utilisé qu'en complément d'une entreprise agricole. Il ne constituerait dès lors pas le centre d'existence de l'exploitant.
5.3.3
Il ressort des faits que F. n'a jamais été le centre d'existence des personnes qui s'en sont occupées. En effet, ni C.X. et A.X., ni
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B.X. par la suite, n'ont habité à l'année sur l'alpage lorsqu'ils exploitaient le domaine. En outre, les intéressés n'ont jamais eu que cet alpage à gérer. C.X. l'exploitait en parallèle avec d'autres domaines (lesquels comprenaient notamment, selon l'acte d'abandon de biens et cession en lieu de partage du 19 juin 1987, une habitation, un garage, une grange, une écurie, des prés et des champs) qui semblaient constituer son exploitation principale. Les deux frères ont également des domaines agricoles autres que celui de F. et des habitations en plaine proches des zones habitées. Ainsi, F. a toujours été exploité en sus d'un domaine principal et n'est utilisé qu'une centaine de jours par année, ce qui correspond d'ailleurs pleinement à sa nature de pâturages d'estivage. Pour la majeure partie de l'année, l'exploitant doit ainsi trouver un autre gîte pour son bétail qu'il faut nourrir. Il semble en effet qu'il ne dispose pas de prairie de fauche. En outre, ce domaine ne comporte pas de grange ou de silo pour stocker la nourriture du bétail. Au vu de ces éléments, le domaine de F. ne saurait constituer le centre d'existence de celui qui s'en occupe, puisqu'il ne bénéficie notamment pas des bâtiments nécessaires à une exploitation tout au long de l'année. Il lui manque dès lors au moins deux des éléments nécessaires à la qualification d'entreprise agricole. Le fait de devoir tenir compte des conditions locales (
art. 7 al. 4 let. a LDFR
) ne permet pas de pallier à cette carence. Peu importe, dès lors, le nombre d'UMOS qu'exige le domaine de F. Au surplus, on relèvera que la reconnaissance d'une UMOS au moins sur une exploitation ne saurait permettre d'affirmer, indépendamment de l'étude de sa structure, qu'elle constitue une entreprise agricole (art. 8 lit. b LDFR).
Le domaine de F. n'étant pas une entreprise agricole, il n'est pas soumis au régime des entreprises agricoles mais uniquement à celui des immeubles agricoles (
art. 6 LDFR
). Au demeurant, soumettre les exploitations d'alpage au régime légal des immeubles agricoles et non à celui des entreprises agricoles va dans le sens du système instauré par la loi fédérale du 4 octobre 1985 sur le bail à ferme agricole (LBFA; RS 221.213.2). L'
art. 1 al. 3 LBFA
prévoit en effet expressément que les dispositions relatives au bail des immeubles agricoles - et non des entreprises agricoles - s'appliquent également au bail des allmends, alpages et pâturages (sur la volonté d'harmonisation des concepts dans les différentes lois touchant le domaine agricole cf. YVES DONZALLAZ, Les mutations de la LDFR dans un contexte législatif évolutif: Constitution fédérale, LAT, LAgr, Revue suisse du notariat et du registre foncier 85/2004 p. 24).
BGE 135 II 313 S. 326
5.4
Au vu de ce qui précède, l'alpage de F. ne répond pas aux conditions de l'
art. 7 al. 1 LDFR
définissant l'entreprise agricole puisqu'il n'est pas propre à constituer le centre d'existence de son exploitant. Partant, il n'est pas soumis à l'
art. 58 al. 1 LDFR
interdisant le partage des entreprises agricoles.
6.
6.1
Le domaine, tel que décrit dans l'arrêt attaqué, correspond à la définition de l'exploitation d'estivage (étant précisé que la notion d'entreprise agricole utilisée dans cette disposition (recte: à l'
art. 9 al. 1 OTerm
) ne correspond pas à celle de l'
art. 7 LDFR
et ne constitue pas un renvoi à cette disposition).
En effet, le domaine de F. sert à l'estivage des animaux (
art. 9 al. 1 let. a OTerm
). En outre, on peut déduire de l'arrêt attaqué que B.X., qui s'occupe actuellement de F., possède une exploitation agricole qui est séparée dudit domaine (
art. 9 al. 1 let. b OTerm
), puisque C.X. a cédé à son fils B.X. le domaine agricole de D. Il ressort de plus du dossier que l'alpage en cause ne serait constitué que de pâturages d'estivage (
art. 9 al. 1 let
. c OTerm; cf.
art. 26 OTerm
et art. 1 al. 2 de l'ordonnance du 7 décembre 1998 sur le cadastre de la production agricole et la délimitation de zones [ordonnance sur les zones agricoles; RS 912.1]) et que les bâtiments et installations qu'il comporte, outre la partie habitable de l'immeuble, sont uniquement ceux nécessaires au bétail (
art. 9 al. 1 let
. d OTerm). F. n'est, conformément à l'
art. 9 al. 1 let
. e OTerm, exploité que pendant l'estivage (par opposition au pâturage de l'
art. 7 let
. let. b OTerm). Finalement, au vu des faits de l'arrêt attaqué, F. ne dépend pas d'autres exploitations d'estivage (
art. 9 al. 1 let
. f OTerm). Ainsi, toutes les conditions de l'exploitation d'estivage sont remplies.
Va également dans le sens d'une qualification d'exploitation d'estivage le fait que l'estimation du prix licite du 23 juin 2006 de l'Autorité foncière se base sur les "pâquiers normaux" que représente F. Or, le recours à la notion de pâquier - laquelle correspond à une unité de calcul de la charge en bétail admissible sur une surface donnée - est typique de l'estimation des exploitations d'estivage et de pâturages ou de pâturages communautaires (cf.
art. 1 al. 1,
art. 6 et
art. 10 de l'ordonnance du 14 novembre 2007 sur les contributions d'estivage [OCest; RS 910.133]
).
6.2
Les exploitations d'estivage ne constituent jamais le centre de l'existence du paysan et de sa famille et, par conséquent, ne
BGE 135 II 313 S. 327
remplissent pas les conditions de l'entreprise agricole. La définition même de l'exploitation d'estivage exclut en effet qu'elle puisse être le centre d'existence de celui qui l'exploite puisqu'elle implique uniquement une utilisation estivale.
6.3
On comprend certes le souci des autorités qui souhaitent que ce type d'exploitation soit considéré comme une entreprise agricole afin de jouir de la protection des dispositions régissant celle-ci, notamment de l'interdiction du démantèlement - avec les conséquences économiques que cela peut avoir - ce qui permettrait, entre autres, de préserver le patrimoine culturel de régions en possédant. Il n'en demeure pas moins que tout le régime légal de la loi fédérale sur le droit foncier rural, qu'il soit de droit public ou de droit privé, est fondé sur la distinction entre immeuble et entreprise agricoles, de sorte qu'on ne peut y intégrer un concept intermédiaire. Il incomberait, le cas échéant, au législateur de prendre en considération les conséquences engendrées par la soumission des exploitations d'estivage au régime des immeubles et non à celui des entreprises agricoles pour modifier la législation en vigueur.
7.
Il suit de ce qui précède que le recours doit être admis dans la mesure où il est recevable et l'arrêt attaqué annulé. Le domaine de F. ne constitue pas une entreprise agricole et n'est pas soumise à l'interdiction de partage matériel imposée à ce type d'entreprise.
L'intimé, qui a conclu au rejet du recours, supportera les frais de la procédure (
art. 66 al. 1 LTF
) et versera des dépens au recourant (
art. 68 al. 1 LTF
).
L'admission du recours implique une autre répartition des frais devant l'instance inférieure. Le Tribunal cantonal réglera à nouveau le sort de ces frais (
art. 67 LTF
). | mixed |
92d20d48-7045-4bc8-9bd6-7010afa7365f | 921.01 1 Ordinanza sulle foreste (OFo) del 30 novembre 1992 (Stato 1° luglio 2021) Il Consiglio federale svizzero, visti l’articolo 49 della legge federale del 4 ottobre 19911 sulle foreste (LFo) e l’articolo 29 della legge del 7 ottobre 19832 sulla protezione dell’ambiente, ordina: Capitolo 1: Definizioni Art. 1 Foresta (art. 2 cpv. 4 LFo) 1 I Cantoni stabiliscono, entro i limiti seguenti, i valori per cui una superficie coperta da alberi è considerata foresta: a. superficie, incluso un margine idoneo: 200–800 m2 3; b. larghezza, incluso un margine idoneo: 10–12 metri; c. età del popolamento in caso di estensione boschiva spontanea: 10–20 anni. 2 Il popolamento che adempie funzioni sociali o protettive particolarmente impor- tanti si considera foresta indipendentemente dalla sua superficie, dalla sua larghezza o dalla sua età. Art. 2 Pascoli alberati (art. 2 cpv. 2 LFo) I pascoli alberati sono superfici che servono all’allevamento di bestiame nonché alla selvicoltura sulle quali si alternano, in guisa di mosaico, estensioni boschive e pasco- li aperti. Art. 3 Impianti di sbarramento e terreni antistanti (art. 2 cpv. 3 LFo) 1 Gli impianti di sbarramento sono costruzioni che, impedendo all’acqua di scorrere in via naturale, formano l’accumulamento. RU 1992 2538 1 RS 921.0 2 RS 814.01 3 RU 1993 706 921.01 Foreste 2 921.01RREF 2 Per terreno immediatamente antistante ad un impianto di sbarramento si intende il terreno che confina a valle con l’impianto. Esso comprende in genere una striscia larga 10 metri. Capitolo 2: Protezione delle foreste da interventi nocivi Sezione 1: Dissodamento Art. 4 Definizione (art. 4 e 12 LFo) Non si considera dissodamento: a. l’impiego del suolo boschivo per edifici ed impianti forestali, nonché per pic- coli edifici e piccoli impianti non forestali; b. l’attribuzione di una foresta a zona protetta conformemente all’articolo 17 della legge del 22 giugno 19794 sulla pianificazione del territorio (LPT), se lo scopo della protezione è in sintonia con la conservazione della foresta. Art. 55 Autorizzazione di dissodamento, deposito pubblico 1 La domanda di dissodamento si presenta all’autorità direttiva della Confederazione per le opere che competono alla Confederazione, e all’autorità responsabile in base al diritto cantonale per le opere che competono ai Cantoni. 2 L’autorità pubblica la domanda ed espone gli atti per la consultazione. 3 L’Ufficio federale dell’ambiente6 (UFAM7) emana direttive concernenti il contenu- to di una domanda di dissodamento. Art. 68 Collaborazione tra l’UFAM e i Cantoni 1 Se la Confederazione è competente per autorizzare il dissodamento, la collabora- zione dell’UFAM e dei Cantoni è retta dall’articolo 49 capoverso 2 LFo. I Cantoni sostengono le autorità federali nell’accertamento dei fatti. 2 Per il calcolo della superficie di dissodamento, determinante per l’obbligo di con- sultare l’UFAM (art. 6 cpv. 2 LFo), si sommano tutti i dissodamenti: 4 RS 700 5 Nuovo testo giusta il n. II 17 dell’O del 2 feb. 2000 relativa alla LF sul coordinamento e la semplificazione delle procedure d’approvazione dei piani), in vigore dal 1° mar. 2000 (RU 2000 703). 6 La designazione dell’unità amministrativa è stata adattata in applicazione dell’art. 16 cpv. 3 dell’O del 17 nov. 2004 sulle pubblicazioni ufficiali (RU 2004 4937). 7 Nuova espr. giusta n. I 5 dell’O del 28 gen. 2015 che adegua ordinanze nel settore ambi- entale, legate in particolare agli accordi programmatici per il periodo 2016–2019, in vigore dal 1° gen. 2016 (RU 2015 427). Di detta mod.è stato tenuto conto in tutto il presente testo. 8 Nuovo testo giusta il n. II 17 dell’O del 2 feb. 2000 relativa alla LF sul coordinamento e la semplificazione delle procedure d’approvazione dei piani, in vigore dal 1° mar. 2000 (RU 2000 703). Foreste. O 3 921.01RREF a. chiesti nella domanda di dissodamento; b. eseguiti per la stessa opera durante i 15 anni precedenti la domanda, o che possono essere ancora eseguiti. Art. 7 Decisione di dissodamento 1 La decisione di dissodamento si pronuncia su: a. le superfici dei dissodamenti autorizzati e di quelli rifiutati, come pure i fondi interessati, con indicazione delle loro coordinate; b. il tipo e l’estensione dei provvedimenti compensativi e i fondi interessati da tali provvedimenti, con indicazione delle loro coordinate; c. i termini di validità dell’autorizzazione di dissodamento e i termini per l’adempimento degli obblighi ad esso legati, segnatamente quelli concernenti i provvedimenti compensativi; d. le opposizioni non regolate; e. altre eventuali condizioni ed oneri. 2 L’UFAM tiene una statistica dei dissodamenti autorizzati dalla Confederazione e dai Cantoni. I Cantoni mettono a disposizione dell’UFAM i dati necessari.9 Art. 8 Compenso in natura (art. 7 cpv. 1 LFo)10 1 Il compenso in natura è fornito con la costituzione di una superficie forestale delle stesse dimensioni della superficie dissodata, in un luogo che presenta condizioni simili dal profilo qualitativo. 2 Il compenso in natura comprende il terreno occorrente, la messa a dimora di piante come pure tutte le misure necessarie alla garanzia durevole della superficie di com- penso. 3 Le estensioni boschive spontanee e le superfici rimboschite volontariamente che non costituiscono ancora foresta possono essere riconosciute quale compenso in natura. Art. 8a11 Zone con superficie forestale in crescita (art. 7 cpv. 2 lett. a LFo) Dopo aver consultato l’UFAM, i Cantoni designano le zone con superficie forestale in crescita. La delimitazione di tali zone si basa sui rilevamenti effettuati dalla Con- federazione e dai Cantoni, si attiene in linea di principio alle unità topografiche e tiene conto dell’insediamento e dell’utilizzazione. 9 Introdotto dal n. II 17 dell’O del 2 feb. 2000 relativa alla LF sul coordinamento e la semplificazione delle procedure d’approvazione dei piani), in vigore dal 1° mar. 2000 (RU 2000 703). 10 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 14 giu. 2013, in vigore dal 1° lug. 2013 (RU 2013 1983). 11 Introdotto dal n. I dell’O del 14 giu. 2013, in vigore dal 1° lug. 2013 (RU 2013 1983). Foreste 4 921.01RREF Art. 9 Preservazione delle terre coltive e delle zone di pregio ecologico o paesistico particolare12 (art. 7 cpv. 2 lett. b LFo) 1 Si può rinunciare al compenso in natura in particolare nel caso delle superfici per l’avvicendamento delle colture.13 2 Sono di pregio ecologico particolare segnatamente: a. i biotopi ai sensi dell’articolo 18 capoverso 1bis della legge federale del 1° lu- glio 196614 sulla protezione della natura e del paesaggio (LPN); b. i territori delimitati come zone naturali protette ai sensi dell’articolo 17 LPT. 3 Sono di pregio paesistico particolare segnatamente: a. gli oggetti d’importanza nazionale ai sensi dell’ordinanza del 10 agosto 197715 riguardante l’inventario federale dei paesaggi, siti e monumenti natu- rali (OIFP); b. le zone palustri di particolare bellezza e d’importanza nazionale ai sensi dell’articolo 24sexies capoverso 5 della Costituzione federale16; c. i territori delimitati come zone protette ai sensi dell’articolo 17 LPT. Art. 9a17 Rinuncia al rimboschimento compensativo (art. 7 cpv. 3 lett. b LFo) In caso di progetti volti a garantire la protezione contro le piene e la rivitalizzazione delle acque è possibile rinunciare al rimboschimento compensativo, in particolare per le aree che non possono più essere ricoperte da foresta. Art. 1018 Art. 11 Menzione nel registro fondiario e comunicazione19 1 Su indicazione dell’autorità competente secondo l’articolo 6 capoverso 1 LFo, nel registro fondiario va iscritto l’obbligo di:20 a. fornire un compenso in natura o di adottare provvedimenti a favore della pro- tezione della natura e del paesaggio; 12 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 14 giu. 2013, in vigore dal 1° lug. 2013 (RU 2013 1983). 13 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 14 giu. 2013, in vigore dal 1° lug. 2013 (RU 2013 1983). 14 RS 451 15 [RU 1977 1962, 1983 1942, 1996 3264, 1998 788, 2010 1593 all. n. 2. RU 2017 2815 art. 11]. Vedi ora l’O del 29 mar. 2017 (RS 451.11). 16 [CS 1 3; RU 1988 352]. Questa disp. corrisponde ora all’art. 78 cpv. 5 della Cost. federale del 18 apr. 1999 (RS 101). 17 Introdotto dal n. I dell’O del 14 giu. 2013, in vigore dal 1° lug. 2013 (RU 2013 1983). 18 Abrogato dal n. I dell’O del 14 giu. 2013, con effetto dal 1° lug. 2013 (RU 2013 1983). 19 RU 1993 706 20 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). Foreste. O 5 921.01RREF b. effettuare un rimboschimento compensativo a posteriori in caso di cambia- menti dell’utilizzazione secondo l’articolo 7 capoverso 4 LFo.21 2 I Cantoni sorvegliano tutti i provvedimenti compensativi e ne comunicano la rea- lizzazione all’UFAM. Sezione 2: Accertamento del carattere forestale22 Art. 12 Decisione d’accertamento del carattere forestale23 (art. 10 cpv. 1 LFo) 1 La decisione d’accertamento del carattere forestale stabilisce se una superficie coperta o non coperta da alberi è considerata foresta oppure no e ne indica le coordi- nate. 2 La decisione di accertamento indica in un piano l’ubicazione e l’estensione della foresta come pure l’ubicazione dei fondi interessati. Art. 12a24 Delimitazione di margini statici della foresta al di fuori delle zone edificabili (art. 10 cpv. 2 lett. b LFo) Il Cantone designa nel piano direttore cantonale le zone nelle quali intende impedire l’incremento della foresta. Sezione 3: Circolazione di veicoli a motore (art. 15 cpv. 1 LFo) Art. 13 1 I veicoli a motore possono circolare su strade forestali a scopo di: a. salvataggio; b. controlli di polizia; c. esercitazioni militari; d. realizzazione di provvedimenti di protezione dalle catastrofi naturali; e.25 manutenzione delle reti di distribuzione degli offerenti di servizi delle tele- comunicazioni. 21 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 14 giu. 2013, in vigore dal 1° lug. 2013 (RU 2013 1983). 22 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 14 giu. 2013, in vigore dal 1° lug. 2013 (RU 2013 1983). 23 Introdotta dal n. I dell’O del 14 giu. 2013, in vigore dal 1° lug. 2013 (RU 2013 1983). 24 Introdotto dal n. I dell’O del 14 giu. 2013, in vigore dal 1° lug. 2013 (RU 2013 1983). 25 Nuovo testo giusta il n. II 61 dell’O del 1° dic. 1997, in vigore dal 1° gen. 1998 (RU 1997 2779). Foreste 6 921.01RREF 2 I veicoli a motore possono circolare in foresta fuori dalle strade forestali soltanto qualora si rivelasse indispensabile alla realizzazione di uno degli scopi menzionati al capoverso 1. 3 Le manifestazioni con veicoli a motore su strade forestali e nel resto della foresta sono vietate. Sezione 4: Edifici e impianti in foresta26 Art. 13a27 Edifici e impianti forestali (art. 2 cpv. 2 lett. b e 11 cpv. 1 LFo) 1 Edifici e impianti forestali, quali capannoni forestali, depositi di tondame, depositi coperti di legna da ardere e strade forestali possono essere costruiti o trasformati con l’autorizzazione dell’autorità secondo l’articolo 22 LPT28.29 2 L’autorizzazione è rilasciata solo se: a. gli edifici e gli impianti servono alla gestione regionale della foresta; b. il loro fabbisogno è dimostrato, l’ubicazione è appropriata e le dimensioni sono conformi alle condizioni regionali; e c. nessun interesse pubblico preponderante vi si oppone. 3 Sono fatte salve le altre condizioni previste dal diritto federale e cantonale. Art. 14 Coinvolgimento delle autorità forestali cantonali30 (art. 11 cpv. 1 e 16 LFo) 1 Prima di rilasciare autorizzazioni edilizie per edifici o impianti forestali in foresta, ai sensi dell’articolo 22 LPT, dev’essere sentita l’autorità forestale cantonale compe- tente. 2 Le autorizzazioni eccezionali per piccoli edifici o piccoli impianti non forestali in foresta ai sensi dell’articolo 24 LPT possono essere rilasciate solo d’intesa con l’au- torità forestale cantonale competente. 26 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 14 giu. 2013, in vigore dal 1° lug. 2013 (RU 2013 1983). 27 Introdotto dal n. I dell’O del 14 giu. 2013, in vigore dal 1° lug. 2013 (RU 2013 1983). 28 RS 700 29 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 12 mag. 2021, in vigore dal 1° lug. 2021 (RU 2021 294). 30 Introdotta dal n. I dell’O del 14 giu. 2013, in vigore dal 1° lug. 2013 (RU 2013 1983). Foreste. O 7 921.01RREF Capitolo 3: Protezione dalle catastrofi naturali Art. 15 Documenti di base 1 I Cantoni elaborano i documenti di base per la protezione dalle catastrofi naturali. Essi: a. tengono inventari riguardanti opere e installazioni importanti per la protezio- ne dalle catastrofi naturali (catasto delle opere di protezione); b. documentano gli eventi dannosi (catasto degli eventi) e, se necessario, ana- lizzano gli eventi dannosi di maggiore entità; c. allestiscono carte dei pericoli e pianificazioni d’emergenza in caso di eventi dannosi e le aggiornano periodicamente.31 2 Nell’elaborazione dei documenti di base, i Cantoni tengono conto dei lavori svolti dai servizi specializzati della Confederazione e delle loro direttive tecniche. 3 I Cantoni tengono conto dei documenti di base in ogni attività d’incidenza territo- riale, segnatamente nella pianificazione direttrice e d’utilizzazione. 4 Su richiesta, i Cantoni mettono i documenti di base a disposizione dell’UFAM e li rendono accessibili al pubblico in forma adeguata..32 Art. 16 Servizi di preallarme 1 Se la protezione della vita umana o di beni materiali considerevoli lo esige, i Can- toni istituiscono servizi di preallarme. Essi provvedono all’allestimento e alla gestio- ne delle pertinenti stazioni di misurazione e sistemi d’informazione. 2 Nell’istituzione e nella gestione dei servizi di preallarme, i Cantoni tengono conto dei lavori svolti dai servizi specializzati della Confederazione e delle loro direttive tecniche. 3 I Cantoni provvedono affinché i dati delle stazioni di misurazione e dei sistemi d’informazione siano messi a disposizione dell’UFAM, se quest’ultimo li richiede, e resi accessibili al pubblico in forma adeguata.33 Art. 17 Premunizione di zone soggette a catastrofi naturali (art. 19 LFo) 1 La premunizione di zone soggette a catastrofi naturali comprende: 31 Nuovo testo giusta il n. I 5 dell’O del 28 gen. 2015 che adegua ordinanze nel settore ambientale, legate in particolare agli accordi programmatici per il periodo 2016–2019, in vigore dal 1° gen. 2016 (RU 2015 427). 32 Introdotto dal n. I 21 dell’O del 7 nov. 2007 sulla nuova impostazione della perequazione finanziaria e della ripartizione dei compiti tra Confederazione e Cantoni (RU 2007 5823). Nuovo testo giusta l’all. 2 n. 13 dell’O del 21 mag. 2008 sulla geoinformazione, in vigore dal 1° lug. 2008 (RU 2008 2809). 33 Introdotto dal n. I 21 dell’O del 7 nov. 2007 sulla nuova impostazione della perequazione finanziaria e della ripartizione dei compiti tra Confederazione e Cantoni (RU 2007 5823). Nuovo testo giusta l’all. 2 n. 13 dell’O del 21 mag. 2008 sulla geoinformazione, in vigore dal 1° lug. 2008 (RU 2008 2809). Foreste 8 921.01RREF a. provvedimenti selvicolturali; b. provvedimenti edilizi per impedire danni causati da valanghe e, eccezional- mente, l’istallazione d’impianti per lo stacco preventivo di valanghe; c. provvedimenti concomitanti negli alvei, in relazione alla conservazione della foresta (sistemazione idraulico-forestale); d. opere contro frane e scoscendimenti di terreno, corrispondenti drenaggi non- ché provvedimenti di protezione contro l’erosione; e. opere contro la caduta di pietre o massi, incluse le opere di contenimento ed eccezionalmente il brillamento preventivo di materiale pericolante; f. spostamento d’edifici ed impianti minacciati in luoghi sicuri. 2 I lavori vanno combinati possibilmente con provvedimenti selvicolturali e di bio- ingegneria. 3 I Cantoni provvedono ad assicurare una pianificazione integrale che tenga conto segnatamente degli interessi di gestione della foresta, di protezione della natura e del paesaggio, della sistemazione dei corsi d’acqua, dell’agricoltura e della pianificazio- ne del territorio. Capitolo 4: Cura ed utilizzazione della foresta Sezione 1: Gestione della foresta Art. 18 Pianificazione forestale (art. 20 cpv. 2 LFo) 1 I Cantoni emanano prescrizioni per la pianificazione della gestione forestale. Esse definiscono segnatamente: a. i tipi di piani e il loro contenuto; b. i responsabili della pianificazione; c. gli obiettivi della pianificazione; d. le modalità per il conseguimento e l’utilizzazione delle basi di pianifica- zione; e. la procedura di pianificazione e di controllo; f. il riesame periodico dei piani. 2 Nei documenti di pianificazione forestale si registrano almeno le condizioni sta- zionali, le funzioni della foresta nonché la loro ponderazione. 3 Nel caso di pianificazioni d’importanza sovraziendale, i Cantoni provvedono affin- ché la popolazione: a. sia informata sugli scopi e sul decorso della pianificazione; b. possa partecipare adeguatamente; c. possa prenderne visione. Foreste. O 9 921.01RREF 4 Nei loro piani direttori, i Cantoni tengono conto dei risultati d’incidenza territoriale della pianificazione forestale.34 Art. 19 Provvedimenti selvicolturali (art. 20 LFo) 1 Sono provvedimenti selvicolturali tutti gli interventi di cura che contribuiscono a conservare o a ripristinare la continuità e la qualità del popolamento. 2 I provvedimenti di cura dei popolamenti giovani comprendono: a.35 la cura del novelleto e delle spessine, come pure il dirado delle perticaie al fine di ottenere popolamenti adatti alle condizioni stazionali, resistenti e capaci di adattarsi ai cambiamenti; b. i provvedimenti specifici alla cura del novellame nella foresta giardinata e nelle altre foreste a più strati, nella foresta cedua composta o semplice come pure nel margine stratificato della foresta; c. i provvedimenti di protezione contro i danni causati dalla selvaggina; d. la costruzione di sentieri nelle zone di difficile accesso. 3 Sono provvedimenti di dirado e di ringiovanimento: a. la ripulitura della tagliata e la creazione di un nuovo soprassuolo nonché i provvedimenti collaterali necessari; b. l’utilizzazione del legname e l’esbosco. 4 Le cure minime per mantenere la funzione protettiva consistono in misure che si limitano ad assicurare durevolmente la continuità del popolamento; il legname viene lasciato o usato sul posto se ciò non arreca pericolo. Art. 20 Taglio raso (art. 22 LFo) 1 Per taglio raso si intende lo sgombero completo o quasi di un popolamento, in con- seguenza del quale si instaurano sulla superficie tagliata condizioni ecologiche simili a quelle dei terreni aperti, o si causano considerevoli effetti nocivi per la stazione o i popolamenti vicini. 2 Non è taglio raso il solo sgombero del vecchio popolamento in seguito ad una rin- giovanimento sufficiente e consolidato. 34 Introdotto dal n. I 5 dell’O del 28 gen. 2015 che adegua ordinanze nel settore ambientale, legate in particolare agli accordi programmatici per il periodo 2016–2019, in vigore dal 1° mar. 2015 (RU 2015 427). 35 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). Foreste 10 921.01RREF Sezione 2: Materiale di riproduzione forestale Art. 21 Produzione e utilizzazione (art. 24 LFo) 1 I Cantoni provvedono all’approvigionamento con materiale di riproduzione fore- stale appropriato. 2 L’autorità forestale cantonale competente seleziona i popolamenti forestali da cui può essere ricavato materiale di riproduzione forestale. Essa annuncia all’UFAM i popolamenti di raccolta. 3 L’autorità forestale cantonale competente controlla la produzione a fini commer- ciali di sementi e parti di piante e rilascia certificati di provenienza. 4 A scopo forestale si può utilizzare esclusivamente materiale di riproduzione fore- stale di provenienza comprovata. 5 L’UFAM consiglia i Cantoni in merito: a. alla produzione, all’approvvigionamento e all’utilizzazione di materiale di riproduzione forestale; b. alla garanzia della molteplicità genetica; 6 L’UFAM tiene un catasto dei popolamenti di raccolta ed un catasto delle riserve genetiche. Art. 22 Importazione e esportazione (art. 24 LFo) 1 L’importazione di materiale di riproduzione forestale soggiace all’autorizzazione dell’UFAM. 2 L’autorizzazione è rilasciata se: a. il materiale di riproduzione forestale è idoneo alla coltura e la sua prove- nienza è attestata da certificato ufficiale; o b. l’importatore dichiara per scritto che il materiale di riproduzione forestale è utilizzato esclusivamente fuori della foresta. 2bis Per l’autorizzazione dell’importazione di materiale di riproduzione forestale geneticamente modificato si applicano le disposizioni dell’ordinanza del 10 settem- bre 200836 sull’emissione deliberata nell’ambiente; in questi casi sono tenute in considerazione pure le disposizioni della presente ordinanza.37 36 RS 814.911 37 Introdotto dall’art. 51 n. 3 dell’O del 28 feb. 2001 sulla protezione dei vegetali (RU 2001 1191). Nuovo testo giusta l’all. 5 n. 16 dell’O del 10 set. 2008 sull’emissione deliberata nell’ambiente, in vigore dal 1° ott. 2008 (RU 2008 4377). Foreste. O 11 921.01RREF 3 Il Dipartimento federale dell’ambiente, dei trasporti, dell’energia e delle comunica- zioni (DATEC)38 emana disposizioni concernenti la stesura di documenti d’esportazione di materiale di riproduzione forestale. Art. 23 Gestione aziendale (art. 24 LFo) 1 Gli essiccatoi forestali pubblici e privati, i vivai forestali e le aziende commerciali hanno l’obbligo di tenere un registro concernente la provenienza, la lavorazione, la riproduzione, la consegna e le scorte di materiale di riproduzione forestale. 2 Nelle offerte, sulle merci e nelle fatture essi informano gli acquirenti di materiale di riproduzione forestale in merito alla categoria e alla provenienza dello stesso. 3 L’UFAM controlla la gestione aziendale. Può avvalersi della collaborazione dei Cantoni. Art. 24 Disposizioni tecniche 1 Il DATEC emana un’ordinanza concernente l’applicazione delle disposizioni della presente sezione. 2 Esso può prevedere la possibilità di importare e di utilizzare a fini scientifici mate- riale di riproduzione forestale le cui idoneità e provenienza non sono comprovate. Sezione 3: Impiego di Sostanze pericolose per l’ambiente Art. 2539 L’impiego eccezionale di sostanze pericolose per l’ambiente nelle foreste è retto dall’ordinanza del 18 maggio 200540 sulla riduzione dei rischi inerenti ai prodotti chimici. Art. 26 e 2741 38 Nuova espr. giusta n. I 5 dell’O del 28 gen. 2015 che adegua ordinanze nel settore ambi- entale, legate in particolare agli accordi programmatici per il periodo 2016–2019, in vigore dal 1° gen. 2016 (RU 2015 427). Di detta mod.è stato tenuto conto in tutto il presente testo. 39 Nuovo testo giusta il n. II 21 dell’O del 18 mag. 2005 sull’abrogazione e la modifica di ordinanze in relazione con l’entrata in vigore della L sui prodotti chimici, in vigore dal 1° ago. 2005 (RU 2005 2695). 40 RS 814.81 41 Abrogati dal n. II 21 dell’O del 18 mag. 2005 sull’abrogazione e la modifica di ordinanze in relazione con l’entrata in vigore della L sui prodotti chimici, con effetto dal 1° ago. 2005 (RU 2005 2695). Foreste 12 921.01RREF Sezione 4: Prevenzione e riparazione dei danni alla foresta Art. 2842 Principi (art. 26 LFo) 1 Per danni alla foresta si intendono danni che possono mettere in grave pericolo la foresta e le sue funzioni e che sono causati da: a. eventi naturali quali tempeste, incendi o siccità; b. organismi nocivi quali determinati virus, batteri, vermi, insetti, funghi o piante. 2 La vigilanza e la lotta contro gli organismi nocivi particolarmente pericolosi è disciplinata dall’ordinanza del 31 ottobre 201843 sulla salute dei vegetali.44 Art. 2945 Prevenzione e riparazione dei danni alla foresta (art. 27 cpv. 1 LFo) I Cantoni provvedono a prevenire e a riparare i danni alla foresta in particolare mediante: a. provvedimenti tecnici e selvicolturali per la prevenzione e la lotta contro il fuoco; b. provvedimenti per la riduzione del carico fisico sul suolo; c. provvedimenti di vigilanza e di lotta contro gli organismi nocivi allo scopo di eliminarli, di contenerli o di limitare i danni. Art. 3046 Competenze della Confederazione (art. 26 cpv. 3 e 27a cpv. 2 LFo) 1 L’UFAM provvede alle basi per la prevenzione e la riparazione dei danni alla foresta. Coordina i provvedimenti di portata intercantonale e li stabilisce, se necessa- rio. 2 L’Istituto federale di ricerca per la foresta, la neve e il paesaggio (FNP) adempie, nei limiti del proprio mandato di base, i seguenti compiti: a. organizza, insieme ai servizi forestali cantonali, il rilevamento di dati impor- tanti ai fini della protezione della foresta; b. informa sulla comparsa di organismi nocivi o di altri fattori che possono met- tere in pericolo la foresta; 42 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 43 RS 916.20 44 Nuovo testo giusta l’all. 8 n. 7 dell’O del 31 ott. 2018 sulla protezione dei vegetali da organismi nocivi particolarmente pericolosi, in vigore dal 1° gen. 2020 (RU 2018 4209). 45 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 46 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). Foreste. O 13 921.01RREF c. presta consulenza in materia di protezione della foresta ai servizi specializza- ti federali e cantonali. Sezione 5: Danni causati dalla selvaggina (art. 27 cpv. 2 LFo) Art. 31 1 Se si producono danni causati dalla selvaggina nonostante la regolazione degli effettivi, si stabilisce un relativo piano di prevenzione. 2 Il piano di prevenzione comprende provvedimenti forestali, provvedimenti venatori e provvedimenti per migliorare e acquietare gli spazi vitali, nonché un controllo dell’efficacia dei provvedimenti assunti.47 3 Il piano di prevenzione costituisce parte integrante della pianificazione forestale. Capitolo 5: Formazione e documenti di base48 Sezione 1: Formazione e formazione continua49 Art. 3250 Formazione e formazione continua sul piano teorico e pratico (art. 29 cpv. 1 e 2 LFo) 1 L’UFAM, in collaborazione con le scuole universitarie, i Cantoni e altre organizza- zioni interessate, provvede al mantenimento delle conoscenze e delle capacità acqui- site durante gli studi, come pure all’introduzione d’innovazioni teoriche e pratiche. 2 I Cantoni offrono un numero sufficiente di posti per la formazione continua sul piano pratico e li coordinano fra di loro. La formazione continua sul piano pratico deve in particolare: a. essere orientata alla pianificazione, alla gestione e alla conservazione del bosco alla luce di tutte le funzioni della foresta; b. promuovere le competenze dirigenziali e le conoscenze amministrative; c. essere certificata da un attestato che provi le competenze e le conoscenze ac- quisite. 47 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 48 Nuovo testo giusta l’all. 2 n. 13 dell’O del 21 mag. 2008 sulla geoinformazione, in vigore dal 1° lug. 2008 (RU 2008 2809). 49 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2018 (RU 2016 3215). 50 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2018 (RU 2016 3215). Foreste 14 921.01RREF Art. 3351 Personale forestale (art. 29 cpv. 4 e 51 cpv. 2 LFo) 1 I Cantoni curano: a. la formazione professionale superiore dei forestali e gestiscono le scuole specializzate superiori necessarie a tale scopo; b. la formazione professionale continua del personale forestale in collaborazio- ne con le organizzazioni competenti del mondo del lavoro. 2 Prima dell’emanazione o dell’approvazione di prescrizioni sulla formazione dei forestali ai sensi degli articoli 19 capoverso 1, 28 capoverso 2 e 29 capoverso 3 della legge del 13 dicembre 200252 sulla formazione professionale è consultato l’UFAM. Art. 3453 Sicurezza sul lavoro (art. 21a e 30 LFo) 1 In collaborazione con organizzazioni specializzate, i Cantoni provvedono affinché alla manodopera forestale non qualificata siano offerti corsi per migliorare la sicu- rezza durante i lavori di raccolta del legname nella foresta. 2 I corsi riconosciuti dalla Confederazione devono riguardare le conoscenze di base sulla sicurezza sul lavoro, in particolare sull’abbattimento, la sramatura, la depezza- tura e l’esbosco a regola d’arte e in sicurezza di alberi e tronchi d’alberi; devono avere una durata di almeno dieci giorni. Art. 35 Coordinazione e documentazione (art. 29 cpv. 1 LFo) 1 ...54 2 L’UFAM gestisce un servizio centrale di coordinazione e documentazione per la formazione forestale. Sezione 2: ... Art. 36 e 3755 51 Nuovo testo giusta l’all. n. II 2 dell’O del 19 nov. 2003 sulla formazione professionale, in vigore dal 1° gen. 2004 (RU 2003 5047). 52 RS 412.10 53 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 54 Abrogato dal n. I 7.4 dell’O del 9 nov. 2011 (verifica delle commissioni extraparlamenta- ri), con effetto dal 1° gen. 2012 (RU 2011 5227). 55 Abrogati dal n. I dell’O del 17 ago. 2016, con effetto dal 1° gen. 2018 (RU 2016 3215). Foreste. O 15 921.01RREF Sezione 3:56 Rilevamenti Art. 37a57 (art. 33 e 34 LFo) 1 L’UFAM è competente per i rilevamenti dei dati sulle foreste. 2 In collaborazione con l’FNP, rileva: a. nell’inventario forestale nazionale, i dati di base concernenti le stazioni, le funzioni e lo stato delle foreste; b. i processi di sviluppo a lungo termine nelle riserve forestali naturali. 3 Nell’ambito del proprio mandato di base, l’FNP rileva il deterioramento degli ecosistemi forestali mediante programmi di ricerca a lungo termine. 4 L’UFAM informa le autorità e la popolazione in merito ai rilevamenti. Sezione 4:58 Promozione del legno Art. 37b Vendita e utilizzazione del legno derivante da produzione sostenibile (art. 34a LFo) 1 La vendita e l’utilizzazione del legno derivante da produzione sostenibile sono promossi unicamente in ambito precompetitivo e sovraziendale. 2 Possono essere sostenuti, in particolare, progetti di ricerca e sviluppo innovativi che ai fini di una gestione forestale sostenibile migliorano la base di dati disponibile, le possibilità di vendita e di utilizzazione del legno o l’uso efficiente delle risorse, come pure le relazioni pubbliche. 3 Su richiesta, i risultati e le informazioni acquisiti in relazione alle attività sostenute devono essere forniti all’UFAM. Art. 37c Utilizzazione del legno per costruzioni e impianti della Confederazione (art. 34b LFo) 1 L’ideazione, la pianificazione, l’edificazione e l’esercizio di costruzioni e impianti della Confederazione devono tenere conto dell’obiettivo di promuovere l’utilizza- zione del legno o di prodotti in legno. 2 Per la valutazione della sostenibilità del legno e dei prodotti in legno occorre tenere conto delle linee guida e delle raccomandazioni esistenti, come quelle, ad esempio, emanate dalla Conferenza di coordinamento degli organi della costruzione e degli immobili dei committenti pubblici. 56 Introdotta dall’all. 2 n. 13 dell’O del 21 mag. 2008 sulla geoinformazione, in vigore dal 1° lug. 2008 (RU 2008 2809). 57 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 58 Introdotta dal n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). Foreste 16 921.01RREF Capitolo 6:59 Aiuti finanziari (senza crediti d’investimento) e indennità Sezione 1: Disposizioni generali60 (art. 35 LFo) Art. 38 Gli aiuti finanziari e le indennità della Confederazione sono accordati soltanto se: a. i provvedimenti sono conformi alla pianificazione forestale; b. i provvedimenti sono necessari e appropriati; c. i provvedimenti sono consoni alle esigenze tecniche, economiche ed ecologi- che; d. le altre condizioni poste dal diritto federale sono soddisfatte; e. il coordinamento con i pubblici interessi di altri settori è garantito; f. la manutenzione successiva è garantita. Art. 38a61 Costi computabili 1 Per le indennità di cui all’articolo 39 capoversi 1 e 2 e all’articolo 40 capoverso 1 lettera c sono computabili unicamente i costi effettivamente sostenuti e strettamente necessari per adempiere in modo adeguato il compito sussidiabile. Vi rientrano le spese per la progettazione, l’acquisto del terreno, l’esecuzione e la terminazione. 2 Non sono computabili in particolare le tasse e le imposte nonché i costi che posso- no essere addossati a terzi che, in modo determinante, sono usufruttuari o responsa- bili di danni. 59 Nuovo testo giusta il n. I 21 dell’O del 7 nov. 2007 sulla nuova impostazione della perequazione finanziaria e della ripartizione dei compiti tra Confederazione e Cantoni, in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5823). 60 Nuovo testo giusta il n. I 5 dell’O del 28 gen. 2015 che adegua ordinanze nel settore ambientale, legate in particolare agli accordi programmatici per il periodo 2016–2019, in vigore dal 1° gen. 2016 (RU 2015 427). 61 Introdotto dal n. I 5 dell’O del 28 gen. 2015 che adegua ordinanze nel settore ambientale, legate in particolare agli accordi programmatici per il periodo 2016–2019, in vigore dal 1° gen. 2016 (RU 2015 427). Foreste. O 17 921.01RREF Sezione 2: Provvedimenti Art. 3962 Protezione da catastrofi naturali (art. 36 LFo) 1 Le indennità per i provvedimenti e per l’allestimento dei documenti di base sui pericoli sono di norma accordate globalmente. L’ammontare delle indennità globali è negoziato tra l’UFAM e il Cantone interessato ed è stabilito in base: a. al potenziale di pericolo e di danno; b. all’entità e alla qualità dei provvedimenti e della pianificazione. 2 Le indennità possono essere accordate nel singolo caso se i provvedimenti: a. interessano più di un Cantone; b. riguardano zone protette od oggetti registrati in inventari nazionali; c. richiedono una valutazione tecnica particolarmente complessa o specifica a causa delle possibili alternative o per altri motivi; oppure d. non erano prevedibili. 3 I contributi ai costi dei provvedimenti secondo il capoverso 2 sono compresi tra il 35 e il 45 per cento e sono stabiliti in base: a. al potenziale di pericolo e di danno; b. al grado di attuazione di un esame completo dei rischi; c. all’entità e alla qualità dei provvedimenti e della pianificazione. 4 Qualora un Cantone debba adottare provvedimenti di protezione straordinari e particolarmente onerosi, segnatamente in seguito a danni causati dal maltempo, il contributo della Confederazione secondo il capoverso 3 può, in via eccezionale, essere aumentato sino a un massimo del 65 per cento dei costi dei provvedimenti. 5 Non è accordata alcuna indennità per: a.63 provvedimenti necessari per proteggere costruzioni e impianti che al momen- to della loro realizzazione: 1. sono stati edificati in zone già delimitate quali pericolose o in regioni notoriamente pericolose, e 2. non erano necessariamente legati a tale ubicazione; b. provvedimenti volti a proteggere costruzioni e impianti turistici come telefe- riche, sciovie, piste da sci e sentieri che si trovano al di fuori degli insedia- menti. 62 Nuovo testo giusta il n. I 3 dell’O del 2 feb. 2011 (adeguamento allo sviluppo degli accordi programmatici nel settore ambientale), in vigore dal 1° mar. 2011 (RU 2011 649). 63 Nuovo testo giusta il n. I 5 dell’O del 28 gen. 2015 che adegua ordinanze nel settore ambientale, legate in particolare agli accordi programmatici per il periodo 2016–2019, in vigore dal 1° gen. 2016 (RU 2015 427). Foreste 18 921.01RREF Art. 40 Foresta di protezione64 (art. 37 LFo) 1 L’ammontare delle indennità globali destinate a provvedimenti necessari per garan- tire la funzione della foresta di protezione è stabilito in base:65 a. al potenziale di pericolo e di danno; b.66 al numero di ettari di foresta di protezione da curare; c.67 all’entità e alla pianificazione dell’infrastruttura necessaria per la cura della foresta di protezione; d. alla qualità della fornitura della prestazione. 2 L’ammontare delle indennità globali è negoziato tra l’UFAM e il Cantone interes- sato. 3 Il contributo, accordato tramite decisione formale, ai progetti scaturiti da eventi naturali eccezionali ammonta al massimo al 40 per cento dei costi ed è stabilito in base al capoverso 1 lettere a, c e d.68 Art. 40a69 Provvedimenti contro i danni alla foresta al di fuori della foresta di protezione (art. 37a LFo) 1 L’ammontare delle indennità globali destinate a provvedimenti per la prevenzione e la riparazione dei danni alla foresta al di fuori della foresta di protezione è stabilito in base: a. al pericolo rappresentato per le funzioni della foresta; b. al numero di ettari interessati da provvedimenti; c. alla qualità della fornitura della prestazione. 2 L’ammontare è negoziato tra l’UFAM e il Cantone interessato. 3 Le indennità possono essere accordate singolarmente se i provvedimenti non erano prevedibili e sono particolarmente onerosi. Il contributo ammonta al massimo al 40 per cento dei costi ed è stabilito in base al capoverso 1 lettere a e c. 64 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 65 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 66 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 67 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 68 Introdotta dal n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 69 Introdotto dal n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). Vedi anche la disp. trans. di detta mod. alla fine del presente testo. Foreste. O 19 921.01RREF Art. 40b70 Indennità per costi (art. 37b LFo) 1 Un’indennità può essere versata nei casi di rigore se singoli hanno subito un pre- giudizio particolarmente grave e non si può ragionevolmente pretendere che essi abbiano a sopportare il danno da sé. 2 Le domande di indennità, debitamente motivate, devono essere presentate al servi- zio cantonale competente dopo l’accertamento del danno, ma al più tardi a un anno dall’esecuzione dei provvedimenti. 3 Non è accordata nessuna indennità per perdita di guadagno o danni immateriali. 4 La Confederazione rimborsa ai Cantoni, nel quadro delle indennità globali di cui all’articolo 40a, dal 35 al 50 per cento delle spese cagionate dal versamento delle indennità. Art. 41 Diversità biologica nella foresta (art. 38 cpv. 1 LFo)71 1 L’ammontare degli aiuti finanziari globali destinati a provvedimenti che contribui- scono alla conservazione e al miglioramento della diversità biologica nella foresta è stabilito in base: a. al numero di ettari occupati da riserve forestali da delimitare e da curare; b.72 ... c. al numero di ettari occupati da spazi vitali, in particolare da margini forestali che servono per l’interconnessione; d. all’entità e alla qualità dei provvedimenti di promozione delle specie animali e vegetali che devono essere conservate in maniera prioritaria per la diversità biologica; e.73 al numero di ettari di superficie da delimitare al di fuori delle riserve forestali con un’alta percentuale di soprassuolo vecchio e di legno morto o con suffi- cienti alberi che presentano caratteristiche di particolare valore per la biodi- versità nella foresta (alberi-biotopo); f. al numero di ettari occupati da superfici coltivate secondo forme tradizionali di gestione forestale da curare, come i pascoli alberati, le foreste cedue com- poste e semplici e le selve; g. alla qualità della fornitura della prestazione. 2 L’ammontare degli aiuti finanziari globali è negoziato tra l’UFAM e il Cantone interessato. 70 Introdotto dal n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 71 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 72 Abrogata dal n. I dell’O del 17 ago. 2016, con effetto dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 73 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). Foreste 20 921.01RREF 3 Gli aiuti finanziari possono essere accordati soltanto se la protezione delle superfici ecologiche di cui al capoverso 1 lettere a e c–f è assicurata mediante contratti o altre soluzioni adeguate. 4 ...74 Art. 4275 Art. 43 Gestione forestale (art. 38a LFo)76 1 L’ammontare degli aiuti finanziari globali destinati a provvedimenti volti a miglio- rare la redditività della gestione forestale è stabilito:77 a.78 per le basi della pianificazione cantonale: secondo l’estensione della super- ficie forestale cantonale e della superficie forestale presa in considerazione nella pianificazione o in un’analisi dell’effetto dei provvedimenti; b.79 per il miglioramento delle condizioni di gestione delle aziende dell’economia forestale: in base all’entità e alla qualità dei provvedimenti di ottimizzazione previsti e attuati dal Cantone; c. per il deposito di legname in caso di sovrapproduzione straordinaria: in base alla quantità di legname che il mercato non è al momento in grado di assorbi- re; d. in base alla qualità della fornitura della prestazione; e.80 per la promozione della formazione professionale degli operai forestali: secondo il numero delle giornate di corso frequentate presso un organizza- tore di corsi riconosciuto dalla Confederazione; f.81 per la formazione pratica degli operatori forestali con un titolo universitario: secondo il numero delle giornate di formazione frequentate; g.82 per la cura dei popolamenti giovani: secondo il numero di ettari di popola- menti giovani da curare; 74 Abrogato dal n. I dell’O del 17 ago. 2016, con effetto dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 75 Abrogato dal n. I dell’O del 17 ago. 2016, con effetto dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 76 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 77 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 78 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 79 Nuovo testo giusta il n. I 5 dell’O del 28 gen. 2015 che adegua ordinanze nel settore ambientale, legate in particolare agli accordi programmatici per il periodo 2016–2019, in vigore dal 1° gen. 2016 (RU 2015 427). 80 Introdotta dal n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 81 Introdotta dal n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 82 Introdotta dal n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). Foreste. O 21 921.01RREF h.83 per l’adeguamento mirato dei popolamenti forestali alle condizioni climati- che in mutamento: secondo il numero di ettari di superficie interessati da provvedimenti; i.84 per la produzione di materiale di riproduzione forestale: secondo l’infra- struttura e l’equipaggiamento degli essicatoi forestali nonché il numero delle specie arboree importanti per la diversità genetica nelle piantagioni da seme; j.85 per l’adattamento o il ripristino di strutture di raccordo: secondo il numero di ettari di superficie forestale raccordata. 2 L’ammontare degli aiuti finanziari globali è negoziato tra l’UFAM e il Cantone interessato. 3 Gli aiuti finanziari globali per il miglioramento delle condizioni di gestione delle aziende dell’economia forestale sono accordati soltanto se: a. esiste un rapporto di cooperazione o un raggruppamento aziendale su base permanente; b. è utilizzata e smistata congiuntamente una quantità di legname significativa dal punto di vista economico; e c. è tenuta una contabilità commerciale. 4 Gli aiuti finanziari globali per la cura dei popolamenti giovani e per l’adeguamento mirato dei popolamenti forestali alle condizioni climatiche in mutamento sono ac- cordati solo se i relativi provvedimenti soddisfano i requisiti della selvicoltura natu- ralistica.86 5 Gli aiuti finanziari globali per la produzione di materiale di riproduzione forestale sono accordati solo se è stato presentato un progetto di costruzione o un piano di gestione approvato dal Cantone, corredato di preventivo e garanzia del finanziamen- to.87 Art. 44 Promovimento della formazione professionale (art. 39 LFo) 1 ...88 2 A titolo di compensazione per i costi professionali della formazione pratica in loco del personale forestale, la Confederazione accorda aiuti finanziari nel singolo caso sotto forma di importi forfettari pari al 10 per cento dei costi di formazione delle scuole forestali e dei corsi. 83 Introdotta dal n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 84 Introdotta dal n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 85 Introdotta dal n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). Vedi anche la disp. trans. di detta mod. alla fine del presente testo. 86 Introdotto dal n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 87 Introdotto dal n. I dell’O del 17 ago. 2016, in vigore dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). 88 Abrogato dal n. I dell’O del 17 ago. 2016, con effetto dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). Foreste 22 921.01RREF 3 Per l’allestimento di materiale didattico destinato al personale forestale, la Confe- derazione accorda aiuti finanziari nel singolo caso sino a un massimo del 50 per cento dei costi riconosciuti. 4 ...89 Art. 45 Ricerca e sviluppo (art. 31 LFo) 1 La Confederazione può accordare aiuti finanziari nel singolo caso sino a un massi- mo del 50 per cento dei costi per progetti di ricerca e di sviluppo dei quali non è mandante. 2 Essa può accordare aiuti finanziari nel singolo caso a istituzioni che promuovono e coordinano la ricerca e lo sviluppo, sino a concorrenza dell’importo fornito da terzi, a condizione che le sia riconosciuto un adeguato diritto di codecisione in seno alle stesse. Sezione 3: Procedura per la concessione di indennità o aiuti finanziari globali Art. 46 Domanda 1 Il Cantone presenta la domanda di indennità o aiuti finanziari globali all’UFAM. 2 La domanda contiene informazioni concernenti: a. gli obiettivi programmatici da raggiungere; b. i provvedimenti che saranno probabilmente necessari per il raggiungimento degli obiettivi e la relativa esecuzione; c. l’efficacia dei provvedimenti. 3 In caso di provvedimenti di portata intercantonale, i Cantoni garantiscono il coor- dinamento delle domande con i Cantoni interessati. Art. 47 Accordo programmatico 1 L’UFAM stipula l’accordo programmatico con l’autorità cantonale competente. 2 Oggetto dell’accordo programmatico sono in particolare: a. gli obiettivi programmatici strategici da raggiungere congiuntamente; b. la prestazione del Cantone; c. i sussidi della Confederazione; d. il controlling. 3 L’accordo programmatico è stipulato per una durata massima di quattro anni. 89 Abrogato dal n. I dell’O del 17 ago. 2016, con effetto dal 1° gen. 2017 (RU 2016 3215). Foreste. O 23 921.01RREF 4 L’UFAM emana direttive relative alla procedura in materia di accordi programma- tici, nonché alle informazioni e ai documenti riguardanti l’oggetto dell’accordo programmatico. Art. 48 Pagamento Le indennità e gli aiuti finanziari globali sono pagati a rate. Art. 49 Rendicontazione e controllo 1 Il Cantone presenta ogni anno all’UFAM un rapporto sull’impiego dei sussidi globali. 2 L’UFAM controlla a campione: a. l’esecuzione delle singole misure conformemente agli obiettivi programmati- ci; b. l’impiego dei sussidi versati. Art. 50 Adempimento parziale e sottrazione allo scopo 1 L’UFAM sospende totalmente o in parte i pagamenti rateali nel corso del pro- gramma se il Cantone: a. non adempie all’obbligo di rendicontazione (art. 49 cpv. 1); b. cagiona per colpa propria una grave inadempienza nella sua prestazione. 2 Se, dopo la conclusione del programma, risulta che la prestazione è stata eseguita solo parzialmente, l’UFAM ne esige la corretta esecuzione da parte del Cantone, stabilendo un termine adeguato. 3 Se impianti o installazioni per i quali sono stati accordati aiuti finanziari o indenni- tà sono sottratti al loro scopo, l’UFAM può esigere che il Cantone ordini, entro un termine adeguato, la cessazione della sottrazione allo scopo o il suo annullamento. 4 Se le lacune non sono colmate o la sottrazione allo scopo non cessa o non è annul- lata, la restituzione è retta dagli articoli 28 e 29 della legge del 5 ottobre 199090 sui sussidi (LSu). Sezione 4: Procedura per la concessione di indennità o aiuti finanziari nel singolo caso Art. 51 Domande 1 Le domande di indennità o aiuti finanziari nel singolo caso senza la partecipazione del Cantone devono essere presentate all’UFAM, tutte le altre al Cantone. 90 RS 616.1 Foreste 24 921.01RREF 2 Il Cantone esamina le domande presentategli e le trasmette all’UFAM corredate della sua proposta motivata, delle autorizzazioni cantonali già rilasciate e della decisione di sussidio cantonale. 3 L’UFAM emana direttive relative alle informazioni e ai documenti riguardanti la domanda. Art. 52 Concessione e pagamento dei sussidi 1 L’UFAM fissa l’ammontare dell’indennità o dell’aiuto finanziario mediante deci- sione o stipula a tal fine un contratto con il beneficiario del sussidio. 2 L’UFAM paga i sussidi a seconda dello stato di avanzamento del progetto. Art. 53 Adempimento parziale o sottrazione allo scopo 1 Se, nonostante un’intimazione, il beneficiario di indennità o aiuti finanziari asse- gnati non esegue i provvedimenti previsti o lo fa solo in modo parziale, le indennità o gli aiuti finanziari non sono pagati o sono ridotti. 2 Se sono stati pagati aiuti finanziari o indennità e il beneficiario, nonostante un’intimazione, non esegue la misura prevista o lo fa solo in modo insufficiente, la restituzione è retta dall’articolo 28 LSu91. 3 Se impianti o installazioni per i quali sono stati accordati indennità o aiuti finanzia- ri sono sottratti al loro scopo, l’UFAM esigere che il Cantone ordini la cessazione della sottrazione allo scopo o il suo annullamento, stabilendo un termine adeguato. 4 Se la sottrazione allo scopo non cessa o non è annullata, la restituzione è retta dall’articolo 29 LSu. Art. 54 Rendicontazione e controllo Per la rendicontazione e il controllo si applica per analogia l’articolo 49. Art. 55 a 59 Abrogati Capitolo 7: Crediti d’investimento Art. 60 Condizioni 1 Crediti d’investimento sono concessi se: a. l’investimento è necessario e idoneo alla protezione da catastrofi naturali o alla cura e all’utilizzazione della foresta; e b. la situazione finanziaria del richiedente lo esige. 91 RS 616.1 Foreste. O 25 921.01RREF 2 L’onere totale che ne deriva dev’essere sopportabile per il richiedente. 3 Il richiedente deve esaurire le proprie capacità finanziarie e avvalersi delle presta- zioni ricevute da terzi. 4 I crediti d’investimento non devono essere cumulati con crediti secondo la legge federale del 23 marzo 196292 sui crediti agricoli d’investimento e gli aiuti per la conduzione aziendale agricola o secondo la legge federale del 28 giugno 197493 sull’aiuto agli investimenti nelle regioni montane. 5 I Cantoni non ricevono alcun credito per i propri investimenti. 6 ...94 Art. 61 Crediti federali 1 L’UFAM concede mutui globali al Cantone per il versamento di crediti d’investimento. Tali mutui sono senza interessi e limitati alla durata di 20 anni. 2 Il Cantone notifica annualmente all’UFAM le proprie occorrenze per l’anno suc- cessivo. 3 I mezzi a disposizione sono ripartiti in base al fabbisogno.95 Art. 62 Domande (art. 40 cpv. 3 LFo) 1 Le domande di crediti d’investimento sono presentate al Cantone. 2 Alla domanda si allegano: a. il piano generale di gestione; b. il conto di gestione; c. la ricapitolazione della situazione finanziaria del richiedente. 3 Le imprese che curano o utilizzano le foreste a titolo professionale e in qualità di mandatari allegano alla loro domanda il bilancio e il conto economico dei due ultimi anni. 92 [RU 1962 1323, 1967 806, 1972 2532, 1977 2249 n. I 961, 1991 362 n. II 52 857 all. n. 27, 1992 288 all. n. 47 2104. RU 1998 3033 all. lett. f] 93 [RU 1975 392, 1980 1798, 1985 387, 1991 857 all. n. 24, 1992 288 all. n. 43. RU 1997 2995 art. 25]. Vedi ora: la LF del 6 ott. 2006 sulla politica regionale (RS 901.0) 94 Abrogato dal n. I 21 dell’O del 7 nov. 2007 sulla nuova impostazione della perequazione finanziaria e della ripartizione dei compiti tra Confederazione e Cantoni, con effetto dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5823). 95 Nuovo testo giusta il n. I 21 dell’O del 7 nov. 2007 sulla nuova impostazione della perequazione finanziaria e della ripartizione dei compiti tra Confederazione e Cantoni, in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5823). Foreste 26 921.01RREF Art. 63 Importo dei crediti ed interessi (art. 40 cpv. 1 LFo) 1 I crediti d’investimento sono concessi: a. come crediti di costruzione sino a concorrenza dell’80 per cento dei costi di costruzione; b.96 per il finanziamento dei costi residui di provvedimenti secondo gli artico- li 39, 40 e 43. c. per l’acquisto di veicoli, macchine e attrezzi forestali, sino a concorrenza dell’80 per cento dei costi; d. per la costruzione di impianti per l’esercizio forestale, sino a concorrenza dell’80 per cento dei costi. 2 I crediti d’investimento sono concessi generalmente senza interesse. Tuttavia, qua- lora l’onere totale del richiedente lo consenta, si stabilisce un tasso d’interesse ido- neo. 3 Non si concedono mutui inferiori a franchi 10.000.–. Art. 64 Durata, rimborso e domanda di restituzione (art. 40 LFo) 1 I crediti d’investimento sono concessi per una durata massima di 20 anni. 2 Le rate d’ammortamento sono stabilite secondo il genere di provvedimenti e in considerazione delle possibilità economiche del beneficiario del credito. 3 Il rimborso inizia: a. un anno dopo la fine del progetto per gli investimenti ai sensi dell’articolo 63 capoverso 1 lettere a e b, ma al più tardi cinque anni dopo il versamento della prima rata di credito; b. nell’anno civile successivo a quello del versamento, per gli altri investimenti. 4 Il debitore può, in ogni tempo e senza previa disdetta, rimborsare il mutuo parzial- mente o interamente. 5 ...97 6 Il rimborso di crediti o rate d’ammortamento esigibili sono addebitati di un inte- resse moratorio del 5 per cento. 96 Nuovo testo giusta il n. I 21 dell’O del 7 nov. 2007 sulla nuova impostazione della perequazione finanziaria e della ripartizione dei compiti tra Confederazione e Cantoni, in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5823). 97 Abrogato dal n. I 21 dell’O del 7 nov. 2007 sulla nuova impostazione della perequazione finanziaria e della ripartizione dei compiti tra Confederazione e Cantoni, con effetto dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5823). Foreste. O 27 921.01RREF Capitolo 8: Disposizioni finali Sezione 1: Esecuzione Art. 65 Esecuzione da parte della Confederazione (art. 49 LFo) 1 Il DATEC è autorizzato a svolgere autonomamente le pratiche concernenti l’esecuzione della LFo. 2 Nell’applicare altre leggi federali, accordi internazionali o decisioni internazionali concernenti punti disciplinati dalla presente ordinanza, le autorità federali eseguono in tal ambito anche la presente ordinanza. La collaborazione dell’UFAM e dei Can- toni è retta dall’articolo 49 capoverso 2 LFo; sono salve le disposizioni legali sull’obbligo di tutela del segreto.98 Art. 66 Esecuzione da parte dei Cantoni (art. 50 LFo) 1 I Cantoni emanano le disposizioni d’esecuzione della LFo e della presente ordi- nanza entro cinque anni dall’entrata in vigore della legge. 2 Essi comunicano all’UFAM le disposizioni e le decisioni in merito ai dis- sodamenti.99 Art. 66a100 Geoinformazione L’UFAM stabilisce i modelli di geodati e i modelli di rappresentazione minimi per i geodati di base ai sensi della presente ordinanza per i quali è designato quale servizio specializzato della Confederazione nell’allegato 1 dell’ordinanza del 21 maggio 2008101 sulla geoinformazione. Sezione 2: Diritto previgente; abrogazione e modificazione Art. 67 Abrogazioni Sono abrogati: a. l’ordinanza del 1° ottobre 1965102 concernente l’alta vigilanza della Confe- derazione sulla polizia delle foreste; 98 Introdotto dal n. II 17 dell’O del 2 feb. 2000 relativa alla LF sul coordinamento e la semplificazione delle procedure d’approvazione dei piani), in vigore dal 1° mar. 2000 (RU 2000 703). 99 Introdotto dal n. II 17 dell’O del 2 feb. 2000 relativa alla LF sul coordinamento e la semplificazione delle procedure d’approvazione dei piani), in vigore dal 1° mar. 2000 (RU 2000 703). 100 Introdotto dall’all. 2 n. 13 dell’O del 21 mag. 2008 sulla geoinformazione, in vigore dal 1° lug. 2008 (RU 2008 2809). 101 RS 510.620 102 [RU 1965 862, 1971 1192, 1977 n. I 18.1, 1985 670 n. I 3, 685 n. I 6, 2022] Foreste 28 921.01RREF b. l’ordinanza del 23 maggio 1973103 concernente l’eleggibilità dei funzionari forestali superiori; c. l’ordinanza del 28 novembre 1988104 sui provvedimenti straordinari per la conservazione della foresta; d. gli articoli 2–5 dell’ordinanza del 16 ottobre 1956105 sulla protezione delle foreste; e. il decreto del Consiglio federale del 16 ottobre 1956106 concernente la prove- nienza e l’utilizzazione delle sementi forestali e delle piante forestali; f. l’ordinanza del 22 giugno 1970107 sui crediti forestali d’investimento nelle regioni di montagna. Art. 68 Modificazioni ...108 Sezione 3: Entrata in vigore Art. 69 1 La presente ordinanza entra in vigore il 1° gennaio 1993, ad eccezione degli articoli 60 a 64 e 67 lettera f. 2 Gli articoli 60 a 64 e 67 lettera f entrano in vigore il 1° gennaio 1994. Disposizione transitoria della modifica del 2 febbraio 2000109 Le domande di dissodamento per le opere di competenza cantonale, pendenti il 1° gennaio 2000, sono giudicate in base al diritto previgente. Disposizione transitoria della modifica del 17 agosto 2016110 1 L’ammontare delle indennità per provvedimenti contro i danni alla foresta al di fuori della foresta di protezione realizzati prima del 31 dicembre 2019 può essere stabilito in base all’entità e alla qualità dei provvedimenti invece che secondo il criterio di cui all’articolo 40a capoverso 1. 103 [RU 1973 964, 1987 608 art. 16 cpv. 1 lett. e] 104 [RU 1988 2057, 1990 874 n. I, II] 105 [RU 1956 1317, 1959 1680, 1977 2325 n. I 19, 1986 1254 art. 70 n. 3, 1987 2538, 1989 1124 art. 2 n. 2, 1992 1749 n. II 4. RU 1993 104 art. 42 lett. a] 106 [RU 1956 1325, 1959 1682, 1975 402 n. I 15, 1987 2538] 107 [RU 1970 764, 1978 1819] 108 Le mod. possono essere consultate alla RU 1992 2538. 109 RU 2000 703 110 RU 2016 3215 Foreste. O 29 921.01RREF 2 L’ammontare degli aiuti finanziari per le strutture di raccordo adattate o ripristinate prima del 31 dicembre 2024 può essere stabilito in base all’entità e alla qualità dei provvedimenti invece che secondo i criteri di cui all’articolo 43 capoverso 1 lettera j.111 111 Nuovo testo giusta il n. I 2 dell’O del 17 aprile 2019 che adegua ordinanze in materia ambientale all’ulteriore sviluppo degli accordi programmatici del periodo programmatico 2020–2024, in vigore dal 1° gen. 2020 (RU 2019 1487). Foreste 30 921.01RREF Allegato112 112 Abrogato dal n. I 21 dell’O del 7 nov. 2007 sulla nuova impostazione della perequazione finanziaria e della ripartizione dei compiti tra Confederazione e Cantoni, con effetto dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5823). Capitolo 1: Definizioni Art. 1 Foresta Art. 2 Pascoli alberati Art. 3 Impianti di sbarramento e terreni antistanti Capitolo 2: Protezione delle foreste da interventi nocivi Sezione 1: Dissodamento Art. 4 Definizione Art. 5 Autorizzazione di dissodamento, deposito pubblico Art. 6 Collaborazione tra l’UFAM e i Cantoni Art. 7 Decisione di dissodamento Art. 8 Compenso in natura Art. 8a Zone con superficie forestale in crescita Art. 9 Preservazione delle terre coltive e delle zone di pregio ecologico o paesistico particolare Art. 9a Rinuncia al rimboschimento compensativo Art. 10 Art. 11 Menzione nel registro fondiario e comunicazione Sezione 2: Accertamento del carattere forestale Art. 12 Decisione d’accertamento del carattere forestale Art. 12a Delimitazione di margini statici della foresta al di fuori delle zone edificabili Sezione 3: Circolazione di veicoli a motore Art. 13 Sezione 4: Edifici e impianti in foresta Art. 13a Edifici e impianti forestali Art. 14 Coinvolgimento delle autorità forestali cantonali Capitolo 3: Protezione dalle catastrofi naturali Art. 15 Documenti di base Art. 16 Servizi di preallarme Art. 17 Premunizione di zone soggette a catastrofi naturali Capitolo 4: Cura ed utilizzazione della foresta Sezione 1: Gestione della foresta Art. 18 Pianificazione forestale Art. 19 Provvedimenti selvicolturali Art. 20 Taglio raso Sezione 2: Materiale di riproduzione forestale Art. 21 Produzione e utilizzazione Art. 22 Importazione e esportazione Art. 23 Gestione aziendale Art. 24 Disposizioni tecniche Sezione 3: Impiego di Sostanze pericolose per l’ambiente Art. 25 Art. 26 e 27 Sezione 4: Prevenzione e riparazione dei danni alla foresta Art. 28 Principi Art. 29 Prevenzione e riparazione dei danni alla foresta Art. 30 Competenze della Confederazione Sezione 5: Danni causati dalla selvaggina Art. 31 Capitolo 5: Formazione e documenti di base Sezione 1: Formazione e formazione continua Art. 32 Formazione e formazione continua sul piano teorico e pratico Art. 33 Personale forestale Art. 34 Sicurezza sul lavoro Art. 35 Coordinazione e documentazione Sezione 2: ... Art. 36 e 37 Sezione 3: Rilevamenti Art. 37a Sezione 4: Promozione del legno Art. 37b Vendita e utilizzazione del legno derivante da produzione sostenibile Art. 37c Utilizzazione del legno per costruzioni e impianti della Confederazione Capitolo 6: Aiuti finanziari (senza crediti d’investimento) e indennità Sezione 1: Disposizioni generali Art. 38 Art. 38a Costi computabili Sezione 2: Provvedimenti Art. 39 Protezione da catastrofi naturali Art. 40 Foresta di protezione Art. 40a Provvedimenti contro i danni alla foresta al di fuori della foresta di protezione Art. 40b Indennità per costi Art. 41 Diversità biologica nella foresta Art. 42 Art. 43 Gestione forestale Art. 44 Promovimento della formazione professionale Art. 45 Ricerca e sviluppo Sezione 3: Procedura per la concessione di indennità o aiuti finanziari globali Art. 46 Domanda Art. 47 Accordo programmatico Art. 48 Pagamento Art. 49 Rendicontazione e controllo Art. 50 Adempimento parziale e sottrazione allo scopo Sezione 4: Procedura per la concessione di indennità o aiuti finanziari nel singolo caso Art. 51 Domande Art. 52 Concessione e pagamento dei sussidi Art. 53 Adempimento parziale o sottrazione allo scopo Art. 54 Rendicontazione e controllo Art. 55 a 59 Capitolo 7: Crediti d’investimento Art. 60 Condizioni Art. 61 Crediti federali Art. 62 Domande Art. 63 Importo dei crediti ed interessi Art. 64 Durata, rimborso e domanda di restituzione Capitolo 8: Disposizioni finali Sezione 1: Esecuzione Art. 65 Esecuzione da parte della Confederazione Art. 66 Esecuzione da parte dei Cantoni Art. 66a Geoinformazione Sezione 2: Diritto previgente; abrogazione e modificazione Art. 67 Abrogazioni Art. 68 Modificazioni Sezione 3: Entrata in vigore Art. 69 Disposizione transitoria della modifica del 2 febbraio 2000 Disposizione transitoria della modifica del 17 agosto 2016 Allegato | mixed |
6e7ca096-c9d5-4d5b-a78a-dddbe5879677 | 921.0 1 Bundesgesetz über den Wald (Waldgesetz, WaG) vom 4. Oktober 1991 (Stand am 1. Januar 2022) Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 74 Absatz 1, 77 Absätze 2 und 3, 78 Absatz 4 und 95 Absatz 1 der Bundesverfassung1,2 nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 29. Juni 19883, beschliesst: 1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen Art. 1 Zweck 1 Dieses Gesetz soll: a. den Wald in seiner Fläche und in seiner räumlichen Verteilung erhalten; b. den Wald als naturnahe Lebensgemeinschaft schützen; c. dafür sorgen, dass der Wald seine Funktionen, namentlich seine Schutz-, Wohlfahrts- und Nutzfunktion (Waldfunktionen) erfüllen kann; d. die Waldwirtschaft fördern und erhalten. 2 Es soll ausserdem dazu beitragen, dass Menschen und erhebliche Sachwerte vor Lawinen, Rutschungen, Erosion und Steinschlag (Naturereignisse) geschützt werden. Art. 2 Begriff des Waldes 1 Als Wald gilt jede Fläche, die mit Waldbäumen oder Waldsträuchern bestockt ist und Waldfunktionen erfüllen kann. Entstehung, Nutzungsart und Bezeichnung im Grundbuch sind nicht massgebend. 2 Als Wald gelten auch: a. Weidwälder, bestockte Weiden (Wytweiden) und Selven; b. unbestockte oder ertraglose Flächen eines Waldgrundstückes, wie Blössen, Waldstrassen und andere forstliche Bauten und Anlagen; c. Grundstücke, für die eine Aufforstungspflicht besteht. AS 1992 2521 1 SR 101 2 Fassung gemäss Anhang Ziff. 8 des BG vom 21. Juni 2013, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2015 3631; BBl 2009 8533). 3 BBl 1988 III 173 921.0 Forstwesen 2 921.0 3 Nicht als Wald gelten isolierte Baum- und Strauchgruppen, Hecken, Alleen, Gar- ten-, Grün- und Parkanlagen, Baumkulturen, die auf offenem Land zur kurzfristigen Nutzung angelegt worden sind, sowie Bäume und Sträucher auf Einrichtungen zur Stauhaltung und in deren unmittelbarem Vorgelände. 4 Innerhalb des vom Bundesrat festgesetzten Rahmens können die Kantone bestim- men, ab welcher Breite, welcher Fläche und welchem Alter eine einwachsende Flä- che sowie ab welcher Breite und welcher Fläche eine andere Bestockung als Wald gilt. Erfüllt die Bestockung in besonderem Masse Wohlfahrts- oder Schutzfunktio- nen, so sind die kantonalen Kriterien nicht massgebend. Art. 3 Erhaltung des Waldes Die Waldfläche soll nicht vermindert werden. 2. Kapitel: Schutz des Waldes vor Eingriffen 1. Abschnitt: Rodung und Waldfeststellung Art. 4 Begriff der Rodung Als Rodung gilt die dauernde oder vorübergehende Zweckentfremdung von Wald- boden. Art. 5 Rodungsverbot und Ausnahmebewilligungen 1 Rodungen sind verboten. 2 Eine Ausnahmebewilligung darf erteilt werden, wenn der Gesuchsteller nachweist, dass für die Rodung wichtige Gründe bestehen, die das Interesse an der Walderhal- tung überwiegen und zudem die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: a. das Werk, für das gerodet werden soll, muss auf den vorgesehenen Standort angewiesen sein; b. das Werk muss die Voraussetzungen der Raumplanung sachlich erfüllen; c. die Rodung darf zu keiner erheblichen Gefährdung der Umwelt führen. 3 Nicht als wichtige Gründe gelten finanzielle Interessen, wie die möglichst einträg- liche Nutzung des Bodens oder die billige Beschaffung von Land für nichtforstliche Zwecke. 3bis Hat eine Behörde über die Bewilligung für den Bau von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien und von Energietransport- und -verteilanlagen zu entscheiden, so ist bei der Interessenabwägung das nationale Interesse an der Realisierung dieser Vorhaben als gleichrangig mit anderen nationalen Interessen zu betrachten.4 4 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). Waldgesetz 3 921.0 4 Dem Natur- und Heimatschutz ist Rechnung zu tragen. 5 Rodungsbewilligungen sind zu befristen. Art. 65 Zuständigkeit 1 Ausnahmebewilligungen erteilen: a. die Bundesbehörden, wenn sie über die Errichtung oder Änderung eines Werkes, für das gerodet werden soll, entscheiden; b. die kantonalen Behörden, wenn sie über die Errichtung oder Änderung eines Werkes, für das gerodet werden soll, entscheiden. 2 Bevor die kantonale Behörde über eine Ausnahmebewilligung entscheidet, hört sie das Bundesamt für Umwelt6 (Bundesamt) an, wenn: a. die Rodungsfläche grösser ist als 5000 m2; werden für das gleiche Werk mehrere Rodungsgesuche gestellt, so ist die Gesamtfläche massgebend; b. der zu rodende Wald in mehreren Kantonen liegt. Art. 77 Rodungsersatz 1 Für jede Rodung ist in derselben Gegend mit standortgerechten Arten Realersatz zu leisten. 2 Anstelle von Realersatz können gleichwertige Massnahmen zu Gunsten des Natur- und Landschaftsschutzes getroffen werden: a. in Gebieten mit zunehmender Waldfläche; b. in den übrigen Gebieten ausnahmsweise zur Schonung von landwirtschaft- lichem Kulturland sowie ökologisch oder landschaftlich wertvoller Gebiete. 3 Auf den Rodungsersatz kann verzichtet werden bei Rodungen: a. von in den letzten 30 Jahren eingewachsenen Flächen für die Rückgewin- nung von landwirtschaftlichem Kulturland; b. zur Gewährleistung des Hochwasserschutzes und zur Revitalisierung von Gewässern; c. für den Erhalt und die Aufwertung von Biotopen nach den Artikeln 18a und 18b Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 1. Juli 19668 über den Natur- und Heimatschutz. 5 Fassung gemäss Ziff. I 17 des BG vom 18. Juni 1999 über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren, in Kraft seit 1. Jan. 2000 (AS 1999 3071; BBl 1998 2591). 6 Die Bezeichnung der Verwaltungseinheit wurde in Anwendung von Art. 16 Abs. 3 der Publikationsverordnung vom 17. Nov. 2004 (AS 2004 4937) angepasst. 7 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 16. März 2012, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1981; BBl 2011 4397 4425). 8 SR 451 Forstwesen 4 921.0 4 Wird nach Absatz 3 Buchstabe a rückgewonnenes landwirtschaftliches Kulturland innerhalb von 30 Jahren einer anderen Nutzung zugeführt, so ist der Rodungsersatz nachträglich zu leisten. Art. 89 Art. 9 Ausgleich Die Kantone sorgen dafür, dass durch Rodungsbewilligungen entstehende erhebliche Vorteile, die nicht nach Artikel 5 des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 197910 erfasst werden, angemessen ausgeglichen werden. Art. 10 Waldfeststellung 1 Wer ein schutzwürdiges Interesse nachweist, kann vom Kanton feststellen lassen, ob eine Fläche Wald ist. 2 Beim Erlass und bei der Revision von Nutzungsplänen nach dem Bundesgesetz vom 22. Juni 197911 über die Raumplanung ist eine Waldfeststellung anzuordnen in Gebieten: a. in denen Bauzonen an den Wald grenzen oder in Zukunft grenzen sollen; b. ausserhalb der Bauzonen, in denen der Kanton eine Zunahme des Waldes verhindern will.12 3 Steht ein Begehren um Waldfeststellung in Zusammenhang mit einem Rodungs- gesuch, richtet sich die Zuständigkeit nach Artikel 6. Die zuständige Bundesbehörde entscheidet auf Antrag der zuständigen kantonalen Behörde.13 2. Abschnitt: Wald und Raumplanung Art. 11 Rodung und Baubewilligung 1 Die Rodungsbewilligung befreit nicht von der Einholung der im Raumplanungsge- setz vom 22. Juni 197914 vorgesehenen Baubewilligung. 2 Erfordert ein Bauvorhaben sowohl eine Rodungsbewilligung als auch eine Aus- nahmebewilligung für das Bauen ausserhalb der Bauzone, so darf diese nur im Ein- vernehmen mit der nach Artikel 6 dieses Gesetzes zuständigen Behörde erteilt wer- den. 9 Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 16. März 2012, mit Wirkung seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1981; BBl 2011 4397 4425). 10 SR 700 11 SR 700 12 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 16. März 2012, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1981; BBl 2011 4397 4425). 13 Zweiter Satz eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 14 SR 700 Waldgesetz 5 921.0 Art. 12 Einbezug von Wald in Nutzungspläne Die Zuweisung von Wald zu einer Nutzungszone bedarf einer Rodungsbewilligung. Art. 13 Abgrenzung von Wald und Nutzungszonen15 1 Waldgrenzen, die gemäss Artikel 10 Absatz 2 festgestellt worden sind, werden in den Nutzungsplänen eingetragen.16 2 Neue Bestockungen ausserhalb dieser Waldgrenzen gelten nicht als Wald. 3 Waldgrenzen können im Waldfeststellungsverfahren nach Artikel 10 überprüft werden, wenn die Nutzungspläne revidiert werden und sich die tatsächlichen Ver- hältnisse wesentlich geändert haben.17 3. Abschnitt: Betreten und Befahren des Waldes Art. 14 Zugänglichkeit 1 Die Kantone sorgen dafür, dass der Wald der Allgemeinheit zugänglich ist. 2 Wo es die Erhaltung des Waldes oder andere öffentliche Interessen, wie namentlich der Schutz von Pflanzen und wildlebenden Tieren erfordern, haben die Kantone: a. für bestimmte Waldgebiete die Zugänglichkeit einzuschränken; b. die Durchführung von grossen Veranstaltungen im Wald einer Bewilligung zu unterstellen. Art. 15 Motorfahrzeugverkehr 1 Wald und Waldstrassen dürfen nur zu forstlichen Zwecken mit Motorfahrzeugen befahren werden. Der Bundesrat regelt die Ausnahmen für militärische und andere öffentliche Aufgaben. 2 Die Kantone können zulassen, dass Waldstrassen zu weiteren Zwecken befahren werden dürfen, wenn nicht die Walderhaltung oder andere öffentliche Interessen dagegen sprechen. 3 Die Kantone sorgen für die entsprechende Signalisation und für die nötigen Kon- trollen. Wo Signalisation und Kontrollen nicht genügen, können Barrieren ange- bracht werden. 15 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 16. März 2012, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1981; BBl 2011 4397 4425). 16 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 16. März 2012, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1981; BBl 2011 4397 4425). 17 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 16. März 2012, in Kraft seit 1. Juli 2013 (AS 2013 1981; BBl 2011 4397 4425). Forstwesen 6 921.0 4. Abschnitt: Schutz vor anderen Beeinträchtigungen Art. 16 Nachteilige Nutzungen 1 Nutzungen, welche keine Rodung im Sinne von Artikel 4 darstellen, jedoch die Funktionen oder die Bewirtschaftung des Waldes gefährden oder beeinträchtigen, sind unzulässig. Rechte an solchen Nutzungen sind abzulösen, wenn nötig durch Enteignung. Die Kantone erlassen die erforderlichen Bestimmungen. 2 Aus wichtigen Gründen können die zuständigen Behörden solche Nutzungen unter Auflagen und Bedingungen bewilligen.18 Art. 17 Waldabstand 1 Bauten und Anlagen in Waldesnähe sind nur zulässig, wenn sie die Erhaltung, Pflege und Nutzung des Waldes nicht beeinträchtigen. 2 Die Kantone schreiben einen angemessenen Mindestabstand der Bauten und Anla- gen vom Waldrand vor. Sie berücksichtigen dabei die Lage und die zu erwartende Höhe des Bestandes. 3 Aus wichtigen Gründen können die zuständigen Behörden die Unterschreitung des Mindestabstands unter Auflagen und Bedingungen bewilligen.19 Art. 18 Umweltgefährdende Stoffe Im Wald dürfen keine umweltgefährdenden Stoffe verwendet werden. Die Umwelt- schutzgesetzgebung regelt die Ausnahmen. 3. Kapitel: Schutz vor Naturereignissen Art. 19 Wo es der Schutz von Menschen oder erheblichen Sachwerten erfordert, sichern die Kantone die Lawinen-, Rutsch-, Erosions- und Steinschlaggebiete und sorgen für den forstlichen Bachverbau.20 Für die Massnahmen sind möglichst naturnahe Methoden anzuwenden. 18 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 19 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 20 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). Waldgesetz 7 921.0 4. Kapitel: Pflege und Nutzung des Waldes 1. Abschnitt: Bewirtschaftung des Waldes Art. 20 Bewirtschaftungsgrundsätze 1 Der Wald ist so zu bewirtschaften, dass er seine Funktionen dauernd und uneinge- schränkt erfüllen kann (Nachhaltigkeit). 2 Die Kantone erlassen Planungs- und Bewirtschaftungsvorschriften; sie tragen dabei den Erfordernissen der Holzversorgung, des naturnahen Waldbaus und des Natur- und Heimatschutzes Rechnung. 3 Lassen es der Zustand des Waldes und die Walderhaltung zu, so kann namentlich aus ökologischen und landschaftlichen Gründen auf die Pflege und Nutzung des Waldes ganz oder teilweise verzichtet werden. 4 Die Kantone können zur Erhaltung der Artenvielfalt von Fauna und Flora ange- messene Flächen als Waldreservate ausscheiden. 5 Wo es die Schutzfunktion erfordert, stellen die Kantone eine minimale Pflege sicher. Art. 21 Holznutzung Wer im Wald Bäume fällen will, braucht eine Bewilligung des Forstdienstes. Die Kantone können Ausnahmen vorsehen. Art. 21a21 Arbeitssicherheit Zur Gewährleistung der Arbeitssicherheit müssen Auftragnehmerinnen und Auftrag- nehmer, die Holzerntearbeiten im Wald ausführen, nachweisen, dass die eingesetzten Arbeitskräfte einen vom Bund anerkannten Kurs zur Sensibilisierung über die Ge- fahren von forstlichen Arbeiten besucht haben. Art. 22 Kahlschlagverbot 1 Kahlschläge und Formen der Holznutzung, die in ihren Auswirkungen Kahlschlä- gen nahe kommen, sind verboten. 2 Für besondere waldbauliche Massnahmen können die Kantone Ausnahmen bewil- ligen. Art. 23 Wiederbestockung von Blössen 1 Entstehen durch Eingriffe oder Naturereignisse Blössen, welche die Stabilität oder die Schutzfunktion eines Waldes gefährden, so ist sicherzustellen, dass sie wieder bestockt werden. 21 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). Forstwesen 8 921.0 2 Geschieht dies nicht durch natürliche Verjüngung, so müssen die Blössen mit standortgerechten Baum- und Straucharten ausgepflanzt werden. Art. 24 Forstliches Vermehrungsgut 1 Für forstliche Anpflanzungen dürfen nur Saatgut und Pflanzen verwendet werden, die gesund und standortgerecht sind. 2 Der Bundesrat erlässt Vorschriften über Herkunft, Verwendung, Handel und Siche- rung des forstlichen Vermehrungsgutes. Art. 25 Veräusserung und Teilung 1 Die Veräusserung von Wald im Eigentum von Gemeinden und Korporationen und die Teilung von Wald bedürfen einer kantonalen Bewilligung. Diese darf nur erteilt werden, wenn dadurch die Waldfunktionen nicht beeinträchtigt werden. 2 Bedarf die Veräusserung oder die Teilung zugleich einer Bewilligung nach dem Bundesgesetz vom 4. Oktober 199122 über das bäuerliche Bodenrecht, so sorgen die Kantone dafür, dass die Bewilligungsverfahren vereinigt und durch einen Gesam- tentscheid abgeschlossen werden. 2. Abschnitt: Verhütung und Behebung von Waldschäden Art. 2623 Massnahmen des Bundes 1 Der Bundesrat erlässt Vorschriften über Massnahmen zur Verhütung und Behebung von Schäden, die durch Naturereignisse oder Schadorganismen verursacht werden und die den Wald in seinen Funktionen erheblich gefährden können. 2 Zum Schutz vor Schadorganismen kann er insbesondere den Umgang mit be- stimmten Organismen, Pflanzen und Waren verbieten oder einschränken sowie Bewilligungs-, Melde-, Registrierungs- und Dokumentationspflichten einführen. 3 Der Bund sorgt für Massnahmen an der Landesgrenze sowie die Festlegung und die Koordination von kantonsübergreifenden Massnahmen der Kantone im Landesin- nern. 4 Er unterhält einen eidgenössischen Pflanzenschutzdienst, der im Bereich des Wal- des dem Bundesamt untersteht. Art. 27 Massnahmen der Kantone 1 Unter Vorbehalt von Artikel 26 ergreifen die Kantone Massnahmen gegen die Ursachen und Folgen von Schäden, welche die Erhaltung des Waldes in seinen 22 SR 211.412.11 23 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). Waldgesetz 9 921.0 Funktionen erheblich gefährden können. Sie überwachen insbesondere ihr Gebiet auf Schadorganismen.24 2 Sie regeln den Wildbestand so, dass die Erhaltung des Waldes, insbesondere seine natürliche Verjüngung mit standortgerechten Baumarten, ohne Schutzmassnahmen gesichert ist. Wo dies nicht möglich ist, treffen sie Massnahmen zur Verhütung von Wildschäden. Art. 27a25 Vorkehrungen gegen Schadorganismen 1 Wer mit Pflanzenmaterial umgeht, muss die Grundsätze des Pflanzenschutzes beachten. 2 Der Bund legt unter Mitwirkung der betroffenen Kantone Strategien und Richt- linien fest für Massnahmen gegen Schadorganismen, die den Wald in seinen Funk- tionen erheblich gefährden können. Die Massnahmen sind darauf auszurichten, dass: a. neu festgestellte Schadorganismen rechtzeitig getilgt werden; b. etablierte Schadorganismen eingedämmt werden, wenn der zu erwartende Nutzen die Bekämpfungskosten überwiegt; c. zum Schutz des Waldes Schadorganismen auch ausserhalb des Waldareals überwacht, getilgt oder eingedämmt werden. 3 Inhaberinnen und Inhaber von Bäumen, Sträuchern, weiteren Pflanzen, Kulturen, Pflanzenmaterial, Produktionsmitteln und Gegenständen, die von Schadorganismen befallen sind, befallen sein könnten oder selbst Schadorganismen sind, haben deren Überwachung, Isolierung, Behandlung oder Vernichtung in Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden vorzunehmen oder zu dulden. Art. 28 Ausserordentliche Vorkehren bei Waldkatastrophen Bei Waldkatastrophen kann die Bundesversammlung mit allgemeinverbindlichem, nicht referendumspflichtigem Bundesbeschluss Massnahmen ergreifen, die insbe- sondere der Erhaltung der Wald- und Holzwirtschaft dienen. Art. 28a26 Vorkehrungen zum Klimawandel Der Bund und die Kantone ergreifen Massnahmen, welche den Wald darin unterstüt- zen, seine Funktionen auch unter veränderten Klimabedingungen nachhaltig erfüllen zu können. 24 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 25 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 26 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). Forstwesen 10 921.0 5. Kapitel: Förderungsmassnahmen 1. Abschnitt: Ausbildung, Beratung, Forschung und Grundlagenbeschaffung Art. 29 Ausbildungsaufgaben des Bundes 1 Der Bund koordiniert und fördert die forstliche Ausbildung.27 2 Er sorgt in Zusammenarbeit mit den Kantonen für die theoretische und praktische forstliche Aus- und Weiterbildung auf Hochschulstufe.28 3 ...29 4 Für die Berufsbildung des Forstpersonals gilt die Gesetzgebung über die Berufsbil- dung. Der Bundesrat legt die forstlichen Ausbildungsbereiche fest, in denen das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation diese Gesetzgebung vollzieht.30 Art. 30 Ausbildungs- und Beratungsaufgaben der Kantone Die Kantone sorgen für die Ausbildung der Waldarbeiter und die Beratung der Waldeigentümer. Art. 31 Forschung und Entwicklung 1 Der Bund kann für folgende Zwecke Arbeiten in Auftrag geben oder mit Finanz- hilfen unterstützen: a. Erforschung des Waldes; b. Erforschung und Entwicklung von Massnahmen zum Schutz des Waldes vor schädlichen Einwirkungen; c. Erforschung und Entwicklung von Massnahmen zum Schutz von Menschen und erheblichen Sachwerten vor Naturereignissen; d. Erforschung und Entwicklung von Massnahmen zur Verbesserung des Holz- absatzes und der Holzverwertung. 2 Er kann Forschungsstätten schaffen und unterhalten. 27 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 28 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 29 Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, mit Wirkung seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 30 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 6 des Berufsbildungsgesetzes vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2004 (AS 2003 4557; BBl 2000 5686). Waldgesetz 11 921.0 Art. 32 Übertragung von Aufgaben an Vereinigungen 1 Der Bund kann Vereinigungen von gesamtschweizerischer Bedeutung mit Auf- gaben betrauen, die im Interesse der Walderhaltung liegen und ihnen dafür Finanz- hilfen ausrichten. 2 Er kann Aufgaben von besonderer Bedeutung für bestimmte Regionen, namentlich im Berggebiet, auch kantonalen oder regionalen Vereinigungen übertragen. Art. 33 Erhebungen 1 Der Bund sorgt für periodische Erhebungen über die Standorte, die Funktionen und den Zustand des Waldes, über die Produktion und die Verwertung des Holzes sowie über die Strukturen und die wirtschaftliche Lage der Waldwirtschaft. Die Wald- eigentümer sowie die verantwortlichen Organe von Betrieben der Wald- und Holz- wirtschaft müssen den Behörden die hiezu erforderlichen Auskünfte erteilen und nötigenfalls Abklärungen dulden. 2 Personen, die mit der Durchführung oder der Auswertung von Erhebungen betraut sind, unterstehen dem Amtsgeheimnis. Art. 34 Information Bund und Kantone sorgen für die Information der Behörden und der Öffentlichkeit über die Bedeutung und den Zustand des Waldes sowie über die Wald- und Holz- wirtschaft. 1a. Abschnitt:31 Holzförderung Art. 34a Absatz und Verwertung von Holz Der Bund fördert den Absatz und die Verwertung von nachhaltig produziertem Holz, insbesondere mittels der Unterstützung von innovativen Projekten. Art. 34b Bauten und Anlagen des Bundes 1 Der Bund fördert bei der Planung, der Errichtung und dem Betrieb eigener Bauten und Anlagen soweit geeignet die Verwendung von nachhaltig produziertem Holz. 2 Bei der Beschaffung von Holzerzeugnissen berücksichtigt er die nachhaltige und naturnahe Waldbewirtschaftung sowie das Ziel der Reduktion von Treibhausgas- emissionen. 31 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). Forstwesen 12 921.0 2. Abschnitt: Finanzierung Art. 3532 Grundsätze 1 Förderungsbeiträge nach diesem Gesetz werden im Rahmen der bewilligten Kredite unter der Voraussetzung gewährt, dass: a. die Massnahmen wirtschaftlich sind und fachkundig durchgeführt werden; b. die Massnahmen mit denjenigen anderer Bundesgesetze gesamthaft und in ihrem Zusammenwirken beurteilt werden; c. der Empfänger eine Eigenleistung erbringt, die in einem angemessenen Ver- hältnis zu seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, den übrigen Finanzie- rungsquellen und der ihm zumutbaren Selbsthilfe steht; d. Dritte, die Nutzniesser oder Schadenverursacher sind, zur Mitfinanzierung herangezogen werden; e. eine dauerhafte, für die Walderhaltung günstige Regelung von Konflikten getroffen wird. 2 Der Bundesrat kann vorsehen, dass Beiträge nur an Empfänger ausgerichtet wer- den, die sich an Selbsthilfemassnahmen der Wald- und Holzwirtschaft beteiligen. Art. 36 Schutz vor Naturereignissen 1 Der Bund gewährt den Kantonen auf der Grundlage von Programmvereinbarungen globale Abgeltungen an Massnahmen, die Menschen und erhebliche Sachwerte vor Naturereignissen schützen, namentlich an:33 a.34 die Erstellung, die Instandstellung und den Ersatz von Schutzbauten und -anlagen; b. die Schaffung von Wald mit besonderer Schutzfunktion sowie die entspre- chende Jungwaldpflege; c. die Erstellung von Gefahrenkatastern und Gefahrenkarten, die Einrichtung und den Betrieb von Messstellen sowie den Aufbau von Frühwarndiensten zur Sicherung von Siedlungen und Verkehrswegen. 2 Ausnahmsweise kann er an Projekte, die eine Beurteilung durch den Bund im Einzelfall erfordern, Abgeltungen durch Verfügung gewähren.35 32 Fassung gemäss Ziff. II 30 des BG vom 6. Okt. 2006 zur Neugestaltung des Finanz- ausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA), in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5779; BBl 2005 6029). 33 Fassung gemäss Ziff. II 30 des BG vom 6. Okt. 2006 zur Neugestaltung des Finanz- ausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA), in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5779; BBl 2005 6029). 34 Fassung gemäss Ziff. II 30 des BG vom 6. Okt. 2006 zur Neugestaltung des Finanz- ausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA), in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5779; BBl 2005 6029). 35 Eingefügt durch Ziff. II 30 des BG vom 6. Okt. 2006 zur Neugestaltung des Finanz- ausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA), in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5779; BBl 2005 6029). Waldgesetz 13 921.0 3 Die Höhe der Abgeltungen richtet sich nach der Gefährdung durch Naturereignisse sowie nach den Kosten und der Wirksamkeit der Massnahmen.36 Art. 3737 Schutzwald 1 Der Bund gewährt den Kantonen auf der Grundlage von Programmvereinbarungen globale Abgeltungen an Massnahmen, die für die Erfüllung der Funktion des Schutzwaldes notwendig sind, namentlich an: a. die Pflege des Schutzwaldes, einschliesslich der Verhütung und Behebung von Waldschäden, welche den Schutzwald gefährden; b. die Sicherstellung der Infrastruktur für die Pflege des Schutzwaldes, soweit sie auf den Wald als natürliche Lebensgemeinschaft Rücksicht nimmt. 1bis Ausnahmsweise kann er an Projekte, die durch ausserordentliche Naturereignisse ausgelöst werden, Abgeltungen durch Verfügung gewähren.38 2 Die Höhe der Abgeltungen richtet sich nach der zu pflegenden Schutzwaldfläche, der zu verhindernden Gefährdung und der Wirksamkeit der Massnahmen. Art. 37a39 Massnahmen gegen Waldschäden ausserhalb des Schutzwaldes 1 Der Bund gewährt den Kantonen auf der Grundlage von Programmvereinbarungen globale Abgeltungen an Massnahmen zur Verhütung und Behebung von Waldschä- den ausserhalb des Schutzwaldes, die durch Naturereignisse oder Schadorganismen verursacht werden. 2 Ausnahmsweise kann er an Projekte, die eine Beurteilung durch den Bund im Einzelfall erfordern, Abgeltungen durch Verfügung gewähren. 3 Die Höhe der Abgeltungen richtet sich nach der zu verhindernden Gefährdung und der Wirksamkeit der Massnahmen. Art. 37b40 Abfindung für Kosten 1 Den Adressaten von Massnahmen gegen Schadorganismen nach Artikel 27a Ab- satz 3 kann eine Abfindung nach Billigkeit ausgerichtet werden für Kosten der Verhütung, Bekämpfung und Wiederherstellung, die nicht nach Artikel 48a getragen werden. 36 Eingefügt durch Ziff. II 30 des BG vom 6. Okt. 2006 zur Neugestaltung des Finanz- ausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA), in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5779; BBl 2005 6029). 37 Fassung gemäss Ziff. II 30 des BG vom 6. Okt. 2006 zur Neugestaltung des Finanz- ausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA), in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5779; BBl 2005 6029). 38 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 39 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 40 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). Forstwesen 14 921.0 2 Die Abfindungen werden von der zuständigen Behörde in einem möglichst einfa- chen und für die geschädigte Person kostenlosen Verfahren endgültig festgelegt. Art. 3841 Biologische Vielfalt des Waldes 1 Der Bund gewährt den Kantonen auf der Grundlage von Programmvereinbarungen globale Finanzhilfen an Massnahmen, die zur Erhaltung und Verbesserung der biologischen Vielfalt im Wald beitragen, namentlich an:42 a. den Schutz und Unterhalt von Waldreservaten und anderen ökologisch wert- vollen Waldlebensräumen; b.43 die Förderung der Artenvielfalt und der genetischen Vielfalt im Wald; c. die Vernetzung von Waldlebensräumen; d. die Erhaltung traditioneller Waldbewirtschaftungen; e.44 ... 2 ...45 3 Die Höhe der Finanzhilfen richtet sich nach der Bedeutung der Massnahmen für die biologische Vielfalt und nach der Wirksamkeit der Massnahmen. Art. 38a46 Waldbewirtschaftung47 1 Der Bund gewährt Finanzhilfen an Massnahmen, welche die Wirtschaftlichkeit der nachhaltigen Waldbewirtschaftung verbessern, namentlich an:48 a. überbetriebliche Planungsgrundlagen; b. Massnahmen zur Verbesserung der Bewirtschaftungsbedingungen der Be- triebe der Waldwirtschaft; c. befristete gemeinsame Massnahmen der Wald- und Holzwirtschaft für Wer- bung und Absatzförderung bei aussergewöhnlichem Holzanfall; 41 Fassung gemäss Ziff. II 30 des BG vom 6. Okt. 2006 zur Neugestaltung des Finanz- ausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA), in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5779; BBl 2005 6029). 42 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 43 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 44 Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, mit Wirkung seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 45 Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, mit Wirkung seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 46 Eingefügt durch Ziff. II 30 des BG vom 6. Okt. 2006 zur Neugestaltung des Finanz- ausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA), in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5779; BBl 2005 6029). 47 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 48 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). Waldgesetz 15 921.0 d. die Lagerung von Holz bei aussergewöhnlichem Holzanfall; e.49 die Förderung der Ausbildung von Waldarbeitern und die praktische Ausbil- dung von Waldfachleuten der Hochschulstufe; f.50 Massnahmen, die den Wald darin unterstützen, seine Funktionen auch unter veränderten Klimabedingungen erfüllen zu können, namentlich an die Jung- waldpflege und die Gewinnung von forstlichem Vermehrungsgut; g.51 die Anpassung oder die Wiederinstandstellung von Erschliessungsanlagen, soweit sie im Rahmen von Gesamtkonzepten für die Bewirtschaftung des Waldes erforderlich sind, auf den Wald als naturnahe Lebensgemeinschaft Rücksicht nehmen und soweit Übererschliessungen verhindert werden. 2 Er gewährt Finanzhilfen: a.52 an Massnahmen nach Absatz 1 Buchstaben a, b und d–g: als globale Beiträge auf der Grundlage von Programmvereinbarungen, die mit den Kantonen ab- geschlossen werden; b. an Massnahmen nach Absatz 1 Buchstabe c: mit Verfügung des Bundesam- tes. 3 Die Höhe der Finanzhilfen richtet sich nach der Wirksamkeit der Massnahmen. Art. 39 Ausbildung 1 Der Bund leistet an die Ausbildung des Forstpersonals Beiträge nach den Arti- keln 52–59 des Berufsbildungsgesetzes vom 13. Dezember 200253.54 2 In Abweichung zu Absatz 1 übernimmt er bis zu 50 Prozent der berufsspezifischen Kosten, namentlich für die ortsgebundene praktische Ausbildung des Forstpersonals und die Schaffung von Lehrmitteln für das Forstpersonal.55 3 ...56 49 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 50 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 51 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 52 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 53 SR 412.10 54 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 6 des Berufsbildungsgesetzes vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2004 (AS 2003 4557; BBl 2000 5686). 55 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 6 des Berufsbildungsgesetzes vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2004 (AS 2003 4557; BBl 2000 5686). 56 Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, mit Wirkung seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). Forstwesen 16 921.0 Art. 40 Investitionskredite 1 Der Bund kann unverzinsliche oder niedrig verzinsliche, rückzahlbare Darlehen gewähren: a. als Baukredit; b.57 zur Finanzierung der Restkosten von Massnahmen, die nach den Artikeln 36, 37 und 38a Absatz 1 Buchstabe b subventionierbar sind; c. zur Anschaffung forstlicher Fahrzeuge, Maschinen und Geräte sowie zur Er- stellung von forstbetrieblichen Anlagen. 2 Die Darlehen werden befristet. 3 Darlehen werden nur auf Antrag des Kantons gewährt. Kommt ein Schuldner sei- ner Rückzahlungspflicht nicht nach, so übernimmt der betreffende Kanton an seiner Stelle die Rückzahlung. 4 Rückzahlungen sind erneut für Investitionskredite einzusetzen. Art. 4158 Bereitstellung der Beiträge 1 Die Bundesversammlung bewilligt mit einfachem Bundesbeschluss einen jeweils auf vier Jahre befristeten Verpflichtungskredit59 für die Zusicherung von Beiträgen und Darlehen. 2 Beiträge an die Bewältigung ausserordentlicher Naturereignisse werden nach der Dauer der entsprechenden Massnahmen befristet. 3. Abschnitt:60 Weitere Massnahmen Art. 41a 1 Zur Förderung von Qualität und Absatz kann der Bundesrat Vorschriften über die freiwillige Kennzeichnung der Herkunft von waldwirtschaftlichen Erzeugnissen und deren Verarbeitungsprodukten erlassen. 2 Für die Registrierung und den Schutz der Bezeichnungen sowie die Verfahren gilt das Bundesgesetz vom 29. April 199861 über die Landwirtschaft. 57 Fassung gemäss Ziff. II 30 des BG vom 6. Okt. 2006 zur Neugestaltung des Finanz- ausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA), in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5779; BBl 2005 6029). 58 Fassung gemäss Ziff. II 30 des BG vom 6. Okt. 2006 zur Neugestaltung des Finanz- ausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA), in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5779; BBl 2005 6029). 59 Ausdruck gemäss Anhang Ziff. 9 des BG vom 19. März 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 662; BBl 2020 349). Diese Änd. wurde in den in der AS genannten Bestim- mungen vorgenommen. 60 Eingefügt durch Anhang Ziff. 8 des BG vom 21. Juni 2013, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2015 3631; BBl 2009 8533). 61 SR 910.1 Waldgesetz 17 921.0 6. Kapitel: Strafbestimmungen Art. 42 Vergehen 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätz- lich:62 a. ohne Berechtigung rodet; b. durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise für sich oder einen anderen eine Leistung erwirkt, die ihm nicht zusteht; c. eine vorgeschriebene Schaffung von Wald unterlässt oder verhindert. 2 Handelt der Täter fahrlässig, ist die Strafe Busse bis zu 40 000 Franken. Art. 43 Übertretungen 1 Mit Busse bis zu 20 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich und ohne Berechti- gung:63 a. forstliche Bauten und Anlagen zweckentfremdet; b. die Zugänglichkeit des Waldes einschränkt; c. Zugänglichkeitsbeschränkungen nach Artikel 14 missachtet; d. Wald oder Waldstrassen mit Motorfahrzeugen befährt; e. im Wald Bäume fällt; f. Abklärungen verhindert oder in Verletzung der Auskunftspflicht unwahre oder unvollständige Auskunft erteilt oder die Auskunft verweigert; g. die Vorschriften über Massnahmen zur Verhütung und Behebung von Wald- schäden sowie Massnahmen gegen Krankheiten und Schädlinge, die den Wald bedrohen können, innerhalb oder ausserhalb des Waldes missachtet; Artikel 233 Strafgesetzbuch64 bleibt vorbehalten; h. die Vorschriften über Herkunft, Verwendung, Handel und Sicherung des forstlichen Vermehrungsgutes missachtet. Stellt eine Widerhandlung zu- gleich eine Widerhandlung gegen die Zollgesetzgebung dar, wird sie nach Massgabe des Zollgesetzes vom 1. Oktober 192565 verfolgt und beurteilt. 62 Fassung gemäss Art. 333 des Strafgesetzbuches (SR 311.0) in der Fassung des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979). 63 Fassung gemäss Art. 333 des Strafgesetzbuches (SR 311.0) in der Fassung des BG vom 13. Dez. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 3459; BBl 1999 1979). 64 SR 311.0 65 [BS 6 465; AS 1956 587; 1959 1343 Art. 11 Ziff. III; 1973 644; 1974 1857 Anhang Ziff. 7; 1980 1793 Ziff. I 1; 1992 1670 Ziff. III; 1994 1634 Ziff. I 3; 1995 1816; 1996 3371 Anhang 2 Ziff. 2; 1997 2465 Anhang Ziff. 13; 2000 1300 Art. 92, 1891 Ziff. VI 6; 2002 248 Ziff. I 1 Art. 41; 2004 4763 Anhang Ziff. II 1; 2006 2197 Anhang Ziff. 50. AS 2007 1411 Art. 131 Abs. 1]. Siehe heute: das Zollgesetz vom 18. März 2005 (SR 631.0). Forstwesen 18 921.0 2 Versuch und Gehilfenschaft sind strafbar. 3 Handelt der Täter fahrlässig, ist die Strafe Busse. 4 Die Kantone können Widerhandlungen gegen kantonales Recht als Übertretungen ahnden. Art. 44 Vergehen und Übertretungen in Geschäftsbetrieben Wird das Vergehen oder die Übertretung im Geschäftsbetrieb einer juristischen Per- son, einer Personengesellschaft oder einer Einzelfirma oder im Betrieb einer Körper- schaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts begangen, so gelten die Artikel 6 und 7 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes vom 22. März 197466. Art. 45 Strafverfolgung Die Strafverfolgung ist Sache der Kantone. 7. Kapitel: Verfahren und Vollzug 1. Abschnitt: Verfahren Art. 46 Rechtspflege 1 Das Beschwerdeverfahren richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.67 1bis und 1ter ...68 2 Das Bundesamt69 ist berechtigt, gegen Verfügungen der kantonalen Behörden in Anwendung dieses Gesetzes und seiner Ausführungserlasse, die Rechtsmittel des eidgenössischen und kantonalen Rechts zu ergreifen. 3 Das Beschwerderecht der Kantone, Gemeinden und Vereinigungen für Natur- und Heimatschutz richtet sich nach den Artikeln 12–12g des Bundesgesetzes vom 1. Juli 196670 über den Natur- und Heimatschutz.71 Es ist auch gegen Verfügungen gege- ben, die gestützt auf Artikel 5, 7, 8, 10, 12 und 13 dieses Gesetzes erlassen werden. 66 SR 313.0 67 Fassung gemäss Anhang Ziff. 127 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005, in Kraft seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 2197 1069; BBl 2001 4202). 68 Eingefügt durch Anhang Ziff. 9 des Gentechnikgesetzes vom 21. März 2003 (AS 2003 4803; BBl 2000 2391). Aufgehoben durch Anhang Ziff. 127 des Verwaltungs- gerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005, mit Wirkung seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 2197 1069; BBl 2001 4202). 69 Ausdruck gemäss Ziff. I 17 des BG vom 18. Juni 1999 über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren, in Kraft seit 1. Jan. 2000 (AS 1999 3071; BBl 1998 2591). 70 SR 451 71 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). Waldgesetz 19 921.0 4 Der Bundesrat kann in den Ausführungserlassen ein Einspracheverfahren gegen erstinstanzliche Verfügungen vorsehen.72 Art. 47 Wirksamkeit von Bewilligungen und Anordnungen Bewilligungen und Anordnungen nach diesem Gesetz werden erst wirksam, wenn sie in Rechtskraft erwachsen sind. Vorbehalten bleibt Artikel 12e des Bundesgesetzes vom 1. Juli 196673 über den Natur- und Heimatschutz.74 Art. 48 Enteignung 1 Wenn Massnahmen zur Walderhaltung oder die Erstellung von Bauten und Anla- gen zum Schutze vor Naturereignissen es erfordern, können sich die Kantone das be- nötigte Grundeigentum und allfällige Dienstbarkeiten durch Enteignung verschaffen. 2 Sie können in ihren Ausführungsvorschriften das Enteignungsgesetz vom 20. Juni 193075 anwendbar erklären, wobei die Kantonsregierung über streitig gebliebene Einsprachen entscheidet. Erstreckt sich der Gegenstand der Enteignung auf das Gebiet mehrerer Kantone, ist das Bundesgesetz über die Enteignung anwendbar. Art. 48a76 Kostentragung durch Verursacher Die Kosten von Massnahmen, welche die Behörden zur Abwehr einer unmittelbar drohenden Gefährdung oder Beeinträchtigung des Waldes sowie zu deren Feststel- lung und Behebung treffen oder anordnen, werden dem schuldhaften Verursacher überbunden. 2. Abschnitt: Vollzug Art. 4977 Bund 1 Der Bund beaufsichtigt den Vollzug dieses Gesetzes und vollzieht die ihm durch das Gesetz direkt übertragenen Aufgaben. 1bis Er koordiniert seine Vollzugsmassnahmen mit denjenigen der Kantone.78 72 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 73 SR 451 74 Zweiter Satz eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 75 SR 711 76 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 77 Fassung gemäss Ziff. I 17 des BG vom 18. Juni 1999 über die Koordination und Vereinfachung von Entscheidverfahren, in Kraft seit 1. Jan. 2000 (AS 1999 3071; BBl 1998 2591). 78 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). Forstwesen 20 921.0 2 Bevor eine Bundesbehörde gestützt auf ein anderes Bundesgesetz oder einen Staatsvertrag eine Verfügung in Anwendung des Waldgesetzes erlässt, hört sie die betroffenen Kantone an. Das Bundesamt und die übrigen betroffenen Bundesstellen wirken nach den Artikeln 62a und 62b des Regierungs- und Verwaltungsorganisa- tionsgesetzes vom 21. März 199779 beim Vollzug mit. 3 Der Bundesrat erlässt Ausführungsvorschriften. Er kann den Erlass von Vorschrif- ten vorwiegend technischer oder administrativer Natur auf das Eidgenössische De- partement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation oder seine Dienststel- len sowie auf nachgeordnete Bundesämter übertragen.80 Art. 50 Kantone 1 Die Kantone vollziehen dieses Gesetz und erlassen die notwendigen Vorschriften; vorbehalten bleibt Artikel 49. 2 Die kantonalen Behörden treffen umgehend die nötigen Massnahmen zur Beseiti- gung rechtswidriger Zustände. Sie sind zur Erhebung von Kautionen und zur Ersatz- vornahme befugt. Art. 50a81 Auslagerung von Vollzugsaufgaben Die Vollzugsbehörden können öffentlich-rechtliche Körperschaften oder Private gegen Entschädigung mit der Durchführung von Kontrollen oder weiteren Voll- zugsmassnahmen beauftragen. Art. 51 Forstorganisation 1 Die Kantone sorgen für eine zweckmässige Organisation des Forstdienstes. 2 Sie teilen ihre Gebiete in Forstkreise und Forstreviere ein. Diese werden durch Waldfachleute mit höherer Ausbildung und praktischer Erfahrung geleitet.82 Art. 52 Genehmigungsvorbehalt Die kantonalen Ausführungsbestimmungen zu den Artikeln 16 Absatz 1, 17 Absatz 2 und 20 Absatz 2 bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Bundes. Art. 53 Mitteilungspflichten 1 Alle kantonalen Ausführungsbestimmungen müssen vor ihrer Inkraftsetzung dem Bundesamt mitgeteilt werden. 79 SR 172.010 80 Zweiter Satz eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 81 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). 82 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). Waldgesetz 21 921.0 2 Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunika- tion legt fest, welche kantonalen Verfügungen und Entscheide dem Bundesamt mit- geteilt werden müssen. 8. Kapitel: Schlussbestimmungen Art. 54 Aufhebung bisherigen Rechts Es werden aufgehoben: a. das Bundesgesetz vom 11. Oktober 190283 betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei; b. das Bundesgesetz vom 21. März 196984 über Investitionskredite für die Forstwirtschaft im Berggebiet; c. der Bundesbeschluss vom 21. Dezember 195685 über die Beteiligung des Bundes an der Wiederherstellung der vom Kastanienrindenkrebs befallenen Wälder; d. der Bundesbeschluss vom 23. Juni 198886 über ausserordentliche Massnah- men zur Walderhaltung. Art. 55 Änderung bisherigen Rechts ...87 Art. 56 Übergangsbestimmungen 1 Für die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes hängigen Verfahren gilt das neue Recht. Die nach dem alten Recht zuständige Behörde erledigt die hängigen Verfahren. 2 Unbefristete Rodungsbewilligungen fallen zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes dahin. Die zuständige Behörde kann auf Gesuch hin im Einzelfall eine zusätzliche Frist festlegen, sofern die Rodungsvoraussetzungen erfüllt sind. Das Gesuch ist vor Ablauf der Verfallfrist einzureichen. Die Anpassung von Verfügun- gen an das neue Recht bleibt vorbehalten. 3 Die Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer, die Holzerntearbeiten im Wald ausführen, sind bis 5 Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes von der Pflicht gemäss Artikel 21a befreit, wonach sie nachzuweisen haben, dass die eingesetzten Arbeits- kräfte einen vom Bund anerkannten Kurs zur Sensibilisierung über die Gefahren von forstlichen Arbeiten besucht haben.88 83 [BS 9 521; AS 1954 559 Ziff. I 5, 1956 1215, 1965 321 Art. 60, 1969 500, 1971 1190, 1977 2249 Ziff. I 11.11, 1985 660 Ziff. I 23, 1988 1696 Art. 7] 84 [AS 1970 761] 85 [AS 1957 317, 1977 2249 Ziff. I 11.12] 86 [AS 1988 1696] 87 Die Änderungen können unter AS 1992 2521 konsultiert werden. 88 Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 18. März 2016, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 3207; BBl 2014 4909). Forstwesen 22 921.0 Art. 57 Referendum und Inkrafttreten 1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum. 2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten. Datum des Inkrafttretens:89 1. Januar 1993 Art. 40 und 54 Bst. b: 1. Januar 1994 89 BRB vom 30. Nov. 1992 1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen Art. 1 Zweck Art. 2 Begriff des Waldes Art. 3 Erhaltung des Waldes 2. Kapitel: Schutz des Waldes vor Eingriffen 1. Abschnitt: Rodung und Waldfeststellung Art. 4 Begriff der Rodung Art. 5 Rodungsverbot und Ausnahmebewilligungen Art. 6 Zuständigkeit Art. 7 Rodungsersatz Art. 8 Art. 9 Ausgleich Art. 10 Waldfeststellung 2. Abschnitt: Wald und Raumplanung Art. 11 Rodung und Baubewilligung Art. 12 Einbezug von Wald in Nutzungspläne Art. 13 Abgrenzung von Wald und Nutzungszonen 3. Abschnitt: Betreten und Befahren des Waldes Art. 14 Zugänglichkeit Art. 15 Motorfahrzeugverkehr 4. Abschnitt: Schutz vor anderen Beeinträchtigungen Art. 16 Nachteilige Nutzungen Art. 17 Waldabstand Art. 18 Umweltgefährdende Stoffe 3. Kapitel: Schutz vor Naturereignissen Art. 19 4. Kapitel: Pflege und Nutzung des Waldes 1. Abschnitt: Bewirtschaftung des Waldes Art. 20 Bewirtschaftungsgrundsätze Art. 21 Holznutzung Art. 21a Arbeitssicherheit Art. 22 Kahlschlagverbot Art. 23 Wiederbestockung von Blössen Art. 24 Forstliches Vermehrungsgut Art. 25 Veräusserung und Teilung 2. Abschnitt: Verhütung und Behebung von Waldschäden Art. 26 Massnahmen des Bundes Art. 27 Massnahmen der Kantone Art. 27a Vorkehrungen gegen Schadorganismen Art. 28 Ausserordentliche Vorkehren bei Waldkatastrophen Art. 28a Vorkehrungen zum Klimawandel 5. Kapitel: Förderungsmassnahmen 1. Abschnitt: Ausbildung, Beratung, Forschung und Grundlagenbeschaffung Art. 29 Ausbildungsaufgaben des Bundes Art. 30 Ausbildungs- und Beratungsaufgaben der Kantone Art. 31 Forschung und Entwicklung Art. 32 Übertragung von Aufgaben an Vereinigungen Art. 33 Erhebungen Art. 34 Information 1a. Abschnitt: Holzförderung Art. 34a Absatz und Verwertung von Holz Art. 34b Bauten und Anlagen des Bundes 2. Abschnitt: Finanzierung Art. 35 Grundsätze Art. 36 Schutz vor Naturereignissen Art. 37 Schutzwald Art. 37a Massnahmen gegen Waldschäden ausserhalb des Schutzwaldes Art. 37b Abfindung für Kosten Art. 38 Biologische Vielfalt des Waldes Art. 38a Waldbewirtschaftung Art. 39 Ausbildung Art. 40 Investitionskredite Art. 41 Bereitstellung der Beiträge 3. Abschnitt: Weitere Massnahmen Art. 41a 6. Kapitel: Strafbestimmungen Art. 42 Vergehen Art. 43 Übertretungen Art. 44 Vergehen und Übertretungen in Geschäftsbetrieben Art. 45 Strafverfolgung 7. Kapitel: Verfahren und Vollzug 1. Abschnitt: Verfahren Art. 46 Rechtspflege Art. 47 Wirksamkeit von Bewilligungen und Anordnungen Art. 48 Enteignung Art. 48a Kostentragung durch Verursacher 2. Abschnitt: Vollzug Art. 49 Bund Art. 50 Kantone Art. 50a Auslagerung von Vollzugsaufgaben Art. 51 Forstorganisation Art. 52 Genehmigungsvorbehalt Art. 53 Mitteilungspflichten 8. Kapitel: Schlussbestimmungen Art. 54 Aufhebung bisherigen Rechts Art. 55 Änderung bisherigen Rechts Art. 56 Übergangsbestimmungen Art. 57 Referendum und Inkrafttreten | mixed |
02a224c4-926a-4fea-80c9-40bafc446c56 | Sachverhalt
ab Seite 198
BGE 138 V 197 S. 198
A.
B., ressortissante française née en 1944, réside en Suisse depuis le 1
er
décembre 2001. Elle n'y exerce aucune activité lucrative et est de ce fait au bénéfice d'un forfait fiscal. Depuis le 1
er
janvier 2005, elle perçoit une pension de retraite de la sécurité sociale française (régime général) et des rentes du régime complémentaire professionnel français.
Le 1
er
mars 2003, la Caisse cantonale vaudoise de compensation AVS (CCVD) a ouvert un compte individuel au nom de B. pour une affiliation obligatoire en qualité d'assurée n'exerçant aucune activité lucrative. Calculée sur la base du montant de son forfait fiscal, la cotisation annuelle acquittée correspondait au maximum légal.
Par courrier du 8 octobre 2007, B. a demandé à la CCVD à être exemptée de l'assujettissement à l'assurance-vieillesse, survivants et invalidité suisse avec effet rétroactif au 1
er
janvier 2005. Après avoir consulté l'Office fédéral des assurances sociales (OFAS), la CCVD a, en date du 21 octobre 2008, informé B. du rejet de sa demande d'exemption. L'assurée a alors requis par courrier du 29 janvier 2009 une décision formelle de l'OFAS que celui-ci a notifiée le 24 février 2009.
B.
Par jugement du 13 mai 2011, le Tribunal administratif fédéral a rejeté le recours formé par l'assurée contre cette décision.
C.
B. interjette un recours en matière de droit public. Elle conclut principalement à la réforme du jugement attaqué, en ce sens qu'elle est mise au bénéfice d'une exemption de l'assujettissement à l'assurance-vieillesse, survivants et invalidité obligatoire avec effet au 1
er
janvier 2005, subsidiairement à l'annulation de ce jugement et au renvoi de la cause à l'autorité inférieure pour nouvelle décision au sens des considérants.
L'OFAS conclut au rejet du recours. B. a présenté des observations complémentaires.
Le recours a été rejeté.
BGE 138 V 197 S. 199 Erwägungen
Extrait des considérants:
2.
2.1
Le Tribunal administratif fédéral a considéré que la recourante ne pouvait pas fonder sa demande d'exemption de l'assurance sur la réglementation européenne et la jurisprudence de la Cour de justice de l'Union européenne (jusqu'au 30 novembre 2009: Cour de justice des Communautés européennes [CJCE]; ci-après: la Cour de justice). En cotisant pendant au moins onze mois à l'assurance-vieillesse, survivants et invalidité, la recourante - quelles que soient ses ressources - recevra, conformément à la législation suisse, une rente proportionnée à la durée et au montant pris en compte. Elle bénéficie ainsi d'une protection complémentaire aux prestations qu'elle reçoit déjà, si bien qu'elle ne peut pas soutenir que les cotisations versées ne lui apporteraient pas de bénéfices correspondants. Il était d'ailleurs dans l'esprit même du système sur lequel reposait l'assurance-vieillesse, survivants et invalidité - assurance sociale basée sur le principe de la solidarité - que toute personne domiciliée en Suisse y participe.
2.2
La recourante reproche à la juridiction de première instance d'avoir ignoré la teneur et la portée de l'art. 17
bis
du Règlement (CEE) n° 1408/71 du Conseil du 14 juin 1971 relatif à l'application des régimes de sécurité sociale aux travailleurs salariés, aux travailleurs non salariés et aux membres de leur famille qui se déplacent à l'intérieur de la Communauté (RS 0.831.109.268.1; ci-après: Règlement 1408/71). D'après cette disposition, le titulaire d'une pension ou d'une rente au titre de la législation d'un Etat membre disposerait de la faculté de déroger au système légal, pour autant qu'il ne soit pas soumis à l'assurance-vieillesse et survivants en raison d'une activité professionnelle et qu'il en fasse la demande. Le Règlement 1408/71 ne contiendrait aucune disposition dérogatoire en matière de prestations de vieillesse qui pourrait faire obstacle à l'application de l'art. 17
bis
dudit Règlement. La jurisprudence exclurait d'ailleurs expressément la possibilité pour l'Etat de résidence de percevoir des cotisations vieillesse, dès lors que la personne intéressée bénéficie de prestations ayant un objet analogue prises en charge par l'institution de l'Etat membre compétent en matière de pension.
2.3
Dans sa réponse, l'OFAS relève que l'assurance-vieillesse, survivants et invalidité est une assurance sociale, basée sur le principe de solidarité: toute personne travaillant ou résidant en Suisse doit
BGE 138 V 197 S. 200
payer des cotisations jusqu'à ce qu'elle atteigne l'âge ordinaire de la retraite. On ne saurait dès lors soutenir que certaines catégories de personnes, compte tenu de leurs revenus ou de leur fortune, puissent en être exemptées, au motif que ladite assurance ne leur apporterait pas de bénéfices correspondants. Une exemption à l'assurance-vieillesse, survivants et invalidité suisse conduirait à des résultats choquants. Ainsi, il ne saurait être exclu qu'une législation nationale prévoie une pension d'un faible montant en faveur d'une personne encore jeune au regard de l'âge ordinaire de la retraite suisse, pension par ailleurs jugée suffisante par l'Etat débit-rentier, mais totalement inadaptée pour vivre en Suisse; le bénéficiaire d'une telle pension résidant en Suisse percevrait alors des prestations complémentaires à l'assurance-vieillesse, survivants et invalidité, tout en étant exempté de l'assurance-vieillesse, survivants et invalidité sur simple demande. De même, accepter que les personnes n'ayant pas atteint l'âge ordinaire de la retraite selon la LAVS et bénéficiant d'une rente de vieillesse d'un autre Etat soient exemptées de l'assujettissement à l'assurance-vieillesse, survivants et invalidité durant leur résidence en Suisse reviendrait à admettre des âges ordinaires de la retraite différents sur le territoire helvétique.
3.
La seule question qu'il convient d'examiner en l'occurrence est de savoir si le refus prononcé par l'OFAS et confirmé par le Tribunal administratif fédéral d'exempter la recourante de l'assujettissement à l'assurance-vieillesse, survivants et invalidité suisse enfreint les règles du droit communautaire (notamment le Règlement 1408/71) et la jurisprudence de la Cour de justice (art. 16 al. 2 de l'Accord du 21 juin 1999 entre la Confédération suisse, d'une part, et la Communauté européenne et ses Etats membres, d'autre part, sur la libre circulation des personnes [ALCP; RS 0.142.112.681]; au sujet de la prise en considération des arrêts de la Cour de justice postérieurs à cette date, cf. 132 V 423 consid. 9.2 p. 437 et les références citées).
4.
4.1
Selon l'art. 1 par. 1 annexe II "Coordination des systèmes de sécurité sociale" ALCP, fondée sur l'
art. 8 ALCP
et faisant partie intégrante de celui-ci (
art. 15 ALCP
), en relation avec la section A de cette annexe, les Parties contractantes appliquent entre elles en particulier le Règlement 1408/71 ainsi que le Règlement (CEE) n° 574/72 du Conseil, du 21 mars 1972, fixant les modalités d'application du Règlement (CEE) n° 1408/71 relatif à l'application des régimes de sécurité sociale aux travailleurs salariés, aux travailleurs non
BGE 138 V 197 S. 201
salariés et aux membres de leur famille qui se déplacent à l'intérieur de la Communauté (RS 0.831.109.268.11), ou des règles équivalentes.
4.2
Le Règlement 1408/71 s'applique en particulier aux travailleurs salariés ou non salariés qui sont ou ont été soumis à la législation d'un ou de plusieurs Etats membres et qui sont des ressortissants de l'un des Etats membres (art. 2 par. 1 du Règlement 1408/71). Cette notion couvre toute personne qui, exerçant ou non une activité professionnelle, possède la qualité d'assuré au titre de la législation de sécurité sociale d'un ou de plusieurs Etats membres (voir
ATF 134 V 236
consid. 5.2.3 p. 244 et les références citées). Ainsi, les titulaires d'une pension ou d'une rente dues au titre de la législation d'un ou de plusieurs Etats membres, même s'ils n'exercent pas une activité professionnelle, relèvent, du fait de leur affiliation à un régime de sécurité sociale, des dispositions du règlement concernant les travailleurs, à moins qu'ils ne fassent l'objet de dispositions particulières édictées à leur égard (
ATF 130 V 247
consid. 4.1 p. 250; voir également
ATF 133 V 265
consid. 4.2.3 p. 270).
4.3
La recourante, qui réside en Suisse et est titulaire d'une pension de retraite de la sécurité sociale française (régime général) et de rentes du régime complémentaire professionnel français, tombe donc dans le champ d'application personnel de l'ALCP en général et du Règlement 1408/71 en particulier.
5.
5.1
Le Titre II du Règlement 1408/71 (art. 13 à 17
bis
) contient des règles qui permettent de déterminer la législation applicable pour toute la généralité des cas. L'art. 13 par. 1 énonce le principe de l'unicité de la législation applicable en fonction des règles contenues aux art. 13 par. 2 à 17
bis
, dans le sens de l'applicabilité de la législation d'un seul Etat membre.
5.2
Selon l'
art. 13 par. 2 let
. f du Règlement 1408/71, la personne à laquelle la législation d'un Etat membre cesse d'être applicable, sans que la législation d'un autre Etat membre lui devienne applicable en conformité avec l'une des règles énoncées aux alinéas précédents ou avec l'une des exceptions ou règles particulières visées aux art. 14 à 17, est soumise à la législation de l'Etat membre sur le territoire duquel elle réside, conformément aux dispositions de cette seule législation. Cette disposition a été introduite par le Règlement (CEE) n° 2195/91du Conseil du 25 juin 1991 (JO L 206 du 29 juillet 1991 p. 2). Avant l'insertion de l'
art. 13 par. 2 let
. f dans le Règlement,
BGE 138 V 197 S. 202
l'art. 13 par. 2 let. a du Règlement (principe de la lex loci laboris) devait être interprété en ce sens qu'un travailleur qui cessait ses activités exercées sur le territoire d'un Etat membre et qui était allé sur le territoire d'un autre Etat membre sans y travailler restait soumis à la législation de l'Etat membre de son dernier emploi, quel que soit le temps qui s'était écoulé depuis la cessation des activités en question et la fin de la relation de travail (arrêt de la CJCE du 12 juin 1986 C-302/84
Ten Holder
, Rec. 1986 p. 1821 point 15), à moins que cette cessation ne soit définitive (arrêts de la CJCE du 21 février 1991 C-140/88
Noij
, Rec. 1991 I-387 points 9 et 10, et du 10 mars 1992 C-215/90
Twomey
, Rec. 1992 I-1823 point 10).
L'
art. 13 par. 2 let
. f, introduit dans le Règlement 1408/71 à la suite de l'arrêt
Ten Holder
, a pour objet de régler la situation d'une personne qui a cessé toute activité salariée sur le territoire d'un Etat membre et qui ne remplit donc plus les conditions de l'art. 13 par. 2 let. a (exercice d'une activité salariée) ou celles des autres éventualités de l'art. 13 et des art. 14 à 17 du Règlement 1408/71. En vertu de cette disposition, la personne qui a cessé toute activité salariée sur le territoire d'un Etat membre (et ne remplit pas les conditions des autres dispositions relatives à la détermination du droit applicable) est soumise, au titre de la législation de l'Etat membre sur le territoire duquel elle réside, à savoir soit à la législation de l'Etat où elle a préalablement exercé une activité salariée lorsqu'elle continue à y avoir sa résidence, soit à celle de l'Etat où, le cas échéant, elle a transféré sa résidence (arrêt de la CJCE du 11 juin 1998 C-275/96
Kuusijärvi
, Rec. 1998 I-3419 points 33 et 34, 43 à 45). Cette disposition implique désormais qu'une cessation de toute activité professionnelle, qu'elle soit temporaire ou définitive, met la personne concernée en dehors du champ d'application de l'art. 13 par. 2 let. a du Règlement 1408/71 (arrêt de la CJCE du 20 janvier 2005 C-302/02
Laurin Effing
, Rec. 2005 I-553 point 43; voir également
ATF 132 V 244
consid. 4.3.1 p. 248).
5.3
D'après l'art. 17
bis
du Règlement 1408/71, le titulaire d'une pension ou d'une rente due au titre de la législation d'un Etat membre ou de pensions ou de rentes dues au titre des législations de plusieurs Etats membres, qui réside sur le territoire d'un autre Etat membre, peut être exempté, à sa demande, de l'application de la législation de ce dernier Etat, à condition qu'il ne soit pas soumis à cette législation en raison de l'exercice d'une activité professionnelle. Également introduite par le Règlement (CEE) n° 2195/91 du 25 juin 1991, cette
BGE 138 V 197 S. 203
disposition doit permettre l'exemption des titulaires de pensions ou de rentes de l'assujettissement à la législation de l'Etat de résidence, quand ils ont déjà droit aux prestations d'assurance-maladie, de maternité et aux prestations familiales au titre de la législation d'un autre Etat membre (JO L 206 du 29 juillet 1991 p. 2 ). D'après l'exposé des motifs accompagnant le projet de règlement, l'art. 17
bis
a pour objectif d'empêcher des affiliations inutiles. En effet, il faut éviter qu'une personne "ex-active" qui bénéficie d'une pension suffisante au titre de la législation d'un Etat membre, laquelle lui assure déjà des prestations de maladie et des prestations familiales, mais qui réside dans un autre Etat membre, connaissant un régime d'assurance basé sur la résidence, soit obligée de payer dans ce dernier Etat des cotisations qui ne lui apportent pas les bénéfices correspondants.
5.4
La doctrine est peu diserte sur le sens et la portée qu'il convient de donner à cette disposition. HEINZ-DIETRICH STEINMEYER (in Europäisches Sozialrecht, 4
e
éd. 2005, ad art. 17
bis
du Règlement 1408/71) expose que dans la mesure où le titulaire d'une pension ou d'une rente peut en principe percevoir sa rente dans n'importe quel Etat membre, il peut arriver que celui-ci fasse usage de son droit à la libre circulation et réside sur le territoire d'un autre Etat membre que celui qui verse la rente. Dès lors que certains Etats membres intègrent par exemple les bénéficiaires de pension ou de rente dans leur système national d'assurance-maladie, cela peut donner lieu pour ce cercle de personnes à une double assurance. Or, le titulaire d'une pension ou d'une rente ne doit être soumis qu'à la législation d'un seul Etat membre. C'est pourquoi, l'art. 17
bis
prévoit une possibilité d'exemption, qui ne vaut toutefois que pour autant que la personne intéressée ne soit pas soumise à cette législation en raison de l'exercice d'une activité professionnelle.
5.5
A ce jour, la Cour de justice ne s'est pas prononcée sur la portée et le sens qu'il convenait de donner à l'art. 17
bis
du Règlement 1408/71. En revanche, elle a retenu que ledit Règlement ne s'opposait pas à ce qu'une personne qui, après avoir travaillé en qualité de salarié sur le territoire d'un Etat membre et bénéficiant de ce fait d'une pension de retraite, établit sa résidence dans un autre Etat membre, où elle n'exerce aucune activité, soit soumise à la législation de ce dernier Etat. Il existait toutefois un principe général découlant du Règlement 1408/71 selon lequel le titulaire d'une pension ou d'une rente ne peut pas se voir réclamer, du fait de sa résidence sur le territoire
BGE 138 V 197 S. 204
d'un Etat membre, des cotisations d'assuré obligatoire pour la couverture de prestations prises en charge par une institution d'un autre Etat membre (arrêt
Noij
précité points 14 et 15). Ultérieurement, la Cour de justice a précisé que ce principe s'opposait à ce que l'Etat membre sur le territoire duquel réside le titulaire d'une pension ou d'une rente exige le paiement par celui-ci de cotisations ou de retenues équivalentes prévues par sa législation pour la couverture de prestations de vieillesse, d'incapacité de travail et de chômage, lorsque l'intéressé bénéficie de prestations ayant un objet analogue prises en charge par l'institution de l'Etat membre compétent en matière de pension ou de rente et que les cotisations ou retenues versées ne lui assurent aucune prestation supplémentaire compte tenu des prestations dont il bénéficie déjà (arrêt de la CJCE du 10 mai 2001 C-389/99
Rundgren
, Rec. 2001 I-3760 points 55 à 57).
5.6
De l'ensemble de ces éléments, il est possible de tirer les enseignements suivants:
5.6.1
Le droit communautaire tend en principe à ce que les intéressés soient soumis au régime de la sécurité sociale d'un seul Etat membre, afin que les cumuls des législations nationales applicables et les complications qui peuvent en résulter soient évités. C'est pourquoi les dispositions du Titre II du Règlement 1408/71 forment un système de règles de conflit dont le caractère complet a comme effet de soustraire au législateur de chaque Etat membre le pouvoir de déterminer l'étendue et les conditions d'application de sa législation nationale, quant aux personnes qui y sont soumises et le territoire à l'intérieur duquel les dispositions nationales produisent leurs effets. Ainsi que la Cour de justice l'a relevé, "les Etats membres ne disposent pas de la faculté de déterminer dans quelle mesure est applicable leur propre législation ou celle d'un autre Etat membre", étant "tenus de respecter les dispositions du droit communautaire en vigueur" (arrêt
Ten Holder
précité points 19 à 21 et les références). Contrairement à ce que l'OFAS a constamment soutenu au cours de la procédure, l'art. 17
bis
du Règlement 1408/71 n'est pas conçu comme une norme potestative (Kann-Vorschrift); les Etats membres ne disposent d'aucune marge de manoeuvre lorsqu'ils sont saisis d'une demande d'exemption de l'application d'une législation au sens de l'art. 17
bis
du Règlement 1408/71. Toute interprétation contraire reviendrait sinon à vider de son sens cette disposition et, plus généralement, à ignorer le but du système mis en place au Titre II du
BGE 138 V 197 S. 205
Règlement 1408/71, dès lors que le demandeur serait soumis à l'arbitraire de l'Etat membre auprès duquel il a déposé une demande d'exemption.
5.6.2
Si le droit communautaire tend en principe à ce que les intéressés soient soumis au régime de la sécurité sociale d'un seul Etat membre, il peut néanmoins arriver des situations où deux législations nationales concurrentes s'appliquent. Tel est notamment le cas lorsque le titulaire d'une rente due au titre de la législation d'un Etat membre réside sur le territoire d'un autre Etat membre. Au regard des travaux préparatoires relatifs à l'art. 17
bis
du Règlement 1408/71 et de la jurisprudence de la Cour de justice décrite ci-dessus, lesquels ne font au final qu'exprimer la même idée, une exemption ne peut être accordée qu'à des conditions très précises, soit uniquement lorsque le régime d'assurance dont l'exemption est demandée n'est pas susceptible d'apporter à la personne intéressée un bénéfice correspondant aux contributions versées. Le but recherché par le système de l'exemption est clairement d'éviter une situation inutile de double assurance. Tel est manifestement le cas en matière d'assurance-maladie, lorsque la personne assurée a déjà droit aux prestations équivalentes de cette assurance en vertu de la législation d'un autre Etat membre (voir également l'art. 33 du Règlement 1408/71; EDGAR IMHOF, Über die Kollisionsnormen der Verordnung Nr. 1408/71 [anwendbares Sozialrecht, zugleich Versicherungsunterstellung], RSAS 2008 p. 337 n. 74).
Quand bien même il n'est pas fait mention dans les travaux préparatoires d'une telle hypothèse, une situation inutile de double assurance peut également se présenter en matière de pensions, comme le met en évidence l'arrêt de la CJCE
Rundgren
. Dans ce précédent, la Cour de justice a constaté que la République de Finlande ne pouvait réclamer le paiement de cotisations de pension nationale prévues par la législation finlandaise, au motif que celle-ci n'assurerait à l'intéressé aucune protection supplémentaire, dès lors que le montant de ses revenus (composés de pensions et d'une rente versées en application de la législation suédoise) excédait le seuil en deçà duquel la pension nationale finlandaise était attribuée. Les circonstances de cet arrêt ne sont toutefois pas transposables à la situation suisse. L'assurance-vieillesse, survivants et invalidité suisse est conçue comme un régime obligatoire d'assurance à couverture universelle qui offre une protection s'étendant aussi bien à la population vivant en Suisse qu'aux personnes qui entretiennent un lien étroit et
BGE 138 V 197 S. 206
effectif avec la Suisse comme par exemple celles qui y exercent ou y ont exercé une activité lucrative. Toute personne ayant cotisé durant au moins onze mois et un jour (
art. 50 RAVS
[RS 831.101]) peutprétendre au moment de la survenance de l'âge légal de la retraite à la rente ordinaire de vieillesse (
art. 21 et 29 LAVS
). Une personne au bénéfice d'une pension ou d'une rente d'un autre Etat membre ne subit dès lors aucun préjudice du fait d'une affiliation obligatoire à l'assurance-vieillesse, survivants et invalidité, dès lors que les cotisations qu'elle aura versées lui donneront droit à une rente qui viendra compléter la rente étrangère.
5.7
Il résulte de ce qui précède que la Suisse est tenue d'accorder une exemption à la personne qui en fait la demande, lorsque l'application de deux législations nationales aboutit à des cumuls et des chevauchements inutiles. Eu égard aux particularités de ce régime d'assurance, une telle exemption ne peut pas concerner l'assurance-vieillesse, survivants et invalidité suisse. C'est par conséquent à bon droit que la demande d'exemption formulée par la recourante a été rejetée. | mixed |
a1d5f4c7-2d30-4ed9-a6ad-a03bf52b0818 | Sachverhalt
ab Seite 322
BGE 140 V 321 S. 322
A.
Die Lloyd's Underwriters London (nachfolgend: Lloyd's) richtete A. für die Folgen einer am 15. Oktober 2005 während eines Eishockeyspiels erlittenen Knieverletzung als Unfallversicherer Leistungen (Heilungskosten und Taggelder) in Höhe von insgesamt Fr. 42'991.80 aus. Am 21. September 2006 ersuchte diese die Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG (nachfolgend: Zürich) um Rückerstattung der von ihr erbrachten Versicherungsleistungen mit der Begründung, beim Ereignis vom 15. Oktober 2005 handle es sich um den Rückfall eines Unfallereignisses aus dem Jahre 1996, für welches die Zürich als damaliger Unfallversicherer zuständig sei; diese habe daher den Rückfall vom 15. Oktober 2005 zu übernehmen. Am 30. Juni 2008 ersuchte die Lloyd's auch die AXA Versicherungen AG (nachfolgend: AXA) um Rückerstattung der von ihr erbrachten Versicherungsleistungen. A. sei von November 2004 bis April 2005 bei ihr unfallversichert gewesen, als er im März 2005 bei einem Unfall das linke Knie verletzt habe. Die Kniebeschwerden vom 15. Oktober 2005 und ab dem 1. Dezember 2005 hätten daher bei der AXA als Rückfall des Unfalls vom März 2005 gemeldet werden müssen. Nachdem sowohl die Zürich als auch die AXA eine Rückvergütung an die Lloyd's abgelehnt hatten, gelangte diese an das Bundesamt für Gesundheit (nachfolgend: BAG) und ersuchte um Erlass einer Verfügung nach
Art. 78a UVG
. Mit Verfügung vom 3. November 2011 stellte das BAG die Leistungspflicht der Lloyd's für das Ereignis vom 15. Oktober 2005 und die dadurch ausgelösten gesundheitlichen Probleme aufgrund früherer Unfälle fest.
B. Die von der Lloyd's gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde hiess das Bundesverwaltungsgericht mit Entscheid vom 25. Oktober 2013 teilweise gut, hob die Verfügung vom 3. November 2011 auf und wies die Sache zur weiteren Abklärung im Sinne der Erwägungen und anschliessendem Erlass einer neuen Verfügung an das BAG zurück.
C.
Mit Beschwerde beantragt das BAG, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei festzustellen, dass der im Streit stehende Betrag von Fr. 42'991.80 für Leistungen aus der obligatorischen Unfallversicherung von der Lloyd's zu tragen sei.
BGE 140 V 321 S. 323
Das Bundesverwaltungsgericht verzichtet auf eine Stellungnahme. Die Zürich und die AXA schliessen auf Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids. Die Lloyd's beantragt Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
2.1
Das BAG beruft sich für seine Legitimation auf das Urteil des Bundesgerichts 8C_293/2009 vom 23. Oktober 2009, in: SVR 2010 UV Nr. 5 S. 21. In jenem Fall trat das Bundesgericht auf die Beschwerde des gestützt auf
Art. 78a UVG
im Rahmen eines negativen Kompetenzkonfliktes zwischen zwei obligatorischen Unfallversicherern verfügenden Bundesamtes ein, ohne sich mit dessen Beschwerdelegitimation ausdrücklich auseinanderzusetzen.
2.1.1
Nach
Art. 89 Abs. 1 BGG
ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat. Dieses allgemeine Beschwerderecht ist grundsätzlich auf Privatpersonen zugeschnitten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts können Gemeinwesen und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften das allgemeine Beschwerderecht dann in Anspruch nehmen, wenn sie durch den angefochtenen Entscheid gleich oder ähnlich wie Private betroffen sind (
BGE 133 II 400
E. 2.4.2 S. 406 mit Hinweisen). Ausserdem anerkennt die Praxis die Beschwerdebefugnis eines Gemeinwesens, wenn dieses durch den fraglichen Akt in qualifizierter Weise in schutzwürdigen hoheitlichen Interessen berührt wird (
BGE 138 II 506
E. 2.1.1 S. 508;
BGE 138 I 143
E. 1.3.1 S. 149 mit Hinweisen). Das kann bei vermögensrechtlichen Interessen und bei Eingriffen in spezifische eigene öffentliche Sachanliegen der Fall sein (vgl. BERNHARD WALDMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 43 f. zu
Art. 89 BGG
). Das allgemeine Interesse an der richtigen Rechtsanwendung verschafft indessen keine Beschwerdebefugnis im Sinne dieser Regelung; insbesondere ist die im Rechtsmittelverfahren unterlegene Vorinstanz nicht berechtigt, gegen den sie desavouierenden Entscheid an das Bundesgericht zu gelangen (
BGE 138 II 506
E. 2.1.1 S. 508;
BGE 136 II 274
E. 4.2 S. 279;
BGE 134 II 45
E. 2.2.1 S. 47; MICHAEL PFLÜGER, Die Legitimation
BGE 140 V 321 S. 324
des Gemeinwesens zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, 2013, S. 80 ff. Rz. 193 ff.). Gestützt auf die allgemeine Legitimationsklausel sind Gemeinwesen daher nur restriktiv zur Beschwerdeführung zugelassen (
BGE 138 II 506
E. 2.1.1 S. 509 mit Hinweisen; Urteil 1C_670/2013 vom 10. Februar 2014 E. 3).
2.1.2
Kann bezüglich der Frage, welcher Unfallversicherer die Leistungen zu erbringen hat, keine Einigkeit erzielt werden, hat nach
Art. 78a UVG
das BAG darüber zu entscheiden. Wird es in diesem Sinne angerufen, entscheidet es als erstinstanzliche Verwaltungsbehörde. Es muss in einer Verfügung bestimmen, welcher Versicherer zuständig ist und die materiellen Leistungen erbringen muss (bereits erwähntes Urteil 8C_293/2009 E. 4). Da einer justiziellen Administrativbehörde nach dem Grundsatz, dass eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, deren Verfügung durch eine obere Instanz nicht bestätigt worden ist, ihren Standpunkt nicht auf dem Rechtsmittelweg durchzusetzen versuchen soll, grundsätzlich keine Beschwerdelegitimation zukommt (vgl. E. 2.1.1 hievor), sofern nicht besonders qualifizierte Interessen geltend gemacht werden können, erscheint es äusserst fraglich, dass sich das BAG in der vorliegenden Konstellation mit Erfolg auf die allgemeine Klausel von
Art. 89 Abs. 1 BGG
berufen kann. Wie sich aus den nachstehenden Erwägungen ergibt, kann die Frage in diesem Verfahren jedoch offenbleiben.
2.2
Unmittelbar gestützt auf
Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG
beschwerdebefugt sind die Departemente des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es vorsieht, die ihnen unterstellten Dienststellen, wenn der angefochtene Akt die Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann. Eine Verordnung des Bundesrates oder eines Departements reicht dafür aus (vgl. dazu PFLÜGER, a.a.O., S. 348 ff. Rz. 835 ff.; WALDMANN, a.a.O., N. 50 zu
Art. 89 BGG
; UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2009, N. 49 zu
Art. 62 ATSG
).
Art. 132 Abs. 2 UVV
(SR 832.202) ermächtigt das Bundesamt, gegen Entscheide der kantonalen Schiedsgerichte, der kantonalen Versicherungsgerichte und des Bundesverwaltungsgerichts Beschwerde beim Bundesgericht zu erheben. Diese Behördenbeschwerde ermöglicht die gerichtliche Überprüfung hinsichtlich der richtigen, rechtsgleichen und einheitlichen Anwendung des Bundessozialversicherungsrechts (KIESER, a.a.O., N. 49 zu
Art. 62 ATSG
; vgl. dazu auch PFLÜGER, a.a.O., S. 345 Rz. 830). Ob sich das BAG in seiner Funktion als erstinstanzliche Verwaltungsbehörde im Sinne von
Art. 78a UVG
BGE 140 V 321 S. 325
zur Begründung der Beschwerdelegitimation auf
Art. 132 Abs. 2 UVV
berufen könnte, kann aus den nachstehenden Gründen auch offenbleiben.
2.3
Nach
Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG
sind Personen, Organisationen und Behörden, denen ein anderes Bundesgesetz dieses Recht einräumt berechtigt, Beschwerde einzureichen.
Art. 62 Abs. 1
bis
ATSG
(SR 830.1) ermächtigt den Bundesrat, das Beschwerderecht der Durchführungsorgane der einzelnen Sozialversicherungen vor dem Bundesgericht zu regeln. Diese Vorschrift ermöglicht es der Exekutive, die Organe der Sozialversicherung auf Verordnungsstufe zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zuzulassen (
BGE 134 V 53
E. 2.2.2 S. 56; PFLÜGER, a.a.O., S. 418 Rz. 996). Auf das Verfahren über geldwerte Streitigkeiten zwischen Versicherern (
Art. 78a UVG
) findet
Art. 62 Abs. 1
bis
ATSG
indessen keine Anwendung (
Art. 1 Abs. 2 lit. c UVG
).
2.4
Die Frage der Beschwerdelegitimation nach
Art. 89 Abs. 1 und 2 lit. a BGG
braucht in diesem Verfahren nicht abschliessend beantwortet zu werden. Wie sich nachfolgend aus E. 3.7 ergibt, fehlt es für eine Anhandnahme der Beschwerde ohnehin an den Voraussetzungen von
Art. 93 Abs. 1 BGG
.
3.
3.1
Der angefochtene Entscheid weist die Sache zur Vornahme ergänzender Abklärungen und neuer Beurteilung an das BAG zurück. Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt in seinem angefochtenen Entscheid zwar für das BAG abschliessend über materiellrechtliche Teilfragen, jedoch nicht über einzelne Rechtsbegehren. Demnach schliesst sein Entscheid das Verfahren weder insgesamt noch über einzelne Rechtsbegehren ab, weshalb es keinen End- oder Teilentscheid im Sinne von
Art. 90 und 91 BGG
darstellt, sondern einen Zwischenentscheid (vgl.
BGE 133 V 477
E. 4.2 und 4.3 S. 481 f.).
3.2
Auch wenn Rückweisungsentscheide das Verfahren nicht abschliessen, werden sie dennoch wie Endentscheide behandelt, falls der unteren Instanz, an welche die Sache zurückgewiesen wird, kein Entscheidungsspielraum mehr verbleibt und die Rückweisung nur noch der rechnerischen Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten dient (vgl.
BGE 134 II 124
E. 1.3 S. 127).
3.3
Eine solche Konstellation liegt bei einem Rückweisungsentscheid, mit dem - wie hier - unter anderem eine ergänzende Sachverhaltsabklärung verlangt wird, jedoch nicht vor. Diese erfordert
BGE 140 V 321 S. 326
namentlich eine Würdigung und Subsumtion des ergänzend festgestellten Sachverhalts, so dass es nicht um eine blosse "rechnerische" Umsetzung im Sinne der erwähnten Rechtsprechung geht. Daran ändert auch nichts, dass das zurückweisende Gericht dabei bereits gewisse Rechtsfragen für die Vorinstanz verbindlich beantwortet hat. Eine andere Sichtweise würde dem Ziel, dass jede Rechtssache möglichst nur einmal vor das Bundesgericht getragen werden soll (vgl.
BGE 133 IV 139
E. 4 S. 141;
BGE 134 III 188
E. 2.2 S. 191), entgegenlaufen. Auch wäre sie der Rechtssicherheit abträglich. Die Betroffenen würden vor die nicht immer leicht zu beantwortende Frage gestellt, ob bereits der Rückweisungsentscheid anfechtbar ist bzw. - wegen der Qualifikation als Endentscheid - angefochten werden muss, um nicht später mit ihren Einwänden bei Ergreifen der Rechtsmittel gegen die in der Folge ergehenden Entscheide ausgeschlossen zu sein. Zudem ist denkbar, dass infolge oder anlässlich von zusätzlichen Sachverhaltsabklärungen neue Rechtsfragen auftreten.
3.4
Gegen Vor- und Zwischenentscheide, die weder zu Ausstandsbegehren noch zur Zuständigkeit ergehen (dazu
Art. 92 BGG
), ist die Beschwerde gemäss
Art. 93 Abs. 1 BGG
nur zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beschwerdeverfahren ersparen würde (lit. b).
3.5
Zu prüfen ist somit, ob eine der Tatbestandsalternativen des Art. 93 Abs. 1 lit. a oder b BGG erfüllt ist. Dass diejenige der lit. b gegeben wäre, ist beim vorinstanzlich festgestellten Abklärungsbedarf zu verneinen (vgl. Urteil 9C_878/2008 vom 18. November 2008 E. 1.2.2).
3.6
Ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von
Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG
muss rechtlicher Natur sein und somit auch mit einem für die Beschwerde führende Partei günstigen Endentscheid nicht oder nicht vollständig behebbar sein (
BGE 133 V 645
E. 2.1 S. 647). Er entsteht regelmässig nicht bloss aus dem Umstand, dass eine Sache an eine untere Instanz zu neuem Entscheid zurückgewiesen wird. Daran ändert nichts, dass das Verfahren dadurch verlängert und verteuert wird (vgl.
BGE 133 V 477
E. 5.2.2 S. 483). Denn das Bundesgericht soll sich, wie erwähnt, grundsätzlich nur einmal mit einem Fall befassen müssen und diesen hierbei insgesamt beurteilen können. Deshalb sind Ausnahmen von diesem Grundsatz restriktiv
BGE 140 V 321 S. 327
zu handhaben, zumal die Parteien keiner Rechte verlustig gehen, wenn der Zwischenentscheid prinzipiell noch zusammen mit dem Endentscheid anfechtbar ist (vgl.
Art. 93 Abs. 3 BGG
).
3.7
3.7.1
Das Bundesgericht nimmt einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von
Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG
an, wenn eine beschwerdebefugte Behörde durch einen Rückweisungsentscheid gezwungen wird, eine ihrer Ansicht nach rechtswidrige Verfügung zu erlassen. Ihren eigenen Entscheid kann die Behörde nicht anfechten. Er könnte dadurch rechtskräftig werden, ohne dass sie je Gelegenheit hatte, ihn dem Bundesgericht zu unterbreiten. Um dies zu vermeiden, darf die Behörde unter Berufung auf
Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG
bereits gegen den Rückweisungsentscheid oder den ihn bestätigenden Entscheid an das Bundesgericht gelangen (vgl.
BGE 133 V 477
E. 5 S. 482 ff.).
3.7.2
Diese Rechtsprechung beruht im Wesentlichen darauf, dass die Verwaltung zur Anfechtung eines gestützt auf den Rückweisungsentscheid zu erlassenden Entscheids mangels formeller Beschwer nicht befugt wäre und die versicherte Person ihrerseits in der Regel keinen Anlass hat, den neu zu erlassenden Entscheid anzufechten, wenn er zu ihrem Vorteil ist, so dass im Ergebnis der allenfalls rechtswidrige Entscheid keiner bundesgerichtlichen Überprüfung unterzogen werden könnte. Wäre die Verwaltung nicht befugt, bereits den (behaupteterweise) bundesrechtswidrigen Rückweisungsentscheid des kantonalen Gerichts anzufechten, könnte somit der darauf beruhende rechtswidrige Entscheid praktisch nicht angefochten und das falsche Ergebnis nicht mehr korrigiert werden. Daher führt der Rückweisungsentscheid in dieser Konstellation zu einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil (
BGE 133 V 477
E. 5.2.4 S. 484).
3.7.3
Gemäss
Art. 78a UVG
erlässt das BAG bei geldwerten Streitigkeiten zwischen Versicherern eine Verfügung. Ein Unfallversicherer, der gegenüber dem anderen Unfallversicherer keine Weisungsbefugnis besitzt, kann somit das BAG anrufen, worauf dieses mittels einer Verfügung darüber zu befinden hat, welcher Versicherer nach den materiellrechtlichen Vorschriften leistungspflichtig ist. Dieser Rechtsweg steht namentlich offen, wenn ein negativer Kompetenzkonflikt zwischen zwei Versicherern über die Leistungspflicht bezüglich eines Schadensereignisses vorliegt oder wenn - wie
BGE 140 V 321 S. 328
vorliegend - ein Versicherer von einem anderen Versicherer Rückerstattung von gegenüber der versicherten Person erbrachten Leistungen verlangt (
BGE 127 V 176
E. 4d S. 181). Das Bundesamt verfügt in diesen Fällen als Aufsichtsbehörde über eine Streitigkeit zwischen Unfallversicherern und nicht als Behörde mit Eigeninteresse.
3.7.4
Bei dieser Konstellation kann der unterliegende Unfallversicherer, welcher weder Anlass noch Möglichkeit hatte, den vorinstanzlichen Rückweisungsentscheid anzufechten (
Art. 93 Abs. 1 BGG
; vorne E. 3.6), die vom BAG zu erlassende Verfügung und anschliessend den noch zu erlassenden Endentscheid des Bundesverwaltungsgerichts und dabei auch das von der Vorinstanz Entschiedene anfechten (
Art. 93 Abs. 3 BGG
). Da der allenfalls rechtswidrige Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom unterliegenden Unfallversicherer ans Bundesgericht weitergezogen werden kann, verhält es sich - im Gegensatz zur hievor in E. 3.7.2 erwähnten Konstellation - nicht so, dass im Ergebnis der allenfalls rechtswidrige Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts keiner bundesgerichtlichen Überprüfung unterzogen werden könnte.
3.8
Zusammenfassend ergibt sich somit in Bezug auf den Rückweisungsentscheid, dass für das BAG kein nicht wieder gutzumachender, rechtlicher Nachteil vorliegt, weshalb auf die Beschwerde nicht einzutreten ist. | mixed |
ee35e84c-8bd7-43e1-919b-50543b05ba40 | Sachverhalt
ab Seite 394
BGE 137 V 394 S. 394
A.
A.a
S. wurde am 24. Januar 1997 im Kantonsspital Basel-Stadt bei der operativen Behebung eines Hydrozephalus verletzt und erlitt eine Schädigung des Gehirns. Sie bezieht bei einem Invaliditätsgrad von 100 % eine ganze Rente der Eidgenössischen Invalidenversicherung und der Beruflichen Vorsorge.
BGE 137 V 394 S. 395
A.b
Mit Schreiben vom 29. April 1998 liess S. ihre Arbeitgeberin bitten, der Unfallversicherung das Ereignis vom 24. Januar 1997 als Unfall zu melden. Das Schreiben lautet wie folgt:
"Nach Prüfung der Rechtslage habe ich die Überzeugung gewonnen, dass es sich bei der Operation vom 24.1.1997 um einen Unfall im Rechtssinne handelt. Dürfte ich Sie höflich bitten, die entsprechende Anmeldung an die obligatorische Unfallversicherung vorzunehmen und mir davon eine Kopie zuzustellen. Sollte ihre Gesellschaft selbst die obligatorische Unfallversicherung sein, so bitte ich Sie höflich, mir allfällige Zusatzleistungen bekannt zu geben. Bezüglich der Begründung der Tatsache, dass es sich bei der Operation am 24.1.1997 um einen Unfall handelt, werde ich Sie näher informieren bzw. diesen Standpunkt begründen, wenn Ihre Gesellschaft selbst die Unfallversicherung sein sollte. Mit bestem Dank ..."
Die Arbeitgeberin leitete das Schreiben an die Helsana Unfall AG (nachfolgend: Helsana) weiter, bei der es am 6. Mai 1998 einging. In der Folge kamen die Parteien darauf nicht mehr zurück.
A.c
In der Auseinandersetzung mit dem Kanton Basel-Stadt bestritt dieser mit Schreiben vom 29. Mai 1998 mangels Arztfehler beziehungsweise Widerrechtlichkeit seine Haftpflicht. Am 14. Oktober 1999 klagte daraufhin S. direkt beim Bundesgericht gegen den Kanton Basel-Stadt auf Schadenersatz für Erwerbsausfall, Rentenschaden, Pflege- und Betreuungskosten, Haushaltschaden und vorprozessuale Anwaltskosten sowie Genugtuung. Das Verfahren wurde zunächst auf die Frage der grundsätzlichen Haftung des Beklagten beschränkt und diese mit Urteil 4C.378/1999 des Bundesgerichts vom 23. November 2004 bejaht. Am 5. Juli 2005 wurde das bundesgerichtliche Verfahren fortgesetzt. Mit Replik vom 30. August 2005 zum Quantitativen forderte S. einen Betrag von insgesamt über Fr. 15'000'000.-. In der Folge kam es zu einem Vergleich, mit dem sich der Haftpflichtige verpflichtete, S. über die bereits bezahlten Beträge hinaus einen Betrag von Fr. 3'000'000.- (Anwaltskosten eingeschlossen) zu bezahlen, und das Verfahren wurde mit Verfügung des Bundesgerichts vom 1. Juni 2006 abgeschrieben.
A.d
Mit undatiertem Schreiben, eingegangen bei der ehemaligen Arbeitgeberin am 18. Januar 2007
,
verwies S. auf das Urteil des Bundesgerichts vom 23. November 2004, wonach ein Unfall vorliege, und beantragte Leistungen aus Unfall. Am 22. Januar 2007, eingegangen bei der Helsana am 30. Januar 2007, zeigte die ehemalige Arbeitgeberin das Schadenereignis an. Die Helsana verneinte einen Leistungsanspruch mit Verfügung vom 31. Juli 2008. Zur Begründung führte sie an, die Versicherte habe den Leistungsanspruch
BGE 137 V 394 S. 396
verwirkt und überdies durch den Vergleich mit dem Haftpflichtversicherer auch über die Regressforderung des Unfallversicherers gegenüber dem Unfallverursacher verfügt. Die dagegen gerichtete Einsprache der Versicherten vom 2. September 2008 wies die Helsana mit Entscheid vom 10. November 2008 ab.
B.
S. erhob Beschwerde mit dem Hauptbegehren auf Aufhebung des Einspracheentscheids vom 10. November 2008 und Zusprechung der gesetzlichen Leistungen im Rahmen einer Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 100 %, einer maximalen Integritätsentschädigung, einer Hilflosenentschädigung für Hilflosigkeit schweren Grades und Heilungskosten, alles rückwirkend ab 24. Januar 1997 nebst 5 % Zins. Im Eventualbegehren beantragte sie Rückweisung zu weiterer Abklärung und Neubeurteilung. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die Beschwerde mit Entscheid vom 29. September 2010 ab.
C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt S. unter Aufrechterhaltung ihrer vorinstanzlichen Begehren die Aufhebung dieses Entscheids beantragen. Die Helsana trägt auf Abweisung an und verlangt mit Eventualantrag, es sei ein Zeuge zu befragen und die vollständigen Akten des Haftpflichtprozesses seien zu edieren.
D.
Das Bundesgericht gewährt den Parteien das rechtliche Gehör zur Frage, ob die Leistungsansprüche durch die Zahlung des Haftpflichtigen bereits getilgt seien, resp. ob deren Geltendmachung gegenüber der Helsana rechtsmissbräuchlich ist. Davon haben beide Seiten mit Eingaben vom 20. Juli und 25. August 2011 Gebrauch gemacht.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdeführerin für die Folgen des Eingriffs vom 24. Januar 1997 Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung geltend machen kann. Die Helsana hat ihre Leistungspflicht mit der Begründung verneint, die Beschwerdeführerin habe auf den Leistungsanspruch verzichtet und überdies durch den Vergleich mit dem Haftpflichtigen über die Regressforderung des Unfallversicherers verfügt. Das kantonale Gericht hat dies bestätigt.
3.
Am 1. Januar 2003 sind das Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG;
BGE 137 V 394 S. 397
SR 830.1) und die Verordnung vom 11. September 2002 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSV; SR 830.11) in Kraft getreten. In materiellrechtlicher Hinsicht gilt jedoch der allgemeine übergangsrechtliche Grundsatz, dass für die Beurteilung diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (
BGE 136 V 24
E. 4.3 S. 27;
BGE 130 V 445
E. 1.2.1 S. 447; Urteil 8C_979/2009 vom 1. November 2010 E. 3 mit Hinweisen). Das Ereignis, aus dem Leistungsansprüche abgeleitet werden, hat sich vor Inkrafttreten des ATSG ereignet. Da die Regelung des Rückgriffs - sowohl gemäss dem bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen aArt. 41 UVG (SR 832.20) wie auch gemäss dem am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen
Art. 72 Abs. 1 ATSG
- vom Prinzip der Subrogation im Zeitpunkt des Ereignisses ausgeht, ist massgebender Zeitpunkt für die Verwirklichung der sich aus der Subrogation ergebenden Rechtsfolgen der Zeitpunkt des Unfallereignisses (erwähntes Urteil 8C_979/2009 E. 4.1 mit Hinweisen;
BGE 129 V 396
E. 1.1 S. 398; vgl. auch
BGE 134 III 489
E. 4.3 S. 492). Die Helsana ist somit gestützt auf aArt. 41 UVG am 24. Januar 1997 bis auf die Höhe der gesetzlichen Leistungen in die Ansprüche der Beschwerdeführerin gegenüber dem Haftpflichtigen eingetreten, obwohl in diesem Zeitpunkt noch nicht feststand, welche Leistungen sie erbringen muss (Urteil 4A_307/2008 vom 27. November 2008 E. 3.1.3 mit Hinweisen). Vorliegend sind demzufolge für die Subrogation die gesetzlichen Grundlagen vor Inkrafttreten des ATSG massgebend.
4.
4.1
Das kantonale Gericht nahm an, die Beschwerdeführerin habe stillschweigend auf die Unfallversicherungsleistungen verzichtet, weil sie nach ihrem Schreiben vom 29. April 1998 während fast neun Jahren nichts mehr unternommen, den Haftpflichtprozess beendet und damit bekundet habe, dass sie die Beschwerdegegnerin nicht in Anspruch nehmen werde. Es beruft sich hiefür auf
BGE 108 V 84
E. 3a S. 88.
4.2
Der von der Vorinstanz angenommene Verzicht knüpft an ein konkludentes Verhalten an, das über den 1. Januar 2003 hinaus andauerte. Es erscheint daher fraglich, ob mit der Vorinstanz und der Beschwerdeführerin diesbezüglich intertemporalrechtlich auf aArt. 65 UVV (SR 832.202) abgestellt werden kann, oder ob nicht vielmehr
Art. 23 ATSG
zur Anwendung gelangt. Die Frage kann offenbleiben, denn sowohl aArt. 65 UVV als auch
Art. 23 ATSG
setzen
BGE 137 V 394 S. 398
ausdrücklich voraus, dass ein Verzicht schriftlich erklärt werden muss. Ein konkludenter Verzicht, wie er unter dem noch früheren Recht von der Rechtsprechung akzeptiert wurde (
BGE 116 V 273
E. 4 S. 279 f.;
BGE 108 V 84
E. 3a S. 88), ist nicht mehr möglich (
BGE 135 V 106
E. 6.2.3 S. 111; GHISLAINE FRÉSARD-FELLAY, De la renonciation aux prestations d'assurance sociale [art. 23 LPGA/ATSG], HAVE 2002 S. 335 ff., 336 f.; FRÉSARD/MOSER-SZELESS, L'assurance-accidents obligatoire, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007, S. 976 Rz. 481 und Fn. 712; GEBHARD EUGSTER, Krankenversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007, S. 811 Rz. 1197; ANDRÉ PIERRE HOLZER, Verjährung und Verwirkung der Leistungsansprüche im Sozialversicherungsrecht, 2005, S. 77). Für einen Verzicht hätte es im Übrigen im Geltungsbereich von aArt. 65 UVV des Einverständnisses aller Beteiligten bedurft, und der Verzicht hätte vom Sozialversicherer in einer Verfügung festgehalten werden müssen (
BGE 124 V 174
E. 3c S. 178; erwähntes Urteil 8C_979/2009; ALEXANDRA RUMO-JUNGO, Subrogation im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses, in: Festschrift des Nationalen Versicherungsbüros Schweiz und des Nationalen Garantiefonds Schweiz, 2000, S. 413 f.). Diese Formvorschriften sind hier offensichtlich nicht eingehalten. Ein Verzicht liegt daher nicht vor.
5.
5.1
Das kantonale Gericht hielt fest, wegen der im Zeitpunkt des Unfalls eingetretenen Subrogation sei es der Beschwerdeführerin grundsätzlich verwehrt gewesen, auf die Leistungen der Beschwerdegegnerin zu verzichten. Es ist unklar, welche Schlüsse es daraus ziehen will. Die Beschwerdeführerin ihrerseits leitet daraus ab, der Vergleich mit dem Haftpflichtigen habe keine UVG-Ansprüche beinhalten können, da sie zufolge Subrogation über diese Ansprüche nicht mehr habe verfügen können.
5.2
Dem ist nicht zu folgen. Zwar trifft es zu, dass die Subrogation im Zeitpunkt des Unfalls eintritt (vgl. oben E. 3) und die Forderung des Geschädigten gegenüber dem Haftpflichtigen schon dann auf den Versicherer übergeht. Der Sozialversicherer allein ist somit Gläubiger (GHISLAINE FRÉSARD-FELLAY, Le recours subrogatoire de l'assurance-accidents sociale contre le tiers responsable ou son assureur, 2007, S. 105 Rz. 343 f.; ALEXANDRA RUMO-JUNGO, Haftpflicht und Sozialversicherung, 1998, S. 431 Rz. 971). Das bedeutet im Haftpflichtprozess, dass der grundsätzlich für den ganzen Schaden Haftpflichtige
BGE 137 V 394 S. 399
dem Geschädigten gegenüber die erbrachten Sozialversicherungsleistungen als den Schaden reduzierende Positionen, für die er beweispflichtig ist, entgegenhalten kann (erwähntes Urteil 4A_307/2008 E. 3.1.4). Ging der Haftpflichtige nicht davon aus, dass Leistungen aus UVG erbracht worden sind bzw. noch erbracht werden, bestand auch kein Anlass für einen entsprechenden Abzug. Im Übrigen bewirkt der Forderungsübergang nur, dass der Geschädigte mangels Berechtigung nicht mehr verfügen
darf
, nicht dass er nicht verfügen
kann
. Verfügt er trotzdem, beispielsweise durch Abschluss eines Vergleichs mit dem Haftpflichtigen, bedeutet dies einzig, dass Letzterer durch Zahlung an den nicht mehr berechtigten Geschädigten von seiner Leistungspflicht gegenüber dem Sozialversicherer nicht befreit wird und die Gefahr der Doppelzahlung läuft (Urteil 4P.322/1994 vom 28. August 1995 E. 2d; FRÉSARD-FELLAY, Le recours subrogatoire, a.a.O., S. 106 Rz. 345).
6.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Vergleich mit dem haftpflichtigen Kanton auch UVG-Leistungen umfasste. Die Beschwerdegegnerin macht geltend, die Beschwerdeführerin sei ungerechtfertigt bereichert, falls sie ihrerseits Leistungen nach UVG erbringen müsse.
6.1
Nach einem UVG-versicherten Ereignis mit Drittbeteiligung sind in der Regel und auch hier nebst den Ansprüchen aus UVG solche aus Haftpflichtrecht zu berücksichtigen. Wie bereits erwähnt, tritt der UVG-Versicherer dabei im Zeitpunkt des bei ihm versicherten Ereignisses bis auf die Höhe der gesetzlichen Leistungen in die Ansprüche der verunfallten Person gegenüber dem Haftpflichtigen ein (aArt. 41 UVG; E. 3 hievor).
6.2
Der Vergleich zwischen der Beschwerdeführerin und dem Haftpflichtigen lautet wie folgt:
"1. Der Beklagte bezahlt der Klägerin über die bereits bezahlten Beträge hinaus Fr. 3'000'000.- (drei Millionen Franken), Anwaltskosten eingeschlossen.
2. Dabei gehen die Parteien insbesondere von folgenden Gegebenheiten aus:
a) Entsprechend der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichts (4C.277/2005 vom 17. Januar 2006, zur Publikation bestimmt), steht den Pensionskassen auch nach der vor dem 1. Januar 2005 geltenden Regelung (Einführung von
Art. 34b BVG
) ein Rückgriffsrecht auf den haftpflichtigen Dritten zu, unabhängig davon, ob eine Abtretung der Ansprüche des Geschädigten erfolgt ist.
BGE 137 V 394 S. 400
b) Die Klägerin erhält keine Hilflosenentschädigung. Sollte sie in Zukunft entsprechende Leistungen beziehen, hält sie den Beklagten schadlos, soweit dieser dafür aus Regress zahlungspflichtig wird.
3. Mit Erfüllung dieser Vereinbarung sind die Parteien per Saldo aller Ansprüche auseinander gesetzt."
Aus der Bestätigung des damaligen Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin vom 1. Februar 2007 geht sodann hervor, dass der Haftpflichtige gesamthaft, einschliesslich der im Vergleich genannten Summe und vorangegangener Akontozahlungen Fr. 5'000'000.- ausbezahlt hat. Davon flossen nach Abzug des Anwaltshonorars und von Barauslagen an eine Drittperson Fr. 4'250'000.- an die Beschwerdeführerin.
Es fragt sich nun, ob die Beschwerdeführerin über diese Summe hinaus Anspruch auf die geltend gemachten UVG-Leistungen (Invalidenrente, Integritätsentschädigung, Hilflosenentschädigung, Heilbehandlung) erheben kann.
6.3
An Leistungen aus Haftpflichtrecht mit jeweils vergleichbarem Zweck kommen bei der Invalidenrente (nach
Art. 18 ff. UVG
) die Leistungskategorie Erwerbsausfallsentschädigung/Rentenschaden, bei der Integritätsentschädigung (Art. 24 f. UVG) die Genugtuung, bei der Hilflosenentschädigung (Art. 26 f. UVG) die Entschädigung für den Betreuungs- sowie Pflegeaufwand und bei der Heilbehandlung (
Art. 10 UVG
) die Übernahme von Heilungs- sowie Behandlungskosten (Begriffsverwendungen jeweils wie im durchgeführten Haftpflichtprozess [siehe: Urteil 4C_378/1999 vom 23. November 2004]; vgl. auch RUMO-JUNGO, a.a.O., S. 436 ff.) in Betracht. Dabei ist davon auszugehen, dass die Leistungen des Haftpflichtigen resp. Haftpflichtversicherers, welcher den vollen Schaden und eine Genugtuung zu bezahlen hat, die Leistungen des UVG-Versicherers in der Regel übertreffen. So hat Letzterer etwa nur eine Invalidenrente im Umfang von höchstens 80 % des versicherten Verdienstes (
Art. 20 Abs. 1 UVG
) und eine Integritätsentschädigung, die maximal dem Höchstbetrag des versicherten Jahresverdienstes entspricht (
Art. 25 Abs. 1 UVG
), auszurichten.
Im vorliegenden Fall bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich diesbezüglich anders verhalten könnte. Namentlich liegen keine Hinweise auf erfolgte Kürzungen der haftpflichtrechtlichen Leistungen vor, welche allenfalls bei UV-Leistungen nicht vorzunehmen wären.
BGE 137 V 394 S. 401
6.4
Zu beurteilen bleibt, ob durch den Haftpflichtigen auch tatsächlich der volle Schaden gedeckt worden ist.
Vorerst ergibt sich aus dem Wortlaut des Vergleiches selber, dass die Parteien per saldo aller Ansprüche auseinandergesetzt seien. Dies lässt darauf schliessen, dass nicht noch weitere Ansprüche zur Beurteilung standen, soweit im Vergleich nicht Vorbehalte formuliert wurden (dazu nachstehend E. 6.5).
Weiter ist zu beachten, dass die Ansprüche gegenüber dem Haftpflichtigen erhoben wurden, bevor die Frage allfälliger Leistungsansprüche nach dem UVG geprüft und beantwortet worden war. Bei dieser Konstellation ist gestützt auf die allgemeine Lebenserfahrung davon auszugehen, dass eine geschädigte Person vom Haftpflichtigen den vollen Schadensausgleich fordert. Das gilt erst recht, wenn sie - wie hier der Fall - durch einen erfahrenen Schaden- und Versicherungsrechtsanwalt vertreten ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Rechtsvertreter bei Unterlassen gebotener Leistungsbegehren selber Gefahr läuft, haftpflichtrechtlich belangt zu werden. Im Lichte dieser Ausführungen besteht eine natürliche Vermutung dafür, dass die geschädigte Person bei der gegebenen Konstellation den gesamten Schaden vom Haftpflichtigen verlangt.
Konkret hat die Beschwerdeführerin im Direktprozess vor Bundesgericht denn auch alle möglichen Schadenspositionen ausführlich geltend gemacht. Dies betrifft insbesondere die Positionen der Heilungskosten, des Erwerbsausfalls und der Genugtuung, welche im Haftpflichtrecht bei der Gliederung der Ansprüche denjenigen nach UVG gleichgesetzt sind (
Art. 74 ATSG
bzw. aArt. 43 UVG).
Für die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie habe nur den Direktschaden verlangt, ergeben sich aus den Akten keinerlei Anhaltspunkte. Das Gegenteil ist der Fall: In den formatierten Berechnungen zur Schadenshöhe (Berechnungssystem Leonardo) findet sich zwar ein Abzug für die laufende Rente der Invalidenversicherung. Die entsprechende Rubrik für Leistungen der Unfallversicherung ist indessen leer gelassen worden. Das bedeutet, dass die Beschwerdeführerin bei der Begründung ihrer Ansprüche selber davon ausging, sie erhalte keinerlei Leistungen der Unfallversicherung, andernfalls sie sich diese - analog zu denjenigen der Invalidenversicherung - hätte anrechnen lassen müssen. Die Beschwerdeführerin hat denn auch zusätzliche Leistungen der Unfallversicherung im Direktprozess vor Bundesgericht gar nie erwähnt. Offenbar ging sie selber in
BGE 137 V 394 S. 402
jener Prozessphase davon aus, das Ereignis stelle keinen Unfall im Rechtssinne dar bzw. der Nachweis eines solchen sei wenig erfolgversprechend.
Es kann mithin mit Sicherheit angenommen werden, die Einigung zwischen der Beschwerdeführerin und dem Haftpflichtigen habe alle Schadenpositionen erfasst und damit den Gesamtschaden abgedeckt.
6.5
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich im Vergleich ein Vorbehalt zu möglichen späteren Hilflosenentschädigungen der Invalidenversicherung findet. Die Beschwerdeführerin will daraus ableiten, ein solcher hätte auch für Leistungen der Unfallversicherung angebracht werden müssen, falls diese in der durch Vergleich vereinbarten Summe enthalten gewesen wären. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Vorbehalt im Vergleich ging offensichtlich auf eine Intervention des Haftpflichtigen zurück, da die Beschwerdeführerin trotz 100%iger Invalidität auf die Hilflosenentschädigung verzichtete. Diese Frage wurde im Prozess ausführlich diskutiert. Leistungen der Unfallversicherung waren aber nie Gegenstand der Verhandlungen, da alle Verfahrensbeteiligten davon ausgingen, solche seien nicht geschuldet.
6.6
Der Behauptung der Beschwerdeführerin, sie habe im Zivilprozess gegen den Haftpflichtigen nur den Direktschaden geltend gemacht, kann aber auch aus (verfahrens)rechtlichen Gründen nicht gefolgt werden. Einmal wäre es unmöglich gewesen, (nur) den Direktschaden geltend zu machen, ohne die Leistungen des Unfallversicherers überhaupt zu kennen; insbesondere diese Leistungen sind ja vom Gesamtschaden in Abzug zu bringen, um überhaupt den Direktschaden berechnen zu können. Überdies hätte das Bundesgericht den Prozess nicht zum Abschluss bringen können, falls Leistungen aus Unfallversicherung vorbehalten gewesen wären; vielmehr hätte es wohl den Prozess bis zum Abschluss des UVG-Verfahrens sistiert.
6.7
Die Beschwerdeführerin bringt auch vergeblich vor, sie habe im Haftpflichtverfahren nicht alles zugesprochen resp. vergleichsweise zuerkannt erhalten, was sie ursprünglich eingeklagt hatte. Massgebend ist, dass bei der Bestimmung der vom Haftpflichtigen zu erbringenden Zahlungen keine UV-Leistungen vorbehalten und abgezogen wurden. Dies lässt sich unter den gegebenen Umständen vernünftigerweise nur so erklären, dass die Beschwerdeführerin vom Haftpflichtigen den gesamten Schaden vergütet erhielt, was denn
BGE 137 V 394 S. 403
auch mit Blick auf die erfolgten Zahlungen realistisch erscheint. Daran vermag der Einwand der Beschwerdeführerin nichts zu ändern. Gleiches gilt, soweit sie auf einzelne Positionen der damaligen zivilrechtlichen Schadensbestimmung und auf verschiedene Leistungsarten der Unfallversicherung Bezug nimmt.
6.8
Grundsätzlich kann ein Geschädigter nur einmal die Wiedergutmachung seines Schadens erlangen (
BGE 133 III 6
E. 5.3.2 S. 22). Steht daher zweifellos fest, dass einem Versicherten im Rahmen eines Haftpflichtprozesses der volle Schaden (und damit auch allfällige Leistungen der Unfallversicherung) gedeckt worden ist, kann er solche Leistungen nicht ein zweites Mal geltend machen.
Zwar besteht im Sozialversicherungsrecht kein extrasystemisches Überentschädigungsverbot, weshalb der Unfallversicherer dem Versicherten gegenüber nicht die Einrede der Erfüllung durch den Haftpflichtigen entgegenhalten kann. Indem die Versicherte aber eine Leistung verlangt, für die sie im Zivilprozess schon voll entschädigt worden ist, handelt sie rechtsmissbräuchlich (vgl. E. 7.1 nachfolgend).
7.
Die Prüfung der geltend gemachten Ansprüche kann überdies unterbleiben, weil das Prozessverhalten der Beschwerdeführerin ebenfalls rechtsmissbräuchlich erscheint.
7.1
Auch der Private ist im Verkehr mit den Behörden an Treu und Glauben gebunden (
Art. 5 Abs. 3 BV
; SVR 2011 EL Nr. 7 S. 21, 9C_999/2009 E. 6.2 mit Hinweisen). Ein auch im öffentlichen Recht anerkannter Ausfluss davon ist das Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Da jedoch die Berufung auf das Verbot widersprüchlichen Verhaltens gegenüber dem Bürger stets auf eine Verkürzung von dessen gesetzlichen Rechtspositionen hinausläuft, ist - insbesondere wenn es aus passivem Verhalten abgeleitet wird - Zurückhaltung angebracht (THOMAS GÄCHTER, Rechtsmissbrauch im öffentlichen Recht, 2005, S. 194 ff., 197). In Anlehnung an die privatrechtliche Doktrin zu
Art. 2 Abs. 2 ZGB
kann Widersprüchlichkeit einerseits auf der
Unvereinbarkeit zweier Verhaltensweisen
und andererseits auf dem Verbot, begründete Erwartungen eines anderen zu enttäuschen, beruhen. Zentral ist die Abwägung der Interessen und dabei eine allfällige
Vertrauensbetätigung
der Behörden (GÄCHTER, a.a.O., S. 199 f., 208 und 556 f.).
7.2
Mit undatiertem Schreiben an ihre ehemalige Arbeitgeberin, das bei dieser am 18. Januar 2007 einging, verwies die
BGE 137 V 394 S. 404
Beschwerdeführerin auf das Urteil des Bundesgerichts vom 23. November 2004. Daraus ergebe sich, dass ein Unfall vorliege und nicht eine Krankheit. Sie beantrage daher Leistungen aus Unfall. Die Arbeitgeberin meldete der Beschwerdegegnerin mit offiziellem Formular, datierend vom 22. Januar 2007, einen Unfall "gemäss Berichte des Bundesgerichts". Diese Meldung ging bei der Beschwerdegegnerin zusammen mit den Akten am 30. Januar 2007 ein, mithin nach Eintritt der absoluten Verjährung des Regressanspruchs.
7.3
Im Hinblick auf die Beurteilung des Verhaltens der Parteien ist von Bedeutung, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Unfall um eine Sorgfaltspflichtverletzung bei einer Operation handelte. Nicht jede Sorgfaltspflichtverletzung stellt einen Unfall dar. Im Rahmen einer Krankheitsbehandlung, für welche der Unfallversicherer nicht leistungspflichtig ist, kann ein Behandlungsfehler ausnahmsweise den Unfallbegriff erfüllen, nämlich dann, wenn es sich um grobe und ausserordentliche Verwechslungen und Ungeschicklichkeiten oder sogar um absichtliche Schädigungen handelt, mit denen niemand rechnete, noch zu rechnen brauchte (FRÉSARD/MOSER-SZELESS, a.a.O., S. 860 Rz. 72; ALEXANDRA RUMO-JUNGO, Bundesgesetz über die Unfallversicherung, 2003, S. 24).
In ihrem Schreiben vom 29. April 1998 stellte die Beschwerdeführerin in Aussicht, näher darüber zu informieren, wieso es sich bei der Operation um einen Unfall gehandelt habe. Nachdem der Kanton Basel-Stadt die Haftpflicht mit Schreiben vom 29. Mai 1998 bestritten hatte, leitete sie Klage ein. Vor diesem Hintergrund durfte die Beschwerdegegnerin das Schreiben vom 29. April 1998 so verstehen, dass sie von der Beschwerdeführerin informiert würde, sobald diese in der Lage sei, die Voraussetzungen des Unfallbegriffs zu begründen. Die Beschwerdeführerin macht denn auch selbst geltend, erst mit dem Urteil des Bundesgerichts vom 23. November 2004 sei festgestanden, dass eine Sorgfaltspflichtverletzung gegeben und damit der Unfallbegriff erfüllt sei. Solange die Beschwerdeführerin somit nicht gemäss ihrem Schreiben mitteilte, weshalb die Operation als Unfall anzuerkennen sei, musste die Beschwerdegegnerin nicht damit rechnen, dass sie das am 29. April 1998 gemeldete Ereignis als Unfall weiterverfolgen wolle. Dies war erst mit Schreiben vom 18. Januar 2007 (Eingang) an die Arbeitgeberin der Fall. Die Beschwerdeführerin wusste jedoch bereits nach dem Urteil vom 23. November 2004, dass eine Sorgfaltspflichtverletzung vorlag und hätte
BGE 137 V 394 S. 405
in diesem Zeitpunkt die Beschwerdegegnerin darüber informieren müssen.
7.4
Indem die Beschwerdeführerin gegenüber dem Haftpflichtigen und dem Unfallversicherer kongruente Leistungen geltend macht, verhält sie sich widersprüchlich. Sie will damit die vom Gesetz verpönte Überentschädigung erreichen. Die Beschwerdeführerin wäre aufgrund ihres Schreibens vom 29. April 1998 gehalten gewesen, die Beschwerdegegnerin über den Ausgang des Haftpflichtverfahrens zu informieren. Ihre Unterlassung verschlechterte grundlos die Position des Sozialversicherers (vgl. auch
BGE 127 III 257
E. 6c S. 266 f.), indem dessen Regressanspruch verjährte. Auch dieses Verhalten ist als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren. | mixed |
a966762b-f265-4ffe-995b-2e23b41adc39 | Sachverhalt
ab Seite 247
BGE 117 Ia 247 S. 247
Der Kanton Basel-Stadt beabsichtigt, auf der ihm gehörenden Eckliegenschaft Schanzenstrasse/Spitalstrasse 26 eine Baracke zu erstellen, in welcher suchtkranke Drogenabhängige sich ihre Droge unter ärztlicher Aufsicht spritzen können. Das Bauinspektorat Basel-Stadt erteilte hiefür dem kantonalen Hochbauamt am 3. April 1990 die Baubewilligung für die Erstellung dieser Baracke als Provisorium für fünf Jahre bis zum 31. März 1995. S. ist Eigentümerin einer Nachbarliegenschaft. Sie befürchtet, der Betrieb des sogenannten "Gassenzimmers" in dieser Baracke, in der auch eine Cafeteria eingerichtet werden soll, führe zu untragbaren
BGE 117 Ia 247 S. 248
Emissionen. Ihr Rekurs wurde jedoch von der kantonalen Baurekurskommission am 23. August 1990 abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden konnte. S. rekurrierte in der Folge an das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt. Sie wiederholte im wesentlichen ihre der Baurekurskommission vorgetragenen Einwendungen und beantragte in verfahrensmässiger Hinsicht, ihrem Rekurs sei aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Am 24. September 1990 traf der Appellationsgerichtspräsident über das Gesuch um Bewilligung der aufschiebenden Wirkung folgende Verfügung:
"Das Gesuch um Bewilligung der aufschiebenden Wirkung wird abgewiesen,
da die Erfolgsaussichten des Rekurses ungewiss sind und das Bedürfnis an
der sofortigen Ausführung der Baute als dringlich erscheint."
S. führt staatsrechtliche Beschwerde und beantragt, die Verfügung des Appellationsgerichtspräsidenten vom 24. September 1990 sei aufzuheben und es sei ihrem Rekurs an das Verwaltungsgericht betreffend das zur Diskussion stehende Baubegehren Spitalstrasse 26 aufschiebende Wirkung zu erteilen.
Das Bundesgericht tritt auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht ein Erwägungen
aus folgenden Erwägungen:
1.
Die Beschwerde richtet sich gegen eine Verfügung des Appellationsgerichtspräsidenten. Gemäss § 17 des baselstädtischen Gesetzes vom 14. Juni 1928 über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG) hemmt die Einreichung eines Rekurses die Vollstreckung des angefochtenen Entscheides nicht, es sei denn, dass der Präsident dies ausdrücklich anordnet. Gemäss § 24 VRPG trifft der Präsident die ihm nach § 17 VRPG zustehenden vorsorglichen Verfügungen von sich aus oder auf Antrag der Parteien. Im vorliegenden Fall hat der Präsident den ausdrücklich gestellten Antrag der Beschwerdeführerin, ihrem Rekurs sei aufschiebende Wirkung zuzubilligen, abgewiesen. Von keiner Seite wird geltend gemacht, diese Präsidialverfügung könne beim Gesamtgericht angefochten werden, weshalb davon auszugehen ist, dass eine kantonal letztinstanzliche Verfügung vorliegt. Diese schliesst jedoch das kantonale Verfahren nicht ab; es handelt sich somit um einen Zwischenentscheid (
BGE 116 Ia 179
E. 2a mit Hinweisen), was auch die Beschwerdeführerin anerkennt.
BGE 117 Ia 247 S. 249
2.
Die Beschwerdeführerin nennt keinen bestimmten Artikel der Bundesverfassung, der durch die angefochtene Verfügung verletzt sein soll; aus ihren Vorbringen ergibt sich aber, dass sie die Ablehnung ihres Antrages als willkürlich erachtet, womit sie
Art. 4 BV
anruft. Zudem spricht sie von ihren verfassungsmässigen Eigentumsrechten (
Art. 22ter BV
), die wegen der von ihr befürchteten Immissionen verletzt sein sollen. Gemäss
Art. 87 OG
ist die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von
Art. 4 BV
erst gegen letztinstanzliche Endentscheide zulässig, gegen letztinstanzliche Zwischenentscheide nur, wenn sie für den Betroffenen einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge haben. Werden neben der Rüge,
Art. 4 BV
sei verletzt, noch weitere Verfassungsverletzungen geltend gemacht, so tritt das Bundesgericht auf die Beschwerde in vollem Umfang ein, allerdings nur dann, wenn diese Rügen nicht mit derjenigen der Verletzung von
Art. 4 BV
zusammenfallen, somit selbständige Bedeutung haben, und nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet sind (
BGE 115 Ia 314
mit Hinweisen). Im Zusammenhang mit der Anrufung von
Art. 22ter BV
beschränkt sich die Beschwerdeführerin auf die Behauptung, die zu erwartenden Immissionen würden ihre verfassungsmässigen Eigentumsrechte aushöhlen. Diese Rüge genügt den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung einer staatsrechtlichen Beschwerde (
Art. 90 Abs. 1 lit. b OG
) in keiner Weise. Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, dass der von ihr behauptete Eingriff gesetzlichen Bestimmungen zuwiderlaufe oder dass er nicht im öffentlichen Interesse liege oder dass er unverhältnismässig sei. Die Berufung auf
Art. 22ter BV
ist daher offensichtlich unbegründet. Unter diesen Umständen ist zu prüfen, ob die angefochtene Verfügung für die Beschwerdeführerin einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge hat.
3.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts bedarf es eines nicht wiedergutzumachenden Nachteils rechtlicher Natur, um einen Zwischenentscheid im Sinne von
Art. 87 OG
anfechten zu können; eine bloss tatsächliche Beeinträchtigung genügt nicht. Der Nachteil ist nur dann rechtlicher Natur, wenn er auch durch einen für den Betroffenen günstigen Endentscheid nicht mehr behoben werden könnte (
BGE 115 Ia 314
E. c;
BGE 108 Ia 104
). Dabei ist es nicht nötig, dass sich der Nachteil schon im kantonalen Verfahren durch einen günstigen Endentscheid beheben lässt. Es genügt, wenn er in einem anschliessenden bundesgerichtlichen Verfahren beseitigst werden kann (
BGE 99 Ia 249
f.;
BGE 116 Ia 445
BGE 117 Ia 247 S. 250
E. 1 b). Die Beschwerdeführerin beruft sich in diesem Zusammenhang auf
BGE 105 Ia 318
ff. Dieser Entscheid betraf die Nichtbeförderung eines Schülers. Das Bundesgericht stellte fest, dass ein Schüler bei Erfüllung der reglementarischen Voraussetzungen einen Rechtsanspruch auf Beförderung besitze. Die Verweigerung der aufschiebenden Wirkung eines Rekurses gegen eine Nichtbeförderung könne daher wegen des Ausfalls des Unterrichts in der höheren Klasse während der Dauer des Rekursverfahrens zu einem nicht wiedergutzumachenden rechtlichen Nachteil führen; im Falle eines für den Schüler günstigen Rekursentscheides sei ein nachträglicher Übertritt in die höhere Klasse nicht mehr möglich.
Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, in ihrem Fall sei der zu erwartende Nachteil in noch ausgeprägterem Masse gegeben. Sie begründet jedoch nicht, worin der zu erwartende rechtliche Nachteil liegen soll, wenn der Kanton Basel-Stadt auf der Nachbarliegenschaft mit dem Bau der Baracke auf sein eigenes Risiko beginnt. Dass sie die Bauarbeiten und den Betrieb auf der Nachbarparzelle während des Rekursverfahrens in Kauf nehmen muss, stellt keinen rechtlichen Nachteil, sondern bloss eine tatsächliche Beeinträchtigung dar. Sollte letztinstanzlich die Baubewilligung aufgehoben werden, so müsste der Kanton das Barackenprovisorium wieder beseitigen, worüber er sich im klaren ist. Im übrigen richtet sich der Rekurs gegen den Betrieb des sogenannten "Gassenzimmers", in welchem schwer suchtkranke Drogenabhängige sich unter hygienisch einwandfreien Verhältnissen ihre Droge sollen spritzen können. Sollte dieser Betrieb als unzulässig erklärt werden, so wäre er einzustellen, wobei es wohl nicht auszuschliessen wäre, dass die Baracke einem anderen Zweck zugeführt werden könnte.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass im vorliegenden Fall nicht von einem nicht wiedergutzumachenden Nachteil gesprochen werden kann, da ein allfälliger Nachteil mit einem günstigen Endentscheid beseitigt würde. Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist daher nicht einzutreten (
BGE 115 Ia 319
;
106 Ia 228
E. 2). Daran können übrigens auch die Ausführungen in
BGE 116 Ia 177
ff. nichts ändern. In diesem Fall konnte ein Bauherr während eines hängigen kantonalen Rekursverfahrens die ohne Bewilligung begonnenen Bauarbeiten fortsetzen, weil dem Rekurs die aufschiebende Wirkung entzogen wurde. Das Bundesgericht führt dazu aus, in der Regel müssten zwar Bauten, die widerrechtlich erstellt
BGE 117 Ia 247 S. 251
worden seien und für die nachträglich keine Bewilligung erteilt werden könne, beseitigt werden. Solche Bauten könnten indessen dann bestehenbleiben, wenn deren Entfernung unverhältnismässig wäre, zum Beispiel weil die Abweichung vom Erlaubten nur unbedeutend ist oder der Abbruch nicht im öffentlichen Interesse liegt (
BGE 111 Ib 221
E. 6). Könne diese Möglichkeit im gegebenen Fall nicht von vornherein ausgeschlossen werden, so könne auch ein günstiger Endentscheid den Nachteil nicht mehr beheben. Aus diesem Grund bejahte dort das Bundesgericht einen nicht wiedergutzumachenden rechtlichen Nachteil, trat jedoch wegen der fehlenden Legitimation der Beschwerdeführer auf die Beschwerde nicht ein (
BGE 116 Ia 179
E. 2b). Im vorliegenden Fall geht es lediglich um ein Barackenprovisorium. Dieses Provisorium könnte im Falle einer Gutheissung des Rekurses der Beschwerdeführerin ohne unzumutbare Kosten wieder entfernt werden, weshalb sich der Bauherr - anders als bei einer Massivbaute mit möglicherweise nur geringfügigen Verstössen gegen Bauvorschriften - aller Voraussicht nach nicht auf das Verhältnismässigkeitsprinzip berufen könnte. | mixed |
219f39d2-a9b0-491b-bbfa-b0757b4bb738 | Sachverhalt
ab Seite 98
BGE 126 I 97 S. 98
P. eröffnete bei der F. AG (heute in Konkurs) am 26. Juni 1997 ein Konto und ein Wertschriftendepot. Die F. AG war für ihre Kunden als Discountbrokerin tätig.
Der für P. zuständige Kundenbetreuer der F. AG teilte P. mit Schreiben vom 22. Juni 1998 mit, dass er nicht mehr für die F. AG tätig sei und deshalb P. empfehle, das Brokerhaus umgehend zu wechseln. Am 23. Juni 1998 schrieb daher der Vertreter von P. an die F. AG, er löse das Konto Nr. .... bei der F. AG mit sofortiger Wirkung auf; die Wertpapiere und Barbeträge dieses Kontos seien auf das Konto Nr. .... bei der X. Bank, Zürich, zu transferieren.
Mit Fax vom 26. Juni 1998 teilte die F. AG der X. Bank mit, welche Wertpapiere P. bzw. ihr Vertreter im Depot bei der F. AG liegen habe und dass diese demnächst bei der X. Bank eintreffen würden. Mit mehreren Faxschreiben vom 30. Juni und vom 1. Juli 1998 erteilte die F. AG der Firma Y., Basel, welche die Wertpapiere für die F. AG aufbewahrte, den Auftrag, die P. gehörenden Wertpapiere auf die X. Bank zu transferieren.
Die Wertpapiere von P. wurden indessen nicht an die X. Bank transferiert, sondern am 6. Juli 1998 im Auftrag der F. AG von der Firma Y. verkauft. Vom Erlös wurden US-$ 1'063'248 von der Firma Y. für Schulden der F. AG bei ihr verrechnet. Weitere US-$ 2'380'000 wurden von der F. AG auf Konten bei verschiedenen Banken transferiert, um sie an andere Gläubiger der F. AG auszuzahlen. Im Einzelnen wurden folgende Transaktionen durchgeführt:
- Mit Valuta vom 13. Juli 1998 US-$ 1'800'000 auf das Konto der F. AG bei der Z. Bank in Zürich (Konto-Nr. ...); - mit Valuta vom 13. Juli 1998 US-$ 500'000 auf das Konto der F. AG bei der B. Bank in Frankfurt (Konto-Nr. ...); - mit Valuta vom 24. Juli 1998 US-$ 80'000 auf das Konto der F. AG bei der Z. Bank in Zürich (Konto-Nr. ...).
Am 24. Juli 1998 wurde über die F. AG der Konkurs eröffnet.
P. bzw. ihr Vertreter erstatteten am 5. August 1998 Strafanzeige gegen die Verantwortlichen der F. AG und der Firma Y.
BGE 126 I 97 S. 99
In dem von der Bezirksanwaltschaft III für den Kanton Zürich eröffneten Strafverfahren verlangte P., Vermögenswerte der Beschwerdegegnerin seien bis zum Maximalbetrag von US-$ 3'447'988 zu beschlagnahmen und sofort an sie herauszugeben. Die Bezirksanwaltschaft wies das Begehren mit Verfügung vom 10. Dezember 1998 ab.
Gegen diese Verfügung erhob die Beschwerdeführerin Rekurs bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich. Sie verlangte, bis zum Maximalbetrag von US-$ 2'380'000 seien sämtliche Guthaben der Beschwerdegegnerin auf folgenden Konten zu beschlagnahmen und sofort an die Beschwerdeführerin herauszugeben: US-$ 1'880'000 auf Konto-Nr. ... bei der Z. Bank, Zürich, und US-$ 500'000 auf Konto-Nr. ... bei der B. Bank, Frankfurt. Mit Rekursentscheid vom 4. Mai 1999 wies die Staatsanwaltschaft den Rekurs ab.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 7. Juni 1999 stellt die Beschwerdeführerin unter anderem den Antrag, die Verfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich vom 4. Mai 1999 sei aufzuheben.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und hebt den Entscheid der Staatsanwaltschaft auf. Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
a) Nach
Art. 88 OG
steht das Recht zur Beschwerdeführung Bürgern (Privaten) und Korporationen bezüglich solcher Rechtsverletzungen zu, die sie durch allgemein verbindliche oder sie persönlich treffende Erlasse oder Verfügungen erlitten haben. Der durch eine angeblich strafbare Handlung Geschädigte ist grundsätzlich nicht legitimiert, gegen die Nichteröffnung oder Einstellung eines Strafverfahrens oder gegen ein freisprechendes Urteil staatsrechtliche Beschwerde zu erheben, es sei denn, er gelte nach
Art. 2 Abs. 1 OHG
als Opfer und könne sich gemäss
Art. 8 OHG
auf besondere Legitimationsvoraussetzungen berufen. Die vorliegende staatsrechtliche Beschwerde richtet sich jedoch nicht gegen eine Nichteröffnung oder Einstellung eines Strafverfahrens und auch nicht gegen einen Freispruch. Angefochten wird vielmehr ein Entscheid der Staatsanwaltschaft, mit welchem die Beschlagnahme von Vermögenswerten zur Sicherung einer späteren Einziehung abgelehnt worden war.
Soweit im angefochtenen Entscheid der Antrag der Beschwerdeführerin auf unverzügliche Herausgabe beschlagnahmter
BGE 126 I 97 S. 100
Vermögenswerte abgewiesen wurde, rügt sie - anders als in ihrem bei der Staatsanwaltschaft eingereichten Rekurs - keine Verletzung der Bundesverfassung. Dies muss deshalb nicht weiter geprüft werden. Sie rügt bloss, die Staatsanwaltschaft habe ihren Antrag, bestimmte Vermögenswerte seien zur Sicherung einer späteren Einziehung und allfälligen Herausgabe an die Geschädigte zu beschlagnahmen, abgelehnt und damit gegen das Willkürverbot von
Art. 4 aBV
(Art. 9 der neuen Bundesverfassung, BV) sowie gegen die Eigentumsgarantie nach
Art. 22ter aBV
(
Art. 26 BV
) verstossen.
Gegen eine Unterlassung der Einziehung nach
Art. 59 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
mit dem Zweck einer Herausgabe an die Geschädigte gemäss
Art. 60 Abs. 1 lit. b StGB
ist diese berechtigt, Rechtsmittel zu ergreifen, auch die staatsrechtliche Beschwerde (NIKLAUS SCHMID, Kommentar Einziehung/Organisiertes Verbrechen/Geldwäscherei, Band I, Zürich 1998, § 2 StGB 59 N. 156, 162; betreffend die Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des Bundesgerichts:
BGE 122 IV 365
;
BGE 117 IV 108
). Deshalb hat sie auch ein rechtlich geschütztes persönliches Interesse daran, dass eine Beschlagnahme zum Zweck der Sicherstellung der erwähnten, ihr zustehenden Ansprüche angeordnet werde; dieses Recht folgt aus dem kantonalen Strafprozessrecht und unmittelbar aus
Art. 59 StGB
. Die Beschwerdeführerin ist daher zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen die Ablehnung der von ihr beantragten Beschlagnahme legitimiert.
b) Der angefochtene Entscheid ist ein selbständig eröffneter, kantonal letztinstanzlicher Zwischenentscheid, der nach
Art. 86 OG
in Verbindung mit
Art. 87 Abs. 2 OG
in der am 1. März 2000 in Kraft getretenen Fassung (AS 2000 S. 417; BBl 1999 S. 7937) nur dann mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbar ist, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts bedarf es eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils rechtlicher Natur, damit ein Zwischenentscheid gemäss
Art. 87 Abs. 2 OG
mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden kann; eine bloss tatsächliche Beeinträchtigung wie beispielsweise eine Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens genügt nicht. Der Nachteil ist nur dann rechtlicher Art, wenn er auch durch einen für den Beschwerdeführer günstigen Endentscheid nicht mehr behoben werden könnte (
BGE 117 Ia 398
E. 1, mit Hinweis). Indessen muss die blosse Möglichkeit eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils rechtlicher Natur genügen. Dabei ist es nicht nötig, dass sich der Nachteil schon im kantonalen Verfahren durch einen günstigen Endentscheid beheben
BGE 126 I 97 S. 101
lässt. Es genügt, wenn er in einem anschliessenden bundesgerichtlichen Verfahren beseitigt werden kann (
BGE 117 Ia 254
, mit Hinweis).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts haben Verfügungen, mit denen bestimmte Gegenstände beschlagnahmt werden, immer einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von
Art. 87 Abs. 2 OG
zur Folge (Urteile des Bundesgerichts vom 10. Februar 1995 i.S. J., in RDAT 1995 II Nr. 21 S. 60 E. 1, vom 9. Februar 1994 i.S. G., in Rep 1994 S. 268 E. 1, vom 12. März 1990 i.S. D., in SJ 1990 S. 524 E. 2, vom 26. August 1985 i.S. C., in JdT 1988 II 30 E. 2). Lehnt die Behörde es ab, bestimmte Gegenstände zur Sicherung allfälliger Restitutionsansprüche zu beschlagnahmen, so besteht zumindest die Möglichkeit, dass die Verfügung einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil zur Folge hat. Richtet sich die staatsrechtliche Beschwerde gegen eine derartige Verfügung, so steht
Art. 87 Abs. 2 OG
einem Eintreten auf die Beschwerde nicht entgegen.
c) Die staatsrechtliche Beschwerde ist nach
Art. 84 Abs. 2 OG
nur zulässig, wenn die behauptete Rechtsverletzung nicht sonstwie durch Klage oder Rechtsmittel beim Bundesgericht oder einer andern Bundesbehörde gerügt werden kann. Die Beschwerdeführerin rügt unter anderem, der angefochtene Entscheid sei willkürlich, weil er gegen den klaren Wortlaut von
Art. 59 Ziff. 1 und Ziff. 2 StGB
verstosse. Die Rüge, Bestimmungen des eidgenössischen Strafrechts, zu welchem insbesondere das Strafgesetzbuch gehört, seien falsch angewendet worden, kann grundsätzlich mit der Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des Bundesgerichts erhoben werden (
Art. 269 Abs. 1 BStP
). Gegenstand der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde können indessen nach
Art. 268 Ziff. 1 BStP
nur Urteile sein. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung fallen darunter nicht bloss strafrechtliche Haupturteile, sondern auch Vor- und Zwischenentscheide über für den Ausgang der Sache präjudizielle Fragen. Keine Urteile im Sinne dieser Bestimmung sind Verfügungen, die den Gang des Verfahrens betreffen (etwa betreffend die Zulassung eines bestimmten Beweismittels). Entsprechend wurde die Zulässigkeit des Weiterzugs von kantonal letztinstanzlichen Vor- und Zwischenentscheiden an das Bundesgericht davon abhängig gemacht, dass die kantonalen Behörden eine Frage des Bundesrechts von grundlegender Bedeutung verbindlich und endgültig entschieden haben, so dass sie nicht mehr darauf zurückkommen dürfen (
BGE 119 IV 168
E. 2a;
BGE 111 IV 189
E. 2, je mit Hinweisen).
BGE 126 I 97 S. 102
Bei der Beschlagnahme von Vermögenswerten zur Sicherung einer Einziehung oder einer Ersatzforderung handelt es sich um eine vorsorgliche Massnahme im Strafverfahren. Das Urteil in der Strafsache selbst wird in keiner Hinsicht präjudiziert, wenn im Strafverfahren eine bestimmte vorsorgliche Massnahme angeordnet wird oder die Untersuchungsbehörde die Anordnung einer solchen ablehnt. Das gilt auch für die Beschlagnahme von Vermögenswerten oder für die Verweigerung einer Beschlagnahme. Die Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des Bundesgerichts ist deshalb unzulässig gegen eine Verfügung, mit der eine vorsorgliche Massnahme angeordnet oder die Anordnung einer derartigen Massnahme abgelehnt wurde. Auch im vorliegenden Fall ist ausschliesslich eine Beschlagnahme zur Sicherung einer Einziehung oder einer Ersatzforderung, also eine vorsorgliche Massnahme, umstritten.
Art. 84 Abs. 2 OG
steht somit der Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde nicht entgegen. Auf die Beschwerde ist insoweit einzutreten. Ausser Betracht fällt bloss die unaufgefordert eingereichte Stellungnahme der Beschwerdeführerin zur Duplik.
2.
a) Die Beschwerdeführerin rügt zunächst, die Staatsanwaltschaft habe ihr das rechtliche Gehör verweigert, weil sie auf die für ihren Entscheid wichtige Lehrmeinung von NIKLAUS SCHMID (a.a.O., § 2 StGB 59, N. 71 Fn. 326) unrichtig Bezug genommen habe. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin würde eine ernsthafte Auseinandersetzung mit ihrem eigenen Vorbringen bedingen, dass die von der Lehrmeinung von NIKLAUS SCHMID abweichende Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaft von dieser begründet würde.
b) Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs als persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört, sorgfältig und ernsthaft prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus folgt die grundsätzliche Pflicht der Behörden, ihren Entscheid zu begründen. Der Bürger soll wissen, warum die Behörde entgegen seinem Antrag entschieden hat. Die Begründung eines Entscheids muss deshalb so abgefasst sein, dass der Betroffene ihn gegebenenfalls sachgerecht anfechten kann. Dies ist nur möglich, wenn sowohl er wie auch die Rechtsmittelinstanz sich über die Tragweite des Entscheides ein Bild machen können. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde leiten liess und auf welche sich ihr Entscheid stützt. Das bedeutet indessen nicht, dass sich diese ausdrücklich mit jeder tatbeständlichen Behauptung und jedem rechtlichen
BGE 126 I 97 S. 103
Einwand auseinander setzen muss. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken (
BGE 112 Ia 109
E. b, mit Hinweisen; vgl. auch
BGE 114 Ia 242
E. 2d).
Die Behörde hat demnach in der Begründung ihres Entscheids diejenigen Argumente aufzuführen, die tatsächlich ihrem E-ntscheid zugrunde liegen. Stützt sie sich auf eine Lehrmeinung, so muss sie diese mit demjenigen Inhalt wiedergeben, der zum Entscheid der Behörde geführt hat. Versteht die Behörde eine bestimmte Lehrmeinung nicht im Sinne ihres Autors, so verletzt sie ihre Begründungspflicht nicht, wenn sie ihren Entscheid tatsächlich auf diejenige Auffassung gestützt hat, die sie in der Begründung des Entscheids darlegt.
c) Die Staatsanwaltschaft hat den angefochtenen Entscheid ausführlich begründet und in wesentlichen Punkten auf eine Lehrmeinung von NIKLAUS SCHMID gestützt. Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass die Auffassung, die im angefochtenen Entscheid als Lehrmeinung von NIKLAUS SCHMID bezeichnet wird, mit dessen richtig verstandener Meinung übereinstimme. Die Staatsanwaltschaft räumt in ihrer Vernehmlassung vom 17. Juni 1999 ein, dass ihre Interpretation der betreffenden Kommentarstelle nicht zwingend richtig sei, doch ändere dies an der Richtigkeit des Kerns ihrer Erwägungen nichts. Da die Staatsanwaltschaft den angefochtenen Entscheid auf die Lehrmeinung von NIKLAUS SCHMID mit demjenigen Inhalt stützt, der tatsächlich in der Begründung aufgeführt wird, hat sie ihre Begründungspflicht nicht verletzt und der Beschwerdeführerin das rechtliche Gehör nicht verweigert. Deren Rüge erweist sich als unbegründet.
3.
a) Die Beschwerdeführerin macht im Wesentlichen geltend, der angefochtene Entscheid sei willkürlich, weil er den Gegenstand des Verfahrens verkenne und die Interessenabwägung in willkürlicher Art und Weise vornehme, in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderlaufe und gegen den Rechtsgrundsatz "Unrecht soll sich nicht lohnen", den Grundsatz der Gewaltenteilung sowie das Verhältnismässigkeitsprinzip verstosse. Die Staatsanwaltschaft verkenne, dass durch die Anordnung einer Beschlagnahme die Beschwerdeführerin nicht vor den andern Gläubigern privilegiert werde, denn dadurch werde allein der bestehende Zustand aufrechterhalten, bis der Richter über die Sache entschieden habe. Werde die Beschlagnahme nicht angeordnet, so drohe der Beschwerdeführerin der definitive Rechtsverlust, während im andern Fall
BGE 126 I 97 S. 104
bloss das Konkursverfahren verlängert werde. Weiter sei es stossend ungerecht, wenn durch ein strafbares Verhalten kurz vor der Konkurseröffnung die Konkursmasse vermehrt werde und daraus sämtliche Konkursgläubiger (einschliesslich die Konkursverwaltung) auf Kosten des Opfers profitierten. Wären die der Beschwerdeführerin gehörenden Wertschriften nicht auf strafbare Art und Weise verkauft worden, so wären sie im Konkurs der Beschwerdegegnerin ausgesondert worden und hätten gar nie zur Konkursmasse gehört; deshalb würden die übrigen Konkursgläubiger nicht "entreichert", falls der Beschwerdeführerin der Deliktserlös zurückgegeben werde. Es widerspreche auch dem Grundsatz, dass sich Unrecht nicht lohnen soll, wenn sämtliche Konkursgläubiger aus der durch Straftaten herbeigeführten Vermehrung der Konkursmasse Nutzen zögen. Schliesslich werde auch der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung verletzt, weil alle Konkursgläubiger und auch die Konkursverwaltung um die deliktische Herkunft des umstrittenen Teils der Konkursmasse wüssten; die Konkursverwaltung mache sich wegen Geldwäscherei strafbar, wenn sie Deliktsgut als Honorar an Zahlung nehme oder damit Gläubigerforderungen bezahle.
Die Bezirksanwaltschaft lehnte eine Beschlagnahme der umstrittenen Bankguthaben ab, weil es sich bei diesen Beträgen um echte Surrogate des Deliktserlöses handle, die gemäss
Art. 59 Ziff. 1 StGB
nicht eingezogen werden könnten. Der Beschwerdeführerin stehe deshalb nur eine Ersatzforderung im Sinne von
Art. 59 Ziff. 2 StGB
zu, zu deren Sicherung eine Beschlagnahme nicht zulässig sei. Die Staatsanwaltschaft hat diese Auffassung im Ergebnis geschützt.
b) Gemäss
§ 96 Abs. 1 des kantonalen Gesetzes vom 4. Mai 1919 betreffend den Strafprozess (Strafprozessordnung; StPO/ZH)
kann der Untersuchungsbeamte Gegenstände und Vermögenswerte, die als Beweismittel, zur Einziehung oder zum Verfall in Frage kommen, in Beschlag nehmen oder auf andere Weise der Verfügung ihres Inhabers entziehen. Die Bestimmung wurde am 1. September 1991 revidiert und am 1. Juli 1992 in der geänderten Fassung in Kraft gesetzt. Sie wurde somit nicht mehr an den erst am 18. März 1994 revidierten
Art. 59 StGB
angepasst, widerspricht diesem aber keineswegs. Jedenfalls wird nicht bestritten, dass gemäss
§ 96 Abs. 1 StPO
/ZH auch Gegenstände beschlagnahmt werden dürfen, wenn damit deren Rückgabe an den Geschädigten gesichert werden soll. Im nicht veröffentlichten Urteil vom 26. November 1997 i.S. W. führte das Bundesgericht zu
§ 96 StPO
/ZH aus, für eine Beschlagnahme müsse es genügen, wenn der dringende Tatverdacht gegeben
BGE 126 I 97 S. 105
sei und der mit Beschlag zu belegende Gegenstand voraussichtlich der Einziehung unterliege; ein Glaubhaftmachen der aus dem Bundesrecht ableitbaren Voraussetzungen genüge (vgl. auch
BGE 124 IV 313
E. 4).
c) aa) Gemäss
Art. 59 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
verfügt der Richter die Einziehung von Vermögenswerten, die durch eine strafbare Handlung erlangt worden sind oder dazu bestimmt waren, eine strafbare Handlung zu veranlassen oder zu belohnen, sofern sie nicht dem Verletzten zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes ausgehändigt werden. Nach Abs. 2 der Bestimmung ist die Einziehung ausgeschlossen, wenn ein Dritter die Vermögenswerte in Unkenntnis der Einziehungsgründe erworben hat und soweit er für sie eine gleichwertige Gegenleistung erbracht hat oder die Einziehung ihm gegenüber sonst eine unverhältnismässige Härte darstellen würde. Ist eine Einziehung nicht mehr möglich, so erkennt der Richter gemäss Ziff. 2 der Bestimmung auf eine Ersatzforderung des Staates, gegenüber Dritten jedoch nur, soweit dies nach Ziff. 1 Abs. 2 derselben Bestimmung (gutgläubiger Erwerb) nicht ausgeschlossen ist. Die Untersuchungsbehörde kann zur Durchsetzung der Ersatzforderung Vermögenswerte des Betroffenen mit Beschlag belegen. Diese Art der Beschlagnahme begründet bei der Zwangsvollstreckung der Ersatzforderung kein Vorzugsrecht (
Art. 59 Ziff. 2 Abs. 3 StGB
).
bb) Nach
Art. 59 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
sind zunächst diejenigen Vermögenswerte einzuziehen, die unmittelbar aus der Straftat stammen und beim Straftäter oder - unter den in Abs. 2 der Bestimmung genannten Voraussetzungen - bei einer Drittperson noch vorhanden sind (Originalwerte). Zur Frage, ob auch Ersatzwerte (Surrogate) eingezogen werden müssen, erklärte der Bundesrat in seiner Botschaft vom 30. Juni 1993 über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes (BBl 1993 III 277), entsprechend dem Spezialitätsprinzip könnten nur der unmittelbar aus der Straftat erlangte Erlös bzw. das ursprüngliche pretium sceleris eingezogen werden. Wenn diese Objekte bei der Täterschaft oder beim Begünstigten nicht mehr verfügbar seien, könnten keine entsprechenden Ersatzwerte eingezogen werden; in diesem Fall stehe dem Geschädigten eine Ersatzforderung gemäss
Art. 59 Ziff. 2 StGB
zu. Eine Ausnahme sei nur dann zu beachten, wenn der unmittelbare Deliktserlös in Form von Banknoten, Devisen, Checks, Guthaben oder anderen Forderungen angefallen sei; in diesem Fall seien Geldsummen hinsichtlich ihres Werts unabhängig
BGE 126 I 97 S. 106
von Erwerbsart, Transaktionen und bis zu einem gewissen Grad auch von Transformationen als unmittelbarer Deliktserlös zu betrachten, sofern nur der "paper trail" bis zu seinem deliktischen Ursprung zurückverfolgt werden könne (BBl 1993 III 308). Der Bundesrat war somit der Auffassung, nach
Art. 59 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
seien Originalwerte und die sogenannten unechten Surrogate einzuziehen, nicht aber die sogenannten echten Surrogate.
Demgegenüber erklärte der Berichterstatter der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates in der Beratung des Nationalrates vom 2. März 1994 ausdrücklich, die Frage, ob Ersatzobjekte einziehbar seien oder nicht, müsse positiv beantwortet werden, obwohl sich die Botschaft des Bundesrates dazu etwas missverständlich ausdrücke; die Mitglieder des Nationalrates haben sich zu der Frage an der Sitzung nicht mehr geäussert (AB 1994 S 64). NIKLAUS SCHMID (a.a.O., § 2 StGB 59 N. 52) weist darauf hin, dass die Beschränkung der Einziehung auf Originalwerte und unechte Surrogate, wie sie vom Bundesrat in der Botschaft vorgeschlagen wurde, dem Tatbestand der Geldwäscherei in
Art. 305bis StGB
widerspreche; sei die Einziehung echter Surrogate ausgeschlossen, unterbreche jede Umwandlung des ursprünglichen Deliktsobjektes in ein echtes Surrogat die Kette der Geldwäschereihandlungen; um dieses Ergebnis zu vermeiden, seien auch echte Surrogate gemäss
Art. 59 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
einzuziehen.
Da nach
Art. 163 Abs. 1 BV
rechtsetzende Bestimmungen von der Bundesversammlung erlassen werden, ist die von der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates gegebene Auslegung von
Art. 59 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
der Auslegung in der Botschaft des Bundesrates vorzuziehen. Ausserdem trifft das von NIKLAUS SCHMID genannte Argument zu. Demnach sind gemäss
Art. 59 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
sowohl Originalwerte, unechte Surrogate als auch echte Surrogate einzuziehen. Die von der Bezirksanwaltschaft in ihrer Verfügung vom 10. Dezember 1998 dargelegte Auffassung ist nicht richtig (vgl. oben E. 3a am Ende). Sollte sich der angefochtene Rekursentscheid der Staatsanwaltschaft auf dieselbe Begründung stützen, wäre er unhaltbar und verstiesse schon aus diesem Grund gegen das Willkürverbot nach
Art. 4 aBV
(
Art. 9 BV
).
cc) Wie Originalwerte können auch unechte oder echte Surrogate nur dann gemäss
Art. 59 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
eingezogen werden, wenn sie beim Täter oder beim Begünstigten noch vorhanden sind. Während ein unechtes Surrogat ohnehin nur dann besteht, wenn eine "Papierspur" zum Originalwert vorhanden ist, darf auch ein echtes
BGE 126 I 97 S. 107
Surrogat nur dann angenommen werden, wenn es nachweislich an die Stelle des Originalwertes getreten ist (NIKLAUS SCHMID, a.a.O., § 2 StGB 59 N. 49). Das Bundesgericht erkannte im nicht veröffentlichten Urteil vom 4. Mai 1999 i.S. Z., E. 2b, der Vermögenswert, der nach
Art. 59 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
eingezogen werden soll, müsse im Vermögen des Täters oder des Begünstigten eindeutig bestimmbar sein ("aisément identifiable"). Im Urteil vom 4. Mai 1999 handelte es sich um den für die Einlösung eines Checks erhaltenen Betrag, der wegen einer unmittelbar nach der rechtswidrigen Einlösung angeordneten Sperrung des dem Checkinhaber gehörenden Bankkontos nicht durch Vermischung in das übrige Vermögen des Täters übergegangen war und deshalb als Ersatzwert bestimmt und zur Sicherung einer späteren Einziehung beschlagnahmt werden konnte.
Nicht mehr bestimmbar ist ein Ersatzwert hingegen dann, wenn er bloss in einer Verminderung der Passiven beim Täter oder Begünstigten besteht. Verwendet beispielsweise der Täter, wie es auch im vorliegenden Fall die Angeschuldigten beabsichtigt haben sollen, den Erlös aus der Straftat zur Bezahlung anderweitiger Schulden, so bleiben weder der Originalwert noch ein unechtes oder echtes Surrogat übrig, und eine Einziehung ist nicht mehr möglich.
dd) Ist weder der Originalwert noch ein unechtes oder echtes Surrogat mehr vorhanden, erkennt der Richter gemäss
Art. 59 Ziff. 2 Abs. 1 StGB
auf eine Ersatzforderung des Staates, welche er nach
Art. 60 Abs. 1 lit. c StGB
dem Geschädigten zuspricht, wenn anzunehmen ist, dass der Schädiger den Schaden nicht ersetzen wird.
d) aa) Erscheint es als wahrscheinlich, dass der Originalwert oder ein Surrogat nach
Art. 59 Ziff. 1 StGB
einzuziehen ist, so kann - wie bereits erwähnt (E. 3b) - die Einziehung aufgrund des kantonalen Strafprozessrechts durch eine Beschlagnahme gesichert werden. In diesem Fall sind der Originalwert oder das Surrogat mit Beschlag zu belegen. Kommt hingegen nur eine Ersatzforderung im Sinne von
Art. 59 Ziff. 2 StGB
in Frage, so können gemäss der bundesrechtlichen Bestimmung in
Art. 59 Ziff. 2 Abs. 3 StGB
Vermögenswerte des Täters oder des durch die Straftat Begünstigten mit Beschlag belegt werden, um die Durchsetzung der Ersatzforderung zu sichern. In diesem zweiten Fall können irgendwelche Vermögenswerte des Betroffenen beschlagnahmt werden. In beiden Fällen stellt sich die Frage, ob auch Vermögenswerte beschlagnahmt werden dürfen, die zu einer Konkursmasse gehören und mit konkursrechtlichem Beschlag belegt sind.
BGE 126 I 97 S. 108
bb) Gemäss dem am 11. April 1889 erlassenen und seither nicht revidierten
Art. 44 SchKG
geschieht die Verwertung von Gegenständen, welche auf Grund strafrechtlicher oder fiskalischer Gesetze mit Beschlag belegt sind, nach den zutreffenden eidgenössischen oder kantonalen Gesetzesbestimmungen. Dieser Bestimmung steht der am 18. März 1994 erlassene
Art. 59 Ziff. 2 Abs. 3 Satz 2 StGB
gegenüber, gemäss welchem die Beschlagnahme, die zur Sicherung einer Ersatzforderung des Staates verfügt wurde, bei der Zwangsvollstreckung der Ersatzforderung kein Vorzugsrecht zugunsten des Staates begründet. Als lex specialis enthält
Art. 59 Ziff. 2 Abs. 3 Satz 2 StGB
eine Ausnahme gegenüber dem in
Art. 44 SchkG
festgelegten Grundsatz.
cc) Das Bundesgericht erkannte in
BGE 107 III 113
(und anschliessend in BGE
BGE 108 III 105
E. 2), nach der Praxis ermächtige
Art. 44 SchKG
die Kantone, in strafrechtlichen und fiskalischen Gesetzen die Beschlagnahme von Gegenständen vorzusehen und deren Verwertung zu regeln, allerdings nur zur Vollziehung öffentlichrechtlicher Ansprüche, nicht etwa von Ansprüchen des Geschädigten im Strafverfahren. Für öffentlichrechtliche Ansprüche aber gehe die Beschlagnahme einer Pfändung oder einem Konkursbeschlag auch dann vor, wenn sie zeitlich später erfolge (
BGE 107 III 113
E. 1 S. 115, mit weiteren Hinweisen). Das Bundesgericht stellte die allgemeine Gültigkeit dieser Rechtsprechung in Frage, räumte aber ohne weiteres ein, dass strafprozessuale Beschlagnahmen, die der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs dienen (Beweissicherung, Beschlagnahme im Sinne der [noch nicht revidierten]
Art. 58 ff. StGB
), regelmässig ohne Rücksicht auf die zeitliche Priorität gegenüber Beschlagsrechten der Zwangsvollstreckung den Vorrang haben müssen (
BGE 107 III 113
E. 2 S. 116). In
BGE 115 III 1
E. 4 erkannte das Bundesgericht ausdrücklich, nach
Art. 44 SchKG
seien die Kantone befugt, dem Staat bei der Sicherstellung der Untersuchungs-, Prozess- und Strafvollzugskosten ein Vorrecht gegenüber den andern Gläubigern einzuräumen. In
BGE 120 IV 365
E. 2b hielt das Bundesgericht nochmals an dieser Rechtsprechung fest, wobei es in Bezug auf die strafprozessuale Beschlagnahme zur Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs den Vorrang ebenfalls bestätigte. Am 4. Mai 1999 bestätigte das Bundesgericht im bereits erwähnten nicht veröffentlichten Urteil i.S. Z. die Rechtsprechung. Dieser Fall betraf die Beschlagnahme von Deliktsgut. Das Bundesgericht fügte unter Hinweis auf das inzwischen erlassene Opferhilfegesetz bei, die zitierte Rechtsprechung sei heute
BGE 126 I 97 S. 109
zusätzlich insoweit begründet, als sie dem Willen des Gesetzgebers entspreche, die Stellung des Geschädigten zu verbessern. Deshalb rechtfertige es sich in keiner Weise, den Geschädigten gleich zu behandeln wie die übrigen Gläubiger, so dass diese aus der begangenen Straftat Nutzen ziehen könnten. Für die Annahme einer Gesetzeslücke, wie sie von der Lehre teilweise gefordert werde, lasse der klare Wille des Gesetzgebers, den Geschädigten zu bevorzugen, keinen Raum (E. 3b).
Das Bundesgericht hat indessen seine Rechtsprechung (noch vor der Änderung der
Art. 58 ff. StGB
) dahin präzisiert, dass die in einer kantonalen Strafprozessordnung vorgesehene Beschlagnahme von (mit der Straftat in keinem Zusammenhang stehenden) Vermögensstücken des Angeschuldigten zur Sicherstellung privatrechtlicher Schadenersatzansprüche bundesrechtswidrig sei, denn damit würde zu Gunsten der vom Täter durch Delikt geschädigten Privatpersonen eine Sicherheit pfandartigen Charakters begründet. Eine solche strafprozessuale Pfandsicherheit zu Gunsten der deliktisch geschädigten Gläubiger des Täters sei nichts anderes als ein Gläubigerarrest. Nach Bundesrecht sei ein solches Privileg aber nicht zulässig, wenn die beschlagnahmten Gegenstände mit der Straftat in keiner Beziehung stehen (
BGE 101 IV 371
E. II/3b). Die Kantone seien nur in Bezug auf die Untersuchungs-, Gerichts- und Strafvollzugskosten befugt, ihre Forderungen gegenüber anderen Forderungen zu privilegieren. Eine Beschlagnahme von Vermögenswerten, die mit der Straftat in keinem Zusammenhang stehen, zur Sicherstellung von allfälligen Ersatzforderungen gegenüber dem Täter gemäss
Art. 41 OR
sei bundesrechtswidrig (
BGE 116 IV 193
E. 8c S. 204 f.).
dd) Nach dieser Rechtsprechung geht die strafrechtliche Beschlagnahme dem Konkursbeschlag unter anderem dann vor, wenn die beschlagnahmten Vermögenswerte mit der Straftat in einem Zusammenhang stehen. Nach der in Erwägung 3b gegebenen Auslegung von
Art. 59 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
sind sowohl Originalwerte als auch unechte oder echte Surrogate einzuziehen. Originalwerte und Surrogate dürfen jedoch nur dann eingezogen werden, wenn sie beim Täter oder dem durch die Straftat Begünstigten noch vorhanden sind. Vorhanden sind sie, wenn sie im Vermögen des Täters oder des Begünstigten eindeutig bestimmt werden können. Vermögenswerte lassen sich als durch die Straftat erworbene Originalwerte oder Surrogate im Sinne von
Art. 59 Ziff. 1 StGB
eindeutig bestimmen, wenn sie mit der Straftat in einem Zusammenhang stehen. Die strafrechtliche Beschlagnahme von Vermögenswerten, die sich eindeutig
BGE 126 I 97 S. 110
als durch die Straftat erworbene Originalwerte oder Surrogate im Sinne von
Art. 59 Ziff. 1 StGB
bestimmen lassen, geht deshalb entsprechend der dargelegten Rechtsprechung dem Konkursbeschlag vor. Solche Vermögenswerte dürfen auch dann zur Sicherung der Einziehung beschlagnahmt werden, wenn über das Vermögen des Täters oder des durch die Straftat Begünstigten der Konkurs eröffnet worden ist und die Vermögenswerte zur Konkursmasse gehören.
Sollen zur Sicherung einer Ersatzforderung Vermögenswerte beschlagnahmt werden, die sich nicht als durch die Straftat erworbene Originalwerte oder Surrogate bestimmen lassen, so begründetet die Beschlagnahme gemäss
Art. 59 Ziff. 2 Abs. 3 Satz 2 StGB
kein Vorzugsrecht bei der Zwangsvollstreckung. Derartige Vermögenswerte dürfen deshalb zur Sicherung einer Schadenersatzforderung des Staates oder des Geschädigten nicht mehr beschlagnahmt werden, wenn über das Vermögen des Täters oder des durch die Straftat Begünstigten der Konkurs eröffnet worden ist und die Vermögenswerte zur Konkursmasse gehören.
e) Im vorliegenden Fall sind die Wertschriften, die der Beschwerdeführerin gehört hatten, bereits vor der Eröffnung des Konkurses über die Beschwerdegegnerin von den Beschuldigten in angeblich rechtswidriger Weise verkauft worden. Der Erlös aus dem Verkauf der Wertpapiere bildet das Surrogat der Wertschriften, über welche die Beschuldigten widerrechtlich verfügt haben sollen. Er kommt für eine Einziehung nach
Art. 59 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
in Frage und kann von den Untersuchungsbehörden zur Sicherung der Einziehung beschlagnahmt werden. Der über die Beschwerdegegnerin eröffnete Konkurs steht der Beschlagnahme nicht entgegen. Eine Beschlagnahme ist jedoch nur zulässig, wenn der Erlös aus dem Verkauf der Wertpapiere innerhalb der Konkursmasse eindeutig bestimmt werden kann. Soweit die für die Wertpapiere bezahlten Beträge innerhalb der Konkursmasse nicht mehr bestimmt werden können, steht der Beschwerdeführerin eine Ersatzforderung gemäss Art. 59 Ziff. 2 Abs. 1 in Verbindung mit
Art. 60 Abs. 1 lit. c StGB
zu, zu deren Sicherung aber die Beschlagnahme irgendwelcher zur Konkursmasse gehörender Vermögenswerte nach der Eröffnung des Konkurses nicht mehr zulässig ist.
Nach den Angaben der Beschwerdeführerin wurden vom Erlös aus dem rechtswidrigen Verkauf der Wertpapiere US-$ 1'063'248 von der Firma Y. für Schulden der Beschwerdegegnerin bei ihr verrechnet. Dieser Betrag ist in der Konkursmasse nicht mehr vorhanden und deshalb auch nicht mehr bestimmbar. Eine Beschlagnahme
BGE 126 I 97 S. 111
von Vermögenswerten aus der Konkursmasse zur Sicherung einer Ersatzforderung wäre nicht zulässig. Die Beschwerdeführerin hat denn auch in ihrem bei der Staatsanwaltschaft eingereichten Rekurs darauf verzichtet, einen entsprechenden Antrag zu stellen.
Weitere US-$ 2'380'000 wurden - ebenfalls gemäss den Angaben der Beschwerdeführerin - von der Beschwerdegegnerin auf ihr gehörende Konten bei der Z. Bank in Zürich und bei der B. Bank in Frankfurt transferiert. Für die Einzelheiten wird auf den Sachverhalt verwiesen. Soweit der Betrag von US-$ 2'380'000 oder ein Teil davon in der Konkursmasse noch vorhanden ist und eindeutig als Erlös aus dem angeblich widerrechtlichen Verkauf der Wertpapiere bestimmt werden kann, ist der noch vorhandene Betrag auch nach der Konkurseröffnung über die Beschwerdegegnerin zur Sicherung einer späteren Einziehung nach
Art. 59 Ziff. 1 Abs. 1 StGB
zu beschlagnahmen. Weder die Bezirksanwaltschaft noch die Staatsanwaltschaft haben geprüft, ob in der Konkursmasse der Betrag von US-$ 2'380'000 oder ein Teil davon noch vorhanden ist und ob er sich eindeutig als Erlös aus dem Verkauf der Wertpapiere, welche der Beschwerdeführerin gehört hatten, bestimmen lasse. Die Staatsanwaltschaft hat es unterlassen, einen für den E-ntscheid über den Rekurs der Beschwerdeführerin wesentlichen Teil des Sachverhaltes zu untersuchen. Sie hat den massgeblichen Sachverhalt nur unvollständig festgestellt und damit gegen das Willkürverbot nach
Art. 4 aBV
(
Art. 9 BV
) verstossen. Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich als begründet und ist gutzuheissen. Der angefochtene Rekursentscheid ist aufzuheben. Nicht mehr geprüft werden muss die Frage, ob der angefochtene Entscheid auch die Eigentumsgarantie verletzt. | mixed |
cf5fff76-dc57-4dbc-a0d1-4a0fe61f6f9a | Sachverhalt
ab Seite 248
BGE 124 I 247 S. 248
Der aus Sri Lanka stammende T. ist für sein Erwerbseinkommen nach luzernischem Recht quellensteuerpflichtig. Der Steuerabzug auf seinen Einkünften aus Arbeitserwerb und Arbeitslosentaggeldern wurde jeweils aufgrund des kantonalen Quellensteuertarifs vorgenommen. In diesem Tarif ist ein Anteil von sechs Prozent für die Kirchensteuer staatlich anerkannter Kirchgemeinden eingerechnet.
Am 22. März 1996 ersuchte T., der als Hindu keiner staatlich anerkannten Kirchgemeinde angehört, die Steuerverwaltung des Kantons Luzern um Rückerstattung der an der Quelle abgezogenen Kirchensteuer seit seiner Einreise in die Schweiz im Jahr 1988. Die Verwaltung hiess das Gesuch am 9. April 1996 hinsichtlich der Jahre 1991 bis 1996 im Betrag von Fr. 522.-- gut, lehnte aber eine Rückerstattung der Kirchensteuern der Jahre 1988 bis 1990 von insgesamt Fr. 187.15 ab, da der Rückzahlungsanspruch verjährt sei. Die kantonale Steuerverwaltung hielt an ihrer Auffassung im Einspracheentscheid fest. Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern wies die hiergegen gerichtete Beschwerde am 13. Oktober 1997 ab.
Gegen diesen Entscheid führt T. staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von
Art. 4 und 49 BV
sowie
Art. 9 EMRK
. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Nach § 173 Abs. 1 des Steuergesetzes des Kantons Luzern vom 27. Mai 1946 (StG/LU) werden die Kirchensteuern nur von Konfessionsangehörigen und juristischen Personen erhoben. Unterliegt eine Person der Quellensteuerpflicht, so schliesst zwar der Steuerabzug an der Quelle in jedem Fall die Kirchensteuer ein, weil im Quellensteuertarif die Kirchensteuer bereits eingerechnet ist. Doch erstattet nach § 18 Abs. 1 der vom Regierungsrat gestützt auf
§ 62c Abs. 1 und
§ 180 Abs. 1 StG
/LU erlassenen Quellensteuerverordnung (QStV) vom 8. November 1994 die kantonale Steuerverwaltung einer quellensteuerpflichtigen Person, die keiner staatlich anerkannten Kirchgemeinde angehört, auf Gesuch hin die im Steuerabzug enthaltene Kirchensteuer zurück. Eine entsprechende Bestimmung enthielt bereits § 8bis Abs. 2 der Quellensteuerverordnung vom 29. Dezember 1956 in der Fassung vom 16. Januar 1967.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Ordnung, wonach die mit der Quellensteuer abgezogene Kirchensteuer nur auf rechtzeitiges,
BGE 124 I 247 S. 249
binnen fünf Jahren gestelltes Gesuch hin zurückerstattet werde, missachte das Legalitätsprinzip. Sie sei zum einen nicht in einem Gesetz im formellen Sinn, sondern lediglich auf Verordnungsstufe enthalten und verletze zum andern die höherrangige Vorschrift von
§ 173 Abs. 1 StG
/LU. Die erwähnte Regelung verstosse schliesslich gegen das Rechtsgleichheitsgebot, weil sie quellensteuerpflichtige Personen gegenüber Schweizern und niedergelassenen Ausländern, die im ordentlichen Verfahren veranlagt werden, ohne Grund ungleich behandle.
3.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts bedürfen öffentliche Abgaben der Grundlage in einem Gesetz im formellen Sinn. Delegiert das Gesetz die Kompetenz zur (rechtssatzmässigen) Festsetzung einer Abgabe an den Verordnungsgeber, so muss es zumindest den Kreis der Abgabepflichtigen, den Gegenstand und die Bemessungsgrundlage der Abgabe selber festlegen (
BGE 112 Ia 39
E. 2a;
BGE 118 Ia 320
E. 3;
BGE 120 Ia 1
E. 3c). Die vom Verordnungsgeber aufgrund verfassungskonformer Delegation erlassenen Rechtssätze dürfen jedoch nicht zu einer Aufhebung oder Änderung gesetzlicher Bestimmungen führen (vgl.
BGE 103 Ia 369
E. 4b S. 378).
Aus der kantonalen gesetzlichen Ordnung ergibt sich Folgendes: Für das Erwerbseinkommen und das entsprechende Ersatzeinkommen quellensteuerpflichtig (
§ 62b StG
/LU) sind aufgrund von
§ 62a Abs. 1 StG
/LU ausländische Arbeitnehmer, welche die fremdenpolizeiliche Niederlassungsbewilligung nicht besitzen, jedoch im Kanton ihren steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt haben. Gemäss
§ 62c Abs. 1 StG
/LU bestimmt der Regierungsrat die Höhe des Steuerabzugs entsprechend den für die Einkommenssteuer natürlicher Personen geltenden Steuersätzen. Der Steuerabzug umfasst laut
§ 62c Abs. 4 StG
/LU die Staats- und Gemeindesteuern. Als (ordentliche) Gemeindesteuern gelten nach
§ 168 StG
/LU unter anderem die direkten Steuern der staatlich anerkannten Kirchgemeinden.
§ 62v Abs. 2 StG
/LU bestimmt, dass die kantonale Steuerverwaltung dem Steuerpflichtigen zuviel abgezogene und abgerechnete Quellensteuern direkt zurückerstatten kann.
Das Luzerner Steuergesetz schreibt demnach vor, dass der Steuerabzug für alle quellensteuerpflichtigen Personen auch die Kirchensteuer als ordentliche Gemeindesteuer einschliesst. Damit legt es für den Bezug der Kirchensteuer an der Quelle den Kreis der Abgabepflichtigen, den Gegenstand und die Bemessungsgrundlage der Abgabe selber fest. Ausserdem sieht das Gesetz die Rückerstattung zuviel abgezogener und abgerechneter Quellensteuern durch die
BGE 124 I 247 S. 250
kantonale Steuerverwaltung vor. Für das in der Quellensteuerverordnung geregelte Verfahren, wonach die Kirchensteuer von allen Quellensteuerpflichtigen erhoben und den nicht kirchensteuerpflichtigen Personen auf Gesuch hin zurückerstattet wird, besteht folglich eine hinreichende Grundlage in einem formellen Gesetz. Die Rüge der fehlenden gesetzlichen Grundlage erweist sich als unbegründet.
4.
Die Regelung der Quellensteuerverordnung verstösst auch nicht gegen
§ 173 Abs. 1 StG
/LU. Dass gemäss dieser Vorschrift die Kirchensteuern nur von Konfessionsangehörigen und juristischen Personen "erhoben" werden dürfen, besagt, dass einzig diese Personen kirchensteuerpflichtig sind und Kirchensteuern zu entrichten haben. Andere Personen sind demgegenüber nicht kirchensteuerpflichtig und müssen daher keine Kirchensteuern bezahlen. Das gilt auch für quellensteuerpflichtige Personen. Die Kirchensteuer wird ihnen wohl mit den übrigen Steuern an der Quelle abgezogen, auf ihr Gesuch hin aber zurückerstattet. Durch die nachträgliche Rückerstattung wird gewährleistet, dass konfessionsfremde Quellensteuerpflichtige, die sich gegenüber der kantonalen Steuerverwaltung als solche zu erkennen geben, nicht zur Kirchensteuer herangezogen werden. Dem Abzug dieser Steuer an der Quelle kommt daher insoweit lediglich der Charakter eines vorläufigen Bezugs zu; er läuft nicht auf eine Pflicht zur Zahlung und somit nicht auf eine
§ 173 Abs. 1 StG
/LU verletzende "Erhebung" von Kirchensteuern hinaus.
5.
Das Verwaltungsgericht hat erkannt, dass auch ohne ausdrückliche Bestimmung die Rückerstattung der an der Quelle abgezogenen Kirchensteuer verjähre, und in Anlehnung an
§ 146 StG
/LU eine Frist von fünf Jahren, wie sie auch für den Steuerbezug besteht, angenommen. Gestützt darauf hat es den Entscheid der Steuerverwaltung, dem Beschwerdeführer die Kirchensteuern der Jahre 1988 bis 1990 nicht zurückzuerstatten, geschützt.
Der Beschwerdeführer rügt dies als willkürlich. Willkürlich ist ein Entscheid nicht schon dann, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, sondern erst, wenn er offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft, was in der staatsrechtlichen Beschwerde darzulegen ist (
Art. 90 Abs. 1 lit. b OG
;
BGE 110 Ia 1
E. 2). Willkür liegt sodann nur vor, wenn nicht bloss die Begründung eines Entscheids, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist (
BGE 123 I 1
E. 4a mit Hinweisen). Inwiefern von Willkür gesprochen werden
BGE 124 I 247 S. 251
muss, legt der Beschwerdeführer nicht dar. Auf die Rüge ist nicht einzutreten.
Es sei beigefügt, dass der Rüge auch bei besserer Begründung kein Erfolg beschieden sein könnte: In der Lehre und Rechtsprechung ist als allgemeiner Grundsatz des schweizerischen Verwaltungsrecht anerkannt, dass öffentlichrechtliche Forderungen auch dann, wenn das Gesetz es nicht vorsieht, durch Zeitablauf erlöschen (
BGE 113 Ia 146
E. 3d;
BGE 116 Ia 461
E. 2;
BGE 122 II 26
E. 5; Imboden/Rhinow, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Nr. 34 B I). Es ist daher sachlich richtig und nicht willkürlich, wenn das Verwaltungsgericht angenommen hat, dass Ansprüche auf Rückerstattung der Quellensteuer der Verjährung unterliegen. Auch die vom Gericht - in Anlehnung an die Bezugsverjährung nach
§ 146 StG
/LU - aufgestellte Frist von fünf Jahren kann nicht als willkürlich kurz bezeichnet werden. Der Beschwerdeführer erachtete selber in der Beschwerde an das Verwaltungsgericht eine Frist von zehn Jahren (entsprechend
Art. 127 OR
), allenfalls acht Jahren (analog
§ 160 StG
/LU), als haltbar.
6.
Ein Erlass verletzt die von
Art. 4 Abs. 1 BV
gebotene Rechtsgleichheit, wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden tatsächlichen Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen (
BGE 119 Ia 123
E. 2b mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer erblickt eine Missachtung dieses Grundsatzes darin, dass quellensteuerpflichtige Personen, die keiner staatlich anerkannten Kirchgemeinde angehören, ein Gesuch zu stellen haben, um die an der Quelle abgezogene Kirchensteuer zurückzuerhalten; im Vergleich dazu werde bei Schweizern und niedergelassenen Ausländern, die im ordentlichen Verfahren veranlagt werden, die Kirchensteuer von vornherein nicht bezogen.
a) Die Quellensteuer tritt an die Stelle der im ordentlichen Verfahren zu veranlagenden Steuern (
§ 62e StG
/LU). Sie ermöglicht eine zweckmässige Steuererhebung bei ausländischen Staatsangehörigen, die sich nur kurzfristig oder vorübergehend in der Schweiz aufhalten. Denn das zeitlich aufwendige ordentliche Veranlagungs- und Bezugsverfahren lässt sich bei dieser Personengruppe administrativ nicht ohne weiteres durchführen, und es kann ihr die Erfüllung der umfangreichen Mitwirkungspflichten kaum zugemutet werden (vgl. ZIGERLIG/RUFENER in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Basel und Frankfurt am Main 1997, Vorbemerkungen zu
Art. 32-38 StHG
, N. 3). Angesichts dieser Schwierigkeiten und der
BGE 124 I 247 S. 252
grossen Zahl der kurzfristig oder vorübergehend in der Schweiz tätigen ausländischen Arbeitnehmer hat das Bundesgericht wiederholt erkannt, das Quellensteuerverfahren für Ausländer ohne Niederlassungsbewilligung sei im Licht des Rechtsgleichheitsgebots sachlich gerechtfertigt und halte vor
Art. 4 BV
stand. Das Gericht hat aber auch festgehalten, die Ausgestaltung des Steuerabzugs, welche notwendigerweise mit Abweichungen gegenüber der ordentlichen Veranlagung verbunden sei, dürfe nicht zu stossenden Ungleichheiten führen (
BGE 91 I 81
E. 3b S. 87 ff. und E. 5 S. 89;
BGE 96 I 45
E. 4 S. 51 f.; DANIELLE YERSIN, L'égalité de traitement en droit fiscal, ZSR 111/1992 II S. 252 ff.).
b) Es ist auch sachgerecht und nicht zu beanstanden, dass die Kirchensteuer quellensteuerpflichtiger Personen mit dem Steuerabzug an der Quelle erhoben wird. Dem Umstand, dass ein Teil der Quellensteuerpflichtigen nicht der Kirchensteuerpflicht unterliegt, kann dabei auf unterschiedliche Weise Rechnung getragen werden: So haben einige Kantone wie etwa Zürich, Bern, Basel-Landschaft, St. Gallen und Graubünden für den Steuerabzug eigens Tarife mit und ohne Kirchensteuer geschaffen, während andere Kantone wie beispielsweise Luzern, Uri, Schwyz, Nidwalden, Aargau und Thurgau die Kirchensteuer durchwegs in den Steuerabzug einschliessen und die Steuer nachträglich den nicht kirchensteuerpflichtigen Personen auf deren Gesuch hin zurückerstatten.
Die Schaffung unterschiedlicher Tarife ermöglicht die vollständige Gleichstellung Quellensteuerpflichtiger mit anderen Steuerpflichtigen, die keiner staatlich anerkannten Kirche angehören. Das System nachträglicher Rückerstattung weist demgegenüber gewisse administrative Vorteile auf. Namentlich ist es aufgrund der geringeren Zahl von Tarifen weniger fehleranfällig und dadurch einfacher zu handhaben; es erlaubt auch eine bessere Kontrolle der Erhebung der Kirchensteuern durch die Steuerverwaltung. Daher kann nicht gesagt werden, für eine derartige Ordnung sei kein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen ersichtlich. Dass der Quellensteuerpflichtige die Rückerstattung mit einem bestimmten, vom Arbeitgeber auszufüllenden Formular zu verlangen hat, folgt sachgerecht aus dieser Ordnung. Die Belastung des Pflichtigen mit dieser Formalität fällt im Ergebnis geringer aus, als wenn er - wie andere Steuerpflichtige - eine Steuererklärung abzugeben hätte. Die Regelung der luzernischen Quellensteuerverordnung sprengt den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum offensichtlich nicht und hält vor
Art. 4 BV
stand.
BGE 124 I 247 S. 253
7.
Der Beschwerdeführer macht geltend, als Hindu gehöre er keiner der im Kanton Luzern staatlich anerkannten Landeskirchen an. Dessen ungeachtet sei die Kirchensteuer mit der von seinen Einkünften abgezogenen Quellensteuer erhoben worden und weigerten sich die kantonalen Instanzen, ihm diese in den Jahren 1988 bis 1990 für eigentliche Kultuszwecke erhobene Steuer zurückzuerstatten. Das verstosse gegen die in
Art. 49 BV
und
Art. 9 EMRK
garantierte Glaubens- und Gewissensfreiheit.
a) Nach
Art. 49 Abs. 6 Satz 1 BV
ist niemand gehalten, Steuern zu zahlen, welche speziell für eigentliche Kultuszwecke einer Religionsgemeinschaft, der er nicht angehört, auferlegt werden. Es trifft zu, dass die dem Beschwerdeführer in den Jahren 1988 bis 1990 an der Quelle abgezogenen Kirchensteuern faktisch den Landeskirchen verblieben sind, denen er nicht angehört. Dieses Ergebnis ist jedoch nicht Folge davon, dass der Beschwerdeführer zur Bezahlung solcher Steuern angehalten wurde. Vielmehr ist es einzig und allein darauf zurückzuführen, dass er den ihm kantonal- und bundesverfassungsrechtlich zustehenden Anspruch auf Rückerstattung der ihm bloss vorläufig an der Quelle abgezogenen Kirchensteuern nicht binnen der Verjährungsfrist von fünf Jahren geltend gemacht hat. Die Rüge, der angefochtene Entscheid verletze
Art. 49 Abs. 6 BV
, ist unbegründet.
b) Die in
Art. 9 EMRK
garantierte Glaubens-, Gewissens- und Religionsfreiheit verpflichtet die Vertragsstaaten, bei der Festsetzung von Rechten und Pflichten auf die religiösen und moralischen Überzeugungen der Person Rücksicht zu nehmen. In diesem Bereich hat das Gesetz neutral zu sein (VELU/ERGEC, La Convention européenne des droits de l'homme, Bruxelles 1990, N. 720 mit Hinweisen).
Art. 9 EMRK
ist namentlich verletzt, wenn eine Person verpflichtet wird, Steuern an eine Religionsgemeinschaft zu bezahlen, der er nicht angehört oder nicht angehören will (Urteil des EGMR i.S. Darby vom 23. Oktober 1990, Serie A, Band 187, S. 17 f. Ziff. 45 f.). In der Schweiz ist indessen niemand gehalten, an einer Religionsgemeinschaft teilzunehmen oder an eine Religionsgemeinschaft Steuern zu entrichten, der er nicht angehört oder nicht angehören will. Dieses Recht ist in
Art. 49 Abs. 2 und 6 BV
ausdrücklich garantiert und findet als Verfassungsgrundsatz unmittelbar Anwendung (U. HÄFELIN in Kommentar BV, N. 72 zu Art. 49, mit Hinweisen). Das kantonale Steuergesetz ist entsprechend ausgestaltet, dass die Kirchensteuer nur von den Personen erhoben werden darf, die der Konfession angehören (
§ 173 Abs. 1 StG
/LU), respektive
BGE 124 I 247 S. 254
quellensteuerpflichtige Personen die Kirchensteuer zurückverlangen können, wenn sie keiner staatlich anerkannten Kirchgemeinde angehören (
§ 62v StG
/LU,
§ 18 QStV
). Die Kirchensteuer wird auch nicht durch das kirchliche Gemeinwesen selbst, sondern durch den Staat (Kanton) erhoben; dieser und nicht die Kirche erstattet die an der Quelle erhobene Steuer auf Gesuch hin zurück, wenn die Person keiner Landeskirche angehört. Das Gesetz gewährleistet auf diese Weise eine neutrale Regelung und respektiert die Konvention.
Es verletzt die Konvention auch nicht, die Rückerstattung davon abhängig zu machen, dass das Gesuch innerhalb einer bestimmten Frist gestellt wird.
Art. 9 EMRK
garantiert die Glaubens- und Gewissensfreiheit, die Bestimmung verbietet aber nicht, dass das interne Recht die Befreiung von der Kirchensteuer oder deren Rückerstattung von der Einhaltung bestimmter Formvorschriften und Fristen abhängig macht (vgl. mutatis mutandis Fall Gottesmann gegen Schweiz, Entscheid der EKMR vom 4. Dezember 1984, DR 40 S. 284/287). Dass der Beschwerdeführer von dieser Regelung offenbar keine Kenntnis hatte, ändert nichts. Der Hinweis auf die Möglichkeit der Rückerstattung war auch im Merkblatt für quellensteuerpflichtige Ausländer und Ausländerinnen der kantonalen Steuerverwaltung vom Dezember 1990 enthalten. In diesem Zeitpunkt waren die Rückerstattungsansprüche des Beschwerdeführers für die Steuern 1988-1990 nicht verjährt. Bei der Quellenbesteuerung handelt es sich um ein vereinfachtes Verfahren, wie es in anderen europäischen Ländern ebenfalls gebräuchlich ist, das aber die steuerpflichtige Person nicht von jeglichen Mitwirkungspflichten befreit. Diese ist zwar der Pflicht enthoben, eine Steuererklärung auszufüllen, doch muss sie auf Verlangen über ihre Verhältnisse mündlich oder schriftlich Auskunft geben (
§ 62g StG
/LU). Sie muss auch tätig werden und ein Gesuch einreichen (und sich nötigenfalls vorgängig informieren), wenn sie keiner Landeskirche angehört und die Kirchensteuer zurückerstattet haben will. Eine solche Ordnung, die vom Steuerpflichtigen eine minimale Mitwirkung verlangt, ist indessen zumutbar und verstösst nicht gegen
Art. 9 EMRK
. Sie ist zudem sinnvoll, weil auf diese Weise die Steuerverwaltung prüfen kann, ob die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erfüllt sind oder nicht. Eine Konventionsverletzung liegt auch in dieser Hinsicht nicht vor. | mixed |
777e30dd-acfb-48b1-b10c-ae740f09cdc1 | Sachverhalt
ab Seite 252
BGE 117 Ia 251 S. 252
Die P. AG reichte gegen M. Strafanzeige ein wegen ungetreuer Geschäftsführung im Sinne von
Art. 159 StGB
, eventuell wegen Betrugs im Sinne von
Art. 148 StGB
. Am 22. Juni 1990 stellte das Verhöramt Zug die Strafuntersuchung gegen M. ein, auferlegte ihm jedoch einen Teil der Untersuchungskosten. M. gelangte in der Folge an die Justizkommission des Obergerichts des Kantons Zug und beantragte die Aufhebung der Kostenauflage sowie eine Entschädigung aus ungerechtfertigter Haft. Die P. AG erhob gegen den Einstellungsbeschluss ebenfalls Beschwerde und beantragte die Fortsetzung des Strafverfahrens. | mixed |
3b668243-ce96-4ec5-8f96-54f5e4f65b66 | Sachverhalt
ab Seite 185
BGE 89 I 185 S. 185
A.-
Le juge d'instruction IV de Genève s'occupe d'une enquête pour vols dirigée contre dame Rosetta Martinetti sur plainte de dame Valentine Noverraz. Le 15 janvier 1963, il a séquestré divers objets ainsi qu'une somme de 4725 fr. se composant de 325 fr. en rouleaux de pièces de 50 ct., de deux billets de 1000 fr., d'un de 500 fr. et de dix-neuf de 100 fr. trouvés chez dame Martinetti.
Le 29 mars 1963, la Chambre d'accusation du canton de Genève, saisie d'un recours de dame Martinetti, a modifié la décision du juge d'instruction IV en ce sens qu'elle n'a maintenu le séquestre que sur une somme de 1825 fr., comprenant le montant de 325 fr. en rouleaux de pièces
BGE 89 I 185 S. 186
de 50 ct. A l'appui de sa décision, elle a exposé en bref ce qui suit:
Les art. 113 et 24 PPG autorisent le juge d'instruction à saisir "les armes ou autres instruments qui paraissent avoir servi à commettre le crime ou le délit, ainsi que tout ce qui peut être utile à la manifestation de la vérité". Cette règle est rédigée de telle manière qu'elle permet au juge de séquestrer aussi le produit de l'infraction, notamment une somme d'argent provenant directement du délit ou obtenue par la vente d'un objet volé. D'ailleurs, la nature et l'importance du patrimoine de l'inculpé est un élément "qui peut être utile à la manifestation de la vérité" au sens de l'art. 24 PPG. A cet égard, l'autorité de jugement devrait savoir qu'au moment de son arrestation, l'accusée avait chez elle près de 5000 fr. Toutefois, l'objet saisi ne doit pas être sans rapport avec l'infraction. C'est pourquoi le séquestre ne saurait être maintenu que jusqu'à concurrence de la somme de 1825 fr., seul montant pour lequel la plaignante a allégué des faits susceptibles de constituer, lors du renvoi en jugement, des indices suffisants de culpabilité.
B.-
Agissant par la voie du recours de droit public, dame Martinetti requiert le Tribunal fédéral d'annuler l'ordonnance de la Chambre d'accusation en tant qu'elle a maintenu le séquestre à concurrence de 1825 fr. La recourante se plaint d'une atteinte au principe de la force dérogatoire du droit fédéral et d'une interprétation arbitraire des art. 24 et 113 PPG. Erwägungen
Considérant en droit:
3.
Selon la recourante, la juridiction cantonale a violé le principe de la force dérogatoire du droit fédéral parce qu'elle a substitué un séquestre de la procédure pénale cantonale à un séquestre que le droit fédéral de la poursuite pour dettes n'autorise pas. Certes, ces deux séquestres frappent d'indisponibilité les objets visés. Toutefois, celui de la procédure pénale cantonale a un caractère purement
BGE 89 I 185 S. 187
conservatoire. Il ne vise qu'à maintenir les biens auxquels il s'applique à la disposition de l'autorité de jugement. En revanche, le séquestre de la poursuite pour dettes est le premier acte d'une procédure tendant à la réalisation des biens saisis au profit du créancier séquestrant. Il poursuit donc un but entièrement différent. Dès lors, le grief tiré d'une atteinte au principe de la force dérogatoire du droit fédéral est manifestement mal fondé. Dans ces conditions, il est inutile d'examiner si même il n'est pas irrecevable faute d'être suffisamment motivé. La Chambre de droit public chargée des recours fondés sur l'
art. 4 Cst.
peut le rejeter sans transmettre la cause à la section générale, puisqu'une délégation de trois juges aurait le même pouvoir (
art. 92 OJ
).
4.
La recourante se plaint d'une violation de l'
art. 4 Cst.
(arbitraire). Sur ce point, son recours est recevable, bien qu'il soit dirigé contre une décision incidente. En effet, comme l'inventaire dressé en vertu des
art. 162 et 164 LP
et pour des raisons semblables (cf. RO 82 I 148), le séquestre ordonné en l'espèce cause à l'intéressée un dommage irréparable. Les conditions de l'
art. 87 OJ
sont donc remplies.
La juridiction cantonale estime que l'art. 24 PPG permet de saisir le produit de l'infraction. La recourante ne considère pas que cette opinion soit arbitraire. Elle a raison, car on ne concevrait guère que la loi permette à l'autorité de jugement de garder à sa disposition les instruments ayant servi au délit, mais non le produit de ce dernier. La recourante soutient en revanche qu'il doit exister un lien direct et immédiat entre l'acte délictueux et l'objet séquestré. Il n'est pas nécessaire de discuter cette manière de voir. En effet, le lien, qui serait ainsi nécessaire, existe - du moins peut-on l'admettre sans arbitraire - en ce qui concerne les rouleaux de pièces de 50 ct., ear la recourante a reconnu pendant l'enquête (audition des 18, 19, 28 juillet 1961) les avoir confectionnés à l'aide de l'argent dérobé à l'intimée. Mais il existe aussi quant aux billets
BGE 89 I 185 S. 188
de banque dont le vol a été allégué. Sans doute ces billets ont été mélangés avec ceux de l'accusée, de sorte qu'ils ne pourraient plus être individualisés pour être reconnus propriété de l'intimée. Néanmoins, il y a de bonnes raisons de penser, au regard des circonstances de la cause, notamment des explications de l'intimée et des actes délictueux admis par la recourante, que les billets litigieux sont le produit du vol. Dès lors, la juridiction cantonale pouvait, sans violer l'
art. 4 Cst.
, décider de garder les biens litigieux à la disposition des organes de la justice pénale jusqu'à ce que l'autorité de jugement se soit prononcée sur leur sort. Peu importe de savoir si, comme l'allègue la recourante, ces biens devront nécessairement lui être rendus. Ce n'est pas aux autorités d'accusation de statuer à ce propos, mais à la juridiction de jugement. En attendant la décision de cette dernière, la mesure conservatoire et provisoire de saisie n'est pas injustifiable. Elle l'est d'autant moins que la présence d'une somme relativement importante chez l'auteur d'un vol dont les ressources sont par ailleurs limitées est un indice de sa culpabilité et, partant, un élément de fait qui, au sens de l'art. 24 PPG, "peut être utile à la manifestation de la vérité". | mixed |
77e616d3-7c15-4f29-8f25-88c82092f640 | Sachverhalt
ab Seite 44
BGE 122 I 44 S. 44
Die Volkswirtschafts- und die Polizeidirektion des Kantons Appenzell A.Rh. erliessen am 19. Juni 1995 gemeinsame Richtlinien "betreffend die Bewilligungspraxis für ausländische Künstler, Musiker, Artisten, Tänzer,
BGE 122 I 44 S. 45
Tänzerinnen und Discjockeys" (im folgenden: Richtlinien). Danach wird auf Tänzer und Tänzerinnen in Nachtclubs oder ähnlichen Lokalen, deren Darbietungen der erotischen Unterhaltung dienen,
Art. 8 der Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (Begrenzungsverordnung, BVO; SR 823.21)
angewendet; Bewilligungen werden deshalb grundsätzlich nur noch an EU/EFTA-Angehörige erteilt (Ziffer 2.4).
Auf die von Rudolf Kreis, Inhaber des Cabaret Rebluus in Tobel, sowie fünf weiteren Betreibern von Nachtclubs im Kanton Appenzell A.Rh. hiergegen eingereichte staatsrechtliche Beschwerde tritt das Bundesgericht nicht ein. Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
a) Die von den Beschwerdeführern beanstandeten Richtlinien wenden sich an die zuständigen Fremdenpolizeibehörden und sollen eine einheitliche Verwaltungspraxis sicherstellen; es handelt sich somit um eine Verwaltungsverordnung. Solche verwaltungsinternen, nicht von den zuständigen Rechtsetzungsorganen ausgehenden Weisungen vermögen an sich keine Rechte und Pflichten der Bürger zu begründen (vgl.
Art. 84 Abs. 1 OG
; vgl.
BGE 119 Ia 214
E. 2a S. 217). Sie sind mit staatsrechtlicher Beschwerde nur anfechtbar, sofern sie indirekt geschützte Rechte des Bürgers berühren und damit Aussenwirkungen entfalten, ohne dass gegen den betroffenen Einzelnen eine förmliche Verfügung ergeht, die er wegen Verletzung seiner verfassungsmässigen Rechte wirksam und für ihn zumutbar anfechten könnte (
BGE 105 Ia 349
E. 2a S. 351 ff.; vgl. auch
BGE 114 Ia 452
E. 1a S. 455; Urteil vom 20. Juli 1994 i.S. Hauseigentümer-Verband Zürich u. Mitb., E. 1a, in ZBl 96/1995 S. 44 ff., WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Aufl., Bern 1994, S. 142 ff., KURT STAMPFLI, Rechtliche Probleme allgemeiner Dienstanweisungen, Diss. Freiburg 1982, S. 275 ff.).
b) Eine weitere Schranke ergibt sich aus
Art. 88 OG
. Danach ist zur staatsrechtlichen Beschwerde nur legitimiert, wer durch den angefochtenen Hoheitsakt in rechtlich geschützten eigenen Interessen betroffen wird; zur Verfolgung bloss tatsächlicher Interessen steht dieses Rechtsmittel nicht offen. Die eigenen rechtlichen Interessen, auf die sich der Beschwerdeführer berufen muss, können entweder durch kantonales oder eidgenössisches Gesetzesrecht oder aber unmittelbar durch ein angerufenes spezielles Grundrecht geschützt sein, sofern sie auf dem Gebiet liegen,
BGE 122 I 44 S. 46
welches dieses beschlägt (
BGE 121 I 267
E. 2 S. 269). Das Erfordernis eines Eingriffs in rechtlich geschützte Interessen gilt auch für die Legitimation zur Anfechtung von rechtsetzenden Erlassen. Zwar genügt hier eine virtuelle Betroffenheit, doch muss es immer um einen drohenden Eingriff in rechtlich geschützte Interessen gehen (
BGE 118 Ia 427
E. 2a S. 430 f.,
BGE 119 Ia 197
E. 1c S. 200 f., 321 E. 2b S. 324). Dies gilt auch bei Verwaltungsverordnungen (BGE
BGE 98 Ia 508
E. 1 S. 511, bereits zitiertes Urteil vom 20. Juli 1994, E. 1a): Eine staatsrechtliche Beschwerde ist gegen solche Weisungen nur zulässig, sofern die beanstandete Regelung gesetzlich oder verfassungsrechtlich geschützte Interessen des Beschwerdeführers berührt.
3.
a) Die Beschwerdeführer gehen davon aus, dass gegen die beanstandeten Richtlinien kein wirksamer Rechtsschutz bestehe, weil sie die ihnen bis Ende 1995 zustehenden Kontingente für das Engagement von Tänzerinnen bereits zugeteilt erhalten hätten. Sie könnten daher zurzeit keine Verfügungen über weitere Bewilligungen mehr erwirken; es sei ihnen nicht zuzumuten, mehr als ein halbes Jahr zu warten, um dann die auf den neuen Richtlinien beruhenden Verfügungen auf dem Rechtsweg anzufechten.
Ob auf ihre Beschwerde deshalb einzutreten ist, erscheint zweifelhaft, kann aber dahingestellt bleiben, da die Beschwerdeführer weder durch einzelne Verfügungen noch durch die beanstandeten Richtlinien in gesetzlich oder verfassungsrechtlich geschützten Interessen betroffen werden (
Art. 88 OG
).
b) aa) Die zuständigen Behörden entscheiden über Aufenthaltsbewilligungen im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Verträge mit dem Ausland nach freiem Ermessen (Art. 4 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer, ANAG; SR 142.20). Die von den Beschwerdeführern angerufene Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der Zahl der Ausländer legt ihrerseits lediglich die formellen und materiellen Schranken fest, welche die Kantone bei der Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen zu beachten haben. Sie verpflichtet sie aber nicht, solche zu erteilen, und begründet damit keine Rechtsansprüche (vgl.
Art. 100 lit. b Ziff. 3 OG
:
BGE 115 Ib 1
E. 1b S. 3). Dies gilt auch für
Art. 8 BVO
, der die prioritären Rekrutierungsgebiete bzw. geographische Schranken für die Zulassung von ausländischen Arbeitskräften festlegt. Die Kantone sind nicht verpflichtet, den durch diese Bestimmung eröffneten Spielraum bei ihrer Bewilligungspraxis voll auszunützen. Da sich die Anträge auf Aufenthaltsbewilligungen für Tänzerinnen aus Ländern ausserhalb
BGE 122 I 44 S. 47
der EU und der EFTA regelmässig nicht auf eine spezielle (gesetzliche oder völkerrechtliche) Grundlage stützen können, besteht auch insofern kein Rechtsanspruch (weshalb gegenüber abschlägigen kantonalen Entscheiden die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht ausgeschlossen ist; vgl.
Art. 100 lit. b Ziff. 3 OG
).
bb) Das in
Art. 4 BV
enthaltene allgemeine Willkürverbot verschafft für sich allein noch keine geschützte Rechtsstellung im Sinne von
Art. 88 OG
; die Legitimation zur Willkürbeschwerde ist nur gegeben, wenn das Gesetzesrecht, dessen willkürliche Anwendung gerügt wird, dem Beschwerdeführer einen Rechtsanspruch einräumt oder den Schutz seiner Interessen bezweckt (
BGE 121 I 267
E. 2 S. 268 f., mit Hinweisen). Dass auf die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen der hier in Frage stehenden Art kein gesetzlicher Anspruch besteht, wurde bereits dargelegt. Damit entfällt die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde, soweit es um die Geltendmachung des allgemeinen Willkürverbots geht. Die Rüge, die beanstandete Praxisänderung beruhe auf keinen haltbaren sachlichen Gründen und sei deshalb willkürlich, ist somit nicht zu hören.
cc) Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer ergibt sich das erforderliche rechtlich geschützte Interesse auch nicht aus dem mitangerufenen Grundrecht der Handels- und Gewerbefreiheit (
Art. 31 BV
). Wohl garantiert dieses dem Arbeitgeber grundsätzlich die freie Wahl seiner Mitarbeiter. Diese Freiheit bezieht sich indessen nicht auf den Einsatz von Arbeitskräften, die im Arbeitsmarkt noch nicht zugelassen sind. So wenig wie der Ausländer selber aus
Art. 4 oder
Art. 31 BV
einen Anspruch auf Aufenthaltsbewilligung ableiten kann, so wenig verschafft die Handels- und Gewerbefreiheit dem interessierten schweizerischen Arbeitgeber einen verfassungsrechtlich geschützten Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung (
BGE 114 Ia 307
E. 3b S. 312). Das allgemeine Gleichbehandlungsgebot nach
Art. 4 BV
und der in
Art. 31 BV
enthaltene - weitergehende - Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen schützen nicht davor, dass ausserhalb des Kantons Appenzell A.Rh. gelegene Konkurrenzbetriebe möglicherweise in den Genuss einer günstigeren fremdenpolizeilichen Bewilligungspraxis kommen; dies ist eine hinzunehmende Folge des föderalistischen Aufbaus des schweizerischen Staatswesens (vgl. BGE
BGE 121 I 49
E. 4c S. 53,
BGE 104 Ia 156
E. 2b S. 158).
dd) Wieweit ein legitimationsbegründender Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung allenfalls aus dem Gebot des
BGE 122 I 44 S. 48
Vertrauensschutzes (zu dessen Umschreibung vgl.
BGE 118 Ia 245
E. 4b S. 254, mit Hinweis) abgeleitet werden könnte, braucht hier nicht weiter untersucht zu werden. Die Beschwerdeführer vermögen sich auf keine konkreten behördlichen Zusicherungen zu berufen, die der beschlossenen Praxisänderung entgegenstehen würden; sie konnten sich aufgrund der bisherigen Bewilligungspraxis allein nicht darauf verlassen, dass diese in Zukunft nicht verschärft würde, zumal die Ergreifung von Abwehrmassnahmen gegen Missstände auf diesem Gebiet schon seit einiger Zeit zur Diskussion stand. Von einem Verstoss gegen die Schranken des Vertrauensschutzes kann somit nicht die Rede sein.
ee) Schliesslich verschafft auch der angerufene Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 2 ÜbBest. BV) keine Beschwerdelegitimation nach
Art. 88 OG
. Die Vorschriften der Begrenzungsverordnung begründen keine Rechtsansprüche, gegen welche die Anwendung der neuen Richtlinien verstossen könnte. Zudem liegt die behauptete Normenkollision offensichtlich gar nicht vor, da sich die beanstandete Ziffer 2.4 der Richtlinien innerhalb des durch die Begrenzungsverordnung gegebenen Rahmens hält.
Art. 8 BVO
kann durch die beanstandete restriktive kantonale Bewilligungspraxis deshalb gar nicht verletzt sein.
c) Wenn vorliegend gegenüber den "Aussenwirkungen" der beanstandeten Verwaltungsverordnung, d.h. gegenüber den im betreffenden Regelungsbereich ergehenden Verfügungen, wie dargelegt, auf Bundesebene kein Rechtsschutz besteht, weil es den Betroffenen an einem Rechtsanspruch im Sinne von
Art. 100 lit. b Ziff. 3 OG
bzw. an einem rechtlich geschützten Interesse im Sinne von
Art. 88 OG
fehlt, ist auch gegen die entsprechende Verwaltungsverordnung als solche die staatsrechtliche Beschwerde unzulässig. Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass eine staatsrechtliche Beschwerde gegen Richtlinien, die bestimmte Bewerberkategorien diskriminieren, ausnahmsweise auch dort möglich wäre, wo gegen die jeweilige Einzelverfügung (in der Sache) grundsätzlich keine Legitimation nach
Art. 88 OG
besteht, z.B. im Bereich von Submissionen oder bei der Zulassung zum öffentlichen Dienst. Vorliegend geht es jedoch nicht um die Diskriminierung einzelner Gruppen von Gesuchstellern, sondern um eine generelle Anordnung, die den gesamten Interessentenkreis (bzw. alle Nachtclub-Betreiber im Kanton) in gleicher Weise trifft, ohne in gesetzlich oder verfassungsrechtlich geschützte Rechte einzugreifen. Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist daher nicht einzutreten. | mixed |
37d9b71f-f0f3-4126-84ba-f9bf38693ab7 | Sachverhalt
ab Seite 168
BGE 126 I 168 S. 168
Le Juge I du district de Monthey a été saisi pour jugement de la cause pénale opposant A. à son père et au Ministre public du Bas-Valais, qui l'accusent d'avoir déposé un faux témoignage (
art. 307 CP
) lors de la procédure de divorce de ses parents. A. a requis la récusation de ce juge, au motif qu'il avait traité du divorce. Celui-ci contesta sa récusation et transmit la cause au Président du Tribunal cantonal du canton du Valais, qui rejeta la requête formée par A. le 22 octobre 1999, sans allouer de dépens à son avocat d'office. Agissant par la voie du recours de droit public, A. s'est plainte en premier lieu d'une violation de l'
art. 6 par. 1 CEDH
, de l'art. 58 de l'ancienne Constitution fédérale (aCst.), ainsi que d'une application arbitraire de l'art. 33 al. 1 let. b du code de procédure pénale du canton du Valais (CPP/VS).
BGE 126 I 168 S. 169
Le Tribunal fédéral a admis le recours dans la mesure où il était recevable, et annulé l'arrêt du Président du Tribunal cantonal. Erwägungen
Extrait des considérants:
2.
Le Président du Tribunal cantonal a considéré que l'audition de la recourante par le magistrat intimé dans le cadre de la procédure de divorce n'était pas de nature à faire naître un doute quant à son impartialité dans l'affaire pénale. Dans la procédure de divorce, le juge ne se serait pas fait d'opinion sur sa culpabilité, il n'aurait agi qu'en simple auditeur.
a) La garantie d'un tribunal indépendant et impartial instituée par l'
art. 6 par. 1 CEDH
(RS 0.101), à l'instar de la protection conférée par l'
art. 58 aCst.
, permet au plaideur de s'opposer à une application arbitraire des règles cantonales sur l'organisation et la composition des tribunaux, qui comprennent les prescriptions relatives à la récusation des juges. Elle permet aussi, indépendamment du droit cantonal, d'exiger la récusation d'un juge dont la situation ou le comportement est de nature à faire naître un doute sur son impartialité; elle tend notamment à éviter que des circonstances extérieures à la cause ne puissent influencer le jugement en faveur ou au détriment d'une partie. Elle n'impose pas la récusation seulement lorsqu'une prévention effective du juge est établie, car une disposition interne de sa part ne peut guère être prouvée; il suffit que les circonstances donnent l'apparence de la prévention et fassent redouter une activité partiale du magistrat. Seules des circonstances constatées objectivement doivent être prises en considération; les impressions purement individuelles d'une des parties au procès ne sont pas décisives (
ATF 125 I 119
consid. 3a p. 122;
ATF 124 I 255
consid. 4a p. 261;
ATF 120 Ia 184
E. 2 S. 186 f.). Le fait notamment qu'un magistrat ait déjà agi dans une cause peut éveiller un soupçon de partialité. Le cumul des fonctions n'est alors admissible que si le magistrat, en participant à des décisions antérieures relatives à la même affaire, n'a pas déjà pris position au sujet de certaines questions de manière telle qu'il ne semble plus à l'avenir exempt de préjugés et que, par conséquent, le sort du procès n'apparaisse plus indécis. Pour en juger, il faut tenir compte des faits, des particularités procédurales ainsi que des questions concrètes soulevées au cours des différents stades de la procédure (
ATF 119 Ia 221
consid. 3 p. 226 et les arrêts cités; cf. aussi
ATF 120 Ia 82
consid. 6 p. 83 ss).
BGE 126 I 168 S. 170
b) La Constitution fédérale du 18 avril 1999 (Cst.), entrée en vigueur le 1er janvier 2000, n'ayant pas amené de changement à l'égard du droit à un tribunal indépendant et impartial (cf.
art. 30 al. 1 Cst.
; Bull. off. 1998, Réforme de la Constitution fédérale, CN p. 234; Bull. off. 1998, Réforme de la Constitution fédérale, CE p. 50), c'est à la lumière de la jurisprudence rappelée ci-dessus qu'il convient d'examiner le recours.
3.
La recourante fait valoir que l'arrêt incriminé viole l'
art. 33 al. 1 let. b CPP
/VS, selon lequel un juge doit se récuser dans une affaire en laquelle il a agi précédemment à un autre titre.
a) Une décision est arbitraire selon la jurisprudence portant sur l'
art. 4 aCst.
lorsqu'elle viole gravement une règle de droit ou un principe juridique clair et indiscuté, ou lorsqu'elle contredit d'une manière choquante le sentiment de la justice et de l'équité. Le Tribunal fédéral ne s'écarte de la solution retenue que si celle-ci est insoutenable, en contradiction manifeste avec la situation effective, si elle a été adoptée sans motif objectif ou en violation d'un droit certain. Il ne suffit pas que sa motivation soit insoutenable, encore faut-il qu'elle soit arbitraire dans son résultat (pour l'
art. 4 aCst.
:
ATF 125 I 161
consid. 2a p. 168 et la jurisprudence citée). La nouvelle Constitution n'a pas amené de changements à cet égard (cf.
art. 8 et 9 Cst.
).
b) Le Président du Tribunal cantonal a indiqué que la jurisprudence cantonale interprète la notion "d'affaire" de manière restrictive, et en a déduit qu'ici, le divorce et la procédure pénale représentaient deux affaires distinctes, de sorte que l'
art. 33 al. 1 let. b CPP
/VS n'était pas applicable. Cette interprétation est soutenable, une cause civile pouvant légitimement être distinguée d'une cause pénale. La disposition en question peut en outre être interprétée dans le sens qu'elle ne règle pas les cas où, comme ici, le magistrat récusé agit deux fois au même titre, c'est-à-dire en tant que juge.
4.
L'arrêt attaqué viole en revanche le droit de la recourante à un juge impartial tel qu'il est garanti par la Constitution fédérale.
a) Tout d'abord, les moyens de défense de la recourante se trouvent réduits par l'union personnelle du juge de divorce et du juge pénal. Comme le fait valoir la recourante, le magistrat récusé a pris une part active aux faits qui doivent être éclaircis et jugés dans la procédure pénale. Par conséquent, elle ne peut, par exemple, remettre en cause la forme de l'audition elle-même, sans faire de reproches indirects au magistrat chargé de l'affaire.
BGE 126 I 168 S. 171
Par ailleurs, le juge de divorce ne peut être comparé à un "auditeur" neutre, comme le soutient l'arrêt attaqué, puisqu'il recueille non seulement les témoignages, mais statue en plus - indirectement, dans le cadre de l'appréciation des preuves - sur leur véracité. Enfin, la recourante se voit jugée par la personne même qui a recueilli sa déposition. S'agissant d'un délit contre l'administration de la justice, le magistrat aux dépens duquel le faux témoignage aurait été commis se trouve dans une position proche de celle d'une victime. Il est donc légitime que la recourante ait des doutes concernant la capacité du juge intimé à apprécier de manière indépendante et impartiale sa culpabilité.
Dans ces conditions, il est inutile d'examiner le rôle des faits nouveaux remettant en question l'appréciation par le juge de divorce du témoignage de la recourante - la recourante reconnaît que sa déposition ne correspondait pas à la vérité -, et de comparer les questions tranchées par le juge de divorce à celles qui se posent dans la procédure pénale. La récusation du magistrat intimé s'impose d'autant plus qu'il statue comme juge unique, et non comme membre d'un tribunal (cf.
ATF 114 Ia 143
consid. 7b p. 153).
b) Le cas présent n'est pas comparable à celui qui a donné lieu à l'arrêt non publié du 16 février 1998 (1P.562/1998), dans lequel le Tribunal fédéral a constaté que le juge de divorce qui avait ordonné des mesures provisoires pouvait, sans violer le droit à un juge impartial, juger de l'accusation d'insoumission à celles-ci (
art. 292 CP
); en effet, dans ce dernier cas, les faits reprochés s'étaient produits après la procédure dans laquelle le magistrat avait agi, et il n'y avait pris aucune part active. Le cas présent diffère également de celui publié aux
ATF 116 Ia 387
ss, où le Tribunal fédéral est arrivé à la conclusion qu'un magistrat pouvait statuer sur la détention du prévenu, puis participer à la décision sur la demande d'indemnité relative à cette détention (cf. aussi
ATF 119 Ia 221
consid. 2 p. 223 ss). Le fait que d'autres instances jugent différemment de la légitimité de la détention n'est pas susceptible, objectivement, de faire naître un conflit d'intérêts. Sinon, les membres de chaque tribunal devant prendre une nouvelle décision suite à l'admission d'un moyen de droit par une instance judiciaire supérieure devraient toujours se récuser. | mixed |
749eebe9-252b-4b6f-9715-cf37c873818c | Sachverhalt
ab Seite 366
BGE 122 IV 365 S. 366
A.-
Il 6 settembre 1995 il Presidente della Corte delle Assise correzionali di Lugano ha riconosciuto L. e P. - quest'ultimo con giudizio contumaciale - colpevoli di truffa, ricettazione e falsità in documenti, in relazione alla messa all'incasso di sette assegni di provenienza furtiva e recanti false firme di girata, e li ha condannati entrambi alla pena di 18 mesi di detenzione, sospesa condizionalmente con un periodo di prova di tre anni. La Corte ha inoltre condannato i due imputati a versare, in solido e in parti uguali, fr. 85'912.-- alla ditta G. GmbH e fr. 213'136.-- alla ditta K. Essa ha altresì confiscato i valori patrimoniali sequestrati agli imputati, ordinandone la restituzione (a parziale copertura degli importi loro riconosciuti), alle parti lese G. GmbH, K. e X. AG, in proporzione del danno subito.
L. e P. sono per contro stati assolti, per mancanza di dolo, dalle imputazioni concernenti i reati compiuti in danno delle ditte N. e S. Le pretese di risarcimento di quest'ultime sono quindi state respinte, mentre la decisione sulla confisca e sulla restituzione del provento, parzialmente sequestrato, dei reati commessi nei loro confronti è stata rinviata al procedimento contro H., cui risultano essere intestati i relativi conti bancari.
B.-
N. e S., costituitesi parti civili, hanno impugnato tale decisione dinanzi alla Corte di cassazione e di revisione penale (CCRP) del Cantone Ticino. In quanto ammissibile, il loro ricorso è stato parzialmente accolto con sentenza dell'8 febbraio 1996, nel senso che è stato prorogato giusta l'art. 258 cpv. 2 vCPP il procedimento contro P., nella misura in cui quest'ultimo era stato assolto dalle imputazioni contestategli.
N. e S. sono insorte con ricorsi per cassazione, di diritto amministrativo e di diritto pubblico dinanzi al Tribunale federale contro quest'ultima decisione, chiedendone l'annullamento. Con i ricorsi per cassazione e di diritto amministrativo, esse postulano, in via secondaria, che la decisione impugnata sia riformata, nel senso che i valori patrimoniali sequestrati vengano suddivisi fra tutte le parti civili in misura del danno subito. Esse domandano altresì che ai gravami sia conferito effetto sospensivo.
BGE 122 IV 365 S. 367
Non sono state richieste osservazioni sui ricorsi.
C.-
Con lettera del 24 aprile 1996 del suo patrocinatore, N. ha comunicato di ritirare i gravami da essa inoltrati. Erwägungen
Considerando in diritto:
III.1.
Il Tribunale federale esamina d'ufficio e con libero potere d'esame l'ammissibilità dei rimedi esperiti dalla ditta S. (
DTF 121 II 72
consid. 1a, 248 consid. 1 con rinvii).
La ricorrente censura l'applicazione errata dell'art. 59 nonché quella mancata dell'
art. 60 CP
. Tali norme sono state modificate più volte. In relazione agli art. 58 seg. CP sono mutati pure i titoli marginali.
a) Gli art. 58 (confisca di oggetti pericolosi) e 59 (confisca di valori patrimoniali) CP, nella versione conforme alla LF del 18 marzo 1994, in vigore dal 1o agosto 1994, regolano la confisca conservativa ("Sicherheitseinziehung") e quella di valori patrimoniali ("Ausgleicheinziehung"), precedentemente disciplinate negli
art. 58, 58bis e 59 CP
. L'attuale art. 58 corrisponde sostanzialmente agli art. 58 cpv. 1 lett. b e 58 cpv. 3 CP previgenti, nella versione conforme al n. 1 dell'allegato al DPA del 22 marzo 1974, in vigore dal 1o gennaio 1975. Dal canto suo, l'
art. 59 n. 1 cpv. 1 CP
è subentrato al posto dei precedenti
art. 58 cpv. 1 lett. a e 59 CP
, mentre il n. 1 cpv. 2 della medesima norma ha sostituito l'
art. 58bis CP
anteriore.
aa) Nell'ambito del diritto previgente, il danneggiato era abilitato, come qualsiasi terzo, a far valere i propri diritti nei limiti dell'
art. 58bis cpv. 1 CP
, il cui testo era il seguente:
"1Se un terzo può far valere un diritto di proprietà su l'oggetto o il bene da confiscare ovvero ha acquisito il diritto di divenirne proprietario ignaro del reato commesso, l'oggetto o il bene gli sarà riconsegnato sempreché non debba essere reso inservibile o distrutto".
La novella del 1994 ha rafforzato la posizione della parte lesa. In particolare, l'
art. 59 n. 1 cpv. 1 CP
, più flessibile (FF 1993 III 219), stabilisce quanto segue:
"1Il giudice ordina la confisca dei valori patrimoniali che costituiscono il prodotto di un reato o erano destinati a determinare o a ricompensare l'autore di un reato, a meno che debbano essere restituiti alla persona lesa allo scopo di ristabilirne i dirittti".
BGE 122 IV 365 S. 368
Tale norma sancisce esplicitamente che i diritti del danneggiato sono prioritari (NIKLAUS SCHMID, Das neue Einziehungsrecht nach StGB Art. 58 ff., in: RPS 4/1995, pag. 339). Inoltre, per diritti della parte lesa non si intende solo il diritto di proprietà.
bb) Giusta l'
art. 270 PP
, nella versione in vigore fino al 31 dicembre 1992, solo l'accusato e l'accusatore pubblico nonché, in determinati casi, il querelante e l'accusatore privato erano legittimati a censurare la violazione del diritto federale con ricorso per cassazione. Ciononostante, la giurisprudenza del Tribunale federale aveva da tempo ravvisato la necessità di riconoscere tale legittimazione ricorsuale, in analogia all'
art. 271 cpv. 1 PP
, a chiunque fosse toccato direttamente da una misura fondata sugli
art. 58, 58bis e 59 CP
(
DTF 108 IV 154
consid. 1a; sentenza inedita del Tribunale federale, del 22 settembre 1992, nella causa R., consid. 1a).
cc) Secondo l'
art. 270 cpv. 1 PP
vigente, nella versione conforme alla LF del 4 ottobre 1991 concernente l'aiuto alle vittime di reati (LAV; RS 312.5), in vigore dal 1o gennaio 1993, può ricorrere per cassazione, oltre all'accusato e all'accusatore pubblico, anche il danneggiato se era già parte nella procedura e nella misura in cui la sentenza possa influenzare il giudizio in merito alle sue pretese civili. Anche in questo caso la novella legislativa ha quindi rafforzato la posizione (processuale) della parte lesa, cui è esplicitamente riconosciuta la legittimazione ricorsuale. Ne discende che, prescindendo per l'istante dalle condizioni specifiche poste alla legittimazione dalla norma citata, sembra conveniente che pure il diritto vigente riconosca al danneggiato la possibilità di ricorrere per cassazione contro la violazione dei diritti conferitigli dagli
art. 58 e 59 CP
.
b) L'originale art. 60 (assegnamenti alla parte lesa) cpv. 1 CP, risalente al 21 dicembre 1937, è stato modificato una prima volta giusta il n. 1 dell'allegato al DPA del 22 marzo 1974, in vigore dal 1o gennaio 1975. Il nuovo testo, non molto dissimile dal precedente nell'ambito che qui interessa, aveva il seguente tenore:
"1 Se alcuno è stato danneggiato da un crimine o da un delitto e se è prevedibile che il danno non sarà risarcito dal colpevole, il giudice potrà assegnargli, fino all'importo del danno stabilito giudizialmente o mediante transazione, gli oggetti e i beni confiscati, i doni o altri profitti devoluti allo Stato, o, dedotte le spese, il ricavo della loro realizzazione e la cauzione preventiva prestata".
BGE 122 IV 365 S. 369
Con l'entrata in vigore, il 1o gennaio 1993, della LAV, l'
art. 60 CP
ha subito una nuova e importante modifica:
"1Se alcuno è stato danneggiato da un crimine o da un delitto e se è prevedibile che il danno, non coperto da nessuna assicurazione, non sarà risarcito dal colpevole, il giudice assegna alla persona lesa, a sua richiesta, fino all'importo del danno stabilito giudizialmente o mediante transazione:
a. la multa pagata dal condannato;
b. gli oggetti e i beni confiscati, i doni e altri profitti devoluti allo Stato o, dedotte le spese, il ricavo della loro realizzazione;
c. i crediti compensatori;
d. l'ammontare della cauzione preventiva.
2 Il giudice può ordinare tali assegnamenti soltanto se la persona lesa cede allo Stato la parte corrispondente del suo credito.
3 I Cantoni istituiscono una procedura semplice e rapida per i casi nei quali il giudice non possa ordinare tale misura già nell'ambito della sentenza penale".
Con la novella legislativa in materia di confisca del 18 marzo 1994, in vigore dal 1o agosto 1994, l'
art. 60 cpv. 1 lett. b CP
è stato nuovamente modificato. Per quanto qui interessa, quest'ultima modifica è tuttavia, contrariamente a quella indotta dalla LAV, priva di rilevanza, trattandosi di un semplice cambiamento redazionale giustificato dalla soppressione dell'istituto della "devoluzione allo Stato" (art. 59 vCP), ora integrato nella confisca di valori patrimoniali (
art. 59 n. 1 cpv. 1 CP
) (FF 1993 III 218).
aa) Nel 1963, il Tribunale ha stabilito che la parte lesa non poteva ricorrere per cassazione contro decisioni fondate sull'
art. 60 CP
(
DTF 89 IV 171
). Le pretese fondate su tale articolo erano considerate indipendenti dall'azione penale, di modo che era esclusa una legittimazione ricorsuale ai sensi dell'
art. 270 PP
. D'altro canto, trattandosi non di pretese civili, bensì di pretese poggiate sul diritto pubblico, la parte lesa non poteva dedurre alcunché neppure dall'
art. 271 PP
. Secondo tale giurisprudenza, la circostanza che la legge federale di procedura penale non permettesse alla parte lesa di impugnare una decisione pronunciata in virtù dell'
art. 60 CP
, non significava che vi fosse una lacuna. In effetti, visto che il danneggiato non era ritenuto avere alcun diritto alle prestazioni previste dalla norma litigiosa, ma che dipendeva dal potere d'apprezzamento del giudice se accordarle o meno, sembrava ragionevole che il ricorso per cassazione fosse escluso. Dato che, all'epoca, il ricorso di diritto amministrativo non prevedeva ancora, quale motivo ricorsuale, l'eccesso o l'abuso del potere d'apprezzamento (
art. 104 lett. a OG
,
BGE 122 IV 365 S. 370
introdotto giusta il n. I della LF del 20 dicembre 1968, in vigore dal 1o ottobre 1969), non restava quindi che la via ricorsuale sussidiaria del ricorso di diritto pubblico, per arbitrio nell'esercizio del potere d'apprezzamento.
bb) La giurisprudenza testé illustrata, secondo cui la parte lesa non può impugnare con ricorso per cassazione decisioni fondate sull'
art. 60 CP
, è stata sostanzialmente confermata nella
DTF 104 IV 68
consid. 3d.
Nella
DTF 118 Ib 263
il Tribunale federale ha ribadito che le pretese fondate sull'
art. 60 CP
non sono di natura civile. La parte lesa non può pertanto far valere simili pretese nell'ambito di una causa diretta contro un cantone dinanzi al Tribunale federale, dato che non si tratta di una contestazione civile ai sensi dell'
art. 42 OG
.
Per la medesima ragione è escluso pure il ricorso per riforma (
art. 44-46 OG
e contrario).
cc) Prima ancora dell'entrata in vigore del nuovo
art. 60 CP
, nella versione ispirata dalla LAV, il Tribunale federale ha modificato la sua giurisprudenza: qualora siano adempiute le condizioni stabilite nell'
art. 60 CP
, il giudice è (ormai) tenuto ad assegnare alla persona lesa i beni confiscati (
DTF 117 IV 107
consid. 2c). Già per questo motivo sembra giustificato che, contrariamente alla prassi precedente, la parte lesa possa disporre della protezione offertagli dal ricorso per cassazione. Ciò deve valere, a maggior ragione, se si considera che l'
art. 60 CP
vigente attualmente conferisce esplicitamente al danneggiato, sempreché ne siano adempiute le condizioni, il diritto di ricevere gli assegnamenti previsti. Simile risultato appare peraltro conforme allo spirito della LAV, tendente a migliorare e rafforzare la posizione giuridica della parte lesa (
DTF 117 IV 107
consid. 2c).
dd) In concreto, si tratta di determinare con quale dei rimedi giuridici presentati la ricorrente può, in qualità di parte lesa, contestare la (errata o mancata) applicazione dell'
art. 60 CP
.
Parte della dottrina predilige il ricorso di diritto amministrativo (JEAN GAUTHIER, Quelques aspects de la confiscation selon l'art. 58 du code pénal suisse, in: Lebendiges Strafrecht, Festgabe Schultz, RPS 94/1977 pag. 373 e seg.; HANS SCHULTZ, Die Einziehung, der Verfall von Geschenken und anderer Zuwendungen sowie die Verwendung zugunsten Geschädigten gemäss StGB rev. Art. 58 f., in: ZBJV 114/1978 pag. 335; GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, AT II, 1989, § 14 n. 44; YVONNE BERCHER, Le séquestre pénal, thèse 1992, pag. 184). Al proposito va tuttavia
BGE 122 IV 365 S. 371
rilevato che le opinioni espresse si riferiscono all'
art. 60 CP
previgente. Inoltre, esse prendono spunto dal fatto (non discusso) che il ricorso per cassazione risulta escluso dalla giurisprudenza del Tribunale federale; il ricorso di diritto amministrativo sembra quindi costituire un'alternativa più al ricorso di diritto pubblico che non al ricorso per cassazione. Altri autori propendono invece per quest'ultimo rimedio giuridico (NIKLAUS SCHMID, op.cit., in: RPS 4/1995, pag. 368; BERNARD CORBOZ, Le pourvoi en nullité interjeté par le lésé, in: SJ 1995, pag. 134 e seg.; DENIS PIOTET, Les effets civils de la confiscation pénale, 1995, pag. 50).
Ora, giusta l'
art. 97 cpv. 1 OG
, il Tribunale federale giudica in ultima istanza i ricorsi di diritto amministrativo contro le decisioni ai sensi dell'
art. 5 PA
. Queste ultime sono provvedimenti emanati dalle autorità nel singolo caso, fondati sul diritto pubblico federale (
art. 5 cpv. 1 PA
). Dato che la decisione impugnata si riferisce ad un caso ben preciso e che il Codice penale federale fa parte del diritto pubblico federale, nella fattispecie si è confrontati con una simile decisione. Senonché, va innanzitutto rilevato che il ricorso di diritto amministrativo non è di regola ammissibile contro decisioni in materia di procedimento penale (art. 100 lett. f OG). Anche qualora il giudizio in esame venisse considerato come una decisione in materia di esecuzione delle pene e delle misure, ciò che non appare scontato, il ricorso di diritto amministrativo risulterebbe comunque escluso. In effetti, secondo la giurisprudenza del Tribunale federale simili decisioni sono impugnabili con tale ricorso solo in quanto la legge non le abbia dichiarate di competenza degli organi giudiziari (
DTF 122 IV 8
consid. 1;
DTF 119 IV 5
;
DTF 116 IV 105
consid. 1; v. pure
art. 7 n. 3 del
Regolamento del Tribunale federale), ciò che non si verifica nel quadro dell'
art. 60 CP
, il quale designa esplicitamente il giudice quale autorità competente. La contestata decisione non può d'altronde neppure essere paragonata a quella concernente l'indennizzo o la riparazione morale previsti dalla LAV (art. 11 segg. LAV), pure suscettibile di ricorso di diritto amministrativo (
DTF 121 II 116
consid. 1). Certo, analogamente all'
art. 16 cpv. 1 LAV
, l'attuale
art. 60 cpv. 3 CP
prevede che, qualora il giudice non possa ordinare gli assegnamenti già nell'ambito della sentenza penale, ad esempio perché il risarcimento non può essere subito accertato o la persona lesa non è ancora a conoscenza della confisca, i Cantoni devono istituire una procedura semplice e rapida per decidere in merito a tali assegnamenti. Questa circostanza non è tuttavia determinante. Innanzitutto, in molti casi si potrà decidere - come è del
BGE 122 IV 365 S. 372
resto avvenuto in quello qui in esame - immediatamente, nell'ambito del connesso procedimento penale, rispettivamente, del procedimento indipendente di confisca. Va poi rilevato che, come testé illustrato, competente a decidere in merito agli assegnamenti sarà, anche in prima istanza, sempre e solo il giudice (v. invece l'
art. 17 LAV
, che prevede un'autorità giudiziaria unicamente quale ultima istanza cantonale). Da quanto esposto discende che la violazione dell'
art. 60 CP
va (preferibilmente) censurata mediante ricorso per cassazione. Tale risultato è peraltro giustificato anche da ragioni pratiche. Gli assegnamenti alla parte lesa (
art. 60 CP
) e la confisca (art. 58 seg. CP) sono misure fra loro correlate; entrambe si fondano sul diritto penale federale materiale. La loro violazione può - come nel caso in esame - essere sollevata simultaneamente nonché contemporaneamente ad altre censure proponibili senz'altro con ricorso per cassazione. In simili circostanze, appare inopportuno prevedere vie ricorsuali distinte. Motivi di semplicità e sicurezza del diritto giustificano bensì di concentrare le critiche relative all'applicazione degli
art. 58, 59 e 60 CP
in un unico rimedio giuridico: il ricorso per cassazione. Per converso, deve essere dichiarato inammissibile il ricorso di diritto amministrativo, nell'occasione inoltrato parallelamente dalla ricorrente.
c) Di principio, le decisioni fondate sugli
art. 58-60 CP
, in quanto fondate sul diritto penale federale, sono quindi suscettibili di essere impugnate mediante ricorso per cassazione federale (art. 268 cpv. 1, 269 cpv. 1 PP).
aa) Giusta l'
art. 270 cpv. 1 PP
, la facoltà di ricorrere spetta, oltre che all'accusato e all'accusatore pubblico, anche al danneggiato se era già parte nella procedura e nella misura in cui la sentenza possa influenzare il giudizio in merito alle sue pretese civili. Secondo la giurisprudenza, il danneggiato è legittimato a proporre ricorso per cassazione qualora siano adempiute le seguenti tre condizioni cumulative: egli deve aver avuto qualità di parte nell'ambito del precedente procedimento cantonale, deve aver fatto valere, nel limite del possibile, le sue pretese civili e, infine, la decisione impugnata deve essere suscettibile di influire sul giudizio concernente tali pretese (
DTF 120 IV 44
consid. 4, 5 e 6).
Il Tribunale federale ha tuttavia già avuto modo di rilevare che le condizioni testé illustrate non devono essere sempre adempiute. In questo senso, esso ha ad esempio statuito che, indipendentemente dai requisiti posti dall'
art. 270 cpv. 1 PP
, la vittima deve poter ricorrere per cassazione al Tribunale federale per far valere che le
BGE 122 IV 365 S. 373
autorità cantonali non le hanno accordato tutti i diritti conferitile dalla LAV, mentre il querelante deve poter sollevare dinanzi al Tribunale federale una pretesa violazione dell'art. 28 segg. CP (
DTF 120 IV 38
consid. 2c in fine, 44 consid. 7).
bb) Nella fattispecie, è pacifico che, in quanto danneggiata, la ricorrente era parte nella procedura penale cantonale e che, in quest'ambito, essa ha fatto valere le proprie pretese civili. Per converso, nella misura in cui essa censura la violazione degli
art. 59 e 60 CP
, non risulta che la decisione impugnata possa influenzare negativamente il giudizio relativo a tali pretese civili. In effetti, diversamente da una sentenza penale assolutoria, suscettibile di incidere negativamente sulla sussistenza o sull'estensione delle pretese civili che la persona lesa farà valere in sede civile (
DTF 120 IV 38
consid. 2c), la reiezione della richiesta tendente ad ottenere la restituzione o l'assegnazione (di parte) dei valori patrimoniali sequestrati/confiscati nell'ambito del procedimento penale concerne esclusivamente l'esistenza di un sostrato disponibile a titolo di garanzia, ossia la possibilità per la parte lesa di rifarsi del danno subito mediante i valori patrimoniali sequestrati/confiscati, ciò che non è di per sé suscettibile di pregiudicare il giudizio civile in merito alle pretese civili da essa vantate. Irrilevante è al proposito la circostanza che, quei valori essendo indisponibili, l'esecuzione di tale giudizio potrebbe rivelarsi difficoltosa. Non rientra infatti negli scopi dell'
art. 270 cpv. 1 PP
, nella versione conforme alla LAV, di facilitare al danneggiato la sua azione civile (
DTF 120 IV 38
consid. 2c; BERNARD CORBOZ, op.cit., in: SJ 1995, pag. 145 segg.).
A prescindere dalle condizioni sancite dall'
art. 270 cpv. 1 PP
, segnatamente dal requisito che la decisione impugnata sia suscettibile di influenzare negativamente il giudizio in merito alle sue pretese civili, va nondimeno ammessa la legittimazione ricorsuale della ricorrente. Nel caso concreto, è infatti ravvisabile una lacuna di legge. Secondo il diritto federale, qualora ne siano adempiute le condizioni, il giudice è tenuto a ristabilire i diritti del danneggiato mediante restituzione dei valori patrimoniali sottrattigli (
art. 59 n. 1 cpv. 1 CP
), rispettivamente, deve assegnargli, quale indennizzo per il danno subito, i valori patrimoniali confiscati o i risarcimenti ordinati (
art. 60 cpv. 1 CP
). Ora, non ha alcun senso conferire al danneggiato un diritto ad ottenere simili prestazioni se poi lo si priva della facoltà di aggravarsi contro un'asserita violazione delle relative norme legali federali. Ne consegue che alla persona lesa va riconosciuta la possibilità di ricorrere per cassazione contro la decisione
BGE 122 IV 365 S. 374
che rifiuta, a suo avviso erroneamente, la restituzione o gli assegnamenti richiesti. Nella fattispecie, può quindi essere entrato nel merito del ricorso per cassazione presentato dalla ricorrente.
cc) Dato che, giusta l'
art. 84 cpv. 2 OG
, il ricorso di diritto pubblico è ammissibile solo allorché la pretesa violazione di diritto non può essere sottoposta altrimenti al Tribunale federale, in concreto anche questo gravame, presentato a titolo cautelativo dalla ricorrente, va disatteso siccome inammissibile.
III.2.
La ricorrente censura l'applicazione errata dell'art. 59 nonché quella mancata dell'
art. 60 CP
. Essa sostiene di essere stata ingiustamente privata del risarcimento richiesto. A suo avviso, dato che le altre parti lese beneficiarie della restituzione non disponevano di alcun diritto di proprietà sui valori patrimoniali depositati sui conti bancari sequestrati, l'autorità cantonale avrebbe dovuto applicare l'
art. 60 CP
anziché l'
art. 59 CP
, con la conseguenza che anch'essa avrebbe goduto della ripartizione effettuata in tale ambito.
a) Il ricorso per cassazione può essere fondato unicamente sulla violazione del diritto federale; è riservato il ricorso di diritto pubblico per violazione di diritti costituzionali (
art. 269 PP
). La motivazione del ricorso non deve criticare accertamenti di fatto né addurre fatti nuovi né proporre eccezioni ed impugnazioni nuove (
art. 273 cpv. 1 lett. b PP
). La Corte di cassazione del Tribunale federale è vincolata dagli accertamenti di fatto dell'autorità cantonale (
art. 277bis cpv. 1 PP
).
Secondo l'insindacabile accertamento dei fatti compiuto dall'autorità cantonale, i valori patrimoniali sequestrati ai due imputati, in parte depositati su conti bancari loro intestati in parte rinvenuti direttamente nelle loro mani, sono direttamente riconducibili ai reati commessi nei confronti delle altre parti lese, cui sono stati pertanto restituiti. Per contro, i fondi provenienti dalle infrazioni realizzate nei confronti della ricorrente sono confluiti su altri conti, intestati ad un terzo imputato che sarà giudicato separatamente. La decisione in merito alla loro restituzione è stata quindi rinviata a quel processo.
b) Nelle circostanze descritte, contrariamente a quanto sostiene la ricorrente, l'autorità cantonale non ha leso l'art. 59 n. 1 cpv. 1 (in fine) CP. Nella misura in cui è stato possibile identificare chiaramente la provenienza dei valori patrimoniali sequestrati, ossia i loro movimenti, essa poteva senz'altro procedere, senza violare il diritto federale, alla loro diretta restituzione alle parti lese cui erano stati illecitamente sottratti (NIKLAUS SCHMID, op.cit., in: RPS 4/1995, pag. 340 e seg.; v. pure FF 1993 III 218). Al proposito, è irrilevante ch'essa
BGE 122 IV 365 S. 375
abbia previamente ordinato la confisca di tali valori (v.
DTF 112 IV 74
consid. 3c). Per questa ragione, è pure infondato il rimprovero, rivolto all'autorità cantonale, di aver restituito una porzione dei fondi sequestrati ad una parte lesa che non ne aveva fatto richiesta. D'altro canto, anche qualora avesse in concreto dovuto essere applicato l'
art. 60 CP
, non sarebbe comunque ravvisabile una sua lesione a scapito della ricorrente. A prescindere dal fatto che quest'ultima non può prevalersi, contrariamente alle sue asserzioni, di un accertamento giudiziario o mediante transazione delle proprie pretese di risarcimento, la sua esclusione dagli assegnamenti ordinati non violerebbe il diritto federale. In effetti, nella misura in cui i valori patrimoniali da essa rivendicati non rappresentano il prodotto di reati commessi nei suoi confronti, bensì di infrazioni compiute a danno di altre parti lese, la ricorrente non può vantare, ai sensi dell'
art. 60 CP
, alcuna pretesa sui medesimi. Diversamente da quanto essa sembra ritenere, l'
art. 60 CP
non prevede alcuna solidarietà fra le persone lese in ragione del danno subito. Ne discende che la decisione impugnata non lede il diritto federale e va pertanto confermata.
III.3.
(Spese) | mixed |
03c6973f-1802-4ee1-8ab9-8b3a608e7985 | Sachverhalt
ab Seite 352
BGE 122 I 351 S. 352
Mit Kaufvertrag vom 10. Dezember 1990 kaufte die X. AG von Z. das Grundstück Gb. Y. Parzelle... (Hofraum, Autoreparaturwerkstätte mit Ausstellungsraum und Wohnung) zum Preis von Fr. 2'550'000.--, worin ein Betrag von Fr. 350'000.-- für Mobilien und Einrichtungen sowie Werkzeuge enthalten war. Mit mehrmals korrigierten Steuerveranlagungen vom 27. Januar/14. Februar/26. Februar 1992 und definitiver Steuerrechnung vom 2. April 1992 veranlagte die Gemeindesteuerverwaltung Y. Z. für einen Liquidationsgewinn von Fr. 826'400.-- mit einer Liquidationsgewinnsteuer von Fr. 141'908.65. Z. bezahlte davon Fr. 15'500.--. Anschliessend wanderte er ohne Angabe einer Adresse aus.
Mit Pfandrechtsverfügung vom 5. Januar 1994 machte die Gemeindesteuerverwaltung Y. auf der Parzelle... ein gesetzliches Steuerpfandrecht nach Art. 223 des bis zum 31. Dezember 1994 in Kraft gewesenen Steuergesetzes vom 21. Oktober 1979 (aStG) geltend für einen Steuerbetrag von Fr. 126'408.65 zuzüglich Zins zu 7% seit 18. Februar 1991. Der Betrag errechnete sich nach dem Anteil des Verkaufserlöses auf der Liegenschaft am gesamten Liquidationsgewinn und unter Berücksichtigung der geleisteten Zahlung.
BGE 122 I 351 S. 353
Nachdem die X. AG erfolglos Einsprache bei der Steuereinsprachekommission Y. und Rekurs an die Kantonale Steuerrekurskommission erhoben hatte, focht sie die Pfandrechtsverfügung mit Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden an, welches diese mit Urteil vom 21. April 1995 abwies.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 28. Mai 1995 wegen Verletzung von
Art. 4 und 64 BV
sowie Art. 2 ÜbBest. BV beantragt die X. AG, der Entscheid des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass für die Steuerforderung kein Pfandrecht bestehe.
Im Meinungsaustausch mit der II. Zivilabteilung des Bundesgerichts anerkannte diese die Zuständigkeit der II. öffentlichrechtlichen Abteilung zur Behandlung der vorliegenden Streitigkeit.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut. Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit einer staatsrechtlichen Beschwerde von Amtes wegen und mit freier Kognition (
BGE 121 I 93
E. 1 S. 94;
BGE 120 Ia 101
E. 1 S. 102, 165 E. 1 S. 166).
a) Die staatsrechtliche Beschwerde ist nach
Art. 84 Abs. 2 OG
nur zulässig, wenn die behauptete Rechtsverletzung nicht sonstwie durch Klage oder Rechtsmittel beim Bundesgericht oder einer anderen Bundesbehörde gerügt werden kann. Erweist sich, dass ein anderes Rechtsmittel gegeben wäre, so deutet das Bundesgericht ein unrichtig bezeichnetes Rechtsmittel in das zutreffende um, sofern die dafür geltenden formellen Voraussetzungen erfüllt sind (
BGE 120 Ib 379
E. 1a S. 381, mit Hinweisen).
b) Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung der derogatorischen Kraft des Bundesrechts, indem das fragliche Grundpfandrecht nach
Art. 836 ZGB
nicht zulässig sei, weil es an der von der Rechtsprechung geforderten besonderen Beziehung zwischen Grundstück und Steuerforderung fehle. Die Zulässigkeit des Pfandrechts hängt somit von der Auslegung von
Art. 836 ZGB
ab. Es fragt sich, ob deshalb die Berufung zulässig wäre.
c) In Zivilrechtsstreitigkeiten ist die Rüge der Verletzung der derogatorischen Kraft des Bundesrechts im Rahmen der Berufung, allenfalls Nichtigkeitsbeschwerde, vorzubringen (
BGE 120 II 28
E. 3 S. 29;
BGE 119 II 183
E. 3 S. 184;
BGE 116 II 215
E. 2b S. 217, mit Hinweisen). Das Bundesgericht ist daher bisweilen ohne nähere Erörterungen auf Berufungen eingetreten, mit denen die Vereinbarkeit eines kantonalrechtlichen
BGE 122 I 351 S. 354
Steuerpfandrechts mit dem Bundeszivilrecht zur Diskussion gestellt wurde (
BGE 62 II 24
;
84 II 91
E. 1 S. 99;
110 II 236
; nicht publiziertes Urteil i.S. B. vom 9. August 1995, E. 1; gestützt auf die zit. Urteile auch JEAN-FRANÇOIS POUDRET, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire [OJ], Vol. II, Bern 1990, N. 3.1-3 zu Art. 43; ARMIN ZUCKER, Das Steuerpfandrecht in den Kantonen, Diss. Zürich 1988, S. 130 f.). In anderen Fällen ist demgegenüber das Bundesgericht - ebenfalls ohne eingehende Erörterung - auf entsprechende staatsrechtliche Beschwerden eingetreten (Urteil vom 23. April 1993 i.S. S., publiziert in ASA 62 570; nicht publiziertes Urteil i.S. S. vom 12. Juli 1973, E. 1a).
d) Die Berufung ist nach
Art. 44 und 46 OG
zulässig in Zivilrechtsstreitigkeiten. Als solche versteht die Rechtsprechung ein kontradiktorisches Verfahren zwischen zwei oder mehreren natürlichen oder juristischen Personen in ihrer Eigenschaft als Trägerinnen privater Rechte oder zwischen solchen Personen und einer Behörde, die nach Bundesrecht die Stellung einer Partei einnimmt. Voraussetzung ist ferner, dass die Parteien Ansprüche des Bundeszivilrechts erhoben haben und ebensolche objektiv streitig sind (
BGE 120 II 11
E. 2a S. 12 f., mit Hinweisen).
e) Die Steuerforderung, die durch das Pfandrecht gesichert werden soll, ist öffentlichrechtlicher Natur. Auch das Pfandrecht stützt sich auf
Art. 223 aStG
, somit auf einen öffentlichrechtlichen Erlass. Gemäss
Art. 836 ZGB
bedürfen gesetzliche Pfandrechte aus öffentlichrechtlichen Verhältnissen zu ihrer Gültigkeit keiner Eintragung. Dieser Artikel sagt nicht etwa, dass die Kantone berechtigt seien, gesetzliche Grundpfandrechte zu schaffen; vielmehr stellt er lediglich fest, dass solche gesetzlichen Pfandrechte auch neben dem Zivilgesetzbuch bestehen. Die Kompetenz der Kantone zur Einführung von Steuergrundpfandrechten ergibt sich schon aus
Art. 3 BV
und nicht erst aus
Art. 836 ZGB
, weshalb es sich dabei um einen unechten Vorbehalt handelt (
BGE 84 II 91
E. 2 S. 100 f.; Urteil des Bundesgerichts i.S. S. vom 23. April 1993, publiziert in ASA 62 570, E. 2b). Der Umstand, dass eine öffentlichrechtliche Forderung mit einem Mittel gesichert wird, das auch im Zivilrecht vorkommt, macht dieses Mittel noch nicht zu einem zivilrechtlichen (vgl.
BGE 111 Ib 150
E. 1c-e, S. 155 ff.;
BGE 108 II 490
E. 2-7). Ebensowenig wird die öffentlichrechtliche Natur des Pfandrechts dadurch beeinträchtigt, dass das Bundeszivilrecht (
Art. 836 ZGB
) seiner Zulässigkeit Grenzen setzt. Das kantonale Steuerpfandrecht ist somit als öffentlichrechtlich zu bezeichnen. Streitigkeiten um die Vereinbarkeit
BGE 122 I 351 S. 355
eines kantonalen Steuerpfandrechts mit dem Bundeszivilrecht sind deshalb nicht Zivilrechtsstreitigkeiten im Sinne der
Art. 43 ff. OG
. In Abweichung von der veröffentlichten Rechtsprechung ist daher die Berufung nicht zulässig. Die II. Zivilabteilung hat der Zuständigkeit der II. öffentlichrechtlichen Abteilung zugestimmt (
Art. 16 OG
). Das Rechtsmittel ist - wie eingereicht - als staatsrechtliche Beschwerde entgegenzunehmen.
f) Nach ständiger Rechtsprechung ist die staatsrechtliche Beschwerde, von hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen abgesehen, rein kassatorischer Natur (
BGE 120 Ia 220
E. 2b S. 222 f., mit Hinweisen). Soweit in der Beschwerde mehr verlangt wird als die Aufhebung des angefochtenen Entscheides, kann darauf nicht eingetreten werden.
2.
Gemäss
Art. 223 aStG
entsteht ein gesetzliches Pfandrecht für "alle aus der Handänderung von Grundstücken anfallenden Steuern, für die der mutmassliche Steuerertrag nicht vor Eintragung ins Grundbuch deponiert werden konnte". Nach Ansicht der Beschwerdeführerin lässt
Art. 836 ZGB
ein gesetzliches Steuerpfandrecht für Liquidationssteuern nicht zu.
Art. 223 aStG
dürfe demnach nicht so ausgelegt werden, dass für die fragliche Steuer ein Pfandrecht bestehe.
a) Wie vorne (E. 1e) dargelegt, können die Kantone öffentlichrechtliche, unmittelbar gesetzliche Pfandrechte einführen, doch darf das kantonale öffentliche Recht gemäss
Art. 6 ZGB
das Bundesprivatrecht nicht vereiteln oder gegen seinen Sinn und Zweck verstossen (vgl.
BGE 120 Ia 89
E. 2b S. 90, 299 E. 2c/aa S. 303;
BGE 119 Ia 59
E. 2b S. 61, je mit Hinweisen). Nach der Praxis des Bundesgerichts sind deshalb unmittelbar gesetzliche Steuerpfandrechte des kantonalen Rechts nur zulässig für Steuerforderungen, die eine besondere Beziehung zum belasteten Grundstück aufweisen (
BGE 110 II 236
E. 1 S. 237 f.;
BGE 84 II 91
E. 2b S. 102 f.;
BGE 62 II 24
S. 29). Zulässig sind solche Pfandrechte namentlich für Grundstückgewinnsteuern (
BGE 106 II 81
E. 2c S. 89;
BGE 85 I 32
E. 3 S. 38;
BGE 84 II 91
E. 2b S. 102 f.; zit. Urteil vom 9. August 1995, E. 3a; Urteil des Bundesgerichts i.S. S. vom 23. April 1993, publiziert in ASA 62 570 E. 2b; vgl. auch
BGE 112 II 322
E. 3 S. 325), nicht aber für allgemeine Vermögenssteuern (
BGE 84 II 91
E. 2b S. 103;
BGE 62 II 24
, S. 29) und Kapitalsteuern von juristischen Personen, auch dann nicht, wenn das Grundstück, das mit einem Pfandrecht belastet werden soll, das einzige Aktivum der juristischen Person ist (
BGE 110 II 236
E. 2 S. 238 f.). Unzulässig ist ferner ein Pfandrecht für die Steuer auf dem Gewinn einer
BGE 122 I 351 S. 356
Aktiengesellschaft aus Immobilienverkauf, soweit diese Steuer zusätzlich zur ordentlichen Grundstückgewinnsteuer erhoben wird (zit. Urteil vom 9. August 1995, E. 3). In einem nicht publizierten Entscheid i.S. S. vom 12. Juli 1973 hat das Bundesgericht ein waadtländisches Steuerpfandrecht für den aus einem Liegenschaftsverkauf resultierenden Gewinn für zulässig erklärt, der anlässlich der Liquidation einer Aktiengesellschaft im Rahmen der ordentlichen Gewinnsteuer veranlagt wurde. In zwei weiteren Entscheiden hat das Bundesgericht ein Pfandrecht zur Sicherung von Liquidationsgewinnsteuern auf staatsrechtliche Beschwerden hin geschützt (nicht veröffentlichte Urteile des Bundesgerichts i.S. B. vom 31. März 1995 und i.S. N. vom 11. März 1985), wobei jedoch die Frage der Vereinbarkeit mit
Art. 836 ZGB
mangels entsprechender Rügen nicht zu prüfen war.
b) Das Obwaldner Steuergesetz unterscheidet für natürliche Personen zwischen der Einkommenssteuer (Erster Teil, zweiter Abschnitt, Art. 18-42a) und der Grundstückgewinnsteuer (Erster Teil, dritter Abschnitt, Art. 43-53). Dabei werden jedoch, wie in der Mehrzahl der Kantone (vgl. ERNST HÖHN, Steuerrecht, 7. A. 1993, S. 429 f.), der besonderen Grundstückgewinnsteuer nur Grundstückgewinne auf Privatvermögen unterstellt (
Art. 44 Abs. 1 aStG
), während die hier zur Diskussion stehende Steuer auf einem Gewinn aus Veräusserung von Geschäftsvermögen als allgemeine Einkommenssteuer gemäss
Art. 20 Abs. 2 aStG
erhoben wird. Das Verwaltungsgericht hat erwogen, dass trotz dieser gesetzlichen Systematik auch bei der Steuer auf Liquidationsgewinnen, die sich aus der Veräusserung von Geschäftsliegenschaften ergeben, eine besondere Beziehung zum Grundstück bestehe und demzufolge eine unterschiedliche Behandlung zur Grundstückgewinnsteuer auf Privatvermögen nicht gerechtfertigt wäre. Die Beschwerdeführerin geht demgegenüber aufgrund der gesetzlichen Systematik davon aus, dass die Liquidationsgewinnsteuer eine allgemeine Steuer sei, die sich nicht auf einzelne Objekte beziehe, sondern alle stillen Reserven besteuere und nicht nur die speziell auf Grundstücken realisierten; das Steuerpfandrecht sei deshalb dafür nicht zulässig.
c) Die hier zur Diskussion stehende Liquidationsgewinnsteuer ist eine allgemeine Steuer; sie wird, auch wenn sie auf Gewinnen auf Geschäftsliegenschaften erhoben wird, nicht - wie die Grundstückgewinnsteuer (
Art. 45 aStG
) - im Zeitpunkt der Veräusserung begründet, sondern im Zeitpunkt der Geschäftsaufgabe. Nach herrschender Lehre kann jedoch auch für allgemeine Steuern, soweit sie
BGE 122 I 351 S. 357
Grundstücke betreffen, das Steuerpfandrecht geltend gemacht werden, wobei der auf das Pfandgrundstück entfallende Anteil der Steuer ausgeschieden werden muss (BLUMENSTEIN/LOCHER, System des Steuerrechts, 5. A. Zürich 1995, S. 267 f.; TONI HESS, Das gesetzliche Steuerpfandrecht des bündnerischen Einführungsgesetzes zum Zivilgesetzbuch, ZGRG 1994, S. 89-105/116-129, 93 f.; CHRISTIAN MATTLI, Die gesetzlichen Grundpfandrechte des kantonalen Rechts unter besonderer Berücksichtigung des bündnerischen Rechts, Diss. Basel 1992, S. 66 ff.; SIGIS RAGETH, Das gesetzliche Pfandrecht auf Wertzuwachssteuern, ZGRG 1987, S. 66-70, 67; HANS MICHAEL RIEMER, Die beschränkten dinglichen Rechte, Bern 1986, S. 93; ANDREA PEDROLI, L'ipoteca legale per crediti d'imposta, RDAT 1995 I, S. 529-564, 535; WALTER RYSER/BERNARD ROLLI, Précis de droit fiscal suisse, 3. A. Bern 1994, S. 421 f.; ZUCKER, a.a.O., S. 35). Die meisten Autoren äussern sich nicht ausdrücklich zur Frage, ob das auch gilt für Liquidationsgewinne auf Geschäftsliegenschaften; diejenigen, die sich dazu äussern, sind sich nicht einig (bejahend HESS, a.a.O., S. 94; SIGIS RAGETH, Kommentar rund um das gesetzliche Pfandrecht, Der Schweizer Treuhänder 65/1991, S. 37-40, 37 f., beide mit Hinweis auf das zit. Urteil des Bundesgerichts vom 11. März 1985; verneinend Zucker, a.a.O., S. 41).
d) Die Rechtfertigung des Steuerpfandrechts ergibt sich daraus, dass die Steuerforderung eine besondere Beziehung zum belasteten Grundstück aufweist (vorne E. 2a). Es genügt nicht, dass die Steuer von einem Steuerpflichtigen erhoben wird, der Eigentümer eines Grundstücks ist oder mit Hilfe eines Grundstücks eine gewinnbringende Tätigkeit ausübt. Als Kriterium für die Beurteilung, ob die Steuer eine besondere Beziehung zum Grundstück aufweist, kann darauf abgestellt werden, ob die Steuer ihre Grundlage ausschliesslich in der Tatsache des Grundeigentums hat oder von Faktoren abhängt, die ausserhalb dieser Tatsache liegen (ZUCKER, a.a.O., S. 36). Ob sie formell und gesetzessystematisch unter den allgemeinen Steuern oder unter speziellen Steuern aufgeführt ist, kann dabei keine Rolle spielen. Wesentlich ist bei der Besteuerung eines Gewinnes vielmehr, ob dieser auf die Wertsteigerung des Grundstücks zurückgeht. Ist das der Fall, dann kann die Steuer pfandgesichert werden, unabhängig davon, ob sie als besondere Grundstückgewinnsteuer ausgestaltet oder im Rahmen der ordentlichen Einkommens- oder Gewinnsteuer erhoben wird. Soweit hingegen ein Gewinn nicht bloss auf die Wertsteigerung des Grundstücks, sondern auf andere Faktoren zurückzuführen ist, liegt keine besondere Beziehung zum
BGE 122 I 351 S. 358
Grundstück vor, so dass insoweit die allgemeine Einkommenssteuer nicht pfandgesichert werden kann. Werden bei der Liquidation eines Geschäfts stille Reserven auf Geschäftsliegenschaften realisiert und besteuert, so ist demzufolge zu unterscheiden: soweit die stillen Reserven darauf zurückzuführen sind, dass die Liegenschaft eine Wertsteigerung - zum Beispiel infolge der konjunkturellen Entwicklung - erfahren hat, darf der entsprechende Steuerbetrag pfandgesichert werden. Soweit hingegen die stillen Reserven beispielsweise darauf zurückgehen, dass auf der Liegenschaft zu Lasten des allgemeinen Geschäftsgewinns Abschreibungen vorgenommen wurden, oder einen Gegenwert von Arbeitsleistungen des Steuerpflichtigen darstellen, ist für den entsprechenden Steuerbetrag kein Steuerpfandrecht zulässig. Um das Pfandrecht geltend machen zu können, muss daher der Anteil der Steuer, der auf die Wertsteigerung zurückzuführen ist, ausgeschieden werden.
e) Vorliegend erfolgte die Veranlagung des totalen Liquidationsgewinns von Fr. 826'400.-- am 26. Februar 1992 unter Berücksichtigung des hauptsächlichen Postens "Betriebsgewinn 90/91" von Fr. 757'726.-- und unter Aufrechnung verschiedener Rückstellungen und Gewinne, mithin ohne eine besondere Beziehung zum verkauften Grundstück zu erwähnen. Erst in der Pfandrechtsverfügung vom 5. Januar 1994 wurde auf den Grundstückverkauf Bezug genommen, indem der Gewinn wie folgt berechnet wurde:
Kaufpreis für Parzelle (exkl. Inventar) Fr. 2'200'000.--
./. Buchwert der Liegenschaft per 31.12.89 Fr. 1'433'842.80
Total Verkaufserlös Fr. 766'157.20
Diese Berechnungsart stellt nicht sicher, dass nur der auf die Wertsteigerung der Liegenschaft zurückgehende Betrag mit einem Pfandrecht belastet wird. Zulässig wäre ein Pfandrecht für die Steuer auf demjenigen Gewinn, der sich aus der Differenz zwischen Veräusserungserlös und Anlagekosten der Liegenschaft (Erwerbspreis zuzüglich wertvermehrende Aufwendungen) ergibt. Der Buchwert einer Liegenschaft im Geschäftsvermögen, auf den vorliegend die kantonalen Behörden abgestellt haben, ist jedoch häufig tiefer als die Anlagekosten, weil er daraus resultiert, dass zu Lasten des Geschäftsgewinnes Abschreibungen auf der Liegenschaft vorgenommen worden sind. Insoweit werden durch den Verkauf der Geschäftsliegenschaft stille Reserven realisiert, die nicht auf eine besondere Beziehung zum Grundstück zurückzuführen sind. Aus den bei den Akten liegenden Buchhaltungsunterlagen für die Jahre
BGE 122 I 351 S. 359
1987-1989 geht hervor, dass Z. effektiv Abschreibungen auf der Liegenschaft vorgenommen hat. Soweit die Steuerforderung sich daraus ergibt, dass auf den Buchwert statt auf die Anlagekosten abgestellt wurde, ist daher das Pfandrecht nicht zulässig.
f) Unter diesen Umständen kann der von der Steuerverwaltung mit der Pfandrechtsverfügung geltend gemachte Gewinn jedenfalls nicht vollumfänglich als Gewinn betrachtet werden, der im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung eine besondere Beziehung zum Grundstück aufweist. Soweit mit dem Pfandrecht auch der über den Mehrwert des Grundstücks hinaus gehende Teil der Steuerforderung gesichert werden soll, erweist sich der angefochtene Entscheid als bundesrechtswidrig. Kann der auf den reinen Grundstückmehrwert entfallende Anteil nicht mit hinreichender Genauigkeit festgestellt werden, so ist es nicht zulässig, den gesamten Steuerbetrag dem Pfandrecht zu unterstellen, da
Art. 836 ZGB
und kantonale Steuernormen, welche ein Pfandrecht festlegen, mit Rücksicht auf die Interessen von Drittgläubigern und Grundstückerwerbern auszulegen sind (HANS HUBER, Berner Kommentar zum Zivilgesetzbuch, 3. A. 1962, Rz. 98 zu Art. 6; PETER LIVER, Berner Kommentar zum Zivilgesetzbuch, 3. A. 1962, Rz. 13 zu Art. 5; MARKUS LÖTSCHER, Das Grundstück als Gegenstand von Grundpfandrechten, Diss. Freiburg 1988, S. 66; GABRIEL RUMO, Die Liegenschaftsgewinn- und die Mehrwertsteuer des Kantons Freiburg, Diss. Freiburg 1993, S. 348; TUOR/SCHNYDER/SCHMID, Das schweizerische Zivilgesetzbuch, 11. A. Zürich 1995, S. 825 f.; ZUCKER, a.a.O., S. 25 ff.). Es ist Sache der Steuerbehörden, den entsprechenden Anteil aufgrund der ihnen zur Verfügung stehenden Unterlagen zu schätzen. Aufgrund der vorliegenden Akten kann nicht beurteilt werden, wie gross dieser Anteil am gesamten Steuerbetrag ist. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist daher aufzuheben. Es bleibt den kantonalen Behörden unbenommen, im Sinne der Erwägungen eine neue oder geänderte Pfandrechtsverfügung für den Teil der Steuerforderung zu erlassen, für den das Pfandrecht mit dem Bundesrecht vereinbar ist. | mixed |
1330270e-33c8-4a62-98b6-dad854e211aa | Sachverhalt
ab Seite 370
BGE 118 II 369 S. 370
Par requête de mesures provisionnelles du 14 septembre 1991, l'Eglise de Scientologie de Lausanne a demandé à la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois d'interdire aux Editions Sélection du Reader's Digest (ci-après: l'intimée) d'éditer et distribuer en Suisse tout ou partie d'un article déjà paru dans l'édition du 6 mai 1991 du "Time Magazine" et intitulé "Scientology, A Dangerous Cult Goes Mainstream". Elle invoquait le caractère diffamatoire et mensonger de cet article. Le juge instructeur de la cour a fait droit, en urgence, à la requête. L'intimée ayant toutefois passé outre à l'interdiction et envoyé son magazine aux abonnés suisses, la requérante a aussitôt demandé que l'intimée soit astreinte à publier un rectificatif. Par ordonnance du 25 novembre 1991, le juge a rejeté les requêtes de mesures provisionnelles de l'Eglise de Scientologie de Lausanne.
BGE 118 II 369 S. 371
Celle-ci a fait appel de cette décision et maintenu sa demande de rectificatif, dont elle a précisé la teneur.
Contre l'arrêt de la Cour civile du 5 mai 1992 rejetant cet appel, l'Eglise de Scientologie de Lausanne a formé un recours de droit public auprès du Tribunal fédéral. Invoquant une violation de l'
art. 4 Cst.
dans l'application de l'
art. 28c CC
, elle a conclu à l'annulation de l'arrêt attaqué. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours dans la mesure où il était recevable. Erwägungen
Extrait des considérants:
1.
Aux termes de l'
art. 87 OJ
, le recours de droit public qui a pour objet la violation du seul
art. 4 Cst.
n'est recevable que contre les décisions finales prises en dernière instance; il n'est recevable contre des décisions incidentes que s'il en résulte un dommage irréparable pour l'intéressé.
Le Tribunal fédéral considère comme finale la décision sur mesures provisoires. Lorsqu'il laisse la question indécise, il admet qu'un dommage irréparable est à craindre si la mesure prise pour la durée d'un procès devient caduque en raison du prononcé sur le fond et ne peut être attaquée avec lui, n'en constituant dès lors pas une étape (
ATF 108 II 71
consid. 1,
ATF 103 II 122
consid. 1 et les arrêts cités). Le dommage en tant que condition de recevabilité du recours de droit public diffère du préjudice en tant que condition de fond de la protection juridique provisoire: ce n'est pas une atteinte à la situation juridique matérielle du recourant, mais l'impossibilité du contrôle constitutionnel par le Tribunal fédéral; le dommage juridique nécessaire, c'est donc le risque d'une atteinte à la position juridique du justiciable quant aux voies de droit à sa disposition (
ATF 116 Ia 447
et les arrêts cités). Le Tribunal fédéral ne doit certes être saisi qu'une fois, mais seulement s'il pourra examiner avec le jugement au fond telle décision qui l'aura précédé (cf. MESSMER/IMBODEN, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, Zurich 1992, p. 195 et les références, spéc. note 23; HANS MARTI, Die staatsrechtliche Beschwerde, 4e éd., 1979 p. 98).
Tel n'est pas le cas en l'espèce, et le recours est donc en principe recevable. Au demeurant, les conditions de la mesure provisoire et celles du prononcé sur le fond ne sont pas identiques, même si le contenu de la rectification demandée ne varie pas. Les premières ne
BGE 118 II 369 S. 372
sont d'ailleurs pas moins rigoureuses en tous points et le procès ouvert peut durer longtemps.
4.
a) Les juridictions cantonales et les parties admettent qu'après la parution de l'article contesté la recourante a demandé au juge d'ordonner la publication d'un texte qui constitue réellement un rectificatif. En effet, le droit de réponse de l'
art. 28g CC
permet à la personne touchée dans sa personnalité par la présentation de faits qui la concernent d'obliger l'entreprise de médias à caractère périodique qui l'a donnée à diffuser gratuitement, par le même canal, sa propre version des faits; il doit pouvoir s'exercer, sauf refus injustifié, sans intervention judiciaire; il ne suppose pas l'illicéité de l'atteinte (PIERRE TERCIER, Le nouveau droit de la personnalité, p. 175 No 1295; DESCHENAUX/STEINAUER, Personnes physiques et tutelle, 2e éd. 1986, p. 176/177 No 680;
ATF 117 II 1
et 115,
ATF 115 II 113
,
ATF 114 II 385
et 388,
ATF 112 II 465
; cf. aussi, parmi les décisions cantonales, SJ 1989 p. 63, RVJ 1989 p. 160). La réponse s'oppose donc à la présentation de faits, objet de la preuve, dont se distingue l'expression d'un jugement de valeur ou d'une opinion, qui reposent sur une appréciation subjective (DESCHENAUX/STEINAUER, op.cit., p. 180 nos 689/690) et ne peuvent qu'être rectifiés.
Une mesure provisionnelle ne saurait être ordonnée qu'en présence d'un préjudice impossible à détourner autrement, sans quoi elle paraîtrait disproportionnée. Il s'ensuit qu'une rectification par voie de mesures provisoires n'est en principe recevable que si les conditions du droit de réponse ne sont pas remplies; elle l'est dans le cas contraire (TERCIER, op.cit., p. 175 Nos 1296 à 1298; DESCHENAUX/STEINAUER, op.cit., p. 177 no 681; ANDREAS BUCHER, Personnes physiques et protection de la personnalité, 2e éd. 1982, p. 174 No 643; cf. sous l'ancien droit les
ATF 107 Ia 283
-285 et
ATF 104 II 5
, lequel relève qu'une rectification ordonnée par le juge peut avoir un impact plus grand qu'une réponse du lésé).
Certes, il est parfois malaisé de distinguer la présentation de faits d'une part, le jugement de valeur, la simple expression d'une opinion et le commentaire d'autre part (
ATF 114 II 387
/388 et les références). Mais tel n'est pas le cas en l'espèce, de l'avis des juridictions cantonales et des parties (du moins devant le Tribunal fédéral pour l'intimée), qui admettent aussi la périodicité de l'entreprise de médias.
La recourante, en revanche, conteste que l'
art. 28c al. 3 CC
soit applicable.
b) Cet argument est nouveau. Le juge instructeur déjà, en termes exprès et clairs, avait fondé sa décision sur l'
art. 28c al. 1 et 3 CC
.
BGE 118 II 369 S. 373
Dans son mémoire d'appel, la recourante s'est placée sur le même terrain. Exerçant son droit à la rectification à l'encontre d'une entreprise de médias à caractère périodique, elle y prétend que la mesure n'est "pas disproportionnée" par rapport à la "gravité incontestable" du préjudice causé et qu'elle est habilitée à intervenir immédiatement dans le cadre d'une action en "cessation de trouble": toutes expressions qui se réfèrent à l'al. 3, dont l'applicabilité n'est pas discutée (ce qui a conduit l'intimée à l'appel à se borner à rappeler que la cause relevait de l'
art. 28c al. 3 CC
uniquement). Nouveau, l'argument du recours de droit public sur ce point est donc irrecevable.
c) Fût-il recevable, qu'il serait mal fondé, du moins dans une procédure de mesures provisionnelles examinée céans sous le seul angle de l'arbitraire. Lesdites mesures doivent avoir un lien avec la procédure au fond, dont elles sont l'accessoire (OSCAR VOGEL, Probleme des vorsorglichen Rechtsschutzes, RSJ 1980 p. 93). Il convient donc d'interpréter l'
art. 28c al. 3 CC
dans le cadre, non seulement des deux premiers alinéas, mais aussi de l'
art. 28a CC
. Au reste, les expressions utilisées imposent ces références.
Selon l'
art. 28c al. 3 CC
, le juge ne peut interdire ou faire cesser à titre provisionnel une atteinte portée par les médias à caractère périodique que si elle est propre à causer un préjudice particulièrement grave, si sa justification ne semble manifestement pas donnée et si la mesure ne paraît pas disproportionnée: ces trois conditions sont cumulatives. Les deux mesures prévues s'inscrivent dans le cadre de l'al. 2, où elles sont mentionnées à titre d'exemples ("notamment"). Il s'agit de savoir si elles comprennent la "rectification" ("Berichtigung", "rettificazione").
Selon l'
art. 28a CC
, le demandeur dispose de trois actions défensives (al. 1) et de prétentions en réparation (al. 3). Il peut requérir le juge d'interdire une atteinte illicite si elle est imminente (tel n'était plus le cas en l'espèce après la publication de l'article malgré l'interdiction urgente), de la faire cesser si elle dure encore, enfin d'en constater le caractère illicite si le trouble qu'elle a créé subsiste. L'al. 2 de la disposition en déduit "en particulier" la possibilité de publier ou communiquer à des tiers une rectification.
La rectification est donc une modalité des conclusions que peut prendre le demandeur, en relation avec chacune des trois actions défensives, mais plus spécialement - comme avant la révision - un moyen approprié de faire cesser l'atteinte (Message du CF, FF 1982 II 686; TERCIER, op.cit., p. 136 Nos 999 et 1000; DESCHENAUX/STEINAUER, op.cit., p. 155 No 601 et p. 175 No 676; OLIVIER RODONDI,
BGE 118 II 369 S. 374
Le droit de réponse dans les médias, thèse Lausanne 1991, p. 43/44). Elle peut même assumer une fonction réparatrice (PEDRAZZINI/OBERHOLZER, Grundriss des Personenrechts, 3e éd. 1989, p. 156). C'est une mise au point en vue de réduire, voire supprimer, le trouble laissé par un article auprès des destinataires, une atteinte qui existe toujours et doit être écartée, le cas échéant, le plus rapidement possible. Ce moyen de défense était déjà admis sous l'ancien droit (
ATF 106 II 101
consid. 4,
ATF 104 II 2
/3,
ATF 103 II 166
,
ATF 100 II 180
consid. 6 et les arrêts cités).
Il le fut déjà au titre d'une mesure provisoire destinée à faire cesser l'atteinte (
ATF 107 Ia 277
ss, spéc. p. 282 ss; cf. RSJ 1988 p. 421 No 69 et ZR 1988 p. 26 No 10 et p. 203 No 90). En l'absence d'un droit de réponse institué par le droit cantonal, l'
art. 28 CC
autorisait qu'une rectification immédiate fût ordonnée, lorsque c'est le seul moyen de limiter le dommage causé par une atteinte vraisemblablement illicite aux intérêts personnels du lésé (ATF précité p. 283 consid. c/aa; cf. PETER JÄGGI, Fragen des privatrechtlichen Schutzes der Persönlichkeit, RDS 1960 p. 255a; MAX KUMMER, Der zivilprozessrechtliche Schutz des Persönlichkeitsrechtes, RJB 1967 p. 111; HANS MICHAEL RIEMER, Persönlichkeitsschutz und Presse, in Die Verantwortlichkeit im Recht, I Zurich 1981, p. 233; PIERRE ENGEL, Protection de la personnalité, 1985, p. 17).
Il n'est pas insoutenable de maintenir cette jurisprudence, appuyée par la doctrine, dans le nouveau droit (cf. BUCHER, loc.cit.). En effet, les art. 28a al. 1 et 28c al. 2 usent des mêmes termes: faire cesser l'atteinte qui subsiste, et la seconde disposition contient une énumération non exhaustive des mesures à prendre.
Pour la même raison de texte, jointe à l'interprétation de l'
art. 28a al. 2 CC
, l'on ne saurait taxer d'arbitraire l'opinion des juridictions cantonales qui ont admis l'applicabilité de l'
art. 28c al. 3 CC
à la demande de rectification par voie de mesures provisionnelles (cf. TERCIER, op.cit., p. 155 No 1151, p. 157 No 1167, p. 175 Nos 1294 et 1298; DESCHENAUX/STEINAUER, op.cit., p. 177 No 681: si le droit de réponse n'est pas donné, parce qu'il ne s'agit pas seulement de faits; BUCHER, loc.cit.). Il n'est certes pas incompréhensible que l'on veuille restreindre l'application de la disposition en jeu au stade de la recherche des informations, puis de leur diffusion. Si la note 1151 de TERCIER n'est pas parfaitement claire, car l'auteur évoque aussi la cessation de l'atteinte et rappelle la relation rectification/droit de réponse, il est assez manifeste que le message du Conseil fédéral entendait surtout éviter la censure judiciaire (FF 1982 II 690/691).
BGE 118 II 369 S. 375
Mais s'il existe un doute, voire une interprétation préférable contre le texte apparemment large de la loi, celle des juridictions vaudoises n'en devient pas pour autant arbitraire (cf.
ATF 117 Ia 106
consid. b, 122 consid. 1b, 139 consid. c et les arrêts cités). Au demeurant, la cour de céans a constaté que, dans la genèse de la révision de la loi, on a admis tant la voie des mesures provisionnelles que l'application de l'
art. 28c al. 3 CC
(
ATF 117 II 117
/118). | mixed |
137cc689-23ff-41b0-924f-274615a5e670 | Sachverhalt
ab Seite 40
BGE 122 I 39 S. 40
Le 1er juillet 1994, X. et Y., enseignants dans un cycle d'orientation sans être au bénéfice d'une formation universitaire, ont notamment demandé au Conseil d'Etat du canton du Valais de constater dans une décision formelle susceptible de recours que la différence salariale existant entre les maîtres possédant un titre universitaire et ceux n'en possédant pas violait le principe de l'égalité de traitement.
Par lettres des 23 novembre 1994 et 12 janvier 1995, le Conseil d'Etat a informé X. et Y. qu'il ne lui appartenait pas de prendre la décision demandée. La compétence de fixer le traitement salarial des maîtres du cycle d'orientation incombait en effet au législateur cantonal qui en avait fait usage en édictant un décret prévoyant expressément une distinction salariale selon que l'enseignant possédait ou non un titre universitaire.
X. et Y. ont recouru à l'encontre des deux lettres précitées auprès de la Cour de droit public du Tribunal cantonal du canton du Valais. Ils ont principalement conclu à leur annulation et au renvoi de l'affaire au Conseil d'Etat pour décision sur le fond. Subsidiairement, ils ont demandé au Tribunal cantonal de constater que les différences salariales invoquées étaient contraires au principe de l'égalité de traitement et de leur allouer des arriérés de salaire dès le 1er juillet 1989 de même qu'un salaire égal à celui d'un maître bénéficiant d'un titre universitaire dès le 1er juillet 1994.
Par arrêt du 10 avril 1995, le Tribunal cantonal a constaté que le litige avait trait au décret cantonal précité qui prévoyait que les difficultés résultant de son application devait être tranchées par le Département cantonal de l'instruction publique, sous réserve de recours auprès du Conseil d'Etat. Ce dernier aurait dès lors dû transmettre l'affaire à ce département comme objet de sa compétence. Les conclusions principales du recours demandant le renvoi de l'affaire au Conseil d'Etat devaient dès lors être rejetées et les conclusions subsidiaires, étrangères à l'objet du litige, devaient être considérées comme irrecevables. La cause était par ailleurs transmise au Département de l'instruction publique comme objet de sa compétence. Il n'était en outre pas perçu de frais judiciaires afin de tenir compte de l'omission du Conseil d'Etat et aucune indemnité à titre de dépens n'était allouée aux recourants.
BGE 122 I 39 S. 41
Agissant par la voie du recours de droit public pour violation de l'
art. 4 Cst.
, X. et Y. demandent au Tribunal fédéral d'annuler l'arrêt rendu le 10 avril 1995 par le Tribunal cantonal. Invoquant la violation de l'interdiction du déni de justice formel et matériel, ils affirment que c'est à tort que l'autorité intimée a rejeté leur recours et refusé de leur allouer des dépens.
Le Tribunal fédéral a déclaré le recours irrecevable. Erwägungen
Extrait des considérants:
1.
Le Tribunal fédéral examine d'office et librement la recevabilité des recours qui lui sont soumis (
ATF 121 I 279
consid. 1 p. 281 et la jurisprudence citée).
a) Le présent recours étant fondé exclusivement sur l'
art. 4 Cst.
, sa recevabilité doit notamment être examinée au regard de l'
art. 87 OJ
. Selon cette dernière disposition, le recours de droit public pour violation de l'
art. 4 Cst.
n'est recevable qu'à l'encontre des décisions finales prises en dernière instance; il n'est recevable contre des décisions incidentes prises en dernière instance que s'il en résulte un dommage irréparable pour l'intéressé. Cette limitation de la possibilité d'attaquer des décision incidentes prises en dernière instance n'a cependant pas une valeur absolue. Font exception les décisions relatives à des questions d'organisation judiciaire qui par nature doivent être définitivement réglées avant que le procès puisse se poursuivre. On y inclut notamment les décisions en matière de composition du tribunal ou celles en matière de compétence ratione loci ou ratione materiae (
ATF 117 Ia 396
consid. 2 p. 399 et les références citées).
aa) Il faut considérer comme une décision finale au sens de l'
art. 87 OJ
toute décision qui clôt une procédure, sous réserve de recours à une autorité supérieure, que ce soit par un jugement au fond ou pour des motifs de procédure. Les décisions incidentes en revanche ne mettent pas fin à la procédure mais représentent seulement une étape sur la voie de la décision finale, peu importe qu'elles aient pour objet une question de procédure ou, à titre préalable, une question de droit matériel. A cet égard, le prononcé par lequel une autorité cantonale de recours renvoie une affaire, pour nouvelle décision, à une autorité qui a statué en première instance ou à une autre autorité est une décision incidente. Il s'agit en effet d'une simple étape avant la décision finale qui doit mettre un terme à la procédure (
ATF 117 Ia 396
consid. 1 p. 398 et les arrêts cités). Lorsque l'autorité de recours statue simultanément sur les dépens de la procédure
BGE 122 I 39 S. 42
suivie devant elle, ce prononcé accessoire doit aussi être considéré comme une décision incidente, alors même qu'il porte sur des prétentions qui ne seront plus en cause par la suite (cf.
ATF 117 Ia 251
consid. 1a p. 253 et les références citées). Du reste, on ne peut généralement pas vérifier la répartition des frais procéduraux sans examiner aussi, à titre préjudiciel, le bien-fondé de la décision de renvoi. Cet examen ne peut cependant intervenir que si cette dernière décision entraîne un préjudice irréparable; s'il en allait autrement, le Tribunal fédéral pourrait en effet être amené à vérifier indirectement, par le biais des recours dirigés contre la répartition des frais, la constitutionnalité de toutes les décisions incidentes. Cela ne correspondrait pas au but de l'
art. 87 OJ
qui veut que le Tribunal fédéral ne s'occupe en principe qu'une seule fois d'un procès et seulement lorsqu'il est certain que le recourant a subi un dommage définitif (
ATF 117 Ia 251
consid. 1b p. 254,
ATF 106 Ia 229
consid. 3d p. 235).
Dans le cas particulier, il est manifeste que l'arrêt attaqué est une décision incidente, tant dans son prononcé principal renvoyant la cause au Département de l'instruction publique, que dans celui accessoire portant sur les frais et dépens. Il faut dès lors examiner si cet arrêt cause un dommage irréparable aux recourants.
bb) Un préjudice irréparable n'est réalisé que lorsque l'intéressé subit un dommage qu'une décision favorable sur le fond ne fait pas disparaître complètement; le dommage doit en outre être de nature juridique, un inconvénient seulement matériel, résultant par exemple de l'allongement de la procédure, est insuffisant (
ATF 117 Ia 251
consid. 1b p. 253-254 et les arrêts cités). En principe, la décision par laquelle une juridiction de recours annule un jugement et renvoie l'affaire à une autorité inférieure pour nouvelle décision constitue une décision incidente qui n'entraîne pour l'intéressé aucun dommage irréparable (
ATF 117 Ia 396
consid. 1 p. 398-399 et la jurisprudence citée). Il en va de même en ce qui concerne le prononcé sur les frais et dépens. En effet, si l'autorité à laquelle la cause est renvoyée prend une décision défavorable pour l'intéressé, la décision concernant les frais et dépens pourra être attaquée devant le Tribunal fédéral, après épuisement des instances cantonales, en même temps que la décision sur le fond. En outre, si les intéressés n'ont plus d'intérêt juridiquement protégé à recourir sur le fond car l'une des autorités cantonales a statué entièrement en leur faveur ou que la procédure cantonale a été rayée du rôle comme devenue sans objet ou par l'effet d'un retrait de recours, ils peuvent encore s'en prendre au prononcé sur les
BGE 122 I 39 S. 43
frais et dépens, celui-là les touchant personnellement et directement dans leurs intérêts, par un recours de droit public auprès du Tribunal fédéral dirigé directement contre la décision de l'autorité cantonale inférieure (
ATF 117 Ia 251
consid. 1b p. 254-255 et les arrêts cités).
Dans le cas particulier et compte tenu de cette jurisprudence, les recourants pourront attaquer le prononcé sur les dépens contenu dans l'arrêt entrepris en même temps que la décision au fond et former, au besoin, un recours de droit public auprès du Tribunal fédéral après l'épuisement des instances cantonales. Par ailleurs, si l'issue de la procédure cantonale devait les priver d'un intérêt à recourir sur le fond, ils pourraient encore former directement un recours de droit public auprès du Tribunal fédéral pour lui demander uniquement d'examiner le refus de l'autorité intimée de leur allouer des dépens.
cc) Il n'y a aucun motif, et les recourants ne le prétendent d'ailleurs pas, de s'écarter de la jurisprudence précitée. Il n'y a en particulier pas lieu de traiter différemment, ainsi que le propose PETER LUDWIG (cf. Endentscheid, Zwischenentscheid und Letztinstanzlichkeit im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren, RJB 110/1974 p. 161 ss, n. 4.3 p. 180-181), le cas dans lequel le grief d'arbitraire est dirigé contre le prononcé sur les dépens pour des motifs indépendants de la décision incidente de renvoi. Il serait du reste difficile de distinguer ce cas de celui où la question des frais et dépens ne peut être dissociée du fond.
b) Au vu de ce qui précède, il faut constater que l'arrêt attaqué ne cause aux recourants aucun dommage irréparable au sens de l'
art. 87 OJ
, ni en renvoyant la cause au Département de l'instruction publique pour décision sur le fond, ni en refusant de leur allouer des dépens. Le présent recours doit par conséquent être déclaré irrecevable. | mixed |
246c3d02-be05-4a44-8adf-18cde7dd1785 | Sachverhalt
ab Seite 42
BGE 123 I 41 S. 42
§ 15 des zürcherischen Unterrichtsgesetzes vom 23. Dezember 1859 (UG) legt fest, dass jeder Bezirk mindestens eine Bezirksschulpflege hat. Nach § 16 UG zählt jede Bezirksschulpflege mindestens 13 Mitglieder. Im übrigen bestimmt der Regierungsrat die Zahl der Mitglieder nach Massgabe des Bedürfnisses. Gemäss § 17 UG werden ein Fünftel der Mitglieder der Bezirksschulpflege durch die Schulkapitel oder deren Abteilungen, die übrigen Mitglieder durch die Stimmberechtigten des Bezirks gewählt.
Bisher betrug die Mitgliederzahl der Bezirksschulpflegen je nach Bezirk zwischen 19 und 155, insgesamt im ganzen Kanton 662. Mit Beschluss vom 25. September 1996 setzte der Regierungsrat die Mitgliederzahlen der Bezirksschulpflegen für die Amtsdauer 1997/2001 neu fest, wobei insgesamt für den ganzen Kanton die Mitgliederzahl nur noch 339, für die einzelnen Bezirke zwischen 13 und 78 beträgt.
Heinrich Baltensperger und 6 Mitbeteiligte, die Evangelische Volkspartei des Kantons Zürich und 2 Mitbeteiligte sowie Andrea Nüssli-Danuser und 9 Mitbeteiligte erheben je gemeinsam staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, den Beschluss des Regierungsrates vom 25. September 1996 aufzuheben. Alle Beschwerdeführer rügen eine Verletzung der Gewaltenteilung, des Legalitätsprinzips, der politischen Rechte und des Willkürverbots.
Das Bundesgericht tritt auf die staatsrechtlichen Beschwerden nicht ein. Erwägungen
Aus den Erwägungen:
5.
a) Die Beschwerdeführer berufen sich einerseits auf verfassungsmässige Rechte im Sinne von
Art. 84 Abs. 1 lit. a OG
(Gewaltenteilung, Willkürverbot,
Art. 27 Abs. 2 BV
), andererseits auf die politischen Rechte im Sinne von
Art. 85 lit. a OG
. Es ist zu prüfen, ob die Beschwerdeführer legitimiert sind, hinsichtlich der vorliegend allein zur Diskussion stehenden Reduktion der Mitgliederzahl unter dem einen oder anderen Aspekt staatsrechtliche Beschwerde zu erheben.
b) Zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist gemäss
Art. 88 OG
nur legitimiert, wer durch den angefochtenen Hoheitsakt in rechtlich geschützten eigenen, individuellen Interessen betroffen ist. Diese können entweder durch kantonales oder eidgenössisches Gesetzesrecht oder aber unmittelbar durch ein angerufenes spezielles Grundrecht geschützt
BGE 123 I 41 S. 43
sein. Das Erfordernis eines Eingriffs in rechtlich geschützte Interessen gilt auch für die Legitimation zur Anfechtung von rechtsetzenden Erlassen. Zwar genügt hier zur Legitimation, dass der Beschwerdeführer virtuell, das heisst mit einer minimalen Wahrscheinlichkeit früher oder später einmal, betroffen ist, doch muss es immer um einen drohenden Eingriff in rechtlich geschützte Interessen gehen (
BGE 122 I 44
E. 2b S. 45 f., mit Hinweisen). Die staatsrechtliche Beschwerde nach
Art. 84 Abs. 1 lit. a OG
dient nicht dem Schutz öffentlicher Interessen (
BGE 121 I 252
E. 1a S. 254 f., 314 E. 3a S. 316, 367 E. 1b S. 369;
BGE 120 Ia 110
E. 1a S. 111, 369 E. 1a S. 371; je mit Hinweisen). Das gilt auch für die vorliegend im Vordergrund stehende Beschwerde wegen Verletzung der Gewaltenteilung; diese gibt dem Bürger keinen generellen Anspruch darauf, dass keine kompetenzwidrigen staatlichen Handlungen erfolgen, sondern nur darauf, dass er nicht durch kompetenzwidrige staatliche Handlungen in seinen persönlichen Rechten verletzt wird (
BGE 122 I 90
E. 2b S. 92;
113 Ia 390
E. 2b/dd S. 395;
BGE 112 Ia 136
E. 2b S. 138).
c) Im Lichte dieser Kriterien ist die Legitimation der einzelnen Beschwerdeführer zur Verfassungsbeschwerde zu prüfen.
aa) Die Beschwerdeführer bringen zum Teil vor, durch den angefochtenen Beschluss als Stimmbürger des Kantons Zürich beeinträchtigt zu sein, indem ihr Mitbestimmungsrecht bei der Gesetzgebung beeinträchtigt werde oder indem sie nur noch eine geringere Zahl von Mitgliedern der Bezirksschulpflege wählen könnten. Indessen begründet die blosse Eigenschaft als Stimmbürger noch keine rechtlich geschützte Stellung, die zur Erhebung einer staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte legitimieren würde (
BGE 113 Ia 241
E. 1c S. 244, 390 E. 2b S. 395). In Betracht fällt einzig die Erhebung einer Stimmrechtsbeschwerde nach
Art. 85 lit. a OG
(hinten E. 6).
bb) Zur Begründung ihrer Legitimation verweisen die Beschwerdeführer zum Teil auch auf die Verringerung der Chancen, in die Bezirksschulpflege gewählt zu werden. Sie können sich aber auf keine Verfassungs- oder Gesetzesnorm berufen, welche dem einzelnen Bewerber (bei Erfüllen bestimmter Voraussetzungen) einen individualrechtlichen Anspruch auf Wahl in dieses Amt gewähren würde. (Ein solcher Anspruch wäre bei durch Volkswahl zu besetzenden Ämtern auch schwer erfüllbar). Nach ständiger Praxis des Bundesgerichts ist ein Beamter oder ein öffentlichrechtlich Angestellter nicht legitimiert, gegen seine Nichtwahl oder Nichtwiederwahl staatsrechtliche Beschwerde zu erheben, wenn er keinen
BGE 123 I 41 S. 44
Rechtsanspruch auf Wahl bzw. Wiederwahl besitzt (
BGE 120 Ia 110
E. 1a S. 112, mit Hinweisen). Dasselbe gilt für Mitglieder oder Kandidaten politischer Behörden (
BGE 112 Ia 174
E. 3c S. 178). Die Beschwerdeführer machen zu Recht nicht geltend, einen persönlichen Rechtsanspruch auf Wahl oder Wiederwahl für die Amtsperiode 1997/2001 zu haben. Die Vorschriften, deren Verletzung sie beanstanden, dienen dem Schutz öffentlicher Interessen und allenfalls dem Schutz des Stimmrechts, aber nicht dem Schutz persönlicher Rechte. Ihre allfällige Verletzung begründet deshalb keine Legitimation für die Verfassungsbeschwerde. Ob die angefochtene Regelung das in der politischen Stimmberechtigung enthaltene passive Wahlrecht berührt, ist an anderer Stelle zu prüfen (E. 6).
cc) Soweit die Beschwerdeführer geltend machen, in ihrer Eigenschaft als Eltern schulpflichtiger Kinder berührt zu sein, weil durch den angefochtenen Beschluss die Qualität der Schule in Frage gestellt werde, ist darauf hinzuweisen, dass die Ausgestaltung der Schulaufsicht gar nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet. Im übrigen dienen die Vorschriften über die Ausgestaltung der Schulaufsicht in erster Linie dem öffentlichen Interesse, nicht individuellen Rechten der einzelnen Schulkinder oder deren Eltern. Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung des Anspruchs auf genügenden Schulunterricht (
Art. 27 Abs. 2 BV
) rügen, ist - auch wenn das Bundesgericht kraft Sachzusammenhangs diese an sich mit Beschwerde an den Bundesrat vorzubringende Rüge (Art. 73 Abs. 1 lit. a Ziff. 2 VwVG) beurteilen könnte - darauf schon mangels genügender Substantiierung nicht einzutreten (
Art. 90 Abs. 1 lit. b OG
), da in der Beschwerde nicht dargetan wird, inwiefern die Reduktion der Mitgliederzahl der Bezirksschulpflegen geeignet sein könnte, den Schulunterricht als ungenügend im Sinne von
Art. 27 Abs. 2 BV
erscheinen zu lassen.
dd) Analoges gilt für die beschwerdeführenden Lehrer, die einen Anspruch auf regelmässige Visitation durch die Bezirksschulpflege geltend machen. Auch dazu ist zu bemerken, dass die Ausgestaltung der Visitation nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet. Im übrigen wäre der Lehrer diesbezüglich kaum in seinen persönlichen Rechten als Bürger, sondern vielmehr in der Wahrnehmung seiner amtlichen Aufgaben berührt, in welcher Eigenschaft er zur staatsrechtlichen Beschwerde ohnehin nicht legitimiert ist (vgl.
BGE 107 Ia 266
S. 267 f.).
ee) Dasselbe gilt für diejenigen Beschwerdeführer, welche vorbringen, durch den angefochtenen Beschluss als Mitglied der
BGE 123 I 41 S. 45
Bezirksschulpflege oder des Kantonsrats an der Wahrnehmung ihrer Aufgaben gehindert zu werden. Die blosse Mitgliedschaft in einer Behörde begründet keine geschützte persönliche Rechtsstellung im Sinne von
Art. 88 OG
; beeinträchtigt ist allenfalls die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben. Öffentlichrechtliche oder politische Organfunktionen können jedoch nach konstanter Praxis des Bundesgerichts nicht Gegenstand der auf Individualrechte zugeschnittenen staatsrechtlichen Beschwerde gemäss
Art. 84 Abs. 1 lit. a OG
darstellen (
BGE 121 I 252
E. 1a S. 255;
112 Ia 174
E. 3a S. 177; ZBl 94/1993 S. 518, E. 3d; ZBl 89/1988 S. 361, E. 2b).
ff) Die Evangelische Volkspartei des Kantons Zürich bringt vor, sie werde als politische Partei, die in den Bezirksschulpflegen vertreten sei, durch den angefochtenen Beschluss in ihrer politischen Tätigkeit erheblich eingeschränkt, indem sie weniger Kandidaten aufstellen könne und riskiere, in einzelnen Bezirksschulpflegen überhaupt nicht mehr vertreten zu sein.
Eine Vereinigung ist zur staatsrechtlichen Beschwerde gemäss
Art. 84 Abs. 1 lit. a OG
legitimiert, wenn sie entweder in ihren eigenen rechtlich geschützten Interessen beeinträchtigt ist oder - unter gewissen Voraussetzungen - rechtlich geschützte Interessen ihrer Mitglieder wahrnimmt (
BGE 122 I 90
E. 2c S. 92;
119 Ia 197
E. 1c S. 201). Zur Wahrnehmung öffentlicher Interessen ist jedoch eine Vereinigung sowenig wie eine Einzelperson legitimiert. Das gilt auch für eine politische Partei: sie ist nur zur staatsrechtlichen Beschwerde befugt, wenn sie die Verletzung von Vorschriften anruft, die bestimmten Parteien eine spezifische Berechtigung geben, zum Beispiel einen Anspruch auf eine angemessene Vertretung in bestimmten Behörden, nicht aber, wenn sie allgemeine Interessen am korrekten Zustandekommen staatlicher Entscheide verteidigt (BGE
BGE 121 I 252
E. 1a S. 255;
BGE 113 Ia 241
E. 1c S. 244;
BGE 112 Ia 174
E. 3d S. 178 f.; ZBl 95/1994 S. 366 E. 1b).
Das Interesse der Evangelischen Volkspartei, eine möglichst grosse Zahl von Kandidaten aufzustellen und wählen zu lassen, ist kein spezifisches, rechtlich geschütztes Interesse, sondern ein allgemeines, faktisches Interesse. Die Beschwerdeführerin rügt denn auch nicht die Verletzung konkreter Vorschriften, die ihr eine bestimmte Rechtsstellung einräumen. Sie kann sich für ihr Anliegen weder als Verein noch als Vertreterin ihrer Mitglieder auf verfassungsmässige Rechte im Sinne von
Art. 84 Abs. 1 lit. a OG
stützen. Sie ist aber als politische Partei zur Stimmrechtsbeschwerde nach
Art. 85 lit. a OG
legitimiert, soweit dieses Recht auch ihren Mitgliedern zusteht.
BGE 123 I 41 S. 46
d) Soweit mit den vorliegenden Beschwerden eine Verletzung der Gewaltenteilung und des Willkürverbots gerügt wird, ist darauf mangels Legitimation der Beschwerdeführer nicht einzutreten.
6.
a) Die Beschwerdeführer sind stimmberechtigte Bürger des Kantons Zürich bzw. eine im Kanton Zürich tätige politische Partei und in dieser Eigenschaft zur Stimmrechtsbeschwerde nach
Art. 85 lit. a OG
legitimiert, da die Stimmrechtsbeschwerde, im Unterschied zur Verfassungsbeschwerde nach
Art. 84 Abs. 1 lit. a OG
, nicht eine Beeinträchtigung in persönlichen Interessen voraussetzt (
BGE 119 Ia 167
E. 1d S. 171, mit Hinweisen). Es ist somit zu prüfen, ob vorliegend eine Stimmrechtsbeschwerde in Betracht fällt.
b) Gemäss
Art. 85 lit. a OG
beurteilt das Bundesgericht Beschwerden betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und betreffend kantonale Wahlen und Abstimmungen, aufgrund sämtlicher einschlägiger Bestimmungen des kantonalen Verfassungsrechts und des Bundesrechts. Darüber hinaus kann mit der Stimmrechtsbeschwerde auch die Verletzung von kantonalem Gesetzes- und Verordnungsrecht gerügt werden, welches politische Rechte garantiert, deren Umfang normiert oder sonst mit diesen in Zusammenhang steht (
BGE 119 Ia 167
E. 2 S. 174;
BGE 118 Ia 422
E. 1e S. 424;
BGE 113 Ia 43
E. 2 S. 44; CHRISTOPH HILLER, Die Stimmrechtsbeschwerde, Diss. Zürich 1990, S. 94 f.; WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Aufl. Bern 1994, S. 96). Indessen kann nicht jede kantonale Regelung, welche indirekt Auswirkungen auf die politischen Rechte hat, Gegenstand einer Stimmrechtsbeschwerde bilden. So ist die Rüge, eine von der Regierung erlassene Verordnung widerspreche inhaltlich dem Gesetz bzw. sei vom Gesetz nicht abgedeckt, nicht mit Stimmrechtsbeschwerde, sondern mit Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung der Gewaltenteilung geltend zu machen (
BGE 104 Ia 305
E. 1b S. 308;
BGE 105 Ia 349
E. 4 S. 359 ff., und seitherige Praxis, vgl.
BGE 113 Ia 390
E. 2b/dd S. 395; Urteil des Bundesgerichts i.S. Sch. vom 21. August 1988, SJ 1989 S. 338, E. 2a). Ebensowenig ist die Stimmrechtsbeschwerde zulässig, wenn die inhaltliche Rechtmässigkeit oder Zulässigkeit eines von der Stimmbürgerschaft genehmigten Erlasses oder Entscheides zur Diskussion steht (
BGE 121 I 155
E. 2a S. 158, mit Hinweisen). Hingegen kann gegenüber einem Erlass, der selber das politische Stimmrecht regelt, mit Stimmrechtsbeschwerde geltend gemacht werden, er verletze durch seinen Inhalt höherstufig garantierte politische Rechte (
BGE 114 Ia 395
E. 3b S. 400;
BGE 112 Ia 136
E. 2a S. 138;
BGE 105 Ia 349
E. 4b S. 361;
BGE 104 Ia 305
E. 1b S. 307 f.; vgl. auch KÄLIN, a.a.O., S. 154).
BGE 123 I 41 S. 47
c) Soweit die Beschwerdeführer generell beanstanden, der angefochtene Beschluss verletze sie in ihrem Mitwirkungsrecht an der Gesetzgebung, indem er die dem Regierungsrat zustehenden Kompetenzen überschreite, kann diese Rüge nach dem Vorstehenden nicht Gegenstand einer Stimmrechtsbeschwerde bilden.
d) Die Beschwerdeführer bringen darüber hinaus vor, durch die Reduktion der Mitgliederzahl werde ihr aktives und passives Wahlrecht beeinträchtigt, indem sie weniger Mitglieder wählen könnten bzw. ihre Wahlchancen reduziert würden. Es muss trotz der zitierten Rechtsprechung zulässig sein, mit Stimmrechtsbeschwerde (ab- strakt oder vorfrageweise) geltend zu machen, der Regierungsrat habe durch den Erlass von Verordnungen gegen höherrangige Bestimmungen verstossen, welche spezifisch die Durchführung von Wahlen oder Abstimmungen regeln, könnte doch sonst die durch die Stimmrechtsbeschwerde geschützte politische Mitwirkung der Stimmbürger beliebig ausgehöhlt werden. Indessen betrifft der angefochtene Beschluss nicht direkt die Durchführung der Wahl für die Bezirksschulpflege. Er stellt vielmehr eine organisationsrechtliche Massnahme dar, welche (für die Dauer einer Amtsperiode) die Grösse der Behörde generell, unabhängig vom konkreten Wahlakt, festlegt. Es verhält sich insofern anders als im nicht publizierten Urteil des Bundesgerichts i.S. B. vom 14. Dezember 1994, wo eine durchgeführte Wahl in die Bezirksschulpflege angefochten und diese Beschwerde als Stimmrechtsbeschwerde entgegengenommen wurde. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich auch von dem in
BGE 119 Ia 167
beurteilten Fall, wo der Bewerberin für eine der Volkswahl unterstehende Lehrerstelle, die sich gegen die Nichtdurchführung der angestrebten Wahl zur Wehr setzte, unter dem Gesichtswinkel des passiven Wahlrechts die Legitimation zur Stimmrechtsbeschwerde zugebilligt wurde.
Die Durchführung einer Wahl in eine Behörde setzt zwangsläufig voraus, dass es die zu wählende Behörde überhaupt und mit einer bestimmten Mitgliederzahl gibt. Insofern hat jede Bestimmung, welche zum Beispiel Bestand, Mitgliederzahl oder Amtsdauer einer vom Volk zu wählenden Behörde festlegt, indirekt Auswirkungen auf die Wahl. Das bedeutet aber nicht, dass sämtliche organisationsrechtlichen Bestimmungen, durch welche eine bisher durch
BGE 123 I 41 S. 48
Volkswahl besetzte Stelle geändert oder aufgehoben wird, zwangsläufig Gegenstand von Stimmrechtsbeschwerden sein können. Wird etwa infolge Rückgangs der Schülerzahl oder aus organisatorischen Gründen eine Schulklasse aufgehoben und dadurch eine bisher durch Volkswahl zu besetzende Lehrerstelle überflüssig, dann wird der Entscheid, durch welchen die Schulklasse aufgehoben wird, dadurch noch nicht zum möglichen Gegenstand einer Stimmrechtsbeschwerde. Das Schwergewicht eines solchen Entscheides liegt nicht darin, die durch den Wahlakt gegebenen Mitwirkungsmöglichkeiten des Volkes an der staatlichen Willensbildung zu verändern, sondern in schulorganisatorischen Gründen.
Vorliegend sieht § 17 Abs. 2 des Unterrichtsgesetzes wohl vor, dass ein bestimmter Teil der Mitglieder der Bezirksschulpflege von den Stimmberechtigten zu wählen ist. Die weiteren Vorschriften des Unterrichtsgesetzes, welche die Aufgaben der Bezirksschulpflege umschreiben und insofern den Massstab für die vom Regierungsrat festzulegende Mitgliederzahl dieser Behörde bilden, haben jedoch keinen direkten sachlichen Bezug zur Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts. Es handelt sich daher beim angefochtenen Beschluss über die Neufestsetzung der Mitgliederzahl nicht um eine Regelung, welche spezifisch die politischen Rechte beschlägt und damit inhaltlich Gegenstand einer Stimmrechtsbeschwerde bilden könnte. Das stünde von vornherein ausser Zweifel, wenn zum Beispiel bloss die Mitgliederzahl einer einzelnen Bezirksschulpflege aus besonderen organisatorischen Gründen geringfügig reduziert würde; doch kann es sich nicht anders verhalten, wenn der Regierungsrat als gesetzlich zuständige Behörde - im Rahmen seiner formellen Befugnisse - eine relativ weitgehende generelle Korrektur der Mitgliederzahlen beschliesst. Wie es sich verhielte, wenn eine im Gesetz vorgesehene, vom Volk zu wählende Behörde gänzlich abgeschafft oder der Volkswahl entzogen würde, kann dahingestellt bleiben. Die Stimmrechtsbeschwerde kann vorliegend nicht dazu dienen, die sachliche Begründetheit der streitigen organisationsrechtlichen Massnahme überprüfen zu lassen.
e) Die vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerden können daher nicht als Stimmrechtsbeschwerden nach
Art. 85 lit. a OG
entgegengenommen werden. Zur Behebung von allfälligen Rechtsverletzungen, die weder in die persönliche Rechtsstellung des Bürgers noch in das geschützte politische Stimmrecht eingreifen, steht das Rechtsmittel der staatsrechtlichen Beschwerde nicht zur Verfügung. Die allenfalls erforderliche Intervention kann nur auf dem Weg der parlamentarischen Oberaufsicht oder durch den Gesetzgeber erfolgen. | mixed |
646d1b4a-1867-4683-b564-8b3adc05973c | Sachverhalt
ab Seite 326
BGE 116 Ia 325 S. 326
Am 13. Juni 1989 reichte J. ein Baugesuch für den Umbau seines Hauses und den Anbau einer Garage ein, nachdem er am 12. Juni 1989 ein früheres Baugesuch zurückgezogen hat. Gegen das Bauvorhaben erhob H. Einsprache. Der Kleine Landrat der Gemeinde Landschaft Davos erteilte am 26. Juli 1989 die Baubewilligung und wies die Einsprache ab. Dagegen erhob H. Rekurs beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. Dieses nahm in Anwesenheit der Parteien einen Augenschein vor und wies den Rekurs am 22. November 1989 ab, soweit es darauf eintrat.
H. führt gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von
Art. 4 BV
. Sie beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör. Ihr sei das Akteneinsichtsrecht in grundloser und willkürlicher Weise beschnitten worden, indem ihr die Originalpläne nicht zugesandt wurden, sondern sie sich auf das Bauamt habe bemühen müssen. Im weiteren habe man ihr, bzw. ihrem Anwalt, die Erstellung von Plankopien im Format A4 verweigert. Dieses Vorgehen verletze Art. 8 des kantonalen Gesetzes über das Verfahren in Verwaltungs- und Verfassungssachen vom 3. Oktober 1982 (VVG), einen Regierungsbeschluss vom 13. Juni 1988 betreffend Akteneinsicht sowie
Art. 4 BV
.
a) Das Recht auf Akteneinsicht ist Teil des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Der Umfang dieses Anspruchs bestimmt sich in erster Linie nach den kantonalen Verfahrensvorschriften. Wo sich jedoch der kantonale Rechtsschutz als ungenügend erweist, greifen die unmittelbar aus
Art. 4 BV
folgenden bundesrechtlichen Minimalgarantien Platz (
BGE 115 Ia 10
E. 2a,
BGE 108 Ia 6
E. 2a mit Hinweisen). Das Bundesgericht prüft dabei die Auslegung und Anwendung des kantonalen Rechts lediglich unter dem Gesichtswinkel der Willkür (
BGE 113 Ia 3
E. 2). Willkür liegt nach der Rechtsprechung nicht schon dann vor, wenn eine andere Lösung in Betracht zu ziehen oder sogar vorzuziehen wäre; das
BGE 116 Ia 325 S. 327
Bundesgericht hebt einen Entscheid der kantonalen Behörde nur auf, wenn dieser offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (114 Ia 27 f. E. 3b, 218 E. 2a,
BGE 113 Ia 106
E. 2b). Dabei genügt es jedoch nicht, wenn sich nur die Begründung des angefochtenen Entscheides als unhaltbar erweist. Die Aufhebung eines Entscheides rechtfertigt sich nur, wenn dieser auch im Ergebnis verfassungswidrig ist (
BGE 113 Ib 311
E. 2a,
BGE 113 III 8
E. 1a). Mit freier Kognition prüft das Bundesgericht dagegen, ob die unmittelbar aus
Art. 4 BV
abgeleiteten Grundsätze missachtet wurden (
BGE 115 Ia 10
E. 2a mit Hinweisen).
b) Die Beschwerdeführerin beruft sich zunächst auf einen Regierungsbeschluss vom 13. Juni 1988 betreffend Akteneinsicht. Dieser bezieht sich auf grössere Projekte, namentlich im Bereich des Kraftwerk- und Strassenbaus und richtet sich an die kantonalen Behörden (vgl. Einleitung und Ziffer 2 der Weisungen). Es ist daher nicht willkürlich, diesen Beschluss auf das vorliegende Bauvorhaben nicht anzuwenden.
c)
Art. 8 VVG
bestimmt, dass derjenige, der von einem Entscheid betroffen wird, das Recht hat, in die Akten Einsicht zu nehmen. Die Beschwerdeführerin macht selbst nicht geltend, sie habe in das Baugesuch nicht Einsicht nehmen können. Vielmehr hat der Anwalt der Beschwerdeführerin am 26. Juni 1989 in Davos in die Baugesuchsakten Einsicht genommen. Dem Wortlaut von
Art. 8 VVG
wurde demnach Genüge getan. Dass dieser Bestimmung ein weiterer Sinn zukomme, und dass die gegenteilige Meinung willkürlich sei, legt die Beschwerdeführerin nicht dar. Damit erweist sich die Rüge insoweit als unbegründet.
d) Es ist daher einzig und zwar mit freier Kognition zu prüfen, ob die unmittelbar aus
Art. 4 BV
folgenden Regeln missachtet wurden.
aa) Das Bundesgericht hat in
BGE 108 Ia 7
E. 2b erkannt, dass aus dem Akteneinsichtsrecht kein Anspruch abgeleitet werden kann, die Akten, in die Einsicht gewährt werden muss, nach Hause mitzunehmen. Vielmehr umfasst dieses Recht den Anspruch, die Akten am Sitz der Behörde einzusehen und davon Notizen zu machen. Dieses Recht wurde der Beschwerdeführerin gewährt.
Die Beschwerdeführerin rügt weiter, es sei ihr verweigert worden, Kopien herzustellen. Ein solcher Anspruch, auf einem Kopiergerät der Verwaltung normalformatige Kopien oder solche, die ohne besonderen Aufwand erstellt werden können, gegen Gebühren
BGE 116 Ia 325 S. 328
selbst herzustellen, soweit es für die Verwaltung zu keinem unverhältnismässigen Aufwand führt, ergibt sich grundsätzlich aus dem Recht auf rechtliches Gehör (vgl.
BGE 108 Ia 7
f. E. 2c, unveröffentlichtes Urteil vom 30. April 1982 i.S. W., ARTHUR HAEFLIGER, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, S. 146). Vorliegend wäre es für die Baupolizeibehörde von Davos ohne weiteres möglich gewesen, den Anwalt der Beschwerdeführerin die verlangten Kopien herstellen zu lassen; dabei kann offen bleiben, wer die Kosten zu tragen gehabt hätte.
bb) Im vorliegenden Fall bedeutet indessen dieses Verhalten keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, da die Beschwerdeführerin auch ohne diese Kopien bereits genügend orientiert war. Es ist nicht bestritten, dass dem Anwalt der Beschwerdeführerin die Pläne des ersten Gesuchs zugestellt worden sind, und dass sie für das zweite Gesuch nicht wesentlich geändert haben. Das ist auch ohne weiteres aus den dem Bundesgericht zur Verfügung gestellten Plänen ersichtlich. Es war der Beschwerdeführerin daher ohne erheblichen Aufwand möglich und zumutbar, die von ihr angeblich beobachteten Änderungen des zweiten Gesuchs in die ihr zur Verfügung stehenden Pläne einzuzeichnen. Der Beschwerdeführerin entstand daher aus der Weigerung der Baupolizeibehörde von Davos kein Nachteil und sie konnte ihre Rechte in der Folge umfassend wahrnehmen. Die Rüge erweist sich deshalb als unbegründet. | mixed |
44406655-b6e1-47ae-958c-517daa9b32dc | Sachverhalt
ab Seite 87
BGE 125 II 86 S. 87
A.-
En mars 1997, la Direction des Travaux publics de la commune de La Chaux-de-Fonds (ci-après: la commune ou le pouvoir adjudicateur) a lancé par voie de presse un appel d'offres public pour un marché de services portant sur l'assainissement et l'extension de sa station d'épuration (procédure dite sélective).
BGE 125 II 86 S. 88
Le 23 mai 1997, la commune a remis à chacun des neuf candidats ayant répondu à cet appel d'offres un dossier comprenant notamment «un cahier des charges et demande d'offres de prestations». Ce document précisait que l'offre de prestations devait être scindée en deux phases distinctes: établissement du projet d'exécution et devis général (phase A) et conduite de l'exécution de l'ouvrage (phase B). Le chiffre 9 dudit cahier des charges énumérait les critères d'adjudication qui seraient pris en considération. Sous la rubrique «prestations et références» figuraient les critères techniques suivants: 1. compétence, capacité et organisation des soumissionnaires 2. expérience dans l'étude et la réalisation d'assainissement et d'extension de stations d'épuration 3. aptitude pour une approche globale des solutions 4. présentation du dossier de l'offre 5. expérience de travail en groupement de bureaux d'ingénieurs 6. aptitude à la collaboration avec le maître de l'ouvrage et les exploitants de la station d'épuration 7. connaissance des lieux 8. application à l'assurance qualité (critère facultatif). La rubrique «offre financière» faisait état des critères financiers suivants: description des prestations offertes, bases de calcul des honoraires, montant des honoraires et propositions des soumissionnaires. Il était mentionné que «l'ordre d'énumération des critères n'est pas le reflet de l'importance accordée à chacun de ceux-ci par le mandant. Celui-ci se réserve le droit d'accorder en toute liberté des pondérations à ces critères dans l'évaluation des offres» (ch. 9 in fine du cahier des charges).
B.-
Huit soumissionnaires ont déposé dans le délai fixé leurs offres de prestations et références d'une part et leurs offres financières d'autre part. Trois d'entre eux ont été d'emblée écartés, car ils ne présentaient pas toutes les qualifications requises. La commune a ensuite procédé à une première évaluation technique des cinq offres retenues: à chaque critère technique correspondaient des notes allant de 0 à 3, lesquelles étaient pondérées avec un pourcentage déterminé (l'ensemble de ces pourcentages donnant 100%). Le nombre de points obtenus par chaque soumissionnaire résultait de l'addition de chaque note multipliée par l'indice de pondération y relatif. La commune a ensuite dépouillé les offres financières.
C.-
Il ressort de la grille d'évaluation de chaque soumissionnaire et du tableau comparatif du 23 septembre 1997 établi par la commune que, s'agissant de l'évaluation technique, le Groupement G2IR3 (consortium composé de plusieurs sociétés) a obtenu 2,6 points, ce qui l'a placé au 3ème rang. Quant au Groupement
BGE 125 II 86 S. 89
STEP 2300 (autre consortium composé de plusieurs entreprises), il s'est vu attribuer 2,85 points et a ainsi été placé au 2ème rang.
S'agissant de l'offre financière, le Groupement G2IR3 a obtenu la note 4, ce qui l'a placé au 1er rang financier. Quant au Groupement STEP 2300, il a reçu la note 1 et s'est donc vu attribuer le 4ème rang financier.
Un classement général a ensuite été établi: la note finale a été obtenue en combinant la note technique (pondérée avec un coefficient de 60%) et la note financière (pondérée avec un coefficient de 40%). En fin de compte, le Groupement G2IR3 a obtenu la note globale de 3,16, ce qui l'a placé au 1er rang combiné. Quant au Groupement STEP 2300, il a obtenu la note globale de 2,11 et s'est donc vu attribuer le 4ème rang combiné.
D.-
Par décision du 8 décembre 1997, le Conseil communal de la Ville de La Chaux-de-Fonds a adjugé le marché public global pour l'étude et la réalisation du projet d'assainissement et d'extension de la station d'épuration au Groupement STEP 2300 pour le montant forfaitaire et global de 2'100'000 fr. Il a estimé que l'offre faite par ce groupement présentait le meilleur rapport qualité/prix, soit le meilleur rapport entre le coût global et l'ensemble des prestations à fournir (adjudication selon le critère de l'offre économiquement la plus avantageuse). Il n'a pas été retenu l'offre correspondant au prix le plus bas. Un poids prépondérant a été accordé à la qualité des prestations offertes, aux expériences faites et, enfin, aux garanties offertes pour l'assistance nécessitée ultérieurement pour l'entretien des installations.
Deux soumissionnaires évincés, dont le Groupement G2IR3, ont recouru contre cette décision auprès du Tribunal administratif du canton de Neuchâtel qui, par arrêt du 20 février 1998, a confirmé la décision attaquée.
E.-
Agissant par la voie du recours de droit public, le Groupement G2IR3 demande au Tribunal fédéral de constater le caractère illicite de la décision d'adjudication et partant d'annuler l'arrêt du 20 février 1998 du Tribunal administratif.
F.-
Par ordonnance présidentielle du 29 avril 1998, la requête d'effet suspensif au recours a été rejetée.
Par télécopie du 13 octobre 1998, la commune de La Chaux-de-Fonds a informé le Tribunal fédéral qu'aucun contrat n'avait encore été signé avec l'adjudicataire. Par lettre du 23 octobre 1998, elle a toutefois précisé que, bien que le document contenant toutes les clauses n'ait pas encore été signé par les parties, le contrat avait déjà
BGE 125 II 86 S. 90
été conclu (oralement) avec l'adjudicataire, qui a d'ailleurs reçu, le 30 juillet 1998, un montant de 182'000 fr. à titre d'acompte pour le travail déjà accompli pour la phase A, la convention devant être confirmée prochainement par écrit. Erwägungen
Considérant en droit:
I.
Droit applicable
1.
Avant d'examiner la recevabilité du présent recours de droit public, il convient de déterminer quel est le droit applicable au cas d'espèce, étant entendu que la réglementation sur les marchés publics a subi ces dernières années de profondes mutations tant sur le plan international que national.
a) Parmi les accords GATT/OMC figure notamment l'Accord sur les marchés publics conclu à Marrakech le 15 avril 1994, entré en vigueur pour la Suisse le 1er janvier 1996 (RS 0.632.231.422; RO 1996 p. 609 ss; ci-après: AMP). Tombent dans le champ d'application de cet accord certains types de marchés publics passés par les entités adjudicatrices limitativement énumérées à l'Annexe 1 (entités du gouvernement fédéral) et à l'Annexe 2 (entités des gouvernements sous-centraux, c'est-à-dire les cantons suisses) de l'appendice I à l'AMP, à condition toutefois que les valeurs seuils soient atteintes. En revanche, les marchés publics des communes (suisses) sont pour l'heure exclus du champ d'application de cet accord. A noter toutefois que les pouvoirs publics et les entreprises publiques suisses, y compris au niveau local (communal), actifs dans les domaines de l'eau (potable), de l'énergie, des transports urbains, des aéroports et des installations portuaires sont visés par l'Annexe 3 de l'appendice I à l'AMP (cf. Message du Conseil fédéral du 19 septembre 1994 relatif à l'approbation des accords du GATT/OMC [Cycle d'Uruguay] [Message 1 GATT], in FF 1994 IV 1 ss, plus spécifiquement p. 345/348, 355/358 et 395. Voir aussi EVELYNE CLERC, L'ouverture des marchés publics: Effectivité et protection juridique, Thèse Fribourg 1997, p. 292/295; PETER GALLI/DANIEL LEHMANN/PETER RECHSTEINER, Das öffentliche Beschaffungswesen in der Schweiz, Zurich 1996, n. 6, p. 3; MARKUS METZ/GERHARD SCHMID, Rechtsgrundlagen des öffentlichen Beschaffungswesens, in ZBl 99/1998, p. 49 ss, n. 1, p. 50; ATTILIO R. GADOLA, Rechtsschutz und andere Formen der Überwachung der Vorschriften über das öffentliche Beschaffungswesen, in PJA 1996 p. 967 ss, p. 969). En l'espèce, le marché public adjugé par la commune de La Chaux-de-Fonds
BGE 125 II 86 S. 91
portant sur l'assainissement et l'extension de sa station d'épuration (traitement d'eaux usées et de boues) n'est pas couvert par l'AMP.
b) Le 1er juillet 1996 est entrée en vigueur la loi fédérale du 16 décembre 1994 sur les marchés publics (LMP; RS 172.056.1); celle-ci ne s'applique qu'aux marchés publics de la Confédération (cf.
art. 2 LMP
). Dès lors, le marché litigieux n'est pas soumis à cette loi.
c) Quant à la loi fédérale du 6 octobre 1996 sur le marché intérieur (LMI; RS 943.02), elle s'applique à tous les marchés publics cantonaux et communaux (à l'exclusion des marchés de la Confédération), indépendamment des valeurs seuils et des types de marchés (CLERC, op.cit., p. 435/436). L'
art. 5 al. 1 LMI
(en vigueur dès le 1er juillet 1996) dispose notamment que les marchés publics des cantons et des communes sont régis par le droit cantonal ou intercantonal; ces dispositions, et les décisions fondées sur elles, ne doivent pas discriminer les personnes ayant leur siège ou leur établissement en Suisse de manière contraire à l'
art. 3 LMI
. Ainsi, le marché public en question tombe sous le coup de cette disposition qui fixe les règles minimales que doivent respecter les pouvoirs adjudicateurs cantonaux et communaux lors de la passation des marchés publics (sur les voies de droit prescrites par l'
art. 9 LMI
, cf. consid. 2a ci-dessous).
d) Le 25 novembre 1994, la Conférence suisse des directeurs cantonaux des travaux publics, de l'aménagement du territoire et de la protection de l'environnement (DTAP) et la Conférence des chefs de départements cantonaux de l'économie publique (CDEP) ont adopté l'Accord intercantonal sur les marchés publics, qui a été approuvé par le Département fédéral de l'économie publique le 14 mars 1996 (RS 172.056.4; ci-après: AIMPu). Cet accord est entré en vigueur pour le canton de Neuchâtel le 24 décembre 1996 (RO 1996 p. 3258). A la suite de cet accord, le groupe de travail de DTAP/CDEP a édicté en 1995 des Directives pour l'exécution de l'AIMPu (ci-après: les Directives).
En l'occurrence, le marché public litigieux est un marché de services d'ingénierie, d'architecture et de consultation technique qui est soumis à l'art. 6 lettre c AIMPu (cf. aussi Annexe 4 de l'appendice I à l'AMP en relation avec le chiffre 867 du Central product classification [CPC] de l'ONU; GALLI/LEHMANN/RECHSTEINER, op.cit., p. 253). Aucune des exceptions de l'
art. 10 AIMPu
n'est réalisée en l'espèce. Le pouvoir adjudicateur est une commune au sens de l'
art. 8
BGE 125 II 86 S. 92
al. 1 lettre b AIMPu
. Enfin, la valeur estimée du marché public est largement supérieure au seuil de 403'000 fr. fixé par l'
art. 7 al. 1 lettre b AIMPu
pour les marchés de services. En conséquence, l'adjudication du présent marché public est soumise aux règles de cet accord intercantonal.
II.
Recevabilité du recours de droit public
2.
a) A teneur de l'
art. 9 LMI
, les restrictions à la liberté d'accès au marché, en particulier en matière de marchés publics, doivent faire l'objet de décisions sujettes à recours (al. 1); le droit cantonal prévoit au moins une voie de recours devant une instance cantonale indépendante de l'administration. La décision rendue par cette instance est définitive; le recours de droit public devant le Tribunal fédéral est réservé (al. 2); si, en matière de marchés publics, un recours à l'échelon cantonal ou un recours de droit public est fondé et qu'un contrat a déjà été passé avec le soumissionnaire, l'instance cantonale ou le Tribunal fédéral se borne à constater dans quelle mesure la décision contestée viole le droit fédéral (al. 3). La loi fédérale sur le marché intérieur est entrée en vigueur le 1er juillet 1996. S'agissant de la disposition relative à la protection juridictionnelle en matière de marchés publics (art. 9 al. 1 à 3 en relation avec l'
art. 5 LMI
), la date de l'entrée en vigueur a été reportée au 1er juillet 1998 (RO 1996 p. 1742). A noter que la règle matérielle de l'
art. 5 LMI
est, quant à elle, applicable à compter du 1er juillet 1996 (CLERC, op.cit., p. 441). Selon l'
art. 11 al. 1 LMI
, un délai transitoire de deux ans a été en outre accordé aux cantons et communes pour leur permettre d'adapter leurs prescriptions à celles de la LMI et d'édicter les dispositions d'organisation nécessaires (exigence d'une instance cantonale de recours indépendante de l'administration au sens de l'
art. 9 al. 2 LMI
).
Dès lors que l'entrée en vigueur de l'art. 9 al. 2 i.f. LMI a été reportée, le recours de droit public au Tribunal fédéral réservé par cette disposition devrait rester fermé jusqu'au 1er juillet 1998 (CLERC, op.cit., p. 476/477; GALLI/LEHMANN/RECHSTEINER, op.cit., n. 58 ss, plus spéc. n. 60a p. 19/20; THOMAS COTTIER/BENOÎT MERKT, Die Auswirkungen des Welthandelsrechts der WTO und des Bundesgesetzes über den Binnenmarkt auf das Submissionsrecht der Schweiz, in: Die neue schweizerische Wettbewerbsordnung im internationalen Umfeld, Berne 1997, p. 35 ss, en particulier p. 55 et 76). Il en irait différemment si la LMI était entrée intégralement en vigueur avec un délai transitoire de deux ans pour la mise sur pied d'une voie de recours au niveau cantonal. Durant ce délai, le Tribunal fédéral
BGE 125 II 86 S. 93
aurait dû connaître, souvent en première instance, des recours dirigés contre des décisions relatives à des marchés publics cantonaux ou communaux (Clerc, ibidem).
b) L'
art. 15 AIMPu
dispose que les décisions de l'adjudicateur peuvent faire l'objet d'un recours auprès d'une autorité juridictionnelle cantonale. Celle-ci statue de manière définitive (al. 1); le recours, dûment motivé, doit être déposé dans les dix jours dès la notification de la décision d'adjudication (al. 2); en l'absence de dispositions d'exécution cantonale, le Tribunal fédéral est compétent pour connaître de tous recours concernant l'application du présent accord (al. 3). L'
art. 15 al. 1 AIMPu
contraint donc les cantons à mettre sur pied une voie de recours juridictionnelle contre les décisions en matière de marchés publics couverts par l'AIMPu. Le législateur neuchâtelois s'est conformé à cette exigence en adoptant la loi du 26 juin 1996 portant adhésion à l'Accord intercantonal sur les marchés publics (AIMPu), entrée en vigueur le 31 octobre 1996, qui prévoit à son article 2 que le «Tribunal administratif est l'autorité juridictionnelle cantonale compétente au sens de l'
art. 15 al. 1 AIMPu
pour connaître des recours contre les décisions de l'adjudicateur».
c) L'art. 9 al. 2 i.f. de la loi fédérale sur le marché intérieur ouvre certes la voie du recours de droit public contre toutes les décisions cantonales qui limitent le libre accès au marché, notamment en matière de marchés publics. Mais, comme on vient de le voir, cette disposition, dont l'entrée en vigueur a été reportée au 1er juillet 1998, ne saurait obliger le Tribunal fédéral à entrer en matière sur le présent recours, étant donné que le marché public litigieux a été mis en soumission et adjugé avant cette date. Par ailleurs, l'Accord intercantonal sur les marchés publics ne peut pas non plus contraindre le Tribunal fédéral à se saisir d'un recours de droit public en la matière, selon le principe de la primauté du droit fédéral sur le droit cantonal ou intercantonal. Peu importe que l'AIMPu ait été approuvé le 14 mars 1996 par le Département fédéral de l'économie publique, en application des
art. 7 al. 2 et 102 ch. 7 Cst.
; cette approbation n'a qu'une valeur déclarative (ATF
ATF 109 Ia 335
consid. 1;
ATF 90 I 41
consid. 3a). Quoi qu'il en soit, le Tribunal fédéral doit dans tous les cas examiner d'office et librement la recevabilité des recours qui lui sont soumis (
ATF 124 III 134
consid. 2;
ATF 123 II 419
consid. 1).
3.
a) Au regard de l'
art. 84 al. 1 OJ
, la voie du recours de droit public n'est ouverte que si l'acte attaqué émane d'une autorité cantonale agissant en vertu de la puissance publique et qui affecte d'une
BGE 125 II 86 S. 94
façon quelconque la situation de l'individu, en lui imposant une obligation de faire, de s'abstenir ou de tolérer, ou qui règle d'une autre manière obligatoire ses rapports avec l'Etat, sous la forme d'un arrêté de portée générale, soit sous celle d'une décision particulière (
ATF 121 I 173
consid. 2a p. 174;
ATF 120 Ia 19
consid. 2a p. 22, 56 consid. 3a p. 58, 321 consid. 3a p. 325 et les arrêts cités).
b) Selon une jurisprudence constante du Tribunal fédéral, les décisions cantonales (ou communales) d'adjudication de travaux publics au terme d'une procédure de soumission n'ont pas le caractère d'un acte de puissance publique au sens de l'
art. 84 al. 1 OJ
et ne peuvent dès lors pas être attaquées par la voie du recours de droit public. De plus, comme le soumissionnaire évincé n'a en principe aucun intérêt juridiquement protégé à l'adjudication, il est aussi dépourvu de la qualité pour recourir au fond (
art. 88 OJ
) contre la décision d'adjudication de première instance ou contre celle de l'autorité de recours (
ATF 119 Ia 424
consid. 3b et les arrêts cités). Toutefois, même s'il n'a pas qualité pour agir au fond, un recourant peut se plaindre de la violation de garanties de procédure équivalant à un déni de justice formel. Dans un tel cas, l'intérêt juridiquement protégé exigé par l'
art. 88 OJ
découle non pas du droit de fond, mais du droit de participer à la procédure. Un tel droit existe lorsque le recourant avait qualité de partie en procédure cantonale. En pareil cas, il peut se plaindre de la violation des droits de partie que lui reconnaît la procédure cantonale ou qui découlent directement de l'
art. 4 Cst.
(
ATF 119 Ia 424
consid. 3c et les arrêts cités). En ce qui concerne la procédure de première instance devant l'autorité d'adjudication, les droits que le soumissionnaire peut ainsi invoquer se rapportent uniquement au déroulement formel de cette procédure, à l'exclusion des conditions d'adjudication figurant dans la réglementation concernant les soumissions ou dans les documents relatifs à l'appel d'offres en cause; il convient donc de distinguer entre les aspects formels et les aspects matériels de la décision d'adjudication (
ATF 119 Ia 424
consid. 4b).
Force est de constater que le droit des marchés publics sous l'empire duquel a été rendue la jurisprudence précitée s'est notablement modifié (voir consid. 1 ci-dessus), de sorte que, de l'avis unanime de la doctrine, la jurisprudence y relative ne peut plus être maintenue telle quelle (CLERC, op.cit., p. 369 et 564; GADOLA, op.cit., p. 969, GALLI/LEHMANN/RECHSTEINER, op.cit., n. 611, p. 179; COTTIER/MERKT, op.cit., p. 75; RENÉ RHINOW/GERHARD SCHMID/GIOVANNI BIAGGINI, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Bâle 1998, par. 19, n. 48 ss,
BGE 125 II 86 S. 95
p. 405 ss; NICOLAS MICHEL, Droit public de la construction, Fribourg 1996, n. 1996 ss, p. 403). A la lumière des nouvelles conceptions et des nouvelles règles en matière de marchés publics, il y a donc lieu de considérer désormais les décisions d'adjudication comme des actes de puissance publique au sens de l'
art. 84 al. 1 OJ
susceptibles d'être attaquées tant dans leurs aspects formels que matériels. A noter d'ailleurs que le nouveau droit sur les marchés publics désigne expressément l'adjudication comme une décision sujette à recours (cf.
art. 15 et 18 AIMPu
;
art. 5 al. 1 et 9 LMI
;
art. 29 lettre a LMP
). Au surplus, il ressort explicitement des travaux préparatoires relatifs à la loi fédérale sur le marché intérieur que désormais, et contrairement à la pratique actuelle, les adjudications des cantons et des communes pourront faire l'objet d'un recours de droit public auprès du Tribunal fédéral (Message du Conseil fédéral du 23 novembre 1994, in FF 1995 p. 1193 ss, plus spéc. p. 1253).
c) En tant que le recourant se plaint essentiellement d'une mauvaise application de l'Accord intercantonal sur les marchés publics, il est en principe recevable à former un recours de droit public pour violation de concordats prévus expressément par l'
art. 84 al. 1 lettre b OJ
et l'
art. 113 al. 1 ch. 3 Cst.
4.
D'après la jurisprudence relative à l'
art. 88 OJ
rendue sous l'empire du droit antérieur, comme le soumissionnaire évincé n'a en principe aucun intérêt juridiquement protégé à l'adjudication, il est aussi dépourvu de la qualité pour recourir au fond (
art. 88 OJ
) contre la décision d'adjudication de première instance ou contre celle de l'autorité de recours, le recourant pouvant seulement se plaindre d'une violation de ses droits de partie équivalant à un déni de justice formel (voir ci-dessus, consid. 3b). Or cette jurisprudence est dépassée dans la mesure où l'intérêt juridiquement protégé au sens de l'
art. 88 OJ
découle désormais du droit de fond, à savoir de la loi fédérale sur le marché intérieur et de l'Accord intercantonal sur les marchés publics. Cette nouvelle législation tend en effet à protéger les soumissionnaires, ceux-ci pouvant se prévaloir des garanties de concurrence, d'impartialité, d'égalité et de transparence qui régissent la procédure de passation des marchés publics. Il s'ensuit que les soumissionnaires évincés ont dorénavant qualité pour agir au sens de l'
art. 88 OJ
non seulement pour soulever des griefs se rapportant au déroulement formel de la procédure de soumission publique, mais encore pour contester le bien-fondé de la décision d'adjudication (aspect matériel). Il y a donc lieu d'examiner la qualité pour agir du recourant sous l'angle des dispositions de l'
art. 84 al. 1 lettre b OJ
BGE 125 II 86 S. 96
en relation avec l'
art. 88 OJ
et de la jurisprudence ordinaire y relative.
Un particulier a qualité pour former un recours de droit public pour violation d'un concordat si la disposition concordataire dont il invoque la violation lui confère directement des droits; en conséquence, le recours est exclu si les cantons parties au concordat n'ont convenu que des droits et obligations réciproques, sans créer de droits en faveur des particuliers (
ATF 115 Ia 212
consid. 2a;
109 Ia 335
consid. 2;
99 Ia 216
consid. 3; ZBl 83/1982 p. 138, consid. 1d). En l'espèce, il ne fait pas de doute que l'Accord intercantonal sur les marchés publics confère directement des droits aux soumissionnaires évincés (cf.
art. 16 al. 3 AIMPu
, selon lequel les dispositions du présent accord peuvent être invoquées directement par les soumissionnaires). Le recourant est personnellement atteint par la décision attaquée dans ses intérêts juridiquement protégés, de sorte qu'il a qualité pour recourir au fond en vertu de l'
art. 88 OJ
.
5.
a) Le recours de droit public n'a en principe qu'un effet cassatoire (
ATF 124 I 231
consid. 1d;
ATF 123 I 87
consid. 5 p. 96;
ATF 122 I 120
consid. 2a, 351 consid. 1f p. 355;
ATF 121 I 326
consid. 1b;
ATF 120 Ia 220
consid. 2b et les arrêts cités). Le Tribunal fédéral peut cependant exceptionnellement donner des instructions lorsqu'une situation conforme à la Constitution, au concordat ou à l'accord international ne peut être rétablie par la seule annulation de l'acte attaqué (cf.
ATF 118 Ia 184
consid. 1d; Walter Kälin, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2e éd., Berne 1994, p. 362). En matière de marchés publics, il y a lieu d'observer que les contrats avec les soumissionnaires choisis sont souvent conclus, voire exécutés, avant que les tribunaux aient pu se prononcer sur la validité de la procédure de soumission. Pour éviter qu'un recours ne retarde ou ne renchérisse l'exécution des travaux, l'
art. 9 al. 3 LMI
exclut l'annulation de la décision d'adjudication au cas où le contrat serait déjà conclu; le Tribunal fédéral doit alors se borner à constater dans quelle mesure la décision viole les règles sur la passation des marchés publics. Le législateur fédéral a ainsi limité le pouvoir de décision du Tribunal fédéral à la seule constatation de l'illicéité lorsque le contrat est déjà conclu (CLERC, op.cit., p. 570 s. Sur les critiques de l'
art. 9 al. 3 LMI
, voir PHILIPPE GERBER, La nature cassatoire du recours de droit public, thèse Genève 1997, p. 171 ss). A noter que l'
art. 18 al. 2 AIMPu
. contient une règle semblable à celle de l'
art. 9 al. 3 LMI
. Il s'agit là de dispositions qui conduisent à déroger au principe de l'effet cassatoire du recours de droit public. Jusqu'à présent,
BGE 125 II 86 S. 97
le Tribunal fédéral n'a d'ailleurs eu que rarement l'occasion de rendre de véritables arrêts en constatation dans d'autres domaines (cf. les arrêts cités par KÄLIN, op. cit., p. 402; ANDREAS AUER, La juridiction constitutionnelle en Suisse, Bâle 1983, n. 510, p. 262). Ainsi, dans la mesure où le contrat a déjà été conclu avec l'adjudicataire, le Tribunal fédéral ne pourra pas annuler la décision attaquée au cas où le recours s'avérerait bien fondé, mais se bornera à constater le caractère illicite de la décision attaquée.
b) Le recours de droit public exige en principe un intérêt actuel et pratique à l'annulation de la décision attaquée, respectivement à l'examen des griefs soulevés. L'intérêt au recours doit encore exister au moment où statue le Tribunal fédéral, lequel se prononce sur des questions concrètes et non théoriques (
art. 88 OJ
;
ATF 123 II 285
consid. 4;
ATF 120 Ia 165
consid. 1a p. 166;
ATF 118 Ia 46
consid. 3c p. 53, 488 consid. 1a p. 490 et les arrêts cités). L'intérêt actuel nécessaire fait défaut en particulier lorsque l'acte de l'autorité a été exécuté ou est devenu sans objet (
ATF 120 Ia 165
consid. 1a p. 166;
ATF 106 Ia 151
consid. 1a p. 152/153). En matière de marchés publics, l'intérêt actuel du soumissionnaire évincé est évident tant que le contrat n'est pas encore conclu entre le pouvoir adjudicateur et l'adjudicataire, car le recours lui permet d'obtenir la correction de la violation commise et la reprise du processus de passation. Mais il y a lieu d'admettre qu'un soumissionnaire évincé a aussi un intérêt actuel au recours lorsque le contrat est déjà conclu avec l'adjudicataire, voire exécuté, car il doit pouvoir obtenir une constatation d'illicéité de la décision pour pouvoir agir en dommages-intérêts. L'
art. 9 al. 3 LMI
prévoit en effet expressément que si, en matière de marchés publics, un recours à l'échelon cantonal ou un recours de droit public est fondé et qu'un contrat a déjà été passé avec le soumissionnaire, l'instance cantonale ou le Tribunal fédéral se borne à constater dans quelle mesure la décision contestée viole le droit fédéral. Il s'agit là d'une exception au principe de la nature cassatoire du recours de droit public (consid. 5a ci-dessus). Le Tribunal fédéral devrait aussi disposer d'une compétence de constatation de l'illicéité lorsqu'un recours est basé sur l'AIMPu, dès lors qu'une telle décision est un préalable indispensable à une demande en dommages-intérêts (CLERC, op.cit., p. 568 et la note de bas de page n. 1277. Voir aussi décision du 8 juillet 1998 en la cause ARGE X contre le canton des Grisons, où le Tribunal fédéral a relevé en passant qu'un soumissionnaire évincé pouvait en principe déduire de l'
art. 9 al. 3 LMI
et 18 AIMPu un droit à obtenir une décision constatant l'illicéité
BGE 125 II 86 S. 98
d'une adjudication lorsque le contrat avait déjà été conclu avec un tiers). L'
art. 18 al. 2 AIMPu
dispose d'ailleurs clairement que si le contrat est déjà conclu et que le recours est jugé bien fondé, l'autorité de recours constate le caractère illicite de la décision. Certes, cette règle concordataire ne saurait l'emporter en elle-même sur les dispositions de la loi fédérale d'organisation judiciaire (OJ). Mais on ne conçoit guère une solution différente pour le recours de droit public selon qu'il est fondé sur la LMI ou l'AIMPu. En l'espèce, le marché public a été adjugé au Groupement STEP 2300 et, à la suite du rejet de la requête d'effet suspensif au recours de droit public, le pouvoir adjudicateur a passé oralement un contrat avec l'adjudicataire, contrat dont l'exécution a commencé et qui devrait être confirmé prochainement par écrit. Le groupement recourant conserve donc un intérêt juridique à recourir, car si le Tribunal fédéral admet le recours, il constatera le caractère illicite de la décision attaquée.
6.
Saisi d'un recours de droit public fondé sur l'
art. 84 al. 1 lettre b OJ
, le Tribunal fédéral examine en principe librement l'interprétation et l'application des dispositions concordataires faites par les autorités cantonales (
ATF 115 Ia 212
consid. 2a;
ATF 112 Ia 75
consid. 1b;
ATF 109 Ia 335
consid. 5 p. 339 et les références citées). Cela vaut notamment pour ce qui concerne les règles assurant la régularité de la procédure d'adjudication. Le Tribunal fédéral s'impose toutefois une certaine retenue lorsqu'il s'agit de tenir compte de circonstances locales ou de trancher de pures questions d'appréciation (
ATF 121 I 279
consid. 3d p. 284;
ATF 120 Ia 74
consid. 5 p. 79;
ATF 119 Ia 411
consid. 2c p. 416, 445 consid. 3c p. 451). Il en va de même lorsqu'il s'agit de problèmes de nature essentiellement technique (
ATF 119 Ia 378
consid. 6a p. 383;
ATF 103 Ia 272
consid. 6c p. 278). En ce qui concerne plus particulièrement les marchés publics, le pouvoir adjudicateur dispose d'une grande liberté d'appréciation lors de l'adjudication (voir notamment, MICHEL, op.cit., n. 1975 p. 398 et 2021 p. 407). L'appréciation du Tribunal fédéral ne saurait donc se substituer à celle du pouvoir adjudicateur; seul l'abus ou l'excès du pouvoir d'appréciation doit être sanctionné. Le Tribunal fédéral ne peut donc revoir l'appréciation des prestations offertes sur la base des critères d'adjudication qu'avec une retenue particulière, parce qu'une telle appréciation suppose souvent des connaissances techniques, qu'elle repose nécessairement sur une comparaison des offres soumises par les soumissionnaires et qu'elle comporte aussi, inévitablement, une composante subjective de la part du pouvoir adjudicateur (cf. jurisprudence en matière d'examens applicable ici
BGE 125 II 86 S. 99
par analogie:
ATF 121 I 225
consid. 4b p. 230;
ATF 118 Ia 488
consid. 4c p. 495). Sur ce point, le pouvoir d'examen du Tribunal fédéral est pratiquement restreint à l'arbitraire. Comme en matière d'examens, le Tribunal fédéral se bornera le plus souvent - faute de connaissances techniques suffisantes - à vérifier que les règles de procédure relatives à la passation du marché public en question aient été respectées.
III.
Examen du fond
7.
a) Aux termes de l'art. 13 lettre f AIMPu, les dispositions d'exécution cantonales doivent garantir «des critères d'attribution propres à adjuger le marché à l'offre économiquement la plus avantageuse». Contrairement à l'exigence posée par l'
art. 3 AIMPu
, le canton de Neuchâtel n'a pas encore édicté de dispositions d'exécution sur ce point. L'
art. 16 al. 3 AIMPu
précise toutefois que même en l'absence d'une réglementation d'exécution cantonale, les dispositions de l'AIMPu peuvent être invoquées directement à l'appui du recours. Encore faut-il, selon CLERC (op.cit., p. 538), qu'elles soient suffisamment claires et précises pour être invoquées directement. Or tel est bien le cas en l'espèce. L'art. 13 lettre f AIMPu constitue une règle suffisamment précise pour être directement applicable, surtout si cette disposition est mise en relation avec les Directives qui, en attendant la réglementation d'exécution cantonale, ont une portée importante. Même si elles n'ont pas force juridiquement contraignante (CLERC, op.cit., p. 538), elles expliquent comment comprendre les principes auxquels les cantons se sont astreints. En cas de doute, le texte de l'AMP, comme celui de la LMP peuvent aussi fournir des éléments d'argumentation (cf. Jean-Baptiste Zufferey/Benoît Revaz, Le nouveau droit des marchés publics, Fribourg 1997, p. XVI et XVII). Selon le § 28 al. 1 des Directives, le marché est adjugé au soumissionnaire ayant présenté l'offre économiquement la plus avantageuse. Dans l'évaluation, le rapport prix/prestations doit être observé. Dans ce cadre, en dehors du prix, des critères particuliers peuvent être pris en considération, comme la qualité, les délais, la rentabilité, les coûts d'exploitation, le service après-vente, l'écologie, la convenance de la prestation, la valeur technique, l'esthétique, l'assurance qualité, la créativité et l'infrastructure.
b) Le groupement recourant se plaint pour l'essentiel d'une violation de l'Accord intercantonal sur les marchés publics. Il reproche en bref au pouvoir adjudicateur d'avoir omis de mentionner à l'avance tous les critères d'adjudication qui seraient pris en compte dans
BGE 125 II 86 S. 100
l'évaluation des offres. Il prétend avoir présenté l'offre économiquement la plus avantageuse au sens de l'art. 13 lettre f AIMPu, de telle sorte qu'il aurait droit à l'adjudication du marché public en question.
c) Si, en l'espèce, le pouvoir adjudicateur a énuméré les critères d'adjudication dans la documentation relative à l'appel d'offres, il ne les a toutefois pas classés par ordre d'importance; il s'est même expressément réservé le droit d'attribuer en toute liberté une valeur relative différente à chacun de ces critères lors de l'examen des offres (chiffre 9 i.f. du cahier des charges). Il est vrai que ni l'art. 13 lettre f AIMPu, ni aucune autre disposition dudit accord, n'impose expressément que les critères d'adjudication soient énumérés selon leur ordre d'importance. L'art. XII chiffre 2 lettre h AMP ne l'exige pas non plus explicitement. En revanche, l'
art. 21 al. 2 LMP
précise que les critères d'adjudication doivent figurer par ordre d'importance dans les documents relatifs à l'appel d'offres. Il en va de même du § 14 al. 1 lettre i des Directives.
La nouvelle réglementation sur les marchés publics a notamment pour but essentiel d'améliorer la transparence des procédures de passation des marchés (voir, préambule de l'AMP et art. XVII AMP; art. 1 al. 2 lettre c AIMPu;
art. 1 al. 1 lettre a LMP
), de manière à garantir une authentique concurrence entre les soumissionnaires et partant à permettre une utilisation parcimonieuse des deniers publics. La concurrence permet la comparaison des prestations et de choisir ainsi l'offre garantissant un rapport optimal entre le prix et la prestation. Seule une concurrence vraiment efficace assure une utilisation économique des fonds publics (Message relatif aux modifications à apporter au droit fédéral dans la perspective de la ratification des accords du GATT/OMC [Cycle d'Uruguay] [Message 2 GATT], in FF 1994 IV p. 995 ss, spéc. p. 1218, concernant la loi fédérale sur les marchés publics). Pour PIERRE TERCIER (La libéralisation du marché de la construction, in: Journées du droit de la construction, Fribourg 1997, vol. I, p. 2 ss, plus spéc. p. 16 et 24/25), la transparence des procédures de passation des marchés n'est pas un objectif, mais un moyen contribuant à atteindre le but central de la nouvelle législation qui est le fonctionnement d'une concurrence efficace, garanti par l'ouverture des marchés et en vue d'une utilisation rationnelle des deniers publics. La transparence est une condition indispensable au contrôle du respect de l'application de la loi et du bon déroulement des procédures. Elle est une exigence essentielle; il est important en effet que les participants puissent connaître à
BGE 125 II 86 S. 101
l'avance les diverses étapes de la procédure et leur contenu. A quoi on pourrait ajouter qu'il est aussi important que les participants connaissent à l'avance toutes les informations minimales et utiles pour leur permettre de présenter une offre valable et correspondant pleinement aux exigences posées par le pouvoir adjudicateur. Le principe de transparence n'est toutefois pas défini par la nouvelle réglementation sur les marchés publics (sur la portée du principe de la transparence, voir GALLI/LEHMANN/RECHSTEINER, op.cit., n. 218 à 222, p. 72/73). La doctrine suisse semble vouloir ériger la règle, selon laquelle les critères d'adjudication doivent figurer par ordre d'importance (
art. 21 al. 2 LMP
), en principe général qui serait applicable à toutes les procédures de passation de marchés publics, y compris au niveau cantonal et communal (cf. MICHEL, op.cit., n. 1976, p. 398 s.; METZ/SCHMID, op.cit., p. 67 s.; TERCIER, op.cit., p. 24; PETER GAUCH/PIERRE TERCIER, Die Liberalisierung des öffentlichen Baumarktes und viele Fragen, in: Baurechtstagung 1997, vol. I, p. 2 ss, plus spéc. p. 24/25; PETER GAUCH, Vergabeverfahren und Vergabegrundsätze nach dem neuen Vergaberecht des Bundes, in DC 4/1996, p. 103; PETER GAUCH, Das öffentliche Beschaffungsrecht der Schweiz. Ein Beitrag zum neuen Vergaberecht, in: recht 1997, p. 178/179. Voir aussi GALLI/LEHMANN/RECHSTEINER, op.cit., n. 221 p. 73, pour qui la règle selon laquelle les critères d'adjudication doivent figurer par ordre d'importance contenue à l'
art. 21 al. 2 LMP
serait l'un des aspects du principe de transparence).
Il convient dès lors d'admettre que le pouvoir adjudicateur est tenu d'énumérer par avance et dans l'ordre d'importance tous les critères d'adjudication qui seront pris en considération lors de l'évaluation des soumissions; à tout le moins doit-il spécifier clairement par avance l'importance relative qu'il entend accorder à chacun d'entre eux, afin de prévenir tout risque d'abus et de manipulations de la part de l'adjudicateur. Comme on l'a vu plus haut, le marché doit normalement être adjugé à celui qui présente l'offre économiquement la plus avantageuse (art. 13 lettre f AIMPu). Mais cette formulation est vague et laisse donc une marge d'appréciation considérable aux entités adjudicatrices qui doivent intégrer dans leur pondération tous les éléments permettant de juger de la relation «qualité-prix». Il existe dès lors un danger réel d'excès ou d'abus du pouvoir d'appréciation de la part des collectivités publiques concernées. Or l'obligation qui leur est faite d'indiquer préalablement les critères d'adjudication et leur ordre de priorité ou leur importance contribue précisément à réduire ce risque d'abus (TERCIER, op. cit., p. 24/25; GAUCH/TERCIER,
BGE 125 II 86 S. 102
op.cit., p. 24; GAUCH, Vergabeverfahren, op.cit., p. 103; GAUCH, Das öffentliche Beschaffungsrecht der Schweiz, op. cit., p. 178/179; PETER GAUCH, Das neue Beschaffungsgesetz des Bundes, in RDS 114/1995, p. 313 ss, p. 320/321).
Le marché public doit donc être attribué dans des conditions de transparence et de concurrence optimums. Or le jeu de la concurrence entre les soumissionnaires risquerait d'être faussé, si le pouvoir adjudicateur avait la possibilité, comme en l'espèce, de modifier librement au cours de la procédure de passation d'un marché (après le dépôt des soumissions) les critères d'adjudication, de même que leurs valeurs respectives. Certes, il n'est pas interdit au pouvoir adjudicateur d'attacher une importance plus grande à certains critères d'adjudication par rapport à d'autres, voire de ne pas tenir compte du tout de certains critères. Il est toutefois nécessaire qu'il le fasse savoir à l'avance à tous les soumissionnaires. En tant que la commune de La Chaux-de-Fonds n'a pas fait figurer les critères d'adjudication par ordre d'importance dans le cahier des charges ni n'a indiqué par avance les pondérations respectives qu'elle entendait attribuer à ces critères, sa décision d'adjudication s'avère contraire au principe de la transparence consacré par l'art. 1er al. 2 lettre c AIMPu et en particulier à l'art. 13 lettre f AIMPu. En fait, la formule choisie au chiffre 9 in fine du cahier des charges prive la procédure d'évaluation de toute transparence et permet toutes les manipulations puisque l'adjudicateur peut pondérer à sa guise les critères d'adjudication. Cela exclut du reste tout contrôle réel de l'évaluation (même si, comme on l'a vu plus haut, le pouvoir d'appréciation de l'autorité de recours est sur ce point limité).
d) Certes, dans sa décision d'adjudication, la commune de La Chaux-de-Fonds a souligné qu'elle avait voulu accorder un poids prépondérant à la qualité des prestations offertes, aux expériences faites et, enfin, aux garanties offertes pour l'assistance nécessitée ultérieurement pour l'entretien des installations. Or s'agissant de ce dernier critère, force est de constater qu'il ne figure pas expressément sur la liste des critères d'adjudication contenue au chiffre 9 du cahier des charges. Ainsi que le relève l'autorité intimée dans ses déterminations, il est vrai que le critère en question est mentionné dans le cahier des charges sous la rubrique «honoraires» (chiffre 8.1.4). Mais dans la mesure où le pouvoir adjudicateur considérait ce critère comme un élément déterminant pour l'adjudication en cause, on pouvait attendre de lui qu'il le place en évidence sur la liste des critères d'adjudication figurant au chiffre 9 du cahier des
BGE 125 II 86 S. 103
charges, afin de prévenir toute équivoque à cet égard. A cela s'ajoute que, selon la grille d'évaluation technique, un critère au moins (équipement informatique) a été pris en compte par le pouvoir adjudicateur dans l'examen des offres, alors même que l'on ne trouve aucune trace de ce critère dans le cahier des charges. C'est donc à juste titre que le groupement recourant se plaint de ce que la procédure de passation du marché public en question est entachée d'irrégularités. Dès lors, le recours doit être admis, sans qu'il soit nécessaire d'examiner les autres griefs soulevés par le recourant.
8.
Au vu de ce qui précède, le recours doit être admis. Le contrat ayant déjà été passé avec l'adjudicataire, il n'est pas possible d'annuler la décision attaquée (voir ci-dessus, consid. 5). Aussi la conclusion du recourant tendant à l'annulation de la décision attaquée est-elle devenue sans objet. Pour le surplus, il convient de constater que la décision attaquée est illicite dans le sens des considérants. Dès lors que son intérêt pécuniaire est en cause, la commune de La Chaux-de-Fonds doit supporter les frais judiciaires (
art. 156 al. 2 OJ
). La commune versera en outre au groupement recourant une indemnité équitable à titre de dépens (
art. 159 al. 2 OJ
). Ayant renoncé à se déterminer sur le fond, le Groupement STEP 2300, qui n'a pas pris de conclusions, n'a pas à allouer de dépens au recourant qui obtient gain de cause. | mixed |
8c136f7c-90ae-404d-89f1-f25ad41129bf | Sachverhalt
ab Seite 254
BGE 125 I 253 S. 254
In data 5 novembre 1997 l'avv. X. ha presentato alla Procura pubblica dei Grigioni una denuncia penale per delitti contro l'onore (
art. 173 e 177 CP
), eventualmente in connessione con vie di fatto (
art. 126 CP
), come pure per abuso di autorità (
art. 312 CP
) contro i membri della Commissione del Tribunale cantonale dei Grigioni giudici A., B. e C., nonché contro l'attuario D. La denuncia ha per oggetto una decisione pronunciata dalla Commissione su ricorso di Y., patrocinato dal denunciante. Secondo quest'ultimo, i giudici cantonali e l'attuario si sarebbero sfogati esprimendo rimproveri offensivi nei suoi confronti.
In applicazione dell'art. 67 cpv. 2 della legge sulla giustizia penale dell'8 giugno 1958 (LGP), la Procura pubblica ha chiesto al Gran Consiglio del Cantone dei Grigioni l'autorizzazione a procedere penalmente contro i denunciati. Con decreto del 27 gennaio 1998 il Gran Consiglio, seguendo la proposta della Commissione di giustizia, non ha revocato l'immunità dei giudici e non ha rilasciato l'autorizzazione a perseguirli penalmente. Esso ha applicato l'art. 67 cpv. 2 LGP pure all'attuario, negando anche nei suoi confronti l'autorizzazione a procedere penalmente.
X. presenta un ricorso di diritto pubblico, fondato sull'asserita lesione degli
art. 4, 58 Cost.
e 6 n. 1 CEDU, e chiede al Tribunale federale di annullare l'impugnato decreto.
Il Gran Consiglio e il Tribunale cantonale chiedono di respingere il ricorso in quanto ammissibile, l'attuario di respingerlo. La Procura pubblica e i giudici querelati hanno rinunciato a presentare osservazioni.
Il Tribunale federale ha respinto, in quanto ammissibile, il gravame. Erwägungen
Dai considerandi:
1.
a) Il Tribunale federale esamina d'ufficio e liberamente l'ammissibilità dei ricorsi che gli vengono sottoposti, senza essere vincolato, in tale ambito, dagli argomenti delle parti o dalle loro conclusioni (
DTF 125 I 14
consid. 2a;
DTF 124 I 11
consid. 1, 159 consid. 1).
b) La veste per proporre ricorso di diritto pubblico spetta, giusta l'
art. 88 OG
, ai privati che si trovano lesi nei loro diritti da decisioni che li riguardano personalmente, indipendentemente dalla circostanza
BGE 125 I 253 S. 255
ch'essi avessero qualità di parte nella sede cantonale (
DTF 123 I 279
consid. 3b;
DTF 121 I 267
consid. 2).
Secondo costante giurisprudenza, il denunciante, la parte lesa o la parte civile non sono legittimati a impugnare nel merito decisioni concernenti procedimenti penali nei quali essi abbiano - come il ricorrente - tale qualità. Essi non sono segnatamente legittimati a impugnare i giudizi con cui è stato pronunciato l'abbandono di un procedimento penale o è stata respinta la loro istanza d'apertura dell'istruzione formale. La pretesa punitiva spetta infatti unicamente allo Stato ed essi non possono quindi prevalersi di un interesse giuridico ai sensi dell'
art. 88 OG
(
DTF 121 IV 317
consid. 3b;
DTF 120 Ia 101
consid. 1a, 220 consid. 2a): ciò vale anche nel caso di delitti contro l'onore (
DTF 108 Ia 97
consid. 1;
DTF 114 Ia 275
consid. 1 inedito su ricorso del qui ricorrente). Le citate persone non possono pertanto far valere che l'autorità cantonale avrebbe violato la costituzione, segnatamente il divieto dell'arbitrio nell'applicare la legge, nell'accertare i fatti, nel valutare le prove o nell'apprezzarne la rilevanza.
c) Il ricorrente non si esprime, se non in termini assolutamente generici, sulla sua legittimazione di denunciante a ricorrere, contravvenendo al suo obbligo (cfr.
DTF 120 Ia 369
consid. 1a;
DTF 120 Ib 27
consid. 3a). Quest'obbligo gli incombeva tanto più visto ch'egli non è leso nella sua integrità fisica o psichica. Nessuno dei reati da lui prospettati rientra infatti nel campo di applicazione della legge federale del 4 ottobre 1991 concernente l'aiuto alle vittime di reati (LAV; RS 312.5), che gli avrebbe conferito, quale «lex specialis» per rapporto all'
art. 88 OG
, la capacità di agire (art. 8 cpv. 1;
DTF 120 Ia 157
consid. 2a-d). Non vi rientrano, tranne semmai casi di eccezionale gravità - circostanza non addotta dal ricorrente né ravvisabile nella fattispecie - i delitti contro l'onore (
DTF 120 Ia 157
consid. 2d/aa; FF 1990 II 725). Di massima, neppure l'abuso di autorità conferisce veste di vittima giusta la LAV a chi pretende di averlo subito; del resto, il ricorrente nemmeno afferma che la sua integrità fisica o psichica sarebbe stata direttamente pregiudicata dal comportamento dei denunciati (
DTF 120 Ia 157
consid. 2d/aa). Infine, anche le vie di fatto (su questa nozione v.
DTF 119 IV 25
) non fondano la qualità di vittima (cfr.
DTF 120 Ia 157
consid. 2d/aa; sentenze inedite del 2 settembre 1998 in re B., consid. 3b/aa, del 16 marzo 1998 in re J., consid. 2, e del 7 luglio 1994 in re B., consid. 1).
2.
a) La costante prassi del Tribunale federale, che nega la legittimazione del denunciante a impugnare con un ricorso di diritto pubblico
BGE 125 I 253 S. 256
i giudizi con cui è stato pronunciato l'abbandono di un procedimento penale o è stata respinta l'istanza d'apertura dell'istruzione formale - prassi che, come si è visto, vale anche in materia di delitti contro l'onore - si applica pure al rifiuto di un Parlamento cantonale di revocare l'immunità a membri di autorità amministrative e giudiziarie superiori. Anche in tal caso il ricorso tende in realtà unicamente al perseguimento penale del detentore dell'immunità (sentenze inedite del 4 marzo 1986 in re J., consid. 2, del 2 febbraio 1987 in re A., consid. 1, del 20 marzo 1987 in re L., consid. 1b/aa, del 3 aprile 1989 in re K., consid. 1c, del 4 settembre 1989 in re M., consid. 4a/bb, del 13 settembre 1990 in re M., consid. 2, del 14 maggio 1992 in re E., consid. 2a, e dell'8 gennaio 1996 in re S., consid. 2c; v. anche KARL SPÜHLER, Die Praxis der staatsrechtlichen Beschwerde, Berna 1994, pag. 39 n. 55; nella sentenza inedita del 20 novembre 1979 in re M., concernente una causa grigione, la questione di sapere se un siffatto rifiuto costituiva una violazione di un vero e proprio diritto di parte era stata lasciata aperta perché il ricorso era comunque infondato nel merito, consid. 2b).
Certo, il rifiuto parlamentare di revocare l'immunità non può essere senz'altro parificato al giudizio penale con cui viene respinta l'istanza d'apertura dell'istruzione formale o viene abbandonato il procedimento penale. Le due fattispecie sono tuttavia assimilabili, visto che anche nel primo caso si tende, in definitiva e unicamente, a far perseguire penalmente gli autori del presunto reato, laddove la pretesa punitiva spetta esclusivamente allo Stato. Ne segue che anche nella presente fattispecie al danneggiato può essere riconosciuto solo un mero interesse di fatto, e non giuridico, al perseguimento dei magistrati e dell'attuario. Il mantenimento di tale giurisprudenza si giustifica a maggior ragione dopo l'entrata in vigore della LAV. | mixed |
81f44fc6-bc46-4f41-be5f-1f4cadb8454c | mixed |
|
e27b3568-0d8e-4289-88e2-a9c1245dd684 | Erwägungen
ab Seite 38
BGE 144 I 37 S. 38
Aus den Erwägungen:
2.
Es ist vorab über die Gesuche in Bezug auf das bundesgerichtliche Verfahren zu befinden. Im Rahmen seines "Ablehnungsgesuchs" rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des Anspruchs auf ein auf Gesetz beruhendes Gericht gemäss
Art. 6 EMRK
. Die Besetzung des Spruchkörpers des Bundesgerichts im Einzelfall beruhe nicht auf einem gesetzlichen Geschäftsverteilungsplan, sondern liege im Ermessen des Abteilungspräsidenten. Die in Art. 16 Abs. 3 und Art. 40 des Reglements vom 20. November 2006 für das Bundesgericht (BGerR; SR 173.110.131) für die Gerichtsbesetzung vorgesehenen Kriterien böten keine Gewähr dafür, dass der Spruchkörper gegen Einflussnahme von aussen hinreichend geschützt sei.
2.1
Nach
Art. 30 Abs. 1 BV
hat jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind ausdrücklich untersagt. Die Regelung will verhindern, dass Gerichte eigens für die Beurteilung einer Angelegenheit gebildet werden. Die Rechtsprechung soll auch nicht durch eine gezielte Auswahl der Richterinnen und
BGE 144 I 37 S. 39
Richter im Einzelfall beeinflusst werden können. Jede Besetzung, die sich nicht mit sachlichen Gründen rechtfertigen lässt, verletzt die Garantie des verfassungsmässigen Richters gemäss
Art. 30 Abs. 1 BV
(
BGE 137 I 340
E. 2.2.1; Urteil 4A_473/2014 vom 11. Dezember 2014 E. 4.2).
Von einem sachlichen Grund ist immer dann auszugehen, wenn diesem Schritt vernünftige Überlegungen zugrundeliegen, die einer sach- und zeitgerechten Fallerledigung dienen. Sachliche Gründe sind vereinbar mit persönlichen Motiven, die in der Person der Richterin oder des Richters liegen. Sie stehen bloss in Widerspruch zu sachwidrigen Beweggründen, die nicht dem Anliegen einer korrekten Verfahrensführung entspringen und bezwecken, in manipulativer Weise einen ganz bestimmten Spruchkörper für einen konkreten Fall einzurichten, um damit das gewünschte Ergebnis herbeizuführen (vgl. JOHANNES REICH, in: Basler Kommentar, Bundesverfassung, 2015, N. 15 f. zu
Art. 30 BV
). Insofern stellen etwa auch Arbeitsüberlastung oder kürzere krankheitsbedingte Abwesenheiten und Ferien - welch letztere nicht immer kurzfristig geplant bzw. verschoben werden können - jedenfalls bei dringlichen Verfahren sachliche Gründe dar, die sich durch das verfassungsmässige Beschleunigungsgebot (
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
,
Art. 29 Abs. 1 BV
) rechtfertigen lassen (Urteil 1B_79/2017 vom 21. September 2017 E. 4.2). Der verfassungsmässige Anspruch darauf, dass die Behörde richtig zusammengesetzt ist, schliesst ein gewisses Ermessen bei der Besetzung des Spruchkörpers sowie beim Entscheid über den Beizug von Ersatzrichtern nicht aus. Allerdings soll die Besetzung, wenn immer möglich, nach sachlichen Kriterien erfolgen (
BGE 137 I 340
E. 2.2.1;
BGE 105 Ia 172
E. 5b; Urteil 1B_491/2016 vom 24. März 2017 E. 1.3).
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
verlangt unter dem Aspekt des auf Gesetz beruhenden Gerichts einen justizförmigen, unabhängigen und unparteiischen Spruchkörper, der über Streitfragen auf der Grundlage des Rechts und in einem gesetzlich vorgesehenen Verfahren mit rechtstaatlichen Garantien entscheidet. Erforderlich sind insbesondere Vorschriften über die Einrichtung, Zusammensetzung, Organisation und Zuständigkeit des Gerichts. Der EGMR prüft zwar die Einhaltung staatlichen Rechts, stellt aber die Auslegung durch die Gerichte nur in Frage, wenn sie das Recht eindeutig verletzt oder willkürlich ist. Er stellt darauf ab, ob das staatliche Gericht vernünftige Gründe hatte, seine Zuständigkeit anzunehmen. Nicht nur das Gericht, sondern auch der zur Entscheidung berufene Spruchkörper muss
BGE 144 I 37 S. 40
auf Gesetz beruhen. Voraussetzung ist eine entsprechende, die Gerichtsbesetzung regelnde gesetzliche Vorschrift. Gerichte, die aufgrund der Verfassung oder von Gesetzen - wobei die Strassburger Organe Gesetze in einem materiellen Sinn verstehen - eingerichtet wurden, entsprechen den Anforderungen von
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
. Details lassen sich im Wege der Delegation regeln. Demgegenüber ist
Art. 6 EMRK
verletzt, wenn Vorschriften des staatlichen Rechts über die Zusammensetzung des Spruchkörpers missachtet worden sind (MEYER-LADEWIG/NETTESHEIM/VON RAUMER, Europäische Menschenrechtskonvention, Handkommentar, 4. Aufl. 2017, N. 66 und 71 zu
Art. 6 EMRK
; PABEL/SCHMAHL, Internationaler Kommentar zur Europäischen Menschenrechtskonvention, Ordner 1, 11. Lieferung - April 2009, N. 294 zu
Art. 6 EMRK
; je mit Hinweis auf das Urteil des EGMR
Posokhov gegen Russland
vom 4. März 2003, Nr. 63486/00, § 39-43; ebenso Urteil des EGMR
Fedotova gegen Russland
vom 13. September 2006, Nr. 73225/01, § 38-42; vgl. Urteile 4A_473/2014 vom 11. Dezember 2014 E. 4.3; 6B_757/2007 vom 23. Mai 2008 E. 3.1).
2.2
Gemäss
Art. 22 BGG
regelt das Bundesgericht die Verteilung der Geschäfte auf die Abteilungen nach Rechtsgebieten, die Bildung der Spruchkörper sowie den Einsatz der nebenamtlichen Richter und Richterinnen durch Reglement.
Art. 32 Abs. 1 BGG
sieht vor, dass der Präsident oder die Präsidentin der Abteilung als Instruktionsrichter beziehungsweise Instruktionsrichterin das Verfahren bis zum Entscheid leitet; er oder sie kann einen anderen Richter oder eine andere Richterin mit dieser Aufgabe betrauen.
Nach
Art. 40 Abs. 1 BGerR
wird der Spruchkörper vom Präsidenten oder der Präsidentin der zuständigen Abteilung gebildet. Er oder sie berücksichtigt neben den zwingenden gesetzlichen Bestimmungen namentlich folgende Kriterien und Umstände: Ausgewogenheit der Belastung der Richter und Richterinnen; dabei ist den funktionsbedingten Zusatzbelastungen (z.B. Bundesgerichtspräsidium) Rechnung zu tragen (
Art. 40 Abs. 2 lit. a BGerR
); Sprache; dabei soll soweit möglich die Muttersprache des Referenten oder der Referentin der Verfahrenssprache entsprechen (lit. b); Mitwirkung von Mitgliedern beiderlei Geschlechts in Fällen, in denen es die Natur der Streitsache als angezeigt erscheinen lässt (lit. c); spezifische Fachkenntnisse in einem bestimmten Bereich (lit. d); Mitwirkung an früheren Entscheiden im gleichen Sachgebiet (lit. e); Abwesenheiten,
BGE 144 I 37 S. 41
insbesondere Krankheit oder Ferien (lit. f). Konnexe Fälle werden in der Regel vom gleichen Spruchkörper beurteilt (
Art. 40 Abs. 4 BGerR
). Hat ein Mitglied einer anderen Abteilung mitzuwirken, so bezeichnet der Präsident oder die Präsidentin der urteilenden Abteilung dieses Mitglied nach dessen Anhörung und im Einverständnis mit dem Präsidenten oder der Präsidentin der Abteilung, der es angehört (
Art. 40 Abs. 5 BGerR
).
Seit 2012 bzw. 2013 hat das Bundesgericht zudem die EDV-Applikation "CompCour" zur automatischen Bestimmung der mitwirkenden Richter, ohne Präsident und Referent, eingeführt (Geschäftsberichte des Bundesgerichts 2012 und 2013, je S. 12), welche die Bestimmung der Spruchkörper weiter objektiviert bzw. vom subjektiven Willen des Abteilungspräsidenten abstrahiert (vgl. dazu Urteil 1B_491/2016 vom 24. März 2017 E. 1.3).
2.3
Nach dem Gesagten stehen weder die Bundesverfassung noch die EMRK bzw. die dazu ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichts oder des EGMR einer "aktiven", mithin nicht bloss auf Zufall basierenden Zusammensetzung des Spruchkörpers entgegen, solange diese gesetzlich geregelt ist und auf sachlichen Kriterien beruht. Dies ist aber mit Bezug auf die Zusammensetzung der Spruchkörper des Bundesgerichts der Fall.
2.3.1
Der Beschwerdeführer bestreitet zu Recht nicht, dass die in Erwägung 2.2 hiervor wiedergegebene Regelung des
Art. 32 BGG
und
Art. 40 Abs. 2-5 BGerR
im Voraus bestimmte, in jedem Einzelfall zu berücksichtigende Kriterien für die Zusammensetzung des Spruchkörpers enthält. Er macht namentlich nicht geltend, diese erfolge in bestimmten Fällen in einer von der sonst üblichen Praxis abweichenden Art und Weise, um ein gewünschtes Ergebnis zu erzielen. Entgegen seiner Auffassung beruht die Zusammensetzung des Spruchkörpers damit auf entsprechenden, die Gerichtsbesetzung regelnden gesetzlichen Vorschriften, zumal hierfür ein auf Delegation basierendes (
Art. 22 und 32 BGG
) materielles Gesetz im Sinne eines Reglements wie das BGerR genügt. Daran ändert nichts, dass dem Abteilungspräsidenten hierbei ein gewisses Ermessen zukommt, da er zahlreiche Kriterien zu beachten hat, welche dieses Ermessen erheblich einschränken (sogleich E. 2.3.2). Es kann auch keine Rede davon sein, dass Personen als Richter fungieren würden, die gesetzlich nicht vorgesehen wären. Die Spruchkörper setzen sich stets aus den aktiven Richtern und Gerichtsschreibern zusammen, welche auf der offiziellen Website des Bundesgerichts sowie im Staatskalender
BGE 144 I 37 S. 42
aufgeführt sind (vgl. Urteil 1B_471/2016 vom 14. Dezember 2016 E. 1). Anders als ein Teil der hiesigen Lehre (REICH, a.a.O., N. 16 zu
Art. 30 BV
mit Hinweisen) verlangt der EGMR nicht, dass die Zusammensetzung des Spruchkörpers im Voraus aufgrund einer generell-abstrakten Regelung bestimmbar sein müsse. Er greift zudem nur ein, wenn die Auslegung des innerstaatlichen Rechts durch die Gerichte dieses eindeutig verletzt oder willkürlich ist (oben E. 2.1). Solches macht der Beschwerdeführer aber nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich. Er kann daher aus der Rechtsprechung des EGMR zu
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
nichts zu seinen Gunsten ableiten.
2.3.2
Der Beschwerdeführer bestreitet zu Recht auch die Sachlichkeit der im BGerR aufgeführten Kriterien für die Zusammensetzung des Spruchkörpers nicht. Dies gilt etwa für die Berücksichtigung der Arbeitsbelastung gemäss
Art. 40 Abs. 2 lit. a BGerR
, welche das Bundesgericht auch im Zusammenhang mit der Besetzung kantonaler Gerichte explizit als sachliches, mit
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
vereinbares Kriterium anerkennt (Urteil 1B_79/2017 vom 21. September 2017 E. 4.2; vgl. oben E. 2.1). Dies muss auch für das Bundesgericht selbst gelten. Angesichts dessen Funktion als oberste Gerichtsinstanz eines föderalen Bundesstaates mit vier Amtssprachen ist ebenso die Berücksichtigung der Muttersprache des Referenten (lit. b) sachlich begründet, zumal dies der Qualität der Entscheide zuträglich ist. Dies gilt gleichfalls für die Berücksichtigung spezifischer Fachkenntnisse eines Gerichtsmitglieds in einem bestimmten Bereich (lit. d), die Mitwirkung an früheren Entscheiden im gleichen Sachgebiet (lit. e) und die Behandlung konnexer Fälle durch den gleichen Spruchkörper (
Art. 40 Abs. 4 BGerR
). Letzteres ist namentlich im Interesse einer effizienten Fallbearbeitung sinnvoll und trägt der Bedeutung des Beschleunigungsgebots gemäss
Art. 29 Abs. 1 BV
Rechnung. Sachlich begründet ist ferner die Mitwirkung von Mitgliedern beiderlei Geschlechts in entsprechend gelagerten Fällen (lit. c), etwa betreffend strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität. Zu beachten ist schliesslich, dass die Strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts lediglich aus fünf Mitgliedern besteht, was den Ermessensspielraum des an sämtlichen Entscheiden mitwirkenden Abteilungspräsidenten bezüglich der (weiteren) Zusammensetzung des Spruchkörpers abermals erheblich einschränkt. Der Ermessensspielraum des Abteilungspräsidenten bei der Fallzuteilung ist mit
Art. 30 Abs. 1 BV
und
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
vereinbar. Das Gesuch ist insoweit abzuweisen.
BGE 144 I 37 S. 43
2.3.3
Mit Bezug auf das Gesuch des Beschwerdeführers, die konkrete Zusammensetzung des Spruchkörpers sei ihm vorab mitzuteilen, ist schliesslich auf die konstante Rechtsprechung des Bundesgerichts zu verweisen. Wie dieses wiederholt ausgeführt hat, erlässt es vor der Behandlung von Beschwerden keine "Richterzuteilungsentscheide" und ist es dazu weder verfassungs- noch konventionsrechtlich oder gesetzlich verpflichtet (Urteile 1B_105/2017 vom 27. März 2017 E. 1; 1B_491/2016 vom 24. März 2017 E. 1.2.1; 1B_471/2016 vom 14. Dezember 2016 E. 1; 1B_240/2015 vom 18. Januar 2016 E. 1). Das Gesuch ist demnach abzuweisen; ohnehin ist es mit dem Erlass des vorliegenden Urteils gegenstandslos geworden. | mixed |
2f67701c-86d0-4b3b-b160-dd156957672f | Sachverhalt
ab Seite 281
BGE 144 V 280 S. 281
A.
A.a Die 1916 geborene B. lebte vom 10. Juni 2010 bis zu ihrem Tod am 20. Januar 2015 im Alterszentrum C. Am 13. Februar und 8. März 2012 liess sie sich bei der Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen zum Bezug von Leistungen aus der kantonalen Pflegefinanzierung anmelden. Mit Verfügung vom 10. April 2012 sprach ihr die Ausgleichskasse ab dem 19. Januar 2012 bei einer zugrunde gelegten Pflegetaxe von Fr. 100.-, einem Krankenkassenanteil von Fr. 45.- und einem Selbstbehalt von Fr. 21.60 Restfinanzierungsleistungen in der Höhe von Fr. 33.40 pro Tag zu, woraus eine Nachzahlung in der Höhe von insgesamt Fr. 3'440.20 resultierte. Daran wurde mit Einspracheentscheid vom 13. Juli 2012 festgehalten. Das in der Folge angerufene Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen hiess die Beschwerde teilweise gut, hob den angefochtenen Einspracheentscheid auf und wies die Sache zur weiteren Abklärung im Sinne der Erwägungen an die Verwaltung zurück (Entscheid vom 17. Dezember 2012). Auf die dagegen sowohl von der Ausgleichskasse als auch vom Departement des Innern des Kantons St. Gallen erhobenen Beschwerden trat das Bundesgericht mit Urteilen 9C_92/2013 und 9C_115/2013 vom 15. Februar 2013 nicht ein.
A.b
In Umsetzung verschiedener Korrekturmassnahmen verfügte die Ausgleichskasse am 27. Mai 2014 die Ausrichtung folgender
BGE 144 V 280 S. 282
Leistungen aus der Restfinanzierung des Kantons bzw. der Gemeinde St. Gallen pro Tag an B.: 19. Januar 2012 bis 13. Juni 2013: Fr. 33.40; 14. Juni bis 7. Juli 2013: Fr. 46.40; 8. bis 31. Juli 2013: Fr. 72.40; 1. August 2013 bis 31. März 2014: Fr. 59.40; ab 1. April 2014: Fr. 85.40. Die dagegen gerichtete Einsprache wurde abgewiesen (Einspracheentscheid vom 3. Dezember 2014).
B.
Im Rahmen des daraufhin angehobenen Beschwerdeverfahrens veranlasste das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen eine pflegeökonomische Aktenbegutachtung durch Dr. rer. cur. D. (Gutachten vom 16. Januar 2017 samt Ergänzung vom 6. April 2017). Nachdem B. am 20. Januar 2015 verstorben war, führte der bisherige Rechtsvertreter, A., als Willensvollstrecker im Nachlass der Verstorbenen den Prozess weiter. Mit Entscheid vom 2. Mai 2017 hiess das Gericht die Beschwerde teilweise gut, hob den angefochtenen Einspracheentscheid vom 3. Dezember 2014 auf und wies die Sache zur Festsetzung und Ausrichtung der Leistungen im Sinne der Erwägungen an die Ausgleichskasse zurück. Die Kosten des Gerichtsgutachtens wurden der Ausgleichskasse auferlegt.
C.
Die Ausgleichskasse führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei der Einspracheentscheid vom 3. Dezember 2014 zu bestätigen.
Während A. auf Abweisung der Beschwerde schliesst, soweit darauf einzutreten sei, ersucht das Bundesamt für Gesundheit (BAG) um teilweise Gutheissung.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die (weiteren) Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (
Art. 29 Abs. 1 BGG
;
BGE 139 V 42
E. 1 S. 44 mit Hinweisen).
1.1
Die II. sozialrechtliche Abteilung des Bundesgerichts ist zuständig für die Behandlung von Beschwerden im Bereich der Restfinanzierung von Pflegekosten, sofern diese nach Eintritt eines Leistungsfalls erhoben werden (Art. 35 lit. d des Reglements vom 20. November 2006 für das Bundesgericht [BGerR; SR 173.110.131];
BGE 142 V 94
E. 1.1 f. S. 95 f.;
BGE 138 V 377
E. 2.2 S. 379; Urteile 9C_176/2016 vom 21. Februar 2017 E. 1.1, in: SVR 2017 KV Nr. 13 S. 59,
BGE 144 V 280 S. 283
und 9C_578/2014 vom 17. Juni 2015 E. 1.1, nicht publ. in:
BGE 141 V 446
, aber in: SVR 2015 KV Nr. 15 S. 59). Das ist hier der Fall, weshalb die Angelegenheit durch die II. sozialrechtliche Abteilung an die Hand zu nehmen ist.
1.2
Gemäss
Art. 90 BGG
ist die Beschwerde zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen. Gegen einen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid, der nicht die Zuständigkeit oder den Ausstand betrifft (vgl.
Art. 92 BGG
), ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nur zulässig, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (
Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG
) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (
Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG
). Ist die Beschwerde nicht zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, bleibt ein Zwischenentscheid im Rahmen einer Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, sofern er sich auf dessen Inhalt auswirkt (
Art. 93 Abs. 3 BGG
).
Entscheide, mit denen eine Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, sind grundsätzlich Zwischenentscheide, die nur unter den genannten Voraussetzungen beim Bundesgericht angefochten werden können (
BGE 140 V 282
E. 2 S. 283 f. mit Hinweisen). Anders verhält es sich, wenn der unteren Instanz, an welche zurückgewiesen wird, kein Entscheidungsspielraum mehr verbleibt und die Rückweisung lediglich noch der Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten dient (
BGE 135 V 141
E. 1.1 S. 143). Diesfalls liegt ein ohne weiteres selbstständig anfechtbarer Endentscheid im Sinne von
Art. 90 BGG
vor (
BGE 134 II 124
E. 1.3 S. 127; Urteil 9C_684/2007 vom 27. Dezember 2007 E. 1.1, in: SVR 2008 IV Nr. 39 S. 131).
1.2.1
Das kantonale Gericht hat die Angelegenheit an die Beschwerdeführerin zurückgewiesen, damit diese die der verstorbenen Versicherten zustehenden Pflegeleistungen "in Nachachtung der gerichtsgutachterlichen Beurteilung" festsetze und ausrichte.
1.2.2
Ob es sich dabei um einen End- oder einen Zwischenentscheid handelt, kann offenbleiben. Er enthält Anordnungen, die den Beurteilungsspielraum der Beschwerdeführerin zumindest wesentlich einschränken. Sie wird damit gezwungen, eine ihres Erachtens rechtswidrige Verfügung zu erlassen. Die Eintretensvoraussetzung des nicht
BGE 144 V 280 S. 284
wieder gutzumachenden Nachteils im Sinne von
Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG
ist vor diesem Hintergrund erfüllt, weshalb sich die Beschwerde so oder anders als zulässig erweist (
BGE 140 V 282
E. 4.2 S. 285 f.; u.a. Urteile 9C_592/2015 vom 2. Mai 2016 E. 1.2 und 9C_265/2015 vom 12. Oktober 2015 E. 1.1, in: SVR 2016 EL Nr. 1 S. 1).
1.3
Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.
(...)
3.
Die rechtlichen Grundlagen stellen sich wie folgt dar:
3.1
Seit Inkrafttreten der Neuordnung der Pflegefinanzierung am 1. Januar 2011 leistet einerseits die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) einen Beitrag an die Pflegeleistungen, welche auf Grund einer ärztlichen Anordnung und eines ausgewiesenen Pflegebedarfs ambulant, auch in Tages- oder Nachtstrukturen, oder im Pflegeheim erbracht werden (
Art. 25a Abs. 1 KVG
). Der Bundesrat bezeichnet gemäss Abs. 3 der Bestimmung die Pflegeleistungen und regelt das Verfahren der Bedarfsermittlung. Er setzt - so Abs. 4 der Norm - die Beiträge differenziert nach dem Pflegebedarf in Franken fest. Massgebend ist dabei der Aufwand nach Pflegebedarf für Pflegeleistungen, die in der notwendigen Qualität, effizient und kostengünstig erbracht werden. Die Pflegeleistungen werden einer Qualitätskontrolle unterzogen. Der Bundesrat legt die Modalitäten fest. Anderseits haben sich auch die öffentliche Hand und die Versicherten an den Pflegekosten zu beteiligen, wobei Letzteren nach
Art. 25a Abs. 5 Satz 1 KVG
von den nicht von Sozialversicherungen gedeckten Pflegekosten höchstens 20 Prozent des höchsten vom Bundesrat festgesetzten Pflegebeitrags überwälzt werden dürfen. Die Kantone regeln gemäss Satz 2 der Bestimmung die Restfinanzierung.
Die dritte Finanzierungsquelle - neben OKP und Beteiligung der Versicherten -, die Restfinanzierung durch die öffentliche Hand, steht vorliegend im Fokus. Die kantonale Zuständigkeit ändert indessen nichts daran, dass der grundsätzliche Anspruch auf Übernahme ungedeckter Pflegekosten durch die öffentliche Hand (Kanton oder Gemeinden) bundesrechtlicher Natur ist. Leistungserbringer sind - je nach kantonaler Regelung - Kantone oder Gemeinden, also Personen öffentlichen Rechts, die grundsätzlich nicht dem KVG unterstellt sind, zumal sie ihre Leistungen nicht zu Lasten der OKP abrechnen (
BGE 142 V 94
E. 3.1 S. 98 f.;
BGE 140 V 58
E. 4.1 S. 61 f.,
BGE 140 V 563
E. 2.2 am Ende S. 566;
BGE 138 I 410
;
BGE 138 V 377
E. 5.2 S. 381 f.;
BGE 144 V 280 S. 285
Urteil 9C_176/2016 vom 21. Februar 2017 E. 3.1, in: SVR 2017 KV Nr. 13 S. 59).
Nach
Art. 33 lit. i KVV
(SR 832.102) bezeichnet das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) den nach
Art. 25a Abs. 1 und 4 KVG
vorgesehenen und nach Pflegebedarf differenzierten Beitrag an die Pflegeleistungen. Gestützt darauf hat das EDI in
Art. 7 Abs. 2 KLV
(SR 832.112.31) u.a. den von Pflegeheimen zu erbringenden Leistungsbereich neu umschrieben (so in lit. c Ziff. 1 die Massnahmen der Allgemeinen Grundpflege), in
Art. 8 KLV
die Regelung des Verfahrens der Bedarfsermittlung ergänzt und in
Art. 7a KLV
die Beiträge der OKP an die Pflegeleistungen konkretisiert.
3.2
3.2.1
Nach
Art. 50 Satz 1 KVG
vergütet der Krankenversicherer bei einem Aufenthalt in einem Pflegeheim (
Art. 39 Abs. 3 KVG
) die gleichen Leistungen wie bei ambulanter Krankenpflege nach
Art. 25a KVG
. Das revidierte Gesetz sieht keine einheitliche Finanzierung aller Pflegeleistungen vor, sondern unterscheidet zwischen der Finanzierung der "Leistungen aus Akut- und Übergangspflege" sowie derjenigen der "Pflegeleistungen". Bezüglich Letzterer ist die OKP im Rahmen der neuen Pflegefinanzierung nicht mehr verpflichtet, eine vollständige Vergütung zu gewährleisten; sie entrichtet nurmehr einen Beitrag in Franken an die entsprechenden Leistungen (
Art. 25a Abs. 3 ff. KVG
in Verbindung mit
Art. 7 ff. KLV
).
3.2.2
Diese Neuordnung stellt einen wesentlichen Systemwechsel zur bisherigen Regelung dar. Neu sind die für die übrigen Pflegeleistungen anfallenden Kosten demnach in drei Kategorien aufzuteilen (vgl.
BGE 138 I 410
E. 4.2 S. 417 f.; Urteile 9C_484/2017 vom 12. März 2018 E. 3.1, 2C_728/2011 vom 23. Dezember 2011 E. 3.2 und 2C_864/2010 vom 24. März 2011 E. 2.2):
- Einen vom Bundesrat festzulegenden Beitrag trägt die OKP (festgelegt gestaffelt nach Pflegebedarf auf Fr. 9.- bis Fr. 108.- pro Tag [
Art. 33 lit. i KVV
in Verbindung mit
Art. 7a Abs. 3 KLV
]);
- Maximal 20 Prozent des höchsten dieser Beiträge, also maximal 20 Prozent von Fr. 108.- bzw. Fr. 21.60 pro Tag, dürfen den Versicherten überwälzt werden (
Art. 25a Abs. 5 Satz 1 KVG
);
- Der verbleibende Teil wird schliesslich gemäss der von den Kantonen zu treffenden Regelung finanziert (sog. Restfinanzierung im Sinne eines kantonalen Pflegebeitrags [
Art. 25a Abs. 5 Satz 2 KVG
]).
BGE 144 V 280 S. 286
3.3
Damit sollte einerseits die bisherige sozialpolitisch schwierige Situation vieler pflegebedürftiger Personen entschärft, zugleich aber eine zusätzliche Belastung der OKP verhindert werden. Deshalb wurde zum einen im Gesetz ausdrücklich festgelegt, dass die Krankenversicherung nicht die gesamten Pflegekosten übernimmt, sondern nur einen Beitrag daran leistet (
Art. 25a Abs. 1 KVG
). Anderseits begrenzte der Gesetzgeber aus sozialpolitischen Gründen die von den Heimbewohnern zu leistenden Pflegekosten betragsmässig (
Art. 25a Abs. 5 Satz 1 KVG
) und erleichterte zugleich für bedürftige Heimbewohner die Bezahlung dieser Pflegekosten durch eine Erhöhung der Ergänzungsleistungen (vgl. die durch Ziff. 12 des Bundesgesetzes vom 13. Juni 2008 über die Neuordnung der Pflegefinanzierung revidierte Fassung von
Art. 10 und 11 ELG
[SR 831.30]). Der verbleibende Betrag, der weder von der Krankenversicherung noch von den Bewohnern bezahlt wird, ist von der öffentlichen Hand (Kanton oder Gemeinden) zu übernehmen, was im Gesetz nicht klar gesagt, aber gemeint ist. Für die Regelung der Restfinanzierung sind die Kantone zuständig (
Art. 25a Abs. 5 Satz 2 KVG
;
BGE 140 V 563
E. 2.2 S. 565 f.;
BGE 138 V 377
E. 5.1 S. 381; Urteile 2C_228/2011 vom 23. Juni 2012 E. 3.2.2 und 2C_864/2010 vom 24. März 2011 E. 4.2 mit zahlreichen Hinweisen; ferner GEBHARD EUGSTER, Krankenversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 3. Aufl. 2016, S. 763 Rz. 1191).
3.4
Gemäss Art. 6 Abs. 1 des Gesetzes des Kantons St. Gallen vom 13. Februar 2011 über die Pflegefinanzierung (PFG; sGS 331.2, in Kraft ab 1. Januar 2011) legt die Regierung nach Anhörung der politischen Gemeinden durch Verordnung die Höchstansätze der Pflegekosten in Franken je Pflegebedarf und Tag fest. In Nachachtung dieser Bestimmung wurden in Art. 2 der Verordnung des Kantons St. Gallen vom 14. Dezember 2010 über die Pflegefinanzierung (sGS 331.21; nachfolgend: PFV) die Höchstansätze der zu entgeltenden Pflegekosten je Pflegestufe pro Tag festgelegt (Fr. 12.-bis Fr. 254.-).
Art. 8 Abs. 1 PFG
sieht sodann vor, dass die versicherte Person einen Beitrag an die nicht durch die OKP gedeckten Pflegekosten leistet. Der Beitrag darf indessen 20 Prozent des höchsten nach Massgabe des Bundesrechts von der Versicherung zu übernehmenden Pflegebeitrags nicht übersteigen (d.h. 20 Prozent von Fr. 108.- [gemäss
Art. 7a Abs. 3 lit. l KLV
], woraus ein maximaler Selbstbehalt von Fr. 21.60 resultiert; vgl. E. 3.2.2 hiervor). Nach
Art. 9 Abs. 1
bis
PFG
trägt die zuständige politische Gemeinde die
BGE 144 V 280 S. 287
Pflegekosten, soweit diese nicht von Sozialversicherungen und dem Beitrag der versicherten Person gedeckt sind. Die Kosten der nicht-pflegerischen Leistungen (sog. Pensions- und Betreuungsleistungen) werden demgegenüber vollständig der versicherten Person auferlegt (
Art. 8 Abs. 2 PFG
).
4.
Streitig ist der von der Beschwerdeführerin festzusetzende Restfinanzierungsbeitrag in Bezug auf den Pflegeheimaufenthalt der verstorbenen Versicherten für den Zeitraum vom 19. Januar 2012 bis 20. Januar 2015. Zu prüfen hat das Bundesgericht nur, ob die vom Kanton St. Gallen in diesem Bereich festgelegten Höchstansätze der zu übernehmenden Pflegekosten die bundesrechtlichen Vorgaben gemäss
Art. 25a Abs. 5 KVG
einhalten.
5.
Das kantonale Gericht erwog zunächst in grundsätzlicher Hinsicht - unter Bezugnahme auch auf seine Ausführungen im Rückweisungsentscheid vom 17. Dezember 2012 -, dass für die Restfinanzierung der Pflegekosten gemäss
Art. 25a Abs. 5 KVG
die tatsächlichen ungedeckt gebliebenen Pflegekosten massgebend seien. Wenn die tatsächlich erbrachten, im konkreten Fall als wirtschaftlich einzustufenden KVG-Pflegeleistungen somit höhere Kosten verursachten als die in
Art. 6 Abs. 1 PFG
in Verbindung mit
Art. 2 PFV
vorgesehenen kantonalen Ansätze, habe nach
Art. 25a Abs. 5 KVG
der kantonale bzw. kommunale Pflegebeitrag die höheren tatsächlichen KVG-Pflegekosten zu decken. Die in
Art. 2 PFV
festgehaltenen Höchstansätze erwiesen sich diesfalls als bundesrechtswidrig. Im Weiteren kam die Vorinstanz zum Ergebnis, das im Rahmen des Beschwerdeverfahrens eingeholte pflegeökonomische Gutachten des Dr. rer. cur. D. vom 16. Januar 2017 (samt Ergänzung vom 6. April 2017) erfülle sämtliche Anforderungen an eine beweiskräftige Gerichtsexpertise, weshalb auf dessen Schlussfolgerungen abgestellt werden könne. Es sei daher als erwiesen anzusehen, dass die Pflegekosten der verstorbenen Versicherten pro Tag je nach Pflegebedarf zwischen mindestens Fr. 112.52 bis maximal Fr. 256.08 betragen hätten. Die vom Kanton St. Gallen in
Art. 2 PFV
festgelegten Höchstansätze seien damit um 11 bis 12 Prozent überschritten worden. Der Gerichtsgutachter habe zudem Pflegeleistungen identifiziert, die zu Unrecht unter die Betreuungsleistungen subsumiert worden seien. Die Sache sei daher an die Ausgleichskasse zurückzuweisen, damit sie "in Nachachtung der gerichtsgutachterlichen Beurteilung" die - nach Abzug des Selbstbehalts von Fr. 21.60 - tatsächlich ungedeckten Pflegekosten ermittle und vollumfänglich entschädige.
BGE 144 V 280 S. 288
6.
6.1
Dagegen wendet die beschwerdeführende Ausgleichskasse zum einen ein, dass mit der Feststellung des kantonalen Gerichts, wonach im Rahmen der Restfinanzierung der Pflegekosten nach
Art. 25a Abs. 5 KVG
stets die tatsächlich ungedeckten Pflegekosten im Einzelfall massgebend seien, die weitgefasste bundesrechtliche Vorgabe eingeschränkt werde. Somit werde zu Unrecht eine Abgeltung der individuell festgestellten und ausgewiesenen Pflegeminuten gefordert. Im Rahmen der bundesrechtlichen Vorgaben seien auch Pauschalisierungen möglich. Die Vorinstanz ignoriere zudem die 12-stufige Abrechnungssystematik gemäss
Art. 7a KLV
. Überdies könnten die Kantonsregierungen zur Wirtschaftlichkeitsprüfung Betriebsvergleiche zwischen verschiedenen Leistungserbringern (sog. Benchmarking) durchführen. Die St. Galler Höchstansätze seien denn auch anhand systematischer Kostenvergleiche und Prüfung durch die Regierung festgelegt worden. Ob die strittigen kantonalen Höchstansätze zulässig seien, hänge entscheidend davon ab, ob
Art. 25a Abs. 5 Satz 2 KVG
dafür Raum lasse. Nach dessen Wortlaut räume dieser Artikel den Kantonen einen weiteren Gestaltungsspielraum ein, in welchem die in vielen Kantonen gefestigte Praxis der Höchst- oder Normansätze ohne Weiteres Platz habe. Der Gesetzgeber habe bewusst diese weite Formulierung gewählt. Ein früherer Alternativvorschlag, wonach für die restlichen Kosten die öffentliche Hand aufkomme oder "die darüber hinausgehenden Pflegekosten" vom Kanton übernommen würden, hätten sich im Parlament nicht durchgesetzt.
6.2
Der Beschwerdeführerin (und dem BAG gemäss dessen letztinstanzlicher Vernehmlassung) ist in dem Sinne beizupflichten, als die Aussage im angefochtenen Entscheid, die ungedeckten tatsächlichen Pflegekosten seien zu ermitteln und vollumfänglich zu entschädigen, nicht bedeuten kann, dass die Entschädigung nicht stufengerecht nach Pflegebedarfsstufe zu erfolgen hat. Die Beiträge der OKP nach
Art. 7a KLV
beziehen sich auf den Pflegebedarf der versicherten Person, der im Rahmen der Bedarfsabklärung nach
Art. 8 KLV
ermittelt und ärztlich bestätigt wird. Sie haben sich daher auf eine der zwölf Pflegebedarfsstufen nach
Art. 7a Abs. 3 KLV
zu beziehen.
Art. 9 Abs. 2 KLV
präzisiert sodann, dass die Leistungen nach dem Pflegebedarf in Rechnung gestellt werden müssen. Dies gilt nicht nur für die Rechnungen zuhanden der OKP, sondern auch für diejenigen an die Kantone bzw. Gemeinden zwecks Restfinanzierung.
BGE 144 V 280 S. 289
Damit wird die Wirtschaftlichkeit der Leistungen sichergestellt. Das BAG umschreibt die bundesrechtlichen Vorgaben betreffend die Modalitäten der Abrechnungspflicht von Pflegeheimen zutreffend. Demgemäss sind diese (nach einer Übergangsfrist) verpflichtet, eine Kostenrechnung und eine Leistungsstatistik gemäss der Verordnung vom 3. Juli 2002 über die Kostenermittlung und die Leistungserfassung durch Spitäler, Geburtshäuser und Pflegeheime in der Krankenversicherung (VKL; SR 832.104; vgl. Art. 9, 11, 12, 14, 15 VKL) zu führen. Im Rahmen der Kostenrechnung ist eine Zeiterfassung vorzunehmen, damit die Kosten der Betreuung und der Pension ausgeschieden und diejenigen der KVG-pflichtigen Pflege ermittelt werden können. Die damit transparent ausgewiesenen Kosten für die eigentlichen Pflegeleistungen dienen als Grundlage auch für die Restfinanzierung der Kantone bzw. Gemeinden. Da die Anzahl der für die verschiedenen Pflegebedarfsstufen geleisteten Pflegetage im Rahmen der Leistungsstatistik bekannt sind, wird die Summe der ausgewiesenen KVG-Pflegekosten so gewichtet, dass das Total der von der OKP, den Patienten und den Kantonen bzw. Gemeinden zu vergütenden Kosten nach Pflegestufe berechnet werden kann. Kohärent mit diesem System und den Vorgaben des KVG stellen die Leistungserbringer denn auch ihre Leistungen nach Pflegebedarfsstufen sowohl der OKP als auch den Kantonen bzw. Gemeinden in Rechnung.
7.
7.1
In der Beschwerde wird ferner moniert, im Rahmen der Restfinanzierung der Pflegekosten nach
Art. 25a Abs. 5 KVG
seien für den Kanton St. Gallen allein die gestützt auf
Art. 6 Abs. 1 PFG
in
Art. 2 PFV
normierten Höchstansätze massgebend. Indem die Vorinstanz sich nicht an die betreffenden Vorgaben halte, sondern die Vergütung auch der darüber liegenden Pflegekosten fordere, verletze sie das Gebot der Wirtschaftlichkeit der Leistungen (
Art. 32 Abs. 1 KVG
), das mittels der Höchstansätze auf kantonaler Ebene konkretisiert worden sei, und damit die den Kantonen in diesem Bereich zustehende Autonomie. Pflegekosten, welche die Höchstansätze gemäss
Art. 2 PFV
überstiegen, dürften von den Pflegeheimen nicht in Rechnung gestellt werden bzw. seien von diesen selber - im Sinne unwirtschaftlich erbrachter Leistungen - im Rahmen des unternehmerischen Risikos zu tragen (in diesem Sinne auch die Stellungnahme des Departements des Innern des Kantons St. Gallen vom 11. September 2014).
BGE 144 V 280 S. 290
7.2
Die bestehende bundesrechtliche Regelung der Restfinanzierung der Pflegekosten äussert sich nicht zur hier strittigen Frage des Verhältnisses zwischen kantonalen Höchstansätzen und ungedeckt gebliebenen tatsächlichen pflegerischen Kosten.
Art. 25a Abs. 5 KVG
in der neuen Fassung gemäss Änderung des KVG vom 29. September 2017 (Ablauf der Referendumsfrist am 18. Januar 2018, BBl 2017 6243) wird zwar punkto örtlicher Zuständigkeit eine Präzisierung erfahren, für die vorliegende Thematik lässt sich daraus indessen nichts Weiterführendes ableiten.
Das Bundesgericht hat in mehreren Urteilen zur noch geltenden Rechtslage präzisiert, den Kantonen komme in der konkreten Ausgestaltung der Restfinanzierung ein weiter Ermessensspielraum zu. So steht
Art. 25a Abs. 5 KVG
beispielsweise einer die Globalkosten deckenden pauschalen Tarifierung nicht entgegen. Diese kann somit einer per Pflegeheim individualisierten Kostenübernahme vorgezogen werden. Der den Kantonen obliegende Anteil muss mithin nicht danach finanziert werden, welche Restkosten jede einzelne Person konkret generiert (
BGE 138 I 410
E. 4.2 und 4.3 S. 418 f.; Urteile 2C_228/2011 vom 23. Juni 2012 E. 3.2.1, 2C_727/2011 vom 19. April 2012 E. 6.3.1, nicht publ. in:
BGE 138 II 191
, und 2C_728/ 2011 vom 23. Dezember 2011 E. 3.5 f.). Eine Abstufung der Pauschaltarifierung nach Massgabe des Pflegebedarfs wird damit nicht verunmöglicht (Urteil 2C_728/2011 vom 23. Dezember 2011 E. 4.1). Eine solche sieht
Art. 25a Abs. 5 KVG
nicht vor, verbietet sie aber auch nicht (Urteil 2C_864/2010 vom 24. März 2011 E. 3.1).
Art. 25a Abs. 5 KVG
verlangt anderseits keine Abstufung des Kostenanteils nach Pflegebedarf. Die Selbstkosten müssen daher nicht proportional zum Pflegeaufwand sein. Eine kantonale Regelung, welche die stärker Pflegebedürftigen überproportional mehr subventioniert als die weniger Pflegebedürftigen, ist nicht bundesrechtswidrig (Urteil 2C_864/2010 vom 24. März 2011 E. 3.1 und 4.3; zum Ganzen auch: EUGSTER, a.a.O., S. 763 Rz. 1191). Die Kantone haben in Ausübung der ihnen übertragenen Kompetenzen die Restfinanzierung der ungedeckten Pflegekosten denn auch unterschiedlich umgesetzt. In vielen Kantonen wurde - wie auch im Kanton St. Gallen - eine Höchstgrenze für die Beiträge der öffentlichen Hand an die Pflegekosten festgelegt (häufig unter dem Stichwort "Normkosten" oder "Normdefizit"). Damit sollen die Pflegeheime motiviert werden, den Betrieb wirtschaftlich zu führen und die Kosten für die Pflege einzugrenzen (vgl. etwa ROSENKRANZ/MEIERHANS, Defizite bei der
BGE 144 V 280 S. 291
Umsetzung der Pflegekostengrenze, Pflegerecht 2/2013 S. 76 ff., 77; ferner
BGE 142 V 94
E. 3.2 S. 99 f.;
BGE 138 I 410
E. 4.3 S. 418 f. mit Hinweisen; Urteile 9C_176/2016 vom 21. Februar 2017 E. 3.2, in: SVR 2017 KV Nr. 13 S. 59, und 2C_728/2011 vom 23. Dezember 2011 E. 3.6).
7.3
7.3.1
Die Beschwerdeführerin beruft sich zur Untermauerung ihres Standpunkts einerseits auf den Tarifschutz gemäss
Art. 44 Abs. 1 Satz 1 KVG
. Danach müssen sich die Leistungserbringer an die vertraglich oder behördlich festgelegten Tarife und Preise halten und dürfen für Leistungen nach dem KVG keine weitergehenden Vergütungen berechnen.
7.3.2
Dem ist - mit dem BAG - entgegenzuhalten, dass
Art. 25a Abs. 5 KVG
keine eigentliche Tariffestlegung im Sinne des KVG (
Art. 43 KVG
ff. [4. Abschnitt]) beinhaltet. Vielmehr handelt es sich dabei um eine Vorschrift betreffend die Verteilung der Pflegekosten auf die drei Finanzierungsquellen OKP, versicherte Person und öffentliche Hand. Der in
Art. 44 Abs. 1 KVG
geregelte Tarifschutz bezieht sich indessen, wie sich bereits aus dessen Formulierung ergibt ("Tarife und Preise"), nicht auf Kostenbeiträge und sonstige Finanzierungen von Leistungen (vgl. auch ROSENKRANZ/MEIERHANS, a.a.O., S. 79; ferner Urteil 2C_333/2012 vom 5. November 2012 E. 5.5).
7.4
Nach den vorstehenden Erwägungen ist es den Kantonen rechtsprechungsgemäss grundsätzlich erlaubt, ihrer Pflicht zur Restfinanzierung mittels Festlegung von Pauschaltarifen - hier in Form von Höchstansätzen - nachzukommen.
Fraglich ist, wer die Kosten zu tragen hat, die über diesen Ansätzen liegen (nachfolgend ungedeckte Restkosten). Die Rechtsordnung des Kantons St. Gallen enthält hierzu keine Regelung.
7.4.1
Auf Grund der betraglichen Limitierung der Beiträge gemäss
Art. 25a KVG
dürfen die Kosten weder den obligatorischen Krankenversicherern noch den versicherten Personen auferlegt werden. Zu betonen ist in diesem Zusammenhang, dass es den Leistungserbringern insbesondere untersagt ist, Kosten von KVG-Pflegeleistungen in Form von überhöhten Betreuungs- und Pensionstaxen den Heimbewohnerinnen und -bewohnern in Rechnung zu stellen, welche sich deshalb allenfalls zu einem Pflegeheimwechsel genötigt sehen.
BGE 144 V 280 S. 292
Als Finanzierer der ungedeckten Pflegekosten können somit entweder die Kantone und die Gemeinden oder die Pflegeheime bzw. deren Trägerschaft in Fragen kommen (in diesem Sinne auch ROSENKRANZ/MEIERHANS, a.a.O., S. 78).
7.4.2
In seinem erläuternden Bericht vom 6. Dezember 2010 über die Verordnung über die Pflegefinanzierung (nachfolgend: Erläuterungsbericht) führte das Gesundheitsdepartement des Kantons St. Gallen aus (vgl. auch Kurzbericht des Departements des Innern, Amt für Soziales, vom 8. September 2014), aus der Botschaft zum PFG gehe hervor, dass die öffentliche Hand zwar gemäss
Art. 25a Abs. 5 Satz 2 KVG
den nicht durch Beiträge der OKP und der versicherten Personen gedeckten Rest der Pflegekosten zu finanzieren habe. Eine unbegrenzte Anerkennung dieser Restkosten sei indessen aus unterschiedlichen Gründen nicht angezeigt. Damit hätte der Kanton beispielsweise keine Möglichkeit sicherzustellen, dass die öffentliche Hand nur für Kosten aufkomme, die aus der Erbringung von Pflegeleistungen im Sinne von
Art. 7 Abs. 2 KLV
entstanden seien, die zudem vor dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach
Art. 32 KVG
standhielten. Die finanziellen Auswirkungen für die öffentliche Hand wären nicht absehbar und eine Kostensteuerung gänzlich verunmöglicht. Analog zur Regelung bei den Ergänzungsleistungen sehe das PFG deshalb die Festlegung von Höchstansätzen vor. Damit würden die effektiven individuellen Pflegekosten bis zu einem festgelegten maximalen Kostendach vergütet. Die individuellen Pflegekosten der Einrichtungen und Organisationen hingen von unterschiedlichen betriebsspezifischen Kostenfaktoren ab, wobei die Personalkosten den grössten Anteil ausmachten. Die Leistungserbringer hätten es in der Hand, auf die betriebseigenen Kosten erheblich Einfluss zu nehmen. Höchstgrenzen könnten nicht nach wirtschaftlichen Kalkulationsmethoden allgemein gültig berechnet, sondern lediglich aus einem Vergleich unterschiedlicher Betriebszahlen abgeleitet werden. Die Höchstansätze wurden, wie dem Bericht weiter zu entnehmen ist, wie folgt ermittelt:
- Kostenrechnung aus dem Jahr 2008 von 83 zugelassenen Pflegeheimen (74,6 Prozent der zugelassenen Plätze);
- Errechnung der für jedes Heim individuellen Pflegekosten je BESA (Bewohnerinnen-Einstufungs- und Abrechnungssystem)-Punkt auf Grund der gesamten Pflegekosten je Einrichtung und der von jeder Einrichtung verrechneten BESA-Punkte;
BGE 144 V 280 S. 293
- Teuerungsbereinigte Umrechnung auf die 12-stufige Einteilung nach Pflegeminuten gemäss KVG für die Jahre 2009, 2010 und 2011.
Nach dem Erläuterungsbericht differierten die Pflegekosten in den einzelnen Pflegeheimen teuerungsbedingt für das Jahr 2011 zwischen Fr. 1.68 und Fr. 4.39 je BESA-Punkt. Mit dem Durchschnittswert von Fr. 2.92 könnten - so der Bericht im Weiteren - nur 47 Prozent der zugelassenen Heime ihre Pflegekosten decken. Ziel müsse es jedoch sein, Höchstansätze festzulegen, welche einerseits eine wirtschaftliche Leistungserbringung im Jahr 2011 garantierten, anderseits aber weder die geforderte Pflegequalität beeinträchtigten noch einen unerwünschten Druck auf den Personalaufwand (Lohndumping, erhöhter Leistungsdruck) auslösten. Dies bedeute, dass es für eine überwiegende Mehrheit der Einrichtungen möglich sein müsse, ihre Pflegeleistungen in konstanter Qualität und zu gleichen Preisen wie bis anhin zu erbringen. Eine Ausrichtung des Höchstansatzes am tiefsten ermittelten Punktewert wäre deshalb für fast alle Heime wirtschaftlich untragbar. Gleiches gälte auch bei einem Kostendach in der Höhe der durchschnittlichen Pflegekosten für noch die Hälfte der Heime. Eine Ausrichtung am höchsten Punktewert könne demgegenüber von Kanton und Gemeinden nicht finanziert werden und würde sich zudem stark kostentreibend auswirken. Des Weitern sei aktuell nicht nachvollziehbar, worin die enormen Kostenunterschiede bzw. die Kosten der teuersten Einrichtungen begründet seien. Der Totalbetrag der künftigen Restfinanzierung sei stark davon abhängig, in welchem Mass vermieden werden könne, dass sich bisher günstigere Heime bei der Leistungserbringung verstärkt an den Höchsttarifen orientierten. Die Entwicklung sei daher genau zu verfolgen und es seien, falls nötig, Anpassungen vorzunehmen.
Die in der Verordnung festgelegten Höchstansätze lägen über den Durchschnittsansätzen und ermöglichten für 75 Prozent der Pflegeheime eine kostendeckende Leistungserbringung. Auf Grund ihrer Überdurchschnittlichkeit hätten sie ferner zugunsten der Leistungserbringer mit hohen Tarifen bereits den Charakter einer Übergangslösung und seien daher direkt anwendbar. Es müsse mittelfristig möglich sein, die Kosten in den Pflegeheimen mit derzeit besonders hohen Tarifen nachhaltig zu senken. Leistungserbringer, die nicht bei den Höchstansätzen anstünden, hätten ausreichend Spielraum, um die Kostenentwicklungen zu berücksichtigen. Deshalb werde auf
BGE 144 V 280 S. 294
eine Regelung bezüglich Anpassung der Höchstansätze verzichtet. Die Regierung könne eine solche bei Bedarf in einem Nachtrag zur Verordnung vornehmen. Mit dem Aufbau des Controllings bestehe künftig eine sichere Datenlage, wodurch eine Anpassung an die Teuerung besser beurteilt und gewährleistet werden könne. Das Controlling, welches durch das Amt für Soziales, Departement des Innern, wahrgenommen werde, solle, neben der Kostensteuerung und -überwachung, auch ermöglichen, den Leistungserbringern (Heimen) und Kostenträgern (Kanton, Gemeinden, Krankenversicherungen und versicherten Personen) sinnvolle betriebswirtschaftliche Vergleichswerte (Benchmarks) zur Verfügung zu stellen. Es müsse sich auf die nach einheitlichem Standard zu führenden Kostenrechnungen der Einrichtungen stützen. Damit könne gleichzeitig sichergestellt werden, dass die Pflegefinanzierung in sämtlichen Einrichtungen nach identischen Be- und Abrechnungsmethoden ermittelt und umgesetzt werde. Einer speziellen Überprüfung durch den Kanton bedürften die Kostenstrukturen jener Pflegeheime, welche den Höchsttarif in Rechnung stellten oder deren Tarife ein überdurchschnittliches Wachstum aufwiesen.
7.4.3
Wie hiervor dargelegt (vgl. E. 6.2), muss sich der Kanton bei der Regelung der Restfinanzierung gemäss
Art. 25a Abs. 5 Satz 2 KVG
auf die für die Erbringung der KVG-Pflege transparent ausgewiesenen Kosten stützen (können). Das BAG hat in einem an die Kantone und Verbände der Pflegeheime gerichteten Schreiben vom 23. Juni 2015 denn auch nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die Kosten der Pflegeleistungen auf Grund der Vorgaben der VKL zu ermitteln seien und die Zuteilung der Kosten an die Pflege, Betreuung und Hotellerie anhand einer Zeiterfassung zu erfolgen habe. Erst auf dieser Basis kann das Instrument der Betriebsvergleiche angewendet werden und ist der Kanton überdies in der Lage zu überprüfen, ob die Leistungen wirtschaftlich im Sinne von
Art. 32 KVG
erbracht worden sind. Dieselbe Stossrichtung ergibt sich aus dem erwähnten kantonalen Erläuterungsbericht.
Es ist mithin die Aufgabe der Kantone, welchen die Restfinanzierung für die Pflegekosten obliegt, die Einhaltung der entsprechenden Vorgaben sicherzustellen, allenfalls in Form von Tarifvorschriften, sowie - auch im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht - bei Bedarf einzugreifen und die notwendigen Schritte in die Wege zu leiten. Als ultima ratio ist die Streichung einer Einrichtung aus der gestützt auf
BGE 144 V 280 S. 295
Art. 39 KVG
(im Hinblick auf Pflege, medizinische Betreuung und Rehabilitation von Langzeitpatienten) erstellten Pflegeheimliste (hier gemäss Beschluss der Regierung des Kantons St. Gallen vom 20. Dezember 2011 [sGS 381.181]) ins Auge zu fassen (vgl. Art. 30a und 34 des Sozialhilfegesetzes des Kantons St. Gallen vom 27. September 1998 [SHG; sGS 381.1] in Verbindung mit Art. 5 der Verordnung der Regierung des Kantons St. Gallen vom 3. Februar 2004 über private Betagten- und Pflegeheime [sGS 381.18; nachfolgend: VBP]). Geschieht dies nicht, hat die öffentliche Hand die daraus resultierenden Mehrkosten zu tragen (so sinngemäss auch das BAG in seiner letztinstanzlichen Vernehmlassung).
Zusammenfassend ist es den Kantonen demnach zwar gestattet, der ihnen auferlegten Restfinanzierungspflicht der Pflegekosten mit der Normierung betraglicher Höchstansätze nachzukommen. Sind diese im Einzelfall jedoch nicht kostendeckend, erweisen sie sich als mit der Regelung von
Art. 25a Abs. 5 Satz 2 KVG
nicht vereinbar.
7.4.3.1
Anzumerken ist, dass der Grund für die weite Formulierung von
Art. 25a Abs. 5 Satz 2 KVG
("Die Kantone regeln die Restfinanzierung") nicht, wie die Beschwerdeführerin darlegt, in einem Vorbehalt betreffend die Höhe dieser Restkosten zu suchen ist, sondern darin, dass das Parlament es den Kantonen überlassen wollte, wie und wer für die Restkosten aufkommt. Beispielsweise wollte man die Möglichkeit der Finanzierung durch die Gemeinden offenlassen. Dass die Restkosten vollständig durch die öffentliche Hand finanziert werden sollen, geht aus der parlamentarischen Debatte zweifelsfrei hervor (AB S vom 25. September 2007 [Forster-Vannini, Kommissionssprecherin: "... dass die Restkosten, das heisst, die innerkantonalen Restkosten, von den Kantonen in eigener Kompetenz geregelt werden soll. [...]. Wie die Kantone die restlichen Kosten begleichen, soll in ihrer eigenen Kompetenz bleiben"]; so auch AB N vom 4. Dezember 2007, S. 1779 [Humbel, Kommissionssprecherin], 1785 [Schenker, Ruey]).
7.4.3.2
Schliesslich ergeben sich diesbezügliche Hinweise auch aus der bisherigen Rechtsprechung, wonach "... les cantons sont tenus de veiller à une couverture de l'ensemble des coûts des soins effectifs" (Urteil 2C_727/2011 vom 19. April 2012 E. 6.3.1, nicht publ. in:
BGE 138 II 191
, vgl. auch dessen E. 4.2.3 [S. 199] und 4.2.6 [S. 200]) bzw. "... l'art. 25a al. 5 LAMal garantit que les coûts des soins résiduels, à savoir l'intégralité des frais effectifs que ni
BGE 144 V 280 S. 296
l'assurance obligatoire des soins ni l'assuré ne prendraient à leur charge, soit assumée par les collectivités publiques, soit par le canton ou, si ce dernier décide de les mettre (également) à contribution, par les communes" (
BGE 138 I 410
E. 4.2 S. 418) und "... et qui, d'après l'art. 25a al. 5 LAMal, ne sont pris en charge ni par les assurances sociales ni par les assurés, soient entièrement couverts par l'Etat" (
BGE 138 I 410
E. 4.3 S. 419; in diesem Sinne auch Urteile 2C_228/ 2011 vom 23. Juni 2012 E. 3.2.1, 2C_728/2011 vom 23. Dezember 2011 E. 3.4 und 2C_864/2010 vom 24. März 2011 E. 4.2).
7.4.4
Aus dem kantonalen Erläuterungsbericht vom 6. Dezember 2010 ist zu schliessen, dass der Kanton den Gründen, weshalb die berechneten Kosten pro BESA-Punkt zwischen den Pflegeheimen derart grosse Unterschiede auswiesen, nicht näher nachgegangen ist. Er begnügte sich vielmehr mit der Erhebung und Feststellung des Status quo und ging davon aus, dass sich mittelfristig auch diejenigen Einrichtungen mit den teuersten Strukturen in der Lage sähen, durch Effizienzsteigerung ihre Kosten zu senken. Damit wurde indessen - wie das BAG zutreffend bemerkt - gleichzeitig impliziert, dass 25 Prozent der zugelassenen Pflegeheime zumindest kurzfristig über keine genügende Finanzierung verfügen würden. Damit nahm und nimmt der Kanton in Kauf, dass die betroffenen Institutionen die fehlenden Finanzierungsmittel, jedenfalls über einen gewissen Zeitraum, bei den Heimbewohnern in Form überhöhter Betreuungs- und Pensionstaxen generieren.
7.4.4.1
Entsprechende Anhaltspunkte sind im vorliegenden Fall denn auch erkennbar. So hatte das Alterszentrum C. seinen Bewohnerinnen und Bewohnern im Schreiben vom 21. Januar 2014 mitgeteilt, im Rahmen der per 1. April 2014 vorgesehenen Tariferhöhungen werde der Pensionspreis um zehn Prozent erhöht. Als Gründe hierfür wurden Verbesserungen in Form eines Neubaus (Lift) sowie der "Erweiterung unseres Aktivitätsangebotes" genannt, welche eine "merkliche Kostensteigerung" mit sich brächten. Zudem wurde ein täglicher Kostenbeitrag für Pflege- und Betreuungskosten in der Höhe von neu pauschalisiert Fr. 24.50 angekündigt, unabhängig davon, ob die Betreuungsleistungen im Einzelfall beansprucht würden oder nicht. Ferner ist der Steuerbescheinigung vom 8. Januar 2016 betreffend Pflegekosten der verstorbenen Versicherten im Zeitraum vom 1. Dezember 2014 bis 20. Januar 2015 zu entnehmen, die steuerpflichtige Person habe den Selbstbehalt sowie die Kürzung infolge
BGE 144 V 280 S. 297
hoher Pflegekosten ("Kosten über den Tarif gemäss St. Galler Verordnung über die Pflegefinanzierung") selber tragen müssen.
7.4.4.2
Nach dem Gesagten hat die Beschwerdeführerin bzw. der Kanton St. Gallen grundsätzlich sämtliche der ungedeckten Restkosten der verstorbenen Versicherten im massgeblichen Zeitraum zu übernehmen. Einer näheren Abklärung der konkret erbrachten massgeblichen Pflegeleistungen und deren Kosten im Sinne des vorinstanzlich veranlassten pflegeökonomischen Gutachtens des Dr. rer. cur. D. vom 16. Januar 2017 samt Ergänzung vom 6. April 2017 bedurfte es im vorliegenden Verfahren nicht.
Das vom kantonalen Gericht in Auftrag gegebene Pflegegutachten kann und darf nämlich nicht als Grundlage für den Rechtsstreit dienen, denn dies würde die Wirtschaftlichkeitsprüfung, so wie sie in der KLV (Art. 8 f.) vorgesehen ist, unterlaufen. Die Pflege ist - wie die Krankheitsbehandlung - im Rahmen von Gesetz und Verordnung kassenpflichtig. Wenn sich zeigt, dass unwirtschaftlich gehandelt wurde, kommt ein Kontroll- und Schlichtungsverfahren (
Art. 8a KLV
) bzw. - bei der Krankheitsbehandlung - das schiedsgerichtliche Verfahren zum Zug.
Die Abklärung betreffend die Pflegekosten kann daher nicht mittels eines Gutachtens - sozusagen mittels einer Parallelprüfung - erfolgen, sondern das Pflegeheim muss gestützt auf die Vorgaben der Verordnung vom 3. Juli 2002 über die Kostenermittlung und die Leistungserfassung die Kosten nach Leistungsart bzw. Kostenträger ermitteln (OKP-Leistungen, Hotellerie u.a., vgl.
Art. 9 Abs. 1 und
Art. 14 Abs. 2 VKL
).
Die Eckzahlen bezüglich der Pflegeleistungen für die verstorbene Versicherte liegen und lagen auch zur Zeit des ersten kantonalen Entscheids vor, denn das Pflegeheim (oder die verstorbene Versicherte bzw. deren Vertreter) hat während des Heimaufenthalts der Krankenkasse Rechnung gestellt für die Pflegeleistungen, weshalb diese als bekannt vorausgesetzt werden müssen. Auch der Betrag gemäss
Art. 25 Abs. 5 Satz 1 KVG
(20 Prozent des Höchstbetrags gemäss
Art. 7a Abs. 3 lit. l KLV
; d.h. Fr. 21.60 pro Tag) sind bekannt wie schliesslich die Hotelleriekosten und die persönlichen Auslagen.
Aus diesen Gründen hat das Gericht die unnötigerweise verursachten Gutachterkosten zu tragen.
Es bleibt damit im Grundsatz - wenn auch ohne Bezugnahme auf die "gerichtsgutachterliche Beurteilung" - beim vorinstanzlichen Rückweisungsentscheid, wonach die Beschwerdeführerin die nach Abzug
BGE 144 V 280 S. 298
des Beitrags der OKP sowie des Selbstbehalts der verstorbenen Versicherten ungedeckten tatsächlichen Pflegekosten zu ermitteln und festzusetzen hat. Da das Bundesgericht an die Rechtsbegehren der Parteien gebunden (
Art. 107 Abs. 1 BGG
) und eine Abänderung des vorinstanzlichen Entscheids zu Lasten der Beschwerdeführerin daher ausgeschlossen ist (reformatio in peius), sind in casu jedoch keine Kosten zu erstatten, die über denjenigen liegen, welche gemäss Gutachten des Dr. rer. cur. D. vom 16. Januar 2017 samt Ergänzung vom 6. April 2017 ausgewiesen und abzugelten wären.
8.
8.1
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin - sie unterliegt in der Hauptsache (Restfinanzierung) und obsiegt lediglich in einem Nebenpunkt (Kosten des Gerichtsgutachtens) - die Gerichtskosten zu tragen (
Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG
).
8.2
Gemäss
Art. 68 Abs. 2 BGG
wird die unterliegende Partei in der Regel verpflichtet, der obsiegenden Partei alle durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen. Nach bundesgerichtlicher Praxis haben obsiegende Parteien grundsätzlich nur dann Anspruch auf eine Parteientschädigung, wenn sie durch eine externe Anwältin oder einen externen Anwalt vertreten sind und deshalb tatsächlich Anwaltskosten anfallen (vgl. Urteil 2C_807/2008 vom 19. Juni 2009 E. 4.3 mit Hinweisen). Wenn eine Anwältin oder ein Anwalt in eigener Sache prozessiert, ist nur ausnahmsweise - beispielsweise bei Vorliegen einer komplizierten Sache mit hohem Streitwert oder bei hohem Arbeitsaufwand, welcher den üblichen Aufwand für die Besorgungen der persönlichen Angelegenheiten übersteigt - eine Parteientschädigung zuzusprechen (u.a. Urteile 4A_76/2014 vom 19. Juni 2014 E. 5, 2C_807/2008 vom 19. Juni 2009 E. 4.3 und 4P.324/2005 vom 27. Februar 2006 E. 7; je mit Hinweisen).
8.2.1
Vorliegend hat der Beschwerdegegner den Prozess bis zum Tod von B. am 20. Januar 2015 als deren Rechtsvertreter und in deren Interesse geführt. Danach führte er ihn als Willensvollstrecker in eigenem Namen und als Partei weiter (vgl. dazu
BGE 94 II 141
; Urteile 2C_188/2010 vom 24. Januar 2011 E. 2.2, 5P.355/2006 vom 8. November 2006 E. 3 und [des Eidg. Versicherungsgerichts] K 59/ 85 vom 9. Dezember 1986 E. 3a, in: RKUV 1987 Nr. K 729 S. 178).
8.2.2
Der als Rechtsanwalt tätige Beschwerdegegner, der den Prozess vor Bundesgericht als Willensvollstrecker zwar in eigenem
BGE 144 V 280 S. 299
Namen, aber auf Rechnung des Nachlasses führt, hat grundsätzlich Anspruch auf Parteientschädigung (
BGE 129 V 113
E. 4 S. 116 ff.; Urteil 4A_533/2013 vom 27. März 2014 E. 7). Da er jedoch zugleich (Mit-)Erbe der Verstorbenen ist, hat er ein nicht unerhebliches persönliches Interesse am Ausgang des Verfahrens und prozessiert damit auch in eigener Sache. Vor dem Hintergrund, dass die Aktenlage sich als sehr umfangreich erweist und die Angelegenheit als komplex zu bezeichnen ist, rechtfertigt es sich, ihm für das letztinstanzliche Verfahren ebenfalls einen Parteikostenersatz zuzusprechen. | mixed |
94a455b0-2427-4640-b97e-cf091e4a40f1 | Erwägungen
ab Seite 419
BGE 122 V 418 S. 419
Aus den Erwägungen:
1.
b) Gemäss
Art. 18 Abs. 3 UVG
kann der Bundesrat ergänzende Vorschriften über die Bestimmung des Invaliditätsgrades erlassen. Von dieser Befugnis hat er mit dem Erlass von
Art. 28 UVV
Gebrauch gemacht, welche Bestimmung verschiedene Sonderfälle der Invaliditätsbemessung regelt. Gemäss
Art. 28 Abs. 4 UVV
sind für die Bestimmung des Invaliditätsgrades die Erwerbseinkommen massgebend, die ein Versicherter im mittleren Alter bei einer entsprechenden Gesundheitsschädigung erzielen könnte, wenn er nach dem Unfall die Erwerbstätigkeit altershalber nicht mehr aufnimmt (Variante I) oder wenn sich das vorgerückte Alter erheblich als Ursache der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit auswirkt (Variante II). Nach der Rechtsprechung liegt das mittlere Alter im Sinne dieser Bestimmung bei etwa "42 Jahren" oder zwischen "40 und 45 Jahren" und das vorgerückte Alter im Bereich von "rund 60 Jahren", wobei für letztes der Zeitpunkt des Rentenbeginns massgebend ist (RKUV 1990 Nr. U 115 S. 392 f. Erw. 4d und e). Die Gesetzmässigkeit dieser Sonderregel für die Invaliditätsbemessung wurde in
BGE 113 V 132
nach eingehender Prüfung bejaht und seither in zahlreichen Anwendungsfällen, sei es ausdrücklich (Urteil M. vom 20. Februar 1995, veröffentlicht in SVR 1995 UV Nr. 35 S. 105; unveröffentlichtes Urteil A. vom 6. Mai 1993) oder sinngemäss (
BGE 114 V 310
; RKUV 1990 Nr. U 115 S. 389; unveröffentlichte Urteile P. vom 27. Februar 1996 und G. vom 23. Mai 1995) erneut bestätigt.
2.
a) Die hier streitige Invaliditätsbemessung stützte sich in medizinischer Hinsicht auf die Ergebnisse der ärztlichen Abschlussuntersuchung vom 27. September 1993. Darin wurde eine verminderte Belastbarkeit des rechten dominanten Handgelenks festgehalten und im übrigen geschlossen, dass dem Beschwerdegegner eine schwere Arbeit mit der betroffenen Hand nicht mehr zugemutet werden könne. Nach Hinweis auf
BGE 122 V 418 S. 420
gewisse aggravierende Tendenzen und Schwierigkeiten in der Motivation folgerte der Kreisarzt, dass dem Beschwerdegegner rein medizinisch-theoretisch jede mittelschwere handwerkliche Arbeit zugemutet werden könne, wobei er aber nicht ständig Lasten von mehr als 10 bis 15 kg heben oder tragen sollte und auch Arbeiten mit monotonem Einsatz der rechten Hand ungünstig seien. Am geeigneten Arbeitsplatz könne die normale Arbeitszeit eingehalten werden.
Ausgehend hievon schritt die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) zu einem Einkommensvergleich (
Art. 18 Abs. 2 UVG
), wobei sie als Valideneinkommen, mithin als das ohne Invalidität erzielbare Einkommen, Fr. 56'469.-- einsetzte, was dem Betrag entsprach, den der Beschwerdegegner bei seiner früheren Arbeitgeberin hätte erzielen können. Verglichen mit dem trotz gesundheitlicher Beeinträchtigung zumutbarerweise erzielbaren Invalideneinkommen, das sie in ihrer Verfügung vom 11. April 1994 auf Fr. 42'900.-- festsetzte, ergab sich ein Invaliditätsgrad von 25 %. Dazu vermerkte die SUVA unter ausdrücklichem Hinweis auf
Art. 28 Abs. 4 UVV
, dass bei der Rentenfestsetzung das fortgeschrittene Aktivitätsalter, das sich ebenfalls auf die Erwerbsfähigkeit auswirke, nicht berücksichtigt werden könne.
Diese Invaliditätsbemessung wurde im Rahmen des Einspracheentscheides vom 7. Februar 1995 insofern relativiert, als die SUVA zur Annahme eines höheren Invalideneinkommens von Fr. 47'738.-- gelangte. Dabei handelte es sich um einen Durchschnittswert, der sich auf verschiedene konkrete Arbeitsplatzbeschreibungen mit entsprechenden Lohnangaben abstützte, die bereits anlässlich der Rentenverfügung vorgelegen hatten. Trotz des damit ermittelten geringeren Invaliditätsgrades von rund 15% sah die SUVA davon ab, die ihrer Verfügung zugrundeliegende Invaliditätsbemessung zu berichtigen.
b) Weil sich der Beschwerdegegner im massgebenden Zeitpunkt des Rentenbeginns bereits im vorgerückten Alter gemäss
Art. 28 Abs. 4 UVV
befand, hat das kantonale Gericht an diesem Einkommensvergleich bemängelt, dass darin weder die erwerblichen Verhältnisse eines Versicherten mittleren Alters noch die einem solchen zumutbaren Arbeitsleistungen berücksichtigt worden seien. Selbst die kreisärztliche Arbeitsfähigkeitsbeurteilung enthalte keinen Hinweis darauf, ob der versicherte Gesundheitsschaden im Alter von 40 bis 45 Jahren zur gleichen Einschränkung des Leistungsvermögens geführt hätte wie beim Beschwerdegegner. Schliesslich lasse sich auch den Angaben der SUVA über mögliche Verweisungstätigkeiten
BGE 122 V 418 S. 421
und den entsprechenden Lohnangaben nicht entnehmen, wie alt die betreffenden Vergleichspersonen im Zeitpunkt der Lohnrealisierung gewesen seien.
c) Hiegegen wendet die SUVA in ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde im wesentlichen ein, dass die strittige Invaliditätsbemessung entgegen den vorinstanzlichen Erwägungen gerade nicht gestützt auf
Art. 28 Abs. 4 UVV
, sondern ohne Rücksicht auf das fortgeschrittene Alter gemäss
Art. 18 Abs. 2 UVG
erfolgt sei. Inwiefern die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit jener Bestimmung gegeben sein könnten, sei nicht ersichtlich und auch im angefochtenen Gerichtsentscheid nicht dargetan. Selbst wenn
Art. 28 Abs. 4 UVV
anwendbar wäre, hätte dies - wenigstens vom Verordnungswortlaut her - nicht zwangsläufig zur Folge, dass auch das Valideneinkommen entsprechend dem im mittleren Alter möglichen Verdienst festgelegt werden müsste. Endlich sei auch die vorinstanzliche Kritik an den angegebenen Verweisungstätigkeiten und den daraus abgeleiteten Einkommenszahlen unbegründet. Dabei handle es sich um Anfangslöhne, die keine Alterskomponente enthielten, wogegen die von der Vorinstanz geforderten näheren Angaben zum Alter der betroffenen Versicherten im Vergleich zur ordentlichen Rentenfestsetzung zu einem unverhältnismässigen Aufwand führen würde.
3.
a) Mit
Art. 28 Abs. 4 UVV
(vgl. Erw. 1b) wird bei der Invaliditätsbemessung zum einen dem Umstand Rechnung getragen, dass nebst der - grundsätzlich allein versicherten - unfallbedingten Invalidität (vgl. Art. 6 sowie auch Art. 18 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 UVG) auch das vorgerückte Alter eine Ursache der Erwerbslosigkeit oder -unfähigkeit bildet (
BGE 113 V 135
Erw. 4b mit Hinweis). Denn sehr oft ist ein und derselbe Gesundheitsschaden im Alter aus verschiedenen Gründen wie etwa schlechtere Umschulungs-, Wiedereingliederungs-, Anpassungs- und Angewöhnungsfähigkeit mit wesentlich erheblicheren Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit verbunden als bei einem jüngeren Versicherten (RKUV 1990 Nr. U 115 S. 391 oben Erw. 4c; vgl. ferner ZAK 1989 S. 315 Erw. 2b und - eingehender - PETER OMLIN, Die Invalidität in der obligatorischen Unfallversicherung, Freiburger Diss. 1995, S. 235 ff.). Anderseits muss in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden, dass die Invalidenrenten der Unfallversicherung bis zum Tod der Versicherten zur Ausrichtung gelangen (
Art. 19 Abs. 2 UVG
), wobei sie nach Vollendung des Alters für die AHV-Rente nicht mehr revidiert werden können (
Art. 22 Abs. 1 Satz 2 UVG
). Bei
BGE 122 V 418 S. 422
Zusprechung an einen Versicherten im vorgerückten Alter hat damit die Invalidenrente der Unfallversicherung in wesentlichen Teilen die Funktion einer Altersversorgung (
BGE 113 V 136
Erw. 4b mit Hinweis). Mit
Art. 28 Abs. 4 UVV
soll demnach, kurz gesagt, zweierlei verhindert werden, nämlich dass bei älteren Versicherten zu hohe Invaliditätsgrade angenommen werden (OMLIN, a.a.O., S. 249, 265) und dass dort Dauerrenten zugesprochen werden, wo sie mit Blick auf die unfallbedingte Invalidität eher die Funktion von Altersrenten aufweisen (MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 361 FN 907). Dementsprechend wirkt sich die Anwendung dieser Bestimmung im Vergleich mit der allgemeinen Methode gemäss
Art. 18 Abs. 2 UVG
in aller Regel rentenvermindernd aus (OMLIN, a.a.O., S. 261).
b) Mit der Ausklammerung der auf das Alter entfallenden Erwerbslosigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit beschritt der Verordnungsgeber nicht Neuland (
BGE 113 V 136
Erw. 4b). Bereits in der Rechtsprechung zu
Art. 91 KUVG
war diesem Umstand Rechnung getragen worden, indem physiologische Altersgebrechlichkeit mit Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit als Unfallfremder Zustand behandelt wurde und Anlass zu einer Kürzung der Leistungen bildete (EVGE 1967 S. 148 Erw. 3b). Allerdings wurde damals der Invaliditätsgrad unter Berücksichtigung auch der unfallfremden Faktoren global festgesetzt und erst hernach die unfallfremde Komponente auf dem Wege der Kürzung ausgeschieden (
BGE 105 V 207
Erw. 2 mit Hinweis). Demgegenüber trägt das geltende neue Recht dem Alter unter den in
Art. 28 Abs. 4 UVV
genannten Voraussetzungen bereits bei der Ermittlung des Invaliditätsgrades Rechnung, und zwar in der Weise, dass Massstab für die Ermittlung der hypothetischen Erwerbseinkommen mit und ohne Invalidität ein Versicherter im mittleren Alter ist (zum Ganzen vgl.
BGE 113 V 136
Erw. 4b). Indes soll das in
Art. 28 Abs. 4 UVV
verankerte Vorgehen bei der Bemessung der Invalidität keinen wesentlich weiteren Anwendungsbereich haben als die früher über
Art. 91 KUVG
erfolgte Berücksichtigung des Altersfaktors. Folglich setzt seine Anwendung voraus, dass der physiologischen Altersgebrechlichkeit im gesamten Ursachenspektrum der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit eine im Vergleich zur unfallbedingten Körperschädigung wesentliche Bedeutung zukommt (RKUV 1990 Nr. U 115 S. 390 Erw. 4b).
4.
a) Im vorliegenden Fall besteht kein Zweifel, dass die SUVA die streitige Invaliditätsbemessung gerade nicht nach
Art. 28 Abs. 4 UVV
BGE 122 V 418 S. 423
vornahm, sondern unmittelbar gestützt auf
Art. 18 Abs. 2 UVG
, mithin aufgrund der tatsächlichen und hypothetischen Verhältnisse im Zeitpunkt des Einspracheentscheides (vgl.
BGE 116 V 248
Erw. 1a). Daran ändert der in der Rentenverfügung enthaltene Hinweis auf
Art 28 Abs. 4 UVV
nichts, sollte doch damit offensichtlich nur der Grundsatz unterstrichen werden, dass die Unfallversicherung nicht dafür einzustehen hat, wenn der oder die Versicherte aus invaliditätsfremden Gründen, zu denen unter anderem auch das Alter gehört und durch die vor allem die Vermittelbarkeit auf dem realen Arbeitsmarkt beeinträchtigt wird, keine entsprechende Arbeit findet (
BGE 107 V 21
Erw. 2c; RKUV 1993 Nr. U 168 S. 104 Erw. 5b; ZAK 1989 S. 315 Erw. 2b sowie das in der SUVA-Rechtsprechungsbeilage 1989 Nr. 3 S. 5 zusammenfassend publizierte Urteil R. vom 7. April 1989; vgl. ferner die Übersicht bei Alfred Bühler, Zur rechtlichen Bedeutung der invaliditätsfremden Gründe der Erwerbsunfähigkeit für die Invaliditätsbemessung, SZS 1993 S. 253 f.).
b) Nebst der fehlenden Motivation des Beschwerdegegners dürfte es denn auch vor allem diese Arbeitsmarktsituation gewesen sein, die seiner Wiedereingliederung hinderlich war, nachdem er die Stelle bei der X AG verloren hatte. Während das Fehlen der Motivation kaum auf das Alter, hingegen - wie insbesondere dem kreisärztlichen Bericht vom 26. Juli 1993 zu entnehmen ist - hauptsächlich auf eine gewisse Anspruchshaltung zurückzuführen war, verhält es sich in bezug auf die Arbeitsmarktsituation anders. Insofern war die Vermittelbarkeit des Beschwerdegegners nicht nur wegen der Unfallfolgen, sondern naturgemäss gerade auch aufgrund des Alters beeinträchtigt. Dennoch, ja gerade deshalb wäre die Annahme verfehlt, der Beschwerdegegner hätte die Erwerbstätigkeit "altershalber" nicht mehr aufgenommen und damit den ersten der beiden in
Art. 28 Abs. 4 UVV
(Variante I) enthaltenen Tatbestände verwirklicht. Abgesehen davon, dass ein endgültiger Rückzug aus dem Erwerbsleben trotz anhaltender Stellenlosigkeit nicht erstellt ist, kommt dem Altersfaktor unter den hier gegebenen Umständen nur mittelbare Bedeutung zu (RKUV 1996 Nr. U 244 S. 144). Denn anders als dort, wo der Entschluss zur Aufgabe der Erwerbstätigkeit schon vor dem Unfall feststand, oder dort, wo ein Versicherter von sich aus eine innegehabte Stelle preisgibt, steht hier die Situation auf dem realen Arbeitsmarkt im Vordergrund, was gegen die Anwendung von
Art. 28 Abs. 4 UVV
(Variante I) spricht (OMLIN, a.a.O., S. 250).
BGE 122 V 418 S. 424
c) Nach dem Gesagten kommt im vorliegenden Fall allein die Anwendung der Variante II von
Art. 28 Abs. 4 UVV
in Frage, die ihrerseits voraussetzt, dass sich das vorgerückte Alter "erheblich als Ursache der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit" auswirkt. Auch wenn die Anwendung der fraglichen Bestimmung ab rund 60 Jahren grundsätzlich in Betracht zu ziehen ist, wie die Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Konkretisierung des Begriffs des "vorgerückten Alters" festgehalten hat (RKUV 1990 Nr. U 115 S. 393 Erw. 4d in fine), kann dies freilich nicht bedeuten, dass bei der Invaliditätsbemessung ab jenem Alter stets nach
Art. 28 Abs. 4 UVV
zu verfahren wäre. Denn dergleichen widerspräche nicht nur der bei der Anwendung von
Art. 28 Abs. 4 UVV
gebotenen Zurückhaltung (OMLIN, a.a.O., S. 252) sowie den bereits unter dem alten Recht von
Art. 91 KUVG
erarbeiteten Grundsätzen (EVGE 1967 S. 148 sowie unveröffentlichtes Urteil H. vom 10. Mai 1968), sondern fände vor allem auch in dem in allen sprachlichen Fassungen des Verordnungstextes ("erheblich"; "essentiellement"; "essenzialmente") klaren Wortlaut keine Stütze. Im Sinne der bereits zitierten Rechtsprechung (Erw. 3b in fine) ist daher die Anwendung von
Art. 28 Abs. 4 UVV
auch bei Versicherten im vorgerückten Alter erst dann zu erwägen und durch entsprechende Abklärungen zu ergründen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der physiologischen Altersgebrechlichkeit verglichen mit den anderen Ursachen der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit eine wesentliche Bedeutung zukommt (RKUV 1990 Nr. U 115 S. 390 Erw. 4b).
d) Nach Lage der Akten sind keine Anzeichen dafür ersichtlich, dass sich das Alter in der dargelegten Weise erheblich ausgewirkt haben könnte:
aa) Dies betrifft zunächst die ärztliche Abschlussuntersuchung vom 27. September 1993 mit der darin - nach einleitendem Hinweis auf den guten Allgemeinzustand des Beschwerdegegners und dessen mangelnde Kooperation - festgehaltenen verminderten Belastbarkeit des rechten dominanten Handgelenks. Obwohl dabei im Rahmen der abschliessenden Zumutbarkeitsbeurteilung auf eine gewisse Beeinträchtigung des Leistungsvermögens erkannt worden sein mag (vgl. Erw. 2a), lassen die kreisärztlichen Ausführungen keine Zweifel offen, dass der Beschwerdegegner namentlich mit Motivationsproblemen zu kämpfen hat, die mit seinem Alter nichts zu tun haben und für die Höhe des Rentenanspruchs - jedenfalls unter den hier gegebenen Umständen - nicht von Belang sind. Daneben ist zu erwähnen, dass die beim Unfall erlittenen Verletzungen von verschiedenen
BGE 122 V 418 S. 425
Ärzten als schwer und komplex gewertet wurden, was die Bedeutung des Altersfaktors naturgemäss schwinden lässt (RKUV 1990 Nr. U 115 S. 391 Erw. 4c). Aus all diesen Gründen bestand daher aus medizinischer Sicht kein Anlass zu der im angefochtenen Gerichtsentscheid geforderten Abklärung, wie sich derselbe Gesundheitsschaden bei einem Versicherten im mittleren Alter ausgewirkt hätte.
bb) Was sodann die erwerblichen Auswirkungen anbelangt, kommt dem Altersfaktor ebenfalls keine erhebliche Bedeutung zu. Insbesondere liesse sich gegenüber dem nach Massgabe des am letzten Arbeitsplatz real erzielten Verdienstes festgesetzten Valideneinkommen der Vorwurf nicht halten, es sei insofern von überhöhten Werten ausgegangen worden. Denn der Beschwerdegegner war im Zeitpunkt seines Unfalles erst seit zwei Jahren für die X AG tätig gewesen, weshalb sein Gehalt nicht durch langjährige Betriebstreue mitbestimmt gewesen sein konnte; ebensowenig bestehen Anzeichen dafür, dass dies aufgrund langjähriger oder besonders wertvoller Berufserfahrung der Fall gewesen wäre, nachdem der früher vor allem im Tunnelbau tätige Beschwerdegegner nach relativ kurzer Zeit in der Fabrik offenbar nicht als Facharbeiter im Einsatz stand und infolge Arbeitsrückganges einige Monate vor dem Unfall gar von der Giesserei in die Dreherei versetzt werden musste.- In bezug auf das Invalideneinkommen ist sodann nicht zu beanstanden, dass sich die SUVA bei der Festsetzung an Vergleichswerten aus ihrer Praxis ausrichtete, die über das Alter der betreffenden Versicherten keinen Aufschluss vermitteln. Dafür bestand schon deshalb keine Notwendigkeit, weil der Altersfaktor aus medizinischer Sicht keine wesentliche Rolle spielte. Abgesehen davon wurde gerade durch das gewählte Vorgehen vermieden, dass dem Beschwerdegegner - bedingt durch sein "vorgerücktes Alter" - ein zu tiefes Invalideneinkommen angerechnet wurde.
5.
Zusammenfassend ergibt sich, dass das Vorgehen der SUVA unter Berücksichtigung von
Art. 28 Abs. 4 UVV
nicht zu bemängeln ist. Nachdem sich gegen die im Einspracheentscheid näher begründete Invaliditätsbemessung durch Einkommensvergleich auch sonst nichts einwenden lässt (vgl. Erw. 2a hievor), besteht für zusätzliche Abklärungen kein Anlass. Desgleichen erübrigt es sich, auf die weiteren Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde näher einzugehen. Am Rande sei jedoch erwähnt, dass bei der Anwendung von
Art. 28 Abs. 4 UVV
- entgegen der von der SUVA vertretenen Auffassung und dem Anschein, der durch eine strikte
BGE 122 V 418 S. 426
dem Wortlaut verpflichtete Auslegung des Verordnungstextes entstehen könnte - gemäss einhelliger Lehre und Rechtsprechung sowohl beim Validen- als auch beim Invalideneinkommen von den Verhältnissen eines Versicherten mittleren Alters auszugehen ist (
BGE 114 V 312
Erw. 2 in fine, 315 Erw. 4a,
BGE 113 V 136
Erw. 4b in fine; SVR 1995 UV Nr. 35 S. 105 Erw. 3; MAURER, a.a.O., S. 361 und OMLIN, a.a.O., S. 256). Dass sich diese Auslegung regelmässig in geringeren Invaliditätsgraden und damit zu Ungunsten des Versicherten niederschlägt, ändert nichts, besteht doch hierin gerade der Sinn der betreffenden Bestimmung (vgl. Erw. 3a hievor). | mixed |
d8ab9540-e5e1-4615-b39e-ec54735354ef | Sachverhalt
ab Seite 458
BGE 138 V 457 S. 458
A.
Die am 24. Dezember 1947 geborene Z. meldete sich im September 2002 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 5. September 2007 sprach ihr die IV-Stelle des Kantons Aargau (nachfolgend: IV-Stelle) vom 1. Juni 2002 bis zum 30. November 2003 eine ganze und ab 1. Dezember 2003 aufgrund eines Invaliditätsgrades von 55 % eine halbe Invalidenrente zu. In teilweiser Gutheissung der dagegen erhobenen Beschwerde hob das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 28. Mai 2008 die Verfügung vom 5. September 2007 auf, soweit sie den Rentenanspruch ab 1. Dezember 2003 betraf, und wies die Angelegenheit zur Vornahme weiterer Abklärungen und zum Erlass einer neuen Verfügung an die IV-Stelle zurück. Nach zusätzlichen medizinischen Ermittlungen und Durchführung des Vorbescheidverfahrens sprach diese der Versicherten mit Verfügung vom 9. Juli 2009 aufgrund eines Invaliditätsgrades von 55 % eine halbe Invalidenrente ab 1. Juni 2002 zu. Gleichzeitig verfügte sie für zu viel ausgerichtete Rentenbetreffnisse eine Rückforderung im Betrag von insgesamt Fr. 6'532.- und deren Erlass im Umfang von Fr. 6'489.-.
B.
In Gutheissung der Beschwerde der Z. hob das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 13. Januar 2011 die Verfügung vom 9. Juli 2009 auf und sprach der Versicherten ab dem 1. Juni 2002 eine ganze Rente zu.
C.
Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides sowie die Zusprechung einer ganzen Invalidenrente ab 1. Juni 2002 bis 30. November 2003, einer halben Rente ab 1. Dezember 2003 bis 31. Juli 2009 und wiederum einer ganzen Rente ab 1. August 2009.
Z. schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während das kantonale Gericht und das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Vernehmlassung verzichten.
BGE 138 V 457 S. 459
D.
In Bezug auf die Rechtsfrage, zu welchem Zeitpunkt die Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit zu beurteilen sei, ist zwischen den sozialrechtlichen Abteilungen das Verfahren gemäss
Art. 23 Abs. 2 BGG
durchgeführt worden.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
2.1
Das kantonale Gericht hat gestützt auf das Gutachten des Dr. med. J. vom 19. Dezember 2008 eine Arbeitsfähigkeit von 50 % in leidensangepassten Tätigkeiten festgestellt. Es ist indessen der Auffassung, dass die Versicherte auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt keine Stelle mehr finde. Bei Erlass der Verfügung vom 9. Juli 2009 sei sie 61 Jahre und sechseinhalb Monate alt gewesen und es sei eine relativ kurze Aktivitätsdauer von knapp zweieinhalb Jahren bis zum Erreichen des AHV-Alters verblieben; sie habe keinen Beruf erlernt und sei ausschliesslich im Gastgewerbe tätig gewesen, solche Arbeit sei ihr jedoch aufgrund der vom Gutachter festgestellten Einschränkungen nicht mehr zumutbar; schliesslich sei altersbedingt von einer geringen Anpassungsfähigkeit an eine neue Tätigkeit und Branche auszugehen. Folglich hat es - trotz der vorhandenen Restarbeitsfähigkeit - eine vollständige Erwerbsunfähigkeit angenommen und der Versicherten eine ganze Invalidenrente zugesprochen.
2.2
Streitig und zu prüfen ist die Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit. Die IV-Stelle beanstandet einzig, dass das kantonale Gericht für deren Beurteilung auf den Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung am 9. Juli 2009 abgestellt hat. Gemäss Gutachten des Dr. med. J. sei der Versicherten indessen bereits ab 1. Dezember 2003 eine körperlich leichte Tätigkeit im Umfang von 50 % zumutbar gewesen. Damals, mithin im Alter von 56 Jahren, sei das Finden einer angepassten Tätigkeit nicht ausgeschlossen gewesen.
Einigkeit besteht über den Anspruch auf eine ganze Rente vom 1. Juni 2002 bis 30. November 2003 aufgrund des vorinstanzlichen Entscheides vom 28. Mai 2008 (vgl.
Art. 90 und 91 lit. a BGG
;
BGE 135 V 141
) sowie ab 1. August 2009 infolge der Verwitwung der Versicherten (
Art. 43 Abs. 1 IVG
in Verbindung mit
Art. 23 Abs. 3 und
Art. 24 AHVG
).
3.
3.1
Das trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigung zumutbarerweise erzielbare Einkommen ist bezogen auf einen ausgeglichenen
BGE 138 V 457 S. 460
Arbeitsmarkt zu ermitteln, wobei an die Konkretisierung von Arbeitsgelegenheiten und Verdienstaussichten keine übermässigen Anforderungen zu stellen sind (im Einzelnen dazu Urteil 9C_830/2007 vom 29. Juli 2008 E. 5.1, in: SVR 2008 IV Nr. 62 S. 203). Das fortgeschrittene Alter wird, obgleich an sich ein invaliditätsfremder Faktor, in der Rechtsprechung als Kriterium anerkannt, welches zusammen mit weiteren persönlichen und beruflichen Gegebenheiten dazu führen kann, dass die einer versicherten Person verbliebene Resterwerbsfähigkeit auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt realistischerweise nicht mehr nachgefragt wird, und dass ihr deren Verwertung auch gestützt auf die Selbsteingliederungslast nicht mehr zumutbar ist. Fehlt es an einer wirtschaftlich verwertbaren Resterwerbsfähigkeit, liegt eine vollständige Erwerbsunfähigkeit vor, die einen Anspruch auf eine ganze Invalidenrente begründet (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 831/05 vom 21. August 2006 E. 4.1.1 mit Hinweisen). Der Einfluss des Lebensalters auf die Möglichkeit, das verbliebene Leistungsvermögen auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt zu verwerten, lässt sich nicht nach einer allgemeinen Regel bemessen, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Massgebend können die Art und Beschaffenheit des Gesundheitsschadens und seiner Folgen, der absehbare Umstellungs- und Einarbeitungsaufwand und in diesem Zusammenhang auch Persönlichkeitsstruktur, vorhandene Begabungen und Fertigkeiten, Ausbildung, beruflicher Werdegang oder Anwendbarkeit von Berufserfahrung aus dem angestammten Bereich sein (Urteile 9C_153/2011 vom 22. März 2012 E. 3.1; 9C_918/2008 vom 28. Mai 2009 E. 4.2.2 mit Hinweisen).
3.2
Die Möglichkeit, die verbliebene Arbeitsfähigkeit auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt zu verwerten, hängt nicht zuletzt davon ab, welcher Zeitraum der versicherten Person für eine berufliche Tätigkeit und vor allem auch für einen allfälligen Berufswechsel noch zur Verfügung steht. Als massgeblicher Stichtag für die Beantwortung der Frage nach der Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit in Betracht fallen namentlich der Tag, ab dem eine volle oder teilweise Erwerbstätigkeit medizinisch zumutbar ist, jener des Rentenbeginns resp. der Änderung des Rentenanspruchs (vgl. Urteil 9C_145/2011 vom 30. Mai 2011 E. 3.4), weiter der Zeitpunkt, in dem eine Arbeitsfähigkeit aus medizinischer Sicht feststeht, oder derjenige des Verfügungserlasses (vgl. Urteil 9C_949/2008 vom 2. Juni 2009 E. 2, wo die Frage des massgeblichen Zeitpunktes offengelassen wird).
BGE 138 V 457 S. 461
Die bundesgerichtliche Rechtsprechung ist diesbezüglich nicht einheitlich. Während in der Mehrzahl der Urteile - regelmässig ohne Erwägungen zur Frage des massgeblichen Zeitpunktes - auf den Tag des Erlasses der Verfügung resp. des Einspracheentscheides abgestellt wurde (vgl. Urteile 9C_153/2011 vom 22. März 2012 E. 3.3; 8C_482/2010 vom 27. September 2010 E. 4.3; 9C_979/2009 vom 10. Februar 2010 E. 5; 9C_918/2008 vom 28. Mai 2009 E. 4.3; 9C_437/2008 vom 19. März 2009 E. 4.3, in: SVR 2009 IV Nr. 35 S. 97), nannte das Bundesgericht in dem von der Beschwerdeführerin zitierten Urteil 9C_124/2010 sowohl den Rentenbeginn als auch den Verfügungserlass, wobei letztlich der frühere Zeitpunkt des Rentenbeginns entscheidwesentlich war (Urteil 9C_124/2010 vom 21. September 2010 E. 5.3; ähnlich auch Urteil 8C_657/2010 vom 19. November 2010 E. 5.2.3).
Die im gesamten Bereich des Sozialversicherungsrechts geltende Schadenminderungspflicht und die daraus abgeleitete Selbsteingliederungslast (vgl.
BGE 113 V 22
E. 4a S. 28 mit Hinweisen; Urteil 9C_916/2010 vom 20. Juni 2011 E. 2.2) gebieten grundsätzlich, die Frage nach der Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit möglichst früh zu beantworten. Für den Zeitpunkt des Rentenbeginns resp. der Änderung des Rentenanspruchs spricht, dass er von den Parteien nicht zu beeinflussen ist, dass dann eine Arbeitstätigkeit objektiv, d.h. unter medizinischen Gesichtspunkten zumutbar ist und dass die Invaliditätsbemessung, mithin der Einkommensvergleich (
Art. 16 ATSG
; SR 830.1), ebenfalls für dieses Datum vorzunehmen ist (
BGE 128 V 174
E. 4a S. 175;
BGE 129 V 222
E. 4.2 S. 223 f.). Dagegen ist einzuwenden, dass zu diesem Zeitpunkt in vielen Fällen gerade die gesundheitlich bedingten Einschränkungen umstritten sind, diese einer (weiteren) Abklärung bedürfen (
Art. 43 Abs. 1 ATSG
) und erst anschliessend retrospektiv festgelegt werden; die versicherte Person hätte somit eine von ihr bestrittene und zudem (noch) nicht objektiv feststehende Arbeitsfähigkeit zu verwerten. Im jüngsten Entscheid zur hier interessierenden Frage wurde denn auch dem Zeitpunkt des Vorbescheides Gewicht beigemessen, und zwar im Wesentlichen mit der Begründung, zuvor habe keine Klarheit über die Restarbeitsfähigkeit bestanden, weshalb dem Versicherten deren Verwertung nicht früher zumutbar gewesen sei (Urteil 8C_880/2011 vom 21. März 2012 E. 5.4).
3.3
Zwecks Präzisierung der soeben dargelegten Rechtsprechung wurde im Rahmen des Verfahrens gemäss
Art. 23 Abs. 2 BGG
BGE 138 V 457 S. 462
vorgeschlagen, für den Zeitpunkt, in welchem die Frage nach der
Verwertbarkeit der (Rest-)Arbeitsfähigkeit bei vorgerücktem Alter
beantwortet wird, abzustellen auf:
a) den Rentenbeginn (bzw. im Revisionsfall die Änderung des Rentenanspruchs); oder
b) das Feststehen der medizinischen Zumutbarkeit einer (Teil-)Erwerbstätigkeit; oder
c) den Vorbescheid; oder
d) die Verfügung.
Die betroffenen Abteilungen haben sich für Variante b) entschieden.
3.4
Die medizinische Zumutbarkeit einer (Teil-)Erwerbstätigkeit steht fest, sobald die medizinischen Unterlagen diesbezüglich eine zuverlässige Sachverhaltsfeststellung erlauben. Auch wenn bereits Dr. med. S. in seinem Gutachten vom 23. Dezember 2003 eine Arbeitsfähigkeit von "etwa 30-50 %" attestierte, ist dieses Datum nicht massgeblich, zumal das kantonale Gericht in einem ersten Beschwerdeverfahren den Sachverhalt als ungenügend abgeklärt erachtete. Erst das daraufhin von der Verwaltung eingeholte Gutachten des Dr. med. J. vom 19. Dezember 2008 verschaffte Klarheit über die Arbeitsfähigkeit und bildete die - den Anforderungen an die Beweiskraft (
BGE 134 V 231
E. 5.1 S. 232;
BGE 125 V 351
E. 3a S. 352 mit Hinweis) genügende - medizinische Grundlage für den Rentenentscheid. Im konkreten Fall ist demnach für die Rentenberechtigung ab 1. Dezember 2003 die Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit am 19. Dezember 2008 entscheidend.
3.5
Ende Dezember 2008 war die Versicherte 61 Jahre alt. Die vorinstanzlichen Erwägungen betreffend die Verwertbarkeit der Restarbeitsfähigkeit (E. 2.1) beziehen sich auf den 9. Juli 2009 und werden als solche von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellt. Sie gelten analog auch für den massgeblichen, rund ein halbes Jahr davor liegenden Zeitpunkt (vgl. Urteile 8C_482/2010 vom 27. September 2010 E. 4.2 und 4.3; 9C_949/2008 vom 2. Juni 2009 E. 2; 9C_437/2008 vom 19. März 2009 E. 4.3, in: SVR 2009 IV Nr. 35 S. 97). Die Beschwerde ist unbegründet. | mixed |
87a01dc1-0450-4111-8c5e-17703711b1b5 | Sachverhalt
ab Seite 363
BGE 131 V 362 S. 363
A.
A.a
Die 1956 geborene V. arbeitete seit 10. April 1994 als Küchenhilfe im Restaurant M. Sie war bei der Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft (nachfolgend: Allianz) gegen die gesundheitlichen und erwerblichen Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen sowie Berufskrankheiten obligatorisch versichert. Am 10. Oktober 2000 wurde V. auf dem Fussgängerstreifen von einem Personenwagen angefahren. Dabei erlitt sie eine komplexe Kniegelenksverletzung rechts. Mit Verfügung vom 5. Januar 2004 und Einspracheentscheid vom 10. Juni 2004 verneinte die Allianz den Anspruch auf eine Invalidenrente der Unfallversicherung.
A.b
Im Oktober 2001 hatte V. die Invalidenversicherung um eine Rente ersucht. Die IV-Stelle des Kantons Zürich klärte die gesundheitlichen und erwerblichen Verhältnisse ab. Unter anderem zog sie die Akten der Unfallversicherung bei. Mit Verfügung vom 27. Oktober 2003 und Einspracheentscheid vom 4. Februar 2004 verneinte die IV-Stelle den Anspruch auf eine Invalidenrente.
B.
B.a
Am 5. März 2004 liess V. beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich Beschwerde gegen den Einspracheentscheid der IV-Stelle einreichen und zur Hauptsache die Zusprechung einer halben Rente der Invalidenversicherung beantragen.
Die IV-Stelle schloss in ihrer Vernehmlassung auf Abweisung des Rechtsmittels. V. liess hiezu Stellung nehmen, worauf der Schriftenwechsel am 14. September 2004 geschlossen wurde.
B.b
Am 9. September 2004 liess V. beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich auch gegen den Einspracheentscheid der Allianz Beschwerde einreichen mit dem hauptsächlichen Rechtsbegehren auf Zusprechung einer Rente der Unfallversicherung nach Massgabe eines Invaliditätsgrades von 57 %.
Die Allianz beantragte in ihrer Vernehmlassung die Abweisung des Rechtsmittels.
B.c
Mit Entscheid vom 6. Dezember 2004 wies das kantonale Sozialversicherungsgericht die Beschwerde gegen den Einspracheentscheid der IV-Stelle vom 4. Februar 2004 ab.
Mit Beschluss vom selben Tag sistierte das Gericht das unfallversicherungsrechtliche Beschwerdeverfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des Prozesses um eine Rente der Invalidenversicherung.
BGE 131 V 362 S. 364
C.
Die Allianz hat gegen beide Erkenntnisse vom 6. Dezember 2004 Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Im Verfahren U 26/05 beantragt der Unfallversicherer die Aufhebung der Sistierung, im Verfahren I 55/05 die Aufhebung des Entscheides in dem Sinne, dass ein Invaliditätsgrad von maximal 6,7 % festzustellen sei.
V. lässt zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Beschluss vom 6. Dezember 2004 keinen Antrag stellen. Das Bundesamt für Gesundheit (Aufsichtsbehörde im Bereich der Unfallversicherung) verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Mit Bezug auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid vom 6. Dezember 2004 lässt V. Nichteintreten, eventualiter Abweisung des Rechtsmittels beantragen. In letzterem Sinne lautet auch das Begehren der IV-Stelle. Das Bundesamt für Sozialversicherung (Aufsichtsbehörde im Bereich der Invalidenversicherung) verzichtet auf eine Vernehmlassung. Erwägungen
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1
Der Entscheid vom 6. Dezember 2004 verneint den Anspruch der Versicherten auf eine Rente der Invalidenversicherung wegen des zu tiefen Invaliditätsgrades von abgerundet 10 % (
Art. 28 Abs. 1 IVG
). Dieses mit einer Rechtsmittelbelehrung versehene Erkenntnis ist der Allianz zugestellt worden. Daraus und namentlich aus der gleichentags angeordneten vorläufigen Einstellung des Beschwerdeverfahrens im Streit um eine Invalidenrente der Unfallversicherung leitet sie ein hinreichendes schutzwürdiges Interesse nach
Art. 103 lit. a OG
an der Feststellung ab, dass der Invaliditätsgrad maximal 6,7 % betrage, was für den Anspruch auf eine Invalidenrente der Unfallversicherung nicht genügt (
Art. 18 Abs. 1 UVG
). Die Sistierung könne nur den Sinn haben, dass das kantonale Gericht aufgrund des identischen Sachverhaltes den im Entscheid vom 6. Dezember 2004 ermittelten Invaliditätsgrad von 10 % unter Berufung auf die Bindungswirkung (
BGE 126 V 288
) auf das unfallversicherungsrechtliche Verfahren übertragen werde.
In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Beschluss vom 6. Dezember 2004 führt die Allianz weiter aus, durch die Sistierung werde ihr jegliche Möglichkeit genommen, ihre Rechte im Verfahren betreffend eine Rente der Unfallversicherung wirksam geltend zu machen. Dem Unfallversicherer komme im IV-Verfahren keine
BGE 131 V 362 S. 365
Beschwerdelegitimation zu (vgl. AHI 2004 S. 181). Es sei davon auszugehen, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG), insbesondere
Art. 49 Abs. 4 ATSG
, daran nichts geändert habe. Dazu komme, dass im "eigenen" Verfahren auch im Rahmen einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde aufgrund der Bindungswirkung nicht von dem im invalidenversicherungsrechtlichen Verfahren festgelegten Invaliditätsgrad abgewichen werde. Es seien somit (auch) keine zureichenden Gründe für die Sistierung des vorinstanzlich hängigen unfallversicherungsrechtlichen Prozesses gegeben.
1.2
Das kantonale Gericht hat das Beschwerdeverfahren betreffend eine Invalidenrente der Unfallversicherung mit der Begründung sistiert, dieses Vorgehen rechtfertige sich in der vorliegenden prozessualen Konstellation. Die koordinierende Funktion des einheitlichen Invaliditätsbegriffes in den verschiedenen Sozialversicherungszweigen werde dadurch nicht tangiert, zumal die Akten der Unfallversicherung in die Entscheidfindung im invalidenversicherungsrechtlichen Rentenstreit einbezogen worden seien und der Beschwerdeentscheid dem Unfallversicherer eröffnet worden sei.
1.3
Die vorstehenden Ausführungen der Allianz und auch des kantonalen Gerichts schaffen einen genügenden Konnex zwischen der Frage der Beschwerdelegitimation des Unfallversicherers nach
Art. 103 lit. a OG
im letztinstanzlichen Verfahren betreffend eine Rente der Invalidenversicherung (I 55/05) und der Frage der Zulässigkeit der Sistierung des hängigen erstinstanzlichen Verfahrens betreffend eine Invalidenrente der Unfallversicherung (U 26/05). Es rechtfertigt sich daher, die beiden Prozesse zu vereinigen und in einem einzigen Urteil zu erledigen.
2.
2.1
Nach
Art. 103 lit. a OG
in Verbindung mit
Art. 132 OG
ist zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidgenössische Versicherungsgericht berechtigt, wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat.
Als schutzwürdig im Sinne von
Art. 103 lit. a OG
gilt jedes praktische oder rechtliche Interesse, welches eine von der Verfügung betroffene Person an deren Änderung oder Aufhebung geltend machen kann. Das schutzwürdige Interesse besteht im praktischen Nutzen
BGE 131 V 362 S. 366
einer Gutheissung der Beschwerde oder - anders ausgedrückt - im Umstand, einen Nachteil wirtschaftlicher, ideeller, materieller oder anderweitiger Natur zu vermeiden, welchen der angefochtene Entscheid mit sich bringen würde. Das rechtliche oder auch bloss tatsächliche Interesse braucht somit mit dem Interesse, das durch die als verletzt bezeichnete Norm geschützt wird, nicht übereinzustimmen. Immerhin wird verlangt, dass der Beschwerdeführer durch die Verfügung stärker als jedermann betroffen ist und in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache steht. Diesem Erfordernis kommt dann eine ganz besondere Bedeutung zu, wenn nicht der Verfügungsadressat im materiellen Sinn, sondern ein Dritter den Entscheid anficht (
BGE 130 V 563
Erw. 3.3,
BGE 127 V 3
Erw. 1b,
BGE 127 V 82
Erw. 3a/aa mit Hinweisen).
Der am 1. Januar 2003 in Kraft getretene, hier anwendbare Allgemeine Teil des Sozialversicherungsrechts hat am materiellen Gehalt von
Art. 103 lit. a OG
nichts geändert (vgl. immerhin
BGE 130 V 388
und 560, wonach diese Vorschrift für die Einsprachebefugnis nach
Art. 52 Abs. 1 ATSG
und die Legitimation zur Beschwerde nach
Art. 59 ATSG
grundsätzlich massgebend ist).
2.2
2.2.1
In
BGE 126 V 288
hat das Eidgenössische Versicherungsgericht die Tragweite der Bindungswirkung rechtskräftiger Invaliditätsschätzungen der Invalidenversicherung oder der Unfallversicherung für den jeweils anderen Sozialversicherungsbereich umschrieben. Diese Rechtsprechung hat auch nach In-Kraft-Treten des ATSG weiterhin Gültigkeit (Urteil K. vom 28. Dezember 2004 [I 725/03] Erw. 1.3 und 1.4; vgl. auch in
BGE 131 V 120
nicht publizierte Erw. 2.1.2 des Urteils V. vom 22. April 2005 [I 439/03]). In
BGE 126 V 293
f. Erw. 2d hat das Gericht Bezug nehmend auf
Art. 129 Abs. 1 UVV
(in Kraft gestanden bis 31. Dezember 2002) auch entschieden, dass ein Sozialversicherungsträger sich die Verfügung oder den Einspracheentscheid des andern grundsätzlich entgegenhalten lassen muss, wenn ihm der Verwaltungsakt ordnungsgemäss eröffnet worden ist und er von seinem Beschwerderecht nicht Gebrauch gemacht hat.
In AHI 2004 S. 181 hat das Eidgenössische Versicherungsgericht
BGE 126 V 288
in zweifacher Hinsicht präzisiert. Es hat festgestellt, dass die Invaliditätsschätzung der Invalidenversicherung gegenüber dem Unfallversicherer mangels rechtserheblichen "Berührtseins" im Sinne von
Art. 129 Abs. 1 UVV
keinerlei
BGE 131 V 362 S. 367
Bindungswirkung entfaltet, auch nicht im Sinne einer Richtigkeitsvermutung (Erw. 4.3 und 4.4). Im Weitern hat es erkannt, dass das Gesetz (
Art. 75 Abs. 1 und
Art. 76 Abs. 1 lit. e IVV
sowie
Art. 104 UVG
und
Art. 129 UVV
) dem Unfallversicherer kein Beschwerderecht gegen Verfügungen von IV-Stellen in Bezug auf Rentenanspruch und Invaliditätsgrad einräumt, weshalb er sich diese Verwaltungsakte auch nicht entgegenhalten lassen muss (Erw. 5.2; bestätigt in den Urteilen G. vom 18. Januar 2005 [I 293/04] Erw. 1.3, B. vom 2. November 2004 [I 95/02] Erw. 3 und M. vom 17. August 2004 [I 106/03] Erw. 4).
2.2.2
Art. 75 Abs. 1 IVV
sowie
Art. 104 UVG
und
Art. 129 UVV
sind auf den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des ATSG am 1. Januar 2003 aufgehoben worden.
Art. 76 Abs. 1 lit. e IVV
ist redaktionell an
Art. 49 Abs. 4 ATSG
angepasst worden (vgl. AHI 2002 S. 258). Diese Bestimmung lautet wie folgt: "Erlässt ein Versicherungsträger eine Verfügung, welche die Leistungspflicht eines anderen Trägers berührt, so hat er auch ihm die Verfügung zu eröffnen. Dieser kann die gleichen Rechtsmittel ergreifen wie die versicherte Person."
Art. 49 Abs. 4 ATSG
entspricht inhaltlich alt
Art. 129 UVV
(
BGE 129 V 75
Erw. 4.2.2). Es bestehen keine Anhaltspunkte in den Materialien, dass der Gesetzgeber an der Rechtsprechung zur fehlenden Bindungswirkung der Invaliditätsschätzung der Invalidenversicherung für die Unfallversicherung etwas ändern oder die Rechtsmittelbefugnis des Unfallversicherers im Verwaltungs- und erstinstanzlichen Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren betreffend eine Rente der Invalidenversicherung gegenüber früher erweitern wollte (vgl. Bericht "Parlamentarische Initiative Sozialversicherungsrecht" der Kommission des Nationalrates für soziale Sicherheit und Gesundheit vom 26. März 1999 [BBl 1999 4523 ff.] S. 4606 ff.; UELI KIESER, ATSG-Kommentar, N 30 zu Art. 49). Das in AHI 2004 S. 181 Gesagte hat daher auch unter der Herrschaft des Allgemeinen Teils des Sozialversicherungsrechts weiterhin Gültigkeit. Mangels "Berührtseins" im Sinne von
Art. 49 Abs. 4 ATSG
ist somit der Unfallversicherer nicht zur Einsprache gegen die Verfügung oder zur Beschwerde gegen den Einspracheentscheid der IV-Stelle über den Rentenanspruch als solchen oder den Invaliditätsgrad berechtigt und die Invaliditätsschätzung der Invalidenversicherung entfaltet ihm gegenüber keine Bindungswirkung.
BGE 131 V 362 S. 368
2.3
In dem in AHI 2004 S. 181 beurteilten Fall hatte die IV-Stelle des Kantons Freiburg dem Versicherten T. eine Viertelsrente zugesprochen (Invaliditätsgrad: 40 %, Leistungsbeginn: 1. Juni 2002). Der Sozialversicherungsgerichtshof des kantonalen Verwaltungsgerichts trat auf die Beschwerde des Unfallversicherers (Schweizerische Unfallversicherungsanstalt [SUVA]) gegen diesen Verwaltungsakt nicht ein. In der hiegegen erhobenen Verwaltungsgerichtsbeschwerde machte dieser subsidiär eine Verletzung von
Art. 103 lit. a OG
geltend. Das Eidgenössische Versicherungsgericht erachtete diese Rüge als nicht stichhaltig. Es erwog, der Unfallversicherer habe kein schutzwürdiges, direktes und konkretes Interesse an der Aufhebung der Rentenverfügung der Invalidenversicherung. Zum einen greife der fragliche Verwaltungsakt nicht in seine Rechte und Pflichten ein. Zum anderen sei die Invaliditätsschätzung der Invalidenversicherung für den Unfallversicherer nicht verbindlich (AHI 2004 S. 188 Erw. 6.2).
An diesen Erwägungen ist aufgrund des in Erw. 2.1 und 2.2 Gesagten auch unter der Herrschaft des ATSG festzuhalten. Es sind keine Gründe ersichtlich, welche zu einer anderen Betrachtungsweise Anlass geben.
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Allianz gegen den Entscheid vom 6. Dezember 2004 ist somit nicht einzutreten.
3.
3.1
Das Eidgenössische Versicherungsgericht beurteilt letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne von
Art. 5 VwVG
auf dem Gebiete der Sozialversicherung (Art. 128 in Verbindung mit
Art. 97 OG
). Als Verfügungen gelten laut
Art. 5 Abs. 2 VwVG
u.a. auch Zwischenverfügungen über die Sistierung des erstinstanzlichen Beschwerdeverfahrens in unfallversicherungsrechtlichen Streitigkeiten (
Art. 45 Abs. 2 lit. c VwVG
,
Art. 61 ATSG
und das einschlägige kantonale Recht). Solche Verwaltungsakte sind selbstständig anfechtbar, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (
Art. 45 Abs.1 VwVG
;
BGE 127 V 230
oben). Ferner ist zu beachten, dass gemäss
Art. 129 Abs. 2 OG
in Verbindung mit
Art. 101 lit. a OG
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Zwischenverfügungen nach
Art. 45 VwVG
nur zulässig ist, wenn sie auch gegen den Endentscheid offen steht (
BGE 128 V 201
Erw. 2a,
BGE 124 V 85
Erw. 2 mit Hinweisen; AHI 1999 S. 139 Erw. 1). Das ist in Streitigkeiten
BGE 131 V 362 S. 369
betreffend den Anspruch auf eine Invalidenrente der Unfallversicherung der Fall.
Nach der Rechtsprechung beurteilt sich das Vorliegen eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils nicht nur anhand eines einzigen Kriteriums. Vielmehr ist jenes Merkmal zu prüfen, das dem angefochtenen Entscheid am besten entspricht. Namentlich ist nicht allein der Nachteil als nicht wieder gutzumachend zu betrachten, den auch ein für die Beschwerde führende Person günstiges Endurteil nicht vollständig zu beseitigen vermöchte (
BGE 126 V 247
Erw. 2c,
BGE 124 V 87
Erw. 4,
BGE 121 V 116
mit Hinweisen). In der Regel genügt ein schutzwürdiges Interesse daran, dass der angefochtene Entscheid sofort aufgehoben oder abgeändert wird (
BGE 126 V 246
Erw. 2a mit Hinweisen; in
BGE 130 V 407
nicht publizierte Erw. 2.1; KÖLZ/BOSSHART/RÖHL, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Aufl., Zürich 1999, N 13 zu § 56).
3.2
Im Zusammenhang mit der Sistierung des Verfahrens sind das in
Art. 61 lit. a ATSG
verankerte Beschleunigungsgebot und der verfassungsrechtliche Anspruch auf Beurteilung der Sache innert angemessener Frist nach
Art. 29 Abs. 1 BV
zu beachten (vgl.
BGE 130 V 95
Erw. 5,
BGE 127 V 231
Erw. 2a; ferner KÖLZ/BOSSHART/RÖHL, a.a.O., N 28 Vorbem. zu §§ 4-31). Daraus ergibt sich, dass die vorläufige Einstellung des Prozesses zu erfolgen hat, sobald dies sinnvoll und zweckmässig oder sogar zwingend geboten ist (KÖLZ/ Bosshart/Röhl, a.a.O., N 30 zu § 1 [formelle Unzuständigkeit zum Entscheid einer Hauptfrage]). Desgleichen ist das Verfahren fortzusetzen, sobald der Sistierungsgrund weggefallen ist.
Die zeitliche Verzögerung als Folge der vorläufigen Einstellung des Verfahrens allein stellt indessen in der Regel keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil dar (
BGE 127 V 231
Erw. 2a sowie RKUV 2003 Nr. U 475 S. 106 Erw. 3.3.1). Dies gilt im Besonderen, wenn die Sistierung im Hinblick auf den Abschluss anderer hängiger Prozesse erfolgt, deren Ausgang für die Beurteilung des Falles von Bedeutung ist oder sein kann (
BGE 130 V 95
Erw. 5; AHI 1999 S. 140 Erw. 2b mit Hinweisen; vgl. auch SVR 1996 IV Nr. 93 S. 283 Erw. 4a in fine; ferner KÖLZ/BOSSHART/RÖHL, a.a.O., N 29 Vorbem. zu §§ 4-31).
3.3
Im nicht veröffentlichten Urteil F. vom 23. November 1992 (I 279/92) verneinte das Eidgenössische Versicherungsgericht einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil als Folge der Sistierung des
BGE 131 V 362 S. 370
erstinstanzlichen Beschwerdeverfahrens betreffend eine Rente der Invalidenversicherung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem vor einer anderen Gerichtsinstanz hängigen Beschwerdeverfahren betreffend eine Invalidenrente der Unfallversicherung. Im Fall I 81/98 sodann stellte das Eidgenössische Versicherungsgericht im Streit um eine Rente der Invalidenversicherung das letztinstanzliche Verfahren gestützt auf
Art. 6 Abs. 1 BZP
in Verbindung mit
Art. 40 und
Art. 135 OG
bis zum erstinstanzlichen Entscheid über den Anspruch auf eine Invalidenrente der Unfallversicherung ein. Zur Begründung wies das Gericht auf den engen Zusammenhang der beiden Verfahren hin, indem es hier wie dort um die Ermittlung des Invaliditätsgrades gehe (Verfügung vom 25. August 1998).
3.4
Im Lichte der dargelegten Grundsätze ist auch im vorliegenden Fall die Eintretensvoraussetzung des nicht wieder gutzumachenden Nachteils zu verneinen. Die Befürchtung der Allianz, dadurch werde ihr bei (gleichzeitiger) Aberkennung der Beschwerdelegitimation im Fall I 55/05 jegliche Möglichkeit genommen, ihre Rechte im sistierten unfallversicherungsrechtlichen Verfahren wirksam geltend zu machen, ist insoweit unbegründet, als sich mit der Einführung des ATSG bezüglich der Frage der Bindungswirkung keine Änderungen ergeben haben (Erw. 2.2). Vielmehr ist der Unfallversicherer berechtigt, den Anspruch auf eine Invalidenrente der Unfallversicherung vermittelnden Entscheid der Vorinstanz, was einen Invaliditätsgrad von mindestens 10 % voraussetzt (
Art. 18 Abs. 1 UVG
und
BGE 130 V 121
), an das Eidgenössische Versicherungsgericht weiterzuziehen.
Aus welchen Gründen die Vorinstanz das Beschwerdeverfahren betreffend eine Invalidenrente der Unfallversicherung am gleichen Tag sistierte, an dem es über den Anspruch der Versicherten auf eine Rente der Invalidenversicherung entschied, und nicht bereits früher oder erst nach einem allfälligen Weiterzug der Sache an das Eidgenössische Versicherungsgericht, kann offen bleiben, da dies weder für den Entscheid in der Sache noch im Kostenpunkt von Bedeutung ist.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Beschluss vom 6. Dezember 2004 ist somit unzulässig und es ist demzufolge darauf nicht einzutreten.
4.
(Gerichtskosten und Parteientschädigung) | mixed |
f5672aed-ec43-4691-a890-da9f2965af10 | Sachverhalt
ab Seite 51
BGE 128 III 50 S. 51
A.-
Le 13 juillet 1978, X., société anonyme de droit français dont le siège est à Paris (France), a conclu avec F., entreprise de droit yougoslave dont le siège est à Pristina (République fédérale de Yougoslavie), un contrat intitulé "Amortisseurs".
L'art. 13 let. b de ce contrat prévoit que tout différend entre les parties relatif à l'interprétation ou à l'exécution du contrat sera tranché par la voie de l'arbitrage conformément aux règles de la Chambre de Commerce Internationale de Paris, le tribunal arbitral devant siéger à Genève et appliquer le droit suisse.
Par lettre recommandée du 4 décembre 1992, X. a manifesté la volonté de ne pas renouveler le contrat à son échéance; il en est résulté un litige entre les parties.
BGE 128 III 50 S. 52
B.-
Le 12 avril 1997, l'entreprise yougoslave a mis en oeuvre la procédure arbitrale, concluant à ce que sa partie adverse lui paie le montant de 9'289'678.02 FRF avec intérêts.
La procédure d'arbitrage n'a toutefois pas commencé, parce que X., qui refusait de se soumettre à l'arbitrage et n'avait pas signé l'acte de mission, n'a pas effectué l'avance de frais qui lui était demandée.
Le 25 juin 1999, l'entreprise yougoslave a cédé sa créance contre X. à O., une société de droit yougoslave ayant son siège à Belgrade (République fédérale de Yougoslavie).
O. a manifesté la volonté de reprendre la procédure arbitrale et elle a effectué l'avance des frais qui incombait à X.
X. a fait valoir, notamment, que O. n'avait pas qualité pour intervenir dans la procédure d'arbitrage.
Statuant sur les objections préalables de X. par une sentence partielle du 18 avril 2001, le Tribunal arbitral, siégeant à Genève, a considéré en particulier que la créance litigieuse avait été valablement cédée à O. et il a ordonné en conséquence la poursuite de la procédure arbitrale entre O. et X.
C.-
X. a formé un recours de droit public. Soutenant que le Tribunal arbitral s'est déclaré à tort compétent, elle invite le Tribunal fédéral à annuler la sentence attaquée et à dire que le Tribunal arbitral n'est pas compétent pour trancher le litige entre O. et X.
L'intimée conclut à l'irrecevabilité, voire au rejet, du recours ainsi qu'à la confirmation de la sentence attaquée.
Dans ses observations, le président du Tribunal arbitral relève que celui-ci n'a pas été saisi d'une exception d'incompétence.
Le Tribunal fédéral a admis le recours et annulé la sentence attaquée. Erwägungen
Extrait des considérants:
1.
a) Selon l'
art. 85 let
. c OJ, le recours de droit public au Tribunal fédéral est ouvert contre une sentence arbitrale aux conditions des
art. 190 ss LDIP
(RS 291). Il convient donc d'examiner en premier lieu si les conditions prévues par ces dispositions sont réunies.
La clause compromissoire, insérée dans le contrat conclu le 13 juillet 1978, fixe le siège du Tribunal arbitral en Suisse (à Genève) et l'une des parties au moins (en l'occurrence les deux) n'avait, au moment de la conclusion de cette convention d'arbitrage, ni son domicile ni sa résidence habituelle en Suisse; les
art. 190 ss LDIP
BGE 128 III 50 S. 53
sont donc applicables (
art. 176 al. 1 LDIP
), étant observé que les parties n'en ont pas exclu l'application par écrit en choisissant d'appliquer exclusivement les règles de la procédure cantonale en matière d'arbitrage (
art. 176 al. 2 LDIP
).
Le recours au Tribunal fédéral prévu par l'
art. 191 al. 1 LDIP
est ouvert, puisque les parties n'ont pas choisi, en lieu et place, le recours à l'autorité cantonale (
art. 191 al. 2 LDIP
) et qu'elles ne l'ont pas non plus exclu conventionnellement (cf.
art. 192 al. 1 LDIP
).
Le recours ne peut être formé que pour l'un des motifs énumérés de manière exhaustive à l'
art. 190 al. 2 LDIP
(
ATF 127 III 279
consid. 1a p. 282;
ATF 119 II 380
consid. 3c p. 383).
Le recours est immédiatement ouvert contre une sentence incidente lorsque le Tribunal arbitral s'est déclaré à tort compétent ou incompétent (art. 190 al. 3 en relation avec l'
art. 190 al. 2 let. b LDIP
;
ATF 127 III 279
consid. 1b).
La voie du recours de droit public étant ouverte en l'espèce, il faut encore examiner si les règles de procédure ont été respectées.
b) Pour le recours en matière d'arbitrage international, la procédure devant le Tribunal fédéral est régie par les dispositions de la loi fédérale d'organisation judiciaire (OJ) relatives au recours de droit public (art. 191 al. 1, 2ème phrase, LDIP).
La recourante est personnellement touchée par la décision attaquée, qui l'oblige à continuer de procéder devant le Tribunal arbitral, de sorte qu'elle a un intérêt personnel, actuel et juridiquement protégé à ce que cette décision n'ait pas été rendue en violation des garanties découlant de l'
art. 190 al. 2 LDIP
; en conséquence, elle a qualité pour recourir (
art. 88 OJ
).
Interjeté en temps utile (
art. 89 al. 1 OJ
), dans la forme prévue par la loi (
art. 90 al. 1 OJ
), le recours est en principe recevable.
Hormis certaines exceptions, il n'a qu'un caractère cassatoire (
ATF 127 II 1
consid. 2c;
ATF 127 III 279
consid. 1b;
ATF 126 III 534
consid. 1c;
ATF 124 I 327
consid. 4). Lorsque le litige porte sur la compétence d'un tribunal arbitral, il a été admis, par exception, que le Tribunal fédéral pouvait lui-même constater la compétence ou l'incompétence (
ATF 127 III 279
consid. 1b;
ATF 117 II 94
consid. 4).
c) Dès lors que les règles de procédure sont celles du recours de droit public, la partie recourante doit invoquer ses griefs conformément aux exigences de l'
art. 90 al. 1 let. b OJ
(
ATF 127 III 279
consid. 1c;
ATF 117 II 604
consid. 3 p. 606). Saisi d'un recours de droit public, le Tribunal fédéral n'examine que les griefs admissibles qui ont été invoqués et suffisamment motivés dans l'acte de recours
BGE 128 III 50 S. 54
(cf.
ATF 127 I 38
consid. 3c;
ATF 127 III 279
consid. 1c;
ATF 126 III 524
consid. 1c, 534 consid. 1b). La recourante devait donc indiquer quelles hypothèses de l'
art. 190 al. 2 LDIP
étaient à ses yeux réalisées et, en partant de la sentence attaquée, montrer de façon circonstanciée en quoi consisterait la violation du principe invoqué (
ATF 127 III 279
consid. 1c); ce n'est qu'à ces conditions qu'il sera possible d'entrer en matière.
2.
a) La recourante soutient que le Tribunal arbitral s'est déclaré à tort compétent pour connaître des conclusions prises contre elle.
Elle invoque ainsi le motif de recours prévu par l'
art. 190 al. 2 let. b LDIP
.
Saisi d'un tel grief, le Tribunal fédéral examine librement les questions de droit, y compris les questions préalables, qui déterminent la compétence ou l'incompétence du tribunal arbitral (
ATF 119 II 380
consid. 3c p. 383;
ATF 118 II 193
consid. 5a;
ATF 117 II 94
consid. 5a). En particulier, il peut examiner librement la question préalable de la validité d'un acte de cession dont dépend le transfert d'une clause compromissoire (HEINI, in IPRG Kommentar, n. 24b ad
art. 190 LDIP
).
Cependant, le Tribunal fédéral revoit l'état de fait à la base de la sentence attaquée - même s'il s'agit de la question de la compétence - uniquement lorsque l'un des griefs mentionnés à l'
art. 190 al. 2 LDIP
est soulevé à l'encontre dudit état de fait ou lorsque des faits ou des moyens de preuve nouveaux (cf.
art. 95 OJ
) sont exceptionnellement pris en considération dans le cadre de la procédure de recours de droit public (
ATF 119 II 380
consid. 3c p. 383 et les références).
b) aa) Lorsqu'ils examinent s'ils sont compétents pour trancher le différend qui leur est soumis, les arbitres doivent résoudre, entre autres questions, celle de la portée subjective de la convention d'arbitrage. Il leur appartient, notamment, de déterminer quelles sont les parties liées par la convention (
ATF 117 II 94
consid. 5b p. 98 et les auteurs cités). A cet égard, il n'est pas douteux qu'une convention d'arbitrage peut obliger même des personnes qui ne l'ont pas signée. Appelé à dire si le litige dont il est saisi est de son ressort ou de celui de la juridiction ordinaire, le tribunal arbitral doit, dès lors, décider si telle personne assignée devant lui est liée ou non par la convention d'arbitrage. Sous l'angle de la compétence, l'existence, la validité et la portée de la convention d'arbitrage constituent donc des problèmes indissociables (
ATF 120 II 155
consid. 3b/bb p. 163 s. et les auteurs cités).
BGE 128 III 50 S. 55
bb) Sur le plan des principes, il sied de faire clairement la distinction entre la notion de légitimation active ou passive (appelée aussi qualité pour agir ou pour défendre; Aktiv- oder Passivlegitimation), d'une part, et celle de capacité d'être partie (Parteifähigkeit), d'autre part. La légitimation active ou passive dans un procès civil relève du fondement matériel de l'action; elle appartient au sujet (actif ou passif) du droit invoqué en justice et son absence entraîne, non pas l'irrecevabilité de la demande, mais son rejet (
ATF 108 II 216
consid. 1). En revanche, la capacité d'être partie, entendue ici dans son acception la plus large, consiste dans la faculté de participer à un procès en qualité de partie (VOGEL/SPÜHLER, Grundriss des Zivilprozessrechts, 7e éd., p. 135, n. 1 ad § 25); elle constitue une condition de recevabilité de la demande et son défaut équivaut à une fin de non-recevoir. Savoir si le demandeur ou le défendeur est partie à la convention d'arbitrage, autrement dit s'il dispose de la capacité d'être partie, est ainsi une question de recevabilité qui détermine la compétence du tribunal arbitral et qui ne doit, théoriquement, pas être confondue avec le moyen de fond pris du défaut de légitimation active ou passive (LALIVE/POUDRET/REYMOND, Le droit de l'arbitrage interne et international en Suisse, p. 65, n. 2 ad art. 8 du Concordat sur l'arbitrage [CA], qui se réfèrent en particulier à l'
ATF 102 Ia 574
consid. 5 p. 578).
Cependant, en matière d'arbitrage, il n'est pas toujours aisé de faire le départ entre les notions de légitimation et de capacité d'être partie. Dans ce domaine, en effet, contrairement à celui de la procédure ordinaire où la compétence des autorités judiciaires est fixée par un acte de caractère général et abstrait (loi, ordonnance, règlement), la compétence des arbitres repose sur la seule convention des parties. Or, cette dernière, lorsqu'elle est insérée dans un contrat, partagera, suivant les circonstances, le destin de ce contrat. Le fait qu'en raison de sa fonction la clause compromissoire soit séparable du contrat principal (principe de l'autonomie de la clause arbitrale; cf. à ce sujet:
ATF 119 II 380
consid. 4a;
ATF 116 Ia 56
consid. 3b p. 59 et les références) n'implique pas pour autant qu'elle en soit nécessairement indépendante. Ainsi, le droit suisse, à l'instar du droit allemand (cf. BERGER, Internationale Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, Berlin/New York 1992, p. 120 s., note 659 et les références; pour d'autres références, cf. WENGER, Commentaire bâlois, Internationales Privatrecht, n. 67 ad
art. 178 LDIP
) et du droit français (voir les arrêts de la Cour de cassation des 5 janvier et 19 octobre 1999 reproduits in Revue de l'arbitrage 2000 p. 85 ss), admet, en cas de
BGE 128 III 50 S. 56
cession de créance (
ATF 103 II 75
; arrêt 4P.126/1992 du 13 octobre 1992, reproduit in Bulletin de l'Association suisse de l'arbitrage [ASA] 1993 p. 68 ss) ou de reprise d'une relation contractuelle (arrêts 4P.124/2001 du 7 août 2001, consid. 2c, et 4P.289/1995 du 9 juillet 1996, consid. 2a), que la clause compromissoire, en tant que clause accessoire de nature procédurale, est transférée au cessionnaire ou au reprenant, sauf convention contraire (arrêts cités, ibid.; WENGER, ibid.; LALIVE/POUDRET/REYMOND, op. cit., n. 4 i. f. et 21 ad
art. 178 LDIP
; RÜEDE/HADENFELDT, Schweizerisches Schiedsgerichtsrecht, 2e éd., p. 82 et Supplément, p. 25 i. f.; MARTIN LUKAS MÜLLER, Die Zuständigkeit des Schiedsgerichts, thèse Saint-Gall 1996, p. 97 s.). En ce qui concerne la cession de créance, un tel effet est rattaché à l'
art. 170 CO
, que l'on considère la clause compromissoire comme un droit de préférence (voir les auteurs cités in
ATF 103 II 75
consid. 3 p. 78 s.; cf. également: SPIRIG, Commentaire zurichois, n. 24 ad
art. 170 CO
avec d'autres références; ENGEL, Traité des obligations en droit suisse, 2e éd., p. 880) ou comme un droit accessoire (GAUCH/SCHLUEP/SCHMID/REY, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, vol. II, 7e éd., n. 3589), question qui ne joue aucun rôle en l'espèce et qui peut dès lors rester indécise. La cession d'une créance (ou d'une relation contractuelle) assortie d'une clause compromissoire revêt donc une double nature: elle entraîne non seulement le transfert matériel du droit cédé, question qui relève du fond, mais également la transmission de la convention d'arbitrage, question qui ressortit à la procédure. En d'autres termes, la même circonstance - à savoir la cession valable de la créance litigieuse - sortit deux effets distincts, puisqu'elle détermine à la fois la légitimation active ou passive du cessionnaire ainsi que sa capacité d'être partie à une procédure arbitrale mise en oeuvre en exécution de la clause compromissoire. C'est en cela que les notions de légitimation et de capacité d'être partie se recouvrent en quelque sorte dans l'hypothèse de la cession de créance, si bien qu'il devient plus délicat d'en délimiter les contours.
Selon la théorie des faits de double pertinence (sur cette notion, cf.
ATF 122 III 249
consid. 3b/bb et les références), il suffit, suivant les circonstances, pour admettre la compétence d'un tribunal, que les faits allégués avec une certaine vraisemblance à l'appui d'une action - en l'espèce, la cession valable de la créance litigieuse - constituent à la fois la condition de cette compétence et le fondement nécessaire de la prétention soumise à l'examen du tribunal. Toutefois, outre qu'elle revêt un caractère exceptionnel, cette théorie
BGE 128 III 50 S. 57
ne saurait entrer en ligne de compte lorsque la compétence d'un tribunal arbitral est contestée, car il est exclu de contraindre une partie à souffrir qu'un tel tribunal se prononce sur des droits et obligations litigieux, s'ils ne sont pas couverts par une convention d'arbitrage valable (
ATF 121 III 495
consid. 6d p. 503).
cc) Dans le cas particulier, à supposer que la cession de la créance en cause n'ait pas été opérée valablement, non seulement l'intimée n'aurait pas acquis le droit litigieux et ne posséderait donc pas la légitimation active, mais, qui plus est, le Tribunal arbitral serait incompétent pour trancher le différend, dès lors que la convention d'arbitrage ne serait pas opposable à la recourante, faute d'un transfert valable de la clause compromissoire liée à ladite créance.
Par conséquent, le Tribunal arbitral devait régler en premier lieu le problème de sa propre compétence et, dans cette perspective, examiner à titre préjudiciel la question de la validité de la cession de créance. C'est du reste ce qu'il a fait, à tout le moins de manière implicite et concluante, bien qu'il s'en défende, en ordonnant "la poursuite de la procédure arbitrale entre O. et X.". Ce faisant, il a estimé que les parties étaient liées par une convention d'arbitrage, laquelle établissait sa compétence pour mener la procédure et examiner les conclusions que l'intimée entendait prendre contre la recourante. Il a ainsi rendu une décision incidente relative à la compétence, qui était susceptible d'un recours de droit public fondé sur l'
art. 190 al. 2 let. b et al. 3 LDIP
.
c) Le Tribunal arbitral, par la voix de son président, fait cependant valoir, dans ses observations, qu'il n'a pas été saisi d'une exception d'incompétence.
aa) Aux termes de l'
art. 186 al. 2 LDIP
, l'exception d'incompétence doit être soulevée préalablement à toute défense au fond. Il s'agit là d'un cas d'application du principe de la bonne foi, ancré à l'
art. 2 al. 1 CC
, qui régit l'ensemble des domaines du droit, y compris la procédure civile (
ATF 107 Ia 206
consid. 3a p. 211 et les références) et l'arbitrage (
ATF 126 III 249
consid. 3c p. 253 s.;
ATF 119 II 386
consid. 1a p. 388;
ATF 116 II 639
consid. 4c p. 644;
ATF 113 Ia 67
consid. 2a). Enoncée différemment, la règle posée à l'
art. 186 al. 2 LDIP
, à l'instar de celle, plus générale, fixée à l'art. 6 de la même loi, implique que le tribunal arbitral devant lequel le défendeur procède au fond sans faire de réserve est compétent de ce seul fait. Dès lors, celui qui entre en matière sans réserve sur le fond (la terminologie allemande utilise l'expression de "vorbehaltlose Einlassung") dans une procédure arbitrale contradictoire portant sur une
BGE 128 III 50 S. 58
cause arbitrable reconnaît, par cet acte concluant, la compétence du tribunal arbitral et perd définitivement le droit d'exciper de l'incompétence dudit tribunal (
ATF 120 II 155
consid. 3b/bb p. 162 et p. 164 i. f.; cf. LALIVE/POUDRET/REYMOND, op. cit., n. 3 ad
art. 8 CA
, p. 66 in medio; MÜLLER, op. cit., p. 176 ss). Toutefois, le défendeur peut se déterminer à titre éventuel sur le fond, pour le cas où l'exception d'incompétence ne serait pas admise, sans que pareil comportement vaille acceptation tacite de la compétence du tribunal arbitral (WENGER, Schiedsvereinbarung und schiedsgerichtliche Zuständigkeit, in Schiedsgerichtsbarkeit, Europa Institut Zurich, 1997 [ci-après: Schiedsvereinbarung], p. 223 ss, 241 ch. 3, let. a; plus généralement, cf. DUTOIT, Commentaire de la loi fédérale du 18 décembre 1987, 2e éd., n. 2 ad
art. 6 LDIP
).
C'est le lieu de rappeler que le droit constitutionnel (pour la Suisse, cf.
art. 30 al. 1 Cst.
) et le droit conventionnel (cf.
art. 6 par. 1 CEDH
[RS 0.101]) garantissent à toute personne, physique ou morale, le droit à ce que sa cause soit entendue par un tribunal établi par la loi. En concluant une convention d'arbitrage, les parties renoncent à cette garantie (cf. MÜLLER, op. cit., p. 18 s.; FROWEIN/PEUKERT, EMRK-Kommentar, 2e éd., p. 196, note 266 et n. 64 i. f. ad art. 6), ce qui est d'ailleurs admissible sous certaines réserves (sur cette problématique, cf. JACOT-GUILLARMOD, L'arbitrage privé face à l'art. 6 § 1 de la Convention européenne des Droits de l'Homme, in Mélanges en l'honneur de Gérard J. Wiarda, 1988, p. 281 ss). S'agissant de déroger à une garantie de rang constitutionnel, on se gardera d'admettre trop facilement qu'une convention d'arbitrage a été conclue, si ce point est contesté (cf.
ATF 116 Ia 56
consid. 3b p. 58; MÜLLER, op. cit., p. 61 s.). Il importe, bien plutôt, de s'assurer qu'il existe une convention d'arbitrage susceptible d'être opposée aux parties à la procédure arbitrale, car ce n'est qu'à cette condition que l'on peut exiger de celles-ci qu'elles assument les conséquences de leur choix (notamment la limitation des possibilités de recours). Au demeurant, il ressort de la systématique des dispositions légales relatives à l'arbitrage international (art. 176 à 194 LDIP) que le législateur fédéral, en plaçant en tête de celles-ci les règles touchant l'arbitrabilité (
art. 177 LDIP
) ainsi que la convention d'arbitrage (
art. 178 LDIP
), et beaucoup plus loin celle qui concerne l'exception d'incompétence (
art. 186 al. 2 LDIP
), a démontré qu'il attachait plus de poids à l'exigence fondamentale de l'existence d'une convention d'arbitrage opposable aux parties qu'à la règle posée à l'
art. 186 al. 2 LDIP
aux fins d'assurer le déroulement correct et loyal de la procédure arbitrale.
BGE 128 III 50 S. 59
Les arbitres ne sauraient faire abstraction de ces considérations lorsqu'ils examinent si leur compétence est contestée. Sans doute le simple fait d'émettre de vagues réserves, toutes générales, ne suffit-il pas, en principe, pour retenir que tel est bien le cas (LALIVE/POUDRET/REYMOND, op. cit., n. 10 ad
art. 186 LDIP
). En revanche, la conclusion inverse ne s'impose pas nécessairement au seul motif que la partie assignée n'a pas utilisé la formule sacramentelle "exception d'incompétence". Aussi, pour savoir si leur compétence est remise en cause par le défendeur, les arbitres doivent-ils interpréter les termes employés par celui-ci et, lorsque la procédure arbitrale est régie par le droit suisse, appliquer l'
art. 18 CO
par analogie, à l'instar du juge appelé à interpréter les déclarations d'une partie en justice (cf. GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3e éd., p. 262, ch. VI; JÄGGI/GAUCH, Commentaire zurichois, n. 323 ad
art. 18 CO
; KRAMER, Commentaire bernois, n. 114 ad
art. 1er CO
et n. 65 ad
art. 18 CO
). Il leur incombe de déterminer le sens qui peut être attribué, objectivement et selon les règles de la bonne foi, aux déclarations (écrites ou orales) de la partie assignée, sans s'arrêter uniquement aux expressions dont elle s'est servie, mais en tenant compte de l'ensemble des circonstances dans lesquelles ces déclarations ont été faites.
bb) aaa) En l'espèce, la recourante a d'emblée conclu à l'impossibilité de l'arbitrage en se fondant sur un règlement du Conseil de l'Union Européenne qui concrétisait les sanctions prises à l'époque par l'Organisation des Nations Unies à l'encontre de la République fédérale de Yougoslavie, en interdisant de faire droit à une demande présentée par une personne morale ayant son siège dans ce pays. Par la suite, elle a soutenu, de surcroît, que le contrat dont l'intimée entendait déduire des droits à son encontre n'avait pas été valablement cédé à la soi-disant créancière, s'agissant d'un acte simulé qui aurait en outre été signé par une personne n'ayant plus le pouvoir de représenter la cédante.
Il ressort clairement des moyens soulevés par elle que la recourante, loin de procéder au fond sans faire de réserve, a manifesté, au contraire, la ferme volonté de refuser l'arbitrage. Plus précisément, elle s'est opposée à ce que les arbitres se prononcent, par une sentence finale, sur le bien-fondé de la prétention élevée par l'intimée, leur reconnaissant pour seule compétence celle de constater leur incompétence en la matière. Au reste, la recourante n'aurait pu leur contester cette compétence-là. Il appartient, en effet, au tribunal arbitral, conformément au principe de la "compétence de la compétence" ancré à l'
art. 186 al. 1 LDIP
, de statuer sur sa propre compétence
BGE 128 III 50 S. 60
(
ATF 121 III 155
consid. 3b/bb p. 163 s.;
ATF 120 II 495
consid. 6c) et, pour ce faire, de trancher les questions préjudicielles dont dépend cette compétence, comme celle de savoir si la créance litigieuse, incluant la clause compromissoire, a été valablement cédée à la partie demanderesse.
bbb) Le Tribunal arbitral constate que la recourante a soulevé des "exceptions préjudicielles", dont l'une se rapportait au "défaut de qualité de O. pour intervenir dans la procédure d'arbitrage" (c'est le Tribunal fédéral qui souligne). Déterminer ce qui a été invoqué dans la procédure d'arbitrage est une question de fait (cf.
ATF 125 III 305
consid. 3e) sur laquelle il n'y a pas lieu de revenir. En revanche, la portée juridique de l'exception soulevée est une question de droit que le Tribunal fédéral revoit librement.
Selon la définition qu'en donne le dictionnaire, l'"intervention" est l'acte par lequel un tiers, qui n'était pas originairement partie dans une contestation judiciaire, s'y présente pour y prendre part et faire valoir ses droits ou soutenir ceux d'une partie principale (Le Grand Robert de la langue française, vol. 5, p. 696). Dans le même sens, LALIVE/POUDRET/REYMOND (op. cit., n. 1.2 ad
art. 28 CA
, p. 152) relèvent que l'
art. 28 CA
, relatif à l'intervention (et à l'appel en cause) est également applicable à la substitution volontaire de parties, notamment en cas de cession de créance. L'expression employée ("intervenir dans la procédure d'arbitrage"), interprétée selon le principe de la confiance - à savoir d'après le sens que les arbitres pouvaient et devaient lui donner objectivement et de bonne foi, à la lumière de toutes les circonstances du cas concret -, fait clairement apparaître que la recourante contestait à l'intimée le droit de participer à la procédure arbitrale, c'est-à-dire le droit de procéder par la voie arbitrale. Aussi bien, sur le vu des termes utilisés par la recourante, rien ne permet de retenir que celle-ci, même si elle n'a pas utilisé les mots "exception d'incompétence", se serait bornée à dénier à l'intimée la légitimation active et aurait invité le Tribunal arbitral à constater le défaut de légitimation. Un doute subsisterait-il sur ce point qu'il faudrait d'ailleurs trancher en faveur de l'interprétation la plus large, pour les motifs sus-indiqués, et admettre l'existence d'une contestation globale portant à la fois sur la légitimation au fond et la capacité d'être partie à la procédure arbitrale.
Ainsi, contrairement à l'avis de son président, le Tribunal arbitral était bien saisi d'une exception d'incompétence ratione personae. Il ne ressort pas des constatations de fait des arbitres que la recourante aurait tardé à soulever cette exception. Fondée sur l'absence de validité
BGE 128 III 50 S. 61
de la cession de créance incluant la clause compromissoire, l'exception d'incompétence ne pouvait être soulevée qu'une fois la cession de créance opérée. Comme cette cession est intervenue pendente lite, la recourante ne saurait se voir reprocher de ne pas avoir soulevé ladite exception d'entrée de cause.
ccc) Si la recourante a effectivement contesté la compétence du Tribunal arbitral, en alléguant que la créance litigieuse, incorporant la convention d'arbitrage, n'a pas été valablement cédée à l'intimée, il est vrai que, pour ce faire, elle n'a pas tiré argument de l'incessibilité de cette créance, mais d'autres circonstances (acte simulé et défaut de pouvoir de représentation de la personne ayant agi au nom de la cédante).
Dans ces conditions, le Tribunal arbitral devait-il limiter son examen aux seuls arguments avancés par la recourante ou lui appartenait-il de s'assurer, sans s'en tenir uniquement aux moyens soulevés à cet égard, qu'il existait une convention d'arbitrage opposable aux deux parties? En faveur de la première solution, on pourrait relever que lorsque l'exception d'incompétence est motivée, elle doit l'être de manière complète, le défendeur ne pouvant pas garder des arguments en réserve (cf. WENGER, Schiedsvereinbarung, ibid., qui parle de "partielle Einlassung"). Il paraît, en effet, douteux que l'on puisse imposer aux arbitres le devoir d'examiner la question de leur compétence sous tous ses aspects - ils peuvent être multiples - et de rechercher d'office si des circonstances n'ayant aucun rapport avec celles qui ont été invoquées à l'appui de l'exception d'incompétence ne les obligeraient pas à décliner leur compétence. Les tenants de la seconde solution pourraient, à l'inverse, souligner qu'un tribunal arbitral, contrairement au Tribunal fédéral statuant sur un recours de droit public au sens des
art. 85 let
. c OJ et 190 LDIP, n'est pas une cour de cassation, qui n'examine que les griefs expressément articulés par le recourant, et qu'il n'est, en principe, pas lié par l'argumentation juridique des parties (
ATF 120 II 172
consid. 3a p. 175). Une solution moyenne consisterait à ne pas contraindre les arbitres à examiner tous les motifs d'incompétence possibles et imaginables, mais à les obliger néanmoins à prendre en considération d'office un motif d'incompétence, même non invoqué, qu'ils auraient découvert en examinant les éléments de fait fournis par les parties.
En l'espèce, il n'est pas nécessaire de trancher définitivement cette question. Force est, en effet, de constater que le Tribunal arbitral a examiné spontanément le problème de la cessibilité de la créance litigieuse (cf. consid. 3b ci-dessous). L'intimée affirme à tort le
BGE 128 III 50 S. 62
contraire, dans sa réponse au recours. Elle prétend, en outre, que le Tribunal arbitral n'était pas autorisé à soulever cette question d'office, mais ne motive pas cet argument d'une manière conforme aux exigences rappelées plus haut (
art. 90 al. 1 let. b OJ
; cf. consid. 1c). A cet égard, son objection selon laquelle la recourante pouvait parfaitement renoncer à se prévaloir de la clause d'incessibilité insérée dans le contrat d'amortisseurs ne pourrait être retenue, à supposer qu'elle soit juridiquement pertinente, que si les constatations de fait du Tribunal arbitral révélaient l'existence d'une telle renonciation, consciente, de la part de la recourante, ce qui n'est pas du tout le cas.
Cela étant, il reste à examiner si c'est à bon droit que le Tribunal arbitral est arrivé à la conclusion que rien ne s'opposait à la cession de la créance incluant la clause compromissoire.
3.
a) Savoir si une convention d'arbitrage a été valablement transférée se détermine d'après le droit défini à l'
art. 178 al. 2 LDIP
, c'est-à-dire au regard du droit le plus favorable à la validité même de la convention (
ATF 117 II 94
consid. 5b p. 98 et les auteurs cités). Selon cette disposition, la convention d'arbitrage est valable si elle répond aux conditions que pose soit le droit choisi par les parties, soit le droit régissant l'objet du litige et notamment le droit applicable au contrat principal, soit encore le droit suisse.
A l'art. 13 let. b du contrat d'amortisseurs, la société yougoslave et l'entreprise française n'ont pas choisi, pour la clause compromissoire, un droit différent de celui qui s'applique au contrat principal. Celui-ci est le droit suisse, conformément à la volonté des parties. Le troisième terme de l'alternative susmentionnée renvoie également au droit suisse. Il s'ensuit que le transfert de la clause compromissoire doit s'apprécier, quant à sa validité, à la lumière du droit suisse.
Quoi qu'il en soit, le Tribunal arbitral indique que le droit yougoslave et le droit suisse ne diffèrent matériellement pas, prima facie, pour la solution de la question ici décisive.
b) En vertu de l'
art. 164 al. 1 CO
, le créancier peut céder son droit à un tiers sans le consentement du débiteur, à moins que la cession n'en soit interdite par la loi, la convention ou la nature de l'affaire. L'art. 436 al. 2 du Code des obligations yougoslave prévoit également la possibilité d'exclure par convention une cession de créance sans l'accord du débiteur.
Après avoir cité ces dispositions et rappelé les hypothèses dans lesquelles elles excluent la cession de créance, le Tribunal arbitral a ajouté, de façon péremptoire: "ce qui n'est manifestement pas le cas en l'espèce".
BGE 128 III 50 S. 63
Cette conclusion est incompréhensible. Le Tribunal arbitral a expliqué qu'il se prononçait "sur la base du dossier". Il s'est référé expressément au contrat d'amortisseurs, dont il a reproduit certains passages. Même s'il n'a pas reproduit intégralement le texte dudit contrat - qui est à la base du litige -, on doit en déduire que le contenu de ce document compte au nombre des faits admis par les arbitres et sur lesquels ils se sont fondés. Or, l'
art. 9 let
. c du contrat prévoit que l'entreprise yougoslave "ne pourra en aucun cas céder à titre gratuit ou onéreux les droits que lui confère le présent contrat, qui lui est strictement personnel". Une telle clause est claire et ne contient ni condition, ni réserve. Elle vaut pour toutes les créances nées du contrat et il faut admettre qu'elle s'applique également, comme la clause compromissoire elle-même, à des prétentions nées de l'extinction du contrat (cf.
ATF 117 II 94
consid. 5c/aa p. 99;
ATF 116 Ia 56
consid. 3b p. 59).
Le cas est ainsi identique à celui déjà tranché dans l'arrêt publié aux
ATF 117 II 94
ss, si ce n'est que, dans ce précédent, la cession de créance n'était pas absolument interdite, comme dans la présente espèce, mais soumise à l'autorisation écrite préalable de l'autre partie. La cession d'une créance issue du contrat ayant été exclue conventionnellement en l'occurrence, l'intimée n'est pas cessionnaire de la créance qu'elle invoque et elle ne peut donc pas soutenir que la cession a entraîné le transfert de la clause compromissoire. On peut également inférer du caractère incessible des droits et obligations découlant du contrat que la clause compromissoire était, elle aussi, incessible (
ATF 117 II 94
consid. 5c/bb). Au demeurant, même s'il ne s'agissait pas là d'une conséquence nécessaire de l'interdiction conventionnelle de la cession de créance (sur cette question, cf. TSCHANZ, note à l'arrêt précité, in Revue de l'arbitrage 1991 p. 717 ss, let. D), aucun élément ne viendrait étayer ici la thèse voulant que la convention d'arbitrage ait pu être transférée à l'intimée, nonobstant cette interdiction.
L'intimée ne peut donc pas se prévaloir d'une clause compromissoire liant des tiers et qui ne lui a pas été transférée. En l'absence de toute convention d'arbitrage entre la recourante et l'intimée, le Tribunal arbitral n'est pas compétent pour connaître des conclusions que la seconde voudrait prendre contre la première, dès lors que celle-ci refuse de se soumettre à la procédure d'arbitrage. L'incompétence doit ainsi être constatée, sans qu'il soit nécessaire d'examiner les autres arguments soulevés par la recourante. | mixed |
bb2d164f-8ecf-4677-a279-c35c7633b1b5 | Sachverhalt
ab Seite 42
BGE 127 III 41 S. 42
A.-
Die Einwohnergemeinde Unterbözberg betrieb X. mit Zahlungsbefehl Nr. 0 des Betreibungsamtes Habsburg für eine "Akontorechnung Kanalisationsanschlussgebühren für-Gebäude Nr. 0 Unterbözberg vom 1. November 1996" in der Höhe von Fr. 34'825.50. Nachdem der Schuldner Rechtsvorschlag erhoben hatte, klagte er beim Bezirksgericht Brugg gegen die Gläubigerin gemäss
Art. 85a SchKG
auf Feststellung, dass die fragliche Schuld nicht bestehe, daher die Betreibung Habsburg Nr. 0 aufzuheben und der Eintrag im Betreibungsregister zu löschen sei. Mit Schreiben vom 12. März 1998 zog die Beklagte die Betreibung zurück, worauf das Bezirksgericht am 7. Juli 1998 diesen Rückzug feststellte und die Klage im Übrigen abwies. Das Obergericht des Kantons Aargau trat auf Appellation des Klägers hin mit Entscheid vom 29. Juni 2000 auf die Klage mangels Feststellungsinteresses nicht ein.
B.-
Mit Eingabe vom 15. September 2000 führt der Kläger staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von
Art. 9 BV
mit dem Antrag, den obergerichtlichen Entscheid aufzuheben. Es ist keine Vernehmlassung eingeholt worden.
Das Bundesgericht tritt auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht ein. Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
a) Das Bundesgericht überprüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob auf die staatsrechtliche Beschwerde eingetreten werden kann (
BGE 119 Ia 321
E. 2 S. 324 mit Hinweis;
BGE 124 I 11
E. 1 S. 13).
b) Nach der Rechtsprechung zu
Art. 88 OG
muss der Beschwerdeführer ein aktuelles praktisches Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheides beziehungsweise an der Überprüfung der von ihm erhobenen Rügen haben, damit auf die Beschwerde eingetreten werden kann (
BGE 114 Ia 88
E. 5b S. 90;
BGE 116 Ia 149
E. 2a S. 150, 359 E. 2a S. 363;
BGE 118 Ia 46
E. 3c S. 53 f.). An diesem fehlt es insbesondere, wenn der Nachteil auch bei Gutheissung der Beschwerde nicht mehr behoben werden kann (
BGE 116 II 721
E. 6 S. 729).
Im vorliegenden Fall ist ein aktuelles praktisches Interesse an der Beschwerde dann zu bejahen, wenn das Obergericht nach einer allfälligen Gutheissung der staatsrechtlichen Beschwerde und der Aufhebung des angefochtenen Entscheides auf die Klage eintreten und diese materiell behandeln könnte, falls sich die Appellation als begründet erwiese. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob
BGE 127 III 41 S. 43
die Feststellungsklage nach
Art. 85a SchKG
überhaupt noch materiell behandelt werden kann, nachdem die ihr zugrunde liegende Betreibung durch die Beschwerdegegnerin zurückgezogen worden ist.
4.
a) Nach den Marginalien des Gesetzes handeln
Art. 85 und
Art. 85a SchKG
von der richterlichen Aufhebung oder Einstellung der Betreibung, wobei
Art. 85 SchKG
jene im summarischen,
Art. 85a SchKG
hingegen die im beschleunigten Verfahren durchzuführende Einstellung bzw. Aufhebung regelt. Gemäss
Art. 85a Abs. 2 SchKG
erfolgt die Aufhebung oder Einstellung, sofern die Klage gutgeheissen wird. Aufgrund des Wortlautes von
Art. 85a Abs. 2 SchKG
und der Marginalien zu
Art. 85 und 85a SchKG
steht ausser Frage, dass die Aufhebung bzw. Einstellung der Betreibung Hauptziel der Feststellungsklage nach
Art. 85a SchKG
bildet, auch wenn sie eine Doppelnatur aufweist, d.h. nebst der Aufhebung oder Einstellung der Betreibung in materiellrechtlicher Hinsicht auf Feststellung der Nichtschuld bzw. Stundung lautet (zur Doppelnatur:
BGE 125 III 149
E. 2c S. 151).
b) Zu keinem anderen Ergebnis führen die Materialien zu
Art. 85a SchKG
: Aus der Botschaft des Bundesrates vom 8. Mai 1991 über die Änderung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs ergibt sich klar, welches das Verhältnis zwischen der betreibungsrechtlichen und der materiellrechtlichen Wirkung der Klage ist: "Obwohl aus materiellem Recht geklagt wird, dient die Klage (...) ebensosehr auch rein verfahrensmässigen Zwecken, die zugleich das Feststellungsinteresse definieren. Klagen kann - wie gemäss
Art. 85 SchKG
- nur der Betriebene, d.h. klagen hat nur einen Sinn, solange eine Betreibung vorliegt, die überhaupt noch eingestellt oder aufgehoben werden könnte" (BBl 1991 III 70).
c) Die Auslegung der Bestimmung und die Materialien führen zum Schluss, dass eine hängige Betreibung Prozessvoraussetzung für die Klage nach
Art. 85a SchKG
bildet. Nur wer betrieben ist, hat ein Feststellungsinteresse. Als Prozessvoraussetzung aber muss dieses Interesse im Zeitpunkt des Urteils noch gegeben sein (statt vieler: GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl., 1979, S. 229). Wird die Betreibung im Verlaufe des Verfahrens zurückgezogen, so fällt es dahin und es darf danach kein Urteil über das Feststellungsbegehren mehr ergehen. Auf die Feststellungsklage nach
Art. 85a SchKG
kann somit nicht mehr eingetreten werden, nachdem die Betreibung zurückgezogen worden ist (gl.M. AMONN/GASSER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 6. Aufl., Bern 1997, § 20, Rz. 22; vgl. auch BRÖNNIMANN, Neuerungen
BGE 127 III 41 S. 44
bei ausgewählten Klagen des SchKG, in: ZSR 115/1996 I S. 218, bb; derselbe, Zur Klage nach
Art. 85a SchKG
, in: AJP 1996 S. 1397; vgl. auch: WALDER, Rechtsbehelfe im schweizerischen Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, in: Festschrift für Hideo Nakamura: zum 70. Geburtstag am 2. März 1996, Tokyo, 1996, S. 648; a.M. BEAT BARTHOLD, Die Geltung des Gerichtsstandes des Betreibungsortes gemäss
Art. 85a SchKG
im Anwendungsbereich des Lugano-Übereinkommens, in: AJP 1997 S. 1351/1354 Fn. 28, und zwar insofern, als in diesem Fall seiner Ansicht nach die Klage abzuweisen ist).
d) In der Literatur wird indes verschiedentlich auch die Auffassung vertreten, die Klage sei trotz Wegfalls der Betreibung an die Hand zu nehmen: WALDER (Kollisionen von Rechtsbehelfen, in: Meier/Siehr [Hrsg.], Festschrift für Anton Heini zum 65. Geburtstag, Zürich 1995, S. 506 f.) hält dafür, dass auf die Klage einzutreten sei, wenn das Feststellungsinteresse auf andere Weise als durch die eingeleitete Betreibung dokumentiert werde; er setzt jedoch nicht auseinander, worum es sich dabei handeln könnte. Soweit damit das Einsichtsrecht Dritter in das Betreibungsregister gemeint ist (
Art. 8a SchKG
), vermag dieses ein Rechtsschutzinteresse an der Klage nach
Art. 85a SchKG
nicht zu begründen (
BGE 125 III 149
E. 2d S. 153 f.). Das trifft im Übrigen bei einem Rückzug der Betreibung erst recht zu, zumal eine zurückgezogene Betreibung Dritten von Gesetzes wegen nicht mehr bekannt gegeben werden darf (
Art. 8a Abs. 3 lit. c SchKG
).
DANIEL STAEHELIN (Neuerungen im Bereich des Zahlungsbefehls, des Rechtsvorschlags, der Rechtsöffnung und der Einstellung der Betreibung, Referat an der Tagung vom 4. April 1995 des Schweizerischen Institutes für Verwaltungskurse der Hochschule St. Gallen zum Thema: Das revidierte Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz [SchKG]) behauptet, dass die Feststellungsklage mit dem Dahinfallen der Betreibung nicht gegenstandslos werde, ohne allerdings seine Ansicht auch nur ansatzweise zu begründen.
Nach BODMER (Basler Kommentar, SchKG I, S. 841, N. 15 zu
Art. 85a SchKG
) sollte die Klage aus Gründen der Prozessökonomie und zur Vermeidung unnötigen Leerlaufs auch nach dem Dahinfallen der Betreibung materiell beurteilt werden. Im gleichen Sinne äussert sich LUCA TENCHIO, (Feststellungsklagen und Feststellungsprozess nach
Art. 85a SchKG
, Diss. Zürich 1999, S. 102), wobei es nach diesem Autor für den Betriebenen nicht annehmbar ist, dass der Gläubiger trotz Rückzugs der Betreibung seinen Anspruch erneut durchsetzen kann; dem Gläubiger sei indessen zuzumuten, gleichzeitig
BGE 127 III 41 S. 45
mit dem Rückzug der Betreibung die Klage anzuerkennen, gleichsam als Beweis dafür, dass der Rückzug der Betreibung nicht prozesstaktisch motiviert gewesen sei. Damit wird jedoch übersehen, dass Einstellung bzw. Aufhebung der hängigen Betreibung Hauptziel der Klage bildet und dass bei fehlender Prozessvoraussetzung des Betriebenseins auf die Klage nicht mehr eingetreten werden kann. Im Übrigen dürfte ein Gläubiger, der die Aussichtslosigkeit seiner Forderung einsieht und deshalb das Betreibungsverfahren nicht weiterverfolgt, auch erkennen, dass die fragliche Forderung nicht besteht (
BGE 120 II 20
E. 3d/bb S. 27), so dass weitere Betreibungen oder andere Massnahmen in aller Regel nicht zu befürchten sind. Stellte er allerdings ein neues Betreibungsbegehren für die nämliche Forderung, nachdem er eine frühere Betreibung angesichts der vom Schuldner eingereichten Feststellungsklage gemäss
Art. 85a SchKG
zurückgezogen hat, so wäre allenfalls zu prüfen, ob die neue Betreibung wegen Rechtsmissbrauchs nicht zuzulassen wäre (
BGE 115 III 18
).
JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN (Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, I, 4. Aufl., Zürich 1997, S. 395 N. 10 zu
Art. 85a SchKG
) schliesslich erachten die in diesem Entscheid vertretene Auffassung als sinnwidrig; weder der Kläger des Anerkennungsprozesses, der eine Betreibung zurückziehe, noch der Beklagte des Aberkennungsprozesses, der ein Gleiches tue, könne auf diese Weise der materiellen Rechtskraft des zu erwartenden Urteils entgehen. Auch diese Auffassung vermag indes nicht zu überzeugen. Im Gegensatz zur Klage nach
Art. 85a SchKG
bezwecken weder die Aberkennungsklage noch die Anerkennungsklage die Aufhebung bzw. die Einstellung der Betreibung, weshalb diese Klagen auch nicht ohne weiteres mit jener nach
Art. 85a SchKG
verglichen werden können (vgl. dazu: JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, a.a.O., N. 17 zu
Art. 83 SchKG
;
Art. 79 Abs. 1 SchKG
). Sodann sind diese Autoren der Ansicht, dass eine vorläufige Einstellung der Betreibung nicht mehr verfügt werden kann, wenn der Gläubiger nicht innert der Frist des
Art. 116 Abs. 1 SchKG
das Verwertungsbegehren stellt, und dass auf die Feststellungsklage diesfalls mangels Rechtsschutzinteresses nicht mehr einzutreten ist (JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, a.a.O., N. 28 zu
Art. 85a SchKG
). Es ist daher nicht einzusehen, weshalb der Klage bei einem Rückzug der Betreibung nicht erst recht das gleiche Los beschieden sein sollte, zumal auch in diesem Fall die Betreibung nicht mehr eingestellt werden kann und somit jegliches Rechtsschutzinteresse entfällt. | mixed |
4ae3ee2f-db56-4283-9819-fb278613198d | Sachverhalt
ab Seite 242
BGE 119 Ia 241 S. 242
Domiciliée à V., A. S. est séparée de fait de son mari depuis 1979. Sans activité professionnelle, elle subvient à son entretien grâce à une contribution de son mari pour l'essentiel et à quelques revenus de fortune.
Dans sa déclaration pour l'impôt cantonal 1988, elle a porté en déduction de son revenu un montant de 20'736 francs versé sur un compte "Epargne 3" à la Caisse d'épargne de Genève à titre de prévoyance individuelle liée.
Par décision du 24 janvier 1989, l'Administration fiscale cantonale du canton de Genève a notamment refusé la déduction du montant de 20'736 francs pour le motif que l'intéressée ne remplissait pas les conditions permettant de se constituer un 3e pilier A, et elle
BGE 119 Ia 241 S. 243
l'a invitée à demander le remboursement des montants déjà versés à l'institution de prévoyance concernée dans les plus brefs délais.
Après le rejet de sa réclamation, A. S. a recouru devant la Commission cantonale de recours en matière d'impôts du canton de Genève qui, par décision du 18 avril 1991, a rejeté le recours d'A. S., pour le motif que la législation genevoise était conforme aux règles du droit fédéral en matière de prévoyance individuelle liée et que, l'activité ménagère d'A. S. n'étant pas assimilable à une activité lucrative, l'intéressée ne remplissait pas les conditions posées pour la déduction des cotisations versées pour un 3e pilier A.
Par acte du 5 juin 1991, A. S. a porté sa cause devant le Tribunal administratif du canton de Genève, demandant à titre principal que celui-ci constate que les décisions des autorités inférieures n'étaient pas conformes au droit constitutionnel genevois et fédéral, qu'il annule ces décisions, qu'il considère la contribution versée par son mari comme un revenu d'activité lucrative pour l'application de la loi fiscale genevoise et, enfin, qu'il dise que l'administration fiscale cantonale n'était pas compétente pour exiger la suppression d'un compte de prévoyance individuelle liée et le remboursement des cotisations; à titre subsidiaire, elle concluait à ce que la réglementation fiscale genevoise sur le 3e pilier A soit déclarée contraire aux constitutions fédérale et genevoise.
Par arrêt du 6 novembre 1991, le Tribunal administratif du canton de Genève a rejeté le recours d'A. S. Il relevait que le droit genevois, suivant le droit fédéral, faisait de l'exercice d'une activité lucrative productrice de revenus une condition essentielle de la constitution d'un 3e pilier A, condition que la recourante ne remplissait pas; au surplus, le droit genevois, comme le droit fédéral dont il reprenait les termes, échappait au contrôle préjudiciel de sa constitutionnalité en vertu de l'effet indirect de l'
art. 113 al. 3 Cst.
; d'ailleurs, il ne violait pas le principe d'égalité entre hommes et femmes.
Par acte du 13 janvier 1992, intitulé "recours de droit public", A. S. demande au Tribunal fédéral d'annuler l'arrêt du 6 novembre 1991 rendu par le Tribunal administratif du canton de Genève qu'elle taxe d'arbitraire dans la mesure où celui-ci refuse de lui accorder les déductions fiscales prévues pour les cotisations du 3e pilier A; subsidiairement, elle demande qu'il déclare que le droit fiscal genevois en la matière viole l'
art. 4 al. 1 et 2 Cst.
, et plus subsidiairement encore, qu'il constate que l'ordonnance du Conseil fédéral du 13 novembre 1985 sur les déductions admises fiscalement pour les cotisations versées à des formes reconnues de prévoyance (OPP 3; RS
BGE 119 Ia 241 S. 244
831.461.3) n'a pas de base constitutionnelle suffisante et qu'il l'annule ou qu'il dise que l'art. 82 de la loi fédérale du 25 juin 1982 sur la prévoyance professionnelle vieillesse, survivants et invalidité (LPP; RS 831.40) contrevient au principe de l'égalité des droits inscrit dans la Constitution.
Le Tribunal fédéral a rejeté le recours dans la mesure où il était recevable. Erwägungen
Considérant en droit:
4.
a) Aux termes de l'
art. 21 let
. h ch. 3 de la loi générale du 9 novembre 1887 sur les contributions publiques du canton de Genève (LCP), "De l'ensemble des revenus bruts effectivement réalisés par les contribuables ou fixés par évaluation, le département des finances et des contributions... déduit... Les versements effectués par le contribuable en vue d'acquérir des droits contractuels dans une institution reconnue de prévoyance individuelle liée au sens et dans les limites du droit fédéral."
La loi fédérale du 25 juin 1982 sur la prévoyance professionnelle vieillesse, survivants et invalidité (LPP; RS 831.40) prévoit à son art. 82, sous une note marginale intitulée "Traitement équivalent d'autres formes de prévoyance":
"Les salariés et les indépendants peuvent également déduire les
cotisations affectées exclusivement et irrévocablement à d'autres formes
reconnues de prévoyance assimilées à la prévoyance professionnelle.
Le Conseil fédéral détermine, avec la collaboration des cantons, quelles
formes de prévoyance peuvent être prises en considération et décide dans
quelle mesure de telles déductions seront admises pour les cotisations."
Fondé sur le mandat que lui conférait l'alinéa 2 de la disposition précitée, le Conseil fédéral, en collaboration avec les cantons, a adopté l'ordonnance du 13 novembre 1985 sur les déductions admises fiscalement pour les cotisations versées à des formes reconnues de prévoyance (OPP 3). L'ordonnance institue deux formes reconnues de prévoyance: le contrat de prévoyance liée conclu avec les établissements d'assurances et la convention de prévoyance liée conclue avec des fondations bancaires (art. 1 al. 1 à 3 OPP 3). Ces deux formes de prévoyance individuelle liée constituent, dans le système des trois piliers de la prévoyance, le 3e pilier A (Archives 54 p. 517). A son art. 7, l'ordonnance prévoit la mesure dans laquelle les cotisations versées pour l'une de ces formes de prévoyance peuvent être déduites:
BGE 119 Ia 241 S. 245
"Les salariés et les indépendants peuvent déduire de leur revenu, en
matière d'impôts directs de la Confédération, des cantons et des communes,
leurs cotisations versées à des formes reconnues de prévoyance dans la
mesure suivante:
a. Par année, jusqu'à 8 pour cent du montant-limite supérieur fixé à
l'art. 8, 1er alinéa, LPP, s'ils sont affiliés à une institution de
prévoyance au sens de l'
art. 80 LPP
;
b. Par année, jusqu'à 20 pour cent du revenu provenant d'une activité
lucrative, mais au maximum jusqu'à 40 pour cent du montant-limite supérieur
fixé à l'art. 8, 1er alinéa, LPP, s'ils ne sont pas affiliés à une
institution de prévoyance au sens de l'
art. 80 LPP
.
Lorsque les deux époux exercent une activité lucrative et versent des
cotisations à une forme reconnue de prévoyance, ils peuvent prétendre à
ces déductions pour chacun d'eux."
b) La recourante soutient que cette réglementation serait contraire aux
art. 4 al. 1 et 2 Cst.
et 2A Cst. genevoise, en tant qu'elle limite aux seuls salariés et indépendants la déduction des cotisations versées pour une forme de prévoyance individuelle liée. En excluant de ces avantages fiscaux les femmes au foyer, elle créerait une inégalité de traitement inadmissible au détriment de ces dernières, ainsi qu'entre hommes et femmes, celles-ci exerçant plus rarement une activité lucrative que leur mari. Elle violerait également le mandat que confère au législateur l'
art. 34quater al. 6 Cst.
La recourante propose de corriger ces inconstitutionnalités en assimilant, par interprétation, la contribution que lui verse son mari au produit d'une activité lucrative, à défaut de déclarer inconstitutionnels l'
art. 21 let
. h ch. 3 LCP, ainsi que, le cas échéant, l'OPP 3 pour le motif que leurs bases légales et constitutionnelles seraient insuffisantes.
5.
a) Selon les art. 113 al. 3 et 114bis al. 3 Cst., le Tribunal fédéral doit appliquer les lois votées par l'Assemblée fédérale, les arrêtés de cette assemblée qui ont une portée générale et les traités qu'elle aura ratifiés, sans en contrôler la constitutionnalité. En revanche, il peut en principe examiner la validité d'une ordonnance du Conseil fédéral du point de vue de sa légalité et de sa constitutionnalité. S'agissant d'ordonnances dépendantes qui se fondent sur une délégation législative, le Tribunal fédéral examine si celles-ci restent dans les limites des compétences attribuées par la loi au Conseil fédéral. En outre, pour autant que la loi n'autorise pas expressément le gouvernement fédéral à déroger à la Constitution ou à édicter une réglementation déterminée, il est également habilité à revoir la constitutionnalité des règles contenues dans l'ordonnance (
ATF 118 Ib 372
consid. 4 et les arrêts cités).
BGE 119 Ia 241 S. 246
b) Le Tribunal fédéral vérifie également la constitutionnalité des lois cantonales (
art. 113 al. 1 ch. 3 Cst.
). A cet égard, il est sans importance que le législateur cantonal ait choisi une solution analogue à celle retenue par le droit fédéral. S'agissant d'un domaine du droit cantonal juridiquement indépendant, le Tribunal fédéral n'est nullement lié par la réglementation choisie par le législateur fédéral lors de l'examen de la norme cantonale (
ATF 110 Ia 15
; ANDREAS AUER, La juridiction constitutionnelle en Suisse, p. 78). Tel n'est pas le cas, en revanche, lorsque le contenu d'un acte normatif cantonal est couvert par une loi fédérale ou un arrêté fédéral de portée générale, en particulier parce que le législateur fédéral a délégué au canton la compétence de légiférer en leur indiquant la façon dont ils doivent procéder. La disposition étant contenue dans une loi fédérale, le Tribunal fédéral est lié par elle et ne peut pas en examiner la constitutionnalité (
ATF 113 V 124
; WALTER HALLER, Commentaire de la Constitution fédérale de la Confédération suisse, n. 202 ad art. 113; AUER, op.cit., p. 75 ss).
c) En l'espèce, il s'agit d'examiner tout d'abord si l'
art. 21 let
. h ch. 3 LCP, qui renvoie au droit fédéral, constitue du droit cantonal indépendant - y compris les dispositions de droit fédéral auxquelles il se réfère (
ATF 98 Ia 574
) - dont le Tribunal fédéral peut revoir la constitutionnalité ou si, fondé sur l'
art. 82 LPP
et l'
art. 7 OPP 3
, il n'est contrôlable que pour autant que le droit fédéral le soit.
6.
a) L'
art. 34quater Cst.
dispose que la Confédération, en collaboration avec les cantons, encourage la prévoyance individuelle, notamment par des mesures fiscales. Il ressort des travaux préparatoires que le constituant entendait accorder à la Confédération une compétence nouvelle qui toucherait la souveraineté fiscale des cantons, celle-ci s'exerçant désormais par leur collaboration dans le choix et l'application des mesures d'encouragement (Message du Conseil fédéral à l'appui d'un projet portant revision de la Constitution dans le domaine de la prévoyance vieillesse, survivants et invalidité et rapport sur l'initiative populaire pour une véritable retraite populaire du 10 novembre 1971, FF 1971 II 1638; BO 1972 CE 292). Le législateur fédéral a réalisé le mandat constitutionnel en invitant le Conseil fédéral à associer les cantons à la détermination des autres formes de prévoyance qui seraient assimilées à la prévoyance professionnelle et des déductions qui seraient admises pour les cotisations (
art. 82 al. 2 LPP
; Archives 53 p. 492 ss). Au terme de cette procédure, le Conseil fédéral a édicté l'
art. 7 OPP 3
qui définit précisément les déductions admises pour le 3e pilier A, dont les formes reconnues sont définies à l'
art. 1er OPP 3
, et qui s'imposent tant pour
BGE 119 Ia 241 S. 247
les impôts directs des cantons et des communes que pour ceux de la Confédération.
b) Comme le Tribunal fédéral l'a déjà relevé (
ATF 116 Ia 270
et les références), les dispositions fiscales de la LPP, auxquelles il faut ajouter celles de l'OPP 3 prises en vertu de la délégation de l'
art. 82 al. 2 LPP
, ne réservent aucun champ aux cantons dans lequel ils pourraient aménager leur loi fiscale cantonale; en ce sens, ce ne sont pas des dispositions-cadre. Au contraire, elles contiennent des principes obligatoires et visent dans cette mesure à une uniformisation du droit des impôts directs des cantons et des communes. C'est donc à tort que la recourante considère que le droit genevois devrait prévoir des déductions plus généreuses que celle de l'
art. 7 OPP 3
pour la prévoyance individuelle liée. S'agissant de cette forme de prévoyance, le législateur cantonal est lié par la réglementation fédérale. A cet égard, l'opinion de PIERRE-YVES GREBER (Le principe de la légalité considéré en droit suisse de la sécurité sociale, in Le droit des assurances sociales en mutation, Mélanges pour le 75e anniversaire du TFA, Berne 1992, p. 278), qui méconnaît le caractère d'harmonisation des dispositions fiscales de la LPP, ne peut être suivie. En revanche, le législateur demeure libre d'encourager d'autres formes de prévoyance individuelle, relevant en particulier du 3e pilier B. C'est d'ailleurs ce qu'a fait le législateur genevois en prévoyant une déduction doublée des primes d'assurances sur la vie et des intérêts de capitaux d'épargne lorsque ni le contribuable ni son conjoint ne sont affiliés à une institution de prévoyance (
art. 21 let
. h ch. 5 LCP).
Dès lors, dans la mesure où l'
art. 21 let
. h ch. 3 LCP se réfère au droit fédéral, le Tribunal fédéral ne peut en vérifier la constitutionnalité que dans la mesure où il peut contrôler celle du droit fédéral qui le fonde.
c) Reposant sur l'
art. 82 al. 2 LPP
, l'OPP 3 est une ordonnance dépendante dont le Tribunal fédéral est autorisé à vérifier que le réglementation demeure dans les limites de compétences accordées par la loi au Conseil fédéral.
En l'espèce, il ne fait pas de doute que l'
art. 7 OPP 3
satisfait à cette condition: réservant aux salariés et aux indépendants la déduction des cotisations versées pour une forme reconnue de prévoyance, il reprend textuellement les termes de l'
art. 82 al. 1 LPP
. La réglementation prévue est donc couverte par la loi fédérale, dont le Tribunal fédéral ne peut vérifier la constitutionnalité.
En conséquence, il reste uniquement à examiner si le texte des
art. 7 OPP 3
et 82 al. 1 LPP peut faire l'objet d'une interprétation dans le sens indiqué par la recourante.
BGE 119 Ia 241 S. 248
7.
a) La loi s'interprète en premier lieu selon sa lettre. Toutefois, si le texte n'est pas absolument clair, si plusieurs interprétations de celui-ci sont possibles, il y a lieu de rechercher quelle est la véritable portée de la norme en la dégageant de tous les éléments à considérer, soit notamment du but de la règle, de son esprit, ainsi que des valeurs sur lesquelles elle repose. Le sens qu'elle prend dans son contexte est également important (
ATF 117 Ia 331
consid. 3a et les arrêts cités).
En outre, si plusieurs interprétations sont admissibles, il faut choisir celle qui est conforme à la Constitution: en effet, si le Tribunal fédéral ne peut examiner la constitutionnalité des lois fédérales (
art. 113 al. 3 Cst.
), on présume que le législateur ne propose pas de solutions contraires à la Constitution, à moins que le contraire ne résulte clairement de la lettre ou de l'esprit de la loi (
ATF 105 Ib 53
; AUER, op.cit., p. 85/86; HALLER, op.cit., n. 212 ad art. 113).
b) Dans le cas particulier, on peut sérieusement douter que les
art. 7 OPP 3
et 82 al. 1 LPP donnent matière à interprétation. En effet, si les termes de "personnes exerçant une activité lucrative indépendante" ont été remplacés au cours des travaux parlementaires par la formule lapidaire d'"indépendants", la notion de salariés n'a donné lieu à aucune discussion, son sens étant évident (cf. Message du Conseil fédéral à l'appui d'un projet de loi sur la prévoyance professionnelle vieillesse, survivants et invalidité, du 19 décembre 1975, FF 1976 I 164/165, 281 ad art. 78 al. 1; BO 1980 CE 323).
En outre, contrairement à ce que prétend la recourante, le fait de limiter les personnes autorisées à se constituer un 3e pilier A aux seuls salariés n'est pas contraire au but de prévoyance visé par l'
art. 34quater al. 6 Cst.
Il ressort clairement du Message du Conseil fédéral à l'appui d'un projet portant revision de la Constitution dans le domaine de la prévoyance vieillesse, survivants et invalidité (FF 1971 II 1609 ss, 1637 et 1638) que le constituant visait les indépendants et les salariés dont la prévoyance professionnelle est inexistante ou insuffisante et qu'il entendait exclure la création de privilèges fiscaux en faveur des hauts revenus, ainsi que l'institution de mesures générales d'encouragement de l'épargne. A cet égard, le 3e pilier ne devait pas revêtir la même importance que le premier et il ne devait toucher qu'un nombre limité de personnes (BO 1972 CN 262, 302; JEAN-BLAISE PASCHOUD, Le traitement fiscal du 3e pilier, in Prévoyance professionnelle et fiscalité, CEDIDAC, Lausanne 1987, p. 89). Même si le législateur a admis, dans certains cas exceptionnels, d'étendre l'application de la LPP à des personnes sans activité lucrative (
art. 47 LPP
, BO 1980 CE 264), rien ne permet d'admettre
BGE 119 Ia 241 S. 249
qu'une femme au foyer puisse être assimilée à une salariée. Quelle que soit la valeur économique de son travail ménager, elle n'est pas liée par un contrat de travail à son mari. Dans le cas de la recourante, la contribution qu'elle touche de celui-ci est fondée sur le droit matrimonial (
art. 163 ss CC
); elle ne représente pas un salaire.
c) Dans une argumentation de nature essentiellement appellatoire, la recourante prétend que la réglementation des
art. 7 OPP 3
et 82 al. 1 LPP serait source d'inégalités de traitement contraires à l'
art. 4 al. 1 Cst.
, que seule l'interprétation qu'elle suggère corrigerait. Toutefois, elle n'indique pas en quoi serait arbitraire le fait de traiter différemment, du point de vue de la prévoyance individuelle liée, les personnes qui exercent une activité lucrative de celles qui n'ont pas de produit du travail, qui tirent leurs ressources d'autres sources et dont la prévoyance est assurée en particulier par l'intermédiaire de leur conjoint (art. 2 al. 1 let. b ch. 1 OPP 3). En fait, rien ne permet de considérer que seul serait conforme à l'
art. 4 al. 1 Cst.
un 3e pilier A indépendant de l'exercice d'une activité lucrative, alors que précisément les prestations de ce pilier doivent compléter ou se substituer à celles d'une prévoyance professionnelle (2e pilier) déficiente. Dans la mesure où il est recevable, le présent grief est donc mal fondé.
d) Quant à l'argument que la recourante entend tirer d'une prétendue inégalité entre hommes et femmes (
art. 4 al. 2 Cst.
), il est manifestement mal fondé: l'
art. 7 OPP 3
n'introduit aucune différence entre hommes et femmes, salariés ou indépendants. Son alinéa 2 précise, au surplus, que, lorsque les deux époux exercent une activité lucrative et versent des cotisations à une forme reconnue de prévoyance, ils peuvent prétendre à ces déductions pour chacun d'eux. Que les femmes mariées - par nécessité ou par choix - exercent moins souvent que leur mari une activité lucrative encore à l'heure actuelle et qu'en conséquence, elles ne soient pas autorisées à se constituer une prévoyance individuelle liée représente une différence de fait, et non une inégalité juridique tombant sous le coup de l'
art. 4 al. 2 Cst.
Il n'appartient pas au Tribunal fédéral, mais au législateur, d'y remédier le cas échéant par des mesures compensatoires (GEORG MÜLLER, Commentaire de la Constitution fédérale de la Confédération suisse, n. 138 ad art. 4; KATHRIN KLETT, Der Gleichheitssatz im Steuerrecht, in RDS 111/1992 II p. 19).
e) En conséquence, rien ne justifie de s'écarter du texte clair des
art. 7 OPP 3
et 82 al. 1 LPP auxquels renvoie l'
art. 21 let
. h ch. 3 LCP; l'interprétation extensive que la recourante entend donner à la notion de "salarié", en vue de guérir la prétendue inconstitutionnalité
BGE 119 Ia 241 S. 250
de ces dispositions, doit être écartée. N'étant elle-même ni salariée, ni indépendante, la recourante n'est donc pas autorisée à déduire des cotisations pour une forme reconnue de prévoyance individuelle liée.
8.
Il convient d'examiner encore si, n'étant pas autorisée à déduire les cotisations versées pour une forme reconnue de prévoyance, la recourante peut néanmoins conserver la convention qu'elle a conclue avec la fondation de prévoyance de la Caisse d'épargne de Genève.
a) Les conventions de prévoyance liée sont des contrats spéciaux d'épargne conclus avec des fondations bancaires et qui sont affectés exclusivement et irrévocablement à la prévoyance (
art. 1er al. 3 OPP 3
). Leur modèle doit être soumis à l'Administration fédérale des contributions qui vérifie si la forme et le contenu sont conformes aux dispositions légales (
art. 1er al. 4 OPP 3
). A ces contrats sont attachés certains privilèges fiscaux: la déduction des montants qui sont versés jusqu'à concurrence des limites fixées par l'
art. 7 al. 1 OPP 3
(
art. 82 al. 1 LPP
), l'exonération des prétentions des impôts directs de la Confédération, des cantons et des communes tant qu'elles ne sont pas devenues exigibles (
art. 84 LPP
), ainsi que la libération des rendements des fonds ainsi placés de l'impôt anticipé, celui-ci n'étant perçu qu'en cas de versement des prestations selon l'
art. 3 OPP 3
au taux applicable aux prestations d'assurances (
art. 7 al. 1 LIA
;
art. 13 al. 1 let
. c LIA; cf. Circulaire aux fondations bancaires du 24 janvier 1991 édictée par l'Administration fédérale des contributions en matière de prévoyance professionnelle liée (3e pilier A), publiée in Conférence des fonctionnaires fiscaux d'Etat, Commission LPP, Prévoyance professionnelle et impôts, Cas d'application, Muri/Berne 1992, p. 336). Les conventions constituent ainsi en quelque sorte un "produit" original, réservé aux contribuables autorisés à se constituer une forme de prévoyance individuelle liée.
b) Dès lors que la recourante ne remplit pas les conditions posées à la déduction des cotisations selon l'
art. 7 OPP 3
, elle n'a pas le droit non plus de bénéficier des autres avantages fiscaux attachés à cette forme de prévoyance. Elle ne saurait donc conserver un contrat ayant l'apparence d'une forme de prévoyance individuelle liée, alors que son compte relève de l'épargne traditionnelle, qu'il ne correspond pas à un modèle approuvé et ne peut bénéficier du statut particulier du 3e pilier A (cf. cas no 8, in Conférence des fonctionnaires fiscaux d'Etat, Commission LPP, Prévoyance professionnelle et impôts, Cas d'application p. 48 ss; Circulaire no 2 du 31 janvier 1986 de l'Administration
BGE 119 Ia 241 S. 251
fédérale des contributions, sur l'Ordonnance sur les déductions admises fiscalement pour les cotisations versées à des formes reconnues de prévoyance (OPP 3), ch. 5, let. a, publiée ibidem, p. 314; CARL HELBING, Personalvorsorge und BVG, 4e éd., p. 200; PASCHOUD, op.cit., p. 96; WOLFGANG MAUTE/MARTIN STEINER, Steuern und Versicherungen, Muri/Berne 1992, p. 125).
En conséquence, l'autorité fiscale était en droit d'inviter la recourante à régulariser sa situation. Toutefois, elle doit laisser à cette dernière le choix entre un remboursement en espèces des montants versés sur son compte de prévoyance individuelle liée et la transformation de ce compte en une forme d'épargne traditionnelle, sa compétence se limitant à veiller à ce que celle-ci ne soit plus titulaire d'une convention de prévoyance liée au sens de l'
art. 1er al. 1er et 3 OPP 3
. | mixed |
0261c36b-db73-43ab-b9c9-05e503f7d3e6 | Sachverhalt
ab Seite 265
BGE 116 Ia 264 S. 265
Die Eheleute A. und B. M., damals beide im Dienste der Stadt St. Gallen erwerbstätig, machten in der Steuererklärung 1987/88 von den Einkünften des Bemessungsjahres 1986 einen Abzug von Fr. ... entsprechend dem von Frau B. M. (geboren am 22. Mai 1928) am 30. Dezember 1986 geleisteten Beitrag an die städtische Versicherungskasse für den Einkauf von Beitragsjahren (Wegkauf einer Rentenkürzung zufolge beim Eintritt in die Kasse nicht erbrachter Einkaufssumme nach Art. 13 der Kassenstatuten). Sie wurden abweichend von ihrer Steuererklärung für 1987 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. ... veranlagt, wobei ihnen der Abzug von Fr. ... verweigert wurde, dies gestützt auf Ziff. 2 der Übergangsbestimmungen des IV. Nachtragsgesetzes (vom 3. Juli 1986) zum Steuergesetz vom 23. Juni 1970 (StG, sGS 811.1), welche lautet:
"2. Beiträge für den Einkauf von Beitragsjahren in der beruflichen
Vorsorge können nicht abgezogen werden, wenn das Vorsorgeverhältnis vor
dem 1. Januar 1985 begründet wurde und ein Anspruch auf Altersleistungen
vor dem 1. Januar 2002 besteht."
Die Eheleute M. machten, mit Einsprache, Rekurs an die Verwaltungsrekurskommission und Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen vergeblich geltend, der Abzug sei ihnen zu gewähren und das steuerbare Einkommen auf Fr. ... zu reduzieren, da Ziff. 2 der Übergangsbestimmungen dem zwingenden
Art. 81 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG, SR 831.40)
widerspreche. Mit Urteil vom 30. August 1989 wies das Verwaltungsgericht als letzte kantonale Instanz ihre Beschwerde (ohne Kostenauflage) ab.
BGE 116 Ia 264 S. 266
Gegen dieses Urteil, das ihnen am 6. September 1989 zugestellt wurde, erheben A. und B. M. am 27. September 1989 rechtzeitig staatsrechtliche Beschwerde mit dem Begehren, es sei die Veranlagung für die Staats- und Gemeindesteuern 1987 mit Fr. ... Einkommen aufzuheben und das Einkommen auf Fr. ... zu reduzieren bzw. das Verwaltungsgericht zu einer solchen Reduktion anzuweisen. Sie rügen die Verletzung der derogatorischen Kraft des Bundesrechts durch Missachtung der zwingenden Vorschrift von
Art. 81 Abs. 2 BVG . In ihrer Begründung, auf die in den Erwägungen zurückzukommen sein wird, überlassen sie es dem Bundesgericht, die Beschwerde wegen Verletzung von
Art. 81 Abs. 2 BVG
allenfalls als Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu behandeln.
Das Verwaltungsgericht und die Steuerverwaltung des Kantons St. Gallen beantragen unter Hinweis auf das angefochtene Urteil, die Beschwerde sei abzuweisen.
Die zur Vernehmlassung eingeladene Eidgenössische Steuerverwaltung enthält sich in ihrer Vernehmlassung einer Stellungnahme hinsichtlich der kantonalen Steuern, da ihr diesbezüglich kein Aufsichtsrecht zustehe, und weist lediglich darauf hin, dass der Bundesgesetzgeber für die direkte Bundessteuer in
Art. 156 BdBSt
die gleiche sinnvolle Einschränkung des Abzugs von Beiträgen für den Einkauf von Beitragsjahren vorgenommen habe.
Das Bundesgericht weist die staatsrechtliche Beschwerde, soweit es darauf eintritt, ab
Erwägungen
aus folgenden Erwägungen:
2.
a) Gemäss
Art. 97 Abs. 1 OG
beurteilt das Bundesgericht letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne von
Art. 5 VwVG
, die von einer der in
Art. 98 OG
aufgeführten Vorinstanzen ausgehen und die unter keine der Ausnahmen der
Art. 99-102 OG
fallen. Als Verfügungen gelten Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen (
Art. 5 Abs. 1 VwVG
) oder richtigerweise hätten stützen sollen (
BGE 113 Ib 372
E. 1b;
BGE 112 Ib 237
E. 2a, mit Hinweisen).
b) Dabei kann von einer Verfügung, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützt oder stützen sollte, nicht schon dann die Rede sein, wenn bei der Anwendung selbständigen kantonalen Rechts eine Bundesnorm nur zu beachten oder mit anzuwenden ist, sondern nur wenn öffentliches Recht des Bundes die oder eine
BGE 116 Ia 264 S. 267
der Grundlagen bildet, auf der im betreffenden Sachgebiet die Verfügungen im Einzelfall abzustützen sind (
BGE 112 V 113
E. 2d, mit Hinweis auf Pfister, Staatsrechtliche und Verwaltungsgerichts-Beschwerde; Abgrenzungsschwierigkeiten, in: ZBJV 121/1985 S. 533 ff., insbes. S. 549 f.). In den Fällen, in denen Grundlage der Verfügungen einerseits selbständiges kantonales Recht, anderseits das öffentliche Recht (Verwaltungsrecht) des Bundes bildet, können letztinstanzliche Verfügungen der kantonalen Behörden mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden, soweit ausschliesslich eine Verletzung dieses Bundesrechts in Frage steht (
BGE 108 Ib 74
E. 1a, mit Hinweisen), während die Verletzung des selbständigen kantonalen Rechts mit staatsrechtlicher Beschwerde geltend zu machen ist, wobei die beiden Beschwerden dem Bundesgericht gegebenenfalls in einer einzigen Eingabe unterbreitet werden können. Offenbar zu weit geht die Annahme, dass eine gleichzeitige Grundlage für kantonale Verfügungen im öffentlichen Recht des Kantons und des Bundes (mit den entsprechenden Schwierigkeiten der Rechtsmittelabgrenzung) auch bestehe, wo das Bundesrecht nur Grundsatznormen aufstellt, welche von den Kantonen bei der Ausgestaltung ihres selbständigen Rechts zu beachten sind (
BGE 105 Ib 108
E. 1c, mit Hinweisen). Blosse Grundsatz- oder Rahmenbestimmungen im öffentlichen Recht des Bundes, die zur Handhabung im Einzelfall der Ausführung durch selbständiges kantonales Recht bedürfen, bilden nicht Grundlage der Verfügung, die sich nicht auf solche Normen des öffentlichen Rechts des Bundes stützt, wie das Bundesgericht seither für Bauland-Erschliessungsbeiträge erkannte (
BGE 112 Ib 239
). Sollte das angewendete selbständige kantonale Recht Grundsatz- oder Rahmenbestimmungen des öffentlichen Bundesrechts verletzen, so steht gegen die Verfügung die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Grundsatzes der derogatorischen Kraft des Bundesrechts offen.
c) Verfügungen betreffend die Veranlagung kantonaler Steuern stützen sich - in der Regel ausschliesslich - auf öffentliches Recht des Kantons. Die Frage, ob (der letztinstanzliche kantonale Entscheid über) eine solche kantonale Verfügung gleichzeitig gestützt auf öffentliches Recht des Bundes ergehen kann, wurde vom Bundesgericht aufgeworfen und bejaht im Falle einer Steuerpflichtigen in internationalen Verhältnissen, in dem ausschliesslich die Anwendung des zum öffentlichen Recht des Bundes gehörenden Doppelbesteuerungsabkommens der Schweiz streitig war
BGE 116 Ia 264 S. 268
(
BGE 102 Ib 265
E. 1a; vgl. dazu die Diskussion in Mélanges André Grisel, Neuchâtel 1983, S. 689 ff.). Sie wurde seither in verschiedenen nicht publizierten Urteilen offengelassen (vgl. auch ASA 55, 587 E. 2, 659 E. 1).
Auch wo öffentlichrechtliche Vorschriften des Bundes diesen selbst (Art. 10 Abs. 1 Garantiegesetz, SR 170.21), öffentliche Anstalten und Körperschaften oder Private von den Steuern der Kantone und Gemeinden befreien (wie z.B.
Art. 47 Abs. 2 MVG
, SR 833.1;
Art. 31 Abs. 1 KVG
, SR 832.10;
Art. 94 und 110 AHVG
, SR 831.10; bis 1983
Art. 45 Abs. 2 IVG
, SR 831.20 u.a.), kann ihre Verletzung durch einen letztinstanzlichen Entscheid über die Veranlagung kantonaler Steuern nicht mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden, sondern nur mit verwaltungsrechtlicher Klage gemäss
Art. 116 lit. f OG
(
BGE 111 Ib 7
E. 2b, mit Hinweisen). Auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin wird die Verletzung einer derartigen Steuerbefreiungsvorschrift durch kantonale Verfügungen lediglich überprüft, wo diese die Veranlagung der direkten Bundessteuer zum Gegenstand haben (
BGE 109 Ib 112
E. 3).
3.
a) Die Beschwerdeführer verweisen auf die von RIEMER (Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, S. 136 N. 1) vertretene Auffassung, wonach die Vorschriften von
Art. 80-84 BVG
über die steuerrechtliche Behandlung der Vorsorge (1. Titel des 6. Teils) mit Ausnahme von
Art. 82 Abs. 2 BVG
für Bund, Kantone und Gemeinden unmittelbare Geltung hätten, weshalb das kantonale Steuerrecht sich strikte an diese Bestimmungen zu halten habe und andernfalls letztinstanzlich mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden könnte. Sie machen geltend, insbesondere
Art. 81 Abs. 2 BVG
, der den vollen Abzug aller Beiträge vorsehe, müsse als zwingende Vorschrift von den Kantonen angewendet werden. Die Kantone dürften die Bestimmung wohl in die kantonalen Gesetze übernehmen, doch nur mit ihrem genauen Wortlaut und ohne sachliche Änderungen.
b) Die Auffassung, wonach die Vorschriften von
Art. 81-84 BVG
"unmittelbare Geltung" hätten, wird auch im Kommentar UMBRICHT/LAUER (Das neue Pensionskassen-Gesetz, Teil 8 Kap. 6.3) und von F. FESSLER (Die steuerliche Behandlung der Vorsorge, StR 41/1986 S. 110 ff., bes. S. 116 Anm. 38) vertreten (vgl. auch ZUPPINGER/BÖCKLI/LOCHER/REICH, Steuerharmonisierung, S. 89). Sie bezieht sich zunächst auf das Inkrafttreten der
BGE 116 Ia 264 S. 269
Vorschriften am 1. Januar 1985 bzw. am 1. Januar 1987 (Art. 81 Abs. 2-3, 82 und 83 BVG, vgl. Art. 1 Abs. 1 und 5 V über die Inkraftsetzung und Einführung des BVG, SR 831.401), das nicht von der Ausführung in kantonalen Steuergesetzen abhänge. Die daran anschliessende Überlegung, dass sich das kantonale Steuerrecht auf alle Fälle "strikte" an die bundesrechtlichen Bestimmungen zu halten habe, ist anhand ihrer Bedeutung (als eventuelle Grundsatz- oder Rahmenbestimmungen) näher zu prüfen; sie erlaubt jedenfalls noch nicht den Schluss, dass die Anwendung mit den BVG-Vorschriften unvereinbaren kantonalen Steuerrechts letztinstanzlich mittels Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden könne.
c) Im Bundesrecht wird zunächst die Steuerfreiheit für registrierte und nichtregistrierte Vorsorgeeinrichtungen, also auch im überobligatorischen Bereich und im Bereich der sog. 3. Säule, in differenzierter Weise geordnet (
Art. 80 BVG
).
Art. 81 BVG
hält fest, dass die Beiträge der Arbeitgeber an Vorsorgeeinrichtungen als Geschäftsaufwand gelten (Abs. 1). Es folgt die vom Beschwerdeführer angerufene Bestimmung:
"2 Die von den Arbeitnehmern und Selbständigerwerbenden an
Vorsorgeeinrichtungen nach Gesetz oder reglementarischen Bestimmungen
geleisteten Beiträge sind bei den direkten Steuern des Bundes, der Kantone
und Gemeinden abziehbar."
Nach
Art. 82 BVG
legt der Bundesrat in Zusammenarbeit mit den Kantonen die anerkannten Vorsorgeformen und die Abzugsberechtigung für Beiträge fest, die Arbeitnehmer und Selbständigerwerbende für weitere anerkannte Vorsorgeformen (3. Säule) leisten. Die Leistungen aus Vorsorgeeinrichtungen und Vorsorgeformen nach Art. 80-82 sind bei den direkten Steuern des Bundes, der Kantone und der Gemeinden in vollem Umfang als Einkommen steuerbar (
Art. 83 BVG
). Dagegen sind Ansprüche aus diesen Vorsorgeeinrichtungen und Vorsorgeformen vor ihrer Fälligkeit von den direkten Steuern des Bundes, der Kantone und der Gemeinden befreit (
Art. 84 BVG
).
d) Die Vorschriften von
Art. 80-84 BVG
beziehen sich nicht ausdrücklich auf den Steuergesetzgeber, insbesondere in Bund und Gemeinde, der Vorschriften in bestimmtem Sinne zu erlassen hätte. Sie lauten teils wie Vorschriften eines Steuergesetzes (Art. 81 Abs. 3, 82 Abs. 1 BVG). In der Hauptsache enthalten sie Regelungen, die mit ähnlicher Bestimmtheit auch in Steuergesetzen zu finden sind, aber verbunden mit dem Verweis auf bestimmte
BGE 116 Ia 264 S. 270
(beispielsweise direkte) Steuern der Kantone und Gemeinden sowie eventuell des Bundes, bei denen die Regeln gelten sollen (Art. 80 Abs. 2, 81 Abs. 1 und 2, 83 und 84 BVG). Schliesslich enthalten einzelne der Vorschriften sinngemäss oder ausdrücklich Anweisungen, die sich nur an den Gesetzgeber richten können (Art. 80 Abs. 3 und 4 sowie
Art. 82 Abs. 2 BVG
).
Von der Delegationsnorm in
Art. 72 Abs. 2 BVG
abgesehen, umschreiben die Vorschriften nicht etwa einen Spielraum, in dem sich die Vorschriften kantonaler Steuergesetze zu bewegen haben, sind also nicht blosse Rahmenvorschriften. Vielmehr enthalten sie mindestens verpflichtende Grundsätze und zielen insoweit auf eine Vereinheitlichung des Rechts der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden. Damit lassen sie sich als Steuerharmonisierungsbestimmungen qualifizieren (YERSIN, Prévoyance professionnelle et impôts successoraux, ASA 55, S. 465 ff., bes. S. 468 f.; auch in: Prévoyance professionnelle et fiscalité, Lausanne 1986, S. 105 ff.).
e) Dies entspricht der verfassungsrechtlichen Grundlage. Die Bestimmungen stützen sich, was die berufliche Vorsorge (2. Säule) anbelangt, auf
Art. 34quater Abs. 5 BV
, wonach der Bundesgesetzgeber die Kantone verpflichten kann, Einrichtungen der beruflichen Vorsorge von der Steuerpflicht zu befreien, sowie in bezug auf Beiträge und anwartschaftliche Ansprüche den Versicherten und ihren Arbeitgebern Steuererleichterungen zu gewähren. Die Gleichstellung anderer Vorsorgeformen (3. Säule) in
Art. 82 BVG
stützt sich auf
Art. 34quater Abs. 6 BV
, wonach der Bund in Zusammenarbeit mit den Kantonen die Selbstvorsorge insbesondere durch Massnahmen der Fiskal- und Eigentumspolitik fördert.
Art. 34quater Abs. 6 BV
umschreibt die Gesetzgebungskompetenz zwar weniger präzis, dürfte aber dem Bund nicht die Befugnis zu weitergehender Gesetzgebung auf dem Gebiet kantonaler und kommunaler Steuern geben als
Art. 34quater Abs. 5 BV
für die 2. Säule (YERSIN, a.a.O., ASA 55, S. 467-469, mit Hinweisen; H. MEYER, Steuerliche Aspekte der beruflichen Vorsorge, in: Festgabe P. Steinlin: Zur Verwirklichung der 2. Säule, St. Gallen 1981, S. 133 ff., bes. S. 138 f.). Für die Bestimmung über die Besteuerung der Leistungen in
Art. 83 BVG
kann die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers nur aus
Art. 42quinquies BV
hergeleitet werden, wonach der Bund auf dem Wege der Bundesgesetzgebung Grundsätze für die Steuergesetzgebung der Kantone und Gemeinden erlassen und die Einhaltung dieser Grundsatzgesetzgebung überwachen kann (insbes. Abs. 2 und 3; vgl. YERSIN, a.a.O., ASA 55, S. 468 Anm. 4).
BGE 116 Ia 264 S. 271
In der Literatur überwiegt denn auch die Auffassung, dass insbesondere Art. 83 und die Übergangsbestimmung dazu in
Art. 98 Abs. 4 BVG
, aber allgemein die steuerrechtlichen Bestimmungen in
Art. 80-84 BVG
zwar für die Kantone verbindliche, aber doch nur Grundsatzvorschriften darstellen, die für die Veranlagung der Steuerpflichtigen nicht anwendbar sind, ohne dass der Kanton sie in seiner Steuergesetzgebung ausführt; Grundlage für die Veranlagung kantonaler oder kommunaler Steuern kann nur das kantonale Recht sein (YERSIN, Prévoyance professionnelle et pratiques fiscales, ASA 56, S. 385 ff., bes. S. 387; JUNG, Le traitement fiscal du 2e pilier, notamment en matière d'impôt fédéral direct, in: Prévoyance professionnelle et fiscalité, Lausanne 1986, S. 29; WEIDMANN, Berufliche Vorsorge und gebundene Selbstvorsorge - ungelöste Steuerprobleme, StR 42/1987 S. 95 ff., bes. S. 97; LAFFELY, Problèmes d'application des dispositions fiscales de la LPP, StR 41/1986 S. 57 und 128 ff.; bes. S. 60, 128, 133; vgl. LAFFELY, Traitement fiscal des attributions de l'employeur à une institution de prévoyance, in: Schweizer Personalvorsorge [SPV] 1/1988 S. 364; ZIGERLIG, Ausgewählte Sonderfragen zur steuerlichen Behandlung der 2. Säule, SPV 1/1988 S. 373, vgl. auch S. 379 f.; PASCHOUD, Le traitement fiscal du troisième pilier, in: Prévoyance professionnelle et fiscalité, Lausanne 1986, S. 87 ff., bes. S. 101 betreffend Einbezug der Beiträge in eine Zwischentaxation des Erwerbseinkommens; z.T. a. M. MEYER, Personalvorsorge und Steuern, StR 38/1983 S. 209 ff., bes. S. 221).
Dieser vorwiegenden Auffassung ist zuzustimmen, greift dabei der Bund doch nicht mehr als notwendig in die Steuerhoheit der Kantone und in ihre kantonale Gesetzgebung ein, weniger einschneidend als wenn er unmittelbar anwendbare Vorschriften über rein kantonale Steuern erlassen würde.
f) Der Bundesgesetzgeber selber hat beim Erlass des Bundesgesetzes vom 22. März 1985 zur Anpassung des Bundesratsbeschlusses über die Erhebung einer direkten Bundessteuer an das Bundesgesetz über die berufliche Vorsorge (AS 1985 II S. 1222) zum Ausdruck gebracht, dass die steuerrechtlichen Vorschriften von
Art. 80-84 BVG
als Teil der Steuerharmonisierung den Charakter vereinheitlichender Grundsatzbestimmungen haben, die der Ausführung in den eidgenössischen und kantonalen Steuergesetzen bedürfen (Botschaft vom 1. Mai 1984, BBl 1984 II S. 725 ff., bes. S. 728 Ziff. 112; Amtl.Bull. S 1984 S. 731; N 1985 S. 291 f.).
BGE 116 Ia 264 S. 272
g) Die Verfügungen über die Veranlagung kantonaler und kommunaler Steuern, für welche die
Art. 80-84 BVG
gelten, stützen sich auf kantonales (eventuell kommunales) Recht. Die letztinstanzlichen kantonalen Entscheidungen hierüber unterliegen demnach nicht der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Sollte das kantonale Recht die verbindlichen Grundsätze dieser Bestimmungen verletzen, können die Entscheidungen mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung der derogatorischen Kraft des Bundesrechts angefochten werden.
In der Vorlage über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden, die ebenfalls eine Vereinheitlichung der kantonalen Steuerordnungen durch Grundsatzbestimmungen des Bundesgesetzgebers bringen wird (ZUPPINGER/BÖCKLI/LOCHER/REICH, a.a.O., S. 3 f.), ist denn auch - im Sinne einer Sondervorschrift - die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht, das die Anwendung des kantonalen Steuergesetzes im Einzelfall auf die Übereinstimmung mit den bundesrechtlichen Harmonisierungsgrundsätzen überprüfen soll, ausdrücklich als zulässig vorgesehen (
Art. 70 Abs. 1 E StHG
), gerade weil sich die Beschwerde gegen Verfügungen richten wird, die sich auf kantonales Recht stützen (Botschaft vom 25. Mai 1983, BBl 1983 III S. 146 f.).
4.
a) Der angerufene Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 2 ÜbBest.BV) bedeutet, dass öffentliches Recht des Bundes dem kantonalen öffentlichen Recht vorgeht. In Sachgebieten, welche die Bundesgesetzgebung abschliessend geregelt hat, sind die Kantone zur Rechtssetzung nicht befugt und ihre Erlasse unbeachtlich. In den Sachgebieten, die das öffentliche Recht des Bundes nicht abschliessend regelt, sind die Kantone nur zuständig, öffentlichrechtliche Vorschriften zu erlassen, die nicht gegen Sinn und Geist des Bundesrechts verstossen, dessen Zwecke nicht beeinträchtigen oder gar vereiteln. Ob die beanstandeten kantonalen Normen mit dem Bundesrecht vereinbar sind, prüft das Bundesgericht auf entsprechende Rüge hin frei (
BGE 113 Ia 311
E. 2a und b;
BGE 112 Ia 401
E. 4a;
BGE 104 Ia 108
E. 4a, mit weiteren Hinweisen).
b) Die Beschwerdeführer machen sinngemäss geltend,
Art. 81 Abs. 2 BVG
enthalte hinsichtlich der streitigen Abzüge von Einkaufsbeiträgen der sog. Übergangsgeneration an eine Vorsorgeeinrichtung der 2. Säule eine abschliessende Regelung. Die Bestimmung verlange den vollen Abzug aller Beiträge (also auch der
BGE 116 Ia 264 S. 273
Einkaufs-Beiträge) aller Steuerpflichtigen, und dies auch bei gleichzeitig nicht voller (
Art. 83 BVG
), sondern nach
Art. 98 Abs. 4 BVG
zulässiger reduzierter Besteuerung der späteren Renten.
Das Verwaltungsgericht ist mit Recht nicht dieser Auffassung gefolgt.
Art. 81 Abs. 2 BVG
lautet zwar insofern präzis, als die von Arbeitnehmern und Selbständigerwerbenden an (registrierte oder nichtregistrierte, vgl.
Art. 80 Abs. 1 BVG
) Vorsorgeeinrichtungen "nach Gesetz oder reglementarischen Bestimmungen geleisteten" Beiträge abziehbar sind. Die bestimmte Formulierung täuscht jedoch. Denn das BVG geht von der Ordnung der Versicherungspflicht und der versicherten Leistungen aus (2. Teil, 1. Titel,
Art. 7 ff. BVG
), überbindet die Beiträge an die Vorsorgeeinrichtungen für Arbeitnehmer ausschliesslich den Arbeitgebern und begrenzt lediglich den verhältnismässigen Anteil der Arbeitnehmerbeiträge, kennt aber im übrigen keinerlei Vorschriften über die Beiträge (insbesondere deren Höhe), die rein nach reglementarischen Bestimmungen der Vorsorgeeinrichtung erhoben und von den Arbeitgebern den Arbeitnehmern vom Lohn abgezogen werden dürfen (
Art. 65 Abs. 2 und 66 BVG
). Eine Begrenzung der nach
Art. 81 Abs. 2 BVG
abziehbaren Beiträge an Vorsorgeeinrichtungen der 2. Säule ergibt sich nur aus dem Zweck der im BVG geregelten Vorsorge, nämlich Betagten, Hinterlassenen und Invaliden die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise zu ermöglichen (
Art. 1 Abs. 2 BVG
), was eine Versicherung über das Erwerbseinkommen hinausgehender Leistungen ausschliesst. Wenn in
Art. 81 Abs. 2 BVG
vom Gesetz die Rede ist, nach welchem abziehbare Beiträge geleistet werden, dürften neben diesen wenigen im BVG verankerten Grundsätzen vor allem Gesetze über die Beiträge von Versicherten öffentlichrechtlicher Pensionskassen von Bedeutung sein; im übrigen bestimmen sich die abziehbaren geleisteten Beiträge ausschliesslich nach den Reglementen, welche die Vorsorgeeinrichtungen selber unter blosser Aufsicht der zuständigen Behörden (
Art. 62 Abs. 1 BVG
) erlassen.
Dass
Art. 81 Abs. 2 BVG
den Beitragsabzug abschliessend regeln und für öffentlichrechtliche Vorschriften der Kantone (Steuergesetze) keinerlei Raum lassen sollte, ist nicht anzunehmen. Auch wenn der Sinn von
Art. 81 Abs. 2 BVG
, der durch Auslegung zu ermitteln ist, wenig Spielraum für besondere Regelungen des kantonalen Steuergesetzgebers lässt, sind solche beispielsweise
BGE 116 Ia 264 S. 274
hinsichtlich des Abzugs freiwilliger Beiträge (die nach dem Reglement der Vorsorgeeinrichtung geleistet werden können) wohl nicht ausgeschlossen (vgl. STEINER, Die steuerliche Behandlung des Einkaufs von Beitragsjahren und der Beiträge zur Verbesserung von Versicherungsleistungen bei der 2. Säule, SPV 1/1988 S. 359 ff., S. 361; FESSLER, a.a.O., StR 41/1986 S. 120 und Anm. 63 daselbst).
c) Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts steht der volle Abzug der Beiträge nach
Art. 81 Abs. 2 BVG
im Einklang mit der vollen Besteuerung der Vorsorgeleistungen (
Art. 83 BVG
) und hat die Einschränkung des Abzugs von (Einkaufs-)Beiträgen dementsprechend ihren guten Sinn, wo die Vorsorgeleistungen aus einem vor dem 1. Januar 1987 begründeten Vorsorgeverhältnis nach der steuerrechtlichen Übergangsordnung in
Art. 98 Abs. 4 BVG
(bei Erreichen des Versicherungsalters vor dem 1. Januar 2002) nicht voll als Einkommen zu versteuern ist.
Die Kritik der Beschwerdeführer richtet sich zur Hauptsache gegen diese Auffassung. Sie ist von vornherein nicht berechtigt, soweit die Beschwerdeführer sie an den Erwägungen des Verwaltungsgerichts üben, in denen es die von ihnen vorgeschlagene Auslegung von
Art. 81 Abs. 2 BVG
mit der Rechtsgleichheit kaum vereinbar fand (
Art. 4 BV
). Das Verwaltungsgericht hat entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer
Art. 81 Abs. 2 BVG
nicht als verfassungswidrig bezeichnet, sondern es hat eine verfassungsmässige Auslegung dieser Vorschrift gesucht, was nicht nur richtig, sondern insbesondere mit
Art. 113 Abs. 3 BV
vereinbar ist (vgl.
BGE 112 Ib 469
E. 3b;
BGE 111 Ia 25
, 297, mit Hinweisen).
Sowohl bei der Schaffung des BVG als auch bei den parlamentarischen Beratungen des neuen
Art. 156 BdBSt
(in der Fassung vom 22. März 1985), der mit Ziff. 2 der umstrittenen st.gallischen Regelung weitgehend übereinstimmt und nachträglich eingeführt wurde, um ein unbeabsichtigtes Schlupfloch für schlau berechnende Versicherte zu stopfen (Amtl.Bull. N 1985 S. 291), stand fest, dass der volle Abzug der Beiträge nach
Art. 81 Abs. 2 BVG
Gegenstück der vollen Besteuerung der Leistungen sein sollte (vgl. Botschaft zum BVG vom 19. Dezember 1975, BBl 1976 I S. 213; Amtl.Bull. S 1980 S. 320-322, wo von der ständerätlichen Kommission eine Einschränkung der Bundeskompetenz zur Grundsatzgesetzgebung über den Abzug der Beiträge bei den kantonalen Steuern vorgeschlagen und schliesslich verworfen wurde; Amtl.Bull. S 1984 S. 732; N 1985 S. 292, 294/5).
BGE 116 Ia 264 S. 275
Die Eidgenössischen Räte nahmen in Kauf, dass dieses Ziel des BVG nicht absolut zu verwirklichen ist. Die Übergangsbestimmungen bringen für Vorsorgeverhältnisse, die schon vor dem 1. Januar 1987 bestanden, einerseits gewisse Vorteile mit sich für Versicherte, deren Vorsorgeleistungen vor dem 1. Januar 2002 beginnen (und die diese Leistungen nicht voll zu versteuern haben), anderseits gewisse Nachteile für Versicherte, deren Vorsorgeleistungen nach dem 1. Januar 2002 beginnen (und die diese Leistungen voll zu versteuern haben, obwohl sie Beiträge vor dem 1. Januar 1987 leisteten und damals nicht voll vom steuerbaren Einkommen abziehen konnten); dies betrachteten die Räte als eine schon beim Erlass von Art. 81 Abs. 2 und 98 Abs. 4 BVG gewollte, wegen der Vereinfachung vertretbare schematische Lösung (Amtl.Bull. S 1984 S. 735/6; N 1985 S. 303/4). Die Beschwerdeführer wollen aus den Beratungen zu
Art. 156 BdBSt
Schlüsse ziehen, die zu weit gehen.
Wenn der Bundesrat zweifelte, ob er gestützt auf die Kompetenz zum Vollzug des BVG (
Art. 97 Abs. 1 BVG
) zuständig sei, in einer Vollziehungsverordnung zu den steuerrechtlichen Grundsatzbestimmungen für die 2. Säule u.a. die Abgrenzung der in der Übergangszeit abzugsfähigen Einkaufs-Beiträge für alle Kantone verbindlich zu ordnen (vgl. Art. 14 seines Entwurfs zu einer BVV 4 in ASA 53, S. 499 und die Mitteilungen des BSV zu den steuerrechtlichen Verordnungen vom 13. November 1985 in ASA 54, S. 375), ist daraus keineswegs das Eingeständnis zu entnehmen, dass
Art. 156 BdBSt
und entsprechende Bestimmungen der kantonalen Steuergesetze mit dem sinngemäss ausgelegten
Art. 81 Abs. 2 BVG
nicht vereinbar wären.
d) Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts muss bei am 1. Januar 1987 bereits bestehenden Vorsorgeverhältnissen, aus denen Altersleistungen vor dem 1. Januar 2002 zu laufen beginnen und nach
Art. 98 Abs. 4 lit. b BVG
noch nicht der vollen Besteuerung als Einkommen gemäss
Art. 83 BVG
unterliegen, der Abzug seit dem 1. Januar 1985 (Inkrafttreten des
Art. 81 BVG
) geleisteter Beiträge für den Einkauf früherer Versicherungsjahre vom steuerbaren Einkommen nicht zugelassen werden. Diese Auslegung ist einleuchtend.
Besteuert der Kanton die Leistungen aus einem solchen Vorsorgeverhältnis nicht voll, wie es ihm der Bundesgesetzgeber freistellt, so verstossen entsprechende Einschränkungen des Beitragsabzugs nicht gegen den Grundsatz von
Art. 81 Abs. 2 BVG
. Zwar ist es
BGE 116 Ia 264 S. 276
der Sinn dieser Bestimmung, dass die aus dem Versicherungsverhältnis seit 1. Januar 1985 geschuldeten Beiträge steuerfrei bleiben sollen, und zwar auch wenn die im bestehenden Vorsorgeverhältnis versicherten Leistungen nach dem 1. Januar 1987 noch verbessert werden (vgl. die graphische Darstellung der Übergangsregelung des BVG, wie sie im BdBSt ausgeführt wurde, in: Amtl.Bull. S 1984 S. 735 und N 1985 S. 303, Varianten 2a und 2b); der Steuergesetzgeber kann dem nur mit der Bemessung des bei Leistungsbeginn bzw. Fälligkeit vor dem 1. Januar 2002 steuerfreien Teils der Vorsorgeleistungen Rechnung tragen. Dass er auch den seit 1. Januar 1985 erfolgenden Einkauf früherer Versicherungsjahre, für welche die Beiträge in der Zeit vor dem 1. Januar 1985 nicht geleistet wurden, ungeachtet der Fälligkeit der Altersleistungen voll zum Abzug vom laufenden steuerbaren Einkommen zulassen müsste, ginge weit darüber hinaus und ist nicht der Sinn von
Art. 81 Abs. 2 BVG
.
Höchstens kann man sich fragen, ob es der beschränkten Besteuerung der späteren Leistungen entspricht, wenn Einkaufsbeiträge unter solchen Umständen gar nicht (auch nicht teilweise oder beschränkt) abgezogen werden. Doch wird eine Bestimmung des Steuergesetzes, die das - wie
Art. 156 BdBSt
- ausschliesst, in einer entsprechenden Übergangsordnung als sachgemäss betrachtet (FESSLER, a.a.O., StR 41/1986 S. 121; RIVIER, Le traitement fiscal du deuxième pilier: Remarques critiques, in: Prévoyance professionnelle et fiscalité, Lausanne 1986, S. 39 ff., bes. S. 47; STEINER, a.a.O., SPV 1/1988 S. 361 und 363). Sie ist denn auch mit wenigen Ausnahmen in der Steuergesetzgebung aller Kantone vorgesehen (HELBLING, Personalvorsorge und BVG, 4. Aufl. 1989, S. 179).
e) Der Kanton St. Gallen erklärt in der Übergangsbestimmung Ziff. 1 des IV Nachtragsgesetzes vom 3. Juli 1986 zum StG von den Leistungen aus beruflicher Vorsorge, die auf einem vor dem 1. Januar 1985 begründeten Vorsorgeverhältnis beruhen und vor dem 1. Januar 2002 erstmals fällig werden, 20% der Einkünfte als steuerfrei, wenn die Beiträge mindestens zu 20% vom Steuerpflichtigen (bzw. seinen Angehörigen, dem Erblasser usw.) erbracht worden sind, und sogar 40% der Einkünfte, wenn die Beiträge ausschliesslich von ihm erbracht worden sind. Die Besteuerung der Leistungen aus solchen Vorsorgeverhältnissen der Übergangsgeneration entspricht somit in St. Gallen derjenigen in der direkten Bundessteuer. Es wird von den Beschwerdeführern
BGE 116 Ia 264 S. 277
nicht dargetan und ist auch nicht ersichtlich, weshalb dies nicht sachgerecht wäre. Und es verletzt deshalb
Art. 81 Abs. 2 BVG
nicht, wenn die seit dem 1. Januar 1985 für den Einkauf früherer Beitragsjahre vom Arbeitnehmer der Übergangsgeneration geleisteten Beiträge vom Abzug ausgenommen sind. | mixed |
39434693-8d60-4d18-90b3-caa08e4c4a5f | Da das Gesetz auch Sachverhalte der Angebotspflicht unterwirft, für die sie sich vom Regelungszweck her nicht rechtfertigt, ist
Art. 32 Abs. 2 lit. a BEHG
grosszügig auszulegen und eine Ausnahme bei gruppeninternen Verschiebungen zu gewähren, wenn keine Hinweise für ein Umgehungsgeschäft bestehen oder andere Gründe dagegen sprechen. Entscheidend ist, ob die Verschiebung innerhalb der Gruppe einen Kontrollwechsel bewirkt, der für die Minderheitsaktionäre eine (zusätzliche) Benachteiligung zur Folge hat (E. 7).
Sachverhalt
ab Seite 532
BGE 130 II 530 S. 532
A.
Die Quadrant AG, deren Titel an der SWX Swiss Exchange im Hauptsegment kotiert sind, ist ein Spezialkunststoffunternehmen mit Sitz in Lenzburg. Gemäss Kotierungsprospekt vom April 1997 waren am 31. März 1997 folgende wichtige Aktionäre an ihr beteiligt, unter denen eine Poolvereinbarung bestand:
Bei der Triventus AG handelte es sich um eine Managementgesellschaft, deren Aktien je zu einem Drittel René-Pierre Müller, Adrian Niggli und Arno Schenk gehörten, welche zusammen sowohl die Geschäftsführung der Triventus AG als auch der Quadrant AG besorgten.
Mit Meldung vom 28. Oktober 1999 teilte die Triventus AG der Zulassungsstelle der Schweizer Börse mit, dass die C+M Holding AG aus dem Aktionärsbindungspool ausgeschieden sei; dieser werde von den zwei verbleibenden Parteien (Coop Bank und Triventus AG) weitergeführt, die zusammen einen Stimmrechtsanteil von 51,1 % hielten.
Am 17. Oktober 2000 meldete die Triventus AG, dass der Aktienanteil der Coop Bank an der Quadrant AG unter 5 % der
BGE 130 II 530 S. 533
Stimmrechte gefallen und die Aktionärsgruppe bestehend aus der Triventus AG und der Coop Bank per 11. Oktober 2000 aufgelöst worden sei. Nach der Auflösung verteilten sich die Stimmrechte wie folgt:
Am 19. Juni 2001 schlossen die Triventus AG und die Quadrant AG rückwirkend auf den 1. Januar 2001 einen Fusionsvertrag; die Quadrant AG übernahm darin alle Aktiven und Passiven der Triventus AG. Die von der Triventus AG gehaltenen Quadrant-Aktien gingen auf die bisherigen Triventus-Aktionäre (René-Pierre Müller, Adrian Niggli und Arno Schenk) über.
An der ordentlichen Generalversammlung vom 14. Mai 2002 beschloss die Quadrant AG, die Einheitsnamenaktie einzuführen. In der Folge hielten die drei Geschäftsführer noch folgende Stimmrechtsanteile:
B.
Mit Empfehlung vom 23. Juli 2002 stellte die Übernahmekommission (UEK) fest, dass René-Pierre Müller, Adrian Niggli und Arno Schenk seit dem 17. Oktober 2000 verpflichtet seien, den Aktionären der Quadrant AG ein öffentliches Kaufangebot zu unterbreiten; gleichzeitig setzte sie ihnen Frist, um sich zur Höhe des Angebotspreises zu äussern. René-Pierre Müller, Adrian Niggli und Arno Schenk lehnten am 31. Juli 2002 die Empfehlung ab. Am 16. September 2002 begründeten sie ihren Standpunkt und beantragten für den Fall, dass die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) diese in eine Verfügung gleichen Inhalts umwandeln sollte,
BGE 130 II 530 S. 534
es sei ihnen gestützt auf
Art. 32 Abs. 2 lit. a und c des Bundesgesetzes vom 24. März 1995 über die Börsen und den Effektenhandel (Börsengesetz, BEHG; SR 954.1)
eine Ausnahme von der Angebotspflicht zu gewähren; eventuell sei festzustellen, dass die Angebotspflicht durch den zwischen dem 10. Juni 2002 und dem 31. Juli 2002 vollzogenen Aktientausch bei der Einführung der Einheitsaktie konsumiert sei.
C.
Am 18. September 2002 beschloss die Bankenkommission, ein Verwaltungsverfahren zu eröffnen. René-Pierre Müller, Adrian Niggli und Arno Schenk beantragten am 2. Dezember 2002, die Empfehlung der Übernahmekommission abzulehnen, eventuell sei eine Ausnahme gemäss
Art. 32 Abs. 2 lit. a und c BEHG
zu gewähren und subeventuell festzustellen, dass die Angebotspflicht konsumiert sei. Der Stellungnahme lag ein Parteigutachten von Prof. Dr. Peter Nobel vom 5. November 2002 über die Gewährung einer Ausnahme von der Angebotspflicht bei (im Folgenden: Gutachten Nobel). Am 14. März 2003 beantragten René-Pierre Müller, Adrian Niggli und Arno Schenk, die Bank Coop AG und die Quadrant AG zum Verfahren beizuladen. Am 27. März und 9. April 2003 reichten sie unaufgefordert zusätzliche Unterlagen nach.
D.
Mit Schreiben vom 25. März 2003 teilte Adrian Niggli dem Präsidenten der Bankenkommission mit, dass eine ehemalige Mitarbeiterin, von der er sich Mitte 2001 getrennt habe, da sie eine unfreundliche Übernahme der Quadrant AG geplant hätte, mit dem Präsidenten der Übernahmekommission eng befreundet sei; dieser habe mit dem Verfahren seiner Bekannten einen Freundschaftsdienst erweisen wollen.
Vom Präsidenten der EBK zur Stellungnahme aufgefordert, bestätigte der Präsident der Übernahmekommission, dass die erwähnte Mitarbeiterin seit längerer Zeit mit seiner Frau befreundet und auch ihm bekannt sei. Sie habe ihn im Herbst 2001 auf den Fall angesprochen und gefragt, ob bei diesem nicht eine Angebotspflicht bestehe. Gestützt hierauf habe er seinem Sekretariat den Auftrag erteilt, den Sachverhalt näher abzuklären.
Am 13. Mai 2003 teilte der Präsident der EBK Adrian Niggli mit, ein allfälliger formeller Mangel würde durch das Verfahren vor der Übernahmekammer der Bankenkommission geheilt, da dieser mindestens die gleiche Kognition zukomme wie der Übernahmekommission.
BGE 130 II 530 S. 535
E.
Am 12. Juni 2003 verfügte die Übernahmekammer der Eidgenössischen Bankenkommission:
1. Es wird festgestellt, dass die Herren Dr. René-Pierre Müller, Küsnacht, Dr. Adrian A. Niggli, Erlenbach, und Dr. Arno A. Schenk, Zumikon, als Aktionäre der Quadrant AG eine Gruppe im Sinne von Art. 15 Abs. 1 und Abs. 2 Bst. c BEHV-EBK bilden.
2. Es wird festgestellt, dass die Herren Dr. René-Pierre Müller, Dr. Adrian Niggli und Dr. Arno Schenk den Aktionären der Quadrant AG seit dem 17. Oktober 2000 ein öffentliches Übernahmeangebot gemäss
Art. 32 Abs. 1 BEHG
unterbreiten müssen.
3. Es wird keine Ausnahme von der Angebotspflicht gewährt.
4. Das Pflichtangebot muss innerhalb von zwei Monaten nach erfolgter Zustellung dieser Verfügung unterbreitet werden.
5. Der subeventualiter gestellte Antrag der Herren Dr. René-Pierre Müller, Dr. Adrian Niggli und Dr. Arno Schenk vom 2. Dezember 2002 betreffend die Feststellung, dass die Angebotspflicht konsumiert sei, wird abgelehnt.
6. Der subeventualiter gestellte Antrag der Herren Dr. René-Pierre Müller, Dr. Adrian Niggli und Dr. Arno Schenk vom 14. März 2003, wonach die Coop Bank und Quadrant AG als Partei durch Beiladung in das Verfahren miteinzubeziehen seien, wird abgelehnt.
7. Die schriftlichen Eingaben der Herren Dr. René-Pierre Müller, Dr. Adrian Niggli und Dr. Arno Schenk vom 27. März 2003 und 9. April 2003 werden aus dem Recht gewiesen.
8. (Kosten).
F.
René-Pierre Müller, Adrian Niggli und Arno Schenk haben am 14. Juli 2003 beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Sie beantragen, die Verfügung der Übernahmekammer der EBK aufzuheben und festzustellen, dass sie nicht verpflichtet seien, den Aktionären der Quadrant AG ein öffentliches Übernahmeangebot zu unterbreiten; eventuell sei die Verfügung aufzuheben und die Sache an die Übernahmekommission oder an die Vorinstanz zurückzuweisen; subeventuell sei gestützt auf
Art. 32 Abs. 2 BEHG
eine Ausnahme von der Angebotspflicht zu gewähren oder die Vorinstanz anzuweisen, die Gewährung einer solchen zu prüfen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut, hebt die angefochtene Verfügung auf und weist die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Eidgenössische Bankenkommission zurück.
BGE 130 II 530 S. 536
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Zur Bestimmung des Streitgegenstands muss geprüft werden, ob auch die subeventualiter beantragte Ausnahme von der Angebotspflicht (
Art. 32 Abs. 2 BEHG
) Gegenstand des Verfahrens bilden kann.
2.1
Die Übernahmekommission hat in ihrer Empfehlung ausgeführt, die Beschwerdeführer seien angebotspflichtig; weder intertemporale Bestimmungen des Börsengesetzes noch
Art. 32 Abs. 2 lit. a BEHG
befreiten sie hiervon. Ein Ausnahmegesuch könne aber (noch) nachgereicht werden (dort Ziff. 5.2). Die Bankenkommission hat festgestellt, dass die Beschwerdeführer ein Übernahmeangebot gemäss
Art. 32 Abs. 1 BEHG
unterbreiten müssten und ihnen keine Ausnahme gewährt werde. Die Übernahmekommission macht in ihrer Vernehmlassung vom 30. Oktober 2003 geltend, sie habe sich in ihrer Empfehlung bloss zur grundsätzlichen Angebotspflicht geäussert, die Frage einer Ausnahme jedoch nicht geprüft (dort Ziff. 57); zugleich hält sie aber dafür, es liege kein Fall von
Art. 32 Abs. 2 lit. a BEHG
vor (dort Ziff. 52). Sie äussert sich in Bezug auf die Ausnahmegewährung somit widersprüchlich. Einerseits verneint sie das Vorliegen des von den Beschwerdeführern angerufenen Ausnahmetatbestandes (
Art. 32 Abs. 2 lit. a BEHG
), andererseits will sie diesen aber (noch gar) nicht geprüft haben.
2.2
Was die Übernahmekommission gemeint hat, ist indessen nicht entscheidend: Die Bankenkommission hat eine Ausnahme klar und eindeutig abgelehnt. Zwar kann in einem Rechtsmittelverfahren vor oberer Instanz der Streitgegenstand grundsätzlich nur eingeschränkt, jedoch nicht mehr erweitert werden (vgl. FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 45). Die Übernahmekommission ist indessen keine verfügende Vorinstanz der EBK; sie kann den Beteiligten gegenüber lediglich Empfehlungen erlassen (
Art. 23 Abs. 3 BEHG
;
BGE 129 II 183
E. 4.2 S. 190). Werden diese abgelehnt oder missachtet, entscheidet die Bankenkommission (vgl.
Art. 23 Abs. 4 BEHG
;
BGE 130 II 351
E. 3.3.2 S. 359). Dies gilt auch für die Gewährung von Ausnahmen (Art. 35 Abs. 1 und 2 der Verordnung vom 25. Juni 1997 der Eidgenössischen Bankenkommission über die Börsen und den Effektenhandel, BEHV-EBK; SR 954.193). Die Bankenkommission ist daher nicht an eine von der Übernahmekommission vorgenommene
BGE 130 II 530 S. 537
Einschränkung des Streitgegenstandes gebunden. Selbst wenn sich diese zur Frage einer Ausnahme vorliegend nicht geäussert hat, durfte die Bankenkommission deshalb hierüber entscheiden (vgl. auch
Art. 35 Abs. 3 lit. a und Abs. 4 BEHV-EBK
). Ihre Verfügung bildet somit grundsätzlich auch in diesem Punkt Gegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens.
3.
3.1
Das Börsengesetz regelt in seinem 5. Abschnitt die öffentlichen Kaufangebote für Beteiligungen an in der Schweiz börsenkotierten Gesellschaften und dort in Art. 32 insbesondere die Angebotspflicht. Die Absätze 1 und 2 dieser Bestimmung lauten wie folgt:
1. Wer direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Beteiligungspapiere erwirbt und damit zusammen mit den Papieren, die er bereits besitzt, den Grenzwert von 33
1
/3 Prozent der Stimmrechte einer Zielgesellschaft, ob ausübbar oder nicht, überschreitet, muss ein Angebot unterbreiten für alle kotierten Beteiligungspapiere der Gesellschaft. Die Zielgesellschaften können in ihren Statuten den Grenzwert bis auf 49 Prozent der Stimmrechte anheben.
2. Die Aufsichtsbehörde kann in berechtigten Fällen Ausnahmen von der Angebotspflicht gewähren, namentlich:
a. bei der Übertragung von Stimmrechten innerhalb einer vertraglich oder auf eine andere Weise organisierten Gruppe. Die Gruppe untersteht in diesem Fall der Angebotspflicht nur als Gruppe;
b. wenn die Überschreitung aus einer Verringerung der Gesamtzahl der Stimmrechte der Gesellschaft resultiert;
c. bei nur vorübergehender Überschreitung des Grenzwertes;
d. bei unentgeltlichem Bezug oder bei vorzugsweiser Zeichnung im Rahmen einer Kapitalerhöhung;
e. bei Erwerb zu Sanierungszwecken.
3.2
Die Vorinstanz ist der Ansicht, mit dem Aktientausch vom Oktober 2000, wodurch die Coop Bank ihren Anteil an der Quadrant AG auf unter 5 Prozent reduziert hat und aus dem bisherigen Pool ausgeschieden ist, sei gemäss
Art. 32 Abs. 1 BEHG
die Angebotspflicht ausgelöst worden, weil die Beschwerdeführer dabei "in gemeinsamer Absprache" ihren Stimmrechtsanteil von vorher rund 19 auf etwa 42 Prozent erhöht hätten; eine Ausnahme könne ihnen aus grundsätzlichen Überlegungen nicht gewährt werden. Die Beschwerdeführer rügen zunächst Verfahrensfehler (hierzu E. 4). Sodann bestreiten sie die Anwendbarkeit der
BGE 130 II 530 S. 538
Pflichtangebotsordnung aus intertemporalrechtlicher Sicht (hierzu E. 5). Überdies und in der Hauptsache wenden sie ein, beim Erwerb der Aktien nicht in gemeinsamer Absprache oder als Gruppe gehandelt zu haben (hierzu E. 6). Schliesslich machen sie geltend, dass sie bei richtigem Verständnis des Gesetzes (zumindest) in den Genuss einer Ausnahme von der Angebotspflicht hätten kommen müssen (hierzu E. 7).
4.
4.1
4.1.1
Die Beschwerdeführer erachten die
Ausstandspflicht
als verletzt: Der Präsident der Übernahmekommission sei mit jener ehemaligen (nun mit ihnen verfeindeten) Mitarbeiterin bekannt bzw. befreundet, welche ihn auf den Sachverhalt aufmerksam gemacht habe. Zudem habe er sich nach Eröffnung des Verfahrens an einer Tagung zu den für den Fall entscheidenden Rechtsfragen geäussert. Eine unbefangene Beurteilung sei unter diesen Umständen nicht mehr möglich gewesen; zumindest habe der objektive Anschein einer Befangenheit bestanden. Der Verfahrensmangel sei weder geheilt noch verwirkt.
4.1.2
Der von den Beschwerdeführern geschilderte und von der Übernahmekommission zugestandene Sachverhalt weckt in der Tat Zweifel an der Unvoreingenommenheit ihres Präsidenten. Handelte es sich bei ihr um eine verfügende Behörde, wäre nicht auszuschliessen, dass eine Verletzung der Ausstandspflicht vorläge (
Art. 10 VwVG
). Indessen ist die Übernahmekommission, wie dargelegt (E. 2.2), gerade keine solche Behörde. Sie ist auch keine Hilfsperson der EBK, so dass sich eine Verletzung der Ausstandspflicht unmittelbar auf deren Verfahren auswirken würde. Dieses hat eigenständigen Charakter (vgl. auch
BGE 130 II 351
E. 3.3.2 S. 358 f.). Vor der Übernahmekommission gilt das Verwaltungsverfahrensgesetz nicht (Art. 55 Abs. 5 der Verordnung der Übernahmekommission vom 21. Juli 1997 über öffentliche Kaufangebote [UEV-UEK; SR 954.195.1];
BGE 129 II 183
E. 4.2 S. 189 f.). Zwar finden die Ausstandsgründe gemäss
Art. 10 VwVG
analog auch auf sie bzw. ihre Mitglieder Anwendung (Art. 18 des Reglements der Übernahmekommission vom 21. Juli 1997 [R-UEK; SR 954.195.2]; ROBERT BERNET, Die Regelung öffentlicher Kaufangebote im neuen Börsengesetz [BEHG], Bern 1998, S. 128 f.). Die Ausstandspflicht und die Folgen von deren allfälligen Verletzung sind bei Behörden mit allgemeinen Aufsichts- und Anzeigebefugnissen jedoch
BGE 130 II 530 S. 539
weniger streng zu handhaben als bei solchen mit Verfügungskompetenzen oder gar bei Gerichten (vgl.
BGE 125 I 119
E. 3c-e S. 123 f.;
BGE 124 I 76
E. 2;
BGE 122 II 471
E. 2 u. 3; MYRIAM SENN, Die Übernahmekommission nach dem Börsengesetz, in: AJP 1997 S. 1177 ff., dort S. 1182). Aufsichtsbehörden stehen aufgrund ihrer Aufgaben den Privaten von vornherein nicht als unparteiische Mittler, sondern eher als Gegenpartei gegenüber und sind gerade deswegen keine Gerichte (
BGE 126 I 228
E. 2c/bb S. 232;
BGE 123 I 87
E. 4e S. 93 f.). Dies gilt auch für die Übernahmekommission; aufgrund der Entstehungsgeschichte und ihrer rechtlichen Ausgestaltung kommt ihr eine Mittelstellung zwischen einer Selbstregulierungsorganisation und einer staatlichen Behörde zu (BERNET, a.a.O., S. 69 ff.; MARCO GRUBER, Die Pflicht zum Übernahmeangebot im neuen Börsengesetz, Zürich 1996, S. 42; CHRISTIAN KÖPFLI, Die Angebotspflicht im schweizerischen Kapitalmarktrecht, Zürich 2000, S. 265 f.; SENN, a.a.O., S. 1177 f.). Eine gewisse Verflechtung zwischen ihr und den durch sie überprüften Wirtschaftskreisen ist gesetzlich gewollt und systemimmanent.
4.1.3
Der blosse Umstand, dass Behördemitglieder in der Öffentlichkeit eine bestimmte Rechtsauffassung vertreten haben, begründet in der Regel noch keine Ausstandspflicht (
BGE 127 I 196
E. 2d S. 200). Der Anschein einer Befangenheit kann vorliegen, wenn ein (nebenamtlicher) Richter eine umstrittene Rechtsfrage zu entscheiden hat, die sich ihm gleichzeitig in einer anderen Sache stellt, welche er als Anwalt vertritt (
BGE 128 V 82
E. 3d S. 87 f.;
BGE 124 I 121
E. 3b S. 124 f.). Dies war hier indessen nicht der Fall, da den Mitgliedern der Übernahmekommission weder richterliche noch anwaltliche Funktionen zukamen (vgl. auch
Art. 17 Abs. 3 und 4 R-UEK
).
4.2
Der Anspruch der Beschwerdeführer, sich vor dem Entscheid
äussern
zu können (vgl.
Art. 30 Abs. 1 VwVG | mixed |
89fe0f34-72fe-43f6-a810-60514e5213fb | Sachverhalt
ab Seite 386
BGE 140 II 384 S. 386
Am 24. Januar 2011 erfuhr die Eidgenössische Spielbankenkommission (ESBK) davon, dass gegen einen Spieler ein Strafverfahren eingeleitet worden war, nachdem dieser Geld veruntreut und im Casino verspielt hatte. Sie führte am 1. Februar 2011 im entsprechenden Betrieb eine Inspektion durch, wobei sie auch Einsicht in die Unterlagen des Spielers nahm. Am 15. Februar 2011 teilte sie der Casinobetreiberin (A. AG) mit, dass ein Administrativverfahren eröffnet werde, um zu prüfen, ob im Zusammenhang mit dem betroffenen Spieler die spielbankenrechtlichen Vorschriften eingehalten seien.
Mit Verfügung vom 29. Juni 2011 sprach die ESBK gegen die Betreiberin eine Verwaltungssanktion in der Höhe von Fr. 4'939'000.- aus. Sie begründete ihren Entscheid damit, dass den im Sozialkonzept vorgesehenen Prozessen nicht nachgekommen worden sei. Die Betreiberin habe damit gegen die Spielbankengesetzgebung verstossen. Sie habe einen Vorteil von gerundet Fr. 2'822'420.- erzielt. Die Unterlassungen seien gravierend gewesen, da das Personal auf praktisch allen Stufen versagt habe. Es müsse von einem mittelschweren Verstoss ausgegangen werden, sodass sich ein Multiplikationsfaktor von 1,75 rechtfertige. Die Sanktionshöhe sei auf gerundet Fr. 4'939'000.- (Fr. 2'822'420.- x 1,75) festzulegen.
Das Bundesverwaltungsgericht hiess am 26. Juni 2013 die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betreiberin teilweise gut und reduzierte die Sanktion auf Fr. 3'078'000.-. Der relevante Bruttospielertrag sei mit Fr. 4'020'859.- zu beziffern; von diesem müsse die Spielbankenabgabe in Abzug gebracht werden, sodass der für die Sanktionsberechnung wesentliche gerundete Gewinn Fr. 1'759'125.- betrage, was mit dem Faktor 1,75 multipliziert eine Sanktionshöhe von Fr. 3'078'000.- ergebe.
Die Casinobetreiberin beantragt vor Bundesgericht, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aufzuheben und ihr gegenüber keine
BGE 140 II 384 S. 387
Sanktion auszusprechen; eventuell erscheine eine solche maximal in der Höhe von Fr. 1'069'746.-, subeventuell von Fr. 1'283'695.- gerechtfertigt.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut und bestimmt die Verwaltungssanktion auf Fr. 1'497'645.-.
(Zusammenfassung) Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
2.1
Für die Errichtung und den Betrieb einer Spielbank ist eine Konzession des Bundes erforderlich (
Art. 106 Abs. 2 BV
; Art. 10 des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 1998 über Glücksspiele und Spielbanken [SBG; SR 935.52]). Konzessionsvoraussetzung ist unter anderem, dass ein Sicherheits- und ein Sozialkonzept vorliegen (
Art. 13 Abs. 2 lit. b SBG
), in denen dargelegt wird, mit welchen Massnahmen die Spielbank den sicheren Spielbetrieb sowie die Bekämpfung der Kriminalität und der Geldwäscherei gewährleisten und den sozial schädlichen Auswirkungen des Spiels vorbeugen oder diese beheben will (
Art. 14 Abs. 1 und 2 SBG
). Die Spielbank sperrt gemäss
Art. 22 Abs. 1 SBG
Personen vom Spielbetrieb aus, von denen sie auf Grund eigener Wahrnehmungen in der Spielbank oder auf Grund von Meldungen Dritter weiss oder annehmen muss, dass sie überschuldet sind oder ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen (lit. a), Spieleinsätze riskieren, die in keinem Verhältnis zu ihrem Einkommen und ihrem Vermögen stehen (lit. b) oder den geordneten Spielbetrieb beeinträchtigen (lit. c). Verstösst eine Konzessionärin zu ihrem Vorteil gegen die Konzession oder gegen eine rechtskräftige Verfügung, so wird sie durch die ESBK mit einem Betrag bis zur dreifachen Höhe des durch den Verstoss erzielten Gewinnes belastet. Liegt kein Gewinn vor oder kann er nicht festgestellt oder geschätzt werden, so beträgt die Belastung bis zu 20 Prozent des Bruttospielertrages im letzten Geschäftsjahr (
Art. 51 Abs. 1 SBG
).
2.2
Streitgegenstand ist eine von der ESBK bzw. der Vorinstanz gegen die Beschwerdeführerin ausgesprochene Sanktion nach
Art. 51 SBG
, die damit begründet wird, dass die Beschwerdeführerin ihre gesetzlichen und konzessionsrechtlichen Pflichten verletzt habe, indem sie gegen einen Spieler, der auffallend hohe Spieleinsätze tätigte, nicht spätestens Ende November 2005 eine Spielsperre ausgesprochen habe, wodurch sie einen unzulässigen Bruttospielertrag von Fr. 4'020'859.- bzw. (nach Abzug der Spielbankenabgabe)
BGE 140 II 384 S. 388
einen Gewinn von Fr. 1'759'125.- erzielte. Die Beschwerdeführerin macht geltend, bei der gegen sie verfügten spielbankenrechtlichen Sanktion handle es sich um ein Strafverfahren im Sinne von
Art. 6 EMRK
, ohne dass die ESBK die damit verbundenen strafprozessualen Grundsätze ("nemo tenetur"; Unschuldsvermutung) beachtet hätte (hierzu E. 3). Im Übrigen müsse der Vorfall spielbankenrechtlich als verjährt gelten (hierzu E. 4). Ihr könnten aufgrund der gesamten Umstände zudem keinerlei Pflichtverletzungen vorgeworfen werden (hierzu E. 5). Im Eventualstandpunkt rügt die Beschwerdeführerin, die Sanktion sei falsch berechnet (Methode zur Berechnung der Spielbankenabgabe bei der Ermittlung des Gewinns; hierzu E. 6) und die angebliche Pflichtverletzung zu Unrecht als mittelschwerer Verstoss qualifiziert worden (hierzu E. 7).
3.
3.1
Die Vorinstanz ist davon ausgegangen, das spielbankenrechtliche Sanktionsverfahren falle nicht in den (strafrechtlichen) Anwendungsbereich von
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
.
Art. 51 SBG
richte sich nur an die Spielbankenkonzessionäre, mithin an einen stark eingeschränkten Adressatenkreis. Die Sanktionen könnten als eine spezielle Art von Disziplinarmassnahme aufgefasst werden. Die mögliche Höhe der entsprechenden Sanktionen weise allenfalls auf einen strafrechtlichen Charakter hin, doch stehe bei
Art. 51 SBG
, anders als bei der eigentlichen Strafnorm nach
Art. 56 Abs. 1 lit. g SBG
, nicht die repressive, sondern die präventive Wirkung der Massnahme im Vordergrund. Eine konsequente Übernahme strafrechtlicher Grundsätze, namentlich des Aussageverweigerungsrechts, führe letztlich dazu, dass sich die spielbankenrechtliche Aufsichtsregelung nicht mehr anwenden und durchsetzen liesse. Insgesamt spreche sowohl die landesrechtliche Qualifikation, die Natur der Widerhandlung wie auch die Art und Schwere der Sanktion gegen den strafrechtlichen Charakter des Einzugs des um einen Sanktionsfaktor erhöhten sorgfaltspflichtwidrig erworbenen Gewinns, weshalb die von der Beschwerdeführerin als unzulässig erhoben gerügten Schriftstücke bei den Akten zu belassen seien.
3.2
3.2.1
Gemäss der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) liegt eine strafrechtliche Anklage im Sinne von
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
vor, wenn alternativ entweder das nationale Recht eine staatliche Massnahme dem Strafrecht zuordnet oder die Natur des Vergehens oder die Art und Schwere des
BGE 140 II 384 S. 389
Vergehens und/oder der Sanktionen für einen strafrechtlichen Charakter sprechen (sogenannte "Engel"-Kriterien, zurückgehend auf das EGMR-Urteil
Engel gegen Niederlande
vom 8. Juni 1976, Serie A Bd. 22;
BGE 139 I 72
E. 2.2.2 mit zahlreichen Hinweisen). Das Bundesgericht hat in Anwendung dieser Kriterien die kartellrechtlichen Sanktionen nach
Art. 49a des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (KG; SR 251)
wegen ihres abschreckenden und vergeltenden Charakters und der erheblichen Sanktionsdrohung - im Einklang mit dem EGMR (Urteil
Menarini gegen Italien
vom 27. September 2011 [Nr. 43509/08] § 41 ff.) - als strafrechtlich bzw. strafrechtsähnlich im Sinne von
Art. 6 EMRK
qualifiziert (
BGE 139 I 72
E. 2.2.2).
3.2.2
Die dort angestellten Überlegungen gelten auch im vorliegenden Zusammenhang: Die Sanktionen nach
Art. 51 SBG
haben Parallelen zu jenen von
Art. 49a KG
. Wie diesen kommt ihnen ein präventiver, gleichzeitig aber auch ein pönaler und repressiver Charakter zu, soweit damit nicht nur der durch den Verstoss erzielte Gewinn, sondern bis zum Dreifachen von diesem sanktionsweise eingezogen wird, was einen nach oben offenen Betrag in mehrfacher Millionenhöhe bedeuten kann. Der Sanktionszuschlag wird nach der vom Bundesgericht bestätigten (Urteil 2C_949/2010 vom 18. Mai 2011 E. 6) Praxis der ESBK unter Berücksichtigung der Schwere des Verstosses bzw. des Verschuldens der Konzessionärin bzw. der für sie handelnden natürlichen Personen bemessen. Der von der Vorinstanz betonte Umstand, dass nur eine kleine Zahl von Konzessionären der Sanktionsdrohung unterworfen sind, erscheint unter diesen Umständen nicht ausschlaggebend; es gibt - worauf die Beschwerdeführerin zu Recht hinweist - zahlreiche Strafdrohungen, die sich nur an einen bestimmten, unter Umständen auch sehr beschränkten Adressatenkreis richten (Sonderdelikte).
3.3
Obwohl es sich bei der angefochtenen Sanktion damit um eine strafähnliche Massnahme im Sinne von
Art. 6 EMRK
handelt, sind die sich hieraus ergebenden verfahrensrechtlichen Vorgaben sachgerecht gewahrt worden.
3.3.1
Die Beschwerdeführerin legt nicht substanziiert dar, dass und inwiefern die Berücksichtigung der angeblich rechtswidrig erhobenen Beweismittel bzw. der gestützt darauf festgestellte Sachverhalt für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein könnte (
Art. 97 Abs. 1 BGG
; nicht publ. E. 1.3). Auch wenn die Sanktion als strafrechtlich im Sinne von
Art. 6 EMRK
zu gelten hat, unterliegt das
BGE 140 II 384 S. 390
Verfahren vor der ESBK landesrechtlich nicht der Strafprozessordnung (StPO; SR 312.0), sondern dem Verwaltungsverfahrensgesetz (
Art. 1 Abs. 2 lit. d VwVG
[SR 172.021]; NADINE MAYHALL, in: VwVG, Praxiskommentar [...], Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], 2009, N. 24 zu
Art. 2 VwVG
; vgl. analog zum Kartellrecht
BGE 139 I 72
E. 4). Die Parteien sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken, soweit ihnen nach einem anderen Bundesgesetz eine Auskunfts- oder Offenbarungspflicht obliegt (
Art. 13 Abs. 1 lit. c VwVG
); dies ist im Bereich der Spielbankenaufsicht der Fall (
Art. 48 Abs. 3 lit. a SBG
). Die jeweilige Partei ist insbesondere gehalten, die erforderlichen Urkunden zu edieren (
Art. 19 VwVG
i.V.m.
Art. 50 BZP
[SR 273]); diese Mitwirkungspflicht gilt selbst dann, wenn sie sich zu ihrem Nachteil auswirkt (
BGE 132 II 113
E. 3.2; KIENER/RÜTSCHE/KUHN, Öffentliches Verfahrensrecht, 2012, Rz. 689, 1037). Die entsprechende landesrechtliche Rechtslage gilt (vgl.
Art. 190 BV
), soweit sie nicht im Widerspruch zu höherrangigem Recht steht (CHRISTOPH AUER, in: Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], 2008, N. 8 zu
Art. 13 VwVG
; KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl. 2013, S. 162 f.; MARTIN RAUBER, Verteidigungsrechte von Unternehmen im kartellrechtlichen Verwaltungsverfahren, insbesondere unter Berücksichtigung des "legal privilege", 2010, S. 167).
3.3.2
Nach der auf das EGMR-Urteil
Saunders
(vom 17. Dezember 1996 [Nr. 19187/91],
Recueil CourEDH 1996-VI S. 2044
§ 68) zurückgehenden Auslegung des EGMR umfasst
Art. 6 EMRK
in strafrechtlichen Verfahren ein Schweigerecht und ein Recht, nicht zu seiner eigenen Verurteilung beitragen zu müssen; daraus ergibt sich, dass die Behörden Anklage führen müssen, ohne auf Beweismittel zurückzugreifen, die durch Druck oder Zwang in Missachtung des Willens des Angeklagten erlangt worden sind (
BGE 138 IV 47
E. 2.6.1;
BGE 131 IV 36
E. 3.1;
BGE 130 I 126
E. 2.1; je mit Hinweisen; vgl. auch STEFAN TRECHSEL, Human Rights in Criminal Proceedings, Oxford 2005, S. 340 ff.). Diese Formulierung geht in Fällen wie dem vorliegenden indessen zu weit und trägt den Besonderheiten des Verwaltungsverfahrens zu wenig Rechnung: Auch im Strafverfahren gibt es zulässige Beweismittel, die gegen den Willen des Angeklagten erlangt werden, jedoch hiervon unabhängig existieren, wie etwa im Rahmen einer Hausdurchsuchung beschlagnahmte Unterlagen oder die Verwertung einer zwangsweise angeordneten DNA-Analyse (Urteil
Saunders
, § 69; vgl. Art. 244 Abs. 2 lit. b i.V.m.
Art. 263 Abs. 1 lit. a StPO
bzw.
BGE 140 II 384 S. 391
Art. 255 ff. StPO
;
BGE 138 IV 47
E. 2.6.1; Urteil 1P.519/2006 vom 19. Dezember 2006 E. 3.2). Nach der Praxis des EGMR ist nicht jede Pflicht unzulässig, Informationen zur Verfügung stellen zu müssen, die auch eine Strafsanktion nach sich ziehen können (EGMR-Urteil
Weh gegen Österreich
vom 8. April 2004 [Nr. 38544/97] § 44 f.; Nichtzulassungsentscheid
Allen gegen Vereinigtes Königreich
vom 10. September 2002 [Nr. 76574/01];
BGE 131 IV 36
E. 3.1; JENS MEYER-LADEWIG, EMRK, Handkommentar, 3. Aufl. 2011, N. 133 zu
Art. 6 EMRK
).
Art. 6 EMRK
verbietet die "
improper compulsion
" ("coercition abusive"), d.h. eine missbräuchlich bzw. unverhältnismässig ausgeübte Form von Zwang (EGMR-Urteile
Marttinen gegen Finnland
vom 21. April 2009 [Nr. 19235/03] § 60;
Murray gegen Vereinigtes Königreich
vom 8. Februar 1996 [Nr. 18731/91],
Recueil CourEDH 1996-I S. 30
§ 45 f.; vgl.
BGE 138 IV 47
E. 2.6.1;
BGE 131 IV 36
E. 3.1; REGULA SCHLAURI, Das Verbot des Selbstbelastungszwangs im Strafverfahren, 2003, S. 213 ff., 362). Als solche "improper compulsion" erachtet der EGMR etwa eine unter Strafandrohung erzwungene Herausgabe von potenziell belastenden Dokumenten z.B. in einem Zollstrafverfahren (Urteil
Funke gegen Frankreich
vom 25. Februar 1993 [Nr. 10588/83], PCourEDH Série A Bd. 256A § 44) oder in einem Steuerhinterziehungsverfahren (Urteile
Chambaz gegen Schweiz
vom 5. April 2012 [Nr. 11663/04] § 39, 54;
J.B. gegen Schweiz
vom 3. Mai 2001 [Nr. 31827/96]; vgl. dazu auch
BGE 131 IV 36
E. 3.1 mit Hinweisen und JACKSON/SUMMERS, The Internationalisation of Criminal Evidence, Beyond the Common Law and Civil Law Traditions, Cambridge 2012, S. 252 f.).
3.3.3
Im Einzelnen erweist sich das Case Law des EGMR nicht in allen Punkten als widerspruchsfrei (vgl. SIMON ROTH, Die Geltung von nemo tenetur im Verwaltungsverfahren, Jusletter 17. Februar 2014 Rz. 14 ff.;
derselbe
, Verwaltungsrechtliche Mitwirkungspflichten und nemo tenetur, ZStrR 129/2011 S. 296 ff., dort 310 ff.; SCHLAURI, a.a.O., S. 395 ff.; DOMINIQUE OTT, Der Grundsatz "nemo tenetur se ipsum accusare" unter besonderer Berücksichtigung der strassenverkehrsrechtlichen Pflichten, 2012, S. 152 ff., 350 ff., 371 ff.; STEFAN TRECHSEL, Bankgeheimnis - Steuerstrafverfahren - Menschenrechte, ZStrR 123/2005 S. 256 ff., dort 262 ff.). Es ergibt sich daraus zumindest aber, dass die Verpflichtung, eine Tatsache bekannt zu geben, nicht immer bereits eine unzulässige Selbstanschuldigung bedeutet (Urteile
Weh
, § 45, und
Lückof und Spanner gegen Österreich
vom 10. Januar 2008 [Nr. 58452/00] § 55;GRABENWARTER/PABEL, Europäische Menschenrechtskonvention, 5. Aufl. 2012, S. 457 f.; MEYER-LADEWIG, a.a.O.,
BGE 140 II 384 S. 392
N. 137 zu
Art. 6 EMRK
). So liegt etwa keine Verletzung von
Art. 6 EMRK
darin, dass ein Fahrzeughalter unter Strafandrohung verpflichtet wird, die Person zu benennen, welche das Fahrzeug im Zeitpunkt gelenkt hat, als mit diesem ein Strassenverkehrsdelikt begangen wurde. Zur Beurteilung der Frage, ob das Recht, zu schweigen und sich nicht selbst belasten zu müssen, verletzt ist, stellt der EGMR auf die Natur und den Grad des angewandten Zwangs zur Erlangung des Beweismittels, die Verteidigungsmöglichkeiten sowie den Gebrauch des Beweismaterials ab (vgl. Urteile
O'Halloran und Francis gegen Vereinigtes Königreich
vom 29. Juni 2007 [Nr. 15809/02 undNr. 25624/02] § 55 ff.;
Lückof und Spanner
, § 51; vgl. dazu auch die Urteile des Bundesgerichts 6B_439/2010 vom 29. Juni 2010 E. 5.3 und 6B_571/2009 vom 28. Dezember 2009 E. 3.2).
3.3.4
Hieraus ergibt sich, dass die blosse Aufforderung, Dokumente einzureichen, zu deren Erstellung eine gesetzliche - hier spielbankenrechtliche - Pflicht besteht, für sich allein noch keinem Verstoss gegen
Art. 6 EMRK
gleichkommt. Die ESBK hat der Beschwerdeführerin angezeigt, dass sie ein aufsichtsrechtliches Verfahren einleitet und sie in dessen Rahmen um die umstrittenen Auskünfte und Unterlagen ersucht. Dabei wurden ihr keine spezifischen Folgen im Falle einer Mitwirkungsverweigerung angedroht (vgl. zur Rechtsnatur als "Obliegenheit" der allgemeinen Mitwirkungspflicht im Verwaltungsverfahren: KIENER/RÜTSCH/KUHN, a.a.O., Rz. 697). Insbesondere hat die ESBK ihre Verfügungen nicht mit dem Hinweis auf
Art. 292 StGB
verbunden, wonach mit Busse bestraft wird, wer von der zuständigen Behörde unter Hinweis auf diesen Artikel an ihn erlassenen Verfügungen keine Folge leistet (vgl. KIENER/RÜTSCH/KUHN, a.a.O., RZ. 97). Die Aufforderung, am Verfahren mitzuwirken und bestimmte Unterlagen einzureichen, erging gegen die Beschwerdeführerin als juristische Person in einem besonderen Rechtsverhältnis mit dem Bund (Konzessionärin). Zwar gilt nach verbreiteter Auffassung der nemo- tenetur-Grundsatz auch zugunsten juristischer Personen und Unternehmen (MEYER-LADEWIG, a.a.O., N. 138 zu
Art. 6 EMRK
; NIGGLI/RIEDO, in: Verwaltungsstrafrecht und sanktionierendes Verwaltungsrecht, Häner/Waldmann [Hrsg.], 2010, S. 51 ff.,dort 62 f.; NIGGLI/MAEDER, Verwaltungsstrafrecht, Strafrecht und Strafprozessrecht - Grundprobleme, in: Aktuelle Herausforderungen für die Praxis im Verwaltungsstrafverfahren, Andreas Eicker [Hrsg.], 2013, S. 27 ff., 51; CARLO ANTONIO BERTOSSA, Unternehmensstrafrecht: Strafprozess und Sanktionen, 2003, S. 145 ff.; a.M. GUNTHER ARZT, Schutz juristischer Personen gegen Selbstbelastung, Juristenzeitung [JZ] 2003
BGE 140 II 384 S. 393
S. 456 ff.). Der nemo-tenetur-Grundsatz ist bei juristischen Personen indessen differenziert zu umschreiben. Er geht nicht so weit, die Herausgabe von Unterlagen, deren Führung bzw. Anlage in einem konzessionsrechtlichen Aufsichtsverfahren gesetzlich vorgeschrieben sind, zu verunmöglichen (statt vieler: ARZT, a.a.O., S. 457 ff.; GÜNTER HEINE, Das kommende Unternehmensstrafrecht, ZStrR 121/2003 S. 24 ff., dort 43;
derselbe
, Praktische Probleme des Unternehmensstrafrechts, SZW 2005 S. 17 ff., dort 21 f.; KRAUSKOPF/EMMENEGGER, in: VwVG, Praxiskommentar [...], Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], 2009, N. 70 zu
Art. 13 VwVG
; NADINE QUECK, Die Geltung des nemo-tenetur-Grundsatzes zugunsten von Unternehmen, Berlin 2005, S. 271 ff.; CHRISTOPH TAGMANN, Die direkten Sanktionen nach Art. 49a Abs. 1 Kartellgesetz, 2007, S. 119). Unternehmen sind aus zahlreichen Gründen gehalten, bestimmte Dokumente und Unterlagen zu erstellen, zu führen und gegebenenfalls den Verwaltungsbehörden zur Verfügung zu stellen, z.B. Buchhaltungen oder Dokumentationen, welche die Einhaltung von Pflichten bezüglich Umweltschutz, Sozialversicherung, Arbeitssicherheit, Geldwäscherei usw. belegen (vgl. KRAUSKOPF/EMMENEGGER, a.a.O., N. 19 ff. zu
Art. 13 VwVG
). Könnte der Staat auf diese Unterlagen trotz entsprechender gesetzlicher Grundlagen nicht mehr zurückgreifen, würde eine aufsichts- bzw. damit verbundene strafrechtsähnliche Durchsetzung der materiellen gesetzlichen Pflichten in beaufsichtigten Wirtschaftsbereichen (Finanzmarkt, Spielbanken usw.) praktisch verunmöglicht. Bildet der nemo-tenetur-Grundsatz bei natürlichen Personen (auch) einen Ausfluss aus der Menschenwürde, fehlt dieser - spezifisch grundrechtliche - Aspekt bei gesetzlichen Herausgabepflichten von juristischen Personen und Unternehmen. Solche Überlegungen können nicht als Negation der Rechtsstaatlichkeit bezeichnet und mit dem Hinweis entkräftet werden, es sei gerade der Zweck prozeduraler Garantien, die Arbeit der verwaltungsrechtlich eingesetzten Aufsichtsbehörden zu erschweren (vgl. so im Resultat CHRISTOF RIEDO, Wie man Grundrechte ausser Kraft setzt, Anmerkungen zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts B-4830/2011vom 26. Juni 2013, AJP 2013 S. 1525 ff., dort 1530 Ziff. 5; wie hier KATHARINA PABEL, § 19 Justizgrundrechte, in: Europäischer Grundrechteschutz, in: Enzyklopädie Europarecht [EnzEur], Bd. II, Christoph Grabenwarter [Hrsg.], 2014, Rn. 95).
3.3.5
Auch nach Auffassung des EGMR gelten die Verfahrensgarantien von
Art. 6 EMRK
nicht absolut (statt vieler Urteil
Al-Dulimi gegen Schweiz
vom 26. November 2013 [Nr. 5809/08] § 124 [noch
BGE 140 II 384 S. 394
nicht rechtskräftig]; PABEL, a.a.O., Rn. 94). Das Verfahrensrecht dient dazu, auf eine faire Weise die Realisierung des materiellen Rechts zu ermöglichen. Es verstiesse gegen das Gebot der praktischen Konkordanz von Verfassungsinteressen (
BGE 139 I 16
E. 4.2.2;
BGE 129 I 173
E. 5.1), das Anliegen des Schutzes der Verfahrensparteien zu verabsolutieren, wie die Beschwerdeführerin dies tut, und dafür das ebenfalls verfassungsrechtliche Anliegen der Wirksamkeit des materiellen Rechts (vgl.
Art. 170 BV
) zu vereiteln. Entscheidend ist, dass keine "improper compulsion" ausgeübt wird (vgl. PABEL, a.a.O., Rn. 93), wie dies der EGMR wiederholt formuliert hat. Es ist ein angemessener Ausgleich der verschiedenen Interessen anzustreben, um auf eine faire Weise die materielle Wahrheit zu erforschen, was sachgerechte Anpassungen des grundsätzlich anwendbaren nemo-tenetur-Grundsatzes an die jeweilige konkrete Situation zulässt bzw. gebietet (juristische oder natürliche Person, Auskunftspflicht über Sachverhaltselemente oder implizite Schuldanerkennung, Qualität der Sanktion bei Vereitelung der Mitwirkungspflicht usw.).
3.3.6
Vorliegend geht es nicht um ein Geständnis und auch nicht um eine Aussage als Zeuge gegen sich selber im Sinne von
Art. 14 Abs. 3 lit. g UNO-Pakt II
(Internationaler Pakt vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte [SR 0.103.2]), weshalb diese Bestimmung von vornherein nicht verletzt sein kann, sondern um die Herausgabe von sachverhaltsbezogenen Unterlagen, zu deren korrekter Erstellung die Beschwerdeführerin - unabhängig von einem Straf- oder Sanktionsverfahren - spielbankenrechtlich verpflichtet ist. Sie hat um die Erteilung einer Betriebsbewilligung für ihr Casino in Kenntnis dieser Vorgaben ersucht und sich ihnen unterworfen, wobei mit der Beschwerdemöglichkeit an das Bundesverwaltungs- und das Bundesgericht ein doppelter Rechtsschutz gewahrt bleibt. Die aufsichtsrechtlich einverlangten Unterlagen über die Art und Weise, wie sie die ihr obliegenden Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung der Geldwäscherei und zum Schutz der Spieler im Einzelfall wahrgenommen hat, werden nicht dadurch selbstbelastend, weil sie in einem Verwaltungsverfahren mit allenfalls strafähnlicher Sanktionsmöglichkeit erhoben wurden, zumal der Beschwerdeführerin dieser Umstand ab Verfahrenseröffnung bekannt war. Die Beschwerdeführerin bringt nur pauschal vor, die Vorinstanz habe das Aussageverweigerungsrecht und die damit verbundene Belehrungspflicht nicht beachtet; sie geht dabei offensichtlich davon aus, dass die unter Verletzung dieser Rechte und Pflichten erhobenen Beweise auszusondern wären. Wie dargelegt, steht es indessen nicht per se
BGE 140 II 384 S. 395
im Widerspruch zu
Art. 6 EMRK
, wenn eine Spielbank in einem gegen sie offengelegten Sanktionsverfahren verpflichtet wird, sachverhaltsbezogene Unterlagen und Dokumente gegenüber der spielbankenrechtlichen Aufsichtsbehörde herauszugeben, um dieser zu ermöglichen, die Einhaltung der gesetzlichen Bewilligungs- bzw. Konzessionsanforderungen zu prüfen. Die Beschwerdeführerin legt nicht dar (vgl. nicht publ. E. 1.2), dass und inwiefern Beweismittel vorliegend unter einer "improper compulsion" erhoben worden wären. Der in der Replik hierzu gemachte Hinweis genügt nicht, die Herausgabe stehe unter der Strafandrohung von
Art. 51 SBG
; denn die prozessleitenden Verfügungen, mit denen die Beschwerdeführerin zur Herausgabe der Unterlagen angehalten wurde, fallen nicht unter die Verfügungen, deren Verletzung aufgrund dieser Bestimmung sanktioniert wird.
3.4
Die auf Grund von
Art. 13 Abs. 1 lit. c VwVG
i.V.m.
Art. 48 Abs. 3 lit. a SBG
bestehende Mitwirkungspflicht ist nicht EMRK-widrig und deshalb weiterhin anwendbar. Die einvernommenen Mitarbeiter waren nicht gehalten, sich selber oder ihre Arbeitgeberin zu belasten. Sie wurden als Auskunftspersonen lediglich zu Sachverhaltselementen (bspw. Spielverhalten des Spielers X., Einschätzung seines Umfelds und seiner Mittel, getroffene Massnahmen usw.) einvernommen. Bestand nach dem Gesagten gestützt auf
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
kein Aussageverweigerungsrecht, gab es seitens der ESBK auch keine Pflicht, auf ein solches hinzuweisen. Die Vorinstanz hat die Beweise gewürdigt und ist zum Schluss gekommen, dass die Beschwerdeführerin ihre konzessionsrechtlichen Pflichten verletzt habe. Unter diesen Umständen ist die Unschuldsvermutung ("in dubio pro reo") in ihrer Funktion als Beweislastregel (
BGE 120 Ia 31
E. 2c) nicht tangiert. Als Beweiswürdigungsregel betrifft sie die Sachverhaltsfeststellung (
BGE 120 Ia 31
E. 2c); diesbezüglich legt die Beschwerdeführerin nicht dar, inwiefern eine Rechtsverletzung vorliegen würde (vgl. nicht publ. E. 1.2).
4.
4.1
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen, das Spielbankengesetz sehe für die Sanktionen nach
Art. 51 SBG
(Verwaltungssanktion) keine Verjährungsfristen vor. Es rechtfertige sich aber, analog die für die Übertretungen gemäss
Art. 56 SBG
geltende siebenjährige Frist anzuwenden (so das Urteil 6B_770/2010 vom 28. Februar 2011 E. 5.2). Die Verfügung der ESBK vom 29. Juni 2011 sei einem erstinstanzlichen Urteil im Sinne von
Art. 97 Abs. 3 StGB
(Verfolgungsverjährung) gleichzustellen, sodass die Verjährungsfrist
BGE 140 II 384 S. 396
eingehalten sei. Die Beschwerdeführerin bestreitet dies: Die Sanktion nach
Art. 51 SBG
sei als mit Busse bedrohte Tat eine Übertretung im Sinne von
Art. 103 StGB
. Die Strafverfolgung verjähre daher nach
Art. 109 StGB
in drei Jahren, allenfalls in Anwendung von Art. 11 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR; SR 313.0) in Verbindung mit
Art. 333 Abs. 6 lit. b StGB
(Anwendung des Allgemeinen Teils auf andere Bundesgesetze) in vier Jahren. Zudem sei die Verfügung der ESBK kein erstinstanzliches Urteil im Sinne von
Art. 97 Abs. 3 StGB
, sodass erst durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts der Verlauf der Verjährungsfrist beendet worden sei. Damals sei jedoch die vierjährige Frist bereits abgelaufen gewesen.
4.2
Das Gesetz sieht für die Sanktionen nach
Art. 51 SBG
keine Verjährungsfrist vor. Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, ist die Verjährung jedoch ein allgemeiner Rechtsgrundsatz des öffentlichen Rechts, weshalb öffentlichrechtliche Ansprüche selbst beim Fehlen einer ausdrücklichen Gesetzesbestimmung der Verjährung oder Verwirkung unterliegen (
BGE 126 II 49
E. 2a;
BGE 125 V 396
E. 3a S. 399 mit Hinweisen;
BGE 124 I 247
E. 5). Dies muss umso mehr für Verwaltungssanktionen mit pönalem Charakter gelten. Fehlen Vorschriften zur Verjährung, so hält sich der Richter vorab an die Regeln, die der Gesetzgeber im öffentlichen Recht für verwandte Tatbestände aufgestellt hat; mangels entsprechender Regelungen sind die allgemeinen (zivilrechtlichen) Grundsätze über die Verjährung heranzuziehen, wonach für einmalige Leistungen eine zehnjährige, für periodische eine fünfjährige Frist gilt (
BGE 131 V 55
E. 3.1;
BGE 119 Ib 311
E. 4b;
BGE 112 Ia 260
E. 5e S. 267; WIEDERKEHR/RICHLI, Praxis des allgemeinen Verwaltungsrechts, Bd. I, 2012, Rz. 706).
4.3
4.3.1
Der Beizug von Regelungen über die Verjährung für verwandte öffentlichrechtliche Tatbestände spricht hier am ehesten für eine analoge Anwendung von
Art. 49a Abs. 3 lit. b KG
; danach entfällt die Sanktionsmöglichkeit, wenn die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist. Im Spielbankenrecht bedeutet dies, dass die Sanktion verjährt ist, wenn das zu sanktionierende Verhalten bei Eröffnung der Untersuchung seit länger als fünf Jahren beendet war. Der gegenüber der Beschwerdeführerin erhobene Vorwurf geht dahin, sie habe den Spieler X. nicht mit einer Spielsperre belegt, bis dieser am 18. November 2008 seinerseits freiwillig darum ersuchte, gegen ihn eine
BGE 140 II 384 S. 397
solche auszusprechen. Das zu sanktionierende Verhalten dauerte damit bis zum 18. November 2008 und war bei Eröffnung der Untersuchung am 15. Februar 2011 somit nicht verjährt.
4.3.2
Alternativ wären auch die Überlegungen der Vorinstanz nicht zu beanstanden, die für die Übertretungen nach
Art. 56 SBG
geltende siebenjährige Frist auf die Sanktionen nach
Art. 51 SBG
anzuwenden (
Art. 333 Abs. 1 SBG
i.V.m.
Art. 97 Abs. 1 lit. c und
Art. 333 Abs. 6 lit. b StGB
in der Interpretation gemäss
BGE 134 IV 328
E. 2.1 und Urteil 6B_770/2010 vom 28. Februar 2011 E. 5.2), was der Vorgabe von
Art. 57 Abs. 2 SBG
entspräche. Angesichts der spezialgesetzlichen spielbankenrechtlichen Regelung besteht jedenfalls kein Anlass, die für Übertretungen geltenden allgemeinen Verjährungsfristen von
Art. 109 StGB
oder
Art. 11 Abs. 1 VStrR
zur Anwendung zu bringen. Da bei Übernahme der strafrechtlichen Fristen die Verjährungsfrist erst am Tag zu laufen beginnt, an dem das strafbare Verhalten aufhört (
Art. 98 lit. c StGB
), vorliegend also dem 18. November 2008 (vgl. zum Andauern der Sorgfaltspflicht bei Finanzintermediären:
BGE 134 IV 307
E. 2.4), ist die Frist in beiden Fällen mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juni 2013 eingehalten, sodass offenbleiben kann, ob die Verfügung der ESBK einem erstinstanzlichen Urteil gleichzusetzen ist oder nicht.
5.
5.1
5.1.1
Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid nach Monaten aufgeschlüsselt die Anwesenheitstage des Spielers X. und die an ihn erfolgten Auszahlungen festgestellt, die als solche unbestritten sind. Sie hat daraus gefolgert, der rasante Anstieg der Anwesenheitstage und die sprunghaft angestiegene Gesamthöhe der jeweiligen monatlichen Auszahlungen zwischen Juli (7 Tage, Auszahlungsbetrag Fr. 77'000.-) und November 2005 (26 Tage, Auszahlungsbetrag Fr. 1'573'400.-) hätte den Mitarbeitenden der Beschwerdeführerin auffallen müssen, zumal sich in den Akten umfassende Unterlagen im Zusammenhang mit identifizierungspflichtigen Transaktionen des Spielers X. und weitere GwG-Abklärungen befunden hätten. Es könne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass Auszahlungsbeträge von monatlich über Fr. 650'000.- mit einem Minimum an Spieleinsätzen zu finanzieren gewesen seien. Trotz diesem aussergewöhnlichen Spielverhalten sei der Spieler X. einzig am 14. Februar 2006 zu seinen Einkommensverhältnissen befragt und anschliessend ein Meldezettel erstellt worden. Die
BGE 140 II 384 S. 398
Beschwerdeführerin habe damit die Kriterien ihres eigenen Sozialkonzepts nicht beachtet, wonach der Spieler X. gezielt hätte beobachtet werden müssen. Sie habe damit auch gegen
Art. 22 Abs. 1 lit. b SBG
verstossen; denn selbst in der beruflichen und einkommensmässigen Stellung des Spielers X. habe es höchst unwahrscheinlich erscheinen müssen, dass er sich dauerhaft derart hohe Spieleinsätze hätte leisten können. Die Beschwerdeführerin hätte deshalb spätestens im Oktober 2005 aktiv werden und weitere Abklärungen treffen und Ende November 2005 eine Spielsperre verhängen müssen.
5.1.2
Die Beschwerdeführerin wendet ein, aus damaliger Sicht hätten auf Grund der Aussagen des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten Zweifel an der Zulässigkeit der Verwendbarkeit der GwG-Daten bestanden. Wenn die entsprechenden Unterlagen unter diesen Umständen nicht beigezogen worden seien, könne ihr dies nicht vorgeworfen werden. Sie habe sich auf ihre auch der ESBK bekannten Checklisten verlassen dürfen; nach diesen hätten Änderungen in der Besuchsfrequenz noch nicht zu Abklärungen geführt. Der Spieler X. sei ein gepflegter "Gewinnertyp" gewesen mit familiärem Umfeld, der weder bei Verlusten noch Gewinnen exzessiv reagiert habe. Die Vorinstanz wende nicht hinreichend griffige Abgrenzungskriterien an, was das Bestimmtheitsgebot verletze. Zudem hätten zusätzliche Abklärungen höchstwahrscheinlich nichts genützt, da der Spieler X. im Fälschen von Unterlagen geübt gewesen sei und zweifellos auch der Spielbank gefälschte Unterlagen vorgelegt hätte.
5.2
5.2.1
Finanzintermediäre, wozu auch die Spielbanken zählen (Art. 2 Abs. 2 lit. e des Bundesgesetzes über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung im Finanzsektor; Geldwäschereigesetz, GwG; SR 955.0), müssen bei der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen die Vertragspartei identifizieren (
Art. 3 GwG
), über die getätigten Transaktionen und die erforderlichen Abklärungen Belege erstellen (
Art. 7 GwG
) und gegebenenfalls die Meldestelle informieren (
Art. 9 GwG
). Diese Pflichten werden durch die Verordnung der ESBK vom 12. Juni 2007 über die Sorgfaltspflichten der Spielbanken zur Bekämpfung der Geldwäscherei (Geldwäschereiverordnung ESBK, GwV ESBK; SR 955.021) konkretisiert. Namentlich muss die Spielbank bestimmte Transaktionen registrieren (
Art. 2 und 3 GwV ESBK
). Auf den so erhobenen Daten beruht die von der Vorinstanz erstellte Liste der Anwesenheitstage des
BGE 140 II 384 S. 399
Spielers X. und der an ihn erfolgten Auszahlungen; die Vorinstanz folgert daraus, dass dieser den Mitarbeitern der Beschwerdeführerin hätte auffallen müssen.
5.2.2
Nach
Art. 4 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (DSG; SR 235.1)
dürfen Personendaten nur zu dem Zweck bearbeitet werden, der bei der Beschaffung angegeben wurde, aus den Umständen ersichtlich oder gesetzlich vorgesehen ist. In diesem Zusammenhang hatte der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte in einem Schreiben vom 24. August 2006 an den Casinoverband und vom 4. August 2006 an die ESBK ausgeführt, die Verwendung der GwG-Daten für die Umsetzung des Sozialschutzes sei ein "détournement de finalité" im Sinne von
Art. 4 Abs. 3 DSG
und weder explizit noch implizit gesetzlich vorgesehen; die Spielbanken könnten zwar einen Rechtfertigungsgrund im Sinne von
Art. 13 DSG
(überwiegendes Interesse) anrufen, doch wäre eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage wünschenswert und müsste ein Datenbearbeitungskonzept vorliegen. Das Bundesgericht hat im Entscheid 2C_949/2010 vom 18. Mai 2011 den Rückgriff auf die GwG-Daten zur Anwendung des Sozialkonzepts als zulässig erklärt (dort E. 4.5): Gemäss
Art. 22 Abs. 1 SBG
sperrt die Spielbank Personen vom Spielbetrieb aus, von denen sie auf Grund eigener Wahrnehmungen in der Spielbank oder auf Grund von Meldungen Dritter annehmen muss, dass sie überschuldet sind oder zu hohe Spieleinsätze riskieren. Das Gesetz verpflichtet die Spielbank damit ausdrücklich, aus Gründen des Sozialschutzes die von ihr wahrgenommenen Tatsachen über die finanziellen Verhältnisse der Kunden zur Anordnung einer Spielsperre zu verwenden. Hierzu gehören auch die Transaktionen, welche die Spielbanken gemäss
Art. 2 Abs. 3 GwV ESBK
bzw. Art. 3 Abs. 2 der bis 30. Juni 2007 in Kraft stehenden Verordnung mit dem gleichen Namen vom 28. Februar 2000 (aVESBK-BGW; AS 2000 808) besucherbezogen erheben müssen. Die Verwendung dieser Informationen zur Anordnung einer Spielsperre ist durch das Gesetz im Sinne von
Art. 13 Abs. 1 DSG
vorgeschrieben und damit im Lichte von
Art. 4 Abs. 3 DSG
("gesetzlich vorgesehen") zulässig, zumal es sich bei den dadurch betroffenen finanziellen Informationen nicht um besonders schützenswerte Personendaten handelt (
Art. 3 lit. c DSG
e contrario). Die Beschwerdeführerin konnte und musste somit ihre GwG-Daten zur Umsetzung des Sozialkonzepts im Rahmen von
Art. 22 SBG
verwenden. Dass dies aus damaliger Sicht umstritten war, ist nicht im Rahmen der
BGE 140 II 384 S. 400
Pflichtverletzung ausschlaggebend, sondern allenfalls bei der Bemessung der Sanktion zu berücksichtigen (unten E. 7).
5.2.3
Der Beschwerdeführerin musste auf Grund der GwG-Daten bekannt sein, dass sie dem Spieler X. ab September 2005 monatlich Auszahlungen von in der Regel mehr als einer halben Million Franken (in zwölf Monaten sogar mehr als je 1 Million Franken) tätigte, was nach den statistischen Grundsätzen, nach denen Glücksspielautomaten funktionieren (vgl.
Art. 28 der Verordnung des EJPD vom 24. September 2004 über Überwachungssysteme und Glücksspiele, Glücksspielverordnung [GSV; SR 935.521.21]
), mit nahezu hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass er Einsätze machte, die noch deutlich höher liegen mussten. Da der Spieler X. nach seinen eigenen, der Beschwerdeführerin bekannten Darlegungen ein Jahreseinkommen im oberen sechsstelligen Bereich erzielt haben will, liegt es auf der Hand, dass er damit nicht dauerhaft die für diese Gewinne erforderlichen hohen Einsätze spielen konnte. Das hätte nach
Art. 22 Abs. 1 lit. b SBG
zur Anordnung einer Spielsperre führen müssen. Indem die Beschwerdeführerin während rund dreier Jahre nicht handelte, hat sie ihre Sorgfaltspflichten als Casinobetreiberin verletzt. Hieran ändert der Einwand nichts, der Spieler X. hätte ihr, wenn nachgefragt worden wäre, gefälschte Unterlagen vorgelegt. Die Spielbank trägt keine Erfolgsgarantie für die entsprechende Massnahme, doch trifft sie zumindest die Pflicht, die erforderlichen Abklärungen und Vorkehren einzuleiten; zudem hätten bereits die Angaben, die der Beschwerdeführerin bekannt waren und die ihr der Spieler X. selber gemacht hatte, zur Anordnung der Sperre führen müssen.
6.
6.1
Die Sanktion bemisst sich nach der Höhe des von der Spielbank "durch den Verstoss erzielten Gewinns" ("gain réalisé du fait de cette violation", "il guadagno ottenuto con l'infrazione"), soweit dieser bekannt ist (
Art. 51 Abs. 1 SBG
). Dabei handelt es sich um den spielbankenrechtlichen (nicht buchhalterischen) Nettogewinn, d.h. die Differenz zwischen dem tatsächlichen und hypothetischen Vermögensstand des Verletzers mit und ohne die Pflichtverletzung; vom Bruttogewinn abzuziehen sind grundsätzlich alle Kosten, welche zur Erzielung des Gewinnes angefallen sind (Urteil 2C_949/2010 vom 18. Mai 2011 E. 6.3). Solange nicht sämtliche Einsätze und Gewinne jedes einzelnen Spielers registriert werden ("player tracking"), bleibt die Berechnung der Höhe des Gewinns im Sinn von
Art. 51 Abs. 1 SBG
eine mehr oder weniger nachvollziehbare Schätzung. Der
BGE 140 II 384 S. 401
entsprechende (unzulässige) Gewinn ist jeweils so genau wie möglich und objektiv (noch) erstellbar zu ermitteln; andernfalls beträgt die Belastung bis zu 20 Prozent des Bruttospielertrags im letzten Geschäftsjahr (Art. 51 Abs. 1 zweiter Satz SBG).
6.2
Hier nicht mehr umstritten ist die Höhe des auf das pflichtwidrige Verhalten zurückgehenden Bruttogewinns; er beträgt für den massgeblichen Zeitraum Fr. 4'020'859.-. Im Urteil 2C_949/2010 hat das Bundesgericht erkannt, dass vom Bruttogewinn die Spielbankenabgabe abzuziehen ist, da diese gemäss
Art. 40 Abs. 1 SBG
auf den Bruttospielerträgen ("produit brut des jeux", "prodotto lordo dei giochi") erhoben wird, welche als Differenz zwischen den Spieleinsätzen und den ausbezahlten Spielgewinnen ("différence entre les mises des joueurs et les gains qui leur sont versés", "differenza tra le poste giocate e le vincite versate") zu verstehen sind (
Art. 40 Abs. 2 SBG
). Damals war - entgegen dem vorliegenden Fall - nicht zu beurteilen, wie die Spielbankenabgabe bei der Berechnung der Verwaltungssanktion zu berücksichtigen ist und sich auf deren Berechnung auswirkt. Dies bildet hier indessen Verfahrensgegenstand und ist im Folgenden zu prüfen. Weitere gewinnmindernde Aufwendungen macht die Beschwerdeführerin im bundesgerichtlichen Verfahren nicht (mehr) geltend.
6.3
6.3.1
Die Spielbankenabgabe beträgt zwischen 40 und 80 % des Bruttospielertrags (Art. 40 Abs. 1 und 41 Abs. 3 SBG). In diesem Rahmen ist der Abgabesatz progressiv und steigt mit der Höhe des Bruttospielertrags (Art. 82 der Verordnung vom 24. September 2004 über Glücksspiele und Spielbanken [Spielbankenverordnung, VSBG; SR 935.521]). In der für die hier zur Diskussion stehenden Jahre 2005 bis 2008 massgebenden ursprünglichen Fassung von
Art. 82 VSBG
(AS 2004 4395) wurde der Basisabgabesatz von 40 % bis zu einem Bruttospielertrag von 20 Millionen Franken erhoben; für jede weitere Million Franken Bruttospielertrag stieg der Grenzabgabesatz um 0,5 % bis zum Höchstsatz von 80 %.
6.3.2
Die Vorinstanz hat - wie schon die ESBK in ihrer Verfügung vom 29. Juni 2011 - festgestellt, der
durchschnittliche Steuersatz
der Beschwerdeführerin habe in den Jahren 2006 bis 2008 56,25 % des Bruttospielertrags betragen. Es wurden demzufolge vom massgebenden Bruttospielertrag von Fr. 4'020'859.- 56,25 % abgezogen, was zu einem Nettogewinn von Fr. 1'759'125.- führte. Die Beschwerdeführerin will vom Bruttogewinn die Differenz zwischen der von ihr
BGE 140 II 384 S. 402
tatsächlich bezahlten Abgabe und derjenigen, die sie ohne den vom betroffenen Spieler generierten Bruttospielertrag hätte bezahlen müssen, abziehen, was zu einem Nettogewinn von Fr. 855'797.- führt. Die ESBK akzeptiert grundsätzlich die Sichtweise der Beschwerdeführerin, sich am Grenzsteuersatz zu orientieren, macht aber geltend, dies führe zu einer stossenden Ungleichbehandlung, da Casinos, die einen relativ geringen Bruttospielertrag generierten, aufgrund der prozentual tieferen Spielbankenabgabe eine wesentlich höhere Sanktion bezahlen müssten als Banken mit hohem Bruttospielertrag. Sie schlägt daher vor, bereits den Bruttospielertrag mit dem Sanktionsfaktor zu multiplizieren und erst davon die auf der Basis des Grenzsteuersatzes ermittelte Spielbankenabgabe abzuziehen. Mit diesem Ansatz werde eine umsatzschwächere Spielbank insgesamt an Spielbankenabgabe und Sanktionssumme gleich viel leisten wie eine bruttospielertragsstärkere.
6.4
6.4.1
Der für die Berechnung der Sanktion nach
Art. 51 SBG
relevante Nettogewinn fällt umso höher aus, je tiefer die Spielbankenabgabe ist; wird nur der Nettogewinn bis zum Dreifachen multipliziert, fällt der Betrag der Sanktion daher bei Spielbanken mit tieferer Abgabenbelastung höher aus als bei Banken mit hoher Abgabenbelastung. Das von der ESBK vorgeschlagene Vorgehen würde diesen Unterschied zwar ausgleichen, insgesamt aber zu deutlich höheren Sanktionen führen, was - wie die Vorinstanz zu Recht ausgeführt hat (dort E. 6.3) - mit dem Gesetz nicht in Einklang zu bringen ist: Wenn
Art. 51 Abs. 1 Satz 1 SBG
auf den "Gewinn" abstellt, so ist damit nicht der Bruttospielertrag (d.h. Differenz zwischen Einsätzen und ausbezahlten Gewinnen,
Art. 41 Abs. 2 SBG
) gemeint, sondern der Nettogewinn (Urteil 2C_949/2010 vom 18. Mai 2010 E. 6.3.1); andernfalls machte Satz 2 von
Art. 51 Abs. 1 SBG
keinen Sinn, der vorschreibt, dass, wenn kein Gewinn vorliegt bzw. dieser nicht ermittelt oder geschätzt werden kann, die Belastung bis zu 20 Prozent des Bruttospielertrags im letzten Geschäftsjahr beträgt. Nur auf dem durch den Verstoss erzielten Gewinn sieht das Gesetz (maximal) eine Verdreifachung vor. Soweit der daraus resultierende Unterschied in der Sanktionshöhe als stossend und rechtsungleich zu gelten hat, muss dem durch eine flexible und angepasste Handhabung des Multiplikationsfaktors Rechnung getragen werden.
6.4.2
Dem Grundsatz, wonach der Gewinn als Differenz zwischen dem tatsächlichen und hypothetischen Vermögensstand des
BGE 140 II 384 S. 403
Verletzers mit und ohne die Pflichtverletzung zu verstehen ist, entspricht die von der Beschwerdeführerin vorgeschlagene Berechnungsweise. Danach soll für jede Abgabeperiode zuerst die Spielbankenabgabe einerseits auf dem gesamten Bruttospielertrag und andererseits auf dem Bruttospielertrag ohne den Anteil des Spielers berechnet werden. Die daraus resultierenden Differenzbeträge seien pro Kalenderjahr zu addieren und hernach vom Bruttospielertrag des Spielers in Abzug zu bringen, womit sich unter Berücksichtigung der Progression ein Abzug von 78,72 % statt dem von der ESBK angewendeten von 56,25 % ergebe. Die ESBK gestand der Beschwerdeführerin vor dem Bundesverwaltungsgericht zu, dass die Abgabe mit und ohne den durch den Spieler verursachten Bruttospielertrag berechnet werden müsse, wobei der Differenzbetrag anschliessend in Abzug zu bringen sei; es sei somit auf den Betrag abzustellen, den die Spielbank ohne den durch den Spieler unter Verletzung der Sorgfaltspflichten generierten Bruttospielertrag erzielt hätte. Die Vorinstanz hat diese Lösung abgelehnt, da sich eine Spielbank bei der Spielbankenabgabe gemäss
BGE 136 II 149
ff. eine Sorgfaltspflichtverletzung anrechnen lassen müsse. Damit solle verhindert werden, dass ihre Betreiberin nachträglich an anderer Stelle von einer Sorgfaltspflichtverletzung profitieren könne. Dieser Grundsatz gelte analog für die vorliegende Fallkonstellation. Zudem sei der Vorschlag der Beschwerdeführerin nicht praxistauglich, so etwa wenn für den gleichen Zeitraum ein weiterer Fall von Sorgfaltspflichtverletzungen bekannt werde (dort E. 6.5.1).
6.4.3
Der Hinweis der Vorinstanz auf
BGE 136 II 149
ff. überzeugt nicht: Das Bundesgericht hat erkannt, dass für die Bemessung der Spielbankenabgabe auch derjenige Bruttospielertrag, der auf sorgfaltspflichtwidriges Verhalten der Spielbank zurückgeht, zu berücksichtigen ist (dort E. 6). Das bedeutet im vorliegenden Fall, dass die von der Beschwerdeführerin geschuldete Spielbankenabgabe in den Jahren 2005 bis 2008 auf der Grundlage des Bruttospielertrags einschliesslich dem vom Spieler X. generierten Ertrag erhoben werden darf, da diesbezüglich eine Pflichtverletzung vorliegt (E. 5). Die bereits erhobene Abgabe ist rechtmässig, unabhängig von Rechtskraftüberlegungen. Daraus folgt allerdings nicht, dass bei der Bemessung des unrechtmässigen Gewinns der durchschnittliche Steuersatz heranzuziehen wäre. Auszugehen ist von der Überlegung, dass sich das pflichtwidrige Verhalten für die Spielbank nicht lohnen soll (Urteil 2C_949/2010 vom 18. Mai 2011 E. 6.2.2). Mit der Spielbankenabgabe wurde bereits ein Teil des unrechtmässigen höheren
BGE 140 II 384 S. 404
Bruttogewinns abgeschöpft (nämlich dieser Gewinn multipliziert mit dem anwendbaren Steuersatz). Mit dem Vorgehen der Vorinstanz würde ein Teil dieses bereits abgeschöpften Gewinns nochmals unter dem Titel der Sanktion erfasst, was gesetzwidrig erscheint.
6.4.4
Der Einwand bezüglich der fehlenden Praktikabilität ändert hieran nichts: Sollte später für den gleichen Zeitraum ein zweiter Fall bekannt werden, kann dafür die Rechnung neu erstellt und der zusätzlich bekannt gewordene Gewinn sanktionsweise erfasst werden. Das sollte keine grösseren Probleme stellen, da die Sanktion nicht für die einzelnen Spieler separat berechnet werden muss, sondern für die Spielbank gesamthaft. Zwar bringt die ESBK vernehmlassungsweise vor, bei der Ermittlung des Gewinns sei die Vorinstanz bereits von für die Beschwerdeführerin ausgesprochen günstigen Annahmen ausgegangen, es kann aber nicht - gewissermassen kompensatorisch - hierfür eine gesetzlich nicht vorgesehene Doppelbelastung auf dem ermittelten Gewinn gerechtfertigt werden. Die Spielbankenabgabe ist bei der Gewinnermittlung so zu berücksichtigen, dass einerseits vom effektiv erzielten Bruttogewinn (inkl. den vom Spieler X. generierten Betrag von Fr. 4'020'859.-) die tatsächlich bezahlte Spielbankenabgabe abgezogen wird, was den tatsächlichen Vermögensstand
mit
Pflichtverletzung ergibt. Andererseits ist vom rechtmässig erzielten Bruttogewinn (d.h. effektiv erzielter Bruttogewinn minus vom Spieler X. generierter Bruttogewinn) die Spielbankenabgabe abzuziehen, die auf diesem rechtmässigen Bruttogewinn geschuldet wäre, was den hypothetischen Vermögensstand
ohne
Pflichtverletzung ergibt. Nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Beschwerdeführerin und der ESBK beträgt die Differenz bei Berücksichtigung der erfassten (GwG-)Auszahlungen an den nicht als Durchschnittsspieler zu qualifizierenden X. auf den von ihm genutzten drei Spielapparaten Fr. 855'797.-. Formelhaft ausgedrückt gilt: (1) Bruttogewinn (total) minus Spielbankenabgabe (total); (2) Bruttogewinn (ohne Verstoss) minus Spielbankenabgabe (ohne Verstoss); die Differenz zwischen (1) und (2) bildet den Nettogewinn im Sinne von
Art. 51 Abs. 1 SBG
, welcher Grundlage für die anschliessende Multiplikation mit den Faktoren 1 bis 3 bildet (vgl. sogleich E. 7). Soweit die ESBK geltend macht, es sei von einem relevanten Bruttospielertrag von Fr. 5'413'108.- statt Fr. 4'020'525.- auszugehen, legt sie nicht dar, inwiefern die diesbezüglich abweichende Sachverhaltsfeststellung im angefochtenen Entscheid offensichtlich unhaltbar wäre (
Art. 105 Abs. 2 BGG
), weshalb von diesem auszugehen ist.
BGE 140 II 384 S. 405
7.
7.1
Die Höhe der Sanktion ist maximal das Dreifache des durch den Verstoss erzielten (Netto-)Gewinns. In ihrer vom Bundesgericht bestätigten (Urteil 2C_949/2010 vom 18. Mai 2011 E. 6.2.2.) Praxis unterscheidet die ESBK zwecks einheitlicher und nachvollziehbarer Vorgehensweise nach der Schwere des Verstosses vier Kategorien und bemisst die Sanktion nach der Höhe des bezifferbaren Gewinns, multipliziert mit einem Faktor, der für jede dieser Kategorien einen bestimmten Rahmen umfasst (einfache Ordnungswidrigkeit: Faktor 1,0 bis 1,5; leichter Verstoss: Faktor 1,25 bis 1,75; mittelschwerer Verstoss: Faktor 1,5 bis 2,0; schwerer Verstoss: Faktor 1,75 bis 3,0).
7.2
7.2.1
Die ESBK ist vorliegend von einem mittelschweren Verstoss ausgegangen und hat den Multiplikationsfaktor auf 1,75 festgelegt. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Einschätzung bestätigt: Der Sozialschutz als zentrales Ziel der Spielbankengesetzgebung sei durch die Pflichtverletzung der Beschwerdeführerin in nicht leichtzunehmender Weise gefährdet worden; eine Sperre sei trotz klarer Hinweise während rund dreier Jahre unterblieben; in diesem Zeitraum seien dem Spieler rund 24,5 Mio. Franken ausbezahlt worden, ohne dass die Beschwerdeführerin Finanzunterlagen eingeholt hätte. Umgekehrt habe sie sich aber stets kooperationsbereit gezeigt; ihre Mitarbeiter hätten davon ausgehen können, dass der Spieler ein Gewinnertyp gewesen sei; zudem sei er ein atypischer Spieler gewesen, sodass es durchaus möglich erscheine, dass er durch die Maschen des Kontrollnetzes habe fallen können. In Gewichtung aller Umstände sei die ESBK zu Recht von einem mittelschweren Verstoss ausgegangen und der Faktor von 1,75 erscheine gerechtfertigt.
7.2.2
Die Beschwerdeführerin beanstandet, die Vorinstanz habe völlig ausser Acht gelassen, dass im damaligen Zeitpunkt davon auszugehen war, dass die GwG-Daten zum Zweck des Sozialschutzes nicht verwendet werden dürften. Es trifft zu, dass sich die Vorinstanz mit dieser bereits bei ihr erhobenen Rüge nicht auseinandergesetzt und auch keine entsprechenden Feststellungen getroffen hat. Diese lassen sich jedoch aus den Akten vervollständigen (
Art. 105 Abs. 2 BGG
): Daraus ergibt sich, dass sich sowohl der Casinoverband wie auch die ESBK im Jahre 2006 mit der Frage auseinandergesetzt hatten, ob die GwG-Daten für den Sozialschutz verwendet werden dürften; aus den dazu eingeholten Stellungnahmen des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten ergab sich nicht, dass die Verwendung der GwG-Daten für den Sozialschutz als unzulässig
BGE 140 II 384 S. 406
erachtet wurde; der Datenschutzbeauftragte bezeichnete zwar eine zusätzliche gesetzliche Regelung als wünschenswert, wies aber de lege lata auf den Rechtfertigungsgrund von
Art. 13 DSG
hin. Die Beschwerdeführerin hat in ihrem Schreiben an die ESBK vom 27. Februar 2006 selber dargelegt, die GwG-Unterlagen seien ein weiterer und ergänzender Erkennungsweg, der einen Hinweis auf regelmässige Auszahlungen und Besuche gebe; im Falle einer Zuhilfenahme der GwG-Daten führe eine hohe Auszahlungsfrequenz zu einer Aufnahme der Früherkennung; die dazu benötigten Informationen würden in Zusammenarbeit mit der Finanzabteilung intern genutzt; die Handhabung geschehe unter strengster Einhaltung des Datenschutzes. Auch in ihrer im Rahmen des hängigen Verfahrens abgegeben Stellungnahme an die ESBK vom 8. März 2011 führte die Beschwerdeführerin aus, die im Jahre 2006 erfolgte Einschätzung des Spielers X. habe "auf den Wahrnehmungen der Mitarbeiter sowie den GWG- Unterlagen" basiert.
7.2.3
Gestützt hierauf ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin bereits früher die GwG-Unterlagen effektiv auch im Rahmen der Anwendung des Sozialkonzepts verwendete und ihr somit die hohe Zahl der Anwesenheitstage und die sehr hohen Auszahlungsbeträge nicht nur bekannt sein mussten, sondern auch bekannt waren. Sie hat zwar einige Abklärungen getroffen, diese haben aber nicht zu den gebotenen Massnahmen geführt. Vor allem angesichts der sehr langen Dauer der Pflichtverletzung ist die Einstufung als mittelschwerer Verstoss und die Festsetzung des Faktors auf 1,75 vertretbar. Selbst bei der Annahme eines leichten Verstosses wäre dieser im oberen Bereich anzusiedeln und der Multiplikationsfaktor 1,75 gerechtfertigt.
8.
8.1
Der von der Beschwerdeführerin gestützt auf den Verstoss gegen ihre spielbankenrechtlichen Pflichten im Fall des Spielers X. erzielte Gewinn beträgt Fr. 855'797.- (vorne E. 6.4.4). Zur Berechnung der geschuldeten Sanktion ist dieser Betrag mit dem Faktor 1,75 zu multiplizieren, was Fr. 1'497'645.- ergibt. Die angefochtene Verwaltungssanktion ist von Fr. 3'078'000.- auf diesen Betrag zu reduzieren (
Art. 107 Abs. 2 BGG
). Nicht beanstandet und nicht zu verändern ist die von der ESBK auferlegte Verfügungsgebühr, deren Betrag nicht von der Höhe der Sanktion, sondern von dem mit dem Verfahren verbundenen Zeitaufwand bzw. den erforderlichen Sachkenntnissen abhängt (
Art. 53 Abs. 3 SBG
;
Art. 113 VSBG
). | mixed |
2fa407d8-d6fd-4b6f-b02f-326bbef18cc1 | Sachverhalt
ab Seite 145
BGE 122 IV 145 S. 145
En août 1991, B., qui a une formation de serrurier, mais n'est pas titulaire d'un certificat fédéral de capacité, a été chargé par son employeur d'installer un portillon dans la porte coulissante du garage souterrain d'un immeuble d'habitation en propriété par étage. Il a été retenu que B. a réalisé le portillon conformément aux instructions reçues, même s'il a effectué les travaux avec une certaine autonomie. Aucun dispositif de sécurité empêchant le fonctionnement de la porte en cas d'ouverture du portillon n'a été mis en place.
A aucun moment, B. ou les autres intervenants n'ont imaginé que l'installation présentait des dangers pour l'intégrité corporelle ou pour la vie d'autrui.
Le 11 mai 1992, une enfant âgée de quatre ans s'est amusée avec la porte coulissante du garage et le portillon. Elle a probablement ouvert le portillon pendant que la porte du garage était en train de se fermer, ce qui a eu pour effet de provoquer l'ouverture automatique de la porte. L'enfant s'est alors retrouvée coincée entre le bord du portillon et le mur
BGE 122 IV 145 S. 146
latéral en béton le long duquel la porte du garage coulissait dans le sens de l'ouverture. La fillette est morte asphyxiée, la porte lui ayant écrasé le thorax contre la paroi de béton.
Par jugement du 24 juillet 1995, le Tribunal correctionnel du district d'Aigle a notamment libéré B. des accusations d'homicide par négligence. Statuant le 22 août 1995 sur recours du Ministère public cantonal, la Cour de cassation pénale du Tribunal cantonal vaudois a confirmé le jugement attaqué.
Contre cet arrêt, le Ministère public du canton de Vaud s'est pourvu en nullité à la Cour de cassation du Tribunal fédéral. Erwägungen
Considérant en droit:
1.
(Recevabilité).
2.
Le danger a été créé par l'installation d'un portillon dans la porte coulissante d'un garage. Il n'est donc pas nécessaire de se demander si l'intimé se trouvait dans une position de garant. En effet, ce n'est que lorsque l'on reproche à l'auteur une pure omission que l'exigence d'une position de garant intervient, afin de déterminer dans quelle mesure il existait un devoir juridique d'agir (
ATF 121 IV 10
consid. 2b,
ATF 117 IV 130
consid. 2a). Dès qu'une action a contribué à créer ou à accroître le danger à l'origine du résultat, il convient de considérer que c'est une action qui a causé l'infraction (principe de la subsidiarité,
ATF 115 IV 199
consid. 2 et les références citées). En conséquence, la culpabilité de l'intimé doit être envisagée au regard de ses actes, indépendamment du fait qu'il ait eu ou non une position de garant (cf.
ATF 121 IV 10
consid. 2b).
Le raisonnement de l'autorité cantonale, selon lequel la responsabilité pénale de l'intimé ne saurait être engagée au motif qu'il n'avait pas une position de garant, ne peut donc être suivi. Toutefois, le pourvoi en nullité n'est pas ouvert pour se plaindre seulement de la motivation de la décision attaquée (
ATF 119 IV 145
consid. 2c p. 152,
ATF 118 IV 233
consid. 2c p. 239,
ATF 116 IV 288
consid. 2c p. 292,
ATF 101 IV 327
consid. 2d), de sorte qu'il faut encore examiner si la libération de l'intimé de l'accusation d'homicide par négligence ne se justifie pas pour d'autres motifs, non envisagés par l'autorité cantonale.
3.
Le recourant soutient que l'autorité cantonale a violé le droit fédéral en libérant l'intimé, alors que tous les éléments constitutifs de l'homicide par négligence au sens de l'article 117 CP sont réunis.
BGE 122 IV 145 S. 147
Selon l'article 117 CP, "celui qui, par négligence, aura causé la mort d'une personne sera puni de l'emprisonnement ou de l'amende". A la lecture de cette disposition, l'homicide par négligence suppose la réunion de trois conditions: le décès d'une personne, une négligence et un lien de causalité entre la négligence et la mort (CORBOZ, L'homicide par négligence, SJ 1994 p. 169 ss, 169).
a) La première condition est réalisée, dès lors qu'une fillette est décédée, après avoir emprunté le portillon, pendant que la porte coulissante du garage était en mouvement.
b) L'article 18 al. 3 CP donne une définition de la négligence: "celui-là commet un crime ou un délit par négligence, qui, par une imprévoyance coupable, agit sans se rendre compte ou sans tenir compte des conséquences de son acte. L'imprévoyance est coupable quand l'auteur de l'acte n'a pas usé des précautions commandées par les circonstances et par sa situation personnelle".
aa) Pour qu'il y ait homicide par négligence, il faut tout d'abord que l'auteur ait d'une part violé les règles de prudence que les circonstances lui imposaient pour ne pas excéder les limites du risque admissible et que, d'autre part, il n'ait pas déployé l'attention et les efforts que l'on pouvait attendre de lui pour se conformer à son devoir (
ATF 116 IV 306
consid. 1a et les références citées, confirmé notamment à l'
ATF 122 IV 17
consid. 2b). Pour déterminer plus précisément quels étaient les devoirs imposés par la prudence, on peut se référer à des normes édictées par l'ordre juridique pour assurer la sécurité et éviter des accidents; à défaut de dispositions légales ou réglementaires, on peut se référer à des règles analogues qui émanent d'associations privées ou semi-publiques lorsqu'elles sont généralement reconnues (
ATF 122 IV 17
consid. 2b/aa et les arrêts cités). La violation des devoirs de la prudence peut aussi être déduite des principes généraux, si aucune règle spéciale de sécurité n'a été violée (
ATF 106 IV 80
consid. 4b confirmé notamment aux
ATF 122 IV 17
consid. 2b/aa,
ATF 121 IV 10
consid. 3, 207 consid. 2a, 286 consid. 3 p. 290). Un comportement viole le devoir de prudence lorsque l'auteur, au moment des faits, aurait pu, compte tenu de ses connaissances et de ses capacités, se rendre compte de la mise en danger d'autrui et qu'il a simultanément dépassé les limites du risque admissible (ATF
ATF 121 IV 10
consid. 3, 207 consid. 2a, 286 consid. 3,
ATF 118 IV 130
consid. 3). C'est donc en fonction de la situation personnelle de l'auteur que l'on doit apprécier son devoir de diligence (
ATF 99 IV 127
consid. 2c; cf. CORBOZ, op.cit., p. 187; REHBERG, Strafrecht I, Zurich 1993, p. 206; STRATENWERTH, Allg. Teil I, Berne 1996,
BGE 122 IV 145 S. 148
p. 438 s. no 16). Peu importe toutefois que l'auteur ait pu ou dû prévoir que les choses se passeraient exactement comme elles ont eu lieu (
ATF 79 IV 165
p. 170 s. confirmé notamment aux
ATF 115 IV 199
consid. 5c,
ATF 99 IV 127
consid. 2c p. 132,
ATF 98 IV 11
consid. 4 p. 17 s.). S'il y a eu violation des règles de la prudence, encore faut-il que celle-ci puisse être imputée à faute, c'est-à-dire que l'on puisse reprocher à l'auteur, compte tenu de ses circonstances personnelles, d'avoir fait preuve d'un manque d'effort blâmable (
ATF 122 IV 17
consid. 2b/ee p. 22,
ATF 121 IV 207
consid. 2a p. 211 s. et les références citées).
bb) En l'espèce, les normes de sécurité en vigueur, tant au moment de l'installation du portillon qu'à l'époque de l'accident, prévoyaient que le déplacement des portes motorisées munies d'un portillon ne devait être possible qu'en cas de fermeture de celui-ci (cf. art. 2.5.6 des règles no 1511 relatives aux portes coulissantes et basculantes établies par la CNA en 1962, remplacé par l'art. 5.20 des règles no 1511 relatives aux portes, portails et fenêtres établies par la Commission fédérale de coordination pour la sécurité au travail en 1992). Même s'il fallait considérer que ces normes de sécurité ne sont pas opposables à l'intimé, les règles générales de la prudence imposaient de prendre les mesures nécessaires, afin que le portillon installé ne représente pas un danger pour les tiers. La création de ce portillon constitue donc bien, d'un point de vue objectif, une violation des devoirs de prudence.
Il faut ensuite se demander si cette violation objective des devoirs de prudence peut être imputée à l'intimé. L'examen de cette question revient à déterminer si celui-ci, en fonction de sa situation personnelle, pouvait se rendre compte que le portillon, tel qu'il l'avait installé, mettait en danger autrui. L'intimé, qui n'est pas titulaire d'un certificat fédéral de capacité, a une formation de serrurier, de sorte qu'il ne possède pas les connaissances techniques spécifiques en matière de portes coulissantes. De plus, ce n'est qu'après avoir installé le portillon avec une ouverture vers l'extérieur que l'intimé s'est immédiatement aperçu que les gonds du portillon frottaient sur le mur latéral lorsque la porte était en mouvement et que, si le portillon restait ouvert, il risquait de heurter le mur en béton le long duquel la porte du garage coulissait. Le fait que l'intimé n'ait remarqué de tels défauts qu'une fois le portillon mis en place, mais qu'il n'y ait pas pensé avant le montage démontre son inexpérience en la matière; il révèle également son incapacité à imaginer les difficultés ou les risques que ce genre d'installation est susceptible de créer, avant que
BGE 122 IV 145 S. 149
ceux-ci ne surviennent effectivement. Enfin, il découle des faits retenus - qui lient la Cour de cassation (
art. 277bis PPF
) - que, même s'il a effectué les travaux avec une certaine autonomie, l'intimé a réalisé le portillon conformément aux instructions reçues. Il a donc agi en tant que simple travailleur, exécutant les ordres de son employeur. Par conséquent, compte tenu de son manque de formation professionnelle, de son inexpérience en la matière et de son rôle de subordonné, on ne peut faire grief à l'intimé de ne pas avoir envisagé que l'installation pouvait se révéler dangereuse pour la vie ou l'intégrité corporelle d'autrui.
Comme l'intimé ne peut se voir reprocher une violation fautive de son devoir de prudence, son comportement ne tombe pas sous le coup de l'article 117 CP.
Partant, en libérant l'intimé au motif que celui-ci n'a pas commis de négligence, la cour cantonale n'a pas violé le droit fédéral, de sorte que le pourvoi doit être rejeté.
4.
(Frais). | mixed |
4c9faa6d-8ab4-4525-96e5-d2d38a1203bb | Sachverhalt
ab Seite 145
BGE 131 IV 145 S. 145
A.
Le 30 janvier 2001, Y. circulait sur le quai de Cologny en direction de Vésenaz, au volant d'un fourgon. Alors qu'il était en train de dépasser un véhicule qui se trouvait sur la voie de droite, il n'a pas remarqué que celui-ci avait ralenti pour laisser passer un piéton, D., qui s'était normalement engagé sur le passage pour piétons. Malgré un freinage d'urgence, il n'a pu immobiliser son fourgon à temps et a heurté le piéton avec l'avant droit de son véhicule.
Grièvement blessé, D. a souffert de douleurs dorsales et d'une fracture du pied gauche, ayant entraîné par la suite une gangrène de ce pied. Il est décédé le 14 février 2001. Selon le rapport d'autopsie de l'Institut universitaire de médecine légale, daté du lendemain, "[son] décès est la conséquence d'une extension fraîche d'un
BGE 131 IV 145 S. 146
infarctus ancien du myocarde, l'infarctus [étant] survenu dans le contexte de soins suite à un traumatisme grave subi deux semaines avant le décès". Les conclusions des examens complémentaires effectués à la suite de l'autopsie indiquent que le décès n'est pas la conséquence directe ou suivie du traumatisme précité, lequel a toutefois joué un rôle déclenchant dans le processus menant au décès.
B.
Par ordonnance de condamnation du 17 décembre 2002, le Procureur général du canton de Genève a condamné Y. pour lésions corporelles par négligence (
art. 125 al. 1 et 2 CP
) à la peine de six mois d'emprisonnement avec sursis pendant trois ans. Il l'a en revanche expressément libéré du chef d'inculpation d'homicide par négligence, estimant que le lien de causalité adéquate entre l'accident du 30 janvier 2001 et le décès de D. faisait défaut. Il a considéré en effet que la détérioration de l'état de santé de la victime ayant mené à son décès n'était pas imputable à Y., dès lors que celle-ci souffrait d'une maladie coronarienne sévère, d'une pathologie de l'aorte ascendante associée à une insuffisance rénale, d'une hypertension artérielle et d'un trouble de la conduction majeure. Les droits des parties civiles ont été réservés.
Le 20 décembre 2002, A., l'épouse de D., et ses deux filles, B. et C., ont fait opposition à l'ordonnance précitée, concluant à la condamnation de Y. pour homicide par négligence et demandant au Tribunal de police de Genève de retenir leurs conclusions civiles, qui étaient chiffrées s'agissant des indemnités pour tort moral et réservées pour le surplus. Le Tribunal de police a déclaré irrecevables les conclusions des parties civiles par décision du 26 mai 2003, qui a été confirmée par arrêt du 27 octobre 2003 de la Chambre pénale de la Cour de justice genevoise.
Statuant le 26 février 2004 sur le pourvoi des parties civiles, le Tribunal fédéral a annulé l'arrêt cantonal, considérant que les parties civiles ne pouvaient être privées par le droit cantonal du droit d'exiger en application de l'
art. 8 al. 1 let. b LAVI
une décision judiciaire sur la question de l'homicide par négligence et, en particulier, sur celle du lien de causalité entre l'accident et le décès de D. (
ATF 130 IV 90
).
C.
A la suite de l'arrêt du Tribunal fédéral, la Chambre pénale de la Cour de justice genevoise a transmis le 28 juin 2004 le dossier à la Chambre d'accusation genevoise, afin que cette dernière se
BGE 131 IV 145 S. 147
prononce sur le classement partiel de l'infraction d'homicide par négligence contenu dans l'ordonnance de condamnation.
Par ordonnance du 27 septembre 2004, la Chambre d'accusation s'est déclarée incompétente pour statuer, à défaut d'existence d'une décision de classement et a acheminé le dossier au Procureur général afin qu'il se détermine sur un éventuel classement partiel.
Par ordonnance du 13 octobre 2004, le Procureur général a classé partiellement la procédure "en ce qui concerne l'inculpation du chef d'homicide par négligence", faute de prévention pénale suffisante.
Statuant le 22 décembre 2004 sur recours de A., de B. et de C. et sur recours joint de Y., la Chambre d'accusation a annulé l'ordonnance de classement partiel du Procureur général et prononcé un non-lieu en faveur de Y.
D.
Contre cette ordonnance, A., B. et C. déposent un pourvoi en nullité au Tribunal fédéral.
Appelés à se déterminer, l'intimé et le Ministère public genevois concluent au rejet du pourvoi.
Le Tribunal fédéral a admis le pourvoi en nullité. Erwägungen
Extrait des considérants:
II. Pourvoi en nullité
5.
Les recourantes reprochent à l'autorité cantonale d'avoir nié l'existence d'un lien de causalité adéquate entre l'accident de la circulation et l'infarctus de D.
5.1
La causalité est adéquate lorsque le comportement de l'auteur était propre, d'après le cours ordinaire des choses et l'expérience de la vie, à entraîner un résultat du genre de celui qui s'est produit (
ATF 127 IV 34
consid. 2a p. 39).
La causalité adéquate dépend d'une
prévisibilité objective
: il faut se demander si un tiers observateur neutre, voyant l'auteur agir dans les circonstances où il a agi, pourrait prédire que le comportement considéré aurait très vraisemblablement les conséquences qu'il a effectivement eues, quand bien même il ne pourrait pas prévoir le déroulement de la chaîne causale dans ses moindres détails (
ATF 122 IV 145
consid. 3b/aa p. 148). L'acte doit être propre, selon une appréciation objective, à entraîner un tel résultat ou à en
BGE 131 IV 145 S. 148
favoriser l'avènement, de telle sorte que la raison conduit naturellement à imputer le résultat à la commission de l'acte.
5.2
La causalité adéquate sera admise même si le comportement de l'auteur n'est pas la cause directe ou unique du résultat. Peu importe que le résultat soit dû à d'autres causes, notamment à l'état de la victime, à son comportement ou à celui de tiers (GRAVEN, L'infraction pénale punissable, 2
e
éd., Berne 1995, p. 92).
Il n'y aura rupture du lien de causalité adéquate, l'enchaînement des faits perdant alors sa portée juridique, que si une autre cause concomitante, par exemple une force naturelle, le comportement de la victime ou d'un tiers, constitue une circonstance tout à fait exceptionnelle ou apparaît si extraordinaire que l'on ne pouvait pas s'y attendre. L'imprévisibilité d'un acte concurrent ne suffit pas en soi à interrompre le rapport de causalité adéquate. Il faut encore que cet acte ait une importance telle qu'il s'impose comme la cause la plus probable et la plus immédiate de l'événement considéré, reléguant à l'arrière-plan tous les autres facteurs qui ont contribué à l'amener, et notamment le comportement de l'auteur (
ATF 122 IV 17
consid. 2c/bb p. 23 et les arrêts cités).
5.3
Selon la doctrine et la jurisprudence,
BGE 131 IV 145 S. 149
un état de santé déficient ou une prédisposition chez la victime ne constitue pas une circonstance propre à rompre le lien de causalité. L'auteur sera tenu pour coupable d'homicide par négligence du moment que sa faute a joué un rôle causal, même partiel, dans le décès de cette victime (HURTADO POZO, Droit pénal, Partie générale II, Zurich 2002, p. 48, n. 145; GRAVEN, op. cit., p. 92). C'est ainsi que l'automobiliste qui blesse mortellement un piéton cause la mort de la victime même si cette dernière a saigné à mort parce qu'elle était hémophile (HURTADO POZO, op. cit.) ou qu'elle est décédée à la suite de complications entraînées par la perte d'un rein (urémie) (arrêt du Tribunal supérieur du canton d'Argovie du 21 août 1972, Aargauische Gerichts- und Verwaltungsentscheide [AGVE] 1972 p. 129, résumé au JdT 1974 I p. 491). De même, des complications opératoires telles qu'une embolie ou une pneumonie qui, sans être habituelles, ne sont pas totalement exceptionnelles ne suffisent pas à rompre le lien de causalité entre les lésions résultant d'un accident de la circulation et le décès du blessé (arrêt du Tribunal d'appel du canton de Bâle du 29 septembre 1995, BJM 1996 p. 204).
En France également, la doctrine et la jurisprudence pénales admettent que, si la négligence initiale du prévenu se conjugue avecun état de santé déficient ou une prédisposition chez la victime, le prévenu est alors tenu pour coupable d'homicide involontaire, du moment que sa faute a joué un rôle causal partiel dans le décès de cette victime (MERLE/VITU, Traité de droit criminel, Droit pénal spécial, Paris 1982, n. 1790, p. 1450). Il en va de même en Italie, en Allemagne et en Autriche (LATTANZI, Codice penale, annotato con la giurisprudenza, 2
e
éd., Milan 2001, n. 3, art. 589, p. 1381; BURKHARD JÄHNKE, StGB, Leipziger Kommentar, Grosskommentar, 11
e
éd. 1999, n. 8, § 222; FOREGGER/NOWAKOWSKI, Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch, n. 68, § 80). Enfin, en droit civil suisse, la prédisposition constitutionnelle n'interrompt pas le lien de causalité, mais doit être prise en considération lors du calcul du dommage ou de la fixation des dommages-intérêts (
ATF 131 III 12
).
5.4
En l'occurrence, il a été retenu que l'intimé a renversé D., qu'à la suite du choc, celui-ci a souffert d'un écrasement et d'une fracture du pied gauche, qu'il a ultérieurement développé une gangrène du pied gauche nécessitant son amputation et qu'il est mort "dans le contexte de soins suite à un traumatisme grave subi deux semaines avant le décès". Dans ces circonstances, l'accident cardiaque semble être la conséquence objectivement prévisible de la gangrène du pied, entraînée par l'accident de la circulation. Lorsque l'intimé soutient que le décès de D. est dû au seul infarctus ancien du myocarde et serait survenu même sans l'accident, il s'écarte de l'état de fait cantonal, puisqu'il a été constaté que l'accident a joué un rôle déclenchant dans le processus menant au décès. Contrairement à ce que semble soutenir l'autorité cantonale, la santé fragile de D. ne constitue pas un facteur propre à rompre le lien de causalité adéquate. Il ne ressort au demeurant pas de l'état de fait cantonal qu'un autre fait aurait interrompu le lien de causalité, de sorte que la causalité adéquate ne peut être niée. | mixed |
5aae7026-3366-4943-8833-6741f21ef1c1 | Sachverhalt
ab Seite 498
BGE 139 III 498 S. 498
A.
In der von der X. AG gegen Y. erhobenen Betreibung Nr. x (Zahlungsbefehl vom 13. Dezember 2012 des Betreibungsamtes Sirnach) für eine Forderung von Fr. 536'696.20 nebst Kosten erhob der Schuldner Rechtsvorschlag mit der Anmerkung "kein Einkommen - kein Vermögen". Das Betreibungsamt übermittelte den Rechtsvorschlag am 14. Januar 2013 gestützt auf
Art. 265a SchKG
dem Bezirksgericht Münchwilen, da der Schuldner Rechtsvorschlag mit der Begründung erhoben habe, er sei nicht zu neuem Vermögen
BGE 139 III 498 S. 499
gekommen. Mit Verfügung vom 21. Januar 2013 verpflichtete das Bezirksgericht (Vizepräsidium) die X. AG, bis zum 5. Februar 2013 einen Kostenvorschuss von Fr. 900.- zu bezahlen; bei Säumnis werde "auf das Gesuch nicht eingetreten".
B.
Die X. AG erhob am 24. Januar 2013 Beschwerde beim Obergericht des Kantons Thurgau und beantragte, die Parteirollen seien zu tauschen und es sei Y. zur Bezahlung des Kostenvorschusses zu verpflichten. Mit Entscheid vom 6. März 2013 wies das Obergericht die Beschwerde ab. Zur Begründung hielt es unter Hinweis auf die kantonale Praxis fest, dass im Verfahren nach
Art. 265a Abs. 1 SchKG
der Gläubiger kostenvorschusspflichtig sei.
C.
Mit Eingabe vom 22. April 2013 hat die X. AG Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Die Beschwerdeführerin beantragt, der Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 6. März 2013 sei aufzuheben und in der vor Bezirksgericht hängigen Sache sei Y. (Beschwerdegegner) als Kläger aufzuführen und ihm der Kostenvorschuss aufzuerlegen. (...)
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde in Zivilsachen gut.
(Auszug) Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Anlass zur Beschwerde gibt die Verfügung des Bezirksgerichts, mit welcher von der Beschwerdeführerin als Gläubigerin ein Kostenvorschuss verlangt wird, um über die Bewilligung des vom Schuldner erhobenen Rechtsvorschlages wegen fehlenden neuen Vermögens zu entscheiden.
2.1
Zu Recht steht fest, dass der Entscheid über das Vorliegen neuen Vermögens (Art. 265a Abs. 1 bis 3 SchKG) im summarischen Verfahren gefällt wird (
Art. 251 lit. d ZPO
) und das Gericht von der klagenden Partei einen Vorschuss bis zur Höhe der mutmasslichen Gerichtskosten verlangen kann (
Art. 98 ZPO
). Klagende Partei ist, wer vom Gericht die Prüfung eines Rechtsanspruchs bzw. eines Entscheides beantragt (vgl. u.a. URWYLER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kommentar, 2011, N. 3 zu
Art. 98 ZPO
). Das Obergericht erachtet die Beschwerdeführerin bzw. Gläubigerin als "klagende Partei" und damit kostenvorschusspflichtig, weil sie um Fortsetzung der Betreibung durch Rechtsöffnung ersuche. Die Beschwerdeführerin macht im Wesentlichen eine Verletzung von
BGE 139 III 498 S. 500
Art. 98 ZPO
,
Art. 265a SchKG
sowie
Art. 9 BV
geltend. Entsprechend der Praxis in anderen Kantonen und dem Verfahren um Bewilligung des Rechtsvorschlages in der Wechselbetreibung sei der Schuldner, welcher das gerichtliche Bewilligungsverfahren mit seiner Begründung des Rechtsvorschlages auslöse, kostenvorschusspflichtig.
2.2
Erhebt der Schuldner Rechtsvorschlag mit der Begründung, er sei nicht zu neuem Vermögen gekommen, so legt das Betreibungsamt den Rechtsvorschlag dem Richter des Betreibungsortes vor, welcher die Parteien anhört und entscheidet (
Art. 265a Abs. 1 SchKG
). Das Bundesgericht hat zur Zuweisung der Parteirollen an den Betreibenden bzw. den Betriebenen, welche für die Kostenvorschusspflicht massgebend ist, bis anhin nicht Stellung genommen.
2.2.1
In der Lehre ist umstritten, ob der Gläubiger oder der Schuldner den Kostenvorschuss leisten muss, den der Richter für seinen Entscheid nach
Art. 265a Abs. 1 SchKG
erheben kann. Nach Ansicht eines Teils der Autoren tritt - wie bei der Rechtsvorschlagsbewilligung in der Wechselbetreibung (
Art. 181 SchKG
) - der Schuldner als Gesuchsteller auf und kommt diesem die Klägerrolle zu: Wenn der Schuldner den Kostenvorschuss nicht leistet, verzichtet er auf die Prüfung der Begründetheit des Rechtsvorschlages wegen fehlenden neuen Vermögens und es wird auf seinen Rechtsvorschlag nicht eingetreten (vgl. BRÖNNIMANN, Neuerungen bei ausgewählten Klagen des SchKG, ZSR 1996 I S. 228; GASSER, Ein Jahr revidiertes SchKG [...], in: Der Schweizerische Treuhänder [ST] 1998 S. 20; FÜRSTENBERGER, Einrede des mangelnden und Feststellung des neuen Vermögens [...], 1999, S. 72, 80; HUBER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 21 zu
Art. 83 SchKG
; MARCHAND, Précis de droit des poursuites, 2. Aufl. 2013, S. 199). Nach anderer Auffassung steht nicht die Bewilligung, sondern - wie bei der Rechtsöffnung - die Beseitigung des Rechtsvorschlages im Vordergrund: Wenn der Gläubiger den Kostenvorschuss nicht leistet, verzichtet er auf die Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsvorschlages wegen fehlenden neuen Vermögens (vgl. JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 4. Aufl. 1997/99, N. 2 zu
Art. 265a SchKG
; ANGST, Übersicht über die Rechtsprechung zum neuen SchKG, BlSchK 1997 S. 206; GUT/RAJOWER/SONNENMOSER, Rechtsvorschlag mangels neuen Vermögens, AJP 1998 S. 532; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la
BGE 139 III 498 S. 501
faillite, Bd. III, 2001, N. 14 zu
Art. 265a SchKG
; SPAHR, Prozessuales zum Bewilligungsverfahren nach
Art. 265a SchKG
[...], BlSchK 2004 S. 125 f.; JEANDIN, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 18 zu
Art. 265a SchKG
; NÄF, in: SchKG, Kurzkommentar, 2009, N. 7 zu
Art. 265a SchKG
). Die kantonale Praxis betreffend Kostenvorschusspflicht geht (entsprechend den Lehrmeinungen) in verschiedene Richtungen (zulasten des Schuldners Basel-Landschaft [BlSchK 2003 Nr. 16 S. 93], Zürich [ZR 2004 Nr. 7 S. 23], Schaffhausen [SJZ 2004 S. 443], Aargau [Zeitschrift für kantonale Rechtsprechung, CAN 2012 Nr. 4 S. 24], Wallis [Zeitschrift für Walliser Rechtsprechung, ZWR 2013 S. 198]; zulasten des Gläubigers Thurgau [BlSchK 2000 Nr. 26 S. 104], Jura [Urteil des Kantonsgerichts CC 15/2013 vom 28. Februar 2013]).
2.2.2
Dem Gesetzestext von
Art. 265a Abs. 1 SchKG
lässt sich selber nichts über die Zuweisung der Parteirollen an den Betreibenden bzw. den Betriebenen entnehmen. Die am 1. Januar 1997 in Kraft getretene Revision des SchKG hat dem Schuldner nach einem Konkurs die Möglichkeit belassen, einer Betreibung durch einfach begründeten Rechtsvorschlag ("kein neues Vermögen") entgegenzutreten. Hingegen wurde das Verfahren zur Feststellung neuen Vermögens des Schuldners neu (durch Vorschaltung einer summarischen Prüfung) zweistufig geordnet; Ziel war dabei die Besserstellung des Gläubigers im gerichtlichen Verfahren (Botschaft vom 8. Mai 1991 über die Änderung des SchKG, BBl 1991 III 1, 158 Ziff. 207.63). In den eidgenössischen Räten wurde vorgeschlagen, dass das Betreibungsamt die Überweisung des begründeten Rechtsvorschlages an den Richter nur auf Antrag des Gläubigers vornehmen soll; der Vorschlag fand keine Zustimmung (AB 1993 N 38 f.; 1993 S 655). Nach früherem Recht lag die Initiative, das Vorliegen neuen Vermögens gerichtlich feststellen zu lassen, beim Gläubiger (vgl. aArt. 265 Abs. 3 SchKG; u.a. FAVRE, Droit de poursuite, 3. Aufl. 1974, S. 353). Die neue Regelung hat in einer ersten Phase die Rollen getauscht (BRÖNNIMANN, a.a.O.): Der Schuldner muss sich den Rechtsvorschlag richterlich bewilligen lassen (vgl.
Art. 265a Abs. 2 SchKG
). Dies spricht eher dafür, im Schuldner die klagende Partei zu sehen, weil er durch den begründeten Rechtsvorschlag den Richter anruft und einen Entscheid beantragt.
2.2.3
Unverkennbar ist der Zusammenhang mit der Regelung des Rechtsvorschlages in der Wechselbetreibung (
Art. 179 ff. SchKG
), an welcher sich die Bestimmung von
Art. 265a Abs. 1 SchKG
BGE 139 III 498 S. 502
orientiert (GASSER, a.a.O.; vgl.
Art. 181 SchKG
). Hier wie dort muss der Schuldner um Bewilligung des Rechtsvorschlages ersuchen und wird der Rechtsvorschlag automatisch dem Richter vorgelegt. In der Wechselbetreibung kommt dem Schuldner nach praktisch einhelliger Meinung die Klägerrolle zu, weil sein Rechtsvorschlag die Anrufung des Richters herbeiführt (DALLÈVES, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 18 zu
Art. 181 SchKG
; gl.M. JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, a.a.O., N. 8 zu
Art. 181 SchKG
; ROTH, in: SchKG, Kurzkommentar, 2009, N. 3 zu
Art. 181 SchKG
; BAUER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 12 zu
Art. 181 SchKG
; a.M. GILLIÉRON, a.a.O., N. 10 f. zu
Art. 181 SchKG
). Dieses mit
Art. 265a Abs. 1 SchKG
vergleichbare Bewilligungs- und Vorlageverfahren legt ebenfalls nahe, die Klägerrolle eher beim Schuldner als beim Gläubiger zu sehen.
2.2.4
Ausschlaggebend für die Zuweisung der Parteirollen erscheint allerdings die Betrachtung von Gegenstand und Zweck des Verfahrens von
Art. 265a Abs. 1 SchKG
. Zur Beurteilung steht nicht die Anhebung der Betreibung, sondern einzig die Feststellung neuen Vermögens (vgl. FÜRSTENBERGER, a.a.O., S. 80), wobei die Initiative im Einredeverfahren beim Schuldner liegt, welcher glaubhaft machen muss, dass er nicht zu neuem Vermögen gekommen ist. Beim Rechtsvorschlag nach
Art. 265a SchKG
und bei der Beseitigung des Rechtsvorschlages (
Art. 79 ff. SchKG
) handelt es sich um zwei Verfahren mit verschiedenem Gegenstand (vgl.
BGE 103 III 31
E. 2 S. 35; GILLIÉRON, a.a.O., N. 23 zu
Art. 265a SchKG
; NÄF, a.a.O., N. 9 zu
Art. 265a SchKG
). Der Rechtsvorschlag gemäss
Art. 265a Abs. 1 SchKG
bzw. die Einrede des mangelnden neuen Vermögens bringt die Betreibung nicht zum Stillstand, sondern erst die - automatisch beantragte - Bewilligung des Richters (AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 9. Aufl. 2013, § 18 Rz. 19 f.). Eine Rolle spielt zudem, dass der Schuldner seinen Anspruch auf wirtschaftliche und soziale Erholung nach dem Konkurs in der Betreibung durch einfach begründete Einrede erheben kann, das "Gewicht" mit Bezug auf die Mitwirkung am Verfahren jedoch beim Schuldner liegen soll (vgl. AB 1993 N 38/39, Votum Bundesrat Koller). Damit tritt der Umstand, dass es der Gläubiger ist, der die Betreibung angehoben hat und die Einrede beseitigen will, eher in den Hintergrund, und es entspricht mehr der Natur und dem Ziel des Verfahrens, die Klägerrolle im Einredeverfahren gemäss
Art. 265a SchKG
dem Schuldner zuzuweisen.
BGE 139 III 498 S. 503
2.3
Nach dem Dargelegten ist - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - in Anwendung von
Art. 265a Abs. 1 SchKG
nicht die Beschwerdeführerin als Gläubigerin, sondern der Beschwerdegegner als Partei zu betrachten, welche als Schuldner dem Gericht die Prüfung eines Rechtsanspruchs beantragt und damit nach
Art. 98 ZPO
kostenvorschusspflichtig wird. Die Beschwerde in Zivilsachen ist begründet und gutzuheissen. Der Richter (
Art. 265a Abs. 1 SchKG
) hat dem Schuldner Frist zur Leistung des Kostenvorschusses (nach
Art. 101 ZPO
) anzusetzen. Wird der Kostenvorschuss nicht innert Frist geleistet, kann auf den Rechtsvorschlag mangels neuen Vermögens nicht eingetreten werden.
2.4
Schliesslich wird in der Lehre vorgeschlagen (u.a. GASSER, a.a.O.), dass das Betreibungsamt dem Betreibenden in Analogie zur Wechselbetreibung (
Art. 180 SchKG
) Kenntnis von der Erhebung des Rechtsvorschlages mangels neuen Vermögens geben soll. Die Frage ist hier nicht zu entscheiden, sondern liegt zur Beantwortung in der Kompetenz der Aufsichtsbehörden. | mixed |
00ef3f2a-0de1-424a-bf02-49c1df06c112 | Sachverhalt
ab Seite 74
BGE 143 I 73 S. 74
A.B. était administrateur jusqu'au 3 décembre 2008 de la société D. SA, inscrite le *** 2005 au registre du commerce et dotée d'un capital-actions de 150'000 fr. composé de cent cinquante actions de 1'000 fr. dont il détenait la moitié, l'autre moitié étant en mains de E., administrateur et président de la société.
Par bordereau de taxation du 21 mars 2011, l'Administration fiscale cantonale a établi l'imposition des époux B. pour l'impôt cantonal et communal 2009 à 444'864 fr. 60, pour un revenu imposable de 205'589 fr. et une fortune imposable de 40'260'594 fr., la valeur des actions de la société ayant été estimée à 367'637 fr. par action.
Par arrêt du 28 juillet 2015, la Cour de justice du canton de Genève a rejeté le recours des époux B. contre le jugement du 27 octobre 2014 du Tribunal administratif de première instance du canton de Genève qui confirmait la taxation des époux. La valeur des actions avait été correctement estimée et l'impôt cantonal et communal pour la période fiscale 2009 n'était pas confiscatoire.
BGE 143 I 73 S. 75
Le Tribunal fédéral a rejeté le recours dirigé par les époux contre l'arrêt du 28 juillet 2015 de la Cour de justice du canton de Genève.
(résumé) Erwägungen
Extrait des considérants:
5.
Invoquant l'
art. 26 Cst.
, les recourants se plaignent d'une imposition confiscatoire, l'imposition litigieuse dépassant de 200 % leur revenu imposable.
5.1
En vertu de l'
art. 26 al. 1 Cst.
, la propriété est garantie. De jurisprudence constante, en matière fiscale, ce droit fondamental ne va toutefois pas au-delà de l'interdiction d'une imposition confiscatoire. Ainsi, une prétention fiscale ne doit pas porter atteinte à l'essence même de la propriété privée (cf.
art. 36 al. 4 Cst.
). Il incombe au législateur de conserver la substance du patrimoine du contribuable et de lui laisser la possibilité d'en former un nouveau (
ATF 128 II 112
consid. 10b/bb p. 126;
ATF 122 I 305
consid. 7a p. 322;
ATF 105 Ia 134
consid. 3a p. 140; arrêts 2C_837/2015 du 23 août 2016 consid. 4.1; 2C_961/2014 du 8 juillet 2015 consid. 2.2; 2P.80/2003 du 12 décembre 2003 consid. 2.4.2, Archives 84 p. 251; MAX IMBODEN, Die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Privateigentums als Schranke der Besteuerung, in Archives 29 p. 2 ss, 3; pour une définition de la confiscation en matière fiscale: PAUL-MARIE GAUDEMET, Les protections constitutionnelles et légales contre les impositions confiscatoires, Revue internationale de droit comparé [RIDC] 42/1990 n. 2 p. 805 ss, 806).
Pour juger si une imposition a un effet confiscatoire, le taux de l'impôt exprimé en pour cent n'est pas seul décisif; il faut examiner la charge que représente l'imposition sur une assez longue période, en faisant abstraction des circonstances extraordinaires; à cet effet, il convient de prendre en considération l'ensemble des circonstances concrètes, la durée et la gravité de l'atteinte ainsi que le cumul avec d'autres taxes ou contributions et la possibilité de reporter l'impôt sur d'autres personnes (
ATF 128 II 112
consid. 10b/bb p. 126;
ATF 106 Ia 342
consid. 6a p. 348 s.; arrêts 2C_837/2015 du 23 août 2016 consid. 4.1; 2C_961/2014 du 8 juillet 2015 consid. 2.3, in Archives 84 p. 251; 2C_277/2008 du 26 septembre 2008 consid. 4.1; 1P.586/2004 du 28 juin 2005 consid. 4.3.1, in RDAF 2007 I p. 573). Le Tribunal fédéral a notamment jugé que l'essence de la propriété privée n'est pas touchée si, pendant une courte période, le revenu à disposition du
BGE 143 I 73 S. 76
contribuable ne suffit pas à s'acquitter de la charge fiscale sans entamer la fortune (
ATF 106 Ia 342
consid. 6c p. 353; arrêt 2C_277/2008 du 26 septembre 2008 consid. 4.1, in RDAF 2007 I p. 573; de l'avis minoritaire qu'un revenu insuffisant sur une seule période fiscale suffit déjà pour qualifier l'imposition de confiscatoire: ADRIANO MARANTELLI, Berner Gedanken zur konfiskatorischen Besteuerung, in Berner Gedanken zum Recht, Kunz et al. [éd.], 2014, p. 245 ss, 254 et 264).
5.2
Quand bien même le pourcentage de l'impôt dû au canton de Genève pour la période fiscale 2009 dépasse en l'espèce de 200 % le revenu imposable des recourants pour cette même période, cela ne suffit pas à qualifier l'imposition en cause de confiscatoire au sens de la jurisprudence. En effet, les recourants perdent de vue que leur charge fiscale pour la période fiscale 2009 est constituée pour une grande partie de l'impôt sur la fortune prélevé sur la valeur de leurs actions. Cet impôt vise la substance de la fortune à la différence de l'impôt sur le revenu. On ne saurait par conséquent le rapporter au seul rendement de la fortune en ce sens qu'il serait exclu de prélever l'impôt en partie sur la substance de cette fortune. Ce n'est que lorsque l'imposition, y compris l'impôt sur la fortune, dépasse durablement les revenus, y compris les rendements provenant de la fortune, qu'il y a lieu de constater que la fortune est à ce point entamée que l'imposition doit être qualifiée de confiscatoire. C'est précisément la raison pour laquelle l'examen du caractère, le cas échéant, confiscatoire de l'imposition, doit d'emblée être étendu non pas à une seule période mais bien à plusieurs périodes. S'il fallait s'en tenir à une seule période s'agissant du seul impôt sur la fortune et en limiter la charge auprès du contribuable au seul rendement de celle-ci, alors l'impôt sur la fortune devrait être qualifié, contrairement à la logique du système, non plus d'impôt sur la substance, comme l'a voulu le législateur fédéral, mais d'impôt sur le revenu.
Par conséquent, dès lors que l'impôt sur la fortune a pour objet la substance de celle-ci et que c'est précisément en fonction du montant de celle-ci que s'établit la capacité contributive et dès lors que ce n'est que si les rendements de la fortune ne suffisent pas à couvrir la charge fiscale dans la durée que l'imposition doit être qualifiée de confiscatoire, on ne saurait déjà considérer que la garantie constitutionnelle de la propriété est violée lorsque, sur une seule période fiscale, la charge fiscale dépasse le rendement de la fortune. A cela s'ajoute que,
BGE 143 I 73 S. 77
lorsqu'à la faveur d'une bonne conjoncture ou de bonnes affaires, la fortune augmente, année après année, et que l'imposition reste en deçà de cette progression, on peut d'emblée nier le caractère confiscatoire de l'impôt. Ainsi en va-t-il de l'imposition de la valeur des actions, lorsqu'elle augmente parce que les bénéfices de la société sont thésaurisés au lieu d'être distribués. Dans ce cas, leur valeur intrinsèque progresse sans imposition de leur rendement, de sorte qu'en pareille hypothèse, une charge fiscale, même importante mais qui reste en deçà des rendements thésaurisés, ne saurait être qualifiée de confiscatoire.
5.3
En l'espèce, pour la période fiscale 2009, les 75 actions des recourants, qui font l'objet de l'impôt sur la fortune et entrent dans la charge fiscale contestée, équivalent à la valeur de la société composée du cumul des bénéfices de celle-ci pour environ 26 millions de francs. En effet, de l'aveu même des recourants, les bénéfices n'ont pas ou que partiellement été distribués, de sorte qu'ils ont augmenté la valeur de celle-ci et par voie de conséquence, augmenté la valeur intrinsèque des actions des recourants pour la période 2009. L'objection selon laquelle le recourant n'avait pas de majorité lui permettant de faire voter une distribution de dividendes par l'assemblée générale n'a pas d'influence sur la valeur de ses actions. Il suffit en effet de constater qu'il en est bien propriétaire et qu'à ce titre, il ne s'agit pas d'expectatives non imposables (cf. sur ce point, BLUMENSTEIN/LOCHER, System des schweizerischen Steuerrechts, 7
e
éd. 2016, p. 199). La charge fiscale en cause étant largement inférieure aux bénéfices thésaurisés, l'instance précédente pouvait confirmer, sans violer l'
art. 26 Cst.
, que la charge fiscale des recourants pour la période fiscale 2009 n'était pas confiscatoire. (...) | mixed |
57017214-ce97-4539-b181-3714815ea059 | Sachverhalt
ab Seite 342
BGE 106 Ia 342 S. 342
Der im Kanton Aargau steuerpflichtige X. ist Selbständigerwerbender und ausserdem Vizepräsident der Y. AG. Die Aktien der Y. AG sollen ganz oder teilweise vinkuliert sein. Sie
BGE 106 Ia 342 S. 343
sind nicht zum Börsenhandel zugelassen, doch werden sie, abgesehen von einzelnen Verkäufen, die ohne Kenntnis der Öffentlichkeit erfolgen, mit einer gewissen Regelmässigkeit vorbörslich gehandelt. Die Gesellschaft hat Genussscheine und Partizipationsscheine ausgegeben. Das Vermögen von X. besteht zum überwiegenden Teil aus Aktien, Partizipationsscheinen und Genussscheinen der Y. AG.
Für die Staats- und Gemeindesteuern der Jahre 1973/74 (Bemessungsperiode 1971/72) wurde X. von den Steuerbehörden des Kantons Aargau mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 489'150.--, wovon Fr. 341'859.-- Wertschriftenertrag, veranlagt. Das steuerbare Vermögen (Bewertungsstichtag 1. Januar 1973) wurde auf Fr. 46'852'953.-- festgesetzt, wobei die Aktien der Y. AG mit rund 35 Millionen bewertet wurden. Auf dieser Grundlage ergab sich für die Steuerjahre 1973/74 (inkl. eidg. Wehrsteuer) bei einem Reineinkommen der Bemessungsperiode von Fr. 498'800.-- eine Gesamtsteuerbelastung von Fr. 523'551.45.
Gegen diese Einschätzung erhebt X. staatsrechtliche Beschwerde. Er vertritt den Standpunkt, die Einkommens- und Vermögenssteuern auf seinen Wertschriften dürften 75% des Wertschriftenertrages nicht übersteigen; eine grössere Belastung führe zu einer konfiskatorischen Besteuerung und verletze deshalb die Eigentumsgarantie. Eventuell macht er geltend, die Aktien der Y. AG seien zu Unrecht aufgrund ihres Kurs- bzw. Verkehrswertes bewertet worden; gemäss § 43 des aargauischen Gesetzes vom 17. Mai 1966 über die direkten Staats- und Gemeindesteuern und den Finanzausgleich unter den Einwohnergemeinden (StG) wäre der innere Wert der Aktien massgebend gewesen. Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
a) Die Besteuerung des Vermögens richtet sich im zu beurteilenden Fall nach
§ 47 StG
, der folgende Steuersätze enthält:
1 Die Vermögenssteuer beträgt bei einem steuerbaren Vermögen
bis und mit Fr. 100'000.-- 1,6%o
von Fr. 100'000.-- bis und mit Fr. 150'000.-- 1,7%o
von Fr. 150'000.-- bis und mit Fr. 200'000.-- 1,8%o
von Fr. 200'000.-- bis und mit Fr. 300'000.-- 1,9%o
BGE 106 Ia 342 S. 344
von Fr. 300'000.-- bis und mit Fr. 400'000.-- 2,0%o
von Fr. 400'000.-- bis und mit Fr. 500'000.-- 2,1%o
von Fr. 500'000.-- bis und mit Fr. 600'000.-- 2,2%o
von Fr. 600'000.-- bis und mit Fr. 700'000.-- 2,3%o
von Fr. 700'000.-- bis und mit Fr. 800'000.-- 2,4%o
von Fr. 800'000.-- bis und mit Fr. 900'000.-- 2,5%o
von Fr. 900'000.-- bis und mit Fr. 1'000'000.-- 2,6%o
von Fr. 1'000'000.-- bis und mit Fr. 1'200'000.-- 2,8%o
von Fr. 1'200'000.-- bis und mit Fr. 1'300'000.-- 2,9%o 17
2 Für steuerbare Vermögen über Fr. 1'300'000.-- beträgt der Steuersatz 3,0%o.
3 Restbeträge des Vermögens unter Fr. 1'000.-- fallen ausser Betracht.
§ 46 nimmt erhebliche Freibeträge von der Besteuerung aus. Von Bedeutung ist im Zusammenhang mit der Vermögenssteuer auch der Einkommenssteuertarif nach
§ 33 Abs. 1 und 2 StG
:
1 Die Einkommenssteuer beträgt:
1% für die ersten Fr. 2'000.--
2% für die weiteren Fr. 2'000.--
3% für die weiteren Fr. 3'000.--
4% für die weiteren Fr. 4'000.--
5% für die weiteren Fr. 4'000.--
6% für die weiteren Fr. 5'000.--
7% für die weiteren Fr. 5'000.--
8,5% für die weiteren Fr. 5'000.--
9,5% für die weiteren Fr. 10'000.--
10,5% für die weiteren Fr. 20'000.--
11% für die weiteren Fr. 20'000.--
11,5% für die weiteren Fr. 40'000.--
11,8% für die weiteren Fr. 80'000.--
12% für Einkommensteile über Fr. 200'000.--
2 Nach diesen Steuersätzzuen ergeben sich die im Anhang aufgeführten Steuerbeträge; Restbeträge des Einkommens unter Fr. 100.-- fallen ausser Betracht.
Zur Einkommens- und Vermögenssteuer des Staates kommen allerdings noch die Gemeindesteuern (§ 144), die variabel sind, und die Kirchensteuer (§ 143) hinzu.
b) Die zahlenmässige Berechnung der Steuern ist nicht angefochten. Angefochten ist vielmehr in erster Linie die Bemessung des Steuerobjektes für die Vermögenssteuer seiner Höhe nach und damit die gestützt darauf errechnete Vermögenssteuer, sodann die Einkommenssteuer, soweit durch sie der Vermögensertrag belastet wird, letzteres aber nur insoweit, als die ganze Belastung des Vermögensertrages durch Vermögens- und
BGE 106 Ia 342 S. 345
Einkommenssteuern den Vermögensertrag übersteigt. Da der Beschwerdeführer eine Steuerbelastung von 75% des Vermögensertrags als verfassungsmässige Höchstgrenze anerkennt, brauchte an sich nur geprüft zu werden, ob eine Belastung des Vermögensertrages im Gesamten mit mehr als 75% Steuern verfassungswidrig ist. Aus der Begründung ergibt sich indessen, dass der Beschwerdeführer die Bewertung des Vermögens, insoweit es aus Anteilen an der Y. AG besteht, anfechten will. Das folgt auch aus dem Eventualbegehren. Dieses geht offenbar von der Voraussetzung aus, dass die Bewertung der Anteilrechte nach ihrem inneren Wert Beträge ergäbe, die wesentlich unter den von den Steuerbehörden angenommenen Steuerwerten liegen. Zudem liesse sich das vom Beschwerdeführer angestrebte Ziel wohl am ehesten durch eine niedrigere Bewertung des Anteilbesitzes an der Y. AG erreichen, ohne dass eine Herabsetzung auch der Einkommenssteuer nötig würde. Es ist daher zunächst die Frage der Wertschriftenbewertung zu beurteilen.
4.
a) Die Bewertung der Beteiligungen stützt sich auf
§ 43 Abs. 1 StG
. Danach sind Wertpapiere nach dem Kurswert und, in Ermangelung eines solchen, nach dem Verkehrswert oder nach dem innern Wert zu bewerten. Nach Abs. 3 ist bei der Bewertung bestrittener oder nachweisbar unsicherer Forderungen dem Grad der Verlustwahrscheinlichkeit Rechnung zu tragen. Bei den genannten Wertschriften handelt es sich nicht um Forderungen, sondern in erster Linie um Beteiligungsrechte verschiedener Art, die als Wertpapiere zu gelten haben.
§ 17 der Vollziehungsverordnung zum StG vom 5. Januar 1967 (VvStG) enthält eine etwas andere Aufteilung als das Gesetz. Er enthält den Begriff des Verkehrswertes nicht, sondern unterscheidet zwischen Wertpapieren mit regelmässiger Kursnotierung und Wertpapieren ohne solche. Zu den erstern gehören sowohl die im Börsenhandel zugelassenen Wertpapiere als auch Wertpapiere, die ausserbörslich regelmässig gehandelt werden. Sodann behandelt die Vorschrift nicht kotierte Werte, für die keine regelmässigen Verkäufe nachgewiesen sind. Sie sind zum innern Wert zu bewerten; nach den gleichen Bewertungsregeln sind dann konsequenterweise auch Wertpapiere zu behandeln, bei denen während längerer Zeit überhaupt keine Verkäufe stattfinden, zum Beispiel bei Einmannaktiengesellschaften.
BGE 106 Ia 342 S. 346
Streitig ist, ob die Veranlagungsbehörden zu Recht die Aktien usw. der Y. AG als nicht kotierte Wertpapiere mit regelmässiger Kursnotierung behandelt haben, obwohl die Zahl der bekannten Verkäufe verhältnismässig gering war. Das prüft das Bundesgericht nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür. Die Anwendbarkeit von § 17 Abs. 1 VvStG durfte die Veranlagungsbehörde jedenfalls, ohne in Willkür zu verfallen, bejahen, denn aufgrund der bekannten getätigten Geschäfte kann der Schluss gezogen werden, dass doch noch regelmässige Verkäufe stattfinden. Die Veröffentlichung nicht offizieller Kursnotierungen in der Handelspresse deutet ebenfalls darauf hin, dass ein vielleicht geringer, aber doch regelmässiger Handel in diesen Werten stattfindet.
b) Unter diesen Umständen durften die Veranlagungsbehörden ohne Willkür die Bewertung der Beteiligungen nach ihrem sog. innern Wert verweigern, da immerhin ausreichende Verkäufe festzustellen waren. Der Begriff des "inneren Wertes", der sich ausser im Aargauer Steuergesetz auch in zahlreichen andern kantonalen Steuergesetzen findet, bringt zum Ausdruck, dass in Fällen, wo eine Bewertung von aussen, vom Markt her, nicht möglich ist, die "in" einem Wertpapier enthaltenen Elemente, die den Wert der Unternehmung ausmachen, zu berücksichtigen sind (Gutachten über die Bewertung von Wertpapieren ohne Kurswert für die Vermögensbesteuerung, herausgegeben von der Schutzorganisation der privaten Aktiengesellschaften, Zürich 1975, 94). Der Anteilswert der Aktien ist also ein quotaler Unternehmenswert und dieser Unternehmenswert muss bei nicht kotierten Aktien vom Ertragswert und Substanzwert her ermittelt werden (vgl. die von der Konferenz staatlicher Steuerbeamter der Sektion Wertschriftenbewertung erlassene Wegleitung 1977 zur Bewertung von Wertpapieren ohne Kurswert für die Vermögenssteuer, abgedruckt bei MASSHARDT, Kommentar zum WStB Art. 30 N. 7, die die Vorschläge der vorerwähnten Expertenkommission berücksichtigt; dazu kritisch MARCEL CHASSOT, Die Bewertung nicht kotierter Aktien, in: Die schweizerische Aktiengesellschaft 49/1977, 44 ff.). Die Vermögenssteuer richtet sich jedoch allgemein nach dem Verkehrswert der Vermögensstücke zu Beginn der Veranlagungsperiode (vgl. Art. 30 WStB) und auch Art. 43 Abs. 1 des StG ist dahin auszulegen, dass das Zurückgreifen auf den innern Wert nur ein Notbehelf ist, ein Mittel
BGE 106 Ia 342 S. 347
zur Schätzung des Verkehrswertes der Aktien. Deshalb kann sich der Steuerpflichtige, für dessen Aktien "regelmässige Kursnotierungen" bestehen, gegenüber den Steuerbehörden nicht darauf berufen, dass der innere Wert der Aktien unter dem Kurswert liege. Bei der in der zitierten Wegleitung verwendeten Formel geht es um die Konstruktion eines als Verkehrswert anzusehenden Wertansatzes. Eine Wertermittlung nach dieser Methode hat zurückzutreten, wenn sich der Verkehrswert mit genügender Sicherheit aus den tatsächlich getätigten Geschäften ableiten lässt (Urteil vom 13. Oktober 1978, ASA 48/1979/80, S. 347 E. 6).
c) Der Beschwerdeführer wendet weiter ein, sofern § 17 VvStG richtig angewendet worden sei, sei er selbst verfassungswidrig. Der Umstand allein, dass der Gesetzestext und Verordnungstext etwas voneinander abweichen, begründet noch keine Verfassungswidrigkeit. Die Bestimmung wird auch dann nicht willkürlich und verstösst nicht schon deshalb gegen
Art. 4 BV
, weil sie den Ertrag der Beteiligungen an sich ausser acht lässt, sofern Kurse bekannt sind, denn die Höhe des Ertrages spiegelt nicht ohne weiteres den Wert eines Papiers wieder. So kann der Ertrag im Hinblick auf grosse zukünftige Investitionen bewusst tief gehalten werden. Es ist zudem vertretbar, die vom Gesetz und der Verordnung vorgesehenen Abstufungen in der Behandlung der Titel vorzunehmen, ohne dass dies gegen
Art. 4 BV
oder eine andere Verfassungsbestimmung verstösst.
Fraglich könnte allenfalls sein, ob die massgebende Berechnungszeit nicht ausnahmsweise zu stossenden Ergebnissen führen könnte. Die Verordnung schreibt in § 17 vor, es sei der durchschnittliche Kurswert im letzten dem Beginn der Veranlagungsperiode vorangegangenen Monat massgebend. Im vorliegenden Fall hatte sich gezeigt, dass die Kurse gegen anfangs 1973 stark gestiegen waren und nachher wieder absanken und dass zumindest im Zeitpunkt des verwaltungsgerichtlichen Entscheides klar erkennbar und vom Verwaltungsgericht auch anerkannt war, dass der Kurs im massgebenden Zeitpunkt nicht einem länger bemessenen Durchschnittskurs entsprach. Die Gründe für den starken Anstieg sind für den Aussenstehenden nicht eindeutig sichtbar. Immerhin ergibt sich aus den Aufstellungen der Y. AG, dass die Gewinne ab 1971/72 bis 1973/74 stark angestiegen waren und dass in den Jahren 1971-1974 hohe Reservestellungen vorgenommen wurden ( 1,7 Millionen, 2 Millionen,
BGE 106 Ia 342 S. 348
2,5 Millionen). Nachher bildeten sich die Gewinne zurück und Reservestellungen erfolgten anscheinend wenigstens zeitweise nicht mehr. Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Steuerbehörden berechtigt gewesen wären, sich starr an die Bewertungsregel von § 17 Abs. 1 VvStG zu halten. Sie haben selber eine solche Bewertung nicht für angemessen erachtet und deshalb den Steuerwert um einen Viertel unter dem massgeblichen Kurswert angesetzt, und es war jedenfalls nicht willkürlich, wenn sie dem späteren weiteren Abfallen der Kurse nicht bereits bei der Veranlagung der Vermögenssteuer 1973/74 Rechnung getragen haben (vgl. auch HANS HUBER, Die Vermögenssteuer auf kotierten Wertpapieren mit übersetztem Kurswert, ASA 30, 161 ff.).
6.
a) Obwohl die Eigentumsgarantie in der schweizerischen Rechtsprechung seit langem als Verfassungsrecht anerkannt ist und 1969 ausdrücklich in der Bundesverfassung verankert wurde, bestanden nie Zweifel darüber, dass die Eigentumsgarantie die Erhebung von Abgaben, insbesondere von Steuern, nicht ausschliesst (im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland, wo sich die Lehre nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes mit dem Problem beschäftigte, wie die Besteuerung mit Art. 14 GG vereinbar sei, vgl. MAUNZ/DÜRIG/HERZOG/SCHOLZ, Grundgesetz-Kommentar, N. 51 zu Art. 14 GG). Dagegen hat sich in neuerer Zeit die Frage gestellt, ob die Eigentumsgarantie der Erhebung von Abgaben auch verfassungsrechtliche Schranken setze. Das Bundesgericht hat bis vor kurzem die Frage, ob
Art. 22ter BV
den Bürger gegen die Belastung mit konfiskatorischen Steuern oder anderen Abgaben schütze, offengelassen (
BGE 102 Ia 227
E. 3b;
BGE 99 Ia 648
E. 7;
BGE 94 I 116
E. 4a), sie aber in
BGE 105 Ia 139
E. 3a mit Hinweisen auf die Lehrmeinungen bejaht.
Art. 22ter Abs. 2 BV
ermächtigt die Kantone zwar, auf dem Wege der Gesetzgebung im öffentlichen Interesse liegende Eigentumsbeschränkungen vorzusehen und auf diese Weise im Rahmen ihrer verfassungsmässigen Befugnisse den Inhalt des Eigentums näher zu umschreiben. Vor der Institutsgarantie halten jedoch nur solche Eingriffe stand, die den Wesenskern des Privateigentums als fundamentale Einrichtung der schweizerischen Rechtsordnung unangetastet lassen (
BGE 103 Ia 418
mit Hinweis). Die der Institutsgarantie zugrunde liegende Vorstellung, wonach die Eigentumsordnung in ihrem Kern gegenüber staatlichen Eingriffen zu schützen sei,
BGE 106 Ia 342 S. 349
verwehrt es dem Gemeinwesen in gleicher Weise, den Abgabepflichtigen ihr privates Vermögen oder einzelne Vermögenskategorien (z.B. das Immobiliarvermögen) durch übermässige Besteuerung nach und nach zu entziehen. Das gleiche Ergebnis kann eine Häufung verschiedener Steuern zur Folge haben, z.B. durch Kumulierung von Einkommens- und Vermögenssteuern und steuerähnlichen Sozialabgaben, Konsumsteuern usw., die der Bürger nur bezahlen kann, wenn er nach und nach sein Vermögen veräussert. Schliesslich kann eine solche Folge auch ohne Absicht des Gesetzgebers eintreten, wenn der immer höhere Finanzbedarf der öffentlichen Hand nur durch einen immer höher angesetzten Steuerfuss befriedigt werden kann. Die Gewährleistung des Eigentums verpflichtet mithin das Gemeinwesen, die bestehenden Vermögen in ihrer Substanz zu bewahren und die Möglichkeit der Neubildung von Vermögen in dem Sinn zu erhalten, dass das Einkommen nicht dauernd und vollständig wegbesteuert werden darf. Wo die Grenzen zwischen einer zulässigen steuerlichen Belastung und einem konfiskatorischen Eingriff zu ziehen sind, lässt sich nicht in allgemeingültiger Weise beantworten. Insbesondere kann nicht von einem ziffernmässig bestimmbaren Steuersatz allein abhängen, ob die Vermögenssubstanz ausgehöhlt oder die Neubildung von Vermögen verunmöglicht wird. Zu berücksichtigen sind insbesondere Steuersatz und Steuerfuss, Bemessungsgrundlage, Dauer der Massnahme, relative Tiefe des fiskalischen Eingriffs, Kumulation mit andern Abgaben sowie die Möglichkeit der Überwälzung der Steuer.
Der Vorwurf der konfiskatorischen Besteuerung richtet sich in der Regel gegen die Steuergesetzgebung als solche und kann deshalb, je nach dem anwendbaren Verfahrensrecht, bereits Gegenstand einer primären Normenkontrolle bilden, wie zum Beispiel bei der basellandschaftlichen Reichtumssteuer (
BGE 99 Ia 638
) oder der baselstädtischen Mehrwertabgabe (
BGE 105 Ia 134
). Im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle hat das Bundesgericht zu prüfen, wie sich die gesetzlich vorgesehene Belastung auf die betroffene Gruppe von Steuerpflichtigen - gesamthaft betrachtet - auswirkt. Entscheidend ist bei diesem Verfahren somit, ob die Steuer - zusammen mit den übrigen Steuern - geeignet ist, bei den gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnissen und unter normalen Umständen derart weitreichend in die Vermögensverhältnisse des Pflichtigen
BGE 106 Ia 342 S. 350
einzugreifen, dass diesem angesichts der hohen Steuerbelastung wesentliche Eigentümerbefugnisse zwangsläufig verloren gehen (
BGE 99 Ia 649
). Im abstrakten Normkontrollverfahren vermag die ungewisse Möglichkeit, dass sich die Regelung in besonders gelagerten Einzelfällen als verfassungswidrig auswirken könnte, ein Eingreifen des Verfassungsrichters im allgemeinen noch nicht zu rechtfertigen (
BGE 102 Ia 109
).
Es steht aber nichts entgegen, dass die Rüge konfiskatorischer Besteuerung auch noch im Anschluss an einen einzelnen Besteuerungsakt gerügt wird, wie dies der Beschwerdeführer tut. In diesem Fall beschränkt sich die Prüfung nicht darauf, ob die generell-abstrakte Regelung bezogen auf normale Verhältnisse als verfassungsrechtlich haltbar erscheint, sondern es muss auch geprüft werden, ob sich die Besteuerung im - möglicherweise gesondert gelagerten - Einzelfall des Beschwerdeführers konfiskatorisch auswirkt und damit den Kerngehalt der Eigentumsgarantie verletzt (
BGE 99 Ia 650
). Die in der aargauischen Verfassung enthaltene Eigentumsgarantie gewährleistet demgegenüber keinen weitergehenden Schutz (vgl.
BGE 76 I 334
E. 2;
BGE 42 I 204
).
Mit grosser Zurückhaltung spricht sich auch die bundesdeutsche Rechtsprechung und Lehre darüber aus, wann eine konfiskatorische Besteuerung vorliege. So verlangt das Bundesverfassungsgericht, dass die Steuer den Bürger geradezu erdrossle, damit sie mit Art. 14 GG nicht vereinbar sei (BVerGE 14, 241; 27, 111; 28, 142; 29, 413; 30, 271; 38, 79; MAUNZ/DÜRIG/HERZOG/SCHOLZ, a.a.O., N. 50 zu Art. 14 GG; SCHMIDT-BLEIBTREU/KLEIN, Kommentar zum Grundgesetz, 4. Aufl., N. 4a zu Art. 14 GG; HESSE, Grundzüge des Verfassungsrechts der BRD, 9. Aufl., 182 ff.).
b) Die aargauische Steuergesetzgebung besteuert das Vermögen der Steuerpflichtigen unter normalen Umständen nicht in konfiskatorischer Weise. Das ist auch bei grossen Vermögen und unter Berücksichtigung der Gemeinde- und Kirchensteuer nicht der Fall. Der Beschwerdeführer macht denn auch nicht ausdrücklich geltend und belegt in keiner Weise, dass die Besteuerung des Vermögens allgemein nach und nach zu einem Vermögensentzug führt oder doch die Neubildung von Vermögen verunmöglicht. Für eine summarische Prüfung dieser Frage zieht das Bundesgericht das Heft: "Steuerbelastung in der Schweiz 1973, bearbeitet von der Eidg. Steuerverwaltung,
BGE 106 Ia 342 S. 351
Statistische Quellenwerke der Schweiz, Heft 542, herausgegeben vom Eidg. statistischen Amt" (im folgenden: Statistische Quellenwerke 1973) bei. Da die Statistischen Quellenwerke 1973 lediglich Vermögen bis zu 2 oder 5 Millionen Franken berücksichtigen, wird den folgenden Berechnungen ein Vermögen von 2 Millionen Franken zugrunde gelegt, was - zumindest bezüglich der Vermögenssteuer - auch für grössere Vermögen beschränkt verwendbare Verhältniszahlen ergibt, weil die progressiv steigenden Steuersätze gemäss
§ 47 StG
bei 1,3 Millionen Franken die maximale Höhe erreicht haben.
Zunächst erhebt der Kanton Aargau eine Vermögenssteuer. Ob eine solche wirtschaftlich oder steuerpolitisch zu rechtfertigen ist (vgl. dazu die eingehende Diskussion des Vermögenssteuerproblems bei RATHS, Bedeutung und Rechtfertigung der Vermögenssteuer in historischer und heutiger Sicht, Diss. 1977, S. 119 ff.), hat der Verfassungsrichter nicht zu entscheiden; jedenfalls verstösst eine solche Besteuerung grundsätzlich weder gegen
Art. 22ter BV
noch auch gegen
Art. 4 BV
. Die Vermögenssteuer beträgt bei einem Vermögen von 2 Millionen Franken in der Gemeinde Aarau unter Berücksichtigung der Staats-, Gemeinde- und Kirchensteuer 7,44 Promille (Statistische Quellenwerke 1973, S. 43, Tabelle 8), was einen Betrag von 14'887 Franken ausmacht (Statistische Quellenwerke 1973, S. 33, Tabelle 4), und in der vorliegend massgebenden Gemeinde 7,59 Promille des Vermögens.
Die Vermögenssteuer wird in der Regel aus dem Vermögensertrag bezahlt und wirkt daher funktionell wie eine zusätzliche Belastung des sogenannten fundierten Einkommens. Obwohl die an Vermögenswerte anknüpfende Vermögenssteuer rechtlich keine Einkommenssteuer ist, soll sie ihrer Zielsetzung nach grundsätzlich aus den Erträgen des Vermögens bezahlt werden können (so auch BVerGE 43, 7). Andernfalls würde die Besteuerung, wenn sie während längerer Zeit andauert, zu einem Verzehr der Vermögenssubstanz und praktisch im Endzustand zu einem Vermögensentzug führen. Es ist daher zu prüfen, ob die Einkommenssteuer auf dem Vermögensertrag zusammen mit der Vermögenssteuer unter normalen Verhältnissen im Kanton Aargau zu einer konfiskatorischen Besteuerung führt in dem Sinne, dass die Steuer einen durchschnittlichen Vermögensertrag derart belastet, dass das Vermögen nach und nach aufgelöst oder die Neubildung von Vermögen praktisch nicht mehr
BGE 106 Ia 342 S. 352
möglich ist. Die Statistischen Quellenwerke gehen für das Jahr 1973 von einem durchschnittlichen Vermögensertrag von 4% aus (S. 36/37, Tabelle 5). In der Gemeinde Aarau hat ein Erwerbsfähiger bei einem Vermögen von 2 Millionen Franken und einem Ertrag von 80'000 Franken (= 4%) eine Einkommenssteuer von 35'471 Franken (einschliesslich Wehrsteuer) zu bezahlen (Statistische Quellenwerke 1973, S. 33, Tabelle 4), was bei einem normalen Ertrag eine Gesamtbelastung durch Vermögens- und Einkommenssteuern von 50358 Franken oder ungefähr 60% des Ertrages ausmacht. Bei noch grösseren Vermögen und entsprechend höheren Erträgen steigt die Gesamtbelastung mit Einkommens- und Vermögenssteuer prozentual noch etwas an, weil die Progression bei der Einkommenssteuer erst bei 200'000 Franken endigt. Gesamthaft liegt die Einkommens- und Vermögenssteuerbelastung im Kanton Aargau für das Jahr 1973 ungefähr 5% über dem schweizerischen Durchschnitt (Statistische Quellenwerke 1973, S. 70, Tabelle 17). Die Belastung ist also hoch; doch kann nicht gesagt werden, dass im Kanton Aargau unter normalen Umständen allgemein eine konfiskatorische Besteuerung grosser Vermögen eintritt.
c) Zu prüfen bleibt, ob die Aargauer Steuergesetzgebung in besonders gelagerten Fällen zu einer konfiskatorischen Besteuerung des Vermögens führt und ob dies insbesondere beim Beschwerdeführer zutrifft, ob er also in einer
Art. 22ter BV
verletzenden Weise besteuert wurde. Die Frage stellt sich bei der Besteuerung von Vermögen vor allem dann, wenn dieses dauernd oder langfristig ertraglos bleibt oder einen sehr geringen Ertrag abwirft, der weit unter dem kantonalen Durchschnitt und daher möglicherweise tiefer liegt als die gesamte Steuerbelastung. Eine konfiskatorische Besteuerung liegt in diesen Fällen jedenfalls dann nicht vor, wenn der Eigentümer freiwillig auf einen genügenden Ertrag, etwa mit Rücksicht auf familiäre Beziehungen, verzichtet, oder weil er hofft, bei späterer Veräusserung des Vermögensobjektes einen den Vermögensertrag weit übersteigenden Kapitalgewinn zu erzielen. Das kann etwa beim Besitz von Gold oder andern Edelmetallen der Fall sein, welche überhaupt keinen Ertrag abwerfen oder auch bei der Spekulation mit Bauerwartungsland, das teuer bezahlt wird, aber, weil vorderhand landwirtschaftlich genutzt, nur einen geringen Ertrag einbringt. Aber auch dann, wenn der Eigentümer sein Vermögen nicht in Werte mit durchschnittlichem Vermögensertrag
BGE 106 Ia 342 S. 353
umwandeln kann oder ihm eine Umwandlung seines Vermögens nicht zumutbar wäre, tritt eine konfiskatorische Besteuerung jedenfalls dann nicht ein, wenn die an sich übermässige steuerliche Belastung von beschränkter Dauer ist. Tritt sie nur für die Dauer eines oder einiger weniger Steuerjahre ein, dann ist der Wesenskern der Eigentumsgarantie dadurch nicht berührt.
Art. 22ter BV
ist auch dann nicht verletzt, wenn während verhältnismässig kurzer Zeit das verfügbare Einkommen nicht ausreicht, um die Gesamtsteuerlast ohne Inanspruchnahme des Vermögens zu begleichen (
BGE 102 Ia 226
E. 3; A.M. HÖHN, Verfassungsmässige Schranken der Steuerbelastung ZBl 80/1979, S. 241 ff.). Ausnahmsweise kann
Art. 4 BV
einen weitergehenden Schutz vermitteln, wenn die starke Steuerbelastung - auch wenn sie bloss vorübergehend ist - grob gegen das Gerechtigkeitsdenken verstösst. Das kann möglicherweise dann der Fall sein, wenn der Beschwerdeführer auf den Vermögensertrag zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes angewiesen ist; vorliegend sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt (vgl. E. 5d). Darüber hinaus ist stets zu prüfen, ob die starke steuerliche Belastung tatsächlich nach und nach zu einem Verzehr des Vermögens führt oder die Neubildung von Vermögen verhindert. Wie die Beispiele der Goldhortung und des Besitzes von Bauerwartungsland zeigen, ist das keineswegs stets der Fall; das Vermögen des Pflichtigen kann in diesen Fällen trotz der hohen Steuerbelastung im Ergebnis steigen. Ebensowenig kann beispielsweise aus dem Umstand, dass die Vermögenssteuern und Einkommenssteuern die Wertschriftenerträge langfristig übersteigen, gefolgert werden, es werde dadurch das Wertschriftenvermögen des Steuerpflichtigen in seiner Substanz erschüttert. Vielmehr ist stets noch zu prüfen, in welchem Masse die Gewinnausschüttung der Gesellschaft im Verhältnis zum frei verfügbaren Reingewinn stehen. Wird trotz eines hohen Reingewinns eine geringe Dividende ausgeschüttet, mit welcher die Einkommens- und Vermögenssteuer auf den Wertschriften und deren Erträgen nicht bezahlt werden können, dann wird die Vermögenssubstanz möglicherweise dennoch nicht ausgehöhlt, weil der innere Wert der Gesellschaft und damit der innere Wert der Aktien gleichzeitig steigen. Das wird sich bei den Aktiengesellschaften, deren Titel regelmässig auch von Dritten erworben werden können, mit der Zeit auch in den bezahlten Kursen niederschlagen; ist der Handel beschränkt,
BGE 106 Ia 342 S. 354
weil z.B. der grösste Teil der Aktien sich in Familienbesitz befindet und es auch bleiben soll, kommt diese Entwicklung in der Kursbildung möglicherweise nicht genügend zum Ausdruck. Es kann daher sehr wohl zutreffen, dass zwar die Vermögens- und Einkommenssteuer eines Aktionärs die Ausschüttungen übersteigen, das Vermögen des Aktionärs aber trotz des Steuerdrucks zunimmt.
Im vorliegenden Verfahren ist unbestritten, dass die Belastung des Beschwerdeführers mit der auf den Anteilen der Y. AG zu entrichtenden Vermögenssteuer und mit der Einkommenssteuer auf den Erträgen die Einkünfte aus diesen Beteiligungen erheblich überschritten hat und es ist davon auszugehen, dass die Steuerbelastung auf dem Beschwerdeführer liegen bleibt, er sie also nicht überwälzen kann. Fraglich ist dagegen, ob er seine Beteiligung veräussern könnte und ob ihm dies allenfalls zumutbar wäre, wenn sie dauernd einen ungenügenden Ertrag abwerfen würde. Der Beschwerdeführer führt in seiner Beschwerde zwar aus, die Wertpapiere seien vinkuliert. Indessen fällt auf, dass ein Handel mit den Aktien der Y. AG trotz der behaupteten Vinkulierung oftmals vorkommt. Weiter macht er geltend, es sei ihm nicht zumutbar, seinen Anteil an der Y. AG zu veräussern, weil einerseits die Hauptaktionäre der Gründerfamilien möglichst unter sich bleiben und die Beteiligungsrechte behalten wollten und weil anderseits eine hochgradige affektive Bindung aufgrund der Familientradition bestehe. Schliesslich sei er auch rechtlich nicht in der Lage, die Anteile ohne Zustimmung seiner Frau zu veräussern. Die Frage, ob dem Beschwerdeführer die Umwandlung seiner Vermögenswerte möglich und zumutbar sei, braucht indessen nicht abschliessend beurteilt zu werden, denn entscheidend fällt ins Gewicht, dass die ausserordentlichen Verhältnisse in den Jahren 1973/74 sich nachträglich wieder stabilisierten, wie aus den Akten für die Steuerjahre 1975/76 einwandfrei hervorgeht. Es bleibt zwar stossend, dass der Beschwerdeführer ausser dem Ertrag seines Vermögens in der Steuerperiode 1973/74 sein gesamtes Einkommen der Bemessungsjahre 1971/72 aufwenden muss, um die Steuern zu bezahlen, und daher genötigt ist, die Substanz seines Vermögens vorübergehend anzugreifen. Es kann indessen nicht gesagt werden, der Beschwerdeführer müsse wegen der einmaligen starken Steuerbelastung die Substanz des Steuerobjektes, d.h. vor allem sein Wertschriftenvermögen,
BGE 106 Ia 342 S. 355
weitgehend aufzehren. Das trifft auch dann nicht zu, wenn, was nicht dargetan wird, sich in der nachfolgenden Periode ähnliche Verhältnisse ergeben hätten. Der Beschwerdeführer hat sich in den folgenden Jahren bei den Rechtsmittelinstanzen nicht mehr über eine Verletzung der Eigentumsgarantie beklagt. Eine konfiskatorische Besteuerung ergäbe sich danach allenfalls nur dann, wenn die hohe Steuerbelastung zum Dauerzustand würde, was vorliegend nicht der Fall ist. Die Beschwerde muss aus diesen Gründen abgewiesen werden, ohne dass zusätzlich noch geprüft werden muss, ob die hohe Steuerlast tatsächlich eine Verminderung der Vermögenssubstanz zur Folge hatte, oder ob die Steigerung des inneren Wertes der Papiere die Steuer aufzufangen vermochte. | mixed |
1a76529b-4496-47c9-934d-8e1650fccfbc | Sachverhalt
ab Seite 135
BGE 105 Ia 134 S. 135
Am 16. Juni 1977 erliess der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt zum Hochbautengesetz vom 11. Mai 1939 (HBG) unter anderem die folgenden ergänzenden Bestimmungen:
§ 8a
Mehrwertabgaben
1. Bei der Zoneneinteilung, bei Änderung der Zoneneinteilung, bei Erlass spezieller Bauvorschriften, bei der Erteilung von Ausnahmebewilligungen und bei Erhöhung der Ausnützungsziffer setzt die zuständige Behörde auch die Mehrwertabgaben fest, welche von den Liegenschaftseigentümern aufgrund dieser Erlasse zu erbringen sind.
2. Diese Abgaben dürfen 60% des durch die Planungsmassnahme ausgelösten Mehrwertes nicht übersteigen. Sie werden in der Regel pro Quadratmeter Bruttogeschossfläche, welcher mehr erstellt wird, mit einem pauschalen Quadratmeteransatz festgesetzt. Dieser Abgabensatz hat wenigstens 40% und höchstens 60% des aufgrund durchschnittlicher Bodenwerte errechneten Mehrwertes zu entsprechen.
3. Der Regierungsrat passt nach Einholen entsprechender Gutachten bei der Bewertungskommission die Abgabensätze periodisch der Preisentwicklung an, spätestens auf den Zeitpunkt der Fälligkeit einer Abgabe, wenn seit der erstmaligen Festsetzung oder der letzten Anpassung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
4. Die Mehrwertabgaben werden fällig bei der Erstellung von Neu- oder Erweiterungsbauten auf den Zeitpunkt des Baubeginns.
5. Die Mehrwertabgaben lasten gemäss Art. 784 ZBG als öffentlichrechtliche Grundlasten auf den betreffenden Parzellen. Die Haftung für die Mehrwertabgabe ist im Grundbuche anzumerken. Die allgemeine Haftungsanmerkung ist durch Eintragung einer Grundlast zu ersetzen, sobald aufgrund einer Baubewilligung die Höhe der Mehrwertabgabe feststeht.
6. Für die Stundung einer Abgabe gilt § 62 des Strassengesetzes sinngemäss.
Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt erliess am 6. Juni 1978 gestützt auf seine Kompetenz zum Erlass von Vollzugsvorschriften (§ 197 HBG) eine Verordnung über die Mehrwertabgaben gemäss § 8a des Hochbautengesetzes (Verordnung über die Mehrwertabgaben). Darin bezeichnete er die für die Erhebung der Mehrwertabgaben zuständigen Behörden und regelte die Ermittlung und Festsetzung der Abgaben im einzelnen. Hinsichtlich der Festsetzung des Abgabesatzes enthielt die Verordnung folgende Bestimmungen:
BGE 105 Ia 134 S. 136
§ 12
1. Der Regierungsrat setzt den Abgabesatz mit besonderem Beschluss fest.
2. Er berücksichtigt dabei die angestrebte städtebauliche Entwicklung, die Belastung der Infrastruktur sowie die Art und das Mass der Nutzung.
Gestützt auf diese Anordnung erliess der Regierungsrat ebenfalls am 6. Juni 1978 einen Beschluss über die Abgabesätze der Mehrwertabgaben gemäss § 8a des Hochbautengesetzes (Beschluss über die Abgabesätze). Dessen wesentlichen Bestimmungen lauten wie folgt:
1. Der Abgabesatz beträgt:
a) 40% des Mehrwertes in den Zonen 2, 2a und 3 sowie bei Bauten bis zu einer Ausnützung von 1,00;
b) 50% des Mehrwertes in den Zonen 4, 5a und in den Zonen mit roter Schraffur für Gewerbe sowie Bauten bis zu einer Ausnützung von 2,00;
c) 60% des Mehrwertes in den Zonen 5 und 6, in den Industriezonen einschliesslich der Zonen mit roter Schraffur für Industriebauten sowie bei Bauten mit einer Ausnützung von mehr als 2,00.
2. Der Abgabesatz in den übrigen Zonen, namentlich in den Stadt- und Dorfbildschutz- und -schonzonen, richtet sich sinngemäss nach Ziff. 1 entsprechend der zulässigen Geschosszahl und Ausnützung.
Der Hausbesitzer-Verein Basel und Frau A. Münch-Küry erhoben gemeinsam staatsrechtliche Beschwerde, mit dem Antrag, § 8a HBG sei aufzuheben. Sie rügen im wesentlichen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehenen Mehrwertabgaben gegen die Eigentumsgarantie (
Art. 22ter BV
), den Grundsatz der Gesetzmässigkeit im Abgaberecht und das Rechtsgleichheitsgebot (
Art. 4 BV
) verstiessen.
Im Anschluss an die offizielle Publikation der Verordnung über die Mehrwertabgaben und des Beschlusses über die Abgabesätze focht der Hausbesitzer-Verein Basel auch diese Ausführungsbestimmungen des Regierungsrates mit staatsrechtlicher Beschwerde an, in der Hauptsache mit der Begründung dass sie den Grundsatz der Gewaltentrennung verletzten.
Die Beschwerdeführer machen in erster Linie geltend, die in § 8a HBG vorgesehenen Mehrwertabgaben verletzten die Eigentumsgarantie. Sie bringen im wesentlichen vor, dass eine zusätzliche Nutzung, welche durch Pläne oder Sonderbewilligungen gestattet werde, eine Aufhebung vorheriger Eigentumsbeschränkungen bedeute. Durch den Wegfall solcher Beschränkungen
BGE 105 Ia 134 S. 137
würden Rechte frei, die schon vorher im Eigentum enthalten gewesen seien. Deshalb könne der Mehrwert, welcher sich aus der Aufhebung solcher Beschränkungen ergebe, nicht dem Staat zustehen. Im übrigen unterlägen die fraglichen Mehrwerte bereits einer Vielzahl von Steuern und Abgaben. Aus der Kumulation mit diesen Steuern und Abgaben ergebe sich eine konfiskatorische Wirkung, da der entstandene Mehrwert regelmässig bis auf einen bescheidenen Restbetrag abgeschöpft werde. Die Mehrwertabgabe wirke überdies prohibitiv, indem der Eigentümer bei Baubeginn zu grossen Auslagen gezwungen werde; da es heute ungewiss sei, ob sofort Mieter gefunden werden könnten, sei das finanzielle Risiko eines Baues für den Bauherrn untragbar.
Die Beschwerdeführer rügen sodann eine Verletzung von
Art. 4 BV
, im wesentlichen mit der Begründung, dass das Erfordernis der Gesetzmässigkeit im Abgaberecht nicht erfüllt sei. Überdies liege ein Verstoss gegen den Grundsatz der Gewaltentrennung vor, da sich der Regierungsrat zu Unrecht als befugt erachtet habe, derart weitreichende Ausführungsbestimmungen zu erlassen. Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
a) Unter dem Begriff Mehrwertabschöpfung versteht man eine vom Grundeigentümer zu tragende öffentliche Abgabe, mit welcher Bodenwertsteigerungen, die durch staatliche Infrastruktur- oder Planungsmassnahmen bewirkt worden sind, teilweise oder überwiegend dem Gemeinwesen zugeführt werden. Bei den Infrastrukturmassnahmen, welche einen Wertzuwachs privater Grundstücke zur Folge haben, handelt es sich in erster Linie um Vorkehren der Erschliessung und Ausstattung der Liegenschaften, ferner um die Erstellung öffentlicher Verkehrsmittel. Was die zu einem Mehrwert führenden Planungsmassnahmen anbelangt, so sind vor allem die durch einen Nutzungsplan erfolgende Einteilung eines bestimmten Grundstücks in eine vorteilhafte Zone und die Zulassung erhöhter Bodennutzung, sei es durch Ausnahmebewilligungen oder Planänderungen, zu erwähnen; zu Planungsmehrwerten können überdies Nutzungsbeschränkungen führen, die benachbarten Grundstücken auferlegt werden und in deren Folge die Nachfrage in der gesamten Umgebung steigt (LENDI, Planungsrecht
BGE 105 Ia 134 S. 138
und Eigentum, in ZSR 95/1976 II, S. 185; WIRTH, Grundlagen und Ausgestaltung der Mehrwertabschöpfung, Diss. Zürich 1976, Nr. 26 der Schriftenreihe zur Orts-, Regional- und Landesplanung des ORL-Instituts der ETHZ, S. 26 ff.; SCHAUMANN, Die Landesplanung im schweizerischen, englischen und französischen Recht, Diss. Zürich 1950, S. 271).
Der Mehrwertabschöpfung liegt der Gedanke zugrunde, dass die öffentlichen Massnahmen, welche die Bodenwertsteigerung verursachen, für einen Kreis von begünstigten Grundeigentümern einen Sondervorteil schaffen, dessen Abschöpfung dem Gebot der Rechtsgleichheit entgegenkommt (LENDI, a.a.O., S. 181 ff.). Eine weitere Rechtfertigung der Mehrwertabschöpfung wird darin gesehen, dass sie einerseits einem hervorragenden öffentlichen Interesse entspreche und anderseits eine Quelle zur Bestreitung der hohen Planungskosten erschliesse. Beim heute erreichten Grad der Ballung und Industrialisierung fordere ein öffentliches Interesse, dass gewisse Formen intensiver Nutzung in bestimmten Gebieten konzentriert würden und dass entsprechend die Bodennutzung in anderen Zonen einzuschränken sei. Diese Art der Planung werde von den zeitgemässen Vorstellungen hinsichtlich einer sinnvollen und lebensfreundlichen Gliederung des Siedlungsraums geboten. Zudem verursache die Durchführung einer Raumplanung dem Gemeinwesen einen erheblichen Kostenaufwand. Zu den Ausgaben für die Planung selber addierten sich die Kosten für die Entschädigung enteigneter Grundeigentümer, für Erschliessungs- und Infrastrukturanlagen sowie für Gemeinschaftseinrichtungen aller Art. Zudem wirkten sich die neu entstandenen öffentlichen Einrichtungen ihrerseits wertvermehrend auf die privaten Grundstücke aus. Die Raumordnung sei ein Ganzes, das nicht isoliert in Teilgebieten betrachtet werden könne; es rechtfertige sich deshalb, den privaten Planungsgewinnen die öffentlichen Kosten der gesamten Durchführung einer Planung entgegenzustellen und die entstandenen Mehrwerte bei denjenigen Grundeigentümern abzuschöpfen, die durch die Planung begünstigt worden seien (vgl. KUTTLER/ ZAUGG, Rechtliche Grundfragen der Planungswertabschöpfung, in Wirtschaft und Recht 24/1972, S. 262 f.).
b) Die in § 8a HBG getroffene und von den Beschwerdeführern angefochtene Ordnung bezieht sich auf eine Abschöpfung der Planungsmehrwerte, nicht jedoch der Mehrwerte, die
BGE 105 Ia 134 S. 139
durch Infrastrukturmassnahmen verursacht worden sind. Auf diese zweite Kategorie ist daher im vorliegenden Verfahren nicht mehr einzugehen. Als Massnahmen, welche die Erhebung einer Mehrwertabgabe zur Folge haben können, werden in § 8a HBG die erstmalige Zoneneinteilung, die Änderung der Zoneneinteilung, Ausnahmebewilligungen, der Erlass von speziellen Bauvorschriften sowie die Erhöhung der Ausnützungsziffer genannt (Ziff. 1). Die Abgabe ist geschuldet, sofern und soweit von der Möglichkeit der Mehrausnützung Gebrauch gemacht wird; die Fälligkeit der Abgabe ist auf den Zeitpunkt des Baubeginns festgesetzt (Ziff. 4). Die Abgabe beträgt 40-60 Prozent des Mehrwertes und ist mit einem pauschalen Ansatz pro Quadratmeter neu erstellter Bruttogeschossfläche zu erheben (Ziff. 2). Für die Veranlagung ist diejenige Behörde zuständig, welche die Massnahme erlassen hat, die den Mehrwert verursacht (Ziff. 1).
In den regierungsrätlichen Ausführungsbestimmungen vom 6. Juni 1978 werden das Erhebungsverfahren sowie die Ermittlung und Festsetzung der Abgabe näher geregelt. Die im vorliegenden Verfahren in Frage stehenden Bestimmungen befassen sich mit der Kompetenz des Regierungsrats zur Festsetzung des Abgabesatzes, den dabei zu berücksichtigenden Kriterien (städtebauliche Entwicklung, Belastung der Infrastruktur, Art und Mass der Nutzung - vgl. § 12 der Verordnung über die Mehrwertabgaben) und mit der konkreten Abstufung des Abgabesatzes je nach Bauzone und Ausnützungsziffer (vgl. Beschluss über die Abgabesätze).
3.
Im vorliegenden Fall stellt sich zunächst die Frage, ob und allenfalls mit welcher Reichweite die Eigentumsgarantie gegen die Belastung mit öffentlichen Abgaben angerufen werden kann.
a) Öffentliche Abgaben auferlegen dem Einzelnen Leistungspflichten, die zwar das Vermögen in seinem wertmässigen Bestand beeinträchtigen, nicht aber die eigentliche Verfügungsmacht über eine bestimmte Sache oder deren Nutzen entziehen. In diesem Sinne lassen Steuern die Eigentumsbefugnisse unberührt und stellen nicht Eigentumsbeschränkungen, sondern persönliche Leistungspflichten dar. Nach der bisherigen Rechtsprechung kann deshalb der Schutz der Eigentumsgarantie gegen die Auferlegung öffentlicher Abgaben grundsätzlich nicht angerufen werden (vgl. MEIER-HAYOZ, Kommentar zum
BGE 105 Ia 134 S. 140
Sachenrecht, Systemat. Teil N. 216 c; IMBODEN, Die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Privateigentums als Schranke der Besteuerung, in ASA 29 S. 5; SALADIN, Grundrechte im Wandel, S. 140). Das Bundesgericht hat allerdings in seiner neueren Rechtsprechung wiederholt die Lehrmeinung in Erwägung gezogen, wonach eine sogenannte konfiskatorische Besteuerung die verfassungsmässige Garantie des Privateigentums verletze (
BGE 102 Ia 227
E. 3b,
BGE 99 Ia 648
E. 7, 94 I 116 E. 4a). In den erwähnten Entscheiden wurden die angefochtenen Abgaben zwar darauf hin überprüft, ob sie einen konfiskatorischen Eingriff darstellen; ob indessen die Eigentumsgarantie neben anderen Verfassungsbestimmungen, z.B. den aus
Art. 4 BV
abgeleiteten Grundsätzen der Rechtsgleichheit und Gesetzmässigkeit, der Belastung mit öffentlichen Abgaben eine Schranke setze, hat das Bundesgericht nicht endgültig entschieden, sondern ausdrücklich offen gelassen.
Im vorliegenden Fall rechtfertigt es sich nicht, diese Zurückhaltung weiterhin beizubehalten. Wie im folgenden zu zeigen ist, beinhalten die von der Institutsgarantie errichteten Schranken gegen Eingriffe des Gesetzgebers in das Privateigentum notwendigerweise auch den Schutz gegen eine konfiskatorische Besteuerung.
Art. 22ter Abs. 2 BV
ermächtigt die Kantone, auf dem Wege der Gesetzgebung im öffentlichen Interesse liegende Eigentumsbeschränkungen vorzusehen und auf diese Weise im Rahmen ihrer verfassungsmässigen Befugnisse den Inhalt des Eigentums näher zu umschreiben. Vor der Institutsgarantie halten jedoch nur solche Eingriffe stand, die den Wesenskern des Privateigentums als fundamentale Einrichtung der schweizerischen Rechtsordnung unangetastet lassen (
BGE 103 Ia 418
mit Hinweis). Die Eigentumsgarantie in ihrer Erscheinungsform als Institutsgarantie bezweckt somit den Schutz der Eigentumsordnung in ihren Grundzügen. Als solche verpflichtet sie den kantonalen Gesetzgeber, die sich aus dem Eigentum ergebenden privaten Verfügungs- und Nutzungsrechte im wesentlichen zu erhalten (
BGE 99 Ia 37
), und verbietet beispielsweise, dass der private Grund gänzlich oder zu einem erheblichen Teil an das Gemeinwesen übertragen wird (vgl.
BGE 88 I 257
E. 3). Die der Institutsgarantie zugrundeliegende Vorstellung, wonach die Eigentumsordnung in ihrem Kern gegenüber staatlichen Eingriffen zu schützen sei, verwehrt es dem Gemeinwesen in gleicher Weise, den Abgabepflichtigen
BGE 105 Ia 134 S. 141
ihr privates Vermögen oder einzelne Vermögenskategorien (z.B. das Immobilienvermögen) durch übermässige Besteuerung zu entziehen (vgl. IMBODEN, a.a.O., S. 8 ff.; SALADIN, a.a.O., S. 143; CAGIANUT, Grundsätzliche Erwägungen über die Schranken der steuerlichen Belastung des Eigentums nach schweizerischem Recht, in ASA 47 S. 72 f.; HENSEL, Die Verfassung als Schranke des Steuerrechts, Diss., St. Gallen 1972, S. 145 ff.). Die Gewährleistung des Eigentums verpflichtet mithin den Steuergesetzgeber, die bestehenden Vermögen in ihrer Substanz zu bewahren und die Möglichkeit der Neubildung von Vermögen zu erhalten. Es ist dem Gesetzgeber versagt, das Eigentum als jedermann zugängliches Rechtsinstitut in Frage zu stellen oder das Vermögen fortlaufend auszuhöhlen (IMBODEN, a.a.O., S. 8 f.).
Wo die Grenzen zwischen einer zulässigen steuerlichen Belastung und einem konfiskatorischen Eingriff zu ziehen sind, lässt sich nicht in allgemeingültiger Weise beantworten (vgl. CAGIANUT, a.a.O., S. 75, mit Literaturhinweisen). Insbesondere kann nicht von einem ziffernmässig bestimmbaren Steuersatz allein abhängen, ob die Vermögenssubstanz ausgehöhlt oder die Neubildung von Vermögen verunmöglicht wird. Zu berücksichtigen sind überdies Steuersatz, Bemessungsgrundlage, Dauer der Massnahme, relative Tiefe des fiskalischen Eingriffs, Kumulation mit anderen Abgaben sowie Möglichkeit der Überwälzung einer Steuer.
b) Die im vorliegenden Fall zu beurteilenden Mehrwertabgaben sehen eine Abschöpfung von bis zu 60 Prozent des durch Planungsmassnahmen ausgelösten Mehrwerts vor. Die Beschwerdeführer machen in diesem Zusammenhang geltend, dass die Mehrwertabgaben zusammen mit den anderen auf Grundstückgewinnen erhobenen Steuern eine Gesamtbelastung von bis zu 80 Prozent des Mehrwerts ergeben könnten.
Wie bereits erwähnt, hat das Bundesgericht schon wiederholt eine Steuer darauf hin überprüft, ob sie sich konfiskatorisch auswirke. In einem Fall hat es die Frage für die auf einer Enteignungsentschädigung erhobene Grundstückgewinnsteuer von 8,2 Prozent der Gesamtentschädigung verneint (
BGE 94 I 116
E. 4a). In zwei weiteren Fällen hat das Bundesgericht erklärt, dass eine allgemeine Steuer unzulässig wäre, die durch die Höhe ihres Satzes zu einem ausserordentlich schwerwiegenden Eingriff in das private Vermögen eines Steuerpflichtigen führt,
BGE 105 Ia 134 S. 142
die Substanz des Steuerobjekts weitgehend aufzehrt und die Vermögensverhältnisse des Pflichtigen derart erschüttert, dass ihm wesentliche Eigentumsrechte faktisch entzogen werden. In Anwendung dieser Regel wurde weder einer steuerlichen Gesamtbelastung des reinen Erwerbseinkommens von 46,3 Prozent (
BGE 99 Ia 649
), noch einer einmaligen Ertragsbesteuerung zu zwei Dritteln des Gewinnes zweier Geschäftsjahre (
BGE 102 Ia 227
/8) eine konfiskatorische Wirkung zugesprochen. Auch im falle der angefochtenen Mehrwertabgaben liegt kein konfiskatorischer Eingriff vor. Die in § 8a HBG vorgesehenen Mehrwertabgaben berühren die Verfügungsfreiheit über das Grundeigentum im Kanton Basel-Stadt grundsätzlich nicht, da das bestehende private Immobilienvermögen in seiner Substanz nicht angetastet wird. Da es sich bei der vorgesehenen Mehrwertabschöpfung um eine einmalige und nicht auf Fortdauer ausgerichtete fiskalische Belastung handelt und da lediglich die durch Planung verursachten Mehrwerte erfasst werden, wird auch die Möglichkeit zur Neubildung von Vermögen aus Grundeigentum weiterhin gewahrt. Den betroffenen Grundeigentümern bleiben nämlich die Gewinnchancen auf dem Immobilienmarkt erhalten, die sich aus dem Einsatz eigener unternehmerischer Leistungen und aus einer günstigen wirtschaftlichen Entwicklung ergeben können (vgl. WIRTH, a.a.O., S. 93). Daraus ergibt sich, dass die Mehrwertabgaben für sich allein das Verbot konfiskatorischer Besteuerung nicht verletzen.
Der Einwand der Beschwerdeführer, die Mehrwertabgaben wirkten jedenfalls dann konfiskatorisch, wenn ihr Betrag zur Summe der weiteren auf Grundstückgewinnen erhobenen Steuern und Abgaben gerechnet werde, erweist sich ebenfalls nicht als stichhaltig. Der Regierungsrat hat in seiner Beschwerdeantwort ausgeführt, dass die Mehrwertabgaben bei der Veranlagung der übrigen Steuern und Abgaben als Aufwand vom ermittelten Mehrwert abzogen werden können. Davon ist im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle auszugehen. Ob die von den Beschwerdeführern eingereichten Berechnungen einer steuerlichen Gesamtbelastung von 80 Prozent des Mehrwerts in jeder Hinsicht stimmen, kann offen bleiben. Auch eine Abschöpfung der planungsmehrwerte in dieser Grössenordnung hat unter den vorliegenden Umständen keine konfiskatorische Wirkung. Im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle kann ebenfalls offen bleiben, ob die angefochtenen Mehrwertabgaben,
BGE 105 Ia 134 S. 143
die bei Baubeginn fällig werden, das finanzielle Risiko dermassen steigern, dass Neubauten verunmöglicht werden. Wie bereits erwähnt, bleiben den Grundeigentümern wesentliche Gewinnchancen erhalten. Deshalb lässt sich im abstrakten Normenkontrollverfahren die Behauptung nicht schützen, dass Finanzierungsquellen für Neu- und allenfalls Erweiterungsbauten nicht mehr zu tragbaren Bedingungen zugänglich seien.
Die Beschwerdeführer berufen sich sodann auf die Theorie der "Elastizität des Eigentums", und machen geltend, die Abschöpfung der planungsmehrwerte verstosse gegen die Institutsgarantie, weil bei jeder Aufhebung von Nutzungsbeschränkungen Rechte frei würden, die im Eigentum ursprünglich enthalten gewesen seien. Damit bilde die einer Planungsmassnahme entsprechende neue Nutzung einen Bestandteil des verfassungsmässig geschützten Inhalts des Eigentums; somit stehe auch der Mehrwert, welcher sich aus der Aufhebung solcher Beschränkungen ergebe, nicht dem Gemeinwesen zu (vgl. auch KUTTLER/ZAUGG, a.a.O., S. 261). Dem steht die Meinung entgegen, dass das Prinzip der "Elastizität des Grundeigentums" und der darin enthaltene Gedanke einer potentiell überall vorhandenen (präexistenten) Baufreiheit, die beim Wegfall von Baubeschränkungen wieder auflebe, heute nicht mehr aufrecht zu erhalten sei. Wie es sich mit der Richtigkeit dieser Theorie verhält, braucht indes nicht weiter erörtert zu werden. Es genügt die Feststellung, dass den Eigentümern die wesentlichen Eigentumsrechte erhalten bleiben und die angefochtenen Mehrwertabgaben keinen konfiskatorischen Eingriff darstellen. Da den betroffenen Eigentümern zusätzlich zur bestehenden Nutzung die tatsächliche Baubefugnis im Rahmen der neuen Nutzungsvorschriften zusteht, trifft der staatliche Eingriff lediglich das Vermögen, wobei die Abschöpfung - wie bereits dargelegt - vor den durch die Verfassung gebotenen Schranken zu bestehen vermag.
Die Rüge, die angefochtenen Mehrwertabgaben verletzten die Eigentumsgarantie, erweist sich deshalb als unbegründet. Im folgenden sind die Einwände zu untersuchen, mit welchen die Beschwerdeführer eine Verletzung der sich aus
Art. 4 BV
ergebenden Besteuerungsgrundsätze rügen.
4.
a) Die Beschwerdeführer rügen einen Verstoss gegen das Gebot rechtsgleicher Behandlung ganz allgemein, weil die Grundeigentümer einseitig mit Abgaben belastet würden. Diese Rüge ist nicht begründet.
BGE 105 Ia 134 S. 144
Die Mehrwertabgaben sind dazu bestimmt, einen durch staatliche Leistungen verursachten Sondervorteil auszugleichen. Gerade dieser Sondervorteil steht indessen im Widerspruch mit dem Gedanken der Vorteils- und Lastengleichheit. Mehrwertabgaben führen somit nicht zu einer stossenden Ungleichbehandlung, sondern entsprechen einem sachlich gerechtfertigten Ausgleich (vgl. Urteil vom 4. Oktober 1972 in ZBl 1976/77 S. 349; LENDI, a.a.O., S. 191; KUTTLER/ZAUGG, a.a.O., S. 265 f.). Zieht man in Betracht, dass die Planungsmassnahmen, welche die wirtschaftliche Bevorteilung auslösen, mit öffentlichen Mitteln ausgeführt werden und dass für die Durchführung einer Planung anderen Grundeigentümern Opfer auferlegt werden müssen, so lässt sich mit sachlichen Gründen rechtfertigen, dass die Begünstigten wenigstens mit einem Teil ihres Sondervorteils die öffentlichen Lasten mitzutragen haben. Von einer Verletzung des Rechtsgleichheitsgebotes kann somit keine Rede sein.
b) Die Beschwerdeführer rügen sodann eine gegen das Gebot rechtsgleicher Behandlung verstossende Regelung des Rechtsschutzes. Wenn indessen der Regierungsrat für Zonenänderungen (§ 7 HBG) sowie Ausnahmebewilligungen (§ 7a HBG) und der Grosse Rat für die übrigen Änderungen der Nutzungsvorschriften (§§ 4, 5 und 8 HBG) zuständig ist, so befassen sich die beiden Behörden grundsätzlich mit anderen Sachverhalten. Es stellt deshalb keine Verletzung des Rechtsgleichheitsgebotes dar, wenn in einem Fall die Beschwerde an das Verwaltungsgericht offen steht und im anderen nicht. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, dass den Kantonen grundsätzlich die Organisation ihrer Behörden zusteht.
5.
Die Beschwerdeführer machen geltend, für die Erhebung der angefochtenen Mehrwertabgaben fehle eine hinreichende gesetzliche Grundlage; die vorgesehene Festsetzung des Abgabesatzes durch die Exekutive innerhalb des gesetzlichen Rahmens von 40 bis 60 Prozent verletze den Grundsatz der Gewaltentrennung. Der Beschwerdeführer 1 ficht zudem die vom Regierungsrat erlassenen Durchführungsbestimmungen an, mit der Begründung, dass sie auf einer verfassungswidrigen Delegation beruhten.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts dürfen öffentliche Abgaben nur aufgrund und im Rahmen eines Gesetzes im formellen Sinne erhoben werden (
BGE 97 I 347
mit
BGE 105 Ia 134 S. 145
Hinweisen). Das Gesetz hat den Kreis der Abgabepflichtigen, den Gegenstand der Abgabe und deren Bemessung in ihren Grundzügen selber festzulegen (
BGE 103 Ia 243
,
BGE 100 Ia 66
). Die in jeder Kantonsverfassung gewährleistete Gewaltentrennung zwischen gesetzgebender und vollziehender Behörde sowie der sich aus
Art. 4 BV
ergebende Grundsatz der Gesetzmässigkeit aller Abgaben sind daher verletzt, wenn die Festsetzung der wesentlichen Elemente einer Abgabe der Exekutive überlassen wird (
BGE 99 Ia 701
). Der Exekutive kann dagegen die Kompetenz übertragen werden, nach hinreichend im Gesetz bestimmten Kriterien die absolute Höhe der Abgaben festzulegen, sofern Subjekt, Objekt und Bemessungsgrundlage der Abgabe auf der Stufe des formellen Gesetzes umschrieben sind (VALLENDER, Grundzüge des Kausalabgabenrechts, S. 153).
Diese Grundsätze gelten für Steuern ohne Vorbehalt. Hinsichtlich anderer Abgaben sind sie jedoch gewissen Einschränkungen unterworfen. So hat das Bundesgericht in jüngster Zeit bei Gebühren auf das Erfordernis der formellgesetzlichen Grundlage verzichtet, wenn die in Frage stehende Gebühr einen stark technischen Charakter aufwies oder rasch wandelnden Verhältnissen unterworfen war (
BGE 104 Ia 115
E. 3 mit Hinweisen). Der Vorbehalt wurde insbesondere auch damit begründet, dass der Betroffene mit Rücksicht auf das Wesen der Gebühr sich stets auf das Kostendeckungsprinzip berufen könne. Ganz allgemein ergibt sich aus der neuesten bundesgerichtlichen Rechtsprechung, dass im Abgaberecht bei den Anforderungen an die gesetzliche Grundlage nach der Natur der in Frage stehenden Leistung an den Staat differenziert werden muss (
BGE 104 Ia 117
E. 4,
BGE 99 Ia 704
). Somit ist in der Folge zu prüfen, welche Anforderungen an die gesetzliche Grundlage der angefochtenen Mehrwertabgaben zu stellen sind und ob sie diese erfüllen.
b) Den Mehrwertabgaben wird innerhalb des Systems der öffentlichen Abgaben eine unterschiedliche Stellung zugeordnet. Da sie nicht voraussetzungslos geschuldet werden, scheint Einigkeit darüber zu herrschen, dass es sich nicht um eine Steuer, sondern um eine Kausalabgabe handelt (vgl. z.B. AUBERT/JAGMETTI, Ergänzungsgutachten zur Frage der Verfassungsmässigkeit des bereinigten Entwurfes vom 27. Oktober 1971 für ein Bundesgesetz über die Raumplanung, in Wirtschaft und Recht 24/1972, S. 52 f. Ziff. 221; LENDI, a.a.O.,
BGE 105 Ia 134 S. 146
S. 182). Mehrere Autoren bezeichnen die Mehrwertabschöpfung als eine Abgabe neuartiger Prägung, welche die Besonderheit aufweise, dass sie einerseits durch die Planungsmassnahmen des Gemeinwesens motiviert sei, anderseits aber kostenunabhängig erhoben werden solle (KUTTLER/ZAUGG, a.a.O., S. 257; ZUPPINGER, Möglichkeiten der Mehrwertabschöpfung im Rahmen der Raumplanung, ZBl 75/1974, S. 203; LENDI, a.a.O., S. 198). In einigen Untersuchungen wird hervorgehoben, dass die Mehrwertabgaben in erster Linie nicht fiskalisch, sondern vom Gedanken der Rechtsgleichheit her zu begründen seien. Als Vorteilsausgleich seien sie darauf ausgerichtet, ungerechtfertigte durch öffentliche Planungsmassnahmen entstandene Sondervorteile abzuschöpfen (WIRTH, a.a.O., S. 83 f.; LENDI, a.a.O., S. 197 f.). HÖHN (Geleitwort zu VALLENDER, a.a.O., S. 10 f. Ziff. 4) weist darauf hin, dass es sich bei der Mehrwertabschöpfung um eine kostenunabhängige Kausalabgabe handle. Bei der Ausgestaltung solcher Kausalabgaben müsse die Frage nach der Abgabehöhe, und damit nach der Höhe des Gesamtertrags, von den Rechtsetzungsorganen ausdrücklich beantwortet werden, da sich aus der Natur der Abgabe über deren Höhe keine zwingenden Anhaltspunkte gewinnen liessen. Insofern seien sie von den kostenabhängigen Kausalabgaben abzugrenzen und liege anderseits eine Gemeinsamkeit mit den Steuern vor.
Die abgaberechtliche Natur der Abschöpfung von Planungsmehrwerten braucht indessen nicht endgültig bestimmt zu werden, denn es ist davon auszugehen, dass die strengen Anforderungen an die Gesetzmässigkeit der Steuern auch für die Mehrwertabgaben aufrechtzuerhalten sind. Der Gedanke der rechtsstaatlichen Ausgestaltung des Abgaberechts verlangt, dass auch kostenunabhängige Mehrwertabgaben im formellen Gesetz hinreichend bestimmt sind. Daraus ergibt sich, dass das HBG die wesentlichen Elemente, insbesondere aber die Bemessung der Mehrwertabgaben in ihren Grundzügen, selber festzulegen hat.
c) Der Gesetzgeber des Kantons Basel-Stadt überlässt es in § 8a HBG der zuständigen Behörde, 40-60 Prozent der Planungsmehrwerte abzuschöpfen, ohne dafür selber nähere Grundsätze aufzustellen. Damit ist es dem Ermessen der zuständigen Behörde anheimgestellt, die Abgabe innerhalb dieses weitgefassten Rahmens festzusetzen. Zieht man in Betracht,
BGE 105 Ia 134 S. 147
dass bei einer kostenunabhängigen Abgabe die Überprüfung aufgrund des Kostendeckungsprinzips wegfällt und somit der Gesetzesvorbehalt den hauptsächlichen Schutz des Bürgers darstellt so kann der in § 8a HBG enthaltene weite Spielraum vor dem Gesetzmässigkeitserfordernis nicht standhalten. Dabei fällt insbesondere ins Gewicht, dass von den Mehrwertabgaben vergleichsweise hohe Beträge erfasst werden. Um so mehr erfordert deshalb das Legalitätsprinzip, dass das HBG selber deutliche Richtlinien über die Abstufung der Abgabe innerhalb des erwähnten Spielraums enthalten müsste.
Der Regierungsrat weist freilich darauf hin, dass die Mehrwertabgaben als neuartige Kausalabgaben mit Lenkungscharakter zu betrachten seien. Einerseits hätten sie eine Ausgleichsfunktion, indem die betroffenen Eigentümer an den Kosten für Infrastruktur, für die Schaffung von Grün- und Freiräumen und die damit verbundene Entschädigung anderer Eigentümer beteiligt würden. Anderseits dienten die Mehrwertabgaben als städtebauliches Planungsinstrument, das der Abnahme der Wohnbevölkerung entgegenwirken solle. Aus diesem Grund enthalte das HBG einen Ermessensspielraum für die Festsetzung der Höhe des Abgabesatzes. Der Regierungsrat könne förderungswürdige Bauzwecke, gegenwärtig den Wohnungsbau, in den dafür geeigneten Bauzonen mit dem niedrigsten Ansatz belasten. Die Verhältnisse könnten sich jedoch rasch ändern, was bedingen würde, dass die Abgabesätze rasch angepasst werden müssten. Diese Einwendungen vermögen an der vorstehenden Beurteilung nichts zu ändern. Auch die sozial- und wirtschaftspolitischen Überlegungen, von welchen sich der Regierungsrat beim Erlass der angefochtenen Ausführungsbestimmungen leiten liess, können - da dem Legalitätsprinzip Vorrang einzuräumen ist - nur durch ein Gesetz im formellen Sinn verwirklicht werden (vgl. HÖHN, in VALLENDER, a.a.O., S. 10 f.).
Offenbar ist sich der Regierungsrat der Unzulänglichkeit der gesetzlichen Regelung (§ 8a HBG) erst im Laufe des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bewusst geworden. Um dem Mangel zu begegnen, erliess er in der Folge die Ausführungsbestimmungen vom 6. Juni 1978. Es stand ihm indessen nicht zu, die Lücken des Gesetzes auf dem Verordnungsweg zu überbrücken. Das verfassungsrechtliche Gebot, dass gesetzliche Vorschriften im Abgaberecht hinreichend bestimmt sein müssen,
BGE 105 Ia 134 S. 148
bedeutet gleichzeitig, dass der Gesetzgeber die nähere Umschreibung der fraglichen Kriterien nicht der Exekutive überlassen durfte. In diesem Sinne decken sich der Grundsatz der Gesetzmässigkeit im Abgaberecht und das Gewaltentrennungsprinzip (vgl.
BGE 97 I 348
). Beim Erlass der Richtlinien über die Abstufung der Abgabesätze innerhalb des von § 8a HBG gesetzten Rahmens hat sich demzufolge der Regierungsrat eine Kompetenz zu eigen gemacht, die der Gesetzgeber ihm nicht hätte übertragen können, ohne die Verfassung zu verletzen, Somit sind auch § 12 der Verordnung über die Mehrwertabgaben und der Beschluss über die Abgabesätze wegen Verletzung des Legalitätsprinzips aufzuheben. Dabei kann offen bleiben, ob und allenfalls in welcher Hinsicht diese Ausführungserlasse dem Gesetz widersprechen.
d) Das Bundesgericht greift bei der Überprüfung kantonaler Erlasse möglichst schonend in die Entscheide des Gesetzgebers ein. Somit rechtfertigt es sich, die Bestimmungen des § 8a HBG nur insofern aufzuheben, als diese der zuständigen Behörde einen unzulässigen Spielraum einräumen, das heisst soweit eine Erhebung der Abgabe zu einem Satz von mehr als 40 Prozent des Mehrwerts gestattet wird. Die anderen Begehren sind abzuweisen. Im übrigen wird es dem Gesetzgeber des Kantons Basel-Stadt zustehen, die Vorschriften des HBG den verfassungsrechtlichen Bedingungen anzupassen, soweit er höhere Mehrwertabgaben erheben will. | mixed |
86a54b04-a852-4850-a7e9-ced6af2d48c5 | Sachverhalt
ab Seite 113
BGE 128 II 112 S. 113
La société Grande Dixence SA (ci-après: la Société) bénéficie de deux concessions octroyées par l'Etat du Valais pour l'utilisation des eaux du Rhône provenant de la Viège et de la Borgne; elle est également au bénéfice de concessions délivrées par diverses communes valaisannes pour l'exploitation des forces hydrauliques des eaux de la Viège, de la Borgne et de la Fara. Certaines de ces concessions avaient initialement été établies, en 1948, en faveur de la société Energie de l'Ouest-Suisse SA (sur l'état actuel et la répartition de ces concessions, cf. HANS WYER, Rechtsfragen der Wasserkraftnutzung, thèse Berne 2000, Annexe II: Extrait du Répertoire des concessions de forces hydrauliques valaisannes [état 1999], p. 34/35).
Le 3 décembre 1997, le Conseil d'Etat du canton du Valais (ci-après: le Conseil d'Etat) a décidé que, pour l'année civile 1997, le calcul de la redevance hydraulique et de l'impôt spécial se ferait sur la base d'un taux maximum de 54 fr. par kilowatt théorique jusqu'au 30 avril 1997, et de 80 fr. par kilowatt théorique dès le 1er mai 1997. Ce nouveau taux faisait suite à une modification, intervenue le 1er mai 1997 (RO 1997 p. 991 ss, p. 998), de l'art. 49 al. 1 de la loi fédérale du 22 décembre 1916 sur l'utilisation des forces hydrauliques (ci-après: LFH ou loi fédérale; RS 721.80).
Le Département de la santé, des affaires sociales et de l'énergie du canton du Valais (ci-après: le Département) a fixé l'impôt spécial sur les forces hydrauliques dû par la Société pour les années 1997 et 1998 sur la base du nouveau taux maximum (décisions des 31 janvier 1998 et 1999). La Société a formé réclamation contre ces décisions, en faisant valoir que, malgré la modification de la législation fédérale intervenue le 1er mai 1997, l'impôt spécial sur les
BGE 128 II 112 S. 114
forces hydrauliques devait continuer de se calculer selon l'ancien taux de 32 fr. 40 par kilowatt théorique (correspondant à 60 pour cent du taux maximum admis par la législation fédérale, qui était de 54 fr. jusqu'au 30 avril 1997). Elle soutenait en effet que l'application du nouveau taux de 48 fr. par kilowatt théorique (correspondant à 60 pour cent du taux maximum de 80 fr. admis par la législation fédérale à partir du 1er mai 1997) violait le principe de la légalité et portait atteinte à ses droits acquis. Elle se réservait également le droit, selon l'issue de discussions qui étaient en cours avec le Conseil d'Etat, de contester l'existence même d'une base légale suffisante permettant de prélever l'impôt spécial.
Sous réserve d'une légère réduction du montant de l'impôt spécial dû pour l'année civile 1998 (résultant de la prise en compte de l'ancien taux d'imposition pour les quatre premiers mois de cette année-là), le Département a rejeté les réclamations dont il était saisi, par deux décisions du 30 septembre 1999. Le Tribunal cantonal a également rejeté, dans un seul et même arrêt du 20 septembre 2000, les recours formés par la Société contre les deux décisions précitées.
La Société dépose au Tribunal fédéral un recours de droit administratif (cause no 2A.525/2000) et un recours de droit public (cause no 2P.272/2000) contre l'arrêt rendu le 20 septembre 2000 par le Tribunal cantonal. Dans son recours de droit administratif, elle conclut, sous suite de frais et dépens, à l'annulation de l'arrêt attaqué et au renvoi du dossier au Département pour, s'il y a lieu, nouvelle taxation. Aux termes de son recours de droit public, elle conclut à l'annulation de l'arrêt attaqué sous suite de frais et dépens. Elle se plaint, en substance, de l'absence de base légale et de l'arbitraire de l'impôt spécial qui lui est réclamé et invoque la force dérogatoire du droit cantonal (sic) ainsi que la violation de ses droits acquis, du principe de la bonne foi et de la garantie de la propriété.
Après avoir joint les causes, le Tribunal fédéral a déclaré irrecevable le recours de droit administratif et rejeté le recours de droit public. Erwägungen
Extrait des considérants:
4.
a) Aux termes de l'
art. 76 al. 4 Cst.
- qui a clarifié l'
art. 24bis al. 3 aCst.
sans y apporter de changement matériel (cf. Message du Conseil fédéral du 20 novembre 1996 relatif à une nouvelle Constitution fédérale, in FF 1997 I 1, p. 254 ad art. 60 al. 4 du projet de nouvelle Constitution; HANS WYER, op. cit., p. 16) -, les
BGE 128 II 112 S. 115
cantons disposent des ressources en eau et peuvent prélever, dans les limites prévues par la législation fédérale, une taxe pour leur utilisation.
Les limites que doit prévoir la législation fédérale, selon la disposition constitutionnelle précitée, sont fixées à l'
art. 49 LFH
, dont la teneur est la suivante:
"1 La redevance hydraulique annuelle ne peut excéder 80 francs par kilowatt théorique (...).
2 Les usines faisant l'objet d'une concession et l'énergie qu'elles produisent ne peuvent être grevées d'impôts spéciaux. Toutefois, si la législation cantonale fixe une redevance maximum inférieure au taux admis par les prescriptions fédérales, le canton peut percevoir un impôt spécial, pourvu que les deux taxes réunies n'excèdent pas ce taux.
3 (...)
4 (...)."
b) Le prélèvement de la redevance et de l'impôt spécial font l'objet, dans la loi cantonale, de deux chapitres distincts (respectivement des chapitres 2 et 3).
aa) Intitulé "Des concessions des forces hydrauliques", le chapitre 2 de la loi cantonale traite notamment, sous la lettre D, des "taxes et redevances" (art. 63 ss de la loi du 28 mars 1990 sur l'utilisation des forces hydrauliques [ci-après: LFH/VS ou loi cantonale]).
Ainsi, l'
art. 63 LFH
/VS pose le principe d'une "taxe initiale" que doit payer le concessionnaire au concédant pour tout octroi, renouvellement ou transfert de concession de droits d'eau, tandis que l'
art. 64 LFH
/VS met à la charge du concessionnaire un "émolument" en faveur de l'Etat dans un certain nombre de situations proches de celles décrites à l'art. 63 (notamment en cas d'octroi, de modification, de renouvellement ou de transfert d'une concession de forces hydrauliques cantonales ou communales). Quant aux
art. 65 et 66 LFH
/VS, ils fixent le principe et les modalités de calcul de la redevance de la manière suivante:
"Art. 65 Redevance
1 Dès le moment où le premier groupe commence à produire régulièrement du courant, le concessionnaire est tenu de verser à la communauté qui dispose de la force la redevance pour le droit d'eau concédé, redevance calculée d'après la puissance théorique et payable pour chaque année à la fin janvier de l'année suivante.
2 Aussi longtemps que le prix de la matière première force hydraulique n'est pas déterminé selon le marché libre, la redevance correspond au plus à 40% du montant maximum tel que fixé par la loi fédérale sur
BGE 128 II 112 S. 116
l'utilisation des forces hydrauliques et dans la mesure où la concession de droit d'eau n'a pas expressément prévu un montant inférieur. Si la redevance maximum selon le droit fédéral est modifiée, le maximum de la redevance appliqué dans le canton subira une modification proportionnelle.
3 (...)
Art. 66 Calcul de la puissance théorique
1 Fait règle pour le calcul de la redevance hydraulique la puissance théorique moyenne, calculée d'après la hauteur de chute et le débit utilisables.
2 La hauteur de chute utilisable correspond à la différence de niveau dans le cours d'eau naturel entre la prise d'eau et le point de restitution.
3 Est considérée comme débit utilisable la quantité d'eau disponible en vertu de la concession de droits d'eau pour autant que celle-ci ne dépasse pas la capacité d'absorption des installations autorisées.
4 Si la détermination de la puissance théorique moyenne rencontre des difficultés d'ordre technique particulières, celle-ci peut être calculée sur la base de l'énergie produite, compte tenu de la hauteur de chute et du débit disponible non utilisés. Le département décide dans quels cas ce mode de calcul peut être adopté et ordonne au besoin les mesures nécessaires. Il tient à la disposition des communes toutes les données techniques nécessaires et les assiste de ses conseils pour le calcul de la redevance.
5 (...)"
bb) L'impôt spécial fait, quant à lui, l'objet du chapitre 3 de la loi cantonale, qui comprend les art. 71 à 74 LFH/VS.
L'
art. 71 LFH
/VS dispose notamment ceci:
"1 Le canton perçoit de toute entreprise utilisant des forces hydrauliques, dès la mise en service de l'usine, un impôt spécial sur les forces hydrauliques égal à 60% du taux maximum prévu dans la loi fédérale sur l'utilisation des forces hydrauliques.
2 Le 15% de l'impôt spécial brut revenant au canton est versé chaque année dans un fonds de financement destiné à l'augmentation du capital social des Forces motrices valaisannes (FMV). Ce fonds est à disposition du canton et des communes qui pourront l'utiliser proportionnellement à leurs droits dans la société organisée selon la présente loi.
3 Ce fonds de financement est exempté de tous impôts et est géré par le département compétent.
4 (...)
5 Le Conseil d'Etat peut, sur demande, réduire pour une durée indéterminée l'impôt spécial sur l'énergie produite dans le canton, si cette énergie est consommée par des exploitations économiquement importantes installées dans le canton et que celles-ci en tirent profit directement.
BGE 128 II 112 S. 117
6 (...)"
Les
art. 72 et 73 LFH
/VS règlent des questions particulières (répartition de l'indemnité versée par la Confédération pour perte d'impôts et calcul de l'impôt spécial en cas de modernisation des installations) alors que l'
art. 74 LFH
/VS délègue au Conseil d'Etat la compétence d'édicter dans un règlement d'exécution les dispositions concernant notamment les modalités du calcul et de la perception des redevances et de l'impôt spécial sur les forces hydrauliques.
5.
La recourante fait valoir que l'
art. 71 LFH
/VS ne constitue pas une base légale suffisante pour la perception d'un impôt spécial sur les forces hydrauliques.
a) En matière de contributions publiques, le principe de la légalité est un droit constitutionnel indépendant dont la violation peut être directement invoquée dans un recours de droit public (cf. dans ce sens, en rapport avec l'
art. 4 aCst.
,
ATF 126 I 180
consid. 2a/aa p. 182). Il est concrétisé par l'
art. 127 al. 1 Cst.
qui prévoit que la qualité de contribuable, l'objet de l'impôt et son mode de calcul sont définis par la loi. Cette disposition reprend la jurisprudence rendue sous l'empire de l'ancienne Constitution fédérale et vaut aussi bien pour les impôts fédéraux que cantonaux (cf. Message du Conseil fédéral du 20 novembre 1996 relatif à une nouvelle Constitution fédérale, FF 1997 I 1 ss, p. 351 s.).
Le principe de la légalité, qui vise notamment à protéger l'administré contre tout comportement arbitraire de l'Etat, s'applique de façon générale à toutes les contributions publiques, mais avec des nuances visant à tenir compte de la nature spécifique de certaines contributions. Ainsi, il peut notamment être assoupli lorsque d'autres principes remplissent également une fonction protectrice, tels ceux de la couverture des frais et de l'équivalence qui permettent, dans une certaine mesure, de contrôler le montant de la contribution (cf.
ATF 126 I 180
consid. 3a p. 188). Ces principes ne sauraient toutefois remplacer complètement et entièrement l'exigence d'une base légale formelle (cf.
ATF 125 I 173
consid. 9c p. 180).
b) Dans le cas particulier, l'impôt spécial est destiné, pour une petite part seulement, à alimenter des fonds spéciaux (cf.
art. 70 al. 1 et
art. 71 al. 2 LFH
/VS), sans toutefois qu'on puisse dire que ceux-ci servent directement les intérêts des entreprises qui y sont assujetties (sur les buts de ces fonds, cf.
art. 70 al. 2 et 89 LFH
/VS). La contribution en cause ne saurait donc être qualifiée de charge de préférence (sur cette notion, cf.
ATF 122 I 305
consid. 4b p. 309 s.). Au demeurant, dans sa plus grande part, il faut admettre - en
BGE 128 II 112 S. 118
l'absence d'indications contraires - que l'impôt spécial sert au financement des dépenses générales du canton. Il doit par conséquent reposer sur une base légale formelle possédant la densité normative requise pour les impôts au sens strict du terme (cf.
ATF 125 I 182
consid. 4a p. 193;
ATF 124 I 11
consid. 6a p. 19).
6.
a) Selon la recourante, la loi cantonale ne définit pas l'objet de l'impôt spécial, le renvoi de l'
art. 71 al. 1 LFH
/VS à la législation fédérale ne permettant pas de remédier à cette insuffisance. Elle considère en effet que ce point devrait être réglé directement dans la loi cantonale elle-même, la possibilité de déterminer l'objet de l'impôt par le recours à une interprétation systématique de la loi n'étant pas, à ses yeux, en accord avec les exigences qui découlent du principe de la légalité. Par ailleurs, en ce qui concerne l'assiette de l'impôt spécial, l'
art. 71 al. 1 LFH
/VS ne comporterait pas réellement de renvoi au droit fédéral, le texte de la disposition précitée étant "muet à ce sujet". Un tel renvoi ne serait d'ailleurs pas suffisamment clair pour être pris en considération, car la loi fédérale ne définit nullement l'assiette de l'impôt spécial, mais seulement celle de la redevance (cf.
art. 51 LFH
). Enfin, la recourante souligne que la législation fédérale ne pose qu'une seule limite, à savoir que, cumulés, redevance et impôt spécial ne doivent pas dépasser le taux maximum fixé à l'
art. 49 al. 1 LFH
. L'application de l'
art. 71 LFH
/VS conduirait ainsi à "un résultat absurde qui débouche en réalité sur un renvoi circulaire", allant de la législation cantonale à la législation fédérale pour fixer le taux d'imposition, puis de la législation fédérale à la législation cantonale pour déterminer les bases de calcul applicables.
b) Il est vrai que, considéré isolément, l'
art. 71 al. 1 LFH
/VS ne permet pas de déterminer précisément l'objet de l'impôt spécial et la manière de le calculer. Toutefois, en prévoyant que cet impôt "est égal à 60 pour cent du taux maximum prévu dans la loi fédérale sur l'utilisation des forces hydrauliques", la disposition précitée renvoie clairement au montant maximum prévu à l'
art. 49 al. 1 LFH
, soit 80 fr. par kilowatt théorique (54 fr. jusqu'au 30 avril 1997). Avec l'autorité intimée, il faut donc convenir que ce renvoi permet aisément de déterminer tant l'objet de l'impôt spécial (les kilowatts théoriques) que son taux (48 fr. par kilowatt théorique, soit les 60 pour cent du taux maximum admis par la loi fédérale). Que seule soit définie dans la loi fédérale la manière de calculer la redevance (cf.
art. 51 LFH
), mais non celle de calculer l'impôt spécial, n'est d'aucun secours à la recourante. En effet, le législateur cantonal a manifesté
BGE 128 II 112 S. 119
de manière reconnaissable son intention, par le renvoi à la législation fédérale, d'établir un impôt spécial qui reprenne l'objet et les bases de calcul applicables à la redevance, tant il serait contraire à toute logique que le taux d'imposition prévu à l'
art. 71 al. 1 LFH
/VS, qui est égal à 60 pour cent du montant - exprimé en kilowatt théorique - fixé à l'
art. 49 al. 1 LFH
, soit finalement destiné à taxer autre chose que des kilowatts théoriques.
c) Certes, on peut se demander si le droit cantonal peut valablement, par le simple jeu d'un renvoi, laisser au droit fédéral le soin de définir l'objet et l'assiette d'un impôt cantonal. Cette question peut toutefois rester ouverte.
Il apparaît en effet que, dans le cas particulier, la loi cantonale décrit de manière claire et précise les contours de la redevance hydraulique, en prévoyant que c'est la puissance théorique moyenne, calculée d'après la hauteur de chute et le débit utilisables, qui fait généralement règle pour le calcul de cette contribution (cf. art. 65 al. 1 et 66 al. 1 LFH/VS), sauf difficultés d'ordre technique particulières (cf.
art. 66 al. 4 LFH
/VS). Or, le renvoi à la loi fédérale qui, s'agissant de la redevance, procède de l'
art. 65 al. 2 LFH
/VS, est formulé de manière tout à fait comparable à celui que consacre l'
art. 71 al. 1 LFH
/VS pour déterminer le taux de l'impôt spécial. Il existe donc, dans la loi cantonale, une évidente symétrie entre la redevance et l'impôt spécial en ce qui concerne l'objet et l'assiette de ces contributions. Cette symétrie est encore soulignée par la complémentarité que présentent les taux d'imposition applicables à chacune des contributions en cause, soit respectivement 60 et 40 pour cent (au plus) du montant maximum fixé à l'
art. 49 al. 1 LFH
. Ces similitudes témoignent clairement de la volonté du législateur cantonal de voir appliquer à l'impôt spécial les mêmes bases d'imposition qu'à la redevance, à savoir la puissance théorique moyenne calculée selon la hauteur de chute et le débit utilisables. Cette volonté a d'ailleurs été explicitée à l'art. 13 du règlement valaisan du 4 juillet 1990 concernant l'exécution de la loi du 28 mars 1990 sur l'utilisation des forces hydrauliques (ci-après: RLFH/VS ou le règlement cantonal).
Il s'ensuit que, bien que la disposition formelle de droit cantonal instituant l'impôt spécial (
art. 71 LFH
/VS) ne définisse pas elle-même directement l'objet et l'assiette de cette contribution, l'un et l'autre de ces paramètres se laissent facilement déduire d'autres dispositions du texte même de la loi cantonale (soit les
art. 65 ss LFH
/VS relatifs à la redevance), sans que celui-ci ne puisse donner lieu à
BGE 128 II 112 S. 120
aucune autre interprétation, ce qui satisfait à l'exigence d'une base légale formelle (cf.
ATF 109 Ib 308
consid. 6b p. 316).
d) L'analyse historique que propose la recourante ne permet pas d'aboutir à une autre conclusion.
Certes, il est exact qu'avant l'entrée en vigueur de la loi valaisanne du 5 février 1957 sur l'utilisation des forces hydrauliques (ci-après: la loi cantonale de 1957), l'impôt spécial ne se calculait pas, comme aujourd'hui, sur la base d'une puissance théorique (kilowatt théorique), mais sur la base de l'énergie qui était effectivement produite (cf. art. 1er de la loi valaisanne du 25 mai 1923 concernant l'établissement d'un impôt sur les forces hydrauliques; cf. art. 3 de la loi valaisanne du 15 novembre 1946, modifiée le 13 novembre 1953, concernant les redevances et l'impôt spécial sur les forces hydrauliques [ci-après: la loi cantonale de 1946]). Il en allait différemment pour la redevance qui était déterminée en cheval-moyen année calculé sur l'arbre de la turbine (cf. art. 1 de la loi de 1946), soit, semble-t-il, par référence à l'énergie pouvant être produite par l'eau concédée (cf. art. 2 de la convention du 24 mars 1948 entre la commune d'Evolène et la société Energie de l'Ouest-Suisse SA); certaines concessions établies en 1948 faisaient toutefois également référence à l'énergie effectivement produite (cf. art. 1 de la convention du 4 mars 1948 entre la commune d'Hérémence et la société Energie de l'Ouest-Suisse SA; art. 2 de la convention du 4 mars 1948 entre la commune de Vex et la société Energie de l'Ouest-Suisse SA).
Dans le souci de coordonner et de compléter la législation cantonale sur les forces hydrauliques et de l'adapter à la législation fédérale, le législateur cantonal a toutefois clairement opté, lors de l'adoption de la loi cantonale de 1957 (cf. le préambule de cette loi), pour le système qui est encore actuellement en vigueur, à savoir la détermination de l'impôt spécial et de la redevance en prenant en compte, comme matière imposable, la puissance théorique (calculée à l'époque en cheval-théorique) et, comme taux d'imposition, un pourcentage du montant maximum admis par l'
art. 49 al. 1 LFH
(cf. Message du Conseil d'Etat du 27 septembre 1955 concernant la loi sur l'utilisation des forces hydrauliques, Bulletin des séances du Grand Conseil du Canton du Valais, session ordinaire de mai 1956, p. 33 ss, p. 37-41). L'art. 70 de la loi cantonale de 1957 reflète particulièrement bien la volonté du législateur d'harmoniser le droit cantonal avec le droit supérieur en disposant que "le canton perçoit de toute entreprise utilisant des forces hydrauliques, dès la mise en service de l'usine, un impôt spécial sur les forces hydrauliques égal
BGE 128 II 112 S. 121
à la différence entre le maximum de la redevance prévu à l'art. 65 (alors calculée en cheval-théorique) et le maximum autorisé par l'art. 49 modifié de la loi fédérale".
Par ailleurs, lorsqu'il s'est agi de remplacer la loi cantonale de 1957, le législateur s'est expressément prononcé en faveur du maintien des mêmes principes qu'auparavant en matière de taxes et de redevances, en considérant que ce système avait "fait ses preuves" (cf. Message accompagnant le projet de révision de la loi du 5 février 1957 sur l'utilisation des forces hydrauliques [LFH/VS], Bulletin des séances du Grand Conseil du Canton du Valais, session prorogée de mai 1989 [deuxième partie septembre/octobre 1989], p. 304 ss, p. 321, p. 337 ss).
Est donc sans fondement le doute émis par la recourante qui l'amène à "se demander si l'impôt (spécial), tel qu'il est prévu par la loi valaisanne de 1990, ne devrait pas être toujours perçu sur l'énergie effectivement produite": depuis plus de quarante ans maintenant, le législateur valaisan a ouvertement choisi, en harmonie avec le droit fédéral, d'imposer la force hydraulique (redevance et impôt spécial) sur la base de la puissance théorique.
e) C'est en vain que la recourante cherche à mettre en doute cette conclusion en s'appuyant sur l'art. 71 al. 4 (recte: 71 al. 5) LFH/VS.
Cette disposition vise à attirer dans le canton du Valais des entreprises nouvelles en leur fournissant de l'énergie bon marché (cf. les débats parlementaires consacrés à cette disposition in Bulletin des séances du Grand Conseil du Canton du Valais, session prorogée de mai 1989 [deuxième partie septembre/octobre 1989], p. 677 ss, en particulier p. 682). A cette fin, l'
art. 71 al. 5 LFH
/VS autorise le Conseil d'Etat, sur demande, à réduire pour une durée indéterminée l'impôt spécial sur l'énergie produite dans le canton, si cette énergie est consommée par des exploitations économiquement importantes installées dans le canton et que celles-ci en tirent profit directement. Au regard du but recherché, la référence à l'énergie produite, par opposition à l'énergie théorique, se comprend dès lors aisément et n'est pas de nature à jeter un doute sur l'objet de l'impôt spécial qui demeure, en règle générale, la puissance théorique.
D'ailleurs, le fait que le concessionnaire doive, en cas de modernisation des installations, faire une demande expresse pour que l'impôt spécial soit calculé sur la force hydraulique "réellement utilisée" durant la période de construction (cf.
art. 73 LFH
/VS) atteste bien que c'est ordinairement la puissance théorique qui sert de base de calcul.
BGE 128 II 112 S. 122
A l'argumentation de la recourante s'oppose donc non seulement l'interprétation historique de la loi cantonale, mais encore son interprétation téléologique et systématique.
f) En résumé, tant l'objet de l'impôt spécial que son assiette trouvent un fondement suffisant dans la loi cantonale (art. 71 en relation avec les
art. 65 ss LFH
/VS).
7.
La recourante conteste également la légalité du renvoi à la législation fédérale pour déterminer le taux de l'impôt spécial.
Comme l'a justement rappelé l'autorité intimée dans l'arrêt attaqué, le Tribunal fédéral s'est déjà prononcé sur une question analogue (cf. arrêt 2A.517/1998 du 13 avril 2000 dans la cause Kraftwerke Oberhasli AG contre canton de Berne, partiellement publié aux
ATF 126 II 171
ss). Il s'agissait, dans cette affaire, d'examiner la légalité de l'art. 72 al. 1 (let. b) de la loi bernoise du 3 décembre 1950 sur l'utilisation des eaux (ci-après: la loi bernoise), en vigueur jusqu'au 31 décembre 1997. Pour la détermination du montant de la redevance, la disposition cantonale précitée renvoyait au "taux maximal fixé par le droit fédéral". Or, sans trancher la question de manière générale et définitive, le Tribunal fédéral a considéré qu'un tel renvoi était compatible avec les exigences découlant du principe de la légalité, car la valeur prise comme référence par le jeu du renvoi à la loi fédérale (soit le taux maximal fixé par l'
art. 49 al. 1 LFH
) était dans un rapport direct et particulier avec la contribution cantonale litigieuse (consid. 5b non publié de l'arrêt précité). Ces considérations sont transposables mutatis mutandis à la présente affaire.
En effet, contrairement à ce que soutient la recourante, la loi fédérale ne traite pas seulement de la redevance, puisqu'elle réserve précisément aux cantons le droit de percevoir un impôt spécial, pourvu que les deux contributions réunies (impôt et redevance) n'excèdent pas le taux maximum de 80 fr. par kilowatt théorique. Pour ce motif déjà, il existe donc bel et bien, comme l'a retenu l'autorité intimée, un rapport privilégié entre l'impôt spécial et le taux maximum autorisé par la loi fédérale. Ce rapport est d'autant plus étroit, en l'occurrence, que le législateur cantonal a fait le choix, comme on l'a vu (supra consid. 6b à 6f), de déterminer l'impôt spécial selon le même objet et la même assiette que la redevance, seul le taux applicable à chacune de ces contributions étant différent.
Sous cet angle également, le moyen tiré de la violation du principe de la légalité apparaît ainsi mal fondé.
8.
a) La recourante soutient encore que l'autorité intimée aurait violé de manière grossière les
art. 74 et 107 LFH
/VS en procédant
BGE 128 II 112 S. 123
à une taxation directement fondée sur l'
art. 71 LFH
/VS, sans que le règlement cantonal n'ait été modifié.
C'est un fait que le nouveau taux maximum admis par la loi fédérale à partir du 1er mai 1997 (80 fr.) n'a pas été transposé dans le règlement d'exécution (cf. l'art. 13 RLFH/VS où il est toujours question d'un taux maximum de 54 fr.). Du moment toutefois que l'
art. 71 LFH
/VS constitue, ainsi qu'on l'a vu, une base légale suffisante (en relation avec les
art. 65 ss LFH
/VS ainsi que l'
art. 49 al. 1 LFH
) pour déterminer l'objet, l'assiette et le taux de l'impôt spécial, le principe de la hiérarchie des normes conduit à rejeter purement et simplement le grief de la recourante, les dispositions de la loi devant, en cas de conflit avec des dispositions réglementaires, l'emporter sur celles-ci (cf.
ATF 111 V 310
consid. 2b p. 314). Au demeurant, l'
art. 74 LFH
/VS prévoit expressément que seules les modalités du calcul et de la perception de l'impôt spécial doivent être précisées dans le règlement d'exécution; or, le taux d'imposition applicable est assurément un élément essentiel pour déterminer l'impôt spécial, et non une simple modalité de son calcul. Au demeurant, la loi cantonale ne laisse aucune latitude au Conseil d'Etat pour influencer le taux de l'impôt spécial, qui correspond invariablement à 60 pour cent du montant maximum admis par la loi fédérale.
En définitive, bien qu'on puisse regretter que le Conseil d'Etat n'ait pas pris soin de répercuter dans le règlement d'exécution le nouveau taux maximum, sa négligence est sans incidence sur le taux de l'impôt spécial. La modification de l'
art. 71 al. 1 LFH
entraînait donc, à partir du 1er mai 1997, ipso iure le prélèvement de l'impôt spécial sur la base d'un taux maximum de 80 fr. par kilowatt théorique (cf. consid. 5b de l'arrêt précité Kraftwerke Oberhasli AG c/ canton de Berne).
L'arrêt attaqué échappe donc, de ce point de vue également, à toute critique.
b) Il est certes exact que le renvoi au droit fédéral, tel qu'aménagé dans la loi cantonale, conduit à l'adaptation quasi automatique du taux de l'impôt spécial sur le nouveau taux maximum autorisé par la loi fédérale, c'est-à-dire en dehors de toute intervention ponctuelle du législateur valaisan. Celui-ci a toutefois voulu cet automatisme en adoptant le renvoi prévu à l'
art. 71 al. 1 LFH
/VS. Vu par ailleurs le lien objectif et étroit qui existe entre l'impôt spécial et ledit taux maximum, cette solution est, comme on l'a déjà dit, tout à fait admissible dans son principe (cf. supra consid. 7). Au demeurant, rien n'empêche le législateur cantonal de modifier en tout temps l'
art. 71 LFH
/VS si
BGE 128 II 112 S. 124
ce système devait ne plus lui paraître satisfaisant, par exemple en prévision ou à la suite d'une modification du taux maximum.
Les craintes de la recourante relatives à une entorse au principe démocratique sont donc, en toute hypothèse, infondées.
9.
a) Se référant à certains auteurs (ANDREAS AUER/GIORGIO MALINVERNI/MICHEL HOTTELIER, Droit constitutionnel suisse, vol. I, Berne 2000, n. 1011 ss p. 355 ss), la recourante invoque également, en se fondant sur l'
art. 3 Cst.
, le "principe de la force dérogatoire du droit cantonal". Selon ce principe, le droit fédéral ne primerait le droit cantonal que pour autant que le premier soit lui-même conforme à la répartition des compétences opérée par la Constitution et la législation fédérales; quant au second, lorsqu'il est conforme à la répartition des compétences, il devrait l'emporter sur le droit fédéral, même si ce dernier prend la forme d'une loi fédérale (ANDREAS AUER/GIORGIO MALINVERNI/MICHEL HOTTELIER, op. cit., n. 1016 p. 358 s.). Ceci exposé, la recourante fait valoir qu'en laissant à la Confédération, par le renvoi de l'
art. 71 al. 1 LFH
/VS, le soin de déterminer le taux de l'impôt spécial, le législateur cantonal aurait porté atteinte à la répartition des compétences découlant de l'
art. 24bis aCst.
On comprend mal cette argumentation, qui est formulée de manière confuse et contradictoire. En effet, dès l'instant où la loi cantonale ne serait pas conforme à la répartition des compétences prévue par la Constitution fédérale, comme semble finalement le soutenir la recourante, l'invocation du principe de la force dérogatoire du droit cantonal n'a pas de sens. Pour peu qu'on en saisisse le sens et la portée, ce principe présupposerait en effet que le droit cantonal soit lui-même en accord avec la répartition des compétences prévue dans la Constitution fédérale, contrairement au droit fédéral. Or, tel ne serait précisément pas le cas en l'occurrence si l'on en croit la recourante.
Tel qu'il est allégué, le grief ne semble donc pas répondre aux exigences de motivation posées par la jurisprudence (cf.
ATF 125 I 71
consid. 1c p. 76;
ATF 115 Ia 27
consid. 4a p. 30;
ATF 114 Ia 317
consid. 2b p. 318). Peu importe toutefois, puisque le moyen est de toute façon manifestement mal fondé.
b) D'une part, on ne voit en effet pas que le droit fédéral serait de quelque manière que ce soit contraire à l'
art. 76 al. 4 Cst.
(ou 24bis al. 3 aCst.) en réservant aux cantons le droit de prévoir un impôt spécial sur les forces hydrauliques (sur la répartition des compétences entre la Confédération et les cantons, cf. HANS WYER, op. cit.,
BGE 128 II 112 S. 125
p. 4 ss). Au demeurant, la recourante se trompe lorsqu'elle laisse entendre que la nouvelle Constitution fédérale (cf.
art. 191 Cst.
) autoriserait désormais l'examen de la constitutionnalité des lois fédérales (cf.
ATF 126 IV 236
consid. 4b p. 248).
D'autre part, il est inexact de prétendre que le canton du Valais se serait dessaisi d'une de ses compétences propres en renvoyant à l'
art. 49 al. 1 LFH
pour la détermination du taux de l'impôt spécial: un tel renvoi, loin de s'apparenter à un dessaisissement de compétence, reflète au contraire la volonté et la détermination du législateur cantonal d'imposer l'énergie hydraulique jusqu'à concurrence du maximum autorisé par le droit fédéral. De surcroît, le législateur cantonal reste parfaitement libre, ainsi qu'on l'a vu, d'adopter une nouvelle solution si et quand bon lui semble (cf. supra consid. 8b), de sorte qu'il est tout simplement abusif de parler d'un dessaisissement de compétence.
10.
Invoquant la garantie de la propriété et le principe de la bonne foi, la recourante soutient qu'elle est au bénéfice de droits acquis qui lui permettent de s'opposer au relèvement de l'impôt spécial, voire même à son prélèvement.
a) Le Tribunal fédéral admet que la protection des droits acquis peut découler aussi bien de la garantie de la propriété que du principe de la bonne foi. Selon que sont avant tout en cause, dans les relations juridiques considérées, la réglementation de droits réels (voire de droits analogues) ou des rapports de confiance entre l'administré et l'Etat, il faut considérer au premier chef comme décisif, soit la garantie de la propriété, soit le principe de la bonne foi, l'autre droit constitutionnel devant être pris en compte à titre secondaire (cf.
ATF 118 Ia 245
consid. 5a p. 255;
ATF 106 Ia 163
consid. 1b p. 167 et les références citées; RENÉ RHINOW/BEAT KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, n. 122 III p. 366).
En l'espèce, il y a lieu d'envisager la problématique des droits acquis sous ses deux aspects, dès lors que la recourante soutient, d'une part, que l'Etat du Valais aurait manqué à sa parole en lui imposant des charges nouvelles postérieurement à l'octroi de la concession et, d'autre part, que celles-ci emporteraient les effets d'une expropriation matérielle.
b) aa) Ancré à l'
art. 9 Cst.
et valant pour l'ensemble de l'activité étatique, le principe de la bonne foi confère au citoyen, à certaines conditions, le droit d'exiger des autorités qu'elles se conforment aux promesses ou assurances précises qu'elles lui ont faites et ne trompent pas la confiance qu'il a légitimement placée dans ces dernières
BGE 128 II 112 S. 126
(cf.
ATF 126 II 377
consid. 3a p. 387;
ATF 124 II 265
consid. 4a p. 269/270;
ATF 118 Ia 245
consid. 4b p. 254 et les arrêts cités). Ce principe lie également le législateur, en particulier s'il a promis dans la loi que celle-ci ne serait pas modifiée ou serait maintenue telle quelle pendant un certain temps, créant ainsi un droit acquis (
ATF 102 Ia 331
consid. 3c et les références citées; voir aussi
ATF 118 Ia 245
consid. 5b p. 256; BLAISE KNAPP, Précis de droit administratif, éd. 1991, n. 514 p. 109 s.).
bb) La garantie de la propriété inscrite à l'
art. 26 Cst.
(cf.
art. 22ter aCst.
) s'étend aussi aux droits acquis découlant, par exemple, d'actes de concession (RENÉ RHINOW, Wirtschafts- und Eigentumsverfassung, in Daniel Thürer/Jean-François Aubert/Jörg Paul Müller, Droit constitutionnel suisse, Zurich 2001, n. 27 ad par. 35; GEORG MÜLLER, Commentaire de la Constitution fédérale de la Confédération suisse, Zurich 1993, n. 2 ad
art. 22ter Cst.
).
En matière fiscale, elle ne va toutefois pas au-delà de l'interdiction d'une imposition confiscatoire. Ainsi, une prétention fiscale ne doit pas porter atteinte au noyau essentiel de la propriété privée. Il incombe au législateur de conserver la substance du patrimoine du contribuable et de lui laisser la possibilité d'en former un nouveau. Pour juger si une imposition a un effet confiscatoire, le taux de l'impôt exprimé en pour cent n'est pas seul décisif; il faut examiner la charge que représente l'imposition sur une assez longue période, en faisant abstraction des circonstances extraordinaires; à cet effet, il convient de prendre en considération l'ensemble des circonstances concrètes, la durée et la gravité de l'atteinte ainsi que le cumul avec d'autres taxes ou contributions et la possibilité de reporter l'impôt sur d'autres personnes (cf.
ATF 122 I 305
consid. 7 p. 313;
ATF 112 Ia 240
consid. 6 p. 247;
ATF 106 Ia 342
consid. 6a p. 348;
ATF 105 Ia 134
consid. 3a p. 139 et les références; sur l'évolution de cette jurisprudence, voir DANIELLE YERSIN, Les protections constitutionnelles et légales contre les impositions confiscatoires, in Publications de l'Institut suisse de droit comparé, vol. 12, Zurich 1990, p. 271 ss, en particulier p. 274-278).
c) En matière de concessions de forces hydrauliques, la redevance hydraulique, soit la contre-prestation annuelle due en échange du droit d'utiliser les droits d'eau concédés (cf. DOMINIK STRUB, Wohlerworbene Rechte insbesondere im Bereich des Elektrizitätsrechts, thèse Fribourg 2001, p. 196; WERNER DUBACH, Die wohlerworbenen Rechte im Wasserrecht, expertise publiée par l'Office fédéral des eaux, novembre 1979, p. 104), est un élément essentiel du rapport
BGE 128 II 112 S. 127
juridique entre le concédant et le concessionnaire; à ce titre, elle doit impérativement figurer dans l'acte même de concession en vertu de l'
art. 54 let
. f LFH.
La jurisprudence a très tôt admis que la redevance hydraulique relevait des droits acquis. A cet égard, l'
art. 74 al. 3bis LFH
- en vigueur depuis le 8 octobre 1976 (RO 1977 p. 171) - n'a donc fait que formaliser un principe établi depuis longtemps en posant que c'est seulement dans la mesure où il ne porte pas atteinte à des droits acquis que le taux maximum de l'
art. 49 al. 1 LFH
est applicable (cf.
ATF 126 II 171
consid. 3b p. 177 et les références; DOMINIK STRUB, eod. loc.; ANDRÉ GRISEL, Traité de droit administratif, Neuchâtel 1984, vol. II, p. 594). Au plan valaisan, la loi cantonale instaure également une protection semblable en prévoyant que "les prestations et charges du concessionnaire en vertu de la concession relèvent de la législation en force au moment de l'octroi de la concession de droits d'eau, pour autant que celle-ci n'ait pas réservé expressément ou dans le cas d'espèce l'application du nouveau droit" (
art. 102 al. 3 let. b LFH
/VS).
En raison de sa nature, la redevance hydraulique ne peut être modifiée par l'autorité concédante que s'il existe, dans l'acte même de concession, une réserve expresse et précise l'y autorisant (cf.
ATF 126 II 171
consid. 3b p. 177 ss; DOMINIK STRUB, op. cit., p. 199).
d) A l'inverse, l'impôt spécial n'a pas le caractère d'une contre-prestation, mais est indépendant de la décision d'octroi de la concession hydraulique. Il n'est donc pas un simple supplément de redevance, mais un véritable impôt (cf. CHARLES OSER, Les concessions hydrauliques dans le canton du Valais, thèse Lausanne 1927, p. 83 s.; WALTER SPILLMANN, Die bundesrechtliche Beschränkung der öffentlichen Abgaben der Wasserkraftwerke, thèse Zurich 1936, p. 55; voir aussi DOMINIK STRUB, op. cit., p. 98). En conséquence, l'impôt spécial ne relève pas des prestations économiques imposées au concessionnaire, au sens de l'
art. 54 let
. f LFH in initio, telles que notamment la redevance hydraulique annuelle; en outre, vu son caractère de contribution publique, il n'entre pas non plus dans les "autres prestations qui, en vertu de prescriptions spéciales, résultent de l'utilisation de la force hydraulique", au sens de l'
art. 54 let
. f LFH in fine (cf. l'
art. 54 let
. d LFH dans sa version en vigueur jusqu'au 30 avril 1997, qui parlait "de charges ne résultant pas de prescriptions généralement obligatoires"). Au reste, est assujettie à l'impôt spécial valaisan toute entreprise utilisant des forces hydrauliques (
art. 71 al. 1 LFH
/VS), mais non nécessairement le concessionnaire
BGE 128 II 112 S. 128
lui-même. Redevance et impôt spécial visent donc, abstraitement du moins, des "contribuables" distincts, même si ceux-ci se recoupent le plus souvent dans la pratique. Enfin, sous réserve du cas - exceptionnel - où l'Etat du Valais est lui-même autorité concédante, la redevance et l'impôt spécial sont tous deux rattachés à la souveraineté fiscale de collectivités publiques différentes, soit les communes concédantes pour la première des contributions en cause, et l'Etat du Valais pour la seconde.
Ainsi donc, contrairement à la redevance hydraulique qui ne peut en principe pas être modifiée - du moins pendant un certain temps - après l'octroi de la concession (sauf si l'acte de concession réserve cette possibilité), l'impôt spécial n'est pas à l'abri de modifications ultérieures (cf. WERNER DUBACH, op. cit., p. 105 s. à propos de l'
art. 54 let
. d aLFH précité, disposition dont le contenu était semblable à celui de l'
art. 54 let
. f LFH, en dépit d'un texte sensiblement différent); réserve doit néanmoins être faite de l'existence de droits acquis qui auraient valablement été constitués, soit par l'effet de la loi, soit par une disposition prise dans l'acte même de concession, pour peu toutefois, dans cette dernière hypothèse, que l'impôt spécial entre bien dans la sphère de compétence de l'autorité concédante (cf. WERNER DUBACH, op. cit., p. 106; voir aussi DOMINIK STRUB, op. cit., p. 98 s. et p. 198 s.).
e) En l'espèce, ni la loi fédérale, ni la loi cantonale ne contiennent de disposition ayant pour effet de conférer à l'impôt spécial la protection des droits acquis. Il n'existe, par ailleurs, aucune promesse ou assurance à ce sujet, ni de la part de l'autorité intimée, ni de la part de l'une des autorités concédantes. Les actes de concession n'en font en tout cas pas mention et la recourante ne soutient pas que de telles garanties lui auraient été accordées. Au demeurant, à l'exception de l'Etat du Valais, qui n'intervient comme autorité concédante que dans deux conventions octroyant le droit d'utiliser une partie des eaux du Rhône, les autres autorités concédantes sont toutes des communes (Riddes, Sion, Evolène, St-Martin...) qui, l'auraient-elles souhaité, n'auraient de toute façon pas eu la compétence d'accorder des garanties au sujet de l'impôt spécial, cette contribution étant du ressort exclusif du canton.
La recourante soutient toutefois que l'impôt spécial doit, au même titre que la redevance hydraulique, bénéficier de la protection des droits acquis, à défaut de quoi les cantons seraient libres, pourvu qu'ils respectent le taux maximum fixé à l'
art. 49 al. 1 LFH
, de réduire de manière substantielle le montant de la redevance pour
BGE 128 II 112 S. 129
augmenter dans la même proportion le montant de l'impôt spécial. De l'avis qu'une telle manière de procéder "n'a rien d'hypothétique si l'on considère qu'en Valais, l'impôt spécial représente, pour les concessionnaires, aujourd'hui déjà, une charge plus lourde que la redevance", la recourante y voit le risque de voir ses droits acquis en matière de redevance hydraulique être vidés de leur substance.
f) Pour être pertinente, cette argumentation présuppose que l'intéressée soit au bénéfice de la protection des droits acquis en ce qui concerne le montant de la redevance. On peut toutefois se demander si tel est le cas ou, du moins, si la protection en cause est aussi nette et rigide que ne le soutient la recourante. En effet, toutes les concessions concernées (soit dix-sept au total selon les pièces au dossier) soumettent la redevance au principe de la révision décennale; par ailleurs, sur l'ensemble de ces concessions, douze d'entre elles précisent que la révision est également possible en cas d'augmentation du taux maximum, tandis que trois d'entre elles vont jusqu'à prévoir une adaptation automatique en cas d'augmentation dudit taux maximum (sur les principes applicables pour interpréter de telles clauses d'une concession, cf.
ATF 126 II 171
consid. 4 p. 179 ss; voir aussi WERNER DUBACH, op. cit., p. 107 ss).
La question n'a toutefois pas à être examinée plus avant ici, car le moyen tiré de la protection des droits acquis est, comme on le verra, mal fondé pour une autre raison.
g) En 1953, lorsque le taux maximum a été porté de 6 fr. à 10 fr. par cheval théorique, il n'a pas échappé au Conseil fédéral que, "sous le titre de l'impôt spécial, (les cantons pourraient) chercher à utiliser la marge qui pourrait exister entre la redevance maximum fixée par le droit cantonal et le taux maximum prescrit par le droit fédéral" (Message du 13 novembre 1951 du Conseil fédéral relatif à une modification partielle de la loi sur l'utilisation des forces hydrauliques, FF 1951 III 565 ss, p. 572). Ce risque avait cependant alors été jugé limité, si bien qu'aucune mesure n'avait été proposée (cf. Message précité du Conseil fédéral, eod. loc.).
Par ailleurs, dans deux arrêts déjà anciens (
ATF 38 I 341
;
ATF 48 I 580
), le Tribunal fédéral avait jugé admissible l'introduction d'un impôt spécial cantonal bien qu'une redevance n'eût - en raison notamment du caractère privé des eaux utilisées - pas pu être prélevée. Pour l'essentiel, le Tribunal fédéral avait alors considéré que le prélèvement de l'impôt spécial répondait à d'autres motivations et exigences que celui de la redevance, vu la nature différente de ces contributions. Il n'y avait dès lors ni violation du principe de
BGE 128 II 112 S. 130
l'égalité de traitement ou de la bonne foi, ni atteinte à la garantie de la propriété, ni même fraude à la loi, dans le fait d'introduire, en lieu et place d'une redevance que la législation ne permettait pas de prélever, un impôt spécial. Seul comptait que le taux maximum fixé par le droit fédéral ne fût pas dépassé. Critiquée par WALTER SPILLMANN (op. cit., p. 56 ss, p. 58), cette jurisprudence a été abandonnée, le Tribunal fédéral ayant finalement estimé qu'il était contraire au principe de l'égalité de traitement de mettre à la charge des usines exploitées en vertu de droits privés - exemptes de toute redevance - un impôt spécial équivalant au montant de la redevance prélevée sur les usines exploitées en vertu du droit public (
ATF 68 I 18
consid. 4 et 5 p. 30 ss).
L'argumentation de la recourante n'est donc, en soi, pas dénuée de pertinence lorsqu'elle s'en prend au risque - ou à la tentation - pouvant exister de prélever sous couvert de l'impôt spécial des contributions qui ne pourraient l'être au titre de la redevance en raison de la protection des droits acquis dont cette dernière bénéficie. La présente contestation se situe toutefois sur un tout autre terrain.
h) Ce qui est en cause en effet, ce n'est pas de savoir si l'impôt spécial contesté a été utilisé comme un moyen déguisé pour augmenter, au mépris des droits acquis de la recourante, le montant de la redevance. Une telle situation se présenterait notamment si, dans la charge contributive totale, la proportion entre la redevance et l'impôt spécial était soudainement modifiée au profit de cette dernière contribution. Mais rien de tel ne s'est passé en l'occurrence, puisque le relèvement de l'impôt spécial à l'origine de la présente contestation résulte de la seule augmentation du taux maximum et ne s'accompagne nullement d'un transfert des charges dues sous le titre de la redevance vers celles prélevées au titre de l'impôt spécial: aujourd'hui comme avant la modification légale intervenue le 1er mai 1997, l'impôt spécial représente toujours 60 pour cent du taux maximum, contre 40 pour cent (au plus) pour la redevance.
Dans cette mesure, l'impôt spécial peut, comme n'importe quelle autre contribution générale, subir une augmentation, à la seule réserve que celle-ci n'ait pas un effet confiscatoire mettant en péril la pérennité de l'activité concédée. La recourante ne démontre toutefois pas que tel serait le cas en l'espèce, se bornant à émettre à ce sujet de vagues allégués qui ne satisfont pas aux exigences de motivation déduites de l'
art. 90 al. 1 let. b OJ
.
i) En définitive, c'est donc sans fondement que la recourante se plaint d'une violation de ses droits acquis. | mixed |
31a74a2e-f0f8-4b95-9c65-8cb8f9b00080 | Sachverhalt
ab Seite 219
BGE 138 V 218 S. 219
A.
Dem seit 10. Januar 1995 verwitweten M. wurde ab Januar 1997 eine ordentliche Witwerrente der Alters- und Hinterlassenenversicherung ausgerichtet, nachdem diese Leistung im Rahmen der 10. AHV-Revision neu eingeführt worden war (Verfügung der Ausgleichskasse des Kantons Zürich vom 13. Juni 1997 [nachfolgend: Ausgleichskasse]). Im Februar 2009 teilte die Gemeindeverwaltung X. den
BGE 138 V 218 S. 220
AHV-Behörden mit, dass sich der Versicherte bereits am 15. Juni 2001 wieder verheiratet hatte. Daraufhin verfügte die Ausgleichskasse am 14. April 2009 die rückwirkende Aufhebung der Witwerrente ab Juli 2001 und forderte gleichzeitig die unrechtmässig bezogenen Rentenbetreffnisse ab Mai 2004 im Gesamtbetrag von Fr. 20'192.- von M. zurück. Dieser stellte am 19. April 2009 ein Gesuch um Erlass der Rückforderung. Er verwies auf die Kopie eines vom 7. Februar 2002 datierten Schreibens an die Ausgleichskasse, worin die Wiederverheiratung angezeigt wird. Mit Verfügung vom 25. Januar 2010 und Einspracheentscheid vom 28. Juni 2010 lehnte die Kasse das Erlassgesuch mangels guten Glaubens beim Bezug der zu Unrecht ausgerichteten Witwerrente ab. Weder sei das geltend gemachte Schreiben vom 7. Februar 2002 bei der Ausgleichskasse aktenkundig, noch habe M. einen diesbezüglichen Versandnachweis vorgelegt, weshalb von einer (zumindest) grobfahrlässigen Verletzung der Meldepflicht auszugehen sei.
B.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich hiess die gegen den Einspracheentscheid erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 2. November 2011 gut, bejahte den guten Glauben und wies die Sache zur Prüfung der weiteren Erlassvoraussetzung der grossen Härte an die Ausgleichskasse zurück.
C.
Die Ausgleichskasse führt Beschwerde ans Bundesgericht mit dem Antrag auf Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids.
M. schliesst sinngemäss auf Abweisung der Beschwerde. Kantonales Gericht und Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen
Aus den Erwägungen:
4.
Wer Leistungen in gutem Glauben empfangen hat, muss sie nicht zurückerstatten, wenn eine grosse Härte vorliegt (Art. 25 Abs. 1 zweiter Satz ATSG [SR 830.1]; vgl. auch
Art. 4 Abs. 1 der Verordnung vom 11. September 2002 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSV; SR 830.11]
). Wie das kantonale Gericht zutreffend dargelegt hat, ist der gute Glaube als Erlassvoraussetzung nicht schon mit der Unkenntnis des Rechtsmangels gegeben. Der Leistungsempfänger darf sich vielmehr nicht nur keiner böswilligen Absicht, sondern auch keiner groben Nachlässigkeit schuldig
BGE 138 V 218 S. 221
gemacht haben. Der gute Glaube entfällt somit einerseits von vornherein, wenn die zu Unrecht erfolgte Leistungsausrichtung auf eine arglistige oder grobfahrlässige Melde- oder Auskunftspflichtverletzung zurückzuführen ist. Anderseits kann sich die rückerstattungspflichtige Person auf den guten Glauben berufen, wenn ihr fehlerhaftes Verhalten nur leicht fahrlässig war (
BGE 112 V 97
E. 2c S. 103). Wie in anderen Bereichen beurteilt sich das Mass der erforderlichen Sorgfalt nach einem objektiven Massstab, wobei aber das den Betroffenen in ihrer Subjektivität Mögliche und Zumutbare (Urteilsfähigkeit, Gesundheitszustand, Bildungsgrad usw.) nicht ausgeblendet werden darf (SVR 2008 AHV Nr. 13 S. 41, 9C_14/2007 E. 4.1 mit Hinweis).
5.
Dass der Beschwerdegegner nach
Art. 31 Abs. 1 ATSG
und
Art. 70
bis
Abs. 1 der Verordnung vom 31. Oktober 1947 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVV; SR 831.101)
verpflichtet war, die Änderung im Zivilstand vom 15. Juni 2001 zu melden, steht ausser Frage (vgl. auch den diesbezüglichen Hinweis in der Rentenverfügung vom 13. Juni 1997). Er macht denn auch geltend, er sei - auf Veranlassung seines Steuerberaters - der ihm obliegenden Meldepflicht mit Schreiben an die Ausgleichskasse vom 7. Februar 2002 nachgekommen. Eine entsprechende Mitteilung findet sich indessen im von der Kasse geführten Aktendossier des Versicherten nicht. Ebenso wenig vermag der Beschwerdegegner einen Versandnachweis für die geltend gemachte uneingeschriebene Postsendung vorzulegen.
6.
Der Sozialversicherungsprozess ist vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht. Danach hat das Gericht von Amtes wegen für die richtige und vollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes zu sorgen. Die Verwaltung als verfügende Instanz und - im Beschwerdefall - das Gericht dürfen eine Tatsache nur dann als bewiesen annehmen, wenn sie von ihrem Bestehen überzeugt sind. Im Sozialversicherungsrecht hat das Gericht seinen Entscheid, sofern das Gesetz nicht etwas Abweichendes vorsieht, nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu fällen. Die blosse Möglichkeit eines bestimmten Sachverhalts genügt den Beweisanforderungen nicht. Der Richter und die Richterin haben vielmehr jener Sachverhaltsdarstellung zu folgen, die sie von allen möglichen Geschehensabläufen als die wahrscheinlichste würdigen (
BGE 126 V 353
E. 5b S. 360;
BGE 125 V 193
E. 2 S. 195; je mit Hinweisen;
BGE 138 V 218 S. 222
vgl.
BGE 130 III 321
E. 3.2 und 3.3 S. 324 f.; SVR 2011 UV Nr. 11 S. 39, 8C_693/2010 E. 10).
Der Untersuchungsgrundsatz schliesst die Beweislast im Sinne der Beweisführungslast begriffsnotwendig aus, da es Sache des Sozialversicherungsgerichts (oder der verfügenden Verwaltungsstelle) ist, für die Zusammentragung des Beweismaterials besorgt zu sein. Im Sozialversicherungsprozess tragen mithin die Parteien in der Regel eine Beweislast nur insofern, als im Falle der Beweislosigkeit der Entscheid zu Ungunsten jener Partei ausfällt, die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte. Diese Beweisregel greift allerdings erst Platz, wenn es sich als unmöglich erweist, im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes aufgrund einer Beweiswürdigung einen Sachverhalt zu ermitteln, der zumindest die Wahrscheinlichkeit für sich hat, der Wirklichkeit zu entsprechen (
BGE 117 V 261
E. 3b S. 264 mit Hinweisen; Urteil 8C_663/2009 vom 27. April 2010 E. 2.2).
7.
Angesichts der geschilderten Aktenlage (vorstehende E. 5 in fine) hat die Vorinstanz festgestellt, es sei einerseits möglich, dass der Beschwerdegegner mittels geltend gemachtem (in Kopie vorgelegtem) Schreiben vom 7. Februar 2002 seiner Meldepflicht tatsächlich nachgekommen sei. Anderseits sei es jedoch ebenso möglich, dass das genannte Schreiben nicht zum Zeitpunkt des angegebenen Datums erstellt, nie versandt, bei der Ausgleichskasse nicht angekommen oder aber bei ihr in Verstoss geraten sei. Keiner dieser möglichen Tatbestände sei zum heutigen Zeitpunkt mit geeigneten Beweismitteln rechtsgenüglich zu erhärten oder könne für sich beanspruchen, überwiegend wahrscheinlich zu sein. Diese vorinstanzliche Schlussfolgerung, wonach hinsichtlich einer Meldung der erneuten Eheschliessung Beweislosigkeit herrsche, ist für das Bundesgericht verbindlich (nicht publ. E. 2). Gemäss dargelegter Rechtsprechung müsste mithin der Entscheid zu Ungunsten des Beschwerdegegners ausfallen, weil dieser seine Gutgläubigkeit beim unrechtmässigen Weiterbezug der Witwerrente auf die streitige, unbewiesen gebliebene Meldung an die Ausgleichskasse stützt. Das kantonale Gericht gelangt indessen zu einem andern Ergebnis: Aufgrund verschiedener, im angefochtenen Entscheid dargelegter Umstände schliesst es auf eine unvollständige Aktenführung durch die Ausgleichskasse und leitet daraus letztlich eine Umkehr der Beweislast ab. Im Folgenden ist deshalb zu prüfen, was es mit dieser vorinstanzlichen Betrachtungsweise auf sich hat.
BGE 138 V 218 S. 223
8.
8.1
8.1.1
Das Bundesgericht hat verschiedentlich festgehalten, dass eine Umkehr der Beweislast ausnahmsweise dann eintritt, wenn eine Partei einen Beweis aus Gründen nicht erbringen kann, welche nicht von ihr, sondern von der Behörde zu verantworten sind (
BGE 92 I 253
E. 3 S. 257; SVR 2011 UV Nr. 11 S. 39, 8C_693/2010 E. 12; Pra 1999 Nr. 170 S. 886, 2A.635/1998 E. 3b/bb; Urteil 4P.197/2003 vom 16. Januar 2004 E. 3.2). Einen derartigen Fall von Beweislastumkehr erblickt die Rechtsprechung etwa bei der Beweislosigkeit der Rechtzeitigkeit eines Rechtsmittels, welche darauf zurückzuführen ist, dass die Verwaltung oder Behörde den Briefumschlag, in welchem das an sie gerichtete Rechtsmittel (uneingeschrieben) verschickt wurde, in Verletzung ihrer Aktenführungspflicht nicht zu den Akten genommen und damit die Beweiserbringung für die Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels verunmöglicht hat (
BGE 124 V 372
E. 3b S. 375; SVR 2011 UV Nr. 11 S. 39, 8C_693/2010 E. 12; 2007 AHV Nr. 8 S. 22, H 131/06 E. 3.2; Pra 1999 Nr. 170 S. 886, 2A.635/1998 E. 4; RKUV 1999 S. 416, U 344/98 E. 2 und 3).
8.1.2
Die erwähnte Aktenführungspflicht von Verwaltung und Behörden bildet das Gegenstück zum (aus
Art. 29 Abs. 2 BV
fliessenden) Akteneinsichts- und Beweisführungsrecht, indem die Wahrnehmung des Akteneinsichtsrechts durch die versicherte Person eine Aktenführungspflicht der Verwaltung voraussetzt (
BGE 130 II 473
E. 4.1 S. 477;
BGE 124 V 372
E. 3b S. 375 f.,
BGE 124 V 389
E. 3a S. 390). Die Behörde ist verpflichtet, ein vollständiges Aktendossier über das Verfahren zu führen, um gegebenenfalls ordnungsgemäss Akteneinsicht gewähren und bei einem Weiterzug diese Unterlagen an die Rechtsmittelinstanz weiterleiten zu können. Die Behörde hat alles in den Akten festzuhalten, was zur Sache gehört (
BGE 124 V 372
E. 3b S. 376;
BGE 115 Ia 97
E. 4c S. 99; Pra 1999 Nr. 170 S. 886, 2A.635/1998 E. 4a). Der verfassungsmässige Anspruch auf eine geordnete und übersichtliche Aktenführung verpflichtet die Behörden und Gerichte, die Vollständigkeit der im Verfahren eingebrachten und erstellten Akten sicherzustellen (SVR 2011 IV Nr. 44 S. 131, 8C_319/2010 E. 2.2.1; Urteil 5A_341/2009 vom 30. Juni 2009 E. 5.2). Für die dem Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts unterstellten Versicherer wurde in
Art. 46 ATSG
die Aktenführungspflicht auf Gesetzesstufe konkretisiert. Danach sind für jedes Sozialversicherungsverfahren alle Unterlagen, die massgeblich sein können, vom Versicherungsträger systematisch zu erfassen.
BGE 138 V 218 S. 224
8.2
Nach vorinstanzlicher Auffassung kann die Ausgleichskasse "keinen Anspruch auf vollständige Aktenführung erheben", weil bei Durchsicht der Kassenakten aufgefallen sei, dass die sog. Rentensteuerausweise betreffend die Waisenrente für den 1992 geborenen Sohn des Beschwerdegegners bis auf diejenigen für die Jahre 2001 und 2009 fehlten. Ebenso wenig seien Belege für die periodischen Erhöhungen der Waisenrente vorhanden, während hinsichtlich der Witwerrente lediglich die Erhöhungsblätter für 2005 und 2007 in den Akten lägen. Auffallend sei schliesslich, dass das Aktendossier des Beschwerdegegners unter der Bezeichnung "Firma Y." geführt werde.
Die Ausgleichskasse wehrt sich in ihrer Beschwerde ans Bundesgericht gegen den vorinstanzlichen Vorwurf nicht ordnungsgemässer Aktenführung. Ihre Einwendungen sind zu hören, weil erst der angefochtene Entscheid dazu Anlass gab (
Art. 99 Abs. 1 BGG
). Zuvor wurde nämlich von keiner Seite geltend gemacht, die Art der Aktenführung durch die Kasse habe dem Beschwerdegegner die Beweisführung verunmöglicht.
Die Beschwerdeführerin trägt vor, dass die Rentensteuerausweise für die Waisenrente keineswegs fehlten, sondern grundsätzlich im Aktendossier des Sohnes des Beschwerdegegners gespeichert würden, wobei nicht mehr eruiert werden könne, weshalb sich dennoch zwei dieser Ausweise (für die Jahre 2001 und 2009) im Dossier des Vaters befänden. Weiter führt die Kasse aus, dass sich die Beträge der in der Regel alle zwei Jahre der Lohn- und Preisentwicklung angepassten Renten den jeweiligen (für den Beschwerdegegner und dessen Sohn getrennt angelegten) sog. Historienblättern entnehmen liessen, welche vom elektronischen System automatisch per Ende Jahr oder bei einer manuellen Änderung erstellt würden (und alle lückenlos vorlägen). Weshalb die entsprechenden Rentenerhöhungsblätter nicht ebenfalls vollständig im elektronischen Archiv abgespeichert worden seien, lasse sich nicht nachvollziehen. Zur Aktenführung unter der Bezeichnung "Firma Y." wendet die Ausgleichskasse ein, dass der Beschwerdegegner sowohl unter seiner neuen als auch unter der alten AHV-Nummer sowie zusätzlich unter der Abrechnungsnummer seiner Arbeitgeberin erfasst sei. Aus systemimmanenten Gründen übersteuere die letztgenannte Nummer die beiden andern, weshalb das Dossierdeckblatt mit der Kundenbezeichnung "Firma Y." überschrieben werde, was sich jeweils nur manuell korrigieren lasse.
BGE 138 V 218 S. 225
8.3
Im Lichte vorstehender, von keiner Seite in Zweifel gezogenen Darlegung der Ausgleichskasse ist die vorinstanzliche Annahme, in den elektronisch verwalteten Unterlagen des Beschwerdegegners und seines Sohnes würden bestimmte massgebende, von der Kasse selbst zu verfertigende Belege gänzlich fehlen, offensichtlich unrichtig und ist demzufolge vom Bundesgericht zu korrigieren. Wohl sind zwei Kopien der dem Beschwerdegegner zuhanden der Steuerbehörden ausgestellten Rentensteuerausweise fälschlicherweise nicht im zutreffenden Dossier des Sohnes als Waisenrentenberechtigtem, sondern in demjenigen des Vaters abgelegt worden. Ferner werden die periodischen Anpassungen der Hinterlassenenrenten an die Lohn- und Preisentwicklung nur (aber immerhin) durch die jeweiligen Historienblätter lückenlos belegt, wogegen zusätzliche Rentenerhöhungsblätter im elektronischen Archiv nur zum Teil abgespeichert wurden. Diese geringfügigen Unzulänglichkeiten bei der Dossierverwaltung und das erwähnte Programmierungsproblem im Zusammenhang mit der Dossieranschrift rechtfertigen indessen keineswegs die vorinstanzliche - als Rechtsfrage frei überprüfbare - Schlussfolgerung, wonach die Ausgleichskasse der ihr obliegenden Aktenführungspflicht im Falle des Beschwerdegegners nicht ordnungsgemäss und vollständig nachgekommen sei und deshalb mit Bezug auf die in den Unterlagen fehlende Anzeige der Wiederverheiratung eine Umkehr der Beweislast eintrete. Bei den vorliegenden Gegebenheiten anders zu entscheiden hiesse, weit überhöhte Anforderungen an die Aktenführungspflicht der Versicherungsträger zu stellen.
9.
Trägt nach dem Gesagten der Beschwerdegegner die Beweislast, wirkt sich die Beweislosigkeit der von ihm geltend gemachten Mitteilung vom 7. Februar 2002 zu seinen Ungunsten aus: Es ist davon auszugehen, dass er seiner Meldepflicht hinsichtlich der neuerlichen Heirat nicht nachgekommen ist, obwohl ihn sein Steuerberater zur Mitteilung an die AHV-Behörden aufgefordert hat (vgl. E. 5 hievor). Unter diesen Umständen muss eine zumindest grobfahrlässige Meldepflichtverletzung angenommen werden, welche den guten Glauben als Erlassvoraussetzung von vornherein ausschliesst (in vorstehender E. 4 wiedergegebene Rechtsprechung). Entgegen der Auffassung des kantonalen Gerichts könnte auch nicht als bloss leichte Fahrlässigkeit gewertet werden, wenn der Beschwerdegegner das geltend gemachte Schreiben vom 7. Februar 2002 zwar verfasst, versehentlich aber gar nicht der Post übergeben oder an eine falsche Adresse versandt hätte (obwohl die eingereichte Kopie des fraglichen Schreibens selber die zutreffende Anschrift der Ausgleichskasse trägt).
BGE 138 V 218 S. 226
10.
Im Übrigen änderte sich an diesem Ergebnis selbst dann nichts, wenn der Brief vom 7. Februar 2002 seine bestimmungsgemässe Empfängerin gefunden haben sollte, d.h. wenn der Meldepflicht hinsichtlich der Zivilstandsänderung seinerzeit nachgelebt worden wäre: Man kann als wiederum Verheirateter nicht gutgläubig über Jahre hinweg weiterhin eine Witwerrente beziehen, ohne bei der Ausgleichskasse je nachgefragt zu haben, ob die Anzeige der neuerlichen Eheschliessung eingegangen und die Weiterausrichtung der Rente tatsächlich rechtens sei. Für jedermann ist nämlich einsichtig, dass der neue Zivilstand den alten ersetzt, an welchen der Bezug der Witwerrente, allein schon dem Namen nach, gebunden war (vgl. RDAT 1999 I Nr. 70 S. 275, H 183/98 E. 4a). Es verhält sich nicht wesentlich anders als bei der auch nach dem Tod des Ehemannes (und der damit verbundenen Erhöhung des AHV-Rentenanspruchs) unverändert ausgerichteten Ergänzungsleistung (EL). In diesem Zusammenhang hat die Rechtsprechung den guten Glauben der nunmehr verwitweten Ehefrau beim unrechtmässigen Bezug der zu hohen EL-Betreffnisse ebenfalls verneint (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts P 18/75 vom 30. August 1976 E. 3, nicht publ. in:
BGE 102 V 245
). | mixed |
e6d6137a-94ce-4428-8fb3-81f9c5c558e2 | 142.203 1 / 14 Ordonnance sur la libre circulation des personnes entre la Suisse et l’Union européenne et ses États membres, entre la Suisse et le Royaume-Uni, ainsi qu’entre les États membres de l’Association européenne de libre- échange (Ordonnance sur la libre circulation des personnes, OLCP)1 du 22 mai 2002 (État le 1er janvier 2023) Le Conseil fédéral suisse, vu la loi fédérale du 16 décembre 2005 sur les étrangers et l’intégration (LEI)2, en exécution de l’Accord du 21 juin 1999 entre la Confédération suisse, d’une part, et la Communauté européenne et ses États membres, d’autre part, sur la libre circulation des personnes (accord sur la libre circulation des personnes)3, en exécution du Protocole du 4 mars 2016 relatif à l’extension de l’accord sur la libre circulation des personnes à la Croatie4, en exécution de l’Accord du 21 juin 20015 amendant la Convention du 4 janvier 1960 instituant l’Association européenne de libre-échange (AELE) (Convention instituant l’AELE)6, en exécution de l’Accord du 25 février 2019 entre la Confédération suisse et le Royaume-Uni de Grande-Bretagne et d’Irlande du Nord relatif aux droits des citoyens à la suite du retrait du Royaume-Uni de l’Union européenne et de la fin de l’applicabilité de l’accord sur la libre circulation des personnes (accord sur les droits acquis)7, et en exécution de l’Accord du 14 décembre 2020 entre la Confédération suisse et le Royaume-Uni de Grande-Bretagne et d’Irlande du Nord relatif à la mobilité des prestataires de services (accord sur la mobilité des prestataires de services)8,9 arrête: RO 2002 1741 1 Nouvelle teneur selon le ch. III 1 de l’O du 22 mars 2019, en vigueur depuis le 1er janv. 2021 (RO 2020 5853). 2 RS 142.20 3 RS 0.142.112.681 4 RO 2016 5251 5 RO 2003 2685 6 RS 0.632.31 7 RS 0.142.113.672 8 RS 0.946.293.671.2 9 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 3 déc. 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 827). 142.203 Migration 2 / 14 142.203 Section 1 Objet et champ d’application Art. 1 Objet (art. 10 de l’Ac. sur la libre circulation des personnes et art. 10 de l’annexe K de la Conv. insti- tuant l’AELE) 1 La présente ordonnance réglemente la libre circulation des personnes, selon les dis- positions de l’accord sur la libre circulation des personnes et les dispositions de la Convention instituant l’AELE, compte tenu des réglementations transitoires.10 2 Elle règle également la libre circulation des personnes conformément aux disposi- tions de l’accord sur les droits acquis.11 3 Elle règle en outre la procédure de déclaration d’arrivée pour les prestataires de ser- vices indépendants qui sont couverts par l’accord relatif à la mobilité des prestataires de services.12 Art. 2 Champ d’application 1 La présente ordonnance s’applique aux ressortissants des États membres de l’Union européenne (ressortissants de l’UE) et aux ressortissants de la Norvège, de l’Islande et de la Principauté de Liechtenstein en tant que ressortissants des États membres de l’Association européenne de libre-échange (ressortissants de l’AELE)13.14 2 Elle s’applique aussi aux membres de leur famille qui, indépendamment de leur na- tionalité, ont, conformément aux dispositions sur le regroupement familial de l’accord sur la libre circulation des personnes ou de la Convention instituant l’AELE, l’autori- sation de séjourner en Suisse. 3 Elle s’applique aux personnes qui, indépendamment de leur nationalité, sont déta- chées par des sociétés constituées conformément à la législation de l’un des États membres de l’Union européenne (UE) ou de l’Association européenne de libre- échange (AELE) et ayant leur siège statutaire, leur administration centrale ou leur établissement principal sur le territoire de l’UE ou de l’AELE en vue de fournir une prestation de services en Suisse et qui ont été admises auparavant de manière durable sur le marché régulier du travail de l’un des États membres de l’UE ou de l’AELE.15 10 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 3 déc. 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 827). 11 Introduit par le ch. III 1 de l’O du 22 mars 2019, en vigueur depuis le 1er janv. 2021 (RO 2020 5853). 12 Introduit par le ch. I de l’O du 18 déc. 2020, en vigueur depuis le 1er janv. 2021 (RO 2020 6413). 13 Les relations entre la Suisse et le Liechtenstein sont régies par le Prot. du 21 juin 2001 qui fait partie intégrante de l’ac. amendant la conv. instituant l’AELE. 14 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 3 déc. 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 827). 15 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 16 nov. 2022, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 722). O sur la libre circulation des personnes 3 / 14 142.203 4 Elle s’applique aussi aux ressortissants du Royaume-Uni et aux membres de leur famille conformément à la réglementation prévue par l’accord sur les droits acquis, à l’exception des art. 4, al. 3bis, 8, 10 à 12, 14, al. 2, 21, 27 et 38.16 5 La procédure de déclaration d’arrivée pour les prestations de services fournies pen- dant 90 jours ouvrables au plus par année civile visée à l’art. 9, al. 1bis, 1re et 2e phrases, et les sanctions prévues à l’art. 32a, al. 1, s’appliquent également aux presta- taires de services indépendants qui sont couverts par l’accord sur la mobilité des pres- tataires de services.17 Art. 318 Exceptions au champ d’application 1 La présente ordonnance ne s’applique ni aux ressortissants de l’UE et de l’AELE ni aux membres de leur famille qui entrent dans le champ d’application de l’art. 43, al. 1, let. a à d, 2 et 3 de l’ordonnance du 24 octobre 2007 relative à l’admission, au séjour et à l’exercice d’une activité lucrative (OASA)19. 2 Les dispositions afférentes aux nombres maximums résultant de la mise en œuvre de l’art. 10, par. 4d, 1re et 2e phrases, de l’accord sur la libre circulation des personnes ne s’appliquent pas aux ressortissants de la Croatie qui entrent dans le champ d’appli- cation de l’art. 43, al. 1, let. e à h, OASA.20 3 …21 4 …22 5 …23 16 Introduit par le ch. III 1 de l’O du 22 mars 2019, en vigueur depuis le 1er janv. 2021 (RO 2020 5853). 17 Introduit par le ch. I de l’O du 18 déc. 2020, en vigueur depuis le 1er janv. 2021 (RO 2020 6413). 18 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 24 oct. 2007, en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5533). 19 RS 142.201 20 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 16 nov. 2022, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 722). 21 Introduit par le ch. I de l’O du 25 avr. 2012 (RO 2012 2391). Abrogé par le ch. I de l’O du 13 avr. 2016, avec effet au 1er juin 2016 (RO 2016 1205). 22 Introduit par le ch. I de l’O du 22 mai 2013 (RO 2013 1443). Abrogé par le ch. I de l’O du 30 avr. 2014, avec effet au 1er juin 2014 (RO 2014 1099). 23 Introduit par le ch. I de l’O du 10 mai 2017 (RO 2017 3093). Abrogé par le ch. I de l’O du 15 mai 2019 (Fin des contingents de permis B pour les travailleurs de l’UE-2), avec effet au 1er juin 2019 (RO 2019 1575). Migration 4 / 14 142.203 Section 2 Catégories d’autorisations et de titres pour étrangers 24 Art. 4 Autorisation de séjour de courte durée, de séjour et frontalière UE/AELE (art. 6, 7, 12, 13, 20 et 24 de l’annexe I de l’ac. sur la libre circulation des personnes et art. 6, 7, 11, 12, 19 et 23 de l’app. 1 de l’annexe K de la Conv. instituant l’AELE)25 1 Les ressortissants de l’UE et de l’AELE reçoivent une autorisation de séjour de courte durée UE/AELE, une autorisation de séjour UE/AELE ou une autorisation frontalière UE/AELE en application des dispositions de l’accord sur la libre circula- tion des personnes ou de la Convention instituant l’AELE. 2 Sauf disposition contraire du droit fédéral, les autorisations de séjour de courte durée et de séjour UE/AELE sont valables sur tout le territoire suisse.26 3 L’autorisation frontalière UE/AELE délivrée aux ressortissants de l’UE et de l’AELE est valable sur toute le territoire suisse.27 3bis …28 4 Les ressortissants de l’UE et de l’AELE qui exercent une activité lucrative en Suisse dont la durée ne dépasse pas trois mois au total par année civile n’ont pas besoin d’une autorisation de de séjour de courte durée UE/AELE.29 Art. 530 Autorisation d’établissement UE/AELE Les ressortissants de l’UE et de l’AELE ainsi que les membres de leur famille reçoi- vent une autorisation d’établissement UE/AELE de durée indéterminée sur la base de l’art. 34 LEI31 et des art. 60 à 63 OASA32 ainsi qu’en conformité avec les conventions d’établissement conclues par la Suisse. 24 Nouvelle teneur selon l’annexe ch. 1 de l’O du 20 sept. 2019, en vigueur depuis le 1er nov. 2019 (RO 2019 3041). 25 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 3 déc. 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 827). 26 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 30 avr. 2014, en vigueur depuis le 1er juin 2014 (RO 2014 1099). 27 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 3 déc. 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 827). 28 Introduit par le ch. I de l’O du 2 mai 2007 (RO 2007 2231). Abrogé par le ch. I de l’O du 3 déc. 2021, avec effet au 1er janv. 2022 (RO 2021 827). 29 Introduit par le ch. I de l’O du 18 fév. 2004 (RO 2004 1569). Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 3 déc. 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 827). 30 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 24 oct. 2007, en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5533). 31 Nouvelle expression selon le ch. I de l’O du 7 déc. 2018, en vigueur depuis le 1er janv. 2019 (RO 2018 4565). Il a été tenu compte de cette mod. dans tout le texte. 32 RS 142.201 O sur la libre circulation des personnes 5 / 14 142.203 Art. 633 Titres pour étrangers 1 Les ressortissants de l’UE et de l’AELE, les membres de leur famille, ainsi que les prestataires de services visés à l’art. 2, al. 3, qui sont au bénéfice d’une autorisation en vertu de l’accord sur la libre circulation des personnes ou de la Convention insti- tuant l’AELE reçoivent un titre pour étrangers. 2 Le titre pour étrangers attestant l’autorisation d’établissement UE/AELE est établi à des fins de contrôle pour une période de cinq ans. Son détenteur le remettra à l’autorité compétente en vue de sa prolongation deux semaines avant l’échéance de ce délai. 3 L’établissement et la présentation des titres pour étrangers sont régis par les art. 71 à 72 OASA34. Section 3 Entrée, procédures de déclaration et d’autorisation Art. 735 Procédure de visas (art. 1 de l’annexe I de l’Ac. sur la libre circulation des personnes et art. 1 de l’annexe K de la Conv. instituant l’AELE) Les membres de la famille d’un ressortissant de l’UE ou de l’AELE et les prestataires de services selon l’art. 2, al. 3, qui ne sont pas ressortissants d’un État membre de l’UE ou de l’AELE, sont soumis aux dispositions relatives à l’obligation du visa pré- vues aux art. 8 et 9 de l’ordonnance du 15 août 2018 sur l’entrée et l’octroi de visas36. Le visa leur est octroyé si les conditions requises pour l’octroi d’une autorisation de séjour de courte durée ou de séjour UE/AELE selon l’accord sur la libre circulation des personnes ou selon la Convention instituant l’AELE sont remplies. Art. 837 Assurance de l’autorisation (art. 1, par. 1, et 27, par. 2, de l’annexe I en relation avec l’art. 10, par. 4d, de l’ac. sur la libre circulation des personnes) Pour entrer en Suisse en vue d’y exercer une activité lucrative soumise à autorisation UE/AELE, les ressortissants de la Croatie peuvent demander une assurance de l’auto- risation (art. 5 OASA38). 33 Nouvelle teneur selon l’annexe ch. 1 de l’O du 20 sept. 2019, en vigueur depuis le 1er nov. 2019 (RO 2019 3041). 34 RS 142.201 35 Nouvelle teneur selon l’art. 69 al. 2 ch. 1 de l’O du 15 août 2018 sur l’entrée et l’octroi de visas, en vigueur depuis le 15 sept. 2018 (RO 2018 3087). 36 RS 142.204 37 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 16 nov. 2022, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 722). 38 RS 142.201 Migration 6 / 14 142.203 Art. 9 Procédures de déclaration d’arrivée et d’autorisation39 (art. 2, par. 4, de l’annexe I de l’Ac. sur la libre circulation des personnes et art. 2, par. 4, de l’app. 1 de l’annexe K de la Conv. instituant l’AELE)40 1 Les procédures de déclaration d’arrivée et d’autorisation sont régies par les art. 10 à 15 LEI et 9, 10, 12, 13, 15 et 16 OASA41.42 1bis En cas de prise d’emploi sur le territoire suisse ne dépassant pas trois mois par année civile ou de services fournis par un prestataire indépendant pendant 90 jours ouvrables au plus par année civile, la procédure de déclaration d’arrivée (obligation d’annonce, procédure, éléments, délais) au sens de l’art. 6 de la loi du 8 octobre 1999 sur les travailleurs détachés43 et de l’art. 6 de l’ordonnance du 21 mai 2003 sur les travailleurs détachés en Suisse44 s’applique par analogie. Le salaire ne doit pas être annoncé. En cas de prise d’emploi sur le territoire suisse ne dépassant pas trois mois par année civile, l’annonce doit s’effectuer au plus tard la veille du jour marquant le début de l’activité.45 1ter L’art. 6, al. 4, de la loi du 8 octobre 1999 sur les travailleurs détachés s’applique par analogie à la transmission de l’annonce à la commission tripartite cantonale ainsi que, le cas échéant, à la Commission paritaire instituée par la convention collective de travail déclarée de force obligatoire (art. 9, al. 1bis, 1re phrase, OLCP).46 2 L’art. 5 de l’ordonnance SYMIC du 12 avril 200647 régit l’annonce des données personnelles par les cantons et les communes.48 3 Les frontaliers sont tenus d’annoncer tout changement d’emploi à l’autorité compé- tente de leur lieu de travail. L’annonce est effectuée avant la prise d’emploi.49 4 Les frontaliers qui séjournent en Suisse durant la semaine sont tenus de s’annoncer à l’autorité compétente de leur lieu de résidence. L’al. 1 est applicable par analogie. 39 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 13 mars 2009, en vigueur depuis le 1er juin 2009 (RO 2009 1825). 40 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 30 mars 2011, en vigueur depuis le 1er mai 2011 (RO 2011 1371). 41 RS 142.201 42 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 13 mars 2009, en vigueur depuis le 1er juin 2009 (RO 2009 1825). 43 RS 823.20 44 RS 823.201 45 Introduit par le ch. I de l’O du 13 mars 2009 (RO 2009 1825). Nouvelle teneur selon l’an- nexe ch. 1 de l’O du 16 avr. 2013, en vigueur depuis le 15 mai 2013 (RO 2013 1259). 46 Introduit par le ch. I de l’O du 13 mars 2009, en vigueur depuis le 1er juin 2009 (RO 2009 1825). 47 RS 142.513 48 Nouvelle teneur selon l’annexe 3 ch. 2 de l’O du 12 avr. 2006 sur le système d’informa- tion central sur la migration, en vigueur depuis le 29 mai 2006 (RO 2006 1945). 49 Nouvelle teneur selon l’annexe ch. 1 de l’O du 20 sept. 2019, en vigueur depuis le 1er nov. 2019 (RO 2019 3041). O sur la libre circulation des personnes 7 / 14 142.203 Section 4 Séjour avec exercice d’une activité lucrative50 Art. 1051 Imputation sur les nombres maximums (art. 10 de l’ac. sur la libre circulation des personnes) Il n’y a pas imputation sur les nombres maximums fixés conformément à l’accord sur la libre circulation des personnes pour les ressortissants de la Croatie: a. qui ne sont pas entrés en Suisse et ont renoncé à y travailler, ou b. qui ont quitté la Suisse dans les 90 jours ouvrables qui ont suivi le début de l’activité lucrative. Art. 1152 Répartition des nombres maximums Le Secrétariat d’État aux migrations (SEM) répartit pour les ressortissants de la Croa- tie les nombres maximums fixés conformément à l’art. 10 de l’accord sur la libre cir- culation des personnes. Art. 1253 Exceptions aux nombres maximums (art. 10, par. 4d, de l’ac. sur la libre circulation des personnes) 1 Les exceptions prévues dans la LEI et dans l’OASA54 s’appliquent par analogie aux nombres maximums fixés pour les ressortissants de la Croatie. 2 Les autorisations de séjour UE/AELE qui sont délivrées aux ressortissants de la Croatie en vertu de l’art. 27, par. 3, let. a, de l’annexe I de l’accord sur la libre circu- lation des personnes ne sont pas imputées sur les nombres maximums. 3 Les ressortissants de la Croatie qui, en tant que doctorants ou postdoctorants, exer- cent une activité lucrative dans une haute école suisse ne sont pas imputés sur les nombres maximums même s’ils changent d’emploi ou de profession. 4 Les citoyens liechtensteinois ne sont pas imputés sur les nombres maximums. 50 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 24 avr. 2013 (Maintien du contingent de permis B UE-8), en vigueur depuis le 1er mai 2013 (RO 2013 1247). 51 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 16 nov. 2022, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 722). 52 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 16 nov. 2022, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 722). 53 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 16 nov. 2022, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 722). 54 RS 142.201 Migration 8 / 14 142.203 Section 5 Prestations de services transfrontaliers Art. 1355 Services fournis dans le cadre d’un accord sur les services (art. 5 de l’Ac. sur la libre circulation des personnes et art. 5 de l’annexe K de la Conv. insti- tuant l’AELE) Les personnes qui fournissent des services transfrontaliers dans le cadre d’un accord sur les services passé entre la Suisse et l’UE56 ou entre les États membres de l’AELE n’ont pas besoin d’une autorisation de séjour de courte durée UE/AELE si leur séjour n’excède pas 90 jours ouvrables par année civile. Si la prestation de services dépasse 90 jours ouvrables, elles obtiennent une autorisation de séjour de courte durée ou de séjour UE/AELE pour la durée de la prestation de services. Art. 1457 Prestations de services de 90 jours ouvrables au maximum 1 En l’absence d’accord sur les services, les ressortissants de l’UE/AELE et les pres- tataires de services visés à l’art. 2, al. 3, n’ont pas besoin, pour fournir des services transfrontaliers, d’une autorisation de séjour de courte durée UE/AELE, si leur séjour n’excède pas 90 jours ouvrables par année civile.58 2 …59 Art. 15 Prestations de services de plus de 90 jours ouvrables (art. 20 de l’annexe I de l’Ac. sur la libre circulation des personnes et art. 19 de l’app. 1 de l’an- nexe K de la Conv. instituant l’AELE) 1 En l’absence d’accord sur les services et dans la mesure où la durée de la prestation de services dépasse 90 jours ouvrables, une autorisation de séjour de courte durée ou de séjour UE/AELE, au sens de l’art. 4, peut être accordée à des ressortissants de l’UE et de l’AELE et aux personnes visées par l’art. 2, al. 3, pour la durée de la prestation de services.60 2 L’admission est régie par les dispositions de la LEI et de l’OASA61.62 55 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 18 fév. 2004, en vigueur depuis le 1er juin 2004 (RO 2004 1569). 56 Etats membres au moment de la signature de l’Ac. du 21 juin 1999 sur la libre circulation des personnes. 57 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 2 nov. 2005, en vigueur depuis le 1er avr. 2006 (RO 2006 923). 58 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 16 nov. 2022, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 722). 59 Abrogé par le ch. I de l’O du 3 déc. 2021, avec effet au 1er janv. 2022 (RO 2021 827). 60 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 30 mars 2011, en vigueur depuis le 1er mai 2011 (RO 2011 1371). 61 RS 142.201 62 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 24 oct. 2007, en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5533). O sur la libre circulation des personnes 9 / 14 142.203 Section 6 Séjour sans exercice d’une activité lucrative Art. 16 Moyens financiers (art. 24 de l’annexe I de l’Ac. sur la libre circulation des personnes et art. 23 de l’app. 1 de l’an- nexe K de la Conv. instituant l’AELE) 1 Les moyens financiers des ressortissants de l’UE et de l’AELE ainsi que des membres de leur famille sont réputés suffisants s’ils dépassent les prestations d’assis- tance qui seraient allouées en fonction des directives «Aide sociale: concepts et normes de calcul» (directives CSIAS)63, à un ressortissant suisse, éventuellement aux membres de sa famille, suite à la demande de l’intéressé et compte tenu de sa situation personnelle. 2 Les moyens financiers d’un ayant droit à une rente, ressortissant de l’UE ou de l’AELE ainsi que les membres de sa famille, sont réputés suffisants s’ils dépassent le montant donnant droit à un ressortissant suisse qui en fait la demande, éventuellement aux membres de sa famille, à des prestations complémentaires au sens de la loi fédé- rale du 19 mars 1965 sur les prestations complémentaires à l’assurance-vieillesse, sur- vivants et invalidité64. Art. 17 Renouvellement de l’autorisation de séjour UE/AELE (art. 24 de l’annexe I de l’Ac. sur la libre circulation des personnes et art. 23 de l’app. 1 de l’an- nexe K de la Conv. instituant l’AELE) En cas de séjour sans activité lucrative, les autorités compétentes peuvent, quand elles l’estiment nécessaire, demander la revalidation de l’autorisation de séjour UE/AELE au terme des deux premières années de séjour. Art. 18 Séjours aux fins de recherche d’un emploi (art. 2 de l’annexe I de l’Ac. sur la libre circulation des personnes et art. 2 de l’app. 1 de l’an- nexe K de la Conv. instituant l’AELE) 1 Les ressortissants de l’UE et de l’AELE n’ont pas besoin d’autorisation s’ils séjour- nent en Suisse moins de trois mois pour y chercher un emploi. 2 Si la recherche d’un emploi prend plus de trois mois, ils obtiennent une autorisation de séjour de courte durée UE/AELE d’une durée de validité de trois mois par année civile, pour autant qu’ils disposent des moyens financiers nécessaires à leur entre- tien.65 3 Cette autorisation peut être prolongée jusqu’à une année au plus pour autant qu’ils soient en mesure de prouver les efforts déployés à cet effet et qu’il existe une réelle perspective d’engagement. 63 Disponibles auprès de la Conférence suisse des institutions d’action sociale (CSIAS), Mühlenplatz 3, 3000 Berne 13. 64 [RO 1965 541, 1971 32, 1972 2537 ch. III, 1974 1589, 1978 391 ch. II 2, 1985 2017, 1986 699, 1996 2466 annexe ch. 4, 1997 2952, 2000 2687, 2002 685 ch. I 5 701 ch. I 6 3371 annexe ch. 9 3453, 2003 3837 annexe ch. 4, 2006 979 art. 2 ch. 8, 2007 5259 ch. IV. RO 2007 6055 art. 35]. Voir actuellement la loi du 6 oct. 2006 sur les prestations complé- mentaires (RS 831.30). 65 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 13 mars 2015, en vigueur depuis le 1er avr. 2015 (RO 2015 849). Migration 10 / 14 142.203 Art. 19 Destinataires de services (art. 23 de l’annexe I de l’Ac. sur la libre circulation des personnes et art. 22 de l’app. 1 de l’an- nexe K de la Conv. instituant l’AELE) 1 Les ressortissants de l’UE et de l’AELE se rendant en Suisse pour y bénéficier de services n’ont pas besoin d’autorisation si leur séjour n’excède pas trois mois. 2 Ils reçoivent une autorisation de séjour de courte durée ou de séjour UE/AELE si la prestation de services est d’une durée supérieure à trois mois. Art. 20 Autorisation de séjour délivrée pour des motifs importants Si les conditions d’admission sans activité lucrative ne sont pas remplies au sens de l’accord sur la libre circulation des personnes ou au sens de la Convention instituant l’AELE, une autorisation de séjour UE/AELE peut être délivrée lorsque des motifs importants l’exigent. Section 7 … Art. 2166 Section 8 Droit de demeurer (art. 4 de l’annexe I de l’Ac. sur la libre circulation des personnes et art. 4 de l’app. 1 de l’an- nexe K de la Conv. instituant l’AELE) Art. 22 Les ressortissants de l’UE, de l’AELE ou les membres de leur famille qui ont le droit de demeurer en Suisse selon l’accord sur la libre circulation des personnes ou selon la Convention instituant l’AELE, reçoivent une autorisation de séjour UE/AELE. Section 9 Fin du séjour, mesures d’éloignement Art. 23 Disparition des conditions nécessaires à l’octroi du droit au séjour (art. 6, par. 6, de l’annexe I de l’Ac. sur la libre circulation des personnes et art. 6, par. 6, de l’app. 1 de l’annexe K de la Conv. instituant l’AELE)67 1 Les autorisations de séjour de courte durée, de séjour et frontalières UE/AELE peu- vent être révoquées ou ne pas être prolongées, si les conditions requises pour leur délivrance ne sont plus remplies. 66 Abrogé par le ch. I de l’O du 3 déc. 2021, avec effet au 1er janv. 2022 (RO 2021 827). 67 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 30 mars 2011, en vigueur depuis le 1er mai 2011 (RO 2011 1371). O sur la libre circulation des personnes 11 / 14 142.203 2 L’art. 63 LEI est applicable lors de la délivrance d’une autorisation d’établissement UE/AELE.68 Art. 2469 Mesures d’éloignement (art. 5 de l’annexe I de l’Ac. sur la libre circulation des personnes et art. 5 de l’app. 1 de l’an- nexe K de la Convention instituant l’AELE) Les mesures d’éloignement arrêtées par les autorités compétentes en vertu des art. 60 à 68 LEI s’appliquent à l’ensemble du territoire suisse. Art. 25 Compétence en cas de changement de canton (art. 5 de l’annexe I de l’Ac. sur la libre circulation des personnes et art. 5 de l’app. 1 de l’an- nexe K de la Conv. instituant l’AELE) En cas de changement de canton, le nouveau canton est compétent en matière de me- sures d’éloignement. Section 10 Procédure et compétence Art. 26 Compétence Les autorités cantonales compétentes délivrent les autorisations visées par la présente ordonnance. Art. 2770 Art. 2871 Contrôle des autorisations Le contrôle par le Secrétariat d’État aux migrations (SEM)72 des autorisations oc- troyées à des ressortissants de l’UE et de l’AELE est régi, par analogie, par l’art. 99 LEI ainsi que par les art. 83 et 85 OASA73. 68 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 24 oct. 2007, en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5533). 69 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 24 oct. 2007, en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5533). 70 Abrogé par le ch. I de l’O du 3 déc. 2021, avec effet au 1er janv. 2022 (RO 2021 827). 71 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 24 oct. 2007, en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5533). 72 La désignation de l’unité administrative a été adaptée au 1er janv. 2015 en application de l’art. 16, al. 3, de l’O du 17 nov. 2014 sur les publications officielles (RO 2004 4937). Il a été tenu compte de cette mod. dans tout le texte. 73 RS 142.201 Migration 12 / 14 142.203 Art. 2974 Compétence du SEM Le SEM est compétent pour: a. approuver les autorisations de séjour initiales accordées aux ressortissants de l’UE et de l’AELE qui n’exercent pas d’activité lucrative au sens de l’art. 20, ainsi que leur prolongation; b. contrôler les autorisations conformément à l’art. 28. Art. 3075 Section 11 … Art. 3176 Section 12 Dispositions pénales et sanctions administratives77 Art. 3278 Sanctions administratives79 Les sanctions administratives sont régies par l’art. 122 LEI. Art. 32a80 Dispositions pénales 1 Est puni d’une amende de 5000 francs au plus quiconque contrevient, intentionnel- lement ou par négligence, aux obligations d’annonce prévues à l’art. 9, al. 1bis. 2 Est puni d’une amende de 1000 francs au plus quiconque contrevient, intentionnel- lement ou par négligence, à l’obligation d’annonce prévue à l’art. 9, al. 3. 74 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 3 déc. 2021, en vigueur depuis le 1er janv. 2022 (RO 2021 827). 75 Abrogé par le ch. II de l’O du 20 nov. 2002, avec effet au 1er janv. 2003 (RO 2002 3985) 76 Abrogé par le ch. II 3 de l’O du 8 nov. 2006 portant adaptation d’O du CF à la révision totale de la procédure fédérale, avec effet au 1er janv. 2007 (RO 2006 4705). 77 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 13 mars 2009, en vigueur depuis le 1er juin 2009 (RO 2009 1825). 78 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 24 oct. 2007, en vigueur depuis le 1er janv. 2008 (RO 2007 5533). 79 Introduit par l’annexe ch. 1 de l’O du 20 sept. 2019, en vigueur depuis le 1er nov. 2019 (RO 2019 3041). 80 Introduit par le ch. I de l’O du 13 mars 2009 (RO 2009 1825). Nouvelle teneur selon l’an- nexe ch. 1 de l’O du 20 sept. 2019, en vigueur depuis le 1er nov. 2019 (RO 2019 3041). O sur la libre circulation des personnes 13 / 14 142.203 Section 13 Exécution Art. 33 Le SEM surveille l’exécution de la présente ordonnance. Section 14 Abrogation du droit en vigueur Art. 34 L’ordonnance du 23 mai 2001 sur l’introduction de la libre circulation des personnes81 est abrogée. Section 15 Modifications du droit en vigueur Art. 35 Les actes législatifs mentionnés ci-après sont modifiés comme suit: …82 Section 16 Dispositions transitoires Art. 36 Autorisations selon le droit actuel (art. 10 de l’Ac. sur la libre circulation des personnes et art. 10 de l’annexe K de la Conv. insti- tuant l’AELE) 1 Les autorisations délivrées selon le droit actuel conservent leur validité jusqu’à leur échéance. 2 Les droits et les obligations des personnes concernées sont régis par l’accord sur la libre circulation des personnes ou par la Convention instituant l’AELE. Art. 37 Procédures Le nouveau droit s’applique aux procédures pendantes au moment de l’entrée en vi- gueur de la présente ordonnance. 81 [RO 2002 1729] 82 Les mod. peuvent être consultées au RO 2002 1741. Migration 14 / 14 142.203 Art. 3883 Réglementation transitoire (art. 10 de l’ac. sur la libre circulation des personnes et 26 à 34 de l’annexe I de l’ac. sur la libre circulation des personnes) En application de l’art. 10, par. 4d, 1re et 2e phrases, de l’accord sur la libre circulation des personnes, les nombres annuels maximums de nouvelles autorisations délivrées aux travailleurs (salariés et indépendants) de la Croatie sont provisoirement fixés comme suit: a. 1007 autorisations de séjour de courte durée UE/AELE b. 1150 autorisations de séjour UE/AELE. Section 17 Entrée en vigueur Art. 39 La présente ordonnance entre en vigueur le 1er juin 2002. 83 Nouvelle teneur selon le ch. I de l’O du 16 nov. 2022, en vigueur depuis le 1er janv. 2023 (RO 2022 722). Section 1 Objet et champ d’application Art. 1 Objet Art. 2 Champ d’application Art. 3 Exceptions au champ d’application Section 2 Catégories d’autorisations et de titres pour étrangers Art. 4 Autorisation de séjour de courte durée, de séjour et frontalière UE/AELE Art. 5 Autorisation d’établissement UE/AELE Art. 6 Titres pour étrangers Section 3 Entrée, procédures de déclaration et d’autorisation Art. 7 Procédure de visas Art. 8 Assurance de l’autorisation Art. 9 Procédures de déclaration d’arrivée et d’autorisation Section 4 Séjour avec exercice d’une activité lucrative Art. 10 Imputation sur les nombres maximums Art. 11 Répartition des nombres maximums Art. 12 Exceptions aux nombres maximums Section 5 Prestations de services transfrontaliers Art. 13 Services fournis dans le cadre d’un accord sur les services Art. 14 Prestations de services de 90 jours ouvrables au maximum Art. 15 Prestations de services de plus de 90 jours ouvrables Section 6 Séjour sans exercice d’une activité lucrative Art. 16 Moyens financiers Art. 17 Renouvellement de l’autorisation de séjour UE/AELE Art. 18 Séjours aux fins de recherche d’un emploi Art. 19 Destinataires de services Art. 20 Autorisation de séjour délivrée pour des motifs importants Section 7 … Art. 21 Section 8 Droit de demeurer Art. 22 Section 9 Fin du séjour, mesures d’éloignement Art. 23 Disparition des conditions nécessaires à l’octroi du droit au séjour Art. 24 Mesures d’éloignement Art. 25 Compétence en cas de changement de canton Section 10 Procédure et compétence Art. 26 Compétence Art. 27 Art. 28 Contrôle des autorisations Art. 29 Compétence du SEM Art. 30 Section 11 … Art. 31 Section 12 Dispositions pénales et sanctions administratives Art. 32 Sanctions administratives Art. 32a Dispositions pénales Section 13 Exécution Art. 33 Section 14 Abrogation du droit en vigueur Art. 34 Section 15 Modifications du droit en vigueur Art. 35 Section 16 Dispositions transitoires Art. 36 Autorisations selon le droit actuel Art. 37 Procédures Art. 38 Réglementation transitoire Section 17 Entrée en vigueur Art. 39 | mixed |
6812a9dc-9aa0-4254-b769-897f7fa6475d | 142.203 1 / 14 Verordnung über den freien Personenverkehr zwischen der Schweiz und der Europäischen Union und deren Mitgliedstaaten, zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich sowie unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation (Verordnung über den freien Personenverkehr, VFP)1 vom 22. Mai 2002 (Stand am 1. Januar 2023) Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf das Ausländer- und Integrationsgesetz vom 16. Dezember 20052 (AIG), in Ausführung des Abkommens vom 21. Juni 19993 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen), des Protokolls vom 4. März 20164 über die Ausdehnung des Freizügigkeitsabkommens auf Kroatien, des Abkommens vom 21. Juni 20015 zur Änderung des Übereinkommens vom 4. Januar 19606 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) (EFTA-Übereinkommen), des Abkommens vom 25. Februar 20197 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger infolge des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und des Wegfalls des Freizügigkeitsabkommens (Abkommen über die erworbenen Rechte), sowie des Abkommens vom 14. Dezember 20208 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland zur Mobilität von Dienstleistungserbringern (Abkommen über die Mobilität von Dienstleistungserbringern),9 verordnet: AS 2002 1741 1 Fassung gemäss Ziff. III 1 der V vom 22. März 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 5853). 2 SR 142.20 3 SR 0.142.112.681 4 AS 2016 5251 5 AS 2003 2685 6 SR 0.632.31 7 SR 0.142.113.672 8 SR 0.946.293.671.2 9 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 3. Dez. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 827). 142.203 Migration 2 / 14 142.203 1. Abschnitt: Gegenstand und Geltungsbereich Art. 1 Gegenstand (Art. 10 Freizügigkeitsabkommen und Art. 10 Anhang K EFTA-Übereinkommen) 1 Diese Verordnung regelt den freien Personenverkehr nach den Bestimmungen des Freizügigkeitsabkommen und des EFTA-Übereinkommens unter Berücksichtigung der jeweiligen Übergangsregelungen.10 2 Sie regelt zudem den freien Personenverkehr nach den Bestimmungen des Abkom- mens über die erworbenen Rechte.11 3 Sie regelt weiter das Anmeldeverfahren von selbstständigen Dienstleistungserbrin- gerinnen und Dienstleistungserbringern, die vom Abkommen über die Mobilität von Dienstleistungserbringerinnen und Dienstleistungserbringern erfasst werden.12 Art. 2 Geltungsbereich 1 Diese Verordnung gilt für die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten der Europäi- schen Union (EU-Angehörige) sowie die Staatsangehörigen von Norwegen, Island und des Fürstentums Liechtenstein als Angehörige der Mitgliedstaaten der Europäi- schen Freihandelsassoziation (EFTA-Angehörige)13.14 2 Sie gilt unabhängig von der Staatsangehörigkeit für Familienangehörige, die nach den Bestimmungen des Freizügigkeitsabkommens oder des EFTA-Übereinkommens über den Familiennachzug zum Aufenthalt in der Schweiz berechtigt sind. 3 Sie gilt unabhängig von der Staatsangehörigkeit für Personen, die von einer Gesell- schaft, welche nach dem Recht eines Mitgliedstaates der Europäischen Union (EU) oder der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) gegründet worden ist und ihren statutarischen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung im Gebiet der EU oder EFTA hat, zur Erbringung einer Dienstleistung in die Schweiz entsandt wer- den und davor bereits dauerhaft auf dem regulären Arbeitsmarkt in einem Mitglied- staat der EU oder EFTA zugelassen waren.15 4 Sie gilt sinngemäss auch für Staatsangehörige des Vereinigten Königreichs und ihre Familienangehörigen, die vom Abkommen über die erworbenen Rechte erfasst wer- den, mit Ausnahme der Artikel 4 Absatz 3bis, 8, 10–12, 14 Absatz 2, 21, 27 und 38.16 10 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 3. Dez. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 827). 11 Eingefügt durch Ziff. III 1 der V vom 22. März 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 5853). 12 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 18. Dez. 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 6413). 13 Im Verhältnis Schweiz-Liechtenstein gilt das Protokoll vom 21. Juni 2001, welches integ- raler Bestandteil des Abkommens zur Änderung des EFTA-Übereinkommens ist. 14 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 3. Dez. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 827). 15 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. März 2009, in Kraft seit 1. Juni 2009 (AS 2009 1825). 16 Eingefügt durch Ziff. III 1 der V vom 22. März 2019, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 5853). V über den freien Personenverkehr 3 / 14 142.203 5 Das Anmeldeverfahren bei einer Dienstleistungserbringung bis zu 90 Arbeitstagen innerhalb eines Kalenderjahres nach Artikel 9 Absatz 1bis erster und zweiter Satz so- wie die Sanktionen nach Artikel 32a Absatz 1 gelten auch für selbstständige Dienst- leistungserbringerinnen und Dienstleistungserbringer, die vom Abkommen über die Mobilität von Dienstleistungserbringerinnen und Dienstleistungserbringern erfasst werden.17 Art. 318 Ausnahmen vom Geltungsbereich 1 Diese Verordnung gilt nicht für EU- und EFTA-Angehörige und ihre Familienange- hörigen, die unter die Regelung von Artikel 43 Absätze 1 Buchstaben a–d, 2 und 3 der Verordnung vom 24. Oktober 200719 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstä- tigkeit (VZAE) fallen. 2 Für kroatische Staatsangehörige, die unter die Regelung von Artikel 43 Absatz 1 Buchstaben e–h VZAE fallen, gelten die Bestimmungen über die Höchstzahlen in- folge der Umsetzung von Artikel 10 Absatz 4d erster und zweiter Satz des Freizügig- keitsabkommens nicht.20 3 …21 4 …22 5 …23 2. Abschnitt: Bewilligungsarten und Ausländerausweise24 Art. 4 Kurzaufenthaltsbewilligung EU/EFTA, Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA und Grenzgängerbewilligung EU/EFTA (Art. 6, 7, 12, 13, 20 und 24 Anhang I Freizügigkeitsabkommen und Art. 6, 7, 11, 12, 19 und 23 Anhang K Anlage 1 EFTA-Übereinkommen)25 1 EU- und EFTA-Angehörigen wird nach den Bestimmungen des Freizügigkeitsab- kommens oder des EFTA-Übereinkommens eine Kurzaufenthaltsbewilligung EU/ 17 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 18. Dez. 2020, in Kraft seit 1. Jan. 2021 (AS 2020 6413). 18 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5533). 19 SR 142.201 20 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 722). 21 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 25. April 2012 (AS 2012 2391). Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 13. April 2016, mit Wirkung seit 1. Juni 2016 (AS 2016 1205). 22 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 22. Mai 2013 (AS 2013 1443). Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 30. April 2014, mit Wirkung seit 1. Juni 2014 (AS 2014 1099). 23 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 10. Mai 2017 (AS 2017 3093). Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 15. Mai 2019 (Ende der Kontingentsperiode für Aufenthaltsbewilligun- gen B für Erwerbstätige der EU-2), mit Wirkung seit 1. Juni 2019 (AS 2019 1575). 24 Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 der V vom 20. Sept. 2019, in Kraft seit 1. Nov. 2019 (AS 2019 3041). 25 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 3. Dez. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 827). Migration 4 / 14 142.203 EFTA, eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA oder eine Grenzgängerbewilligung EU/EFTA erteilt. 2 Soweit das Bundesrecht nichts anderes bestimmt, gelten die Kurzaufenthalts- und die Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA für die ganze Schweiz.26 3 Die Grenzgängerbewilligung EU/EFTA für Staatsangehörige der EU und der EFTA gilt für die ganze Schweiz.27 3bis …28 4 Staatsangehörige der EU sowie der EFTA, die innerhalb eines Kalenderjahres ins- gesamt nicht länger als drei Monate in der Schweiz erwerbstätig sind, benötigen keine Kurzaufenthaltsbewilligung EU/EFTA.29 Art. 530 Niederlassungsbewilligung EU/EFTA EU- und EFTA-Angehörige und ihre Familienangehörigen erhalten eine unbefristete Niederlassungsbewilligung EU/EFTA gestützt auf Artikel 34 AIG31 und die Arti- kel 60–63 VZAE32 sowie nach Massgabe der von der Schweiz abgeschlossenen Nie- derlassungsvereinbarungen. Art. 633 Ausländerausweise 1 EU- und EFTA-Angehörige und ihre Familienangehörigen sowie Dienstleistungser- bringer nach Artikel 2 Absatz 3, die eine Bewilligung gestützt auf das Freizügigkeits- abkommen oder das EFTA-Übereinkommen besitzen, erhalten einen Ausländeraus- weis. 2 Der Ausländerausweis für den Nachweis der Niederlassungsbewilligung EU/EFTA wird zur Kontrolle mit einer Laufzeit von fünf Jahren ausgestellt. Er ist zwei Wochen vor Ende der Laufzeit der zuständigen Behörde zur Verlängerung vorzulegen. 3 Die Ausstellung und die Vorweisung der Ausländerausweise richten sich nach den Artikeln 71–72 VZAE34. 26 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 30. April 2014, in Kraft seit 1. Juni 2014 (AS 2014 1099). 27 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 3. Dez. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 827). 28 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 2. Mai 2007 (AS 2007 2231). Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 3. Dez. 2021, mit Wirkung seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 827). 29 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 18. Febr. 2004 (AS 2004 1569). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 3. Dez. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 827). 30 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5533). 31 Ausdruck gemäss Ziff. I der V vom 7. Dez. 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 4565). Diese Änd. wurde im ganzen Erlass berücksichtigt. 32 SR 142.201 33 Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 der V vom 20. Sept. 2019, in Kraft seit 1. Nov. 2019 (AS 2019 3041). 34 SR 142.201 V über den freien Personenverkehr 5 / 14 142.203 3. Abschnitt: Einreise, Anmelde- und Bewilligungsverfahren35 Art. 736 Visumverfahren (Anhang I Art. 1 Freizügigkeitsabkommen und Anhang K Art. 1 EFTA-Übereinkommen) Für Familienangehörige von Staatsangehörigen der EU oder der EFTA und Dienst- leistungserbringerinnen und Dienstleistungserbringer nach Artikel 2 Absatz 3, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der EU oder der EFTA besitzen, gelten die Bestimmungen über die Visumpflicht der Artikel 8 und 9 der Verordnung vom 15. August 201837 über die Einreise und die Visumerteilung. Das Visum wird erteilt, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung einer Kurzaufenthalts- oder Auf- enthaltsbewilligung EU/EFTA nach den Bestimmungen des Freizügigkeitsabkom- mens oder des EFTA-Übereinkommens erfüllt sind. Art. 838 Zusicherung der Bewilligung (Anhang I Art. 1 Abs. 1 und 27 Abs. 2 i. V. m. Art. 10 Abs. 4d Freizügigkeitsabkommen) Für die Einreise in die Schweiz zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, deren Aus- übung einer Bewilligung EU/EFTA bedarf, können kroatische Staatsangehörige eine Zusicherung der Bewilligung (Art. 5 VZAE39) beantragen. Art. 9 Anmelde- und Bewilligungsverfahren (Anhang I Art. 1 Abs. 1 und 27 Abs. 2 i. V. m. Art. 10 Abs. 2c und 4c Freizügigkeitsabkom- men) 1 Für die Anmelde- und Bewilligungsverfahren gelten die Artikel 10–15 AIG sowie die Artikel 9, 10, 12, 13, 15 und 16 VZAE40.41 1bis Bei einem Stellenantritt in der Schweiz bis zu drei Monaten innerhalb eines Ka- lenderjahres oder bei einer Dienstleistungserbringung durch eine selbstständige Dienstleistungserbringerin oder einen selbstständigen Dienstleistungserbringer bis zu 90 Arbeitstagen innerhalb eines Kalenderjahres gilt sinngemäss das Anmeldeverfah- ren (Meldepflicht, Verfahren, Angaben, Fristen) nach Artikel 6 des Bundesgesetzes vom 8. Oktober 199942 über die in die Schweiz entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und nach Artikel 6 der Verordnung vom 21. Mai 200343 über die in die Schweiz entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Der Lohn muss nicht ge- meldet werden. Bei einem Stellenantritt in der Schweiz bis zu drei Monaten innerhalb 35 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 3. Dez. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 827). 36 Fassung gemäss Art. 69 Abs. 2 Ziff. 1 der V vom 15. Aug. 2018 über die Einreise und Vi- sumerteilung, in Kraft seit 15. Sept. 2018 (AS 2018 3087). 37 SR 142.204 38 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 722). 39 SR 142.201 40 SR 142.201 41 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. März 2009, in Kraft seit 1. Juni 2009 (AS 2009 1825). 42 SR 823.20 43 SR 823.201 Migration 6 / 14 142.203 eines Kalenderjahres muss die Meldung spätestens am Tag vor Beginn der Tätigkeit erfolgen.44 45 1ter Artikel 6 Absatz 4 des Bundesgesetzes vom 8. Oktober 1999 über die in die Schweiz entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gilt für die Weiterleitung der Meldung an die kantonale tripartite Kommission sowie gegebenenfalls an die durch den allgemein verbindlich erklärten Gesamtarbeitsvertrag eingesetzte paritäti- sche Kommission (Art. 9 Abs. 1bis erster Satz VEP) sinngemäss.46 2 Für die Meldungen der Kantone und Gemeinden gilt Artikel 5 der ZEMIS-Ver- ordnung vom 12. April 200647.48 3 Grenzgängerinnen und Grenzgänger haben einen Stellenwechsel bei der am Arbeits- ort zuständigen Behörde zu melden. Die Meldung muss vor dem Stellenantritt erfol- gen.49 4 Grenzgängerinnen und Grenzgänger, die sich während der Woche in der Schweiz aufhalten, haben sich bei der an ihrem Aufenthaltsort zuständigen Behörde anzumel- den. Absatz 1 gilt sinngemäss. 4. Abschnitt: Aufenthalt mit Erwerbstätigkeit50 Art. 1051 Anrechnung an die Höchstzahlen (Art. 10 Freizügigkeitsabkommen) Eine Anrechnung an die gemäss Freizügigkeitsabkommen festgelegten Höchstzahlen erfolgt nicht für kroatische Staatsangehörige, die: a. nicht in die Schweiz eingereist sind und auf die Aufnahme der Erwerbstätig- keit verzichtet haben; oder b. innerhalb von 90 Arbeitstagen nach der Aufnahme der Erwerbstätigkeit wie- der ausgereist sind. 44 Fassung des Satzes gemäss Ziff. I der V vom 3. Dez. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 827). 45 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. März 2009 (AS 2009 1825). Fassung gemäss An- hang Ziff. 1 der V vom vom 16. April 2013, in Kraft seit 15. Mai 2013 (AS 2013 1259). 46 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. März 2009, in Kraft seit 1. Juni 2009 (AS 2009 1825). 47 SR 142.513 48 Fassung gemäss Anhang 3 Ziff. 2 der V vom 12. April 2006 über das Zentrale Migrationsinformationssystem, in Kraft seit 29. Mai 2006 (AS 2006 1945). 49 Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 der V vom 20. Sept. 2019, in Kraft seit 1. Nov. 2019 (AS 2019 3041). 50 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. April 2013 (Aufrechterhaltung Kontingente B-Bewilligungen EU-8), in Kraft seit 1. Mai 2013 (AS 2013 1247). 51 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 722). V über den freien Personenverkehr 7 / 14 142.203 Art. 1152 Aufteilung der Höchstzahlen Das Staatssekretariat für Migration (SEM) teilt die gemäss Artikel 10 des Freizügig- keitsabkommens festgelegten Höchstzahlen für kroatische Staatsangehörige auf. Art. 1253 Ausnahmen von den Höchstzahlen (Art. 10 Abs. 4d Freizügigkeitsabkommen) 1 Bei den Höchstzahlen für kroatische Staatsangehörige gelten die im AIG und in der VZAE54 vorgesehenen Ausnahmen sinngemäss. 2 Aufenthaltsbewilligungen EU/EFTA, die kroatischen Staatsangehörigen gestützt auf Anhang I Artikel 27 Absatz 3 Buchstabe a des Freizügigkeitsabkommens erteilt werden, sind von den Höchstzahlen ausgenommen. 3 Kroatische Staatsangehörige, die als Doktorandinnen und Doktoranden oder Post- doktorandinnen und Postdoktoranden an einer schweizerischen Hochschule erwerbs- tätig sind, bleiben auch beim Stellen- oder Berufswechsel von den Höchstzahlen aus- genommen. 4 Liechtensteinische Landesbürgerinnen und Landesbürger sind von den Höchstzah- len ausgenommen. 5. Abschnitt: Erbringung von grenzüberschreitenden Dienstleistungen Art. 1355 Dienstleistungen im Rahmen eines Dienstleistungsabkommens (Art. 5 Freizügigkeitsabkommen und Art. 5 Anhang K EFTA-Übereinkommen) Personen, die grenzüberschreitende Dienstleistungen im Rahmen eines Dienstleis- tungsabkommens zwischen der Schweiz und der EU56 oder der EFTA erbringen, be- nötigen bis zu einem Aufenthalt von 90 Arbeitstagen im Kalenderjahr keine Kurz- aufenthaltsbewilligung EU/EFTA. Übersteigt die Dauer der Dienstleistung 90 Arbeitstage, erhalten sie für die Dauer der Dienstleistung eine Kurzaufenthalts- o- der Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA. 52 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 722). 53 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 722). 54 SR 142.201 55 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 18. Febr. 2004, in Kraft seit 1. Juni 2004 (AS 2004 1569). 56 Mitgliedstaaten im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Freizügigkeitsabkommens vom 21. Juni 1999. Migration 8 / 14 142.203 Art. 1457 Dienstleistungen bis 90 Arbeitstage 1 Besteht kein Dienstleistungsabkommen, so benötigen EU- und EFTA-Angehörige und Dienstleistungserbringer nach Artikel 2 Absatz 3 zur Erbringung einer grenzüber- schreitenden Dienstleistung keine Kurzaufenthaltsbewilligung EU/EFTA, wenn ihr Aufenthalt 90 Arbeitstage im Kalenderjahr nicht übersteigt. 2 …58 Art. 15 Dienstleistungen über 90 Arbeitstagen (Art. 20 Anhang I Freizügigkeitsabkommen und Art. 19 Anhang K Anlage 1 EFTA-Übereinkommen) 1 Besteht kein Dienstleistungsabkommen und übersteigt die Dauer der Dienstleistung 90 Arbeitstage, so kann EU- und EFTA-Angehörigen sowie den Personen nach Arti- kel 2 Absatz 3 eine Kurzaufenthalts- oder eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA nach Artikel 4 für die Dauer der Dienstleistung erteilt werden.59 2 Für die Zulassung kommen die Bestimmungen des AIG und der VZAE60 zur An- wendung.61 6. Abschnitt: Aufenthalt ohne Erwerbstätigkeit Art. 16 Finanzielle Mittel (Art. 24 Anhang I Freizügigkeitsabkommen und Art. 23 Anhang K EFTA-Übereinkommen) 1 Die finanziellen Mittel von EU- und EFTA-Angehörigen sowie ihren Familienan- gehörigen sind ausreichend, wenn sie die Fürsorgeleistungen übersteigen, die einem schweizerischen Antragsteller oder einer schweizerischen Antragstellerin und allen- falls seinen oder ihren Familienangehörigen aufgrund der persönlichen Situation nach Massgabe der Richtlinien für die Ausgestaltung und Bemessung der Sozialhilfe (SKOS-Richtlinien)62 gewährt werden. 2 Die finanziellen Mittel sind für rentenberechtigte EU- und EFTA-Angehörige sowie ihre Familienangehörigen ausreichend, wenn sie den Betrag übersteigen, der einen schweizerischen Antragsteller oder eine schweizerische Antragstellerin und allenfalls seine oder ihre Familienangehörigen zum Bezug von Ergänzungsleistungen nach dem 57 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 2. Nov. 2005, in Kraft seit 1. April 2006 (AS 2006 923). 58 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 3. Dez. 2021, mit Wirkung seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 827). 59 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 30. März 2011, in Kraft seit 1. Mai 2011 (AS 2011 1371). 60 SR 142.201 61 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5533). 62 Zu beziehen bei der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS), Mühlenplatz 3, 3000 Bern 13. V über den freien Personenverkehr 9 / 14 142.203 Bundesgesetz vom 19. März 196563 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinter- lassenen- und Invalidenversicherung berechtigt. Art. 17 Erneuerung der Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA (Art. 24 Anhang I Freizügigkeitsabkommen und Art. 23 Anhang K Anlage 1 EFTA-Übereinkommen) Die zuständigen Behörden können bei Aufenthalten ohne Erwerbstätigkeit schon nach Ablauf der ersten zwei Jahre eine Erneuerung der Aufenthaltsbewilligung EU/ EFTA verlangen, sofern sie dies für erforderlich erachten. Art. 18 Aufenthalte zur Stellensuche (Art. 2 Anhang I Freizügigkeitsabkommen und Art. 2 Anhang K Anlage 1 EFTA-Übereinkommen) 1 EU- und EFTA-Angehörige benötigen zur Stellensuche bis zu einem Aufenthalt von drei Monaten keine Bewilligung. 2 Sie erhalten für eine länger dauernde Stellensuche eine Kurzaufenthaltsbewilligung EU/EFTA mit einer Gültigkeitsdauer von drei Monaten im Kalenderjahr, sofern sie über die für den Unterhalt notwendigen finanziellen Mittel verfügen.64 3 Diese Bewilligung kann bis zu einem Jahr verlängert werden, sofern die EU- und EFTA-Angehörigen Suchbemühungen nachweisen und begründete Aussicht auf eine Beschäftigung besteht. Art. 19 Dienstleistungsempfängerinnen und Dienstleistungsempfänger (Art. 23 Anhang I Freizügigkeitsabkommen und Art. 22 Anhang K Anlage 1 EFTA-Übereinkommen) 1 EU- und EFTA-Angehörige, die zum Empfang einer Dienstleistung einreisen, benö- tigen bis zu einem Aufenthalt von drei Monaten keine Bewilligung. 2 Sie erhalten für den Empfang von länger dauernden Dienstleistungen eine Kurz- aufenthalts- oder eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA. Art. 20 Bewilligungserteilung aus wichtigen Gründen Sind die Voraussetzungen für eine Zulassung zu einem Aufenthalt ohne Erwerbstä- tigkeit nach dem Freizügigkeitsabkommen oder dem EFTA-Übereinkommen nicht erfüllt, so können Aufenthaltsbewilligungen EU/EFTA erteilt werden, wenn wichtige Gründe es gebieten. 63 [AS 1965 537; 1971 32; 1972 2483 Ziff. III; 1974 1589 Ziff. II; 1978 391 Ziff. II 2; 1985 2017; 1986 699; 1996 2466 Anhang Ziff. 4; 1997 2952; 2000 2687; 2002 701 Ziff. I 6, 3371 Anhang Ziff. 9, 3453; 2003 3837 Anhang Ziff. 4; 2006 979 Art. 2 Ziff. 8. AS 2007 6055 Art. 35]. Siehe heute: das BG vom 6. Okt. 2006 (SR 831.30). 64 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. März 2015, in Kraft seit 1. April 2015 (AS 2015 849). Migration 10 / 14 142.203 7. Abschnitt: … Art. 2165 8. Abschnitt: Ausgestaltung des Verbleiberechts (Art. 4 Anhang I Freizügigkeitsabkommen und Art. 4 Anhang K Anlage 1 EFTA-Übereinkommen) Art. 22 EU- oder EFTA-Angehörige oder ihre Familienangehörigen, die nach den Bestim- mungen des Freizügigkeitsabkommens oder des EFTA-Übereinkommens ein Recht auf Verbleib in der Schweiz haben, erhalten eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA. 9. Abschnitt: Beendigung der Anwesenheit, Fernhalte- und Entfernungsmassnahmen Art. 23 Wegfall der Voraussetzungen für das Aufenthaltsrecht (Anhang I Art. 6 Abs. 6 Freizügigkeitsabkommen und Anhang K Anlage 1 Art. 6 Abs. 6 EFTA-Übereinkommen)66 1 Kurzaufenthalts-, Aufenthaltsbewilligungen EU/EFTA und Grenzgängerbewilli- gungen EU/EFTA können widerrufen oder nicht verlängert werden, wenn die Voraus- setzungen für ihre Erteilung nicht mehr erfüllt sind. 2 Für die Niederlassungsbewilligung EU/EFTA gilt Artikel 63 AIG.67 Art. 2468 Anordnung der Entfernungs- oder Fernhaltemassnahmen (Art. 5 Anhang I Freizügigkeitsabkommen und Art. 5 Anhang K Anlage 1 EFTA-Übereinkommen) Die von den zuständigen Behörden des Bundes oder der Kantone jeweils verfügten Entfernungs- oder Fernhaltemassnahmen nach den Artikeln 60–68 AIG gelten für das ganze Gebiet der Schweiz. 65 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 3. Dez. 2021, mit Wirkung seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 827). 66 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 30. März 2011, in Kraft seit 1. Mai 2011 (AS 2011 1371). 67 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5533). 68 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5533). V über den freien Personenverkehr 11 / 14 142.203 Art. 25 Zuständigkeit nach einem Kantonswechsel (Art. 5 Anhang I Freizügigkeitsabkommen und Art. 5 Anhang K Anlage 1 EFTA-Übereinkommen) Für Fernhalte- und Entfernungsmassnahmen ist nach einem Kantonswechsel der neue Kanton zuständig. 10. Abschnitt: Verfahren und Zuständigkeit Art. 26 Zuständigkeit Bewilligungen nach dieser Verordnung werden von den zuständigen kantonalen Be- hörden erteilt. Art. 2769 Art. 28 Kontrolle der Bewilligungen Die Kontrolle der Bewilligungen von EU- und EFTA-Angehörigen durch das Staats- sekretariat für Migration (SEM)70 richtet sich nach Artikel 99 AIG sowie den Artikeln 83 und 85 VZAE71.72 Art. 2973 Zuständigkeit des SEM Das SEM ist zuständig für: a. die Zustimmung zu erstmaligen Aufenthaltsbewilligungen und Verlängerun- gen für EU- und EFTA-Angehörige ohne Erwerbstätigkeit nach Artikel 20; b. die Kontrolle der Bewilligungen nach Artikel 28. Art. 3074 69 Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 3. Dez. 2021, mit Wirkung seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 827). 70 Die Bezeichnung der Verwaltungseinheit wurde in Anwendung von Art. 16 Abs. 3 der Publikationsverordnung vom 17. Nov. 2004 (AS 2004 4937) auf den 1. Jan. 2015 ange- passt. Diese Anpassung wurde im ganzen Text vorgenommen. 71 SR 142.201 72 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5533). 73 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 3. Dez. 2021, in Kraft seit 1. Jan. 2022 (AS 2021 827). 74 Aufgehoben durch Ziff. II der V vom 20. Nov. 2002, mit Wirkung seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 3985). Migration 12 / 14 142.203 11. Abschnitt: … Art. 3175 12. Abschnitt: Strafbestimmungen und administrative Sanktionen76 Art. 3277 Administrative Sanktionen78 Die administrativen Sanktionen richten sich nach Artikel 122 AIG. Art. 32a79 Strafbestimmungen 1 Mit einer Busse bis zu 5000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich oder fahrlässig die Meldepflicht nach Artikel 9 Absatz 1bis verletzt. 2 Mit Busse bis zu 1000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich oder fahrlässig die Meldepflicht nach Artikel 9 Absatz 3 verletzt. 13. Abschnitt: Vollzug Art. 33 Das SEM beaufsichtigt den Vollzug dieser Verordnung. 14. Abschnitt: Aufhebung bisherigen Rechts Art. 34 Die Verordnung vom 23. Mai 200180 über die Einführung des freien Personenver- kehrs wird aufgehoben. 75 Aufgehoben durch Ziff. II 3 der V über die Anpassung von Bundesratsverordnungen an die Totalrevision der Bundesrechtspflege, mit Wirkung seit 1. Jan. 2007 (AS 2006 4705). 76 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 13. März 2009, in Kraft seit 1. Juni 2009 (AS 2009 1825). 77 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 24. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2008 (AS 2007 5533). 78 Eingefügt durch Anhang Ziff. 1 der V vom 20. Sept. 2019, in Kraft seit 1. Nov. 2019 (AS 2019 3041). 79 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 13. März 2009 (AS 2009 1825). Fassung gemäss An- hang Ziff. 1 der V vom 20. Sept. 2019, in Kraft seit 1. Nov. 2019 (AS 2019 3041). 80 [AS 2002 1729] V über den freien Personenverkehr 13 / 14 142.203 15. Abschnitt: Änderung bisherigen Rechts Art. 35 Die nachstehenden Erlasse werden wie folgt geändert: …81 16. Abschnitt: Übergangsbestimmungen Art. 36 Bewilligungen nach bisherigem Recht (Art. 10 Freizügigkeitsabkommen und Art. 10 Anhang K EFTA-Übereinkommen) 1 Die nach bisherigem Recht ausgestellten Bewilligungen bleiben bis zum Ablaufda- tum gültig. 2 Die Rechte und Pflichten der betroffenen Personen richten sich nach dem Freizügig- keitsabkommen oder dem EFTA-Übereinkommen. Art. 37 Verfahren Für Verfahren, die bei Inkrafttreten dieser Verordnung hängig sind, gilt das neue Recht. Art. 3882 Übergangsregelung (Art. 10 und Anhang I Art. 26–34 Freizügigkeitsabkommen) In Anwendung von Artikel 10 Absatz 4d erster und zweiter Satz des Freizügigkeits- abkommens werden die jährlichen Höchstzahlen der neuen Bewilligungen für Arbeit- nehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Selbstständige aus Kroatien provisorisch wie folgt festgesetzt: a. 1007 Kurzaufenthaltsbewilligungen EU/EFTA; b. 1150 Aufenthaltsbewilligungen EU/EFTA. 17. Abschnitt: Inkrafttreten Art. 39 Diese Verordnung tritt am 1. Juni 2002 in Kraft. 81 Die Änderungen können unter AS 2002 1741 konsultiert werden. 82 Fassung gemäss Ziff. I der V vom 16. Nov. 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2023 (AS 2022 722). Migration 14 / 14 142.203 1. Abschnitt: Gegenstand und Geltungsbereich Art. 1 Gegenstand Art. 2 Geltungsbereich Art. 3 Ausnahmen vom Geltungsbereich 2. Abschnitt: Bewilligungsarten und Ausländerausweise Art. 4 Kurzaufenthaltsbewilligung EU/EFTA, Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA und Grenzgängerbewilligung EU/EFTA Art. 5 Niederlassungsbewilligung EU/EFTA Art. 6 Ausländerausweise 3. Abschnitt: Einreise, Anmelde- und Bewilligungsverfahren Art. 7 Visumverfahren Art. 8 Zusicherung der Bewilligung Art. 9 Anmelde- und Bewilligungsverfahren 4. Abschnitt: Aufenthalt mit Erwerbstätigkeit Art. 10 Anrechnung an die Höchstzahlen Art. 11 Aufteilung der Höchstzahlen Art. 12 Ausnahmen von den Höchstzahlen 5. Abschnitt: Erbringung von grenzüberschreitenden Dienstleistungen Art. 13 Dienstleistungen im Rahmen eines Dienstleistungsabkommens Art. 14 Dienstleistungen bis 90 Arbeitstage Art. 15 Dienstleistungen über 90 Arbeitstagen 6. Abschnitt: Aufenthalt ohne Erwerbstätigkeit Art. 16 Finanzielle Mittel Art. 17 Erneuerung der Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA Art. 18 Aufenthalte zur Stellensuche Art. 19 Dienstleistungsempfängerinnen und Dienstleistungsempfänger Art. 20 Bewilligungserteilung aus wichtigen Gründen 7. Abschnitt: … Art. 21 8. Abschnitt: Ausgestaltung des Verbleiberechts Art. 22 9. Abschnitt: Beendigung der Anwesenheit, Fernhalte- und Entfernungsmassnahmen Art. 23 Wegfall der Voraussetzungen für das Aufenthaltsrecht Art. 24 Anordnung der Entfernungs- oder Fernhaltemassnahmen Art. 25 Zuständigkeit nach einem Kantonswechsel 10. Abschnitt: Verfahren und Zuständigkeit Art. 26 Zuständigkeit Art. 27 Art. 28 Kontrolle der Bewilligungen Art. 29 Zuständigkeit des SEM Art. 30 11. Abschnitt: … Art. 31 12. Abschnitt: Strafbestimmungen und administrative Sanktionen Art. 32 Administrative Sanktionen Art. 32a Strafbestimmungen 13. Abschnitt: Vollzug Art. 33 14. Abschnitt: Aufhebung bisherigen Rechts Art. 34 15. Abschnitt: Änderung bisherigen Rechts Art. 35 16. Abschnitt: Übergangsbestimmungen Art. 36 Bewilligungen nach bisherigem Recht Art. 37 Verfahren Art. 38 Übergangsregelung 17. Abschnitt: Inkrafttreten Art. 39 | mixed |
7a7cb7d3-5be7-45dc-ac16-78d967f890d3 | Sachverhalt
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BGE 134 II 10 S. 11
A.X., ressortissant libyen né en 1979, est entré en Suisse le 20 novembre 1991 avec sa mère et deux frères pour y rejoindre son père qui était arrivé dans notre pays quelques mois plus tôt. Après différentes péripéties de procédure et le rejet de leurs demandes d'asile, le prénommé et les membres de sa famille ont finalement été autorisés, par décision du 22 octobre 1997, à demeurer en Suisse au bénéfice d'une admission provisoire.
Le 22 octobre 2000, après une nuit alcoolisée passée avec des amis, A.X. a gravement blessé une personne avec un couteau lors d'une banale bousculade sur la voie publique qui a dégénéré. Il a été arrêté par la police et placé en détention préventive le même jour. A raison de ces faits, il a été condamné à une peine de 5 ans de réclusion pour crime manqué de meurtre et infraction à la législation fédérale sur les armes, sous déduction de 446 jours de détention préventive; selon les constatations pénales, les événements se
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sont produits alors que l'auteur n'avait pourtant fait l'objet d'aucune menace et d'aucune provocation de la part de la victime, les juges parlant à cet égard d'acte gratuit, de mobile égoïste et de mentalité inquiétante. Alors qu'il purgeait encore sa peine, A.X. a été condamné à une peine complémentaire de 12 mois d'emprisonnement, sous déduction de 19 jours de détention préventive effectués du 1
er
au 19 août 1999, pour tentative d'agression, rixe, lésions corporelles simples qualifiées, complicité de contrainte et ivresse au volant; cette peine sanctionnait des faits antérieurs à la première condamnation, en particulier une violente opération de justice privée à laquelle l'intéressé avait pris part dans la nuit du 30 au 31 juillet 1999, de concert avec ses deux frères et d'autres complices, en vue de donner une leçon ou du moins d'intimider une personne avec laquelle sa famille était en conflit.
A.X. a été libéré conditionnellement le 2 octobre 2004. Entre-temps, pendant sa détention, il a été mis au bénéfice d'une autorisation de séjour valable jusqu'au 6 juillet 2002, apparemment à la suite d'une erreur de l'autorité compétente. Par décision du 23 janvier 2004, le Service de la population du canton de Vaud (ci-après: le Service de la population) a refusé de prolonger cette autorisation au vu de la gravité des condamnations prononcées contre l'intéressé. Sur recours, cette décision a été confirmée par le Tribunal administratif du canton de Vaud (ci-après: le Tribunal administratif) dans un arrêt du 14 décembre 2004. Le 4 février 2005, le Tribunal fédéral a déclaré irrecevable un recours formé contre l'arrêt précité du Tribunal administratif (arrêt 2A.64/2005).
Le 14 février 2005, A.X. a épousé B.X., une ressortissante portugaise née en 1982, qui vit en Suisse depuis de nombreuses années au bénéfice d'un permis d'établissement. Le 10 octobre 2005, A.X. a formé une demande d'autorisation de séjour par regroupement familial fondée sur l'Accord du 21 juin 1999 entre la Confédération suisse, d'une part, et la Communauté européenne et ses Etats membres, d'autre part, sur la libre circulation des personnes (ALCP; RS 0.142.112.681; ci-après: Accord sur la libre circulation des personnes ou Accord).
Par décision du 1
er
mars 2006, le Service de la population a refusé à A.X. l'octroi de toute autorisation de séjour au vu de ses antécédents pénaux. Saisi d'un recours des époux A.X., le Tribunal administratif l'a rejeté, par arrêt du 26 janvier 2007, en retenant
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notamment que l'Accord sur la libre circulation des personnes n'était pas applicable, car l'épouse était arrivée en Suisse avant son entrée en vigueur.
Les époux X. forment un recours en matière de droit public contre l'arrêt précité du Tribunal administratif dont ils requièrent la réforme, sous suite de frais et dépens, en ce sens qu'une autorisation de séjour CE/AELE soit octroyée à A.X. avec effet au 14 février 2005 (date du mariage); à titre subsidiaire, ils concluent à l'annulation de l'arrêt attaqué et au renvoi de la cause au Tribunal administratif ou au Service de la population pour nouvelle décision dans le sens de leur conclusion principale. Ils invoquent la violation aussi bien de l'Accord sur la libre circulation des personnes que de l'art. 8 de la Convention de sauvegarde des droits de l'homme et des libertés fondamentales du 4 novembre 1950 (CEDH; RS 0.101).
Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. Erwägungen
Extrait des considérants:
2.
Le Tribunal administratif a estimé que le recourant ne pouvait pas se prévaloir de l'Accord sur la libre circulation des personnes, car son épouse était déjà établie de longue date en Suisse lors de l'entrée en vigueur de ce texte le 1
er
juin 2002. Cette opinion est erronée. Le champ d'application personnel et temporel de l'Accord ne dépend en effet pas du moment auquel un ressortissant communautaire arrive ou est arrivé en Suisse, mais seulement de l'existence d'un droit de séjour garanti par l'Accord au moment déterminant, soit lorsque le droit litigieux - tel qu'en l'espèce le regroupement familial - est exercé. Autrement dit, les ressortissants communautaires résidant déjà en Suisse lors de son entrée en vigueur peuvent se prévaloir de l'Accord dès qu'ils relèvent de l'une ou l'autre des situations de libre circulation prévues à cet effet et qu'ils remplissent les conditions afférentes à leur statut (cf.
ATF 130 II 1
consid. 3.4 p. 7 et les références citées). En l'espèce, du moment qu'elle exerce une activité salariée, l'épouse du recourant peut, en principe, déduire de l'Accord le droit à une autorisation de séjour (cf.
art. 4 ALCP
et les
art. 2 et 6 ss annexe I ALCP
). Dans cette mesure, elle peut également, si les conditions en sont réunies, exercer les "
autres droits
" découlant de son statut (cf.
art. 7 let
. d ALCP) et, en particulier, obtenir une autorisation de séjour en faveur de son conjoint au titre du regroupement familial prévu à l'art. 3 par. 2 let. a annexe I ALCP.
BGE 134 II 10 S. 14
3.
3.1
Partie intégrante de l'Accord sur la libre circulation des personnes (cf.
art. 15 ALCP
), l'
art. 3 par. 1 et 2 annexe I ALCP
règle le droit de séjour des membres de la famille des ressortissants communautaires; il prévoit notamment que, quelle que soit leur nationalité, leur conjoint a en principe le droit de "
s'installer
" avec eux. Ce droit est calqué sur les art. 10 et 11 du Règlement (CEE) 1612/68, si bien que, conformément à l'
art. 16 par. 2 ALCP
, son interprétation doit se faire en tenant compte de la jurisprudence antérieure au 21 juin 1999 qui a été rendue en la matière par la Cour de justice des Communautés européennes (ci-après: la Cour de justice ou CJCE; au sujet de la prise en considération d'arrêts de la Cour de justice postérieurs à cette date, cf.
ATF 130 II 1
consid. 3.6 p. 9 ss,
ATF 130 II 113
consid. 5.2 p. 119 s. et les références citées).
S'inspirant d'une jurisprudence de la Cour de justice postérieure au 21 juin 1999 dans une affaire concernant l'art. 10 du Règlement (CEE) 1612/68 (arrêt du 23 septembre 2003,
Akrich
, C-109/01, Rec. 2003, p. I-9607, également reproduit in: EuGRZ 2003 p. 607 ss), le Tribunal fédéral a précisé que l'
art. 3 annexe I ALCP
n'est pas applicable lorsqu'au moment où le droit au regroupement familial est exercé, le membre de la famille visé par la demande n'a pas la nationalité d'un Etat membre et ne réside pas déjà légalement dans un Etat membre; en fait, il serait plus exact, dans le cadre des relations entre la Suisse et l'Union européenne, de parler de partie contractante (à l'Accord) que d'Etat membre; autrement dit, l'exercice du droit prévu par la disposition précitée présuppose, pour les ressortissants non communautaires, qu'ils puissent justifier d'un séjour légal préalable dans une partie contractante (cf.
ATF 130 II 1
consid. 3.6 p. 9 ss). Ne remplit notamment pas une telle condition (préalable) l'époux étranger d'une ressortissante communautaire qui n'a jamais résidé légalement dans une partie contractante et qui fait l'objet en Suisse, au moment déterminant, d'une décision de refus d'autorisation de séjour entrée en force assortie d'une mesure de renvoi du territoire suisse (cf. arrêts 2A.114/2003 du 23 avril 2004, consid. 3.3 et 2A.7/ 2004 du 2 août 2004, consid. 3.3); le fait qu'il ait bénéficié d'une admission provisoire ou que sa présence ait été tolérée pendant un certain temps ne saurait, en principe, remplir la condition du séjour légal préalable (arrêts précités; en ce sens, voir aussi: RICHARD PLENDER, Quo vadis?, Nouvelle orientation des règles sur la libre circulation des personnes suivant l'affaire Akrich, in Cahiers de droit
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européen 2004 p. 261 ss, 276; MATTHEW ELSMORE/PETER STARUP, Case C-1/05, Yunying Jia v. Migrationsverket, Judgement of the Cour (Grand Chamber), 9 January 2007, in Common Market Law Review, vol. 44, juin 2007, p. 787 ss, 794). Néanmoins, l'époux d'une ressortissante communautaire qui a contesté par la voie d'un recours une décision refusant de prolonger une (première) autorisation de séjour valablement délivrée en Suisse est réputé résider légalement dans notre pays pendant toute la durée de la procédure contentieuse et peut, à ce titre, en principe tirer pleinement avantage des droits prévus par l'Accord (cf. arrêt 2A.94/2004 du 6 août 2004, consid. 2).
3.2
En l'espèce, A.X. a été mis au bénéfice, le 11 octobre 2001, d'une autorisation de séjour valable jusqu'au 6 juillet 2002. Que l'octroi de cette autorisation résultât apparemment d'une erreur n'est pas décisif pour décider si le recourant résidait légalement en Suisse au moment - déterminant - de la demande de regroupement familial: en effet, le permis en question n'a nullement été révoqué et il n'apparaît pas non plus qu'il fût frappé de nullité absolue. En revanche, il faut constater que le recours entrepris contre le refus de prolonger cette première autorisation de séjour a été définitivement écarté par le Tribunal fédéral (arrêt 2A.64/2005 du 4 février 2005). Depuis le 6 juillet 2002, le recourant est donc en Suisse au bénéfice d'une simple tolérance, qui découle notamment de l'effet suspensif attaché aux différentes procédures qu'il a engagées, jusqu'ici vainement, en vue d'obtenir la régularisation de sa situation (recours contre le refus de prolongation de l'autorisation de séjour; demande d'admission provisoire; demande d'autorisation de séjour au titre du regroupement familial). Par ailleurs, sa demande de regroupement familial - ici litigieuse - fondée sur l'
art. 3 annexe I ALCP
a été formée le 10 octobre 2005, soit plusieurs mois après l'entrée en force - le 4 février 2005 - de la décision refusant de prolonger son autorisation de séjour arrivée à échéance le 6 juillet 2002. Partant, le recourant ne saurait prétendre qu'il résidait légalement en Suisse au moment déterminant, et il doit se laisser opposer les conséquences de l'arrêt
Akrich
précité, à savoir que son éventuel droit à une autorisation de séjour doit s'examiner à la lumière des seules dispositions du droit interne et de l'
art. 8 CEDH
(cf. arrêt précité 2A.114/2003 du 23 avril 2004, consid. 3.3).
3.3
Le recourant remet cependant en cause les conséquences que le Tribunal fédéral a tirées de l'arrêt
Akrich
précité. A ses yeux, ce précédent ne viserait que le cas très particulier circonscrit par l'état
BGE 134 II 10 S. 16
de fait qui en est à l'origine et n'aurait ainsi pas pour effet de subordonner de manière générale l'octroi d'une autorisation de séjour fondée sur l'
art. 3 annexe I ALCP
à la condition que les ressortissants de pays tiers, parents de ressortissants communautaires, disposent au préalable d'un titre de séjour délivré par une partie contractante. A l'appui de son point de vue, le recourant se réfère, en réplique et sans y avoir été invité, à un récent arrêt de la Cour de justice (du 9 janvier 2007,
Yunying Jia contre Migrationsverket
, C-1/05), postérieur, comme l'arrêt Akrich, à l'entrée en vigueur de l'Accord (sur cette particularité, cf. infra consid. 3.5.2).
3.4
Le contexte de l'affaire
Jia
(précitée) est le suivant: le 13 mai 2003, Yunying Jia, ressortissante chinoise dont le fils vit en Suède avec son épouse de nationalité allemande, est entrée dans ce pays au bénéfice d'un visa de tourisme valable pendant 90 jours au maximum; le 7 août suivant, elle a demandé un titre de séjour en se prévalant de son lien de parenté avec l'épouse de son fils et de sa situation de dépendance économique par rapport à ce dernier. L'autorité suédoise compétente a refusé de faire droit à cette demande, au motif que la situation de dépendance économique invoquée n'était pas suffisamment établie. Yunying Jia ayant fait appel de ce refus, l'autorité de recours suédoise saisie a soumis à la Cour de justice différentes questions destinées à éclaircir la portée de l'arrêt (précité)
Akrich
. Après les avoir reformulées et réunies en une seule, la Cour de justice a répondu aux questions posées de la manière suivante: "Le droit communautaire, eu égard à l'arrêt Akrich, n'impose pas aux Etats membres de soumettre l'octroi d'un droit de séjour à un ressortissant d'un pays tiers, membre de la famille d'un ressortissant communautaire ayant fait usage de sa liberté de circulation, à la condition que ce membre de la famille ait, au préalable, séjourné légalement dans un autre Etat membre." Les juges ont en effet estimé que la condition de séjour préalable telle que formulée dans l'arrêt
Akrich
ne pouvait pas être transposée au cas de Yunying Jia, car il n'était reproché à cette dernière ni de séjourner illégalement dans un Etat membre, ni de chercher à se soustraire abusivement à l'emprise d'une réglementation nationale en matière d'immigration. Au contraire d'Hacene Akrich, l'intéressée se trouvait légalement en Suède lorsqu'elle a introduit sa demande et le droit suédois ne s'opposait pas, dans sa situation, à l'octroi d'un droit de séjour de longue durée en sa faveur (arrêt précité
Jia
, points 28-33).
BGE 134 II 10 S. 17
En disant que le droit communautaire "
n'impose pas
" aux Etats membres, dans les circonstances de l'affaire
Jia
, de subordonner l'octroi d'un titre de séjour aux ressortissants de pays tiers à la condition d'un séjour légal préalable dans un (autre) Etat membre, la Cour de justice ne paraît pas - a contrario - vouloir leur interdire de prévoir une telle exigence dans leur législation (sur la pertinence d'une telle interprétation, cf. JEAN-YVES CARLIER, La libre circulation des personnes dans l'Union européenne, in Journal des tribunaux, Droit européen, 2007, p. 80 ss, 85; ELSMORE/STARUP, op. cit., p. 793 ss, 797). C'est du reste apparemment ce qu'ont fait le Royaume-Uni et le Danemark à la suite de l'arrêt
Akrich
(cf. ELSMORE/STARUP, op. cit., p. 800 s.; cf. HANSPETER MOCK/FABRICE FILLIEZ, Libre circulation des personnes et regroupement familial: à propos de la prise en compte de la jurisprudence de la Cour de Luxembourg par le Tribunal fédéral, in RSDIE 2006 p. 237 ss, 248 ad note de bas de page n° 41). En toute hypothèse, les différences que la Cour de justice a mises en évidence, dans l'affaire
Jia
, dans sa comparaison avec les faits à la base de l'arrêt
Akrich
, laissent clairement entrevoir que les demandes de regroupement familial précédées - comme en l'espèce - d'un séjour illégal dans un Etat membre ou destinées à contourner une législation nationale en matière d'immigration ne doivent pas bénéficier des avantages du droit communautaire (cf. arrêt précité
Jia
, points 28-33 a contrario; ELSMORE/STARUP, op. cit., p. 796); cette analyse s'impose même dans l'approche restrictive - que défend le recourant - consistant à envisager l'arrêt
Akrich
, à la lumière de l'affaire
Jia
, comme un simple cas d'espèce qui ne poserait pas le séjour légal préalable dans un Etat membre comme une condition générale prévue par le droit communautaire pour bénéficier de ses facilités en matière de regroupement familial (cf. ELEANOR SPAVENTA, Case C-109/01, Secretary of State for the Home Department v. H. Akrich, judgment of the Full Court of 23 September 2003, in Common Market Law Review, vol. 42, février 2005, p. 225 ss, spécialement p. 233 et 238; CARLIER, op. cit., p. 84 s.).
3.5
En réalité, les arrêts
Akrich
et
Jia
ne se laissent pas facilement interpréter et font suite à une série de décisions rendues par la Cour de justice où, dans des affaires à la croisée des ordres juridiques communautaire et nationaux, les juges européens ont semblé partagés entre, d'une part, la volonté de favoriser le plus possible l'objectif (communautaire) de libre circulation des personnes à l'intérieur des Etats membres et, d'autre part, la nécessité de respecter et
BGE 134 II 10 S. 18
préserver les prérogatives (nationales) des Etats membres en matière de politique d'immigration. Bien que normalement distinctes, ces deux "
logiques
" peuvent en effet se chevaucher dans certaines circonstances, notamment lorsque le ressortissant d'un pays tiers, parent d'un citoyen de l'Union ayant fait usage de sa liberté de circuler, demande à rejoindre ce dernier dans un Etat membre au titre du droit communautaire (cf. EMMANUELLE BROUSSY/FRANCIS DONNAT/CHRISTIAN LAMBERT, Droit de séjour et immigration, in L'actualité juridique - Droit administratif [AJDA] p. 295 ss). Certains auteurs parlent à ce propos de "
dilemme
" (cf. MONIQUE LUBY, Chronique de jurisprudence du Tribunal et de la Cour de justice des Communautés européennes, in Journal du droit international 2004 p. 580, citant l'avocat général Geelhoed; PLENDER, op. cit., p. 268), tandis que d'autres évoquent une "
tension
" entre les politiques nationales d'immigration - toujours plus sévères - et les avancées de la libre circulation (cf. MOCK/FILLIEZ, op. cit., p. 247). Dans l'arrêt
Akrich
, la Cour de justice avait clairement pris position en faveur du respect des compétences nationales des Etats membres en matière d'immigration, en affirmant que "le règlement 1612/68 ne vise que la libre circulation à l'intérieur de la Communauté (mais) est muet sur l'existence des droits d'un ressortissant d'un pays tiers, conjoint d'un citoyen de l'Union, quant à l'accès au territoire de la Communauté" (point 49).
Cela étant, il n'y a pas de motif de revenir sur la jurisprudence publiée aux
ATF 130 II 1
dans la ligne de l'arrêt
Akrich
, et ce pour les raisons suivantes.
3.5.1
Premièrement, la portée de l'arrêt
Jia
n'est, comme on l'a vu, pas claire (cf., à ce sujet, les trois interprétations proposées par ELSMORE/STARUP, op. cit., p. 793 ss), et il n'est pas certain que, comme le soutient le recourant, le cas
Akrich
soit dorénavant relégué au simple rang d'arrêt d'espèce (cf. BROUSSY/DONNAT/LAMBERT, op. cit., p. 297). A ce jour, ce précédent fait du reste toujours l'objet de demandes d'interprétation de la part des juridictions nationales des Etats membres (cf. les conclusions présentées le 5 juillet 2007 par l'avocat général Mengozzi, dans l'affaire C-291/05,
Minister voor Vreemdelingenzaken en Integratie contre Rachel Nataly Geradina Eind
, en particulier les points 43-50).
3.5.2
Deuxièmement, indépendamment des problèmes d'interprétation que posent les arrêts
Akrich
et
Jia
(notamment en relation avec le sens et la portée de la condition du séjour légal préalable, cf.
BGE 134 II 10 S. 19
CARLIER, op. cit., p. 85; SPAVENTA, op. cit., p. 232 s.; ELSMORE/STARUP, op. cit., p. 792 ss), ceux-ci sont tous deux postérieurs à l'entrée en vigueur de l'Accord sur la libre circulation des personnes. Le Tribunal fédéral n'est dès lors pas tenu de les prendre en compte pour interpréter l'
art. 3 annexe I ALCP
(cf.
art. 16 par. 2 ALCP
a contrario). Il n'a d'ailleurs fait que se référer à l'arrêt
Akrich
dans la cause publiée aux
ATF 130 II 1
. Et la même réserve vaut évidemment pour les prochaines décisions que rendra la Cour de justice en la matière, d'autant que les critiques émises contre la solution adoptée dans l'arrêt
Akrich
tiennent, pour certaines d'entre elles, à des questions de cohérence propres à l'ordre juridique communautaire, notamment par rapport au statut de citoyen de l'Union européenne (cf. LUBY, op. cit., p. 581) ou par rapport à de récents actes communautaires entrés en vigueur après l'arrêt
Akrich
, comme la directive 2003/86/CE du Conseil, du 22 septembre 2003, relative au droit au regroupement familial, ou la directive 2004/38/CE du Parlement européen et du Conseil, du 29 avril 2004, relative au droit des citoyens de l'Union et des membres de leurs familles de circuler et de séjourner librement sur le territoire des Etats membres, modifiant le Règlement (CEE) 1612/68 et abrogeant les directives 64/221/CEE, 68/360/CEE, 72/194/CEE, 73/148/CEE, 75/34/CEE, 75/35/CEE, 90/364/CEE, 90/365/CEE et 93/96/CEE (cf. ELSMORE/STARUP, op. cit., p. 796; MOCK/FILLIEZ, op. cit., p. 252 s.; pour un aperçu de ces nouvelles règles, cf. ASTRID EPINEY/ANDREA FAEH, Zum Aufenthaltsrecht von Familienangehörigen im europäischen Gemeinschaftsrecht, in Annuaire du droit de la migration, 2005/2006, p. 49 ss).
3.5.3
Troisièmement, les règles en matière de regroupement familial ici litigieuses sont calquées sur le Règlement (CEE) 1612/68 et visent, à l'avenant de ce texte au plan des relations communautaires, à permettre et favoriser la libre circulation des ressortissants des Etats membres de la Communauté européenne et de la Suisse "
sur le territoire des parties contractantes
" (cf. le préambule de l'Accord et son art. 1
er
;
ATF 130 II 1
consid. 3.3 p. 6,
ATF 130 II 113
consid. 5.1 et 5.2 p. 118 ss). Ces règles ne sauraient dès lors interférer dans la politique migratoire de la Suisse - en principe réglée par le seul droit interne pour les ressortissants de pays tiers - au-delà de ce qui est nécessaire à la réalisation de l'objectif de libre circulation poursuivi par l'Accord. Or, la condition du séjour légal préalable telle qu'interprétée par le Tribunal fédéral est conforme à la finalité de l'
art. 3 annexe I ALCP
ou, pour reprendre la terminologie de la Cour
BGE 134 II 10 S. 20
de justice, ne prive pas cette norme de son "
effet utile
". Celle-ci tend en effet à garantir aux ressortissants communautaires que les membres de leur famille, même s'ils n'ont pas la nationalité d'une partie contractante, puissent les accompagner en Suisse s'ils décident d'exercer les droits prévus par l'Accord sur la libre circulation des personnes. En l'absence d'une telle garantie, les ressortissants communautaires pourraient en effet être dissuadés d'exercer ces droits, par crainte que la réglementation suisse en matière d'immigration ne les sépare de leur famille (cf.
ATF 130 II 113
consid. 7.1 p. 124 s. et 7.3 p. 126 et les références citées). Mais la situation se présente sous un jour différent pour les membres de la famille d'un ressortissant communautaire qui, au moment où celui-ci exerce son droit à la libre circulation, ne vivaient pas déjà légalement avec lui dans une partie contractante; en effet, le ressortissant communautaire placé dans une telle situation ne saurait alors prétendre être dissuadé d'exercer sa liberté de circulation par la crainte de perdre un avantage, dans la mesure où les membres de sa famille ayant la nationalité d'un pays tiers n'ont de toute façon, au moment de la demande, aucun droit de séjour dans quelque partie contractante que ce soit (cf.
ATF 130 II 1
consid. 3.6.1 p. 9 s. et 3.6.3 p. 11 ss; PLENDER, op. cit., p. 280). Dans cette mesure, l'interprétation de l'arrêt
Akrich
permet, sans trahir ni la lettre ni l'esprit de l'Accord, de ménager les prérogatives de la Suisse en matière de politique migratoire, en même temps que de tracer une limite claire entre les situations relevant du seul droit interne (et de l'
art. 8 CEDH
) et celles entrant dans le champ d'application de l'Accord (sur ces aspects considérés du point de vue du droit communautaire, cf. BROUSSY/DONNAT/LAMBERT, op. cit., p. 297).
3.5.4
Enfin, cette solution a également l'avantage d'éviter dans une large mesure les situations de discrimination à rebours pouvant se présenter en matière de regroupement familial: qu'elles émanent de citoyens suisses ou de ressortissants communautaires, les demandes d'autorisations de séjour en faveur de parents originaires de pays tiers qui ne résident pas déjà légalement dans une partie contractante sont en effet traitées de la même manière, soit par référence au droit interne et à l'
art. 8 CEDH
(cf. MOCK/FILLIEZ, op. cit., p. 238 s.; BROUSSY/DONNAT/LAMBERT, op. cit., p. 297). Or, l'objectif d'éviter la discrimination à rebours fait partie des préoccupations du législateur suisse, comme l'atteste la loi fédérale du 16 décembre 2005 sur les étrangers (LEtr; RO 2007 p. 5437), approuvée le 24 septembre
BGE 134 II 10 S. 21
2006 en votation populaire (FF 2006 p. 8953), qui entrera en vigueur - sous réserve de quelques dispositions - le 1
er
janvier 2008 (RO 2007 p. 5487). Cette nouvelle loi (RS 142.20) vise en effet, en matière de regroupement familial de parents originaires de pays tiers, à conférer aux ressortissants suisses des droits analogues à ceux prévus pour les ressortissants communautaires à l'
art. 3 annexe I ALCP
(cf. message du 18 mars 2002 concernant la loi sur les étrangers, in FF 2002 p. 3469 ss, 3510; MINH SON NGUYEN, Le regroupement familial dans la loi sur les étrangers et dans la loi sur l'asile révisée, in Annuaire du droit de la migration, 2005/2006, p. 31 ss, 38 s.). Afin de tenir compte des répercussions de l'
ATF 130 II 1
, les Chambres fédérales ont même modifié le projet initial du Conseil fédéral et étendu aux membres étrangers de la famille d'un ressortissant suisse qui souhaitent obtenir un droit de séjour en Suisse la condition de justifier au préalable "d'une autorisation de séjour durable délivrée par un Etat avec lequel la Suisse a conclu un accord sur la libre circulation des personnes" (cf. art. 42 al. 2 LEtr; session de printemps du Conseil des Etats, 16 mars 2005, in BO 2005 CE p. 303 s. [proposition de la majorité de la Commission et intervention de Trix Heberlein]; session d'automne du Conseil national, 28 septembre 2005, in BO 2005 CN p. 1233 ss [proposition de la majorité de la Commission et interventions de Geri Müller, Philipp Müller, et Serge Beck]). Autrement dit, l'abandon de la jurisprudence précitée aurait pour conséquence - paradoxale - de replacer les ressortissants suisses, à partir du 1
er
janvier 2008, dans une moins bonne situation que les citoyens communautaires quant au droit d'obtenir une autorisation de séjour pour les membres étrangers de leur famille, en violation de la volonté du législateur. C'est là une raison de plus qui justifie de maintenir les conséquences tirées de l'arrêt
Akrich
à l'
ATF 130 II 1
.
3.6
En conséquence, l'
art. 3 annexe I ALCP
n'est, comme l'a jugé le Tribunal administratif, mais pour d'autres motifs, pas applicable au recourant. Cependant, compte tenu de la portée générale que revêt le principe de non-discrimination inscrit à l'
art. 2 ALCP
, l'épouse portugaise du recourant, qui est également partie à la présente procédure aux côtés de ce dernier, ne doit pas être moins bien traitée que ne le serait l'épouse suisse d'un ressortissant étranger. Or, l'art. 7 al. 1 de la loi fédérale du 26 mars 1931 sur le séjour et l'établissement des étrangers (LSEE; RS 1 p. 113) ne prévoit l'extinction du droit à l'autorisation de séjour accordée à l'époux étranger d'une
BGE 134 II 10 S. 22
ressortissante suisse que s'il existe à son égard un "
motif d'expulsion
" (cf.
art. 7 al. 1 LSEE
; RO 1991 p. 1042), tandis qu'en l'absence d'un titre de séjour fondé sur l'Accord, comme en l'espèce, une simple infraction à "
l'ordre public
" (cf.
art. 17 al. 2 LSEE
; RO 1991 p. 1042) est déjà susceptible d'entraîner une telle conséquence pour l'époux étranger d'une ressortissante communautaire au bénéfice d'un permis d'établissement (sur cette différence, cf.
ATF 122 II 385
consid. 3a p. 390;
ATF 120 Ib 129
consid. 4a p. 130/131; PHILIP GRANT, La protection de la vie familiale et de la vie privée en droit des étrangers, thèse Genève 2000, p. 190/191). Il convient dès lors d'examiner l'éventuel droit du recourant à l'octroi d'une autorisation de séjour à la lumière des
art. 7 al. 1 LSEE
(RO 1991 p. 1042) et 8 CEDH (cf. arrêts 2A.325/2004 du 25 août 2005, consid. 3.3 et 4; 2A.7/2004 du 2 août 2004, consid. 3.3 et 4.1; 2A.114/2003 du 23 avril 2004, consid. 4).
4.
4.1
Aux termes de l'art. 7 al. 1 (première phrase) LSEE (RO 1991 p. 1042), le conjoint étranger d'un ressortissant suisse a droit à l'octroi et à la prolongation d'une autorisation de séjour ou d'établissement; ce droit s'éteint cependant lorsqu'il existe un motif d'expulsion (disposition précitée, troisième phrase). D'après l'
art. 10 al. 1 LSEE
, l'étranger peut être expulsé de Suisse ou d'un canton, notamment s'il a été condamné par une autorité judiciaire pour crime ou délit (let. a; RS 1 p. 116) ou si sa conduite dans son ensemble et ses actes permettent de conclure qu'il ne veut pas s'adapter à l'ordre établi dans le pays qui lui offre l'hospitalité ou qu'il n'en est pas capable (let. b; RO 1949 p. 227). Le refus d'octroyer une autorisation de séjour ou d'établissement au conjoint étranger d'un ressortissant suisse (ou communautaire) sur la base de l'une des causes énoncées à l'
art. 10 LSEE
(RO 1949 p. 227) suppose une pesée des intérêts en présence et l'examen de la proportionnalité de la mesure (cf.
art. 11 al. 3 LSEE
[RO 1949 p. 227 s.];
ATF 116 Ib 113
consid. 3c p. 117). Pour apprécier ce qui est équitable, l'autorité tiendra en particulier compte de la gravité de la faute commise par l'étranger, de la durée de son séjour en Suisse et du préjudice qu'il aurait à subir avec sa famille du fait de l'expulsion (
art. 16 al. 3 RSEE
; RO 1949 p. 243) - respectivement du fait du refus d'accorder ou de prolonger une autorisation de séjour ou d'établissement.
La réglementation prévue par l'
art. 8 CEDH
est similaire: le droit au respect de la vie familiale (par. 1) n'est en effet pas absolu, en ce
BGE 134 II 10 S. 23
sens qu'une ingérence dans l'exercice de ce droit est possible selon l'
art. 8 par. 2 CEDH
, pour autant que celle-ci soit "prévue par la loi et qu'elle constitue une mesure qui, dans une société démocratique, est nécessaire à la sécurité nationale, à la sûreté publique, au bien-être économique du pays, à la défense de l'ordre et à la prévention des infractions pénales, à la protection de la santé ou de la morale, ou à la protection des droits et libertés d'autrui". Il y a donc également lieu ici de procéder à une pesée des intérêts en présence (cf.
ATF 125 II 633
consid. 2e p. 639;
ATF 122 II 1
consid. 2 p. 5/6;
ATF 120 Ib 129
consid. 4b p. 131,
ATF 120 Ib 22
consid. 4a p. 24 s.).
4.2
Dans la pesée des intérêts, il faut en premier lieu tenir compte, en cas de condamnation de l'étranger pour crime ou délit, de la gravité des actes commis ainsi que de la situation personnelle et familiale de l'intéressé. La peine infligée par le juge pénal est le premier critère servant à évaluer la gravité de la faute et à peser les intérêts (cf.
ATF 120 Ib 6
consid. 4c p. 15/16). Il y a lieu ensuite d'examiner si l'on peut exiger des membres de la famille qui ont un droit de présence en Suisse qu'ils suivent l'étranger dont l'autorisation de séjour est refusée. Pour trancher cette question, l'autorité compétente ne doit pas statuer en fonction des convenances personnelles des intéressés, mais prendre objectivement en considération leur situation personnelle et l'ensemble des circonstances. Si l'on ne peut pas exiger des membres de la famille pouvant rester en Suisse qu'ils partent à l'étranger, cet élément doit entrer dans la pesée des intérêts en présence mais n'exclut pas nécessairement, en lui-même, un refus de l'autorisation de séjour (cf.
ATF 122 II 1
consid. 2 p. 6;
ATF 120 Ib 129
consid. 4b p. 131).
4.3
En l'espèce, les faits reprochés au recourant sont particulièrement graves et ont du reste été lourdement sanctionnés d'une peine de cinq ans de réclusion complétée d'une peine d'une année d'emprisonnement. Selon la jurisprudence applicable au conjoint étranger d'un ressortissant suisse, une condamnation à deux ans de privation de liberté constitue la limite à partir de laquelle, en général, il y a lieu de refuser l'autorisation de séjour, du moins quand il s'agit d'une demande d'autorisation initiale ou d'une requête de prolongation d'autorisation déposée après un séjour de courte durée (
ATF 130 II 176
consid. 4.1 p. 185;
ATF 120 Ib 6
consid. 4b p. 14). Certes, le recourant est arrivé en Suisse au mois d'octobre 1991, à l'âge de douze ans. Il apparaît cependant qu'il n'a bénéficié que tardivement d'une première autorisation de séjour, soit après août 2001, et que
BGE 134 II 10 S. 24
celle-ci lui a apparemment été délivrée par erreur; auparavant, il a résidé en Suisse sans titre de séjour ou, à partir du mois d'octobre 1997, au bénéfice d'une simple admission provisoire; par ailleurs, il a été arrêté et incarcéré du 22 octobre 2000 au 2 octobre 2004. Bien que relativement importante dans l'absolu, la durée de son séjour en Suisse doit dès lors être fortement relativisée: les années passées dans l'illégalité, en prison ou au bénéfice d'une simple tolérance ne sont en effet pas déterminantes dans la pesée des intérêts (cf.
ATF 130 II 493
consid. 4.6 p. 503,
ATF 130 II 39
consid. 4 p. 43).
Quoi qu'il en soit, les peines infligées au recourant dépassent si largement la limite (indicative) de deux ans fixée par la jurisprudence que seules des circonstances tout à fait exceptionnelles seraient de nature à contrebalancer la gravité des fautes reprochées. Or, l'on cherche en vain de telles circonstances. Que l'intéressé se soit apparemment bien comporté depuis sa libération conditionnelle n'est à cet égard pas décisif; c'est même le moins que l'on pouvait attendre de lui. Par ailleurs, au contraire de la pratique en cours pour les étrangers bénéficiant d'un titre de séjour fondé sur l'Accord, le risque de récidive ne joue pas un rôle déterminant pour les mesures d'éloignement prises sur la base du droit interne, mais ne constitue qu'un facteur parmi d'autres dans la pesée des intérêts, où la gravité des actes commis est, comme on l'a vu, le premier élément à prendre en considération.
Au demeurant, le risque de récidive doit, en l'espèce, s'apprécier de manière rigoureuse, car les faits reprochés sont graves (cf.
ATF 120 Ib 6
consid. 4c p. 15/16). A cela s'ajoute que les antécédents pénaux du recourant incitent à la plus grande réserve sur ce point. Il apparaît en effet qu'entre le mois de septembre 1998 (tentative de contrainte) et le 22 octobre 2000 (date de son incarcération), l'intéressé s'est rendu coupable de plusieurs infractions, dont le degré de gravité est allé crescendo pour les principales, soit celles contre la vie et l'intégrité corporelle. Par ailleurs, il faut relever que l'infraction la plus grave, soit le crime manqué de meurtre, a été commise alors que son auteur était déjà inculpé pour des faits qui lui vaudront par la suite une année d'emprisonnement (notamment pour tentative d'agression, rixe et lésions corporelles simples qualifiées) et qu'il avait alors déjà subi 19 jours de détention préventive en août 1999 à raison de ces mêmes faits. En outre, tant le contexte général et le mode opératoire des infractions reprochées (violence et gravité des faits) que leur mobile (honneur; actes
BGE 134 II 10 S. 25
gratuits ou de justice privée) jettent une lumière défavorable sur le recourant et le font apparaître comme un individu dénué de sens moral, dangereux et prêt, selon les termes des juges pénaux "
en toute circonstance, à jouer du muscle
".
Enfin, indépendamment même de ses crimes, le recourant ne semble pas s'être intégré à la société suisse. En particulier, au plan professionnel, il n'a apparemment pas été capable d'occuper durablement une place de travail lui permettant de subvenir à ses besoins et les faits retenus au pénal laissent entrevoir un mode de vie et des fréquentations peu recommandables; par ailleurs, il n'a pas fourni de gages ou d'éléments concrets permettant de penser que la situation avait notablement changé ou pouvait se retourner. Certes, au plan familial, lorsque l'arrêt attaqué a été rendu, il était marié depuis près d'une année, et l'on peut concevoir qu'il sera difficile pour son épouse - également recourante - de le suivre à l'étranger, du moins s'il était finalement amené à vivre en Libye après son départ de la Suisse. Au vu des circonstances, cet obstacle n'apparaît cependant pas déterminant dans la pesée des intérêts, d'autant que, nonobstant ses dénégations, son épouse ne pouvait pas ignorer, au moment où elle s'est mariée, qu'il risquait de devoir quitter la Suisse: en effet, il était alors sous le coup d'une décision de refus d'autorisation de séjour rendue plus d'une année auparavant et entrée en force définitive de chose jugée quelques jours avant la célébration du mariage (arrêt du Tribunal fédéral 2A.64/2005 du 4 février 2005).
4.4
Dans ces conditions, l'intérêt public à l'éloignement du recourant l'emporte sur son intérêt privé et celui de son épouse à ce qu'il puisse demeurer en Suisse. | mixed |
e922afd8-a642-4b1e-8b0b-d2121e313aef | Sachverhalt
ab Seite 114
BGE 141 II 113 S. 114
A.
La société anonyme Tridel SA, sise à Lausanne, a pour but statutaire "le traitement des déchets urbains, légalement admissibles dans une installation d'incinération au sens de la législation fédérale, provenant des zones d'apport qui lui sont assignées par la législation vaudoise et par le plan cantonal vaudois sur la gestion des déchets". Son capital-actions est détenu par A. SA à Lausanne, B. SA à Nyon, C. SA à Yverdon-les-Bains et D. SA à Penthaz, qui poursuivent statutairement des buts similaires dans les régions dans lesquelles elles opèrent et dont le capital-actions est détenu par les communes faisant partie des périmètres de gestion considérés.
B.
B.a
Dans un arrêt du 4 juillet 2011 concernant la commune vaudoise de Romanel-sur-Lausanne, le Tribunal fédéral a jugé en substance que le principe du pollueur-payeur applicable en droit de la protection de l'environnement interdisait le financement de l'élimination des déchets urbains par une taxe forfaitaire, indépendante de la
BGE 141 II 113 S. 115
quantité de déchets, et exigeait un financement par le biais de taxes causales incitatives (
ATF 137 I 257
).
B.b
A la suite de cet arrêt, le Grand Conseil vaudois a, le 3 juillet 2012 pour une entrée en vigueur fixée au 1
er
janvier 2013, modifié la législation cantonale, en prévoyant que les communes financent le coût de l'élimination des déchets urbains par le biais de taxes et que le 40 % de ces coûts, au minimum, soit financé par une taxe proportionnelle à la quantité de déchets urbains.
B.c
Les communes vaudoises faisant partie des quatre périmètres de gestion desservis par Tridel SA ont chargé celle-ci d'introduire une taxe dite "au sac". Selon ce système, les personnes qui remettent des déchets aux services en assurant l'élimination sont pour cela obligées d'acheter des sacs officiels, dont le prix, variable selon la contenance, couvre tout ou partie des frais de fabrication, stockage, distribution et élimination, et englobe la taxe proportionnelle prescrite par le législateur. Il a été décidé de confier à un tiers la charge de fabriquer les sacs et de les distribuer aux points de vente (notamment les commerces), de fournir les sacs aux utilisateurs du système d'élimination des déchets, et de collecter le montant de la taxe comprise dans le prix des sacs.
Le 26 avril 2012, Tridel SA a invité les entreprises E. AG, F. AG, G., H., I., J. SA et K. SA à lui présenter une offre, selon un cahier des charges joint à l'invitation. Les critères d'adjudication et leur pondération définis dans le cahier des charges étaient les suivants: prix (calculé sur la base de la fourniture d'un nombre déterminé de rouleaux de sacs de contenances diverses): 40 %; organisation pour l'exécution de la prestation: 25 %; qualités techniques de l'offre: 20 %; organisation de base du candidat: 10 %; références du candidat: 5 %. Le cahier fixait également les modalités relatives notamment aux sacs, à la distribution, à la facturation, à l'encaissement et à la rétrocession de la taxe, dont environ 80 % du produit de la vente des sacs revenaient à Tridel SA. Dans le délai imparti, E. AG, H., I. et J. SA ont présenté une offre. Le 22 juin 2012, Tridel SA a adjugé le marché à E. AG, dont le prix de l'offre s'élevait à 1'617'500 fr. pour une année; le contrat a été signé le 17 juillet 2012, avec effet au 1
er
janvier 2013 jusqu'au 31 décembre 2017.
B.d
Le 17 janvier 2013, la Commission fédérale de la concurrence (ci-après: la Commission fédérale ou COMCO) a demandé à Tridel SA pour quelle raison elle n'avait pas lancé un appel d'offres selon
BGE 141 II 113 S. 116
la procédure ouverte, pour le marché adjugé à E. AG. Par décision du 26 mars 2013, Tridel SA a persisté dans sa position quant au choix de la procédure d'adjudication. La Commission fédérale a recouru contre cette dernière décision auprès de la Cour de droit administratif et public du Tribunal cantonal du canton de Vaud (ci-après: le Tribunal cantonal). Par arrêt du 30 octobre 2013, le Tribunal cantonal a rejeté ce recours.
C.
A l'encontre de l'arrêt du 30 octobre 2013, la Commission fédérale dépose à la fois un recours en matière de droit public et un recours constitutionnel subsidiaire auprès du Tribunal fédéral. Elle conclut, sous suite de frais, à ce que le Tribunal fédéral constate que l'adjudication du marché à la suite d'une procédure sur invitation conformément à la décision du 26 mars 2013 de Tridel SA restreint l'accès au marché de manière illicite.
Le Tribunal fédéral admet le recours en matière de droit public, annule l'arrêt du Tribunal cantonal du 30 octobre 2013 et constate que la décision de Tridel SA du 22 juin 2012, confirmée par sa décision du 26 mars 2013, d'adjuger selon la procédure sur invitation le marché relatif à la mise en oeuvre et à la gestion de la "taxe au sac" dans les périmètres communaux concernés a indûment restreint l'accès à ce marché au sens des considérants. Le recours constitutionnel subsidiaire est déclaré irrecevable.
(résumé) Erwägungen
Extrait des considérants:
1.
Le Tribunal fédéral examine d'office sa compétence (
art. 29 al. 1 LTF
) et contrôle librement la recevabilité des recours qui lui sont soumis (
ATF 140 I 252
consid. 1 p. 254;
ATF 139 V 42
consid. 1 p. 44).
1.1
L'arrêt attaqué est une décision finale (
art. 90 LTF
), rendue en dernière instance cantonale par un tribunal supérieur (
art. 86 al. 1 let
. d et al. 2 LTF) dans une cause de droit public (
art. 82 let. a LTF
), de sorte que la voie ordinaire de recours est, en principe, celle du recours en matière de droit public.
1.2
Encore faut-il que la cause ne tombe pas sous le coup des exceptions de l'
art. 83 LTF
. Dans le domaine des marchés publics, un recours en matière de droit public n'est recevable, en vertu de l'
art. 83 let
. f LTF, qu'à la double condition que la valeur du mandat à attribuer soit supérieure ou égale aux seuils déterminants prévus à cet effet et que la décision attaquée soulève une question juridique de
BGE 141 II 113 S. 117
principe (
ATF 140 I 285
consid. 1.1 p. 289;
ATF 138 I 143
consid. 1.1 p. 146;
ATF 134 II 192
consid. 1.2 p. 194 s.). Il incombe à la partie recourante de démontrer la réalisation de ces deux conditions (cf.
art. 42 al. 2 LTF
;
ATF 138 I 143
consid. 1.1.2 p. 147;
ATF 133 II 396
consid. 2.2 p. 399). En matière de marchés publics cantonaux, un recours constitutionnel subsidiaire peut toujours être déposé si les conditions de l'
art. 83 let
. f LTF ne sont pas réunies (
ATF 140 I 285
consid. 1.1 p. 289; arrêt 2C_346/2013 du 20 janvier 2014 consid. 1.3.1, résumé in PJA 2014 p. 870).
Il faut partant vérifier si la présente cause concerne les marchés publics et, dans l'affirmative, en examiner les conditions.
1.2.1
Un marché public se définit comme l'ensemble des contrats (de droit privé) passés par les pouvoirs publics avec des soumissionnaires (privés) portant sur l'acquisition de fournitures, de constructions ou de services. Il y a donc en principe marché public lorsque la collectivité publique, qui intervient sur le marché libre en tant que "demandeur", acquiert auprès d'une entreprise privée, moyennant le paiement d'un prix, les moyens nécessaires dont elle a besoin pour exécuter ses tâches publiques (cf.
ATF 135 II 49
consid. 4.2 p. 53 [instaurant des nuances en la présence d'une concession, consid. 4.4 p. 56];
ATF 125 I 209
consid. 6b p. 212 s.). D'après une approche fonctionnelle de la notion de marché public, il est indispensable que la collectivité publique passe avec l'entreprise soumissionnaire un contrat synallagmatique lato sensu (cf. arrêt 2C_198/2012 du 16 octobre 2012 consid. 5.1.2).
1.2.2
En l'occurrence, Tridel SA appartient entièrement à des sociétés anonymes, elles-mêmes en mains des communes faisant partie des périmètres de gestion des déchets considérés. C'est donc en qualité d'adjudicateur public qu'elle a conclu avec l'entreprise privée E. AG un contrat portant sur la production, le stockage et la distribution de sacs à ordures soumis à taxation, ainsi que la facturation, l'encaissement de la taxe et la rétrocession mensuelle. S'inscrivant dans l'exécution des obligations découlant de la législation sur la protection de l'environnement, il s'agit là de tâches publiques. En contrepartie de l'attribution du marché par Tridel SA, l'entreprise adjudicataire s'est notamment engagée à rétrocéder à Tridel SA et, par conséquent, aux collectivités publiques, environ 80 % du produit de la vente des sacs, tandis que les 20 % restants devaient servir tant à couvrir les coûts de production et de distribution des sacs qu'à
BGE 141 II 113 S. 118
rétribuer les services de E. AG. A l'instar du Tribunal cantonal, on confirmera donc que le contrat passé le 17 juillet 2012 entre Tridel SA et E. AG relève du droit des marchés publics (cf. aussi NICOLAS F. DIEBOLD, Die öffentliche Ausschreibung als Marktzugangsinstrument, RDS 133/2014 I p. 219 ss, 235 [ci-après: Die öffentliche Ausschreibung]), si bien que le présent litige tombe potentiellement sous le coup de l'
art. 83 let
. f LTF, dont les conditions doivent être examinées.
1.3
Les valeurs seuils du marché public cantonal ouvrant la voie du recours en matière de droit public découlent de la loi fédérale du 16 décembre 1994 sur les marchés publics (LMP; RS 172.056.1; par renvoi de l'
art. 83 let
. f ch. 1 LTF). Selon l'
art. 6 al. 1 LMP
, complété par l'art. 1 let. a et b de l'ordonnance du DFE du 23 novembre 2011 sur l'adaptation des valeurs seuils des marchés publics pour les années 2012 et 2013 (RO 2011 5581; RS 172.056.12), la valeur seuil pour les fournitures et les services a été fixée à 230'000 fr. pour les deux années susmentionnées. Comme le démontre la recourante en se fondant sur le comparatif des offres établi par Tridel SA, de manière du reste non contestée par l'intimée, la valeur du marché peut être estimée à au moins cinq fois (correspondant à la durée quinquennale du contrat) le montant d'adjudication du marché établi sur la base des quantités rectifiées de rouleaux de sacs-poubelles nécessaires afin de couvrir le besoin annuel dans les périmètres envisagés, soit au moins 10'306'000 fr. Il s'ensuit que la valeur du marché litigieux, calculée selon les règles fixées à l'
art. 7 LMP
, dépasse la valeur seuil de l'
art. 83 let
. f ch. 1 LTF.
1.4
La jurisprudence se montre restrictive pour admettre l'existence d'une question juridique de principe (cf., pour les motifs de cette approche restrictive,
ATF 138 I 143
consid. 1.1.2 p. 147; arrêt 2C_346/2013 du 20 janvier 2014 consid. 1.3.1). Celle-ci s'apprécie en fonction de l'objet du litige soumis au Tribunal fédéral.
1.4.1
Pour qu'il y ait question juridique de principe, il ne suffit pas qu'elle n'ait encore jamais été tranchée par le Tribunal fédéral. Il faut de surcroît qu'il soit nécessaire, pour résoudre le cas d'espèce, de trancher une question juridique qui donne lieu à une incertitude caractérisée, laquelle appelle de manière pressante un éclaircissement de la part du Tribunal fédéral, en tant qu'autorité judiciaire suprême chargée de dégager une interprétation uniforme du droit fédéral (cf.
ATF 139 III 209
consid. 1.2 p. 210;
ATF 138 I 143
consid. 1.1.2
BGE 141 II 113 S. 119
p. 147; arrêts 2C_346/2013 du 20 janvier 2014 consid. 1.3.1; 2C_91/2013 du 23 juillet 2013 consid. 1.1.2, non publié in
ATF 139 II 489
; 2C_66/2011 du 1
er
septembre 2011 consid. 2.1.2, in SJ 2012 I p. 207; 2C_559/2008 du 17 décembre 2008 consid. 1.2, in RtiD 2009 II p. 133). Ainsi, lorsque le point soulevé ne concerne que l'application de principes jurisprudentiels à un cas particulier, il ne peut être qualifié de question juridique de principe. Si le recourant ne démontre pas l'existence d'une question juridique de principe, celle-ci ne sera pas admise, à moins de paraître évidente (cf.
ATF 140 I 285
consid. 1.1.2 p. 289;
ATF 139 II 404
consid. 1.3 p. 410;
ATF 139 II 340
consid. 4 p. 342). S'agissant spécifiquement de l'
art. 83 let
. f LTF, il faut en outre que la question juridique en cause présente un lien avec le domaine des marchés publics (
ATF 134 II 192
consid. 1.3 p. 195; arrêts 2C_91/2013 du 23 juillet 2013 consid. 1.1.2, non publié in
ATF 139 II 489
; 2C_339/2010 du 11 juin 2010 consid. 2.3.4.1).
1.4.2
La Commission fédérale recourante soumet au Tribunal fédéral trois problématiques dont elle retient qu'elles soulèvent des questions juridiques de principe. Celles-ci sont en lien avec la procédure sur invitation que Tridel SA justifie avoir mise en place pour des raisons d'urgence, le système de la "taxe-poubelle" devant être réalisé en quelques mois.
- Premièrement, que faut-il entendre par "raisons d'extrême urgence", au sens des art. XV par. 1 let. c de l'Accord du 15 avril 1994 sur les marchés publics (RS 0.632.231.422; ci-après: AMP) et 12
bis
al. 1 de l'Accord intercantonal du 25 novembre 1994 sur les marchés publics (AIMP; RSV 726.91), en lien avec les art. 7 et 7a de la loi vaudoise du 24 juin 1996 sur les marchés publics (LMP/VD; RSV 726.01) et 8 du règlement d'application du 7 juillet 2004 de la loi cantonale précitée (RLMP/VD; RSV 726.01.1), pour que ce concept constitue également un intérêt public au sens de l'art. 3 al. 1 let. b de la loi fédérale du 6 octobre 1995 sur le marché intérieur (LMI; RS 943.02) permettant de déroger à l'
art. 5 LMI
?
- Deuxièmement, quelles sont les exigences posées par le principe de la proportionnalité au sens de l'
art. 3 al. 1 let
. c LMI à un pouvoir adjudicateur pour qu'il puisse s'écarter de l'
art. 5 LMI
pour des "raisons d'extrême urgence" au sens du droit des marchés publics?
- Troisièmement et dernièrement, y a-t-il - pour justifier la procédure sur invitation - une obligation de rédiger un rapport, rendre une décision et publier l'adjudication (art. XV par. 2 cum art. XVIII par. 1
BGE 141 II 113 S. 120
et art. XX AMP) afin de garantir un recours juridictionnel effectif au sens de l'
art. 9 LMI
(dans le cas d'un marché supérieur aux seuils internationaux pour lequel un cas exceptionnel de gré à gré est allégué)?
Tridel SA conteste pour sa part que les questions soumises par la COMCO puissent appeler une décision de principe. D'une part, la notion de "raisons d'extrême urgence", qui permet à l'autorité adjudicatrice de déroger à la mise en oeuvre d'une procédure ouverte de soumission, serait déjà uniformément appliquée dans plusieurs cantons, en conformité avec la réglementation de l'Union européenne (UE); les questions 1 et 2 reviendraient donc en réalité à critiquer son application au cas concret par le Tribunal cantonal. D'autre part, s'agissant de la question 3, les règles sur la publication d'un avis d'adjudication découleraient de la norme
cantonale
claire figurant à l'art. 39 RLMP/VD, dont l'éventuelle violation ne saurait constituer une question juridique de principe.
1.4.3
Les questions 1 et 2 concernent les conditions de restriction (résultant du choix de la procédure de passation) à la liberté d'accès au marché, telles qu'énoncées à l'
art. 3 LMI
, dans le contexte spécifique du droit des marchés publics. Quoi qu'en dise l'intimée, la question 1 suscite des interrogations importantes.
En premier lieu, le Tribunal fédéral ne s'est encore jamais directement prononcé sur la notion de "raisons d'extrême urgence" justifiant de déroger à une procédure ouverte de marchés publics, que ce soit dans le contexte des marchés publics ou, plus spécifiquement, en lien avec les restrictions à l'accès au marché admises par la LMI. Mentionné en particulier dans les arrêts 2P.282/1999 (du 2 mars 2000 consid. 3b) et 2P.225/1995 (du 22 mai 1996 consid. 3b), le concept de l'urgence n'a en effet pas été traité par le Tribunal fédéral pour des motifs liés au défaut de légitimation du recourant, voire n'a été mentionné que sous l'angle du droit antérieur à l'adoption de la LMI.
En deuxième lieu, il convient d'admettre une incertitude caractérisée qui appelle de manière pressante un éclaircissement de la jurisprudence par le Tribunal fédéral. S'il est certes vrai, comme l'indique l'intimée, que la COMCO n'est pas parvenue à établir, exemples concrets à l'appui, des pratiques cantonales divergentes quant à l'interprétation des "raisons d'extrême urgence", d'autant moins que divers cantons semblent se référer à une méthodologie uniforme développée sous l'égide de l'UE, il apparaît néanmoins déterminant que la Cour
BGE 141 II 113 S. 121
de céans puisse une fois se pencher sur l'application au droit national de ces concepts, issus d'un ordre juridique étranger, auxquels la Suisse n'est en l'espèce pas conventionnellement liée. S'y ajoute, comme le fait remarquer la recourante, que même en incorporant les concepts prima facie issus de l'UE, ceux-ci peuvent être interprétés de façon large comme étroite par les cantons. Or, bien que la LMI soit conçue comme une loi-cadre qui n'entend pas harmoniser les différents domaines liés au marché intérieur (cf.
ATF 135 I 106
consid. 2.2 p. 108), la révision de la LMI du 16 décembre 2005 visait à "restreindre encore le régime d'exception" de l'
art. 3 LMI
et non pas à étendre le champ des restrictions (cf. Message du 24 novembre 2004 relatif à la révision de la loi sur le marché intérieur, FF 2005 421, 422;
ATF 134 II 329
consid. 6.2.3 p. 337 s.; MANUEL BIANCHI DELLA PORTA, in Commentaire romand, Droit de la concurrence, 2
e
éd. 2013, n° 3 ad
art. 3 LMI
p. 1908). Il paraît dès lors essentiel que le Tribunal fédéral puisse, à l'aune d'un cas concret, préciser en quoi doit consister cette approche restrictive, ce d'autant lorsque l'autorité fédérale chargée par la loi de veiller au respect de la LMI (
art. 8 al. 1 LMI
) reproche précisément au tribunal d'un canton d'avoir adopté une interprétation trop permissive de l'exception des "raisons d'extrême urgence" qui risque, selon elle, de "miner le droit des marchés publics". Par ailleurs, les précédents juges ont retenu que ces principes ne s'appliquaient qu'à la procédure de gré à gré et ne les ont donc examinés en lien avec la procédure sur invitation litigieuse qu'à titre subsidiaire ou par analogie, procédé dont il serait nécessaire d'examiner la pertinence. Du reste, la question pourrait à nouveau se poser en tout temps devant les autorités cantonales et fédérales.
En troisième et dernier lieu, la notion précitée est non seulement consacrée en droit cantonal vaudois (
art. 8 al. 1 let
. e RLMP/VD), mais résulte déjà, en tant qu'applicable (cf. consid. 3.2 infra), de l'AMP (art. XV par. 1 let. c) ainsi que de l'AIMP (art. 12
bis
al. 1), dont la violation peut - à l'instar de celle de la LMI - être revue par le Tribunal fédéral avec une cognition pleine (art. 95 let. a, b et e LTF) dans le cadre d'un recours en matière de droit public.
1.4.4
Il s'ensuit que la question 1 soulève un problème juridique de principe au sens de l'
art. 83 let
. f ch. 2 LTF, de sorte que le recours en matière de droit public est ouvert. Il en résulte que, pour autant que la COMCO puisse former un tel type de recours (cf. consid. 1.5
BGE 141 II 113 S. 122
infra), le recours constitutionnel qui a été interjeté en parallèle est irrecevable, car il revêt un caractère subsidiaire (
art. 113 LTF
).
1.4.5
Il n'est pas nécessaire de se prononcer définitivement sur l'importance juridique des questions 2 et 3 formulées par la recourante. La reconnaissance d'une seule question juridique de principe suffit en effet pour que le Tribunal fédéral entre en matière sur le recours et examine l'ensemble des griefs conformément aux
art. 95 ss et 105 ss LTF
, sans se limiter aux seules questions de principe (
ATF 141 II 14
consid. 1.2.2.4 p. 22; cf., implicitement, arrêt 2C_91/2013 du 23 juillet 2013 consid. 1.1.2 et 4, non publiés in
ATF 139 II 489
).
1.5
La qualité de la Commission fédérale pour interjeter le présent recours devant le Tribunal fédéral se fonde sur l'
art. 89 al. 2 let
. d LTF en lien avec l'
art. 9 al. 2
bis
LMI
(cf. aussi FF 2005 421, 445; THOMAS ZWALD, Das Bundesgesetz über den Binnenmarkt, in Allgemeines Aussenwirtschafts- und Binnenmarktrecht, SBVR vol. XI, 2
e
éd. 2007, n. 183 p. 456). Aux termes de cette dernière disposition, la Commission fédérale peut, pour faire constater qu'une décision restreint indûment l'accès au marché, déposer un recours. L'accès non discriminatoire aux marchés publics figure parmi les "principes de la liberté d'accès au marché" (cf.
art. 5 LMI
, in section 2 de la LMI); la violation de ce principe constitue donc une restriction indue de l'accès au marché, au sens de l'
art. 9 al. 2
bis
LMI
. Les travaux préparatoires relatifs à la LMI ont par ailleurs mis en évidence la "connexité matérielle" des règles sur le marché intérieur à celles sur les marchés publics, et confirmé le "rôle intégrateur" revenant à l'
art. 5 LMI
. Dans ce contexte, il a également été rappelé que les exigences minimales de l'
art. 5 LMI
avaient été concrétisées et développées dans la législation sur les marchés publics, notamment quant aux seuils à partir desquels un appel d'offres doit se dérouler selon une procédure d'adjudication spécifique (cf. FF 2005 421, 432 ch. 1.4.1.4.1). Cela dit, afin de tenir compte des réserves qui avaient été émises par certains acteurs institutionnels à l'égard de la création d'un droit de recours en faveur de la COMCO, le législateur fédéral a insisté pour que ce droit de recours particulier soit restreint dans le domaine des marchés publics et se limite aux seules "décisions soulevant des questions juridiques d'importance fondamentale et concernant des marchés excédant les valeurs seuils déterminantes (pour la procédure ouverte et la procédure sélective)" (FF 2005 421, 435 ch. 1.4.2.6 et 445 ch. 2.6). Dans la procédure de recours en matière de droit public
BGE 141 II 113 S. 123
devant le Tribunal fédéral, ces restrictions à la qualité pour recourir de la COMCO selon l'
art. 9 al. 2
bis
LMI
en matière de marchés publics se confondent avec les conditions de recevabilité figurant à l'
art. 83 let
. f ch. 1 et 2 e contrario LTF. Dès lors que le recours de la Commission fédérale soulève en l'espèce des questions juridiques de principe (consid. 1.4 supra) et concerne un marché excédant les valeurs seuils (consid. 1.2 supra), la COMCO doit se voir reconnaître la qualité pour recourir en vertu de l'
art. 9 al. 2
bis
LMI
et de l'
art. 89 al. 2 let
. d LTF.
1.6
Pour le surplus, le recours a été déposé en temps utile (
art. 100 al. 1 LTF
) et dans les formes prescrites (
art. 42 LTF
), si bien qu'il convient d'entrer en matière sur le recours en matière de droit public.
1.7
La Commission fédérale a pris des conclusions de nature exclusivement constatatoire. Selon un principe général de procédure, les conclusions en constatation de droit ne sont recevables que lorsque des conclusions condamnatoires ou formatrices sont exclues; sauf situations particulières, les conclusions constatatoires ont donc un caractère subsidiaire (cf.
ATF 135 I 119
consid. 4 p. 122; arrêts 2C_652/2014 du 24 décembre 2014 consid. 1.2; 2C_74/2014 du 26 mai 2014 consid. 2.3, in RF 2014 B 28 n° 12; 1C_273/2012 du 7 novembre 2012 consid. 2.2.2, non publié in
ATF 139 I 2
). Le législateur a introduit une exception à ce principe à l'
art. 9 al. 2
bis
LMI
pour tenir compte du fait que les restrictions à la liberté d'accès au marché affectaient davantage les intérêts privés que les intérêts publics, si bien qu'il ne se justifiait pas de conférer à la COMCO un droit de recours pour obtenir une décision formatrice (cf. FF 2005 421, 446; NICOLAS F. DIEBOLD, Die Beschwerdelegitimation der WEKO im öffentlichen Beschaffungswesen, RSJ 109/2013 p. 177 ss, 185 s. [ci-après: die Beschwerdelegitimation]). Il s'ensuit qu'en cas d'admission du présent recours de la Commission fédérale, le Tribunal fédéral ne pourrait ni annuler la décision d'adjudication litigieuse, ni allouer un quelconque dédommagement aux soumissionnaires évincés. Les conclusions constatatoires qu'a prises la COMCO sont partant admissibles. Cette autorité aurait cependant dû également conclure expressément à l'annulation préalable de l'arrêt attaqué, étant donné que le Tribunal cantonal a rejeté le recours en constatation de la COMCO devant lui. A la lecture des conclusions constatatoires prises par la recourante, l'on comprend toutefois que celle-ci y a
BGE 141 II 113 S. 124
procédé implicitement, de sorte que les conclusions prises doivent être déclarées admissibles.
(...)
3.
Préalablement à l'examen des questions de fond, il convient de déterminer le régime juridique applicable au présent marché intercommunal.
3.1
La LMI s'applique à tous les marchés publics cantonaux et communaux (à l'exclusion des marchés de la Confédération), indépendamment des valeurs seuils et des types de marchés.
3.1.1
L'
art. 5 al. 1 LMI
, qui concerne spécifiquement le droit des marchés publics, dispose notamment que les marchés publics des cantons et des communes sont régis par le droit cantonal ou intercantonal; ces dispositions, et les décisions fondées sur elles, ne doivent pas discriminer les personnes ayant leur siège ou leur établissement en Suisse de manière contraire à l'
art. 3 LMI
(cf.
ATF 125 II 86
consid. 1c p. 91).
3.1.2
Selon l'
art. 3 al. 1 LMI
, la liberté d'accès au marché ne peut être refusée à des offreurs externes. Les restrictions doivent prendre la forme de charges ou de conditions et ne sont autorisées que si elles: s'appliquent de la même façon aux offreurs locaux (let. a), sont indispensables à la préservation d'intérêts publics prépondérants (let. b), répondent au principe de la proportionnalité (let. c). Selon l'al. 3, les restrictions visées à l'al. 1 ne doivent en aucun cas constituer une barrière déguisée à l'accès au marché destinée à favoriser les intérêts économiques locaux. Or, comme il sera vu (consid. 5 infra), la mise en oeuvre d'une procédure sur invitation au lieu d'une procédure ouverte ou sélective est propre à constituer une restriction au libre accès au marché, qui n'est licite que si elle satisfait aux conditions cumulatives de l'
art. 3 LMI
(EVELYNE CLERC, in Commentaire romand, Droit de la concurrence, 2
e
éd. 2013, n
os
141 et 169 ad
art. 5 LMI
[ci-après: Commentaire romand]).
3.1.3
Quant à l'
art. 5 al. 2 LMI
, il exige que les projets de marchés publics de grande importance, de même que les critères de participation et d'attribution du marché, soient publiés dans un organe officiel, en conformité avec les engagements internationaux pris par la Confédération. Cette disposition consacre le principe de transparence (cf., parmi d'autres, COTTIER/WAGNER, Das neue Bundesgesetz über den Binnenmarkt (BGBM), Übersicht und kurzer
BGE 141 II 113 S. 125
Kommentar, PJA 1995 p. 1582 ss, 1587; DIEBOLD, Die Beschwerdelegitimation, op. cit., p. 180; ETIENNE POLTIER, Droit des marchés publics, 2014, n. 34 p. 16).
3.1.4
Conçue comme une loi-cadre, la LMI n'entend pas harmoniser les réglementations des différents domaines économiques, mais se limite à fixer les principes élémentaires nécessaires au bon fonctionnement du marché intérieur suisse (cf. FF 2005 421, 426;
ATF 135 I 106
consid. 2.2 p. 108; intervention Gadient, BO 2001 CN 518 ad objet 00.3408: motion sur la mise en oeuvre de la LMI. Droit de la Commission de la concurrence d'être entendue par le Tribunal fédéral; COTTIER/WAGNER, op. cit., p. 1583). Pour cette raison, l'
art. 5 al. 1 LMI
qui en matière de marchés publics forme une lex specialis par rapport à l'
art. 2 LMI
(Message du 23 novembre 1994 concernant la loi fédérale sur le marché intérieur, FF 1995 I 1193, 1247 s.: "droit d'accès au marché parallèle"; MATTEO CASSINA, La legge federale sul mercato interno: principi fondamentali e note in merito alla giurisprudenza del Tribunale federale, RDAT 2000 I p. 99 ss, 107; EVELYNE CLERC, L'ouverture des marchés publics: effectivité et protection juridique, 1997, p. 393 [ci-après: L'ouverture des marchés publics]), réserve expressément le droit cantonal ou intercantonal dans ce domaine, pour autant que soient observés les principes minimaux fixés dans cette disposition et les normes auxquelles celle-ci renvoie (COTTIER/WAGNER, op. cit., p. 1587). Dans le domaine particulier en cause, les exigences minimales sont, avant tout, l'accès non discriminatoire au marché (cf.
art. 5 al. 1 LMI
), les prescriptions en matière de publication (cf.
art. 5 al. 2 LMI
), les dispositions prévoyant que les restrictions à la liberté d'accès au marché doivent être faites sous forme de décisions (cf.
art. 9 al. 1 LMI
; cf. FF 1995 I 1193, 1250; cf. aussi CASSINA, op. cit., p. 107) et le respect des règles cantonales et intercantonales qui concrétisent la liberté d'accès au marché, auxquelles renvoie l'
art. 5 al. 1 LMI
(cf. FF 1995 I 1193, 1248; DIEBOLD, Die Beschwerdelegitimation, op. cit., p. 180), à savoir en particulier celles contenant les critères de participation et d'attribution du marché (cf.
art. 5 al. 2 LMI
, lu conjointement à l'al. 1).
3.1.5
La circonstance que la LMI se borne à édicter un cadre législatif et que son art. 5 se réfère au droit cantonal n'a pas pour effet - comme cela semble avoir été initialement envisagé dans le projet de LMI (FF 1995 I 1193, 1235 et 1270; cf. art. 5 al. 3 P-LMI: "les dispositions de l'accord [intercantonal] l'emportent sur cette dernière",
BGE 141 II 113 S. 126
remplacé en faveur de la clause "sont régis par le droit cantonal ou intercantonal"; cf. intervention Simmen, BO 1995 CE 931) - de rendre sans portée la LMI par rapport au droit (inter-)cantonal des marchés publics. La LMI reste en effet applicable subsidiairement, dans la mesure où, premièrement, elle régit les questions qui n'auraient par hypothèse pas été réglementées par le droit (inter-)cantonal; deuxièmement, la LMI interdit au droit (inter-)cantonal d'abaisser ses standards (par exemple en ce qui concerne l'accès non discriminatoire au marché; cf. art. 5 al. 1 cum 3 al. 1 LMI) en-deçà des exigences minimales posées dans cette loi-cadre, qui dérogerait dans ce cas au droit (inter-)cantonal contraire (cf.
art. 49 Cst.
). Troisièmement et par ailleurs, la LMI constitue un standard minimum dont l'applicabilité n'est pas levée lorsqu'existent des règles cantonales ou communales conformes à ses exigences essentielles; leur violation se confond alors avec celle du droit plus détaillé sur les marchés publics (cf., en ce sens, interventions Strahm, Gros et Spoerry, BO 1995 CN 1144, 1148 et 1149; Delamuraz, BO 1995 CE 872 s.; CLERC, in Commentaire romand, op. cit., n
os
37 s. ad
art. 5 LMI
; GALLI/MOSER/LANG/STEINER, Praxis des öffentlichen Beschaffungsrechts, 3
e
éd. 2013, n. 54 p. 26). En d'autres termes, le non-respect de l'un des principes fondamentaux susmentionnés aboutira le cas échéant non seulement au constat de violation des règles topiques sur les marchés publics, mais également à celui de l'
art. 5 LMI
.
3.2
L'AMP, accord international entré en vigueur pour la Suisse le 1
er
janvier 1996, est applicable à toute loi, tout règlement, ainsi qu'à toute procédure ou pratique concernant tout marché passé par les entités qui sont spécifiées à l'Appendice I (cf. art. I par. 1 AMP; consultable sur le site internet
www.wto.org/french/tratop_f/gproc_f/appendices_f.htm#appendixI
).
3.2.1
Les valeurs seuils en matière de services et fournitures sont largement atteintes (consid. 1.3 supra). Encore faut-il, pour que l'AMP s'applique, que Tridel SA fasse partie de l'une des catégories d'adjudicateurs visées par l'AMP. En tant qu'elles concernent ratione personae, d'une part, les entités du gouvernement fédéral et, d'autre part, des entités sectorielles dont Tridel SA ne fait pas partie, les annexes 1 et 3 de l'Appendice I à l'AMP n'entrent pas en considération. Reste l'annexe 2, qui concerne les "entités des gouvernements sous-centraux qui passent des marchés conformément aux dispositions du présent accord", soit les autorités publiques cantonales
BGE 141 II 113 S. 127
(ch. 1), les organismes de droit public établis au niveau cantonal n'ayant pas un caractère commercial ou industriel (ch. 2), et les autorités et organismes publics du niveau des districts et des communes (ch. 3). Au sens de l'AMP (cf. aussi art. 8 al. 1 let. a in fine AIMP; s'agissant de la portée générale de cette définition, cf. GALLI/MOSER/LANG/STEINER, op. cit., n. 132 p. 53):
"Est considéré comme un organisme de droit public tout organisme:
- créé pour satisfaire spécifiquement des besoins d'intérêt général ayant un caractère autre qu'industriel ou commercial;
- doté d'une personnalité juridique et
- dont soit l'activité est financée majoritairement par l'Etat, les collectivités territoriales ou d'autres organismes de droit public, soit la gestion est soumise à un contrôle par ces derniers, soit l'organe d'administration, de direction ou de surveillance est composé de membres dont plus de la moitié est désignée par l'Etat, les collectivités territoriales ou d'autres organismes de droit public" (Appendice I à l'AMP, annexe 3, note 1).
Un organisme de droit privé, y compris une société anonyme, peut également être assujetti à ce titre, pour autant qu'il réalise les trois conditions susmentionnées. Celles-ci doivent être remplies cumulativement (cf. MARTIN BEYELER, Der Geltungsanspruch des Vergaberechts, 2012, n. 182 s. p. 94 ss; POLTIER, op. cit., n. 83 p. 45). Pour savoir si son activité est assujettie à l'AMP, il convient de vérifier si Tridel SA réunit lesdites caractéristiques.
3.2.2
De par ses statuts, Tridel SA a été créée dans le but, d'une part, de traiter les déchets urbains, "légalement admissibles dans une installation d'incinération au sens de la législation fédérale, provenant des zones d'apport qui lui sont assignées par la législation vaudoise et par le plan cantonal vaudois sur la gestion des déchets" et, d'autre part, d'exploiter, notamment, une ou plusieurs usines d'incinération des déchets urbains ainsi que d'assurer la valorisation des produits du traitement (cf. art. 2 des Statuts de Tridel SA). Ces objectifs tendent de manière prépondérante à satisfaire des besoins régionaux d'intérêt général et reconnus comme tels par la loi (cf. plan de gestion des déchets cantonal 2004, par renvoi de l'art. 4 al. 1 de la loi vaudoise du 5 septembre 2006 sur la gestion des déchets [LGD/VD; RSV 814.11], qui mentionne l'usine d'incinération de Tridel SA; cf. aussi, notamment, art. 3 LGD/VD fixant les principes en matière de politique de développement durable du canton de Vaud). En limitant statutairement ses activités aux zones d'apport qui lui sont
BGE 141 II 113 S. 128
assignées par la législation cantonale, de même qu'au cadre légal et réglementaire relatif au traitement des déchets urbains, Tridel SA subordonne non seulement l'éventuel caractère commercial de ses activités à l'intérêt public en matière de gestion des déchets, mais elle renonce aussi d'emblée à exercer une activité commerciale comparable à celle des entités privées qui interviennent librement sur le marché (cf., à ce sujet, BEYELER, op. cit., n. 274 p. 136). Le premier critère est donc rempli.
3.2.3
Tridel SA est une société anonyme de droit privé inscrite au registre du commerce depuis 1997 et, partant, dotée d'une personnalité juridique propre (cf.
art. 643 al. 1 CO
[RS 220]).
3.2.4
Tridel SA se trouve par ailleurs dans un rapport de dépendance à l'égard des pouvoirs publics (cf., pour cette notion, POLTIER, op. cit., n. 86 p. 46 s.; GALLI/MOSER/LANG/STEINER, op. cit., n. 137 ss p. 55 s.: "staatliche Beherrschung [Staatsgebundenheit]"), étant précisé que ce lien peut aussi être médiat, via d'autres organismes publics eux-mêmes contrôlés par les collectivités publiques concernées (cf. BEYELER, op. cit., n. 189 p. 98). En effet, le capital-actions de Tridel SA est, du constat des précédents juges, entièrement détenu par des sociétés anonymes qui sont elles-mêmes en mains des communes intégrant les périmètres de gestion des déchets au sens de la LGD/VD. Plus particulièrement, il découle des statuts de A. SA, B. SA, C. SA et D. SA et de leurs sites publiquement accessibles sur internet (
art. 105 al. 2 LTF
) que celles-ci sont détenues totalement ou majoritairement (soit à plus de 50 %) par les différentes communes vaudoises concernées. Ainsi, notamment, A. SA restreint l'actionnariat aux communes (art. 5 des Statuts) et C. SA limite la part du capital-actions détenue par des actionnaires qui ne sont pas des collectivités publiques vaudoises à 5 % du montant total (art. 5 des Statuts). B. SA est quant à elle entièrement détenue par les communes du périmètre, sous réserve de quelques actions détenues en propre. De plus, toutes ces sociétés soumettent le transfert de leurs actions nominatives à l'approbation de leur conseil d'administration, les statuts de B. SA et de D. SA ajoutant que le transfert à une commune du périmètre de gestion doit être accepté, tandis que celui à l'acquéreur qui n'est pas une commune peut être refusé. La participation majoritaire, voire la propriété complète du capital-actions des sociétés détenant le capital-actions de Tridel SA se reflète non seulement dans la composition des organes dirigeants de ces sociétés, en
BGE 141 II 113 S. 129
particulier de leur conseil d'administration (cf. art. 698 al. 2 ch. 2 cum
art. 703 CO
), mais également dans la représentation des collectivités publiques, en particulier des communes, dans l'actionnariat et les organes dirigeants de Tridel SA (cf. les restrictions au transfert des actions à l'art. 5 des Statuts de Tridel SA, la désignation d'un des sept membres du conseil d'administration par la commune de Lausanne [art. 17], et l'appartenance des membres du conseil d'administration de Tridel SA aux sociétés susmentionnées: www.tridel.ch). Finalement, toutes ces sociétés se dédient à l'accomplissement des tâches d'intérêt public relatives au traitement communal des déchets que leur confie le législateur en leur assignant des périmètres de gestion (cf. art. 2 des Statuts respectifs). Il s'ensuit que, par l'intermédiaire des sociétés anonymes détenant son capital-actions, Tridel SA est soumise au contrôle des collectivités publiques communales vaudoises.
3.2.5
Par conséquent, Tridel SA remplit les trois conditions susmentionnées. Elle est partant assujettie, ratione personae, aux règles de l'AMP.
3.3
Le présent marché public est également gouverné par l'Accord intercantonal du 25 novembre 1994 sur les marchés publics (AIMP), qui consiste notamment à transposer les obligations découlant de l'AMP, ainsi qu'à harmoniser (sans toutefois les uniformiser; cf. art. 3 al. 1 AIMP; JEAN-BAPTISTE ZUFFEREY, Eléments choisis du droit suisse, in Droit des marchés publics, Zufferey/Maillard/Michel [éd.], 2002, p. 27 ss, 37) les règles cantonales de passation des marchés (cf. art. 1 al. 2 AIMP). Dans le canton de Vaud, les marchés publics (inter-)communaux sont, dans le respect des règles du droit supérieur, régis par le droit cantonal, en particulier par la LMP/VD et le RLMP/VD précités (cf.
art. 1 al. 1 let. a LMP
/VD), qu'il conviendra au besoin d'appliquer aux côtés de l'AMP et de l'AIMP.
4.
4.1
Dans son arrêt du 30 octobre 2013, le Tribunal cantonal a retenu que le marché de fournitures et services litigieux, conclu pour cinq ans, portait sur plusieurs millions de francs. Les valeurs seuils à partir desquelles tout appel d'offres doit en principe être soumis à la procédure ouverte, laquelle veut que chaque fournisseur puisse soumissionner, étaient ainsi atteintes conformément à l'AIMP et à l'AMP (cf. en particulier art. 7 et 12
bis
AIMP cum annexes; art. VII par. 3 let. a et IX par. 1 AMP). Il s'agissait de plus d'un marché de
BGE 141 II 113 S. 130
grande importance, au sens de l'
art. 5 al. 2 LMI
, de sorte que les cantons, les communes et les autres organes assumant des tâches cantonales et communales étaient obligés de faire publier dans un organe officiel ledit marché public, compte tenu également des engagements internationaux pris par la Confédération. Il en découlait que la liberté du pouvoir adjudicateur à opter entre la procédure d'adjudication ouverte et d'autres procédures et, par conséquent, de renoncer à publier l'appel d'offres et la décision d'adjudication se trouvait limitée. Le choix de la procédure sur invitation par Tridel SA restreignait partant le libre accès au marché.
Ni la recourante, ni l'intimée ne remettent en cause cette appréciation juridique, qui ne dénote du reste aucune violation manifeste du droit. Le Tribunal fédéral n'a dès lors pas de raison d'entrer plus avant sur la question.
4.2
En revanche, les parties s'opposent sur le point de savoir si c'est à raison que les juges cantonaux ont considéré que Tridel SA pouvait exceptionnellement, au vu de l'urgence invoquée à mettre en place le système de la "taxe au sac", déroger à l'obligation d'organiser une procédure ouverte et se contenter d'une procédure sur invitation.
Reste en outre controversé le point de savoir si le défaut de publication de l'appel d'offres et de l'adjudication par Tridel SA est conforme au droit des marchés publics et à la LMI. Il est certes vrai, comme l'indique l'intimée, qu'au considérant 4d) de son arrêt, le Tribunal cantonal a jugé que l'absence de publication officielle de la procédure d'appel d'offres et de l'adjudication avait "violé" l'
art. 5 al. 2 LMI
. Toutefois, en estimant que le mode de soumission sur invitation se justifiait au regard de la situation d'urgence à laquelle Tridel SA avait été confrontée ensuite de l'adoption, le 3 juillet 2012, de l'art. 30a LGD/VD et de sa mise en vigueur fixée au 1
er
janvier 2013, les juges cantonaux ont implicitement considéré que Tridel SA était également en droit de renoncer à ces publications, qui sont consubstantielles au mode de soumission ouverte (cf. art. 12 al. 1 b
bis
AIMP et art. XV par. 1 let. c AMP).
5.
En la présence, comme en l'espèce (consid. 4.1 supra), d'un marché dépassant les valeurs seuils internationales, le pouvoir adjudicateur devait en principe passer par des procédures de passation ouvertes ou sélectives, permettant une pleine mise en concurrence (cf. art. VII par. 3 let. c a contrario AMP; pour la définition desdites
BGE 141 II 113 S. 131
procédures, cf. art. VII par. 3 let. a et b AMP; art. 12
bis
al. 1 AIMP et 7a al. 1 LMP/VD).
5.1
Tridel SA a en l'occurrence opté pour une procédure sur invitation (cf. art. 12 al. 1 let. b
bis
AIMP; à ne pas confondre avec la procédure sélective précitée, qui est assimilable à une procédure ouverte, cf. art. 12 al. 1 let. a AIMP), que l'art. 12
bis
al. 2 AIMP autorise en général par rapport aux seuls marchés publics qui ne sont pas soumis aux traités internationaux. Or, comme on l'a vu, le présent marché tombe sous le coup de l'AMP (cf. consid. 3.2 supra). L'organisation d'une procédure sur invitation au lieu d'une procédure ouverte ou sélective constitue par définition une entorse aux principes d'égalité de traitement entre les soumissionnaires concurrents et à la liberté d'accès au marché (cf. art. XV AMP concernant l'appel d'offre
limité
), que la COMCO est habilitée à faire constater (cf. consid. 1.5 supra). Pour que cette restriction soit admissible, il faut donc vérifier en premier lieu si la mise en place de la procédure sur invitation s'est conformée aux règles sur les marchés publics régissant la procédure applicable, plus particulièrement aux critères de dérogation qui sont prévus par le droit des marchés publics lui-même. Ce n'est qu'en tant que le droit (inter-)cantonal ou international admettrait une telle dérogation et que les critères par lui posés seraient considérés comme remplis, qu'il conviendrait encore d'examiner si cette procédure qui limite l'accès au marché remplit les conditions générales de restriction à la liberté d'accès au marché prévues à l'
art. 3 LMI
et auxquelles renvoie l'
art. 5 al. 1 LMI
(cf. CLERC, in Commentaire romand, op. cit., n° 169 ad
art. 5 LMI
; CLERC, L'ouverture des marchés publics, op. cit., p. 394; DIEBOLD, Die öffentliche Ausschreibung, op. cit., p. 251; DIEBOLD, Die Beschwerdelegitimation, op. cit., p. 180). La LMI s'applique dans cette hypothèse en tant que loi subsidiaire, posant un standard minimum (cf. consid. 3.1.5 supra).
5.2
Pour justifier l'absence de procédure ouverte au profit d'une procédure sur invitation non publiée, l'intimée a invoqué l'urgence à mettre en place le système de la "taxe au sac" dans un délai très bref, motif de restriction que le Tribunal cantonal a admis dans son arrêt entrepris, mais que conteste la COMCO.
5.2.1
L'art. 12
bis
al. 1, 2
e
phrase, AIMP - applicable en la présence d'un marché public soumis à l'AMP (cf. consid. 3 supra) - précise que, dans des cas particuliers déterminés par les traités
BGE 141 II 113 S. 132
internationaux eux-mêmes, les marchés qui leur sont soumis "peuvent être passés selon la
procédure de gré à gré
", selon laquelle l'adjudicateur adjuge le marché directement à un soumissionnaire, sans procéder à un appel d'offres (
art. 12 al. 1 let
. c AIMP).
Cette précision ne revient cependant pas à interdire la mise en place d'une procédure plus "étendue", telle une procédure sur invitation, en vertu de laquelle l'adjudicateur invite des soumissionnaires déterminés à présenter une offre dans un délai donné, sans publication, l'adjudicateur devant si possible demander au moins trois offres (cf. art. 12 al. 1 let. b
bis
AIMP; art. 7 al. 1 let. b
bis
LMP/VD). Il s'agit en définitive de la concrétisation de l'adage a maiore minus. La formulation potestative de l'art. 12
bis
al. 1, 2
e
phrase, AIMP implique donc que l'adjudicateur puisse choisir un mode d'adjudication plus ouvert. Cette conception correspond au demeurant à celle de la doctrine et à la jurisprudence d'instances inférieures, à laquelle celle-ci se réfère; ces sources retiennent en effet, à juste titre, qu'en tant que procédure plus respectueuse du principe de la libre concurrence (mise en concurrence limitée), la procédure sur invitation peut en règle générale être ordonnée là où une procédure de gré à gré s'avère licite (cf. BEYELER, op. cit., n. 2917 s. p. 1593 s.; GALLI/MOSER/LANG/STEINER, op. cit., n. 279 p. 123, n. 321 p. 145 et n. 352 p. 156, ainsi que les jurisprudences et auteurs cités; voir également DOMINIK KUONEN, Das Einladungsverfahren im öffentlichen Beschaffungsrecht, 2005, p. 85; POLTIER, op. cit., n. 248 s. p. 154 s. et n. 251 p. 157).
5.2.2
L'AMP ne consacre pas explicitement de procédure sur invitation. Hormis la procédure d'appel d'offres ouverte (art. VII par. 3 let. a AMP), cet accord connaît la procédure d'appel d'offres sélective mentionnée précédemment, en vertu de laquelle, conformément au par. 3 de l'art. X et aux autres dispositions pertinentes de l'AMP, les fournisseurs admis à soumissionner sont ceux qui sont invités à le faire par l'entité (art. VII par. 3 let. b AMP), de même que la procédure d'appel d'offres limitée, selon laquelle l'entité s'adresse à des fournisseurs individuellement, dans les seules circonstances énoncées à l'art. XV (art. VII par. 3 let. c AMP). La procédure sur invitation de l'AIMP se situe à mi-chemin entre les procédures sélective et limitée de l'AMP. Contrairement à la procédure sélective, la première procédure s'effectue toutefois sans publication; cela dit, il peut être renoncé à la publication officielle également pour la procédure sélective lorsque les conditions de la procédure de gré à gré seraient réunies (cf. art. IX par. 3 AMP, renvoyant aux conditions
BGE 141 II 113 S. 133
dérogatoires de l'art. XV AMP). Par ailleurs, à la différence de la procédure sélective, la procédure sur invitation ne permet en principe pas de prendre en considération les fournisseurs demandant à soumissionner pour le marché envisagé; selon l'art. X par. 3 AMP, il pourra néanmoins être dérogé à cette condition si la procédure de qualification ne peut être accomplie en temps voulu. Il en découle que, pour se conformer à l'AMP, le pouvoir adjudicateur doit avoir appliqué la procédure sur invitation prévue par l'AIMP en observant les dérogations permises par l'AMP, en l'occurrence celles permettant d'organiser un appel d'offres limité (art. XV AMP).
5.2.3
Selon l'art. XV par. 1 let. c AMP, les dispositions des art. VII à XIV (cf., en particulier, art. IX - invitation à soumissionner; art. XI - délais pour la présentation des soumissions et la livraison), qui s'appliquent aux procédures d'appel d'offres ouvertes ou sélectives, ne seront pas nécessairement applicables, un appel d'offres limité étant envisageable (cf. art. IX par. 1 AMP):
"pour autant que cela sera strictement nécessaire lorsque, pour des raisons d'extrême urgence dues à des événements qui ne pouvaient être prévus par l'entité, les procédures ouvertes ou sélectives ne permettraient pas d'obtenir les produits ou services en temps voulu."
En d'autres termes, lorsque des "raisons d'extrême urgence" sont établies au sens de l'art. XV par. 1 let. c AMP, le pouvoir adjudicateur d'un marché public régi par les traités internationaux sera en droit de déroger aux procédures de soumission usuelles. Il pourra ainsi, en particulier, opter pour une procédure d'appel d'offres limitée, en vertu de laquelle l'entité s'adresse à des fournisseurs individuellement (cf. art. VII par. 3 let. c AMP), sans publication préalable (cf. Message du 19 septembre 1994 relatif à l'approbation des accords du GATT/OMC [Cycle d'Uruguay], FF 1994 IV 1, 350 ch. 2.6.2.3.2 in fine; ci-après: Message 1 GATT).
L'exception des "raisons d'extrême urgence", qui trouve son fondement en droit international, est encore développée dans le droit cantonal vaudois. Ainsi, l'
art. 8 al. 1 let
. e RLMP/VD prévoit que:
"L'adjudicateur peut adjuger un marché directement sans lancer d'appel d'offres pour des marchés soumis aux procédures ouvertes et sélectives, si l'une des conditions suivantes est remplie: (...) en raison d'événements imprévisibles, l'urgence du marché est telle qu'il est impossible de suivre une procédure ouverte, sélective ou sur invitation."
Bien que la disposition cantonale précitée vise spécifiquement la procédure de gré à gré, elle trouve à s'appliquer par analogie à la
BGE 141 II 113 S. 134
procédure sur invitation à la faveur d'une interprétation e contrario des exceptions (concernant les délais et publications) énumérées à l'art. 9 RLMP/VD, aux termes duquel:
"Les règles régissant les procédures ouvertes et sélectives sont applicables par analogie à la procédure sur invitation à l'exception des art. 13, 20 et 39 du présent règlement qui se rapportent aux délais et publications."
5.3
A la lumière de ce qui précède, il convient de déterminer les conditions qui fondent une situation d'urgence au sens de l'art. XV AMP et de l'
art. 8 al. 1 let
. e RLMP/VD par analogie, ainsi que d'examiner si l'adjudicateur Tridel SA pouvait en l'espèce s'en prévaloir légitimement.
5.3.1
Le Tribunal cantonal, se référant à sa pratique, a considéré que la clause d'urgence permettant de déroger à la procédure ouverte et à la nécessité de publier un appel d'offres ne pouvait être invoquée par l'adjudicateur que si les conditions cumulatives suivantes étaient réalisées: (1) la survenance d'un événement imprévisible; (2) à l'origine d'une situation d'urgence impérieuse; (3) l'urgence ne doit pas être due au fait du pouvoir adjudicateur; (4) l'urgence est telle que l'autorité d'adjudication ne serait pas en mesure d'y faire face si elle procédait par le biais d'un appel d'offres public; (5) le pouvoir adjudicateur peut recourir à la procédure de gré à gré dans la seule mesure nécessaire à rétablir une situation normale (cf. GALLI/MOSER/LANG/STEINER, op. cit., n. 364 p. 165, se référant à l'arrêt GE 00/0136 du Tribunal administratif vaudois du 24 janvier 2001 consid. 4b, in RDAF 2002 I p. 142).
5.3.2
Tel que le relève à juste titre Tridel SA, cette interprétation de l'urgence s'inspire (aussi) de la Directive de l'Union européenne (UE) 2004/18/CE du 31 mars 2004 relative à la coordination des procédures de passation des marchés publics de travaux, de fournitures et de services (JO L 134 du 30 avril 2004 p. 114; ci-après: la Directive 2004/18/CE), respectivement de la jurisprudence rendue à son sujet ou à propos de la précédente Directive 71/305/CEE du 26 juillet 1971 portant coordination des procédures de passation des marchés publics de travaux (JO L 185 du 16 août 1971 p. 5). Selon l'
art. 31 par. 1 let
. c de la Directive 2004/18/CE, les pouvoirs adjudicateurs peuvent passer leurs marchés publics en recourant à une procédure négociée sans publication préalable d'un avis de marché
"dans la mesure strictement nécessaire, lorsque l'urgence impérieuse résultant d'événements imprévisibles pour les pouvoirs adjudicateurs en question n'est pas compatible avec les délais exigés par les procédures
BGE 141 II 113 S. 135
ouvertes, restreintes ou négociées avec publication d'un avis de marché (...). Les circonstances invoquées pour justifier l'urgence ne doivent en aucun cas être imputables aux pouvoirs adjudicateurs."
La terminologie employée ("strictement nécessaire"; "l'urgence impérieuse"; "en aucun cas") ainsi que la jurisprudence rendue par la Cour de justice de l'Union européenne (anciennement des Communautés européennes) dénotent que la clause d'urgence alléguée par les pouvoirs adjudicateurs, dont les conditions doivent être réalisées cumulativement, ne doit être admise que de façon très restrictive, aussi par rapport au critère relatif à l'incompatibilité avec les délais exigés, qui doit être exclu dès qu'une procédure accélérée est envisageable (cf. arrêts de la Cour de justice du 28 mars 1996 C-318/94
Commission contre Allemagne
, Rec. 1996 I-1949 points 13 s. et 18; du 18 mai 1995 C-57/94
Commission contre Italie
, Rec. 1995 I-1249 point 23; du 2 août 1993 C-107/92
Commission contre Italie
, Rec. 1993 I-4655 points 12 ss; du 18 mars 1992 C-24/91
Commission contre Espagne
, Rec. 1992 I-1989 points 13 ss; ordonnance du 20 juin 2013 C-352/12
Consiglio Nazionale degli Ingegneri contre Comune di Castelvecchio et al.
, destiné à la publication au Recueil, points 52 et 55).
Les développements ainsi consacrés par le droit de l'UE peuvent servir de source d'inspiration aux juridictions suisses. En effet, les règles relatives à la passation des marchés prévues par l'AMP ont essentiellement repris, y compris par rapport aux procédures de passation, les dispositions du droit de l'UE (CLERC, L'ouverture des marchés, op. cit., p. 287 s.; KING/DE GRAAF, L'Accord sur les marchés publics dans le cadre de l'"Uruguay Round", Revue du marché unique européen, 4/1994 p. 67 ss, 68; POLTIER, op. cit., n. 79 p. 42).
5.4
Le Tribunal cantonal a, dans le cas d'espèce, admis que la condition de l'urgence était remplie. En substance, il a considéré que ce n'était qu'à partir de la modification de la LGD/VD du 3 juillet 2012 (introduction de l'art. 30a obligeant les communes à adapter leurs règlements sur la gestion des déchets, notamment, pour certaines d'entre elles, par l'introduction d'une "taxe au sac"), adoptée à la suite de l'
ATF 137 I 257
, que Tridel SA pouvait organiser un appel d'offres. Or, ce délai "extrêmement court" de cinq mois entre l'adoption et l'entrée en vigueur, fixée au 1
er
janvier 2013, de l'art. 30a LGD/VD rendait impossible la configuration d'une procédure ouverte par Tridel SA, qui avait agi sans atermoiement et par ailleurs opté pour la procédure sur invitation moins restrictive que celle de gré à gré.
BGE 141 II 113 S. 136
5.5
A l'aune des principes dégagés et des positions défendues ci-avant, il sied d'examiner si les conditions pour admettre une dérogation, basée sur l'urgence, à l'organisation d'un appel d'offres ouvert sont concrètement remplies.
5.5.1
Dans son arrêt du 4 juillet 2011 relatif à la gestion des déchets par Romanel-sur-Lausanne, la Cour de céans a, notamment, jugé que la disposition communale instituant une taxe forfaitaire indépendante de la quantité de déchets urbains remise était contraire à l'art. 32a al. 2 de la loi fédérale du 7 octobre 1983 sur la protection de l'environnement (LPE; RS 814.01), en vertu duquel les cantons veillent à ce que les coûts de l'élimination des déchets urbains, pour autant que celle-ci leur soit confiée, soient mis, par l'intermédiaire d'émoluments ou d'autres taxes, à la charge de ceux qui sont à l'origine de ces déchets (
ATF 137 I 257
consid. 6 p. 268 ss). Cet arrêt confirme le principe du pollueur-payeur ainsi que l'obligation des cantons ou, sur délégation par ceux-ci (cf. art. 11 et 14 LGD/VD), des communes de prévoir des taxes causales incitatives en matière de déchets urbains, qui avaient déjà été mis en évidence dans l'
ATF 125 I 449
(consid. 3b/bb p. 455). Après l'écoulement de plus de dix ans depuis l'entrée en vigueur, le 1
er
novembre 1997, de l'
art. 32a LPE
(RO 1997 2243, 2248), les cantons ne pouvaient plus se prévaloir d'un quelconque régime transitoire pour faire exception au principe de causalité (
ATF 137 I 257
consid. 4.3.2 p. 264). L'
ATF 137 I 257
a en outre insisté sur la circonstance que l'
art. 32a LPE
constituait une disposition-cadre posant des principes généraux sur le financement des installations de ramassage et d'élimination des déchets que les cantons et les communes devaient concrétiser dans leur législation, si bien qu'il laissait à la collectivité publique une grande liberté dans l'aménagement des taxes, sans lui prescrire un modèle spécifique, notamment sous la forme d'une "taxe au sac" (cf.
ATF 137 I 257
consid. 6.1 p. 268;
ATF 129 I 290
consid. 3.2 p. 296).
Au vu de ces éléments et comme le relève la recourante, l'
ATF 137 I 257
n'entre pas en ligne de compte comme "événement imprévisible" déclencheur d'une situation d'urgence permettant de déroger aux règles en matière de marchés publics. En effet, ce n'est pas tant l'obligation pour les cantons et communes de transposer sans plus attendre l'
art. 32a LPE
qui est à la base de l'urgence litigieuse, mais l'obligation spécifique, non imposée par la LPE, d'introduire une "taxe au sac" dans un délai déterminé. Or, cette obligation découle du choix du législateur cantonal.
BGE 141 II 113 S. 137
5.5.2
L'événement déterminant qui, selon le Tribunal cantonal et l'intimée, pouvait justifier l'urgence est donc l'adoption par le législateur cantonal, le 3 juillet 2012, de l'art. 30a LGD/VD et sa mise en vigueur fixée au 1
er
janvier 2013 par le Conseil d'Etat vaudois.
Il est certes vrai que le délai d'environ six mois que le canton a laissé aux communes vaudoises pour veiller à ce que le 40 % des coûts d'élimination des déchets urbains, au minimum, soit financé par une taxe proportionnelle à la quantité de déchets urbains produits (cf. art. 30a al. 1 et 2 LGD/VD) était, en théorie, à même de générer une situation d'urgence au sens de la réglementation sur les marchés publics. En effet, l'organisation d'un marché public en bonne et due forme (préparation d'un cahier des charges par rapport à une matière relativement complexe, détermination de la procédure de soumission, publication officielle de l'appel d'offres, délai minimum de 40 jours, selon l'art. 20 al. 1 let. a RLMP/VD, pour la présentation d'une offre depuis la publication, examen des offres et adjudication, etc.) en l'espace de quelques mois seulement est ardue. A ce titre, la suggestion de la recourante selon laquelle Tridel SA aurait pu, dans une telle hypothèse, souverainement dépasser le délai fixé pour la mise en vigueur de l'art. 30a LGD/VD afin d'organiser un marché public ouvert, dès lors que les retards dans la mise en oeuvre accusés par d'autres communes vaudoises n'avaient été suivis d'aucune conséquence, ne saurait être admise, dès lors qu'elle procède d'une appréciation a posteriori de la situation et reviendrait à cautionner une violation du droit par une commune.
Quoi qu'il en soit, il résulte cependant des faits établis dans l'arrêt querellé que Tridel SA a mis en place la procédure d'appel d'offres sur invitation le 26 avril 2012, soit déjà bien
avant
l'adoption de l'art. 30a LGD/VD en date du 3 juillet 2012. De plus, le contrat entre Tridel SA et l'adjudicataire retenu a été conclu le 17 juillet 2012, soit quelques jours seulement après l'adoption de la novelle et
bien avant
l'entrée en vigueur de cette disposition, prévue au 1
er
janvier 2013. Il s'ensuit que l'appréciation des juges cantonaux selon laquelle Tridel SA se serait vue contrainte de réagir en urgence après l'adoption de l'art. 30a LGD/VD est manifestement inexacte (
art. 105 al. 2 LTF
). Tridel SA disposait de plusieurs mois additionnels pour mettre en oeuvre le marché public de la "taxe au sac" puisqu'elle avait agi déjà au mois d'avril, de sorte qu'elle ne pouvait de bonne foi se prévaloir de la clause d'urgence pour déroger au principe d'un
BGE 141 II 113 S. 138
appel d'offres selon la procédure ouverte et respectueuse des normes de publication.
5.5.3
La renonciation à la mise en oeuvre d'une procédure ouverte ou sélective au profit d'une procédure sur invitation n'était partant pas admissible. Le choix de la procédure d'adjudication par Tridel SA, mise en place en avril 2012 en lien avec des dispositions à appliquer à partir de janvier 2013, a donc violé les règles essentielles du droit des marchés publics concernant l'obligation générale d'organiser une procédure ouverte (cf. art. VII par. 3 AMP, 12
bis
al. 1 AIMP et 7a al. 1 LMP/VD) et l'
art. 5 al. 1 LMI
.
5.6
La violation du droit des marchés publics constatée ci-dessus (consid. 5.5 supra) est d'autant plus manifeste que le pouvoir adjudicateur aurait aussi pu, à la place d'une procédure sur invitation, opter pour une procédure ouverte avec des délais raccourcis (cf. art. XI par. 3 let. c AMP et
art. 20 al. 3 let
. c RLMP/VD, en lien avec l'
art. 13 let
. c AIMP, évoquant le "délai suffisant"). D'une part, le délai usuel de quarante jours pour la présentation d'une offre peut être réduit à un minimum de dix jours depuis la publication de l'appel d'offres. D'autre part, il résulte du dossier que la procédure sur invitation, qui s'était du reste accompagnée d'un cahier des charges élaboré remis aux candidats, avait octroyé aux soumissionnaires potentiels un délai de vingt jours et s'était clôturée après trois mois déjà (cf. appel d'offres du 26 avril 2012 en vue d'une soumission jusqu'au 16 mai 2012 et lettre d'adjudication de Tridel SA du 22 juin 2012). Au vu de ces éléments et du régime des exceptions admis par le droit des marchés publics, un marché ouvert aurait ainsi raisonnablement pu être organisé par l'intimée.
En conséquence, bien qu'il faille de façon générale reconnaître une certaine marge de manoeuvre à l'adjudicateur se trouvant face à une situation d'urgence non fautive (hypothèse du reste non réalisée), Tridel SA aurait pu, dans les presque six mois dont elle disposait avant l'entrée en vigueur de la novelle cantonale, opter, à tout le moins, pour une procédure ouverte avec un délai au besoin raccourci au lieu de choisir, comme elle l'a fait, une procédure sur invitation.
Compte tenu des violations constatées ci-avant, le reproche de la COMCO, selon lequel l'adjudicateur aurait en outre violé le principe de la proportionnalité en adjugeant le marché pour une durée excessive de cinq ans, alors qu'il lui aurait été loisible d'en limiter
BGE 141 II 113 S. 139
l'attribution pour la seule période indispensable à l'organisation d'une procédure ouverte en bonne et due forme, souffre de rester indécis.
5.7
Il suit de ce qui précède que les conditions qui auraient permis à Tridel SA de déroger au principe d'un appel d'offres ouvert ne sont pas réunies en l'absence d'une situation d'extrême urgence. Le pouvoir adjudicateur était partant tenu d'organiser un appel d'offres selon la procédure ouverte, au besoin en réduisant les délais impartis pour soumissionner. En renonçant, comme elle l'a fait, à la mise en oeuvre d'une telle procédure, Tridel SA a donc violé les dispositions idoines de l'AMP et de l'AIMP, telles que précisées par les règles de droit cantonal figurant dans les LMP/VD et RLMP/VD, relatives à la passation des marchés publics selon la procédure ouverte. Illicite pour ce motif déjà, la restriction au libre accès au marché découlant du choix de la procédure d'adjudication devra être constatée comme telle, sans qu'il n'y ait lieu de se demander si elle était, de surcroît, conforme aux conditions de l'
art. 3 LMI
(cf. consid. 5.1 supra).
6.
Reste la question de la publication du marché.
En optant pour l'organisation d'une procédure sur invitation, alors qu'elle aurait pu organiser un marché ouvert, Tridel SA a en effet fait l'impasse sur la plupart des formes de publication. Or, en la présence, comme en l'espèce (consid. 4.1 supra), d'un marché de grande importance et dès lors que, ne pouvant se prévaloir d'aucune clause dérogatoire, Tridel SA aurait dû observer la procédure ouverte ou sélective, il lui aurait également incombé de publier l'appel d'offres, en particulier conformément aux art. VIII let. a et IX par. 1 AMP, 12 al. 1 let. a et b et 13 al. 1 let. a AIMP, 6 al. 1 let. h et 7 al. 1 let. a et b LMP/VD, ainsi que 11 ss RLMP/VD (la publication a posteriori de l'adjudication sur le site internet simap, selon l'art. 39 RLMP/VD, ne suffisant pas). Le non-respect de ces principes a non seulement porté atteinte à la libre concurrence, mais a aussi eu pour corollaire, tel que s'en plaint la COMCO, de diminuer la protection juridique consacrée à l'
art. 9 al. 1 et 2 LMI
, en raison de l'absence de publication officielle, (facilement) accessible à un large cercle de personnes, des différentes étapes de la procédure de soumission et d'adjudication, y compris des décisions y relatives.
Il s'ensuit que le pouvoir adjudicateur a par ailleurs violé le principe de transparence (cf. aussi, à ce sujet,
ATF 125 II 86
consid. 7 p. 99 ss; arrêts 2P.148/2006 du 2 octobre 2006 consid. 3.1; 2P.74/2002 du 13 septembre 2002 consid. 3.3; 2P.4/2000 du 26 juin 2000 consid. 4d,
BGE 141 II 113 S. 140
in ZBl 102/2001 p. 215) garanti par l'
art. 5 al. 2 LMI
et concrétisé par les dispositions internationales et (inter-)cantonales précitées.
7.
En conclusion, l'adjudication du marché de la "taxe au sac" dans les périmètres communaux desservis par Tridel SA a indûment restreint l'accès au marché, au sens de l'
art. 9 al. 2
bis
LMI
en lien avec le droit cantonal et intercantonal auquel renvoie l'
art. 5 al. 1 LMI
, et a violé le principe de transparence garanti par l'
art. 5 al. 2 LMI
. Il incombe au Tribunal fédéral de constater cette violation dans le dispositif du présent arrêt. Le recours doit donc être admis et l'arrêt attaqué annulé.
Compte tenu de l'issue du recours, il n'est pas nécessaire de traiter des autres griefs développés par la COMCO à l'encontre de l'arrêt cantonal, dès lors qu'ils ne sont pas de nature à modifier ce résultat. | mixed |
5ff925c7-abb2-405b-8244-caf02414ace4 | Sachverhalt
ab Seite 122
BGE 139 II 121 S. 122
A.
X., ressortissant portugais né en 1983, a rejoint sa mère en Suisse le 16 juillet 1989 au bénéfice d'un permis d'établissement délivré au titre du regroupement familial. Après être retourné au Portugal dans le courant de l'année 2000 pendant environ deux ans pour faire des études et accomplir son service militaire, il est revenu vivre en Suisse, où il est devenu le père d'une fille, A., née en 2007 d'une relation avec une ressortissante suisse dont il est aujourd'hui séparé depuis une date qui ne ressort pas du dossier. Il est reparti au Portugal en avril 2009. Durant ses séjours en Suisse, il a commis des infractions qui ont donné lieu aux condamnations suivantes:
- six mois d'emprisonnement avec sursis pendant deux ans pour crime manqué de vol en bande et violation de la loi fédérale du 3 octobre 1951 sur les stupéfiants (loi sur les stupéfiants, LStup; RS 812.121), selon ordonnance du 13 septembre 2002 du Tribunal d'instruction pénale du Bas-Valais;
- vingt jours d'emprisonnement avec sursis pendant trois ans pour conduite d'un véhicule en état défectueux, conduite sans permis de conduire, conduite sans permis de circulation et sans plaques de contrôle, conduite d'un véhicule non couvert en assurance responsabilité civile et contravention à la LStup (ordonnance du 11 octobre 2004 du Juge d'instruction de l'arrondissement de l'Est vaudois);
- trente jours d'emprisonnement pour infractions à la LStup (ordonnance du 16 novembre 2004 de l'Office du juge d'instruction du Bas-Valais);
BGE 139 II 121 S. 123
- vingt jours d'emprisonnement et révocation du sursis du 11 octobre 2004 pour contravention et délit contre la LStup (ordonnance du 11 juillet 2007 du Juge d'instruction itinérant du canton de Vaud);
- vingt mois d'emprisonnement pour dommage à la propriété, délit et contravention à la LStup, violation simple des règles de la circulation routière, conduite d'un véhicule en état d'incapacité, conduite d'un véhicule défectueux et conduite d'un véhicule sous le coup d'un retrait du permis de conduire; il a bénéficié d'un sursis partiel à l'exécution de la peine qui a été suspendue pour une durée de dix mois, avec un délai d'épreuve de quatre ans (arrêt du Tribunal cantonal du canton du Valais du 31 octobre 2008);
- quatre mois d'emprisonnement et 500 fr. d'amende pour contravention à la LStup, vol d'usage, conduite d'un véhicule sous le coup d'un retrait de permis, conduite d'un véhicule dépourvu d'assurance responsabilité civile et usage abusif de plaques (jugement du 19 novembre 2009 du Tribunal de district de Monthey);
- 120 jours-amende ferme (à 30 fr. le jour) et 800 fr. d'amende pour délit et contravention à la LStup, peine partiellement complémentaire à celle prononcée le 31 octobre 2008 par le Tribunal cantonal du canton du Valais (ordonnance du 22 décembre 2009 du Juge d'instruction du Bas-Valais).
Par décision du 30 novembre 2009, qui n'a pas pu être notifiée à X. en raison de son départ pour le Portugal en avril 2009, l'Office fédéral des migrations (ci-après: l'Office fédéral) a prononcé à son encontre une interdiction d'entrée en Suisse de quinze ans valable jusqu'au 29 novembre 2024.
B.
Le 13 mai 2011, X., revenu en Suisse depuis peu selon ses déclarations, a été appréhendé par la police valaisanne et incarcéré, afin de purger les peines privatives de liberté prononcées à son encontre. A cette occasion, la décision d'interdiction d'entrée précitée de l'Office fédéral lui a été notifiée. Il a recouru contre cette décision.
Par arrêt du 28 février 2012, le Tribunal administratif fédéral a partiellement admis le recours, en ce sens qu'il a réduit de cinq ans la durée de l'interdiction d'entrée en Suisse litigieuse, en la ramenant du 29 novembre 2024 au 29 novembre 2019. En bref, les juges ont considéré que l'intéressé constituait certes, au vu de ses antécédents, une menace réelle, grave et actuelle pour la sécurité et l'ordre publics de nature à justifier son éloignement au sens de l'Accord du 21 juin 1999, entré en vigueur le 1
er
juin 2002, entre la Confédération suisse, d'une part, et la Communauté européenne et ses Etats membres, d'autre part, sur la libre circulation des personnes (ALCP; RS 0.142.112. 681); les juges ont cependant estimé qu'une mesure d'interdiction d'une durée de dix ans était suffisante sous l'angle de la
BGE 139 II 121 S. 124
proportionnalité au vu du jeune âge de l'intéressé lors de la commission des infractions et de ses attaches avec la Suisse.
C.
X. forme un recours en matière de droit public contre l'arrêt du Tribunal administratif fédéral du 28 février 2012. Le Tribunal fédéral a partiellement admis le recours, réformé le dispositif de l'arrêt du 28 février 2012 en ce sens que les effets de l'interdiction d'entrée sont limités au 29 novembre 2014 et confirmé pour le surplus l'arrêt attaqué, sous réserve des frais et dépens.
(résumé) Erwägungen
Extrait des considérants:
4.
4.1
Aux termes de l'
art. 67 al. 2 let. a LEtr
(RS 142.20), l'Office fédéral peut interdire l'entrée en Suisse à un étranger qui a notamment attenté à la sécurité et à l'ordre publics en Suisse. L'alinéa 3 de cette disposition précise que l'interdiction d'entrée est prononcée en principe pour une durée maximale de cinq ans (première phrase), mais que cette durée peut être plus longue lorsque la personne concernée constitue une menace grave pour la sécurité et l'ordre publics (seconde phrase).
4.2
Le recourant admet qu'une interdiction d'entrée en Suisse puisse, au vu de ses condamnations, être prononcée à son encontre en vertu de l'
art. 67 al. 2 let. a LEtr
. Il estime toutefois que la durée de l'interdiction, de dix ans, est disproportionnée. Plus précisément, il fait valoir que cette durée ne saurait excéder cinq ans, car ses antécédents et sa situation actuelle ne permettraient pas de retenir qu'il représente une menace grave pour la sécurité et l'ordre publics au sens de l'
art. 67 al. 3 LEtr
(seconde phrase). Il considère un délai de trois ans d'interdiction d'entrée comme approprié à sa situation.
L'examen de la Cour de céans se concentrera, dans un premier volet, sur les conditions du prononcé d'une interdiction d'entrée à l'encontre du recourant en regard de l'ALCP (consid. 5 infra). Dans un second volet, elle se prononcera au sujet de la durée de cette interdiction (consid. 6 infra).
5.
5.1
Aux termes de son art. 2 al. 2, la LEtr n'est applicable aux ressortissants des Etats membres de la Communauté européenne, aux membres de leur famille et aux travailleurs détachés par un employeur ayant son siège ou son domicile dans un de ces Etats que dans la mesure où l'ALCP n'en dispose pas autrement ou lorsque ladite loi
BGE 139 II 121 S. 125
contient des dispositions plus favorables. L'ALCP ne réglemente pas en tant que telle l'interdiction d'entrée. C'est donc l'
art. 67 LEtr
qui est applicable (cf. art. 24 de l'ordonnance fédérale du 22 mai 2002 sur l'introduction progressive de la libre circulation des personnes entre, d'une part, la Confédération suisse et, d'autre part, l'Union européenne et ses Etats membres, ainsi qu'entre les Etats membres de l'Association européenne de libre-échange [OLCP; RS 142.203]). Toutefois, l'
art. 67 LEtr
doit être interprété en tenant compte des exigences spécifiques de l'ALCP. Ainsi, l'
art. 67 LEtr
ne saurait aboutir à priver les étrangers au bénéfice de l'ALCP des droits que leur confère ce traité.
5.2
A teneur de l'
art. 67 al. 2 let. a LEtr
, l'Office fédéral peut interdire l'entrée en Suisse à un étranger lorsque ce dernier a attenté à la sécurité et à l'ordre publics en Suisse ou à l'étranger ou les a mis en danger. L'art. 80 de l'ordonnance du 24 octobre 2007 relative à l'admission, au séjour et à l'exercice d'une activité lucrative (OASA; RS 142.201) considère notamment qu'il y a atteinte à la sécurité et à l'ordre publics en cas de violation de prescriptions légales ou de décisions d'autorités (al. 1 let. a), et que la sécurité et l'ordre publics sont menacés lorsque des éléments concrets indiquent que le séjour en Suisse de la personne concernée conduit selon toute vraisemblance à une atteinte à la sécurité et à l'ordre publics (al. 2).
5.3
Cependant, dès lors qu'une mesure d'interdiction d'entrée en Suisse restreint la libre circulation des personnes, l'interdiction signifiée à un
ressortissant communautaire
doit, contrairement à ce qui vaut pour les
ressortissants d'Etats non-parties à l'ALCP
(ci-après: de pays tiers), aussi se conformer à l'exigence de l'
art. 5 par. 1 annexe I ALCP
, selon laquelle le droit de demeurer en Suisse pour y exercer une activité lucrative ne peut être limité que par des mesures d'ordre ou de sécurité publics. Le cadre et les modalités de cette disposition sont déterminés par les trois directives citées - dont la plus importante est la directive 64/221/CEE (JO 56 du 4 avril 1964 p. 850) -, ainsi que par la jurisprudence y relative de la Cour de Justice des Communautés européennes, devenue la Cour de Justice de l'Union européenne (ci-après: la Cour de Justice), rendue avant la signature de l'accord le 21 juin 1999 (cf.
art. 5 par. 2 annexe I ALCP
en relation avec l'
art. 16 al. 2 ALCP
; au sujet de la prise en considération des arrêts de la Cour de Justice postérieurs à cette date, cf.
ATF 136 II 5
consid. 3.4 p. 12 s.;
ATF 130 II 1
consid. 3.6 p. 9 ss).
Conformément à la jurisprudence rendue en rapport avec l'
art. 5 annexe I ALCP
, les limites posées au principe de la libre circulation des
BGE 139 II 121 S. 126
personnes doivent s'interpréter de manière restrictive. Ainsi, le recours par une autorité nationale à la notion d'"ordre public" pour restreindre cette liberté suppose, en dehors du trouble de l'ordre social que constitue toute infraction à la loi, l'existence d'une menace réelle et d'une certaine gravité affectant un intérêt fondamental de la société (
ATF 136 II 5
consid. 4.2 p. 20; arrêt 2C_238/2012 du 30 juillet 2012 consid. 2.3). La seule existence d'antécédents pénaux ne permet donc pas de conclure (automatiquement) que l'étranger constitue une menace suffisamment grave pour l'ordre et la sécurité publics. Il faut procéder à une appréciation spécifique du cas, portée sous l'angle des intérêts inhérents à la sauvegarde de l'ordre public, qui ne coïncide pas obligatoirement avec les appréciations à l'origine des condamnations pénales. Autrement dit, ces dernières ne sont déterminantes que si les circonstances les entourant laissent apparaître l'existence d'une menace actuelle et réelle et d'une certaine gravité pour l'ordre public (cf.
ATF 136 II 5
consid. 4.2 p. 20;
ATF 134 II 10
consid. 4.3 p. 24). Il n'est pas nécessaire d'établir avec certitude que l'étranger commettra d'autres infractions à l'avenir pour prendre une mesure d'éloignement à son encontre; inversement, ce serait aller trop loin que d'exiger que le risque de récidive soit nul pour que l'on renonce à une telle mesure. En réalité, ce risque ne doit pas être admis trop facilement et il faut l'apprécier en fonction de l'ensemble des circonstances du cas, en particulier au regard de la nature et de l'importance du bien juridique menacé, ainsi que de la gravité de l'atteinte qui pourrait y être portée. L'évaluation de ce risque sera d'autant plus rigoureuse que le bien juridique menacé est important (
ATF 136 II 5
consid. 4.2 p. 20;
ATF 130 II 493
consid. 3.3 p. 499 s. et les références). A cet égard, le Tribunal fédéral se montre particulièrement rigoureux en présence d'infractions à la législation fédérale sur les stupéfiants (cf. arrêts 2C_401/2012 du 18 septembre 2012 consid. 3.3; 2C_492/2011 du 6 décembre 2011 consid. 4.1; 2C_473/2011 du 17 octobre 2011 consid. 2.2; 2A.308/2004 du 4 octobre 2004 consid. 3.3; voir aussi arrêt de la Cour de Justice du 23 novembre 2010 C-145/09
Panagiotis Tsakouridis contre Land Baden-Württemberg
, points 46 s. et 54 ss), étant précisé que la commission d'infractions qui sont en étroite relation avec la toxicomanie du délinquant peuvent, selon les circonstances, atténuer cette position de principe (cf. arrêt 2C_625/2007 du 2 avril 2008 consid. 8.2; voir aussi arrêt 2C_547/2010 du 10 décembre 2010 consid. 4).
5.4
Par conséquent, il faut, pour faire l'objet d'une interdiction d'entrée en application de l'
art. 67 al. 2 let. a LEtr
, que le ressortissant d'un Etat partie à l'ALCP représente une menace d'une certaine gravité
BGE 139 II 121 S. 127
pour l'ordre et la sécurité publics de nature à le priver de son droit de demeurer en Suisse au sens de l'
art. 5 annexe I ALCP
. En revanche, un étranger ressortissant d'un pays tiers n'a pas besoin d'avoir atteint de manière grave l'ordre et la sécurité publics avant de pouvoir se voir interdire d'entrée en Suisse sur la base du seul
art. 67 LEtr
.
5.5
5.5.1
En l'espèce, le recourant a été condamné, entre 2002 et 2009, pour des violations répétées et graves des règles de la circulation routière, pour de multiples infractions à la LStup (RS 812.121), consistant notamment en l'écoulement d'au minimum 9,18 grammes d'héroïne pure et en la vente de plusieurs doses de ce produit à d'autres toxicomanes, et, dans une mesure moindre, pour des délits contre le patrimoine (tentative de vol en bande et dommage à la propriété). Quoi qu'en dise l'intéressé, les infractions qui lui sont reprochées apparaissent objectivement graves, y compris, dans les circonstances de l'espèce, les délits en matière de circulation routière, dès lors que la conduite en état d'ébriété compromet gravement la sécurité routière et met en danger la vie du conducteur et celle d'autres usagers de la route (cf. arrêt 2A.39/2006 du 31 mai 2006 consid. 2.3).
Aucune des infractions en cause, prise isolément, ne permet pourtant d'inférer que le recourant constitue pour l'avenir une menace réelle et grave pour l'ordre et la sécurité publics de nature à justifier une interdiction d'entrée en Suisse en dérogation à la libre circulation des personnes au sens des
art. 67 al. 2 let. a LEtr
cum
art. 5 annexe I ALCP
. En revanche, si l'on prend en considération l'ensemble des faits reprochés, il apparaît que ceux-ci se sont déroulés sur une période étendue (environ sept années), qu'ils ont la plupart du temps été commis en état de récidive et qu'ils totalisent une peine de plus de trente-deux mois d'emprisonnement (cf., pour la prise en compte des récidives au regard de l'ALCP, arrêts 2C_401/2012 du 18 septembre 2012 consid. 3.5.1; 2C_839/2011 du 28 février 2012 consid. 3.1 et 3.2). L'on n'est donc pas en présence de simples actes isolés que l'on pourrait mettre sur le compte d'erreurs de jeunesse du recourant, mais bien en face d'une délinquance chronique qui ne permet pas, en l'absence de nouveaux éléments, de poser un pronostic favorable pour l'avenir; les antécédents pénaux du recourant dénotent au contraire une propension certaine à transgresser la loi en même temps qu'une incapacité à s'amender.
5.5.2
Sous réserve de la prise en compte de cet argument en vue d'évaluer la proportionnalité de la durée d'interdiction prononcée, c'est en vain que le recourant objecte qu'il a vendu de la drogue uniquement
BGE 139 II 121 S. 128
dans le but d'assurer sa propre consommation et que, n'étant plus consommateur, il ne constituerait dès lors plus une menace pour l'ordre et la sécurité publics. Il ressort en effet des constatations des premiers juges que le Service de l'état civil et des étrangers du canton du Valais avait signifié à l'intéressé en juin 2005 et février 2009 deux sérieux avertissements le rendant attentif au fait qu'il pourrait faire l'objet d'une mesure de renvoi en cas de nouvelle condamnation pénale. Or, pas plus ces avertissements des autorités administratives que les sursis octroyés par les autorités pénales ne l'ont dissuadé de poursuivre dans la voie de la délinquance. L'arrêt attaqué retient également qu'une analyse des urines effectuée le 24 mai 2011, soit immédiatement avant l'incarcération de l'intéressé, avait révélé un résultat positif au cannabis.
Le fait que le recourant ait ultérieurement fait preuve d'un comportement adéquat durant l'exécution de sa peine n'est pas de nature à apporter un nouvel éclairage, car il s'agit d'une circonstance généralement attendue de tout délinquant (arrêt 2C_201/2012 du 20 août 2012 consid. 3.3.1). En outre, la vie à l'intérieur d'un établissement pénitentiaire ne saurait être comparée à la vie en société, pour ce qui est des possibilités de retomber dans la délinquance (cf. arrêts 2C_238/2012 du 30 juillet 2012 consid. 3.3.2; 2C_562/2011 du 21 novembre 2011 consid. 4.3.1; 2C_14/2010 du 15 juin 2010 consid. 7.1). En réalité, compte tenu du contrôle relativement étroit que les autorités pénales exercent sur un détenu au cours de la période d'exécution de sa peine, on ne saurait tirer des conclusions déterminantes de son comportement carcéral, du point de vue du droit des étrangers, en vue d'évaluer sa dangerosité une fois en liberté (cf. arrêts précités 2C_201/2012 consid. 3.3.1; 2C_238/2012 consid. 3.3.2; 2C_562/2011 consid. 4.3.1). Le même argument, bien qu'à un degré moindre compte tenu de la plus grande liberté dont jouit l'intéressé, peut être retenu s'agissant de la période de libération conditionnelle de ce dernier, étant donné qu'une récidive conduirait probablement à la révocation de ce régime. Au demeurant, la phase de libération conditionnelle n'a débuté qu'au 20 septembre 2012, de sorte que l'on ne saurait en tirer des conclusions ni en faveur ni en défaveur du recourant (cf. arrêt 2C_238/2012 du 30 juillet 2012 consid. 3.3.2).
5.5.3
Dans ces conditions, force est d'admettre que le recourant constitue une menace d'une certaine gravité, réelle et actuelle pour l'ordre et la sécurité publics, de nature à justifier une mesure d'interdiction d'entrée au sens des
art. 67 al. 2 let. a LEtr
cum
art. 5 annexe I ALCP
(pour une casuistique sous l'angle de l'
art. 5 annexe I ALCP
, cf. arrêts
BGE 139 II 121 S. 129
précités 2C_401/2012 du 18 septembre 2012 consid. 3.5.1; 2C_238/2012 du 30 juillet 2012 consid. 3.1).
6.
Encore faut-il s'interroger sur la durée de l'interdiction d'entrée prononcée, que l'arrêt attaqué a réduite de quinze à dix années. Il convient, à ce titre, d'analyser le fonctionnement de l'
art. 67 al. 2 et 3 LEtr
, le cas échéant à l'aune du droit européen.
6.1
En vertu de l'
art. 67 al. 3 LEtr
, l'interdiction d'entrée en Suisse est prononcée pour une durée maximale de cinq ans. Il découle de l'
art. 67 al. 2 let. a LEtr
que, pour interdire l'entrée en Suisse d'un ressortissant d'un pays tiers pour une durée maximale de cinq ans, il suffit que celui-ci ait attenté à la sécurité et à l'ordre publics en Suisse ou à l'étranger ou qu'il les ait mis en danger (ci-après: "palier I"). En revanche, il résulte de l'interaction des
art. 67 al. 2 let. a et al. 3 LEtr
, et 5 annexe I ALCP (consid. 5.4 supra) que, pour interdire d'entrée en Suisse un ressortissant qui se trouve au bénéfice de l'ALCP, l'autorité doit au préalable vérifier que ce dernier représente une menace d'une certaine gravité pour les ordre et sécurité publics, soit une menace qui dépasse la simple mise en danger de l'ordre public ("palier I bis"). Il s'ensuit que, selon que les autorités suisses ont affaire au ressortissant d'un Etat tiers ou d'un Etat partie à l'ALCP, le prononcé d'une interdiction d'entrée en Suisse pour une durée maximale de cinq ans sera conditionné au régime "simple" de droit interne, respectivement à un régime davantage favorable à l'étranger, procédant des conditions plus strictes de l'ALCP.
6.2
Selon l'
art. 67 al. 3, seconde phrase, LEtr
, l'interdiction d'entrée peut être prononcée pour une durée supérieure à cinq années, à condition que la personne concernée constitue une menace grave pour la sécurité et l'ordre publics (ci-après: "palier II").
La gradation des exigences qui est prévue à l'
art. 67 al. 3 LEtr
selon que l'autorité envisage de prononcer une interdiction pour une durée inférieure ou supérieure à cinq ans ne repose pas sur l'ALCP ni sur la jurisprudence y afférente. Ce système a été repris de l'art. 11 al. 2 de la directive 2008/115/CE du Parlement européen et du Conseil du 16 décembre 2008 relative aux normes et procédures communes applicables dans les Etats membres au retour des ressortissants de pays tiers en séjour irrégulier (JO L 348 du 24 décembre 2008 p. 98; cf. FF 2009 8043, 8058). Aux termes de l'art. 11 al. 2 de cette directive,
"la durée de l'interdiction d'entrée est fixée en tenant dûment compte de toutes les circonstances propres à chaque cas et ne dépasse pas cinq ans
BGE 139 II 121 S. 130
en principe. Elle peut cependant dépasser cinq ans si le ressortissant d'un pays tiers constitue une menace grave pour l'ordre public, la sécurité publique ou la sécurité nationale".
Comme l'indiquent son intitulé et son article premier, cette directive vise à fixer des normes et des procédures communes à appliquer dans les Etats membres au retour des ressortissants de pays tiers en séjour irrégulier (cf. art. 1 et 2 de la directive), dans le respect des droits fondamentaux garantis par le droit communautaire et international.
Etant donné que, en reprenant le contenu de l'art. 11 al. 2 de la directive précitée, l'
art. 67 al. 3, seconde phrase, LEtr
ne distingue pas entre les ressortissants d'un Etat partie à l'ALCP ou d'un Etat tiers, et que l'ALCP reste muet sur les mesures d'interdiction d'entrée et, a fortiori, sur leur durée possible, force est d'admettre que le législateur fédéral a entendu appréhender de la même manière les deux catégories de ressortissants étrangers pour ce qui est du prononcé d'une interdiction d'entrée supérieure à cinq années.
6.3
Il sied encore de déterminer quelles sont les exigences pour qu'une autorité puisse prononcer l'interdiction d'entrée pour une durée supérieure à cinq ans, c'est-à-dire quels sont les critères permettant de retenir l'existence d'une "menace grave pour la sécurité et l'ordre publics", au sens de l'
art. 67 al. 3, seconde phrase, LEtr
.
Sous peine de vider de sens la distinction entre "mise en danger" ou "atteinte" (palier I), respectivement "menace d'une certaine gravité" (palier I bis), et "menace grave" (palier II) qui découle de l'interprétation de l'
art. 67 al. 3 LEtr
, il y a lieu de retenir que la "menace grave" permettant d'éloigner un étranger pour une durée supérieure à cinq ans doit s'interpréter comme requérant un degré de gravité qui soit non seulement supérieur à la "simple" atteinte ou menace à la sécurité et à l'ordre publics, mais aussi à la "menace d'une certaine gravité" nécessaire pour éloigner le ressortissant d'un Etat partie à l'ALCP.
Par rapport à la notion découlant de l'
art. 5 annexe I ALCP
(cf., pour une casuistique afférente à la "menace d'une certaine gravité", arrêts 2C_923/2012 du 26 janvier 2013 consid. 4.3.2; 2C_238/2012 du 30 juillet 2012 consid. 3.1), le terme de "menace grave" de l'
art. 67 al. 3 LEtr
présuppose l'existence d'une menace caractérisée. Ce degré de gravité particulier, dont il est prévu que l'application demeurera exceptionnelle (FF 2009 8043, 8058), doit s'examiner au cas par cas, en tenant compte de tous les éléments pertinents au dossier (cf. MARC SPESCHA, Migrationsrecht, Kommentar, 3
e
éd. 2012, n° 5 ad
art. 67
BGE 139 II 121 S. 131
LEtr
p. 196; ANDREA BINDER OSER, in Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer [AuG], 2010, n° 24 ad
art. 67 LEtr
p. 689).Il peut en particulier dériver de la nature du bien juridique menacé (par exemple: atteinte grave à la vie, l'intégrité corporelle ou sexuelle ou à la santé de personnes), de l'appartenance d'une infraction à un domaine de criminalité particulièrement grave revêtant une dimension transfrontière (comp. art. 83 par. 1 du Traité sur le fonctionnement de l'UE, dans sa version consolidée de Lisbonne [JO C 83 du30 mars 2010 p. 1], mentionnant notamment les actes de terrorisme,la traite d'êtres humains, le trafic de drogues et la criminalité organisée), de la multiplication d'infractions (récidives), en tenant compte de l'éventuel accroissement de leur gravité, ou encore de l'absence de pronostic favorable.
6.4
A l'aune des principes dégagés, il convient de vérifier si c'est à bon droit que le Tribunal administratif fédéral a considéré que le recourant, qui est de nationalité portugaise et bénéficie ainsi de la libre circulation des personnes, constitue une menace grave pour la sécurité et l'ordre publics au sens de l'
art. 67 al. 3, seconde phrase, LEtr
.
Comme il a été dit auparavant (consid. 5.5.1 supra), les infractions perpétrées n'étaient pas, individuellement prises et en dépit de leur gravité certaine, propres à justifier une interdiction d'entrée en Suisse en dérogation à la libre circulation des personnes au sens des art. 67 al. 2 let. a et al. 3, première phrase, LEtr cum
art. 5 annexe I ALCP
. Ce n'est qu'en les examinant dans leur ensemble, à la lumière des récidives commises et du comportement réfractaire du recourant, qu'il a été possible d'en inférer une menace réelle et actuelle pour l'ordre public helvétique. Il y a de plus lieu, comme il ressort des constatations du Tribunal administratif fédéral, de tenir compte de ce que la plupart des récidives et des infractions à la LStup mises à l'actif du recourant étaient en lien avec sa propre consommation de drogue, de sorte que le critère aggravant de la vente de stupéfiants se doit d'être relativisé dans le cas particulier. Pour le surplus, les infractions perpétrées par le recourant, dont un certain nombre relève du domaine contraventionnel, ne laissent du point de vue chronologique pas apparaître une quelconque aggravation et ne dénotent pas de comportement qui se démarquerait par une attitude ou un mode opératoire particulièrement odieux ou propre à la criminalité organisée. Enfin, les actes commis par l'intéressé ne permettent que difficilement, d'un point de vue qualitatif tout comme quantitatif, d'établir un pronostic fiable du risque que ce dernier pourrait, après plusieurs années d'absence de Suisse, représenter pour notre pays, de sorte qu'il ne se
BGE 139 II 121 S. 132
justifie pas de limiter davantage, en admettant un éloignement d'une durée supérieure à cinq ans, le principe de la libre circulation des personnes.
Il s'ensuit que la menace représentée par le recourant, qui est assurément réelle et justifie le prononcé d'une interdiction d'entrée, contrairement à ce que tente de faire accroire celui-ci, ne saurait pas pour autant être qualifiée de "menace grave", au sens de l'
art. 67 al. 3, seconde phrase, LEtr
, c'est-à-dire un danger particulièrement sérieux à même de justifier que le droit du recourant à pouvoir circuler librement sur sol suisse soit supprimé pour une durée supérieure à cinq ans. L'arrêt entrepris devra être modifié sur ce point.
6.5
Il reste à examiner si, comme le soutient le recourant, dont la conclusion subsidiaire tend au prononcé d'une interdiction d'entrée valable pour une durée de trois ans, échéant au 29 novembre 2012, la durée de la mesure, limitée - en l'absence de "menace grave" - au maximum légal de cinq ans, est disproportionnée.
6.5.1
Tant en application de l'ALCP que des
art. 5 al. 2 Cst.
, 96 LEtr et 8 par. 2 CEDH, il faut en effet que la pesée des intérêts publics et privés effectuée dans le cas d'espèce fasse apparaître la mesure d'éloignement comme proportionnée aux circonstances. A cet égard, il faut prendre en considération, outre la gravité de la faute, la situation personnelle de l'étranger, son degré d'intégration, la durée de son séjour en Suisse ainsi que les inconvénients que lui et sa famille devraient subir si la mesure litigieuse était appliquée (
ATF 135 II 377
consid. 4.3 p. 381).
6.5.2
En l'espèce, il ressort de l'arrêt attaqué que le recourant, alors âgé de 29 ans, a vécu en Suisse de 1989 à 2000, puis de 2001 à avril 2009, et qu'il a purgé, depuis son arrestation le 13 mai 2011 jusqu'à sa libération conditionnelle récente le 20 septembre 2012, une peine d'emprisonnement. Il est certain que l'intéressé a passé une grande partie de sa vie en Suisse, notamment son enfance à partir de l'âge de six ans, puis l'essentiel de sa vie d'adulte. Le point de savoir si l'arrêt querellé retient des liens suffisamment étroits entre le recourant et sa fille née en 2007 pour qu'il puisse s'en prévaloir au titre de l'examen de la proportionnalité de la mesure d'éloignement est peu clair. Quoi qu'il en soit, même si de tels liens suffisants existaient, on ne saurait en l'occurrence y attacher une importance déterminante, propre à faire apparaître comme disproportionnée une mesure d'éloignement d'une durée de cinq ans. En effet, force est de constater que le recourant n'a
BGE 139 II 121 S. 133
guère eu l'occasion de vivre avec sa fille, en particulier au regard de ses démêlés judiciaires, de son séjour au Portugal à partir d'avril 2009 et, finalement, lors de son retour en Suisse en mai 2011, de son arrestation et de son incarcération jusqu'à une date très récente. Dans ces circonstances, on ne saurait accorder un poids décisif à la relation qui unit le recourant à sa fille dans la pesée des intérêts.
Par ailleurs, il est également établi que, malgré les nombreuses années passées en Suisse, l'intéressé n'a pas fait montre d'une bonne intégration dans notre pays, étant tombé au plus tard dès sa majorité dans la drogue et la délinquance. Bien plus, il n'a apparemment jusqu'à ce jour mentionné aucun projet professionnel ou personnel concret qui pourrait laisser espérer un changement de trajectoire stable et des perspectives d'avenir prometteuses sur le long terme, même pas dans son recours dans le cadre duquel il se contente de mentionner l'accomplissement d'une formation de cariste dans le Valais. Du reste, l'arrêt attaqué retient qu'en plus des six premières années d'enfance passées au Portugal, le recourant est reparti dans ce pays pour y effectuer des séjours d'une certaine durée au moins à deux reprises et dans des moments clé de sa vie, soit pendant environ deux ans vers l'âge de dix-sept ans, puis encore pendant deux ans d'avril 2009 à mai 2011 à la suite de ses problèmes judiciaires, échappant ainsi à une mise en détention en Suisse. En définitive, les liens avec la Suisse et les perspectives du recourant dans notre pays n'apparaissent pas déterminants pour apprécier sa situation; ils ne permettent en tout cas pas de considérer que son éloignement de Suisse pour une durée de cinq ans et, partant, que son obligation de séjourner dans son Etat d'origine ou dans un autre pays pendant la durée susmentionnée ne serait pas exigible.
6.6
Il découle des éléments qui précèdent qu'au vu de la gravité des actes reprochés au recourant et de l'importance du risque de récidive que laissent redouter son passé judiciaire, son mépris des avertissements qu'il a reçus et sa situation personnelle précaire, il s'impose de retenir qu'une mesure d'interdiction d'entrée pour une durée de cinq ans, à savoir jusqu'au 29 novembre 2014, apparaît comme nécessaire, adéquate et proportionnée en vue de bannir le risque que représente le recourant pour l'ordre et la sécurité publics de la Suisse, tout en donnant à ce dernier la possibilité de mettre à profit son éloignement de Suisse pour stabiliser sa vie et amender durablement son comportement. L'arrêt attaqué se doit dès lors d'être réformé dans ce sens. | mixed |
5b6ce3f0-1bb6-447a-8f99-2678a827f5e2 | 142.203 1 / 14 Ordinanza concernente la libera circolazione delle persone tra la Svizzera e l’Unione europea e i suoi Stati membri, tra la Svizzera e il Regno Unito e tra gli Stati membri dell’Associazione europea di libero scambio (Ordinanza sulla libera circolazione delle persone, OLCP)1 del 22 maggio 2002 (Stato 1° gennaio 2023) Il Consiglio federale svizzero, vista la legge federale del 16 dicembre 20052 sugli stranieri e la loro integrazione (LStrI); in esecuzione dell’Accordo del 21 giugno 19993 tra la Confederazione Svizzera, da una parte, e la Comunità europea ed i suoi Stati membri, dall’altra, sulla libera circolazione delle persone (Accordo sulla libera circolazione delle persone); in esecuzione del Protocollo del 4 marzo 20164 relativo all’estensione dell’Accordo sulla libera circolazione delle persone alla Croazia; in esecuzione dell’Accordo del 21 giugno 20015 di emendamento della Convenzione del 4 gennaio 19606 istitutiva dell’Associazione europea di libero scambio (AELS) (Convenzione AELS); in esecuzione dell’Accordo del 25 febbraio 20197 tra la Confederazione Svizzera e il Regno Unito di Gran Bretagna e dell’Irlanda del Nord sui diritti dei cittadini in seguito al recesso del Regno Unito dall’Unione europea e dall’Accordo sulla libera circolazione delle persone (Accordo sui diritti acquisiti dei cittadini); in esecuzione dell’Accordo del 14 dicembre 20208 tra la Confederazione Svizzera e il Regno Unito di Gran Bretagna e dell’Irlanda del Nord sulla mobilità dei prestatori di servizi (Accordo sulla mobilità dei prestatori di servizi),9 ordina: RU 2002 1741 1 Nuovo testo giusta il n. III 1 dell’O del 22 mar. 2019, in vigore dal 1° gen. 2021 (RU 2020 5853). 2 RS 142.20 3 RS 0.142.112.681 4 RU 2016 5251 5 RU 2003 2685 6 RS 0.632.31 7 RS 0.142.113.672 8 RS 0.946.293.671.2 9 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 3 dic. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 827). 142.203 Migrazione 2 / 14 142.203 Sezione 1: Oggetto e campo d’applicazione Art. 1 Oggetto (art. 10 dell’Acc. sulla libera circolazione delle persone e art. 10 all. K della Conv. AELS) 1 La presente ordinanza disciplina la libera circolazione delle persone giusta le dispo- sizioni dell’Accordo sulla libera circolazione delle persone e della Convenzione AELS, tenuto conto delle rispettive normative transitorie.10 2 Essa regola anche la libera circolazione delle persone conformemente alle disposi- zioni dell’accordo sui diritti acquisiti.11 3 Disciplina anche la procedura di notificazione dei prestatori indipendenti di servizi contemplati dall’accordo sulla mobilità dei prestatori di servizi.12 Art. 2 Campo d’applicazione 1 La presente ordinanza si applica ai cittadini degli Stati membri dell’Unione europea (cittadini dell’UE) nonché ai cittadini di Norvegia, Islanda e del Principato del Liech- tenstein in quanto cittadini di Stati membri dell’Associazione europea di libero scam- bio (cittadini dell’AELS)13.14 2 Essa si applica parimenti, indipendentemente dalla cittadinanza, ai familiari autoriz- zati a soggiornare in Svizzera sulla base delle disposizioni dell’Accordo sulla libera circolazione delle persone o della Convenzione AELS in materia di ricongiungimento familiare. 3 Essa si applica parimenti, indipendentemente dalla cittadinanza, alle persone inviate in Svizzera per una prestazione di servizio da società fondate conformemente al diritto di uno Stato membro dell’Unione europea (UE) o dell’Associazione europea di libero scambio (AELS) la cui sede statutaria, amministrazione centrale o sede principale si trova nel territorio dell’UE o dell’AELS e che già prima erano state ammesse a titolo permanente sul mercato del lavoro regolare in uno Stato dell’UE o dell’AELS.15 4 Si applica anche ai cittadini del Regno Unito e ai membri della loro famiglia con- formemente alla regolamentazione prevista dall’accordo sui diritti acquisiti, fatti salvi gli articoli 4 capoverso 3bis, 8, 10–12, 14 capoverso 2, 21, 27 e 38.16 5 La procedura di notificazione per una prestazione della durata massima di 90 giorni lavorativi per anno civile secondo l’articolo 9 capoverso 1bis primo e secondo periodo 10 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 3 dic. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 827). 11 Introdotto dal n. III 1 dell’O del 22 mar. 2019, in vigore dal 1° gen. 2021 (RU 2020 5853). 12 Introdotto dal n. I dell’O del 18 dic. 2020, in vigore dal 1° gen. 2021 (RU 2020 6413). 13 Per quanto concerne la relazione Svizzera-Liechtenstein, si applica il Prot. del 21 giu. 2001, che è parte integrante dell’Acc. di emendamento della Conv. AELS. 14 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 3 dic. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 827). 15 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 13 mar. 2009, in vigore dal 1° giu. 2009 (RU 2009 1825). 16 Introdotto dal n. III 1 dell’O del 22 mar. 2019, in vigore dal 1° gen. 2021 (RU 2020 5853). Ordinanza sull’introduzione della libera circolazione delle persone 3 / 14 142.203 nonché le sanzioni secondo l’articolo 32a capoverso 1 si applicano anche ai prestatori indipendenti di servizi contemplati dall’accordo sulla mobilità dei prestatori di ser- vizi.17 Art. 318 Deroghe al campo d’applicazione 1 La presente ordinanza non si applica ai cittadini dell’UE e dell’AELS e ai loro fa- miliari il cui statuto è disciplinato dall’articolo 43 capoversi 1 lettere a–d, 2 e 3 dell’or- dinanza del 24 ottobre 200719 sull’ammissione, il soggiorno e l’attività lucrativa (OASA). 2 Le disposizioni sui contingenti massimi risultanti dall’applicazione dell’articolo 10 paragrafo 4d primo e secondo periodo dell’Accordo sulla libera circolazione delle per- sone non si applicano ai cittadini della Croazia il cui statuto è disciplinato dall’arti- colo 43 capoverso 1 lettere e–h OASA.20 3 ...21 4 ...22 5 ...23 Sezione 2: Tipi di permessi e carte di soggiorno24 Art. 4 Permesso di soggiorno di breve durata UE/AELS, permesso di dimora UE/AELS e permesso per frontalieri UE/AELS (art. 6, 7, 12, 13, 20 e 24 all. I dell’Acc. sulla libera circolazione delle persone e art. 6, 7, 11, 12, 19 e 23 all. K appendice 1 della Conv. AELS)25 1 Ai cittadini dell’UE e dell’AELS è rilasciato, giusta le disposizioni dell’Accordo sulla libera circolazione delle persone o della Convenzione AELS, un permesso di soggiorno di breve durata26 UE/AELS, un permesso di dimora UE/AELS o un per- messo per frontalieri UE/AELS. 17 Introdotto dal n. I dell’O del 18 dic. 2020, in vigore dal 1° gen. 2021 (RU 2020 6413). 18 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 24 ott. 2007, in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5533). 19 RS 142.201 20 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 16 nov. 2022, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 722). 21 Introdotto dal n. I dell’O del 25 apr. 2012 (RU 2012 2391). Abrogato dal n. I dell’O del 13 apr. 2016, con effetto dal 1° giu. 2016 (RU 2016 1205). 22 Introdotto dal n. I dell’O del 22 mag. 2013 (RU 2013 1443). Abrogato dal n. I dell’O del 30 apr. 2014, con effetto dal 1° giu. 2014 (RU 2014 1099). 23 Introdotto dal n. I dell’O del 10 mag. 2017 (RU 2017 3093). Abrogato dal n. I dell’O del 15 mag. 2019 (Fine dei contingenti di permessi B per i lavoratori dell’UE-2), con effetto dal 1° giu. 2019 (RU 2019 1575). 24 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 30 apr. 2014, in vigore dal 1° giu. 2014 (RU 2014 1099). 25 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 3 dic. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 827). 26 Nuova espr. giusta il n. I dell’O del 24 ott. 2007, in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5533). Di detta mod. é tenuto conto in tutto il presente testo. Migrazione 4 / 14 142.203 2 Salvo disposizione contraria del diritto federale, il permesso di soggiorno di breve durata UE/AELS e il permesso di dimora UE/AELS valgono in tutta la Svizzera.27 3 Il permesso per frontalieri UE/AELS rilasciato ai cittadini dell’UE e dell’AELS vale in tutta la Svizzera.28 3bis ...29 4 I cittadini dell’UE e dell’AELS che svolgono un’attività lucrativa in Svizzera per un massimo di tre mesi complessivi per anno civile non necessitano di un permesso di soggiorno di breve durata UE/AELS.30 Art. 531 Permesso di domicilio UE/AELS Ai cittadini dell’UE e dell’AELS e ai loro familiari è rilasciato un permesso di domi- cilio UE/AELS illimitato in virtù dell’articolo 34 LStrI e gli articoli 60–63 della OASA32, nonché in conformità degli accordi di domicilio conclusi dalla Svizzera. Art. 633 Carta di soggiorno34 1 Ai cittadini dell’UE e dell’AELS e ai loro familiari, nonché ai prestatori di servizi secondo l’articolo 2 capoverso 3 titolari di un permesso secondo l’Accordo sulla libera circolazione delle persone o la Convenzione AELS, è rilasciata una carta di soggiorno per stranieri. 2 La carta di soggiorno per stranieri quale prova del permesso di domicilio UE/AELS è rilasciata a fini di controllo con una durata di validità di cinque anni. Due settimane prima della scadenza, la stessa deve essere presentata per proroga all’autorità compe- tente. 3 Il rilascio e la presentazione delle carte di soggiorno per stranieri sono retti dagli articoli 71–72 OASA35.36 27 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 30 apr. 2014, in vigore dal 1° giu. 2014 (RU 2014 1099). 28 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 3 dic. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 827). 29 Introdotto dal n. I dell’O del 2 mag. 2007 (RU 2007 2231). Abrogato dal n. I dell’O del 3 dic. 2021, con vigore effetto dal 1° gen. 2022 (RU 2021 827). 30 Introdotto dal n. I dell’O del 18 feb. 2004 (RU 2004 1569). Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 3 dic. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 827). 31 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 24 ott. 2007, in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5533). 32 RS 142.201 33 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 24 ott. 2007, in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5533). 34 Nuovo testo giusta l’all. n. 1 dell’O del 20 set. 2019, in vigore dal 1° nov. 2019 (RU 2019 3041). 35 RS 142.201 36 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 30 apr. 2014, in vigore dal 1° giu. 2014 (RU 2014 1099). Ordinanza sull’introduzione della libera circolazione delle persone 5 / 14 142.203 Sezione 3: Entrata, procedura di notificazione e di permesso Art. 737 Procedura di rilascio del visto (art. 1 all. I dell’Acc. sulla libera circolazione delle persone e art. 1 all. K della Conv. AELS) Per i familiari di cittadini dell’UE o dell’AELS e per i prestatori di servizi di cui all’ar- ticolo 2 capoverso 3, che non possiedono la cittadinanza di uno Stato membro dell’UE o dell’AELS, sono applicabili le disposizioni in materia di obbligo del visto degli ar- ticoli 8 e 9 dell’ordinanza del 15 agosto 201838 concernente l’entrata e il rilascio del visto. Il visto è rilasciato allorquando sono adempiute le condizioni per il rilascio di un permesso di soggiorno di breve durata UE/AELS o di un permesso di dimora UE/AELS secondo le disposizioni dell’Accordo sulla libera circolazione delle persone o della Convenzione AELS. Art. 839 Assicurazione del permesso (art. 1 par. 1 e 27 par. 2 all. I in combinato disposto con l’art. 10 par. 2c e 4c dell’Acc. sulla libera circolazione delle persone) Per l’entrata in Svizzera in vista dell’esercizio di un’attività lucrativa che necessita di un permesso UE/AELS, i cittadini della Croazia possono chiedere l’assicurazione del permesso (art. 5 OASA40). Art. 9 Procedure di notificazione e di permesso41 (all. I art. 2 par. 4 dell’Acc. sulla libera circolazione delle persone e all. K app. 1 art. 2 par. 4 della Conv. AELS)42 1 Le procedure di notificazione e di permesso sono rette dagli articoli 10–15 LStrI e dagli articoli 9, 10, 12, 13, 15 e 16 OASA43.44 1bis In caso di assunzione d’impiego sul territorio svizzero per una durata che non su- peri tre mesi per anno civile oppure in caso di prestazioni di servizi per il conto di un fornitore indipendente della durata massima di 90 giorni per anno civile, è applicabile per analogia la procedura di notificazione (obbligo di notificazione, procedura, ele- menti, termini) di cui all’articolo 6 della legge dell’8 ottobre 199945 sui lavoratori di- staccati in Svizzera e all’articolo 6 dell’ordinanza del 21 maggio 200346 sui lavoratori 37 Nuovo testo giusta l’art. 69 cpv. 2 n. 1 dell’O del 15 ago. 2018 concernente l’entrata e il rilascio del visto, in vigore dal 15 set. 2018 (RU 2018 3087). 38 RS 142.204 39 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 16 nov. 2022, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 722). 40 RS 142.201 41 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 13 mar. 2009, in vigore dal 1° giu. 2009 (RU 2009 1825). 42 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 30 mar. 2011, in vigore dal 1° mag. 2011 (RU 2011 1371). 43 RS 142.201 44 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 13 mar. 2009, in vigore dal 1° giu. 2009 (RU 2009 1825). 45 RS 823.20 46 RS 823.201 Migrazione 6 / 14 142.203 distaccati in Svizzera. Non occorre notificare lo stipendio. In caso di assunzione d’im- piego sul territorio svizzero per una durata che non superi tre mesi per anno civile, la notificazione avviene al più tardi la vigilia del giorno in cui ha inizio l’attività.47 1ter L’articolo 6 capoverso 4 della legge dell’8 ottobre 1999 sui lavoratori distaccati in Svizzera è applicabile per analogia alla trasmissione della notificazione alla Commis- sione tripartita cantonale nonché, se del caso, alla Commissione paritetica istituita da contratti collettivi di obbligatorietà generale (art. 9 cpv. 1bis primo periodo OLCP).48 2 Per le notificazioni dei Cantoni e dei Comuni si applica l’articolo 5 dell’ordinanza SIMIC del 12 aprile 200649.50 3 I frontalieri sono tenuti a notificare il cambiamento di posto di lavoro all’autorità competente nel luogo di lavoro. La notificazione dev’essere effettuata prima dell’as- sunzione d’impiego.51 4 I frontalieri che durante la settimana dimorano in Svizzera sono tenuti a notificarsi presso l’autorità competente nel luogo di dimora. Il capoverso 1 si applica per analo- gia. Sezione 4: Dimora con attività lucrativa52 Art. 1053 Computo sui contingenti massimi (art. 10 dell’Acc. sulla libera circolazione delle persone) Il permesso non è computato sui contingenti massimi stabiliti conformemente all’Ac- cordo sulla libera circolazione delle persone se il cittadino della Croazia: a. non è entrato in Svizzera e ha rinunciato a svolgervi un’attività lucrativa, op- pure b. ha lasciato la Svizzera entro 90 giorni lavorativi dall’inizio dell’attività lucra- tiva. 47 Introdotto dal n. I dell’O del 13 mar. 2009 (RU 2009 1825). Nuovo testo giusta l’all. n. 1 dell’O del 16 apr. 2013, in vigore dal 15 mag. 2013 (RU 2013 1259). 48 Introdotto dal n. I dell’O del 13 mar. 2009, in vigore dal 1° giu. 2009 (RU 2009 1825). 49 RS 142.513 50 Nuovo testo giusta l’all. 3 n. 2 dell’O del 12 apr. 2006 concernente il sistema d’informa- zione centrale sulla migrazione, in vigore dal 29 mag. 2006 (RU 2006 1945). 51 Nuovo testo giusta l’all. n. 1 dell’O del 20 set. 2019, in vigore dal 1° nov. 2019 (RU 2019 3041). 52 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 24 apr. 2013 (Mantenimento dei contingenti di per- messi B nei confronti degli Stati dell’UE-8), in vigore dal 1° mag. 2013 (RU 2013 1247). 53 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 16 nov. 2022, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 722). Ordinanza sull’introduzione della libera circolazione delle persone 7 / 14 142.203 Art. 1154 Ripartizione dei contingenti massimi La Segreteria di Stato della migrazione (SEM) ripartisce per i cittadini della Croazia i contingenti massimi stabiliti conformemente all’articolo 10 dell’Accordo sulla libera circolazione delle persone. Art. 1255 Deroghe ai contingenti massimi (art. 10 par. 4d dell’Acc. sulla libera circolazione delle persone) 1 Le deroghe previste dalla LStrI e dall’OASA56 si applicano per analogia ai contin- genti massimi fissati per i cittadini della Croazia. 2 I permessi di dimora UE/AELS rilasciati a cittadini della Croazia in virtù dell’arti- colo 27 paragrafo 3 lettera a dell’allegato I dell’Accordo sulla libera circolazione delle persone sono eccettuati dai contingenti massimi. 3 I contingenti massimi non si applicano ai cittadini della Croazia che svolgono un’at- tività lucrativa in qualità di dottorandi o postdottorandi presso scuole universitarie svizzere anche se cambiano posto o professione. 4 I contingenti massimi non si applicano ai cittadini del Liechtenstein. Sezione 5: Prestazione transfrontaliera di servizi Art. 1357 Prestazione di servizi nel contesto di un pertinente accordo (art. 5 dell’Acc. sulla libera circolazione delle persone e art. 5 all. K della Conv. AELS) Le persone che forniscono un servizio transfrontaliero nel contesto di un accordo di prestazione di servizi tra la Svizzera e l’UE58 o l’AELS non necessitano di un per- messo di soggiorno di breve durata per i soggiorni fino a 90 giorni lavorativi per anno civile. Se il servizio supera i 90 giorni lavorativi, è rilasciato un permesso di soggiorno di breve durata UE/AELS o un permesso di dimora UE/AELS per la durata del servi- zio. Art. 1459 Prestazioni di servizi fino a 90 giorni lavorativi 1 In assenza di un accordo sulla prestazione di servizi, i cittadini dell’UE e dell’AELS e i prestatori di servizi giusta l’articolo 2 capoverso 3 non necessitano di un permesso 54 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 16 nov. 2022, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 722). 55 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 16 nov. 2022, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 722). 56 RS 142.201 57 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 18 feb. 2004, in vigore dal 1° giu. 2004 (RU 2004 1569). 58 Stati membri al momento della firma dell’Acc. del 21 giu. 1999 sulla libera circolazione delle persone. 59 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 2 nov. 2005, in vigore dal 1° apr. 2006 (RU 2006 923). Migrazione 8 / 14 142.203 di soggiorno di breve durata UE/AELS per la prestazione transfrontaliera di servizi fino a 90 giorni lavorativi per anno civile. 2 ...60 Art. 15 Prestazioni di servizi di oltre 90 giorni lavorativi (art. 20 all. I dell’Acc. sulla libera circolazione delle persone e art. 19 all. K appendice 1 della Conv. AELS) 1 In assenza di un accordo sulla prestazione di servizi e se la durata del servizio supera i 90 giorni lavorativi, ai cittadini dell’UE e dell’AELS e alle persone di cui all’arti- colo 2 capoverso 3 può essere rilasciato, per la durata del servizio, un permesso di soggiorno di breve durata UE/AELS o un permesso di dimora UE/AELS giusta l’ar- ticolo 4.61 2 Per l’ammissione sono applicabili le disposizioni della LStrI e dell’OASA62.63 Sezione 6: Dimora senza attività lucrativa Art. 16 Mezzi finanziari (art. 24 all. I dell’Acc. sulla libera circolazione delle persone e art. 23 all. K della Conv. AELS) 1 I mezzi finanziari di cui dispongono un cittadino dell’UE o dell’AELS e i suoi fa- miliari sono considerati sufficienti se superiori alle prestazioni d’assistenza concesse a un richiedente svizzero e se del caso ai suoi familiari, tenuto conto della loro situa- zione personale conformemente alle direttive CSIAS sull’impostazione e sul calcolo dell’aiuto sociale64. 2 I mezzi finanziari a disposizione di un cittadino dell’UE o dell’AELS avente diritto a una rendita o dei suoi familiari sono considerati sufficienti se superano l’importo che autorizzerebbe un richiedente svizzero e se del caso i suoi familiari a percepire le prestazioni complementari giusta la legge federale del 19 marzo 196565 sulle presta- zioni complementari all’assicurazione per la vecchiaia, i superstiti e l’invalidità. 60 Abrogato dal n. I dell’O del 3 dic. 2021, con vigore effetto dal 1° gen. 2022 (RU 2021 827). 61 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 30 mar. 2011, in vigore dal 1° mag. 2011 (RU 2011 1371). 62 RS 142.201 63 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 24 ott. 2007, in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5533). 64 Queste direttive possono essere ordinate presso la Conferenza svizzera delle istituzioni dell’azione sociale (CSIAS), Mühlenplatz 3, 3000 Berna 13. 65 [RU 1965 535, 1972 2314 n. III, 1974 1589, 1978 391 n. II 2, 1985 2017, 1986 699, 1996 2466 all. n. 4, 1997 2952, 2000 2687, 2002 701 n. I 6 3371 all. n. 9 3453, 2003 3837 all. n. 4, 2006 979 art. 2 n. 8, 2007 5259 n. IV. RU 2007 6055 art. 35]. Vedi ora la LF del 6 ott. 2006 (RS 831.30). Ordinanza sull’introduzione della libera circolazione delle persone 9 / 14 142.203 Art. 17 Rinnovo del permesso di dimora UE/AELS (art. 24 all. I dell’Acc. sulla libera circolazione delle persone e art. 23 all. K appendice 1 della Conv. AELS) Già dopo i primi due anni, le autorità competenti possono, se lo ritengono necessario, esigere il rinnovo del permesso di dimora UE/AELS per i soggiorni senza attività lu- crativa. Art. 18 Soggiorni dedicati alla ricerca di un impiego (art. 2 all. I dell’Acc. sulla libera circolazione delle persone e art. 2 all. K appendice 1 della Conv. AELS) 1 Per la ricerca di un impiego, i cittadini dell’UE e dell’AELS non necessitano di un permesso se il soggiorno non supera tre mesi. 2 Se il soggiorno per la ricerca di un impiego si protrae oltre i primi tre mesi è rilasciato loro un permesso di soggiorno di breve durata UE/AELS della validità di tre mesi per anno civile, purché dispongano dei mezzi finanziari necessari al loro sostentamento.66 3 Questo permesso può essere prorogato fino a un anno purché i cittadini dell’UE e dell’AELS dimostrino i loro sforzi di ricerca e sussista una prospettiva reale di im- piego. Art. 19 Destinatari di servizi (art. 23 all. I dell’Acc. sulla libera circolazione e art. 22 all. K appendice 1 della Conv. AELS) 1 Se il soggiorno non supera tre mesi, i cittadini dell’UE e dell’AELS che entrano in Svizzera onde ricevere una prestazione di servizi non necessitano di un permesso. 2 Per le prestazioni di servizi di più lunga durata, è rilasciato loro un permesso di sog- giorno di breve durata UE/AELS o un permesso di dimora UE/AELS. Art. 20 Rilascio di un permesso per motivi gravi Se non sono adempite le condizioni per l’ammissione in vista di un soggiorno senza attività lucrativa giusta l’Accordo sulla libera circolazione delle persone o la Conven- zione AELS, possono essere rilasciati permessi di dimora UE/AELS se motivi gravi lo giustificano. Sezione 7: ... Art. 2167 66 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 13 mar. 2015, in vigore dal 1° apr. 2015 (RU 2015 849). 67 Abrogato dal n. I dell’O del 3 dic. 2021, con vigore effetto dal 1° gen. 2022 (RU 2021 827). Migrazione 10 / 14 142.203 Sezione 8: Diritto di rimanere in Svizzera (art. 4 all. I dell’Acc. sulla libera circolazione delle persone e art. 4 all. K appendice 1 della Conv. AELS) Art. 22 Ai cittadini dell’UE e dell’AELS o ai loro familiari che possono prevalersi di un diritto di rimanere in Svizzera giusta le disposizioni dell’Accordo sulla libera circolazione o della Convenzione AELS è rilasciato un permesso di dimora UE/AELS. Sezione 9: Fine del soggiorno, misure di allontanamento e di respingimento Art. 23 Cessazione delle condizioni per il diritto di soggiorno (all. I art. 6 par. 6 dell’Acc. sulla libera circolazione delle persone e all. K app. 1 art. 6 par. 6 della Conv. AELS)68 1 I permessi di soggiorno di breve durata UE/AELS, i permessi di dimora UE/AELS e i permessi per frontalieri UE/AELS possono essere revocati o non essere prorogati se non sono più adempite le condizioni per il loro rilascio. 2 Per quanto concerne il permesso di domicilio UE/AELS si applica l’articolo 63 LStrI.69 Art. 2470 Misure di allontanamento o di respingimento (art. 5 all. I dell’Acc. sulla libera circolazione delle persone e art. 5 all. K appendice I della Conv. AELS) Le misure di allontanamento o di respingimento disposte dalle competenti autorità federali o cantonali secondo gli articoli 60–68 LStrI valgono per tutto il territorio della Svizzera. Art. 25 Competenza in caso di cambiamento di Cantone (art. 5 all. I dell’Acc. sulla libera circolazione delle persone e art. 5 all. K appendice 1 della Conv. AELS) Dopo il cambiamento di Cantone, il nuovo Cantone è competente in materia di misure di allontanamento o di respingimento. 68 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 30 mar. 2011, in vigore dal 1° mag. 2011 (RU 2011 1371). 69 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 24 ott. 2007, in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5533). 70 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 24 ott. 2007, in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5533). Ordinanza sull’introduzione della libera circolazione delle persone 11 / 14 142.203 Sezione 10: Procedura e competenza Art. 26 Competenza I permessi giusta la presente ordinanza sono rilasciati dalle autorità cantonali compe- tenti. Art. 2771 Art. 2872 Controllo dei permessi Il controllo dei permessi dei cittadini dell’UE e dell’AELS da parte della Segreteria di Stato della migrazione (SEM)73 è retto dall’articolo 99 LStrI e dagli articoli 83 e 85 OASA74. Art. 2975 Competenza della SEM La SEM è competente per: a. l’approvazione dei primi permessi di dimora e delle proroghe per i cittadini dell’UE e dell’AELS non esercitanti attività lucrativa secondo l’articolo 20; b. il controllo dei permessi giusta l’articolo 28. Art. 3076 Sezione 11: ... Art. 3177 71 Abrogato dal n. I dell’O del 3 dic. 2021, con vigore effetto dal 1° gen. 2022 (RU 2021 827). 72 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 24 ott. 2007, in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5533). 73 La designazione dell’unità amministrativa è stata adattata in applicazione dell’art. 16 cpv. 3 dell’O del 17 nov. 2004 sulle pubblicazioni ufficiali (RU 2004 4937), con effetto dal 1° gen. 2015. Di detta mod. é tenuto conto in tutto il presente testo. 74 RS 142.201 75 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 3 dic. 2021, in vigore dal 1° gen. 2022 (RU 2021 827). 76 Abrogato dal n. II dell’O del 20 ott. 2002, con effetto dal 1° gen. 2003 (RU 2002 3985). 77 Abrogato dal n. II 3 dell’O dell’8 nov. 2006 concernente l’adeguamento di ordinanze del Consiglio federale alla revisione totale dell’organizzazione giudiziaria federale, con ef- fetto dal 1° gen. 2007 (RU 2006 4705). Migrazione 12 / 14 142.203 Sezione 12: Disposizioni penali e sanzioni amministrative78 Art. 3279 Sanzioni amministrative 80 Le sanzioni amministrative sono rette dall’articolo 122 LStrI. Art. 32a81 Disposizioni penali 1 È punito con una multa fino a 5000 franchi chiunque, intenzionalmente o per negli- genza, viola l’obbligo di notificazione previsto all’articolo 9 capoverso 1bis. 2 È punito con una multa fino a 1000 franchi chiunque, intenzionalmente o per negli- genza, viola l’obbligo di notificazione previsto all’articolo 9 capoverso 3. Sezione 13: Esecuzione Art. 33 La SEM sorveglia l’esecuzione della presente ordinanza. Sezione 14: Abrogazione del diritto previgente Art. 34 L’ordinanza del 23 maggio 200182 sull’introduzione della libera circolazione delle persone è abrogata. Sezione 15: Modifica del diritto vigente Art. 35 Le seguenti ordinanze sono modificate come segue: ...83 78 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 13 mar. 2009, in vigore dal 1° giu. 2009 (RU 2009 1825). 79 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 24 ott. 2007, in vigore dal 1° gen. 2008 (RU 2007 5533). 80 Introdotta dall’all. n. 1 dell’O del 20 set. 2019, in vigore dal 1° nov. 2019 (RU 2019 3041). 81 Introdotto dal n. I dell’O del 13 mar. 2009 (RU 2009 1825). Nuovo testo giusta l’all. n. 1 dell’O del 20 set. 2019, in vigore dal 1° nov. 2019 (RU 2019 3041). 82 [RU 2002 1729] 83 Le mod. possono essere consultate alla RU 2002 1741. Ordinanza sull’introduzione della libera circolazione delle persone 13 / 14 142.203 Sezione 16: Disposizioni transitorie Art. 36 Permessi secondo il diritto previgente (art. 10 dell’Acc. sulla libera circolazione delle persone e art. 10 all. K della Conv. AELS) 1 I permessi rilasciati secondo il diritto previgente restano validi fino alla loro sca- denza. 2 I diritti e doveri delle persone interessate sono retti dall’Accordo sulla libera circo- lazione delle persone o dalla Convenzione AELS. Art. 37 Procedure Per le procedure pendenti al momento dell’entrata in vigore della presente ordinanza è applicabile il nuovo diritto. Art. 3884 Disciplinamento transitorio (art. 10 dell’Acc. sulla libera circolazione delle persone e art. 26–34 all. I dell’Acc. sulla libera circolazione delle persone) In applicazione dell’articolo 10 paragrafo 4d primo e secondo periodo dell’Accordo sulla libera circolazione delle persone, i contingenti annuali massimi di nuovi per- messi rilasciati ai lavoratori (salariati e indipendenti) della Croazia sono fissati prov- visoriamente come segue: a. 1007 permessi di soggiorno di breve durata UE/AELS; b. 1150 permessi di dimora UE/AELS. Sezione 17: Entrata in vigore Art. 39 La presente ordinanza entra in vigore il 1° giugno 2002. 84 Nuovo testo giusta il n. I dell’O del 16 nov. 2022, in vigore dal 1° gen. 2023 (RU 2022 722). Migrazione 14 / 14 142.203 Sezione 1: Oggetto e campo d’applicazione Art. 1 Oggetto Art. 2 Campo d’applicazione Art. 3 Deroghe al campo d’applicazione Sezione 2: Tipi di permessi e carte di soggiorno Art. 4 Permesso di soggiorno di breve durata UE/AELS, permesso di dimora UE/AELS e permesso per frontalieri UE/AELS Art. 5 Permesso di domicilio UE/AELS Art. 6 Carta di soggiorno Sezione 3: Entrata, procedura di notificazione e di permesso Art. 7 Procedura di rilascio del visto Art. 8 Assicurazione del permesso Art. 9 Procedure di notificazione e di permesso Sezione 4: Dimora con attività lucrativa Art. 10 Computo sui contingenti massimi Art. 11 Ripartizione dei contingenti massimi Art. 12 Deroghe ai contingenti massimi Sezione 5: Prestazione transfrontaliera di servizi Art. 13 Prestazione di servizi nel contesto di un pertinente accordo Art. 14 Prestazioni di servizi fino a 90 giorni lavorativi Art. 15 Prestazioni di servizi di oltre 90 giorni lavorativi Sezione 6: Dimora senza attività lucrativa Art. 16 Mezzi finanziari Art. 17 Rinnovo del permesso di dimora UE/AELS Art. 18 Soggiorni dedicati alla ricerca di un impiego Art. 19 Destinatari di servizi Art. 20 Rilascio di un permesso per motivi gravi Sezione 7: ... Art. 21 Sezione 8: Diritto di rimanere in Svizzera Art. 22 Sezione 9: Fine del soggiorno, misure di allontanamento e di respingimento Art. 23 Cessazione delle condizioni per il diritto di soggiorno Art. 24 Misure di allontanamento o di respingimento Art. 25 Competenza in caso di cambiamento di Cantone Sezione 10: Procedura e competenza Art. 26 Competenza Art. 27 Art. 28 Controllo dei permessi Art. 29 Competenza della SEM Art. 30 Sezione 11: ... Art. 31 Sezione 12: Disposizioni penali e sanzioni amministrative Art. 32 Sanzioni amministrative Art. 32a Disposizioni penali Sezione 13: Esecuzione Art. 33 Sezione 14: Abrogazione del diritto previgente Art. 34 Sezione 15: Modifica del diritto vigente Art. 35 Sezione 16: Disposizioni transitorie Art. 36 Permessi secondo il diritto previgente Art. 37 Procedure Art. 38 Disciplinamento transitorio Sezione 17: Entrata in vigore Art. 39 | mixed |
de205a02-6185-41f7-a7a8-69eb28f85bfe | Sachverhalt
ab Seite 141
BGE 132 I 140 S. 141
Con convenzione dell'11 gennaio 1989, il Consorzio per l'eliminazione dei rifiuti del Luganese (CERL) ha riconosciuto al Comune di Bioggio il diritto all'eliminazione gratuita dei rifiuti solidi urbani provenienti dal suo territorio. Il documento prevedeva che l'esonero sarebbe stato accordato "fintanto che sul territorio del Comune di Bioggio esisteranno impianti di smaltimento rifiuti del CERL". Nel giugno del 1991 è stato messo fuori esercizio l'esistente forno d'incenerimento. A Bioggio l'Ente per lo smaltimento dei rifiuti del Sottoceneri (ESR), nel frattempo subentrato al CERL, gestisce comunque ancora delle installazioni per raccogliere e compattare i rifiuti prima del loro trasferimento presso altri impianti di smaltimento nonché un centro per lo stoccaggio ed il trattamento dei rifiuti speciali.
L'11 agosto 1995 l'ESR ha comunicato al Comune che il privilegio sin lì concesso non sarebbe più stato riconosciuto a partire dal 1° gennaio seguente. L'autorità comunale si è opposta alla soppressione dell'esenzione, sostenendo che le infrastrutture rimaste in funzione erano comunque fonte di notevoli disagi. Le susseguenti trattative non hanno permesso di appianare le divergenze sorte riguardo alla portata della convenzione. L'ESR ha allora intrapreso varie azioni giudiziarie. In particolare, ha promosso una procedura esecutiva in relazione ad una fattura mensile per i costi di smaltimento, ottenendo il rigetto definitivo dell'opposizione con decisione confermata anche dal Tribunale federale (sentenza 5P.380/2002 del 19 marzo 2003).
Richiamandosi a tale sentenza ed al proprio scritto dell'11 agosto 1995, il 17 agosto 2005 l'ESR ha notificato al Comune le fatture relative allo smaltimento dei rifiuti dal gennaio del 1996 al luglio del 2005, esclusa quella relativa alla mensilità per cui aveva già proceduto separatamente. L'importo totale reclamato ammontava a fr. 1'896'422.35, più interessi.
Il 15 settembre 2005 il Comune di Bioggio ha presentato un ricorso di diritto pubblico dinanzi al Tribunale federale, chiedendo l'annullamento della decisione dell'ESR.
Il Tribunale federale ha accolto il ricorso e disposto la trasmissione degli atti al Consiglio di Stato del Cantone Ticino.
BGE 132 I 140 S. 142 Erwägungen
Dai considerandi:
1.
1.1
Il Tribunale federale esamina d'ufficio e con piena cognizione l'ammissibilità dei gravami che gli vengono sottoposti, senza essere vincolato dagli argomenti delle parti o dalle loro conclusioni (
DTF 131 I 153
consid. 1;
DTF 131 II 571
consid. 1,
DTF 131 II 364
consid. 1).
1.2
Il ricorso in esame è rivolto contro uno scritto mediante il quale l'ESR ha intimato al Comune di Bioggio di provvedere al pagamento delle spese occasionate dallo smaltimento dei suoi rifiuti sull'arco di una decina d'anni.
1.2.1
Secondo la legge cantonale del 20 giugno 1988 concernente l'istituzione di un Ente per lo smaltimento dei rifiuti del Sottoceneri (LESR), l'ESR è un Ente con personalità giuridica di diritto pubblico (art. 1 LESR) a cui è affidato il compito di provvedere a riciclare, rendere innocui o eliminare in appositi impianti e discariche controllate i rifiuti urbani e quelli ad essi assimilabili provenienti dal suo comprensorio (art. 2 cpv. 1 LESR). I costi d'esercizio dell'Ente sono coperti da una tassa prelevata sui rifiuti consegnati da Enti pubblici e privati (art. 18 cpv. 1 LESR); le modalità di calcolo della tassa sono definite in un regolamento (art. 18 cpv. 2 LESR) mentre il suo ammontare è fissato dal consiglio d'amministrazione (art. 18 cpv. 3 LESR).
1.2.2
In una precedente fase del contenzioso tra le parti, il Tribunale federale ha già avuto modo di esprimersi su di una fattura sostanzialmente analoga a quella ora impugnata, anche se riferita ad un solo mese. In quel contesto, ha rilevato che la pronuncia dell'ESR rappresentava un atto d'imperio contenente la condanna al pagamento di una somma di denaro e riguardante un'obbligazione fondata sul diritto pubblico cantonale. Il gravame ha quindi per oggetto un provvedimento qualificabile come decisione, emanata dall'Ente in virtù della competenza conferitagli dall'art. 18 LESR (cfr. sentenza 5P.380/2002 del 19 marzo 2003, consid. 3.1). Il ricorso è inoltre tempestivo e verte sulla pretesa violazione di diritti costituzionali dei cittadini. Esso risulta pertanto certamente ammissibile dal profilo degli art. 84 cpv. 1 lett. a ed 89 OG. Occorre tuttavia ancora verificare se il Comune sia legittimato a ricorrere, giusta l'
art. 88 OG
, e se la decisione dell'ESR sia di ultima istanza cantonale, come imposto dall'
art. 86 cpv. 1 OG
.
BGE 132 I 140 S. 143
1.3
1.3.1
Il ricorso di diritto pubblico tende innanzitutto a proteggere l'individuo da una violazione dei suoi diritti costituzionali compiuta dall'autorità (
art. 84 cpv. 1 lett. a OG
). Tali diritti sono di principio riconosciuti unicamente ai privati, mentre le collettività pubbliche, in quanto detentrici del pubblico potere, non possono di massima invocarli né, quindi, impugnare con un ricorso di diritto pubblico una decisione che le concerne in quanto autorità. La giurisprudenza ammette tuttavia un'eccezione quando le corporazioni di diritto pubblico intervengono sul piano del diritto privato o sono toccate in modo analogo a un privato cittadino, per esempio quali proprietarie di beni appartenenti al patrimonio finanziario o amministrativo oppure quali debitrici di tasse o imposte (
DTF 129 I 313
consid. 4.1;
DTF 125 I 173
consid. 1b;
DTF 121 I 218
consid. 2a;
DTF 119 Ia 214
consid. 1a; WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2
a
ed., Berna 1994, pag. 270). Una seconda eccezione è data quando un Comune, come detentore del pubblico potere, lamenta una lesione della sua autonomia o invoca una violazione della sua esistenza o del suo territorio garantiti dal diritto cantonale (
DTF 131 I 91
consid. 1;
DTF 129 I 410
consid. 1.1;
DTF 125 I 173
consid. 1b).
1.3.2
Il Comune ricorrente non pretende di essere leso nella propria autonomia. Una simile censura risulterebbe peraltro chiaramente infondata, poiché i Comuni non hanno competenze decisionali in materia di consegna e di smaltimento dei rifiuti urbani e di quelli assimilabili agli stessi, né tanto meno in relazione alla fissazione delle relative tasse. Obbligati ad organizzare la raccolta di questi rifiuti sul loro territorio (cfr. l'art. 68 cpv. 1 della legge di applicazione, del 2 aprile 1975, della legge federale contro l'inquinamento delle acque [LALIA], sostituito dal 1° gennaio 2006 dall'art. 17 cpv. 1 lett. a della legge di applicazione, del 24 marzo 2004, della legge federale sulla protezione dell'ambiente [LALPAmb]), essi sono infatti tenuti per legge a consegnarli all'ESR (art. 2 cpv. 3 LESR). È quindi loro preclusa la facoltà di scegliere altre vie o altri partner per provvedere allo smaltimento.
1.3.3
La vertenza non coinvolge nemmeno il Comune su di un piano di diritto privato. Esso è infatti toccato nell'esecuzione di un compito d'interesse generale, quello della raccolta e della consegna dei rifiuti all'ESR, che gli incombe in virtù del suo ruolo specifico di corporazione di diritto pubblico. Questo servizio pubblico concerne del resto non solo i rifiuti derivanti direttamente dall'attività
BGE 132 I 140 S. 144
dell'amministrazione comunale, ma pure quelli prodotti dai privati nel comprensorio comunale. Sotto questo profilo, il Comune non agisce quindi alla stessa stregua di un normale cittadino.
D'altro canto, l'ESR raccoglie rifiuti consegnati anche direttamente da privati, con tutta probabilità soprattutto in ragione della loro natura o della loro quantità (cfr. art. 68 cpv. 5 e 72 LALIA; art. 16 cpv. 2 e 3 LALPAmb). Lo si evince in particolare dall'art. 18 cpv. 1 LESR, secondo cui la tassa a copertura delle spese d'esercizio dell'Ente è prelevata sui rifiuti consegnati tanto dagli enti pubblici, quanto dai privati. Pur derivante da un'obbligazione legata alla sua funzione di ente pubblico, la posizione del Comune in quanto debitore della tassa ed in relazione al relativo ammontare è quindi analoga a quella dei privati che intrattengono rapporti diretti con l'ESR. In entrambi i casi, a dipendenza del tipo di rifiuti, la tassa viene fissata in ragione di un determinato importo per tonnellata. Litigioso, in concreto, è precisamente l'onere finanziario connesso alla consegna dei rifiuti all'ESR, non l'obbligo di raccolta a cui è astretto il Comune né quello di consegna in quanto tale. In quest'ottica al Comune di Bioggio, colpito dalla decisione impugnata in maniera e a condizioni simili a quelle in cui potrebbe trovarsi un privato cittadino, deve pertanto essere riconosciuta la legittimazione ricorsuale ai sensi dell'
art. 88 OG
.
1.4
1.4.1
La LESR non prevede, né direttamente né mediante rinvio, alcun rimedio giuridico contro le decisioni adottate dagli organi dell'Ente. Questo aspetto è stato affrontato in maniera specifica nell'ambito dei lavori preliminari all'adozione della legge. La proposta, contenuta in un primo avanprogetto, di instaurare un doppio grado di giurisdizione secondo il sistema ordinario (ricorso dapprima al Consiglio di Stato ed in seguito al Tribunale amministrativo) è infine stata abbandonata. Il legislatore ha infatti ritenuto che le competenze di vigilanza e di ratifica dei regolamenti affidate al Consiglio di Stato, nonché quelle di controllo politico attribuite al Gran Consiglio fornissero garanzie sufficienti (cfr. art. 14-16 LESR; Rapporto della Commissione della gestione del Gran Consiglio del 26 maggio 1988 sul Messaggio n. 3273 del 23 febbraio 1988 relativo al decreto legislativo per l'istituzione dell'ESR, ad art. 14).
1.4.2
La prassi delle autorità ticinesi conferma l'inesistenza di mezzi d'impugnazione o di altri rimedi a livello cantonale. Da un lato, il
BGE 132 I 140 S. 145
Consiglio di Stato considera infatti che la sua competenza, pur data contro decisioni di autorità comunali, patriziali, parrocchiali o di altri enti pubblici analoghi (cfr. art. 55 cpv. 2 della legge di procedura per le cause amministrative, del 19 aprile 1966 [LPAmm]), non si estenda anche ai ricorsi concernenti risoluzioni di aziende parastatali, come l'ESR (cfr. decisione del Consiglio di Stato n. 4643 del 19 giugno 1990). D'altro lato, il Tribunale amministrativo non ravvisa, in quest'ambito, norme che gli consentano ed impongano di statuire su ricorso (cfr. art. 60 LPAmm; sentenza del Tribunale amministrativo n. 112/92 del 27 novembre 1992) né ritiene di dover dirimere contestazioni riguardanti l'ESR in qualità di istanza unica. A questo proposito sostiene infatti che l'art. 71 lett. b LPAmm, riferito ai contratti di diritto pubblico in cui lo Stato è parte, vada interpretato restrittivamente e non si applichi quindi alle vertenze concernenti istituti autonomi di diritto pubblico (cfr. sentenza del Tribunale amministrativo n. 53.2004.1 del 22 ottobre 2004, tra le medesime parti). Infine, la sentenza emanata dalla Camera di esecuzione e fallimenti del Tribunale d'appello ticinese nell'ambito della procedura esecutiva promossa dall'ESR contro il Comune di Bioggio esclude pure che possano venir adite le vie civili. L'assenza di rimedi giuridici cantonali è del resto già stata accertata dal Tribunale federale in riferimento al regime, sostanzialmente analogo, applicabile all'Ente ospedaliero cantonale (cfr. sentenze 2P.315/1989 dell'11 aprile 1990, in: RDAT 1991 II n. 22 pag. 65, consid. 3, e 2P.362/ 1994 del 10 aprile 1995, in: RDAT 1995 II n. 20 pag. 58, consid. 3a).
1.4.3
L'esigenza posta dall'
art. 86 cpv. 1 OG
risulta pertanto soddisfatta. Sapere se dal profilo costituzionale possa venir accettato che la controversa decisione dell'ESR sia di ultima istanza cantonale è semmai un problema di merito, non di ammissibilità del gravame.
2.
In primo luogo, il ricorrente sostiene che l'assenza di mezzi d'impugnazione a livello cantonale contro le decisioni dell'ESR violi gli
art. 30 cpv. 1 Cost.
e 6 n. 1 CEDU.
2.1
Come risulta a contrario dall'
art. 34 CEDU
, di principio le corporazioni di diritto pubblico non possono appellarsi alle garanzie previste dalla Convenzione (ARTHUR HAEFLIGER/FRANK SCHÜRMANN, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, 2
a
ed., Berna 1999, pag. 389). Non occorre invero chiedersi se la regola valga anche quando un Comune è toccato da una decisione in
BGE 132 I 140 S. 146
maniera analoga ad un privato. In effetti, il diritto al giudizio di un tribunale indipendente ed imparziale di cui all'
art. 6 n. 1 CEDU
è in ogni caso garantito solo in relazione a contestazioni su diritti e doveri di carattere civile o su accuse penali. In queste categorie non rientrano le vertenze in materia di tasse o imposte, che costituiscono delle obbligazioni di natura pubblicistica. Ne discende che la norma invocata non è comunque applicabile nel caso specifico (
DTF 129 I 290
consid. 5; sentenza 2P.41/2002 del 10 giugno 2003, in: Pra 93/2004 n. 2 pag. 9, consid. 5.1; HAEFLIGER/SCHÜRMANN, op. cit., pag. 147). Diversamente da quanto sostiene il ricorrente, non è decisivo il fatto che la pretesa litigiosa abbia carattere patrimoniale (sentenza 2A.660/ 2004 del 14 giugno 2005, consid. 2.2; sentenza della Corte europea dei diritti dell'uomo nella causa
Ferrazzini contro Italia
del 12 luglio 2001, Recueil CourEDH 2001-VII pag. 327, n. 29).
2.2
D'altro canto, l'
art. 30 Cost.
si limita a specificare le esigenze che un'autorità giudiziaria deve soddisfare laddove è riconosciuto il diritto ad essere giudicato da un'istanza di questo genere. La norma non definisce invece essa stessa gli ambiti e le procedure in cui deve sussistere un controllo giudiziario né tanto meno sancisce una garanzia generale della via giudiziaria. È per contro sostanzialmente ancora l'
art. 6 n. 1 CEDU
a disciplinare questo aspetto e, pertanto, a determinare il campo d'applicazione dell'
art. 30 Cost.
(
DTF 126 II 377
consid. 8d/bb; sentenza 2P.270/2000 del 26 gennaio 2001, in: RDAT 2001 II n. 9 pag. 35, consid. 2c; ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 6
a
ed., Zurigo 2005, n. 850 e 853). Solo dopo l'entrata in vigore dell'
art. 29a Cost.
- prevista il 1° gennaio 2007 (RU 2006 pag. 1059, 1069 e 1205 segg.) - e la scadenza del relativo termine biennale per l'adeguamento del diritto cantonale (cfr. FF 2006 pag. 2849 segg., in part. pag. 2857, ad n. 3.2, e pag. 2862, ad
art. 130 cpv. 3 LTF
), i requisiti posti dall'
art. 30 Cost.
si imporranno in maniera più generalizzata. Per il momento, è sufficiente ribadire che l'
art. 6 n. 1 CEDU
non si applica ai procedimenti concernenti tasse o imposte (cfr. consid. 2.1).
3.
3.1
Il ricorrente ritiene inoltre che l'applicazione della LESR operata dall'Ente, in particolare per quanto concerne l'art. 18, sarebbe inficiata d'arbitrio e quindi contraria all'
art. 9 Cost.
Pur conferendogli la facoltà di prelevare la tassa sui rifiuti consegnati, detta norma non permetterebbe infatti all'ESR di statuire in maniera unilaterale e definitiva riguardo ad una vertenza che lo oppone su un piano
BGE 132 I 140 S. 147
di parità ad una controparte. L'assunzione di questo doppio ruolo di giudice e parte lederebbe peraltro anche il principio della buona fede (
art. 5 cpv. 3 e 9 Cost.
), mentre la procedura seguita avrebbe comportato pure la disattenzione del diritto di essere sentito (
art. 29 cpv. 2 Cost.
).
3.2
Il fatto che non sia per ora indispensabile sottoporre ogni vertenza di natura amministrativa al giudizio di un tribunale indipendente ed imparziale (cfr. consid. 2), non significa ancora che, nella fattispecie, la mancanza di qualsiasi via di ricorso a livello cantonale sia costituzionalmente ammissibile. Le censure testé riassunte, con cui viene sostanzialmente adotta questa tesi, non si confondono pertanto con le doglianze esaminate al considerando che precede.
3.2.1
L'ESR è un'istituzione pubblica decentralizzata, ossia un'unità amministrativa distinta dall'amministrazione centrale e dotata di una certa autonomia a cui è affidato l'adempimento di un determinato compito pubblico (ADELIO SCOLARI, Diritto amministrativo, Parte speciale, Bellinzona/Cadenazzo 1993, n. 1201; ULRICH HÄFELIN/ GEORG MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4
a
ed., n. 1314). Di per sé, è la legge costitutiva di ogni singola entità a determinarne il grado d'autonomia (PIERRE MOOR, Droit administratif, vol. III, Berna 1992, pag. 53). La decentralizzazione impone comunque di riservare all'ente pubblico superiore dei poteri di vigilanza adeguati. In particolare, se l'attività dell'unità decentralizzata concerne direttamente gli interessi personali di terzi, occorre di principio che siano predisposti mezzi d'impugnazione atti a garantire il rispetto delle norme giuridiche applicabili. La situazione degli utenti deve in sostanza essere tutelata come se non vi fosse decentralizzazione (MOOR, op. cit., pagg. 57-59; MICHELE ALBERTINI, Autonomia degli enti di diritto pubblico e vigilanza parlamentare, in: RDAT 2005 II pag. 429 segg., in part. pag. 437 e 444).
Posti questi principi, nel caso specifico non è invero necessario stabilire se, in generale, la fissazione di tasse da parte di un ente parastatale senza alcuna possibilità di ricorso violi o meno la Costituzione. In questi termini, come già in precedenti occasioni, la questione può rimanere indecisa (cfr. sentenza 2P.362/1994 del 10 aprile 1995, in: RDAT 1995 II n. 20 pag. 58, consid. 3b; sentenza 2P.315/1989 dell'11 aprile 1990, consid. 4 non pubblicato in: RDAT 1991 II n. 22 pag. 65). La stessa si pone infatti in maniera più circoscritta, considerato che la lite non verte sulla tariffa praticata o sulla quantità di
BGE 132 I 140 S. 148
rifiuti consegnati, bensì sull'interpretazione della convenzione stipulata l'11 gennaio 1989 tra il Comune ed il consorzio a cui è poi subentrato l'ESR.
3.2.2
Firmata da entrambe le parti ed oggetto di trattative prima della sua sottoscrizione, la menzionata convenzione ha carattere bilaterale, come del resto ha sostenuto anche l'Ente resistente, in particolare in precedenti fasi del contenzioso. L'esenzione dal pagamento della tassa è in effetti intesa come una forma di compensazione per i disagi causati alla popolazione e al Comune di Bioggio dalla presenza sul suo territorio di impianti di smaltimento dei rifiuti. L'ESR ha dunque accordato una deroga all'obbligo di prelievo delle tasse sancito di principio dall'art. 18 LESR e valevole per gli altri Comuni, al fine di favorire l'accettazione delle proprie installazioni (cfr. PIERRE MOOR, Droit administratif, vol. II, 2
a
ed., Berna 2002, pag. 365). Poco importa determinare in che misura l'Ente possa di per sé svolgere il proprio mandato ed installare le relative infrastrutture anche senza il consenso dei Comuni interessati. La convenzione prevede in ogni caso delle prestazioni reciproche tra le parti e, considerato d'altro lato che riguarda direttamente un servizio di interesse pubblico, va pertanto qualificata come un contratto di diritto amministrativo.
3.2.3
Anche se attinente al diritto pubblico, per sua natura un contratto non può implicare un rapporto di subordinazione tra le parti, che agiscono per contro su un piano di parità (MOOR, op. cit., vol. II, pag. 357; ADELIO SCOLARI, Diritto amministrativo, Parte generale, 2
a
ed., Bellinzona/Cadenazzo 2002, n. 911; HÄFELIN/MÜLLER, op. cit., n. 1060). Esse sono tenute all'adempimento delle prestazioni convenute e non possono evidentemente astenersene per scelta autonoma ed unilaterale (HÄFELIN/MÜLLER, op. cit., n. 1075; ANDRÉ GRISEL, Traité de droit administratif, vol. I, Neuchâtel 1984, pag. 446). In virtù dell'effetto obbligatorio bilaterale del contratto, può quindi apparire già di per sé discutibile che un'autorità amministrativa coinvolta come parte contrattuale possa nel contempo statuire d'imperio sulla portata delle obbligazioni stipulate (BLAISE KNAPP, Précis de droit administratif, 4
a
ed., Basilea/Francoforte 1991, n. 1531; PAUL RICHLI, Zum verfahrens- und prozessrechtlichen Regelungsdefizit beim verfügungsfreien Staatshandeln, in: AJP 1992 pag. 196 segg., in part. pag. 199; cfr. anche le decisioni pubblicate in GAAC 60/1996 n. 51 pag. 443, consid. 1.1, e in ZBl 96/1995 pag. 363, consid. 3b). Anche volendo riconoscere all'autorità interessata un simile
BGE 132 I 140 S. 149
potere decisionale, che in taluni casi può peraltro discendere espressamente dalla normativa legale applicabile, è comunque imprescindibile che il sistema preveda la facoltà di ricorrere ad un'istanza di rango superiore. Lo impone la natura paritaria del rapporto contrattuale e la relativa esigenza di tutelare la controparte privata in merito al rispetto degli impegni assunti dall'autorità (MOOR, op. cit., vol II, pag. 395 seg.; MINH SON NGUYEN, Le contrat de collaboration en droit administratif, tesi Losanna 1998, pag. 287 segg.; GRISEL, loc. cit.).
La giurisprudenza applica del resto i medesimi principi nell'ambito delle controversie, non sostanzialmente differenti, che sorgono tra Comuni riguardo al finanziamento di un servizio pubblico comune o alla partecipazione ai fondi di perequazione finanziaria intercomunale. Siccome vi è un conflitto d'interessi tra collettività sullo stesso piano, anche in questi casi solo un'autorità di livello superiore può statuire con effetti vincolanti (
DTF 121 I 218
consid. 3a;
DTF 119 Ia 214
consid. 3b; sentenza 2P.70/2003 del 4 aprile 2003, consid. 5.1).
3.2.4
In riferimento alla fattispecie concreta, le considerazioni esposte portano a concludere che l'interpretazione della clausola contrattuale litigiosa, e quindi la soppressione del privilegio accordato al Comune di Bioggio, non possono venir decretate in via definitiva dall'ESR. Non concedendo al Comune alcuna facoltà di ricorso né alcuna possibilità di adire mediante azione un'istanza di giudizio funzionalmente distinta dall'Ente, la disciplina legale cantonale si pone in contrasto con un principio generale e fondamentale in materia contrattuale. In quanto decisione di ultima istanza cantonale, la pronuncia impugnata, basata per l'appunto su di un'interpretazione unilaterale della convenzione effettuata da una delle parti che l'ha sottoscritta, risulta di conseguenza manifestamente insostenibile e quindi arbitraria (sulla nozione di arbitrio, cfr.:
DTF 131 I 217
consid. 2.1;
DTF 129 I 173
consid. 3.1,
DTF 129 I 49
consid. 4). Alla lacuna non può peraltro venir posto rimedio in questa sede, poiché nell'ambito del ricorso di diritto pubblico il Tribunale federale esamina l'applicazione del diritto cantonale, compresi i contratti che soggiacciono a tale diritto, essenzialmente solo sotto il ristretto profilo dell'arbitrio (
DTF 122 I 328
consid. 3a).
Non appare per contro fondata la critica del ricorrente secondo cui, adottando la decisione controversa, l'ESR avrebbe parimenti
BGE 132 I 140 S. 150
disatteso il suo diritto di essere sentito, segnatamente il diritto di potersi esprimere sul provvedimento prima della sua pronuncia (
DTF 126 I 19
consid. 2a; HÄFELIN/MÜLLER, op. cit., n. 1680 segg.). Basta infatti rilevare che l'intenzione dell'Ente di imporre nei confronti del Comune di Bioggio sin dal mese di gennaio del 1996 le tasse di smaltimento usuali è stata ampiamente prospettata a quest'ultimo. Il Comune ha inoltre avuto innumerevoli occasioni, anche in sedi giudiziarie, per esporre la propria posizione e manifestare il proprio dissenso.
Infondata è pure la pretesa violazione del principio della buona fede. In effetti, è vero che i contratti di diritto amministrativo vanno interpretati, come quelli di natura privatistica, secondo tale principio (
DTF 122 I 328
consid. 4e). Laddove i rapporti tra le parti derivano da una convenzione, la protezione dell'affidamento è garantita però dal diritto contrattuale e non vi è spazio per appellarsi con successo direttamente alla tutela costituzionale della buona fede (
DTF 122 I 328
consid. 7c;
DTF 120 V 445
consid. 4b).
3.3
In relazione alle conclusioni sin qui tratte, l'Ente resistente avanza sostanzialmente due obiezioni.
3.3.1
Da un lato, l'ESR sostiene di aver validamente disdetto la convenzione dell'11 gennaio 1989 mediante la propria decisione dell'11 agosto 1995, cresciuta in giudicato, con cui ha notificato al Comune di Bioggio che l'esenzione accordatagli sarebbe stata soppressa a partire dal 1° gennaio seguente.
Sennonché, a differenza del provvedimento ora impugnato, lo scritto in questione si riferiva in modo esclusivo all'interpretazione dell'accordo stipulato. Esso costituiva dunque una semplice manifestazione di volontà dell'autorità nell'ambito di un rapporto giuridico di natura paritetica. Non essendo un atto d'imperio, non rappresentava quindi un provvedimento impugnabile (cfr. KÄLIN, op. cit., pag. 118; MARCO BORGHI/GUIDO CORTI, Compendio di procedura amministrativa ticinese, Lugano 1997, n. 4a ad art. 1 LPAmm). Lo dimostrano del resto sia le caratteristiche formali della comunicazione, redatta sotto forma di lettera, sia soprattutto l'attitudine dell'Ente stesso. Questi non ne ha infatti dedotto alcuna prerogativa in maniera autoritativa, ma ha condotto per anni trattative con il Comune e ha considerato lo scritto quale semplice presa di posizione anche durante le precedenti fasi giudiziarie della vertenza. D'altronde se si volesse riconoscere carattere di decisione alla lettera dell'ESR, occorrerebbe interrogarsi seriamente sulla sua eventuale nullità per
BGE 132 I 140 S. 151
manifesta incompetenza dell'autorità dal profilo dei poteri decisionali conferitile dall'art. 18 LESR (cfr. consid. 3.2.3; KNAPP, op. cit., n. 1220).
3.3.2
D'altro lato, il resistente si richiama alla sentenza emanata dal Tribunale federale in relazione alla medesima controversia il 19 marzo 2003 (sentenza 5P.380/2002), rilevando come le decisioni alla base di quella e dell'attuale procedura differiscano solo per quanto concerne il periodo di computo considerato. Secondo l'Ente, il ricorrente avrebbe pertanto già dovuto sollevare allora tutte le proprie censure e non potrebbe rimettere in discussione in questa fase quanto già precedentemente statuito.
A livello di Tribunale federale, l'oggetto dei due procedimenti comparati è tuttavia ben diverso. Il ricorso di diritto pubblico presentato dal Comune e respinto, per quanto ammissibile, il 19 marzo 2003 era infatti diretto contro una sentenza della Camera di esecuzione e fallimenti del Tribunale d'appello ticinese in materia di rigetto definitivo dell'opposizione. Attenendosi alla funzione ed ai limiti di tale specifica procedura, in quell'ambito non è stata riesaminata la decisione prodotta dal procedente, né verificata la fondatezza del credito di cui veniva chiesto l'incasso. In effetti, come indicato dal Tribunale federale, gli argomenti tratti dalla convenzione andavano semmai sollevati dal presunto debitore insorgendo contro la decisione di base (sentenza 5P.380/2002, consid. 3.2). Mentre allora questa regola non era stata rispettata, con il ricorso in esame, riferito a fatture mensili diverse da quella oggetto del procedimento precedente, il Comune di Bioggio ossequia precisamente detto principio. Non vi è dunque alcuna contraddizione con il giudizio del 19 marzo 2003.
4.
4.1
In virtù di quanto precede, la decisione impugnata, in quanto pronuncia di ultima istanza cantonale, risulta arbitraria e deve perciò essere annullata. Non occorre quindi, né è peraltro ammissibile (cfr. consid. 3.2.4), esaminare in questa sede gli aspetti di merito della vertenza. Al riguardo va comunque rilevato che, oltre ad esporre i motivi per cui il privilegio accordatogli sarebbe ancora giustificato, il ricorrente contesta, a ragione, anche l'assenza di qualsiasi motivazione in merito al tasso d'interesse dell'8 % preteso sulle fatture fino al mese di dicembre del 1998.
Compete alle autorità cantonali, che in ambito di organizzazione giudiziaria dispongono di un'ampia libertà decisionale, adeguare il sistema dei mezzi d'impugnazione ed operare le scelte che si
BGE 132 I 140 S. 152
impongono dal profilo costituzionale, per mezzo di una diversa interpretazione delle norme esistenti o mediante opportune modifiche legislative (
DTF 125 I 406
consid. 3a; sentenza 1P.109/2002 del 12 aprile 2002, in: RDAT 2002 II n. 70 pag. 254, consid. 2.2). Gli atti vanno perciò trasmessi al Consiglio di Stato, a cui incombe la vigilanza sull'attività dell'Ente (art. 15 lett. a LESR), affinché si adoperi e provveda in tal senso (cfr. GRISEL, op. cit., pag. 455 seg.).
4.2
Le spese processuali vanno poste a carico dell'Ente per lo smaltimento dei rifiuti del Sottoceneri, secondo soccombenza e ritenuto che la vertenza concerne direttamente i suoi interessi pecuniari (
art. 156 cpv. 1 e 2 OG
). Al Comune di Bioggio, che, vista la sua entità, è privo di un servizio giuridico proprio e si è fatto assistere da un avvocato, va riconosciuta un'indennità per ripetibili (
art. 159 cpv. 1 e 2 OG
;
DTF 125 I 182
consid. 7). | mixed |
af065824-a0af-4859-98d6-87e46ead2205 | Sachverhalt
ab Seite 228
BGE 120 Ia 227 S. 228
La commune de Pully est propriétaire, sur son territoire, des parcelles no 2076 et 3292 du registre foncier, qui représentent ensemble une surface de 13'607 m2. Le plan communal d'affectation des sols, entré en vigueur le 9 décembre 1983 - date de son approbation par le Conseil d'Etat du canton de Vaud - classe ces deux parcelles dans la "zone de moyenne densité, ordre non contigu" (destinée principalement à la construction de bâtiments voués au logement). Par lettre du 7 avril 1992, un groupe de propriétaires d'immeubles situés à proximité des parcelles no 2076 et 3292 - M. et consorts - s'est adressé à la municipalité de la commune de Pully (ci-après: la municipalité) pour demander une révision partielle du plan des zones; cette démarche tendait à obtenir un classement des parcelles
BGE 120 Ia 227 S. 229
communales no 2076 et 3292 en zone de constructions d'utilité publique. Le 3 juin 1992, la municipalité a répondu aux intervenants qu'elle avait décidé de ne pas engager de procédure de révision du plan des zones pour les deux parcelles concernées; comme justification du maintien de la planification en vigueur, elle a notamment fait référence à un projet de construction sur ces parcelles, qui correspondait précisément à la destination de la zone.
M. et consorts ont formé un recours contre cette décision communale. Le Conseil d'Etat du canton de Vaud a rejeté le recours, en retenant en substance que la législation cantonale ne conférait, en l'espèce, aucun droit à obtenir une révision du plan des zones et que les conditions matérielles posées à cet égard par l'art. 21 al. 2 de la loi fédérale sur l'aménagement du territoire (LAT; RS 700) n'étaient pas remplies. Agissant par la voie du recours de droit public, M. et consorts ont demandé au Tribunal fédéral d'annuler ce prononcé, pour violation de l'
art. 21 al. 2 LAT
et du principe de la force dérogatoire du droit fédéral (art. 2 disp. trans. Cst.). Le Tribunal fédéral a déclaré le recours de droit public irrecevable à cet égard. Erwägungen
Extrait des considérants:
1.
Le Tribunal fédéral examine d'office et librement la recevabilité des recours qui lui sont soumis (
ATF 119 Ia 321
consid. 2,
ATF 119 Ib 348
consid. 1 et les arrêts cités).
Aux termes de l'
art. 88 OJ
, la qualité pour former un recours de droit public est reconnue aux particuliers ou aux collectivités lésés par les arrêtés ou décisions qui les concernent personnellement ou qui sont de portée générale. Il incombe au recourant d'alléguer les faits qu'il considère comme propres à fonder sa qualité pour recourir (cf.
ATF 115 Ib 505
consid. 2), de telle sorte que le Tribunal fédéral puisse déterminer en quoi la décision attaquée porte une atteinte actuelle et personnelle à ses intérêts juridiquement protégés; la lésion de purs intérêts de fait ne suffit pas (cf.
ATF 119 Ia 214
consid. 2a,
ATF 118 Ia 232
consid. 1, 427 consid. 2a et les arrêts cités). Si le recourant se plaint de la violation d'une garantie de procédure qui équivaut à un déni de justice formel, l'intérêt juridiquement protégé exigé par l'
art. 88 OJ
peut alors résulter non pas du droit appliqué au fond, mais du droit de participer à la procédure. Un tel droit existe lorsque le recourant avait qualité de partie en procédure cantonale: celui-ci peut ainsi se plaindre de la violation des droits formels que lui reconnaît le droit de procédure cantonal ou qui
BGE 120 Ia 227 S. 230
découlent directement de dispositions constitutionnelles, notamment de l'
art. 4 Cst.
(
ATF 119 Ia 4
consid. 1,
ATF 119 Ib 305
consid. 3,
ATF 118 Ia 232
consid. 1a et les arrêts cités). Ce droit d'invoquer des garanties de procédure ne permet pas de mettre en cause, même de façon indirecte, la décision sur le fond; le recours ne peut donc pas porter sur des points indissociables de cette décision tels que, notamment, le refus d'administrer une preuve sur la base d'une appréciation anticipée de celle-ci, ou le devoir de l'autorité de motiver son prononcé de façon suffisamment détaillée (
ATF 119 Ib 305
consid. 3,
ATF 117 Ia 90
consid. 4a et les arrêts cités).
2.
Les recourants font valoir que l'
art. 21 al. 2 LAT
leur conférerait un droit à obtenir le réexamen du plan d'affectation communal en vigueur. Ils soutiennent qu'en refusant d'engager une procédure de révision de ce plan - refus fondé notamment sur le droit cantonal - les autorités cantonales auraient violé l'
art. 4 Cst.
ainsi que le principe de la force dérogatoire du droit fédéral (art. 2 disp. trans. Cst.).
a) L'
art. 21 al. 2 LAT
dispose que "lorsque les circonstances se sont sensiblement modifiées, les plans d'affectation feront l'objet des adaptations nécessaires" (dans le texte allemand: "Haben sich die Verhältnisse erheblich geändert, so werden die Nutzungspläne überprüft und nötigenfalls angepasst"). Le droit cantonal vaudois connaît la même règle, formulée de manière légèrement différente (art. 63 de la loi sur l'aménagement du territoire et les constructions -LATC: "Les plans d'affectation sont réexaminés lorsque les circonstances ont sensiblement changé. La procédure prévue aux articles 56 à 62 est applicable en cas de modifications."). La loi fédérale sur l'aménagement du territoire laisse en principe aux cantons la tâche de régler la procédure d'établissement des plans d'affectation (
art. 25 al. 1 LAT
), notamment de préciser de quelle façon elle peut être introduite; le droit cantonal peut ainsi, par une disposition spéciale, conférer aux propriétaires touchés ou à des tiers un droit d'"initiative" dans ce domaine (cf. HEINZ AEMISEGGER, Leitfaden zum Raumplanungsgesetz, Berne 1980, p. 83; DFJP/OFAT, Etude relative à la loi fédérale sur l'aménagement du territoire, Berne 1981, n. 12 ad art. 21). A ce propos, le législateur cantonal vaudois a adopté l'art. 75 al. 2 LATC, qui a la teneur suivante:
"(...) Tout intéressé peut demander l'abandon ou la révision d'un plan dix ans au moins après son entrée en vigueur, une nouvelle demande ne pouvant être présentée que dix ans après le rejet de la précédente.
L'autorité saisie de la demande, c'est-à-dire la municipalité pour les
BGE 120 Ia 227 S. 231
plans communaux et le Conseil d'Etat pour les plans cantonaux, doit se déterminer dans les trois mois dès réception de la demande; si la demande est agréée, il est procédé conformément aux dispositions des chapitres I à IV [= art. 43 à 74 LATC]."
b) L'établissement d'un plan d'affectation au sens des
art. 14 ss LAT
exige une pesée globale de tous les intérêts déterminants en relation avec l'utilisation du sol (cf.
ATF 119 Ia 411
consid. 1b,
ATF 114 Ia 364
consid. 4 et les arrêts cités). Lorsqu'il s'est écoulé un certain temps depuis l'entrée en vigueur d'un plan d'affectation, il peut arriver que l'on constate une évolution des circonstances de fait qui avaient été prises en considération à la date de son adoption; les prévisions qui avaient été opérées, notamment quant à la surface des terrains nécessaires pour la construction dans les quinze années à venir (
art. 15 let. b LAT
), peuvent a posteriori se révéler inexactes. Par ailleurs, dans l'intervalle, les normes qui sont en relation avec l'aménagement du territoire - dans le domaine de la protection de l'environnement par exemple - auront parfois été révisées ou complétées. Toutes ces modifications des circonstances de fait ou juridiques pourraient en théorie justifier une adaptation périodique fréquente de l'instrument de synthèse et de coordination qu'est le plan d'affectation. Cependant, un tel plan doit aussi, pour remplir ses fonctions, bénéficier d'une certaine stabilité (cf.
ATF 119 Ib 480
consid. 5c,
ATF 114 Ia 32
consid. 6,
ATF 109 Ia 113
consid. 3; arrêt du 10 décembre 1987 reproduit in ZBl 90/1989 p. 363 consid. 4c).
En effet, aux termes de l'
art. 21 al. 1 LAT
, les plans d'affectation ont force obligatoire pour chacun - contrairement aux plans directeurs, qui ne lient que les autorités (
art. 9 al. 1 LAT
). En exigeant une modification sensible des circonstances avant qu'une procédure de révision ne soit engagée, le législateur fédéral a tenu compte, en particulier, de l'intérêt du propriétaire à la stabilité du régime juridique applicable à son terrain en vertu d'un plan d'affectation (dans le projet du Conseil fédéral, la disposition topique était rédigée ainsi: "Lorsque les circonstances exigent que les plans d'affectation soient modifiés, ils seront adaptés aux nouvelles conditions" [cf. FF 1978 I 1046]; les Chambres fédérales ont amendé le projet sur ce point - seule une évolution "sensible" peut justifier un réexamen et une adaptation - en invoquant la nécessité d'assurer aux particuliers une certaine sécurité juridique [cf. Bulletin officiel du Conseil national, 1979, p. 334]). De même, dans la jurisprudence du Tribunal fédéral, l'assurance d'une certaine stabilité du plan, ou d'une certaine sécurité juridique dans ce domaine, a parfois été
BGE 120 Ia 227 S. 232
mise en relation avec la garantie de la propriété, quoique l'
art. 22ter Cst.
ne confère pas directement un droit au maintien du régime applicable à un bien-fonds en vertu d'un plan d'affectation (cf.
ATF 118 Ia 510
consid. 4d, 114 Ia 32 consid. 6,
ATF 109 Ia 113
consid. 3). Cela étant, la stabilité du plan n'est pas destinée à protéger seulement les intérêts des propriétaires, le cas échéant; les différentes autorités, qui doivent par exemple réaliser des réseaux d'équipement (
art. 19 al. 2 LAT
) ou mettre en oeuvre d'autres prescriptions en relation avec l'utilisation du sol, peuvent elles aussi compter sur une certaine sécurité juridique dans ce domaine.
c) Une mesure d'aménagement du territoire qui n'est pas ou plus justifiée par un intérêt public prépondérant n'est en principe pas compatible avec l'
art. 22ter Cst.
(cf.
ATF 119 Ia 411
consid. 1b,
ATF 118 Ia 384
consid. 4a et les arrêts cités). Selon la jurisprudence, lorsqu'une révision totale d'un plan d'affectation est entreprise, chaque propriétaire foncier est fondé à demander que le régime applicable à son terrain soit réexaminé, même s'il n'est pas prévu a priori de le modifier, et il peut faire valoir que certaines restrictions ne sont plus justifiées; l'autorité doit en effet vérifier si, compte tenu de l'évolution des circonstances, le maintien de la réglementation critiquée est toujours compatible avec l'
art. 22ter Cst.
(
ATF 115 Ia 85
consid. 3b). Par ailleurs, quand bien même le contrôle incident ou préjudiciel d'un plan d'affectation dans la procédure relative à un "acte d'application" - notamment dans le cadre d'un recours contre un refus de permis de construire - est en principe exclu (
ATF 116 Ia 207
consid. 3b,
ATF 115 Ib 335
consid. 4c, 106 Ia 383 consid. 3c et les arrêts cités), la jurisprudence admet ce contrôle lorsque les circonstances ou les dispositions légales se sont modifiées, depuis l'adoption du plan, dans une mesure telle que l'intérêt public au maintien des restrictions imposées au propriétaire concerné pourrait avoir disparu (
ATF 106 Ia 383
consid. 3c; arrêt du 26 octobre 1983 reproduit in ZBl 87/1986 p. 501, consid. 2). Cette précision jurisprudentielle correspond à l'obligation de réexamen des plans d'affectation prévue à l'
art. 21 al. 2 LAT
(cf. PIERRE MOOR, Les voies de droit fédérales dans l'aménagement du territoire, in: L'aménagement du territoire en droit fédéral et cantonal, Lausanne 1990, p. 177/178).
Même si la révision totale d'un plan d'affectation n'est pas engagée d'office, et indépendamment d'une procédure dans laquelle ce plan pourrait être contrôlé à titre préjudiciel, un propriétaire foncier peut se prévaloir, à certaines conditions, d'un droit de nature formelle à ce que
BGE 120 Ia 227 S. 233
l'autorité compétente réexamine et le cas échéant adapte, conformément à l'
art. 21 al. 2 LAT
, les mesures de planification s'appliquant à son immeuble, au motif qu'à la suite d'une modification sensible des circonstances, ces mesures ne seraient plus compatibles avec l'
art. 22ter Cst.
(cf. notamment
ATF 114 Ia 335
consid. 1). Toutefois, lorsqu'un plan d'affectation en vigueur a été établi sous l'empire de la loi fédérale sur l'aménagement du territoire, afin de mettre en oeuvre les objectifs et principes de cette législation, il existe une présomption de validité des restrictions imposées aux propriétaires fonciers touchés (les plans d'affectation qui n'ont pas encore été adaptés aux exigences de la loi fédérale sur l'aménagement du territoire ne bénéficient pas de cette présomption et il n'y a pas lieu de garantir leur stabilité: en vertu de l'
art. 35 al. 1 let. b et al. 3 LAT
, ils ont perdu leur validité à compter du 1er janvier 1988 en ce qui concerne le territoire destiné à la construction - cf.
ATF 118 Ib 38
consid. 4a). Plus le plan d'affectation est récent, plus on peut compter sur sa stabilité et plus cette présomption de validité sera difficile à renverser (cf.
ATF 113 Ia 444
consid. 5b). En particulier, le propriétaire qui demande le classement de son bien-fonds dans une zone à bâtir ("Einzonung") ou l'augmentation des possibilités d'utilisation du sol dans une zone déjà constructible ("Aufzonung") devra démontrer, lorsque le plan d'affectation litigieux est en vigueur depuis quelques années seulement, que les besoins pour les quinze années suivant l'adoption du plan ont été mal ou sous-estimés (cf.
art. 15 let. b LAT
) et que, sur les autres points déterminants - pour la délimitation des zones à bâtir, le besoin en terrains constructibles n'est pas décisif à lui seul (cf.
ATF 118 Ia 151
consid. 4b,
ATF 114 Ia 364
consid. 4) -, les circonstances se sont sensiblement modifiées. Si le droit cantonal de procédure peut, par exemple, permettre à des tiers - et non seulement au propriétaire touché - de présenter une requête tendant, sur la base de l'
art. 21 al. 2 LAT
, au réexamen ou à l'adaptation d'un plan d'affectation (cf.
art. 25 al. 1 LAT
; cf. supra, consid. 2a), il ne saurait cependant supprimer ou affaiblir la présomption de validité du plan d'affectation, car elle découle des principes matériels de la loi fédérale sur l'aménagement du territoire.
d) Un propriétaire foncier peut, en se prévalant de la garantie de l'
art. 22ter Cst.
, demander le réexamen et l'adaptation d'un plan d'affectation non seulement en vue d'obtenir la révision du régime applicable à son propre bien-fonds, mais aussi pour faire modifier ou abroger la réglementation adoptée pour des immeubles voisins; cette réglementation
BGE 120 Ia 227 S. 234
peut en effet, selon son contenu, entraîner des restrictions dans l'utilisation des propriétés attenantes (cf. la jurisprudence relative à l'
art. 88 OJ
et à l'intérêt juridiquement protégé du voisin recourant contre l'adoption d'un plan dont le périmètre n'inclut pas son terrain -
ATF 119 Ia 362
consid. 1b, 116 Ia 193 consid. 1b et les arrêts cités). Dans une telle situation toutefois, non seulement la collectivité, mais encore le propriétaire du terrain visé sont en principe intéressés à la stabilité et à la réalisation du plan: la présomption de validité est en conséquence d'autant plus difficile à renverser.
Cela étant, si le particulier qui démontre que les divers intérêts publics pris en considération à l'occasion de l'adoption de la mesure de planification critiquée ne sont plus prépondérants par rapport à ses intérêts de propriétaire, peut être fondé à obtenir le réexamen d'un plan d'affectation en vigueur sur la base de l'
art. 21 al. 2 LAT
, le droit fédéral ne confère en revanche aucune prétention juridique à celui qui invoque uniquement un intérêt général à adapter les mesures d'aménagement du territoire à l'évolution des circonstances ou qui se prévaut d'autres motifs sans rapport direct avec les possibilités d'utilisation de sa propriété.
e) En droit vaudois, l'art. 75 al. 2 LATC donne à tous les intéressés, moyennant le respect d'un délai de dix ans dès l'entrée en vigueur d'un plan d'affectation, un droit d'initiative dans ce domaine. Les exigences formelles pour l'exercice de ce droit d'initiative sont moins strictes que celles auxquelles une requête en réexamen du plan fondée directement sur l'
art. 21 al. 2 LAT
est soumise; toutefois, comme cela a déjà été relevé, le droit fédéral ne s'y oppose pas (
art. 25 al. 1 LAT
; cf. supra consid. 2a). Quant à l'art. 63 LATC, il ne saurait avoir une portée différente de l'
art. 21 al. 2 LAT
, ces deux dispositions ayant matériellement la même teneur. Sur ce point, le droit cantonal ne contredit ni le sens, ni l'esprit du droit fédéral et la règle de l'art. 2 disp. trans. Cst. - principe de la force dérogatoire du droit fédéral - n'a pas été méconnue (cf.
ATF 119 Ia 321
consid. 5,
ATF 118 Ia 299
consid. 3a et les arrêts cités).
f) En l'espèce, les recourants ne sont pas propriétaires des terrains dont ils demandent le classement en zone de constructions d'utilité publique. Ils ne se prévalent pas de la garantie constitutionnelle de la propriété et ils ne critiquent pas les effets de la planification existante sur leurs propres immeubles (dont ils n'indiquent pas précisément, au demeurant, la situation par rapport aux terrains litigieux). Aussi bien devant les autorités cantonales que devant le Tribunal fédéral, les recourants se sont
BGE 120 Ia 227 S. 235
bornés à invoquer des intérêts généraux - maintenir le calme, la "qualité de vie" ou la "bonne exposition" de leur quartier -, qui seraient selon eux compromis par la réalisation, sur les deux biens-fonds concernés, de bâtiments conformes à l'affectation de la zone de moyenne densité. Au reste, ils ne prétendent pas que le caractère de leur quartier aurait changé depuis l'adoption du plan d'affectation, mais ils font simplement valoir que l'état du marché locatif et immobilier dans la commune ainsi que les conceptions en matière d'aménagement local auraient évolué. L'autorité compétente peut refuser d'entrer en matière sur une demande de réexamen et d'adaptation d'un plan d'affectation, au sens de l'
art. 21 al. 2 LAT
, lorsqu'elle est fondée sur de tels motifs et qu'elle n'explique pas précisément en quoi le maintien de la planification en vigueur entraînerait, pour l'auteur de la requête, des restrictions qui ne seraient plus justifiées par un intérêt public suffisant. Dès lors, les recourants ne peuvent se prévaloir en l'espèce d'aucune prétention juridique, fondée sur l'
art. 21 al. 2 LAT
(ou sur l'art. 63 LATC), à obtenir le réexamen du contenu du plan d'affectation communal et l'ouverture d'une procédure d'adaptation de ce plan.
En outre, la demande n'a été présentée aux autorités communales que huit ans et quatre mois après l'entrée en force du plan général d'affectation. A ce stade, le délai de dix ans prévu par l'art. 75 al. 2 LATC n'étant pas écoulé, on ne saurait reconnaître aux recourants, sur la base de cette dernière disposition, un droit - de nature formelle - à ce que l'autorité compétente se prononce sur un éventuel réexamen de la planification communale. En conséquence, à défaut d'intérêt juridiquement protégé selon le droit fédéral ou le droit cantonal, les recourants n'ont pas qualité pour critiquer au fond, par la voie du recours de droit public, la décision attaquée (
art. 88 OJ
). Leurs moyens sont irrecevables à cet égard. | mixed |
03615ddc-64b9-4d0f-a58c-de64fcf96ff2 | Offen gelassen, ob die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig ist gegen Entscheide in disziplinarrechtlichen Sachverhalten, die sich vor Inkrafttreten des eidgenössischen Anwaltsgesetzes abgespielt haben, aber nach dem 1. Juni 2002 zur Beurteilung gelangt sind (E. 1). Zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist der Anzeiger weder in der Sache noch bezüglich eines ihn belastenden Kostenspruchs legitimiert (E. 3). In der Sache selbst ist der Anzeiger auch nicht zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert; er vermag aber mit diesem Rechtsmittel den Kostenspruch sowie gegebenenfalls eine Verletzung seiner Parteirechte zu rügen (E. 2).
Sachverhalt
ab Seite 298
BGE 129 II 297 S. 298
Die Ehe von Rechtsanwalt A. und B. wurde am 26. April 1999 gerichtlich getrennt. Am 8. November 2001 hiess das zuständige Bezirksgericht eine Klage von A. gut, mit welcher er die Vaterschaftsvermutung betreffend den ehelichen Sohn C. (geb. 2001) anfocht. In beiden Verfahren wurde B. durch Rechtsanwalt E. vertreten. Dieser nahm gleichzeitig für D., den leiblichen Vater von C., zu einer von A. gestellten Genugtuungsforderung Stellung; Letzterer sah sich durch die Beziehung von D. mit seiner Ehefrau in der Persönlichkeit verletzt.
Am 14. Dezember 2001 gelangte A. an die Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte im Kanton Zürich und erstattete Anzeige gegen E. wegen unzulässiger "Doppelvertretung". Die Aufsichtskommission eröffnete ein Disziplinarverfahren betreffend "Geschäftsführung und Interessenwahrung" (§ 7 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 des Zürcher Gesetzes vom 3. Juli 1938 über den Anwaltsberuf [AnwG]). Mit Beschluss vom 7. November 2002 hielt sie fest, dass kein Disziplinarfehler vorliege, und stellte das Verfahren gegen E. ein. Sie auferlegte die Verfahrenskosten von 1'774 Franken A. und verpflichtete diesen, E. eine Parteientschädigung von 1'500 Franken zu bezahlen. Sie begründete ihren Kostenentscheid damit, dass der Erstere seiner Sorgfalts- und Abklärungspflicht als Anzeiger nicht nachgekommen sei; er sei selbst Rechtsanwalt und hätte deshalb erkennen können, dass seine Vorwürfe gegen E. haltlos seien.
Am 7. Januar 2003 hat A. beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde eingereicht mit dem Antrag, den angefochtenen Entscheid im Kosten- und Entschädigungspunkt aufzuheben. Er rügt insbesondere eine Verletzung des Willkürverbots (
Art. 9 BV
) und des Anspruchs auf rechtliches Gehör (
Art. 29 Abs. 2 BV
). Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
Der Beschwerdeführer ist mit staatsrechtlicher Beschwerde an das Bundesgericht gelangt. Es stellt sich vorab die Frage nach der Zulässigkeit dieses Rechtsmittels.
BGE 129 II 297 S. 299
1.1
Bis anhin waren die Verhaltenspflichten der Rechtsanwälte und die Disziplinarsanktionen, welche für Verstösse gegen diese Pflichten verhängt werden können, ausschliesslich kantonalrechtlich geregelt. Als eidgenössisches Rechtsmittel war in diesem Bereich deshalb einzig die staatsrechtliche Beschwerde gegeben. Inzwischen ist am 1. Juni 2002 das Bundesgesetz vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA; SR 935.61) in Kraft getreten, welches neben den Berufsregeln (Art. 12) insbesondere auch das Disziplinarrecht (Art. 17) abschliessend regelt (vgl. die Botschaft des Bundesrats vom 28. April 1999; BBl 1999 S. 6054, 6060). Gegen letztinstanzliche kantonale Disziplinarentscheide steht nunmehr gestützt auf
Art. 97 ff. OG
in Verbindung mit
Art. 5 VwVG
die eidgenössische Verwaltungsgerichtsbeschwerde offen. Die Regelung des Verfahrens bleibt dabei Sache der Kantone (
Art. 34 Abs. 1 BGFA
), wobei aber nach
Art. 98a OG
als letzte kantonale Instanz eine richterliche Behörde entscheiden muss (vgl. BBl 1999 S. 6058).
1.2
Der disziplinarrechtlich beurteilte Sachverhalt hat sich vorliegend vor Inkrafttreten des eidgenössischen Anwaltsgesetzes abgespielt; auch das Verfahren wurde vor diesem Zeitpunkt eröffnet. Der angefochtene Entscheid wurde indessen unter der Herrschaft des neuen Bundesgesetzes gefällt. Es könnte deshalb als Rechtsmittel auf Bundesebene bereits die Verwaltungsgerichtsbeschwerde in Frage kommen, wobei diesfalls aufgrund von
Art. 98a OG
als kantonale Vorinstanz ein Gericht amten müsste. Gemäss
BGE 126 I 228
E. 2a S. 234 stellt die zürcherische Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte - jedenfalls unter dem Gesichtswinkel von
Art. 6 EMRK
- keine richterliche Behörde dar. § 7 Abs. 1 der Verordnung des Regierungsrats des Kantons Zürich vom 15. Mai 2002 betreffend die Anpassung des kantonalen Rechts an das eidgenössische Anwaltsgesetz gewährleistet die Befolgung von
Art. 98a OG
, indem er bei Zulässigkeit der eidgenössischen Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Entscheide der Aufsichtskommission eine Rekursmöglichkeit an das Obergericht (Verwaltungskommission) vorsieht. Aufgrund der folgenden Erwägungen kann offen bleiben, ob gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide über die Sanktionierung von Disziplinarverstössen, die sich vor Inkrafttreten des neuen Bundesgesetzes ereignet haben, aber unter dessen Herrschaft zur Beurteilung gelangen, gleich wie für rein neurechtliche Fälle die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu ergreifen ist; dasselbe gilt für die Frage, inwieweit dieses Rechtsmittel gegebenenfalls auch dem erfolglosen Anzeiger zur Verfügung stünde.
BGE 129 II 297 S. 300
2.
2.1
Ist das gegen den angefochtenen Entscheid zur Verfügung stehende Rechtsmittel, wovon der Beschwerdeführer ausgeht, die staatsrechtliche Beschwerde, so richtet sich dessen Legitimation nach
Art. 88 OG
. Danach ist zur staatsrechtlichen Beschwerde befugt, wer durch den angefochtenen Hoheitsakt in seinen eigenen rechtlich geschützten Interessen beeinträchtigt ist; allgemeine öffentliche Interessen können mit der staatsrechtlichen Beschwerde nicht verfolgt werden. Nun dient aber die Disziplinaraufsicht über die Rechtsanwälte öffentlichen und nicht etwa privaten Interessen allfälliger Geschädigter. Verzichtet die zuständige Behörde auf eine Disziplinierung, so spricht deshalb das Bundesgericht dem Anzeiger die Legitimation nach
Art. 88 OG
in konstanter Rechtsprechung ab; diesem kommt kein rechtlich geschützter Anspruch auf Disziplinierung des Anwalts zu (
BGE 109 Ia 90
;
BGE 94 I 67
f.; vgl. auch
BGE 119 Ib 241
E. 1c S. 244). Soweit sich die Eingabe des Beschwerdeführers - zumindest implizit - gegen den Entscheid in der Sache richtet, ist deshalb nicht darauf einzutreten.
2.2
Dem Beschwerdeführer wurden die Kosten des kantonalen Verfahrens im Betrage von Fr. 1'774.- auferlegt und er wurde zur Bezahlung einer Parteientschädigung verpflichtet. In dieser Hinsicht greift der angefochtene Entscheid in rechtlich geschützte Interessen des Beschwerdeführers ein, welcher deshalb insoweit legitimiert ist, staatsrechtliche Beschwerde zu führen. Allerdings bleibt die verfassungsrechtliche Kontrolle auf den Kostenspruch als solchen beschränkt und kann nicht dazu führen, dass indirekt auch der Entscheid in der Sache überprüft wird (
BGE 109 Ia 90
; vgl. auch
BGE 106 Ia 237
E. 2 S. 238). Es fragt sich demnach vorliegend einzig, ob der streitige Kostenspruch aus Gründen verfassungswidrig ist, die nicht mit dem Entscheid der Aufsichtsbehörde in der Sache in Zusammenhang stehen. So kann der Beschwerdeführer etwa rügen, für eine Kostenauflage fehle es an der gesetzlichen Grundlage bzw. das kantonale Recht sehe die Kostenlosigkeit des Verfahrens vor (vgl.
BGE 109 Ia 90
), der Kostenspruch stehe im Widerspruch zum Ergebnis des Verfahrens oder die auferlegte Gebühr oder Parteientschädigung sei übersetzt.
2.2.1
§ 45 Abs. 1 AnwG verweist für die Kostenregelung im Disziplinarverfahren auf
§
§ 42, 188 und 189 des Zürcher Gesetzes vom 4. Mai 1919 betreffend den Strafprozess (StPO)
. Gemäss diesen Bestimmungen kann der Anzeiger zur Bezahlung der Verfahrenskosten und allenfalls auch einer Parteientschädigung verpflichtet
BGE 129 II 297 S. 301
werden, wenn er die Untersuchung in "verwerflicher oder leichtfertiger" Weise veranlasst hat. Der Beschwerdeführer rügt, die Aufsichtskommission habe diese Normen willkürlich angewandt. Zur Begründung macht er jedoch ausschliesslich geltend, er habe Anlass gehabt, beim Beschwerdegegner eine standeswidrige Doppelvertretung und eine Interessenkollision zu vermuten, weshalb er nicht leichtfertig Anzeige erstattet habe. Diese Vorbringen laufen auf eine indirekte Überprüfung der Hauptsache hinaus, lässt sich ihre Beurteilung doch nicht von einer Wertung der disziplinarrechtlichen Gegebenheiten trennen; es ist darauf nicht einzutreten.
2.2.2
Der Beschwerdeführer macht sodann geltend, aus § 45 AnwG in Verbindung mit
§ 189 Abs. 2 StPO
ergebe sich, dass die Anforderungen für die Zusprechung einer Entschädigung zulasten des Anzeigers höher seien als für eine Kostenauflage. Er führt indessen nicht aus, inwiefern der angefochtene Entscheid, welcher ihn zu einer Entschädigung an den Beschwerdegegner verpflichtet, gegen verfassungsmässige Rechte verstossen soll. Auf diese Vorbringen ist deshalb nicht weiter einzugehen: Die staatsrechtliche Beschwerde muss die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind (
Art. 90 Abs. 1 lit. b OG
). Das Bundesgericht untersucht nicht von Amtes wegen, ob ein kantonaler Hoheitsakt verfassungsmässig ist, sondern prüft nur rechtsgenügend vorgebrachte, klar erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (
BGE 110 Ia 1
E. 2 S. 3 f.;
BGE 119 Ia 197
E. 1d S. 201 mit Hinweisen).
2.3
Praxisgemäss kann - trotz fehlender Legitimation in der Sache selbst - die Verletzung von Verfahrensvorschriften gerügt werden, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Das nach
Art. 88 OG
erforderliche, rechtlich geschützte Interesse ergibt sich diesfalls nicht aus der Berechtigung in der Sache, sondern aus jener, am Verfahren teilzunehmen; insoweit kann mit staatsrechtlicher Beschwerde die Verletzung von jenen Parteirechten gerügt werden, die sich aus dem kantonalen Verfahrensrecht oder unmittelbar aus der Verfassung (bisher
Art. 4 aBV
, heute
Art. 29 BV
) ergeben (
BGE 121 I 218
E. 4a S. 223;
BGE 120 Ia 157
E. 2a/aa S. 160, je mit Hinweisen). Soweit der Anzeiger eines angeblichen Disziplinarverstosses entsprechende Rügen erhebt, ist grundsätzlich auf seine staatsrechtliche Beschwerde einzutreten, sofern er Partei des kantonalen Aufsichtsverfahrens war. Nun räumt jedoch das Zürcher Anwaltsgesetz dem "Verzeiger" im gegen den Rechtsanwalt geführten
BGE 129 II 297 S. 302
Disziplinarverfahren keine Parteistellung ein (vgl.
BGE 106 Ia 237
E. 2 S. 237 f.). Dem Beschwerdeführer kommen deshalb vorliegend keine unmittelbar aus der Bundesverfassung fliessenden Rechte zu; er ist mithin nicht legitimiert, eine Verletzung des rechtlichen Gehörs oder der Begründungspflicht (
Art. 29 Abs. 2 BV
; vgl.
BGE 126 I 97
E. 2b S. 102 f.) zu rügen. Am Gesagten ändert nichts, dass dem Beschwerdeführer wegen leichtfertigem Vorgehen Kosten auferlegt wurden.
2.4
Ist die staatsrechtliche Beschwerde das zu ergreifende Rechtsmittel, so ist sie nach dem Gesagten unbegründet, soweit auf sie einzutreten ist.
3.
Unterläge der Sachentscheid der Aufsichtsbehörde bei der gegebenen intertemporalen Konstellation bereits der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, so ergäbe sich - von der Notwendigkeit des vorgängigen Weiterzugs an eine gerichtliche Instanz gemäss
Art. 98a OG
abgesehen - bezüglich der Legitimation des Beschwerdeführers Folgendes:
3.1
In einer durch Bundesverwaltungsrecht geregelten aufsichtsrechtlichen Streitigkeit ist der Anzeiger gestützt auf
Art. 103 lit. a OG
dann zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde befugt, wenn die angerufene Behörde zur Ausübung der Aufsicht verpflichtet ist und der Anzeiger an der abgelehnten Aufsichtsmassnahme ein konkretes schutzwürdiges Interesse hat (vgl.
BGE 120 Ib 351
E. 3b S. 355 betreffend die Anzeige eines Anlegers bei der Eidgenössischen Bankenkommission; vgl. auch FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 223 ff.). Vorliegend ist zwar die Aufsichtskommission als kantonale Aufsichtsbehörde verpflichtet, die Disziplinaraufsicht über die Rechtsanwälte auszuüben (
Art. 14 BGFA
; vgl. BBl 1999 S. 6058). Dem Beschwerdeführer fehlt es jedoch in der Sache selbst an einem schutzwürdigen Interesse im Sinne von
Art. 103 lit. a OG
: Es geht hier nicht etwa um aufsichtsrechtliche Verhaltensanweisungen an einen Anwalt, wie dieser ein noch hängiges Mandat zu führen hat, sondern allein um eine nachträgliche disziplinarrechtliche Sanktionierung behaupteter Verstösse gegen die anwaltlichen Berufspflichten. An solchen Anordnungen hat der Anzeiger kein schutzwürdiges eigenes Interesse, das ihn zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimieren würde. Es verhält sich diesbezüglich gleich wie bei der Disziplinaraufsicht über die öffentlichen Bediensteten: Der durch das fehlbare Verhalten eines Beamten Betroffene kann dagegen sowohl zivil- als auch strafrechtlich
BGE 129 II 297 S. 303
vorgehen und die hierüber ergehenden Entscheide mit den einschlägigen prozessualen Mitteln anfechten. Hingegen hat er regelmässig keinen Anspruch darauf, dass seinem Begehren um Durchführung einer Disziplinaruntersuchung oder um Verhängung einer Disziplinarmassnahme gegen den Beamten entsprochen wird. Er kann weder die Einstellung des Verfahrens noch die allenfalls verhängte Disziplinarsanktion anfechten (vgl. PETER HÄNNI, in: Koller/Müller/Rhinow/Zimmerli, Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Basel 1996, Personalrecht des Bundes, N. 190 S. 93).
3.2
Bezüglich der Anfechtung des Kostenspruchs wäre das nach
Art. 103 lit. a OG
erforderliche schutzwürdige Interesse an sich gegeben. Doch ist auch in diesem Punkt auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht einzutreten: Zwar kann bei Anfechtung eines sich materiell auf Bundesverwaltungsrecht stützenden kantonalen Entscheids im gleichen Verfahren - kraft Sachzusammenhangs - mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde auch der auf kantonalem Verfahrensrecht beruhende Kostenspruch auf seine Bundesrechtskonformität hin überprüft werden; es braucht in diesem Punkt nicht gesondert staatsrechtliche Beschwerde erhoben zu werden (
BGE 122 II 274
E. 1b/aa S. 277 f.). Wird dagegen nur gerade der Kostenspruch angefochten, steht als Rechtsmittel einzig die staatsrechtliche Beschwerde zur Verfügung (
BGE 122 II 274
E. 1b/bb S. 278). Vorliegend ficht der Beschwerdeführer zwar den Entscheid der Aufsichtskommission - zumindest implizit - nicht nur hinsichtlich des Kostenspruchs sondern auch in der Hauptsache an, auf welche intertemporal allenfalls das eidgenössische Anwaltsgesetz und mithin Bundesverwaltungsrecht Anwendung finden könnte. Nach dem Gesagten geht ihm jedoch diesbezüglich die Legitimation gemäss
Art. 103 lit. a OG
ab. Ist nun aber die Verwaltungsgerichtsbeschwerde in der Hauptsache unzulässig, so fehlt es an einem Sachzusammenhang, welcher es erlauben würde, den Kostenspruch trotz dessen kantonalrechtlicher Natur im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu überprüfen.
4.
Es besteht daher kein Anlass, die ausdrücklich als staatsrechtliche Beschwerde bezeichnete Eingabe als Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegenzunehmen. Auf eine solche wäre nach dem Gesagten, selbst wenn dieses Rechtsmittel bei der vorliegenden intertemporalen Konstellation an sich bereits zulässig sein sollte, nicht einzutreten. Dem Beschwerdeführer steht für die Anfechtung des streitigen Kostenspruchs nur die staatsrechtliche Beschwerde
BGE 129 II 297 S. 304
offen, welche aber - wie dargelegt - abzuweisen ist, soweit darauf eingetreten werden kann.
5.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit
Art. 153 und 153a OG
). Parteientschädigung ist keine auszurichten zumal dem als Anwalt in eigener Sache handelnden Beschwerdegegner kein besonderen Aufwand entstanden ist (
Art. 159 OG
; vgl.
BGE 110 V 132
ff.;
BGE 119 Ib 412
E. 3 S. 415). | mixed |
041a2852-f171-4860-96bc-c1b7a5863c3a | Sachverhalt
ab Seite 175
BGE 130 I 174 S. 175
Am 25. August 2003 beschloss der Kantonsrat des Kantons Zürich eine Teilrevision des kantonalen Steuergesetzes vom 8. Juni 1997, welche einerseits den Ausgleich der Teuerung bei den Progressionsstufen der Einkommens- und Vermögenssteuertarife sowie den betragsmässig festgelegten Abzügen und andererseits zusätzliche, über den Ausgleich der Teuerung hinausgehende Erhöhungen verschiedener Abzüge (persönlicher Abzug, Kinderabzug sowie Kinderbetreuungskostenabzug) zum Inhalt hat.
Mit Beschluss vom 24. November 2003 stellte der Kantonsrat das unbenützte Ablaufen der Referendumsfrist für die erwähnte
BGE 130 I 174 S. 176
Teilre vision des Steuergesetzes fest. Das Änderungsgesetz ist mit keiner Bestimmung über das Inkrafttreten versehen (vgl. Offizielle Sammlung der Gesetze, Beschlüsse und Verordnungen des Eidgenössischen Standes Zürich [OS], Bd. 58, Nr. 11 vom 19. Dezember 2003, S. 367 ff.).
Am 17. Dezember 2003 beschloss der Regierungsrat des Kantons Zürich, dass die Änderung des Steuergesetzes vom 25. August 2003 auf den 1. Januar 2006 in Kraft gesetzt wird.
Mit Eingabe vom 6. Februar 2004 erheben X. und Y., beide wohnhaft im Kanton Zürich, beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde, mit der sie die Aufhebung des Beschlusses des Zürcher Regierungsrates vom 17. Dezember 2003 beantragen. Sie erblicken im Umstand, dass der Regierungsrat die Änderung des Steuergesetzes erst per 1. Januar 2006 in Kraft setzt, eine unzulässige Rechtsverzögerung und rügen zudem eine Verletzung von
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
, des Willkürverbots sowie des Grundsatzes der Gewaltentrennung.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
1.1
Nach
Art. 84 Abs. 1 lit. a OG
kann gegen kantonale Erlasse und Verfügungen (Entscheide) wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte staatsrechtliche Beschwerde geführt werden. Beim angefochtenen Beschluss des Zürcher Regierungsrates, welcher das Datum des Inkrafttretens der vom Kantonsrat am 25. August 2003 verabschiedeten Änderung des zürcherischen Steuergesetzes festlegt, handelt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Hoheitsakt, welcher sich auf kantonales Recht stützt und gegen den als eidgenössisches Rechtsmittel einzig die staatsrechtliche Beschwerde zur Verfügung steht (
Art. 84 Abs. 2 und
Art. 86 Abs. 1 OG
; vgl. zur Unzulässigkeit der kantonalen Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen regierungsrätliche Inkrafttretensbeschlüsse den Rechenschaftsbericht des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich [RB] 1994, Nr. 6).
1.2
Als aufgrund persönlicher Zugehörigkeit (Wohnsitz) im Kanton Zürich Steuerpflichtige sind die Beschwerdeführer durch die behauptete rechtswidrige Verzögerung der Inkraftsetzung der Änderung des zürcherischen Steuergesetzes vom 25. August 2003,
BGE 130 I 174 S. 177
welche eine Reduktion der Steuerlast der natürlichen Personen vorsieht, in ihrer Rechtsstellung betroffen und damit zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert (
Art. 88 OG
).
1.3
Die staatsrechtliche Beschwerde ist binnen 30 Tagen, von der nach dem kantonalen Recht massgebenden Eröffnung oder Mitteilung des Erlasses oder der Verfügung an gerechnet, einzureichen (
Art. 89 Abs. 1 OG
).
Der angefochtene Beschluss des Zürcher Regierungsrates vom 17. Dezember 2003 betreffend die Inkraftsetzung der Änderung des Steuergesetzes wurde am 20. Januar 2004 publiziert (OS, Bd. 59, Nr. 1, S. 3). Die vorliegende Beschwerde vom 6. Februar 2004 wurde damit rechtzeitig erhoben.
2.
2.1
Die Beschwerdeführer rügen, indem der Zürcher Regierungsrat die Inkraftsetzung der am 25. August 2003 verabschiedeten Änderung des kantonalen Steuergesetzes in unerklärlicher Diskrepanz zur sonst üblichen Praxis und ohne stichhaltige Gründe um 28 Monate hinausschiebe, begehe er eine verfassungswidrige und gegen
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
verstossende Rechtsverzögerung bzw. eine formelle Rechtsverweigerung. Sodann verletze dieses schlechterdings unhaltbare Vorgehen das Willkürverbot (
Art. 9 BV
); namentlich liege eine willkürliche Anwendung von § 10 Abs. 2 des zürcherischen Gesetzes vom 27. September 1998 über die Gesetzessammlung und das Amtsblatt (Publikationsgesetz), wonach der Zeitpunkt des Inkrafttretens eines rechtsetzenden Erlasses, wenn er nicht festgelegt ist, vom Regierungsrat bestimmt wird, sowie ein willkürlicher Verstoss gegen Art. 40 Ziff. 2 der Verfassung des eidgenössischen Standes Zürich vom 18. April 1869 (KV/ZH; SR 131.211) vor, wonach dem Regierungsrat die Pflicht und Befugnis zukommt, für die "Vollziehung der Gesetze und der Beschlüsse des Volkes und des Kantonsrates" zu sorgen. Schliesslich sei es auch mit dem Grundsatz der Gewaltentrennung unvereinbar, wenn der mit dem Gesetzesvollzug betraute Regierungsrat - wie vorliegend - die Wirksamkeit eines Gesetzes durch eine unbegründete Verschleppung des Zeitpunktes des Inkrafttretens unrechtmässig hinauszögere und damit die Gesetzgebungstätigkeit der Legislative unterlaufe.
2.2
Das in
Art. 29 Abs. 1 BV
enthaltene Verbot der Rechtsverzögerung bezieht sich, wie schon aus dem Wortlaut hervorgeht, auf Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsbehörden, d.h. auf
BGE 130 I 174 S. 178
Verfahren der Rechtsanwendung (vgl. GEORG MÜLLER, in: Kommentar aBV, Rz. 88 zu
Art. 4 aBV
; ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 5. Aufl., Zürich 2001, N. 831 f.; JÖRG PAUL MÜLLER, Grundrechte in der Schweiz, 3. Aufl., Bern 1999, S. 497; PASCAL MAHON, in: Aubert/Mahon, Petit commentaire de la Constitution fédérale de la Confédération suisse, Zürich 2003, Rz. 1 zu
Art. 29 BV
; Botschaft zur neuen Bundesverfassung, BBl 1997 I 181; vgl. auch Urteil 5A.23/2001 vom 11. Februar 2002, E. 2a nicht publ. in
BGE 128 II 97
). Das gilt auch für die mitangerufene Konventionsgarantie von
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
(vgl. RUTH HERZOG,
Art. 6 EMRK
und kantonale Verwaltungsrechtspflege, Diss. Bern 1995, S. 139; Urteil des Bundesgerichts 2P.76/1996 vom 21. Oktober 1996, E. 3h). Vorliegend geht es um eine gerügte Verzögerung im Verfahren der Rechtsetzung. In der Doktrin wird erwogen, eine Anrufung des Verfassungsrichters wegen Rechtsverzögerung unter gewissen Voraussetzungen auch gegenüber dem Gesetzgeber zuzulassen, sofern es um die Nichterfüllung einer präzise umschriebenen verfassungsrechtlichen Rechtsetzungspflicht geht (vgl. WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Aufl., Bern 1994, S. 149 f.; J.P. MÜLLER, a.a.O., S. 498 ff.; vgl. auch die Urteile des Bundesgerichts P.815/1984 vom 18. Januar 1985, publ. in: ZBl 86/1985 S. 492 ff., E. 3a, sowie 2P.76/1996 vom 21. Oktober 1996, E. 3e). Ein solcher Tatbestand steht hier nicht in Frage. Es wird nicht behauptet, dass die durchgeführte Revision des Steuergesetzes einem präzisen verfassungsrechtlichen Auftrag entspreche. Im Übrigen liegt eine vom Gesetzgeber beschlossene Neuregelung bereits vor, und es geht einzig darum, auf welchen Zeitpunkt hin sie vom zuständigen Organ in Kraft gesetzt werden muss. Soweit der Gesetzgeber diese Frage nicht selber beantwortet, obliegt die Festsetzung des Inkraftsetzungstermins gemäss § 10 Abs. 2 des kantonalen Publikationsgesetzes dem Regierungsrat (vgl. dazu CHRISTIAN SCHUHMACHER, Das Rechtsetzungsverfahren im Kanton Zürich, in: LeGes 2004, Heft 1, S. 107; ferner: TOBIAS JAAG, Verwaltungsrecht des Kantons Zürich, 2. Aufl., Zürich 1999, Rz. 407 und 616 ff.). Dass dieser bei Stillschweigen des Gesetzgebers mit der Inkraftsetzung nicht beliebig zuwarten oder von der Inkraftsetzung überhaupt absehen darf, bedarf keiner weiteren Erläuterung. Der dem Regierungsrat durch
Art. 40 Ziff. 2 KV/ZH
erteilte Auftrag zum Vollzug der Gesetze verlangt u.a. auch, dass er diese entsprechend dem Willen des Gesetzgebers in Kraft setzt. Der
BGE 130 I 174 S. 179
Verzicht auf die Inkraftsetzung eines gültig beschlossenen Gesetzes verstiesse gegen den Grundsatz der Gewaltentrennung (vgl. auch
BGE 111 Ia 176
E. 3c S. 178 f.). Soweit aber lediglich die Wahl des Zeitpunktes der Inkraftsetzung in Frage steht und weder die Kantonsverfassung noch das betreffende Gesetz hierüber eine nähere Regelung enthält, womit der Entscheid gemäss der allgemeinen Bestimmung von § 10 Abs. 2 des Publikationsgesetzes in die Hände des Regierungsrates gelegt ist, fällt als Schranke gegen eine übermässige Verzögerung einzig das allgemeine Willkürverbot (
Art. 9 BV
) in Betracht, worauf sich die Beschwerdeführer hier ebenfalls berufen.
2.3
Die Inkraftsetzung eines beschlossenen Gesetzes oder einer Gesetzesänderung soll vom hiermit beauftragten Vollzugsorgan (bzw. vom Verordnungsgeber) nicht ohne zulässigen Grund verzögert werden. Anlass für einen Aufschub können insbesondere Gründe administrativer Art bilden, indem zum Beispiel Ausführungserlasse ausgearbeitet oder organisatorische Massnahmen getroffen werden müssen, welche eine gewisse Zeit beanspruchen. Zulässig sind aber auch Zweckmässigkeitsüberlegungen anderer Art (z.B. Inkraftsetzen auf Beginn einer neuen Steuerperiode), doch müssen sie sachlicher Natur sein (vgl. zum Ganzen: Gesetzgebungsleitfaden, Bundesamt für Justiz, 2. Aufl., Bern 2002, S. 75 ff.; HANS GEORG NUSSBAUM, Das Bundesgesetz nach der Verabschiedung durch die Bundesversammlung, in: LeGes 2000, Heft 2, S. 53 ff., insbesondere S. 55; GEORG MÜLLER, Elemente einer Rechtssetzungslehre, Zürich 1999, Rz. 125 ff.; ANDRÉ GRISEL, L'application du droit public dans le temps, in: ZBl 75/1974 S. 236 f.; JEAN-FRANÇOIS AUBERT, Bundesstaatsrecht der Schweiz, Bd. II, Basel 1995, Nr. 1517 im neubearbeiteten Nachtrag; VPB 32/1964-65 Nr. 11 S. 23 ff. sowie 58/1994 Nr. 2 S. 56). Rein finanzielle Interessen reichen grundsätzlich nicht aus, um etwa die Einführung beschlossener Steuererleichterungen oder erhöhter Subventionen länger hinauszuschieben als objektiv gerechtfertigt (Gesetzgebungsleitfaden, a.a.O., S. 75; GRISEL, a.a.O., S. 236; VPB 32/1964-65 Nr. 11 S. 26). Ein gewisser Spielraum ist dem zuständigen Vollzugsorgan aber zuzugestehen.
2.4
Vorliegend ist unbestritten, dass von den administrativen Abläufen her eine Inkraftsetzung der Steuererleichterungen auf den 1. Januar 2005 ohne weiteres möglich gewesen wäre und wohl auch eher der bisherigen Übung entsprochen hätte. Der Regierungsrat stellt nicht ernsthaft in Abrede, dass die angespannte Finanzlage dazu
BGE 130 I 174 S. 180
Anlass gab, die Gesetzesrevision, welche für den Staat zu einem grösseren Einnahmenausfall führen wird, erst per 1. Januar 2006 in Kraft zu setzen. Dieses Vorgehen erweckt nach dem Gesagten verfassungsrechtliche Bedenken. Der Umstand, dass im Kanton Zürich in Verfassung und Gesetz (
Art. 31a KV/ZH
sowie § 6 Abs. 2 und § 21 des Gesetzes vom 2. September 1979 über den Finanzhaushalt des Kantons) Bestimmungen zur Senkung der Ausgaben in Kraft getreten sind, vermag für sich allein die verzögerte Inkraftsetzung der Steuergesetzrevision nicht zu rechtfertigen, umso weniger, als diese letztere Gesetzesänderung (vom 25. August 2003) jüngeren Datums ist, d.h. bereits unter der Herrschaft der erstgenannten Regelung (in Kraft seit 1. Juli 2001) und in Kenntnis des bestehenden Sanierungsbedürfnisses beschlossen wurde. Ins Gewicht fällt dagegen der vom Regierungsrat hervorgehobene Umstand, dass er seine Absicht, die Steuergesetzrevision (verbunden mit einer geplanten Steuerfusserhöhung) erst per 1. Januar 2006 in Kraft treten zu lassen, schon Anfang Mai 2003, d.h. noch vor der zweiten Lesung dieser Gesetzesrevision im Kantonsrat, öffentlich kundgegeben hat. Nachdem der Kantonsrat in seiner zweiten Lesung der Steuergesetzrevision am 25. August 2003 in Kenntnis dieser Erklärungen auf eine eigene Vorschrift über die Inkraftsetzung verzichtet hat, kann dem Regierungsrat, wenn er sich für die Inkraftsetzung an seine gemachte Ankündigung hielt, jedenfalls keine willkürliche Missachtung des Willens des Gesetzgebers vorgeworfen werden. Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich daher als unbegründet. | mixed |
03ec87bd-915b-4ada-9731-c8753e3447bc | Sachverhalt
ab Seite 384
BGE 106 Ia 383 S. 384
Der geltende Zonenplan der Gemeinde Zuoz, der am 11. November 1975 durch die Gemeindeversammlung angenommen und am 21. Juni 1976 durch die Bündner Regierung genehmigt worden ist, weist das Gebiet "Sur Mulins" der Wohnzone 2A zu. Für diese Zone werden in Art. 51 des kommunalen Baugesetzes (BauG), das gleichzeitig mit dem Zonenplan in Kraft gesetzt worden ist, Vorschriften über die Art der Bebauung, den Ausnützungskoeffizienten, die Gebäudeabmessungen sowie die Grenz- und Gebäudeabstände aufgestellt; ausserdem erklärt Art. 51 Ziff. 6 den Quartierplan für obligatorisch.
Bruno Aemisegger ist Eigentümer der in "Sur Mulins" gelegenen Parzelle Nr. 2592. Am 18. August 1977 reichte er ein Gesuch um Erteilung der Baubewilligung für ein Ferienhaus ein und bat den Gemeinderat Zuoz, ihm eine Ausnahmebewilligung zu erteilen und das Quartierplanverfahren zu erlassen. Der Gemeinderat wies das Baugesuch ab, da von der zwingenden Vorschrift der Quartierplanung nicht abgewichen werden könne. Gegen diesen Entscheid rekurrierte Aemisegger an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, welches seinen Rekurs guthiess und den Baubescheid der Gemeinde aufhob. Als Begründung wurde im wesentlichen angeführt, dass der Einbezug der Parzelle Nr. 2592 in ein Quartierplanverfahren und die Anwendung von Art. 51 Ziff. 6 BauG auf das vorliegende Baugesuch gegen das Prinzip der Verhältnismässigkeit verstosse.
Die Gemeinde Zuoz hat gegen den Entscheid des Bündner Verwaltungsgerichtes staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, da das Verwaltungsgericht nicht befugt war, im Rahmen des Baubewilligungsverfahren vorfrageweise die Verfassungsmässigkeit der Zonenordnung zu überprüfen, und durch die Vornahme dieser Kontrolle ungerechtfertigterweise in den Autonomiebereich der Gemeinde eingegriffen hat.
BGE 106 Ia 383 S. 385 Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
Das Bundesgericht hat sich mit dem Problem der Anfechtung kommunaler Zonenpläne im Kanton Graubünden schon verschiedentlich auseinandergesetzt.
Im Entscheid Hitz gegen Gemeinde Parpan vom 20. September 1978 (
BGE 104 Ia 181
ff.) ist die bündnerische Praxis, wonach sowohl die Regierung als auch - anschliessend an den Regierungsentscheid - das Verwaltungsgericht zur Überprüfung der Zonenpläne berufen seien, als verfassungswidrig erklärt und festgestellt worden, dass es gemäss kantonalem Recht sowie aufgrund von
Art. 4 und 22ter BV
ausschliesslich der Regierung obliege, einen Zonenplan im Genehmigungsverfahren auf seine Rechtmässigkeit hin zu überprüfen. Am 25. März 1980 hat das Bundesgericht diese Rechtsprechung i.S. Ernst gegen Gemeinde Klosters-Serneus (
BGE 106 Ia 310
) bestätigt und zusätzlich entschieden, das Bündner Verwaltungsgericht sei auch zur Beurteilung sich direkt gegen Zonenpläne richtender Beschwerden, die nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens erhoben werden, nicht befugt. In den beiden zitierten Entscheiden ist indessen die Frage ausdrücklich offengelassen worden, ob und inwieweit das Verwaltungsgericht auf Rekurse gegen individuell-konkrete Anwendungsakte der Gemeinde hin - namentlich im Baubewilligungsverfahren - vorfrageweise die Gesetz- und Verfassungsmässigkeit der durch den Zonenplan auferlegten Eigentumsbeschränkungen noch überprüfen könne (
BGE 104 Ia 187
E. 2d in fine;
BGE 106 Ia 314
).
Diese Frage ist hier zu beantworten, da die Gemeinde Zuoz vorbringt, das Verwaltungsgericht habe die Rechtmässigkeit der umstrittenen Zonenvorschrift auch nicht akzessorisch prüfen dürfen und habe schon durch die Vornahme dieser Kontrolle in den Autonomiebereich der Gemeinde eingegriffen. Das Verwaltungsgericht ist demgegenüber bei seinem Entscheid davon ausgegangen, dass mit dem Mangel der Verfassungswidrigkeit behaftete Rechtssätze keine Anwendung finden dürften und dass der Richter nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht habe, die anzuwendenden Normen auf ihre Verfassungsmässigkeit hin zu untersuchen.
a) Nach herrschender Auffassung in Lehre und Rechtsprechung sind die kantonalen Gerichte verpflichtet, auf Verlangen des Rechtsuchenden vorfrageweise das anzuwendende kantonale
BGE 106 Ia 383 S. 386
Recht auf seine Übereinstimmung mit der Bundesverfassung und der Bundesgesetzgebung zu prüfen. Ob auch die Verwaltungsbehörden hiezu befugt seien, ist umstritten und braucht hier nicht entschieden zu werden (
BGE 104 Ia 82
f. E. 2a mit Hinweisen auf die Literatur,
BGE 92 I 481
f.,
BGE 91 I 314
,
BGE 82 I 219
mit weiteren Verweisungen; IMBODEN/RHINOW, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, Bd. II S. 1059 f. Nr. 143 B I). Dieser nachträglichen Überprüfung unterstehen Rechtssätze, das heisst Anordnungen genereller und abstrakter Natur, die für eine unbestimmte Vielheit von Menschen gelten und eine unbestimmte Vielheit von Tatbeständen regeln ohne Rücksicht auf einen bestimmten Einzelfall oder auf eine Person (
BGE 101 Ia 74
E. 3a und dort zitierte Literatur). Dagegen kann die Rechtmässigkeit von Verfügungen im Rahmen der Anfechtung eines späteren Vollzugs- oder Bestätigungsaktes nicht mehr in Frage gestellt werden, es sei denn, der Beschwerdeführer rüge die Verletzung unverzichtbarer und unverjährbarer Rechte oder mache geltend, die Verfügung sei geradezu nichtig (
BGE 104 Ia 173
ff. mit zahlreichen Hinweisen).
Die Verfassungsmässigkeit einer Rechtsnorm kann demnach nicht nur im Anschluss an deren Erlass, sondern auch auf einen konkreten Anwendungsakt hin bestritten werden, während eine nachträgliche Anfechtung von Verfügungen grundsätzlich ausgeschlossen ist. Diese Regel hat das Bundesgericht in seiner bis ins letzte Jahrhundert zurückreichenden Rechtsprechung, dem Grundgedanken von
Art. 89 OG
folgend, stets damit erklärt, dass der Einzelne bei Erlass einer Rechtsnorm im allgemeinen noch nicht wisse, ob und wie ihn diese eines Tages treffen werde, und er sich erst auf einen konkreten Anwendungsakt hin veranlasst sehe, die diesem Akt zugrundeliegende Vorschrift anzufechten (
BGE 104 Ia 175
, 90 I 353; 15, 203;
106 Ia 316
E. 3; vgl. auch GIACOMETTI, die Verfassungsgerichtsbarkeit des Schweiz. Bundesgerichtes, S. 79 f., W. BURCKHARDT, Die Befristung des staatsrechtlichen Rekurses, ZBJV 62/1926 S. 58 f.).
b) Das Verwaltungsgericht glaubt, Art. 51 Ziff. 6 BauG, der die umstrittene Quartierplanpflicht begründet, sei eine Norm genereller und abstrakter Natur im oben dargestellten Sinne und könne daher auf ihre Vereinbarkeit mit dem Bundesverfassungsrecht untersucht werden. Dieser Meinung ist jedoch nicht zu folgen. Zwar sind die in Art. 51 enthaltenen Vorschriften in das kommunale Baugesetz, einen rechtsetzenden Erlass der
BGE 106 Ia 383 S. 387
Gemeinde, eingefügt worden, doch weisen sie nicht den generellabstrakten Charakter anderer baupolizeilicher Bestimmungen auf, sondern beziehen sich ausschliesslich auf die im Zonenplan eingezeichnete Zone 2A und umschreiben die in diesem Gebiet geltende rechtliche Ordnung. Diese Vorschriften stehen an Stelle einer Planlegende, sie sind die für das Verständnis des Planes notwendigen Erläuterungen, mit anderen Worten Bestandteile des Zonenplanes selbst. Bilden aber Zonenplan und die in Art. 51 BauG enthaltenen Zonenvorschriften ein untrennbares Ganzes, so ist die Überprüfbarkeit von Art. 51 BauG nicht einfach anhand der Regeln zu beurteilen, die für die Anfechtung von Rechtssätzen gelten, sondern haben jene Prinzipien Beachtung zu finden, die bei der Anfechtung von Plänen, insbesondere von Zonenplänen, massgebend sind.
c) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes stellen die Zonenpläne zwischen Rechtssatz und Verfügung stehende Anordnungen besonderer Natur dar, auf welche teils die für generell-abstrakte Normen geltenden, teils die für Verfügungen massgebenden Grundsätze anzuwenden sind (vgl. IMBODEN/RHINOW, a.a.O., Bd. I S. 64 ff. Nr. 11 B I; GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, S. 102 f.). Ob ein Zonenplan nur anschliessend an den Erlass oder auch bei späterer Anwendung noch angefochten werden könne, bestimmt sich in erster Linie danach, ob der Betroffene schon bei Planerlass über die ihm auferlegten Beschränkungen im klaren sein konnte und welche Möglichkeiten er in diesem Zeitpunkt hatte, seine Interessen zu verteidigen. Da der Zonenplan indessen auf Verhältnissen beruht, die stetem Wandel unterworfen sind, hat er nur so lange Bestand, als auch die seinem Erlass zugrundeliegenden Voraussetzungen und Annahmen über den zukünftigen Verlauf der Entwicklung weiterbestehen. Sind die bei Planerlass gegebenen Voraussetzungen inzwischen dahingefallen, so darf dem Eigentümer, der den Plan anficht, nicht entgegengehalten werden, Einsprache- und Genehmigungsverfahren seien längst beendet. Die Gültigkeit eines Zonenplanes muss stets dann noch in Zweifel gezogen werden können, wenn die gesetzlichen Vorschriften über die Ortsplanung geändert worden sind oder sich die tatsächliche Situation seit Erlass des Zonenplanes in einer Weise gewandelt hat, dass das öffentliche Interesse an den auferlegten Eigentumsbeschränkungen untergegangen sein könnte (
BGE 90 I 354
ff.;
BGE 106 Ia 383 S. 388
Entscheid vom 7. Juli 1964, publ. in ZBl 66/1965 S. 432;
106 Ia 317
E. 3; vgl. GRISEL, Droit administratif suisse, S. 395 f., 411 f.; KUTTLER, Der Beitrag des Bundesgerichtes an die Entwicklung des Raumplanungsrechts, in: Erhaltung und Entfaltung des Rechts in der Rechtsprechung des Schweiz. Bundesgerichtes, Festgabe 1975, S. 186).
Diese Grundsätze sind bei der Beurteilung gegen Zonenpläne gerichteter staatsrechtlicher Beschwerden entwickelt worden, gelten aber allgemein, zeigen also auch die Grenzen auf, die dem kantonalen Richter bei der vorfrageweise durchgeführten Kontrolle der Verfassungsmässigkeit von Plänen gesteckt sind. Sie garantieren auf der einen Seite die Ausübung der dem Eigentümer gegen planerische Eingriffe zustehenden Abwehrrechte, gewährleisten auf der anderen Seite aber auch die Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit der Planung und verhindern, dass ein unhaltbarer, mit den Zwecken der Raumplanung (
Art. 22quater BV
) unvereinbarer Zustand der Rechtsunsicherheit entsteht. | mixed |
b1ada977-c35a-4b6f-bc4d-46e84223723d | Sachverhalt
ab Seite 233
BGE 138 I 232 S. 233
A.
A.a
X. travaille au service des Transports publics genevois (ci-après: TPG) depuis 1988. Il est affecté au secteur Y. Il est appelé à travailler régulièrement la nuit, les week-ends et les jours fériés. Il est soumis au Statut du personnel des TPG du 1
er
janvier 1999 ([SP] ci-après: le Statut), ainsi qu'à son règlement d'application, du 1
er
janvier 1999 également ([RSP] ci-après: le règlement).
L'art. 2 du Statut prévoit que tous les employés sont liés aux TPG par un rapport de droit public (ch. 2). Le code des obligations, notamment son titre dixième (contrat de travail), s'applique à titre de droit public supplétif (ch. 3).
L'art. 31 ch. 3 du règlement prévoit ceci:
"Pour le personnel travaillant dans les divisions exploitation, technique, ainsi que planification et installations, le travail effectué entre 22h00 et minuit donne droit à une majoration de temps de 10%, entre minuit et 04h00 et entre 04h00 et 05h00 (prise de service avant 04h00) de 30% (dès 55 ans, de 40%).
De plus, le travail de nuit donne droit à une prime fixée à l'heure effective. Une fraction d'heure est arrondie à l'unité supérieure."
Quant à l'art. 32, qui traite du travail le samedi, le dimanche et les jours fériés, il contient un ch. 2 ainsi libellé:
BGE 138 I 232 S. 234
"Une prime est versée à l'employé qui est en service un samedi, un dimanche ou un jour férié au sens de l'art. 47 SP. Elle est fixée:
a) à la journée lorsque l'employé effectue un horaire entier;
b) à la demi-journée, lorsqu'un demi-horaire est effectué;
c) à l'heure, une fraction d'heure étant arrondie à l'unité supérieure, dans les autres cas."
Les TPG ont toujours considéré que le salaire perçu par les employés pendant les vacances ne comprend pas les primes pour le travail de nuit et pour le travail le samedi, le dimanche et les jours fériés (primes pour inconvénients).
A.b
En 2009, huit employés des TPG ont demandé à la direction des TPG le paiement d'un supplément de vacances sur les indemnités versées pour le travail de nuit, du samedi et du dimanche et des jours fériés. Les TPG ont rejeté cette demande par décision du 18 janvier 2010.
B.
Les huit employés concernés ont recouru devant le Tribunal administratif du canton de Genève (depuis le 1
er
janvier 2011: la Chambre administrative de la Cour de justice du canton de Genève). X. a conclu à l'annulation de la décision attaquée et au paiement de 3'600 fr. plus intérêts à 5% l'an "à compter de la moyenne du 1
er
novembre 2006".
La Chambre administrative a statué séparément sur chacun des recours, qu'elle a rejetés, en particulier celui de X. (arrêt du 1
er
février 2011).
C.
X. interjette un recours en matière de droit public et un recours constitutionnel subsidiaire dans lequel il conclut à l'annulation du jugement attaqué et au paiement par les TPG de la somme de 3'600 fr. (plus intérêts). Subsidiairement, il conclut au renvoi de la cause à l'autorité précédente pour nouveau jugement au sens des motifs.
Les TPG concluent à l'irrecevabilité du recours en matière de droit public, subsidiairement à son rejet, et au rejet du recours constitutionnel subsidiaire.
D.
Par des mémoires séparés, six autres employés des TPG ont également saisi le Tribunal fédéral d'un recours contre le jugement du Tribunal administratif les concernant. Il sera statué séparément sur le sort de leur recours.
Le recours en matière de droit public a été déclaré irrecevable; le recours constitutionnel subsidiaire a été rejeté.
BGE 138 I 232 S. 235 Erwägungen
Extrait des considérants:
1.
1.1
Conformément à l'art. 160C de la Constitution de la République et canton de Genève du 24 mai 1847 (Cst./GE; RSG A 2 00), un établissement de droit public est chargé de la gestion des transports publics. Cet établissement est soumis à la surveillance du Conseil d'Etat. En application de cette disposition constitutionnelle, le législateur genevois a adopté la loi du 21 novembre 1975 sur les transports publics genevois (LTPG; RSG H 1 55). Selon l'art. 19 al. 1 LTPG, le Conseil d'administration est le pouvoir supérieur des TPG. Il établit le statut du personnel et fixe les traitements, après consultation du personnel (
art. 19 al. 2 let
. o).
1.2
Comme l'ont retenu avec raison les premiers juges, les règles adoptées par le Conseil d'administration d'un établissement de droit public, sur la base de compétences accordées directement par le législateur cantonal, sont à considérer comme relevant du droit public cantonal (cf. PIERRE MOOR, Droit administratif, vol. III, 1992, n
o
2.2.3.5, p. 75; ANDRÉ GRISEL, Traité de droit administratif, vol. I, 1984, p. 87 s.).
1.3
La présente cause est donc une contestation en matière de rapports de travail de droit public, qui porte sur une contestation pécuniaire et qui ne tombe pas sous le coup de l'exception de l'
art. 83 let
. g LTF. En matière pécuniaire, le recours n'est en principe recevable que si la valeur litigieuse atteint 15'000 fr. (
art. 85 al. 1 let. b LTF
). Les causes des huit employés concernés n'ayant pas été réunies devant l'autorité précédente et n'ayant pas fait l'objet d'une décision unique, les divers chefs de conclusions ne peuvent pas être additionnés lors du calcul de la valeur litigieuse (
ATF 116 II 587
consid. 1 p. 589 et les références citées). En l'espèce, la valeur litigieuse concernant X. est de 3'600 fr. et n'atteint donc pas le seuil requis.
2.
2.1
Lorsque la valeur litigieuse est insuffisante, le recours est néanmoins recevable si la contestation soulève une question juridique de principe (
art. 85 al. 2 LTF
). Lorsque le recours n'est recevable qu'à cette condition, le recourant doit exposer en quoi l'affaire remplit cette exigence (art. 42 al. 2, 2
e
phrase, LTF;
ATF 134 III 267
consid. 1.2 p. 269;
ATF 133 III 439
consid. 2.2.2.1 p. 442).
2.2
Le recourant soutient que la question posée ici soulève une question juridique de principe. Il invoque l'
ATF 132 III 172
. Selon cet arrêt, lorsque les suppléments à la rémunération de base versés en
BGE 138 I 232 S. 236
compensation du travail effectué la nuit, en fin de semaine et les jours fériés ont un caractère régulier et durable, ils doivent être pris en compte dans le calcul du salaire afférent aux vacances au sens de l'
art. 329d al. 1 CO
(consid. 3). Le recourant fait valoir que la portée de cet arrêt dans les rapports de travail liant un établissement public assurant une tâche de transport public et son personnel, lorsque le statut du personnel réserve le droit fédéral à titre de droit supplétif, n'a pas fait l'objet à ce jour d'une jurisprudence du Tribunal fédéral. Il relève l'importance du problème posé en pratique.
2.3
La jurisprudence a souligné qu'il fallait se montrer restrictif dans l'admission d'une dérogation à l'exigence de la valeur litigieuse sur la base de l'
art. 74 al. 2 let. a LTF
, respectivement de l'
art. 85 al. 2 LTF
. Elle s'est efforcée de cerner la notion de contestation soulevant une question juridique de principe. En résumé, il faut qu'il soit nécessaire, pour résoudre le cas d'espèce, de trancher une question juridique qui donne lieu à une incertitude caractérisée, laquelle appelle de manière pressante un éclaircissement de la part du Tribunal fédéral, en tant qu'autorité judiciaire suprême chargée de dégager une interprétation uniforme du droit fédéral (
ATF 135 III 397
consid. 1.2 p. 399; arrêt 4A_54/2010 du 4 mai 2010 consid. 1.1, non publié in
ATF 136 I 290
). Si la question se rapporte à une norme de droit cantonal que le Tribunal fédéral ne peut pas revoir librement, celui-ci ne saurait rendre une décision de principe (cf. arrêt 1C_58/2008 du 7 mai 2009 consid. 1.2). Si son pouvoir d'examen est limité à la violation des droits constitutionnels, il suffit, en effet, que le recourant interjette un recours constitutionnel subsidiaire et une dérogation à l'exigence de la valeur litigieuse ne se justifie pas (
ATF 134 I 184
consid. 1.3 p. 187; arrêts 4A_517/2009 du 4 janvier 2010 consid. 1.3.1; 4A_64/2008 du 27 mai 2008 consid. 1.1; BERNARD CORBOZ, in Commentaire de la LTF, 2009, n
o
36 ad
art. 74 LTF
).
2.4
En l'espèce, l'arrêt invoqué par le recourant a été rendu dans une cause civile et portait sur l'application du droit fédéral (
art. 329d al. 1 CO
). Les règles du code des obligations, dont se prévaut le recourant, ne pourraient être appliquées ici qu'à titre de droit cantonal supplétif, étant entendu que celui-ci ne change pas de nature; s'il y incorpore des notions de droit fédéral, ou s'il renvoie au droit fédéral, il n'en relève pas moins du droit cantonal (voir
ATF 126 III 370
consid. 5 p. 372;
ATF 108 II 490
consid. 7 p. 495), de sorte que le Tribunal fédéral ne peut en contrôler l'application que sous l'angle restreint de l'arbitraire ou d'autres droits constitutionnels en fonction des griefs
BGE 138 I 232 S. 237
invoqués (
art. 106 al. 2 LTF
; arrêt 2C_860/2008 du 20 novembre 2009 consid. 3.2). Partant, la recevabilité du recours en matière de droit public ne saurait être reconnue en application de l'
art. 85 al. 2 LTF
.
3.
Il reste à examiner le recours constitutionnel subsidiaire (
art. 113 ss LTF
) formé simultanément par le recourant. Ce recours ne peut être formé que pour violation des droits constitutionnels (
art. 116 LTF
). Quand il s'agit de droits constitutionnels, le Tribunal fédéral n'applique pas le droit d'office et ne peut entrer en matière que dans la mesure où un grief constitutionnel a été invoqué et suffisamment motivé dans l'acte de recours (
art. 117 et 106 al. 2 LTF
).
4.
Le recourant se plaint d'arbitraire. Selon lui, le renvoi par le Statut (art. 2 ch. 3) aux règles du code des obligations n'est soumis à aucune condition. Ce renvoi trouve application lorsque le Statut ne règle pas une question liée aux rapports de travail ou lorsqu'il la règle de manière contraire à une disposition impérative du droit fédéral, ce qui serait le cas en l'espèce. Ce renvoi devait conduire les premiers juges à appliquer en l'espèce la jurisprudence de l'
ATF 132 III 172
. Les premiers juges auraient ainsi de manière arbitraire refusé d'appliquer une disposition, pourtant expressément prévue par le Statut, et qui devait permettre la mise en conformité de la réglementation des conditions de travail aux TPG avec les standards minimaux que constituent les règles du droit privé en matière de contrat de travail. Le recourant invoque également une violation de son droit d'être entendu au motif que la décision attaquée n'est pas motivée sur la question du renvoi par le Statut aux règles du code des obligations.
5.
5.1
Eu égard à sa nature formelle, la violation du droit d'être entendu dénoncée par le recourant doit être examinée en premier lieu. Le droit d'être entendu garanti par l'
art. 29 al. 2 Cst.
implique notamment pour l'autorité l'obligation de motiver sa décision. Selon la jurisprudence, il suffit que le juge mentionne, au moins brièvement, les motifs qui l'ont guidé et sur lesquels il a fondé sa décision, de manière à ce que l'intéressé puisse se rendre compte de la portée de celle-ci et l'attaquer en connaissance de cause. L'autorité n'a pas l'obligation d'exposer et de discuter tous les faits, moyens de preuve et griefs invoqués par les parties, mais elle peut au contraire se limiter à ceux qui lui paraissent pertinents (
ATF 137 II 266
consid. 3.2 p. 270;
ATF 136 I 229
consid. 5.2 p. 236;
ATF 134 I 83
consid. 4.1 p. 88;
ATF 133 III 439
consid. 3.3 p. 445 et les arrêts cités).
BGE 138 I 232 S. 238
5.2
Dans le cas particulier, comme on le verra, la cour cantonale, contrairement à ce que soutient le recourant, a bel et bien examiné le problème du renvoi du Statut aux règles du code des obligations. Elle a indiqué que ce renvoi n'était applicable que si le Statut ne réglait pas de manière exhaustive la question du droit aux vacances. Entre autres arguments, elle a retenu que le règlement excluait de manière explicite la prise en compte des primes litigieuses dans le calcul du droit aux vacances et, par conséquent, l'application de l'
art. 329d CO
. Ces considérations de l'arrêt entrepris suffisent pour affirmer que le grief soulevé ici par le recourant est dénué de fondement.
6.
6.1
Les rapports de travail de droit public ne sont en principe pas soumis aux dispositions du code des obligations, à l'exception des art. 331 al. 5 et 331a à 331e CO, relatifs aux rapports juridiques avec l'institution de prévoyance (
art. 342 al. 1 let. a CO
). Aussi bien le statut de la fonction publique peut-il être librement organisé par les cantons (arrêts 2P.219/2006 du 23 novembre 2006 consid. 2.2; 1P.37/2000 du 17 mai 2000 consid. 2b). Ce statut, qui, pour être en général globalement plus favorable, peut comporter par rapport au code des obligations des contraintes plus sévères sur certains points (arrêts 2P.121/2005 du 19 juillet 2005 consid. 4.2; 2P.82/1994 du 19 août 1994 consid. 3d; 2P.336/1992 du 31 août 1993 consid. 3c). Les règles relatives au contrat de travail sont seulement applicables à titre subsidiaire, en cas de lacunes dans la réglementation ou si celle-ci le prévoit (SUBILIA/DUC, Droit du travail - Eléments de droit suisse, 2010, n
o
2 ad
art. 342 CO
; BRUNNER/BÜHLER/WAEBER/BRUCHEZ, Commentaire du contrat de travail, 3
e
éd. 2004, n
o
1 p. 323; WOLFGANG PORTMANN, in Commentaire bâlois, Droit des obligations, vol I, 5
e
éd. 2011, n° 1 ad
art. 342 CO
; STAEHLIN/VISCHER, in Commentaire zurichois, 3
e
éd.1996, n° 2 ad
art. 342 CO
)
.
Le droit fédéral n'oblige donc pas les TPG à régler le salaire afférent aux vacances de la même manière que l'
art. 329d CO
. Pour que cette disposition soit applicable, il faudrait que le règlement présente une lacune qu'il conviendrait de combler en l'appliquant à titre de droit cantonal supplétif en vertu de la clause générale de renvoi au code des obligations. Par ailleurs, l'application du droit privé à titre de droit cantonal supplétif n'oblige en principe pas le juge administratif à interpréter les normes concernées comme elles le sont en droit privé; il peut tenir compte des spécificités du droit public (arrêt 2C_860/2008 du 20 novembre 2009 consid. 3.2).
BGE 138 I 232 S. 239
6.2
Appelé à revoir l'application faite d'une norme cantonale ou communale sous l'angle de l'arbitraire, le Tribunal fédéral ne s'écarte de la solution retenue que si celle-ci apparaît insoutenable ou en contradiction manifeste avec la situation effective, ou encore si elle a été adoptée sans motifs objectifs et en violation d'un droit certain. En outre, il ne suffit pas que les motifs de la décision critiquée soient insoutenables, encore faut-il que cette dernière soit arbitraire dans son résultat (
ATF 136 I 316
consid. 2.2.2 p. 318 s.;
ATF 135 V 2
consid. 1.3 p. 4), ce qu'il appartient au recourant de démontrer en vertu de l'
art. 106 al. 2 LTF
(
ATF 133 II 396
consid. 3.2 p. 400).
6.3
Les premiers juges considèrent tout d'abord que la prime en question est destinée à compenser les inconvénients effectifs, directs ou indirects, causés par l'horaire de travail. Ces désagréments n'étant pas subis pendant les vacances, la prime correspondante n'est pas octroyée par le Statut et le règlement. Cette argumentation ne saurait toutefois être décisive, du moment que le seul critère à considérer, selon la jurisprudence en droit privé, réside dans le caractère régulier et durable des suppléments versés. Les premiers juges ne prétendent pas à cet égard que des spécificités du droit public justifieraient ici une interprétation divergente de celle du droit privé.
6.4
Les premiers juges insistent également sur le fait que la question de la rémunération des vacances dans les professions impliquant un travail de nuit, en fin de semaine et les jours fériés n'est pas récente. Elle était actuelle en 1999 déjà, lorsque le Statut a été négocié et adopté. L'absence de toute contestation des organisations syndicales pendant les dix premières années qui ont suivi démontre que la pratique aujourd'hui contestée correspondait à ce qui avait été convenu. Cette argumentation n'apparaît pas déterminante. Les TPG ne peuvent rien tirer de l'absence de réclamation du recourant, qui ne saurait être interprétée comme une renonciation à faire valoir ses droits éventuels (cf.
ATF 132 III 172
p. 176 consid. 3.3;
ATF 126 III 337
consid. 7b p. 344).
6.5
Les premiers juges font enfin référence à l'art. 61 ch. 3 du règlement.
6.5.1
Cette disposition traite du droit aux vacances lors d'un engagement ou d'une démission en cours d'année. Elle prévoit que si les vacances n'ont pas pu être prises, elles sont payées. En cas de paiement, les jours sont convertis en heures. Un jour est équivalent à la durée moyenne du travail journalier de la rotation. Les fractions de jour sont prises en compte pour tous les calculs; elles ne sont donc ni arrondies, ni abandonnées. Les premiers juges en déduisent que les
BGE 138 I 232 S. 240
employés engagés ou démissionnaires en cours d'année, qui n'ont pas pu prendre leurs vacances, reçoivent une rémunération proportionnelle à leur droit aux vacances calculée sur le salaire de base, à l'exclusion des primes pour inconvénients (la rémunération tenant compte, en revanche, du temps de travail la nuit, le week-end et les fins de semaine ainsi que des majorations en temps de travail pour le travail de nuit). Les premiers juges retiennent que ce mode de rémunération est l'expression d'une règle plus générale et vaut donc non seulement dans l'hypothèse envisagée par l'art. 61 ch. 3 du règlement, mais également lorsque le salaire est versé pendant les vacances. Ils en concluent que le règlement exclut de façon explicite la prise en compte des primes dans le calcul du salaire afférent aux vacances, de sorte que l'
art. 329d CO
ne trouve pas application.
6.5.2
Le recourant ne conteste pas cette interprétation du règlement par les premiers juges, qui n'apparaît du reste pas d'emblée insoutenable. En l'absence de tout grief à ce propos, le Tribunal fédéral n'a aucune raison de s'en écarter. Partant, on peut tenir pour acquis que le règlement comme tel ne contient pas une lacune, qui justifierait, sur le point ici en discussion, l'application du code des obligations à titre de droit cantonal supplétif et de la jurisprudence y relative.
7.
7.1
Le recourant déclare encore que même si le caractère exhaustif du règlement était admis, la jurisprudence de l'
ATF 132 III 172
s'imposait à l'intimée depuis décembre 2005.
7.2
Cet argument pose la question de la portée des règles minimales du CO dans le domaine du droit cantonal de la fonction publique au regard du principe de l'égalité de traitement. Le recourant peut certes s'appuyer sur l'avis de MOSIMANN qui considère que les règles minimales du CO doivent s'appliquer dans le droit de la fonction publique si elles sont plus favorables (HANS-JAKOB MOSIMANN, Arbeitsrechtliche Minimal Standards für die öffentliche Hand?, ZBl 99/1998 p. 449 ss; plus spécialement p. 462 ss). Cette conception n'est toutefois pas unanimement partagée (d'un avis plus nuancé, MARTIN BERTSCHI, Auf der Suche nach dem einschlägigen Recht im öffentlichen Personalrecht, ZBl 105/2004 p. 617 ss, plus spécialement p. 628 ss; contra: LILIANE SUBILIA-ROUGE, La nouvelle LPers: quelques points de rencontre avec le droit privé du travail, RDAF 2003 I p. 289 ss, plus spécialement p. 297, qui estime nécessaire de considérer les avantages et désavantages respectifs de chaque système, lesquels s'équilibrent globalement, sans qu'il se justifie de procéder à une comparaison des systèmes
BGE 138 I 232 S. 241
point par point). Cependant, comme on l'a vu, le droit de la fonction publique peut comporter des contraintes plus sévères sur certains points (supra consid. 6.1; voir également l'arrêt 2P.107/2006 du 17 janvier 2007 consid. 5.2). Par ailleurs, le recourant ne prétend pas qu'un examen comparatif lui serait défavorable dans le cas concret. | mixed |
2763de51-028b-463f-85e9-9d0dd9b4e544 | Sachverhalt
ab Seite 52
BGE 144 IV 52 S. 52
A.
In der Anklageschrift vom 14. Dezember 2015 wirft die Bundesanwaltschaft X. zusammengefasst vor, zwischen Februar 2006 und April 2008 rund 500 Investoren vorgegeben zu haben, er würde das von ihnen an die E. SA, die F. EF und die F. GmbH überwiesene Kapital in ihrem Interesse verwalten beziehungsweise anlegen, obwohl er das überwiesene Kapital nicht angelegt, sondern entgegen den getroffenen Vereinbarungen und Versprechungen anderen Zwecken zu seinem Vorteil sowie zum Vorteil von ihm nahestehenden Dritten zugeführt und so den Investoren einen Schaden von total rund EUR 22'800'000.- zugefügt habe. Rund EUR 12'700'000.- des so erlangten Geldes soll er in qualifizierter Art und Weise gewaschen haben. Schliesslich soll er als verantwortliches Organ beziehungsweise als Geschäftsführer der E. SA, der F. EF und der F. GmbH wiederholt Handlungen vorgenommen haben, durch welche die Überschuldung dieser Gesellschaften herbeigeführt oder verschlimmert worden sei.
Am 28. April 2016 ergänzte die Bundesanwaltschaft die Anklageschrift.
BGE 144 IV 52 S. 53
B. | mixed |
e14a9680-d8c3-410a-9a30-7ff18dcdbf10 | Sachverhalt
ab Seite 189
BGE 129 IV 188 S. 189
A.-
Mit Urteil vom 5. Juli 2001 sprach das Kreisgericht X Thun A. der mehrfachen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz und der mehrfachen Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von 18 Monaten und zu einer Busse von Fr. 500.-. In einem Fall, welcher Geschäfte mit insgesamt mindestens 270 g reinem Kokain betraf, erkannte das Kreisgericht auf mengenmässig qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von
Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG | mixed |
54473fa4-4e1b-4ab4-b285-64ca98086217 | Sachverhalt
ab Seite 129
BGE 119 IV 129 S. 129
A.-
G. betreibt seit Januar 1984 in O. eine Karosseriewerkstatt. Daneben handelt er mit Gebrauchtwagen. In der Zeit vom 19. April 1988 bis zum 17. November 1989 baute er an 23 Fahrzeugen den Kilometerzähler aus, stellte den Kilometerstand um einige tausend bzw. zehntausend Einheiten zurück und verkaufte die Wagen unter Angabe des niedrigeren falschen Kilometerstandes. In drei Fällen trug er den unrichtigen Kilometerstand überdies in den Kaufvertrag ein.
B.-
Am 1. September 1992 sprach ihn das Strafamtsgericht X. schuldig des wiederholten einfachen Betruges und verurteilte ihn zu acht Monaten Gefängnis, bedingt bei einer Probezeit von drei Jahren, und zur Rückerstattung des unrechtmässig erzielten Gewinnes von Fr. 18'000.-- an den Staat. Von der Anschuldigung der Urkundenfälschung sprach es ihn frei.
C.-
Auf Appellation des stellvertretenden Prokurators 3 hin erklärte das Obergericht des Kantons Bern G. am 18. Dezember 1992
BGE 119 IV 129 S. 130
schuldig des gewerbsmässigen Betruges und bestrafte ihn mit einem Jahr Zuchthaus, bedingt bei einer Probezeit von drei Jahren, und mit einer Busse von Fr. 500.--. Zufolge Teilrechtskraft des erstinstanzlichen Urteils bestätigte es den Freispruch vom Vorwurf der Urkundenfälschung sowie die Verurteilung zur Rückerstattung des unrechtmässig erzielten Gewinnes von Fr. 18'000.-- an den Staat.
D.-
G. erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zu seiner Verurteilung wegen einfachen Betruges an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen
Erwägungen:
1.
a) Das Strafamtsgericht führt aus, die neuere Rechtsprechung stelle hohe Anforderungen an die Gewerbsmässigkeit. Das Vorgehen des Beschwerdeführers liege nahe bei der Gewerbsmässigkeit, erfülle deren Voraussetzungen jedoch nicht. Die Manipulationen am Kilometerzähler stellten gegenüber dem gesamten Handeln des Beschwerdeführers nur einen vergleichsweise kleinen Teilaspekt dar. Er habe bei jedem dritten Wagen den Kilometerstand geändert. Darauf sei der kleinere Teil des Gesamtgewinns bei diesen Fahrzeugen zurückzuführen. Der Grossteil des Gewinns sei erzielt worden aufgrund der Arbeitsleistung (Instandstellen und Prüfen). Von namhaften Beträgen könne nicht gesprochen werden. Der Beschwerdeführer sei nicht berufsmässig vorgegangen. Sein Verschulden wiege objektiv schwer. Anderseits habe er sich seit Begehung der Taten klaglos verhalten. Er sei von Anfang an geständig gewesen und zeige aufrichtige Reue und Einsicht. Den Schaden habe er gutgemacht, soweit ein solcher von den Käufern geltend gemacht worden sei. Er lebe in geordneten Verhältnissen und geniesse einen guten Ruf.
b) Die Vorinstanz bejaht demgegenüber die Gewerbsmässigkeit. Ein gewichtiges Indiz für die Gewerbsmässigkeit liege darin, dass der Beschwerdeführer die strafbaren Handlungen im Rahmen seiner legalen Erwerbstätigkeit begangen habe. Er habe pro Wagen rund zwei Stunden Arbeit für die Manipulation am Kilometerzähler eingesetzt. Zudem sei die Suche nach geeigneten Fahrzeugen mit einem
BGE 119 IV 129 S. 131
Zeitaufwand verbunden gewesen. Er habe für die Manipulationen eine gewisse Fingerfertigkeit entwickeln müssen. In drei Fällen habe er in den Kaufverträgen den falschen Kilometerstand eingetragen, und er habe mehrmals die zu den Fahrzeugen gehörenden Servicehefte vernichtet. Während den hier zu beurteilenden 19 Monaten habe er 40 bis 50 Wagen umgesetzt. Dabei habe er an 23 Fahrzeugen, also an etwa jedem zweiten Wagen, den Kilometerstand geändert. Insgesamt habe er 1,2 Millionen Kilometer zurückgedreht. Der Gewinn aus der strafbaren Tätigkeit betrage Fr. 18'000.--. Es ergebe sich demnach ein Durchschnittsgewinn pro manipuliertes Fahrzeug von Fr. 782.-- oder ein monatlicher Mehrgewinn von knapp Fr. 1'000.--. In einem Kleinbetrieb sei ein derartiger zusätzlicher Gewinn von erheblicher Bedeutung. Der Beschwerdeführer sei aufgrund einer im Immobilienbereich getätigten Fehlinvestition aus existentiellen Gründen auf die Mehreinnahme angewiesen gewesen. Die strafbare Tätigkeit habe wesentlich an die Finanzierung seiner Lebensgestaltung beigetragen. Ein Indiz für die Berufsmässigkeit stelle das systematische Vorgehen bzw. das Entwickeln einer eigentlichen Methode dar. Schon beim Einkauf der Gebrauchtwagen habe er darauf geachtet, Fahrzeuge zu erstehen, die für ihr Alter eine hohe Anzahl Kilometer, wenn möglich bereits über hunderttausend, aufgewiesen hätten. Er habe die Marke "Volkswagen" bevorzugt, da sich diese wegen ihrer Preisbeständigkeit für die Manipulationen besonders geeignet habe. Er habe einzig deshalb nur bei jedem zweiten Wagen den Kilometerstand zurückgedreht, weil nicht bei allen Fahrzeugen die Voraussetzungen dazu gegeben gewesen seien. Denn nach der Manipulation hätte der Kilometerstand jeweils ungefähr zum Alter des Wagens passen müssen. Der Beschwerdeführer hätte, wie er zugebe, die strafbare Tätigkeit fortgeführt, wenn sie nicht entdeckt worden wäre. Die angedrohte Mindeststrafe von einem Jahr Zuchthaus sei angemessen. Die Tat wiege objektiv schwer. In subjektiver Hinsicht bestätigt die Vorinstanz die zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Strafzumessungserwägungen des Strafamtsgerichts.
c) Der Beschwerdeführer wendet im wesentlichen ein, seine Einkünfte aus der strafbaren Tätigkeit seien im Verhältnis zu seinen Gesamteinnahmen vergleichsweise unbedeutend gewesen. Er habe nur bei jedem dritten Fahrzeug den Kilometerstand geändert. Der Umstand, dass er die Manipulationen im Rahmen einer legalen Erwerbstätigkeit vorgenommen habe, lasse keinen Schluss auf Gewerbsmässigkeit zu. Die für die Manipulation aufgewendete Zeit
BGE 119 IV 129 S. 132
von anderthalb Stunden pro Fahrzeug sei gering. Er sei von der Anklage der Falschbeurkundung rechtskräftig freigesprochen worden. Deshalb dürfe es nicht als Indiz für die Gewerbsmässigkeit betrachtet werden, dass er in drei Fällen den falschen Kilometerstand in den Kaufvertrag eingetragen habe. Schliesslich sei hier die Mindeststrafe von einem Jahr Zuchthaus für gewerbsmässigen Betrug unverhältnismässig. Wiederholt begangener Betrug in 23 Fällen mit einem Gesamtdeliktsbetrag von Fr. 18'000.-- werde normalerweise mit einer Strafe von unter einem Jahr Zuchthaus geahndet, insbesondere bei einem Ersttäter.
2.
Im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde ist das Bundesgericht an die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Behörde gebunden (
Art. 277bis Abs. 1 BStP
). Die Vorinstanz stellt fest, dass der Beschwerdeführer den Kilometerstand bei jedem zweiten Wagen geändert und dafür pro Fahrzeug zwei Stunden aufgewendet hat. Soweit der Beschwerdeführer von einem anderen Sachverhalt ausgeht, ist er nicht zu hören.
3.
a) Betrug wird gemäss
Art. 148 Abs. 1 StGB
mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder mit Gefängnis (von mindestens drei Tagen,
Art. 36 StGB
) bestraft. Nach
Art. 148 Abs. 2 StGB
wird der Betrüger mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und mit Busse bestraft, wenn er den Betrug gewerbsmässig betreibt. Die Mindeststrafe beträgt in diesem Fall somit ein Jahr Zuchthaus (
Art. 35 StGB
).
Das Bundesgericht hat in
BGE 116 IV 319
ff. seine Rechtsprechung zum Qualifikationsgrund der Gewerbsmässigkeit geändert. Nach der neuen Rechtsprechung liegt im Begriff des berufsmässigen Handelns der Ansatzpunkt für die Umschreibung der Gewerbsmässigkeit. Der Täter handelt berufsmässig, wenn sich aus der Zeit und den Mitteln, die er für die deliktische Tätigkeit aufwendet, aus der Häufigkeit der Einzelakte innerhalb eines bestimmten Zeitraums sowie aus den angestrebten und erzielten Einkünften ergibt, dass er die deliktische Tätigkeit nach der Art eines Berufes ausübt. Diese abstrakte Umschreibung gilt für das gesamte Vermögensstrafrecht. Sie kann aber nur Richtlinienfunktion haben. Eine Konkretisierung der Umschreibung ist angesichts der unterschiedlichen Phänomenologie und der unterschiedlich hohen Mindeststrafen nur für die einzelnen Tatbestände oder für einzelne Gruppen gleichartiger Tatbestände möglich. Eine quasi "nebenberufliche" deliktische Tätigkeit kann genügen. Wesentlich für die Annahme von Gewerbsmässigkeit ist, dass sich der Täter, wie aus den gesamten Umständen geschlossen werden muss, darauf eingerichtet hat, durch
BGE 119 IV 129 S. 133
deliktische Handlungen Einkünfte zu erzielen, die einen namhaften Beitrag an die Kosten zur Finanzierung seiner Lebensgestaltung darstellen; dann ist die erforderliche soziale Gefährlichkeit gegeben. Es ist nach wie vor notwendig, dass der Täter die Tat bereits mehrfach begangen hat, dass er in der Absicht handelte, ein Erwerbseinkommen zu erlangen, und dass aufgrund seiner Taten geschlossen werden muss, er sei zu einer Vielzahl von unter den fraglichen Tatbestand fallenden Taten bereit gewesen. Der Richter hat bei der Entscheidung der Frage, ob im konkreten Fall Gewerbsmässigkeit gegeben sei, stets auch die Höhe der angedrohten Mindeststrafe zu berücksichtigen. Denn bei der Auslegung von Straftatbeständen ist auch der angedrohten Strafe Rechnung zu tragen (E. 4).
b) Nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz hat der Beschwerdeführer in den zu beurteilenden 19 Monaten bei 23 Fahrzeugen den Kilometerstand geändert und dadurch einen Gewinn von insgesamt Fr. 18'000.-- oder monatlich knapp Fr. 1'000.-- erzielt. Er hat sich somit durch ein strafbares Verhalten von einiger Intensität ein regelmässiges Zusatzeinkommen verschafft. Er entwickelte eine bestimmte Methode und ging planmässig vor. Zudem hatte er sich darauf eingerichtet, durch deliktische Handlungen Einkünfte zu erzielen, die einen namhaften Beitrag an die Kosten zur Finanzierung seiner Lebensgestaltung darstellten. Zu Recht hat die Vorinstanz den Eintrag des falschen Kilometerstandes in drei Kaufverträgen als weiteres Indiz für die Gewerbsmässigkeit berücksichtigt. Der insoweit erfolgte Freispruch von der Anklage der Falschbeurkundung aufgrund der neueren restriktiven Rechtsprechung des Bundesgerichts zu diesem Tatbestand (
BGE 118 IV 364
f. mit Hinweisen) hinderte sie daran nicht.
In Anbetracht dieser Umstände verletzt die Bejahung der Gewerbsmässigkeit Bundesrecht nicht. Sie lässt sich rechtfertigen auch unter Berücksichtigung der Strafdrohung. Die verhängte Mindeststrafe ist jedenfalls vertretbar auch mit Blick auf die zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte und den Deliktsbetrag von Fr. 18'000.--. | mixed |
7460ed20-6d04-4447-82c9-43ea04f054d4 | Sachverhalt
ab Seite 18
BGE 134 IV 17 S. 18
A.
Ende Januar 2006 übergab X. in ihrer Wohnung in Zürich 22 Gramm reines Kokain gegen einen Barbetrag von Fr. 2'600.- an A. Am folgenden Tag war sie bei ihrer Verhaftung im Besitz von 940 Gramm Kokain (Reinheitsgrad 55 % bzw. 60 %), welches sie wenige Tage zuvor im Hauptbahnhof Zürich von einem Unbekannten übernommen hatte und für diesen gegen eine Provision von maximal Fr. 20'000.- zu verkaufen beabsichtigte.
B.
Das Bezirksgericht Zürich (8. Abteilung) sprach X. am 2. Juni 2006 der qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19 Ziff. 1 Abs. 4 und 5 in Verbindung mit
Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG
) schuldig und bestrafte sie mit 27 Monaten Gefängnis.
Dagegen erhob X. Berufung mit den Anträgen, sie sei mit einer Freiheitsstrafe von höchstens 24 Monaten zu bestrafen und der
BGE 134 IV 17 S. 19
Vollzug der Freiheitsstrafe sei unter Ansetzung einer angemessenen Probezeit aufzuschieben.
Das Obergericht des Kantons Zürich bestrafte X. mit Urteil vom 26. Februar 2007 in Anwendung des inzwischen in Kraft getretenen neuen Rechts mit 27 Monaten Freiheitsstrafe. Es schob den Vollzug dieser Strafe im Umfang von 15 Monaten unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren auf. Im übrigen Umfang von 12 Monaten wurde die Strafe als vollziehbar erklärt.
C.
X. erhebt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 26. Februar 2007 sei aufzuheben, sie sei mit einer Freiheitsstrafe von höchstens 24 Monaten zu bestrafen und der Vollzug der Freiheitsstrafe sei unter Ansetzung einer angemessenen Probezeit aufzuschieben. Zudem ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde in Strafsachen ab. Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Die Beschwerdeführerin wendet sich ausschliesslich gegen die Strafzumessung. Die Vorinstanz hat diese nach neuem Recht vorgenommen, weil es im vorliegenden Fall den teilbedingten Strafvollzug erlaube und damit für die Beschwerdeführerin milder sei. Diese Beurteilung ist zutreffend und wird von der Beschwerdeführerin denn auch nicht beanstandet.
2.1
Der am 1. Januar 2007 in Kraft getretene neue Allgemeine Teil des Strafgesetzbuches hat die bisher geltenden Strafzumessungsgrundsätze in
Art. 47 Abs. 1 StGB
beibehalten. Danach misst der Richter die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Er berücksichtigt das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Die Bewertung des Verschuldens wird in
Art. 47 Abs. 2 StGB
dahingehend präzisiert, dass dieses nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt wird, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden.
Es liegt im Ermessen des Sachrichters, in welchem Umfang er die verschiedenen Strafzumessungsfaktoren berücksichtigt. Die Strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts greift auf Beschwerde in
BGE 134 IV 17 S. 20
Strafsachen hin nur in die Strafzumessung ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen beziehungsweise in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch gewichtet hat (vgl.
BGE 129 IV 6
E. 6.1;
BGE 127 IV 101
E. 2;
BGE 124 IV 286
E. 4a).
Nach
Art. 50 StGB
hat der Richter, sofern er sein Urteil zu begründen hat, die für die Zumessung der Strafe erheblichen Umstände und deren Gewichtung festzuhalten. Diese nunmehr gesetzlich festgeschriebene Begründungspflicht entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichts zum alten Recht, wonach der Richter die Überlegungen, die er bei der Bemessung der Strafe vorgenommen hat, in den Grundzügen wiedergeben muss, so dass die Strafzumessung nachvollziehbar ist. Besonders hohe Anforderungen an die Begründung der Strafzumessung werden unter anderem gestellt, wenn die ausgesprochene Strafe ungewöhnlich hoch oder auffallend milde ist (
BGE 127 IV 101
E. 2c;
BGE 121 IV 49
E. 2a/aa;
BGE 120 IV 136
E. 3a;
BGE 118 IV 337
E. 2a).
2.2
Die Vorinstanz hat im angefochtenen Urteil die Strafzumessung ausführlich begründet. Sie hat zunächst die objektiven und subjektiven Tatkomponenten gewichtet. Das Tatverschulden sei als erheblich einzustufen. Die Beschwerdeführerin habe die grosse Menge von zirka 1 Kilogramm Kokain entgegengenommen und sei bereit gewesen, diese wegen der in Aussicht stehenden Provision von maximal Fr. 20'000.- weiterzuveräussern. Sie habe die Betäubungsmittelmenge gestreckt und portioniert und sich hiefür eine Waage angeschafft. Sie habe im Zeitpunkt ihrer Verhaftung bereits Kokain für Fr. 2'600.- veräussert. Dass die Beschwerdeführerin die in Aussicht stehende Provision für die ärztliche Behandlung ihres in den USA lebenden älteren Sohnes verwenden wollte, ist gemäss den Ausführungen im angefochtenen Urteil nur leicht strafmindernd zu berücksichtigen, da es nicht angehe, zu diesem Zweck durch den Handel mit Betäubungsmitteln die Gesundheit von zahlreichen anderen Menschen zu gefährden. Aufgrund der objektiven und subjektiven Tatkomponenten erscheint der Vorinstanz eine Freiheitsstrafe von 36-39 Monaten angemessen. Die Vorinstanz hat sodann die Täterkomponenten gewichtet. Sie sieht keine aussergewöhnlichen Umstände, welche der Beschwerdeführerin unter dem Titel der Strafempfindlichkeit beziehungsweise der Wirkung der Strafe zu ihren Gunsten anzurechnen wären. Die Verbüssung einer
BGE 134 IV 17 S. 21
Freiheitsstrafe stelle an sich für jeden in ein familiäres oder soziales Umfeld eingebetteten Verurteilten eine gewisse Härte dar. Die Beschwerdeführerin habe im Zeitpunkt ihrer deliktischen Tätigkeit sehr genau gewusst, dass sie für ihren jüngeren Sohn aufzukommen habe, der im Übrigen nicht mehr bei seinem Vater, sondern nunmehr ebenfalls in der Familie ihrer Tochter lebe. Die Vorinstanz gewichtet hingegen die Vorstrafenlosigkeit, das Geständnis und das kooperative Verhalten der Beschwerdeführerin in der Strafuntersuchung insgesamt klar strafmindernd. Unter Berücksichtigung dieser Täterkomponenten erscheint ihr eine Freiheitsstrafe von 28-30 Monaten angemessen. Wegen des Verbots der "reformatio in peius" bestimmt die Vorinstanz die Strafe in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils auf 27 Monate.
2.3
Was die Beschwerdeführerin gegen diese Strafzumessungserwägungen der Vorinstanz vorbringt, überzeugt nicht. Von einem bloss geringen Verschulden kann keine Rede sein. Der Einwand der Beschwerdeführerin, sie habe mangels Vergleichswerten nicht einschätzen können, wie viele Personen mit der fraglichen Menge Kokain gefährdet werden könnten, ist unbehelflich. Bereits aus der ihr zugesicherten Provision von maximal Fr. 20'000.- konnte sie ersehen, dass es sich um eine grosse Betäubungsmittelmenge und damit auch um ein erhebliches Gefährdungspotential handelte. Dass die Beschwerdeführerin eine relativ untergeordnete Stellung hatte, kann sich nicht weitergehend auf die Verschuldensbewertung auswirken. Die Erwägung der Vorinstanz, von einer "sehr" untergeordneten Funktion könne keine Rede sein, ist nicht zu beanstanden. Die Feststellung der Vorinstanz, die deliktische Tätigkeit habe sich zwar tatsächlich nur über eine kurze Zeit erstreckt, doch sei sie nicht aus eigenem Antrieb, sondern durch die Verhaftung der Beschwerdeführerin beendet worden, ist vertretbar, zumal die Beschwerdeführerin selbst ausdrücklich erklärt hat, sie hätte auch noch weiteres Kokain verkauft. Dass die Vorinstanz aus der kurzen Dauer der deliktischen Tätigkeit nichts zu Gunsten der Beschwerdeführerin ableitete, ist deshalb nicht zu beanstanden. Zu Recht hat die Vorinstanz den Umstand, dass die Beschwerdeführerin die Tat begangen hat, um die ärztliche Behandlung ihres nierenkranken älteren Sohnes zu finanzieren, aus den im angefochtenen Urteil erwähnten Gründen nur leicht strafmindernd berücksichtigt. Wenn die Vorinstanz aufgrund aller wesentlichen Strafzumessungsfaktoren eine Freiheitsstrafe im Bereich zwischen 28-30 Monaten als angemessen
BGE 134 IV 17 S. 22
erachtete und die Strafe mit Rücksicht auf das Verschlechterungsverbot auf 27 Monate festlegte, hat sie ihr Ermessen nicht überschritten.
3.
3.1
Die Beschwerdeführerin macht geltend, entgegen der Ansicht der Vorinstanz seien auch nach dem neuen Recht bei der Strafzumessung die Grenzwerte zu berücksichtigen, bei welchen noch der bedingte Strafvollzug (24 Monate) beziehungsweise der teilbedingte Vollzug (36 Monate) möglich sei. Dabei könne allerdings nicht weiterhin nur eine den Grenzwert um höchstens drei Monate übersteigende Strafe auf den Grenzwert herabgesetzt werden. Denn ob eine Strafe den Grenzwert nicht erheblich überschreite, bestimme sich nicht in absoluten Zahlen, sondern in Prozenten des Grenzwerts. Daher könne nicht nur eine Freiheitsstrafe von 27 Monaten, sondern auch noch eine (an sich angemessene) Freiheitsstrafe von 28-29 Monaten auf den Grenzwert von 24 Monaten herabgesetzt werden, bei welchem der vollbedingte Vollzug möglich sei. Selbst eine (an sich angemessene) Freiheitsstrafe von 30 Monaten könne unter diesem Gesichtspunkt auf 24 Monate herabgesetzt werden. Dies dränge sich schon deshalb auf, weil der Richter bei der Strafzumessung zu oft wenig wissenschaftlich und kaum begründet runde Zahlen bevorzuge, weshalb denn auch selten eine Strafe beispielsweise von 29 Monaten ausgefällt werde. Somit sei die von der Vorinstanz in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils ausgefällte Freiheitsstrafe von 27 Monaten ohne weiteres auf 24 Monate herabzusetzen und der Vollzug dieser Strafe unter Ansetzung einer angemessenen Probezeit bedingt aufzuschieben, da die subjektiven Voraussetzungen des bedingten Vollzugs unstreitig erfüllt seien. Dies müsse auch gelten, wenn man eine von der Vorinstanz als angemessen erachtete, aber wegen des Verbots der "reformatio in peius" nicht ausgefällte Freiheitsstrafe von 28-30 Monaten als massgebenden Ausgangspunkt erachten wollte. Eine Freiheitsstrafe von 28 Monaten überschreite den Grenzwert von 24 Monaten im gleichen Prozentsatz wie eine Freiheitsstrafe von 21 Monaten den altrechtlichen Grenzwert von 18 Monaten.
3.2
Nach der Praxis des Bundesgerichts zum alten Recht war die Grenze von 18 Monaten für die Gewährung des bedingten Strafvollzugs (Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 aStGB) bei der Strafzumessung mit zu berücksichtigen, wenn eine Freiheitsstrafe von nicht erheblich längerer Dauer in Betracht fiel und die Voraussetzungen des bedingten Vollzugs im Übrigen erfüllt waren (
BGE 127 IV 97
E. 3 S. 101;
BGE 118 IV 337
BGE 134 IV 17 S. 23
E. 2c S. 339 ff.). Der Richter hat sich nach dieser Rechtsprechung mit der Frage auseinander zu setzen, ob angesichts der persönlichen Verhältnisse des Schuldigen der Vollzug einer Freiheitsstrafe nicht dem Zweck der Verbrechensverhütung zuwiderlaufe. Bejaht er dies - etwa weil sich der Täter im Urteilszeitpunkt in einer gefestigten beruflichen Stellung befindet und in günstigen familiären Verhältnissen lebt und durch den Strafvollzug aus diesem günstigen Umfeld oder einer vorteilhaften Entwicklung herausgerissen würde und damit entsozialisiert werden könnte -, hat er diesem Umstand gemäss Art. 63 aStGB unter dem Gesichtspunkt der persönlichen Verhältnisse strafmindernd Rechnung zu tragen (
BGE 118 IV 337
E. 2c S. 340 f. mit Hinweis). Im Nachgang zu diesem Grundsatzentscheid präzisierte das Bundesgericht, es könne dabei allerdings nur um Fälle von Freiheitsstrafen bis zu 21 Monaten gehen (
BGE 127 IV 97
E. 3 S. 101 mit Hinweisen; Urteil 6S.262/2003 vom 19. Oktober 2003, E. 5.3). Damit wurde die gesetzliche Grenze für den bedingten Strafvollzug in bestimmten Fällen im Ergebnis überschritten. Schon früher war jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen worden, es sei Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, ob er die Möglichkeit des bedingten Strafvollzugs auch für längere Freiheitsstrafen vorsehen will (
BGE 118 IV 337
E. 2c S. 341).
3.3
Diese Möglichkeit besteht nach dem neuen Recht. Nunmehr können Freiheitsstrafen von 6 bis zu 24 Monaten bedingt sowie Freiheitsstrafen von 12 bis zu 36 Monaten teilbedingt ausgesprochen werden (
Art. 42 und 43 StGB
). Bedingte Strafen können mit einer unbedingten Geldstrafe oder mit einer Busse verbunden werden (
Art. 42 Abs. 4 StGB
). Damit wird das System des bedingten Strafvollzugs flexibler und verliert der Grenzwert für den bedingten Vollzug teilweise seine frühere einschneidende Bedeutung, welche der Rechtsprechung zum alten Recht bei Strafen von nicht erheblich mehr als 18 Monaten zu Grunde lag (siehe dazu bereits Urteil 6S.262/2003 vom 19. Oktober 2003, E. 5.3). Ziel der Revision war, mit teilbedingten Strafen im Sinne von
Art. 43 StGB
sowie mit der Strafenkombination nach
Art. 42 Abs. 4 StGB
die Sanktion in erhöhtem Masse zu individualisieren und den Strafvollzug zu entlasten, namentlich dort, wo früher eine unbedingte Freiheitsstrafe verhängt werden musste. Das gilt ohne Einschränkungen für zwei Jahre übersteigende Freiheitsstrafen, wobei die Möglichkeit zur Individualisierung durch die Obergrenze des bedingten Strafvollzugs (
Art. 42 Abs. 1 StGB
) beziehungsweise die Verschuldensklausel (
Art. 43 Abs. 1 StGB
)
BGE 134 IV 17 S. 24
begrenzt wird. Solche Freiheitsstrafen müssen zum Schuldausgleich teilweise vollstreckt werden, selbst wenn ihr vollständiger Aufschub unter spezialpräventiven Gesichtspunkten vorzuziehen wäre (
BGE 134 IV 1
E. 5.4.3 S. 13; Urteile 6B_43/2007 vom 12. November 2007, E. 4.4.3 nicht publ. in
BGE 134 IV 53
; 6B_214/2007 vom 13. November 2007, E. 5.10.3). Bei Freiheitsstrafen von mehr als drei Jahren kommt nur der vollständige Vollzug in Frage. Auch die relativ flexible Regelung im neuen Sanktionensystem sieht somit notwendigerweise objektive und starre Grenzen vor. Der Gesetzgeber hat diese - teils nach eingehendem politischen Ringen - neu festgesetzt in der offenkundigen Meinung, dass damit der Bereich des Vorranges spezialpräventiver Gesichtspunkte klar umschrieben wird. Es bleibt kein Raum, diese Grenzen auf dem Weg der Gesetzesauslegung wieder zu relativieren und entgegen dem klaren Wortlaut einen erweiterten Grenzbereich offen zu halten, um besonderen Anliegen eines Täters entgegenzukommen.
3.4
Damit wird nicht ausgeschlossen, die Folgen einer unbedingten Freiheitsstrafe in die Würdigung mit einzubeziehen. Dies hat im normalen Rahmen der Strafzumessung zu erfolgen.
Art. 47 Abs. 1 StGB
verlangt, bei der Festlegung der Strafe deren Wirkung auf das Leben des Täters zu berücksichtigen. Dass der Verurteilte durch die Verbüssung einer Freiheitsstrafe aus einem günstigen Umfeld herausgerissen wird, kann sich deshalb im einzelnen Fall nach wie vor strafmindernd auswirken und zur Folge haben, dass die auszufällende Strafe unter der schuldangemessenen Strafe liegt. Ob und wie weit dieser Strafminderungsgrund zum Tragen kommt, hängt von den konkreten Umständen ab und ist an sich unabhängig von der Höhe der Strafe.
3.5
Losgelöst davon hat der Richter bei der Strafzumessung angesichts der einschneidenden Konsequenzen des unbedingten Vollzugs den Umstand mit zu berücksichtigen, dass die subjektiven Voraussetzungen des Strafaufschubs im Sinne einer günstigen beziehungsweise nicht ungünstigen Prognose im konkreten Einzelfall an sich erfüllt sind. Diese folgenorientierte Überlegung kann durchaus in die Strafzumessung einfliessen, bei welcher dem Richter ein weites Ermessen zusteht. Liegt die ins Auge gefasste Sanktion in einem Bereich, der die Grenze für den bedingten Vollzug (24 Monate) beziehungsweise für den teilbedingten Vollzug (36 Monate) - wie übrigens auch für die Halbgefangenschaft nach
Art. 77b StGB
(1 Jahr) - mit umfasst, so hat sich der Richter die Frage zu stellen, ob eine
BGE 134 IV 17 S. 25
Strafe, welche die Grenze nicht überschreitet, noch vertretbar ist. Bejaht er sie, hat er diese Strafe zu verhängen. Andernfalls ist es ihm unbenommen, auch eine nur unwesentlich über dem Grenzwert liegende - angemessene und begründbare - Strafe auszufällen. Mit der Festlegung einer Obergrenze hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass der Täter, gegen welchen eine Strafe jenseits dieses Grenzbereichs auszusprechen ist, die nachteiligen Auswirkungen des Strafvollzugs auf sich zu nehmen hat. Dies gilt für den Täter, dessen Strafe nur knapp über der gesetzlichen Obergrenze liegt, genauso wie für denjenigen, welcher eine klar darüber hinausgehende, langjährige Freiheitsstrafe zu verbüssen hat. Die Praxis zum alten Recht hat teilweise dazu verleitet, eine Freiheitsstrafe von 22 oder gar 24 Monaten zu verhängen, obwohl eine kürzere, aber über 18 Monate liegende Strafe auch angemessen gewesen wäre. Dass dies nicht im Interesse des Täters lag, bedarf keiner weiteren Begründung. Erforderlich ist eine Strafzumessung, die alle wesentlichen Umstände berücksichtigt, wobei der Richter sein pflichtgemässes Ermessen auszuüben und gleichzeitig die klaren gesetzlichen Schranken zu beachten hat.
3.6
Zusammenfassend ist deshalb festzuhalten, dass die in
BGE 118 IV 337
begründete Praxis nicht ins neue Recht übernommen werden kann. Führt die Strafzumessung unter Würdigung aller wesentlichen Umstände zu einer Freiheitsstrafe, welche im Bereich eines Grenzwertes liegt, hat sich der Richter zu fragen, ob - zugunsten des Beschuldigten - eine Sanktion, welche die Grenze nicht überschreitet, noch innerhalb des Ermessensspielraumes liegt. Bejaht er die Frage, hat er die Strafe in dieser Höhe festzulegen. Verneint er sie, ist es zulässig, auch eine nur unwesentlich über der Grenze liegende Freiheitsstrafe auszufällen. In jedem Fall hat der Richter diesen Entscheid im Urteil ausdrücklich zu begründen, andernfalls er seiner Begründungspflicht nach
Art. 50 StGB
nicht nachkommt.
3.7
Die Vorinstanz führt in ihrem Urteil aus, es bestehe - auch und insbesondere angesichts der neu geschaffenen Möglichkeit des teilbedingten Strafvollzugs - keine Notwendigkeit, die Grenze von 24 Monaten für die Gewährung des vollbedingten Strafvollzugs anzuheben beziehungsweise etwa eine Freiheitsstrafe von 27 Monaten auf 24 Monate herabzusetzen, um der Beschwerdeführerin dadurch den bedingten Strafvollzug zu ermöglichen. Hinzu komme, dass vorliegend ohnehin eine Freiheitsstrafe von etwa 28-30 Monaten schuldangemessen wäre. Die Ausfällung einer Freiheitsstrafe von 27
BGE 134 IV 17 S. 26
Monaten erfolge lediglich mit Rücksicht auf das Verschlechterungsverbot. Auch dies spreche gegen eine weitere Reduktion. Mit diesen Erwägungen hat die Vorinstanz dargelegt, dass eine Freiheitsstrafe von höchstens 24 Monaten, welche den vollbedingten Vollzug ermöglicht, nicht mehr angemessen ist. | mixed |
c5cd102a-17b4-4aaf-b19f-39910b6ab7af | Sachverhalt
ab Seite 321
BGE 116 IV 319 S. 321
A.-
In der Zeit von Anfang 1987 bis April 1988 begingen die Eheleute M. und R. X. insgesamt 22 bis 24 Betrüge zum Nachteil des Möbelgeschäfts Interio AG in einem Deliktsbetrag von total ca. Fr. 5'500.--. Diese Betrüge verübten sie dadurch, dass sie in der Filiale Pratteln die Preisschilder an den Waren, die sie zu kaufen beabsichtigten, gegen Preisschilder mit einem niedrigeren Preis auswechselten, beim Kauf diesen niedrigeren Preis zahlten, einige Tage später die Waren, die sie wieder mit den Original-Preisetiketten versehen hatten, unter irgendeinem Vorwand zu einer Interio-Filiale in Pratteln, Dietlikon ZH, Emmenbrücke LU, Abtwil SG, Morges VD oder in Genf zurückbrachten und sich dafür den höheren Preis gemäss dem Original-Preisschild auszahlen liessen. Zweimal brachten die Eheleute X. die Möbel nicht selber zurück, sondern liessen sie, im Sommer 1987 und im April 1988, durch Bekannte zurückbringen, denen sie für diese Dienste jeweils ca. Fr. 200.-- übergaben. Die Eheleute X. verübten sodann am 2. Mai 1987 und am 1. März 1988 je einen Betrug zum Nachteil der Secura Versicherung und der Europäischen Reise-Versicherungs AG mit einer Deliktssumme von total Fr. 2'786.50. Sie meldeten diesen Versicherungsgesellschaften wahrheitswidrig den angeblichen Diebstahl von Waren, den sie zuvor der Polizei wider besseres Wissen angezeigt hatten. Von der Secura Versicherung erhielten sie den ganzen angeblichen Schaden von Fr. 230.-- ersetzt; von der Europäischen Reise-Versicherung AG, der sie eine Schadenssumme von Fr. 6'805.50 angegeben hatten, erhielten sie den Betrag von Fr. 2'556.50.
BGE 116 IV 319 S. 322
B.-
Am 13. Januar 1989 verurteilte das Strafgericht Basel-Land M. und R. X. wegen wiederholten und fortgesetzten vollendeten sowie wegen versuchten Betrugs, wegen wiederholter und fortgesetzter Urkundenfälschung und wegen wiederholter Irreführung der Rechtspflege zu bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafen von sechs Monaten bei einer Probezeit von zwei Jahren. Auf Appellation der Staatsanwaltschaft bestätigte das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft am 22. August 1989 den erstinstanzlichen Entscheid.
C.-
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur Verurteilung der Angeklagten wegen gewerbsmässigen Betrugs an die Vorinstanz zurückzuweisen.
D.-
M. und R. X. beantragen Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde. Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
a) Die 1. Instanz verneinte die Gewerbsmässigkeit im wesentlichen mit der Begründung, dass die Bereitschaft, um des Verdienstes willen unbestimmt viele Opfer zu schädigen, nicht erstellt sei; die Beschwerdegegner hätten nur die drei Firmen Interio AG (wobei sie allerdings sechs Filialen heimsuchten), Secura Versicherung und Europäische Reise-Versicherungs AG geschädigt und es könne ihnen auch nicht unterstellt werden, dass sie ohne die am 2. Mai 1988 erfolgte Anhaltung ihr deliktisches Tätigkeitsfeld ausgeweitet hätten. Die 1. Instanz vertrat im weiteren die Auffassung, dass auch die Deliktssumme von total rund Fr. 8'300.-- und der angesichts der Spesen für die Autofahrten erheblich geringere Reingewinn eher gegen eine gewerbsmässige Aktivität sprächen. Nach Meinung der 1. Instanz legt das in
Art. 148 Abs. 2 StGB
statuierte hohe Strafminimum von einem Jahr Zuchthaus eine enge Fassung des Begriffs der Gewerbsmässigkeit nahe.
b) Gemäss den Ausführungen im angefochtenen Urteil lässt sich "das im Vergleich zum Grundtatbestand sehr hohe Mindeststrafmass von 1 Jahr Zuchthaus für den gewerbsmässigen Betrug ... nur dadurch erklären, dass der Gesetzgeber der aus einer asozialen Grundhaltung entspringenden sozialen Gefährlichkeit des Täters begegnen wollte". Das Obergericht verweist in diesem
BGE 116 IV 319 S. 323
Zusammenhang unter anderem auf
BGE 88 IV 61
(betreffend qualifizierten Diebstahl), in dem ebenfalls davon ausgegangen werde, dass die besondere Gefährlichkeit des gewerbsmässigen Vorgehens in einer "asozialen Grundhaltung und sittlichen Hemmungslosigkeit" des Täters begründet sei, aufgrund welcher befürchtet werden müsse, "er werde auch bei andern Gelegenheiten vor gleichen oder ähnlichen Handlungen nicht zurückschrecken". Entscheidend für die Antwort auf die Frage nach der Gewerbsmässigkeit ist nach Meinung des Obergerichts daher, ob beim Täter "eben diese asoziale Grundhaltung und sittliche Hemmungslosigkeit" vorliege. Gemäss den weiteren Ausführungen im angefochtenen Entscheid darf diese asoziale Grundhaltung, die auch in verschiedenen Bundesgerichtsentscheiden erwähnt werde, nicht einfach der Bereitschaft des Täters, gegenüber unbestimmt vielen zu handeln, gleichgestellt werden; diese Bereitschaft könne zwar eine asoziale Grundhaltung anzeigen, lasse aber nicht den zwingenden Schluss auf eine solche zu. Die erforderliche asoziale Grundhaltung bedarf nach Meinung des Obergerichts einer besonderen Begründung in Würdigung der in der Person des Täters liegenden Umstände. Gemäss den weiteren Ausführungen im angefochtenen Entscheid begründet die nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Bejahung der Gewerbsmässigkeit unter anderem erforderliche Bereitschaft, gegenüber unbestimmt vielen zu handeln, mithin nur dann die Gewerbsmässigkeit, wenn diese Bereitschaft auf einer asozialen Grundhaltung des Täters beruht, nicht aber dann, wenn die Bereitschaft durch andere Umstände, etwa jugendliches Alter und Unüberlegtheit, finanzielle Notlage usw. hervorgerufen oder begünstigt wird und sich daher eine Mindeststrafe von einem Jahr Zuchthaus nicht rechtfertige. Das Obergericht führt zudem aus, dass die Bereitschaft des Täters, gegen unbestimmt viele zu handeln, als solche kein taugliches Kriterium für die Abgrenzung des gewerbsmässigen Handelns vom wiederholten oder fortgesetzten Handeln bilde; denn bei einem Täter, der die Tat bereits wiederholt begangen hat, werde in den meisten Fällen faktisch allein schon daraus auf die Bereitschaft, gegen unbestimmt viele zu handeln, geschlossen, und werde ein solcher Schluss nur bei Vorliegen ungewöhnlicher Umstände ausnahmsweise nicht gezogen. Auch aus diesem Grunde kann nach Meinung der Vorinstanz nur die einer asozialen Grundhaltung entspringende Bereitschaft, gegen unbestimmt viele zu handeln, Gewerbsmässigkeit begründen.
BGE 116 IV 319 S. 324
Das Obergericht hält fest, dass die Beschwerdegegner durch die Aufnahme eines Kleinkredits und den Wegfall des Einkommens der Beschwerdegegnerin 2 zufolge Schwangerschaft unter einen erheblichen finanziellen Druck geraten seien und dass sie sich vor allem angesichts dieser finanziellen Notlage, aber auch aufgrund ihres jugendlichen Alters (sie sind in den Jahren 1964 bzw. 1965 geboren) und ihrer Unüberlegtheit zu den Delikten entschlossen hätten. Es kommt in Würdigung dieser Umstände zum Schluss, dass bei den Beschwerdegegnern keine die hohe Mindeststrafe von einem Jahr Zuchthaus rechtfertigende asoziale Grundhaltung vorliege und ihr Vorgehen daher nicht als gewerbsmässig im Sinne von
Art. 148 Abs. 2 StGB
qualifiziert werden könne.
c) Die Staatsanwaltschaft macht unter Berufung auf die auch im angefochtenen Urteil zitierten
BGE 71 IV 115
,
BGE 72 IV 110
und
BGE 86 IV 10
geltend, dass die Gewerbsmässigkeit entgegen der Meinung des Obergerichts nicht eine (subjektive) asoziale Grundhaltung, sondern eine (objektive) soziale Gefährlichkeit voraussetze. Sie beruft sich auf
BGE 74 IV 142
(betreffend Inverkehrbringen gefälschter Waren), wonach es nicht darauf ankommt, "ob der Täter aus Not oder aus Gewinnsucht das Vergehen zum Gewerbe mache". Sie verweist auf TRECHSEL, der festhält (Kurzkommentar,
Art. 148 StGB
N 30), dass nach der bundesgerichtlichen Praxis "nicht so sehr die besonders verwerfliche Gesinnung des Täters ... als vielmehr die besondere soziale Gefährlichkeit des Täters, von dem eine unbestimmte Vielzahl von Delikten droht", den Qualifikationsgrund ausmacht.
Die Staatsanwaltschaft legt dar, dass vorliegend sämtliche Elemente der Gewerbsmässigkeit nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung erfüllt seien. Sie hält fest, dass die Beschwerdegegner innerhalb von 16 Monaten 22 bis 24 Betrüge zum Nachteil der Interio AG und je einen Betrug zum Nachteil von zwei Versicherungsgesellschaften verübt und damit eindeutig wiederholt gehandelt hätten. Sie weist darauf hin, die Beschwerdegegner hätten sich durch diese quasi "nebenberuflich" verübten Taten während des genannten Zeitraums einen monatlichen Zusatzverdienst von mindestens Fr. 300.--, im Durchschnitt von über Fr. 500.-- verschafft und damit in der Absicht gehandelt, zu einem Erwerbseinkommen zu gelangen. Die Staatsanwaltschaft führt weiter aus, dass auch die Bereitschaft, gegenüber unbestimmt vielen zu handeln, gegeben sei. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf
BGE 94 IV 21
,
BGE 116 IV 319 S. 325
wonach diese Bereitschaft auch bestehen kann, "wenn der Täter sich ausschliesslich gegen die gleiche Person vergangen hat", vorausgesetzt nur, "dass nicht aus besonderen Gründen geschlossen werden muss, der Täter habe sich nur gerade gegen diese eine Person vergehen wollen und er wäre gegenüber andern Personen, selbst wenn sich ihm eine passende Gelegenheit geboten hätte, untätig geblieben". Die Staatsanwaltschaft hält dazu fest, dass die Beschwerdegegner zwar zur Hauptsache gegenüber der Interio AG aktiv geworden seien, weil dort ihr System einwandfrei funktioniert habe, dass sie aber die Bereitschaft, auch gegen andere vorzugehen, durch die beiden Versicherungsbetrüge zum Nachteil von zwei Versicherungsgesellschaften eindrücklich demonstriert hätten. Die Staatsanwaltschaft zieht sinngemäss aus der Dauer der deliktischen Tätigkeit, der Zahl der Einzeltaten und ihrer Regelmässigkeit den Schluss, dass die Beschwerdegegner ihre Deliktsserie in der Zukunft fortgesetzt hätten, wenn sie nicht am 2. Mai 1988 angehalten worden wären, nachdem sie die letzte Tat zum Nachteil der Interio AG im April 1988 verübt hatten. Die Staatsanwaltschaft hält fest, dass Gewerbsmässigkeit auch dann gegeben sei, wenn man davon ausgehe, dass die Beschwerdegegner in der Zukunft lediglich gegen die Interio AG nach bewährtem System weiter delinquiert hätten; sie verweist auf
BGE 115 IV 34
, wo das Bundesgericht in Präzisierung seiner Praxis die bisher geforderte "Bereitschaft, gegen unbestimmt viele zu handeln", der "Bereitschaft, in unbestimmt vielen Fällen zu handeln", gleichgesetzt habe.
2.
Betrug wird gemäss
Art. 148 Abs. 1 StGB
mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder mit Gefängnis (von mindestens drei Tagen,
Art. 36 StGB
) bestraft. Nach
Art. 148 Abs. 2 StGB
wird der Betrüger mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und mit Busse bestraft, wenn er den Betrug gewerbsmässig betreibt. Die Mindeststrafe beträgt in diesem Fall mithin ein Jahr Zuchthaus (
Art. 35 StGB
).
Nach der ständigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung handelt gewerbsmässig, wer in der Absicht, zu einem Erwerbseinkommen zu gelangen, und mit der Bereitschaft, gegenüber unbestimmt vielen (oder bei jeder sich bietenden Gelegenheit) zu handeln, die Tat wiederholt verübt (
BGE 110 IV 31
E. 2,
BGE 107 IV 82
E. 3a, 174 E. 2,
BGE 99 IV 88
E. 7,
BGE 94 IV 21
E. 1 und andere mehr). Das Bundesgericht hat in
BGE 115 IV 34
, der Kreditkartenbetrüge betraf, in Präzisierung dieser Rechtsprechung erkannt, dass nicht auf die Anzahl der Geschädigten oder Getäuschten abzustellen, sondern
BGE 116 IV 319 S. 326
vielmehr die Bereitschaft, in unbestimmt vielen Fällen zu handeln, entscheidend sei.
a) Die bundesgerichtliche Definition der Gewerbsmässigkeit gemäss der ständigen Rechtsprechung stösst in der herrschenden Lehre seit langer Zeit auf Kritik (HALTER, ZStrR 62/1947, S. 350 ff.; MOPPERT, SJZ 65/1969, S. 172; SCHULTZ, ZStrR 78/1962, S. 10 ff.; derselbe, ZBJV 105/1969, S. 402; derselbe, ZStrR 88/1972, S. 11 f.; STRATENWERTH, Festgabe Schultz, ZStrR 94/1977, S. 88 ff.; REHBERG, Strafrecht III, 5. Auflage, S. 75; NOLL, Strafrecht Besonderer Teil, S. 140 und 206 f.; CHRISTIAN-NILS ROBERT, SJK Nr. 77 (1981); PHILIPPE GRAVEN, SJK Nr. 822 (1974), S. 4; SCHUBARTH, Kommentar zum Strafgesetzbuch,
Art. 119 N 26
ff.; neuerdings eingehend BEAT ANDREAS SCHNELL, Der gewerbsmässige Betrug (
Art. 148 Abs. 2 StGB
), Diss. Bern 1989, insbes. S. 63 ff.). Sie ist auch in der kantonalen Praxis immer wieder auf Widerstand gestossen und nicht befolgt worden (vgl. die Nachweise bei STRATENWERTH, op.cit., S. 88; TRECHSEL, Kurzkommentar,
Art. 148 StGB
N 34; STAUB, ZStrR 103/1986, S. 322 Fn. 5). Diese Kritik wird unter anderem mit dem Hinweis darauf begründet, dass das StGB bei verschiedenen Straftaten für den durch die Gewerbsmässigkeit qualifizierten Tatbestand eine vergleichsweise hohe Mindeststrafe von beispielsweise einem Jahr Zuchthaus (so etwa in Art. 144 Abs. 3 und 148 Abs. 2 StGB) oder gar von drei Jahren Zuchthaus (so in
Art. 119 Ziff. 3 StGB
) androht, die zudem wesentlich höher ist als die für die entsprechenden Grundtatbestände angedrohte Mindeststrafe von drei Tagen Gefängnis (Art. 144 Abs. 1, 148 Abs. 1, 119 Ziff. 1 StGB).
b) Das Bundesgericht hat in einem nicht publizierten Urteil vom 27. März 1990 in Sachen G. c. ZH eingeräumt, dass es wohl Fälle geben mag, die bei formaler Betrachtungsweise von der bundesgerichtlichen Definition der Gewerbsmässigkeit erfasst werden, bei denen aber eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr, wie sie das StGB etwa für gewerbsmässigen Betrug androht, als stossend erscheint. Schon im nicht publizierten Urteil vom 4. Juni 1984 in Sachen G. c. ZH hat es unter Hinweis auf verschiedene Autoren anerkannt, dass die weit gefasste Umschreibung der Gewerbsmässigkeit, wie sie in der Praxis entwickelt worden ist, bei den Strafnormen, welche für gewerbsmässige Begehung eine Mindeststrafe von einem Jahr Zuchthaus androhen, zu Härtefällen führen kann. Es hat offengelassen, ob der durch solche Härtefälle ausgelösten Kritik durch eine andere Definition des Begriffs der
BGE 116 IV 319 S. 327
Gewerbsmässigkeit oder eher durch eine vom Gesetzgeber vorzunehmende Reduktion der betreffenden Strafdrohungen Rechnung zu tragen sei.
c) Der Gesetzgeber hat schon verschiedentlich der ständigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung betreffend die Gewerbsmässigkeit Rechnung getragen. Die Erhöhung der noch bedingt vollziehbaren Freiheitsstrafen von maximal einem Jahr (Gefängnis) auf höchstens 18 Monate (Gefängnis oder Zuchthaus) durch Bundesgesetz vom 18. März 1971 wurde nicht zuletzt auch damit begründet, dass auch die sogenannten "kleinen Fische", die wegen gewerbsmässigen Betrugs zu einer Zuchthausstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt werden müssen, noch in den Genuss des bedingten Strafvollzugs kommen können sollen (Amtl.Bull. NR 1969 S. 106 f., Voten Gerwig und Schmid, 1970 S. 523, Votum Gerwig; SR 1970 S. 431 f., Votum Hofmann), wobei die Votanten den von ihnen kritisierten Missstand allerdings nicht ausdrücklich auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Gewerbsmässigkeit zurückführten. Durch Bundesgesetz vom 9. Oktober 1981 (betreffend Gewaltverbrechen) hat der Gesetzgeber unter anderem die Regelung bezüglich des qualifizierten Diebstahls dergestalt geändert, dass das gewerbsmässige Stehlen nicht mehr als ein Beispiel der Offenbarung von besonderer Gefährlichkeit des Täters aufgeführt, sondern in einem selbständigen Absatz (1bis) geordnet wird, wobei die Mindeststrafe für gewerbsmässigen Diebstahl bei drei Monaten Gefängnis belassen, während sie für die übrigen Fälle des qualifizierten Diebstahls von drei Monaten auf sechs Monate Gefängnis erhöht worden ist. In den Eidgenössischen Räten wurde dazu unter anderem festgehalten, dass nach der Bundesgerichtspraxis sehr rasch Gewerbsmässigkeit angenommen werde und dass man den kleinen gewerbsmässigen Dieb nicht stärker anpacken möchte, als dies schon heute der Fall sei (Amtl.Bull. NR 1980, Votum Frau Blunschy; SR 1981, Votum Binder). Gemäss
Art. 19 Ziff. 2 BetmG
liegt ein schwerer Fall des Betäubungsmittelhandels unter anderem dann vor, wenn der Täter "durch gewerbsmässigen Handel einen grossen Umsatz oder einen erheblichen Gewinn erzielt". Diese Erfordernisse der Erzielung eines grossen Umsatzes oder eines erheblichen Gewinns sind aufgestellt worden, damit nicht "kleine Fische" als gewerbsmässige Täter der qualifizierten Bestrafung unterliegen (
BGE 106 IV 234
E. 7c mit Hinweisen auf die Gesetzesmaterialien). Ebenso liegt nach
Art. 305bis Ziff. 2 StGB
betreffend Geldwäscherei ein schwerer
BGE 116 IV 319 S. 328
Fall unter anderem dann vor, wenn der Täter "durch gewerbsmässige Geldwäscherei einen grossen Umsatz oder einen erheblichen Gewinn erzielt".
Im Bericht des EJPD zum Vorentwurf über die Änderung des StGB und des Militärstrafgesetzes betreffend die strafbaren Handlungen gegen das Vermögen und die Urkundenfälschung wird festgehalten, dass die bundesgerichtliche Umschreibung der Gewerbsmässigkeit bei der Expertenkommission Bedenken erweckt. Dabei ist der Kommission laut Bericht nicht entgangen, dass die Auslegung dieses Begriffs, insbesondere als Voraussetzung der hohen Mindeststrafe von einem Jahr Zuchthaus für qualifizierten Betrug im Sinne von
Art. 148 Abs. 2 StGB
, nicht einfach ist. Im Bericht wird darauf hingewiesen, dass das Bundesgericht es in
BGE 99 IV 88
abgelehnt habe, den Begriff der Gewerbsmässigkeit auf planmässiges oder organisiertes, einem wirklichen Gewerbe ähnliches, berufsmässiges Verhalten zu begrenzen. Die Expertenkommission hat dennoch davon abgesehen, eine gesetzliche Definition der Gewerbsmässigkeit vorzuschlagen oder diesen Qualifikationsgrund zu streichen. Sie ist der Auffassung, dass das Problem der Auseinandersetzung von Wissenschaft und Praxis zu überlassen sei. Die Kommission schlägt zwecks Milderung der heute bestehenden Härten vor, die Mindeststrafe für gewerbsmässigen Betrug (Art. 146 Abs. 2 VE) auf drei Monate Gefängnis herabzusetzen und die Busse fallenzulassen (vgl. zum ganzen Bericht des EJPD S. 19). Im Bericht und Vorentwurf zur Revision des Allgemeinen Teils und des Dritten Buches des Schweizerischen Strafgesetzbuchs verweist SCHULTZ auf die von STRATENWERTH (op.cit., S. 105) vorgeschlagene Umschreibung, wonach gewerbsmässig handelt, wer das strafbare Verhalten "zum Gewerbe macht" und "durch eben diesen Umstand in der Delinquenz festgehalten" wird. Diese Umschreibung würde gemäss SCHULTZ zur Formel führen, dass gewerbsmässig handelt, wer die strafbare Tätigkeit zu seinem Gewerbe macht und dadurch veranlasst wird, weiter zu delinquieren (Bericht und Vorentwurf S. 241). SCHULTZ hält fest, dass die von STRATENWERTH gefundene Formulierung sachlich volle Zustimmung verdient, "doch scheint sie sich ... nicht zur Aufnahme in das Gesetz zu eignen, weil sie scheinbar tautologisch klingt und der Auslegung bedarf" (Bericht und Vorentwurf S. 241). Im Vorentwurf SCHULTZ wird daher auf eine Definition der Gewerbsmässigkeit im Allgemeinen Teil des StGB verzichtet.
BGE 116 IV 319 S. 329
3.
a) Die Definition der Gewerbsmässigkeit gemäss der langjährigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann nicht aufrechterhalten werden. Sie ist vor allem deshalb aufzugeben, weil darunter auch Handlungen fallen können, für welche die in verschiedenen Bestimmungen des StGB für gewerbsmässiges Handeln angedrohte Mindeststrafe - etwa von einem Jahr Zuchthaus gemäss Art. 144 Abs. 3, 148 Abs. 2, 156 Ziff. 2, 157 Ziff. 2 StGB - unverhältnismässig ist. Es kommt hinzu, dass die neu in
Art. 19 Ziff. 2 BetmG
und
Art. 305bis Ziff. 2 StGB
durch den Gesetzgeber aufgenommenen Qualifizierungsgründe (vgl. dazu oben E. 2c) auf eine Absage an die Gewerbsmässigkeitsdefinition des Bundesgerichts hinauslaufen. Durch eine restriktive Auslegung dieser Definition - etwa der Merkmale der "wiederholten" Verübung der Tat, des "Erwerbseinkommens", der "Bereitschaft, gegenüber unbestimmt vielen bzw. in unbestimmt vielen Fällen zu handeln" - könnten zwar Härten teilweise vermieden werden. Zweckmässiger ist die Aufgabe der bisherigen Definition.
b) Die Umschreibung der Gewerbsmässigkeit in einer vergleichsweise knappen, abstrakten Formel ist schwierig. Sie kann letztlich nur eine Richtlinienfunktion haben. Gewerbsmässigkeit kann, wie bis anhin (vgl. schon
BGE 70 IV 16
), nur dann gegeben sein, wenn erstens der Täter die Tat bereits mehrfach begangen hat; dieses Erfordernis dürfte sich schon aus dem Wortlaut von
Art. 148 Abs. 2 StGB
ergeben, in dem vom Täter die Rede ist, der den Betrug gewerbsmässig "betreibt". Sodann ist nach wie vor erforderlich, dass der Täter zweitens in der Absicht handelt, ein Erwerbseinkommen zu erlangen, und dass drittens aufgrund seiner Taten geschlossen werden muss, er sei zu einer Vielzahl von unter den fraglichen Tatbestand fallenden Handlungen bereit gewesen. Entscheidend und schwierig sind aber die Antworten auf die Fragen, welches Ausmass und welchen Umfang die bereits verübten und die künftigen Taten sowie das bereits erzielte und das angestrebte Einkommen haben müssen und aus welchen Umständen auf die Bereitschaft zu weiteren gleichartigen Delikten geschlossen werden darf. Der Richter hat bei der Entscheidung der Frage, ob im konkreten Fall Gewerbsmässigkeit gegeben sei, stets auch die Höhe der angedrohten Mindeststrafe zu berücksichtigen. Denn bei der Auslegung von Straftatbeständen ist auch der angedrohten Strafe Rechnung zu tragen (vgl. GERMANN, ZStrR 54/1940, S. 345 ff., derselbe, Kommentar zum Schweizerischen Strafgesetzbuch,
Art. 1 N 9.2
;
BGE 106 IV 25
). Dafür spricht bereits der Grundsatz
BGE 116 IV 319 S. 330
der Verhältnismässigkeit, dem gerade auch im Strafrecht eine grosse Bedeutung zukommt, und das Schuldprinzip. Gewerbsmässigkeit darf daher nur bejaht werden, wenn unter Berücksichtigung der gesamten Umstände, zu denen insbesondere auch der Deliktsbetrag gehört, die Ausfällung der im Gesetz angedrohten Mindeststrafe - bei gewerbsmässigem Betrug ein Jahr Zuchthaus - gerechtfertigt erscheint. Zu beachten ist überdies, dass der Richter auch im Rahmen des Grundtatbestandes eine Strafe von beispielsweise über einem Jahr aussprechen kann, wenn Unrechts- und Schuldgehalt der Tat dies erfordern.
c) Es fällt auf, dass sich das Problem der Gewerbsmässigkeit bis heute kaum je bei Fällen aus der französischen und aus der italienischen Schweiz gestellt hat. Der Grund hiefür liegt offenbar darin, dass die entsprechenden Formulierungen in den romanischen Gesetzestexten "fait métier" bzw. "fa mestiere" wesentlich plastischer zum Ausdruck bringen, was mit Gewerbsmässigkeit gemeint ist. Die Qualifikation liegt im "berufsmässigen" Handeln. So werden im Kanton Genf beispielsweise wegen gewerbsmässigen Betrugs Täter verfolgt, die unter falschen Angaben gegenüber vielen Personen in grossem Stil Sammlungen organisieren, und werden wegen gewerbsmässigen Diebstahls Einbrecher verfolgt, die, gut organisiert, ganze Quartiere systematisch heimsuchen, oder Taschendiebe, die mit grossem Geschick ihrem Metier nachgehen und von den dabei erzielten Einkünften leben.
4.
Im Begriff des berufsmässigen Handelns liegt der Ansatzpunkt für die neue Umschreibung der Gewerbsmässigkeit.
Der Täter handelt berufsmässig, wenn sich aus der Zeit und den Mitteln, die er für die deliktische Tätigkeit aufwendet, aus der Häufigkeit der Einzelakte innerhalb eines bestimmten Zeitraums sowie aus den angestrebten und erzielten Einkünften ergibt, dass er die deliktische Tätigkeit nach der Art eines Berufes ausübt.
a) Diese abstrakte Umschreibung gilt für das gesamte Vermögensstrafrecht. Sie kann aber, wie gesagt (siehe vorn E. 3b), insoweit nur Richtlinienfunktion haben. Eine Konkretisierung der Umschreibung ist angesichts der unterschiedlichen Phänomene und der unterschiedlich hohen Mindeststrafen bei den verschiedenen Delikten - z.B. ein Jahr Zuchthaus für gewerbsmässigen Betrug, drei Monate Gefängnis für gewerbsmässigen Diebstahl - nur für die einzelnen Tatbestände oder für einzelne Gruppen gleichartiger Tatbestände möglich. Es liegt nämlich auf der Hand,
BGE 116 IV 319 S. 331
dass je nach dem konkreten Tatvorgehen ein mehr oder weniger grosser Aufwand an Zeit und Mitteln zur Erzielung der angestrebten Einkünfte erforderlich ist. Kriterien wie "Planmässigkeit", "Organisation" etc., die in der Literatur als Definitionsmerkmale vorgeschlagen werden, können im Einzelfall ein Indiz für Gewerbsmässigkeit sein. Das Kriterium der "Organisation" weist allerdings, soweit damit das sogenannte "organisierte Verbrechen" unter Einbeziehung mehrerer Täter gemeint ist, eher auf Bandenmässigkeit hin. Zwar ist das sogenannte "organisierte Verbrechen" in der Regel ein typischer Fall des gewerbsmässigen bzw. berufsmässigen Verbrechens; doch kann auch der Einzeltäter gewerbsmässig handeln. Entscheidend ist, ob die deliktische Tätigkeit aufgrund der gesamten Umstände als berufsmässige erscheint.
b) Es ist sodann entgegen der von verschiedenen Autoren vertretenen Auffassung nicht erforderlich, dass der Täter die deliktische Tätigkeit gewissermassen "hauptberuflich" oder etwa im Rahmen seines legalen Berufes oder Gewerbes betreibt; eine quasi "nebenberufliche" deliktische Tätigkeit kann als Voraussetzung für Gewerbsmässigkeit genügen. Zwar ist nicht zu übersehen, dass die Schwierigkeiten bei der Abgrenzung des gewerbsmässigen vom nicht gewerbsmässigen Handeln gerade auch durch den Einbezug der "nebenberuflichen" deliktischen Tätigkeit unter den Begriff der Gewerbsmässigkeit entstehen, da es in diesem Fall zu bestimmen gilt, in welchem Verhältnis die deliktische zur nicht deliktischen Tätigkeit etwa in bezug auf den Zeitaufwand und insbesondere den Umfang des Einkommens stehen muss, damit noch von Gewerbsmässigkeit gesprochen werden kann. Es könnte sodann an sich genügen, die bloss, aber immerhin "nebenberufliche" deliktische Tätigkeit innerhalb des für den Grundtatbestand festgelegten Strafrahmens (bei Art. 144, 148, 156, 157 StGB: drei Tage Gefängnis bis fünf Jahre Zuchthaus), der bei Annahme wiederholter Tatverübung sich gemäss
Art. 68 StGB
um die Hälfte (auf 7 1/2 Jahre Zuchthaus) erweitert, straferhöhend zu berücksichtigen. Entscheidend ist aber, dass die besondere soziale Gefährlichkeit des Täters, welche dessen Unterstellung unter den Strafrahmen für den qualifizierten Tatbestand rechtfertigt, weniger davon abhängt, ob der Täter hauptberuflich oder nebenberuflich delinquiert, als vielmehr davon, aus welchen Gründen bzw. mit welcher Zielsetzung er die Straftaten verübt. So kann ein nebenberuflich delinquierender Täter bei hoher Zielsetzung mehr kriminelle Energie entwickeln und daher sozial gefährlicher sein als ein hauptberuflich
BGE 116 IV 319 S. 332
delinquierender Täter mit vergleichsweise bescheidenen Ansprüchen. Wesentlich ist nach der insoweit zutreffenden Auffassung von STRATENWERTH (op.cit., S. 105), dass der Täter "in der Delinquenz festgehalten" wird. Dies kann aber, je nach den Zielen des Täters und weiteren Umständen, auch bei nebenberuflicher deliktischer Tätigkeit der Fall sein. Der Verzicht auf eine nebenberufliche deliktische Tätigkeit kann, je nach den Umständen, schwerer fallen als die Aufgabe einer hauptberuflichen deliktischen Tätigkeit.
c) Wesentlich für die Annahme von Gewerbsmässigkeit ist, dass der Täter durch die deliktischen Handlungen relativ regelmässige Einnahmen erzielt und anstrebt, die einen namhaften Beitrag an die Kosten zur Finanzierung seiner Lebensgestaltung darstellen. Gerade wenn der Täter, wie aus den gesamten Umständen geschlossen werden muss, "sich darauf eingerichtet hat", durch deliktische Handlungen Einkünfte zu erzielen, die einen namhaften Beitrag an die Kosten zur Finanzierung seiner Lebensgestaltung darstellen, ist die soziale Gefährlichkeit gegeben. Dabei kann Gewerbsmässigkeit aber auch vorliegen, wenn sich der Täter vorgenommen hat, nur beispielsweise bis zur Erreichung eines bestimmten, aber doch relativ hochgesteckten finanziellen Ziels und somit lediglich für eine gewisse, aber immerhin längere Zeit gleichartige Straftaten zu verüben.
Ob sich der Täter auf deliktische Tätigkeit eingerichtet hat, ist aufgrund der Umstände zu entscheiden. Auf die Bereitschaft zu deliktischer Tätigkeit in der Zukunft darf indessen nicht allein aus dem Umstand geschlossen werden, dass der Täter die unter den fraglichen Tatbestand fallende Tat schon wiederholt bzw. mehrfach verübt hat; denn in diesem Fall wäre die Unterscheidung zwischen gewerbsmässigem Handeln einerseits und fortgesetztem oder wiederholtem Handeln anderseits faktisch aufgehoben. Hingegen sind aber die Anzahl bzw. die Häufigkeit der während eines bestimmten Zeitraums bereits verübten Taten, teilweise auch die Dauer der deliktischen Tätigkeit, relevante Umstände im Rahmen der Beurteilung der Frage, ob sich der Täter darauf eingerichtet hat, durch Einkünfte aus deliktischer Tätigkeit einen namhaften Beitrag an die Kosten zur Finanzierung seiner Lebensgestaltung zu erzielen. Zu den insoweit relevanten Umständen können auch die Entwicklung eines bestimmten Systems bzw. einer bestimmten Methode, der Aufbau einer Organisation, die Vornahme von Investitionen usw. gehören. Bei diesen Umständen handelt es sich
BGE 116 IV 319 S. 333
indessen nicht um notwendige Voraussetzungen für die Annahme von Gewerbsmässigkeit, sondern lediglich um Kriterien, die als Entscheidungshilfen dienen können im Rahmen der Beantwortung der wesentlichen Frage, ob der Täter sich auf deliktische Tätigkeit eingerichtet hat.
Nicht erforderlich ist, hinsichtlich der bereits verübten Taten etwa in bezug auf deren Häufigkeit innerhalb eines bestimmten Zeitraums oder in bezug auf den Deliktsbetrag oder bezüglich des Anteils der durch die Delikte erzielten Einnahmen am Gesamteinkommen Zahlen und Ziffern festzulegen. Die Häufigkeit der Einzelakte innerhalb eines bestimmten Zeitraums hängt ja unter anderem auch von der Höhe der durch die einzelnen Taten erzielten Einkünfte sowie etwa davon ab, ob für die einzelne Tat eine mehr oder weniger umfangreiche Planung und Vorbereitung erforderlich ist. Der Sachrichter wird bei der Entscheidung der Frage, ob gewerbsmässiges Handeln gegeben sei oder nicht, stets die im zu würdigenden Tatbestand für gewerbsmässiges Handeln angedrohte Mindeststrafe beachten (vgl. oben E. 3b). Da die Umschreibung des Begriffs der Gewerbsmässigkeit zwangsläufig vage ist und daher, wie erwähnt, nur eine Richtlinienfunktion haben kann, wird der Sachrichter die Gewerbsmässigkeit verneinen, wenn die eingeklagten Taten unter den gegebenen Umständen zwar bei formaler Betrachtungsweise unter die Umschreibung des Begriffs fallen, die angedrohte Strafe aber im konkreten Fall, insbesondere angesichts des Deliktsbetrages, unter Berücksichtigung der für den Grundtatbestand angedrohten Mindeststrafe als zu hoch erscheint, weil der Fall nicht schwer genug wiegt. Daher können etwa beim gewerbsmässigen Diebstahl angesichts der im Vergleich zu andern gewerbsmässigen Straftaten gegen das Eigentum und das Vermögen vergleichsweise niedrigen Mindeststrafe von drei Monaten Gefängnis weniger hohe Anforderungen an die Gewerbsmässigkeit gestellt werden als etwa bei Hehlerei, Betrug, Erpressung und Wucher.
d) Die asoziale Grundhaltung des Täters ist nicht eine selbständige Voraussetzung der Gewerbsmässigkeit. Die asoziale Grundhaltung bzw. die soziale Entfremdung kann allenfalls für die Frage von Bedeutung sein, ob an Stelle des Strafvollzugs eine Massnahme anzuordnen sei. Auch der Täter, der sich in einer Notlage, etwa weil er (teil)arbeitslos geworden ist, darauf einrichtet, fortan bis zum ungewissen bzw. unbestimmten Ende dieser Notlage durch Einkünfte aus deliktischer Tätigkeit einen namhaften Beitrag an
BGE 116 IV 319 S. 334
die Kosten zur Finanzierung seiner Lebensgestaltung zu erzielen, kann gewerbsmässig handeln.
5.
Im Lichte der vorstehenden Ausführungen ist im vorliegenden Fall die Gewerbsmässigkeit im Sinne von
Art. 148 Abs. 2 StGB
nach der im Ergebnis zutreffenden Auffassung der Vorinstanzen zu verneinen.
Die Beschwerdegegner begingen innerhalb von 16 Monaten 22 bis 24 Betrüge zum Nachteil der Interio AG und je einen Versicherungsbetrug zum Nachteil der Secura Versicherung und der Europäischen Reise-Versicherungs AG. Die Häufigkeit der gleichartigen Straftaten innerhalb eines bestimmten Zeitraums spricht für die Annahme von Gewerbsmässigkeit. Die Beschwerdegegner begannen mit diesen Straftaten, weil die Beschwerdegegnerin 2 wegen Schwangerschaft ihre Erwerbstätigkeit aufgeben musste und das Einkommen des Beschwerdegegners 1 allein zur Tilgung der Kleinkreditschulden und zur Bestreitung des Lebensunterhalts nicht ausreichte. Das spricht nicht gegen Gewerbsmässigkeit. Der Umstand, dass die Beschwerdegegner im wesentlichen stets gegen die gleiche Unternehmung, die Interio AG, vorgingen, spricht ebenfalls nicht notwendigerweise gegen die Annahme von Gewerbsmässigkeit. Gewerbsmässig kann auch der Täter handeln, der stets gegen die gleiche, grosse Unternehmung vorgeht, etwa weil er mit deren Strukturen vertraut ist und sich das von ihm angewandte System insoweit bewährt hat (vgl. etwa den
BGE 115 IV 34
ff. zugrunde liegenden Sachverhalt: organisierter Missbrauch von Kreditkarten). Das Vorgehen der Beschwerdegegner gegen die Interio AG beruhte auf einem gewissen System, erforderte eine gewisse Organisation, die Aufwendung von Zeit (Reisen in verschiedene Filialen der Interio AG) und den Einsatz von Mitteln (Kauf der Waren, die dann wieder zurückgebracht werden sollten). Das Tatvorgehen war insoweit aber ziemlich umständlich, auch wenn in zwei Fällen zur Rückgabe der gekauften Möbel Drittpersonen eingesetzt werden konnten, und es war wenig ergiebig, erst recht, wenn die eingesetzten Drittpersonen für ihre Dienste belohnt werden mussten. Es ist zweifelhaft, ob diese Umstände den Schluss zulassen, dass sich die Beschwerdegegner für längere Zeit auf eine betrügerische Tätigkeit eingerichtet hatten; wie es sich damit verhält, kann indessen dahingestellt bleiben. Entscheidend ist, dass unter Mitberücksichtigung der beiden Versicherungsbetrüge der Deliktsbetrag total lediglich rund Fr. 8'300.-- ausmacht und dass die beiden Beschwerdegegner somit im Verlauf von
BGE 116 IV 319 S. 335
16 Monaten lediglich Bruttoeinnahmen von durchschnittlich etwas über Fr. 250.-- pro Kopf und Monat erzielten. Diese Beträge sind sowohl absolut als auch relativ, d.h. als Beitrag an die Kosten zur Finanzierung der Lebensgestaltung, derart niedrig, dass angesichts der in
Art. 148 Abs. 2 StGB
angedrohten Mindeststrafe von einem Jahr Zuchthaus nicht Gewerbsmässigkeit im Sinne dieser Bestimmung angenommen werden darf. Die Beschwerdegegner manifestierten durch die ihnen zur Last gelegten Taten nicht jenes Mass an krimineller Energie einerseits und sozialer Gefährlichkeit anderseits, wie sie einem gewerbsmässigen Betrüger eigen sind.
Die Beschwerde ist somit abzuweisen. | mixed |
712b45f2-029e-463d-b348-425784cb39af | Sachverhalt
ab Seite 56
BGE 136 IV 55 S. 56
A.
Das Geschworenengericht des Kantons Zürich sprach X. und Y. am 18. Februar 2008 der vorsätzlichen Tötung ihrer Tochter A. schuldig. Es verurteilte Y. zu 12 Jahren und X. zu 6 Jahren Freiheitsstrafe, unter Anrechnung der erstandenen Polizei- und Untersuchungshaft.
B.
Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich erhebt Beschwerde in Strafsachen, wobei sie nur das Urteil gegen X. anficht. Sie beanstandet die Strafzumessung und beantragt, die Sache zur neuen Entscheidung an das Geschworenengericht zurückzuweisen. Das Urteil gegen Y. ist inzwischen in Rechtskraft erwachsen.
C.
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Gleichzeitig stellt sie das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Die Vorinstanz hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Das Bundesgericht hat die Beschwerde in öffentlicher Sitzung beurteilt.
BGE 136 IV 55 S. 57 Erwägungen
Aus den Erwägungen:
5.
5.1
Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz gewichte die verminderte Schuldfähigkeit in ermessensüberschreitender Weise strafmindernd. Die Beschwerdegegnerin leide nicht an einer Persönlichkeitsstörung. Die Abhängigkeitsproblematik gegenüber dem Mitangeklagten sei eine persönlichkeitsakzentuierte Eigenschaft, welche nicht einer psychischen Störung krankhafter Natur gleichzusetzen sei. Bei der Einschätzung der mittelgradig verminderten Steuerungsfähigkeit handle es sich um eine grobe Schätzung des Gutachters. Aus einer derart unsicheren, mathematisch ungenauen Einschätzung dürfe keine mathematisch präzise Strafreduktion ("rund um die Hälfte") erfolgen. Angesichts des objektiven Tatverschuldens sei die ausgefällte Strafe von 6 Jahren weitaus zu mild.
5.2
Die Vorinstanz hält unter Hinweis auf die Feststellungen des psychiatrischen Sachverständigen im Gutachten vom 15. September 2004 und anlässlich der Hauptverhandlung fest, bei der Beschwerdegegnerin liege eine Abhängigkeitsproblematik vor, die aus ihrer Kindheit herrühre. Sie könne im Sinne eines Schutzmechanismus negative, traumatische Erfahrungen ausblenden. Sie und Y. seien gegenseitig voneinander abhängig gewesen. Auf der einen Seite habe er ein Bedürfnis nach Kontrolle und Dominanz in der Beziehungssituation gehabt. Auf der anderen Seite habe sie sich stark an ihn angelehnt. Die Tochter habe die Exklusivität der Paarbeziehung gesprengt. Es sei bereits während der Schwangerschaft zu tätlichen Übergriffen des Mitangeklagten gekommen. Resultat dieser Drucksituation sei gewesen, dass sich das Paar gegen aussen immer mehr abgeschottet habe. Die Dependenzstörung der Beschwerdegegnerin sei noch nicht als Persönlichkeitsstörung zu diagnostizieren, weil die Problematik nicht in allen Lebensbereichen zum Vorschein komme. Es handle sich um eine akzentuierte Eigenschaft. Die Problematik habe die Beschwerdegegnerin in ihrer Fähigkeit eingeschränkt, sich anders zu verhalten. Die Einsichtsfähigkeit sei aber vorhanden gewesen. Im Ergebnis läge gemäss dem Gutachter eine mittlere Verminderung der Schuldfähigkeit vor. Dies sei innerhalb des ordentlichen Strafrahmens nach
Art. 19 Abs. 2 StGB
strafmindernd zu berücksichtigen. Die Strafe sei um rund die Hälfte zu reduzieren.
5.3
Ist der Täter zur Zeit der Tat vermindert zurechnungsfähig (schuldfähig), so ist die Strafe gemäss dem Wortlaut des Gesetzes
BGE 136 IV 55 S. 58
zu mildern (aArt. 11 bzw.
Art. 19 Abs. 2 StGB
). Nach der bisherigen Rechtsprechung ist dabei die aus den Tatkomponenten resultierende Einsatzstrafe nach Massgabe der Verminderung der Schuldfähigkeit zu reduzieren. Die Täterkomponenten sind davon unabhängig zu bewerten. Allerdings können einzelne Tatsachen, welche die Verminderung der Schuldfähigkeit begründen, unter Umständen auch für die Gewichtung bestimmter Täterkomponenten von Bedeutung sein. Der Verminderung der Schuldfähigkeit ist bei der Strafzumessung im vollen Ausmass der Verminderung Rechnung zu tragen. Das Bundesgericht hat mehrfach entschieden, dass dabei keine lineare Reduktion nach einem bestimmten Tarif vorzunehmen ist (
BGE 129 IV 22
E. 6.2 S. 35;
BGE 123 IV 49
E. 2c S. 51; je mit Hinweis). Eine leichte, mittelgradige oder schwere Herabsetzung der Zurechnungsfähigkeit führe daher nicht zwingend zu einer rein mathematischen Reduktion der Strafe um 25, 50 oder 75 %. Indessen müsse ein bestimmtes Verhältnis zwischen der festgestellten Verminderung der Zurechnungsfähigkeit und den Folgen für die Strafe bestehen (
BGE 129 IV 22
E. 6.2 S. 35). Diese Rechtsprechung wird in der Lehre teilweise so interpretiert, dass eine besondere Begründung erforderlich sei, sofern die verminderte Schuldfähigkeit nicht linear berücksichtigt werde (so etwa SCHWARZENEGGER/HUG/JOSITSCH, Strafen und Massnahmen, 8. Aufl. 2007, S. 97; HUG, in: StGB Schweizerisches Strafgesetzbuch [...], 17. Aufl. 2006, zu
Art. 48a StGB
). Auch das Bundesgericht hat in einzelnen Entscheiden die eigene Rechtsprechung relativiert und den Eindruck vermittelt, es müsse von der Regel einer linearen Reduktion ausgegangen werden (vgl. etwa Urteil 6S.547/2006 vom 1. Februar 2007 E. 4.3). In
BGE 118 IV 1
wurde festgehalten, die Strafe sei entsprechend dem Grad der Verminderung herabzusetzen. Bei einer verminderten Zurechnungsfähigkeit in mittlerem Grad sei die Strafe, die für die gleiche Tat eines voll Zurechnungsfähigen ausgesprochen würde, in mittlerem Ausmass zu reduzieren (a.a.O. E. 2 S. 5 mit Hinweisen). In einem solchen Fall dürfe die Strafe nicht lediglich um 40 % herabgesetzt werden (
BGE 129 IV 22
E. 6.2 S. 36). In einem neuen Entscheid hat das Bundesgericht befunden, dass es bei einer schweren Verminderung der Schuldfähigkeit nicht gegen Bundesrecht verstosse, die aus den Tatkomponenten resultierende Einsatzstrafe um 75 % zu ermässigen. Eine Reduktion exakt in diesem Umfang sei aber bundesrechtlich nicht zwingend. Der Richter könne in Ausübung seines Ermessens die aus den Tatkomponenten resultierende Einsatzstrafe auch um etwas weniger herabsetzen, soweit
BGE 136 IV 55 S. 59
diese Reduktion noch im gewissen Rahmen dessen liege, was geboten ist, um einer schweren Verminderung der Schuldfähigkeit im vollen Ausmass der Verminderung Rechnung zu tragen. Eine diesen Rahmen unterschreitende Reduktion der aus den Tatkomponenten resultierenden Einsatzstrafe sei nur zulässig, wenn besondere Umstände dafür sprechen, die in der Urteilsbegründung darzulegen seien (
BGE 134 IV 132
E. 6.6 S. 139).
5.4
Gemäss aArt. 63 StGB hat der Richter die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu bemessen, wobei die Beweggründe, das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Schuldigen zu berücksichtigen sind. Der am 1. Januar 2007 in Kraft getretene neue Allgemeine Teil des Strafgesetzbuches hat die bisherigen Strafzumessungsgrundsätze in
Art. 47 Abs. 1 StGB
beibehalten. Die Bewertung des Verschuldens wird in
Art. 47 Abs. 2 StGB
dahingehend präzisiert, dass dieses nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt wird, wieweit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden (
BGE 134 IV 17
E. 2.1 S. 19). Sowohl nach altem wie nach neuem Recht kommt somit dem (subjektiven) Tatverschulden bei der Strafzumessung eine entscheidende Rolle zu.
5.5
Ausgehend von der objektiven Tatschwere hat der Richter dieses Verschulden zu bewerten. Er hat im Urteil darzutun, welche verschuldensmindernden und welche verschuldenserhöhenden Gründe im konkreten Fall gegeben sind, um so zu einer Gesamteinschätzung des Tatverschuldens zu gelangen. Der Gesetzgeber hat einzelne Kriterien aufgeführt, welche für die Verschuldenseinschätzung von wesentlicher Bedeutung sind und allenfalls bewirken können, das Verschulden als derart gering einzustufen, dass eine Strafe unterhalb des ordentlichen Strafrahmens geboten ist (E. 5.6 und 5.8 nachfolgend). In diesem Sinne spricht auch
Art. 19 StGB
(aArt. 11 StGB) davon, die Strafe sei bei verminderter Schuldfähigkeit (Zurechnungsfähigkeit) zu mildern. Dabei geht es zunächst entgegen dem Wortlaut des Gesetzes und in Änderung der bisherigen Rechtsprechung (vgl.
BGE 134 IV 132
E. 6.1 S. 136 f.) nicht um die Herabsetzung einer Strafe, sondern um die Reduktion des Verschuldens. Der Schuldvorwurf, der einem nur vermindert schuldfähigen Täter gemacht werden kann, ist verglichen mit einem voll schuldfähigen Täter geringer (BGE 118
BGE 136 IV 55 S. 60
IV 1 E. 2 S. 4). Das Schuldprinzip verlangt deshalb, dass die Strafe für eine in verminderter Schuldfähigkeit begangene Tat niedriger sein muss, als wenn der Täter - unter sonst gleichen Umständen - voll schuldfähig gewesen wäre. Die mildere Strafe ergibt sich aus dem leichteren Verschulden (Urteil 6B_585/2008 vom 19. Juni 2009 E. 3.5). Wenn das Gesetz in einem verschuldensrelevanten Zusammenhang von Strafmilderung bzw. Strafminderung spricht, so bedeutet dies, dass die Strafe aufgrund des geringeren Verschuldens tiefer auszufallen hat, als wenn keiner dieser Gründe vorläge.
5.6
Bei der Frage, in welchem Umfang die Einschränkung der Schuldfähigkeit die Verschuldensbewertung beeinflusst, gilt es vor Augen zu halten, dass die verminderte Schuldfähigkeit im Sinne von
Art. 19 Abs. 2 StGB
(bzw. aArt. 11 StGB) eines von mehreren Kriterien sein kann, wenn auch - je nach Grad der Verminderung - von wesentlichem Gewicht. So trifft etwa denjenigen ein geringerer Schuldvorwurf, dem lediglich eventualvorsätzliches Handeln anzulasten ist (
Art. 12 Abs. 2 StGB
; vgl. Urteil 6S.233/2003 vom 4. November 2003 E. 4.3 mit Hinweis). Das StGB selbst erwähnt verschiedene Umstände, die das Verschulden reduzieren können: wenn der Täter aus achtenswerten Beweggründen, in schwerer Bedrängnis oder unter dem Eindruck einer schweren Drohung gehandelt hat; ebenso wenn sein Handeln durch eine Person, der er Gehorsam schuldet oder von der er abhängig ist, veranlasst worden ist (
Art. 48 lit. a StGB
). Im gleichen Sinne ist von einem minderen Verschulden auszugehen, wenn der Täter durch das Verhalten der verletzten Person ernsthaft in Versuchung geführt worden ist (Art. 48 lit. b), wenn er in einer heftigen Gemütsbewegung oder unter grosser seelischer Belastung (
Art. 48 lit. c StGB
) gehandelt hat. Ein reduziertes Verschulden trifft auch denjenigen, der die Tat durch Unterlassung begeht (
Art. 11 Abs. 4 StGB
). Zu nennen sind schliesslich die entschuldbare Notwehr (
Art. 16 Abs. 1 StGB
) und der entschuldbare Notstand (
Art. 18 Abs. 1 StGB
), der vermeidbare Irrtum über die Rechtswidrigkeit (
Art. 21 StGB
), der Rücktritt (
Art. 23 Abs. 1 StGB
) und die Gehilfenschaft (
Art. 25 StGB
). In all diesen Fällen liegen Sachverhaltselemente vor, die sich verschuldensmindernd auswirken, was zu einer milderen Strafe führt. Auf der anderen Seite sind Umstände denkbar, welche das Tatverschulden erhöhen und namentlich die wegen der reduzierten Einsichts- bzw. Steuerungsfähigkeit des Täters geringere Schuld wieder auszugleichen vermögen (so auch VENZLAFF/FOERSTER, Psychiatrische Begutachtung, 3. Aufl. 2000, S. 25 mit Hinweis auf
BGE 136 IV 55 S. 61
BGHSt 7, 28 [31]). Zu erwähnen ist beispielsweise ein verwerfliches Motiv. Es liegt im Ermessen des Sachrichters, in welchem Umfang er die verschiedenen Strafzumessungsfaktoren berücksichtigt. Die strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts greift auf Beschwerde in Strafsachen hin nur in die Strafzumessung ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen beziehungsweise in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch gewichtet hat (
BGE 134 IV 17
E. 2.1 S. 19 mit Hinweisen).
Das Gericht ist nicht gehalten, in Zahlen oder Prozenten anzugeben, wie es die einzelnen Strafzumessungskriterien berücksichtigt (
BGE 127 IV 101
E. 2c S. 104 f. mit Hinweisen). Bereits von daher ist es abzulehnen, bei der Verminderung der Schuldfähigkeit einen genauen Raster etwa von 75 %, 50 % und 25 % oder eine lineare Abstufung zu verlangen (was bereits in
BGE 76 IV 34
E. 2 S. 38 als "offensichtlich verfehlt" bezeichnet wurde). Andernfalls wäre der Richter gehalten, eine vom psychiatrischen Gutachter vorgegebene grobe Einschätzung willkürlich einzuengen. Der Nachweis und die Einstufung der verminderten Schuldfähigkeit lassen sich nicht mit exakten naturwissenschaftlichen Methoden objektivieren. Die forensische Psychiatrie ist nicht in der Lage, ein mathematisch exaktes Messsystem anzubieten, weshalb sich in der Praxis eine pragmatische Dreiteilung (leichte, mittlere oder schwere Verminderung) eingespielt hat. Wenn der Gutachter den Grad der Verminderung beurteilt, so macht er von einem grossen und auch subjektiven Ermessen Gebrauch. Er gelangt zur konkreten Einstufung der verminderten Einsichts- und Steuerungsfähigkeit, indem er die forensisch relevanten Auswirkungen einer konkreten Störung mit anderen vorkommenden Schweregraden vergleicht (BOMMER/DITTMANN, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 2. Aufl. 2007, N. 73 zu
Art. 19 StGB
). Zu Recht wird in der Literatur darauf hingewiesen, dass es sich dabei um einen Ausgangspunkt handeln muss, der für die Strafzumessung aufgrund der Besonderheiten des Falles zu verfeinern ist (a.a.O.). Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass der Richter ein psychiatrisches Gutachten rechtlich zu würdigen hat. Er ist diesbezüglich grundsätzlich frei und nicht an die Schlussfolgerungen des Gutachtens gebunden (vgl.
BGE 129 I 49
E. 4 S. 57 zu Glaubhaftigkeitsgutachten;
BGE 113 IV 1
E. 3 S. 4 zu Gutachten über die Schuldfähigkeit). Insbesondere hat er auch die Ursache einer verminderten Schuldfähigkeit zu gewichten.
BGE 136 IV 55 S. 62
Der einer psychiatrischen Einschätzung zugrunde liegende Ermessensspielraum kommt auch dem Richter zu, wenn er zu entscheiden hat, wie sich die festgestellte Einschränkung der Schuldfähigkeit unter Würdigung aller Umstände auf die (subjektive) Verschuldensbewertung auswirkt. Es ist naheliegend, dabei das übliche Abstufungsmuster anzuwenden: Ein (objektiv) sehr schweres Tatverschulden kann sich wegen einer leichten Verminderung der Schuldfähigkeit auf ein schweres bis sehr schweres Verschulden reduzieren, bei einer mittelgradigen Beeinträchtigung auf ein mittelschweres bis schweres und bei einer schweren Einschränkung auf ein leichtes bis mittelschweres. Gestützt auf diese grobe Einschätzung hat der Richter unter Berücksichtigung der weiteren Strafzumessungsgründe innerhalb des ihm zur Verfügung stehenden Strafrahmens die Strafe auszufällen, wobei ihm wiederum ein erhebliches Ermessen zusteht. Mit einem solchen Vorgehen wird der Verminderung der Schuldfähigkeit im ganzen Ausmass Rechnung getragen, wie es von der Rechtsprechung gefordert wird, ohne diesem Umstand eine zu weit gehende Bedeutung zukommen zu lassen. Eine rein mathematische Reduktion einer (hypothetischen) Einsatzstrafe, wie nach bisheriger Rechtsprechung als zulässig erachtet, ist systemwidrig. Sie schränkt die Ermessensfreiheit des Richters in unzulässiger Weise ein und ist abzulehnen. Sie führt im Übrigen auch dazu, dass der vom psychiatrischen Experten eingestuften Verminderung der Einsichts- bzw. Steuerungsfähigkeit regelmässig ein zu grosses Gewicht beigemessen wird.
5.7
Liegt eine Verminderung der Schuldfähigkeit vor, hat der Richter im Sinne einer nachvollziehbaren Strafzumessung somit, in Abänderung der bisherigen Rechtsprechung (vgl.
BGE 134 IV 132
), wie folgt vorzugehen: In einem ersten Schritt ist aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des Gutachters zu entscheiden, in welchem Umfange die Schuldfähigkeit des Täters in rechtlicher Hinsicht eingeschränkt ist und wie sich dies insgesamt auf die Einschätzung des Tatverschuldens auswirkt. Das Gesamtverschulden ist zu qualifizieren und mit Blick auf
Art. 50 StGB
im Urteil ausdrücklich zu benennen, wobei von einer Skala denkbarer Abstufungen nach Schweregrad auszugehen ist. Hierauf ist in einem zweiten Schritt innerhalb des zur Verfügung stehenden Strafrahmens die (hypothetische) Strafe zu bestimmen, die diesem Verschulden entspricht. Die so ermittelte Strafe kann dann gegebenenfalls in einem dritten Schritt aufgrund wesentlicher Täterkomponenten (sowie wegen eines allfälligen blossen Versuchs im Sinne von
Art. 22 Abs. 1 StGB
) verändert
BGE 136 IV 55 S. 63
werden (Urteil 6B_585/2008 vom 19. Juni 2009 E. 3.5 mit Hinweis auf
BGE 134 IV 132
E. 6.1 S. 135).
5.8
Die tat- und täterangemessene Strafe ist grundsätzlich innerhalb des ordentlichen Strafrahmens der (schwersten) anzuwendenden Strafbestimmung festzusetzen (SCHWARZENEGGER/HUG/JOSITSCH, a.a.O., S. 74). Dieser Rahmen ist vom Gesetzgeber in aller Regel sehr weit gefasst worden, um sämtlichen konkreten Umständen Rechnung zu tragen. Entgegen einer auch in der Praxis verbreiteten Auffassung wird der ordentliche Strafrahmen durch Strafschärfungs- oder Strafmilderungsgründe nicht automatisch erweitert, worauf dann innerhalb dieses neuen Rahmens die Strafe nach den üblichen Zumessungskriterien festzusetzen wäre (Urteil 6S.73/2006 vom 5. Februar 2007 E. 3.2). Zwar ist auch in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung darauf hingewiesen worden, das Gesetz sehe eine Strafrahmenerweiterung vor (vgl.
BGE 116 IV 300
E. 2a S. 302). Damit sollte aber nur ausgedrückt werden, dass der Richter infolge eines Strafschärfungs- bzw. Strafmilderungsgrundes nicht mehr in jedem Fall an die Grenze des ordentlichen Strafrahmens gebunden ist. Der ordentliche Rahmen ist nur zu verlassen, wenn aussergewöhnliche Umstände vorliegen und die für die betreffende Tat angedrohte Strafe im konkreten Fall zu hart bzw. zu milde erscheint (SCHWARZENEGGER/HUG/JOSITSCH, a.a.O.). Die Frage einer Unterschreitung des ordentlichen Strafrahmens kann sich stellen, wenn verschuldens- bzw. strafreduzierende Faktoren zusammentreffen, die einen objektiv an sich leichten Tatvorwurf weiter relativieren, so dass eine Strafe innerhalb des ordentlichen Rahmens dem Rechtsempfinden widerspräche. Dabei hat der Richter zu entscheiden, in welchem Umfang er den unteren Rahmen wegen der besonderen Umstände erweitern will.
Der vom Gesetzgeber vorgegebene ordentliche Rahmen ermöglicht in aller Regel, für eine einzelne Tat die angemessene Strafe festzulegen. Er versetzt den Richter namentlich in die Lage, die denkbaren Abstufungen des Verschuldens zu berücksichtigen. Die verminderte Schuldfähigkeit allein führt deshalb grundsätzlich nicht dazu, den ordentlichen Strafrahmen zu unterschreiten. Dazu bedarf es weiterer ins Gewicht fallender Umstände, die das Verschulden als besonders leicht erscheinen lassen. Nur eine solche Betrachtungsweise vermag der gesetzgeberischen Wertung des Unrechtsgehaltes einer Straftat und damit letztlich der Ausgleichsfunktion (auch) des Strafrechts Rechnung zu tragen.
BGE 136 IV 55 S. 64
5.9
Im vorliegenden Fall stuft die Vorinstanz das objektive Verschulden der Beschwerdegegnerin als sehr schwer ein, weshalb sie eine Einsatzstrafe von 16 Jahren annimmt. Dies ist angesichts des ordentlichen Strafrahmens von fünf bis zwanzig Jahren nicht zu beanstanden. Geht man von den Feststellungen des psychiatrischen Experten aus und billigt man der Beschwerdegegnerin eine Verminderung der Schuldfähigkeit in mittlerem Masse zu, so trifft sie subjektiv ein zumindest mittelschweres Verschulden. Zu Recht weist die Vorinstanz darauf hin, der Beschwerdegegnerin sei ein egoistisches Motiv anzulasten, weil sie es vorzog, die Beziehung zum Mitangeklagten aufrechtzuerhalten, anstatt ihre wehrlose Tochter zu beschützen. Dass sie dabei die schweren Folgen für das Kind nur in Kauf nahm und nicht direkt wollte, vermag sie nicht wesentlich zu entlasten. Der Säugling war ihr völlig ausgeliefert. Betroffen war ihr eigenes Kind, was eine besondere Verantwortung begründete. Im vorinstanzlichen Urteil wird zutreffend festgehalten, die Beschwerdeführerin habe in schwerer Weise gegen ihre Fürsorge- und Betreuungspflichten als Mutter verstossen. Die Vorinstanz selbst erachtet das Verschulden insgesamt als erheblich. Wenn sie - auch unter Berücksichtigung der günstigen Täterkomponenten (tadelloses Verhalten im Strafverfahren, Teilgeständnis, zu langes Verfahren u.a.) - eine Strafe von lediglich 6 Jahren festsetzt, ist dies nicht mehr vertretbar. Eine solche Sanktion am untersten Rand des ordentlichen Strafrahmens weist auf ein leichtes Verschulden hin, wovon wie dargetan nicht auszugehen ist. Die Vorinstanz verletzt deshalb Bundesrecht, weshalb die Beschwerde gutzuheissen ist. Das Urteil der Vorinstanz ist aufzuheben und die Sache zu neuer Festsetzung der Strafe zurückzuweisen. | mixed |
aa039999-9505-4a94-987a-ee7b2f285bb2 | Erwägungen
ab Seite 193
BGE 135 IV 191 S. 193
Aus den Erwägungen:
3.
Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung und die an sie gestellten Anforderungen wiederholt dargelegt. Darauf kann verwiesen werden (
BGE 134 IV 17
E. 2.1 S. 19 f;
BGE 129 IV 6
E. 6.1 S. 20 f.;
BGE 127 IV 101
E. 2c S. 105; je mit Hinweisen).
3.1
Gemäss aArt. 63 StGB (bzw.
Art. 47 StGB
) ist das Strafmass individuell nach dem Verschulden eines Täters im Rahmen des richterlichen Ermessens festzusetzen. Der Grundsatz der Individualisierung und der dem Sachrichter vom Gesetz bei der Strafzumessung eingeräumte weite Ermessensspielraum führen nach der Rechtsprechung notwendigerweise zu einer gewissen, vom Gesetzgeber in Kauf genommenen Ungleichheit. Unterschiedliche Gewichtungen der massgebenden Faktoren sind zudem Folge der Unabhängigkeit des Richters, der weiten Strafrahmen, der freien Beweiswürdigung sowie des erheblichen Ermessens des Sachrichters. In dieser Hinsicht ist zu beachten, dass selbst gleich oder ähnlich gelagerte Fälle sich durchwegs massgeblich in zumessungsrelevanten Punkten unterscheiden. Die aus diesen Umständen resultierende Ungleichheit in der Zumessung der Strafe reicht für sich allein nicht aus, um auf einen Missbrauch des Ermessens zu schliessen. Es ist nicht Sache des Bundesgerichts, für eine peinlich genaue Übereinstimmung einzelner Strafmasse zu sorgen. Es hat lediglich für eine korrekte Anwendung von Bundesrecht besorgt zu sein. Soweit die Strafe innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens, gestützt auf alle wesentlichen Gesichtspunkte und im Rahmen des richterlichen Ermessens festgesetzt wurde, sind Unterschiede in der Strafzumessungspraxis innerhalb dieser Grenzen als Ausdruck unseres Rechtssystems hinzunehmen (eingehend
BGE 123 IV 150
E. 2a mit Hinweisen; ferner Urteil 6S.460/1999 vom 2. September 1999 E. 2b mit Hinweis).
3.2
Hat der Sachrichter im gleichen Verfahren zwei Mittäter zu beurteilen, so ist bei der Verschuldensbewertung mit zu berücksichtigen, in welchem gegenseitigen Verhältnis die Tatbeiträge stehen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung und Gleichmässigkeit der Strafzumessung gebietet, dass sich jeder für den ihm zukommenden Anteil an der Unrechtmässigkeit der Tat zu verantworten hat. Ist der Tatbeitrag gleichwertig, so führt das zunächst zu einer gleichen (objektiven) Schuldeinschätzung. Erst wenn auch die subjektive Vorwerfbarkeit identisch ist und sich überdies namentlich die individuellen Täterkomponenten gleichmässig auswirken, drängt
BGE 135 IV 191 S. 194
sich die gleiche Strafe für beide Mittäter auf. Häufig liegen jedoch ungleiche Strafzumessungsfaktoren vor, weil sich die subjektive Verschuldensbewertung oder die persönlichen Verhältnisse unterscheiden. In diesen Fällen kann es zu unterschiedlichen Strafen kommen. Der Grundsatz der Gleichmässigkeit ist nur verletzt, wenn es der Richter bei der Festlegung der einzelnen Strafen unterlässt, im Sinne einer Gesamtbetrachtung beide Strafzumessungen in Einklang zu bringen. Die Berücksichtigung des richtigen Verhältnisses der Strafe zu derjenigen des Mittäters kann als eigenes und zusätzliches Element der Strafzumessung betrachtet werden. aArt. 63 StGB (wie auch
Art. 47 StGB
) ist verletzt, wenn dieser Umstand unbeachtet bleibt oder falsch gewichtet wird. Das kann zur Folge haben, dass die Strafe des einen Mittäters angemessen und die andere unangemessen ist. Möglich ist aber auch, dass beide Strafen unvertretbar und damit an sich bundesrechtswidrig sind (vgl. Urteil 6S.410/2005 vom 7. Juni 2006 E. 17.4.2).
3.3
Ist aus formellen Gründen nur über einen Mittäter zu urteilen, während die Strafe des andern bereits feststeht, so geht es darum, einen hypothetischen Vergleich anzustellen. Der Richter hat sich zu fragen, welche Strafen er ausfällen würde, wenn er beide Mittäter gleichzeitig beurteilen müsste. Dabei hat er sich einzig von seinem pflichtgemässen Ermessen leiten zu lassen. Es wäre mit der richterlichen Unabhängigkeit unvereinbar, müsste er sich gegen seine Überzeugung einem anderen Urteil anpassen. Der Richter findet sich in einer ähnlichen Ausgangslage, wenn er eine Zusatzstrafe zu einem früheren Urteil ausfällen muss (aArt. 68 Ziff. 2 StGB bzw.
Art. 49 Abs. 2 StGB
). Auch hier ist er in seiner Entscheidungsfreiheit nicht eingeschränkt und kann er frei befinden, wie die Strafe lauten würde, wenn er die strafbaren Handlungen gleichzeitig zu beurteilen hätte. Er ist bei der Festsetzung der Zusatzstrafe nicht an das erste Urteil gebunden (
BGE 132 IV 102
E. 8.2 S. 105). Die Autonomie des Richters kann zur Folge haben, dass die Strafen zweier Mittäter in einem Missverhältnis stehen. Dies ist verfassungsrechtlich unbedenklich und hinzunehmen, solange die in Frage stehende Strafe als solche angemessen ist. Allerdings ist zu verlangen, dass in der Begründung auf die Strafe des Mittäters Bezug genommen und dargelegt wird, weshalb sich diese nicht als Vergleichsgrösse eignet. Ein Anspruch auf "Gleichbehandlung im Unrecht" besteht grundsätzlich nicht. Die Rechtsprechung hat denn auch stets den Vorrang des Legalitätsprinzips vor dem Gleichheitsprinzip betont. Eine falsche Rechtsanwendung in einem Fall
BGE 135 IV 191 S. 195
begründet grundsätzlich keinen Anspruch, seinerseits ebenfalls abweichend von der Norm behandelt zu werden (
BGE 124 IV 44
E. 2c S. 47 mit Hinweis).
3.4
Die Vorinstanz hält ausdrücklich fest, dass eine Freiheitsstrafe von 6 Jahren angemessen ist. Sie macht sich dabei die Erwägungen der ersten Instanz zu eigen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegegners ist die Höhe der Strafe in Anbetracht des anzuwendenden Strafrahmens (1 bis 20 Jahre Freiheitsstrafe) nicht übersetzt und liegt insbesondere innerhalb des Ermessens. Der Beschwerdeführer hat sich in zweierlei Hinsicht der qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig gemacht, indem er einerseits eine grosse Menge Drogen einführte und verteilte (10,5 kg Kokaingemisch mit einem Reinheitsgehalt von 45 %, d.h. 4,725 kg reines Kokain) und anderseits als Mitglied einer Bande handelte. Er war zu verschiedenen Malen deliktisch tätig und verfolgte finanzielle Vorteile. Auch wenn er sich auf einer tiefen Hierarchiestufe ohne Mitbestimmungsrecht befand und relativ wenig verdiente, ist von einem mittleren Verschulden auszugehen. Auch wer nur Anweisungen ausführt, kann innerhalb eines Verteilungsnetzes eine wichtige und unabdingbare Rolle spielen, was einen erheblichen strafrechtlichen Vorwurf zu begründen vermag. Wenn die Vorinstanz festhält, die Strafe für den Mittäter B. sei zu milde, so bringt sie zum Ausdruck, dass jene Strafe in einem unrichtigen Verhältnis zur Strafe des Beschwerdegegners steht. Dass sie die Strafe des Mittäters nicht auf die ihres Erachtens angemessene - allerdings nicht bezifferte - Höhe anhebt, ist prozessual bedingt, weil das entsprechende Urteil unangefochten blieb. Dies ändert nichts daran, dass die erstinstanzlich ausgefällte Freiheitsstrafe von 6 Jahren auch aus Sicht der Vorinstanz unter Würdigung aller Umstände angemessen ist. Bei dieser Sachlage ist es unzulässig, die Strafe mit dem formalen Argument der fehlenden Relation zu reduzieren. Die Frage würde sich erst stellen, wenn die Strafe für den Beschwerdeführer zu beanstanden wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Vorinstanz nimmt mit ihrem Entscheid letztlich eine "Gleichbehandlung im Unrecht" vor, was grundsätzlich nicht angeht. Es wäre im vorliegenden Fall stossend, wenn neben dem Mittäter auch der Beschwerdegegner von einer zu milden Strafe profitieren könnte, nur weil jenes Urteil nicht angefochten wurde. Einen Anspruch, mit einer unangemessen tiefen Strafe belegt zu werden, besteht offensichtlich nicht. Mit ihrem Vorgehen hat die Vorinstanz aArt. 63 StGB verletzt, weshalb die Beschwerde gutzuheissen ist. | mixed |
eeff9251-1c5d-46e9-a342-4201c742ab27 | Sachverhalt
ab Seite 254
BGE 129 IV 253 S. 254
X. s'est livré au trafic de stupéfiants durant une année environ. Il a ainsi réalisé un chiffre d'affaires de l'ordre de 40'000 fr., alors que son bénéfice s'élevait à 12'000 fr. environ. Ce trafic a par ailleurs constitué sa seule source de revenu durant 8 mois.
Reconnu coupable d'infraction à l'
art. 19 ch. 2 let
. c LStup, X. se pourvoit en nullité contre l'arrêt de la cour cantonale. Il fait notamment valoir que le gain obtenu au moyen de son trafic n'est pas suffisant pour que l'on puisse considérer qu'il a agi par métier au sens de cette disposition. Son pourvoi est rejeté sur ce point. Erwägungen
Extrait des considérants:
2.
Le recourant soutient que l'arrêt attaqué viole les art. 19 ch. 1 in fine et 19 ch. 2 LStup dans la mesure où l'autorité cantonale admet qu'il a agi par métier.
La réalisation du cas grave prévu à l'
art. 19 ch. 2 let
. c LStup suppose notamment que l'auteur ait réalisé par son trafic un chiffre d'affaires ou un gain important. L'autorité cantonale a considéré que le chiffre d'affaires ne saurait être qualifié d'important; elle a en revanche estimé que tel était le cas du gain réalisé, qui a été de l'ordre de 1'000 fr. par mois sur une année, soit un montant de 12'000 fr. environ. Le recourant ne conteste pas cette appréciation en elle-même mais fait valoir qu'un tel gain ne constitue pas une source de revenus suffisante pour que l'on puisse parler de métier au sens de la jurisprudence.
2.1
Conformément à la jurisprudence, l'auteur agit par métier lorsqu'il résulte du temps et des moyens qu'il consacre à ses agissements délictueux, de la fréquence des actes pendant une période déterminée, ainsi que des revenus envisagés ou obtenus, qu'il exerce son activité coupable à la manière d'une profession, même accessoire; il faut que l'auteur aspire à obtenir des revenus relativement réguliers représentant un apport notable au financement de son genre de vie et qu'il se soit ainsi, d'une certaine façon, installé dans la délinquance (
ATF 123 IV 113
consid. 2c p. 116 et les arrêts cités).
En l'espèce, il ressort des constatations de l'autorité cantonale que le recourant a durant une année vendu régulièrement des quantités importantes d'ecstasy, qu'il s'était créé de nombreux contacts et constitué un réseau de vente; il avait même interrompu ses études pour se consacrer exclusivement à son trafic, qui a constitué son unique source de revenus durant plusieurs mois.
Dans ces circonstances, il y a bien lieu de constater que le recourant s'est adonné à son trafic comme à une activité professionnelle,
BGE 129 IV 253 S. 255
dont il escomptait des revenus réguliers, qui lui ont permis de subvenir à ses besoins dans une mesure non négligeable, de sorte que l'autorité cantonale n'a pas violé le droit fédéral en considérant qu'il avait agi par métier au sens de l'
art. 19 ch. 2 let
. c LStup.
2.2
La réalisation de la circonstance aggravante du métier suppose, d'une manière générale, que l'auteur recherche et obtienne effectivement au moyen de son activité délictueuse des revenus relativement réguliers qui contribuent d'une manière non négligeable à la satisfaction de ses besoins, car c'est précisément lorsque l'auteur compte sur les revenus de son activité délictueuse pour financer une partie de son train de vie qu'il devient particulièrement dangereux pour la société (
ATF 116 IV 319
consid. 4c p. 332). S'agissant de la circonstance aggravante prévue à l'
art. 19 ch. 2 let
. c LStup, cette disposition prévoit expressément qu'elle n'est donnée que si celui qui s'est livré au trafic par métier a ainsi réalisé un chiffre d'affaires ou un gain important. Conformément à la jurisprudence, sont déterminants d'une part le revenu brut et d'autre part le bénéfice net obtenus (
ATF 122 IV 211
consid. 2d p. 216). Relevant que rien dans le texte légal ni dans les travaux préparatoires de celui-ci ne donne à penser que le chiffre d'affaires ou le gain en question aurait dû être acquis dans un certain laps de temps et considérant qu'il est indifférent qu'un certain chiffre d'affaires ait été atteint sur une courte période d'une activité intense ou sur une plus longue période d'activité moindre, le Tribunal fédéral a admis que la durée de l'activité délictuelle ayant permis de réaliser le chiffre d'affaires n'est pas décisive pour déterminer si celui-ci est important au sens de l'
art. 19 ch. 2 let
. c LStup (
ATF 129 IV 188
consid. 3.2). Il a précisé qu'il en va de même s'agissant de l'importance du gain obtenu (
ATF 129 IV 188
consid. 3.2), de sorte qu'il y a lieu d'examiner en l'espèce si le montant global acquis, savoir 12'000 fr. environ, doit être considéré comme important sans égard à la période sur laquelle il a été réalisé.
S'agissant de la notion de chiffre d'affaires important, la jurisprudence a dans un premier temps admis qu'un montant de 110'000 fr. était manifestement important dès lors qu'il dépassait le seuil à partir duquel l'
art. 54 ORC
(RS 221.411) prévoit l'inscription obligatoire d'une entreprise commerciale au Registre du commerce (
ATF 117 IV 63
consid. 2b p. 66;
ATF 122 IV 211
consid. 2d p. 216 s.). Plus récemment, la jurisprudence a précisé qu'un chiffre d'affaires de 100'000 fr. ou davantage doit être considéré comme important (
ATF 129 IV 188
consid. 3.1). Elle a ainsi adopté une valeur limite qui
BGE 129 IV 253 S. 256
correspond à celle évoquée par la doctrine en matière de blanchiment d'argent, domaine dans lequel une circonstance aggravante est définie selon les mêmes critères (
art. 305bis ch. 1 let
. c CP), qui doivent être interprétés et appliqués de la même manière (
ATF 122 IV 211
consid. 2d p. 216; voir CHRISTOPHE K. GRABER, Geldwäscherei, Berne 1990; TRECHSEL, Kurzkommentar, 2e éd., n. 25 ad
art. 305bis CP
). Dans le même contexte, la doctrine (voir CHRISTOPHE K. GRABER, op. cit., loc. cit. et TRECHSEL, op. cit., loc. cit.) estime que le gain est important dès qu'il atteint 10'000 fr. Cette limite est tout à fait raisonnable, tant en ce qui concerne le montant lui-même que eu égard au rapport entre celui-ci et le seuil fixé pour le chiffre d'affaires. Il y a donc lieu d'admettre que le recourant, qui a obtenu un bénéfice supérieur à 10'000 fr., a réalisé un gain important, de sorte que c'est à juste titre que l'autorité cantonale a retenu à son encontre la circonstance aggravante prévue par l'
art. 19 ch. 2 let
. c LStup.
2.3
Le recourant affirme attaquer l'arrêt cantonal à propos de la quotité de la peine qui lui a été imposée. Il ressort toutefois de son mémoire qu'il ne juge celle-ci excessive que dans la mesure où elle sanctionne un cas grave au sens de l'
art. 19 ch. 2 let
. c LStup. Dès lors, étant admis que cette qualification est justifiée, il n'y a pas lieu d'examiner plus précisément la manière dont l'autorité cantonale a déterminé la durée de la peine infligée au recourant, qui n'apparaît d'ailleurs nullement excessive eu égard à la gravité des actes dont celui-ci a à répondre. Le pourvoi est donc rejeté sur ce point. | mixed |
8e4574ca-e884-4ee9-8912-c683c2a1d59f | Sachverhalt
ab Seite 307
BGE 137 I 305 S. 307
A.
Im November 1998 beschloss der Kantonsrat die Bildung einer auf vier Jahre befristeten Kommission für die Gleichstellung von Frau und Mann mit einem jährlichen Budget von Fr. 100'000.-. Sie nahm ihre Tätigkeit im August 1999 auf und wurde 2002 um weitere vier Jahre verlängert. Am 17. Mai 2006 beschloss der Kantonsrat die Weiterführung der Kommission befristet bis zum 31. Dezember 2010.
B.
Am 2. Februar 2010 beantragte der Regierungsrat des Kantons Zug, die bisherige Kommission unter dem neuen Namen "Kommission für Chancengleichheit von Frau und Mann" zeitlich auf acht Jahre befristet weiterzuführen, um einen weiteren Schritt hin zur tatsächlichen Gleichberechtigung zu machen. Vorgeschlagen wurde eine maximal zehnköpfige Fachkommission, in der die Sozialpartner, die politischen Parteien sowie Organisationen, die sich mit der Chancengleichheit befassen, angemessen vertreten sein würden. Die Aufgaben der Kommission wurden wie folgt umschrieben (§ 3 des Entwurfs des Regierungsrats vom 2. Februar 2010):
"1. Die Kommission fördert die Chancengleichheit von Frau und Mann und hat insbesondere folgende Aufgaben:
a) sie erstellt für jede Legislaturperiode einen Aktionsplan mit Kostenrahmen, welche vom Regierungsrat zu genehmigen sind;
b) sie lanciert, erarbeitet und begleitet im Rahmen von Bst. a eigene Programme, Projekte und Massnahmen. Sie erteilt Teilaufträge an geeignete bestehende Institutionen und beteiligt sich an kantonalen und interkantonalen Projekten. Sie arbeitet dabei mit interessierten Kreisen, Organisationen und Netzwerken innerhalb und ausserhalb des Kantons zusammen;
BGE 137 I 305 S. 308
c) sie berät Behörden und erarbeitet Stellungnahmen bei Vernehmlassungsverfahren auf kantonaler und eidgenössischer Ebene;
d) sie kann in Einzelfällen Institutionen, Arbeitgebende und Private ausserhalb der Verwaltung kostenlos und erstmals beraten;
e) sie leistet Öffentlichkeitsarbeit, führt eine Dokumentation und sensibilisiert die Bevölkerung.
2. Die Kommission erstattet dem Regierungsrat jährlich Bericht."
In der Schlussabstimmung vom 28. Oktober 2010 sprach sich der Kantonsrat mit 37 zu 36 Stimmen gegen die Vorlage aus und lehnte damit im Ergebnis die Weiterführung der Kommission für die Gleichstellung von Frau und Mann ersatzlos ab.
C.
Gegen diesen Beschluss haben die Partei Alternative - die Grünen Zug, die Christlich-soziale Partei Zug und die Sozialdemokratische Partei des Kantons Zug, die Juristinnen Schweiz, der Gewerkschaftsbund des Kantons Zug, die OFRA Zug sowie zwölf Einzelpersonen (im Folgenden: die Beschwerdeführerinnen) am 29. November 2010 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, eventualiter subsidiäre Verfassungsbeschwerde, ans Bundesgericht erhoben.
Sie beantragen, der Kanton Zug sei zu verpflichten, den in
Art. 8 Abs. 3 Satz 2 BV
sowie in § 5 Abs. 2 der Verfassung des Kantons Zug vom 31. Januar 1894 (KV/ZG; SR 131.218) statuierten Verfassungsauftrag zur Förderung und Verwirklichung der tatsächlichen Gleichberechtigung von Mann und Frau zu erfüllen und die völkerrechtliche Verpflichtung aus Art. 2, insbes. lit. a zweiter Halbsatz des UNO-Übereinkommens vom 18. Dezember 1979 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW [Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women]; SR 0.108) sowie die Empfehlungen des CEDAW-Ausschusses umzusetzen, indem er die gesetzlichen Grundlagen weiterführt bzw. schafft und eine dafür angemessene Kommission und/oder Fachstelle einsetzt.
D.
Der Regierungsrat des Kantons Zug beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Der Kantonsrat schliesst sich den Ausführungen des Regierungsrates an.
Das Bundesamt für Justiz (BJ) kommt in seiner Vernehmlassung vom 6. Juli 2011 zum Schluss, der Kanton Zug sei weder verfassungs- noch völkerrechtlich zur Schaffung einer Gleichstellungskommission oder zur Einsetzung einer Fachstelle zur Förderung der tatsächlichen Gleichstellung von Frau und Mann verpflichtet.
BGE 137 I 305 S. 309 Das Bundesgericht weist die Beschwerde im Sinne der Erwägungen ab, soweit es darauf eintritt.
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Aus den Erwägungen :
1.
Die Beschwerde richtet sich formell gegen den Beschluss des Kantonsrats Zug vom 28. Oktober 2010.
Die Beschwerdeführerinnen sind der Auffassung, es handle sich um einen Erlass i.S.v.
Art. 82 lit. b BGG
, dem zwar kein rechtssetzender, wohl aber rechtsaufhebender Charakter zukomme. Jedenfalls müsse der angefochtene Beschluss einem anfechtbaren kantonalen Erlass gleichgesetzt werden: Die Überprüfung, ob die Abschaffung der Gleichstellungskommission bundes- und völkerrechtswidrig sei, dürfe nicht durch den "formalen Trick" des Fristablaufs und des Nichterlasses einer neuen Rechtsgrundlage vereitelt werden.
1.1
Gegen kantonale Erlasse ist unmittelbar die Beschwerde zulässig, sofern kein kantonales Rechtsmittel ergriffen werden kann (
Art. 87 Abs. 1 BGG
). (...)
1.2
Gemäss
Art. 82 lit. b BGG
beurteilt das Bundesgericht Beschwerden gegen kantonale Erlasse, d.h. gegen kantonale Hoheitsakte mit rechtssetzendem Charakter. Zu Letzteren gehören grundsätzlich auch Regelungen über die Organisation und das Verfahren von Behörden (für den Bund vgl.
Art. 164 Abs. 1 lit. g BV
).
Der Kantonsrat hat die Anträge zur Schaffung einer Kommission für die Chancengleichheit abgelehnt, d.h. auf die Setzung neuer organisatorischer Bestimmungen verzichtet. Diesem Beschluss kommt weder rechtssetzende noch rechtsaufhebende Wirkung zu: Die zuvor eingesetzte Kommission für die Gleichstellung von Frau und Mann war zeitlich bis zum 31. Dezember 2010 befristet. Sie wurde somit durch Zeitablauf aufgelöst, ohne dass es hierfür eines Aufhebungserlasses bedurfte. Die Befristung war schon im Beschluss vom 17. Mai 2006 enthalten. Dieser wurde nicht angefochten und kann im vorliegenden Verfahren nicht mehr überprüft werden.
Diese Vorgehensweise kann nicht als "Trick" zur Umgehung des Rechtsschutzes qualifiziert werden. Die Befristung der Gleichstellungskommission wurde vielmehr mit dem Bedürfnis begründet, die tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter sowie den diesbezüglichen Erfolg und die weitere Notwendigkeit der Kommission periodisch überprüfen zu können; überdies sporne die Befristung die
BGE 137 I 305 S. 310
Kommission zu qualitativ besserer und effizienterer Arbeit an (Bericht und Antrag des Regierungsrates vom 17. Mai 2006, Seite 13).
Der angefochtene Beschluss entfaltet auch keine Sperrwirkung: Der Kantonsrat hat jederzeit die Möglichkeit, die Schaffung einer Kommission oder Fachstelle zur Förderung der Gleichstellung bzw. der Chancengleichheit von Frau und Mann zu beschliessen.
Bei dieser Sach- und Rechtslage besteht kein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung des Beschlusses vom 28. Oktober 2010. Auf diesen Beschwerdeantrag ist daher nicht einzutreten.
2.
Näher zu prüfen ist, ob auf den Verpflichtungsantrag (...) einzutreten ist. Dieser verlangt vom Kanton Zug, die gesetzlichen Grundlagen für eine Kommission und/oder Fachstelle weiterzuführen bzw. zu schaffen, um die verfassungs- und völkerrechtlichen Aufträge zur Förderung und Verwirklichung der tatsächlichen Gleichberechtigung von Mann und Frau zu erfüllen. Damit wird ein Handeln des Gesetzgebers verlangt, d.h. dem Kantonsrat vorgeworfen, in verfassungs- bzw. völkerrechtswidriger Weise untätig geblieben zu sein.
2.1
Art. 94 BGG
regelt ausdrücklich die Möglichkeit, gegen das unrechtmässige Verweigern oder Verzögern eines anfechtbaren Entscheides Beschwerde ans Bundesgericht zu führen. Ob und unter welchen Voraussetzungen auch gegen das unrechtmässige Verweigern oder Verzögern eines Erlasses Beschwerde erhoben werden kann, hat das Bundesgericht bislang stets offengelassen:
2.1.1
Nach der Annahme von
Art. 4 Abs. 2 aBV
(der Vorgängerbestimmung von
Art. 8 Abs. 3 BV
) in der Volksabstimmung vom 14. Juni 1981 war das Bundesgericht mehrfach mit dem Problem des säumigen Gesetzgebers konfrontiert. In einer ersten Phase verzichtete es auf die Aufhebung von Verfügungen, die sich auf ältere, noch nicht angepasste Erlasse stützten, weil dem Gesetzgeber eine Übergangsfrist zu deren Anpassung einzuräumen sei. Dies gelte jedenfalls, wenn die angefochtene Verfügung nicht fundamentale schutzwürdige Interessen des Beschwerdeführers betreffe und die geltend gemachte Verfassungsverletzung nicht zu einer derart unerträglichen Situation führe, dass sich ein unmittelbares Einschreiten des Verfassungsrichters gebieterisch aufdränge (vgl. Urteil P.1020/1986 vom 10. Oktober 1986 E. 3b, in: ZBl 88/1987 S. 306 ff., bestätigt in
BGE 116 V 198
E. 3a S. 213 f.).
Sieben Jahre nach der Annahme des Gleichberechtigungsartikels erachtete sich das Bundesgericht grundsätzlich als berechtigt,
Art. 4
BGE 137 I 305 S. 311
Abs. 2 aBV
widersprechende Verfügungen aufzuheben und den Angehörigen eines Geschlechts die Vorteile zuzusprechen, die den Angehörigen des anderen Geschlechts bereits zustanden, bzw. eine verfassungskonforme Ersatzregelung für den streitigen Einzelfall aufzustellen (
BGE 116 V 198
E. 3b S. 215 f.;
BGE 116 Ia 359
E. 10b und c S. 380 f.; vgl. aus jüngerer Zeit
BGE 129 I 265
E. 5 S. 274 ff., wo das Bundesgericht eine geschlechtsneutrale interkantonale Kollisionsregel für Familien- bzw. Kinderzulagen aufgestellt hat).
In vielen Fällen verzichtete das Bundesgericht jedoch auf die Aufhebung der verfassungswidrigen Verfügung und begnügte sich mit der Feststellung der Verfassungswidrigkeit. Es begründete dies mit der Komplexität der fraglichen Materie, der Vielzahl von Normierungsmöglichkeiten und den erheblichen finanziellen Konsequenzen, die einen Entscheid des Gesetzgebers erforderten (
BGE 119 V 277
E. 4b S. 282;
BGE 117 V 318
E. 5b und 5c S. 324 f.;
BGE 112 Ia 311
E. 2c S. 313 f.). Dies berechtige den kantonalen Gesetzgeber allerdings nicht, längere Zeit untätig zu bleiben und dem Auftrag von
Art. 4 Abs. 2 aBV
keine Folge zu leisten (so z.B. Urteil P.1020/1986 vom 10. Oktober 1986 E. 3b, in: ZBl 88/1987 S. 306 ff.): Der Rechtsunterworfene habe Anspruch darauf, dass nach angemessener Frist gehandelt werde (
BGE 112 Ia 311 | mixed |
0ba8dcca-ee55-4350-b94b-9c3266f2345a | Sachverhalt
ab Seite 498
BGE 136 II 497 S. 498
A.
A.X., né en 1958, et B., née en 1962, sont tous deux de nationalité bosniaque et titulaires d'une autorisation d'établissement en Suisse. Ils se sont mariés en 1982 en Bosnie-Herzégovine. De leur union sont nés un fils, C.X., en 1983, et une fille, D.X., née à Y. le 9 avril 1991.
D.X. a bénéficié d'une autorisation de séjour pour vivre en Suisse auprès de ses parents jusqu'au 1
er
septembre 1995, date à laquelle elle est allée rejoindre son frère et ses grands-parents en Bosnie-Herzégovine.
Le 20 août 2000, C.X. et D.X. ont obtenu une autorisation d'établissement en Suisse, pour y vivre auprès de leurs parents devenus entre-temps titulaires d'un permis du même type. C.X. est toutefois resté en Bosnie-Herzégovine pour y poursuivre ses études. Sa soeur D.X. est retournée dans ce pays le 16 août 2001 pour y être scolarisée (...).
En avril 2008, les époux X. ont sollicité une autorisation de séjour au titre du regroupement familial pour leur fille D.X, afin qu'elle vienne habiter avec eux à Y.
B.
Le 4 août 2008, le Service de la population et des migrations du canton du Valais a rejeté la demande.
Saisi d'un recours à l'encontre de cette décision, le Conseil d'Etat du canton du Valais l'a rejeté par décision du 24 juin 2009.
BGE 136 II 497 S. 499
Les époux X. ont déféré cette décision au Tribunal cantonal du canton du Valais (ci-après: le Tribunal cantonal), qui a rejeté le recours par arrêt du 18 décembre 2009. Les juges cantonaux ont estimé que le droit au regroupement familial était invoqué de manière abusive.
C.
Contre ce jugement, les époux X. forment un "recours de droit public" au Tribunal fédéral. Ils concluent à l'annulation de l'arrêt du 18 décembre 2009 et à l'octroi du regroupement familial pour D.X., sous suite de frais et dépens. Ils dénoncent une violation des dispositions du droit fédéral sur le regroupement familial, en particulier sous l'angle du droit d'être entendu (
art. 29 al. 2 Cst.
), ainsi qu'une violation des
art. 13 Cst.
et 8 CEDH.
L'autorité précédente a renoncé à se déterminer sur le recours. Le Conseil d'Etat et l'Office fédéral des migrations ont conclu à son rejet.
Le 28 juillet 2010, la Cour de céans a délibéré en séance publique sur la recevabilité du présent recours.
Le Tribunal fédéral a admis le recours.
(extrait) Erwägungen
Extrait des considérants:
3.
Le Tribunal fédéral examine d'office sa compétence (
art. 29 al. 1 LTF
) et la recevabilité des recours qui lui sont soumis (
ATF 135 II 22
consid. 1 p. 24;
ATF 135 III 1
consid. 1.1 p. 3).
3.1
Les recourants ont intitulé leur écriture au Tribunal fédéral "recours de droit public". Or, cette voie de recours n'existe plus depuis l'entrée en vigueur de la loi sur le Tribunal fédéral. Selon la jurisprudence, toutefois, l'intitulé erroné du mémoire de recours ne saurait porter préjudice au recourant, pour autant que son écriture remplisse les conditions formelles de la voie de droit en cause (
ATF 133 II 396
consid. 3.1 p. 399), à savoir en l'occurrence celle du recours en matière de droit public.
3.2
Selon l'
art. 83 let
. c ch. 2 LTF, le recours en matière de droit public est irrecevable contre les décisions relatives à une autorisation de droit des étrangers à laquelle ni le droit fédéral, ni le droit international ne donnent droit.
L'
art. 43 al. 1 LEtr
(RS 142.20) confère un droit à une autorisation de séjour aux enfants du titulaire d'une autorisation d'établissement, mais le soumet à la condition qu'ils soient âgés de moins de 18 ans.
BGE 136 II 497 S. 500
Dans le cas particulier, la fille des recourants, née le 9 avril 1991, est désormais majeure. Toutefois, selon une jurisprudence constante, pour statuer sur la recevabilité du recours interjeté contre une décision rendue en matière de regroupement familial, le Tribunal fédéral se fonde sur l'âge de l'enfant au moment du dépôt de la demande. Cela vaut pour le droit interne, la solution étant différente sous l'angle de l'
art. 8 CEDH
: est ici déterminant l'âge atteint au moment où le Tribunal fédéral statue (
ATF 120 Ib 257
consid. 1f p. 262 s.;
ATF 129 II 11
consid. 2 p. 13 s.; voir encore récemment l'arrêt 2C_606/2009 du 17 mars 2010 consid. 1).
Sous le régime de la loi sur le séjour et l'établissement des étrangers (LSEE; RO 49 279), cette pratique était motivée notamment par le fait que l'
art. 17 al. 2 3
e
phrase LSEE conférait aux enfants célibataires de moins de 18 ans le droit d'être inclus dans l'autorisation
d'établissement
de leurs parents, alors que sous l'angle de l'
art. 8 CEDH
il était essentiellement question d'octroyer une autorisation
de séjour
(
ATF 120 Ib 257
consid. 1f p. 262 s.). Or, selon la nouvelle loi sur les étrangers, les enfants célibataires âgés de moins de 18 ans (mais de plus de 12 ans) du titulaire d'une autorisation d'établissement n'ont plus droit qu'à une autorisation de séjour (
art. 43 al. 1 LEtr
). Une fois majeurs, ils ne disposent pas d'un droit au renouvellement de ladite autorisation (cf.
art. 33 al. 3 LEtr
). Il convient donc d'examiner si la pratique exposée ci-dessus doit être maintenue sous le nouveau droit.
3.3
S'agissant de la recevabilité d'un recours, les conditions de celle-ci doivent généralement être réunies lors du dépôt du recours et l'être encore lorsque le Tribunal fédéral statue. Le moment déterminant du point de vue de la recevabilité est donc en principe celui où le Tribunal de céans rend son jugement (
ATF 128 II 145
consid. 1.1.3 p. 149;
ATF 127 II 60
consid. 1b p. 63; arrêt 2C_537/2009 du 31 mars 2010 consid. 2.2.1).
Pour ce qui est du fond, en revanche, l'interdiction des faits nouveaux (
art. 99 al. 1 LTF
) a pour conséquence qu'en principe le Tribunal fédéral rend son arrêt sur la base de l'état de fait établi par l'autorité précédente, pour autant que celle-ci n'ait pas constaté les faits de façon manifestement inexacte ou en violation du droit au sens de l'
art. 95 LTF
(cf.
art. 105 al. 2 LTF
).
L'
art. 83 let
. c ch. 2 LTF exclut le recours en matière de droit public lorsqu'il n'existe pas de droit à l'autorisation sollicitée. Selon la
BGE 136 II 497 S. 501
jurisprudence, il suffit qu'il existe un droit potentiel à l'autorisation, étayé par une motivation soutenable, pour que cette clause d'exclusion ne s'applique pas et que, partant, la voie du recours en matière de droit public soit ouverte (
ATF 136 II 177
consid. 1.1). La norme en question fait donc de l'existence potentielle du droit prétendu une condition de recevabilité du recours. Le Tribunal fédéral examine en règle générale si cette condition de recevabilité est réalisée en se basant sur l'état de fait déterminant quant au fond, c'est-à-dire en principe sur celui qui a été retenu dans l'arrêt attaqué (cf. arrêt précité 2C_537/2009 consid. 2.2.1 et les références citées). Cet état de fait est donc en principe déterminant aussi bien pour se prononcer, au stade de la recevabilité, sur l'existence potentielle du droit que pour statuer sur le fond, en tranchant le point de savoir si ce droit existe effectivement en vertu du droit matériel. Les faits nouveaux ne peuvent en principe être pris en considération. Si seule la prise en compte d'un fait nouveau est de nature à fonder un droit à l'autorisation sollicitée, l'interdiction des nova a pour conséquence que le Tribunal fédéral n'entre pas en matière sur le recours. Le Tribunal de céans a par exemple procédé de la sorte en qualifiant de faits nouveaux la naturalisation de la fille du recourant (arrêt 2A.271/2005 du 12 août 2005 consid. 2.5) et la dépendance du recourant vis-à-vis de son fils et de sa belle-fille (arrêt 2A.261/2006 du 18 mai 2006 consid. 2.2.1). Les arrêts indiquent fréquemment qu'il est loisible à l'intéressé de déposer une nouvelle demande en invoquant le fait nouveau (cf. arrêt précité 2A.271/2005 consid. 2.5).
En revanche, lorsque le divorce, qui entraîne la perte du droit au regroupement familial en faveur du conjoint, est prononcé après que l'arrêt attaqué ait été rendu, le Tribunal fédéral tient compte de ce fait nouveau, en revenant à la règle selon laquelle le moment déterminant du point de vue de la recevabilité est celui où il statue lui-même (
ATF 128 II 145
consid. 1.1.3 p. 149; arrêt 2C_591/2008 du 24 novembre 2008 consid. 2.2 et 2.3).
S'agissant par ailleurs des conditions de recevabilité "ordinaires", autres que celle de l'existence potentielle d'un droit à l'autorisation sollicitée, le moment déterminant est celui auquel le Tribunal fédéral rend son arrêt, conformément à la règle générale. Ainsi, lorsque la cause porte sur la révocation d'une autorisation de séjour qui a expiré dans l'intervalle et qu'il n'existe pas de droit à son renouvellement, le Tribunal de céans prend en compte l'échéance de l'autorisation et n'entre pas en matière, en considérant que le recourant n'a
BGE 136 II 497 S. 502
plus d'intérêt (actuel) à l'annulation ou à la modification de la décision attaquée, de sorte que la condition de recevabilité de l'
art. 89 al. 1 LTF
n'est plus remplie (arrêts 2D_8/2007 du 24 juin 2007 consid. 1.2; 2C_593/2009 du 10 février 2010 consid. 1.1).
Il convient ainsi d'établir quel est le moment déterminant du point de vue de l'âge de l'enfant en faveur duquel le regroupement familial est demandé, pour ce qui est du droit matériel (ci-après consid. 3.4-3.6) et de la recevabilité (consid. 3.7).
3.4
Les art. 42 al. 1 et 43 al. 1 LEtr confèrent un droit à une autorisation de séjour (notamment) aux enfants célibataires de moins de 18 ans respectivement d'un ressortissant suisse et du titulaire d'une autorisation d'établissement. Selon les art. 42 al. 4 et 43 al. 3 LEtr, les enfants des personnes en question ont droit à une autorisation d'établissement s'ils sont âgés de moins de 12 ans. Envisagées pour elles-mêmes, ces dispositions peuvent être comprises en ce sens que le droit à une autorisation respectivement de séjour et d'établissement n'existe qu'aussi longtemps que les enfants n'ont pas atteint la limite d'âge correspondante.
L'
art. 47 LEtr
, qui fixe les délais nouvellement institués par la loi pour requérir le regroupement familial, dispose à l'al. 1 que celui-ci "doit être demandé dans les cinq ans. Pour les enfants de plus de 12 ans, le regroupement doit intervenir dans un délai de 12 mois" ("Der Anspruch auf Familiennachzug muss innerhalb von fünf Jahren geltend gemacht werden. Kinder über zwölf Jahre müssen innerhalb von zwölf Monaten nachgezogen werden"; "Il diritto al ricongiungimento familiare dev'essere fatto valere entro cinque anni. Per i figli con più di 12 anni il termine si riduce a 12 mesi"). Le point de départ du délai est fixé par l'
art. 47 al. 3 LEtr
(cf. aussi la disposition transitoire de l'
art. 126 al. 3 LEtr
). Selon le texte clair de l'
art. 47 al. 1 LEtr
, le délai est respecté si la demande de regroupement est déposée avant son échéance. Comme le délai dépend de l'âge de l'enfant, le moment du dépôt de la demande doit être déterminant aussi à ce dernier égard. Si l'on envisage les art. 42 s. en relation avec l'
art. 47 LEtr
, l'interprétation littérale conduit donc à considérer que le dépôt de la demande représente le moment déterminant du point de vue de l'âge de l'enfant.
Sous l'angle téléologique, le législateur a voulu que les enfants d'un ressortissant suisse ou d'un titulaire d'une autorisation d'établissement âgés de moins de 18 ans (mais de plus de 12 ans) n'aient plus
BGE 136 II 497 S. 503
droit à une autorisation d'établissement comme sous l'ancien droit (cf.
art. 17 al. 2 3
e
phrase LSEE), mais seulement à une autorisation de séjour, afin qu'il soit possible de ne pas renouveler cette dernière en cas de défaut d'intégration (cf. Message du 8 mars 2002 concernant la loi sur les étrangers, FF 2002 3548 ch. 2.6 ad art. 41). L'idée n'était pas de changer la pratique en vigueur, selon laquelle le dépôt de la demande de regroupement représente le moment déterminant du point de vue de l'âge de l'enfant.
L'interprétation de la loi conduit ainsi à retenir que le moment du dépôt de la demande est déterminant du point de vue de l'âge de l'enfant comme condition du droit au regroupement familial. La condition est réalisée et le droit doit être reconnu si, à ce moment, l'enfant n'a pas atteint l'âge limite. Le droit au regroupement ne disparaît pas lorsque l'enfant atteint cet âge pendant la suite de la procédure, avant que l'autorisation ne lui soit octroyée. Cette solution s'impose également afin d'éviter que le droit au regroupement ne se perde en raison de la durée de la procédure, sur laquelle les particuliers requérant l'autorisation n'ont qu'une maîtrise très limitée. Si l'on adoptait la solution contraire, ces derniers pourraient être déchus du droit au regroupement du seul fait que la procédure n'a pas été menée avec la célérité requise, ce qui pourrait porter atteinte à la sécurité du droit et au principe de la bonne foi (
art. 5 al. 3 et
art. 9 Cst.
) devant présider aux relations entre particuliers et autorités.
De manière générale, les conditions de l'octroi d'une autorisation de police doivent être réunies lors du dépôt de la demande et l'être encore au moment où l'autorisation est accordée. La condition liée à l'âge est particulière dans la mesure où elle est soumise à l'écoulement du temps et pourrait, dans la situation qui vient d'être évoquée, cesser d'être réalisée pour des motifs indépendants de la volonté des requérants et dont ils n'ont pas à répondre. Dans ces conditions, il est préférable de faire dépendre le droit au regroupement (uniquement) de l'âge de l'enfant lors du dépôt de la demande, car il s'agit là d'un acte des intéressés et, partant, d'une circonstance dont ils ont la maîtrise.
3.5
Dans ses directives (version du 1
er
juillet 2009), l'Office fédéral des migrations relève, en se référant à l'
ATF 129 II 11
consid. 2, que l'âge déterminant du point de vue du droit au regroupement familial est celui que l'enfant a atteint lors du dépôt de la demande (ch. 6.2.4.2 et 6.10.1). Tel est aussi l'avis de la doctrine (PETER
BGE 136 II 497 S. 504
UEBERSAX, in Ausländerrecht, 2009, n° 7.314; RASELLI/HAUSAMMANN/MÖCKLI/URWYLER, in Ausländerrecht, op. cit., n° 16.10; MARC SPESCHA, in Migrationsrecht, 2
e
éd. 2009, n° 1 ad
art. 47 LEtr
).
3.6
En droit allemand, le moment déterminant s'agissant de l'âge comme condition du droit au regroupement est également celui du dépôt de la demande (HUBER/GÖBEL-ZIMMERMANN, Ausländer- und Asylrecht, 2
e
éd. 2008, p. 481 n° 1344, avec référence à un jugement du Tribunal administratif fédéral du 18 novembre 1997 concernant l'âge de l'enfant pour lequel le regroupement est demandé, publié in Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - Rechtsprechungs-Report 1998 p. 517).
La Directive 2003/86/CE du Conseil du 22 septembre 2003 relative au droit au regroupement familial (JO L 251 du 3 octobre 2003 p. 12) prévoit par ailleurs que les Etats membres peuvent exiger que les demandes concernant le regroupement familial d'enfants mineurs soient introduites avant que ceux-ci n'aient atteint l'âge de 15 ans (art. 4 par. 6). Selon ce texte, lorsqu'une telle limite d'âge est fixée, elle doit être respectée lors du dépôt de la demande, qui est ainsi le moment déterminant.
3.7
Il ressort de ce qui précède que le moment déterminant du point de vue de l'âge comme condition du droit au regroupement familial en faveur d'un enfant est celui du dépôt de la demande. Or, ce qui vaut pour le droit matériel doit aussi valoir sous l'angle de la recevabilité (
art. 83 let
. c ch. 2 LTF). Adopter une autre solution pour cette dernière, en exigeant par exemple que l'enfant n'ait pas encore atteint l'âge limite lors du dépôt du recours devant le Tribunal de céans ou lorsque celui-ci statue, entraînerait, dans certaines situations, que le droit au regroupement existerait, mais ne serait pas justiciable devant le Tribunal fédéral. Une telle conséquence ne serait pas acceptable - même si, en vertu de l'
art. 29a Cst.
, la cause pourrait être soumise à une autre autorité judiciaire -, parce que cela reviendrait à soustraire à l'examen du Tribunal fédéral certains cas où il existe un droit (potentiel) à l'autorisation sollicitée, alors que l'
art. 83 let
. c ch. 2 LTF exclut la voie de droit ordinaire seulement en l'absence d'un tel droit, lorsque l'octroi de l'autorisation est laissé à l'appréciation de l'autorité. Dans cette mesure, le Tribunal de céans serait indûment empêché de remplir son rôle d'autorité de recours au plan national et d'exercer ainsi un contrôle nécessaire afin d'éviter les inégalités de traitement résultant de pratiques divergentes.
BGE 136 II 497 S. 505
En outre, comme cela a été relevé en relation avec le droit au regroupement (cf. consid. 3.4 ci-dessus), il convient d'éviter que la recevabilité du recours en matière de droit public ne dépende de la durée de la procédure antérieure, sur laquelle les particuliers requérant l'autorisation n'ont qu'une maîtrise très limitée, et que ces derniers ne soient privés du droit de soumettre leur cause au Tribunal de céans du seul fait que la procédure antérieure n'a pas été menée avec la célérité requise.
3.8
Contrairement à la situation dans laquelle l'autorisation dont la révocation est en cause a expiré dans l'intervalle et où il n'existe pas de droit à son renouvellement, les recourants ont en l'occurrence un intérêt à ce que le Tribunal fédéral entre en matière. Le litige porte en effet sur l'existence d'un droit au regroupement familial et sur l'octroi à ce titre d'une autorisation de séjour à D.X. L'autorité précédente a refusé d'octroyer celle-ci en considérant que le droit au regroupement était invoqué de manière abusive. Les recourants ont un intérêt digne de protection (cf.
art. 89 al. 1 LTF
) à ce que le Tribunal de céans modifie cette décision en ce sens qu'une autorisation de séjour doit être accordée à la prénommée. S'agissant d'un droit (potentiellement) conféré par les art. 43 al. 1, 47 al. 1 et 3 et 126 al. 3 LEtr, les recourants y ont même un intérêt juridiquement protégé. Peu importe qu'il s'agisse d'une autorisation de séjour valable seulement une année (
art. 33 al. 3 1
re
partie de la phrase LEtr et
art. 58 al. 1 1
re
phrase de l'ordonnance du 24 octobre 2007 relative à l'admission, au séjour et à l'exercice d'une activité lucrative [OASA;RS 142.201]) et à la prolongation de laquelle il n'existe pas de droit.Les recourants et leur fille ont un intérêt à ce que cette dernière puisse les rejoindre au titre du regroupement familial afin de vivre en ménage commun avec eux durant une année, même s'ils n'ont pas l'assurance que l'autorisation sera renouvelée au terme de cette période.
3.9
Il ressort de ce qui précède que les recourants disposent d'un droit potentiel à l'autorisation sollicitée, de sorte que la voie du recours en matière de droit public est ouverte, la clause d'exclusion de l'
art. 83 let
. c ch. 2 LTF n'étant pas applicable.
Au surplus, le recours a été interjeté par des parties directement touchées par la décision attaquée et qui ont - comme il a été dit (cf. consid. 3.8) - un intérêt digne de protection à son annulation ou sa modification (cf.
art. 89 al. 1 LTF
); il est dirigé contre un jugement
BGE 136 II 497 S. 506
final (cf.
art. 90 LTF
) rendu par une autorité judiciaire cantonale supérieure de dernière instance (cf.
art. 86 al. 1 let
. d et al. 2 LTF); il a été déposé dans le délai (cf.
art. 100 al. 1 LTF
) et la forme (cf.
art. 42 LTF
) prévus par la loi. Il convient ainsi d'entrer en matière.
4.
4.1
Les conditions du droit au regroupement familial posées par les art. 43 al. 1, 47 al. 1 et 3 en relation avec l'
art. 126 al. 3 LEtr
sont en l'espèce réunies. En particulier, le regroupement a été demandé en avril 2008, alors que D.X. était âgée de moins de 18 ans, de sorte que la limite d'âge fixée par l'
art. 43 al. 1 LEtr
, tel qu'interprété ci-dessus, n'était pas atteinte au moment déterminant. En outre, le délai de 12 mois prévu par l'
art. 47 al. 1 LEtr
, qui, en vertu de la disposition transitoire de l'
art. 126 al. 3 LEtr
, a commencé de courir le 1
er
janvier 2008, est respecté.
4.2
L'autorité précédente a toutefois estimé qu'en vertu de l'
art. 51 al. 2 let. a LEtr
, le droit au regroupement s'était éteint, car il était invoqué de manière abusive. La demande de regroupement avait en effet été déposée alors que D.X. était proche de l'âge limite de 18 ans. En outre, à ce moment, celle-ci avait vécu seulement durant 5 ans avec ses parents en Suisse, alors qu'elle avait passé 12 ans dans son pays d'origine auprès de son frère aîné et de ses grands-parents. Dans ces conditions, les relations que D.X. entretenaient avec ses parents ne pouvaient être qualifiées de prépondérantes, même si, durant les années en question, ces derniers s'étaient rendus régulièrement en Bosnie-Herzégovine pendant leurs vacances et avaient eu avec leur fille de fréquents contacts téléphoniques. Les circonstances nouvelles invoquées à l'appui de la demande de regroupement, à savoir le décès de la grand-mère, le fait que le frère de D.X. s'est marié et a fondé une famille, la fin des études de commerce de cette dernière, ainsi que la stabilisation de l'état de santé de sa mère, n'y changeaient rien et ne parvenaient pas à "accréditer une future vie de famille [en Suisse], à l'heure où l'intéressée sort précisément du cercle familial étroit".
4.3
Dans le cas particulier, il n'apparaît pas, à la lumière de l'état de fait retenu dans la décision attaquée, lequel lie le Tribunal de céans (cf.
art. 105 al. 2 LTF
), qu'il serait abusif de la part des recourants de se prévaloir du droit au regroupement familial. Il ressort en effet de la décision entreprise que ces derniers ont entretenu et entretiennent encore des relations avec leur fille D.X.: ils ont vécu ensemble en
BGE 136 II 497 S. 507
Suisse durant 5 ans (d'avril 1991 à août 1995, puis d'août 2000 à août 2001) et, durant les autres périodes, ils ont gardé des contacts relativement fréquents, les parents se rendant "régulièrement" en Bosnie-Herzégovine durant leurs vacances et ayant des contacts téléphoniques "soutenus" avec leur fille. Le fait que D.X. a quitté le domicile familial de Y. en 2001 déjà et la période de sa vie au cours de laquelle cela s'est produit ont certes été de nature à distendre les liens l'unissant à ses parents. Mais cela ne signifie pas pour autant que ces liens aient été rompus. L'autorité précédente n'admet elle-même pas que tel ait été le cas. Elle en tire en revanche la conséquence que les relations de D.X. avec ses parents ne peuvent être qualifiées de prépondérantes. Or, à supposer que ce point de vue soit exact, cela ne signifie pas encore qu'il soit abusif de la part des recourants de se prévaloir du droit au regroupement familial en faveur de leur fille. L'existence de relations prépondérantes avec le parent demandant que son enfant puisse venir vivre avec lui en Suisse était - comme le relèvent du reste les recourants - une exigence posée par l'ancienne jurisprudence sur le regroupement familial partiel, applicable aux situations où seul l'un des parents vit en Suisse. Or, non seulement cette jurisprudence n'a plus cours sous le nouveau droit (cf.
ATF 136 II 78
consid. 4.7 p. 85 s.), mais encore il ne s'agit pas en l'espèce d'un cas de regroupement partiel, puisqu'il est prévu que D.X. aille rejoindre ses deux parents à Y. La question de savoir quelles relations sont prépondérantes, entre celles que la prénommée entretient avec ses parents en Suisse et celles qu'elle a avec d'autres personnes vivant dans son pays d'origine, n'a donc pas à être tranchée en l'espèce. Du point de vue de l'abus de droit au sens de l'
art. 51 LEtr
, seul importe le point de savoir si les relations l'unissant à ses parents qui invoquent le droit au regroupement sont (encore) vécues. Or, tel est bien le cas, comme il a été dit. En outre, il n'y a pas non plus abus de droit du seul fait que, lors du dépôt de la demande de regroupement, l'enfant était proche de la limite de 18 ans.
En l'absence d'abus de droit, il convient donc d'octroyer l'autorisation de séjour sollicitée au titre du regroupement familial, étant rappelé que D.X. ne disposera pas, le moment venu, d'un droit au renouvellement de celle-ci, puisqu'elle est désormais majeure. La décision entreprise doit ainsi être annulée pour violation des art. 43 al. 1 et 51 al. 2 let. a LEtr, sans qu'il soit besoin d'examiner les autres griefs soulevés par les recourants. | mixed |
07e02984-2310-46bd-8cc3-d15031488b23 | Sachverhalt
ab Seite 537
BGE 138 III 537 S. 537
A.
Le 23 juillet 1994, dame A. a donné naissance à un garçon, prénommé B. que C. a reconnu devant l'officier d'état civil le 4 août suivant.
Dame A. et C. se sont mariés le 5 mai 1995. Par jugement du 27 mai 2008, confirmé par arrêt de la Cour de justice du 16 octobre 2009, le Tribunal de première instance de Genève a prononcé leur divorce.
BGE 138 III 537 S. 538
B.
Le 3 octobre 2008, C. a formé une action en désaveu de paternité. La mère et l'enfant, représenté par son curateur, se sont opposés à la demande.
Par jugement du 3 décembre 2009, le Tribunal de première instance de Genève a constaté la non-paternité de C. Il a examiné la demande au regard des dispositions sur la contestation de la reconnaissance de paternité, dès lors que le demandeur avait reconnu l'enfant après sa naissance.
Le 28 mai 2010, sur appel de la mère, la Chambre civile de la Cour de justice a annulé ce jugement et rejeté l'action "en désaveu de paternité, respectivement en contestation de la reconnaissance de paternité", pour le motif qu'elle était périmée. S'agissant plus particulièrement de la recevabilité de l'appel, elle a reconnu à la mère la qualité pour recourir, quand bien même, selon la doctrine, celle-là ne peut participer à l'action en contestation qu'en tant qu'intervenante. Elle a jugé, sous l'angle de l'interdiction du formalisme excessif, qu'il fallait, en l'espèce, considérer l'intéressée comme une partie, dès lors que celle-ci avait été traitée comme telle en première instance, et, partant, lui reconnaître la qualité pour appeler du jugement.
Le 13 décembre 2010, le Tribunal fédéral a admis le recours en matière civile interjeté par le père contre cet arrêt, a annulé ce dernier et a renvoyé la cause pour examen des conditions de la demande en contestation de la reconnaissance de paternité. Il a jugé en bref que, les conditions d'une restitution du délai pour ouvrir action étaient réalisées en l'espèce (
ATF 136 III 593
consid. 6). Il n'a en revanche pas examiné plus avant les considérations de l'autorité cantonale reconnaissant à la mère la qualité pour recourir, dès lors que cette question ressortissant au droit cantonal de procédure n'avait fait l'objet d'aucun grief motivé (arrêt 5A_492/2010 du 13 décembre 2010 consid. 4, non publié aux
ATF 136 III 593
).
C.
Statuant sur renvoi le 20 mai 2011, la Chambre civile de la Cour de justice a confirmé le jugement de première instance du 3 décembre 2009 constatant la non-paternité de C. S'agissant de la recevabilité de l'appel de la mère sous l'angle de la qualité pour recourir, elle a renvoyé aux considérations de son premier arrêt, motif pris que celles-là n'avaient pas été critiquées devant le Tribunal fédéral. Au fond, elle a jugé que les conditions de la demande étaient remplies à satisfaction de droit.
BGE 138 III 537 S. 539
D.
Le Tribunal fédéral a rejeté le recours en matière civile de la mère qui tendait, principalement, au rejet de l'action du père et, subsidiairement, au renvoi pour nouvelle décision.
(résumé) Erwägungen
Extrait des considérants:
1.
1.1
En l'espèce, l'arrêt litigieux confirme un jugement de première instance admettant l'action en contestation de la reconnaissance de paternité introduite par le père. Il s'agit d'une contestation civile (
art. 72 al. 1 LTF
) de nature non pécuniaire. Le recours, dirigé contre une décision finale (
art. 90 LTF
) rendue - sur renvoi - par l'autorité cantonale de dernière instance (
art. 75 al. 1 LTF
), a par ailleurs été interjeté en temps utile (
art. 100 al. 1 LTF
).
1.2
Selon l'
art. 76 al. 1 LTF
, a qualité pour former un recours en matière civile quiconque a pris part à la procédure devant l'autorité précédente ou a été privé de la possibilité de le faire (let. a) et est particulièrement touché par la décision attaquée et a un intérêt digne de protection à son annulation ou sa modification (let. b, dans sa teneur en vigueur depuis le 1
er
janvier 2011 [RO 2010 1739], l'arrêt attaqué ayant été rendu après cette date, cf.
art. 132 al. 1 LTF
). Il incombe au recourant d'alléguer les faits qu'il considère comme propres à fonder sa qualité pour recourir au Tribunal fédéral selon l'
art. 76 LTF
, lorsqu'ils ne ressortent pas à l'évidence de la décision attaquée ou du dossier de la cause (
ATF 133 II 353
consid. 1 p. 356).
1.2.1
Il ne fait aucun doute que la première condition prise de la participation à la procédure devant l'autorité précédente est remplie en l'espèce.
1.2.2
Il faut aussi admettre que la seconde condition est réalisée, ne serait-ce que d'un point de vue économique (intérêt de la mère à ne pas assumer seule l'entretien de l'enfant). L'intérêt digne de protection consiste en effet en l'utilité pratique que l'admission du recours apporterait au recourant en lui évitant de subir un préjudice de nature économique, idéale, matérielle ou autre que la décision attaquée lui occasionnerait (
ATF 133 II 400
consid. 2.2 p. 404,
ATF 131 II 409
consid. 1.3 p. 413;
ATF 131 II 361
consid. 1.2 p. 365,
ATF 131 II 587
consid. 2.1 p. 588, 649 consid. 3.1 p. 651;
ATF 131 V 298
consid. 3 p. 300).
2.
2.1
Renvoyant aux considérations (cf. supra, let. B) de son premier prononcé - que le Tribunal fédéral n'avait pas examinées plus avant
BGE 138 III 537 S. 540
dans son arrêt de renvoi, faute d'un grief motivé du père sur ce point (5A_492/2010 du 13 décembre 2010 consid. 4, non publié aux
ATF 136 III 593
) -, la Cour de justice a considéré la mère comme une partie, quand bien même celle-là n'était censée participer à la procédure que comme intervenante, et a ainsi admis sa qualité pour appeler du jugement de première instance. Elle a ensuite examiné les conditions de l'action en contestation de la reconnaissance de paternité, qu'elle a considérées comme remplies en l'espèce. Cela étant, elle a rejeté l'appel de la mère et confirmé le jugement de première instance qui constatait la non-paternité.
2.2
Cette issue peut être confirmée par substitution de motifs (
ATF 133 III 545
consid. 2.2 p. 550).
2.2.1
La qualité pour appeler - question qui relevait de la procédure cantonale avant l'entrée en vigueur du Code de procédure civile - ayant été admise, la Cour de justice devait, conformément à l'arrêt de renvoi, examiner les conditions de la demande en contestation de la reconnaissance de paternité. Dans ce cadre, se posaient les questions - qui sont examinées d'office (cf.
ATF 110 V 347
consid. 1 p. 348; arrêt 9C_14/2010 du 21 mai 2010 consid. 3.1 et les références) - de la qualité pour agir (ou légitimation active) et pour défendre (ou légitimation passive), qui appartiennent aux conditions matérielles de la prétention litigieuse, lesquelles se déterminent selon le droit au fond et dont le défaut conduit au rejet de l'action (
ATF 125 III 82
consid. 1a p. 83/84;
ATF 123 III 60
consid. 3a p. 63; cf. arrêts 5A_713/2011 du 2 février 2012 consid. 4.1; 5A_641/2011 du 23 février 2012 consid. 5.1; 9C_14/2010 précité).
Or, dans l'action en contestation de la reconnaissance de paternité, si la mère a la qualité pour agir (ou légitimation active) par la loi (
art. 260a al. 1 CC
), elle ne dispose pas de la qualité pour défendre (ou légitimation passive). L'enfant qui conteste la reconnaissance agit contre l'auteur de celle-ci, alors que ce dernier agit contre l'enfant. Ainsi, alors même que, en dépit du fait qu'elle est étrangère au rapport de droit en cause, elle peut, par la loi, agir en son propre nom comme partie (FABIENNE HOHL, Procédure civile, vol. I, 2001, n
os
440 et 441; cf.
ATF 116 II 253
consid. 3 p. 257; cf. arrêt 5A_641/2011 du 23 février 2011 consid. 5.1), la mère n'est pas admise à défendre à l'action en tant que partie ni, par conséquent, à recourir à ce titre. Il importe peu que, sous l'angle de la qualité pour appeler selon le droit cantonal, la Cour de justice ait admis la qualité de partie pour des motifs tenant à
BGE 138 III 537 S. 541
l'interdiction du formalisme excessif (cf. supra, let. B et consid. 2.1). Comme il a été dit, la qualité pour agir et pour défendre appartiennent aux conditions matérielles de la prétention litigieuse, lesquelles se déterminent selon le droit au fond.
2.2.2
Certes, selon la doctrine, la mère peut participer à la procédure en tant qu'intervenante accessoire (OLIVIER GUILLOD, in Commentaire romand, Code civil, 2010, n
o
9 ad
art. 260a CC
et les auteurs cités à la note 18; INGEBORG SCHWENZER, in Commentaire bâlois, Zivilgesetzbuch, vol. I, 3
e
éd. 2006, n
o
8 ad
art. 260a CC
; MEIER/STETTLER, Droit de la filiation, 4
e
éd. 2009, n
o
126, p. 67; MARTIN STETTLER, Le droit suisse de la filiation, TDPS, vol. III/2/1, 1987, p. 214, let. B et p. 215, let. C), soit pour soutenir les conclusions de la partie qu'elle assiste (sur la notion d'intervention accessoire: FABIENNE HOHL, op. cit., n
os
558 et 562; cf. sous l'empire du CPC [RS272]: JACQUES HALDY, in Code de procédure civile commenté, 2011, n° 2 ad
art. 74 et 76 CPC
). Si, à ce titre, elle peut faire valoir tous les moyens d'attaque et de défense ainsi qu'interjeter recours, il faut toutefois que ses actes soient compatibles avec ceux de la partie qu'elle soutient (HOHL, op. cit., n
o
577; cf. sous l'empire du CPC: HALDY, op. cit., n
o
4 ad
art. 76 CPC
). Elle ne peut ainsi recourir si la partie principale s'oppose au recours ou acquiesce au jugement (HOHL, op. cit., n
o
578). Or, sous cet angle, l'appel de la mère était aussi voué à l'échec. Force est en effet de constater que l'enfant, qui était représenté par un curateur, n'a lui-même pas fait recours contre l'admission de l'action en contestation de la reconnaissance de paternité par le Tribunal de première instance, tout comme il n'a d'ailleurs pas recouru devant la Cour de céans contre l'arrêt de la Cour de justice qui confirme ce jugement. | mixed |
730e5aed-0bf7-4aac-ad0a-4940738594a0 | Sachverhalt
ab Seite 332
BGE 138 I 331 S. 332
A.
Der Grosse Rat des Kantons Bern verabschiedete am 24. Januar 2011 eine Änderung des kantonalbernischen Gesetzes vom 11. Juni 2001 über die öffentliche Sozialhilfe (Sozialhilfegesetz, SHG; BSG 860.1). Mit Beschluss vom 29. Juni 2011 stellte der Regierungsrat fest, dass die Referendumsfrist unbenutzt abgelaufen ist. Am 23. November 2011 wurde die Änderung in der Bernischen Amtlichen Gesetzessammlung (BAG) publiziert. Die Änderung umfasst unter anderem folgende Bestimmungen:
Art. 8 Sozialhilfegeheimnis und Anzeigepflichten und -rechte
1
Personen, die sich mit dem Vollzug dieses Gesetzes befassen, haben über Angelegenheiten, die ihnen dabei zur Kenntnis gelangen, zu schweigen.
2
Das Sozialhilfegeheimnis entfällt, wenn
a) die betroffene Person zur Auskunftserteilung ermächtigt hat,
b) die vorgesetzte Stelle zur Auskunftserteilung ermächtigt hat,
c) eine Straftat zur Anzeige gebracht wird, oder
d) auf Grund einer gesetzlichen Bestimmung ein Auskunftsrecht oder eine Auskunftspflicht besteht.
3
Personen, die sich mit dem Vollzug dieses Gesetzes befassen, sind zur Mitteilung an die Staatsanwaltschaft verpflichtet, wenn ihnen in ihrer amtlichen Tätigkeit konkrete Verdachtsgründe bekannt werden für
a) ein von Amtes wegen zu verfolgendes Verbrechen,
b) ein von Amtes wegen zu verfolgendes Vergehen im Zusammenhang mit dem Bezug von Sozialhilfeleistungen, oder
c) eine Übertretung im Sinne von Artikel 85, ausser wenn sie offensichtlich ungewollt erfolgte.
BGE 138 I 331 S. 333
4
Die Mitteilungspflichten nach Artikel 48 Absatz 1 des Einführungsgesetzes vom 11. Juni 2009 zur Zivilprozessordnung, zur Strafprozessordnung und zur Jugendstrafprozessordnung (EG ZSJ) und Absatz 3 entfallen, wenn
a) die Informationen vom Opfer stammen,
b) die Informationen von der Ehegattin oder vom Ehegatten, von der eingetragenen Partnerin oder vom eingetragenen Partner, von der Lebenspartnerin oder vom Lebenspartner, von einem Elternteil, Geschwister oder Kind des Opfers stammen, oder
c) das Opfer Ehegattin oder Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner oder Lebenspartnerin oder Lebenspartner, Elternteil, Geschwister oder Kind der vermuteten Täterschaft ist.
Art. 8a (neu) Weitergabe von Informationen an Behörden und Privatpersonen
1
Die mit dem Vollzug dieses Gesetzes betrauten Personen dürfen Informationen betreffend Angelegenheiten nach Artikel 8 Absatz 1 weitergeben, wenn
a) die Informationen nicht personenbezogen sind,
b) die Betroffenen dazu ihre ausdrückliche Zustimmung erteilen,
c) das Erfüllen der Sozialhilfeaufgaben die Weitergabe zwingend erfordert oder
d) eine ausdrückliche Grundlage in einem Gesetz die Weitergabe verlangt oder zulässt.
2
Informationen dürfen gemäss Absatz 1 Buchstabe d insbesondere weitergegeben werden an
a) die zuständigen Ausländerbehörden aufgrund einer Anfrage gemäss Artikel 97 Absatz 2 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG) und unaufgefordert nach Artikel 97 Absatz 3 Buchstabe d AuG gemäss den Ausführungsbestimmungen des Bundesrats,
b) die Steuerbehörden des Kantons und der Gemeinden im Rahmen von Artikel 155 des Steuergesetzes vom 21. Mai 2000 (StG),
c) die Betreibungs- und Konkursbehörden im Rahmen von Artikel 91 Absatz 5 und Artikel 222 Absatz 5 des Bundesgesetzes vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG),
d) die Vormundschaftsbehörden im Rahmen von Artikel 364 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs vom 21. Dezember 1937 (StGB), und von Artikel 25 des Gesetzes vom 28. Mai 1911 betreffend die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (EG ZGB),
e) die für die Anordnung von Massnahmen nach dem Gesetz vom 22. November 1989 über die fürsorgerische Freiheitsentziehung und andere Massnahmen der persönlichen Fürsorge (FFEG) zuständigen Behörden,
BGE 138 I 331 S. 334
f) die Polizeiorgane des Kantons und der Gemeinden nach Artikel 50 Absatz 4 des Polizeigesetzes vom 8. Juni 1997 (PolG) ungeachtet der besonderen Geheimhaltungspflicht,
g) die Einrichtungen und Organe der Sozialversicherungen, soweit das Bundesrecht es vorsieht,
h) andere mit der individuellen Sozialhilfe im Sinne dieses Gesetzes befasste Behörden des Kantons oder der Gemeinden nach Artikel 2 des Gemeindegesetzes vom 16. März 1998 (GG),
i) die mit dem Vollzug der öffentlichen Sozialhilfe befassten Behörden des Bundes und anderer Kantone, sofern die Mitteilungen zur Erfüllung der Sozialhilfeaufgaben zwingend erforderlich sind und die anfragende Behörde aufgrund besonderer gesetzlicher Bestimmungen zu deren Bearbeitung befugt ist.
3
Informationen dürfen nur weitergegeben werden, wenn die anfragenden Behörden und Privatpersonen den Gegenstand der gewünschten oder verlangten Informationen genau bezeichnen und die Zulässigkeit der Weitergabe nachweisen.
4
Die mit dem Vollzug dieses Gesetzes betrauten Personen dürfen, sofern die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt sind, Informationen auch an Behörden und Personen weitergeben, die keiner besonderen Geheimhaltungspflicht unterstehen.
5
Die Einrichtung elektronischer oder automatisierter Abrufverfahren bedarf einer ausdrücklichen Grundlage in einem Gesetz.
Art. 8b (neu) Informationsbeschaffung
1
Informationen sind in der Regel im Rahmen der Mitwirkungspflicht nach Artikel 28 bei der betroffenen Person zu beschaffen.
2
Ist dies nicht möglich oder sinnvoll, können die Informationen gestützt auf die nachstehenden Bestimmungen direkt bei Dritten eingeholt werden.
3
Für Informationen, die gestützt auf die nachstehenden Bestimmungen nicht beschafft werden können, holen die mit dem Vollzug dieses Gesetzes betrauten Personen von den betroffenen Personen zum Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs um Gewährung von Sozialhilfe eine Vollmacht ein.
Art. 8c (neu) Auskunftspflichten und Mitteilungsrecht
1
Gegenüber den mit dem Vollzug dieses Gesetzes betrauten Stellen sind zur Erteilung mündlicher und schriftlicher Auskünfte, die für den Vollzug erforderlich sind, verpflichtet:
a) die Behörden des Kantons und der Gemeinden nach Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG),
b) Personen und Organisationen des öffentlichen oder des privaten Rechts, soweit sie mit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben betraut sind,
c) Personen, die mit einer Person, die Leistungen der öffentlichen Sozialhilfe beansprucht oder beantragt, in Hausgemeinschaft leben oder
BGE 138 I 331 S. 335
einer solchen Person gegenüber unterhalts- oder unterstützungspflichtig sind,
d) die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber von Personen, die Leistungen der öffentlichen Sozialhilfe beanspruchen oder beantragen,
e) Vermieterinnen und Vermieter von Wohnraum von Personen, die Leistungen der öffentlichen Sozialhilfe beanspruchen oder beantragen.
2
Soweit keine besonderen Vorschriften des Bundesrechts entgegenstehen und die Informationen notwendig sind, um die Ansprüche nach diesem Gesetz vollständig abzuklären, sind zur Erteilung von Auskünften insbesondere verpflichtet:
a) die Behörden der Einwohnerkontrolle,
b) die Ausländerbehörden betreffend den ausländerrechtlichen Status einer Person, die Leistungen der öffentlichen Sozialhilfe beansprucht,
c) die Strassenverkehrsbehörden im Rahmen von Artikel 104 Absatz 5 des Strassenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 1958 (SVG),
d) die Polizeiorgane des Kantons und der Gemeinden,
e) die Steuerbehörden betreffend Steuerdaten derjenigen Personen, die Leistungen der individuellen oder der institutionellen Sozialhilfe beanspruchen, beantragen oder beansprucht haben,
f) die Einrichtungen und Organe der Sozialversicherungen.
3
Die in Absatz 1 und 2 genannten Personen und Behörden sind namentlich verpflichtet, Auskünfte zu erteilen zur Abklärung
a) der finanziellen und persönlichen Verhältnisse von Personen, die Leistungen der öffentlichen Sozialhilfe beanspruchen,
b) der Ansprüche dieser Personen gegenüber Dritten,
c) der Integration der unterstützten Person,
d) der Rückerstattungspflicht nach diesem Gesetz oder
e) der wirtschaftlichen Verhältnisse von Personen, die Leistungen der institutionellen Sozialhilfe empfangen, sowie von deren Eltern oder deren gesetzlichen Vertretung, soweit dies notwendig ist, um die Kostenbeteiligung der Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfänger festzusetzen.
4
Die in Absatz 1 und 2 genannten Personen und Behörden können den für den Vollzug dieses Gesetzes zuständigen Behörden von sich aus Informationen zukommen lassen, wenn sie sichere Kenntnis haben, dass die von der Meldung betroffenen Personen Sozialhilfe beziehen und die Informationen für die Abklärung der Ansprüche nach diesem Gesetz zwingend erforderlich sind.
Die Änderungen sind am 1. Januar 2012 in Kraft getreten.
B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 19. Dezember 2011 fechten die Demokratischen Juristinnen und
BGE 138 I 331 S. 336
Juristen Bern DJB, der Verband Avenir Social - Professionelle Soziale Arbeit Schweiz, das Komitee der Arbeitslosen und Armutsbetroffenen KABBA, die Partei der Arbeit des Kantons Bern, die Grünalternativen GPB-DA sowie R. und Z. den kantonalen Erlass an. Sie beantragen, es seien Art. 8 Abs. 2 lit. a-c, Art. 8b Abs. 3 und Art. 8c Abs. 1 lit. c-e der Gesetzesänderung aufzuheben. Zudem sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu gewähren.
Der Grosse Rat des Kantons Bern, handelnd durch den Regierungsrat, schliesst in seinen Vernehmlassungen vom 16. Januar resp. 8. Februar 2012 auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne, sowie des Gesuchs um aufschiebende Wirkung.
C.
Mit Verfügung vom 19. Januar 2012 weist der Präsident der I. sozialrechtlichen Abteilung das Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung ab.
D.
Am 4. September 2012 hat das Bundesgericht eine publikumsöffentliche Beratung durchgeführt.
E.
Im Anschluss an den Erhalt der Einladung zur öffentlichen Beratung hat die Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern die auf ihrer Homepage aufgeschaltete Mustervollmacht eingereicht, wozu die Beschwerdeführer Stellung nehmen konnten.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen
Aus den Erwägungen:
5.
Die Beschwerdeführer rügen die Verletzung verschiedener verfassungsmässiger Rechte, insbesondere gemäss
Art. 13 Abs. 2 BV
und Art. 18 Abs. 2 der Verfassung des Kantons Bern vom 6. Juni 1993 (KV/BE; SR 131.212), gemäss
Art. 12 BV
und schliesslich auch gemäss
Art. 14 BV
und
Art. 8 EMRK
sowie gemäss
Art. 29 BV
.
5.1
Die Bundesverfassung gewährleistet einzelne Gehalte der früher durch ungeschriebenes Verfassungsrecht garantierten persönlichen Freiheit in verschiedenen Verfassungsbestimmungen (vgl. dazu ausführlich
BGE 127 I 6
E. 5a S. 10 ff.). Während
Art. 10 Abs. 2 BV
die verfassungsrechtliche Grundgarantie zum Schutz der Persönlichkeit darstellt und neben dem Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit sowie der Bewegungsfreiheit weiterhin all jene Freiheiten verbrieft, die elementare Erscheinungen der Persönlichkeitsentfaltung darstellen, schützt
Art. 13 BV
in besonderer Weise die verschiedene Aspekte umfassende Privatsphäre mit ihren
BGE 138 I 331 S. 337
spezifischen Bedrohungsformen. Dazu gehört namentlich der Schutz vor Beeinträchtigungen, die durch die staatliche Bearbeitung von persönlichen Daten entstehen, gemäss
Art. 13 Abs. 2 BV
. Der verfassungsrechtliche Datenschutz ist somit Teil des Rechts auf eine Privat- und persönliche Geheimsphäre (
Art. 13 Abs. 1 BV
). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung greifen die Erhebung, Aufbewahrung und Bearbeitung erkennungsdienstlicher Daten in das Recht auf eine persönliche Geheimsphäre ein (
BGE 136 I 87
E. 5.1 S. 101 und E. 8.1 S. 112;
BGE 133 I 77
E. 3.2 S. 80 f.;
BGE 129 I 232
E. 4.3.1 S. 245 f.;
BGE 128 II 259
E. 3.2; je mit Hinweisen).
Auf die Kritik an dieser Rechtsprechung in dem von der Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern in Auftrag gegebenen Gutachten (GÄCHTER/EGLI, Informationsaustausch im Umfeld der Sozialhilfe, Rechtsgutachten vom 17. Juni 2009, Rz. 20 i.V.m. Rz. 31 und 35; auch Jusletter vom 6. September 2010 [nachfolgend: Gutachten]) - damit werde der spezifische, informationsorientierte Gehalt des verfassungsrechtlichen Datenschutzes verkannt, Schutzobjekt von
Art. 13 Abs. 2 BV
seien personenbezogene Daten und nicht die Privatsphäre, der Schutz umfasse folgerichtig sämtliche Personendaten und nicht nur solche, die einen Bezug zur Privatsphäre haben - braucht hier nicht weiter eingegangen zu werden. Denn die hier zu prüfenden Bestimmungen betreffen die Beschaffung und Weitergabe von persönlichkeitsnahen Daten. Selbst wenn
Art. 13 Abs. 2 BV
der im Gutachten geltend gemachte Schutzbereich zukäme, würden diese Daten jedenfalls durch
Art. 13 Abs. 1 BV
(allgemeiner Schutz der Privatsphäre) oder
Art. 10 Abs. 2 BV
(allgemeine persönliche Freiheit) geschützt, deren Schutzbereiche sich überschneiden (MÜLLER/SCHEFER, Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl. 2008, S. 138 ff.; GIOVANNI BIAGGINI, BV Kommentar, 2007, N. 17 zu
Art. 10 BV
; EVA MARIA BELSER, in: Datenschutzrecht, Belser/Epiney/Waldmann [Hrsg.], 2011, § 6 Rz. 121, 158 und 164; Gutachten, Rz. 61). Eine genauere Abgrenzung kann daher unterbleiben (vgl. auch Gutachten, Rz. 34).
Die Beschwerdeführer begründen im Übrigen nicht (nicht publ. E. 3), inwiefern
Art. 18 Abs. 2 KV/BE
einen darüber hinausgehenden Schutzanspruch gewährleisten soll, zumal sie selber darlegen, dass
Art. 18 Abs. 2 KV/BE
keine subjektiven Rechte vermittelt, sondern sich an den Gesetzgeber richtet. Darauf ist somit nicht weiter einzugehen.
BGE 138 I 331 S. 338
5.2
Der Schutzbereich von
Art. 8 Ziff. 1 EMRK
ist betroffen, wenn Daten, welche die Privatsphäre betreffen, erhoben, gespeichert oder verarbeitet werden (
BGE 133 I 77
E. 3.2 S. 80 f.;
BGE 124 I 85
E. 2c S. 87;
BGE 122 I 360
E. 5a S. 362;
BGE 120 Ia 147
E. 2 S. 149; Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte [EGMR]
Wasmuth gegen Deutschland
vom 17. Februar 2011 [Nr. 12884/03] § 74;
Marper gegen Vereinigtes Königreich
vom 4. Dezember 2008 [Nr. 30562/04 und 30566/04] § 67;
Perry gegen Grossbritannien
vom 17. Juli 2003,
Recueil CourEDH 2003-IX S. 155
§§ 36 ff.;
Amann gegen Schweiz
vom 16. Februar 2000,
Recueil CourEDH 2000-II S. 201
§ 44 f., auch in: VPB 2000 Nr. 144; BELSER, a.a.O., § 3 Rz.10; PHILIPPE MEIER, Protection des données, 2011, Rz. 51 ff., v.a. Rz. 59; FROWEIN/PEUKERT, Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Aufl. 2009, N. 16 zu
Art. 8 EMRK
; GRABENWARTER/PABEL, Europäische Menschenrechtskonvention, 5. Aufl. 2012, § 22 Rz.10).
Bei der Frage, ob ein Eingriff im Sinn von
Art. 8 Ziff. 2 EMRK
vorliegt, berücksichtigt der EGMR die Art der Information, die Form ihrer Verwendung und das Ergebnis, zum dem diese führen kann (Urteile des EGMR
Marper
, § 67;
Peck gegen Vereinigtes Königreich
vom 28. Januar 2003 [Nr. 44647/98] §§ 59-61).
Art. 8 EMRK
verlangt, dass ein Gesetz mit ausreichender Klarheit die Bedingungen für die Datenverarbeitung festlegen muss, um die Betroffenen gegen eine willkürliche Verwendung durch die Behörde zu schützen. Das Niveau der Präzisierung hängt dabei massgeblich ab vom betroffenen Sachgebiet sowie der Anzahl und der Qualität der Gesetzesanwender. Von Bedeutung ist auch, ob die Datenverarbeitung geheim oder offen erfolgt, denn die Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung durch die Behörden ist bedeutend grösser, wenn der Betroffene nichts von der Datenbearbeitung weiss (Urteile des EGMR
Marper
, § 95 f.;
Amann
, § 56). Die von den Beschwerdeführern zitierten konkreten Anforderungen aus dem Urteil
Marper
, § 98 (richtig: § 99) können nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden, denn jene Ausführungen des EGMR beziehen sich ausdrücklich auf die dort streitgegenständlichen Massnahmen (DNA-Profile, Gewebeproben und digitale Fingerabdrücke). Für den EGMR war deren höchst persönlichkeitsgefährdender Charakter (§§ 72, 75, 76, 104) namentlich zufolge deren automatisierter Verwendung (§§ 75, 86) unter sehr vielen verschiedenen Umständen (§ 84) entscheidend. Vergleichbare Verwendungen liegen hier nicht vor.
BGE 138 I 331 S. 339
6.
6.1
Art. 8 Abs. 1 SHG umschreibt das Sozialhilfegeheimnis. Nach Art. 8 Abs. 2 lit. a SHG entfällt das Geheimnis, wenn die betroffene Person zur Auskunfterteilung ermächtigt hat.
Letztere Bestimmung ist entgegen den Beschwerdeführern nicht verfassungswidrig. Auf den Grundrechtsschutz kann im Einzelfall - wenigstens bei nicht schwer wiegenden Grundrechtseingriffen - auch verzichtet werden (KIENER/KÄLIN, Grundrechte, 2007, S. 57 f.; MARKUS SCHEFER, Die Beeinträchtigung von Grundrechten, 2006, S. 71 f.; YVO HANGARTNER, Grundzüge des schweizerischen Staatsrechts, Bd. II: Grundrechte, 1982, S. 25 f.). Selbst im Gutachten, das von einem weniger individualrechtlichen bzw. einem vor allem institutionellen Schutzgehalt des verfassungsrechtlichen Datenschutzes ausgeht und dementsprechend der Einwilligung eine nur beschränkte Bedeutung zumisst, wurde die Einwilligung im konkreten Einzelfall als grundsätzlich zulässig erachtet (Rz. 58). Und auch Art. 19 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (DSG; SR 235.1) sieht vor, dass die Bekanntgabe von Personendaten im Einzelfall bei entsprechender Einwilligung zulässig ist. Nichts anderes ergibt sich aus der von den Beschwerdeführern angerufenen Lehrmeinung (EPINEY/SCHLEISS, Ausgewählte Aspekte des
Art. 19 Abs. 3 DSG
[Abrufverfahren], Jusletter vom 7. November 2011,Rz. 23), denn die Autorinnen beziehen sich ausdrücklich nur auf die Voraussetzungen beim sog. Abrufverfahren nach
Art. 19 Abs. 3 DSG
, welches ein automatisiertes Verfahren beinhaltet (a.a.O., Rz. 15). Automatisierte Verfahren bergen aber klar höhere Risiken für Persönlichkeitsverletzungen (vgl. auch Urteil des EGMR
Marper
, §§ 75, 86; MEIER, a.a.O., S. 84). Um ein solches Verfahren geht es hier nicht. Art. 8a Abs. 5 SHG behält für die Einrichtung automatisierter Abrufverfahren eine ausdrückliche Grundlage in einem Gesetz vor.
6.2
Die in Art. 8 Abs. 2 lit. b SHG vorgesehene Möglichkeit, dass das Sozialhilfegeheimnis entfällt, wenn die vorgesetzte Stelle zur Auskunftserteilung ermächtigt hat, war in den Normtextvorschlägen des Gutachtens (Rz. 327) und entsprechend im Antrag des Regierungsrats noch nicht enthalten. Diese Bestimmung fand, wie der ganze Art. 8 Abs. 2 SHG, erstmals Eingang in den Gemeinsamen Antrag des Regierungsrates und der Kommission an den Grossen Rat vom 11. August 2010. Aus den Materialien ergibt sich nichts Genaueres. Als Anwendungsbeispiel wurde die Einvernahme einer Sozialarbeiterin als Zeugin in einem Zivilprozess genannt (vgl.
BGE 138 I 331 S. 340
Ausführungen anlässlich einer Informationsveranstaltung der Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern im November 2011, S. 2).
Die frühere gesetzliche Regelung der sozialhilferechtlichen Schweigepflicht ging nach vorherrschendem Verständnis nicht über den Schutz des allgemeinen Amtsgeheimnisses gemäss Art. 58 Personalgesetz des Kantons Bern vom 16. September 2004 (PG/BE; BSG 153.01) hinaus. Sowohl
Art. 58 PG
/BE wie aArt. 8 Abs. 1 SHG stellten Angelegenheiten, die ihrer Natur nach oder gemäss besonderer Vorschrift geheim zu halten sind, unter die Schweigepflicht. Da diese offene Formulierung bei den in der Sozialarbeit Tätigen zu Unsicherheiten geführt hatte, wurden die Standardfälle der Datenpreisgabe durch die Sozialhilfebehörden an andere Behörden oder Private in Art. 8a SHG präzisiert (Gutachten, Rz. 317 i.V.m. Rz. 220; Vortrag des Regierungsrats an den Grossen Rat zum Gemeinsamen Antrag des Regierungsrats und der Kommission vom 11. August 2010, S. 5 f.). Art. 8a SHG enthält somit nach der Absicht des Gesetzgebers die
materiellen
Ausnahmen von der Geheimnispflicht. Bereits
Art. 58 Abs. 2 PG
/BE sieht zudem vor, dass Angestellte über grundsätzlich der Geheimnispflicht unterstehende Angelegenheiten vor Gerichten und weiteren Instanzen aussagen dürfen, wenn die zuständige Behörde sie dazu ermächtigt. Dabei handelt es sich um eine organisationsrechtliche Norm
formeller
Natur. Dazu, ob materiell ein Grund für eine Datenfreigabe besteht, ist damit nichts gesagt. Zwar ist der einzelne Angestellte zufolge der Ermächtigung vom Vorwurf einer Amtsgeheimnisverletzung geschützt; es bleibt aber offen, ob die übergeordnete Behörde durch die Ermächtigung nun ihrerseits eine Amtsgeheimnisverletzung begeht (JEAN NICOLAS DRUEY, Information als Gegenstand des Rechts, 1995, S. 417 ff., 420; Gutachten, Rz. 214 ff. i.V.m. Rz. 194-196).
Art. 8 Abs. 2 lit. b SHG ist somit in dem Sinn von Art. 8a SHG abzugrenzen, dass es sich lediglich um eine formelle Bestimmung analog
Art. 58 Abs. 2 PG
/BE handelt. Das wird auch bestätigt durch das erwähnte Beispiel (Einvernahme als Zeugin in einem Prozess, vgl. E. 6.2 erster Absatz). Das Amtsgeheimnis - und entsprechend auch das Sozialhilfegeheimnis - begründet ein Mitwirkungsverweigerungsrecht gemäss
Art. 166 Abs. 1 lit. c ZPO
(SR 272). Dieses entfällt jedoch, wenn die betroffene Person von ihrer vorgesetzten Stelle zur Aussage ermächtigt worden ist und sich damit auch nicht mehr strafbar macht (
Art. 320 Ziff. 2 StGB
). Im Hinblick auf die
BGE 138 I 331 S. 341
Zeugnispflicht kann also eine Ermächtigung notwendig sein; die Einwilligung des Geheimnisherrn allein genügt nicht (MARKUS BERNI, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker & McKenzie [Hrsg.], 2010, N. 10 zu
Art. 166 ZPO
). Ob die gerügte explizite Bestimmung im SHG angesichts der allgemeinen Regelung im PG/BE notwendig war, kann hier offenbleiben. Beabsichtigt war offenbar, der Übersichtlichkeit halber auch Regelungen aus andern Gesetzen aufzunehmen (vgl. Ausführungen anlässlich der erwähnten Informationsveranstaltung vom November 2011, S. 2).
6.3
6.3.1
Die Beschwerdeführer machen sodann geltend, Art. 8 Abs. 3 und 4 SHG regelten in Erfüllung der verfassungsmässigen Anforderungen genau, unter welchen Voraussetzungen im Rahmen der Sozialhilfe angefallene Personendaten zur Erstattung einer Strafanzeige verwendet werden dürften. Diese konkrete gesetzliche Regelung werde unterlaufen, wenn nach Art. 8 Abs. 2 lit. c SHG solche Daten ohnehin immer zur Erstattung einer Anzeige verwendet werden dürften. Art. 8 Abs. 2 lit. c SHG enthalte eine Generalvollmacht und sei daher offensichtlich verfassungswidrig.
6.3.2
Auch diese Rüge ist unbegründet. Nachdem der ursprüngliche Antrag der Regierung lediglich eine Bestimmung zur Befreiung von der Anzeige
pflicht
(Art. 8 Abs. 2) und eine solche zur Anzeigeberechtigung bei Verdacht auf Widerhandlung gegen Art. 85 SHG enthalten hatte, wurde in der Kommission präzisiert, dass ein Anzeige
recht
immer bestehe; die Diskussionen bezogen sich vor allem auf die Abgrenzung der Anzeigepflichten (Kommissionssitzung vom 16. September 2010, S. 11 und 14 f. ). Das Anzeigerecht ergebe sich aus der Formulierung, dass in diesem Fall das Sozialhilfegeheimnis entfalle (Kommissionssitzung vom 21. September 2010, S. 3). Die in der Vernehmlassung des Regierungsrats vertretene Auffassung, dass Art. 8 Abs. 3 und 4 SHG lediglich die Anzeigepflichten regelt, bei den davon nicht erfassten Delikten aber grundsätzlich ein Anzeigerecht besteht und sich dieses auf Art. 8 Abs. 2 lit. c SHG stützen lässt, entspricht somit den Materialien.
Es ist eine Frage der Verhältnismässigkeit im Einzelfall, ob eine Anzeige berechtigterweise erfolgt ist. Gerade bei Straftaten, die nicht mit dem Bezug der Sozialhilfe zusammenhängen und daher nicht unter Art. 8 Abs. 3 lit. b SHG fallen, namentlich bei Delikten gegen die körperliche oder sexuelle Integrität, kann ohne weiteres das Interesse an der Anzeige der Straftat jenes an der Einhaltung des
BGE 138 I 331 S. 342
Sozialhilfegeheimnisses überwiegen. Eine genauere Abgrenzung der Delikte bereits im Gesetz ist nicht möglich, da die Frage, ob vom Anzeigerecht Gebrauch gemacht wird, insbesondere in solchen Fällen von einer Interessenabwägung im Einzelfall abhängt.
7.
7.1
Die Beschwerdeführer rügen sodann, Art. 8b Abs. 3 SHG sei verfassungswidrig. Die darin enthaltene, erst im Rahmen der Beratungen eingefügte Generalvollmacht zur Informationsbeschaffung stehe in eklatantem Widerspruch zu Art. 8c SHG, welcher die Beschaffung von Informationen bei Dritten beschränke und genau umschreibe. Die Generalvollmacht bezwecke, diese Voraussetzungen zu umgehen und ermögliche einen völlig unbegrenzten und unkontrollierten Datenfluss. Da die Vollmacht zudem im Zeitpunkt der Gesuchstellung erteilt werden müsse, könne von einer freiwilligen Vollmacht keine Rede sein. Die Erlangung von Sozialhilfe werde an einen Verzicht auf Grundrechtsschutz geknüpft und damit werde in Fällen, in welchen es sich um existenznotwendige Sozialhilfe handle, auch das Recht auf Nothilfe gemäss
Art. 12 BV
verletzt.
7.2
Art. 8b SHG enthält eine Stufenfolge der Informationsbeschaffung. In erster Linie sind Informationen im Rahmen der Mitwirkungspflicht (Art. 28 SHG) bei der betroffenen Person zu beschaffen (Abs. 1), in zweiter Linie gestützt auf die gesetzlichen Befugnisse gemäss Art. 8c SHG (Abs. 2) und erst zuletzt - wenn sich die Information auf beiden Wegen nicht beschaffen lässt - kann sich die Sozialhilfebehörde auf die Vollmacht stützen. Entsprechend wurden in den Beratungen zwei Anwendungsbereiche genannt: die Informationsbeschaffung bei privaten Trägern von Berufsgeheimnissen (Ärzte, Anwälte, Banken) und jene Fälle, wo zwar gemäss Art. 8c SHG eine gesetzliche Auskunftspflicht Dritter besteht, diese Dritten dem aber nicht oder nur ungenügend nachkommen (vgl. Tagblatt des Grossen Rates des Kantons Bern, Jg. 2010, Novembersession vom 22. November bis 1. Dezember 2010, S. 12, Votum Studer). Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes ist die Vollmacht im Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs einzuholen. Soweit seitens der kantonalen Gesundheits- und Fürsorgedirektion die Auffassung vertreten wurde, die Vollmacht sei erst einzuholen, wenn sich zeige, dass eine betroffene Person ungenügend mitwirke (erwähnte Informationsveranstaltung vom November 2011, S. 8), wäre diese Interpretation der Bestimmung mit dem klaren Gesetzeswortlaut nicht vereinbar.
BGE 138 I 331 S. 343
7.3
Die Beschwerdeführer gehen davon aus, das Erlangen der Sozialhilfe hänge vom Erteilen der Vollmacht ab; die Bestimmung berühre daher auch das Recht auf Nothilfe gemäss
Art. 12 BV
.
Das Erteilen der Vollmacht ist eine besondere Form der Mitwirkung. Da Art. 8b Abs. 3 SHG sich nicht zu den Folgen einer Vollmachtsverweigerung äussert, gelten die allgemeinen Regeln zur Mitwirkungsverweigerung. Nach Art. 36 SHG wird die Hilfe bei Pflichtverletzungen gekürzt. Die Leistungskürzung muss dem Fehlverhalten angemessen sein und darf den absoluten Existenzbedarf nicht berühren.
Kommt ein Gesuchsteller seiner Mitwirkungspflicht nicht nach und kann deshalb der Bedarf überhaupt nicht ermittelt werden, mangelt es am Nachweis der Bedürftigkeit. Der Gesuchsteller trägt die Folgen der Beweislosigkeit, die er selbst zu verantworten hat. Das Grundrecht auf Existenzsicherung wird davon nicht berührt, denn beweismässig liegt keine Notlage vor. Kann die Notlage anderweitig eruiert werden, muss die Sozialhilfebehörde die notwendigen Abklärungen treffen. Steht die Notlage trotz mangelnder Mitwirkung fest, ist der Schutzbereich von
Art. 12 BV
betroffen (CARLO TSCHUDI, Die Auswirkungen des Grundrechts auf Hilfe in Notlagen auf sozialhilferechtliche Sanktionen, in: Das Grundrecht auf Hilfe in Notlagen, derselbe [Hrsg.], 2005, S. 117 ff., 121; CLAUDIA HÄNZI, Die Richtlinien der schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe, 2011, S. 150). Das bedeutet, dass eine Vollmachtsverweigerung bei Einreichen des Gesuchs nicht zu Nichteintreten führen darf, weil in diesem Zeitpunkt noch unklar ist, ob die Behörde nicht gestützt auf die vom Gesuchsteller selber gelieferten und den allenfalls nach Art. 8c SHG beschafften Daten in der Lage sein wird, den Bedarf zu beurteilen (vgl. auch
BGE 131 V 42
E. 3 S. 47 und SVR 2009 UV Nr. 43 S. 150, 8C_770/2008 E. 5.2; je mit Hinweisen, betreffend eine Mitwirkungspflichtverletzung durch Verweigerung der Ermächtigungserteilung nach
Art. 55 Abs. 1 UVV
[SR 832.202]). Stellt sich später heraus, dass Bedarf besteht, kann die Sozialhilfe zwar wegen Verletzung der Mitwirkung gekürzt werden. Das Existenzminimum ist jedoch gemäss Art. 36 SHG immer zu beachten. Somit verletzt Art. 8b Abs. 3 SHG das Grundrecht auf Existenzsicherung nicht.
7.4
Ebenso wenig verletzt die Pflicht zur Vollmachterteilung den verfassungsrechtlichen Anspruch auf Datenschutz:
7.4.1
Das Einverständnis in eine Datenbearbeitung muss grundsätzlich freiwillig sein. Jedoch kann die alleinige Tatsache, dass eine
BGE 138 I 331 S. 344
Verweigerung einen Nachteil für die betroffene Person nach sich zieht, die Gültigkeit der Zustimmung nicht beeinträchtigen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn dieser Nachteil keinen Bezug zum Zweck der Bearbeitung hat oder diesem gegenüber unverhältnismässig ist (Botschaft vom 19. Februar 2003 zur Änderung des Bundesgesetzes über den Datenschutz [DSG], BBl 2003 2101 ff., 2127 Ziff. 2.3; MEIER, a.a.O., Rz. 853 ff.; ASTRID EPINEY, in: Datenschutzrecht, Belser/Epiney/Waldmann [Hrsg.], 2011, § 9 Rz. 18). Diese im Hinblick auf den gesetzlichen Datenschutz genannten Kriterien sind auch massgebliche Gesichtspunkte bei der Prüfung des verfassungsrechtlichen Schutzes. Allein daraus, dass allenfalls später die Hilfe gekürzt wird, wobei die Kürzung nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Art. 36 SHG dem Verschulden angemessen sein muss, können die Beschwerdeführer somit nichts für sich ableiten.
7.4.2
Die Beschwerdeführer machen sodann geltend, wegen der inhaltlichen Unbestimmtheit handle es sich um eine unzulässige Generalvollmacht, die einen "völlig unbegrenzten und unkontrollierten Datenfluss" ermögliche.
7.4.2.1
Verschiedene kantonale Sozialhilfegesetze ermächtigen die Behörde ex lege, Informationen bei Dritten einzuholen, ohne dies im Einzelnen zu spezifizieren (z.B. § 2 Abs. 2 des Gesetzes des Kantons Aargau vom 6. März 2001 über die öffentliche Sozialhilfe und die soziale Prävention [SAR 851.200]: "Kommen sie dieser Verpflichtung nicht nach, sind die zuständigen Behörden berechtigt, die für den Vollzug erforderlichen Auskünfte einzuholen"; Art. 16 Abs. 1 lit. b des Sozialhilfegesetzes des Kantons St. Gallen vom 27. September 1998 [sGS 381.1]: "Wer um finanzielle Nothilfe ersucht ... ermächtigt Amtsstellen und Dritte, Auskünfte zu erteilen"; Art. 12 Abs. 3 der Sozialhilfeverordnung des Kantons Obwalden vom 10. November 1983 [GDB 870.11] i.V.m. Art. 14 des Sozialhilfegesetzes des Kantons Obwalden vom 23. Oktober 1983 [GDB 870.1]: "Die in der öffentlichen Sozialhilfe tätigen Personen und Amtsstellen sind berechtigt, nötigenfalls bei Dritten Auskünfte einzuholen"; § 23 Abs. 3 des Gesetzes vom 16. Dezember 1982 über die Sozialhilfe im Kanton Zug [BGS 861.4]: "Die Sozialbehörden sind berechtigt, nötigenfalls bei Dritten Auskünfte einzuholen, in der Regel nach Orientierung des Betroffenen"; vgl. auch § 18 Abs. 4 des Sozialhilfegesetzes des Kantons Zürich vom 14. Juni 1981 [LS 851.1] in der seit 1. Januar 2012 geltenden Fassung: "Die
BGE 138 I 331 S. 345
Fürsorgebehörde ist berechtigt, auch ohne Zustimmung des Hilfesuchenden und der weiteren in Abs. 1 genannten Personen Auskünfte bei Dritten einzuholen, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt, wenn Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Angaben oder Unterlagen bestehen").
7.4.2.2
Die (privatautonome) Vollmacht ersetzt eine gesetzliche Ermächtigung. Im einen wie im andern Fall stellt sich die Frage, ob die Grundlage für die Informationsbeschaffung genügend bestimmt ist. Aus dem Verhältnismässigkeitsprinzip (
Art. 36 Abs. 3 BV
) ergibt sich, dass nur jene Daten erhoben werden dürfen, die für die Bearbeitung des Gesuchs notwendig sind. Im Datenschutz wird daraus der Grundsatz der Zweckbindung abgeleitet (
BGE 129 I 249
E. 4.2 S. 255 mit Hinweisen; Gutachten, Rz. 100; RAINER J. SCHWEIZER, in: Die Schweizerische Bundesverfassung, Ehrenzeller und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2008, N. 44 zu
Art. 13 BV
; vgl. auch EPINEY, in: Datenschutzrecht, a.a.O., § 9 Rz. 29 ff., 31). In den oben genannten kantonalen Bestimmungen wird diese Zweckbindung mehrheitlich ausdrücklich festgehalten mit Ausdrücken wie "nötigenfalls", "die erforderlichen Auskünfte", "für die Ausübung ihrer Aufgaben benötigt".
7.4.2.3
In Art. 8b Abs. 3 SHG fehlt nach dem Wortlaut eine entsprechend explizite Einschränkung. Eine solche ergibt sich aber aus der Systematik. Dass die zu erhebenden Informationen für den Vollzug erforderlich bzw. notwendig sein müssen, um die Ansprüche nach dem SHG abzuklären, ist ausdrücklich in Art. 8c Abs. 1 und 2 festgehalten. In Art. 8c Abs. 3 SHG wird schliesslich in einer nicht abschliessenden Aufzählung festgehalten, zu welchen Gegenständen Informationen eingeholt werden können, und damit verdeutlicht, was mit den allgemeinen Begriffen "erforderlich" bzw. "notwendig" gemeint ist. Art. 8b Abs. 3 SHG nimmt gemäss seinem Wortlaut auf diese Bestimmungen Bezug. Der Unterschied zwischen Art. 8b Abs. 3 und Art. 8c ist daher im Wesentlichen, dass Art. 8b Abs. 3 einerseits offenlässt, von welchen Personen Auskünfte eingeholt werden können, und anderseits die Zwecke, zu denen Auskünfte eingeholt werden, nicht spezifiziert. Das bedeutet aber nicht, dass die allgemeine Zweckgebundenheit, nämlich dass nur die für die Gesuchsbearbeitung erforderlichen Daten beschafft werden dürfen (vgl. auch MEIER, a.a.O., Rz. 883; CORRADO RAMPINI, in: Basler Kommentar, Datenschutzgesetz, 2. Aufl. 2006, N. 5 zu
Art. 13 DSG
), nicht
BGE 138 I 331 S. 346
gelten würde. Es geht daher nicht um eine für irgendwelche Zwecke verwendbare Generalvollmacht; vielmehr ermächtigt die Vollmacht nur, die zur Prüfung des Anspruchs nötigen Informationen einzuholen. Damit ist für den Gesuchsteller grundsätzlich erkennbar (vgl. SCHWEIZER, a.a.O., N. 44 zu
Art. 13 BV
; EPINEY, in: Datenschutzrecht, a.a.O., § 9 Rz. 40), welche Daten über ihn beschafft werden. Es steht auch nichts entgegen, auf der Vollmacht entsprechend festzuhalten, dass nur für den Vollzug notwendige Informationen beschafft werden dürfen, allenfalls auch unter Wiedergabe des entsprechend angepassten Wortlauts von Art. 8c Abs. 3 SHG.
7.4.3
Nach dem Gesagten handelt es sich hier nicht um eine Generalvollmacht, sondern um eine durch ihre Zweckgebundenheit eingeschränkte Vollmacht. Die Frage kann nunmehr einzig sein, ob trotz dieser Einschränkung die Pflicht zur Einreichung einer solchen Vollmacht bei Gesuchseinreichung als verfassungswidrig zu betrachten ist, sei es, weil die Massnahme sich als unverhältnismässig erweist, sei es, weil wegen der noch gegebenen Offenheit der Vollmacht die Gefahr des gesetz- und damit auch verfassungswidrigen Gebrauchs besteht.
Die diesbezüglich von den Beschwerdeführern erhobenen Rügen genügen allerdings kaum den Anforderungen des
Art. 106 Abs. 2 BGG
(nicht publ. E. 3). Insbesondere ist unklar, ob der pauschal erhobene Vorwurf der Unverhältnismässigkeit sich nur auf eine völlig unbegrenzte Vollmacht bezieht oder aber auf eine durch die Zweckgebundenheit eingeschränkte Vollmacht, wie sie hier nach dem zuvor Gesagten vorliegt. Diese Frage kann aber offenbleiben, da eine Verfassungswidrigkeit jedenfalls zu verneinen ist, wie die folgenden Ausführungen zeigen.
7.4.3.1
Das Gebot der Verhältnismässigkeit ist unter dem Gesichtswinkel der Einschränkung von Grundrechten nach
Art. 36 Abs. 3 BV
sowie nach
Art. 8 Ziff. 2 EMRK
zu beachten. Es verlangt, dass eine behördliche Massnahme für das Erreichen des im öffentlichen oder privaten Interesse liegenden Ziels geeignet und erforderlich ist und sich für die Betroffenen in Anbetracht der Schwere der Grundrechtseinschränkung als zumutbar und verhältnismässig erweist. Es muss eine vernünftige Zweck-Mittel-Relation vorliegen. Eine Massnahme ist unverhältnismässig, wenn das Ziel mit einem weniger schweren Grundrechtseingriff erreicht werden kann (
BGE 136 I 87
E. 3.2 S. 91 f. mit Hinweisen; vgl. auch
BGE 137 I 31
E. 7.5.2 S. 53).
BGE 138 I 331 S. 347
Es besteht unzweifelhaft und auch unbestrittenermassen ein erhebliches öffentliches Interesse daran, dass Sozialhilfe nicht aufgrund tatsachenwidriger oder unvollständiger Information zu Unrecht ausgerichtet wird. Dieses Interesse ist nicht nur auf die sorgsame Verwendung der finanziellen Mittel gerichtet. Es liegt vielmehr im berechtigten Interesse der Öffentlichkeit, dass Sozialhilfe nur gestützt auf verlässliche Entscheidgrundlagen ausgerichtet wird. Der Wahrnehmung einer korrekten Sachverhaltsabklärung bei der Ausrichtung von Sozialhilfeleistungen kommt denn auch in der Öffentlichkeit eine grosse Bedeutung zu. Dabei geht es auch um die Bewahrung des Vertrauens des Bürgers in den Staat (vgl. hiezu
BGE 114 Ia 395
E. 6b S. 402; Urteil 1C_11/2009 vom 3. Juni 2009 E. 2).
Im Hinblick auf dieses öffentliche Interesse erscheint der mit der Pflicht zur Erteilung der Vollmacht verbundene Eingriff zumutbar, zumal diese innerhalb des dargelegten gesetzlichen Stufensystems erst als letzte Massnahme zum Zuge kommt, nämlich wenn die erforderlichen Informationen weder bei der betroffenen Person noch gestützt auf die gesetzlichen Befugnisse beschafft werden können (E. 7.2 hievor). Zu beachten ist sodann, dass der gesuchstellenden Person bei Erteilung der Vollmacht bewusst gemacht wird, dass diese als - letzte - Informationsmassnahme zur Anwendung gelangen kann. Dies geht insofern weniger weit als die einer Behörde eingeräumten Informationsmöglichkeiten aufgrund einer allgemeinen gesetzlichen Ermächtigung, über deren Bestehen sich die gesuchstellende Person in der Regel kaum Rechenschaft gibt.
Unter dem Gesichtswinkel der Geeignetheit ist festzuhalten, dass es nicht möglich ist, jeden möglichen Anwendungsfall für die Vollmacht vorauszusehen und zu beurteilen, ob diese künftig ein geeignetes Mittel zur Informationsgewinnung darstellt. Die Beschwerdeführer haben auch in keiner Weise ausgeführt, wann und inwiefern es an dieser Geeignetheit fehlen soll. Im Rahmen der hier vorzunehmenden abstrakten Normenkontrolle lässt sich die Geeignetheit der Vollmacht daher nicht verneinen. Ebenso fehlt es an substantiierten Ausführungen zur Erforderlichkeit, sodass auch darauf nicht weiter eingegangen werden kann.
Die Verhältnismässigkeit der Massnahme ist demnach gegeben.
7.4.3.2
Wie dargelegt (nicht publ. E. 4) hat der Verfassungsrichter die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung nicht nur abstrakt zu untersuchen, sondern auch die Wahrscheinlichkeit verfassungstreuer Anwendung einzubeziehen. Die abstrakt betrachtet
BGE 138 I 331 S. 348
verfassungskonforme Vollmacht erwiese sich als verfassungswidrig, wenn zu befürchten wäre, dass sie entgegen den dargelegten Einschränkungen verwendet würde.
Von besonderer Bedeutung ist dabei, namentlich auch im Hinblick auf
Art. 8 EMRK
, die Qualität der Gesetzesanwender (vgl. E. 5.2 hievor). Im Bereich Sozialhilfe sind grundsätzlich Personen beschäftigt, welche aufgrund ihrer Ausbildung in der Lage sind, zwischen für den Sozialhilfeanspruch erforderlichen und nicht erforderlichen Informationen zu differenzieren. Es kann zudem davon ausgegangen werden, dass es sich dabei eher um Personen handelt, welche sich aufgrund eines Interesses an sozialen Themen zu diesem Betätigungsfeld hingezogen fühlen. Das zeigt sich etwa am Berufsbild, welches der Beschwerde führende Verband Avenir Social - Professionelle Soziale Arbeit (
http://www.avenirsocial.ch
) vermittelt, und spricht dagegen, dass diese Personen die erteilten Vollmachten sachfremd anwenden. Ausbildungsstand und Interessenlage lassen die Gefahr missbräuchlicher Verwendung solcher Vollmachten daher als sehr gering erscheinen. Dafür spricht im Übrigen die dem Gericht eingereichte Mustervollmacht. Es sind keine anderen Gesichtspunkte geltend gemacht oder sonst ersichtlich, welche auf eine Missbrauchsgefahr hindeuten würden.
Schliesslich ist auch von Bedeutung, dass es sich nicht um eine geheime Datenbearbeitung handelt (vgl. E. 5.2 hievor). Auch wenn das SHG nicht vorschreibt, dass die Betroffenen über die - sei es aufgrund der gesetzlichen Ermächtigungen (Art. 8c SHG) oder der Vollmacht - von Dritten eingeholten Daten im Einzelnen informiert werden müssen, haben diese die Möglichkeit, die Bearbeitung ihrer Daten zu kontrollieren. Denn sie haben einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Einsicht in ihre eigenen Akten, ohne ein besonderes schutzwürdiges Interesse nachweisen zu müssen (KIENER/KÄLIN, a.a.O., S. 161 und 163). Damit bleibt ihnen auch die Möglichkeit, im konkreten Einzelfall eine verfassungswidrige bzw. gesetzwidrige Anwendung der Vollmacht zu rügen (nicht publ. E. 4).
7.4.4
Art. 8b Abs. 3 SHG ist mithin einer verfassungskonformen Auslegung (nicht publ. E. 4) zugänglich. Die Bestimmung hat somit Bestand.
8.
8.1
Weiter zu prüfen sind die gerügten Auskunftpflichten privater Dritter gemäss Art. 8c Abs. 1 lit. c-e SHG. Personen, die mit
BGE 138 I 331 S. 349
Sozialhilfebezügern bzw. -antragstellern in Hausgemeinschaft leben oder einer solchen Person gegenüber unterhalts- oder unterstützungspflichtig sind (nachfolgend: Familienangehörige), Arbeitgeber und Vermieter sind danach zur Erteilung mündlicher und schriftlicher Auskünfte verpflichtet, die für den Vollzug erforderlich sind. Die Verankerung dieser Möglichkeit wurde als wichtig erachtet, insbesondere in Fällen, in denen die Angaben der Gesuchsteller vertieft überprüft werden sollen, um einen rechtswidrigen Bezug von Sozialhilfe zu verhindern. Der kantonale Gesetzgeber hat im Übrigen darauf verzichtet, in Bezug auf diese Auskunftspflichten eine Sanktionsmöglichkeit im SHG zu verankern. Er hielt vielmehr fest, sollte eine Privatperson die Auskunftspflicht in schwerwiegender Weise verletzen, müsse eine Sanktionierung über
Art. 292 StGB
- Ungehorsam gegen eine amtliche Verfügung - erfolgen (Vortrag des Regierungsrats an den Grossen Rat, S. 7).
8.2
Die Beschwerdeführer rügen vorerst, bereits die Anfrage bei diesen Dritten führe zu einem erheblichen Grundrechtseingriff. Die Auskunftpflicht sei nämlich nicht denkbar, ohne dass es gleichzeitig zu einer Datenbekanntgabe seitens der Sozialhilfebehörde komme. Mit jeder Anfrage würden die betreffenden Familienangehörigen, Arbeitgeber oder Vermieter darüber informiert, dass die betroffene Person um Unterstützungsleistungen ersucht habe. Das sei weder notwendig noch verhältnismässig.
Dass die Bedürftigkeit nicht beurteilt werden kann, wenn zum Beispiel Unklarheit über die Wohnsituation, die Mietkosten oder die Erwerbseinkünfte besteht, liegt auf der Hand. Wie die Beschwerdeführer selber darlegen, beschränkt sich die unumgängliche Information, welche Dritte auf diese Weise erhalten, auf die Tatsache,
dass
die betreffende Person um Unterstützung ersucht hat. Weitergehende materielle Informationen erhalten sie auf diesem Weg nicht, was der Beschwerdegegner im vorliegenden Verfahren ausdrücklich festhält. Der Grundrechtseingriff durch die Datenbekanntgabe erweist sich somit als im öffentlichen Interesse liegend und angesichts der beschränkten Tragweite auch als verhältnismässig.
8.3
In Bezug auf Art. 8c Abs. 1 lit. c SHG (Auskunftpflichten von Familienangehörigen) machen die Beschwerdeführer sodann geltend, diese Bestimmung verstosse gegen das bundesgesetzlich geregelte Zeugnisverweigerungsrecht (
Art. 165 ZPO
) sowie gegen
Art. 8 EMRK
,
Art. 14 BV
und die Verfahrensgarantien von
Art. 29 BV
.
BGE 138 I 331 S. 350
8.3.1
Die Schweizerische Zivilprozessordnung regelt das Verfahren vor kantonalen Instanzen für streitige Zivilsachen, gerichtliche Anordnungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, gerichtliche Angelegenheiten des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts und der Schiedsgerichtsbarkeit (
Art. 1 ZPO
). Sie findet keine Anwendung auf öffentlich-rechtliche Angelegenheiten (DOMINIK VOCK, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010, N. 4 zu
Art. 1 ZPO
). Eine Verletzung der ZPO liegt daher offensichtlich nicht vor.
8.3.2
Die Beschwerdeführer machen insbesondere eine Verletzung des Grundrechts auf Schutz des Familienlebens geltend. Sie berufen sich auf
Art. 14 BV
, meinen aber offenbar
Art. 13 Abs. 1 BV
, der den Schutz des Familienlebens garantiert, zumal sie sich auch auf
Art. 8 EMRK
berufen, welche Bestimmung materiell der Garantie von
Art. 13 Abs. 1 BV
entspricht (
BGE 137 V 334
E. 6.1.1 S. 347;
BGE 126 II 377
E. 7 S. 394; Urteil 1C_219/2007 vom 19. Oktober 2007 E. 2.3, in: Pra 2008 Nr. 12 S. 87).
8.3.2.1
Es ist fraglich, ob sämtliche der von Art. 8c Abs. 1 lit. c SHG genannten Personen unter den Begriff "Familie" im Sinn der Grundrechtsnormen fallen würden; dies gilt insbesondere hinsichtlich Personen, die lediglich eine Unterhalts- oder Unterstützungspflicht trifft oder die nur in einer Wohngemeinschaft zusammenleben (vgl. AUER/MALINVERNI/HOTTELIER, Droit constitutionnel suisse, Bd. II, 2006, S. 190 f. Rz. 392 f.; MÜLLER/SCHEFER, a.a.O., S. 235; RAINER J. SCHWEIZER, in: Handbuch der Grundrechte, Merten/Papier [Hrsg.], Bd. VII/2, 2007, § 213 Rz. 35 ff.; PASCAL MAHON, in: Petit commentaire de la Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999, 2003, N. 7 f. zu
Art. 13 BV
). Eine genaue Abgrenzung kann jedoch unterbleiben, denn eine Grundrechtsverletzung ist ohnehin zu verneinen, wie nachfolgend aufgezeigt wird.
8.3.2.2
Der grundrechtliche Anspruch auf Achtung des Familienlebens schützt dieses insbesondere vor Eingriffen, die darauf abzielen oder dazu führen, dass die Familie getrennt wird oder persönliche Kontakte unterbunden oder beeinträchtigt werden (
BGE 137 V 334
E. 6.1.1 S. 347; erwähntes Urteil 1C_219/2007 E. 2.3; MÜLLER/SCHEFER, a.a.O., S. 236; SCHWEIZER, in: Handbuch der Grundrechte, a.a.O., § 213 Rz. 39 und 41; MAHON, a.a.O., N. 8 zu
Art. 13 BV
; JENS MEYER-LADEWIG, Europäische Menschenrechtskonvention, Handkommentar, 3. Aufl. 2011, N. 53 zu
Art. 8 EMRK
). Er schützt damit ganz allgemein die sozialen, moralischen und kulturellen Beziehungen
BGE 138 I 331 S. 351
zwischen Familienmitgliedern, insbesondere bei der Erziehung der Kinder, und auch materielle Interessen, wie Unterhaltsansprüche und erbrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten (Urteil des EGMR
Merger und Cros gegen Frankreich
vom 22. Dezember 2004 [Nr. 68864/01] § 46; MEYER-LADEWIG, a.a.O., N. 49 zu
Art. 8 EMRK
; MAHON, a.a.O., N. 7 zu
Art. 13 BV
; AUER/MALINVERNI/HOTTELIER, a.a.O., S. 195 Rz. 403). Hauptsächliche Anwendungsbeispiele sind der ausländerrechtliche Aufenthalt, familienrechtliche Auseinandersetzungen, Kinder- und Jugendschutzmassnahmen, Namensgebung, Erziehungs- und Schulfragen. Wann ein Eingriff in das Familienleben vorliegt, kann zweifelhaft sein. Nicht jede Massnahme, die Rückwirkungen auf das Familienleben hat, bedeutet auch einen Eingriff in den grundrechtlich geschützten Bereich beziehungsweise eine Verletzung. So wurde eine solche verneint im Fall einer belgischen Regelung, welche in vom Staat als einsprachig definierten Regionen den Schulunterricht lediglich in dieser Sprache ermöglichte und damit Eltern mit anderer Muttersprache indirekt zwingen konnte, ihre Kinder in einer entfernten Region in die Schule zu schicken (Urteil des EGMR vom 23. Juli 1968, Serie A Bd. 6 § 7). Ebenso wurde der obligatorische Sexualkundeunterricht an öffentlichen Primarschulen nicht als Eingriff in das Familienleben qualifiziert (Urteil des EGMR
Kjeldsen, Busk Madsen und Pedersen gegen Dänemark
vom 7. Dezember 1976, Serie A Bd. 23 § 57; vgl. auch FROWEIN/PEUKERT, a.a.O., N. 28 zu
Art. 8 EMRK
; AUER/MALINVERNI/HOTTELIER, a.a.O., S. 195 Rz. 403). Dies, obwohl in beiden Fällen zweifellos Rückwirkungen auf das Familienleben bestanden.
8.3.2.3
Die Beschwerdeführer vergleichen die Informationspflicht mit der - fehlenden - Zeugnispflicht von Familienangehörigen. Sie machen geltend, die zivilprozessualen Zeugnisverweigerungsrechte seien Teil der gesetzlichen Regelungen zum Schutz der Grundrechte der
Art. 8 EMRK
und Art. 14 (recte: 13 Abs. 1) BV.
Zeugnisverweigerungsrechte sollen u.a. einem Zeugen den Konflikt zwischen strafrechtlich sanktionierter Wahrheitspflicht und familiärer Loyalität ersparen (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006 7221 ff., 7317 Ziff. 5.10.2; FRANZ RIKLIN, Das Zeugnisverweigerungsrecht aufgrund familienrechtlicher Beziehungen gemäss schweizerischem Strafprozessrecht, in: Festgabe für Bernhard Schnyder zum 65. Geburtstag, 1995, S. 569 ff., 570 f.). Im Hinblick auf
Art. 8 EMRK
ging der Gerichtshof davon aus, dass die Verhängung einer dreizehntägigen
BGE 138 I 331 S. 352
Freiheitsstrafe zur Durchsetzung der Zeugnispflicht einer in gefestigtem Konkubinat lebenden Frau im Strafverfahren gegen ihren Lebenspartner einen Eingriff in das Recht auf Familienleben darstelle (Urteil des EGMR
Van der Heijden gegen Niederlande
vom 3. April 2012 [Nr. 42857/05] § 52).
Das Zeugnisverweigerungsrecht lässt sich indessen nicht ohne weiteres mit der Informationspflicht gemäss Art. 8c Abs. 1 lit. d SHG vergleichen. Letztere kann zwar die familiären Beziehungen belasten, insbesondere wenn Familienmitglieder Angaben machen, welche aus Sicht des Gesuchstellers als unnötig bzw. zu weitgehend empfunden werden. Jedoch lässt sich nicht sagen, dass die Mitwirkungspflicht von derartigem Gewicht ist, dass sie bei normalen Verhältnissen zu einer eigentlichen Beeinträchtigung der familiären Beziehungen führen müsste. Das moralische Dilemma eines Familienangehörigen, dessen Zeugnis (wie im Entscheid
Van der Heijden
) mit zu einer langjährigen Gefängnisstrafe beitragen kann, ist von anderer Qualität als die Auskunft gemäss Art. 8c Abs. 1 lit. c SHG, die lediglich gewährleisten soll, dass nicht unrechtmässig staatliche Unterstützung bezogen wird. Im erwähnten Entscheid
Van der Heijden
war zudem nicht die Zeugnispflicht als solche entscheidend; von Bedeutung war vielmehr, dass die Durchsetzung der Zeugnispflicht zu einer Freiheitsstrafe führte und dies insbesondere gegenüber einer Mutter mit kleinen Kindern (vgl. insbesondere das Votum der Richter Costa, Hajiyev und Malinverni, Ziff. 9 f., und die abweichende Meinung der Richter Tulkens, Vajic, Spielmann, Zupancic und Laffranque, Ziff. 9 und 12). Demgegenüber kann die Nichtbefolgung der Informationsverpflichtung höchstens zu einer Busse wegen Nichtbefolgen einer amtlichen Verfügung führen (
Art. 292 StGB
), und auch dies nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl. E. 8.1) einzig bei schwerwiegenden Verstössen.
8.3.2.4
Demzufolge ergibt sich, dass die Auskunftspflicht zwar gewisse Rückwirkungen auf das Familienleben haben kann, diese aber keinen Eingriff in den grundrechtlich geschützten Anspruch darstellen.
8.4
8.4.1
Hinsichtlich des Art. 8c Abs. 1 lit. d SHG (Arbeitgeber) rügen die Beschwerdeführer, durch diese Informationspflicht werde Bundesrecht verletzt, indem die
Art. 328b und 330a OR
unterlaufen würden. Mit diesen Schutzbestimmungen werde auf Bundesebene
BGE 138 I 331 S. 353
abschliessend geregelt, welche Daten Arbeitgeber über ihre Angestellten bearbeiten und inwiefern sie diese Daten weitergeben dürften. Die kantonalen Behörden seien in diesem vom Bundesrecht abschliessend geregelten Bereich von vornherein nicht zur Gesetzgebung kompetent. Konkret bestimme
Art. 328b OR
, dass nur Daten bearbeitet werden dürften, welche die Eignung für das Arbeitsverhältnis beträfen oder für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich seien. Und aus
Art. 330a OR
ergebe sich, dass einzig der Arbeitnehmer darüber entscheide, ob andere Auskünfte als über Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses erteilt werden dürften. Demgegenüber sei die Auskunftspflicht der Arbeitgeber gemäss Art. 8c Abs. 3 SHG viel weiter gefasst und umfasse namentlich die "finanziellen und persönlichen Verhältnisse" der Arbeitnehmer, deren "Ansprüche ... gegenüber Dritten" und deren "Integration".
8.4.2
Aufgrund des Wortlauts von Art. 8c Abs. 3 SHG können die erwähnten (E. 8.4.1 i.f.) Informationen von allen in Art. 8c Abs. 1 und 2 SHG genannten Personen und Behörden beschafft werden. Es ist jedoch offensichtlich, dass die Formulierung hier zu wenig zwischen den einzelnen Adressaten differenziert. So ist beispielsweise von vornherein nicht einsichtig, dass ein Arbeitgeber zu den persönlichen Verhältnissen oder zu Ansprüchen seines Angestellten gegenüber Dritten überhaupt Auskunft erteilen könnte. Die vom Arbeitgeber zulässigerweise erfassten Daten sind beschränkt auf solche, welche die Eignung des Arbeitnehmers für das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsvertrages notwendig sind (
Art. 328b OR
). Der Beschwerdegegner hielt denn auch im vorliegenden Verfahren fest, der Sozialdienst wolle vom Arbeitgeber Informationen über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses, dessen Umfang und Inhalt sowie das damit erzielte Einkommen. Die Auskunftpflicht des Arbeitgebers erfasse somit nicht alle in Art. 8c Abs. 3 SHG aufgezählten Bereiche, sondern sei auf die genannten beschränkt.
Die Erklärungen der kantonalen Behörden über die künftige Anwendung einer Vorschrift dürfen im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle mitberücksichtigt werden (nicht publ. E. 4). Nachfolgend ist daher zu beurteilen, ob eine kantonale Verpflichtung der Arbeitgeber zu Auskünften über Bestehen und Inhalt des Arbeitsverhältnisses (inkl. Lohn) gegen den Vorrang des Bundesrechts verstösst.
BGE 138 I 331 S. 354
8.4.3
Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt (
Art. 6 Abs. 1 ZGB
). Eine gleiche Materie kann indessen sowohl von Regeln des Bundeszivilrechts wie von solchen des kantonalen öffentlichen Rechts erfasst werden. Kantonale Regelungen sind in diesem Fall rechtsprechungsgemäss zulässig, wenn der Bundesgesetzgeber die Materie nicht abschliessend regelt, die kantonale Regelung durch ein schutzwürdiges öffentliches Interesse begründet ist und sie nicht gegen Sinn und Geist des Bundesrechts verstösst oder dessen Durchsetzung beeinträchtigt oder vereitelt. In diesem Rahmen kann jedoch das kantonale öffentliche Recht das Bundesprivatrecht nicht nur ergänzen, sondern auch in seiner Tragweite beeinflussen;
Art. 6 ZGB
anerkennt insofern eine expansive Kraft des kantonalen öffentlichen Rechts. Auch wenn eine bundesrechtliche Regelung in einem bestimmten Bereich umfassend ist, kann ein kantonales Gesetz im gleichen Bereich Bestand haben, wenn es ein anderes Ziel verfolgt als das vom Bundesrecht verfolgte (
BGE 138 III 49
E. 4.4.2 S. 55;
BGE 137 I 31
E. 4.1 S. 41,
BGE 130 I 135
E. 2.5.2 S. 140, 167 E. 3.4 S. 174;
BGE 133 I 110
E. 4.1 S. 116;
BGE 132 III 49
E. 2.2 S. 51 f.;
BGE 130 I 82
E. 2.2 S. 86 f.,
BGE 130 I 279
E. 2.3.2 S. 284; alle je mit Hinweisen; vgl. auch Urteil 8C_254/2011 vom 7. Juli 2011 E. 6.1 mit Hinweisen).
8.4.4
Art. 328b OR
wurde als besondere Bestimmung des Datenschutzes im Arbeitsrecht geschaffen (vgl. Botschaft vom 23. März 1988 zum Bundesgesetz über den Datenschutz, BBl 1988 II 413 ff., 488 Ziff. 222.1 ["Datenschutz im Arbeitsverhältnis"]). Der Datenschutz ist eine "Querschnittsmaterie" (
BGE 126 II 126
E. 4 S. 130; SVR 2009 UV Nr. 42 S. 145, 8C_192/2008 E. 3.3 mit Hinweisen). Das Bundesgericht hat in
BGE 122 I 153
E. 2e S. 157 f. zur nach kantonalem Recht öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung eines Patientenverhältnisses mit einer privaten Klinik und insbesondere zum Verhältnis kantonaler öffentlich-rechtlicher Bestimmungen zum eidgenössischen Datenschutzrecht Folgendes festgehalten:
"Es kann auch nicht gesagt werden, diese Ausgestaltung des Patientenverhältnisses stehe mit dem Vorrang des Bundesrechts im Widerspruch und entziehe die Privatklinik (...) in verfassungswidriger Weise dem Anwendungsbereich des privatrechtlichen Teils des eidgenössischen Datenschutzrechtes (...). Das Gesundheitswesen und ganz allgemein die Gesundheitsfürsorge, Krankheitsbekämpfung und Krankenbetreuung fallen traditionsgemäss in die Kompetenz der Kantone. Diese sind befugt, das Gesundheitswesen mit öffentlichrechtlichen Vorschriften umfassend zu ordnen. Da sich in der Sachmaterie des Gesundheitswesens mannigfache persönlichkeitsrelevante Fragen stellen, liegt es auf der Hand, dass
BGE 138 I 331 S. 355
die Aspekte des Datenschutzes mitgeregelt werden. Angesichts der Besonderheit des Bundesdatenschutzrechts als Querschnittsmaterie kann nicht leichthin gesagt werden, kantonale öffentlichrechtliche Normen verstiessen gegen Sinn und Geist des eidgenössischen Datenschutzrechts. Der Kanton handelt insofern im Rahmen seiner angestammten Kompetenz..."
Von diesen Grundsätzen ist auch vorliegend auszugehen. Auch die Sozialhilfe ist traditionellerweise eine angestammte kantonale Kompetenz.
Soweit geltend gemacht wird,
Art. 328b OR
enthalte eine abschliessende Regelung, weil es sich gemäss
Art. 362 Abs. 1 OR
um eine zwingende Vorschrift des Arbeitsrechts handelt (DANIEL KETTIGER, Der Persönlichkeitsschutz im Arbeitsverhältnis im Lichte von Auskunftspflichten des Sozialhilferechts am Beispiel des Kantons Bern, Jusletter vom 2. April 2012, Rz. 11), ist dem nicht zu folgen, denn zwingendes Privatrecht bedeutet grundsätzlich nur, dass die betreffende Regelung der Parteidisposition entzogen ist, nicht aber, dass hinsichtlich des betreffenden Lebenssachverhaltes ergänzendes öffentliches Recht ausgeschlossen ist (ARNOLD MARTI, in: Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1998, N. 252 zu
Art. 6 ZGB
).
Art. 328b OR
verweist auf das Bundesgesetz über den Datenschutz. Gemäss
Art. 13 Abs. 1 DSG
ist eine Datenbearbeitung nicht widerrechtlich, wenn sie in einem Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist. Solche gesetzlichen Datenbearbeitungspflichten und -rechte sind recht häufig, unter anderem im Steuerrecht und im Sozialversicherungsrecht (RAMPINI, a.a.O., N. 18 zu
Art. 13 DSG
; WOLFGANG PORTMANN, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 5. Aufl. 2011, N. 28 zu
Art. 328b OR
). Aus der Umschreibung des Vorbehalts in
Art. 13 Abs. 1 DSG
ergibt sich kein Ausschluss kantonaler Vorschriften. Die in
Art. 13 Abs. 1 DSG
und damit auch
Art. 328b OR
vorbehaltene gesetzliche Grundlage kann somit auch eine solche des kantonalen öffentlichen Rechts sein (MEIER, a.a.O., Rz. 1601; RAMPINI, a.a.O., N. 17 zu
Art. 13 DSG
). Damit ist auch ausgeschlossen, dass die kantonale Regelung gegen Sinn und Geist des Bundesrechts verstösst.
Auch die weitere Voraussetzung, das Bestehen eines schutzwürdigen öffentlichen Interesses, ist zu bejahen. Zwar sind die Informationen primär von den Gesuchstellern einzuverlangen, und auch die Steuerbehörde ist verpflichtet, die Steuerdaten bekannt zu geben (Art. 8c Abs. 2 lit. e SHG). Daraus folgt jedoch nicht, dass ein schutzwürdiges öffentliches Interesse zu verneinen wäre (a.A. KETTIGER, a.a.O., Rz. 12 und 18), denn die Steuerdaten geben nicht immer die
BGE 138 I 331 S. 356
aktuelle Situation wieder und die Auskünfte der Arbeitgeber sind unter Umständen notwendig, um die Angaben der Gesuchsteller überprüfen zu können.
8.5
Gestützt auf Art. 8c Abs. 1 lit. e SHG werden Vermieter zur Auskunft verpflichtet. Soweit diesbezüglich überhaupt genügende Rügen vorliegen, decken sie sich mit den hinsichtlich der Auskunftspflicht der Arbeitgeber vorgebrachten Einwänden. Es wird auf die Ausführungen unter E. 8.4 verwiesen. Die Beschwerde ist somit auch diesbezüglich unbegründet. | mixed |
53f2774c-8739-4b5d-b64f-173b68c0ba11 | Sachverhalt
ab Seite 66
BGE 136 II 65 S. 66
A.
Der aus dem Kosovo stammende A., geb. 1971, heiratete im Oktober 2002 in seiner Heimat die gleichaltrige französische Staatsangehörige D. Im Dezember 2003 zog er mit einer Aufenthaltsbewilligung EG/EFTA zu seiner im Kanton Neuenburg lebenden Ehefrau. Im April 2004 nahm A. Wohnsitz im Kanton Zürich, wo er erneut eine Aufenthaltsbewilligung EG/EFTA erhielt, die später bis zum Juli 2012 verlängert wurde.
B.
Am 30. August 2007 ersuchten A. und seine Ehefrau um Einreise- und Aufenthaltsbewilligung im Familiennachzug für die im Kosovo lebenden Kinder B., geb. 1995, und C., geb. 1998. Die Kinder stammen aus der Beziehung des damals unverheirateten A. mit einer ebenfalls im Kosovo lebenden Landsfrau. Mit Verfügung vom 11. Dezember 2007 verweigerte die Sicherheitsdirektion (Migrationsamt) des Kantons Zürich den Nachzug der Kinder.
C.
Am 13. August 2008 wies der Regierungsrat des Kantons Zürich einen dagegen gerichteten Rekurs im Wesentlichen ab. Mit Urteil vom 4. März 2009 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Kammer, eine dagegen erhobene Beschwerde ebenfalls ab. Dem Urteil des Verwaltungsgerichts ist die abweichende Meinung einer Minderheit der Kammer sowie der Gerichtssekretärin beigeheftet.
BGE 136 II 65 S. 67
D.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht stellen A. und seine Kinder B. und C. die folgenden Anträge:
"1. Die Beschwerde sei gutzuheissen, der Entscheid der 4. Kammer der 4. Abteilung des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 4.3.2009 vollumfänglich aufzuheben und
1.1. In der Hauptsache den 2. und 3. Beschwerdeführern zu bewilligen, in die Schweiz einzureisen, um beim 1. Beschwerdeführer verbleiben zu können;
1.2. Im Kostenpunkt die Sache mit der Weisung an die Vorinstanz zurückzuweisen, (...) die Kosten für das Verfahren vor der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, für das Rekursverfahren vor dem Regierungsrat des Kantons Zürich sowie für das Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren vor ihr neu zu verlegen.
2. Eventuell sei die Beschwerde gutzuheissen, der Entscheid der 4. Kammer der 4. Abteilung des Verwaltungsgerichtes des Kantons Zürich vom 4.3.2009 vollumfänglich aufzuheben und die Sache mit der Weisung an die Vorinstanz (Verwaltungsgericht des Kantons Zürich) zurückzuweisen, (...) neu zu entscheiden.
(...)"
E.
Die Staatskanzlei des Kantons Zürich hat für den Regierungsrat des Kantons Zürich auf eine Vernehmlassung verzichtet. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat sich in zwei Punkten zur Beschwerde geäussert, ohne formell Antrag zu stellen. (...)
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und weist das Migrationsamt an, den beschwerdeführenden Kindern je eine Aufenthaltsbewilligung EG/EFTA zu erteilen.
(Auszug) Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
1.1
Nach
Art. 83 lit. c Ziff. 1 und 2 BGG
ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig gegen Entscheide auf dem Gebiet des Ausländerrechts über Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt.
1.2
Am 1. Januar 2008 ist das Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR 142.20) in Kraft getreten. Nach Art. 126 AuG bleibt das alte Recht (Bundesgesetz vom 26. Mai 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer [ANAG] und Ausführungserlasse) anwendbar auf
BGE 136 II 65 S. 68
Gesuche, die vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes eingereicht worden sind. Das Verfahren richtet sich jedoch nach dem neuen Recht. Im vorliegenden Verfahren ist in materiell-rechtlicher Hinsicht auf das alte Recht abzustellen, da das Bewilligungsgesuch noch vor dem 1. Januar 2008 eingereicht wurde (
BGE 135 I 142
E. 1.2 S. 145).
1.3
Die Ehefrau des Beschwerdeführers 1 ist französische Staatsangehörige und hat damit gestützt auf das Freizügigkeitsrecht (Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit [FZA; SR 0.142. 112.681]) ein Recht auf Aufenthalt in der Schweiz. Als ihr Ehemann hat auch der Beschwerdeführer selbst in Anwendung von
Art. 7 lit. d FZA
und Art. 3 Abs. 2 lit. a Anhang I FZA ein Recht auf Aufenthalt in der Schweiz. Ob die Kinder, um deren Nachzug es hier geht, ebenfalls über einen solchen Anspruch verfügen, ist strittig. Unabhängig davon können sich die Beschwerdeführer aber jedenfalls auf
Art. 8 EMRK
bzw.
Art. 13 BV
berufen, da der Beschwerdeführer 1 einen Anspruch auf Anwesenheitsbewilligung und damit ein gefestigtes Anwesenheitsrecht hat, sofern die familiäre Beziehung zwischen ihm und seinen Kindern intakt ist und tatsächlich gelebt wird (vgl.
BGE 135 I 143
E. 1.3.1 S. 145 f. mit Hinweis), was von keiner Seite bestritten wird. Bereits aus diesem Grund ist auf die Beschwerde einzutreten. Es rechtfertigt sich daher, auf die Frage der Anwendbarkeit des Freizügigkeitsrechts einzig unter materiellen Gesichtspunkten einzugehen.
1.4
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem geltend gemacht werden, der angefochtene Entscheid verletze Bundesrecht - inklusive Bundesverfassungsrecht -, Völkerrecht sowie kantonale verfassungsmässige Rechte (
Art. 95 BGG
). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (
Art. 105 Abs. 1 BGG
). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG
beruht (
Art. 105 Abs. 2 BGG
). Dazu zählt auch die unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen (vgl.
BGE 133 IV 293
E. 3.4.2 S. 295 f.).
(...)
BGE 136 II 65 S. 69
2.
2.1
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich geht davon aus, die Beschwerdeführer könnten sich nicht auf das Freizügigkeitsrecht berufen bzw. hätten gestützt auf das Freizügigkeitsabkommen keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung an die vorehelichen Kinder des Beschwerdeführers 1.
2.2
Nach
Art. 7 lit. d FZA
regelt das Freizügigkeitsabkommen unter anderem das Aufenthaltsrecht der Familienangehörigen der Staatsangehörigen der Vertragsstaaten, und zwar ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit. Gemäss
Art. 3 Abs. 1 Anhang I FZA
haben die Familienangehörigen einer Person, die Staatsangehörige einer Vertragspartei des Abkommens ist und ein Aufenthaltsrecht hat, das Recht, bei ihr Wohnung zu nehmen. Als Familienangehörige gelten insbesondere, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, der Ehegatte und die Verwandten in absteigender Linie, die noch nicht 21 Jahre alt sind oder denen Unterhalt gewährt wird, sowie die Verwandten und die Verwandten des Ehegatten in aufsteigender Linie, denen Unterhalt gewährt wird (vgl. Art. 3 Abs. 2 lit. a und b Anhang I FZA). Der Beschwerdeführer 1 ist nicht selbst EU-Bürger; er ist aber mit einer französischen Staatsangehörigen und damit einer Unionsbürgerin verheiratet, die in der Schweiz eine Anwesenheitsbewilligung hat. Gestützt auf Art. 3 Abs. 2 lit. a Anhang I FZA erhielt er denn auch aufgrund des ehelichen Verhältnisses eine Aufenthaltsbewilligung EG/EFTA.
2.3
Strittig ist hier, ob auch die ausländischen Kinder des Beschwerdeführers 1 aus einer vorehelichen Beziehung, die Beschwerdeführer 2 und 3, aus dem Freizügigkeitsabkommen ein Aufenthaltsrecht ableiten können. Die Vorinstanzen wenden dagegen ein, die Nachkommen des Ehegatten würden von
Art. 3 Anhang I FZA
nicht erfasst. Selbst wenn die Anwendbarkeit der Bestimmung grundsätzlich auf solche Verwandtschaftsverhältnisse ausgeweitet würde, fiele dies bei Drittausländern nur dann in Betracht, wenn die Stiefkinder sich vorher bereits rechtmässig in einem Staat der EG oder EFTA aufgehalten hätten; für einen Nachzug direkt aus dem Drittstaat vermittle das Freizügigkeitsabkommen keinen Anspruch. Die Vorinstanzen stützen sich dabei auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wie sie in
BGE 130 II 1
E. 3.6 S. 9 ff. und
BGE 134 II 10
E. 3 S. 14 ff. wiedergegeben wurde und die wiederum auf das Urteil
Akrich
des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zurückging (C-109/01 vom 23. September 2003, Slg. 2003 I-9607).
BGE 136 II 65 S. 70
2.4
Mit
BGE 136 II 5
schloss sich indessen das Bundesgericht einer Änderung der Rechtsprechung des EuGH an, die dieser mit seinem Urteil C-127/08 vom 25. Juli 2008
Metock
vorgenommen hatte. Damit gab der EuGH seine im Urteil
Akrich
(C-109/01; vgl. vorne E. 2.3) begründete Rechtsprechung, wonach das Recht auf Familiennachzug von einem vorherigen rechtmässigen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat abhing, wieder auf und erkannte, eine solche Voraussetzung verletze die gemeinschaftsrechtliche Regelung der Familienvereinigung. Das Bundesgericht erwog seinerseits unter anderem, bereits der Entscheid
Akrich
vom 23. September 2003 (C-109/01; vgl. vorne E. 2.3) sei erst nach der Unterzeichnung des Freizügigkeitsabkommens am 21. Juni 1999 gefällt worden, gehöre damit nicht zum damaligen freizügigkeitsrechtlichen Besitzstand und stelle daher für die Schweiz keine verbindliche Vorgabe dar (vgl.
Art. 16 FZA
sowie E. 3.1 hienach). Insbesondere zur Gewährleistung einer parallelen Rechtslage dränge es sich auf, auch die modifizierte Rechtsprechung des EuGH für das freizügigkeitsrechtliche Verhältnis zwischen der Schweiz und der EG und ihren Mitgliedstaaten zu übernehmen. Das Verwaltungsgericht kannte im Zeitpunkt, als es das angefochtene Urteil fällte, lediglich die neue Rechtsprechung des EuGH, konnte hingegen von der Praxisänderung des Bundesgerichts noch nichts wissen; unabhängig davon ist aber die damit als zutreffend erkannte Rechtslage auf den noch nicht rechtskräftig entschiedenen vorliegenden Fall anwendbar. Ein allfälliger Nachzug der Kinder des Beschwerdeführers 1 hängt mithin nicht davon ab, ob diese sich bereits rechtmässig in einem EG- oder EFTA-Staat aufhalten.
2.5
Zu prüfen bleibt freilich, ob auch Stiefkinder in den Anwendungsbereich von
Art. 3 Anhang I FZA
fallen.
3.
3.1
Für die Auslegung des Freizügigkeitsabkommens nicht massgeblich ist grundsätzlich die nationale Umsetzung des Freizügigkeitsrechts. Vielmehr ist das Freizügigkeitsrecht auf eigener Grundlage auszulegen (vgl.
BGE 136 II 5
E. 3.6.1). Gemäss
Art. 16 Abs. 2 FZA
ist für die Anwendung des Freizügigkeitsabkommens die einschlägige Rechtsprechung des EuGH vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung (21. Juni 1999) massgebend. Das Bundesgericht kann aber, ohne dazu verpflichtet zu sein, zum Zwecke der Auslegung des Freizügigkeitsabkommens auch seither ergangene Urteile des Gerichtshofs heranziehen (
BGE 130 II 1
E. 3.6.1 S. 10 f.,
BGE 130 II 113
E. 5.2
BGE 136 II 65 S. 71
S. 119 f.). Ziel ist, dass in den Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft gleichwertige Rechte und Pflichten wie in den Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft, auf die Bezug genommen wird, Anwendung finden (
Art. 16 Abs. 1 FZA
). Das bedeutet, dass für die vom Abkommen erfassten Bereiche insoweit eine parallele Rechtslage verwirklicht werden soll. Da der EuGH nicht berufen ist, für die Schweiz über die Auslegung des Abkommens verbindlich zu bestimmen, ist es dem Bundesgericht nicht verwehrt, aus triftigen Gründen zu einer anderen Rechtsauffassung als dieser zu gelangen. Es wird das aber mit Blick auf die angestrebte parallele Rechtslage nicht leichthin tun (vgl.
BGE 136 II 5
E. 3.4).
3.2
Gemäss dem deutschsprachigen Wortlaut von Art. 3 Abs. 2 lit. a Anhang I FZA zählen "der Ehegatte und die Verwandten in absteigender Linie", nach lit. b derselben Bestimmung "die Verwandten und die Verwandten des Ehegatten in aufsteigender Linie" zu den nachzugsberechtigten Familienangehörigen. Unklar ist, ob die Nachkommen des Ehegatten ebenfalls dazu gehören bzw. ob diese unter den Begriff der Verwandten in absteigender Linie nach lit. a fallen und deshalb im Übrigen nicht mehr ausdrücklich erwähnt werden oder ob es sich um einen bewussten Ausschluss vom Nachzugsrecht handelt. Einen ersten Hinweis dazu geben die französisch- und italienischsprachigen Fassungen des Freizügigkeitsabkommens, worin die Formulierungen "son conjoint et leurs descendants" bzw. "il coniuge e i loro discendenti" verwendet werden. Diese Wortlaute (insbes. "leurs" und "i loro") sprechen eher dafür, dass die Kinder beider Ehegatten gemeint sind.
3.3
Den Materialien des Freizügigkeitsabkommens lassen sich keine weiteren Anhaltspunkte entnehmen, wie
Art. 3 Abs. 2 Anhang I FZA
betreffend den Nachzug von Stiefkindern zu verstehen ist (
BGE 130 II 1
E. 3.5 S. 9 mit verschiedenen Hinweisen wie insbes. auf BBl 1999 6311). Lehre (vgl. MINH SON NGUYEN, Droit public des étrangers, 2003, S. 395 f.) und Praxis (vgl. das Rundschreiben des Bundesamts für Ausländerfragen vom 8. Juli 2002 zu Grundsatzfragen bei der Umsetzung des Freizügigkeitsabkommens, Ziff. 2.1) sind freilich schon bei Einführung der Personenfreizügigkeit davon ausgegangen, erfasst seien sowohl die gemeinsamen Kinder der Ehegatten als auch einerseits diejenigen des Angehörigen des Vertragsstaates sowie andererseits diejenigen von dessen Ehepartner mit
BGE 136 II 65 S. 72
Drittstaatsangehörigkeit, und zwar von diesem adoptierte wie auch aus einer anderen Beziehung stammende Kinder.
3.4
In der Europäischen Union ist der Begriff des freien Personenverkehrs eng verknüpft mit demjenigen der Unionsbürgerschaft (vgl. heute Art. 20 ff. der konsolidierten Fassung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 13. Dezember 2007 [Vertrag von Lissabon]; ABl. C 115 vom 9. Mai 2008 S. 47 ff.). Diese wurde durch den Vertrag von Maastricht vom 7. Februar 1992 (ABl.C 191 vom 29. Juli 1992 S. 1 ff.; vgl. Art. 17 ff. des EG-Vertrags in der damaligen Fassung) und damit vor Unterzeichnung des Freizügigkeitsabkommens eingeführt (GROSSEN/DE COULON, Bilaterales Abkommen über die Freizügigkeit zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten, in: Bilaterale Verträge I & II Schweiz - EU, Thürer/Weber/Portmann/Kellerhals [Hrsg.],2007, S. 181 Rz. 141). Beim Abschluss des Freizügigkeitsabkommens galt in der Europäischen Gemeinschaft die Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257 vom 19. Oktober 1968 S. 2 ff.), welche auch die massgeblichen Bestimmungen zur Familienvereinigung enthielt. Die entsprechende Regelung im Freizügigkeitsabkommen ist derjenigen der Verordnung Nr. 1612/68 nachgebildet. Am 17. September 2002 entschied der EuGH unter Anwendung dieser Verordnung, das Recht auf Wohnungsnahme beim Wanderarbeiter stehe sowohl den Nachkommen des Arbeitnehmers als auch denen seines Ehegatten zu (Urteil C-413/1999
Baumbast und R.,
Slg. 2002 I-7091 Randnr. 57). Der Gerichtshof stützte sich dabei unter anderem auf ein früheres Urteil vom 15. März 1989, mit dem er bereits entschieden hatte, die Verordnung Nr. 1612/68 sei mit Blick auf die Ziele der Freizügigkeit der Arbeitnehmer und deren Integration grundsätzlich weit auszulegen, ohne dass konkret über den Nachzug von Stiefkindern zu befinden war (Urteil C-389/87
Echternach G.B.C.
, Slg. 1989 S. 723). In einem weiteren Urteil vom 19. Oktober 2004 entschied der EuGH, dass es einem Elternteil mit Drittstaatsangehörigkeit, der für einen minderjährigen Unionsbürger sorgt, unter bestimmten Voraussetzungen (insbes. Vorhandensein genügender finanzieller Mittel) erlaubt ist, sich mit dem Kind im Aufnahmemitgliedstaat aufzuhalten (Urteil C-200/02
Zhu und Chen,
Slg. 2004 I-9925). Dieses Urteil beruhte auf der Richtlinie 90/364/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 über das Aufenthaltsrecht (ABl. L 180 vom 13. Juli 1990 S. 26) sowie auf Art. 18
BGE 136 II 65 S. 73
des EG-Vertrags in der konsolidierten Fassung gemäss dem Vertrag von Amsterdam vom 2. Oktober 1997 (ABl. C 340 vom 10. November 1997 S. 173) bzw. des Vertrags von Nizza vom 10. März 2001 (ABl. C 80 vom 10. März 2003 S. 1).
3.5
Die Verordnung Nr. 1612/68 wurde inzwischen durch die Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (ABl. L 158 vom 30. April 2004 S. 77, bzw. in berichtigter Fassung ABl. L 229 vom 29. Juni 2004 S. 35 ff.) abgeändert (dazu GROSSEN/DE COULON, a.a.O., S. 181 ff. Rz. 141 ff.). Darin ist nunmehr ausdrücklich festgehalten, dass zu den Verwandten in absteigender Linie auch diejenigen des Ehegatten zählen (Art. 2 Ziff. 2 lit. c der Richtlinie 2004/38/EG).
3.6
Das Bundesgericht hat die Frage, ob Stiefkinder als Verwandte des aufenthaltsberechtigten Angehörigen einer Vertragspartei gelten oder nicht, bisher noch nicht abschliessend beantwortet (vgl.
BGE 130 II 1
E. 3.5 S. 7 ff. mit zahlreichen Hinweisen auf die Literatur; vgl. sodann die Urteile 2A.425/2003 vom 5. März 2004 E. 3.2, in: ZBl 106/2005 S. 532, 2A.94/2004 vom 6. August 2004 E. 4.2, in: Pra 2005 Nr. 15 S. 102; EPINEY/CIVITELLA, Zur schweizerischen Rechtsprechung zum Personenfreizügigkeitsabkommen, in: Jahrbuch für Migrationsrecht 2007/2008, Achermann und andere [Hrsg.], 2008, S. 237). Bei der Auslegung des analoge Rechtsverhältnisse regelnden
Art. 3 Abs. 6 Anhang I FZA
schloss sich das Bundesgericht in einem Urteil vom 25. Mai 2005 der weiten Auslegung des EuGH an (Urteil 2A.475/2004), relativierte dies aber wieder in einem weiteren Urteil vom 14. März 2008 (Urteil 2C_33/2007 in: RtiD 2008 II S. 320).
4.
4.1
Das Urteil
Baumbast
(C-413/1999; vgl. vorne E. 3.4) erging nach der Unterzeichnung des Freizügigkeitsabkommens. Der Sachverhalt, der vom EuGH zu beurteilen war, hatte sich allerdings bereits vor Vertragsschluss ereignet. Nach
Art. 16 Abs. 2 FZA
ist die einschlägige Rechtsprechung vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung zu berücksichtigen, was dafür spricht, dass grundsätzlich nur die bereits gefällten und damit den Vertragsparteien bekannten Urteile gemeint sind. Das Urteil
Baumbast
(C-413/1999; vgl. vorne E. 3.4) ist daher grundsätzlich nicht verbindlich (vgl. E. 3.1 hiervor).
BGE 136 II 65 S. 74
4.2
Für die Schweiz nur bedingt massgebend sind sodann die Regeln über die Unionsbürgerschaft. Daran können nur Rechtsfolgen anknüpfen, die dem Sinn und Geist des Freizügigkeitsabkommens entsprechen und diesem zugrundeliegen. Bei den Bestimmungen über den Familiennachzug ist ein solcher Zusammenhang - etwa im Unterschied zum Petitionsrecht oder zum Recht auf diplomatische Vertretung (vgl.
BGE 136 II 5
E. 3.6.3 S. 16 f.) - freilich vielfach gegeben, auch wenn für jede Einzelfrage geprüft werden muss, wie es sich damit verhält. So sind insbesondere mit der Richtlinie 2004/38/EG neu eingeführte Rechte (dazu EPINEY/FAEH, Zum Aufenthaltsrecht von Familienangehörigen im europäischen Gemeinschaftsrecht, in: Jahrbuch für Migrationsrecht 2005/2006, Achermann und andere [Hrsg.], 2006, S. 59 f.) wie das bedingungslose Recht auf Daueraufenthalt nach ununterbrochenem fünfjährigem rechtmässigem Aufenthalt (nach Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG) oder das voraussetzungslose Aufenthaltsrecht von bis zu drei Monaten (gemäss Art. 6 der Richtlinie 2004/38/EG) für die Schweiz nicht verbindlich.
4.3
Für die Berücksichtigung des Urteils
Baumbast
(C-413/1999; vgl. vorne E. 3.4) spricht in diesem Sinne, dass der Entscheid des EuGH nicht an neues Sekundärrecht, sondern an eine Rechtsprechung anknüpft, die bereits vor Abschluss des Freizügigkeitsabkommens ergangen und damit für die Anwendung desselben massgebend ist. Auch wenn dabei nicht genau dieselbe Rechtsfrage zu entscheiden war, so war nach der bei Vertragsabschluss bereits bekannten Praxis von einer eher weiten Auslegung der Bestimmungen über die Familienvereinigung auszugehen. Insbesondere berief sich der EuGH nicht erst im Urteil
Baumbast
(C-413/1999; vgl. vorne E. 3.4), sondern schon im Urteil
Echternach
(C-389/87; vgl. vorne E. 3.4) auf die Grundnorm des damaligen Art. 18 des EG-Vertrages (heute Art. 21 der konsolidierten Fassung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 13. Dezember 2007 [Vertrag von Lissabon]; ABl. C 115 vom 9. Mai 2008, S. 47 ff.).Diese bildete letztlich die Grundlage der Regelung über den Familiennachzug und galt beim Abschluss des Freizügigkeitsabkommens in der Fassung des Vertrags von Amsterdam von 1997, wobei der hier massgebliche Regelungsgehalt durch die Änderung gemäss dem Vertrag von Nizza von 2003 keine wesentlichen Neuerungen erfuhr. Das Urteil
Baumbast
stützte sich sodann ausdrücklich auf die Verordnung Nr. 1612/68, der auch das Freizügigkeitsabkommen nachgebildet ist, und gibt damit die einschlägige Auslegung der
BGE 136 II 65 S. 75
entsprechenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen über die Familienvereinigung wieder. Art. 10 Abs. 1 lit. a der Verordnung Nr. 1612/68 hat im Übrigen in den deutsch-, französisch- und italienischsprachigen Fassungen jeweils denselben Wortlaut wie das Freizügigkeitsabkommen. Die entsprechende Auslegung der Verordnung Nr. 1612/68 durch den Gerichtshof wurde nachträglich durch Erlass der Richtlinie 2004/38/EG ausdrücklich und deutlich ins geschriebene ordentliche Recht überführt (vgl. Art. 2 Ziff. 2 lit. c der Richtlinie 2004/38/EG). Damit kann heute kein Zweifel mehr bestehen, welche gemeinschaftsrechtliche Regelung gilt. Im hier fraglichen Zusammenhang führte die Neufassung der einschlägigen Bestimmungen allerdings zu keinen wesentlichen Änderungen, sondern sie diente lediglich der Klarstellung.
4.4
Die Anwendung der Bestimmungen über den Familiennachzug auf Stiefkinder entspricht der Zweckrichtung der Regelung der Familienvereinigung. Es leuchtet nicht ein, weshalb ein Anspruch auf Nachzug der Verwandten des Ehegatten in aufsteigender Linie bestehen soll, nicht aber für dessen Nachkommen. Auch wenn die Beziehung Erwachsener zu den Eltern oder zu weiteren Vorfahren durchaus bedeutsam sein kann, so ist diejenige zu den Kindern bzw. sonstigen Nachkommen meist enger, jedenfalls solange diese minderjährig sind bzw. ihnen Unterhalt gewährt wird. Eine rechtliche Ordnung, die das Zusammenleben mit der Nachkommenschaft ermöglicht oder fördert, erscheint daher gebotener als eine solche, die dasselbe mit den Vorfahren vorsieht. Auch aus diesem Grunde rechtfertigt sich eine einschränkende Auslegung von
Art. 3 Anhang I FZA
nicht. Da die Bestimmung in lit. b ausdrücklich einen Anspruch auf Anwesenheitsbewilligung für die Verwandten des Ehegatten in aufsteigender Linie vorsieht, ist lit. a in dem Sinne zu verstehen, dass es um so mehr auch einen solchen für dessen Verwandte in absteigender Linie gibt.
4.5
Schliesslich wird im Schrifttum weitgehend einhellig ebenfalls die Meinung vertreten, es sei in Anlehnung an die Rechtsprechung des EuGH davon auszugehen, dass Art. 3 Abs. 2 lit. a Anhang I FZA auch die Stiefkinder erfasse. Die entsprechenden Begründungen folgen dabei im Wesentlichen dem hier wiedergegebenen Argumentationsmuster (dazu ALVARO BORGHI, La libre circulation des personnes entre la Suisse et l'UE, 2010, Rz. 420 ff.; ASTRID EPINEY, Die schweizerische Rechtsprechung zum Personenfreizügigkeitsabkommen - ein Überblick, in: Jahrbuch für Migrationsrecht 2004/2005,
BGE 136 II 65 S. 76
Achermann und andere [Hrsg.], 2005, S. 148; LAURENT MERZ, Le droit de séjour selon l'ALCP et la jurisprudence du Tribunal fédéral, RDAF 65/2009 I, S. 281; SPESCHA/THÜR/ZÜND/BOLZLI, Migrationsrecht, 2. Aufl. 2009, Nr. 22, N. 9 zu
Art. 3 Anhang I FZA
; vgl. auch ACHERMANN/CARONI, Einfluss der völkerrechtlichen Praxis auf das schweizerische Migrationsrecht, in: Ausländerrecht, Uebersax/Rudin/Hugi Yar/Geiser [Hrsg.], 2. Aufl. 2009, Rz. 6.51).
4.6
Insgesamt sprechen mithin analoge Überlegungen wie bei der Anpassung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung an diejenige des EuGH
Metock
(C-127/08; vgl. vorne E. 2.4) auch hier für eine Angleichung der Praxis zum Freizügigkeitsrecht an diejenige zum Gemeinschaftsrecht. Es sind keine triftigen Gründe erkennbar, weshalb es innerhalb der Europäischen Gemeinschaft und in deren Verhältnis mit der Schweiz zwei unterschiedliche Freizügigkeitsregelungen geben sollte. Das Interesse an einer parallelen Rechtslage und mithin an einem möglichst einheitlichen Freizügigkeitsraum geht vielmehr vor. Angesichts der systematischen Zusammenhänge drängt sich eine solche Schlussfolgerung daher auf.
5.
5.1
Die Beschwerdeführer 2 und 3 sind noch nicht 21 Jahre alt. Sie fallen demnach unter den Anwendungsbereich von
Art. 3 Abs. 2 Anhang I FZA
.
5.2
Auch nach dem Freizügigkeitsrecht ist der Familiennachzug freilich nicht vorbehaltlos zulässig. Vielmehr ist erforderlich, dass der EU-Angehörige, um dessen Personenfreizügigkeit es letztlich geht, mit dem Nachzug der Stiefkinder einverstanden ist, da dieser sonst gar nicht der Gewährleistung des Freizügigkeitsrechts dient. Weiter sind analog zum Gemeinschaftsrecht und gemäss denselben Grundsätzen (vgl. insbes. Art. 35 der Richtlinie 2004/38/EG) familienrechtliche Scheinbeziehungen vom Nachzugsrecht auszuschliessen. In diesem Sinne ist zu verlangen, dass bereits vor der Familienvereinigung ein (soziales) Familienleben tatsächlich bestanden hat, wobei die Angehörigen freilich nicht zusammengewohnt, wohl aber ihre Beziehung mit minimaler Intensität gelebt haben müssen. Bei Minderjährigen hat der nachziehende Ehegatte sodann die zivilrechtliche Verantwortung für das Kind zu tragen, d.h. er muss entweder über das Sorgerecht oder bei geteiltem Sorgerecht über das Einverständnis des anderen Elternteils verfügen. Damit die nachzuziehenden Angehörigen bei der freizügigkeitsberechtigten Person Wohnung nehmen können (vgl. Art. 3 Abs. 1 erster Satz Anhang I
BGE 136 II 65 S. 77
FZA), hat dafür auch eine Wohnung vorhanden zu sein, die den für Inländer geltenden normalen Anforderungen entspricht (vgl. Art. 3 Abs. 1 zweiter Satz Anhang I FZA). Zu beachten ist überdies der Vorbehalt der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gemäss
Art. 5 Anhang I FZA
. Schliesslich darf der Nachzugsentscheid der Eltern mit Blick auf die Anforderungen des Übereinkommens vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (Kinderrechtskonvention, KRK; SR 0.107) nicht in offensichtlichem Widerspruch zum Kindeswohl stehen.
5.3
Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Beschwerdeführer ihre familiäre Beziehung in einem Mass gelebt haben, wie dies angesichts der räumlichen Distanz möglich war bzw. vernünftigerweise erwartet werden darf. In den Verfahrensakten befindet sich sodann eine schriftliche und notariell beglaubigte Bestätigung vom 23. Oktober 2007 der Ehefrau des Beschwerdeführers, womit diese ihr Einverständnis mit dem Nachzug der beiden Kinder ihres Ehemannes erklärt. Die Akten enthalten ebenfalls ein schriftliches Exemplar mit Übersetzung eines Beschlusses des Kommunalgerichts in Suharekë vom 3. Januar 2008, mit dem die Beschwerdeführer 2 und 3 dem Beschwerdeführer 1 zivilrechtlich zur Sorge, Erziehung und Bildung anvertraut werden. Aktenkundig ist überdies die schriftliche Zustimmungserklärung der Mutter zur Zusammenführung der beiden Kinder mit dem Vater in der Schweiz. Auch liegt ein Mietvertrag vor, wonach der Beschwerdeführer 1 und seine Ehefrau ab dem 1. August 2007 eine Dreieinhalbzimmerwohnung gemietet haben, die mit zwei bis vier Personen belegt werden darf und sich damit als den Bedürfnissen der Familie angemessen erweist. Anhaltspunkte für die Anwendbarkeit des die Freizügigkeitsrechte beschränkenden Vorbehalts der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gemäss
Art. 5 Anhang I FZA
gibt es nicht. Von keiner Seite wurden denn auch solche Einwände im Verlauf des ganzen Verfahrens vor allen Instanzen glaubwürdig vorgetragen. Schliesslich sind keine Gründe ersichtlich, die auf einen offensichtlichen Widerspruch zum Kindeswohl hinweisen.
5.4
Dem Gesuch um Nachzug der Beschwerdeführer 2 und 3 ist somit gestützt auf das Freizügigkeitsrecht stattzugeben. Der angefochtene Entscheid verstösst gegen das Freizügigkeitsabkommen, insbesondere gegen
Art. 7 lit. d FZA
und
Art. 3 Anhang I FZA
, weshalb es sich erübrigt, zu prüfen, ob er allenfalls vor
Art. 8 EMRK
bzw.
Art. 13 BV
standhält. | mixed |
77a75692-9c2f-4555-8eae-b7f7d27acc3a | Sachverhalt
ab Seite 268
BGE 134 III 267 S. 268
A.
Mit Zahlungsbefehl vom 26. Oktober 2006 betrieb die X. AG (nachfolgend: Beschwerdeführerin) die Y. AG (nachfolgend: Beschwerdegegnerin) auf Verwertung eines Faustpfandes für eine Forderung von Fr. 11'208.50 zuzüglich Zins von 5 % seit 1. Oktober 2006 und Kosten. Gegen die Betreibung erhob die Beschwerdegegnerin Rechtsvorschlag.
B.
Mit Eingabe vom 17. November 2006 verlangte die Beschwerdeführerin in dieser Betreibung beim Bezirksgericht Zürich provisorische Rechtsöffnung, welche mit Verfügung der Einzelrichterin des Bezirksgerichts Zürich vom 5. Februar 2007 teilweise erteilt wurde.
C.
Am 21. Februar 2007 erhob die Beschwerdeführerin beim Obergericht des Kantons Zürich Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Rechtsöffnungsentscheid, welche mit Beschluss des Obergerichts vom 30. März 2007 abgewiesen wurde.
Die Beschwerdeführerin hat beim Bundesgericht am 16. Mai 2007 Beschwerde in Zivilsachen eingereicht. Die Beschwerdegegnerin schliesst in ihrer Vernehmlassung vom 15. Januar 2008 auf Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
BGE 134 III 267 S. 269 Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
1.1
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen (
Art. 72 Abs. 2 lit. a,
Art. 75 Abs. 1 BGG
). Soweit die Beschwerdeführerin Rügen vorbringt, welche das Obergericht nicht oder mit engerer Kognition als das Bundesgericht geprüft hat, ficht sie in ihren Rechtsbegehren sowie in der Beschwerdebegründung zu Recht den erstinstanzlichen Entscheid mit an (sog. Dorénaz-Praxis, vgl.
BGE 134 III 141
E. 2 S. 144 mit Hinweisen).
Der notwendige Streitwert von Fr. 30'000.- gemäss
Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG
ist offensichtlich nicht erreicht. Daher sind die sich insbesondere gegen den mitangefochtenen erstinstanzlichen Entscheid richtenden materiellrechtlichen Rügen nur umfassend zu prüfen, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 74 Abs. 2 lit. a i.V.m.
Art. 95 und 106 Abs. 1 BGG
).
1.2
Der Begriff der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist restriktiv auszulegen (
BGE 133 III 493
E. 1.1 S. 495). Insbesondere ist erforderlich, dass die zu beurteilende Frage von allgemeiner Tragweite ist (Urteil 5A_125/2007 vom 20. September 2007, E. 2.2.2; vgl. auch
BGE 133 III 493
E. 1.2 S. 495 f.). Dabei hat die Beschwerdeführerin darzulegen, inwiefern sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (
BGE 133 III 645
E. 2.4 S. 648).
Gemäss den für das Bundesgericht verbindlichen (
Art. 105 Abs. 1 BGG
) Sachverhaltsfeststellungen des Obergerichts haben die Parteien für die Dauer bis zum 31. März 2009 einen Mietvertrag abgeschlossen und hat die Beschwerdegegnerin (als die Mieterin) das Mietobjekt Ende November 2006 verlassen sowie der Beschwerdeführerin die Schlüssel zukommen lassen. Der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Betrag betrifft die Restforderung eines Mietzinses.
Gibt der Mieter die Sache zurück, ohne Kündigungsfrist oder -termin einzuhalten, so ist er von seinen Verpflichtungen gegenüber dem Vermieter nur befreit, wenn er einen für den Vermieter zumutbaren neuen Mieter vorschlägt; dieser muss zahlungsfähig und bereit sein, den Mietvertrag zu den gleichen Bedingungen zu übernehmen (
Art. 264 Abs. 1 OR
). Andernfalls muss er den Mietzins bis zu dem Zeitpunkt leisten, in dem das Mietverhältnis gemäss Vertrag oder Gesetz endet oder beendet werden kann (
Art. 264 Abs. 2 OR
). Der Vermieter muss
BGE 134 III 267 S. 270
sich anrechnen lassen, was er an Auslagen erspart und durch anderweitige Verwendung der Sache gewinnt oder absichtlich zu gewinnen unterlassen hat (
Art. 264 Abs. 3 OR
).
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist nicht grundsätzlich zu entscheiden, ob der Anspruch nach
Art. 264 Abs. 2 OR
als vertraglicher Erfüllungsanspruch oder als gesetzliche Ersatzpflicht zu qualifizieren ist. Vielmehr stellt sich die Frage, ob der Mietvertrag im Falle der Rückgabe des Mietobjekts ohne Nennung eines zumutbaren Nachmieters einen Rechtsöffnungstitel darstellt (s. unten, E. 3).
1.2.1
Gemäss den Ausführungen der Beschwerdeführerin stellt diese Frage eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar. Es komme in der Praxis häufig vor, dass Mieter das Mietobjekt ausserterminlich kündigten. Diese Frage sei insbesondere im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht von erheblicher praktischer Bedeutung, da die Auslegung von
Art. 264 OR
durch das Bezirksgericht zu zahlreichen Prozessen führte.
1.2.2
Die Beschwerdegegnerin wendet in ihrer Vernehmlassung dagegen ein, es bestehe kein Anlass, die Beschwerde zu behandeln, da es aller Voraussicht nach gleichartige Sachverhalte geben werde, bei denen die Streitwertgrenze erreicht werde.
1.2.3
Die Frage, ob im Falle der vorzeitigen Rückgabe des Mietobjekts der Mietvertrag ohne Nennung eines zumutbaren Nachmieters einen Rechtsöffnungstitel darstellt oder nicht, hat das Bundesgericht bislang nicht entschieden; sie ist somit neu. Betreffend die Qualifikation des Mietvertrags als Rechtsöffnungstitel bei vorzeitiger Rückgabe des Mietobjekts bestehen unterschiedliche kantonale Praxen (wie die Vorinstanzen bereits der Entscheid des Bezirksgerichts Zürich vom 10. Juni 2003, in: mp 2004 S. 31 f.; abweichend der Entscheid des Präsidenten der III. Zivilkammer des Kantonsgerichts St. Gallen vom 4. Juli 2007, VZ.2007.13, E. III.2a; Urteil des Kantonsgerichtsausschusses Graubünden vom 18. Mai 1993, in: Die Praxis des Kantonsgerichtes von Graubünden [PKG] 1993 S. 76 f.; vgl. auch POLIVKA, Kommentar zum Urteil 4C.36/2005 vom 24. Juni 2005, in: MietRecht Aktuell [MRA] 2005 Rz. 3.1.4 S. 219).
Grundsätzlich besteht ein allgemeines Interesse, dass diese sich in der Praxis immer wieder stellende Frage vom Bundesgericht mit freier Kognition geklärt und damit im Interesse der Rechtssicherheit eine einheitliche Anwendung und Auslegung des Bundesrechts herbeigeführt wird (vgl. dazu
BGE 133 III 645
E. 2.4 S. 649), zumal
BGE 134 III 267 S. 271
die Wahrscheinlichkeit, dass diese Frage dem Bundesgericht je unterbreitet werden kann, infolge der Streitwertgrenze äusserst gering ist, da der Streitwert vorliegend selbst bei einem vertraglich vereinbarten Mietzins von jährlich Fr. 60'480.- nicht erreicht wird.
Es ist somit von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auszugehen. Demgemäss erweist sich die Beschwerde in Zivilsachen als zulässig und ist auf sie einzutreten.
2.
Das Obergericht erwog, dass sich die erste Instanz auf eine Lehrmeinung gestützt habe - es wird auf HIGI, Zürcher Kommentar, N. 71 zu
Art. 264 OR
, Bezug genommen -, wonach der Mieter, welcher die Mietsache dem Vermieter gemäss
Art. 264 Abs. 1 OR
zurückgegeben hat, ohne einen tauglichen Ersatzmieter zu stellen, in Annahmeverzug gerate, mit der Rechtswirkung, dass kein Mietverhältnis mehr bestehe und eine gesetzliche Ersatzpflicht des Mieters an die Stelle der vertraglichen Erfüllungspflicht trete. Diese Auffassung stimme insofern mit derjenigen der Beschwerdeführerin überein, als auch diese davon ausgehe, dass die Beschwerdegegnerin für ausstehende Mietzinsleistungen bis zum Ablauf der befristeten Mietzeit hafte. Das Bezirksgericht habe vorfrageweise geprüft, ob die in Betreibung gesetzte Forderung als vertragliche Leistungspflicht oder gesetzliche Ersatzpflicht zu qualifizieren sei, sich dabei auf die erwähnte Lehrmeinung gestützt und aufgrund der Annahme, dass ab dem 1. Dezember 2006 kein Mietverhältnis mehr bestanden habe, dem Mietvertrag ab diesem Zeitpunkt die Qualität eines Rechtsöffnungstitels nach
Art. 82 SchKG
abgesprochen. Es handle sich dabei nicht um eine Verletzung klaren materiellen Rechts, wie sie für die Nichtigkeitsbeschwerde nach
§ 281 Ziff. 3 ZPO
/ZH erforderlich sei, da die Auslegung von
Art. 264 OR
durch die Vorinstanz nicht als klar unrichtig, sondern als nachvollziehbar begründet zu betrachten sei. Sie stütze sich auf einen für das Mietrecht bedeutenden Kommentar des Obligationenrechts. Ausserdem ergebe sich aus dem Umstand, dass in dieser Frage unterschiedliche Lehrmeinungen bestünden, dass nicht von klarem materiellen Recht gesprochen werden könne. Ferner resultiere aus der Lehrmeinung von STÜCHELI (Die Rechtsöffnung, Diss. Zürich 2000, S. 363), dass nach Beendigung des Mietverhältnisses für Schadenersatzanspruch keine Rechtsöffnung mehr erteilt werden könne, selbst wenn dieser dem bisherigen Mietzins entspreche. Die Beschwerdeführerin habe nicht dargelegt, weshalb der von der Beschwerdegegnerin unterzeichneten Verpflichtung zur Mietzinszahlung entgegen dieser vollstreckungsrechtlichen
BGE 134 III 267 S. 272
Lehrmeinung auch für die Zeit nach der Rückgabe des Mietobjekts zwingend die Qualität eines Rechtsöffnungstitels zuerkannt werden müsse.
3.
Wie die Beschwerdeführerin zutreffend ausführt, bildet der Mietvertrag auch bei vorzeitiger Rückgabe der Mietsache Grundlage für die Leistungspflichten des Mieters und anerkennt der Mieter mit dessen Unterzeichnung seine entsprechende Verpflichtung.
Entgegen den vorinstanzlichen Ausführungen vertritt HIGI nicht die Auffassung, dass der Mietvertrag im Falle von
Art. 264 Abs. 2 OR
dahinfalle. Vielmehr ergibt sich seiner Ansicht nach aus
Art. 264 OR
nur dann ein besonderer Beendigungsgrund des Mietverhältnisses, wenn die entsprechenden Voraussetzungen - Rückgabe der Mietsache und Stellung eines zumutbaren Nachmieters - erfüllt sind, ansonsten das Mietverhältnis ordentlicherweise ende (HIGI, a.a.O., N. 5 zu
Art. 264 OR
). Daraus folgt auch, dass HIGI nicht - wie das Obergericht ausführt - von einer gesetzlichen, sondern von einer vertraglichen Ersatzpflicht auszugehen scheint (HIGI, a.a.O., N. 71 zu
Art. 264 OR
; vgl. auch HUBER, Die vorzeitige Rückgabe der Mietwohnung, Diss. St. Gallen 2000, S. 128, mit Hinweisen). Unbehelflich sind ebenfalls die weiteren Verweise in der Verfügung des Bezirksgerichts auf
BGE 63 II 368
E. 3 S. 372 f. sowie auf HIGI, a.a.O., N. 58 und 71 zu
Art. 267 OR
. In den zitierten Stellen geht es nicht um den Fall der vorzeitigen Rückgabe des Mietobjekts, sondern um die Frage der Mietzinsforderung nach Vertragsablauf bei verspäteter Rückgabe des Mietobjekts. Im Übrigen äussert sich HIGI nicht zur Frage, ob der Mietvertrag in den Fällen von
Art. 264 Abs. 2 OR
als Rechtsöffnungstitel zu qualifizieren ist.
Ob der Anspruch nach
Art. 264 Abs. 2 OR
als Erfüllungsanspruch oder als Ersatzpflicht zu qualifizieren ist, kann vorliegend offenbleiben. Selbst wenn der Anspruch des Vermieters als Ersatzanspruch betrachtet würde, liesse sich daraus für die Frage der Qualifikation des Mietvertrags als Rechtsöffnungstitel nichts ableiten: Mit der Unterzeichnung des Mietvertrags anerkennt der Mieter die Pflicht zur Mietzinszahlung nicht nur für die Dauer des Besitzes der Mietsache. Vielmehr bezieht sich die Anerkennung auf die gesamte Vertragsdauer. Daran ändert auch die Regelung in
Art. 264 Abs. 3 OR
nichts; die entsprechenden Umstände, welche zu einer Reduktion der Leistungspflicht führen, sind gegebenenfalls vom Mieter als Einwendungen im Rechtsöffnungsverfahren (
Art. 82 Abs. 2 SchKG
) geltend zu machen.
BGE 134 III 267 S. 273
Wie die Beschwerdeführerin ferner zutreffend ausführt, hält auch der vorinstanzliche Hinweis auf die Auffassung von STÜCHELI nicht Stich: Dieser führt an anderer Stelle aus, der Mieter könne die vorzeitige Entlassung aus seiner Leistungspflicht im Rechtsöffnungsverfahren einredeweise nur geltend machen, wenn er glaubhaft mache, dass er das Mietobjekt zurückgegeben sowie einen zumutbaren Nachmieter gestellt habe (STÜCHELI, a.a.O., S. 368). Gelingt dies dem Mieter nicht, so ist auch nach Auffassung von STÜCHELI die provisorische Rechtsöffnung für die bis zum nächstmöglichen ordentlichen Kündigungstermin geschuldeten Mietzinsen zu gewähren (STÜCHELI, a.a.O., S. 368). Die vom Obergericht zitierte Stelle bezieht sich auf den Fall, dass der Mietvertrag beendigt ist, was im Falle der blossen vorzeitigen Rückgabe der Mietsache gerade nicht zutrifft.
Insgesamt ergibt sich somit, dass ein Mietvertrag im Falle der Rückgabe des Mietobjekts ohne Nennung eines zumutbaren Nachmieters seine Eigenschaft als provisorischer Rechtsöffnungstitel nicht verliert und die Vorinstanzen insofern Bundesrecht verletzt haben. | mixed |
ddcee293-a5e6-4bae-b72a-c280e4e743ff | Sachverhalt
ab Seite 392
BGE 140 III 391 S. 392
A.
Mit Entscheid vom 6. Oktober 2008 stellte die Regionale Paritätische Berufskommission Plattenleger, Sektion Zentralschweiz, fest, die A. AG (Beschwerdegegnerin) habe gegen die Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages für das Plattenlegergewerbe der Gebiete Bern, Zentralschweiz, Zürich und Bezirk Baden des Kantons Aargau (nachfolgend: GAV; teilweise allgemein verbindlich erklärt mit Bundesratsbeschluss vom 28. September 2005 [BBl 2005 5999] per 1. November 2005) verstossen. Zu den verletzten Bestimmungen gehöre namentlich der per 1. Oktober 2006 allgemeinverbindlich erklärte
BGE 140 III 391 S. 393
Anhang Nr. 1 des GAV, wonach die effektiven Löhne aller der Allgemeinverbindlicherklärung unterstellten Arbeitnehmer bestimmter Kategorien um Fr. 100.- erhöht würden (Bundesratsbeschluss vom 7. September 2006 [BBl 2006 7745]). Der A. AG wurde u.a. eine Konventionalstrafe von Fr. 2'500.- auferlegt, welche die Zentrale Paritätische Berufskommission Plattenleger (Beschwerdeführerin) auf Rekurs der A. AG hin auf Fr. 2'000.- reduzierte.
B.
Am 22. September 2011 klagte die Zentrale Paritätische Berufskommission Plattenleger beim Kantonsgericht Zug gegen die A. AG auf Zahlung einer Konventionalstrafe von Fr. 2'000.- und von Verfahrenskosten.
Mit Entscheid vom 30. April 2012 hiess die Einzelrichterin am Kantonsgericht die Klage teilweise gut. Sie reduzierte die Konventionalstrafe jedoch um Fr. 400.-, da die A. AG nur in vier statt in fünf Punkten den GAV verletzt habe. Sie habe zwar den Lohn zweier Angestellter nicht erhöht, obwohl im Anhang Nr. 1 des GAV per 1. Oktober 2006 eine Erhöhung nicht lediglich der bisherigen Mindestlöhne, sondern der bisherigen effektiv bezahlten Löhne vorgesehen gewesen sei. Diese Klausel stelle jedoch eine unzulässige Effektivgarantieklausel dar. Da die Löhne der zwei Angestellten nach wie vor über den im GAV vorgesehenen (neuen) Mindestlöhnen lägen, sei der GAV in diesem Punkt nicht verletzt worden.
Diesen Entscheid bestätigte das Obergericht des Kantons Zug mit Urteil vom 21. März 2013. Es ging ebenfalls von einer unzulässigen Effektivgarantieklausel aus.
C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer Verfassungsbeschwerde beantragt die Zentrale Paritätische Berufskommission Plattenleger dem Bundesgericht die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und die Verurteilung der A. AG zur Zahlung einer Konventionalstrafe von Fr. 2'000.- und von Verfahrenskosten. Eventualiter sei die Sache zu neuer Beurteilung an das Obergericht zurückzuweisen.
Am 24. Juni 2014 führte das Bundesgericht eine öffentliche Urteilsberatung durch. Es tritt auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde nicht ein, heisst die Beschwerde in Zivilsachen teilweise gut und hebt das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 21. März 2013 auf. Die Sache wird zur Ergänzung des Sachverhalts und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
(Zusammenfassung)
BGE 140 III 391 S. 394 Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
(...)
1.3
Bei der zu beurteilenden Streitsache handelt es sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Da nicht eine arbeitsrechtliche Streitigkeit i.S. von
Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG
vorliegt (vgl. Urteil 4A_535/2009 vom 25. März 2010 E. 1.2.1), ist die Beschwerde in Zivilsachen zulässig, sofern der Streitwert mindestens Fr. 30'000.- beträgt (
Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG
). Der Streitwert bestimmt sich nach den Begehren, die vor der Vorinstanz strittig geblieben sind (
Art. 51 Abs. 1 lit. a BGG
;
BGE 137 III 47
E. 1). Vorliegend wird der von
Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG
geforderte Mindestbetrag offensichtlich nicht erreicht.
Erreicht der Streitwert den massgebenden Betrag nicht, ist die Beschwerde in Zivilsachen u.a. dennoch zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (
Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG
). Dies ist der Fall, wenn ein allgemeines und dringendes Interesse besteht, dass eine umstrittene Frage höchstrichterlich geklärt wird, um eine einheitliche Anwendung und Auslegung des Bundesrechts herbeizuführen und damit eine erhebliche Rechtsunsicherheit auszuräumen (
BGE 138 I 232
E. 2.3;
BGE 135 III 1
E. 1.3 S. 4,
BGE 135 III 397
E. 1.2;
BGE 133 III 645
E. 2.4 S. 648 f.).
1.3.1
Nach Ansicht der Beschwerdeführerin hat die Vorinstanz die in zahlreichen Gesamtarbeitsverträgen gleich formulierte Klausel, wonach Lohnerhöhungen auf den effektiven Löhnen zu gewähren seien, zu Unrecht als Effektiv
garantie
klausel qualifiziert. Es liege vielmehr eine zulässige begrenzte Effektivklausel vor. Die Vorinstanz habe selbst ausgeführt, dass die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu den Effektivklauseln unklar sei. Da potentiell eine grosse Anzahl von Arbeitsverhältnissen betroffen seien, liege eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, die durch das Bundesgericht zu klären sei.
1.3.2
Eine begrenzte Effektivklausel sieht vor, dass eine im GAV vorgesehene Lohnerhöhung auf den bisher effektiv bezahlten Löhnen zu gewähren ist. Im Umfang der Anhebung der Mindestlöhne soll der effektive Lohn angehoben werden (vgl. nur STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, Arbeitsvertrag, 7. Aufl. 2012, N. 7 zu
Art. 357 OR
). Die Vertragsparteien können den Arbeitsvertrag indessen wieder ändern und den Lohn bis auf den neuen Mindestlohn senken (PORTMANN/STÖCKLI, Schweizerisches Arbeitsrecht, 3. Aufl. 2013, N. 1128; GEISER/MÜLLER, Arbeitsrecht in der Schweiz, 2. Aufl. 2012, N. 811; VISCHER/
BGE 140 III 391 S. 395
ALBRECHT, Zürcher Kommentar, 4. Aufl. 2006, N. 38 zu
Art. 357 OR
). Im Gegensatz dazu will die Effektivgarantieklausel die Erhöhung der effektiven Löhne für die gesamte Dauer des GAV sichern, so dass die neu berechneten Löhne nicht mehr auf den neuen Mindestlohn gesenkt werden dürfen (STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, a.a.O., N. 7 zu
Art. 357 OR
; VISCHER/ALBRECHT, a.a.O., N. 40 zu
Art. 357 OR
; FRANK VISCHER, Der Arbeitsvertrag, SPR Bd. VII/4, 3. Aufl. 2005, S. 349).
1.3.3
Effektivgarantieklauseln sind nach der ganz herrschenden Lehre unzulässig (so PORTMANN/STÖCKLI, a.a.O., N. 1126; STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, a.a.O., N. 7 zu
Art. 357 OR
; GABRIEL AUBERT, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. I, 2. Aufl. 2012, N. 6 zu
Art. 357 OR
; GEISER/MÜLLER, a.a.O., N. 811; VISCHER/ALBRECHT, a.a.O., N. 41 zu
Art. 357 OR
; MANFRED REHBINDER, Schweizerisches Arbeitsrecht, 15. Aufl. 2002, N. 543; VISCHER, a.a.O., S. 349; MATTHÄUS JAN DEN OTTER, Das kollektive Arbeitsrecht im schweizerischen Bankwesen, 1986, S. 115; ROLF BÄNZIGER, Die Effektivklausel im Gesamtarbeitsvertrag, 1981, S. 36 ff., 124; OTTO ARREGGER, Die normativen Bestimmungen des Gesamtarbeitsvertrages und ihr Verhältnis zum Einzelarbeitsvertrag, 1974, S. 70 ff.; differenzierend JEAN-FRITZ STÖCKLI, Berner Kommentar, 1999, N. 50 zu
Art. 357 OR
).
Auch die begrenzten Effektivklauseln sind umstritten (für Zulässigkeit PORTMANN/STÖCKLI, a.a.O., N. 1127 f.; STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, a.a.O., N. 7 zu
Art. 357 OR
; AUBERT, a.a.O., N. 6 zu
Art. 357 OR
; GEISER/MÜLLER, a.a.O., N. 811; VISCHER, a.a.O., S. 348; DEN OTTER, a.a.O., S. 115 ff.; für Ungültigkeit REHBINDER, a.a.O., N. 543; BÄNZIGER, a.a.O., S. 124 ff.; ARREGGER, a.a.O., S. 77 ff.; anders als in der Vorauflage auch VISCHER/ALBRECHT, a.a.O., N. 38 zu
Art. 357 OR
; für dispositive Wirkung STÖCKLI, a.a.O., N. 49 zu
Art. 357 OR
).
Unklar ist gemäss der Lehre die Haltung des Bundesgerichts (vgl. VISCHER/ALBRECHT, a.a.O., N. 38 und 41 zu
Art. 357 OR
; vgl. auch STÖCKLI, a.a.O., N. 49 f. zu
Art. 357 OR
).
1.3.4
Tatsächlich hat sich das Bundesgericht bis anhin nicht ausdrücklich zur Zulässigkeit der Effektivklauseln geäussert. In
BGE 96 I 433
E. 5a S. 436, der in der Lehre hauptsächlich zitiert wird, hat das Bundesgericht einer Bestimmung eines GAV, wonach bei der Berechnung der Gehaltserhöhungen vom effektiven Lohn auszugehen sei, normative Wirkung zugestanden. Mit der Zulässigkeit einer solchen Klausel setzte es sich indessen nicht auseinander. In
BGE 101 Ia 463
E. 2 S. 466, der in der Lehre ebenfalls zitiert wird, führte das
BGE 140 III 391 S. 396
Bundesgericht aus, dass das Vorgehen des Arbeitgebers praktisch auf eine Gesetzesumgehung hinausliefe, wenn er den Grundlohn kürzen dürfte, bevor er die im GAV vorgesehene Lohnerhöhung gewähre. Aus diesem obiter dictum (so auch
BGE 104 II 204
E. 3b S. 207) lässt sich hinsichtlich der Zulässigkeit von Effektivklauseln nichts ableiten. Auch im Urteil P.655/1977 vom 11. Juli 1977 i.S.
Haefeli
wird in E. 2 lediglich beschreibend festgehalten, Vereinbarungen über die Erhöhung von effektiv ausbezahlten Löhnen wirkten normativ. Im jüngsten
BGE 104 II 204
wird ausdrücklich offengelassen, ob Effektivklauseln zulässig sind, dies unter Verweis auf eine Lehrmeinung, die sich sowohl gegen die Zulässigkeit der Effektivgarantieklausel als auch gegen die Zulässigkeit der begrenzten Effektivklausel ausgesprochen hat (E. 3c S. 207 mit Verweis auf ARREGGER, a.a.O., insb. S. 67 ff.).
1.3.5
Aus dem Gesagten ergibt sich, dass beide in Frage stehenden Effektivklauseln in der Lehre umstritten sind und die Rechtsprechung sich bis anhin nicht ausführlich mit deren Zulässigkeit befasst hat. Vor diesem Hintergrund ist ein Klärungsbedürfnis und damit das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu bejahen. Die Beschwerde in Zivilsachen erweist sich damit gestützt auf
Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG
als zulässig. Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist demnach nicht einzutreten (
Art. 113 BGG
).
2.
Die Beschwerdegegnerin bestreitet die Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin.
2.1
Nach
Art. 357b Abs. 1 OR
können die Vertragsparteien eines GAV vereinbaren, dass ihnen gemeinsam ein Anspruch auf Einhaltung des Vertrages gegenüber den beteiligten Arbeitgebern und Arbeitnehmern zusteht. Eine solche Vereinbarung ist möglich, soweit es sich um folgende Gegenstände handelt: Abschluss, Inhalt und Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wobei der Anspruch nur auf Feststellung geht (lit. a), Beiträge an Ausgleichskassen und andere das Arbeitsverhältnis betreffende Einrichtungen, Vertretung der Arbeitnehmer in den Betrieben und Wahrung des Arbeitsfriedens (lit. b) sowie Kontrolle, Kautionen und Konventionalstrafen in Bezug auf Bestimmungen gemäss lit. a und b (lit. c).
Ein GAV kann die Gründung von Vereinen vorsehen, denen die gemeinsame Durchführung nach
Art. 357b OR
übertragen wird (
BGE 134 III 541
E. 4 S. 544 ff.). Das Bundesgericht hat der Ansicht, diesfalls seien trotzdem die Vertragsparteien und nicht die als Verein
BGE 140 III 391 S. 397
organisierte paritätische Berufskommission aktivlegitimiert, bereits eine Absage erteilt (
BGE 134 III 541
E. 4 S. 544 ff.). Der Umfang der Aktivlegitimation richtet sich nach den der Beschwerdeführerin im GAV zugewiesenen Kompetenzen (
BGE 137 III 556
E. 4.5 S. 560). Es können somit in einem GAV die Grundlagen dafür geschaffen werden, dass eine paritätische Berufskommission in eigenem Namen den Anspruch auf eine Konventionalstrafe (auch) vor Gericht einfordern kann (soweit aus
BGE 137 III 556
E. 4.5 Satz 2 gefolgert werden wollte, diese Frage sei noch offen, trifft dies nicht zu; in diesem Sinn auch THOMAS KOLLER, Die arbeitsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahr 2011, ZBJV 149/2013 S. 726).
2.2
Der Beschwerdeführerin wurde in Art. 2.3 GAV die gemeinsame Durchführung nach
Art. 357b OR
übertragen. Nach Art. 3.1.4 GAV können die Regionale Paritätische Berufskommission und die Beschwerdeführerin Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die gesamtarbeitsvertragliche Verpflichtungen verletzen, mit einer Konventionalstrafe belegen, die innert Monatsfrist seit Zustellung des Entscheides zu überweisen ist. Ebenfalls auferlegt werden können ihnen nach Art. 3.1.5 GAV und Art. 3.1.6 GAV Kontroll- und Verfahrenskosten. Zu den Kompetenzen der Beschwerdeführerin gehören nach Art. 3.1.3 Ziff. 3 GAV die Fällung und der Einzug von Konventionalstrafen sowie die Überwälzung angefallener Kontroll- und Verfahrenskosten. Alle diese Bestimmungen wurden allgemeinverbindlich erklärt und sind auch sowohl in der ab 1. Januar 2010 gültigen Version des GAV (vgl. Bundesratsbeschluss vom 20. November 2009 über die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für das Plattenlegergewerbe der Gebiete Bern, Zentralschweiz, Zürich und Bezirk Baden des Kantons Aargau [BBl 2009 8473]) als auch in der ab 1. Oktober 2013 gültigen Version des GAV enthalten (vgl. Bundesratsbeschluss vom 22. August 2013 über die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für das Plattenlegergewerbe in den Kantonen Aargau, Bern, Glarus, Luzern, Nidwalden, Obwalden, Schwyz, Solothurn, Uri, Zug und Zürich [BBl 2013 7157]). Es stellt sich die Frage, ob der Einzug von Konventionalstrafen und die Überwälzung von Verfahrenskosten nach Art. 3.1.3 Ziff. 3 GAV auch gerichtliche Schritte umfasst.
2.3
Schuldrechtliche Bestimmungen, welche wie hier die Rechte und Pflichten der Tarifpartner unter sich regeln, sind gemäss den Grundsätzen über die Auslegung von Verträgen zu interpretieren (BGE 127
BGE 140 III 391 S. 398
III 318 E. 2a S. 322). Entscheidend ist demnach in erster Linie der übereinstimmende wirkliche Wille der Vertragsparteien und in zweiter Linie, falls ein solcher nicht festgestellt werden kann, die Auslegung der Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips (
BGE 138 III 659
E. 4.2.1 S. 666 mit Hinweisen). Dabei ist vom Wortlaut der Erklärungen auszugehen, welche jedoch nicht isoliert, sondern aus ihrem konkreten Sinngefüge heraus zu beurteilen sind (
BGE 138 III 659
E. 4.2.1 S. 666;
BGE 123 III 165
E. 3a S. 168). Demnach ist der vom Erklärenden verfolgte Regelungszweck, wie ihn der Erklärungsempfänger in guten Treuen verstehen durfte und musste, massgebend (
BGE 138 III 659
E. 4.2.1 S. 666;
BGE 132 III 24
E. 4 S. 28).
Die Vorinstanz hat keine Feststellungen zum tatsächlichen Willen der Vertragsparteien des GAV, die nicht Parteien des vorliegenden Verfahrens sind, getroffen. Da somit der tatsächliche übereinstimmende Wille der Vertragsparteien nicht festgestellt wurde, sind die Bestimmungen des GAV nach dem Vertrauensprinzip auszulegen. Die Beschwerdeführerin wurde sowohl mit der Fällung als auch mit dem Einzug von Konventionalstrafen betraut. Ein "Einzug" umfasst, sofern die Schuldnerin nicht bezahlt, auch die gerichtliche Geltendmachung der Konventionalstrafe. Auch eine "Überwälzung" von Verfahrenskosten darf in guten Treuen so verstanden werden, dass zu diesem Zweck gerichtliche Schritte möglich sind. Nach dem Wortlaut wurde die Beschwerdeführerin somit im GAV damit betraut, Gerichtsverfahren wie das vorliegende zu führen. Dieses Auslegungsergebnis wird bestätigt durch den Regelungszweck, wie er in guten Treuen verstanden werden muss. Die Parteien des GAV haben die Kompetenzen zum Einzug von Konventionalstrafen und zur Überwälzung der Verfahrenskosten der Beschwerdeführerin übertragen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie damit verbundene Gerichtsverfahren selbst führen wollten. Daraus ergibt sich insgesamt, dass die Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin zu bejahen ist.
2.4
Dem gerichtlichen Vorgehen der Beschwerdeführerin stehen im Übrigen auch deren Vereinsstatuten nicht entgegen. Soweit gerichtliche Schritte nicht ohnehin vom Vereinszweck (vgl. nicht publ. E. 1.2) gedeckt sind, gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts, dass die Aufgaben einer paritätischen Berufskommission auch die Erhebung gerichtlicher Klagen beinhalten und dass diese Kompetenz nicht ausdrücklich in den Statuten eingeräumt werden muss (
BGE 134 III 541
E. 5 S. 547).
BGE 140 III 391 S. 399
3.
Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz habe die im GAV enthaltene Klausel zu Unrecht als (unzulässige) Effektiv
garantie
klausel qualifiziert. Es liege vielmehr eine begrenzte Effektivklausel vor. Die Beschwerdegegnerin teilt diese Auffassung.
3.1
Der per 1. Oktober 2006 allgemeinverbindlich erklärte Anhang Nr. 1 des GAV sieht vor, die effektiven Löhne aller der Allgemeinverbindlicherklärung unterstellten Arbeitnehmer in den vorliegend massgebenden Kategorien würden generell um Fr. 100.- erhöht. Der Bundesratsbeschluss über die Allgemeinverbindlicherklärung dieser geänderten Bestimmung enthält eine Übergangsbestimmung, wonach Arbeitgeber, die ihren Arbeitnehmern seit dem 1. April 2006 eine allgemeine Lohnerhöhung gewährt hätten, diese an die Lohnerhöhung anrechnen können. Die Vorinstanz hat aus dieser Übergangsbestimmung auf das Vorliegen einer Effektivgarantieklausel geschlossen.
3.2
Für die Qualifikation der Klausel zentral ist die Unterscheidung zwischen Mindestlohn und übertariflichem Lohn. Als übertariflicher Lohn wird die Differenz zwischen dem effektiven Lohn und dem Mindestlohn bezeichnet. Gemeinsamer Zweck beider Effektivklauseln ist es, den Mindestlohn aller dem GAV unterstellten Arbeitnehmer zu erhöhen, ohne dabei den übertariflichen Lohn zu verändern. Wer bisher einzig Anspruch auf den Mindestlohn hatte, soll nach der Lohnerhöhung den neuen höheren Mindestlohn ausbezahlt erhalten. Wer hingegen einen übertariflichen Lohn mit seinem Arbeitgeber vereinbart hatte, soll den bisherigen Anteil des übertariflichen Lohns weiterhin zusätzlich zum neuen höheren Mindestlohn ausbezahlt erhalten.
Dieses Resultat können die Parteien des Einzelarbeitsvertrags bei Vorliegen einer
begrenzten
Effektivklausel jederzeit einvernehmlich korrigieren. Soll der Lohn insgesamt unverändert bleiben, so können sie somit im Umfang der Erhöhung des Mindestlohns den übertariflichen Lohn herabsetzen. Möglich ist auch eine entsprechende einseitige Abänderung durch den Arbeitgeber mittels einer Änderungskündigung. Demgegenüber verbietet die Effektiv
garantie
klausel den Parteien, den übertariflichen Lohn zu senken. Dieses Verbot erfasst nicht nur die Senkung im Umfang der Lohnerhöhung bei deren Inkrafttreten, sondern jegliche Senkung des (im Zeitpunkt des Inkrafttretens bestehenden) übertariflichen Lohns während der gesamten Dauer des GAV.
BGE 140 III 391 S. 400
3.3
Die Lohnautonomie im übertariflichen Bereich stellt eine grundlegende Basis des Arbeitsrechts dar (STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, a.a.O., N. 7 zu
Art. 357 OR
). Während ein Mindestlohn durch den GAV festgelegt werden kann, bleibt die allfällige Vereinbarung eines übertariflichen Lohns grundsätzlich den Parteien des Einzelarbeitsvertrags vorbehalten. Es ist daher vom Grundsatz auszugehen, dass diese einen vereinbarten übertariflichen Lohn auch jederzeit abändern können. Sollten die Tarifpartner ausnahmsweise von diesem Grundsatz abweichen wollen, so müsste dies im GAV vorgesehen werden. Für die Qualifikation von Effektivklauseln bedeutet dies Folgendes: Sowohl die begrenzte Effektivklausel als auch die Effektivgarantieklausel sehen eine Erhöhung der effektiven Löhne vor. Soll zusätzlich die Autonomie der Parteien des Einzelarbeitsvertrags durch ein Verbot eingeschränkt werden, den bestehenden übertariflichen Lohn während der Dauer des GAV zu senken, so muss dies aus der GAV-Klausel hervorgehen. Denn im Zweifel ist von der Geltung des Grundsatzes (Privatautonomie im übertariflichen Bereich) auszugehen und nicht von einer Ausnahme (Eingriff in diese Privatautonomie). Wird im GAV ein Verbot der Senkung des übertariflichen Lohns vorgesehen, liegt eine Effektivgarantieklausel vor. Lässt sich der GAV-Klausel kein solches Verbot entnehmen, gilt der Grundsatz der Privatautonomie, womit eine begrenzte Effektivklausel vorliegt.
3.4
Der geänderten Bestimmung des Anhangs Nr. 1 des GAV lässt sich nichts entnehmen, was auf eine Sicherung der Erhöhung der effektiven Löhne für die gesamte Dauer des GAV schliessen liesse. Es wird einzig festgehalten, dass die generelle Erhöhung um Fr. 100.- pro Monat auf den effektiven Löhnen zu leisten sei, mithin auch auf Löhnen, die aufgrund einer übertariflichen Lohnkomponente insgesamt bereits höher sind als der neue Mindestlohn. Auf diesen Löhnen wäre ohne eine solche Klausel eine Lohnerhöhung gar nicht erst geschuldet. Die Klausel bewirkt somit, dass die Parteien des Einzelarbeitsvertrags tätig werden müssen, wenn der bisherige Lohn beibehalten werden soll. Ein solches Tätigwerden in Form einer Senkung des übertariflichen Lohns anlässlich der Lohnerhöhung oder auch zu einem späteren Zeitpunkt schliesst die Bestimmung nicht aus.
Auch die vom Bundesrat vorgesehene Übergangsregelung macht die Klausel nicht zu einer Effektivgarantieklausel. Eine Herabsetzung übertariflicher Löhne, die vor dem 1. April 2006 vereinbart worden sind, wird dadurch in keiner Weise ausgeschlossen. Zudem ist diese Regelung nicht Teil der geänderten GAV-Bestimmungen im
BGE 140 III 391 S. 401
Anhang Nr. 1 und daher für die Frage der Qualifikation der GAV-Klausel ohnehin nicht relevant.
3.5
Bei der GAV-Klausel, wonach die effektiven Löhne generell um Fr. 100.- erhöht werden sollen, handelt es sich nach dem Gesagten nicht um eine Effektivgarantieklausel, sondern um eine begrenzte Effektivklausel.
4.
Nachdem die im geänderten Anhang Nr. 1 des GAV enthaltene Klausel als begrenzte Effektivklausel qualifiziert wurde, ist zu prüfen, ob eine solche zulässig ist.
4.1
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer GAV-Klausel ist, dass die Tarifpartner die Grenzen ihrer Regelungsbefugnis einhalten. Nicht zulässig sind demnach Bestimmungen in Bereichen, die der Privatautonomie der Parteien des Einzelarbeitsvertrags vorbehalten sind.
4.1.1
In der Lehre wird geltend gemacht, die begrenzte Effektivklausel greife unzulässig in die Privatautonomie ein (VISCHER/ALBRECHT, a.a.O., N. 38 i.V.m. N. 37 zu
Art. 357 OR
; REHBINDER, a.a.O., N. 543; ARREGGER, a.a.O., S. 77 f.; BÄNZIGER, a.a.O., S. 134). Mit der begrenzten Effektivklausel werde ein Anspruch auf Erhöhung des Effektivlohns eingeräumt, obwohl individualrechtlich kein solcher bestehe (BÄNZIGER, a.a.O., S. 128). Die Tarifpartner könnten aber nicht die Bezahlung über- oder aussertariflicher Löhne anordnen, ohne sie zum Tariflohn zu machen (BÄNZIGER, a.a.O., S. 126).
4.1.2
Durch den Gesamtarbeitsvertrag stellen Arbeitgeber oder deren Verbände und Arbeitnehmerverbände gemeinsam Bestimmungen über Abschluss, Inhalt und Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse der beteiligten Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf (
Art. 356 Abs. 1 OR
). Zum Inhalt, der durch die Tarifpartner geregelt werden darf, gehören auch bestimmte Lohnvorschriften. So ist unbestritten, dass in einem GAV Mindestlöhne oder 13. Monatslöhne vorgeschrieben werden können (vgl. nur STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, a.a.O., N. 8 zu
Art. 356 OR
; REHBINDER, a.a.O., N. 531). Auch diese Bestimmungen stellen einen Eingriff in die Privatautonomie dar. Solche Eingriffe sind jedoch nicht per se unzulässig. Die Regelungsbefugnis der Tarifpartner endet (erst) dort, wo übermässig in die Freiheit der Einzelvereinbarung im übertariflichen Bereich eingegriffen würde (PORTMANN/STÖCKLI, a.a.O., N. 1124; GEISER/MÜLLER, a.a.O., N. 811).
4.1.3
Die begrenzte Effektivklausel führt theoretisch nur zu einer Erhöhung des
Mindestlohns
und greift gerade nicht in den
BGE 140 III 391 S. 402
übertariflichen Lohn ein, da dieser unverändert bestehen bleibt. Es trifft aber zu, dass sich dadurch die Lohnsumme insgesamt erhöht und dass der Arbeitgeber möglicherweise nicht bereit gewesen wäre, diesen insgesamt höheren Lohn bzw. zum neuen höheren Mindestlohn zusätzlich übertariflichen Lohn in derselben Höhe auszuzahlen. Es ist daher von einem Eingriff in die Privatautonomie auszugehen. Die Regelungsbefugnis der Tarifpartner ist indessen nur zu verneinen, wenn dieser Eingriff als übermässig zu qualifizieren ist.
Vorab ist zu berücksichtigen, dass es den Parteien des Einzelarbeitsvertrags unbenommen bleibt, im Einvernehmen den übertariflichen Lohn jederzeit zu senken oder ganz zu streichen (so auch DEN OTTER, a.a.O., S. 115). Damit können sie die durch die begrenzte Effektivklausel angeordnete allgemeine Lohnerhöhung kompensieren. Stimmen Arbeitnehmer und Arbeitgeber darin überein, dass weiterhin der bisherige Lohn gelten soll, so beschränkt sich der Eingriff in die Privatautonomie somit darauf, dass die Parteien eine Vereinbarung über die Herabsetzung des übertariflichen Lohns treffen müssen. Weitergehende Auswirkungen hat die begrenzte Effektivklausel dann, wenn der Arbeitnehmer mit einer Herabsetzung des übertariflichen Lohns nicht einverstanden ist. Diesfalls ist der Arbeitgeber auf den Weg über die Änderungskündigung verwiesen.
Zu berücksichtigen ist weiter, dass die begrenzte Effektivklausel einen Eingriff von ähnlicher Intensität darstellt wie etwa die unbestrittenermassen zulässigen GAV-Bestimmungen, die Arbeitnehmer hätten Anspruch auf einen 13. Monatslohn oder auf bezahlte Ferientage. Die Anordnung der Zahlung eines 13. Monatslohns oder weiterer bezahlter Ferientage geht sogar noch weiter. Während die begrenzte Effektivklausel unabhängig vom effektiven Lohn allen Arbeitnehmern eine Lohnerhöhung um einen bestimmten Betrag gewährt, ordnen die Tarifpartner mit der Einräumung eines Anspruchs auf einen 13. Monatslohn nicht nur eine 13. Zahlung des betragsmässig bestimmten Mindestlohns an, sondern sogar auch eine 13. Zahlung des übertariflichen Lohns, den die Tarifpartner nicht kennen. Dasselbe gilt für Ferientage, die nicht nur mit dem Mindestlohn, sondern auch mit dem vereinbarten Anteil des übertariflichen Lohns abgegolten werden müssen. Nach dem Vergleich mit diesen (zulässigen) Regelungen erscheint auch die Anordnung einer allgemeinen Lohnerhöhung nicht als unzulässiger Eingriff in die Privatautonomie (so auch GEISER/MÜLLER, a.a.O., N. 811; implizit auch STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH,
BGE 140 III 391 S. 403
a.a.O., N. 7 zu
Art. 357 OR
). Die Tarifpartner sind somit grundsätzlich befugt, im GAV anzuordnen, die vereinbarte Lohnerhöhung sei auf den effektiven Löhnen zu leisten.
4.2
Kritisiert wird weiter, die begrenzte Effektivklausel verletze das Gleichbehandlungsgebot, weil individuelle Lohnunterschiede perpetuiert würden (VISCHER/ALBRECHT, a.a.O., N. 38 i.V.m. N. 37 zu
Art. 357 OR
; REHBINDER, a.a.O., N. 543; ARREGGER, a.a.O., S. 77; BÄNZIGER, a.a.O., S. 135). Eine Gleichbehandlung setzt indessen gleiche Umstände voraus (vgl. Urteil 4A_356/2011 vom 9. November 2011 E. 9.7). Solche gleichen Umstände liegen bei Arbeitnehmern, die einen einzelarbeitsvertraglichen Anspruch auf übertariflichen Lohn haben, und Arbeitnehmern, die keinen solchen Anspruch haben und einzig den Mindestlohn bezahlt erhalten, gerade nicht vor. Die begrenzte Effektivklausel führt nur dazu, dass Arbeitnehmer mit einem einzelvertraglichen Anspruch auf übertariflichen Lohn, die bereits vor der Änderung des GAV mehr verdienten als die anderen Arbeitnehmer, auch weiterhin Anspruch auf mehr Lohn haben als diese. Der Zweck der begrenzten Effektivklausel besteht somit darin, dass sämtliche Arbeitnehmer unabhängig von ihrem bisherigen Lohn in den Genuss der zwischen den Tarifpartnern ausgehandelten Lohnerhöhung kommen (vgl. E. 3.3). Dies verletzt das Gleichbehandlungsgebot nicht.
4.3
Aus dem Gesagten ergibt sich, dass keine Gründe dafür bestehen, eine von den Tarifpartnern vereinbarte begrenzte Effektivklausel für unzulässig zu erklären. | mixed |
fa6f4f8f-b797-4dfc-a3fc-85a20bb86175 | Sachverhalt
ab Seite 1
BGE 135 III 1 S. 1
A.
Am 25. Juli 2006 unterzeichnete A. (Beschwerdeführer 1) den Antrag für eine Privatkundenversicherung der X.
BGE 135 III 1 S. 2
Versicherungsgesellschaft AG (Beschwerdegegnerin). Darin wurde auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen Ausgabe 2005 (AGB 2005) als weitere Vertragsgrundlage verwiesen. In der Folge stellte die Beschwerdegegnerin die Police aus. Der Versicherungsvertrag dauert bis zum 1. Januar 2010; die Jahresprämie beläuft sich auf Fr. 410.10.
Die Laufzeit der Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung von B. (Beschwerdeführer 2) begann am 12. September 2002. In der Police wurden die allgemeinen Geschäftsbedingungen 1996 als Vertragsgrundlage genannt. Aufgrund einer Adressänderung unterzeichnete der Beschwerdeführer 2 einen neuen Versicherungsantrag der Beschwerdegegnerin, worin die AGB 2005 als Vertragsgrundlage bezeichnet waren. Gemäss der Police dauert der Versicherungsvertrag bis zum 1. Oktober 2011; die Jahresprämie beträgt Fr. 317.90.
Anfang November 2006 teilte die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführern mit, dass aufgrund einer Anordnung des Bundesamts für Privatversicherungen per 1. Januar 2007 deutlich höhere Haftungslimiten, angepasste Selbstbehalte und massvoll erhöhte Prämiensätze gelten würden.
Mit Schreiben vom 16. November 2006 bzw. 21. Dezember 2006 kündigten die Beschwerdeführer die Versicherungsverträge je per 31. Dezember 2006. Die Beschwerdegegnerin lehnte beide Kündigungen unter Hinweis auf Ziffer 4 der AGB 2005 ab. Diese Bestimmung lautet wie folgt:
"4. Änderung der Prämien, Selbstbehalte und Leistungsbegrenzungen
Die X. kann eine Anpassung der Prämien und der Selbstbehalte auch für bestehende Verträge ab folgendem Versicherungsjahr verlangen. Die neuen Vertragsbestimmungen werden dem Versicherungsnehmer spätestens 25 Tage vor Ablauf des Versicherungsjahres bekannt gegeben. Ist der Versicherungsnehmer mit der Anpassung nicht einverstanden, kann er den gesamten oder den von der Änderung betroffenen Teil auf Ende des laufenden Versicherungsjahres kündigen. Die Kündigung ist rechtzeitig erfolgt, wenn sie spätestens am letzten Tag des Versicherungsjahres schriftlich bei der X. eintrifft.
Schreibt eine Bundesbehörde bei einer gesetzlich geregelten Deckung (z.B. Elementarschäden) eine Änderung der Prämien, der Selbstbehalte, der Entschädigungsgrenzen oder des Deckungsumfanges vor, so kann die X. ab folgendem Versicherungsjahr eine entsprechende Anpassung des Vertrages vornehmen. In diesem Fall besteht kein Kündigungsrecht.
Erhält die X. bis zum Ende des laufenden Versicherungsjahres keine Kündigung, gilt dies als Zustimmung zu den Vertragsänderungen."
BGE 135 III 1 S. 3
B.
Nach erfolglosem Vermittlungsverfahren reichten die Beschwerdeführer Klage beim Kreisgerichtspräsidium St. Gallen ein. Sie beantragten, es sei festzustellen, dass die mit der Beschwerdegegnerin geschlossenen Hausrat- und Privathaftpflichtversicherungsverträge durch die Kündigung des Beschwerdeführers 1 vom 16. November 2006 bzw. des Beschwerdeführers 2 vom 21. Dezember 2006 je auf den 31. Dezember 2006 aufgehoben worden sind.
Mit Entscheid vom 15. April 2008 verneinte das Kreisgerichtspräsidium St. Gallen die objektive Ungewöhnlichkeit von Ziff. 4 Abs. 2 der AGB 2005 der Beschwerdegegnerin und wies die Klagen ab.
C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragen die Beschwerdeführer dem Bundesgericht, den Entscheid des Kreisgerichtspräsidiums St. Gallen vom 15. April 2008 aufzuheben. Sie stellen die gleichen Rechtsbegehren wie vor der Vorinstanz.
Die Beschwerdegegnerin beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventualiter sie abzuweisen. Die Vorinstanz beantragt die Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und hebt den angefochtenen Entscheid auf. Es stellt fest, dass die Hausrat- und Privathaftpflichtversicherungsverträge durch Kündigung aufgehoben worden sind. Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
1.1
Das Bundesgericht überprüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein Rechtsmittel zulässig ist (
BGE 134 III 115
E. 1 S. 117,
BGE 134 III 379
E. 1 S. 381).
1.2
Die Beschwerde in Zivilsachen ist gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen zulässig (
Art. 75 Abs. 1 BGG
). Dies setzt voraus, dass die vor Bundesgericht erhobenen Rügen mit keinem kantonalen Rechtsmittel hätten geltend gemacht werden können. Gemäss
Art. 225 Abs. 1 ZPO
/SG ist die Berufung an das Kantonsgericht ausgeschlossen, wenn der Streitwert - wie im vorliegenden Fall - weniger als Fr. 8'000.- beträgt. In diesen Fällen kann nach
Art. 254 Abs. 1 ZPO
/SG Rechtsverweigerungsbeschwerde beim Kantonsgericht erhoben werden. Da die Beschwerdeführer jedoch nicht rügen, die Kreisgerichtspräsidentin habe in Ausübung der Befugnisse willkürlich gehandelt (
Art. 254 Abs. 1 lit. c ZPO
/SG) und auch keinen
BGE 135 III 1 S. 4
anderen in
Art. 254 Abs. 1 ZPO
/SG aufgeführten Grund geltend machen, erweist sich der angefochtene Entscheid als letztinstanzlich.
Gemäss
Art. 75 Abs. 2 BGG
haben die Kantone grundsätzlich zwei Instanzen vorzusehen, denen mindestens die gleiche Kognition wie dem Bundesgericht zukommen muss (Art. 75 Abs. 1 in Verbindung mit
Art. 111 Abs. 3 BGG
). Zur notwendigen Anpassung steht den Kantonen eine Übergangsfrist zu, die noch nicht abgelaufen ist (
Art. 130 Abs. 2 BGG
). Demnach ist für die Annahme der Letztinstanzlichkeit unerheblich, dass es sich beim Kreisgerichtspräsidium nicht um ein oberes Gericht im Sinne von
Art. 75 Abs. 2 BGG
handelt.
1.3
In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich nur gegeben, wenn der Streitwert mindestens Fr. 30'000.- beträgt (
Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG
). Erreicht der Streitwert den massgebenden Betrag nicht, ist sie dennoch zulässig, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (
Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG
). Dieser Begriff ist restriktiv auszulegen. Soweit es bei der aufgeworfenen Frage lediglich um die Anwendung von Grundsätzen der Rechtsprechung auf einen konkreten Fall geht, handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (
BGE 134 III 115
E. 1.2 S. 117;
BGE 133 III 493
E. 1.1 und 1.2 S. 495 f.). Die Voraussetzung von
Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG
ist hingegen erfüllt, wenn ein allgemeines Interesse besteht, dass eine umstrittene Frage höchstrichterlich geklärt wird, um eine einheitliche Anwendung und Auslegung des Bundesrechts herbeizuführen und damit Rechtssicherheit herzustellen (
BGE 133 III 645
E. 2.4 S. 648 f.). Eine neue Rechtsfrage kann vom Bundesgericht sodann beurteilt werden, wenn dessen Entscheid für die Praxis wegleitend sein kann, namentlich wenn von unteren Instanzen viele gleichartige Fälle zu beurteilen sein werden (vgl. Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4309). Auch eine vom Bundesgericht bereits entschiedene Rechtsfrage kann unter der Voraussetzung von grundsätzlicher Bedeutung sein, dass sich die erneute Überprüfung aufdrängt. Dies kann zutreffen, wenn die Rechtsprechung nicht einheitlich oder in der massgebenden Lehre auf erhebliche Kritik gestossen ist (
BGE 134 III 354
E. 1.5 S. 357 f. mit Bezug auf die Bestimmung der Kündigungsfrist gemäss
Art. 336c Abs. 2 OR
) oder wenn in der Zwischenzeit neue Gesetzesbestimmungen in Kraft
BGE 135 III 1 S. 5
getreten sind (
BGE 134 III 115
E. 1.2 S. 117). Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, ist in der Beschwerdeschrift auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (
Art. 42 Abs. 2 BGG
).
1.3.1
Die Beschwerdeführer bilden eine einfache Streitgenossenschaft. Da sich ihre geltend gemachten Begehren nicht gegenseitig ausschliessen, werden sie zur Bestimmung des Streitwerts zusammengerechnet (
Art. 52 BGG
). Im vorliegenden Fall ist der Streitwert von Fr. 30'000.- dennoch nicht erreicht. Die Beschwerdeführer bringen vor, es stelle sich die Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob es der Grundsatz "pacta sunt servanda" zulasse, dass der Versicherer das Risiko einer Vertragsänderung einseitig auf den Versicherungsnehmer abwälzen könne, ohne diesem ein Korrektiv in Form des Kündigungsrechts einzuräumen. Zur Begründung führen die Beschwerdeführer aus, die Rechtslage im Zusammenhang mit Versicherungsverträgen sei seit längerer Zeit im Umbruch und von grosser Unsicherheit geprägt. Die Aufsichtsbehörde habe früher eine Prämienanpassungsregel ohne Kündigungsrecht nicht genehmigt. Im deregulierten Markt bestehe keine Genehmigungspflicht mehr. Art. 38 des Vorentwurfs vom 31. Juli 2006 zum Versicherungsvertragsgesetz (VE-VVG) wiederum sehe eine Prämienanpassungsklausel mit Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers vor und zwar unabhängig davon, ob die einseitige Vertragsanpassung durch den Versicherer behördlich motiviert oder nach Gutdünken erfolge. Aufgrund der Übergangsbestimmungen des VE-VVG wären diese Klauseln unter Umständen während einiger Zeit bis zum Ablauf der langjährigen Versicherungsverträge nach Inkrafttreten des VVG gültig. Neben der Beschwerdegegnerin hätten in der Zwischenzeit auch andere Versicherer das Kündigungsrecht für den Fall der behördlich motivierten einseitigen Vertragsanpassung ausgeschlossen. Die Auffassung der Vorinstanz, wonach eine behördlich motivierte Vertragsanpassung kein Fall einer einseitigen Vertragsanpassung sei und somit kein ausserordentliches Kündigungsrecht zur Folge habe, führe zu einer uneinheitlichen Anwendung von Bundesrecht. Schliesslich sei die Frage für eine Vielzahl von Personen relevant, weil die Kündigung etlichen Versicherungsnehmern verweigert werde. Mit diesen Ausführungen zeigen die Beschwerdeführer auf, weshalb ihres Erachtens eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, und kommen - entgegen der Ansicht
BGE 135 III 1 S. 6
der Beschwerdegegnerin - der Begründungspflicht von
Art. 42 Abs. 2 BGG
nach.
1.3.2
Gemäss Art. 175 und Art. 176 Abs. 2 der Verordnung vom 9. November 2005 über die Beaufsichtigung von privaten Versicherungsunternehmen (Aufsichtsverordnung, AVO; SR 961.011) gelten seit dem 1. Januar 2007 höhere Deckungslimiten sowie geänderte Selbstbehalte in der Elementarschadenversicherung. Weder das Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz, VAG; SR 961.01) noch das Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG; SR 221.229.1) enthalten Bestimmungen hinsichtlich des Kündigungsrechts der Versicherungsnehmer im Zusammenhang mit diesen Anpassungen. Das Bundesgericht hat die Frage noch nie entschieden, ob dem Versicherungsnehmer ein Kündigungsrecht zusteht, wenn eine Bundesbehörde eine Änderung der Prämien, der Selbstbehalte, der Entschädigungsgrenzen oder des Deckungsumfangs bei einer gesetzlich geregelten Deckung vorschreibt und das Versicherungsunternehmen in der Folge den Versicherungsvertrag anpasst. Der Entscheid über diese Frage kann für die Praxis wegleitend sein. Die umstrittene Klausel ist in den AGB 2005 der Beschwerdegegnerin enthalten, die für zahlreiche Versicherungsverträge angewendet werden. Somit ist eine Vielzahl von Personen von Ziff. 4 Abs. 2 AGB 2005 potentiell betroffen und die von den Beschwerdeführern aufgeworfene Frage kann sich immer wieder stellen. Ob bzw. wie vielen weiteren Versicherungsnehmern das Kündigungsrecht bereits verweigert worden ist oder verweigert wird, spielt dabei keine Rolle. Zusammengefasst besteht ein Bedürfnis, dass diese Frage höchstrichterlich geklärt wird. Entgegen den Ausführungen der Beschwerdegegnerin ist von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auszugehen. Da auch die übrigen Eintretensvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die form- sowie fristgerecht eingereichte Beschwerde in Zivilsachen einzutreten.
2.
AGB-Klauseln sind, wenn sie in Verträge übernommen werden, grundsätzlich nach denselben Prinzipien auszulegen wie andere vertragliche Bestimmungen (
BGE 133 III 607
E. 2.2 S. 610,
BGE 133 III 675
E. 3.3 S. 681). Art. 4 Abs. 2 der in die Verträge der Parteien integrierten AGB 2005 der Beschwerdegegnerin schliesst das Kündigungsrecht der Beschwerdeführer für den Fall ausdrücklich aus, dass eine Bundesbehörde bei einer gesetzlich geregelten Deckung eine Änderung
BGE 135 III 1 S. 7
der Prämien, der Selbstbehalte, der Entschädigungsgrenzen oder des Deckungsumfangs vorschreibt und die Beschwerdegegnerin in der Folge eine entsprechende Vertragsanpassung vornimmt. Die umstrittenen Vertragsänderungen sind auf die Änderungen der AVO und auf die im Hinblick darauf ergangene Verfügung des Bundesamts für Privatversicherungen vom 2. November 2006 (BBl 2006 9299) zurückzuführen. Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, dass Art. 4 Abs. 2 AGB 2005 die Kündigung für den vorliegenden Fall ausschliesst. Sie berufen sich jedoch auf die so genannte Ungewöhnlichkeitsregel und bestreiten, dass Art. 4 Abs. 2 AGB 2005 gültig in ihre Verträge übernommen worden sei.
2.1
Die Geltung vorformulierter allgemeiner Geschäftsbedingungen wird durch die Ungewöhnlichkeitsregel eingeschränkt. Danach sind von der global erklärten Zustimmung zu allgemeinen Vertragsbedingungen alle ungewöhnlichen Klauseln ausgenommen, auf deren Vorhandensein die schwächere oder weniger geschäftserfahrene Partei nicht gesondert aufmerksam gemacht worden ist (
BGE 119 II 443
E. 1a S. 446). Der Verfasser von allgemeinen Geschäftsbedingungen muss nach dem Vertrauensgrundsatz davon ausgehen, dass ein unerfahrener Vertragspartner ungewöhnlichen Klauseln nicht zustimmt. Die Ungewöhnlichkeit beurteilt sich aus der Sicht des Zustimmenden im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Die Beurteilung erfolgt bezogen auf den Einzelfall. Die fragliche Klausel muss zu einer wesentlichen Änderung des Vertragscharakters führen oder in erheblichem Masse aus dem gesetzlichen Rahmen des Vertragstypus fallen (
BGE 119 II 443
E. 1a S. 446 mit Hinweisen). Je stärker eine Klausel die Rechtsstellung des Vertragspartners beeinträchtigt, desto eher ist sie als ungewöhnlich zu qualifizieren (
BGE 119 II 443
E. 1a S. 446 mit Hinweis).
Als ungewöhnlich erachtete das Bundesgericht etwa eine im Rahmen vorformulierter allgemeiner Versicherungsbedingungen enthaltene Klausel, welche die Versicherungsdeckung für die Haftung gegenüber Temporärangestellten nur für leichtes, nicht jedoch für schweres Verschulden der Versicherungsnehmerin ausschloss (Urteil 4A_187/2007 vom 9. Mai 2008 E. 5.4). Sodann wurde der Ausschluss des Versicherungsschutzes einer Vollkaskoversicherung für den Fall einer einfachen Verkehrsregelverletzung als ungewöhnlich qualifiziert (
BGE 119 II 443
E. 1b S. 446 f.) sowie eine Klausel, welche die Bank zur Auszahlung des Sparheftguthabens ohne Prüfung der Identität des Inhabers ermächtigte (
BGE 116 II 459
E. 2a
BGE 135 III 1 S. 8
S. 461 f.). Hingegen beurteilte das Bundesgericht eine Bestimmung nicht als ungewöhnlich, wonach der Kunde das Risiko des Verlusts oder Diebstahls von Eurochecks zu tragen hat (
BGE 122 III 373
E. 3a S. 378 f.), sowie eine Klausel, die einen Deckungsausschluss für Krankheiten und Unfälle im Zusammenhang mit Medikamentenmissbrauch und Suizidversuch vorsah (Urteil 5C.134/2004 vom 1. Oktober 2004 E. 4).
2.2
In der Lehre wird seit geraumer Zeit überwiegend gefordert, dass global in den Vertrag integrierte vorformulierte allgemeine Geschäftsbedingungen inhaltlich überprüft werden und ihnen die Geltung versagt werde, wenn sie zu Lasten der anderen Vertragspartei unangemessen bzw. geschäftsfremd sind, weil sie die Risiken und Lasten unbillig verteilen. Die Lehre sieht in der Rechtsprechung des Bundesgerichts zur AGB-Problematik eine verdeckte Inhaltskontrolle, die unter dem Deckmantel der Ungewöhnlichkeitsregel vorgenommen werde (THOMAS KOLLER, Einmal mehr: das Bundesgericht und seine verdeckte AGB-Inhaltskontrolle, AJP 2008 S. 943 ff.; INGEBORG SCHWENZER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 4. Aufl. 2006, Rz. 45.12 f. und 46.07; EUGEN BUCHER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, 4. Aufl. 2007, N. 63 f. zu
Art. 1 OR
; GUHL/KOLLER/SCHNYDER/DRUEY, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl. 2000, § 13 Rz. 53 f.; ERNST A. KRAMER, Berner Kommentar, 3. Aufl. 1991, N. 291 ff. zu
Art. 19-20 OR
und 3. Aufl. 1986, N. 208 zu
Art. 1 OR
; GAUCH/SCHLUEP/SCHMID, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Bd. I, 9. Aufl. 2008, Rz. 1148 ff.; CLAIRE HUGUENIN, Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 3. Aufl. 2008, Rz. 431; STEPHAN FUHRER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag, 2001, N. 229 ff. zu
Art. 33 VVG
; ALEXANDER BRUNNER, Die Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen in der aktuellen schweizerischen Lehre und Praxis, ZSR 118/1999 I S. 328 ff.; HELMUT HEISS, Der Vorentwurf einer "Gesamtrevision des BG über den Versicherungsvertrag [VVG]" im Lichte der europäischen Entwicklungen, HAVE 2007 S. 243, je mit zahlreichen Hinweisen; vgl. auch CLAIRE HUGUENIN, Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Schweiz im Lichte der neuen EU-Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, recht 13/1995 S. 87 f.; PETER GAUCH, Die Vertragshaftung der Banken und ihre AVB, recht 24/2006 S. 83 f.; ROLF H. WEBER, Allgemeine Geschäftsbedingungen der Banken - zum Problem einer Grenzziehung, Schweizerische Aktiengesellschaft 1984 S. 152
BGE 135 III 1 S. 9
und 155 ff. mit weiteren Hinweisen in Fn. 62; CARL BAUDENBACHER, Braucht die Schweiz ein AGB-Gesetz?, ZBJV 123/1987 S. 512 ff.).
Im VE-VVG wird vorgeschlagen, die AGB-Problematik mit einem neuen
Art. 20a Abs. 1 OR
zu regeln. Danach sollen Bestimmungen in vorformulierten allgemeinen Vertragsbedingungen missbräuchlich und unwirksam sein, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligen. Gemäss Absatz 2 ist eine unangemessene Benachteiligung namentlich dann anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundsätzen der gesetzlichen Regelung, von der zu Lasten des Vertragspartners abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Durch die Regelung im OR würde eine Inhaltskontrolle nicht nur allgemeine Versicherungsbedingungen, sondern auch andere allgemeine Geschäftsbedingungen betreffen (vgl. Eidgenössisches Finanzdepartement, Erläuternder Bericht zum Vorentwurf der Gesamtrevision des Bundesgesetzes über den Versicherungsvertrag [VVG] 2006, S. 94 f., abrufbar unter
http://www.efd.admin.ch/dokumentation/zahlen/00578/01068/index.html?lang=de&print_style=yes
).
2.3
Aus den Feststellungen der Vorinstanz ergibt sich nicht, dass die Beschwerdegegnerin die Beschwerdeführer ausdrücklich auf Art. 4 Abs. 2 AGB 2005 hingewiesen hätte. Die Beschwerdegegnerin behauptet zwar, es sei hinreichend und deutlich auf "die Bestimmungen" der AGB hingewiesen worden. Soweit sie damit geltend machen sollte, sie habe die Beschwerdeführer besonders auf Art. 4 Abs. 2 ihrer AGB 2005 hingewiesen, erhebt sie keine hinreichend begründete Sachverhaltsrüge (Art. 97 Abs. 1 in Verbindung mit
Art. 42 Abs. 2 BGG
). Es ist daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer bei Abschluss der umstrittenen Verträge nicht ausdrücklich und deutlich auf Art. 4 Abs. 2 AGB 2005 aufmerksam gemacht worden sind. Folglich ist zu prüfen, ob der in den AGB 2005 der Beschwerdegegnerin vorgesehene Ausschluss der Kündigung bei Vertragsänderungen aufgrund behördlicher Anordnung als ungewöhnlich zu qualifizieren ist, so dass die Beschwerdegegnerin nicht in guten Treuen annehmen durfte, die Beschwerdeführer hätten der Klausel mit der Globalübernahme der AGB 2005 zugestimmt.
2.4
Verträge aus gültig zustande gekommenen Verträgen sind so zu erfüllen, wie sie vereinbart worden sind ("pacta sunt servanda"), soweit die Parteien nicht einvernehmlich eine neue Vertragsregelung treffen. Zwar ist nach der so genannten "clausula rebus sic
BGE 135 III 1 S. 10
stantibus" eine richterliche Anpassung auch gegen den Willen einer Partei möglich, wenn sich die Umstände nach Vertragsabschluss so grundlegend ändern, dass eine gravierende Äquivalenzstörung eintritt (vgl.
BGE 127 III 300
E. 5b S. 304 f. mit Hinweisen). Eine Anpassung der vertraglich bestimmten Leistungen ist gesetzlich etwa für den Werkvertrag bei unvorhersehbaren ausserordentlichen Umständen vorgesehen (
Art. 373 Abs. 2 OR
). Aus wichtigen Gründen wird den Parteien beim Arbeitsvertrag (
Art. 337 Abs. 1 OR
) und beim Mietvertrag (
Art. 266g Abs. 1 OR
) sodann von Gesetzes wegen ein ausserordentliches Kündigungsrecht eingeräumt. Für Dauerverträge hat die Rechtsprechung zudem regelmässig ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund angenommen (
BGE 128 III 428
E. 3 S. 429 mit Hinweis). Voraussetzung für eine richterliche Vertragsanpassung nach der "clausula rebus sic stantibus" ist, dass die Verhältnisänderung beim Abschluss des Vertrags weder voraussehbar noch vermeidbar war (
BGE 127 III 300
E. 5b S. 304 f. mit Hinweisen).
2.5
Rechnen die Parteien bei Vertragsabschluss mit künftigen Ereignissen, können sie für diesen Fall eine Anpassung vertraglich vorsehen. Dadurch wird der einen Partei das (Gestaltungs-)Recht eingeräumt, vom Prinzip der Vertragstreue abzuweichen und einseitig die Vertragsbestimmungen zu ändern. Damit Anpassungsklauseln aber überhaupt gültig sind, müssen regelmässig sowohl das erwartete Ereignis als auch der Umfang der Anpassung vertraglich bestimmt werden; denn ein Vertrag kommt nur zustande, wenn Leistungsinhalt sowie -umfang mindestens bestimmbar sind und so auch erfüllt werden können (
BGE 84 II 266
E. 2 S. 272; vgl. KRAMER, a.a.O., Allgemeine Einleitung, N. 74 f.; BUCHER, a.a.O., N. 22 ff. zu
Art. 1 OR
; VON TUHR/PETER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Bd. I, 3. Aufl. 1979, S. 51 f.; GAUCH/SCHLUEP/SCHMID, a.a.O., Rz. 344 ff.; ALFRED KOLLER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Bd. I, 2006, S. 101 ff.; HANS MERZ, Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. VI/1, 1984, S. 119 f.; vgl. auch
BGE 118 II 32
E. 3a S. 33 zur Bestimmtheit des Vorvertrags sowie KRAMER, a.a.O., N. 87 f. zu
Art. 22 OR
und BUCHER, a.a.O., N. 33 zu
Art. 22 OR
). Ein undefiniertes Gestaltungsrecht zur einseitigen Abänderung vertraglicher Leistungspflichten widerspräche der Natur und dem Zweck des Vertrags, mit dem Rechte und Pflichten jeder Vertragspartei gerade definiert werden sollen.
BGE 135 III 1 S. 11
2.6
Nicht jede zulässige - inhaltlich bestimmte oder bestimmbare - Anpassungsklausel ist üblich im Sinne der Ungewöhnlichkeitsregel. In gewissen Branchen dürfte es zwar durchaus üblich sein, bei bestimmten Verträgen eine Anpassung vereinbarter Preise an die Teuerung nach einem bestimmten Index vorzusehen. Ist ein künftiges Ereignis jedoch zu wenig definiert oder nicht hinreichend bestimmt, räumen sich die Parteien regelmässig ein Kündigungsrecht ein. So kann der Vermieter bzw. der Krankenversicherer nach
Art. 269d OR
bzw.
Art. 7 Abs. 2 KVG
den Vertrag einseitig anpassen, wobei dem Mieter bzw. dem Krankenversicherten - unabhängig vom Ausmass der Änderung - das Kündigungsrecht zusteht (vgl. auch
BGE 132 III 24
E. 3.2 S. 27, wonach der Umstand, dass einseitige Vertragsänderungen im laufenden Mietverhältnis in Abweichung vom Grundsatz "pacta sunt servanda" zulässig sind, nach besonderen Schutzvorschriften des Mieters ruft). Bei Dauerverträgen entspricht es der allgemeinen Erwartungshaltung, dass eine Anpassungsklausel mit einem Kündigungsrecht verbunden ist, wenn sie auf einem nicht hinreichend bestimmten Ereignis beruht.
3.
Die Beschwerdegegnerin behält sich in Ziff. 4 Abs. 1 ihrer AGB 2005 das Recht vor, die Prämien und Selbstbehalte zu ändern, räumt dem Versicherten jedoch das Kündigungsrecht ein, sollte er mit der Änderung nicht einverstanden sein. Beruht die Vertragsänderung aber auf einer behördlichen Anordnung bei einer gesetzlich geregelten Deckung, wird das Kündigungsrecht des Versicherten ausgeschlossen (Ziff. 4 Abs. 2 AGB 2005).
3.1
Die Vorinstanz verneinte die objektive Ungewöhnlichkeit von Ziff. 4 Abs. 2 AGB 2005. Sie erwog, dass zwingende behördliche Anordnungen über den vertraglichen Vereinbarungen stünden und in gleichem Masse für alle Beteiligten gelten würden, die Partei eines von der behördlichen Regelung betroffenen Versicherungsvertrags seien. Es ergebe sich keine Schlechterstellung aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführer keine zusätzliche ausserordentliche Kündigungsmöglichkeit hätten; eine solche sei in Fällen behördlicher Anordnung einerseits nicht zu erwarten und anderseits sei den Beschwerdeführern bei Vertragsabschluss durchaus bewusst gewesen, welche Bindung sie eingingen. Als sich die Beschwerdeführer entschlossen hätten, den Versicherungsvertrag mit der Beschwerdegegnerin abzuschliessen, hätten sie damit rechnen müssen, dass während der Vertragsdauer ein anderer Versicherer ein für sie attraktiveres Angebot machen könnte oder sich die gesetzlichen
BGE 135 III 1 S. 12
Bedingungen ändern würden, sie aber trotzdem an ihren bestehenden Vertrag gebunden blieben. Ziff. 4 Abs. 2 AGB 2005 verändere demnach weder wesentlich die Vertragsnatur noch falle sie in erheblichem Masse aus dem gesetzlichen Rahmen des Vertragstypus. Die Ausgestaltung der Vertragsanpassung sei das Resultat hoheitlicher Interessenabwägungen, die sich auf sämtliche Versicherungsverträge in gleicher Weise auswirke und entspringe nicht der Willkür des Versicherers.
3.2
Das VVG enthält keine Bestimmung zur einseitigen Vertragsanpassung. Eine solche Norm wurde auch im Rahmen der Totalrevision des VAG und der Teilrevision des VVG nicht aufgenommen, so dass sich der Inhalt und die Tragweite des Rechts des Versicherers auf einseitige Änderung laufender Verträge nach den allgemeinen Grundsätzen des subsidiär anwendbaren OR zu richten haben (vgl. Botschaft vom 9. Mai 2003 zu einem Gesetz betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen [Versicherungsaufsichtsgesetz, VAG] und zur Änderung des Bundesgesetzes über den Versicherungsvertrag, BBl 2003 3806 f.;
Art. 100 Abs. 1 VVG
). Art. 38 Abs. 1 VE-VVG sieht nun vor, dass eine einseitige Prämienanpassungsklausel in den AGB nur gültig vereinbart werden kann für den Fall, dass sich die für die Prämienberechnung massgeblichen Verhältnisse nach Vertragsabschluss in einer Weise ändern, welche die vorgesehene Erhöhung rechtfertigt. Absatz 3 derselben Bestimmung räumt dem Versicherungsnehmer das Recht ein, den Vertrag oder den von der Prämienerhöhung betroffenen Teil zu kündigen. Weder Art. 38 VE-VVG noch dem Erläuternden Bericht lässt sich entnehmen, ob auch solche Prämienerhöhungen bzw. Änderungen der Vertragsgrundlagen erfasst sind, die ihren Ursprung in einer behördlichen Anordnung haben. Als allgemeine Versicherungsbedingungen der präventiven Kontrolle durch das Bundesamt für Privatversicherungen unterstanden, wurden Prämienanpassungsklauseln, die kein Kündigungsrecht vorsahen, nicht genehmigt (vgl. STEPHAN FUHRER, Aufpassen beim Anpassen - Möglichkeiten und Grenzen der einseitigen Änderung von Versicherungsverträgen, in: Aktuelle Aspekte des Schuld- und Sachenrechts, Festschrift für Heinz Rey, 2003, S. 414).
3.3
Die Beschwerdegegnerin sieht in Ziff. 4 Abs. 2 ihrer AGB 2005 nicht nur vor, dass sie den Versicherungsvertrag anpassen kann, sondern schliesst zugleich das Kündigungsrecht der Beschwerdeführer aus. Für die Beurteilung, ob der Ausschluss des
BGE 135 III 1 S. 13
Kündigungsrechts erwartet wird, ist unerheblich, ob die Vertragsänderung auf einer behördlichen Anordnung beruht und von der Beschwerdegegnerin nachvollzogen oder von Letzterer selbst veranlasst wird. In beiden Fällen ist zur Zeit des Vertragsabschlusses unklar, wann, wie oft und in welchem Ausmass sich die Prämie bzw. die Vertragsgrundlagen ändern. Die Änderung der Vertragsgrundlagen kann sodann nicht auf eine allgemein bekannte Entwicklung zurückgeführt werden, die mit einer gewissen Regelmässigkeit eintritt. Es kommt auch nicht darauf an, ob die konkrete Änderung massvoll ausfällt und für sich betrachtet zumutbar ist. Dass die Beschwerdegegnerin für den in Ziff. 4 Abs. 2 AGB 2005 vorgesehenen Fall der Vertragsanpassung das Kündigungsrecht des Versicherungsnehmers ausschliesst, widerspricht der allgemeinen Erwartungshaltung der Beschwerdeführer und ist ungewöhnlich im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz mussten die Beschwerdeführer bei Vertragsabschluss nicht damit rechnen, dass sich die Vertragsgrundlagen während der vereinbarten Vertragsdauer ändern würden, ohne dass ihnen dann die Kündigung offenstünde.
3.4
Das Argument der Beschwerdegegnerin ist nicht stichhaltig, dass die behördliche Anordnung alle Versicherungsunternehmen gleichermassen betroffen habe. Die Elementarschadenversicherung für den Hausrat ist in den Wohnsitzkantonen der Beschwerdeführer nicht obligatorisch, und die Beschwerdeführer könnten angesichts der vorliegenden Anpassung einen Verzicht auf die Versicherung bevorzugen, so dass sie insofern - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - schlechter gestellt sind, wenn ihnen kein Kündigungsrecht zusteht. Aus demselben Grund ist das Argument der Beschwerdegegnerin unbehelflich, es läge keine Gleichgewichtsverschiebung vor, da mit der Anpassung der Prämie und des Selbstbehalts eine Erhöhung der Höchsthaftungslimite verbunden sei.
3.5
Die Vorinstanz hat Ziff. 4 Abs. 2 der AGB 2005 der Beschwerdegegnerin zu Unrecht nicht als ungewöhnlich qualifiziert. Die Beschwerdeführer müssen sich die Klausel somit nicht entgegenhalten lassen und konnten das Kündigungsrecht ausüben. Infolge der Ungewöhnlichkeit der Klausel stellt sich die Frage nicht, ob die bisherige Praxis zur Geltung global übernommener, ungewöhnlicher Klauseln auf eine von der herrschenden Lehre geforderte richterliche Inhaltskontrolle ausgedehnt werden soll. Ob es inhaltlich
BGE 135 III 1 S. 14
gerechtfertigt ist, das Kündigungsrecht für den Fall einer behördlichen Anordnung auszuschliessen, ist demnach nicht zu prüfen.
Dass die Beschwerdeführer die Versicherungsverträge mit der Beschwerdegegnerin nicht rechtzeitig gekündigt hätten, bringt die Beschwerdegegnerin nicht substanziiert vor. | mixed |
25ef4d6e-30e9-445f-ae27-dd3f5f76ee5d | Erwägungen
ab Seite 311
BGE 114 V 310 S. 311
Aus den Erwägungen:
1.
a) Wird der Versicherte infolge eines Unfalles invalid, so hat er Anspruch auf eine Invalidenrente (
Art. 18 Abs. 1 UVG
). Als invalid gilt, wer voraussichtlich bleibend oder für längere Zeit in seiner Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt ist. Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Erwerbseinkommen, das der Versicherte nach Eintritt der unfallbedingten Invalidität und nach Durchführung allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihm zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das er erzielen könnte, wenn er nicht invalid geworden wäre (
Art. 18 Abs. 2 UVG
). Der Bundesrat kann ergänzende Vorschriften über die Bestimmung des Invaliditätsgrades erlassen (
Art. 18 Abs. 3 UVG
).
b) Nimmt ein Versicherter nach dem Unfall die Erwerbstätigkeit altershalber nicht mehr auf oder wirkt sich das vorgerückte Alter erheblich als Ursache der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit aus, so sind für die Bestimmung des Invaliditätsgrades die
BGE 114 V 310 S. 312
Erwerbseinkommen massgebend, die ein Versicherter im mittleren Alter bei einer entsprechenden Gesundheitsschädigung erzielen könnte (
Art. 28 Abs. 4 UVV
).
2.
Beim 1921 geborenen Beschwerdegegner besteht eine Verkürzung des rechten Beins nach Hüftarthrodese rechts im Jahre 1967. Er leidet an arthrotisch bedingten Schmerzen im Bereich der linken Hüfte und des linken Oberschenkels bei stark eingeschränkter Beweglichkeit des linken Hüftgelenks. Im weiteren verspürt er ein Unsicherheitsgefühl im linken Knie infolge erheblicher Instabilität und Insuffizienz (kreisärztliche Berichte vom 13. Mai und 3. September 1985; Bericht der Orthopädischen Universitätsklinik Balgrist vom 24. Mai 1985). Die bisherige körperlich stark belastende Tätigkeit bei der U. AG ist ihm bei diesen gesundheitlichen Verhältnissen wegen der Gefahr körperlicher Überbeanspruchung und wegen des erhöhten Unfall- und Krankheitsrisikos nicht mehr zumutbar. Dagegen darf angenommen werden, dass ihm leichtere körperliche Arbeit trotz Gesundheitsschaden in gewissem Rahmen noch möglich gewesen wäre. Aufgrund der zeitlich nur noch sehr begrenzten Einsatzfähigkeit und der Schonung, die er sich hiebei hätte auferlegen müssen, dürfte indes die Restarbeitsfähigkeit kaum mehr in praktisch relevantem Masse verwertbar gewesen sein. Dafür ist im wesentlichen der Altersfaktor verantwortlich. Denn wie die untenstehende Invaliditätsbemessung zeigt, wäre der Beschwerdegegner im mittleren Alter bei gleichem Leiden in wesentlich geringerem Umfange erwerbsunfähig gewesen, als er es im Dezember 1985 (Rentenbeginn) war. Das Alter wirkte sich daher im Dezember 1985 erheblich als Ursache der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit des Beschwerdegegners aus. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) und Vorinstanz haben daher zu Recht
Art. 28 Abs. 4 UVV
zur Anwendung gebracht. Somit ist bei der Bestimmung des Invaliditätsgrades auf die hypothetischen Erwerbseinkommen mit und ohne Invalidität abzustellen, welche ein Versicherter im mittleren Alter bei entsprechendem Gesundheitsschaden erzielen könnte.
3.
a) Die SUVA hat nach den vorliegenden Akten keinen Einkommensvergleich angestellt, sondern ohne Angabe von Einkommensfaktoren einen Invaliditätsgrad von 30% (Verfügung vom 19. November 1985) bzw. 50% (Einspracheentscheid vom 9. Januar 1986) angenommen. Sie hat dieses Verfahren in der vorinstanzlichen Beschwerdevernehmlassung damit begründet, dass an die Ermittlung des Invaliditätsgrades nicht zu hohe Anforderungen
BGE 114 V 310 S. 313
gestellt werden dürften, weil dadurch der Verwaltungsaufwand unverhältnismässig würde und die Praktikabilität nicht mehr gewährleistet wäre. Dem kann nicht beigepflichtet werden.
Nach den zu
Art. 28 Abs. 2 IVG
entwickelten Grundsätzen hat der Einkommensvergleich in der Regel in der Weise zu erfolgen, dass die beiden hypothetischen Erwerbseinkommen ziffernmässig möglichst genau ermittelt und einander gegenübergestellt werden, worauf sich aus der Einkommensdifferenz der Invaliditätsgrad bestimmen lässt. Insoweit die fraglichen Erwerbseinkommen ziffernmässig nicht genau ermittelt werden können, sind sie nach Massgabe der im Einzelfall bekannten Umstände zu schätzen und die so gewonnenen Annäherungswerte miteinander zu vergleichen. Wird eine Schätzung vorgenommen, so muss diese nicht unbedingt in einer ziffernmässigen Festlegung von Annäherungswerten bestehen. Vielmehr kann auch eine Gegenüberstellung blosser Prozentzahlen genügen. Das ohne Invalidität erzielbare hypothetische Erwerbseinkommen ist alsdann mit 100% zu bewerten, während das Invalideneinkommen auf einen entsprechend kleineren Prozentsatz veranschlagt wird, so dass sich aus der Prozentdifferenz der Invaliditätsgrad ergibt (sogenannter Prozentvergleich;
BGE 107 V 22
Erw. 2d,
BGE 104 V 136
Erw. 2a und b). Diese Regeln gelten grundsätzlich auch für die Unfallversicherung, soweit nicht Gesetz oder andere Vorschriften ausdrücklich etwas Abweichendes vorsehen (in
BGE 113 V 132
nicht veröffentlichte, jedoch in RKUV 1987 Nr. U 26 S. 389 publizierte Erwägung 8c des Urteils J. vom 27. Mai 1987).
Zu einer rechtskonformen Invaliditätsbemessung gehört daher unabdingbar, dass die dafür notwendigen Einkommens- oder Prozentzahlen ermittelt werden, was mit aller Sorgfalt zu geschehen hat. Darauf kann nicht mit Berufung auf Praktikabilität und Verhältnismässigkeit des Verwaltungsaufwandes verzichtet werden. Die massgebenden Zahlen sind ferner in den Akten festzuhalten, damit der Versicherte in Erfahrung bringen kann, aufgrund welcher erwerblichen Annahmen die Verwaltung auf einen bestimmten Invaliditätsgrad erkannt hatte.
b) Die Invaliditätsbemessung muss auch im Rahmen von
Art. 28 Abs. 4 UVV
überprüfbar sein. Dass dabei auf Hypothesen abzustellen ist, kann entgegen der Auffassung der SUVA nicht von der Verpflichtung entbinden, die Invalidität aufgrund eines Vergleichs von Einkommensgrössen oder wenigstens einer Gegenüberstellung von Prozentzahlen zu bestimmen. Auch im Normalfall
BGE 114 V 310 S. 314
der Invaliditätsbemessung nach
Art. 18 Abs. 2 Satz 2 UVG
muss praktisch immer mit zwei Hypothesen gearbeitet werden. Dies gilt zumal für das Erwerbseinkommen ohne Invalidität, bei welchem nicht auf den - unter Umständen schon länger zurückliegenden - zuletzt tatsächlich erzielten Verdienst abgestellt werden darf. Ferner ist auch das Erwerbseinkommen mit Invalidität dann immer ein hypothetisches, wenn der Versicherte seine verbliebene Arbeitsfähigkeit nicht mehr oder nicht in zumutbarem Masse erwerblich verwertet. Im Rahmen von
Art. 28 Abs. 4 UVV
gilt grundsätzlich nichts anderes. Der Unterschied zwischen dem Einkommensvergleich nach
Art. 18 Abs. 2 Satz 2 UVG
und dem nach
Art. 28 Abs. 4 UVV
besteht im wesentlichen bloss darin, dass für die Ermittlung der Vergleichseinkommen in jenem Fall auf das tatsächliche Alter des Versicherten und in diesem auf dasjenige eines Versicherten in mittlerem Alter abgestellt wird. Der Unterschied betrifft nicht die Art, wie der Einkommensvergleich durchzuführen ist, sondern die Elemente, welche beim Einkommensvergleich zu berücksichtigen sind (RKUV 1987 Nr. U 26 S. 388 Erw. 8b und S. 389 Erw. 8c).
c) Die Vorinstanz hat demnach das Vorgehen der SUVA zu Recht beanstandet, anderseits selber aber auch keinen Einkommensvergleich vorgenommen, sondern hilfsweise auf die vom Arzt geschätzte medizinisch-theoretische Invalidität abgestellt. Das ist nach dem Gesagten ebenfalls unzulässig. Die Vorinstanz hat ferner zu Unrecht von einer zu Lasten der SUVA gehenden Beweislosigkeit gesprochen, denn die für die Invaliditätsbemessung erforderlichen Einkommensgrössen hätten sich im Rahmen richtig vorgenommener Aktenergänzungen ohne weiteres ermitteln lassen. Auf Beweislosigkeit kann grundsätzlich erst erkannt werden, wenn die von Amtes wegen zu treffenden Ergänzungen der Akten richtig und vollständig durchgeführt worden sind, was im vorliegenden Fall indes nicht geschehen ist. Die Vorinstanz hat wohl den Sachverhalt durch eine Anfrage beim SUVA-Kreisarzt Dr. C. zu erhellen versucht. Doch konnte diese Vorkehr notwendigerweise nicht zum Ziele führen, weil Dr. C. eine Frage ("prozentuale Einbusse der Erwerbsfähigkeit") unterbreitet wurde, deren gültige Beantwortung nicht in den Zuständigkeitsbereich eines Arztes fällt. Aufgabe des Arztes im Rahmen der Invaliditätsbemessung ist es, den Gesundheitszustand des Versicherten zu beurteilen und dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten Arbeitsunfähigkeit besteht oder eine Arbeitsleistung
BGE 114 V 310 S. 315
noch zumutbar ist (
BGE 105 V 158
Erw. 1). Dagegen kann die Invaliditätsbemessung nicht Sache des Arztes sein. Es war demzufolge verfehlt, Dr. C. die auf eine Invaliditätsschätzung hinauslaufende Frage nach der "prozentualen Einbusse der Erwerbsfähigkeit" zu stellen.
4.
a) Bei der Invaliditätsbemessung aufgrund von
Art. 28 Abs. 4 UVV
ist von der Frage auszugehen, wie sich der im Zeitpunkt des Rentenbeginns bestehende versicherte Gesundheitsschaden bei einem Versicherten mittleren Alters in erwerblicher Hinsicht auswirken würde. Zum Vergleich hat eine Person mit den gleichen beruflichen und persönlichen Fähigkeiten zu dienen, wie sie der Rentenbewerber aufweist. Für die hypothetischen Validen- und Invalideneinkommen ist massgebend, was diese Person auf dem ihr offenstehenden (ausgeglichenen) Arbeitsmarkt zumutbarerweise verdienen könnte (missverständlich MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 362, der nicht den gesamten Arbeitsmarkt zu berücksichtigen, sondern einschränkend auf die Erwerbseinkommen abzustellen scheint, die im bisherigen Betrieb des Versicherten erzielbar wären). | mixed |
25c5354e-c207-45ce-93a5-802f9ac30227 | Bestimmung der Kognition der Rekursbehörde, die den Sachverhalt nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür überprüfen kann, wenn sie die Anwendung des Gesetzes in einem Bereich zu prüfen hat, in dem der Richter über einen weiten Ermessensspielraum verfügt. Anwendung dieser Grundsätze auf die in
Art. 104 Abs. 2 ZPO
/GE vorgesehene Möglichkeit, die Streitverkündung wegen der übermässigen Verkomplizierung des Prozesses zu verweigern (E. 5).
Wenn eine der angeführten Begründungen den gefällten Entscheid zu stützen vermag, ist die Beschwerde abzuweisen (E. 6).
Sachverhalt
ab Seite 14
BGE 132 I 13 S. 14
En février 2003, la République et Canton de Genève (ci-après: l'Etat de Genève) a introduit une action en paiement auprès du Tribunal de première instance du canton de Genève à l'encontre de X. SA en sa qualité d'organe de révision des anciennes Banque Hypothécaire du Canton de Genève et Caisse d'Epargne de Genève, dont la fusion a conduit à la création, en 1994, de la Banque Cantonale de Genève (ci-après: la BCGe). En tant que garant des dépôts d'épargne et de prévoyance de la BCGe, l'Etat de Genève soutient en substance qu'il a été amené à intervenir pour assainir la situation financière de la banque et qu'il a été confronté à des pertes de l'ordre de 3 milliards de francs, dont X. SA peut être tenue pour responsable en raison des manquements commis en tant qu'organe de révision.
Tout en s'opposant à la demande, X. SA considère que si, par impossible, elle devait être condamnée, elle serait en droit de former
BGE 132 I 13 S. 15
une prétention récursoire contre un certain nombre de personnes. Elle a ainsi déposé, le 1
er
septembre 2003, une demande d'appel en cause dirigée contre la BCGe et cinquante-trois personnes physiques, concluant à ce que chacune des parties appelées en cause soit condamnée à la relever de toute condamnation qui serait prononcée à son encontre dans la cause principale et à payer les montants qui seraient mis à sa charge.
Par jugement du 1
er
octobre 2004, le Tribunal de première instance a, à deux exceptions près, déclaré recevables les appels en cause et il a ordonné la jonction de la cause portant sur la demande principale avec celle relative aux appels en cause. A titre préparatoire, le Tribunal a en outre imparti à vingt-quatre appelés en cause un délai pour le dépôt d'appels en cause secondaires.
Par arrêt du 10 juin 2005, la Chambre civile de la Cour de justice a admis les appels formés par plus de quarante appelés en cause et a annulé le jugement du 1
er
octobre 2004. Statuant à nouveau, elle a débouté X. SA de ses conclusions en appel en cause.
Contre cette décision, X. SA interjette un recours de droit public au Tribunal fédéral.
Par arrêt de ce jour, la Cour de céans a déclaré irrecevable le recours en réforme déposé parallèlement par X. SA à l'encontre de l'arrêt du 10 juin 2005. Erwägungen
Extrait des considérants:
1.
1.1
L'arrêt attaqué ne met pas un terme à la procédure, puisqu'il ne fait que liquider un incident survenu au cours de celle-ci relativement à l'appel en cause de tiers. La recourante ne peut donc être suivie lorsqu'elle qualifie cette décision de finale. L'acte attaqué constitue seulement une étape vers cette dernière et tombe en principe sous le coup de l'
art. 87 OJ
(arrêts du Tribunal fédéral 4P.8/2003 du 11 mars 2003, consid. 2.1 et 4P.64/1991 du 27 juin 1991, consid. 1a). La jurisprudence considère que les décisions concernant l'appel en cause n'occasionnent pas de préjudice irréparable qui ouvrirait la voie du recours de droit public en application de l'
art. 87 al. 2 OJ
(arrêt précité du 11 mars 2003, consid. 2.1 et arrêt 4P.79/ 1994 du 7 juillet 1994, consid. 1a). Toutefois, le Tribunal fédéral admet que l'économie de la procédure justifie de faire abstraction de l'
art. 87 OJ
en cas de décision refusant d'autoriser l'appel en cause.
BGE 132 I 13 S. 16
En effet, l'appel en cause prévu par les
art. 104 et 105 LPC
/GE (RSG E 3 05) permet à une partie à une instance déjà introduite d'obliger le tiers à qui elle a dénoncé le litige de participer à la même procédure et produit une jonction des causes: sont jugées à la fois les prétentions du demandeur contre le défendeur et celles de l'un d'eux contre le dénoncé, qui devient une véritable partie au procès. Dès lors, si le refus d'autoriser l'appel en cause ne pouvait être attaqué qu'en même temps que la décision finale et qu'il soit, par hypothèse, annulé à ce moment-là avec ladite décision, le procès devrait être recommencé ab initio avec l'appelé, ce qui serait non seulement contraire au principe de l'économie de la procédure, mais en plus inéquitable pour la partie qui aurait obtenu gain de cause (arrêt du Tribunal fédéral 4P.161/2003, du 12 novembre 2003, consid. 1.3.2; arrêts précités du 11 mars 2003, consid. 2.1, du 7 juillet 1994, consid. 1b et du 27 juin 1991, consid. 1c).
Le recours est donc recevable pour ce qui a trait à la nature de la décision attaquée.
1.2
Par ailleurs, la participation de tiers au procès relève en l'occurrence du droit de procédure cantonal, étant donné qu'elle n'est pas imposée par le droit fédéral et que les effets de la dénonciation d'instance ne peuvent être en cause ici, s'agissant d'une décision de refus (cf. POUDRET, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, vol. II, Berne 1990, n° 1.3.2.4 ad
art. 43 OJ
, p. 115; arrêt du 11 mars précité, consid. 2.2). Par conséquent, l'arrêt rendu par la cour cantonale n'est susceptible d'aucun autre moyen de droit sur le plan fédéral ou cantonal, de sorte que la règle de la subsidiarité du recours de droit public est respectée (art. 84 al. 2 et 86 al. 1 OJ;
ATF 128 II 259
consid. 1.1).
La recourante, qui s'est vu débouter de sa requête d'appel en cause, est lésée par la décision attaquée qui la concerne personnellement. Elle a donc qualité pour recourir (
art. 88 OJ
).
Enfin, le recours a été interjeté en temps utile compte tenu des féries (art. 34 al. 1 let. b et 89 al. 1 OJ) et dans la forme prévue par la loi (
art. 90 al. 1 OJ
), de sorte qu'il est en principe recevable.
(...)
3.
La cour cantonale a débouté la recourante de ses conclusions relatives à l'appel en cause en présentant une double motivation. Elle a tout d'abord analysé la situation juridique de l'organe de révision envers les différents appelés en cause et est parvenue à la
BGE 132 I 13 S. 17
conclusion que la recourante n'était pas parvenue à rendre vraisemblable qu'elle disposait d'actions récursoires personnelles à l'encontre de ceux-ci, ce qui excluait tout appel en cause. En second lieu et à titre subsidiaire, la cour cantonale a retenu que l'admission d'autres parties au procès engendrerait une complication excessive de la procédure, qui, avec 55 parties deviendrait pratiquement ingérable. Par conséquent, même si l'existence d'actions récursoires était admise, l'impératif d'économie commandait de ne pas laisser procéder à l'appel en cause, qui n'avait en réalité qu'un but dilatoire.
Comme chacune des motivations présentées par la cour cantonale suffit à justifier la décision attaquée, il appartenait à la recourante, sous peine d'irrecevabilité, de démontrer que chacune d'entre elles violait ses droits constitutionnels (
art. 90 al. 1 let. b OJ
;
ATF 119 Ia 13
consid. 2 et l'arrêt cité). Le recours remplissant cette exigence, il convient d'entrer en matière.
Les griefs de la recourante formulés à l'encontre du second pan de la motivation de la cour cantonale, à savoir le rejet de l'appel en cause pour des motifs d'économie de la procédure, seront examinés en premier lieu.
(...)
5.
Dans une argumentation prolixe, la recourante reproche à la cour cantonale d'avoir substitué sa propre appréciation à celle de l'autorité de première instance pour retenir la complication excessive de la procédure, alors que sa cognition était limitée, violant ainsi arbitrairement le droit cantonal.
5.1
Selon la jurisprudence, l'arbitraire prohibé par l'
art. 9 Cst.
ne résulte pas du seul fait qu'une autre solution que celle retenue par l'autorité cantonale pourrait entrer en considération ou même qu'elle serait préférable; le Tribunal fédéral ne s'écarte de la décision attaquée que lorsque celle-ci est manifestement insoutenable, qu'elle se trouve en contradiction claire avec la situation de fait, qu'elle viole gravement une norme ou un principe juridique indiscuté, ou encore lorsqu'elle heurte de manière choquante le sentiment de la justice et de l'équité (
ATF 129 I 8
consid. 2.1;
ATF 128 I 81
consid. 2,
ATF 128 I 273
consid. 2.1). Pour qu'une décision soit annulée pour cause d'arbitraire, il ne suffit pas que la motivation formulée soit insoutenable, il faut encore que la décision apparaisse arbitraire dans son résultat (
ATF 131 I 217
consid. 2.1;
ATF 129 I 8
consid. 2.1 et les arrêts cités).
BGE 132 I 13 S. 18
En matière d'application du droit cantonal, l'arbitraire et la violation de la loi ne sauraient être confondus; une violation de la loi doit être manifeste et reconnue d'emblée pour être considérée comme arbitraire. Le Tribunal fédéral n'a pas à déterminer quelle est l'interprétation correcte que l'autorité cantonale aurait dû donner des dispositions applicables; il doit uniquement examiner si l'interprétation qui a été faite est défendable. Il n'y a pas arbitraire du seul fait qu'une autre solution paraît également concevable, voire même préférable (
ATF 131 I 217
consid. 2.1;
ATF 128 II 259
consid. 5 p. 281).
La jurisprudence considère que l'autorité cantonale qui réexamine librement la cause, alors qu'elle ne jouit que d'une cognition limitée, tombe dans l'arbitraire (
ATF 116 III 70
consid. 2b p. 71;
ATF 109 II 170
consid. 2 p. 172).
5.2
En l'espèce, la cour cantonale a statué sur une décision sur incident prise en dernier ressort par le juge de première instance. Selon la procédure civile cantonale, la voie de l'appel extraordinaire pour violation de la loi au sens de l'
art. 292 al. 1 let
. c LPC/GE est ouverte à l'encontre de cette catégorie d'actes (art. 26 LOJ/GE [RSG E 2 05]; SCHMIDT, Le pouvoir d'examen en droit de la Cour en cas d'appel pour violation de la loi en procédure civile genevoise, SJ 1995 p. 521 s.). Lorsqu'elle est saisie par ce moyen de droit, l'autorité de recours ne peut revoir les faits que sous l'angle de l'arbitraire (SCHMIDT, op. cit., p. 522). En revanche, son pouvoir d'examen en droit n'est pas restreint (arrêt du Tribunal fédéral 5P.41/ 2001 du 12 avril 2001, consid. 2 non publié à l'
ATF 127 III 232
; SCHMIDT, op. cit., p. 525), dans la limite des violations dénoncées par les parties (BERTOSSA/GAILLARD/GUYET/SCHMIDT, Commentaire de la loi de procédure civile genevoise, n° 3 ad
art. 292 LPC
/GE; arrêt du Tribunal fédéral 5P.65/1991 du 25 juin 1991, publié in SJ 1991 p. 611, consid. 3b). Lorsque le juge dispose d'un large pouvoir d'appréciation, il peut s'avérer délicat de déterminer si la loi a ou non été violée (cf. SCHMIDT, op. cit., p. 531). De manière générale, devant un texte susceptible de plusieurs interprétations, l'autorité de recours évitera de condamner le choix du juge inférieur (BERTOSSA/GAILLARD/GUYET/SCHMIDT, op. cit., n° 8 ad
art. 292 LPC
/ GE). Cela ne signifie cependant pas que l'autorité de recours chargée de vérifier l'application de la loi dépasse son pouvoir d'examen au seul motif qu'elle ne confirme pas l'appréciation juridique du premier juge. Il ne saurait en particulier y avoir d'excès si l'appréciation juridique divergente de l'instance de recours repose sur des
BGE 132 I 13 S. 19
motifs légitimes et que sa position paraît plus conforme à la ratio legis de la disposition en cause que la solution adoptée par le premier juge.
5.3
Contrairement à ce que cherche à démontrer la recourante, la cour cantonale n'a nullement statué au-delà de son pouvoir d'examen en déboutant l'organe de contrôle de ses conclusions sur appel en cause pour des motifs liés à l'économie de la procédure. Tout d'abord, il convient de préciser qu'il n'est pas reproché aux juges cantonaux de s'être écartés des violations du droit soulevées par les appelants. Seule l'étendue de leur pouvoir d'appréciation concernant la possibilité de refuser l'appel en cause pour des motifs d'économie de la procédure est critiquée. A ce propos, l'
art. 104 al. 2 LPC
/GE prévoit expressément que "
s'il en résulte une complication excessive du procès, le juge peut refuser l'appel en cause
". Cette disposition tend à rappeler que l'économie de la procédure est l'objectif essentiel de l'appel en cause (arrêt du Tribunal fédéral 4P.155/2003 du 19 décembre 2003, publié in SJ 2004 I p. 472, consid. 8.1 et les références citées) et que cette institution ne saurait être utilisée à des fins dilatoires (SALVADÉ, Dénonciation d'instance et appel en cause, thèse Lausanne 1995, p. 119). Il est vrai que l'
art. 104 al. 2 LPC
/GE laisse un large pouvoir d'appréciation au juge, mais, comme on l'a vu, le seul fait que la cour cantonale n'ait pas suivi la position de l'autorité de première instance n'est pas suffisant pour démontrer que, saisis d'un appel extraordinaire, les juges auraient statué au-delà du pouvoir d'examen découlant de l'
art. 292 al. 1 let
. c LPC/GE. Encore faut-il examiner les raisons qui ont conduit l'instance de recours à s'écarter de l'appréciation du premier juge. L'arrêt attaqué relève à ce sujet que l'objet de l'action principale paraissait a priori complexe et que l'admission de 53 prétentions différentes venant s'y greffer rendrait le procès pratiquement impossible à conduire. Les juges ont également souligné les difficultés représentées par une procédure civile comprenant au total 55 parties quant à la durée des auditions de témoins, à la lecture des pièces produites, à la survenance de multiples incidents de procédure et aux vérifications interminables qu'impliquerait chaque acte, même simple. La cour cantonale s'est déclarée convaincue que la participation des appelés en cause conduirait à la paralysie effective de la procédure. L'impératif d'économie et l'intérêt général de la justice à ce que la cause soit jugée dans des délais raisonnables commandaient ainsi de ne pas laisser procéder aux appels en cause, qui n'avaient en réalité qu'un but dilatoire.
BGE 132 I 13 S. 20
En pareilles circonstances, on ne peut considérer que les juges d'appel se sont écartés sans raison de l'appréciation de l'autorité de première instance et ont condamné le choix du juge inférieur d'une manière incompatible avec l'
art. 292 al. 1 let
. c LPC/GE. Au contraire, ils n'ont fait qu'appliquer l'
art. 104 al. 2 LPC
/GE conformément à son but, dès lors que les éléments mis en évidence tendent tous à démontrer l'inadéquation entre la participation de plus de cinquante personnes à la procédure et les impératifs d'économie que doit en principe servir l'institution de l'appel en cause. On ne peut donc manifestement pas reprocher à la cour cantonale d'avoir excédé son pouvoir d'examen ni appliqué de manière arbitraire les art. 104 al. 2 ou 292 al. 1 let. c LPC/GE, en refusant les appels en cause en raison de la complication excessive du procès.
Les critiques de la recourante dirigées contre les motifs tirés de l'économie de la procédure sont donc infondées.
6.
En vertu de l'
art. 104 al. 2 LPC
/GE, la complication excessive du procès suffit à justifier le rejet des appels en cause (cf. supra consid. 3). Par conséquent, il n'y a pas lieu d'entrer en matière sur les griefs dirigés contre le second pan de la motivation de la cour cantonale lié à la vraisemblance des prétentions récursoires, dès lors qu'ils ne sont pas de nature à modifier le résultat de la décision attaquée.
Le recours doit donc être rejeté. | mixed |
03b8389e-9a2e-43d4-b2bd-5b685dc56eb8 | Erwägungen
ab Seite 321
BGE 103 Ib 321 S. 321
Aus den Erwägungen:
1.
Gegen Verfügungen betreffend die Nichtwiederwahl eines Beamten kann Verwaltungsgerichtsbeschwerde geführt werden. Nach der Rechtsprechung sind dabei nur die Beschwerdegründe von
Art. 104 lit. a und b OG
zulässig; die Angemessenheit der Verfügung kann nicht überprüft werden (
BGE 99 Ib 237
E. 3).
BGE 103 Ib 321 S. 322
Der Beschwerdeführer greift diese Rechtsprechung an. Unter Berufung auf
BGE 100 Ib 26
wird geltend gemacht, in Wirklichkeit handle es sich um eine Entlassung wegen angeblicher Dienstpflichtverletzungen, die nur im Rahmen eines Disziplinarverfahrens zur Aufhebung des Dienstverhältnisses führen könnten. Wo die administrative Entlassung nur vorgeschoben werde, habe das Bundesgericht auch die Angemessenheit der Entlassung zu überprüfen; dasselbe müsse auch bei einer Nichtwiederwahl gelten.
Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden. Grundsätzlich kann ein Dienstverhältnis disziplinarisch oder nichtdisziplinarisch aufgelöst werden. Die nichtdisziplinarische Auflösung von Seiten des Bundes kann entweder aus wichtigem Grund während der Amtsdauer (
Art. 55 BtG
) oder durch Nichterneuerung bei Ablauf der Amtsdauer (
Art. 57 BtG
) erfolgen. Gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. c des BRB vom 31. März 1976 über die Wiederwahl der Beamten der allgemeinen Bundesverwaltung für die Amtsdauer 1977-1980 (SR 172.221.121) sind von der Wiederwahl für die neue Amtsdauer ausgeschlossen Beamte "die hinsichtlich Tauglichkeit oder Verhalten den Anforderungen des Amtes nicht genügen". Diese Regelung, auf die der hier angefochtene Entscheid sich stützt, ist nicht zu beanstanden; sie entspricht dem Sinn des Gesetzes (vgl.
BGE 99 Ib 236
E. 3). Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht die Gesetzmässigkeit dieses BRB. Hat die Wahlbehörde die Überzeugung, dass ein Beamter hinsichtlich Tauglichkeit oder Verhaltens den Anforderungen seines Amtes nicht oder nicht mehr genügt, so darf sie deshalb von der Wiederwahl absehen, ohne Rücksicht darauf, ob das Verhalten des Beamten Gegenstand eines Disziplinarverfahrens war oder nicht.
Im heutigen Rechtsstreit ist nicht zu beurteilen, wann bei einer Amtsenthebung während der Amtsdauer eine disziplinarische Entlassung durchzuführen ist und wann eine administrative Entlassung aus wichtigem Grund (vgl.
BGE 100 Ib 26
). Zur Diskussion steht vielmehr eine Nichtwiederwahl. Zwar hat JUD, (Besonderheiten öffentlichrechtlicher Dienstverhältnisse nach schweizerischem Recht, insbesondere bei Beendigung aus nichtdisziplinarischen Gründen, Diss. Freiburg 1975, S. 230), übereinstimmend mit dem Beschwerdeführer die Ansicht vertreten, im Nichtwiederwahlverfahren müsse die Abgrenzung zum Disziplinarverfahren bei schuldhafter Verletzung von
BGE 103 Ib 321 S. 323
Dienstpflichten die gleiche sein, wie bei der Auflösung des Dienstverhältnisses aus wichtigem Grund während der Amtsdauer. Dabei wird jedoch übersehen, dass der Ermessensbereich der Wahlbehörde während der Amtsdauer wesentlich kleiner ist als am Ende derselben. Der gewählte Beamte hat Anspruch darauf, dass während der Amtsdauer das Dienstverhältnis nur wegen eines schweren Disziplinarfehlers im Sinne von
Art. 31 Abs. 1 Ziff. 9 BtG
oder aus einem wichtigen Grunde im Sinne von Art. 54/55 BtG aufgelöst wird. Über die Erneuerung des Beamtenverhältnisses nach Ablauf der Amtsdauer entscheidet dagegen die Wahlbehörde "nach freiem Ermessen". Sie darf und muss bei dieser Gelegenheit das gesamte verschuldete und unverschuldete Verhalten des Beamten in der Vergangenheit überprüfen, und sie hat auf Grund der Gesamtwürdigung der Persönlichkeit zu entscheiden, ob der Beamte hinsichtlich Tauglichkeit und Verhalten den Anforderungen des Amts weiterhin genügen wird. Wurden während der abgelaufenen Amtsdauer Disziplinarverfahren durchgeführt, so erleichtern diese die Gesamtbeurteilung; wurden keine durchgeführt, so spricht dies dafür, dass nach Ansicht der Vorgesetzten kein Anlass zu einem solchen Verfahren bestand. Der Gesamtwürdigung bei der Wiederwahl wird aber durch das Durchführen oder Unterlassen von Disziplinarverfahren nicht vorgegriffen.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat das Bundesgericht auch nie erklärt, dass bei der Nichtwiederwahl die Dienstpflichtverletzungen eines Beamten nicht massgebend seien; es hat im Gegenteil ausgeführt, für die Nichtwiederwahl sei nicht erforderlich, dass dem Beamten ein Verhalten vorzuwerfen sei, welches nach
Art. 30 BtG
Anlass zu einer disziplinarischen Massnahme geben könnte; es genüge vielmehr, dass die wegen Beanstandung der Leistung oder des Verhaltens des Beamten verfügte Nichtwiederwahl nach den Umständen als eine sachlich haltbare, nicht willkürliche Massnahme erscheine (
BGE 99 Ib 237
E. 3). Daran ist festzuhalten. | mixed |
73d5fbc6-73c1-424f-8942-9a3efed01cb6 | Sachverhalt
ab Seite 233
BGE 99 Ib 233 S. 233
A.-
Der Beschwerdeführer X., geb. 1918, ist "Architekt-Techniker HTL"; er hat eine Hochbauzeichnerlehre absolviert und dann ein Diplom eines Abendtechnikums erworben. In den Jahren 1946 - 1960 war er bei verschiedenen Arbeitgebern in Stellung; darauf arbeitete er bis 1965 selbständig, und anschliessend war er als Techniker beim Hochbauamt des Kantons ...
angestellt.
Im Dezember 1970 wählte ihn das Eidg. Departement des Innern auf Antrag der Direktion der eidg. Bauten (Baudirektion) zum technischen Beamten I. Er wurde einer Bauinspektion (Baukreisdirektion) zugeteilt. Zu seinem Pflichtenkreis gehörten Oberbauleitungen, Verhandlungen mit Behörden, Unternehmern und Lieferanten, Planbearbeitung und Baubegleitung bis zur Abrechnung. Die Besoldung wurde im Rahmen der 5. Klasse festgesetzt. Der Personalchef der Baudirektion erklärte dem
BGE 99 Ib 233 S. 234
Beschwerdeführer, dass eine Beförderung in die 4. Besoldungsklasse auf 1. Januar 1972 bei guten Leistungen möglich sei. X. trat das Amt im Frühling 1971 an.
Von Anfang an wurden seine Leistungen und sein Verhalten in der neuen Stellung von den Vorgesetzten als unbefriedigend befunden. Die in Aussicht genommene Beförderung wurde deshalb zurückgestellt. Am 18. Mai 1972 schrieb die Baudirektion dem Beschwerdeführer, sie werde der Wahlbehörde beantragen, ihn für die neue Amtsperiode 1973-1976 nicht wiederzuwählen. Sie fasste in dem Schreiben die Gründe wie folgt zusammen:
"Tauglichkeit:
- fehlende Initiative, Unselbständigkeit in der Arbeit
- minimale Arbeitsleistung
- chronische Vergesslichkeit
Verhalten:
- ständige Unpünktlichkeit
- häufige unbegründete Abwesenheiten
- Unhöflichkeit, ja Arroganz, gegenüber Mitarbeitern und Unternehmern, keine Kollegialität
- Nichtbefolgen unseres Aufgebotes, zur ärztlichen Aufnahmeuntersuchung zu erscheinen
- Allen obigen Vorwürfen gegenüber haben Sie sich völlig einsichtslos gezeigt"
Nachdem X. sich hiezu geäussert hatte, entschied das Eidg. Departement des Innern, dass er nicht wiedergewählt werde. Es erachtete die von der Baudirektion erhobenen Vorwürfe als begründet und stellte fest, dass die Auflösung des Dienstverhältnisses als im Sinne der Statuten der Eidg. Versicherungskasse vom Beamten verschuldet gelte. Mit Schreiben vom 13. September 1972 eröffnete die Baudirektion dem Beschwerdeführer den Entscheid des Departements samt Begründung.
B.-
X. führt gegen die verfügte Nichtwiederwahl Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben. Er macht geltend, er sei von der Baudirektion hinsichtlich des Arbeitsgebietes, der Besoldung, der Aufstiegsmöglichkeiten und der Versicherungskasse getäuscht worden. Er hätte schon vor der Anstellung an den Vertrauensarzt gewiesen werden müssen; statt dessen habe man ihm damals die Freizügigkeit zwischen den Versicherungskassen des Kantons ... und des Bundes bestätigt. In seinem Alter könne er es nicht mehr auf eine ärztliche Untersuchung
BGE 99 Ib 233 S. 235
ankommen lassen. Man habe ihn vorwiegend mit administrativen Arbeiten beschäftigt, die den Ambitionen eines Architekten nicht entsprächen. Diese Tatsache sei mitbestimmend für seine Leistungen und sein Verhalten gewesen. Seine Amtsvorgänger könnten als Zeugen bestätigen, dass der Sektionschef keinerlei Kompetenzen abgebe und es dadurch dem Untergebenen verunmögliche, mit Interesse und Initiative zu arbeiten. Er, X., sei vom Sektionschef über den Stand der Arbeiten an Grossbauten nicht genügend aufgeklärt worden. Er habe eine grosse Unordnung vorgefunden, die er schliesslich dank seinem Einsatz und seiner Erfahrung habe beseitigen können. Über seine beruflichen Fähigkeiten habe er sich schon bei der Bewerbung ausgewiesen. Seine Bemühungen, ein gutes Einvernehmen mit dem Sektionschef herzustellen, seien an dessen Charakter gescheitert. Weil die Baudirektion die finanziellen Vereinbarungen mit ihm nicht eingehalten habe, sei er in Bedrängnis geraten. Der angefochtene Entscheid beruhe auf einer unrichtigen und unvollständigen Feststellung des Sachverhalts und sei unangemessen.
C.-
Das Eidg. Departement des Innern beantragt die Abweisung der Beschwerde. Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Der angefochtene Entscheid des Eidg. Departements des Innern ist eine Verfügung im Sinne des Art. 5 VwG. Gegen solche von einem Departement des Bundesrates getroffenen Verfügungen ist nach
Art. 97 Abs. 1 und
Art. 98 lit. b OG
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig, es wäre denn, dass ein Ausschlussgrund gemäss
Art. 99 - 102 OG
vorläge. Das ist hier nicht der Fall. Insbesondere trifft keine der Ausnahmen zu, die
Art. 100 lit. e OG
auf dem Gebiete des Dienstverhältnisses von Bundespersonal vorsieht. Der angefochtene Entscheid gehört auch nicht zu den Verfügungen "über die erstmalige Begründung des Dienstverhältnisses und über die Beförderung" (lit. e Ziff. 1); vielmehr wird durch ihn die Wiederwahl eines Beamten für eine weitere Amtsdauer abgelehnt. Der Entscheid unterliegt daher nach dem System der
Art. 97 ff. OG
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Allerdings hatte der Bundesrat in der Botschaft vom 24. September 1965 über den Ausbau der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Bunde der Bundesversammlung vorgeschlagen, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
BGE 99 Ib 233 S. 236
gegen Verfügungen auf Grund von Bestimmungen über das Dienstverhältnis des Bundespersonals - unter Vorbehalt der verwaltungsrechtlichen Klage für vermögensrechtliche Ansprüche und der Beschwerde gegen Disziplinarverfügungen - unzulässig zu erklären (BBl 1965 II 1309 und 1334, Art. 99 lit. g Entw.). Die eidgenössischen Räte sind indessen dem Vorschlag nicht gefolgt, sondern haben den Rechtsschutz des Bundespersonals ausgedehnt; namentlich haben sie bewusst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Ablehnung einer Wiederwahl zugelassen (Protokolle der Kommission des Nationalrats, 2. Sitzung S. 39 ff., 4. Sitzung S. 65 ff.).
2.
Die Verwaltung hatte den Beschwerdeführer vor dem Ausschluss von der Wiederwahl anzuhören (Art. 29 f. VwG; Art. 3 Abs. 1 BRB über die Wiederwahl der Beamten der allgemeinen Bundesverwaltung für die Amtsdauer 1973 - 1976, vom 19. April 1972). Das ist vorschriftsgemäss geschehen. Auch
Art. 57 Abs. 2 BtG
, wonach die verfügte Nichtwiederwahl dem Betroffenen spätestens drei Monate vor Ablauf der Amtsdauer unter Angabe der Gründe schriftlich mitgeteilt werden muss, ist eingehalten worden, ebenso Art. 69 BO I, der vorschreibt, dass dem Beamten schriftlich zu eröffnen ist, ob die Massnahme im Sinne der Statuten der Versicherungskasse als Nichtwiederwahl aus eigenem Verschulden gelte. Der Beschwerdeführer erhebt in diesen Beziehungen mit Recht keine Einwendungen. Dagegen bestreitet er, dass seine Nichtwiederwahl sachlich gerechtfertigt sei.
3.
Art. 57 Abs. 1 BtG
bestimmt, dass mit dem Ablauf der Amtsdauer das Dienstverhältnis des Beamten erlischt und die Wahlbehörde nach freiem Ermessen über die Erneuerung entscheidet. Die Behörde hat das Ermessen pflichtgemäss auszuüben. Für die Ablehnung der Wiederwahl bedarf es eines zureichenden Grundes. Nach Art. 1 Abs. 2 des zit. BRB vom 19. April 1972 waren von der Wiederwahl u.a. auszuschliessen Beamte, "die hinsichtlich Tauglichkeit und Verhalten den Anforderungen des Amtes nicht genügen". Diese Regelung, auf die der hier angefochtene Entscheid sich stützt, ist nicht zu beanstanden; sie entspricht dem Sinn des Gesetzes.
Die Nichtwiederwahl wegen ungenügender Leistungen und unbefriedigenden Verhaltens ist nicht nur zulässig, wenn dem Beamten ein Verschulden zur Last gelegt werden kann. Insbesondere ist nicht erforderlich, dass ihm ein Verhalten vorzuwerfen
BGE 99 Ib 233 S. 237
ist, welches nach
Art. 30 BtG
Anlass zu einer disziplinarischen Massnahme geben könnte. Auch ein wichtiger Grund im Sinne des
Art. 55 BtG
, d.h. ein Umstand, der die Auflösung des Dienstverhältnisses vor Ablauf der Amtsdauer rechtfertigen würde, braucht nicht vorzuliegen. Es muss genügen, dass die wegen Beanstandung der Leistungen oder des Verhaltens des Beamten verfügte Nichtwiederwahl nach den Umständen als sachlich haltbare, nicht willkürliche Massnahme erscheint. Die Vorgesetzten des Beamten sind am besten imstande, seine Leistungen und sein Verhalten zu würdigen; in dieser Beziehung ist der Verwaltung ein Spielraum zuzugestehen. Das Bundesgericht hat sich auf die Prüfung zu beschränken, ob die Verwaltung das ihr in
Art. 57 Abs. 1 BtG
eingeräumte Ermessen überschritten oder missbraucht habe. Zu einer eigentlichen Ermessenskontrolle ist es auf diesem Gebiet nicht befugt. Unangemessenheit kann mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nur in den Fällen gerügt werden, die in
Art. 104 lit. c Ziff. 1 - 3 OG
erwähnt sind. Hier liegt keiner dieser Fälle vor; insbesondere handelt es sich nicht um eine Disziplinarstrafe (Ziff. 2).
4.
Der Beschwerdeführer sucht die Begründung der angefochtenen Verfügung dadurch zu entkräften, dass er seinerseits Vorwürfe gegen die Verwaltung erhebt. Er will glauben machen, er sei von der Verwaltung ungebührlich behandelt worden und habe darauf in einer Weise reagiert, die durchaus normal sei und daher die Nichtwiederwahl nicht zu rechtfertigen vermöge. Diese Argumentation ist offensichtlich unhaltbar.
Der Beschwerdeführer behauptet, er sei von der Baudirektion hinsichtlich der Besoldung, der Aufstiegsmöglichkeiten und der Versicherungskasse getäuscht worden; die Direktion habe die finanziellen Vereinbarungen mit ihm nicht eingehalten. Davon kann keine Rede sein. In den Verhandlungen vor der Wahl war dem Beschwerdeführer erklärt worden, als Anfangsbesoldung komme der Höchstbetrag der 7. Klasse in Frage. Schliesslich wurde aber das Anfangsgehalt höher - nämlich um eine Jahresaufbesserung unter dem Maximum der 5. Klasse - angesetzt; dazu kamen die reglementarischen Zulagen und ausserdem eine Entschädigung für zeitweiligen doppelten Haushalt. Gegen diese Bedingungen hat der Beschwerdeführer seinerzeit nichts eingewendet; er war also mit ihnen einverstanden. Sie sind auch eingehalten worden. Eine Beförderung in die 4. Klasse wurde dem Beschwerdeführer zwar in Aussicht
BGE 99 Ib 233 S. 238
gestellt; aber sie wurde ausdrücklich von seinen Leistungen abhängig gemacht. Ohne diese Bedingung hätte sie auch gar nicht zugesichert werden dürfen. Was die Eidg. Versicherungskasse anlangt, hat die Baudirektion allerdings zunächst davon abgesehen, den Beschwerdeführer zu der in Art. 12 Abs. 2 der Kassenstatuten vorgesehenen verwaltungsärztlichen Aufnahmeuntersuchung aufzubieten. Seine Vermutung, dies sei deshalb unterblieben, weil man gewusst habe, dass er sonst die Stelle nicht annehmen würde, ist jedoch abwegig. Der Grund war vielmehr, dass die Baudirektion vorerst irrtümlich annahm, der Beschwerdeführer sei Mitglied der Versicherungskasse des Kantons ... und könne daher auf Grund des Freizügigkeitsabkommens zwischen dem Kanton und dem Bund ohne weiteres in die Eidg. Versicherungskasse übertreten. In Wirklichkeit war er beim Kanton bloss Mitglied der Sparversicherung gewesen. Er liess aber die Baudirektion im Glauben, er sei der kantonalen Versicherungskasse beigetreten. Als der Irrtum entdeckt wurde, musste das Aufgebot zur ärztlichen Aufnahmeuntersuchung nachgeholt werden. Der Beschwerdeführer hätte der nachträglichen Aufforderung Folge leisten müssen. Er hat sich ohne stichhaltigen Grund geweigert.
Ferner wendet der Beschwerdeführer ein, die Baudirektion habe ihn auch hinsichtlich des Tätigkeitsbereiches getäuscht. Er macht geltend, der Sektionschef habe ihm vorwiegend administrative Arbeiten zugewiesen, die für einen Architekten nicht interessant seien; auf dem technischen Gebiet habe dieser Vorgesetzte keine Kompetenzen abgeben wollen. Demgegenüber erklärt der Sektionschef, es seien etliche Versuche unternommen worden, X. richtig einzusetzen, doch seien sie stets daran gescheitert, dass es ihm an Interesse und Initiative gefehlt habe; man habe dem Beschwerdeführer nichts allein überlassen können, was auf die Dauer für den sehr belasteten Vorgesetzten unzumutbar gewesen sei. Diese vom Bauinspektor (Baukreisdirektor) bestätigte Darstellung ist glaubwürdig. Der Beschwerdeführer vermag gegen sie nichts Triftiges vorzubringen. Er bestreitet die von der Verwaltung erhobenen Vorwürfe der ständigen Unpünktlichkeit und der chronischen Vergesslichkeit nicht. Gerade solche andauernden Nachlässigkeiten lassen aber auf einen Mangel an Interesse und Initiative schliessen. Der Beschwerdeführer hat schon wenige Wochen nach dem Amtsantritt um Versetzung an einen andern Dienstort ersucht, allerdings unter Berufung auf die Interessen seiner
BGE 99 Ib 233 S. 239
Familie. Ob er das Gesuch nicht auch deshalb gestellt hat, weil ihm die Tätigkeit an dem ihm angewiesenen Dienstort nicht zusagte, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls hat es dazu beigetragen, dass der Sektionschef den Beschwerdeführer vorwiegend mit administrativen Arbeiten beschäftigte. Der eigentliche Grund dieses Vorgehens des Vorgesetzten war aber zweifellos, dass der Beschwerdeführer für die ihm zugedachten technischen Arbeiten nur wenig Interesse und Initiative aufbrachte. Es ist ausgeschlossen, dass der vielbeschäftigte Sektionschef von vornherein nicht gewillt war, in den technischen Belangen Kompetenzen abzugeben, wie der Beschwerdeführer behauptet. Es erübrigt sich, dazu frühere Inhaber des Amts des Beschwerdeführers als Zeugen einzuvernehmen.
Da feststeht, dass der Beschwerdeführer bei der Arbeit unpünktlich war und ihr wenig Interesse entgegenbrachte, ist anzunehmen, dass ihm auch nicht ohne Grund vorgehalten wird, seine Arbeitsleistung sei "minimal" gewesen. Als feststehend darf ferner betrachtet werden, dass der Beschwerdeführer sich gegenüber Mitarbeitern und Unternehmern unhöflich, ja arrogant benommen hat. Die Ausführungen der Verwaltung hierüber hat er ebenfalls nicht zu widerlegen vermocht. Er liess sich durch die wiederholten Ermahnungen seitens der Verwaltung nicht bewegen, seine Einstellung zu ändern. Er begegnete ihnen mit Ausflüchten und haltlosen Anschuldigungen. Bezeichnend für seine Widerspenstigkeit ist seine grundlose Weigerung, dem Aufgebot zur ärztlichen Aufnahmeuntersuchung Folge zu leisten. Der Vorwurf, er habe sich einsichtslos gezeigt, erscheint als begründet. Aus der Arbeitsweise und dem persönlichen Verhalten des Beschwerdeführers durfte die Verwaltung den Schluss ziehen, er sei nicht fähig oder nicht willens, sich in den Dienstbetrieb einzuordnen und den Anforderungen seines Amtes zu genügen.
Der Sachverhalt ist hinlänglich abgeklärt. Die feststehenden Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass die Verwaltung Grund genug hatte, die Wiederwahl des Beschwerdeführers abzulehnen. Das Departement des Innern hat mit der angefochtenen Verfügung das ihm nach Gesetz zustehende Ermessen weder überschritten noch missbraucht. | mixed |
52e57f1c-4645-429b-9d46-f9367bae6559 | Sachverhalt
ab Seite 173
BGE 129 I 173 S. 173
Frau X.-Y. starb am 25. Dezember 2001 in Athen. Sie hinterliess ihren Ehemann X. sowie vier minderjährige Kinder, welche gemeinsam in Rom leben. Vermutlich auf Veranlassung des Vaters der Verstorbenen sowie ihrer beiden Brüder wurde ihr Leichnam nach Meilen überführt und dem Bestattungsamt Meilen der Tod mit dem Begehren um Kremation und anschliessende Urnenbeisetzung im Familiengrab der Familie Y., Eltern der Verstorbenen, angezeigt. X. ersuchte demgegenüber das Bestattungsamt Meilen, den Leichnam nach Rom als dem gemeinsamen Wohnsitz der Familie zur Bestattung im Familiengrab seiner Eltern überzuführen. Die Verstorbene hatte in einem handschriftlichen "Nachtrag zum Testament" vom
BGE 129 I 173 S. 174
22. April 2001 eine Feuerbestattung und die Beisetzung der Urne auf dem Friedhof in Meilen gewünscht.
Die Präsidentin der Gesundheitsbehörde Meilen ordnete am 8. Januar 2002 die Kremation des Leichnams der Verstorbenen und die anschliessende Urnenbeisetzung auf dem Friedhof Meilen an. Gegen diese Verfügung gelangte X. als Ehemann der Verstorbenen und als gesetzlicher Vertreter der vier gemeinsamen Kinder an den Bezirksrat Meilen, welcher den Rekurs am 18. Januar 2002 abwies und anordnete, das Bestattungsamt Meilen habe die sofortige Feuerbestattung des Leichnams der Verstorbenen zu veranlassen. Einer allfälligen Beschwerde gegen letztere Anordnung entzog der Bezirksrat die aufschiebende Wirkung. Die gegen den bezirksrätlichen Beschluss erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich am 20. Juni 2002 ab.
Mit Eingabe vom 9. September 2002 haben der Ehemann der Verstorbenen sowie die vier gemeinsamen Kinder, gesetzlich vertreten durch den Vater, gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Sie beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und den Beschwerdeführern zu gestatten, die verstorbene Ehefrau bzw. Mutter in Rom zu bestatten. Die Beschwerdeführer berufen sich in erster Linie auf das Grundrecht der persönlichen Freiheit (
Art. 10 Abs. 2 BV
). Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es auf sie eintritt. Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob und inwieweit es auf die bei ihm eingereichte staatsrechtliche Beschwerde eintreten kann (
BGE 128 I 46
E. 1a S. 48 mit Hinweisen).
1.1
Gemäss
Art. 84 Abs. 2 OG
ist die staatsrechtliche Beschwerde nur zulässig, wenn die behauptete Rechtsverletzung nicht sonst wie durch Klage oder Rechtsmittel beim Bundesgericht oder einer anderen Bundesbehörde gerügt werden kann. Es fragt sich, ob allenfalls die Berufung im Sinne von
Art. 43 ff. OG
möglich wäre. Gemäss
Art. 43 Abs. 1 OG
kann mit Berufung geltend gemacht werden, der angefochtene Entscheid beruhe auf Verletzung des Bundesrechts. Die Verstorbene hatte in einem "Nachtrag zum Testament", welcher den Formanforderungen an eine eigenhändige letztwillige Verfügung im Sinne von
Art. 505 ZGB
genügt, eine Anordnung hinsichtlich
BGE 129 I 173 S. 175
ihrer Bestattung getroffen. Diese kann als selbständige erbrechtliche Auflage an die Erben im Sinne von
Art. 482 ZGB
aufgefasst werden. Die Beschwerdeführer bestreiten unter anderem, dass die Verstorbene verbindlich den Wunsch geäussert habe, sie wolle in Meilen bestattet werden. Damit wird implizit (auch) die Gültigkeit dieser letztwilligen Verfügung im Sinne von
Art. 519 ZGB
in Frage gestellt.
Die Beschwerdeführer rügen indessen ausdrücklich eine Verletzung verfassungsmässiger Rechte. Hierfür steht einzig die staatsrechtliche Beschwerde zur Verfügung (
Art. 43 Abs. 1 Satz 2 OG
). Ferner wird weder behauptet noch ist aktenkundig, dass vorgängig ein Zivilverfahren stattgefunden hätte. Die Beschwerdeführer haben sich vielmehr auf ein öffentlichrechtliches Verwaltungsverfahren eingelassen. Angefochten ist ein Entscheid, der sich auf kantonales öffentliches Gesundheitsrecht stützt (vgl. E. 3). Aufgrund des bisherigen Verfahrens und der vorgetragenen Rügen kann das Bundesgericht die vorliegende Beschwerde einzig als staatsrechtliche Beschwerde entgegennehmen und den vorliegenden Streit aus verfassungsrechtlicher Sicht behandeln.
1.2
Der Willensvollstrecker der Verstorbenen macht geltend, die vier Kinder seien in allen drei vorinstanzlichen Verfahren nicht als Partei aufgetreten und deshalb zur Erhebung der staatsrechtlichen Beschwerde nicht legitimiert. Das Verwaltungsgericht weist darauf hin, die kantonale Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei nur im Namen des Ehemannes der Verstorbenen eingereicht worden. Im kantonalen Beschwerdeverfahren hätten die vier Kinder keine Parteistellung gehabt.
Nach
Art. 86 Abs. 1 OG
ist die staatsrechtliche Beschwerde nur gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide zulässig. Es reicht dabei nicht aus, dass lediglich ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid vorliegt. Vielmehr ist erforderlich, dass die kantonalen Rechtsmittel von der beschwerdeführenden Partei selber ergriffen worden sind und der kantonale Instanzenzug von ihr persönlich ausgeschöpft worden ist. Etwas anderes kann nur gelten, wenn erst der letztinstanzliche kantonale Entscheid denjenigen, der staatsrechtliche Beschwerde ergreift, in seinen rechtlich geschützten Interessen trifft (
BGE 73 I 241
S. 242 f.; Urteil des Bundesgerichts 2P.407/1996 vom 14. Oktober 1997, E. 1b; WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Aufl., Bern 1994, S. 330).
Vorliegend kann offen gelassen werden, ob den Kindern in den kantonalen Verfahren formell Parteistellung zugekommen ist oder
BGE 129 I 173 S. 176
nicht. Immerhin hatte der Ehemann der Verstorbenen den Rekurs an den Bezirksrat Meilen sowohl in dieser Eigenschaft wie auch als gesetzlicher Vertreter der vier namentlich genannten Kinder erhoben. Das Verwaltungsgericht wie auch der Bezirksrat Meilen prüften jedenfalls materiell, ob die Persönlichkeitsrechte der Kinder bzw. deren Interessen durch die angeordnete Beisetzung der Urne ihrer Mutter auf dem Friedhof Meilen verletzt wurden. Beide Instanzen kamen zum Ergebnis, dass dies nicht der Fall war. Unter diesen Umständen liegt auch in Bezug auf die vor Bundesgericht gerügte Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Kinder ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid im Sinne von
Art. 86 Abs. 1 OG
vor.
1.3
Der Ehemann der Verstorbenen und die gemeinsamen Kinder sind durch die angeordnete Beisetzung der Urne auf dem Friedhof Meilen in ihren verfassungsmässigen Persönlichkeitsrechten berührt und damit zur Erhebung der staatsrechtlichen Beschwerde im Sinne von
Art. 88 OG
legitimiert.
1.4
Streitgegenstand vor Bundesgericht bildet die Frage, ob die verfügte Urnenbeisetzung auf dem Friedhof Meilen die geltend gemachten verfassungsmässigen Rechte der Beschwerdeführer verletzt, nicht jedoch die Frage der Rechtmässigkeit der Überführung des Leichnams der Verstorbenen von Athen nach Meilen. Soweit die Beschwerdeführer mit ihrem Vorbringen, eine rechtswidrige Einfuhr eines Leichnams in die Schweiz könne nicht die Zuständigkeit der Schweizer Behörden über das Territorialitätsprinzip begründen, allenfalls implizit eine Staatsvertragsbeschwerde im Sinne von
Art. 84 Abs. 1 lit. c OG
bzw. eine Beschwerde wegen Verletzung bundesrechtlicher Zuständigkeitsvorschriften im Sinne von
Art. 84 Abs. 1 lit. d OG
erheben, genügt die Beschwerdeschrift den Begründungsanforderungen von
Art. 90 Abs. 1 lit. b OG
nicht. Insoweit ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
1.5
Die staatsrechtliche Beschwerde ist, von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen, kassatorischer Natur (
BGE 127 II 1
E. 2c S. 5 mit Hinweis). Soweit die Beschwerdeführer mehr beantragen als die Aufhebung des angefochtenen Entscheids, kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.
1.6
Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt; auf die staatsrechtliche Beschwerde ist unter den genannten Vorbehalten einzutreten.
2.
Die Beschwerdeführer machen geltend, das Verwaltungsgericht habe ihre persönliche Freiheit (
Art. 10 Abs. 2 BV
) verletzt, da
BGE 129 I 173 S. 177
es die angeordnete Urnenbeisetzung auf dem Friedhof in Meilen entgegen ihrem ausdrücklichen Wunsch schützte. Dadurch werde ihnen verwehrt, jederzeit das Grab der Verstorbenen zu besuchen und regelmässig die Totenfürsorge vorzunehmen.
2.1
Die in
Art. 10 Abs. 2 BV
gewährleistete persönliche Freiheit schützt auch die emotionalen Bindungen der Angehörigen zu einem Verstorbenen. Kraft dieser engen Verbundenheit steht den Angehörigen das Recht zu, über den Leichnam des Verstorbenen zu bestimmen, die Art und den Ort der Bestattung festzulegen sowie sich gegen ungerechtfertigte Eingriffe in den toten Körper zur Wehr zu setzen (vgl.
BGE 127 I 115
E. 6b S. 123;
BGE 123 I 112
E. 4c S. 119;
BGE 111 Ia 231
E. 3b S. 234;
BGE 101 II 177
E. 5a S. 190 f.).
Als nächste Angehörige sind die Beschwerdeführer durch die von den staatlichen Behörden angeordnete Beisetzung der Urne der Verstorbenen auf dem Friedhof in Meilen in ihrer persönlichen Freiheit berührt. Dieser kommt indessen kein absoluter Schutz zu. Vielmehr kann sie unter bestimmten Voraussetzungen eingeschränkt werden.
2.2
Eine Einschränkung der persönlichen Freiheit ist gemäss
Art. 36 BV
zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt ist, sich als verhältnismässig erweist und den Kerngehalt des Grundrechts nicht antastet. Das Bundesgericht prüft frei, ob ein öffentliches Interesse bzw. ein Grundrechtsinteresse eines Dritten die angefochtene Massnahme rechtfertigt, ob diese verhältnismässig ist und den Kerngehalt der persönlichen Freiheit wahrt. Dagegen untersucht es die Frage, ob eine Anordnung im kantonalen Recht eine genügende gesetzliche Grundlage findet, nur auf Willkür hin, ausser wenn ein schwerer Eingriff in das betreffende Grundrecht zur Diskussion steht. Fragen des Sachverhalts werden nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür untersucht (
BGE 127 I 6
E. 6 S. 18).
3.
Das Verwaltungsgericht stützte die umstrittene Anordnung auf § 79 Abs. 3 des Zürcher Gesetzes über das Gesundheitswesen (Gesundheitsgesetz) vom 4. November 1962. Gemäss dieser Bestimmung kann die Bestattung auf Wunsch des Verstorbenen oder seiner Angehörigen auch auf dem Friedhof einer anderen Gemeinde (als der letzten Wohngemeinde oder der Gemeinde, in welcher der Tod eingetreten oder die Leiche aufgefunden worden ist) erfolgen. Hiezu ist die Bewilligung der zuständigen Gesundheitsbehörde erforderlich. Es ist unbestritten, dass die Gemeinde Meilen der Bestattung
BGE 129 I 173 S. 178
der Verstorbenen auf ihrem Friedhof zugestimmt hat. Indessen beanstanden die Beschwerdeführer die Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Verstorbene habe verbindlich den Wunsch geäussert, sie wolle in Meilen bestattet werden. Die Frage, ob die Verstorbene einen entsprechenden Willen geäussert hat, stellt im vorliegenden öffentlichrechtlichen Zusammenhang eine Sachverhaltsfrage dar. Das Bundesgericht kann die entsprechende Feststellung des Verwaltungsgerichts im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren nur auf Willkür hin prüfen.
3.1
Eine Sachverhaltsfeststellung ist dann willkürlich, wenn sie offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, auf einem offenkundigen Versehen beruht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Willkür liegt sodann nur vor, wenn nicht bloss die Begründung eines Entscheides, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist (
BGE 127 I 38
E. 2a S. 41, 54 E. 2b S. 56, je mit Hinweisen).
Die Verstorbene traf in ihrer als "Nachtrag zum Testament" überschriebenen handschriftlichen Erklärung vom 22. April 2001 folgende Anordnung: "Ich wünsche für mein Begräbnis folgendes: Die Urne soll [auf dem] Friedhof Meilen beigestattet werden (Ich möcht[e] eine Feuerbestattung). Zur Abdankung [möchte] ich eine kathol. Messe." Zu diesem Zeitpunkt litt die Verstorbene bereits seit längerer Zeit an ihrer schweren Krebserkrankung. Die Beschwerdeführer behaupten in der Beschwerdeschrift indessen nicht und den Akten lassen sich auch keine Hinweise entnehmen, dass sie durch ihre Krankheit zum fraglichen Zeitpunkt in ihren geistigen Fähigkeiten beeinträchtigt und nicht mehr in der Lage gewesen wäre, nach freiem Willen über den Bestattungsort zu bestimmen. Die Tatsache, dass die Erklärung mit zittriger Schrift abgefasst ist, lässt sich - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt - mit dem schlechten körperlichen Gesundheitszustand der Autorin begründen. Die Urteilsfähigkeit ist die Regel und wird nach der Lebenserfahrung vermutet, solange keine Anzeichen dafür bestehen, dass die betroffene Person aufgrund ihrer allgemeinen Verfassung - etwa bei bestimmten Geisteskrankheiten oder Altersschwäche - im Normalfall und mit grosser Wahrscheinlichkeit als urteilsunfähig gelten muss (zur Handhabung dieser Vermutung im Privatrecht vgl.
BGE 124 III 5
E. 1b S. 8 f. und E. 4b S. 14 f.). Der Bruder der Verstorbenen hat mit seiner eidesstattlichen Erklärung vom 28. Dezember 2001, seine Schwester sei zum Zeitpunkt der Verfassung des
BGE 129 I 173 S. 179
Testamentsnachtrags zwar körperlich geschwächt, aber seines Erachtens in vollem Besitz ihrer geistigen Fähigkeiten gewesen, die bereits aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung bestehende Vermutung der Urteilsfähigkeit noch weiter verstärkt. Allein der Umstand, dass der Bruder allenfalls ein affektives Interesse daran hat, dass die Urne der Verstorbenen in Meilen beigesetzt wird, lässt seine Erklärung im Übrigen noch nicht als unglaubwürdig erscheinen und legt auch nicht zwingend nahe, dass er seine verstorbene Schwester dahingehend beeinflusst haben könnte. Handfeste Interessen des Bruders sind entgegen der Behauptung der Beschwerdeführer nicht auszumachen. Wie aus dem Testament vom 2. März 2001 hervorgeht, wollte die Verstorbene ihren Ehemann wegen Verletzung familiärer Pflichten vollständig enterben und ihr Vermögen allein ihren Kindern zukommen lassen. Soweit ersichtlich können Brüder oder Vater der Verstorbenen aus dem Umstand, dass die Urne der Verstorbenen in Meilen beigesetzt wird, für sich selber keine vermögensrechtlichen Vorteile ableiten. Aus dem Brief an den Ehemann vom Mai 2001, in welchem die Verstorbene eine Rückkehr nach Rom in Erwägung zog, und dem aufgezeichneten Telefongespräch vom 20. Dezember 2001 geht zwar hervor, dass sich die Verstorbene ihren Kindern sehr verbunden fühlte und ihnen nahe sein wollte. Wie das Verwaltungsgericht indessen willkürfrei festgestellt hat, kann aus diesen Dokumenten - soweit sie überhaupt verwertbar sind - nicht abgeleitet werden, die Verstorbene habe damit die Anordnung über ihre Bestattung widerrufen oder abgeändert. Es trifft zwar zu, wie die Beschwerdeführer vorbringen, dass die Erklärung der früheren Gouvernante, sie habe mit der Verstorbenen regelmässig telefoniert und diese habe ihr sowohl im Oktober als auch im November bestätigt, sie wolle in Meilen bestattet werden, weder datiert noch amtlich beglaubigt ist. Es ist indessen nicht unhaltbar, wenn das Verwaltungsgericht diese Erklärung als zusätzliches Indiz dafür wertete, dass die Verstorbene in Meilen bestattet werden wollte. Die Behauptung der Beschwerdeführer, die Verstorbene habe seit ihrer Hochzeit keinerlei Kontakt mit der Gouvernante mehr gehabt, ist nicht belegt. Gemäss der Erklärung der Gouvernante hatte die Verstorbene diese während ihres Spitalaufenthaltes in Athen etwa einmal im Monat angerufen. Die Vorbringen der Beschwerdeführer sind nicht geeignet, die Feststellung des Verwaltungsgerichts, die Verstorbene habe in verbindlicher Form den Wunsch geäussert, auf dem Friedhof Meilen bestattet zu werden, als willkürlich erscheinen zu lassen.
BGE 129 I 173 S. 180
3.2
Nach den obigen Ausführungen liegen die in § 79 Abs. 3 des Gesundheitsgesetzes genannten Voraussetzungen - Wunsch der Verstorbenen und Bewilligung der zuständigen Gesundheitsbehörde - für eine Beisetzung der Urne auf dem Friedhof Meilen vor. Die Beschwerdeführer machen nicht geltend, das Verwaltungsgericht habe die genannte Bestimmung in verfassungswidriger Weise angewendet. Es kann offen gelassen werden, ob es sich bei der angeordneten Urnenbeisetzung um einen leichten oder schweren Eingriff in die persönliche Freiheit der Beschwerdeführer handelt, da auch bei einer freien Prüfung die Rechtsanwendung des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden ist. Die von den staatlichen Behörden entgegen dem Willen der Beschwerdeführer angeordnete Urnenbeisetzung auf dem Friedhof Meilen beruht somit auf einer gesetzlichen Grundlage.
4.
Des Weiteren ist zu untersuchen, ob die Einschränkung der persönlichen Freiheit der Beschwerdeführer durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt ist. Die staatlichen Behörden verfolgten mit der verfügten Urnenbeisetzung nicht primär ein öffentliches Interesse, sondern entsprachen dem Wunsch der Verstorbenen, auf dem Friedhof Meilen bestattet zu werden. Dieser Wunsch geniesst grundrechtlichen Schutz. Die in
Art. 10 Abs. 2 BV
verbriefte persönliche Freiheit umfasst auch das Recht des Einzelnen, in den Schranken des Gesetzes, der öffentlichen Ordnung und der guten Sitten zu Lebzeiten selbst über das Schicksal seines Leichnams sowie die Art und den Ort der Bestattung zu bestimmen. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgehalten hat, ist der Wunsch der Verstorbenen, kremiert und auf dem Friedhof Meilen beigesetzt zu werden, weder rechts- noch sittenwidrig. Das Selbstbestimmungsrecht, zu Lebzeiten über seinen toten Körper zu verfügen und die Modalitäten seiner Bestattung festzulegen, zeitigt Wirkungen über den Tod hinaus. Nach der Rechtsprechung hat dieses Recht grundsätzlich Vorrang vor dem Bestimmungsrecht der hinterbliebenen Angehörigen, welches nur subsidiär zum Zuge kommt, wenn keine entsprechenden schriftlichen oder mündlichen Anordnungen des Verstorbenen vorliegen (vgl.
BGE 127 I 115
E. 4a S. 119;
BGE 123 I 112
E. 4b und c S. 118 f.;
BGE 111 Ia 231
E. 3b S. 233 f.;
BGE 98 Ia 508
E. 8b S. 521 ff.;
BGE 97 I 221
E. 4b S. 228 f.;
BGE 45 I 119
E. 6 S. 132 f.;
BGE 101 II 177
E. 5a S. 190 f.). Die Einschränkung der persönlichen Freiheit der Beschwerdeführer ist durch das gegenläufige Interesse am postmortalen Schutz des Persönlichkeitsrechts
BGE 129 I 173 S. 181
der Verstorbenen grundsätzlich gerechtfertigt. Zu prüfen bleibt indessen, ob der Eingriff verhältnismässig ist.
5.
Ein staatlicher Eingriff in ein Grundrecht ist verhältnismässig, wenn er geeignet und erforderlich ist, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Ferner müssen die betroffenen Interessen im Rahmen der Prüfung der Verhältnismässigkeit im engeren Sinne gegeneinander abgewogen werden (
BGE 124 I 107
E. 4c/aa S. 115;
BGE 123 I 152
E. 7a S. 169; ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 5. Aufl., Zürich 2001, N. 320 ff.).
5.1
Vorliegend stehen sich zwei Grundrechtspositionen gegenüber: das Interesse am postmortalen Schutz des Persönlichkeitsrechts der Verstorbenen auf der einen und das Interesse der Angehörigen, die Totenfürsorge vornehmen zu können, auf der anderen Seite. Dem Staat ist hier aufgetragen, im Einzelfall einen möglichst schonenden Ausgleich der betroffenen Grundrechtsinteressen zu suchen und sog. "praktische Konkordanz" herzustellen (HÄFELIN/HALLER, a.a.O., N. 319; KONRAD HESSE, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl., Heidelberg 1995, N. 317 f.).
Die von den staatlichen Behörden verfügte Urnenbeisetzung auf dem Friedhof in Meilen ist eine geeignete und erforderliche Massnahme, um dem Wunsch der Verstorbenen nachzukommen. Da eine Beisetzung der Urne nur entweder auf dem Friedhof in Meilen oder auf dem Friedhof in Rom in Frage kommt, ist kein milderes, gleich geeignetes Mittel ersichtlich. Es bleibt somit, die sich gegenüberliegenden Interessen abzuwägen. Da im Hinblick auf die Bestimmung des Bestattungsorts auf beiden Seiten keine Kerngehalte der persönlichen Freiheit betroffen sind, ist eine solche Abwägung auch nicht von vornherein ausgeschlossen.
5.2
Die Beschwerdeführer bringen vor, die Abwägung zwischen dem Willen eines Verstorbenen und den Interessen seiner Angehörigen habe je nach Anordnung des Ersteren unterschiedlich auszufallen. So seien Anordnungen, welche die Behandlung des Leichnams beträfen wie etwa der Wunsch nach einer Feuerbestattung oder die Organspende, für den Verstorbenen wichtiger als für die Hinterbliebenen. Umgekehrt sei namentlich der Bestattungsort, der für die Totenfürsorge von zentraler Bedeutung sei, für die Hinterbliebenen wesentlich wichtiger als für den Verstorbenen. Die Totenfürsorge berühre zudem in geringerem Ausmass höchstpersönliche Rechte des Verstorbenen als die Organentnahme. Bei Letzterer sei zudem ein
BGE 129 I 173 S. 182
wichtiges öffentliches Interesse zu berücksichtigen und es sei unbestritten, dass in diesem Bereich die Wünsche der Hinterbliebenen zurück stehen müssten. Nach Auffassung der Beschwerdeführer hat ihr Wunsch, dass die Verstorbene in Rom bestattet wird, Vorrang vor deren Willen, in Meilen beigesetzt zu werden. Eine Bestattung in Meilen erschwere ihnen die Totenfürsorge dauernd. Diese sei ein grundlegendes Bedürfnis aller Menschen in unserer Gesellschaft. Sie - die Beschwerdeführer - seien gläubige Katholiken, in deren Glaubensalltag die Totenfürsorge einen wesentlich zentraleren Platz einnehme als bei Reformierten.
Die Beschwerdeführer verstehen unter Totenfürsorge im vorliegenden Zusammenhang offenbar die regelmässige Pflege des Andenkens an die verstorbene Ehefrau und Mutter an deren Grab. Allenfalls wird auch an die spätere Grabpflege oder das Abhalten von Gedenkmessen am Bestattungsort gedacht (zum Begriff der Totenfürsorge vgl. ESTHER KNELLWOLF, Postmortaler Persönlichkeitsschutz - Andenkensschutz der Hinterbliebenen, Diss. Zürich 1990, S. 60). Den Beschwerdeführern ist beizupflichten, dass ein regelmässiger Grabbesuch und das gedankliche Gespräch mit einer verstorbenen Person an deren letzter Ruhestätte für die nächsten Angehörigen von grosser Bedeutung sein kann. Auf der anderen Seite ist dem Wunsch des Einzelnen, nach seinem Tod an einem bestimmten Ort bestattet zu werden, kein bloss untergeordnetes Gewicht beizumessen. Die Verstorbene hätte wohl kaum angeordnet, sie wolle auf dem Friedhof Meilen bestattet werden, wenn ihr dies nicht wichtig gewesen wäre. Für ihren Bestattungswunsch dürfte unter Umständen auch eine Rolle gespielt haben, dass die Beziehung zu ihrem Ehemann schwierig geworden und ein Trennungs- und Scheidungsverfahren im Gange war. Ferner ist zu berücksichtigen, dass den Beschwerdeführern der Grabbesuch nicht verunmöglicht, sondern nur erschwert wird, weil sie sich hierfür jeweils von Rom nach Meilen begeben müssen. Die Schweiz ist für die Beschwerdeführer indessen kein fremdes Land. Sie haben vor ihrer Übersiedlung nach Rom im Sommer 2000 in Zollikon gelebt und zumindest die Kinder besitzen neben der italienischen auch die schweizerische Staatsbürgerschaft. Zudem scheint der Ehemann der Verstorbenen in Küsnacht über eine Wohnung zu verfügen und nach wie vor auch in der Schweiz zu arbeiten. Wie aus den Akten hervorgeht, dürften ferner die finanziellen Mittel kein Hindernis für entsprechende, regelmässige Reisen in die Schweiz sein. Das Verwaltungsgericht hat zudem zu Recht festgehalten, dass die Pflege des Andenkens an die
BGE 129 I 173 S. 183
Verstorbene nicht nur auf dem Friedhof, sondern auch auf andere Weise und mit Hilfe von Erinnerungsstücken möglich sei. Schliesslich kann die Totenfürsorge teilweise auch vom Vater und den Brüdern der Verstorbenen wahrgenommen werden, namentlich was die spätere Grabpflege anbelangt. Der Wille der Verstorbenen, auf dem Friedhof Meilen bestattet zu werden, ist vorliegend höher zu gewichten als das Anliegen der Totenfürsorge seitens der Beschwerdeführer.
5.3
Die Beschwerdeführer bringen ferner vor, eine Beisetzung der Urne in Meilen beeinträchtige die ungestörte Entwicklung der vier Kinder. Dem Verwaltungsgericht ist beizupflichten, wenn es ausführt, es sei nicht auszuschliessen, dass die Bestattung in Meilen die Gefühle der Kinder verletze und für sie nicht ohne weiteres verständlich sei. Indessen seien die lange Krankheit der Mutter, das Verhalten des Vaters und die gesamten Lebensumstände der letzten wie der kommenden Zeit die viel prägenderen Faktoren für die Entwicklung der Kinder als die Bestattung der Mutter in Meilen. Die Beschwerdeführer wenden dagegen ein, die Kinder seien durch die Krankheit der Mutter, die Auseinandersetzung mit deren möglichen Tod und die Trennung von ihr bereits stark betroffen gewesen und sollten nicht noch zusätzlich belastet werden. Wenn den Kindern die Möglichkeit genommen werde, die Mutter in ihrer Nähe an ihrem Wohnort zu bestatten, werde ihnen die Mutter ein zweites Mal genommen. Die Beschwerdeführer beachten zu wenig, dass die staatlichen Behörden mit der umstrittenen Bestattungsanordnung dem ausdrücklichen Willen der Verstorbenen Nachachtung verschafften. Die Verstorbene hatte ihren Wunsch nach der Übersiedlung der Familie nach Rom geäussert. Wie aus den Akten hervorgeht, fühlte sie sich ihren Kindern sehr verbunden. Dennoch wollte sie nicht in Rom, sondern in Meilen bestattet werden. Wie bereits oben dargelegt, wird den Kindern der Grabbesuch nicht verunmöglicht und ist die Pflege des Andenkens an die Mutter nicht nur auf dem Friedhof, sondern auch auf andere Weise denkbar. Das Vorbringen der Beschwerdeführer, es sei für Kinder schädlich, wenn sie die Pflege des Andenkens an die Mutter ausschliesslich in der eigenen Wohnung vornehmen müssten und die Aussage, die Kinder könnten durch den Gang auf den Friedhof das Andenken an die Mutter pflegen ohne täglich mit dem Tod konfrontiert zu sein, überzeugen nicht. Der Tod der Mutter ist im Leben der Kinder ein einschneidendes und schmerzhaftes Ereignis, mit dem sie in einer ersten Zeit vermutlich sehr oft konfrontiert sind, unabhängig davon, wo sie sich aufhalten. Für die Verarbeitung dieses Verlustes dürften die gesamten
BGE 129 I 173 S. 184
Lebensumstände der Kinder sowie eine liebe- und verständnisvolle Zuwendung durch die Bezugspersonen, namentlich durch den Vater, wesentlich wichtiger sein als die leichte Erreichbarkeit des Grabes der verstorbenen Mutter. Entgegen seiner Behauptung wird dem Vater durch die Urnenbeisetzung in Meilen nicht verunmöglicht, seinen Kindern eine optimale Fürsorge angedeihen zu lassen. Nach dem Gesagten hat der Wille der Verstorbenen auch unter Berücksichtigung der Kindesinteressen Vorrang vor dem Wunsch der Beschwerdeführer. Somit stellt die angeordnete Urnenbeisetzung eine verhältnismässige Massnahme dar.
6.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die persönliche Freiheit der Beschwerdeführer (
Art. 10 Abs. 2 BV
) durch die angeordnete Urnenbeisetzung auf dem Friedhof Meilen nicht verletzt wurde. | mixed |
3708a20b-af47-4633-a67a-3610c9965279 | Sachverhalt
ab Seite 173
BGE 101 Ia 172 S. 173
Die ersten Absätze der §§ 53 und 54 des aargauischen Schulgesetzes lauten wie folgt:
§ 53 (Disziplinarmassnahmen)
"1 Wenn ein Lehrer seine Berufspflichten in grober Weise verletzt, in der Schulführung nicht genügt, durch unsittliche Lebensführung Anstoss erregt oder zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wird, so kann der Erziehungsrat je nach den Umständen den Lehrer ins Provisorium versetzen, im Amte einstellen oder dem Regierungsrat die Entlassung des Lehrers beantragen."
§ 54 (Verlust und Wiedererlangung der Wahlfähigkeit)
"1 Mit der disziplinarischen Entlassung durch den Regierungsrat ist der Verlust des Wahlfähigkeitszeugnisses verbunden. Es kann frühestens nach drei Jahren wieder erteilt werden, wenn genügende Gewähr vorliegt, dass die Gründe, die zur Entlassung geführt haben, nicht mehr vorhanden sind."
Der nicht dienstpflichtige André Froidevaux besitzt das aargauische Primarlehrerpatent und war seit 1967 als stellvertretender Sekundarlehrer an der Sekundarschule Schafisheim/AG tätig. Er wurde am 5. Mai 1971 ein erstes Mal vom Bezirksgericht Aarau wegen fortgesetzter Aufforderung zur Verletzung militärischer Dienstpflichten (
Art. 276 StGB
) zu vier Wochen Gefängnis, bedingt mit dreijähriger Probezeit, verurteilt, weil er an einer Verteilung von Flugblättern mit der Frage: "MUSST DU NICHT WIDERSTAND LEISTEN?" vor der Kaserne Aarau an einrückende Rekruten mitbeteiligt war. Froidevaux zog das Urteil nicht weiter. Vier Tage nach Erhalt des Urteilsdispositivs, aber noch vor Zustellung der vollständigen Urteilsbegründung, verteilte er zusammen mit andern erneut derartige Flugblätter vor der Kaserne an Rekruten. Die neuen Flugblätter enthielten neben dem Text des früheren Flugblattes auch eine Kritik am Urteil des Bezirksgerichtes unter dem Titel: "IST DIESER TEXT (d.h. der Urteilsspruch) ILLEGAL ODER SIND ES DIE GESETZE?" Auf Grund dieses Vorfalles wurde Froidevaux am 9. August 1972 vom Bezirksgericht Aarau wegen desselben Deliktes erneut verurteilt, diesmal zu einer Gefängnisstrafe von 40 Tagen unbedingt, unter gleichzeitigem Widerruf des im ersten Urteil gewährten bedingten Strafvollzuges. Das zweite bezirksgerichtliche Urteil wurde auf Berufung hin vom aargauischen Obergericht bestätigt. Die dagegen eingereichte Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Bundesgericht am 14. Dezember 1973 abgewiesen.
BGE 101 Ia 172 S. 174
Froidevaux war bereits am 8. Juni 1972 - also nach der ersten, aber noch vor der zweiten Verurteilung - vom Erziehungsrat mitgeteilt worden, dass er im aargauischen Schulbetrieb nicht mehr tragbar wäre, wenn er nochmals wegen desselben Deliktes verurteilt würde; doch erhielt er damals nur einen Verweis. Er hatte schon im Frühjahr 1972 seine Stelle an der Sekundarschule Schafisheim/AG aufgegeben und war dann nur noch einmal vom 23. Oktober 1972 bis Jahresende 1972 als stellvertretender Lehrer tätig. Nach Abschluss des zweiten strafrechtlichen Verfahrens, zwei Jahre nach dem erneuten Verteilen der Flugblätter, verfügte der Regierungsrat mit Entscheid vom 12. August 1974:
"Lehrer André Froidevaux wird die Wahlfähigkeit als aargauischer Primarlehrer entzogen, und es wird festgestellt, dass er nicht mehr berechtigt ist, als Lehrer im Kanton Aargau tätig zu sein."
Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau wies die hiegegen eingereichte Beschwerde ab. Mit staatsrechtlicher Beschwerde rügt Froidevaux, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei willkürlich und verletze das Recht auf freie Meinungsäusserung. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, aus folgenden Erwägungen
Erwägungen:
1.
Der Beschwerdeführer beruft sich auf das Willkürverbot und auf die verfassungsmässig geschützte Meinungsäusserungsfreiheit; diese ist vom Bundesgericht als ungeschriebenes Verfassungsrecht des Bundes anerkannt (
BGE 97 I 896
Erw. 4). Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, dass Art. 18 der aargauischen Kantonsverfassung die Meinungsäusserungsfreiheit umfassender schützt als das ungeschriebene Verfassungsrecht des Bundes. Zu prüfen ist deshalb ausschliesslich, ob der Entscheid des Verwaltungsgerichtes die Bundesverfassung verletzt.
2.
Wenn ein Lehrer zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wird, kann er nach § 53 Abs. 1 des aargauischen Schulgesetzes (SchulG) "je nach den Umständen" vom Erziehungsrat ins Provisorium versetzt oder im Amte eingestellt werden oder vom Regierungsrat entlassen werden. Das Verwaltungsgericht hat mit Recht angenommen, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Entlassung eines Lehrers auch dessen Wahlfähigkeitsausweis
BGE 101 Ia 172 S. 175
entzogen werden kann. Das gilt auch, wenn - wie hier - der Lehrer seiner drohenden Entlassung mit einem Austritt zuvorkommt. Der Entzug des Ausweises ist in diesem Falle keine eigentliche Disziplinarmassnahme, sondern vielmehr der Widerruf eines Verwaltungsaktes. Dieser ist hier zulässig, da die Wahlfähigkeit unter bestimmten Bedingungen - insbesondere gesetzeskonformes Verhalten des Lehrers - zuerkannt wird; sie kann bei Wegfall einer wesentlichen Bedingung durchaus wieder aberkannt werden. Die gesetzmässige Grundlage für die angefochtene Massnahme ist in den §§ 53 und 54 SchulG jedenfalls gegeben. Der Beschwerdeführer bestreitet das auch gar nicht.
Er bezweifelt jedoch, ob in seinem Falle neben der strafrechtlichen Verurteilung noch eine besondere Verwaltungsmassnahme zulässig sei. Die Bundesverfassung schliesst nicht aus, dass eine Tat neben der Bestrafung durch die Strafgerichte auch eine administrative Sanktion nach sich zieht, sofern Straf- und Verwaltungsmassnahme verschiedene Zwecke verfolgen (GRISEL, Droit administratif suisse, S. 335). Der Umstand, dass der Strafrichter die Nebenstrafe der Amtsunfähigkeit nach
Art. 51 StGB
nicht ausgesprochen hat, hindert den Regierungsrat nicht, gestützt auf das kantonale Schulrecht das Wahlfähigkeitszeugnis zu entziehen, wenn er mit hinreichendem Grund annehmen muss, der Lehrer sei im Kanton nicht mehr tragbar. Die Bestrafung des Beschwerdeführers und der Entzug des Wahlfähigkeitszeugnisses stehen zueinander in einem ähnlichen Verhältnis wie die Bestrafung eines Motorfahrzeughalters und der Entzug des Führerausweises. Die Massnahme mag den Betroffenen schwerer treffen als die Strafe. Sie ist aber trotzdem zulässig, weil damit gerechnet werden muss, dass durch die Strafe und gegebenenfalls durch die Strafverbüssung allein der verwaltungskonforme Zustand nicht wieder hergestellt ist. Im Falle des Beschwerdeführers hatte der Strafrichter nicht zu beurteilen, ob dieser noch weiter als Lehrer tätig sein könne. Der Regierungsrat war deshalb berechtigt und verpflichtet, zu prüfen, ob der Beschwerdeführer nach seiner zweifachen Verurteilung für die öffentliche Schule untragbar geworden war. Das kann nach dem klaren Text des § 53 SchulG nicht nur der Fall sein, wenn ein Lehrer seine Berufspflichten gröblich verletzt, sondern auch, wenn er eine Freiheitsstrafe erlitten hat. Der zweite Fall steht neben
BGE 101 Ia 172 S. 176
dem ersten; das Delikt muss sich also nicht auf die Berufspflichten beziehen. § 53 Abs. 1 SchulG enthält also keine unzulässige Strafkumulierung (vgl. dazu GIACOMETTI, Allgemeine Lehren des Verwaltungsrechts, S. 559).
Freilich darf und soll die an zweiter Stelle verfügende Instanz - hier der Regierungsrat - im Rahmen ihres Ermessens die bereits vom Strafrichter ausgesprochene Strafsanktion mitberücksichtigen. Dies schliesst aber nicht aus, allenfalls im öffentlichen Interesse die schärfste vom Gesetz vorgesehene Verwaltungssanktion - hier den Entzug des Wahlfähigkeitszeugnisses - auszusprechen.
3.
Disziplinarmassnahmen und diesen gleichzustellende Verwaltungsmassnahmen müssen dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit entsprechen (
BGE 100 Ia 360
E. 3b). Dieser besagt allgemein, dass das gewählte Mittel durch das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel gedeckt sein muss. Kann das Ziel mit einem weniger in die Freiheit einschneidenden Mittel ebensogut erreicht werden, so hat der Bürger Anspruch auf die Wahl des milderen Mittels. Dabei muss ein angemessenes Verhältnis zwischen dem zu erstrebenden Ziel und der dafür gebotenen Freiheitsbeschränkung bestehen (
BGE 96 I 242
E. 5
BGE 97 I 508
).
Den kantonalen Behörden steht aufgrund von § 53 SchulG bei der Wahl der Massnahmen ein gewisser Spielraum des Ermessens offen, indem auf die konkreten Umstände des Falles - etwa das Verhältnis zwischen Lehrer, Schüler, Eltern und Aufsichtsbehörden - verwiesen wird. Das Bundesgericht kann also nur eingreifen, wenn die kantonalen Behörden diesen Spielraum überschritten haben. Bei Massnahmen, die gegenüber kantonalen Beamten ergriffen werden, übt das Bundesgericht diese Zurückhaltung selbst dann, wenn wie hier gleichzeitig eine Verletzung der Meinungsäusserungsfreiheit gerügt wird, denn die kantonalen Behörden tragen die Verantwortung für eine einwandfreie Arbeit des öffentlichen Dienstes, und die gute Wahl und Überwachung der ausführenden Beamten ist das beste Mittel hiezu; dies gilt grundsätzlich auch für Lehrer (nicht veröffentlichtes Urteil vom 7. März 1973 i.S. Giordano, E. 4b und c). Eine freie Prüfung der kantonalen Disziplinarentscheide fällt im vorliegenden Fall schon deswegen ausser Betracht, weil der Beamte hier keinen Anspruch darauf hat, im Staatsdienst zu bleiben. Anderseits
BGE 101 Ia 172 S. 177
darf sich im vorliegenden Fall die Kognition auch nicht auf blosse Willkür beschränken, da die angefochtene Massnahme den Beschwerdeführer in seiner Freiheit trifft, weiterhin auf seinem erlernten Beruf zu arbeiten; die vom Kanton Aargau ausgesprochene Massnahme dürfte sich ja auch auf die Anstellungsmöglichkeiten des Beschwerdeführers in anderen Kantonen auswirken, Im ähnlichen Falle
BGE 98 Ia 471
liess sich die blosse Willkürprüfung nur verantworten, weil dem entlassenen Lehrer noch die Wählbarkeit in einer anderen Gemeinde des Kantons blieb. Ob mit der angefochtenen Massnahme der Grundsatz der Verhältnismässigkeit eingehalten worden ist, prüft das Bundesgericht also lediglich mit einer gewissen Zurückhaltung.
4.
Der Beschwerdeführer unterstreicht zuvor zwei Umstände, die seines Erachtens von vornherein zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides führen müssen: Einmal ist er seit der Verwarnung durch den Erziehungsrat zwar nochmals verurteilt worden, aber seine zweite Straftat lag vor dieser Verwarnung. Die erste Verurteilung hat ihm offenbar keinen Eindruck gemacht, doch rügt er, es sei nicht dargetan, dass auch die Verwarnung des Erziehungsrates ihm keinen Eindruck gemacht hätte. Zudem habe sich das Verwaltungsgericht mit den Berichten der Schulpflege von Schafisheim und des Schulinspektors sowie mit den Feststellungen der übrigen Lehrer an der gleichen Schule nicht auseinandergesetzt. Nach diesen Berichten kann dem Beschwerdeführer in der Tat nicht vorgeworfen werden, er habe in der Schule seine Schüler in einer Weise beeinflusst, die seiner persönlichen Einstellung zur Armee entspricht, die aber mit dem Schulunterricht an einer politisch neutralen Staatsschule nicht vereinbar wäre.
Das Verwaltungsgericht hat jedoch die beiden Umstände nicht übersehen, weshalb ihm keine aktenwidrige Annahme vorgeworfen werden kann: Es nahm an, nach den bei den Akten liegenden Zeugnissen habe "bis jetzt noch keine Beeinflussung der Schüler festgestellt werden können"; doch müsse aus der schriftlichen Stellungnahme des Beschwerdeführers gegenüber dem Erziehungsrat vom 14. Dezember 1971 geschlossen werden, dass er durchaus den Willen habe, seinen Schülern ein Stück seines Gesellschaftsbildes mitzugeben. Die von ihm verübten Straftaten seien geeignet, stark auf die Schüler zu wirken, "insbesondere dann, wenn sie im beliebten
BGE 101 Ia 172 S. 178
Lehrer den Märtyrer erblickten, der für seine Idee auch Gefängnisstrafe auf sich nehme". Mit der Vermutung, dass das Bekanntwerden der Verurteilung des Beschwerdeführers auf Schüler stark wirken könnte, hat das Verwaltungsgericht den ihm zustehenden Ermessensspielraum jedenfalls nicht überschritten.
Das Verwaltungsgericht nahm ferner an, die erste Verurteilung sei eine genügende Verwarnung gewesen. Dem Beschwerdeführer habe deshalb die Wahlfähigkeitsberechtigung entzogen werden können, auch wenn die erste Verwarnung durch die Erziehungsdirektion erst der zweiten Straftat folgte. Die erste Verurteilung durch das Strafgericht konnte durchaus die Funktion erfüllen, die in andern Fällen der verwaltungsinternen Verwarnung zukommt. Ob im Antrag des Erziehungsrates an den Regierungsrat diesbezüglich ein Fehler unterlaufen ist, ist unerheblich. Das Verwaltungsgericht hat diesen Punkt auf S. 19 seines Entscheides richtiggestellt. Es hat keine rechtlich erheblichen Tatsachen übersehen, sondern sie lediglich anders gewürdigt als der Beschwerdeführer. Dieser hält es für "völlig wirklichkeitsfremd", einer gerichtlichen Verurteilung eine ähnliche Warnwirkung zuzuschreiben wie einer Verwarnung durch die Erziehungsdirektion, da er das Urteil des Bezirksgerichtes eben als Fehlurteil betrachtet habe, Der Beschwerdeführer musste sich aber bei seiner zweiten Straftat doch bereits Rechenschaft geben, dass seine erneute vorsätzliche Verletzung des Strafgesetzbuches Rückwirkungen auf seine Stellung als Lehrer haben könnte, auch wenn die Schulbehörden das erste Disziplinarverfahren noch nicht abgeschlossen hatten. Wenn der Beschwerdeführer im Sinne eines "kalkulierten Risikos" glaubte, er habe höchstens mit einer Gefängnisstrafe und nicht mit zusätzlichen Verwaltungsmassnahmen zu rechnen, muss er die Folgen seiner "Fehlkalkulation" tragen. Die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichtes über den Sachverhalt sind unter dem beschränkten Blickwinkel, der dem Bundesgericht hier zusteht, nicht zu beanstanden; für die Würdigung der Verhältnismässigkeit ist also vom Tatbestand auszugehen, den das Verwaltungsgericht seinem Urteil zugrunde gelegt hat.
5.
Die Verhältnismässigkeit der vom Regierungsrat getroffenen Massnahme kann vom Bundesgericht auch dann bejaht werden, wenn es nicht alle Erwägungen des kantonalen
BGE 101 Ia 172 S. 179
Verwaltungsgerichtes gleich gewichtet wie dieses. Massgebend ist nur, ob Regierungsrat und Verwaltungsgericht ohne Verfassungsverletzung dem Beschwerdeführer das Wahlfähigkeitszeugnis auch dann entziehen konnten, wenn man annimmt, es sei bis zum Sommer 1971 - als die vom Beschwerdeführer angeführten positiven Meinungsäusserungen abgegeben wurden - kein nachteiliger Einfluss seines Verhaltens auf sein Wirken in der Schule zu verspüren gewesen. Trotz dieser Zeugnisse aus dem Jahre 1971 bleibt die Frage offen, wie sich die Spätere Verurteilung zu einer unbedingten Gefängnisstrafe (letztinstanzlich am 14. Dezember 1973) auf den Schulbetrieb ausgewirkt hätte, wenn der Beschwerdeführer im Schuldienst geblieben wäre oder wenn er wieder in den Schulbetrieb eintreten könnte. Dabei zeigen auf jeden Fall die Petitionen der Lehrer für und gegen den Entzug des Wahlfähigkeitszeugnisses, dass sein Fall im ganzen Kanton bekannt geworden ist. Die entscheidende Frage für den Regierungsrat musste sein, ob den Eltern zugemutet werden kann, ihre Kinder zu einem Lehrer in die Schule zu schicken, der bewusst unmittelbar nach der Verurteilung zu einer bedingten Gefängnisstrafe das gleiche, gegen den Staat gerichtete Delikt erneut begeht und sich so eine unbedingte Gefängnisstrafe zuzieht. Ein solcher Lehrer hat nicht bloss eine von der Mehrheit abweichende politische Auffassung vertreten, sondern er hat ein Strafurteil derart missachtet, dass er kaum tauglich scheint, den Schülern die Achtung vor der geltenden Rechtsordnung - inbegriffen deren anfechtbare Teile - zu vermitteln. Das gehört jedoch zu den unabdingbaren erzieherischen Aufgaben eines jeden Lehrers (vorgenanntes Urteil i.S. Giordano, E. 5c). Auch hohe pädagogische Fähigkeiten können diesen schweren Charaktermangel nicht aufwiegen. Ein solcher Lehrer kann bei Disziplinwidrigkeiten der Schüler seine Aufgabe kaum erfüllen, wenn die Schüler wissen, dass ihr Lehrer sich selbst durch eine strafgerichtliche Verurteilung in keiner Weise von der weiteren Begehung des gleichen vorsätzlichen Deliktes abhalten liess. Wer sich so verhält, verliert das Vertrauen der Eltern und die Autorität gegenüber den Schülern.
Der Beschwerdeführer wusste bei seiner zweiten Straftat, wie sein Flugblatt vom zuständigen zivilen Strafgericht beurteilt worden war. Er, der selbst nicht dienstpflichtige Lehrer, forderte mit andern zusammen die Rekruten mit rhetorischer
BGE 101 Ia 172 S. 180
Frage auf, gegenüber ihren militärischen Lehrern Widerstand zu leisten, weil sie in eine Schule einträten, die "eine totale Gleichmacherei, die Gleichschaltung anstrebe" und die "den Rekruten zum Herdentier macht". Man kann Vätern, die als Wehrmänner zur Landesverteidigung stehen, nicht zumuten, ihre Kinder zu einem Lehrer zu schicken, der unmittelbar nach der strafrechtlichen Verurteilung wegen dieser Äusserungen die ihm gewährte bedingte Verurteilung ausser Acht lässt und seine Anwürfe durch die erneute Verteilung von Flugblättern mit gleichem Inhalt bestätigt. Dies wäre eine Zumutung gegenüber den Eltern, auch wenn der Lehrer bisher keine entsprechende Aufforderung an seine eigenen Schüler in der Schule herangetragen hat. Die Verfassung schützt nicht nur die Freiheit der Bürger einschliesslich der Beamten und Lehrer, sie anerkennt auch die Freiheit der Regierungsorgane, jene Massnahmen durchzusetzen, die unerlässlich sind, um das Vertrauen in die Staatsschule aufrecht zu erhalten. Auch wenn man anerkennt, dass der Beschwerdeführer ein tüchtiger Lehrer war und ihn der Entzug des Wahlfähigkeitszeugnisses schwer trifft, kann deshalb die Verhältnismässigkeit der getroffenen Massnahme bejaht werden. Zumindest haben die kantonalen Behörden den ihnen zustehenden Ermessensspielraum nicht überschritten. Der Entzug ist im übrigen keineswegs endgültig, denn der Beschwerdeführer kann nach drei Jahren um eine Wiedererteilung des Wahlfähigkeitszeugnisses ersuchen, "wenn genügende Gewähr vorliegt, dass die Gründe, die zur Entlassung geführt haben, nicht mehr vorhanden sind" (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SchulG).
6.
Zu Unrecht beruft sich der Beschwerdeführer auch auf eine Verletzung der Meinungsäusserungsfreiheit. Er bestreitet von vornherein, dass für die Lehrer irgendeine Treuepflicht gegenüber dem Staate bestehe. Der Lehrer ist jedoch Beamter. Das Wort "Treuepflicht" umfasst gerade die Gesamtheit der Pflichten, die dem Beamten innerhalb und ausserhalb seiner amtlichen Tätigkeit obliegen. § 9 des geltenden aargauischen Besoldungsdekretes vom 24. November 1971, das die Rechtsstellung der aargauischen Beamten im allgemeinen umschreibt, übernimmt dabei den Satz von Art. 22 des Beamtengesetzes des Bundes: "Die Beamten haben alles zu tun, was die Interessen des Staates fordern und alles zu unterlassen, was sie beeinträchtigt".
BGE 101 Ia 172 S. 181
Dieser sehr allgemein gefasste Satz bedarf freilich der verfassungskonformen Auslegung. Grundsätzlich verfügt auch der Beamte über die verfassungsmässigen Rechte. Er darf Sich politisch betätigen und sich öffentlich und privat an der politischen Kritik beteiligen (A. GRISEL, Droit administratif suisse, 249; O. K. KAUFMANN, Grundzüge des schweizerischen Beamtenrechts, ZBl 73/1972, 386). Der Beamte hat sich jedoch an die Beschränkungen zu halten, die seine besondere Stellung mit sich bringt.
In jedem Falle hat er sich zumindest aller ungesetzlichen Mittel zu enthalten und darf auch nicht zu deren Gebrauch ermuntern (GRISEL, a.a.O., S. 250). Daran hat sich der Beschwerdeführer nicht gehalten. Anlass zum Entzug seines Wahlfähigkeitszeugnisses waren nicht seine persönlichen Meinungsäusserungen oder sein öffentliches Bekenntnis als Kriegsdienstgegner, sondern die beiden strafrechtlichen Verurteilungen. Dass diese Ausfluss seiner politischen Überzeugung waren, ändert nichts, da politische und Glaubensansichten nicht von der Erfüllung bürgerlicher Pflichten entbinden (vgl.
Art. 49 Abs. 5 BV
); hiezu gehört auch die Einhaltung der vom Strafrecht gesetzten Grenzen der Meinungsäusserungsfreiheit.
Deshalb steht vorliegend keinesfalls "das Recht auf freie Meinungsäusserung der gesamten Lehrerschaft auf dem Spiel", wie der Beschwerdeführer etwas grosstuerisch behauptet. Zu Unrecht glauben auch die Unterzeichner der Petition an den Erziehungs- und Regierungsrat, der Entscheid des letzteren "käme einem Angriff auf die demokratischen Rechte der Lehrer gleich". Dies trifft nicht zu. Die demokratischen Rechte der Lehrer verdienen vollen Schutz, aber es gibt kein "demokratisches Recht", Seiner politischen Überzeugung durch wiederholte strafbare Handlung Ausdruck zu geben. Wer glaubt, durch wiederholte schwere Verletzung der Rechtsordnung für seine Überzeugung kämpfen zu müssen, ist vielmehr, wie Regierungsrat und Verwaltungsgericht ohne Überschreitung ihres Ermessensspielraumes festgestellt haben, als Lehrer nicht mehr tragbar und kann sich nicht auf die Meinungsäusserungsfreiheit berufen. | mixed |
a8f274ca-3949-4590-988b-34a61eee03f5 | Sachverhalt
ab Seite 108
BGE 112 Ia 107 S. 108
Gemäss § 19 der aargauischen Verordnung zum Wirtschaftsgesetz vom 16. August 1976 (VV WG) ist Jugendlichen, welche das 16. Altersjahr noch nicht zurückgelegt haben, der Aufenthalt in Spiellokalen untersagt. Das Bezirksgericht Zofingen erklärte am 8. Dezember 1983 B. in Anwendung dieser Bestimmung des Duldens eines Jugendlichen unter 16 Jahren im Spielsalon X. in A. schuldig und büsste sie mit Fr. 100.--.
B. gelangte an das Obergericht des Kantons Aargau mit dem Antrag auf Aufhebung des bezirksgerichtlichen Urteils und Freisprechung von Schuld und Strafe. Die 1. Strafkammer dieses Gerichts wies mit Entscheid vom 29. März 1984 die Berufung ab, wobei sie bloss auf das Berufungsbegehren eintrat, nicht aber auf dessen Begründung in der Annahme, diese sei durch eine nicht zur Ausübung der Advokatur im Kanton Aargau befugte Person unterzeichnet worden. Eine dagegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde hiess das Bundesgericht mit Urteil vom 22. Oktober 1984 wegen überspitzten Formalismus gut. Die 1. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Aargau wies die Berufung von B. mit Entscheid vom 22. November 1984 erneut ab. Dabei erwog sie im wesentlichen, § 19 VV WG biete eine hinreichende gesetzliche Grundlage eines Zutrittverbotes für Jugendliche unter 16 Jahren in Spiellokalen, genüge dem strafrechtlichen Legalitätsprinzip und gestatte, auch die Aufsichtsperson über das Lokal zu bestrafen, sofern diese schuldhaft den Aufenthalt Unbefugter dulde.
B. führt auch gegen dieses Urteil staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, es wegen Verletzung von
Art. 4 BV
aufzuheben. Sie rügt einerseits eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör mangels hinreichender Begründung des angefochtenen Entscheides, anderseits eine Verletzung des Grundsatzes "nulla poena sine lege". Erwägungen
Auszug aus den Erwägungen:
2.
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör. Sie wirft der kantonalen Instanz
BGE 112 Ia 107 S. 109
vor, sich im angefochtenen Entscheid nicht einlässlich mit den von ihr vorgetragenen Berufungsgründen auseinandergesetzt zu haben. Insbesondere äussere sich das Obergericht weder im ersten noch im zweiten Urteil zur zentralen Frage, ob der als Grundlage für die Verurteilung dienende § 19 VV WG durch eine Delegationsnorm des Gesetzes über das Wirtschaftswesen und den Handel mit geistigen Getränken (Wirtschaftsgesetz) vom 2. März 1903 (WG) abgedeckt sei.
a) Der Umfang des Anspruchs auf rechtliches Gehör bestimmt sich in erster Linie nach den kantonalen Verfahrensvorschriften. Wo sich jedoch der kantonale Rechtsschutz als ungenügend erweist, greifen die unmittelbar aus
Art. 4 BV
folgenden Verfahrensregeln zur Sicherung des rechtlichen Gehörs Platz. Das Gesetz über die Strafrechtspflege (Strafprozessordnung - StPO) vom 11. November 1958 regelt die Begründung von Berufungsurteilen nicht ausdrücklich (vgl. § 223). Die Beschwerdeführerin macht deshalb auch nicht geltend, eine Norm des kantonalen Rechts verpflichte die Behörde zu einer einlässlicheren Begründung ihres Entscheides, als dies
Art. 4 BV
gebiete. Es ist daher einzig - und zwar mit freier Kognition - zu prüfen, ob das Obergericht des Kantons Aargau mit der gegebenen Begründung den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör, wie er unmittelbar aus
Art. 4 BV
fliesst, verletzt hat (
BGE 110 Ia 81
E. 5b, 85 E. 3b, 101 E. 4a; mit Hinweisen).
b) Das rechtliche Gehör als persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört, sorgfältig und ernsthaft prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt (vgl. dazu
BGE 112 Ia 3
E. 3c mit Hinweisen). Daraus folgt die grundsätzliche Pflicht der Behörden, ihren Entscheid zu begründen (
BGE 111 Ia 1
E. 2a;
BGE 107 Ia 248
E. 3a; JÖRG PAUL MÜLLER/STEFAN MÜLLER, Grundrechte. Besonderer Teil, Bern 1985, S. 250 ff.; vgl. dazu auch
Art. 35 VwVG
;
BGE 104 V 154
;
BGE 99 V 188
;
BGE 98 Ib 195
E. 2). Der Bürger soll wissen, warum die Behörde entgegen seinem Antrag entschieden hat. Zudem kann durch die Verpflichtung zur Offenlegung der Entscheidgründe verhindert werden, dass sich die Behörde von unsachlichen Motiven leiten lässt. Die Begründungspflicht erscheint so nicht nur als ein bedeutsames Element transparenter Entscheidfindung, sondern dient zugleich auch der wirksamen Selbstkontrolle der Behörde (vgl. dazu
BGE 103 Ia 205
E. 4c; Urteil vom 26. Januar
BGE 112 Ia 107 S. 110
1977, E. 2b, in EuGRZ 1977, S. 108; THOMAS COTTIER, Der Anspruch auf rechtliches Gehör (
Art. 4 BV
), in recht 1984, S. 126).
Aufgrund dieses allgemeinen verfassungsrechtlichen Anspruchs lassen sich allerdings keine generellen Regeln aufstellen, denen eine Begründung zu genügen hätte. Es wäre deshalb auch verfehlt, das von
Art. 4 BV
geforderte Mass, die Begründungsdichte, im Sinne eines Minimalstandards einheitlich festzulegen (THOMAS COTTIER, a.a.O., S. 126 f.). Die Anforderungen sind vielmehr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles sowie der Interessen des Betroffenen im Blick auf folgende, in der Rechtsprechung des Bundesgerichts entwickelte Grundsätze festzulegen: Da dem Anspruch gestützt auf
Art. 4 BV
gegenüber dem kantonalen Verfahrensrecht nur subsidiäre Bedeutung zukommt, dürfen an die Begründung eines kantonalen Entscheides keine zu hohen Anforderungen gestellt werden, insbesondere dann nicht, wenn das kantonale Recht selbst keine Pflicht zur Begründung vorsieht (
BGE 104 Ia 322
E. 3a mit Hinweisen sowie
BGE 111 Ia 1
E. 2a;
BGE 101 Ia 305
E. 4c,
BGE 99 Ia 692
E. 5 mit Hinweis). Die Begründung eines Entscheides muss so abgefasst sein, dass der Betroffene ihn gegebenenfalls sachgerecht anfechten kann. Dies ist nur dann möglich, wenn sowohl er wie auch die Rechtsmittelinstanz sich über die Tragweite des Entscheides ein Bild machen können. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde leiten liess und auf welche sich ihr Entscheid stützt (
BGE 105 Ib 248
E. 2a;
BGE 101 Ia 48
E. 3; vgl. auch
BGE 107 Ia 248
E. 3a). Das bedeutet indessen nicht, dass sich diese ausdrücklich mit jeder tatbeständlichen Behauptung und jedem rechtlichen Einwand auseinandersetzen muss. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken (
BGE 99 V 188
mit Hinweisen). Weiter ist die verfassungsmässige Begründungsdichte abhängig von der Entscheidungsfreiheit der Behörde und der Eingriffsintensität des Entscheides. Je grösser der Spielraum, welcher der Behörde infolge Ermessen und unbestimmter Rechtsbegriffe eingeräumt ist (
BGE 104 Ia 213
E. 5g;
BGE 98 Ia 465
E. 4a; mit Hinweisen; vgl. auch
BGE 108 Ib 195
E. 5d sowie VPB 1977 Nr. 114, S. 123), und je stärker ein Entscheid in die individuellen Rechte eingreift (
BGE 101 Ia 305
E. 4c), desto höhere Anforderungen sind an die Begründung eines Entscheides zu stellen.
c) Im vorliegenden Falle hat sich das Obergericht des Kantons Aargau mit dem Einwand der Beschwerdeführerin, § 19 VV WG
BGE 112 Ia 107 S. 111
biete keine hinreichende gesetzliche Grundlage für ihre Bestrafung, auseinandergesetzt. Es hat erwogen, die Vollziehungsverordnung als Gesetz im materiellen Sinne könne die Grundlage eines Übertretungstatbestandes abgegeben und der Regierungsrat sei gestützt auf
§ 49 Abs. 2 WG
, der ihn unter anderem beauftrage, für den Schutz der Minderjährigen zu sorgen, befugt gewesen, dieses Verbot zu erlassen. Damit hat die kantonale Instanz hinreichend dargelegt, weshalb ihrer Auffassung nach das strafrechtliche Legalitätsprinzip nicht verletzt sei. Der angefochtene Entscheid wahrt deshalb die aus
Art. 4 BV
abgeleiteten Anforderungen an die Begründung eines Entscheides. Unerheblich ist dabei, dass die gerichtlichen Motive weniger ausführlich ausgefallen sind als die Berufungsbegründung der Beschwerdeführerin. Dass sie ausreichten, die Erwägungen des Gerichtes zu erkennen und sich mit ihnen im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens sachgerecht auseinanderzusetzen, zeigt auch gerade die Rüge der Beschwerdeführerin, welche sich in bezug auf die Verletzung des Prinzips "nulla poena sine lege" als berechtigt erweist (vgl. E. 3). Das Gericht war auch deshalb nicht zu einer ausführlicheren Begründung verpflichtet, weil die der Beschwerdeführerin auferlegte Busse keinen schweren Eingriff in ihre persönlichen Rechte bedeutet. Zudem war eine reine Rechtsfrage zu beantworten, nämlich, ob § 19 VV WG eine genügende gesetzliche Grundlage für die verhängte Busse darstellt. Der Vertreter der Beschwerdeführerin war als Jurist ohne weiteres in der Lage, zu erkennen, warum die Argumentation des Obergerichts zweifelhaft sein könnte.
Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang auch der Einwand der Beschwerdeführerin, das Obergericht des Kantons Aargau habe sich im wesentlichen darauf beschränkt, die Begründung seines ersten, im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren aufgehobenen Entscheides vom 29. März 1984 wiederzugeben. Das Bundesgericht hat diesen nicht aus materiellen Gründen, sondern ausschliesslich wegen überspitzten Formalismus aufgehoben und das Obergericht verpflichtet, die Berufungsbegründung zu beachten. Kam dieses in der Sache trotzdem zu keinem anderen Ergebnis, so durfte es ohne weiteres auf die Erwägungen seines ersten Entscheides zurückgreifen. Ein Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine erweiterte oder geänderte Begründung bestand nicht. Die zu beurteilenden Rechtsfragen blieben unbesehen der Berücksichtigung der Ausführungen in der Berufungsschrift dieselben.
BGE 112 Ia 107 S. 112
Genügt demnach die Begründung des angefochtenen Entscheides den Anforderungen von
Art. 4 BV
, so erweist sich die Rüge einer Gehörsverletzung als unbegründet.
3.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie sei bestraft worden, ohne dass dafür eine hinreichende gesetzliche Grundlage bestehe, weshalb das Obergericht des Kantons Aargau das Prinzip "Keine Strafe ohne Gesetz" verletzt habe.
a) Der Grundsatz "nulla poena sine lege" folgt aus
Art. 4 BV
und ist dann verletzt, "wenn ein Bürger wegen einer Handlung, die im Gesetze überhaupt nicht als strafbar bezeichnet ist, strafrechtlich verfolgt wird, oder wenn eine Handlung, derentwegen ein Bürger strafrechtlich verfolgt wird, zwar in einem Gesetz mit Strafe bedroht ist, dieses Gesetz selber aber nicht als rechtsbeständig angesehen werden kann, oder endlich, wenn der Richter eine Handlung unter ein Strafgesetz subsumiert, die darunter auch bei weitestgehender Auslegung nach allgemeinen strafrechtlichen Grundsätzen nicht subsumiert werden kann" (BGE 27, S. 339 E. 1). Der Bundesgesetzgeber hat dieses Prinzip in
Art. 1 StGB
übernommen. Würde es sich um die Anwendung eidgenössischen Strafrechts handeln, so könnte nur noch die Verletzung der genannten Regel des Strafgesetzbuches mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde geltend gemacht werden. Das Obergericht hat jedoch kantonales, nicht eidgenössisches Strafrecht angewendet, sodass sich die Beschwerdeführerin auf
Art. 4 BV
berufen kann mit der Behauptung, das angefochtene Urteil verletze den Satz "Keine Strafe ohne Gesetz" (
BGE 103 Ia 96
E. 4 mit Hinweisen).
Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, es bestehe für ihre Bestrafung gar keine gesetzliche Grundlage, noch rügt sie, das Obergericht habe ihre Handlung bzw. Unterlassung in willkürlicher Weise unter § 19 VV WG subsumiert. Es ist deshalb einzig zu prüfen, ob diese Bestimmung einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhält. Soweit im Rahmen einer staatsrechtlichen Beschwerde geltend gemacht wird, eine kantonale Norm sei verfassungswidrig, kann diese Rüge auch noch bei der Anwendung der fraglichen Bestimmung mit der Beschwerde gegen einen gestützt darauf ergangenen Entscheid erhoben werden; sie führt zu einer inzidenten Normenkontrolle (
BGE 109 Ia 99
E. 1b mit Hinweisen).
b) Jede Strafe, welche einen Freiheitsentzug mit sich bringt, bedarf als schwerer Eingriff in die persönliche Freiheit einer klaren Grundlage in einem formellen Gesetz (
BGE 99 Ia 269
E. 5; vgl. auch
BGE 64 I 375
E. 5;
BGE 63 I 330
E. 2 sowie
BGE 90 I 39
E. 4 und 5; THOMAS
BGE 112 Ia 107 S. 113
COTTIER, Die Verfassung und das Erfordernis der gesetzlichen Grundlage, Diessenhofen 1983, S. 53 ff., 64; JÖRG PAUL MÜLLER/STEFAN MÜLLER, a.a.O., S. 16 f.; ANDRÉ GRISEL, La liberté personnelle et les limites du pouvoir judiciaire, in Revue internationale de droit comparé, 1975, S. 549 ff.; vgl. auch PETER NOLL, Schweizerisches Strafrecht. Allgemeiner Teil I, Allgemeine Voraussetzungen der Strafbarkeit, Zürich 1981, S. 41). Für andere Strafen genügt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts eine Verordnung, die sich im Rahmen von Verfassung und Gesetz hält (
BGE 96 I 29
E. 4a mit Hinweisen; vgl. auch
BGE 64 I 375
E. 5). Eine materiell hinreichende gesetzliche Grundlage vermag die Verordnung somit nur abzugeben, wenn sie die Schranken wahrt, die ihrem Regelungsbereich insbesondere durch die Prinzipien der Gewaltenteilung und der Normenhierarchie gesetzt sind. Aber auch auf dieser Normstufe müssen die Merkmale strafbaren Verhaltens und dessen Folgen im Zeitpunkt seiner Ausführung bestimmt und für jedermann klar erkennbar gewesen sein (HANS SCHULTZ, Einführung in den allgemeinen Teil des Strafrechts, Band 1, 4. Auflage, Bern 1982, S. 52; GÜNTHER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht. Allgemeiner Teil I: Die Straftat, Bern 1982, S. 72 ff.; ROBERT HAUSER/JÖRG REHBERG, Grundriss Strafrecht I, Verbrechenslehre, Zürich 1983, S. 34 f.). In älteren Entscheiden hat das Bundesgericht festgehalten, es sei auf dem Gebiete des Verwaltungsrechts nicht erforderlich, dass das formelle Gesetz den Verordnungsgeber ausdrücklich ermächtige, Strafandrohungen zur Durchsetzung von Geboten und Verboten zu erlassen. In der Befugnis der Behörde, solche Normen aufzustellen, sei beim Fehlen einer abweichenden positiven Anordnung die Kompetenz eingeschlossen, auf die Übertretung dieser Vorschriften Strafe anzudrohen (
BGE 63 I 330
E. 2 mit Hinweisen; vgl. auch
BGE 64 I 375
E. 5). Es kann hier offenbleiben, ob diese Rechtsprechung aufgrund der neueren Praxis zur Delegation der gesetzgebenden Gewalt an die Exekutive neu überdacht werden müsste, denn wie die folgenden Erwägungen zeigen, erweist sich bereits die Behauptung der Beschwerdeführerin, der Gesetzgeber habe das vom Regierungsrat in § 19 VV WG unter Strafe gestellte Verhalten gar nicht verbieten wollen, als zutreffend.
c) § 49bis des Wirtschaftsgesetzes regelt den Betrieb von Spielapparaten in Gastwirtschaften und Spiellokalen. Das Aufstellen und der Betrieb solcher Geräte ist bewilligungspflichtig (Abs. 1). Das Gesetz unterscheidet zwischen Geldspielautomaten, d.h.
BGE 112 Ia 107 S. 114
solchen, welche einen Geld- oder Sachgewinn abgeben, sowie einfachen Spielapparaten, welche nicht der materiellen Gewinnerzielung dienen. Sowohl in Gastwirtschaftsbetrieben wie in Spiellokalen ist bloss ein Geldspielapparat zulässig (Abs. 2). Im weiteren enthält das Gesetz eine Jugendschutzvorschrift, indem es Jugendlichen unter 16 Jahren das Spielen an Geldspielautomaten untersagt und den Anschlag dieser Ordnung am Eingang des Lokales verlangt (Abs. 4 und 5). Die Patentinhaber und veranwortlichen Organe sind verpflichtet, in Zweifelsfällen einen Altersnachweis zu verlangen (Abs. 5).
Der Regierungsrat hat seinerseits in § 19 VV WG unter der Marginale "Jugendschutz" Jugendlichen, welche das 16. Altersjahr nicht zurückgelegt haben, den Aufenthalt in Spiellokalen untersagt. Es ist zu prüfen, ob der Regierungsrat damit etwas verboten hat, was der Gesetzgeber erlauben wollte.
aa) Bereits nach dem Wortlaut ist zu vermuten, dass § 19 VV WG über
§ 49bis Abs. 4 WG
hinausgeht. Das Verbot, Spiellokale zu betreten, geht klarerweise weiter als das Verbot, an Geldspielautomaten zu spielen. Die Benützung von einfachen Spielapparaten ist dem Jugendlichen unter 16 Jahren nach dem Gesetz nicht untersagt. Solche Geräte aber dürften die hauptsächlichste Einrichtung jeden Spiellokales ausmachen, sind doch auch dort die Geldspielautomaten auf eine Anlage pro Lokal beschränkt. Der Gesetzgeber wollte somit nur die Benützung von Geldspielapparaten durch Jugendliche unter 16 Jahren untersagen, nicht auch weitergehend das Betreten von Spiellokalen schlechthin. Die Vermutung, es handle sich hier um ein qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers, wird durch die Materialien bestätigt.
bb) Der Gesetzesentwurf des Regierungsrates sah vor, Jugendlichen unter 18 Jahren das Spielen an Geldspielautomaten zu verbieten und ihnen den Zutritt zu Spiellokalen nur in Begleitung des Inhabers der elterlichen Gewalt zu gestatten. Anlässlich der ersten Lesung des Gesetzes im Grossen Rat des Kantons Aargau am 7. Mai 1980 gaben sowohl die Altersgrenze wie die Begleitungspflicht Anlass zu Diskussionen (Verhandlungen des Grossen Rates des Kantons Aargau, 1980, S. 2126 ff.). Ergebnis dieser Lesung war, dass die Altersgrenze von 18 Jahren für die Benützung von Geldspielautomaten beibehalten, die Begleitungspflicht für jüngere Benützer von Spiellokalen dagegen gestrichen wurde (S. 2130). Anlässlich der zweiten Lesung des Gesetzes am 23. September 1980 beantragte der Präsident der vorberatenden Kommission in deren
BGE 112 Ia 107 S. 115
Namen die Herabsetzung der Altersgrenze für die Benützung von Geldspielapparaten auf 16 Jahre (S. 2433). Vorgeschlagen wurde im Wortlaut die heutige Fassung von
§ 49bis Abs. 4 WG
, welche nach einer zusätzlichen Diskussion über die Altersgrenze zum Beschluss erhoben wurde (S. 2434).
Der Wille des Gesetzgebers ging somit nach den Materialien eindeutig dahin, nur die Benützung von Geldspielautomaten von einer Altersgrenze abhängig zu machen, nicht dagegen, Jugendlichen unter dieser Grenze generell das Betreten von Spiellokalen zu verbieten.
cc) Nach
§ 49bis Abs. 5 WG
ist die Jugendschutzvorschrift, wonach Jugendlichen unter 16 Jahren das Spielen an Geldspielautomaten untersagt ist, durch entsprechenden Anschlag am Eingang des Lokals deutlich bekannt zu geben. Auch diese Vorschrift verträgt sich nicht mit einem absoluten Betretungsverbot für diese Jugendlichen. Wäre ihnen der Zutritt zum Lokal schlechthin verwehrt, verlöre der Hinweis, wonach sie die Geldspielapparate nicht benützen dürfen, jeden Sinn. Auch die systematische Gesetzesauslegung führt dazu, in bezug auf die Frage, ob der Gesetzgeber den Jugendlichen unter 16 Jahren das Betreten von Spiellokalen verbieten wollte, ein qualifiziertes Schweigen anzunehmen.
dd) Eine durch Vollziehungsverordnung schliessbare Gesetzeslücke liegt somit offensichtlich nicht vor. Von einer echten Gesetzeslücke kann nur gesprochen werden, wenn der Gesetzgeber etwas zu regeln unterlassen hat, was er hätte regeln sollen, und dem Gesetz weder nach seinem Wortlaut noch nach dem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt eine Vorschrift entnommen werden kann (
BGE 108 Ib 82
E. 4b). Das aargauische Wirtschaftsgesetz ist in diesem Sinne nicht unvollständig. Der Gesetzgeber hat sich darauf beschränkt, die Benützung bestimmter Automaten altersmässigen Beschränkungen zu unterstellen. Dagegen hat er es ausdrücklich abgelehnt, Jugendlichen unter 16 Jahren irgendwelche Betretungsbeschränkungen aufzuerlegen. Er hat damit den Besuch solcher Lokale auch Jugendlichen unter 16 Jahren grundsätzlich freigegeben, allerdings mit der Einschränkung, dass sie von der Benützung von Geldspielapparaten ausgeschlossen sind. Das generelle Betretungsverbot von § 19 VV WG hält somit vor dem Gesetz nicht stand und verletzt dadurch den in
Art. 4 BV
enthaltenen Grundsatz "nulla poena sine lege".
ee) Das Obergericht vertritt indessen die Meinung, gemäss
§ 49 Abs. 2 WG
habe der Regierungsrat für den Schutz der Minderjährigen
BGE 112 Ia 107 S. 116
zu sorgen. Er habe diesen Auftrag erfüllt, indem er in § 19 VV WG Jugendlichen, welche das 16. Altersjahr nicht zurückgelegt haben, den Aufenthalt in Spiellokalen generell untersagt. Ist aber in bezug auf ein solches Verbot auf ein qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers zu schliessen, so darf der Regierungsrat ohne Verletzung des Grundsatzes der Gewaltenteilung nicht gestützt auf eine allgemein gehaltene Ausführungsbestimmung das erlaubte Verhalten trotzdem verbieten. Es lässt sich auch nicht sagen, das umstrittene Verbot sei nicht so wichtig, dass es auf der Verordnungsstufe hätte normiert werden können (vgl. dazu allgemein GEORG MÜLLER, Inhalt und Formen der Rechtsetzung als Problem der demokratischen Kompetenzordnung, Basel/Stuttgart 1979, S. 110 ff.) oder der Regierungsrat sei zu seinem Erlass sachlich besser geeignet gewesen (THOMAS COTTIER, Die Verfassung und das Erfordernis der gesetzlichen Grundlage, Diessenhofen 1983, S. 171 ff.). Zuständig zum wertenden Entscheid über die Regelungsstufe eines Lebenssachverhaltes ist im demokratischen Staat der Gesetzgeber, sofern Verfassung und Gesetz nicht bereits eine Lösung enthalten (vgl. dazu auch
BGE 103 Ia 381
E. 6; GEORG MÜLLER, a.a.O., S. 123 ff.).
Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich somit in diesem Punkt als begründet, und der angefochtene Entscheid ist aufzuheben. | mixed |
28bd9a4b-4a73-4f36-84d7-fe2c2e62502b | Sachverhalt
ab Seite 165
BGE 118 Ib 164 S. 165
X. ist am 1. September 1970 als Spengler in den Bundesdienst eingetreten; 1975 wurde er zum Handwerksmeister in der 12. Besoldungsklasse befördert.
Am 24. Juni 1991 verweigerte ihm das Eidgenössische Militärdepartement die generelle reale Besoldungserhöhung von 3% auf 1. Juli 1991.
Das Bundesgericht heisst eine gegen diesen Entscheid gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut und weist die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurück Erwägungen
aus folgenden Erwägungen:
3.
a) Die Verweigerung der realen Besoldungserhöhung beruht auf dem am 23. Juni 1988 in das Beamtengesetz vom 30. Juni 1927 (BtG; SR 172.221.10) eingefügten Art. 45 Abs. 2bis, der wie folgt lautet:
"Bei der Gewährung einer realen Erhöhung der Beträge nach Artikel 36 sowie von ordentlichen und ausserordentlichen Besoldungserhöhungen nach den Artikeln 40 und 41 ist die Leistung des Beamten angemessen zu
berücksichtigen."
b) Nach Art. 54e der Beamtenordnung (1) vom 10. November 1959 (BO [1]; SR 172.221.101) werden die reale Erhöhung der Beträge nach Art. 36 sowie die ordentliche Besoldungserhöhung nach
Art. 40 BtG
jenem Beamten nicht gewährt, dessen Leistungen "ungenügend" sind (Abs. 1). Die Wahlbehörde führt das Verfahren nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz durch und eröffnet die Verfügung
BGE 118 Ib 164 S. 166
schriftlich unter Angabe der Gründe und des Rechtsmittels (Abs. 3). Mit dem Entscheid wird die ganze reale oder ordentliche Besoldungserhöhung verweigert (Abs. 4); jede weitere Nichtgewährung muss neu verfügt werden (Abs. 5).
c) Das Eidgenössische Personalamt hat am 30. April/1. Mai 1991 eine Wegleitung erlassen, wie diese sogenannte "negative Leistungslohnkomponente" in der Praxis zu realisieren ist. Dabei handelt es sich zwar nur um eine verwaltungsinterne Richtlinie und somit nicht um Bundesrecht im Sinne von
Art. 104 lit. a OG
, welches den Richter zu binden vermöchte (
BGE 117 Ib 231
E. 4b), dennoch kommt ihr im vorliegenden Fall eine gewisse Bedeutung zu (vgl. E. 4a).
4.
a)
Art. 45 Abs. 2bis BtG
, welcher auf einen Vorschlag der vorberatenden nationalrätlichen Kommission zurückgeht, will das Leistungselement im Lohn verstärken (vgl. Protokolle der nationalrätlichen Kommission vom 18./25. Januar 1988 betreffend die Änderung des Beamtengesetzes vom 23. Juni 1988). Dem Bund sollte im Rahmen einer modernen Personalpolitik ein neues "Führungsinstrument" in die Hand gegeben werden (Amtl. Bull. 1988 N 362 Votum Allenspach; 363 Votum Seiler).
Mit der Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs, wonach die Leistung des Beamten "angemessen" zu berücksichtigen sei, räumte der Gesetzgeber dem Bundesrat und der Bundesverwaltung einen erheblichen Beurteilungsspielraum ein, welcher das Bundesgericht bindet. Es darf sein eigenes Ermessen nicht an die Stelle jenes dieser Behörden setzen, sondern muss sich auf die Prüfung beschränken, ob die Verordnung den Rahmen des im Gesetz eingeräumten Ermessens offensichtlich sprengt oder aus anderen Gründen gesetzes- oder verfassungswidrig ist; nur in diesem Fall rechtfertigt es sich auch, von den Richtlinien des Eidgenössischen Personalamtes abzuweichen.
b) Die Beurteilung der Frage, ob ein Beamter ungenügende Leistungen erbringt, ist in allererster Linie Sache der unmittelbaren Vorgesetzten, die dessen tägliche Arbeit am zuverlässigsten einschätzen können (vgl.
BGE 108 Ib 421
E. 2b). Auch wenn das Bundesgericht den Sachverhalt im vorliegenden Fall von Amtes wegen feststellen kann (
Art. 105 Abs. 1 OG
), auferlegt es sich in dieser Beziehung Zurückhaltung, weil ihm für eine völlig freie Beurteilung der Leistung die erforderliche Sachnähe fehlt (vgl. BBl 1990 II 1451). Es hebt eine Verfügung, durch die eine reale oder ordentliche Besoldungserhöhung verweigert wird, nur auf, wenn sich die zugrundeliegende
BGE 118 Ib 164 S. 167
Einschätzung als sachlich unhaltbar erweist (vgl.
BGE 108 Ib 421
E. 2b, 103 Ib 323,
BGE 99 Ib 237
E. 3).
c) Ob die Leistungen eines Beamten qualitativ und quantitativ den Erwartungen entsprechen, kann nicht anhand eines bestimmten und leicht fassbaren Kriteriums geprüft werden. Wegen der Vielfalt der im Bundesdienst zu stellenden Anforderungen bestehen keine einheitlichen Beurteilungsschemata für alle Bediensteten. Die Bewertung soll aber in jedem Fall - auch wenn eine Qualifikation nie völlig frei von persönlichen Einschätzungen des Vorgesetzten bleibt - möglichst objektiv erfolgen. Sinnvollerweise knüpft sie deshalb an die Umschreibung der Funktionen im Pflichtenheft und die periodische Personalbeurteilung nach
Art. 51 Abs. 3 BtG
an (vgl. Amtl. Bull. 1988 N 362 Votum Allenspach), welche sich ihrerseits auf einzelne bestimmbare Sachverhalte stützt (Art. 23 Abs. 2 lit. a BO [1]).
Besteht kein Pflichtenheft, wird ein solches als überholt bezeichnet oder ist eine Personalbeurteilung nach
Art. 51 Abs. 3 BtG
(noch) nicht erfolgt, kann das Ungenügen der Leistungen aber auch in einem separaten Verfahren festgestellt werden (vgl. Art. 54e Abs. 3 BO [1]), solange die verfahrensrechtlichen Minimalgarantien sichergestellt erscheinen. Die Feststellung des Sachverhaltes hat dabei über eine längere Zeitdauer zu erfolgen, d.h. sie darf nicht punktueller Natur sein, und muss so ausgestaltet werden, dass der Richter sie überprüfen kann.
d) Der Begriff der "Leistung" ist nach den Richtlinien des Eidgenössischen Personalamtes weit zu verstehen: Neben Quantität und Qualität habe er auch das Verhalten am Arbeitsplatz zum Inhalt. Über den Ausstoss (output) hinaus seien generell das leistungsbezogene Verhalten sowie die Art und Weise der Zusammenarbeit mitumfasst. Unter den Begriff falle jenes Verhalten, welches die Leistung gegenüber Kunden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wesentlich beeinflusse. Wer zwar eine grosse Produktion ausweise, im übrigen aber am Arbeitsplatz Unzufriedenheit auslöse und die "Kundschaft" verärgere, riskiere eine negative Verfügung (Ziff. 6).
Diese Auslegung des Leistungsbegriffs ist nicht zu beanstanden. Sie ergibt sich konsequenterweise aus den beamtenrechtlichen Pflichten. Nach
Art. 21 Abs. 1 BtG
sind Beamte zu persönlicher Dienstleistung gehalten. Auch ohne Aufforderung haben sie sich in ihren dienstlichen Obliegenheiten gegenseitig zu unterstützen und zu vertreten (
Art. 21 Abs. 2 BtG
). Der Beamte muss seine dienstlichen Obliegenheiten treu und gewissenhaft erfüllen und dabei alles tun, was die Interessen des Bundes fördert, und alles unterlassen,
BGE 118 Ib 164 S. 168
was sie beeinträchtigt (
Art. 22 BtG
). Gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeitern sowie im Verkehr mit dem Publikum hat er sich höflich und taktvoll zu benehmen (
Art. 24 Abs. 2 BtG
). Unter den Begriff der "Leistung", welche nach
Art. 45 Abs. 2bis BtG
"angemessen" zu berücksichtigen ist, fällt damit nicht nur die quantitative und qualitative Erledigung der Arbeit, sondern allgemein das Verhalten am Arbeitsplatz. Auch Art. 23 Abs. 1 BO (1), welcher die regelmässige Personalbeurteilung im Bund näher umschreibt, sieht eine umfassende Bewertung der Bediensteten vor. Der Vorgesetzte hat nicht nur die Leistung im engeren Sinn, sondern zusätzlich das Verhalten und die Art und Weise der Zusammenarbeit der ihm unterstellten Beamten zu würdigen. Es wäre widersprüchlich, die Personalbeurteilung nach
Art. 51 Abs. 3 BtG
und 23 BO (1) weit zu fassen, eine allfällige lohnmässige Berücksichtigung dagegen nur gerade auf die Leistung im engeren Sinne zu beschränken.
e) Das Eidgenössische Personalamt führt in seiner Richtlinie zusätzlich eine subjektive Komponente in die Leistungsbeurteilung ein:
Art. 45 Abs. 2bis BtG
ziele auf das "Nichtleisten-Wollen" ab; wenn der Bedienstete nicht leisten könne (Krankheit, fehlendes Wissen und Können usw.), so müssten grundsätzlich andere Massnahmen ergriffen werden, zu denken sei etwa an eine Umgestaltung des Dienstverhältnisses oder die Zuweisung anderer Arbeit (vgl. Ziff. 5.7). Wenn Gesetz und Verordnung ein subjektives Element auch nicht ausdrücklich vorsehen, steht der Einführung eines solchen - bei dem weiten Ermessen, welches der Gesetzgeber der Verwaltung zur Realisierung der negativen Leistungslohnkomponente eingeräumt hat - doch nichts im Weg. Die Richtlinie des Eidgenössischen Personalamtes ist deshalb auch insofern nicht zu beanstanden.
5.
Anhand dieser Überlegungen ist im konkreten Fall zu prüfen, ob die Leistungen des Beschwerdeführers objektiv ungenügend waren und, falls die Frage bejaht wird, ob dies auf mangelnden Leistungswillen zurückzuführen ist.
(E. 5a und b: Das Bundesgericht bejaht aufgrund der Qualifikationen durch die Vorgesetzten das objektive Ungenügen der Leistungen des Beschwerdeführers in der massgebenden Zeitperiode.)
c) Nach Ziffer 5.7 der Wegleitung des Eidgenössischen Personalamtes zielen die Massnahmen gemäss
Art. 45 Abs. 2bis BtG
- wie bereits ausgeführt - auf ein "Nichtleisten-Wollen" ab. Wenn der Bedienstete nicht leisten kann, obwohl er möchte, so sind andere Massnahmen zu ergreifen.
BGE 118 Ib 164 S. 169
Der Beschwerdeführer hat wiederholt die ungenügende Leistung mit seiner angeblich angeschlagenen Gesundheit begründet. In seiner Stellungnahme zuhanden des Militärdepartementes wies er darauf hin, dass er unter Depressionen leide. Nach dem Qualifikationsgespräch mit seinem Vorgesetzten habe er erneut ärztlich behandelt werden müssen. Bereits bei den einzelnen rapportierten Beanstandungen begründete er sein Fehlverhalten mit gesundheitlichen Problemen. Diese anerkennt das Bundesamt, wenn es den Beschwerdeführer als "zugegebenermassen psychisch angeschlagen" bezeichnet.
Weil nach der Wegleitung des Personalamtes die Frage rechtserheblich ist, ob der Beschwerdeführer keine genügenden Leistungen erbringt, weil er nicht leisten will oder aber aus gesundheitlichen Gründen dies an seiner Arbeitsstelle nicht tun kann, hätte das Departement auf die entsprechenden Vorbringen eingehen und - nötigenfalls unter Beizug des verwaltungsärztlichen Dienstes - weitere Abklärungen treffen müssen. Der Sachverhalt erweist sich in diesem Punkt als ungenügend abgeklärt, zudem hat die Vorinstanz ihr Ermessen überschritten, wenn sie dem Beschwerdeführer die Reallohnerhöhung verweigerte, ohne die Frage eines krankheitsbedingten Leistungsrückgangs zu prüfen. Der angefochtene Entscheid ist deshalb aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen (
Art. 114 Abs. 2 OG
). | mixed |
0ff7e225-23ba-45e7-bc2c-093a39f27de3 | Sachverhalt
ab Seite 49
BGE 124 I 49 S. 49
A.-
Le 29 juin 1989, la société A. a assigné S. devant le Tribunal de première instance du canton de Genève en vue d'obtenir le paiement de 7'627'256 riyals saoudiens (SR), plus intérêts, montant correspondant à des billets à ordre non honorés. La demanderesse avait obtenu, en janvier et avril 1988, le séquestre des avoirs du défendeur se trouvant dans divers établissements bancaires genevois.
Le litige a pour origine un contrat dit de "lease", portant sur de l'équipement lourd de construction, que le défendeur, désigné comme preneur, avait signé le 19 mars 1983 avec une société saoudienne,
BGE 124 I 49 S. 50
qui avait cédé par la suite ses droits à la demanderesse. Le droit applicable à la convention était celui de l'Arabie Saoudite.
Sur le fond, le défendeur a conclu au déboutement de la demanderesse. Contestant avoir été partie au contrat de "lease", qu'il aurait signé au nom d'une société tierce, il soutenait, en toute hypothèse, que la convention du 19 mars 1983 était nulle, au regard du droit saoudien, parce qu'elle combinait des éléments de la vente et du bail.
Le Tribunal a ordonné aux parties de prouver le contenu du droit saoudien applicable au litige, conformément à l'article 16 al. 1 de la loi fédérale sur le droit international privé (LDIP; RS 291). Les parties ont alors déposé des écritures complémentaires s'appuyant sur divers avis de droit.
Par jugement du 12 août 1996, le Tribunal, faisant sien l'argument du défendeur relatif à la nullité de la convention litigieuse, a rejeté la demande.
B.-
La demanderesse ayant appelé de ce jugement, la Cour de justice du canton de Genève a sollicité un avis de droit de l'Institut suisse de droit comparé (ISDC), à Lausanne, en lui transmettant ceux qui avaient été produits par les parties. L'avis de droit de l'ISDC a été établi le 14 mars 1997.
Statuant par arrêt du 23 mai 1997, la Cour de justice a annulé le jugement de première instance et condamné le défendeur à payer à la demanderesse la somme de 7 627 256 SR sans intérêts. Elle a considéré, en bref, sur le vu de l'avis de droit de l'ISDC, que la convention du 19 mars 1993 était valable, si bien que les conclusions de la demanderesse pouvaient être accueillies, hormis celle qui avait trait au paiement d'un intérêt moratoire.
C.-
Parallèlement à un recours en réforme, le défendeur exerce un recours de droit public pour violation de l'
art. 4 Cst.
Il conclut à l'annulation de l'arrêt rendu par la Cour de justice.
Le Tribunal fédéral admet le recours et annule l'arrêt attaqué. Erwägungen
Considérant en droit:
1.
A l'appui de son recours de droit public, le défendeur invoque une appréciation manifestement insoutenable des faits du dossier, ainsi qu'une application arbitraire du droit saoudien. Il allègue également une violation du droit d'être entendu, déduit de l'
art. 4 Cst.
En raison de la nature formelle du droit d'être entendu, il se justifie d'examiner en premier lieu le moyen pris de la violation de ce droit.
BGE 124 I 49 S. 51
2.
Le recourant relève que l'auteur de l'avis de droit de l'ISDC, sur lequel la cour cantonale a fondé sa décision d'interprétation du droit saoudien, s'est totalement écarté des avis de droit produits par les parties et émanant d'avocats et de magistrats saoudiens expérimentés. Il fait valoir que, même s'il appartient au juge d'établir d'office le contenu du droit étranger, il convient que le droit d'être entendu des parties soit respecté à l'occasion de cette recherche, ce qui signifie que les parties doivent être en mesure de se prononcer tant sur les éléments de preuve fournis par leur adversaire que sur ceux recueillis d'office par le juge. Dès lors, en ne donnant pas connaissance de l'avis de droit de l'ISDC aux parties et en leur refusant la possibilité de se prononcer à son sujet, la Cour de justice aurait violé, en l'espèce, le droit d'être entendu du recourant, garanti par l'
art. 4 Cst.
Cette violation serait d'autant plus choquante qu'elle est intervenue au stade de l'appel et que l'application erronée du droit étranger par la cour cantonale ne peut pas faire l'objet d'un recours en réforme.
3.
a) La portée du droit d'être entendu est déterminée en premier lieu par le droit cantonal, dont le Tribunal fédéral examine l'application sous l'angle restreint de l'arbitraire. Dans les cas où la protection que ce droit accorde aux parties apparaît insuffisante, l'intéressé peut invoquer celle découlant directement de l'
art. 4 Cst.
, qui constitue ainsi une garantie subsidiaire et minimale. Le Tribunal fédéral examine librement si les exigences posées par cette disposition constitutionnelle ont été respectées (
ATF 122 I 153
consid. 3 p. 158 et les arrêts cités). En l'espèce, le recourant n'invoque pas la violation de normes du droit cantonal. C'est donc à la lumière de l'
art. 4 Cst.
qu'il faut examiner le mérite de son grief.
La jurisprudence a déduit du droit d'être entendu, en particulier, le droit pour le justiciable de s'expliquer avant qu'une décision ne soit prise à son détriment, celui de fournir des preuves quant aux faits de nature à influer sur le sort de la décision, celui d'avoir accès au dossier et celui de participer à l'administration des preuves, d'en prendre connaissance et de se déterminer à leur propos. En effet, le droit d'être entendu est à la fois une institution servant à l'instruction de la cause et une faculté de la partie, en rapport avec sa personne, de participer au prononcé de décisions qui lèsent sa situation juridique (
ATF 122 I 53
consid. 4a, 109 consid. 2a;
ATF 114 Ia 97
consid. 2a et les arrêts cités).
b) Selon l'
art. 16 LDIP
, le contenu du droit étranger est établi d'office. A cet effet, la collaboration des parties peut être requise. En matière patrimoniale, la preuve peut être mise à la charge des parties.
BGE 124 I 49 S. 52
Si le juge veut appliquer le droit étranger et ne se satisfait pas des éléments que lui fournissent les parties, il met en oeuvre les moyens d'investigation qui sont à sa disposition. Lorsque les textes légaux, commentaires, recueils de jurisprudence, revues et autres ouvrages de doctrine disponibles ne fournissent que des indications insuffisantes, il peut s'adresser aux experts du for. Ceux-ci peuvent revêtir un caractère officiel, comme l'Institut suisse de droit comparé, à Lausanne (cf. RS 425.1), ou l'Office fédéral de la justice, à Berne. Le juge peut aussi recueillir des renseignements d'instituts étrangers ou auprès de personnes privées (professeurs de droit, par exemple) et d'experts étrangers, ainsi que le prévoit la Convention européenne dans le domaine de l'information sur le droit étranger (RS 0.274.161). Il peut également solliciter des renseignements auprès des services diplomatiques suisses ou étrangers (cf., parmi d'autres: KNOEPFLER/SCHWEIZER, Droit international privé suisse, 2e éd., n. 569 ss; VON OVERBECK, Die Ermittlung, Anwendung und Überprüfung der richtigen Anwendung des anwendbaren Rechts, in: Die allgemeinen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das internationale Privatrecht, Saint-Gall 1988, p. 105 ss; KELLER/GIRSBERGER, in: IPRG Kommentar, n. 53-58 ad art. 16; FRANK/STRÄULI/MESSMER, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, n. 27 ad § 57).
c) Sur le plan de la procédure, à Genève notamment, les avis de droit destinés à établir le contenu d'un droit étranger ne sont pas assimilés à des rapports d'experts, car le contenu de ce droit ne relève pas du fait (BERTOSSA/GAILLARD/GUYET, Commentaire de la loi de procédure civile genevoise, n. 3 in fine ad art. 255). Cela n'implique pas forcément que les parties ne puissent pas en prendre connaissance et se déterminer à leur propos comme à l'égard des preuves proprement dites. Le droit d'être entendu confère en effet aux parties le droit de s'exprimer sur tous les points importants avant qu'une décision soit prise; si cette règle s'applique sans restriction pour les questions de fait, il est admis que, pour ce qui est de la qualification juridique de ceux-ci, elle vaut dans l'hypothèse où une partie change inopinément son point de vue juridique ou lorsque l'autorité a l'intention de s'appuyer sur des arguments juridiques inconnus des parties et dont celles-ci ne pouvaient prévoir l'adoption (
ATF 114 Ia 97
consid. 2a; cf. G. MÜLLER, in: Commentaire de la Constitution fédérale, n. 105 ad art. 4).
A propos de la preuve du droit étranger, le Tribunal fédéral a posé, en se référant à la doctrine, qu'il ne s'agit pas là d'une preuve au sens strict du terme ("dabei geht es um den Nachweis, nicht um einen
BGE 124 I 49 S. 53
Beweis im eigentlichen Sinn"), de sorte que les règles ordinaires en la matière ne sont pas applicables. Mais il a immédiatement précisé que le droit d'être entendu doit cependant être respecté afin d'éviter que l'une des parties ne soit prise au dépourvu par l'application du droit étranger (
ATF 119 II 93
consid. 2c/bb; voir aussi: VON OVERBECK, op.cit., p. 101 et 104; KELLER/GIRSBERGER, op.cit., n. 37 et 47 ad art. 16; MESSMER/IMBODEN, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, n. 72, p. 110; MÄCHLER-ERNE, in: Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Internationales Privatrecht, Bâle 1996, n. 10 ad art. 16). Cette exigence du respect du droit des parties d'être entendues ne vise pas que la seule décision de principe au sujet de l'application d'un droit étranger donné, mais également le droit des parties d'être renseignées et de prendre position sur le contenu du droit étranger, tel qu'il résulte des preuves fournies par elles ou des avis de droit requis par le juge auprès d'instituts, d'autorités ou de tiers spécialisés. Les parties doivent en effet pouvoir prendre connaissance du résultat des recherches du juge, se déterminer à cet égard et se prémunir ainsi contre toute inexactitude (I. SCHWANDER, Einführung in das internationale Privatrecht, Allg. Teil., n. 393, p. 192; voir aussi: A. SCHNYDER, Die Anwendung des zuständigen fremden Sachrechts im Internationalen Privatrecht, thèse Zurich 1981, p. 106/107).
Ainsi que le relèvent avec pertinence KNOEPFLER et SCHWEIZER (op.cit., n. 559), il n'y a rien d'incohérent à considérer la norme étrangère comme une règle de droit tout en assimilant la recherche de son contenu à l'élucidation d'un point de fait. Le principe jura novit curia ne s'y oppose pas, car la règle étrangère n'appartient pas au système dont les normes doivent être connues, appliquées et concrétisées par les autorités chargées d'en assurer le fonctionnement (cf. également: P. VOLKEN, Die internationale Rechtshilfe in Zivilsachen, p. 139/140).
d) Un arrêt publié de la Cour de cassation de Zurich (ZR 95/1996 n. 2, p. 7 ss), cité par DUTOIT (Commentaire de la loi fédérale du 18 décembre 1987, 2e éd., n. 5 in fine ad art. 16) et par FRANK/STRÄULI/MESSMER (op.cit., n. 19 ad § 57), pose toutefois le principe selon lequel l'
art. 16 LDIP
ne ferait pas obligation au juge de donner aux parties la possibilité de prendre position sur le droit applicable entre la fin de l'instruction et l'application du droit étranger. D'après le même arrêt, dans les causes patrimoniales, lorsque le juge renonce à la collaboration des parties et applique le droit étranger déterminé selon les règles de la LDIP, il ne serait pas davantage tenu, sur la
BGE 124 I 49 S. 54
base de l'
art. 4 Cst.
, d'entendre les parties après la fin de ses recherches sur le contenu du droit étranger.
A supposer que cette manière de voir soit fondée - ce qui n'est pas forcément le cas, comme on l'a indiqué plus haut, lorsque le juge s'appuie sur des arguments juridiques inconnus des parties et dont celles-ci ne pouvaient prévoir l'adoption (cf. FRANK/STRÄULI/MESSMER, op.cit., n. 15 ad § 56 et n. 16a ad § 57) -, elle ne pourrait concerner que les cas où le juge applique le droit étranger sur la base de données générales qui sont à sa disposition, comme il le fait lorsqu'il applique le droit suisse. Mais il est exclu qu'elle s'applique lorsque le juge fait appel à des avis de tiers, autorités, experts, ou instituts. Dans une telle hypothèse, comme on l'a vu et comme on doit le poser fermement, la possibilité doit être offerte aux parties de prendre connaissance du résultat des recherches du juge, afin qu'elles puissent faire valoir leurs observations à cet égard.
e) Cela étant, il est manifeste, en l'occurrence, qu'en sollicitant un avis de droit de l'ISDC, dont elle n'a pas donné connaissance aux parties, et en se fondant entièrement sur ce document qui s'écartait des autres avis de droit produits par les parties, la cour cantonale a violé le droit d'être entendu de celles-ci, tel qu'il est garanti par l'
art. 4 Cst.
En raison de la nature formelle de ce droit, l'arrêt attaqué doit être annulé, sans qu'il y ait lieu d'examiner les griefs soulevés par le recourant quant au fond (
ATF 118 Ia 104
consid. 3c). | mixed |
d5986f05-2a37-47a4-bc6a-c14f758c375e | Sachverhalt
ab Seite 57
BGE 130 II 56 S. 57
Der aus Mali stammende A. (geb. 1973) ersuchte am 31. Oktober 2001 in der Schweiz unter falscher Identität (B., geb. 1972, Guinea) um Asyl. Das Bundesamt für Flüchtlinge wies sein Gesuch am 30. September 2002 ab. Mit Urteil vom 27. November 2002 bestätigte die Schweizerische Asylrekurskommission diesen Entscheid. In der Folge galt A. als verschwunden.
Am 10. September 2003 wurde A. in Biel angehalten und tags darauf in Ausschaffungshaft genommen. Bei seiner Einvernahme gab er an, die Schweiz nach dem Asylverfahren verlassen zu haben, um sich in seiner Heimat die für die Heirat mit der Schweizer Bürgerin C. (geb. 1954) nötigen Papiere zu beschaffen. Seit eineinhalb Jahren habe er bei seiner Verlobten gelebt. Am 22. April 2003 sei er in die Schweiz zurückgekehrt; am 23. April 2003 habe er beim Zivilstandsamt Biel-Nidau das Ehevorbereitungsverfahren eingeleitet, wobei sein Rechtsvertreter am gleichen Tag das Migrationsamt des Kantons Bern um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zwecks Vorbereitung der Heirat ersucht habe. Das Haftgericht III Bern-Mittelland prüfte und bestätigte die Ausschaffungshaft am 12. September 2003. Mit Entscheid vom 9. Dezember 2003 genehmigte es eine Haftverlängerung bis zum 9. April 2004.
A. hat hiergegen am 16. Dezember 2003 beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht mit dem Antrag, ihn aus der Haft zu entlassen und ihm bis zur Heirat eine vorläufige Aufenthaltsbewilligung zu erteilen.
Mit Verfügung vom 12. Januar 2004 forderte der Abteilungspräsident das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (Abteilung Vollzugsunterstützung) auf, einen Amtsbericht bezüglich der Möglichkeiten eines zwangsweisen Vollzugs von Wegweisungen nach Mali zu erstatten, was es am 15./16. Januar 2004 getan hat.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, soweit es darauf eintritt. Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
Die zuständige Behörde kann einen Ausländer in Ausschaffungshaft nehmen bzw. in dieser belassen, wenn die
BGE 130 II 56 S. 58
Voraussetzungen von
Art. 13b ANAG
(SR 142.20) erfüllt sind. Danach ist erforderlich, dass ein erstinstanzlicher, nicht notwendigerweise auch rechtskräftiger Weg- oder Ausweisungsentscheid vorliegt, dessen Vollzug (z.B. wegen fehlender Papiere) noch nicht möglich, jedoch absehbar ist (vgl.
Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG
;
BGE 125 II 217
E. 2 S. 220,
BGE 125 II 377
E. 5 S. 384;
BGE 122 II 148
E. 3 S. 152 f.). Zudem muss einer der in
Art. 13b Abs. 1 ANAG
genannten Haftgründe bestehen (
BGE 125 II 369
E. 3a S. 374,
BGE 125 II 377
E. 3a S. 381;
BGE 124 II 1
E. 1 S. 3), der Vollzug der Wegweisung mit dem nötigen Nachdruck verfolgt werden (
Art. 13b Abs. 3 ANAG
; Beschleunigungsgebot;
BGE 124 II 49
ff.) und die Haft als Ganzes verhältnismässig sein (vgl.
BGE 126 II 439
E. 4;
BGE 125 II 377
E. 4 S. 383).
2.
Der Beschwerdeführer wurde durch das Bundesamt für Flüchtlinge bzw. die Asylrekurskommission rechtskräftig aus der Schweiz weggewiesen. Für den Fall, dass er das Land nach dem Asylverfahren verlassen haben sollte - was er in seiner Verwaltungsgerichtsbeschwerde nunmehr bestreitet, wofür aber die Datierung der von ihm im Verkündverfahren eingereichten Unterlagen spricht (unter anderem in Bamako ausgestellter malischer Pass vom 25. März 2003) -, hat ihn die Fremdenpolizei der Stadt Biel zudem formlos weggewiesen (vgl.
Art. 12 Abs. 1 ANAG
in Verbindung mit
Art. 1 und 17 Abs. 1 ANAV
[SR 142.201]). Der Beschwerdeführer verfügt in der Schweiz, in die er unter Verletzung der Visumsvorschriften eingereist ist (vgl.
Art. 1 Abs. 1 der Verordnung vom 14. Januar 1998 über Einreise und Anmeldung von Ausländerinnen und Ausländern [VEA; SR 142.211]
), trotz seiner Absicht, sich hier verheiraten zu wollen, über keine Aufenthaltsberechtigung (vgl. Urteil 2A.613/1999 vom 6. Januar 2000, E. 3a mit Hinweisen; HUGI YAR, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, in: Uebersax/Münch/Geiser/Arnold, Ausländerrecht, Basel/Genf/München 2002, Rz. 7.107). Auf das Gesuch, ihm im vorliegenden Verfahren eine Bewilligung zu erteilen, ist zum Vornherein nicht einzutreten, da Gegenstand des Haftprüfungsverfahrens einzig die Rechtmässigkeit der Ausschaffungshaft, nicht auch die Bewilligungs- oder Wegweisungsfrage bildet (vgl.
BGE 125 II 217
E. 2).
3.
3.1
Untertauchensgefahr im Sinne von
Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG
liegt vor, wenn konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass sich der Ausländer der Ausschaffung entziehen will, insbesondere weil sein bisheriges Verhalten darauf schliessen lässt, dass er sich
BGE 130 II 56 S. 59
behördlichen Anordnungen widersetzt. Dies ist nach der Praxis regelmässig der Fall, wenn er bereits einmal untergetaucht ist, durch erkennbar unglaubwürdige und widersprüchliche Angaben die Vollziehungsbemühungen zu erschweren versucht oder sonst klar zu erkennen gibt, dass er nicht in seinen Heimatstaat zurückzukehren bereit ist (
BGE 128 II 241
E. 2.1 S. 243;
BGE 125 II 369
E. 3b/aa S. 375;
BGE 122 II 49
E. 2a S. 51).
3.2
Der Beschwerdeführer hat sich wiederholt geweigert, nach Mali zurückzureisen; zudem hat er im Asylverfahren falsche Angaben gemacht. Am 15. und 29. September 2003 mussten zwei Versuche, ihn nach Bamako auszuschaffen, abgebrochen werden, da er sich renitent verhielt und nicht freiwillig in die entsprechenden Flugzeuge steigen wollte. Aufgrund dieses Verhaltens besteht bei ihm Untertauchensgefahr. Der Beschwerdeführer wendet ein, sich den Behörden bei seiner Verlobten immer zur Verfügung gehalten zu haben. Ein entsprechender Wechsel des Aufenthaltsortes ist ihm im Asylverfahren indessen nie bewilligt worden; seine Präsenz in Biel sowie seine richtige Identität hat er im Übrigen erst bekannt gegeben, nachdem er wegen der geplanten Heirat nicht mehr mit dem Vollzug der Wegweisung rechnete. Seine - heute bestrittene - Wiedereinreise war ihrerseits insofern rechtswidrig, als sie ohne das hierfür erforderliche Visum erfolgte (
Art. 1 Abs. 1 VEA
). Zwar war die Fremdenpolizei der Stadt Biel offenbar seit dem 6. Mai 2003 tatsächlich über den Aufenthalt bei seiner Verlobten informiert (vgl. das entsprechende Schreiben an die Kantonspolizei von diesem Tag); dies lässt die Untertauchensgefahr mit Blick auf sein sonstiges Verhalten - insbesondere die zweimalige Weigerung, die Rückreise nach Bamako anzutreten - indessen nicht dahinfallen.
4.
4.1
4.1.1
Der angefochtene Entscheid erweist sich damit als bundesrechtskonform, falls die Aufrechterhaltung der Haft auch verhältnismässig ist und der Vollzug der Wegweisung nicht als aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen undurchführbar gelten muss (vgl.
Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG
). Die Ausschaffungshaft soll den Vollzug der geplanten Entfernungsmassnahme sicherstellen und muss ernsthaft geeignet sein, diesen Zweck zu erreichen (BBl 1994 I 305 ff., dort S. 316), was nicht (mehr) der Fall ist, wenn die Weg- oder Ausweisung trotz der behördlichen Bemühungen nicht
BGE 130 II 56 S. 60
in absehbarer Zeit vollzogen werden kann (vgl. zur altrechtlichen Ausschaffungshaft und Internierung:
BGE 119 Ib 193
E. 2c S. 199,
BGE 119 Ib 202
E. 3b S. 207).
Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG
sieht in dieser Situation die Beendigung der Haft vor, soweit sie sich nicht mehr mit einem hängigen Ausweisungsverfahren rechtfertigen lässt (
BGE 127 II 168
E. 2b S. 171;
BGE 125 II 217
E. 1 S. 219;
BGE 119 Ib 202
E. 3a u. b S. 207; Urteile 2A.312/2003 vom 17. Juli 2003, E. 1, und 2A.184/1995 vom 24. Mai 1995, E. 4a, publ. in: Pra 85/1996 Nr. 118 S. 383 ff.; Bericht der Europäischen Kommission für Menschenrechte i.S.
Ali gegen Schweiz
vom 26. Februar 1997, Rz. 39; STEFAN TRECHSEL, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, in: AJP 1994 S. 43 ff., dort S. 48; PETER UEBERSAX, Menschenrechtlicher Schutz bei fremdenpolizeilichen Einsperrungen, in: recht 13/1995 S. 53 ff., dort S. 62 f.; ALAIN WURZBURGER, La jurisprudence récente du Tribunal fédéral en matière de police des étrangers, in: RDAF 1997 I S. 267 ff., dort S. 329; HAEFLIGER/SCHÜRMANN, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, 2. Aufl., Bern 1999, S. 102 f.).
4.1.2
Der Umstand allein, dass die Ausreise nur schwer organisiert werden kann und im Rahmen der entsprechenden Bemühungen mit ausländischen Behörden erst noch verhandelt werden muss, was erfahrungsgemäss eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, macht die Ausschaffung nicht bereits undurchführbar. Gerade wegen solcher Schwierigkeiten hat der Gesetzgeber die Haftdauer erheblich erhöht und die Möglichkeit der Haftverlängerung geschaffen (BBl 1994 I 305 ff., S. 316;
BGE 125 II 217
E. 2 S. 220). Nach
Art. 13b Abs. 2 ANAG
darf die Ausschaffungshaft grundsätzlich zwar "höchstens drei Monate dauern"; doch kann sie um maximal sechs Monate verlängert werden, wenn dem Vollzug der Weg- oder Ausweisung "besondere Hindernisse" entgegenstehen; dabei kann es sich auch - wie hier - um eine missbräuchliche Weigerung des Betroffenen handeln, in seinen Heimatstaat zurückzukehren, wenn dieser trotz nachgewiesener Staatsbürgerschaft in Verletzung völkerrechtlicher Regeln nur eine freiwillige Rückkehr zulässt (vgl. NICOLAS WISARD, Les renvois et leur exécution en droit des étrangers et en droit d'asile, Basel/Frankfurt a.M. 1997, S. 375; IGNAZ SEIDL-HOHENVELDERN, Völkerrecht, 9. Aufl., Köln/Berlin/Bonn/ München 1997, Rz. 1641). Auch in diesem Fall hat der Vollzug der Wegweisung aber in absehbarer Zeit möglich zu erscheinen und die Haft gestützt auf die gesamten Umstände verhältnismässig
BGE 130 II 56 S. 61
zu sein (BBl 1994 I 324; WISARD, a.a.O., S. 299 f.; WURZBURGER, a.a.O., S. 330; HUGI YAR, a.a.O., Rz. 7.85).
4.1.3
Wie es sich mit der Durchführbarkeit des Wegweisungsvollzugs im Einzelnen verhält, bildet Gegenstand einer nach pflichtgemässem Ermessen vorzunehmenden Prognose (ANDREAS ZÜND, Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zu den Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, in: ZBJV 132/1996 S. 72 ff., dort S. 90). Massgebend ist, ob die Ausschaffung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit innert absehbarer Zeit möglich sein wird oder nicht. Die Haft hat, weil unverhältnismässig, dann als unzulässig zu gelten, wenn triftige Gründe für die Undurchführbarkeit des Vollzugs sprechen oder praktisch feststeht, dass er sich innert vernünftiger Frist kaum wird realisieren lassen (vgl.
BGE 127 II 168
E. 2c S. 172;
BGE 125 II 217
E. 2;
BGE 122 II 148
E. 3 S. 152 f.). Dies ist in der Regel bloss der Fall, wenn die Ausschaffung auch bei gesicherter Kenntnis der Identität oder der Nationalität des Betroffenen bzw. trotz seines Mitwirkens bei der Papierbeschaffung mit grosser Wahrscheinlichkeit als ausgeschlossen erscheint. Zu denken ist etwa an eine länger dauernde Transportunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen oder an eine ausdrückliche oder zumindest klar erkennbare und konsequent gehandhabte Weigerung eines Staates, gewisse Staatsangehörige zurückzunehmen (
BGE 125 II 217
E. 2 S. 220; WURZBURGER, a.a.O., S. 330 f.). Nur falls keine oder bloss eine höchst unwahrscheinliche, rein theoretische Möglichkeit besteht, die Wegweisung zu vollziehen, ist die Haft aufzuheben, nicht indessen bei einer ernsthaften, wenn auch allenfalls (noch) geringen Aussicht hierauf (
BGE 127 II 168
E. 2c S. 172; Urteile 2A.312/2003 [Nigeria] und 2A.328/2003 [Kamerun] vom 17. bzw. 22. Juli 2003, E. 2.1). Eine Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung durch den Betroffenen vorbehalten, welche die Verhältnismässigkeit der Aufrechterhaltung der Haft wegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses in einem anderen Licht erscheinen lassen kann (vgl. Urteile 2A.230/2003 vom 2. Juni 2003, E. 2.1, und 2A.269/1999 vom 10. Juni 1999, E. 2), ist dabei nicht notwendigerweise auf die maximale Haftdauer, sondern vielmehr auf einen den gesamten Umständen des konkreten Falles angemessenen Zeitraum abzustellen (vgl.
BGE 122 II 148
E. 3 S. 153;
BGE 125 II 217
E. 3b/bb S. 223;
BGE 127 II 168
E. 2c S. 172; FELIX ZILTENER, Neues aus der Praxis zur Ausschaffungshaft, in: AJP 2001 S. 499 ff., dort S. 510).
BGE 130 II 56 S. 62
4.2
4.2.1
Das Haftgericht ging im vorliegenden Fall davon aus, dass eine zwangsweise Ausschaffung nach Mali nicht ausgeschlossen sei, da sich eine Delegation des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements "momentan" in Bamako befinde und sich dort um ein Rückübernahmeabkommen bemühe. War diese Auffassung im Dezember 2003 aufgrund der damaligen Situation vertretbar, kann sie heute angesichts der Stellungnahme des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements nicht mehr geteilt werden, und erweist sich die Aufrechterhaltung der Haft des Beschwerdeführers deshalb als bundesrechtswidrig. Zwar ist das Bundesgericht im Rahmen von
Art. 105 Abs. 2 OG
an sich an den Sachverhalt im haftrichterlichen Entscheid gebunden, weshalb es in seinem Verfahren neuen Vorbringen und Entwicklungen in der Regel keine Rechnung trägt (
BGE 125 II 217
E. 3a S. 221); dies gilt indessen nicht, wenn sich die Umstände - wie hier - seit dem angefochtenen Entscheid derart verändert haben, dass der Haftrichter unabhängig von den Sperrfristen von
Art. 13c Abs. 4 ANAG
auf ein Haftentlassungsgesuch einzutreten und diesem zu entsprechen hätte (
BGE 125 II 217
E. 3b/bb u. 3b/cc S. 222 ff.;
BGE 124 II 1
ff.).
4.2.2
Nach Ansicht der Abteilung Vollzugsunterstützung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements erscheint eine zwangsweise Ausschaffung mit einem Sonderflug nach Bamako heute als "erschwert". Auf operationeller Ebene fänden zwar bilaterale Gespräche mit Mali statt, "welche als Vorbereitung zu einem möglichen Rückübernahmeabkommen dienen könnten", die Durchführung eines Sonderflugs würde im Moment - so das Departement - jedoch "nicht zu einer positiven Verhandlungsatmosphäre" beitragen. Aufgrund einer "aggressiven" französischen Sonderflugspolitik in den letzten Monaten bestehe "eine sehr hohe Sensibilität der Öffentlichkeit in Mali" und habe der amtierende Präsident mehrmals "öffentlich seine Meinung gegen unfreiwillige Rückführungen kund getan". Es seien deshalb bis auf weiteres keine Sonderflüge geplant. Eine zwangsweise Ausschaffung des Beschwerdeführers bis zum 9. April 2004 erscheine deshalb als "unwahrscheinlich".
4.2.3
Dass eine freiwillige Rückkehr nach Mali jederzeit möglich wäre und der Wegweisungsvollzug - zumindest vorläufig - allein an der Weigerung des Beschwerdeführers und jener seines Heimatstaates scheitert, die zwangsweise Rückführung seiner Staatsangehörigen zu dulden, ändert nichts daran, dass die Fortsetzung
BGE 130 II 56 S. 63
der Ausschaffungshaft im Lichte von
Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG
bzw.
Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK
unter diesen Umständen vorliegend unverhältnismässig erscheint: Sinn und Zweck der Haft nach
Art. 13b ANAG
ist es, die
zwangsweise
Ausschaffung sicherzustellen, und nicht in erster Linie den Ausländer durch eine Beugehaft dazu anzuhalten, freiwillig auszureisen, auch wenn hierin ein erwünschter Nebeneffekt der Festhaltung liegen mag. Schon in
BGE 127 II 168
ff. (E. 3 S. 172 ff.) ist die Undurchführbarkeit der Ausschaffung und damit die Unzulässigkeit einer Haft festgestellt worden, obwohl nur der zwangsweise Vollzug der Wegweisung aus praktischen Gründen ausgeschlossen war, eine freiwillige Rückkehr hingegen grundsätzlich jederzeit möglich blieb (vgl. die Urteile 2A.230/2003 und 2A.312/2003 vom 2. Juni bzw. 17. Juli 2003, E. 2.3.1); gleich verhielt es sich bereits 1995, als zwar eine freiwillige, jedoch keine zwangsweise Rückkehr von Kosovo-Albanern in ihre Heimat erfolgen konnte (vgl. das Urteil 2A.184/1995 vom 24. Mai 1995, E. 4c). Wohl ist gestützt auf
Art. 5 Ziff. 1 lit. b EMRK
unter engen Voraussetzungen eine Haft auch zulässig "zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung", doch muss auch eine solche verhältnismässig sein (vgl. FROWEIN/PEUKERT, EMRK-Kommentar, 2. Aufl., Köln usw. 1996, Rz. 68 ff. zu
Art. 5 EMRK
; MICHELE DE SALVIA, Compendium de la CEDH, Bd. 1, Kehl/Strassburg/Arlington 2003, Rz. 81 ff. zu
Art. 5 EMRK
). Je länger die Haft dauert, desto gewichtiger haben die öffentlichen Interessen an ihrer Aufrechterhaltung zu sein, und um so sorgfältiger sind diese - auch bei einer Weigerung des Ausländers zu kooperieren - gegenüber den Interessen des inhaftierten Ausländers abzuwägen (WALTER KÄLIN, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, in: AJP 1995 S. 835 ff., dort S. 852).
4.2.4
Der Beschwerdeführer ist seit rund zwei Jahren mit einer Schweizerin liiert; das Verkündverfahren ist seit dem Frühjahr 2003 eingeleitet. Beim Amt für Migration ist ein Gesuch zur Bewilligung des Aufenthalts zur Vorbereitung der Heirat seit dem 23. April 2003 hängig. Die Fremdenpolizei der Stadt Biel hatte ihrerseits seit Mai 2003 vom Aufenthalt des Beschwerdeführers bei seiner Verlobten Kenntnis; dennoch nahm sie ihn erst am 10. September 2003 in Ausschaffungshaft. Auch wenn die Partnerin des Beschwerdeführers, die ihn während der Haft regelmässig besucht hat, rund neunzehn Jahre älter ist als er, muss es sich bei der geplanten Heirat nicht zum Vornherein um eine Ausländerrechtsehe
BGE 130 II 56 S. 64
handeln (vgl.
BGE 123 II 49
E. 5b S. 51 ff.;
BGE 127 II 49
E. 4b S. 56). Soweit ersichtlich, hat sich der Beschwerdeführer - abgesehen von seiner Einreise ohne Visum und dem anschliessenden, bisher unbewilligten Aufenthalt in der Schweiz - strafrechtlich nichts zu Schulden kommen lassen. War ursprünglich noch davon auszugehen, dass er nötigenfalls in absehbarer Zeit zwangsweise nach Mali ausgeschafft werden könnte, ist dies aufgrund des Amtsberichtes des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom 15./ 16. Januar 2004 - wie dargelegt - zurzeit nicht mehr der Fall. Nachdem der Beschwerdeführer sich inzwischen seit mehr als vier Monaten in Haft befindet und heute ein zwangsweiser Vollzug seiner Wegweisung realistischerweise nicht absehbar ist, rechtfertigt es sich nicht, seine Festhaltung allein noch in der vagen Hoffnung aufrechtzuerhalten, dass er das Land doch noch vor Ablauf der neun Monate freiwillig verlassen wird; mit Blick auf das hängige Bewilligungsverfahren und seine zweimalige Weigerung, das Flugzeug zu besteigen, dürfte dies auch wenig wahrscheinlich sein. Es wird gegebenenfalls am Gesetzgeber liegen, zu prüfen, ob und inwiefern das bestehende gesetzliche Instrumentarium zu ergänzen ist, um Fällen der vorliegenden Art künftig angemessener Rechnung tragen zu können.
4.2.5
Den kantonalen Behörden steht es frei, dem Beschwerdeführer Kontrollauflagen zu machen und ihn, sollte sich die Möglichkeit eines zwangsweisen Vollzugs der Wegweisung nach Mali wieder konkretisieren, bei Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen (vgl. hierzu Urteil 2A.211/2003 vom 5. Juni 2003, E. 3.2 mit Hinweisen) für den Rest der maximal möglichen Dauer erneut in Haft zu nehmen. In der Zwischenzeit können sie die Anordnung einer Aus- oder Eingrenzung prüfen (
Art. 13e ANAG
), sollte er die öffentliche Sicherheit und Ordnung stören oder gefährden. | mixed |
129de36a-95e7-4bf5-9823-2dfb06f5c2b3 | Sachverhalt
ab Seite 61
BGE 141 IV 61 S. 61
A.
Par jugement du 19 juin 2013, le Tribunal criminel du canton de Genève a condamné X. pour assassinat à la peine de réclusion à vie (anciens
art. 35 et 112 CP
), peine complémentaire à celle prononcée le 4 juin 2007 par la Chambre criminelle de Luxembourg (25 ans de réclusion). Sur le plan civil, il a déclaré l'intéressé débiteur de chacun des cinq frères et soeurs de la victime d'un montant de 5000 fr., avec intérêts à 5 % l'an dès le 6 janvier 1999, à titre d'indemnité pour tort moral.
B.
Par arrêt du 19 décembre 2013, la Chambre pénale d'appel et de révision de la Cour de justice genevoise a rejeté l'appel de X. et admis partiellement l'appel joint des frères et soeurs de la victime. Elle a condamné X. à payer à chacun de ces derniers la somme de 12'000 fr., avec intérêts à 5 % l'an dès le 6 janvier 1999, à titre d'indemnité pour tort moral. Pour le surplus, elle a confirmé le jugement attaqué.
En résumé, cette condamnation repose sur les faits suivants:
BGE 141 IV 61 S. 62
B.a
X. a fait la connaissance de A. en décembre 1998. Après quatre ou cinq rencontres dans un bar, situé devant la gare, ils ont pris rendez-vous le 3 janvier 1999, vers 21 heures, toujours dans le même bar, pour aller en discothèque. A. est arrivé dans le bar vers 22 heures ou 23 heures et a souhaité passer au préalable à son appartement afin de se changer. Lorsqu'il est arrivé chez lui, vers 2 heures du matin, il a ouvert une bouteille de vin et en a bu avant d'aller se doucher. En sortant de la salle de douche, il a dit qu'il ne se sentait pas bien et a proposé à son hôte de le ramener à son travail le lendemain matin, lui expliquant qu'il n'y avait plus de train à cette heure tardive. X. a accepté la proposition et les deux hommes ont regardé un film ensemble. A un moment donné, A. est allé se coucher et a proposé à X. de partager son lit, bien qu'il y ait eu un canapé dans le salon. X. a accepté. Les deux hommes se sont déshabillés "jusqu'aux slips" et se sont couchés, chacun d'un côté du lit.
A un moment donné, X. a asséné 47 coups de couteau à A. et l'a égorgé. Il a frappé sa victime jusqu'à ce qu'elle ne bougeât plus. Pour la cour cantonale, il s'agit d'un acte gratuit. La victime n'a exercé aucune violence physique grave à l'égard de X.; tout au plus, les juges cantonaux ont admis que A. a pu commettre des attouchements. De son côté, X. soutient qu'il a agi pour se défendre. En effet, une fois au lit et la lumière éteinte, A. se serait assis sur lui et aurait saisi sa gorge, en essayant de l'étouffer avec un coussin; selon X., A. le "tripotait partout".
Après son forfait, X. a couvert le cadavre de vêtements pris dans l'armoire et a nettoyé l'appartement. Il s'est lui-même lavé et rhabillé. Il a emporté dans des valises appartenant à la victime tout ce qu'il avait touché afin de dissimuler tout signe de son passage. Il a ensuite abandonné les valises et s'est débarrassé du couteau en le jetant à l'eau.
B.b
Arrivé au Luxembourg dans le courant de l'année 1999, X. a fait la connaissance de B. à la fin 1999 dans un café. Les deux hommes se sont liés d'amitié. Ce dernier soutenait X. financièrement sans exiger un quelconque remboursement, mais lui demandait de partager des activités avec lui. Bien que B. ait été homosexuel, leur relation était restée amicale.
Le 18 février 2006, X. a invité B. chez lui. Ils ont passé la soirée ensemble, buvant des bières et regardant la télévision. Ayant perdu les clefs de sa voiture et de sa maison, B. a demandé de pouvoir passer la nuit chez X. Vers 2 heures du matin, ils se sont déshabillés, tout
BGE 141 IV 61 S. 63
en conservant leur slip, et se sont couchés dans le même lit. B. s'est rapproché de X., lui a touché la poitrine et lui a fait des avances. X. l'a alors frappé avec une matraque qui se trouvait sur sa table de nuit, puis est allé chercher un couteau et lui a donné un coup de couteau dans le dos. Comme le sang coulait sur le lit, il est allé se laver les mains, puis il a enveloppé sa victime dans un drap pour la tirer dans le couloir. Après avoir pris une douche, il a mis le cadavre dans la baignoire, a nettoyé l'appartement et a quitté son appartement. Vers 22 heures, il est allé se dénoncer à la police.
Par jugement du 4 juin 2007, la Chambre criminelle du Tribunal d'arrondissement de Luxembourg a reconnu X. coupable de meurtre et l'a condamné à 25 ans de réclusion. Elle a écarté la circonstance de l'assassinat, le dossier répressif ne permettant pas de retenir que l'accusé avait agi avec préméditation. Elle n'a pas mis X. au bénéfice de la circonstance atténuante de la provocation, plaidée par la défense, dans la mesure où il n'a pas été retenu que B. eût exercé des violences physiques graves à l'égard de l'accusé, les affirmations de ce dernier selon lesquelles la victime aurait commis des attouchements, à supposer qu'elles fussent véridiques, ne justifiant pas l'emploi d'une telle violence. Pour fixer la peine, les juges luxembourgeois ont notamment pris en compte la responsabilité pénale pleine et entière, la gravité des faits, les mensonges de X. et l'absence de repentir. Bien que le meurtre fût passible de la réclusion à vie en droit luxembourgeois, la Chambre criminelle a renoncé à infliger la peine maximale, en raison de l'absence d'antécédents judiciaires de l'intéressé et de ses aveux quant à la matérialité des faits. Ce jugement a été confirmé par la Cour d'appel du Grand-Duché du Luxembourg, par arrêt du 23 janvier 2008.
B.c
B.c.a
Dans un premier temps, l'enquête menée en Suisse et à l'étranger sur l'assassinat de A. n'a pas permis d'identifier le coupable. Le 5 octobre 2009, la Brigade criminelle de la police judiciaire a transmis au Centre universitaire de médecine légale de nouveaux prélèvements biologiques effectués dans l'appartement de A. Les analyses ont permis de mettre en évidence un profil ADN similaire sur deux mégots de cigarette ainsi que sur un verre à pied retrouvés dans le lavabo de la salle de bains de l'intéressé. En décembre 2011, la police judiciaire a reçu des autorités luxembourgeoises une réponse, selon laquelle le profil ADN en question correspondait à celui de X., qui était détenu depuis le 19 février 2006 au Luxembourg.
BGE 141 IV 61 S. 64
B.c.b
Selon le rapport d'expertise du 4 mars 2013 établi par le Dr C., X. ne souffre d'aucun trouble psychique ni de trouble grave de la personnalité. Sa responsabilité au moment des faits était pleine et entière. Pour l'expert, la motivation psychologique du passage à l'acte reste toutefois obscure.
D'après l'expert, le risque de récidive est très élevé, compte tenu des actes commis en 1999, de leur répétition en 2006 avec de nombreuses similitudes, des caractéristiques de la personnalité de X., de l'incapacité de connaître les mécanismes psychiques réellement en cause et de la quasi absence de volonté de l'intéressé de s'investir dans un réel travail de psychothérapie. Dans ces conditions, l'expert préconise un internement au sens de l'
art. 64 CP
.
C.
Contre ce dernier arrêt cantonal, X. dépose un recours en matière pénale devant le Tribunal fédéral. Il conclut, principalement, à sa réforme en ce sens qu'il est condamné pour meurtre passionnel (
art. 113 CP
), mais qu'aucune peine n'est prononcée à son encontre au motif qu'il a agi en état de légitime défense excessive, provenant d'un état excusable de saisissement; à titre subsidiaire, il conclut à sa condamnation pour meurtre passionnel et à la constatation que la peine privative de liberté (complémentaire) est égale à zéro. A titre plus subsidiaire, il conclut à l'annulation de l'arrêt attaqué et au renvoi de la cause à l'autorité précédente pour nouvelle décision. En outre, il sollicite l'assistance judiciaire. Erwägungen
Extrait des considérants:
4.
4.1
L'assassinat (
art. 112 CP
) est une forme qualifiée d'homicide intentionnel qui se distingue du meurtre ordinaire (
art. 111 CP
) par le fait que l'auteur a tué avec une absence particulière de scrupules. Cela suppose une faute spécialement lourde et déduite exclusivement de la commission de l'acte; les antécédents ou le comportement que l'auteur adopte immédiatement après les faits n'entrent en ligne de compte que dans la mesure où ils y sont étroitement liés, et permettent de caractériser la personnalité de l'auteur (
ATF 127 IV 10
consid. 1a p. 14).
Pour caractériser la faute de l'assassin, l'
art. 112 CP
évoque le cas où les mobiles, le but ou la façon d'agir de l'auteur sont particulièrement odieux. Le
mobile
de l'auteur est particulièrement odieux lorsqu'il tue pour obtenir une rémunération ou voler sa victime; le mobile est aussi particulièrement odieux lorsqu'il apparaît futile, l'auteur tuant pour
BGE 141 IV 61 S. 65
se venger, sans motif sérieux, ou encore pour une broutille (BERNARD CORBOZ, Les infractions en droit suisse, volume I, 3
e
éd. 2010, n° 8 ad
art. 112 CP
). Le
but
- qui se recoupe en grande partie avec le mobile - est particulièrement odieux lorsque l'auteur élimine un témoin gênant ou une personne qui l'entrave dans la commission d'une infraction (CORBOZ, op. cit., n
os
9 ss ad
art. 112 CP
). Quant à la
façon d'agir
, elle est particulièrement odieuse lorsqu'elle est barbare ou atroce ou lorsque l'auteur a exploité avec perfidie la confiance de la victime (CORBOZ, op. cit., n
os
13 ss ad
art. 112 CP
).
Il ne s'agit toutefois que d'exemples. L'énumération du texte légal n'est pas exhaustive. L'absence particulière de scrupules peut être admise lorsque d'autres éléments confèrent à l'acte une gravité spécifique (
ATF 117 IV 369
consid. 19b p. 393). C'est ainsi que la réflexion et la planification de l'acte peuvent constituer des éléments susceptibles de conduire à retenir une absence particulière de scrupules (STRATENWERTH/JENNY/BOMMER, Besonderer Teil I: Straftaten gegen Individualinteressen, 7
e
éd. 2010, § 1 n. 25). Par la froideur dans l'exécution et la maîtrise de soi, l'auteur manifeste également le plus complet mépris de la vie d'autrui (STRATENWERTH/JENNY/BOMMER, ibidem; MICHEL DUPUIS ET AL., CP, Code pénal, 2
e
éd. 2012, n° 25 ad
art. 112 CP
).
Pour déterminer si l'on se trouve en présence d'un assassinat, il faut procéder à une appréciation d'ensemble des circonstances externes (comportement, manière d'agir de l'auteur) et internes de l'acte (mobile, but, etc.). Il y a assassinat lorsqu'il résulte de l'ensemble de ces circonstances que l'auteur a fait preuve du mépris le plus complet pour la vie d'autrui. Alors que le meurtrier agit pour des motifs plus ou moins compréhensibles, généralement dans une grave situation conflictuelle, l'assassin est une personne qui agit de sang-froid, sans scrupules, qui démontre un égoïsme primaire et odieux et qui, dans le but de poursuivre ses propres intérêts, ne tient aucun compte de la vie d'autrui. Chez l'assassin, l'égoïsme l'emporte en général sur toute autre considération. Il est souvent prêt, pour satisfaire des besoins égoïstes, à sacrifier un être humain dont il n'a pas eu à souffrir. La destruction de la vie d'autrui est toujours d'une gravité extrême. Pour retenir la qualification d'assassinat, il faut cependant que la faute de l'auteur, son caractère odieux, se distingue nettement de celle d'un meurtrier au sens de l'
art. 111 CP
(
ATF 127 IV 10
consid. 1a p. 13 s.).
4.2
En l'espèce, la façon d'agir du recourant, brutale et atroce, doit être qualifiée de particulièrement odieuse. Le recourant s'en est pris
BGE 141 IV 61 S. 66
à un homme plus âgé que lui, couché nu dans son lit et totalement sans défense, qui l'avait accueilli chez lui. Il lui a asséné 47 coups de couteau et l'a égorgé. Il a continué à le frapper, alors que sa victime, encore consciente, se débattait. Face à un homme qui se débat, il aurait pu à tout moment arrêter de porter des coups, mais il a préféré continuer à s'acharner, faisant abstraction des souffrances de sa victime.
Le recourant n'a pas fourni d'explication plausible à son acte (la thèse de l'attaque ayant été écartée sans arbitraire, consid. 2 non publié). Il faut donc admettre qu'il a tué sans motif ou pour une broutille (si l'on admet que la victime lui a fait des avances sexuelles).
Le comportement du recourant après l'acte montre son sang-froid et sa maîtrise de la situation. Après avoir achevé la victime, il a couvert le cadavre d'habits et a nettoyé l'appartement. Il s'est lui-même lavé et rhabillé et a emporté dans des valises appartenant à la victime tout ce qu'il avait touché afin de dissimuler tout signe de son passage. Il a ensuite abandonné les valises et s'est débarrassé du couteau en le jetant à l'eau.
En conclusion, le recourant a agi avec acharnement et cruauté, sans raison ou pour un motif futile. Toutes les hypothèses mentionnées à l'
art. 112 CP
sont ainsi réalisées. En outre, le comportement du recourant après l'acte, consistant à éliminer toute trace de son passage sans affolement, confirme sa froideur et son mépris total pour la vie d'autrui. C'est donc sans violer le droit fédéral que la cour cantonale a condamné le recourant pour assassinat. Les griefs soulevés par le recourant doivent être rejetés.
(...)
6.
Le recourant conteste le prononcé de la peine privative de liberté à vie.
6.1
6.1.1
Le juge fixe la peine d'après la culpabilité de l'auteur (ancien
art. 63 CP
;
art. 47 CP
). La culpabilité de l'auteur doit être évaluée en fonction de tous les éléments objectifs pertinents, qui ont trait à l'acte lui-même, à savoir notamment la gravité de la lésion, le caractère répréhensible de l'acte et son mode d'exécution. Du point de vue subjectif, sont pris en compte l'intensité de la volonté délictuelle ainsi que les motivations et les buts de l'auteur. A ces composantes de la culpabilité, il faut ajouter les facteurs liés à l'auteur lui-même, à savoir les antécédents, la réputation, la situation personnelle (état de
BGE 141 IV 61 S. 67
santé, âge, obligations familiales, situation professionnelle, risque de récidive, etc.), la vulnérabilité face à la peine, de même que le comportement après l'acte et au cours de la procédure pénale (
ATF 136 IV 55
consid. 5 p. 57 ss;
ATF 134 IV 17
consid. 2.1 p. 19 s.;
ATF 129 IV 6
consid. 6.1 p. 20 s.).
6.1.2
Si, en raison d'un ou de plusieurs actes, l'auteur encourt plusieurs peines privatives de liberté, le juge le condamnera à la peine de l'infraction la plus grave et en augmentera la durée d'après les circonstances (principe de l'aggravation). Il ne peut cependant excéder de plus de la moitié le maximum prévu pour cette infraction; en outre, il est lié par le maximum légal du genre de la peine (ancien
art. 68 ch. 1 CP
;
art. 49 al. 1 CP
).
Si le juge doit prononcer une condamnation pour une infraction que l'auteur a commise avant d'avoir été condamné pour une autre infraction, il fixe la peine complémentaire, de sorte que l'auteur ne soit pas puni plus sévèrement que si les diverses infractions avaient fait l'objet d'un seul jugement (ancien
art. 68 ch. 2 CP
;
art. 49 al. 2 CP
). Cette disposition permet de garantir le principe de l'aggravation également en cas de concours réel rétrospectif. L'auteur qui encourt plusieurs peines privatives de liberté doit pouvoir bénéficier du principe de l'aggravation, indépendamment du fait que la procédure s'est ou non déroulée en deux temps. Concrètement, le juge se demande d'abord quelle peine d'ensemble aurait été prononcée si toutes les infractions avaient été jugées simultanément. La peine complémentaire est constituée de la différence entre cette peine d'ensemble et la peine de base, à savoir celle prononcée précédemment. L'ancien
art. 68 ch. 2 CP
, resp. l'
art. 49 al. 2 CP
, est également applicable si la première condamnation a été prononcée à l'étranger, même si elle concerne des faits qui ne relèvent pas de la juridiction suisse (
ATF 132 IV 102
consid. 8.2 p. 105).
Selon la jurisprudence, en cas de concours entre plusieurs infractions, dont
une seule
est passible d'une peine privative de liberté à vie, le prononcé d'une condamnation à vie ne peut pas se fonder sur le seul principe de l'aggravation de l'ancien
art. 68 ch. 1 CP
et de l'
art. 49 al. 1 CP
. En effet, une telle augmentation de la peine frapperait plus durement l'auteur que si plusieurs peines de durée déterminée étaient cumulées; le prononcé d'une peine à vie ne sera possible que si l'une des infractions en cause justifie en soi une telle sanction (
ATF 132 IV 102
consid. 9.1 p. 105 s.). En revanche, il est admis qu'une condamnation à vie puisse résulter du seul effet de
BGE 141 IV 61 S. 68
l'aggravation du concours lorsque, comme en l'espèce, l'auteur a commis
plusieurs
infractions passibles de la peine privative à vie (
ATF 132 IV 102
consid. 9.1 p. 106).
6.1.3
La peine privative de liberté à vie est la sanction la plus lourde du code pénal (
art. 40 CP
). Elle constitue le plafond du cadre légal des infractions qui la prévoient, l'assassinat notamment (
art. 112 CP
). Pour cette raison déjà, une motivation particulièrement complète et précise doit être exigée (cf.
ATF 127 IV 101
consid. 2c p. 104 s.). Il convient, par ailleurs, de rappeler, dans ce contexte, que les circonstances aggravantes ou atténuantes justifiant l'extension du cadre légal vers le haut ou vers le bas (état de fait qualifié ou privilégié) ne peuvent justifier de nouveau, dans le cadre légal étendu, l'aggravation ou l'allègement de la sanction. La motivation doit ainsi mettre en évidence la mesure particulière dans laquelle ces circonstances sont réalisées dans le cas concret et en quoi elles influencent la quotité de la sanction (
ATF 120 IV 67
consid. 2b p. 71 s.;
ATF 118 IV 342
consid. 2b p. 347 s.; en matière d'assassinat v. aussi arrêt 6P.47/2007 du 29 juin 2007 consid. 10).
6.2
La cour cantonale a expliqué que, si elle avait eu à juger en même temps les assassinats de A. (commis à V. en 1999) et celui de B. (commis au Luxembourg en 2006), elle aurait prononcé une peine privative de liberté à vie en tant que peine hypothétique d'ensemble, la faute étant augmentée par le fait qu'à deux reprises, le recourant avait massacré des hommes sans défense, plus âgés que lui et avec lesquels il entretenait des relations amicales. Elle a ajouté que la peine à vie se justifiait d'autant plus que les juges luxembourgeois avaient à l'époque renoncé à prononcer la réclusion à vie essentiellement en raison de l'absence d'antécédents. Par ailleurs, elle a considéré que l'assassinat de A. justifiait à lui seul le prononcé d'une peine privative de liberté à vie, en raison de son caractère particulièrement odieux. Elle a donc confirmé la peine de réclusion à vie en tant que peine complémentaire à celle prononcée par la Chambre criminelle de Luxembourg.
En l'espèce, la faute du recourant est extrêmement grave. Il a commis deux assassinats, à savoir deux infractions passibles de la peine privative de liberté à vie. Par deux fois, le recourant s'en est pris sauvagement à un homme, sans défense et qui lui faisait confiance. Le meurtre commis au Luxembourg a été frappé d'une peine de réclusion de 25 ans. Les circonstances de l'assassinat commis à V. sont tout aussi atroces. Le concours de ces deux assassinats justifie une
BGE 141 IV 61 S. 69
peine privative de liberté à vie. La cour cantonale n'a donc pas violé le droit fédéral en prononçant une peine privative de liberté à vie en tant que peine complémentaire.
6.3
6.3.1
Au demeurant, la cour cantonale a estimé que l'assassinat de A. justifiait déjà en soi le prononcé d'une peine privative de liberté à vie au vu de la faute extrêmement lourde du recourant. Elle a relevé que le déroulement de son activité meurtrière montrait une absence de scrupules particulièrement marquée. En effet, le recourant s'en était pris, avec une brutalité sauvage (47 coups de couteau, dont un égorgement), à un homme, sans défense, qui l'avait accueilli chez lui. S'agissant des mobiles, la cour cantonale a relevé l'absence de motif apparent. Le recourant n'avait en effet pas fourni d'explication plausible concernant les raisons de son acte, la thèse de l'attaque préalable de la victime n'étant pas crédible. La cour cantonale a également insisté sur les circonstances après l'acte, qui montraient une totale absence de scrupules. Après avoir effacé de manière méticuleuse toute trace pouvant le lier au crime, le recourant était rentré chez lui, abandonnant la victime morte dans sa chambre. Il avait repris et continué son travail, puis avait quitté la Suisse pour refaire sa vie au Luxembourg. Pour le surplus, aucune circonstance atténuante n'était réalisée. La cour cantonale a rappelé que la responsabilité pénale du recourant était pleine et entière. Enfin, à charge, elle a noté que sa collaboration à la procédure avait été mauvaise et que le recourant était clairement dans le déni.
6.3.2
Le recourant invoque une inégalité de traitement, en se référant à divers exemples trouvés dans la jurisprudence. Toute comparaison avec d'autres affaires est toutefois délicate vu les nombreux paramètres entrant en ligne de compte pour la fixation de la peine. Il ne suffit d'ailleurs pas que le recourant puisse citer un ou deux cas où une peine particulièrement clémente a été fixée pour prétendre à un droit à l'égalité de traitement. Les disparités en cette matière s'expliquent normalement par le principe de l'individualisation des peines, voulu par le législateur; elles ne suffisent pas en elles-mêmes pour conclure à un abus du pouvoir d'appréciation (
ATF 135 IV 191
consid. 3.1 p. 193;
ATF 123 IV 150
consid. 2a p. 152 s.;
ATF 120 IV 136
consid. 3a p. 144). Le grief soulevé par le recourant doit donc être rejeté.
Contrairement à ce que soutient le recourant, on ne saurait retenir en sa faveur des aveux, alors qu'il s'est enfui au Luxembourg pour
BGE 141 IV 61 S. 70
échapper à toute poursuite et qu'il n'a reconnu son forfait que confronté aux éléments de preuves matérielles, qui ne lui laissaient pas d'autre choix.
Le recourant fait valoir son absence d'antécédents. Selon la jurisprudence, l'absence d'antécédents a en principe un effet neutre sur la fixation de la peine et n'a pas à être pris en considération dans un sens atténuant (
ATF 136 IV 1
consid. 2.6 p. 2 ss).
Le recourant ne cite en définitive aucun élément important, propre à modifier la peine, qui aurait été omis ou pris à tort en considération. Il convient dès lors d'examiner si, au vu des circonstances, la peine infligée apparaît exagérément sévère au point de constituer un abus du pouvoir d'appréciation.
6.3.3
Le recourant réalise toutes les hypothèses mentionnées à l'
art. 112 CP
et ce avec une intensité particulièrement marquée. Il a assassiné, avec une brutalité sauvage, un homme, sans défense, qui l'avait accueilli chez lui, et cela sans aucune raison ou pour un motif futile. Il a ensuite effacé de manière méticuleuse toute trace pouvant le lier au crime et a continué à travailler comme si de rien n'était pour partir finalement au Luxembourg. Aucune circonstance atténuante n'est réalisée. En sa défaveur, on peut encore relever une mauvaise collaboration à la procédure pénale et une absence de prise de conscience de la gravité de ses actes.
Dans ces circonstances, la faute du recourant est extrêmement lourde. La cour cantonale n'a donc pas outrepassé son pouvoir d'appréciation en considérant que l'assassinat de A. justifiait à lui seul une peine privative de liberté à vie. Elle a motivé cette peine de manière détaillée et complète, respectant les exigences posées par la jurisprudence (cf. consid. 6.1.3). Les griefs soulevés par le recourant sont dès lors infondés.
6.4
En conclusion, la cour cantonale n'a pas violé le droit fédéral en prononçant une peine privative de liberté à vie en tant que peine complémentaire. | mixed |
6193c46f-5a0c-4a3a-b670-525fe441fb72 | Sachverhalt
ab Seite 181
BGE 135 IV 180 S. 181
Par jugement du 11 janvier 2008, X. a été condamnée pour diverses infractions à une peine privative de liberté de quarante jours avec sursis pendant deux ans. L'exécution de la peine a été suspendue au profit d'un traitement institutionnel, en raison des troubles psychiatriques affectant X.
Saisie d'un recours du Ministère public, la cour de cassation du Tribunal cantonal vaudois l'a admis partiellement. Le jugement précité a été réformé en ce sens qu'une peine pécuniaire de quarante jours-amende à 5 francs l'un a été prononcée, avec sursis pendant deux ans, la décision de première instance étant confirmée pour le surplus.
Le Ministère public du canton de Vaud forme un recours en matière pénale. Il conclut principalement à la réforme de l'arrêt entrepris en ce sens que le montant du jour-amende soit fixé à 10 francs et la peine prononcée ferme.
Le Tribunal fédéral a admis le recours et renvoyé la cause pour nouvelle décision.
(résumé) Erwägungen
Extrait des considérants:
1.
Le recourant ne conteste pas le principe de la peine pécuniaire, mais la quotité du jour-amende, qu'il juge insuffisante. Il reproche aussi à la cour cantonale d'avoir violé l'
art. 50 CP
, la motivation de l'arrêt entrepris ne permettant pas de comprendre quels critères ont présidé à la fixation du montant de 5 francs.
1.1
Le Tribunal fédéral a exposé de manière détaillée les principes régissant la fixation de la peine pécuniaire, la quotité du jour-amende en particulier, dans l'arrêt publié aux
ATF 134 IV 60
consid. 5 et 6 (voir également l'arrêt 6B_541/2007 du 13 mai 2008 consid. 6). On peut y renvoyer en soulignant les points suivants.
La quotité du jour-amende doit être fixée conformément au principe du revenu net, soit celui que l'auteur réalise en moyenne quotidiennement, quelle qu'en soit la source, ce qui inclut notamment les prestations d'aide sociale. Le principe du revenu net exige que seul le disponible excédant les frais d'acquisition du revenu soit pris en considération, dans les limites de l'abus de droit. Ce qui est dû en vertu de la loi ou ce dont l'auteur ne jouit pas économiquement doit en être soustrait (arrêt précité consid. 6.4.1). Il en va ainsi des obligations d'assistance pour autant que le condamné s'en acquitte
BGE 135 IV 180 S. 182
effectivement. Des charges financières extraordinaires peuvent conduire à une réduction lorsqu'elles correspondent à des besoins financiers accrus résultant de la situation de l'auteur et indépendantes de sa volonté (consid. 6.4.4). Le revenu net ainsi défini en droit pénal est le point de départ pour fixer la quotité du jour-amende. Dans ce contexte, le minimum vital mentionné à l'
art. 34 al. 2 CP
constitue un correctif permettant au juge de s'écarter du principe du revenu net et d'arrêter le jour-amende à un niveau sensiblement inférieur. Pour les condamnés qui vivent en-dessous ou au seuil du minimum vital, le jour-amende doit être réduit dans une mesure telle que, d'une part, le caractère sérieux de la sanction soit rendu perceptible par l'atteinte portée au niveau de vie habituel et que, d'autre part, l'atteinte apparaisse supportable au regard de la situation personnelle et économique. Un abattement du revenu net de la moitié au moins apparaît adéquat à titre de valeur indicative. Pour une peine ferme, ce sont avant tout les facilités de paiement accordées par l'autorité d'exécution (
art. 35 al. 1 CP
) qui doivent permettre de pallier une charge excessive. Lorsque le nombre des jours-amende est considérable - en particulier au-delà de nonante jours-amende - une réduction supplémentaire de 10 à 30 % est indiquée car la contrainte économique, partant la pénibilité de la sanction, croît en proportion de la durée de la peine. La situation financière concrète est toujours déterminante. La fixation de la quotité du jour-amende dans le cas concret procède d'un pouvoir d'appréciation exercé avec soin.
1.2
En l'espèce, l'autorité cantonale a constaté que la condamnée percevait une rente de l'assurance-invalidité de 1500 francs par mois, ainsi que des prestations complémentaires, lesquelles prenaient en charge le solde de ses frais de placement. Elle disposait en outre de 240 francs d'argent de poche par mois, somme avec laquelle elle devait également payer ses vêtements. Sur la base de ces informations, la cour cantonale a fixé le jour-amende à 5 francs.
1.3
La première question qui se pose est celle de savoir si, dans le calcul du revenu net, les frais de placement de l'intimée doivent être portés en déduction des rentes et prestations complémentaires qu'elle perçoit, comme l'a implicitement jugé la cour cantonale.
1.3.1
Selon les constatations de fait de l'arrêt entrepris, le placement de l'intimée en EMS est justifié par les affections psychiques dont elle souffre. Bien que sous cet angle ces frais de placement
BGE 135 IV 180 S. 183
puissent être appréhendés comme des charges spécifiques résultant de la situation de l'auteur, les constatations de l'arrêt cantonal ne permettent pas d'examiner si celles-là sont réellement indépendantes de la volonté de l'intimée.
1.3.2
A cet égard, il convient de relever que l'hospitalisation de l'intimée a été prononcée en application de l'ancien
art. 43 ch. 1 al. 1 CP
par un arrêt du Tribunal d'accusation du canton de Vaud du 23 mai 2000. De plus, par décision du 9 mai 2007, l'Office d'exécution des peines a sommé l'intéressée de rester dans le lieu de vie désigné par l'Office du Tuteur général, ce qui suggère que la mesure en cause était toujours en vigueur. Ce point trouve en outre appui dans les pièces du dossier (cf.
art. 105 al. 2 LTF
), dont il ressort que selon un arrêt du 31 août 2006, le Tribunal d'accusation du canton de Vaud a maintenu la mesure ordonnée le 23 mai 2000. Il s'ensuit que le placement de l'intimée constitue une mesure au sens de l'ancien
art. 43 al. 1 ch. 1 CP
qui, depuis le 1
er
janvier 2007, est exécutée conformément aux dispositions du nouveau droit (ch. 2 al. 1 des dispositions finales de la modification du 13 décembre 2002 du Code pénal suisse). Or, conformément à l'
art. 380 CP
, en vigueur depuis le 1
er
janvier 2007, les frais d'exécution des peines et des mesures sont à la charge des cantons (al. 1). Le condamné est astreint à participer aux frais de l'exécution dans une mesure appropriée: par compensation de ceux-ci avec les prestations de travail dans l'établissement d'exécution des peines et des mesures (al. 2 let. a); proportionnellement à son revenu et à sa fortune, s'il refuse d'exécuter le travail qui lui est attribué, bien qu'il satisfasse aux exigences des art. 81 ou 90 al. 3 (al. 2 let. b) CP; par imputation d'une partie du gain qu'il réalise par une activité dans le cadre de la semi-détention, du travail externe ou du travail et logement externe (al. 2 let. b). Les cantons édictent des dispositions afin de préciser les modalités de la participation du condamné aux frais.
En l'espèce, on ignore concrètement si le canton de Vaud a fait usage de cette délégation de compétence. On ignore de même si l'intéressée est susceptible d'être astreinte à un travail au sens de l'
art. 380 al. 2 let. b CP
, si les travaux effectués en atelier de reliure jusqu'à l'automne 2007 constituent une telle activité, partant si et dans quelle mesure une part des frais en cause doit effectivement être laissée à sa charge ou s'il faut admettre que la prise en compte de ces frais n'est pas entièrement indépendante de sa volonté. Il n'est
BGE 135 IV 180 S. 184
dès lors pas possible de déterminer précisément le revenu net de l'intimée. L'arrêt entrepris viole le droit fédéral sur ce point.
1.4
Il convient ensuite de rappeler que même pour les condamnés vivant au seuil ou au-dessous du minimum vital, le montant du jour-amende ne doit pas être réduit à une valeur symbolique au risque que la peine pécuniaire, que le législateur a placée sur pied d'égalité avec la peine privative de liberté, perde toute signification (
ATF 134 IV 60
consid. 6.5.2 p. 72). Cet arrêt ne spécifie cependant pas ce qu'il faut entendre par une valeur symbolique, respectivement par une peine ayant une signification en comparaison d'une peine privative de liberté. Il y a lieu d'examiner cette question dans le cas d'espèce.
1.4.1
La privation de liberté résultant d'une sanction ne peut, par un simple processus de conversion, être comparée à la restriction apportée au standard de vie ainsi qu'aux possibilités de consommation, qui constitue l'essence de la peine pécuniaire (cf.
ATF 134 IV 97
consid. 5.2.3 p. 104). Il est donc vain de chercher, dans une démarche comptable, à chiffrer la valeur d'un jour de privation de liberté. Il n'en demeure pas moins que les restrictions d'ordre matériel imposées par la peine pécuniaire, doivent, pour pouvoir être placées sur pied d'égalité avec les effets d'une peine privative de liberté, être tout au moins sensibles. Un tel résultat ne peut être atteint lorsque le montant du jour-amende n'excède pas quelques francs. La peine apparaît alors d'emblée symbolique. Quelle que soit la situation économique du condamné, l'exécution d'une peine aussi minime n'est pas susceptible d'influencer concrètement et de manière sensible son standard de vie et ses possibilités de consommation. Le cas présent, dans lequel le jour-amende, fixé à cinq francs, ne prive en définitive l'intéressée que d'une part de l'argent de poche dont elle dispose pour se vêtir et se divertir (la couverture de ses besoins vitaux étant, par ailleurs, assurée), illustre parfaitement cette problématique.
1.4.2
On ne peut cependant méconnaître non plus que, dans la fourchette des peines dans laquelle entre en considération la peine pécuniaire, soit jusqu'à trois cent soixante jours, l'exécution des peines privatives de liberté correspondantes n'aboutit, en règle générale, qu'à une privation partielle de la liberté (notamment en cas d'exécution sous forme de semi-détention [
art. 77
bis
CP
] ou d'arrêts domiciliaires sous surveillance électronique pour les cantons qui
BGE 135 IV 180 S. 185
connaissent cette institution) et n'entraîne pas non plus, sur le plan économique, les conséquences d'une privation de liberté complète (notamment la perte du revenu d'une activité lucrative ou la suspension des prestations d'assurances sociales qui le remplaçaient [cf.
art. 21 al. 5 LPGA
[RS 830.1]; en matière de prévoyance professionnelle: voir UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 2
e
éd. 2009, n° 107 ad
art. 21 LPGA
). Pour cette raison, et afin de conserver une juste proportion entre les différents types de sanctions, les exigences permettant de considérer qu'une peine pécuniaire n'est pas symbolique ne doivent pas être excessivement sévères non plus. Tel n'est plus le cas lorsque le montant du jour-amende atteint la somme de dix francs, en ce qui concerne les auteurs les plus démunis. L'arrêt publié aux
ATF 134 IV 60
consid. 6.5.2 p. 72, doit être précisé en ce sens.
1.4.3
Il s'ensuit qu'au montant de 5 francs par jour, la quotité du jour-amende arrêtée dans la décision entreprise n'est pas conforme, sous cet angle non plus, aux exigences du droit fédéral.
2.
Le recourant conteste ensuite l'octroi du sursis.
2.1
Selon le nouvel article 42 CP, le juge suspend en règle générale l'exécution d'une peine pécuniaire, d'un travail d'intérêt général ou d'une peine privative de liberté de six mois au moins et de deux ans au plus lorsqu'une peine ferme ne paraît pas nécessaire pour détourner l'auteur d'autres crimes ou délits (al. 1). Si, durant les cinq ans qui précèdent l'infraction, l'auteur a été condamné à une peine privative de liberté ferme ou avec sursis de six mois au moins ou à une peine pécuniaire de cent quatre-vingt jours-amende au moins, il ne peut y avoir de sursis à l'exécution de la peine qu'en cas de circonstances particulièrement favorables (al. 2). L'octroi du sursis peut également être refusé lorsque l'auteur a omis de réparer le dommage comme on pouvait raisonnablement l'attendre de lui (al. 3). Le juge peut prononcer, en plus du sursis, une peine pécuniaire sans sursis ou une amende selon l'
art. 106 CP
(al. 4).
Sur le plan subjectif, le juge doit poser, pour l'octroi du sursis, un pronostic quant au comportement futur de l'auteur. La question de savoir si le sursis serait de nature à détourner l'accusé de commettre de nouvelles infractions doit être tranchée sur la base d'une appréciation d'ensemble, tenant compte des circonstances de l'infraction, des antécédents de l'auteur, de sa réputation et de sa situation personnelle au moment du jugement, notamment de l'état d'esprit qu'il
BGE 135 IV 180 S. 186
manifeste. Le pronostic doit être posé sur la base de tous les éléments propres à éclairer l'ensemble du caractère de l'accusé et ses chances d'amendement. Il n'est pas admissible d'accorder un poids particulier à certains critères et d'en négliger d'autres qui sont pertinents. Le juge doit par ailleurs motiver sa décision de manière suffisante (cf.
art. 50 CP
). Sa motivation doit permettre de vérifier s'il a tenu compte de tous les éléments pertinents et comment ils ont été appréciés (cf.
ATF 134 IV 5
consid. 4.2.1;
ATF 128 IV 193
consid. 3a;
ATF 118 IV 97
consid. 2b). Le nouveau droit pose des exigences moins élevées quant au pronostic pour l'octroi du sursis. Auparavant, il fallait que le pronostic soit favorable. Le sursis est désormais la règle dont on ne peut s'écarter qu'en présence d'un pronostic défavorable. Il prime en cas d'incertitude (cf.
ATF 134 IV 5
consid. 4.4.2).
2.2
Pour toute motivation, le Tribunal de première instance a exposé qu'un pronostic favorable pouvait être posé "en l'état actuel", les conditions objectives étant, par ailleurs, réalisées. Quant à la cour cantonale, elle a confirmé cette appréciation en relevant en substance, en réponse aux griefs du recourant, que les infractions commises par l'intimée dès avril 2006 ne suffisaient pas à justifier un pronostic défavorable. Les infractions antérieures, commises à une époque où l'irresponsabilité pénale de l'intimée était totale ne pouvaient être prises en considération dans le pronostic. Il ressortait d'un rapport d'expertise du 21 décembre 2007 que l'intimée avait complètement rompu avec ses comportements toxicomaniaques. Elle était tout à fait compliante à ses traitements, tant médicamenteux que psychothérapeutique et éducatif. Elle était bien insérée dans son foyer et une peine de prison aurait menacé l'équilibre atteint. Elle rencontrait régulièrement ses enfants, placés dans une famille d'accueil, avec laquelle elle entretenait de bons contacts et le tribunal de première instance avait de surcroît relevé sa prise de conscience. L'ensemble de ces éléments ne permettait pas de motiver un pronostic défavorable.
2.3
En l'espèce, non seulement le sursis a été octroyé, mais une mesure institutionnelle au sens de l'
art. 59 CP
ordonnée. La décision entreprise va même plus loin. Il résulte de son dispositif, qui ne réforme pas le chiffre II de celui de la décision de première instance, que cette mesure doit suspendre l'exécution de la peine pécuniaire prononcée en deuxième instance. Faute de conclusions, ce point ne fait pas l'objet du recours du Ministère public. Il n'est donc
BGE 135 IV 180 S. 187
pas nécessaire d'examiner si une telle suspension est conforme au droit fédéral, ce qui est douteux au regard de la formulation de l'
art. 57 al. 2 CP
, qui ne vise que les peines privatives de liberté (voir en ce sens GÜNTER STRATENWERTH, Strafen und Massnahmen, 2
e
éd. 2006, § 9 n. 33; MARIANNE HEER, in: Basler Kommentar, Strafrecht, vol. I, 2
e
éd. 2007, n° 6 ad
art. 57 CP
et n
os
2 et 34 ad
art. 63 CP
; voir aussi KILLIAS ET AL., Précis de droit pénal général, 3
e
éd. 2008, n° 1506 et la note de pied 20 p. 264, qui proposent de se référer à l'
art. 12 al. 1 de l'ordonnance du 19 septembre 2006 relative au code pénal et au code pénal militaire [O-CP-CPM; RS 311.01]
, sans exclure non plus l'exécution simultanée de la peine pécuniaire et de la mesure). Quoi qu'il en soit, sous l'empire des anciennes dispositions générales du Code pénal, il était de jurisprudence constante que l'octroi du sursis (ancien
art. 41 CP
) n'entrait pas en considération si une mesure de sûreté était ordonnée en application des anciens
art. 43 ou 44 CP
. Comme le prononcé d'une mesure supposait nécessairement l'existence d'un risque de récidive, il était en effet impossible d'appliquer ces dispositions tout en posant un pronostic favorable permettant l'octroi du sursis (cf. STEFAN TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch [...], Kurzkommentar, 2
e
éd. 1997, n° 11 ad
art. 41 CP
). Il n'en va pas différemment en application du nouveau droit. Conformément à l'
art. 59 al. 1 let. b CP
(qui reprend le principe exprimé par l'
art. 56 al. 1 let. a CP
) une mesure thérapeutique institutionnelle telle que celle ordonnée en l'espèce ne peut être ordonnée qu'à la condition qu'il soit à prévoir que cette mesure détournera l'auteur de nouvelles infractions en relation avec ce trouble. Il s'ensuit que le prononcé d'une telle mesure, qui suppose un risque de récidive, implique nécessairement un pronostic négatif (SCHWARZENEGGER ET AL., Strafen und Massnahmen, 8
e
éd. 2007, § 6 n. 2.21 p. 132; MARIANNE HEER, op. cit., n° 118 ad
art. 59 CP
; voir aussi l'arrêt 6B_268/2008 du 2 mars 2009 consid. 6).
Par conséquent, le prononcé d'une mesure excluait l'octroi du sursis à l'intimée. | mixed |
0a81a1ac-aa20-49fa-89a7-68333019dfe0 | Sachverhalt
ab Seite 98
BGE 112 V 97 S. 98
A.-
Der am 8. Juni 1918 geborene Karl S. leidet an einem krankhaften Sammeltrieb und andern psychischen Beeinträchtigungen, weshalb er unter Vormundschaft steht. Sein Vormund ist Amtsvormund X. Bis zum Erreichen des 65. Altersjahres hatte der Versicherte eine ganze Invalidenrente bezogen. Im Zusammenhang mit der Abklärung der Altersrentenberechtigung ab 1. Juli 1983 kam der Verwaltung zur Kenntnis, dass er seit Mitte Juni 1981 als Hauswart in einem Hotel eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hatte, was ihr weder vom Vormund noch vom Versicherten mitgeteilt worden war. Die Ausgleichskasse des Kantons Zürich setzte daraufhin die bisherige ganze Invalidenrente rückwirkend ab anfangs Oktober 1981 auf eine halbe Rente herab und forderte unter Annahme einer Meldepflichtverletzung die in der Zeit vom 1. Oktober 1981 bis 30. Juni 1983 zuviel ausgerichteten Betreffnisse von insgesamt Fr. 9'732.-- zurück (Verfügung vom 20. Juli 1983).
B.-
Gegen diese an ihn gerichtete Rückforderungsverfügung wandte Amtsvormund X mit Eingabe vom 22. Juli 1983 an die Ausgleichskasse ein, es sei seinem "Schutzbefohlenen die Rückerstattungspflicht des zu Unrecht bezogenen Betrages zu erlassen" bzw. es sei "auf die Rückforderung des zu Unrecht bezogenen Betrages von Fr. 9'732.-- zu verzichten". Ferner reichte der "Schweizerische Beobachter" (nachfolgend: der Beobachter) namens des Karl S. am 18. August 1983 der Ausgleichskasse ein Wiedererwägungsgesuch ein, das ebenfalls den Antrag enthielt, es sei auf die Rückforderung des Betrages von Fr. 9'732.-- zu verzichten; verneinendenfalls sei die Eingabe an die AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich zur Behandlung als Beschwerde weiterzuleiten.
Die Ausgleichskasse lehnte am 17. Oktober 1983 verfügungsweise "das Erlassgesuch" ab und verpflichtete Amtsvormund X, "den Betrag von Fr. 9'732.-- zurückzuerstatten". Beschwerdeweise beantragte der Amtsvormund am 25. Oktober 1983 die Aufhebung auch dieser Kassenverfügung, ebenso am 7. November 1983 der durch den Beobachter vertretene Karl S.
BGE 112 V 97 S. 99
Die AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich gelangte zur Auffassung, dass seitens des Amtsvormundes eine Meldepflichtverletzung vorliege, weshalb die verfügte Rückforderung der zuviel ausgerichteten Rentenbetreffnisse von Fr. 9'732.-- in Ordnung gehe; die Erlassgesuche seien unbegründet, weil bei einer rückwirkenden Rentenherabsetzung zufolge einer Meldepflichtverletzung die eine der kumulativ erforderlichen Erlassvoraussetzungen, die Gutgläubigkeit, von vornherein verneint werden müsse. Mit Entscheid vom 5. Dezember 1984 wies die Rekurskommission die Beschwerden ab, soweit sie darauf eintrat.
C.-
Karl S., vertreten durch Amtsvormund X, lässt durch den Beobachter Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit den Anträgen:
"1. Das angefochtene Urteil sei aufzuheben.
2. Die Rückforderung von IV-Renten, die in der Zeit vom 1. Oktober 1981 bis 30. Juni 1983 zugunsten von Karl S. an dessen Vormund bezahlt wurden, sei aufzuheben."
Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) beantragen die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Zu prüfen ist zunächst, was den Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens abgibt und nach welcher Kognition sich dieser Streitgegenstand beurteilt.
a) Streitgegenstand im System der nachträglichen Verwaltungsrechtspflege ist das Rechtsverhältnis, welches - im Rahmen des durch die Verfügung bestimmten Anfechtungsgegenstandes - den aufgrund der Beschwerdebegehren effektiv angefochtenen Verfügungsgegenstand bildet. Nach dieser Begriffsumschreibung sind Anfechtungsgegenstand und Streitgegenstand identisch, wenn die Verwaltungsverfügung insgesamt angefochten wird. Bezieht sich demgegenüber die Beschwerde nur auf einen Teil des durch die Verfügung bestimmten Rechtsverhältnisses, gehören die nicht beanstandeten Teilaspekte des verfügungsweise festgelegten Rechtsverhältnisses zwar wohl zum Anfechtungs-, nicht aber zum Streitgegenstand.
In der Verwaltungsverfügung festgelegte - somit Teil des Anfechtungsgegenstandes bildende -, aber aufgrund der Beschwerdebegehren nicht mehr streitige - somit nicht zum Streitgegenstand zählende - Fragen prüft der Richter nur, wenn die nicht
BGE 112 V 97 S. 100
beanstandeten Punkte in engem Sachzusammenhang mit dem Streitgegenstand stehen (
BGE 110 V 51
Erw. 3c mit Hinweisen).
Objekt des vorinstanzlichen Entscheides und damit Anfechtungsgegenstand sind einerseits die bestätigten Rückforderungsverfügungen vom 20. Juli sowie 17. Oktober 1983 und anderseits die Abweisung der beschwerdeweise wiederholten Erlassgesuche. Da mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde die vollumfängliche Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides beantragt wird, gehören vorliegend sowohl die Rückerstattungspflicht als auch der Erlass zum Streitgegenstand. Daher sind beide Punkte einer Beurteilung in diesem Prozess zugänglich.
b) Die Kognition des Eidg. Versicherungsgerichts ist unterschiedlich, je nachdem ob es um Versicherungsleistungen oder anderes geht. Unter Versicherungsleistungen im Sinne des
Art. 132 OG
sind Leistungen zu verstehen, über deren Rechtmässigkeit bei Eintritt des Versicherungsfalles befunden wird (
BGE 106 V 98
Erw. 3,
BGE 98 V 131
). Darunter fällt nach ständiger Rechtsprechung auch die Rückforderung von Versicherungsleistungen (z.B. Invalidenrenten), nicht jedoch der Erlass einer solchen Rückerstattungsschuld (
BGE 110 V 27
Erw. 3,
BGE 98 V 275
Erw. 2; vgl. auch
BGE 102 V 245
; ZAK 1983 S. 507 Erw. 1). Sind im gleichen Verfahren beide Punkte zu prüfen, so gilt grundsätzlich für die Rückerstattungspflicht die erweiterte Kognition nach
Art. 132 OG
, wogegen für die Erlassfrage
Art. 104 lit. a und
Art. 105 Abs. 2 OG
zu beachten sind (
BGE 98 V 276
Erw. 3). Hinsichtlich des Erlasses kann demnach mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nur die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens gerügt werden (
Art. 104 lit. a OG
); die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig oder unvollständig ist oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen erfolgte (Art. 104 lit. b in Verbindung mit
Art. 105 Abs. 2 OG
). Im Beschwerdeverfahren um die Rückforderung von Versicherungsleistungen erstreckt sich dagegen die Überprüfungsbefugnis des Eidg. Versicherungsgerichts auch auf die Angemessenheit der angefochtenen Verfügung; das Gericht ist dabei nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden und kann insbesondere über die Begehren der Parteien zu deren Gunsten oder Ungunsten hinausgehen (
Art. 132 OG
).
2.
a) Eine rückwirkende Aufhebung oder Berichtigung einer Invalidenrente (ex tunc) und damit verbunden die Rückerstattung
BGE 112 V 97 S. 101
der zu Unrecht bezogenen Rentenbetreffnisse (
Art. 49 IVG
in Verbindung mit
Art. 47 AHVG
) greifen dann Platz, wenn der Tatbestand des
Art. 88bis Abs. 2 lit. b IVV
erfüllt ist. Danach erfolgt die revisionsweise Herabsetzung oder Aufhebung einer Invalidenrente rückwirkend vom Eintritt der für den Anspruch erheblichen Änderung an, wenn die unrichtige Ausrichtung einer Leistung darauf zurückzuführen ist, dass der Bezüger sie unrechtmässig erwirkt hat oder der ihm gemäss
Art. 77 IVV
zumutbaren Meldepflicht nicht nachgekommen ist. Gemäss Abs. 1 dieser Verordnungsbestimmung haben der Berechtigte oder sein gesetzlicher Vertreter sowie Behörden und Dritte, denen die Leistung zukommt, jede für den Leistungsanspruch wesentliche Änderung, namentlich eine solche des Gesundheitszustandes, der Arbeits- oder Erwerbsfähigkeit, der persönlichen und gegebenenfalls der wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten unverzüglich der Ausgleichskasse anzuzeigen. Im Falle einer Bevormundung trifft die Meldepflicht daher den Versicherten und seinen Vormund, der kraft Gesetz der Vertreter seines Mündels ist (
Art. 367 Abs. 1 ZGB
).
Für den Tatbestand der Meldepflichtverletzung ist ein schuldhaftes Fehlverhalten erforderlich, wobei nach ständiger Rechtsprechung bereits eine leichte Fahrlässigkeit genügt (
BGE 110 V 180
Erw. 3c mit Hinweisen).
Da der Tatbestand der Meldepflichtverletzung den Vorwurf eines fehlerhaften Verhaltens umschliesst, ist erforderlich, dass der Meldepflichtige urteilsfähig ist, wie dies auch für die zivilrechtliche Haftung aus unerlaubter Handlung gilt (
Art. 19 Abs. 3 ZGB
). Die Urteilsfähigkeit ist im Sozialversicherungsrecht in bezug auf die in Frage stehende konkrete Handlung und unter Würdigung der bei ihrer Vornahme herrschenden objektiven und subjektiven Verhältnisse zu prüfen (
BGE 108 V 126
Erw. 4). Fehlt die Urteilsfähigkeit, kann der Versicherte für sein Verhalten nicht verantwortlich gemacht werden, so dass sich in einem solchen Fall die Annahme einer schuldhaften Meldepflichtverletzung verbietet.
b) Von der eben dargelegten Meldepflicht ist die Rückerstattungspflicht zu unterscheiden. Denn nicht jeder im Sinne von
Art. 77 Abs. 1 IVV
Meldepflichtige ist auch der Rückerstattungspflicht unterworfen. Die Frage, wer im Falle einer Meldepflichtverletzung die unrechtmässig ausgerichteten Leistungen zurückzuerstatten hat, stellt sich namentlich im Falle eines bevormundeten Versicherten.
BGE 112 V 97 S. 102
Auszugehen ist vom Grundsatz, dass das Familienrecht und daher auch das Vormundschaftsrecht eine Ordnung darstellt, die von der Sozialversicherung vorausgesetzt wird und dieser daher grundsätzlich vorgeht (
BGE 102 V 37
mit Hinweisen). Wird die einem bevormundeten Versicherten zustehende Invalidenrente dem Vormund ausbezahlt, so hat dieser zwar hinsichtlich ihrer Verwendung die Vorschriften des Vormundschaftsrechtes zu beachten (vgl. z.B.
Art. 401 Abs. 1 und
Art. 413 ZGB
); doch bleibt die Invalidenrente trotz der Vormundschaft Teil des Mündelvermögens (Art. 367 Abs. 1 in Verbindung mit
Art. 398 ff. ZGB
), weswegen eine allfällige Rückerstattung aus diesem zu erfolgen hat. An dieser vormundschaftsrechtlichen Ordnung hat das Sozialversicherungsrecht nichts geändert. Denn
Art. 78 AHVV
(anwendbar im Gebiet der Invalidenversicherung kraft
Art. 85 Abs. 3 IVV
) erklärt im Falle einer Drittauszahlung nur die in
Art. 76 Abs. 1 AHVV
erwähnten Personen oder Behörden als rückerstattungspflichtig, nicht jedoch den Vormund, welcher in
Art. 76 Abs. 2 AHVV
erwähnt wird. Zwar hat das Eidg. Versicherungsgericht im Urteil Bürgergemeinde der Stadt Luzern vom 22. Februar 1984 (
BGE 110 V 10
) festgehalten, dass nicht nur die in
Art. 76 Abs. 1 AHVV
bezeichneten Drittpersonen oder Behörden, die dem Rentenberechtigten gegenüber gesetzlich oder sittlich unterstützungspflichtig sind oder ihn dauernd fürsorgerisch betreuen, der Rückerstattungspflicht unterliegen; darüber hinaus seien auch jene Drittempfänger, welchen praxisgemäss die Leistungen ausbezahlt werden, ohne dass die Voraussetzungen des
Art. 76 AHVV
erfüllt sind, rückerstattungspflichtig; dies treffe auf vom Berechtigten selber bezeichnete Drittempfänger zu, welche die Leistungen nicht nur als Inkasso- oder Zahlstelle entgegennehmen (
BGE 110 V 14
Erw. 2b). Diese Feststellung bezog sich jedoch nicht auf den Vormund. Das Eidg. Versicherungsgericht hat denn auch im unveröffentlichten Urteil Genoud vom 6. Dezember 1983 festgehalten, dass weder der Amtsvormund noch die Vormundschaftsbehörde als gesetzliche Vertreter des Mündels zur Rückerstattung verpflichtet sind. Dementsprechend hat das BSV mit dem Nachtrag 4 (in Kraft seit 1. Januar 1985) zur Wegleitung über die Renten Rz. 1174 verordnungskonform neu gefasst, indem der Verweis auf den in der Verordnungsbestimmung nicht erwähnten Abs. 2 des
Art. 76 AHVV
fallengelassen wurde (ebenso nunmehr Rz. 1371 der ab anfangs 1986 gültigen Rentenwegleitung).
BGE 112 V 97 S. 103
c) Hat sich ein Meldepflichtiger eine Verletzung dieser Obliegenheit zuschulden kommen lassen und ist ihm daraus kraft des Gesetzes die Pflicht zur Rückerstattung der unrechtmässig ausgerichteten Leistungen erwachsen, so stellt sich als nächstes die Frage, ob ihm der Erlass der Rückzahlungsschuld gewährt werden kann. Hiefür ist der im Bereich der Invalidenversicherung laut
Art. 49 IVG
sinngemäss anwendbare
Art. 47 AHVG
massgeblich, wonach bei gutem Glauben und gleichzeitigem Vorliegen einer grossen Härte von der Rückforderung der unrechtmässig bezogenen Renten oder Hilflosenentschädigungen abgesehen werden kann. Hiegegen schlägt die auf ZAK 1981 S. 94 gegründete Auffassung der Vorinstanz nicht durch, dass bei einer rückwirkenden Rentenrevision zufolge Meldepflichtverletzung der Erlass schon gestützt auf
Art. 88bis Abs. 2 lit. b IVV
mangels guten Glaubens zu verweigern sei. Denn zum einen vermag
Art. 88bis Abs. 2 lit. b IVV
als Verordnungsnorm dem formellgesetzlichen Erlassanspruch des
Art. 47 Abs. 1 AHVG
nicht zu derogieren. Zum andern gehen die Erwägungen in ZAK 1981 S. 94 davon aus, dass die Meldepflichtverletzung, welche die Rückerstattungspflicht bewirkt, auf arglistiges oder zumindest grobfahrlässiges Fehlverhalten zurückzuführen ist. Das Eidg. Versicherungsgericht hat denn auch in ständiger Rechtsprechung bei der Beurteilung des guten Glaubens am Erfordernis eines arglistigen oder zumindest grobfehlerhaften Verhaltens festgehalten (Nachweise in
BGE 110 V 180
Erw. 3c). Daraus erhellt, dass der gute Glaube als Erlassvoraussetzung von vornherein entfällt, wenn der Rückerstattungstatbestand (Melde- oder Auskunftspflichtverletzung) durch ein arglistiges oder grobfahrlässiges Verhalten herbeigeführt wurde. Anderseits kann sich der Versicherte auf den guten Glauben berufen, wenn seine fehlerhafte Handlung oder Unterlassung nur eine leichte Verletzung der Melde- oder Auskunftspflicht darstellt (
BGE 110 V 180
Erw. 3c in fine). Dies hat das Eidg. Versicherungsgericht in zwei neuesten Entscheidungen im Bereich der AHV (Urteil Schreiber vom 4. November 1985) und der Invalidenversicherung (Urteil Broillet vom 10. Dezember 1985) bestätigt.
3.
a) Die Ausgleichskasse hat die Rückerstattung des Betrages von Fr. 9'732.-- sowohl in der Verfügung vom 20. Juli 1983 als auch in jener vom 17. Oktober 1983 zu Lasten des Amtsvormundes verfügt. Entgegen den Vorbringen der Ausgleichskasse in ihrer Vernehmlassung ist dieses Vorgehen nach dem in Erw. 2b Gesagten unzutreffend, weshalb die gegen den Amtsvormund verfügte Rückerstattung aufzuheben ist.
BGE 112 V 97 S. 104
b) Zu prüfen ist im weitern die Rückerstattungspflicht des Beschwerdeführers. Diese ist zu bejahen, sofern er oder sein Vormund sich eine Meldepflichtverletzung haben zuschulden kommen lassen. Als Bevormundeter muss sich der Beschwerdeführer das Verhalten seines gesetzlichen Vertreters anrechnen lassen, wie das Eidg. Versicherungsgericht im bereits erwähnten Urteil Genoud vom 6. Dezember 1983 in bezug auf die Erlassvoraussetzung des guten Glaubens festgestellt hat; die Zurechenbarkeit des Verhaltens des gesetzlichen Vertreters gilt aber selbstverständlich auch für die Belange der Meldepflichterfüllung. Welche Konsequenzen sich aus einem etwaigen fehlerhaften Verhalten des Vormundes im Verhältnis zu seinem Mündel ergeben, kann nicht Gegenstand dieses Sozialversicherungsprozesses sein, sondern wäre nach den Bestimmungen des Vormundschaftsrechtes in einem allfälligen Verantwortlichkeitsverfahren zu beantworten (
Art. 426 ff.,
Art. 430 Abs. 1 ZGB
).
Aus den Akten geht hervor, dass der Beschwerdeführer in psychischer Hinsicht schwer beeinträchtigt und deswegen nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten selber zu besorgen. Nebst seinem Vormund müssen sich auch andere Amtsstellen seit Jahren immer wieder mit ihm befassen, weil er durch seine Lebensweise sich und andere in Gefahr bringt. Das ständige Eingehen untragbarer finanzieller Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Miete von Lagerräumlichkeiten, welche er für die Aufbewahrung seines Sammelgutes benützt, zeigt deutlich, dass ihm die im alltäglichen Geschäftsleben erforderliche vernünftige Einsicht abgeht. Daher kann er mangels Urteilsfähigkeit nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass er die Aufnahme seiner Erwerbstätigkeit Mitte Juni 1981 in einem Hotel nicht meldete.
Was die Wahrnehmung der Meldepflicht durch den Amtsvormund anbelangt, so ist dessen Versicherung glaubwürdig, dass er von der am 15. Juni 1981 durch den Beschwerdeführer aufgenommenen Erwerbstätigkeit nichts gewusst habe. Diese Unkenntnis wird durch den am 26. Oktober 1981, somit in einem Zeitpunkt verfassten Rechenschaftsbericht des Vormundes bestätigt, als sich die Frage einer möglichen Rückerstattungspflicht noch gar nicht gestellt hatte. Indessen wäre es dem Amtsvormund bei gezielter Befragung sicherlich möglich gewesen, die Erwerbstätigkeit seines Mündels in Erfahrung zu bringen. Denn aus den eingereichten Unterlagen geht hervor, dass der Beschwerdeführer die Auskunft über seine persönlichen Verhältnisse nicht schlechtweg verweigerte,
BGE 112 V 97 S. 105
wie z.B. die Abklärung durch den Ombudsmann im Zusammenhang mit der bewohnten Kellerräumlichkeit zeigt. Auf der andern Seite ist es verständlich, dass der Amtsvormund seine Aufmerksamkeit vorwiegend auf die drängendsten Probleme bezüglich der verschiedenen gemieteten Wohnungen, Lagerräumlichkeiten etc. richtete, und nicht auf die Frage einer Erwerbstätigkeit, über die der Beschwerdeführer ihn nicht von sich aus unterrichtete. Bei dieser Sachlage kann dem Amtsvormund zwar keine grobe Pflichtwidrigkeit vorgeworfen werden; ganz schuldlos ist er aber nicht, weil er doch nicht alles Zumutbare unternahm, um über eine mögliche Erwerbstätigkeit seines Mündels informiert zu sein. Daher ist der Tatbestand der Meldepflichtverletzung in der Person des Amtsvormundes erfüllt. Dieses Verhalten seines gesetzlichen Vertreters muss sich der Beschwerdeführer anrechnen lassen, weshalb er (nicht der Vormund) zur Rückerstattung des Betrages von Fr. 9'732.-- verpflichtet ist.
c) Was den Erlass dieser Rückerstattungsschuld anbelangt, so kann der gute Glaube des Beschwerdeführers zufolge der auch in diesem Zusammenhang massgeblichen fehlenden Urteilsfähigkeit nicht verneint werden. Aber auch der Amtsvormund kann sich auf den guten Glauben berufen, weil seine Pflichtwidrigkeit, wie dargelegt, nur eine leichte Fahrlässigkeit darstellt. Somit bleibt die Frage zu prüfen, ob die Rückzahlung der Betreffnisse von Fr. 9'732.-- eine grosse Härte im Sinne der Rechtsprechung (
BGE 108 V 58
) darstellt, wobei diese Frage sich in bezug auf den Beschwerdeführer selber stellt und nach dessen Verhältnissen (nicht denen des Vormundes) zu beantworten ist. Darüber geben die Akten keinen hinreichenden Aufschluss, weshalb die Sache zur Prüfung dieser Erlassvoraussetzung an die Verwaltung zurückzuweisen ist. | mixed |
1bddad9f-0469-4f34-9f10-77465312643a | Sachverhalt
ab Seite 176
BGE 110 V 176 S. 176
A.-
Die 1909 geborene Altersrentnerin Juliana Häberli meldete sich am 28. Juni 1977 auf der Gemeindekanzlei ihrer Wohnortsgemeinde zum Bezug einer Ergänzungsleistung an. Auf dem von einer Drittperson vorbereiteten Anmeldeformular liess sie die Spalte hinter Ziff. 21, in der unter lit. b ausdrücklich nach "Naturaleinkommen (Verpflegung, Unterkunft, freie Wohnung, andere Naturalbezüge)" gefragt wird, offen; die Frage nach "Nutzniessung, Verpfründung, verpfründungsähnlichen Vereinbarungen, Wohnrecht" (Ziff. 30) beantwortete sie eigenhändig mit einem Querstrich. In der Anmeldung stand, dass die Versicherte keinen eigenen Haushalt führe. Mit rechtskräftiger Verfügung vom 25. Juli 1977 sprach ihr die Ausgleichskasse des Kantons Luzern ab 1. April 1977 eine monatliche Ergänzungsleistung von Fr. 180.-- zu, welche sich ab Anfang 1980 auf Fr. 187.-- belief.
BGE 110 V 176 S. 177
Im Herbst 1980 prüfte die Ausgleichskasse, ob die Versicherte weiterhin zum Bezug einer Ergänzungsleistung berechtigt sei. Dabei ergab sich, dass sie durch Arbeit im Haushalt ihres Neffen, auf den das Anwesen seit Anfang 1978 grundbuchlich lautete, "noch die volle Kost und Logis" verdiene. Die Verwaltung setzte darauf die vom Neffen gewährte Verpflegung und Wohnung im Sinne von Naturaleinkünften als privilegiertes Einkommen in die Berechnung der Ergänzungsleistung ein. Für die Zeit vom 1. Januar 1978 bis 30. September 1980 blieb deshalb eine Ergänzungsleistung von nur noch Fr. 681.-- ausgewiesen, währenddem die Versicherte effektiv gesamthaft Fr. 6'190.-- bezogen hatte. Mit Verfügung vom 29. Juni 1981 forderte die Ausgleichskasse den Differenzbetrag von Fr. 5'509.-- zurück.
B.-
In Gutheissung der hiegegen eingereichten Beschwerde hob das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern am 22. Februar 1982 die verfügte Rückforderung auf. Das Gericht ging in seinem Entscheid im wesentlichen davon aus, dass keine Meldepflichtverletzung vorliege, weil die Versicherte "bereits bei der Anmeldung zum Bezug von Ergänzungsleistungen auf dem Hof ihres Neffen (gewohnt) und schon damals einen Naturallohn bezogen" habe; folglich sei "bereits die erste Verfügung vom 25. Juli 1977 ursprünglich unrichtig" gewesen. Deshalb gehe es nicht um die Revision oder Änderung der Ergänzungsleistung gemäss
Art. 25 ELV
, sondern um die Wiedererwägung einer ursprünglich unrichtigen Verfügung über die Zusprechung von Ergänzungsleistungen. Das Gericht legte dar, dass auch Verfügungen im Bereich des Sozialversicherungsrechts nach der Werteabwägung in Wiedererwägung gezogen werden müssten; danach sei abzuwägen zwischen den Interessen an der richtigen Durchführung des objektiven Rechts einerseits und jenen an der Rechtssicherheit und am Vertrauensschutz anderseits. In sinngemässer Anwendung dieser Grundsätze im Gebiet der Ergänzungsleistungen ergebe sich im vorliegenden Fall, dass die Voraussetzungen für eine wiedererwägungsweise Aufhebung der rechtskräftigen Leistungsverfügung vom 25. Juli 1977 nicht gegeben seien.
C.-
Die Ausgleichskasse führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides. Während sich die Versicherte nicht vernehmen lässt, beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) die Aufhebung des kantonalen Entscheides, weil die Gutgläubigkeit verneint werden müsse.
BGE 110 V 176 S. 178 Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
Gemäss
Art. 3 Abs. 1 lit. a ELG
sind als privilegiertes Einkommen (
Art. 3 Abs. 2 ELG
) u.a. Naturalien anzurechnen. Dabei werden Verpflegung und Unterkunft in der Landwirtschaft nach den Ansätzen der direkten Bundessteuer berechnet (
Art. 10 Abs. 1 AHVV
in Verbindung mit
Art. 11 Abs. 1 ELV
und
Art. 3 Abs. 6 ELG
).
Es steht fest, dass die Beschwerdegegnerin durch Arbeit im bäuerlichen Haushalt ihres Neffen volle Verpflegung und Unterkunft verdiente. Zu Recht unbestritten ist auch, dass ihr unter Anrechnung dieser Naturaleinkünfte im Hinblick auf die jeweils massgebliche Einkommensgrenze (
Art. 2 Abs. 1 ELG
) eine geringere Ergänzungsleistung zustand, als sie aufgrund der Verfügung vom 25. Juli 1977 effektiv bezog.
Zu prüfen bleibt, ob die Ausgleichskasse befugt war, die Differenz von Fr. 5'509.-- zwischen den tatsächlich ausbezahlten (Fr. 6'190.--) und den Rechtens geschuldeten Ergänzungsleistungen (Fr. 681.--) zurückzufordern. Dabei kann, wie bereits die Vorinstanz zutreffend festhielt, nicht von einer Meldepflichtverletzung (
Art. 24 ELV
) ausgegangen werden; denn die für die Höhe der Ergänzungsleistung wesentlichen tatsächlichen Verhältnisse hinsichtlich Verpflegung und Unterkunft bestanden, bevor sich die Beschwerdegegnerin zum Leistungsbezug angemeldet hatte.
2.
a) Gemäss
Art. 47 Abs. 1 AHVG
sind unrechtmässig bezogene Renten und Hilflosenentschädigungen zurückzuerstatten; bei gutem Glauben und gleichzeitigem Vorliegen einer grossen Härte kann von der Rückforderung abgesehen werden.
Art. 27 Abs. 1 ELV
erklärt diese Ordnung für den Bereich der Ergänzungsleistungen als sinngemäss anwendbar.
Nach ständiger Rechtsprechung gilt im Sozialversicherungsrecht der allgemeine Grundsatz, dass die Verwaltung eine formell rechtskräftige Verfügung, die nicht Gegenstand materieller richterlicher Beurteilung gebildet hat, in Wiedererwägung ziehen kann, wenn sie zweifellos unrichtig und ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist (
BGE 109 V 112
Erw. 1c und 121 oben,
BGE 107 V 84
Erw. 1, 181 Erw. 2a und 192 Erw. 1,
BGE 106 V 87
Erw. 1b,
BGE 105 V 30
,
BGE 103 V 128
,
BGE 102 V 17
Erw. 3a,
BGE 100 V 25
Erw. 4b,
BGE 98 V 104
Erw. 5; EVGE 1969 S. 245 Erw. 2, 1967 S. 220 Erw. 4b, 1966 S. 56 Erw. 2, 1963 S. 86 Erw. 2; ZAK 1983 S. 119 Erw. 1b, 1982 S. 40 Erw. 2).
Von dieser Wiedererwägung ist die
Art. 85 Abs. 2 lit. h AHVG
BGE 110 V 176 S. 179
nachgebildete sogenannte prozessuale Revision von Verwaltungsverfügungen zu unterscheiden: gemäss ständiger Rechtsprechung ist der Sozialversicherungsträger verpflichtet, auf eine formell rechtskräftige Verfügung zurückzukommen, wenn neue Tatsachen oder neue Beweismittel entdeckt werden, die geeignet sind, zu einer andern rechtlichen Beurteilung zu führen (
BGE 109 V 121
Erw. 2b,
BGE 108 V 168
Erw. 2b,
BGE 106 V 87
Erw. 1b,
BGE 102 V 17
Erw. 3a; EVGE 1963 S. 85 Erw. 1 und S. 212 Erw. 2a).
Die für die Wiedererwägung formell rechtskräftiger Verfügungen massgebenden Voraussetzungen gelten auch mit Bezug auf die Rückerstattung zu Unrecht bezogener Geldleistungen der AHV und der Invalidenversicherung nach
Art. 47 Abs. 1 AHVG
bzw.
Art. 49 IVG
(
BGE 103 V 128
; vgl. auch
BGE 106 V 79
,
BGE 105 V 170
Erw. 5 und 6a), der Arbeitslosenversicherung gemäss
Art. 35 AlVG
(
BGE 107 V 181
Erw. 2a; ARV 1982 Nr. 11 S. 73 Erw. 2a und Nr. 19 S. 115 Erw. 2a) bzw. nunmehr
Art. 95 AVIG
, der Krankenversicherung (RKUV 1984 Nr. K 578 S. 108), der Erwerbsersatzordnung nach
Art. 20 EOG
(nicht veröffentlichtes Urteil Bochet vom 23. Dezember 1981) und der Ergänzungsleistungen gemäss
Art. 27 Abs. 1 ELV
.
Das eben Gesagte gilt sinngemäss auch für die prozessuale Revision von rechtskräftigen Verwaltungsverfügungen, mit denen eine Sozialversicherungsleistung zugesprochen worden ist.
Somit ist festzuhalten, dass in der Sozialversicherung eine aufgrund einer formell rechtskräftigen (allenfalls formlosen; vgl.
BGE 107 V 182
) Verfügung ausgerichtete Leistung nur zurückzuerstatten ist, wenn entweder die für die Wiedererwägung oder die prozessuale Revision erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Entgegen der vorinstanzlichen Auffassung kann deshalb nicht gesagt werden, dass
Art. 47 AHVG
nach neuerer Rechtsprechung nicht nur die Rückerstattung, sondern zugleich auch die rückwirkende Aufhebung der Leistungsverfügungen regle.
b) Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für die Wiedererwägung der formell rechtskräftigen Verfügung vom 25. Juli 1977 gegeben: Einerseits weist dieser unangefochten gebliebene Kassenakt wegen der Nichtanrechnung der beträchtlichen Naturaleinkünfte einen groben Fehler auf, weswegen er zweifellos unrichtig ist (
BGE 109 V 113
unten mit Hinweisen); anderseits ist seine Berichtigung im Hinblick auf die Höhe der zu Unrecht ausbezahlten Sozialversicherungsleistungen (Fr. 5'509.--) von erheblicher Bedeutung (
BGE 107 V 182
Erw. 2b).
c) ...
BGE 110 V 176 S. 180
3.
a, b) (Hinweis auf
BGE 110 V 51
Erw. 3b; Ausführungen darüber, dass die Voraussetzungen dafür erfüllt sind, über die allein Gegenstand der angefochtenen Verfügung bildende Rückforderung der Ausgleichskasse hinaus auch die Frage des Erlasses der Rückerstattung zu prüfen.)
c) Hinsichtlich des guten Glaubens als Voraussetzung für den Erlass gemäss
Art. 47 Abs. 1 AHVG
sind die Voraussetzungen nicht schon mit der Unkenntnis des Rechtsmangels gegeben. Vielmehr darf sich der Bezüger unrechtmässiger Leistungen nicht nur keiner böswilligen Absicht, sondern auch keiner groben Nachlässigkeit schuldig gemacht haben (
BGE 102 V 245
Erw. a). Nach dieser von der Lehre geteilten Auffassung darf der Versicherte, der sich auf den guten Glauben beruft, seine Melde- oder Auskunftspflichten "nicht in grober Weise verletzt haben" (MAURER, Sozialversicherungsrecht, Bd. I, S. 316 oben); eine bloss leichte Verletzung der Sorgfalts- und Aufmerksamkeitspflicht schliesst somit den Begriff des guten Glaubens gemäss
Art. 47 Abs. 1 AHVG
nicht aus (IMBODEN-RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. Aufl., Bd. I, S. 461 oben mit Hinweis). Die Annahme, dass Nachlässigkeit die Vermutung des guten Glaubens aufhebe, darf nur mit Zurückhaltung getroffen werden (ZAK 1970 S. 338).
Das Eidg. Versicherungsgericht hat bei der Beurteilung des guten Glaubens am Erfordernis eines dolosen oder grobfehlerhaften Verhaltens ausdrücklich (
BGE 102 V 245
Erw. a; ZAK 1976 S. 553, 1973 S. 660 f. mit Hinweisen) oder doch sinngemäss festgehalten, indem es den guten Glauben verneinte, wenn der Versicherte es am zumutbaren "Mindestmass an Sorgfalt" fehlen liess (ZAK 1983 S. 508 Erw. 3b, c). Anderseits genügt für die Meldepflichtverletzung nach ständiger Rechtsprechung ein schuldhaftes, gegebenenfalls auch bloss leichtfahrlässiges Fehlverhalten (EVGE 1966 S. 55 Erw. 1b; ZAK 1974 S. 155 Erw. 4). Auch für die Auskunftspflichtverletzung (vgl. z.B.
Art. 71 Abs. 1 IVV
) braucht kein qualifiziertes Verschulden im Sinne eines grobfahrlässigen Fehlverhaltens vorzuliegen (nicht publizierte Urteile Schättin vom 17. Mai 1982 und Renggli vom 7. Juni 1978). Daraus erhellt, dass der gute Glaube als Erlassvoraussetzung von vornherein entfällt, wenn der Rückerstattungstatbestand (Melde- oder Auskunftspflichtverletzung) durch ein arglistiges oder grobfahrlässiges Verhalten herbeigeführt wurde. Anderseits kann sich der Versicherte auf den guten Glauben berufen, wenn seine fehlerhafte
BGE 110 V 176 S. 181
Handlung oder Unterlassung nur eine leichte Verletzung der Melde- oder Auskunftspflicht darstellt.
d) Im vorliegenden Fall ist eine vorsätzliche Nichtdeklaration der erhaltenen Naturalleistungen mit dem kantonalen Gericht auszuschliessen; denn die Akten enthalten keine genügenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die Beschwerdegegnerin der Unrechtmässigkeit bewusst gewesen wäre und eine höhere als die ihr zustehende Ergänzungsleistung wissentlich und willentlich erschlichen hätte. Somit bleibt im Hinblick auf die Erlassvoraussetzung des guten Glaubens zu prüfen, ob die Beschwerdegegnerin grobfahrlässig gehandelt oder ob sie bei der Nichtdeklaration der Naturaleinkünfte nur eine leichte Nachlässigkeit begangen hat. Das Eidg. Versicherungsgericht hat in konstanter Praxis ausgeführt, grobe Fahrlässigkeit sei gegeben, wenn jemand das ausser acht lasse, was jedem verständigen Menschen in gleicher Lage und unter gleichen Umständen als beachtlich hätte einleuchten müssen (
BGE 108 V 202
Erw. 3a mit Hinweisen; vgl. auch
BGE 106 V 24
Erw. 1b mit Hinweisen).
Nach Auffassung der Vorinstanz ist "der Begriff des Naturaleinkommens für Nichtjuristen nicht einfach"; es springe "einem Durchschnittsbürger nicht gleichsam in die Augen, dass die Mitarbeit einer alten Tante auf dem Hof als Erwerbstätigkeit und die freie Kost und Logis als Erwerbseinkommen zu betrachten" seien, und zwar um so weniger, als das Naturaleinkommen seit Januar 1975 nicht mehr versteuert worden sei. Die Ausgleichskasse wendet hiegegen ein, "der Charakter der Ergänzungsleistung" als einer "Bedarfsleistung", welche auch Naturaleinkünfte berücksichtige, sei der Beschwerdegegnerin "sicherlich klar" gewesen.
Diese Auseinandersetzung trifft nicht den entscheidenden Punkt. Denn die Beschwerdegegnerin musste nicht die abstrakte Frage nach Naturaleinkommen beantworten; vielmehr wurde dieser Begriff durch Beispiele (Verpflegung, Unterkunft, freie Wohnung, andere Naturalbezüge) in der Fragestellung selber (Ziff. 21b des Anmeldeformulars) erläutert. So wie die Beschwerdegegnerin in der Lage war, selber ausdrücklich die Frage nach "Nutzniessung, Verpfründung, verpfründungsähnliche Vereinbarungen, Wohnrecht" (Ziff. 30 des Anmeldeformulars) durch einen Querstrich zu verneinen, war es ihr auch möglich und zumutbar, die Frage nach Naturaleinkünften wie Verpflegung, Unterkunft, freie Wohnung zu beantworten. Dass das Anmeldeformular von dritter Seite vorbereitet wurde, vermag die nichtbevormundete Beschwerdegegnerin
BGE 110 V 176 S. 182
praxisgemäss von ihrer Verantwortung für die Richtigkeit der Angaben nicht zu entlasten (ZAK 1953 S. 154; in
BGE 102 V 245
nicht publizierte Erwägung 3b des Urteiles Pfäffli vom 30. August 1976).
Bei der Unterzeichnung des Anmeldeformulars hat die Beschwerdegegnerin demnach nicht das Mindestmass an Aufmerksamkeit aufgewendet, das auch von einer 68jährigen, in ländlichen Verhältnissen lebenden und in rechtlichen Dingen unerfahrenen Frau verlangt werden darf. Somit liegt eine nicht leicht zu nehmende Pflichtwidrigkeit vor, welche die Berufung auf den guten Glauben ausschliesst. | mixed |
ee4bd3b6-dd45-4336-9c21-8935586fc1b9 | Sachverhalt
ab Seite 221
BGE 122 V 221 S. 221
A.-
Die 1958 geborene M. bezieht seit Juli 1990 zu ihrer Rente der Invalidenversicherung Ergänzungsleistungen und kantonale Beihilfen. Mit Verfügung vom 18. Juni 1991 wurde sie vom Amt für Sozialbeiträge Basel-Stadt zur Rückerstattung der von Juli 1990 bis Juni 1991 zu viel bezogenen Leistungen von insgesamt Fr. 6'948.-- verhalten. Anlass hiezu gab eine Neuberechnung des Ergänzungsleistungsanspruchs, nachdem die Versicherte dem Amt ein Schreiben der Rentenanstalt vom 4. April 1991 weitergeleitet
BGE 122 V 221 S. 222
hatte, wonach ihr nunmehr nach Ablauf der vertraglichen Wartefrist von 24 Monaten rückwirkend ab Februar 1989 eine Invalidenrente von jährlich Fr. 6'947.-- ausgerichtet werde, was für die Zeit von Februar 1989 bis Juni 1991 zu einer Nachzahlung von Fr. 16'791.-- führe.
Die Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen, Basel, wies die gegen die Rückerstattungsverfügung erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 10. Dezember 1991 ab. Dieser Entscheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
Am 1. April 1992 ersuchte M. das Amt für Sozialbeiträge um Erlass der Rückerstattung, welches Begehren mangels guten Glaubens mit Verfügung vom 7. April 1992 abgewiesen wurde.
B.-
Die Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen, Basel, hiess die dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 14. Januar 1993 gut, indem sie die angefochtene Verfügung aufhob und M. die Rückerstattung von Fr. 6'948.-- erliess.
C.-
Das Amt für Sozialbeiträge Basel-Stadt beantragt mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides. Zur Begründung wird dem Sinne nach ausgeführt, dass sich die Versicherte unter den gegebenen Umständen nicht auf ihren guten Glauben berufen könne; zwar sei sie im Zeitpunkt des Leistungsbezuges gutgläubig gewesen, doch hätte ihr bekannt sein müssen, dass die rückwirkend ausgerichtete Invalidenrente mit den bereits erbrachten Ergänzungsleistungen zu kompensieren seien.
Während sich M. nicht vernehmen liess, schliesst das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) auf Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann gemäss
Art. 128 OG
in Verbindung mit
Art. 97 OG
und
Art. 5 Abs. 1 VwVG
nur insoweit eingetreten werden, als sie sich auf bundesrechtliche Ergänzungsleistungen im Sinne des ELG und nicht auf kantonale Beihilfen bezieht (ZAK 1976 S. 190 Erw. 1b).
2.
Nachdem die Frage der Rückerstattung bereits rechtskräftig entschieden wurde, kann sie im vorliegenden Verfahren nicht wieder aufgegriffen werden (vgl. AHI 1994 S. 122 Erw. 1). Folglich ist hier nur mehr streitig, ob die Vorinstanz die Erlassvoraussetzungen zu Recht als erfüllt erachtet hat.
BGE 122 V 221 S. 223
Nach ständiger Rechtsprechung geht es somit nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen im Sinne von
Art. 132 OG
(
BGE 112 V 100
Erw. 1b mit Hinweisen). Das Eidg. Versicherungsgericht hat demnach einzig zu prüfen, ob der vorinstanzliche Richter Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie
Art. 105 Abs. 2 OG
).
3.
Das kantonale Gericht hat die massgebenden Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen über die Voraussetzungen für den Erlass der Rückerstattung zu Unrecht bezogener Ergänzungsleistungen (
Art. 27 Abs. 1 ELV
in Verbindung mit
Art. 47 Abs. 1 AHVG
und
Art. 79 AHVV
) sowie die nach der Rechtsprechung für die Beurteilung des guten Glaubens des Leistungsbezügers entscheidenden Kriterien (
BGE 110 V 180
f. Erw. 3c und d,
BGE 102 V 246
Erw. b; ZAK 1983 S. 508 Erw. 3, je mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt für die Erwägungen über die den Ergänzungsleistungsbezügern obliegende Meldepflicht (
Art. 24 ELV
). Auf die entsprechenden Ausführungen kann ohne weiteres verwiesen werden.
Bezüglich der Erlassvoraussetzungen ist zu ergänzen, dass die Rechtsprechung unterscheidet zwischen dem guten Glauben als fehlendem Unrechtsbewusstsein und der Frage, ob sich jemand unter den gegebenen Umständen auf den guten Glauben berufen kann und ob er bei zumutbarer Aufmerksamkeit den bestehenden Rechtsmangel hätte erkennen sollen. Die Frage nach dem Unrechtsbewusstsein gehört zum inneren Tatbestand und ist daher Tatfrage, die nach Massgabe von
Art. 105 Abs. 2 OG
von der Vorinstanz verbindlich beantwortet wird. Demgegenüber gilt die Frage nach der Anwendung der gebotenen Aufmerksamkeit als frei überprüfbare Rechtsfrage, soweit es darum geht, festzustellen, ob sich jemand angesichts der jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse auf den guten Glauben berufen kann (
BGE 102 V 246
Erw. b; AHI 1994 S. 123 Erw. 2c mit weiteren Hinweisen).
4.
a) Hinsichtlich der Frage des guten Glaubens hat die Vorinstanz erkannt, dass sich die Beschwerdegegnerin bis zum Empfang des Schreibens der Rentenanstalt vom 4. April 1991, mit dem sie über den Umfang ihres vorsorgerechtlichen Invalidenleistungsanspruchs unterrichtet wurde, des Unrechts ihres Ergänzungsleistungsbezugs nicht bewusst war. Damit liegt nach dem Gesagten (Erw. 3) eine Feststellung tatsächlicher Art vor, und da
BGE 122 V 221 S. 224
weder dargetan noch ersichtlich ist, inwiefern sie mit einem Mangel im Sinne von
Art. 105 Abs. 2 OG
behaftet sein könnte, bleibt das Eidg. Versicherungsgericht daran gebunden (Erw. 2).
Im weiteren kann dem kantonalen Gericht insoweit beigepflichtet werden, als es der Beschwerdegegnerin unter den gegebenen Umständen auch die Berufung auf den guten Glauben zugestanden hat. Immerhin setzte sie die Verwaltung nach Erhalt der Mitteilung über ihre zusätzlichen Einkünfte gemäss den verbindlichen Feststellungen im vorinstanzlichen Entscheid noch im gleichen Monat April 1991 ins Bild, womit sie dem in
Art. 24 ELV
verankerten Erfordernis der "unverzüglichen Mitteilung" genügte. Dass sie zu dieser Meldung bereits früher gehalten gewesen wäre, trifft nicht zu. Denn vor der Anfang April 1991 erfolgten Mitteilung der Rentenanstalt waren weder der Umfang der vorsorgerechtlichen Invalidenleistungen noch der Zeitpunkt ihrer Ausrichtung bekannt. Damit hätte die Meldung an die Durchführungsstelle höchstens ermöglicht, die Verfügung über die Ergänzungsleistungen an eine Bedingung zu knüpfen oder unter einen Vorbehalt zu stellen. Hingegen wäre der hypothetische Rentenanspruch auf die Höhe der laufenden Ergänzungsleistungen von vornherein ohne Einfluss geblieben, da diese grundsätzlich nach Massgabe der tatsächlich vereinnahmten Einkünfte und vorhandenen Vermögenswerte zu ermitteln ist (vgl.
BGE 115 V 353
am Ende Erw. 5c; AHI 1994 S. 216 Mitte). Endlich kann der Beschwerdegegnerin trotz der ihr obliegenden Mitwirkungspflicht (vgl.
BGE 120 V 360
Erw. 1a mit Hinweis) auch nicht vorgeworfen werden, nicht bereits bei der Anmeldung zum Ergänzungsleistungsbezug auf ihr hängiges Begehren gegenüber der Rentenanstalt verwiesen zu haben. Jedenfalls liesse sich insofern der Vorwurf grober Fahrlässigkeit nicht halten, wie das kantonale Gericht zu Recht erkannt hat.
b) Kann nach dem Gesagten der gute Glaube der Beschwerdegegnerin bejaht werden, bleibt im folgenden die weitere Erlassvoraussetzung der grossen Härte (
Art. 47 Abs. 1 AHVG
in Verbindung mit
Art. 27 Abs. 1 ELV
) zu prüfen. Erst in diesem Zusammenhang wird auch auf die in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhobenen Einwände einzugehen sein. Denn entgegen dem beschwerdeführenden Amt beschlägt die von ihm angeschnittene Problematik weniger den Bereich des guten Glaubens als vielmehr die mit dem Erfordernis der grossen Härte angesprochene wirtschaftliche Situation der von der Rückerstattung betroffenen Person.
BGE 122 V 221 S. 225
5.
a) Eine grosse Härte im Sinne von
Art. 47 Abs. 1 AHVG
liegt gemäss der im wesentlichen auf das Urteil N. vom 16. März 1972 (ZAK 1973 S. 198) zurückgehenden und nach grundsätzlicher Überprüfung in
BGE 107 V 79
(vgl. ferner
BGE 108 V 59
Erw. 2b) nur mehr hinsichtlich des prozentualen Zuschlags modifizierten Rechtsprechung vor, wenn zwei Drittel des anrechenbaren Einkommens (und der allenfalls hinzuzurechnende Vermögensteil) die nach
Art. 42 Abs. 1 AHVG
anwendbare und um 50% erhöhte Einkommensgrenze nicht erreichen. Für die Ermittlung des anrechenbaren Einkommens und des hinzuzurechnenden Vermögensteils gelten die Regeln der
Art. 56 ff. AHVV
. Massgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse, wie sie im Zeitpunkt vorliegen, da der Rückerstattungspflichtige bezahlen sollte (zum Ganzen vgl.
BGE 116 V 12
Erw. 2a und 293 Erw. 2c, je mit Hinweisen; ferner SVR 1995 AHV Nr. 61 S. 182 f. Erw. 4 und SZS 1992 S. 117 Erw. 3b; ERWIN CARIGIET, Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, Zürich 1995, S. 178; zur Entwicklung der Rechtsprechung vgl. MEYER-BLASER, Die Rückerstattung von Sozialversicherungsleistungen, ZBJV 131/1995 S. 484 f. sowie FRITZ WIDMER, Die Rückerstattung unrechtmässig bezogener Leistungen in den Sozialversicherungen, Basler Diss. 1984, S. 158 ff.).
b) In Anwendung dieser Rechtsprechung hat das Eidg. Versicherungsgericht verschiedentlich erkannt, dass das Vorliegen einer grossen Härte bei einem Versicherten, dessen Einkommen die massgebende Grenze unterschreitet, nicht schon deshalb verneint werden könne, weil er über ein gewisses Vermögen verfüge. Diese Aussage lässt sich bereits dem in ZAK 1973 S. 198 veröffentlichten Urteil N. vom 16. März 1972 entnehmen (a.a.O., S. 201 oben), wie namentlich in
BGE 111 V 134
Erw. 4c unmissverständlich klargestellt wurde ("... il résulte, en effet, clairement de cet arrêt que, lorsque le revenu de l'assuré n'atteint pas la limite déterminante en l'occurence, l'existence d'une situation difficile ne peut pas être niée du seul fait que l'assuré jouit d'une certaine fortune"). In der Folge ist diese Rechtsprechung nicht nur stillschweigend angewendet (unveröffentlichtes Urteil K. vom 30. Oktober 1989), sondern auch ausdrücklich (unveröffentlichtes Urteil R. vom 18. Oktober 1990) bestätigt worden. Dabei führte das Eidg. Versicherungsgericht zuletzt aus, dass das Vermögen eines Versicherten für die Beurteilung seiner Rückzahlungsfähigkeit und des Vorliegens eines Härtefalles nur in seiner "Einkommensrelevanz" massgeblich sei, indem einerseits der Vermögensertrag und anderseits ein Fünfzehntel (vgl.
Art. 60 Abs. 2 AHVV
) des nach Abzug
BGE 122 V 221 S. 226
der Rückerstattungsschuld und des in
Art. 60 Abs. 1 AHVV
aufgeführten "Notpfennigs" verbleibenden Nettobetrages als Einkommen angerechnet werde; darüber hinaus könne das Vermögen nicht weiter berücksichtigt werden.
c) Eine Einschränkung hat der Anwendungsbereich des Erlasses durch die Rechtsprechung hingegen dort erfahren, wo der Verwaltung die Möglichkeit der Verrechnung offensteht. Gerade im Zusammenhang mit
Art. 27 Abs. 2 ELV
, wonach Rückforderungen von Ergänzungsleistungen mit fälligen Leistungen aufgrund des ELG sowie des AHVG und des IVG verrechnet werden können, hat das Eidg. Versicherungsgericht erkannt, dass bei dieser Verrechnung ein Erlass nur dann in Betracht fällt, wenn sie mit laufenden oder künftig fällig werdenden Leistungen erfolgt. Anderes gilt jedoch, wenn es darum geht, dem Versicherten bereits ausbezahlte Leistungen durch gleich hohe, unter anderem Titel geschuldete zu ersetzen und die beiden Betreffnisse miteinander zu verrechnen. Hier besteht lediglich ein anderer Rechtsgrund für die geschuldeten Leistungen; das Vermögen des Rückerstattungspflichtigen erfährt keine Veränderung, die zu einem Härtefall im Sinne von
Art. 47 Abs. 1 AHVG
führen könne, weshalb die Frage des Erlasses nicht zu prüfen ist (ZAK 1977 S. 195 f. Erw. 3). - Wie das Eidg. Versicherungsgericht später entschieden hat, handelt es sich dabei um einen allgemeinen Grundsatz des Sozialversicherungsrechts, der stets angewendet werden muss, wenn der Erlass einer verrechnungsweise geltend gemachten Rückforderung zu prüfen ist (ARV 1987 Nr. 13 S. 120 Erw. 3b; vgl. ferner
BGE 116 V 297
Erw. 5b).
6.
a) Das beschwerdeführende Amt bringt - mit Unterstützung des BSV - sinngemäss vor, dass die dargelegte Rechtsprechung und die darauf gründende Verwaltungspraxis (vgl. Rz. 7042 der Wegleitung über die Ergänzungsleistungen zur AHV/IV [WEL], gültig ab 1. Januar 1995) zum Erlass insofern nicht überzeugen würden, als häufig selbst nach Berücksichtigung der nachträglich zugeflossenen Mittel auf eine grosse Härte zu erkennen sei. Damit würden Bezüger von Ergänzungsleistungen von der Situation profitieren, dass etwa ausländische Renten regelmässig erst nach Jahren rückwirkend zur Auszahlung gelangten.
b) Tatsächlich verhält es sich im vorliegenden Fall so, dass die gutgläubige Beschwerdegegnerin nach bisheriger Rechtsprechung in den Genuss der Rechtswohltat des Erlasses gelangen würde, weil die ihr nachträglich zugeflossenen vorsorgerechtlichen Invalidenleistungen von Fr. 16'791.-- der
BGE 122 V 221 S. 227
Annahme einer grossen Härte nicht entgegenstehen (vgl. Erw. 5b hievor sowie vor allem das Beispiel in
BGE 111 V 133
Erw. 4a). Denn wegen des nach der Rechtsprechung anwendbaren
Art. 60 AHVV
und des darin verankerten Freibetrages für alleinstehende Versicherte von Fr. 25'000.-- bliebe das aus der Nachzahlung der Rentenanstalt gebildete Vermögen als solches (d.h. vorbehältlich des Ertrages) ohne jeden Einfluss auf die Beurteilung der grossen Härte, wie das kantonale Gericht an sich richtig erkannt hat. Aufgrund des Umstandes endlich, dass
Art. 60 Abs. 2 AHVV
lediglich die Anrechnung des fünfzehnten Teils des über den Freibetrag hinausgehenden Vermögens verlangt und nach der Praxis überdies die Rückerstattungsschuld vom Vermögen abzuziehen ist (vgl.
BGE 116 V 293
Erw. 2c; Rz. 1395 der Wegleitung über die Renten [RWL], gültig ab 1. Januar 1995; zu dieser in der Verwaltungspraxis seit 1984 verankerten Ordnung vgl. auch WIDMER, a.a.O., S. 169), müsste ein Härtefall selbst dann bejaht werden, wenn der zugeflossene Kapitalbetrag um ein Vielfaches höher ausgefallen wäre.
c) Die mit der geschilderten Art der Vermögensanrechnung einhergehende Bejahung der grossen Härte bewirkt, dass das mit der Rückerstattung verfolgte Ziel der Wiederherstellung der gesetzlichen Ordnung (vgl. MEYER-BLASER, a.a.O., S. 477) oftmals selbst dann unerreicht bleibt, wenn die rückerstattungspflichtige Person über geäufnete Mittel verfügt. Insofern sind die in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgetragenen Bedenken begründet. Die bisherige Praxis verkennt namentlich, dass sich die finanzielle Situation in der Regel grundsätzlich anders gestaltet, wenn neben den laufenden Einkünften zusätzliche Mittel vorhanden sind, welchem Umstand bei der nach den gesamten wirtschaftlichen Verhältnissen des Rückerstattungspflichtigen vorzunehmenden Beurteilung der Zumutbarkeit der Rückerstattung Rechnung zu tragen ist (vgl.
BGE 107 V 80
Erw. 3b). Darüber hinaus führt sie im Ergebnis zu einer unhaltbaren Bevorteilung jener Versicherter, die nach der Festsetzung ihres Ergänzungsleistungsanspruchs in den Genuss rückwirkend ausgerichteter zusätzlicher Leistungen gelangen. Würden nämlich diese Versicherungsleistungen - statt aufs Mal - fortlaufend ausgerichtet, käme es zur entsprechenden Anpassung der Ergänzungsleistungen (
Art. 25 ELV
) und damit nicht zu einer eigentlichen Überentschädigung, während bei unterbliebener Meldung (
Art. 24 ELV
) ein Erlass mangels guten Glaubens in aller Regel ohnehin ausser Betracht fallen dürfte. Abgesehen davon lässt sich der vorliegende Fall aufgrund seiner Umstände in gewisser Hinsicht mit
BGE 122 V 221 S. 228
der zuvor geschilderten Verrechnungssituation vergleichen, bei der nach einem allgemeinen Grundsatz des Sozialversicherungsrechts (vgl. Erw. 5c) die Möglichkeit des Erlasses ausser Frage steht, wenn die zur Verrechnung gestellten Leistungen bereits ausbezahlt wurden. So beschlagen die von der Rentenanstalt rückwirkend ausbezahlten Invalidenleistungen immerhin denselben Zeitraum wie die der verfügten Rückerstattung unterliegenden Ergänzungsleistungen, deren Zweck an sich gerade darin bestand, den durch den zeitlichen Aufschub der Invalidenleistungen entstandenen Ausfall zu decken.
d) Nach dem Gesagten ist die bisherige Rechtsprechung dahin zu präzisieren, dass die Rückerstattung im Falle rückwirkend ausgerichteter Rentennachzahlungen insoweit keine grosse Härte darstellen kann, als die aus den entsprechenden Nachzahlungen stammenden Mittel im Zeitpunkt, in dem die Rückzahlung erfolgen sollte (dazu
BGE 116 V 12
Erw. 2a), noch vorhanden sind. Diese Präzisierung bezieht sich indes nur auf jene Fälle, in denen dem Versicherten im nachhinein zusätzliche Leistungen aus Ansprüchen zufliessen, die sich bezüglich ihrer zeitlichen Bestimmung mit dem vorangegangenen Ergänzungsleistungsbezug decken und dessen Unrechtmässigkeit erst zutage treten lassen. In allen anderen Fällen bleibt es bei der bisherigen Rechtsprechung, wonach allenfalls vorhandene Vermögenswerte bei der Prüfung der grossen Härte gemäss
Art. 60 AHVV
zu berücksichtigen sind.
Gegen die hier vorgeschlagene Lösung mag wohl angeführt werden, dass sich das Eidg. Versicherungsgericht in einem früheren Urteil ausdrücklich gegen eine Beschränkung der Rückerstattung auf die ungerechtfertigte Bereicherung wandte, weil eine solche Lösung nicht nur den sparsamen Versicherten benachteilige, sondern auch mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden wäre (
BGE 107 V 83
Erw. 5b). Indes dürften sich Probleme dieser Art in Grenzen halten, während gegenüber jener Benachteiligung das allgemeine öffentliche Interesse an der Wiederherstellung der gesetzlichen Ordnung überwiegt. Mit dieser Neubewertung wird im übrigen ein im geltenden Ergänzungsleistungsrecht zwar nicht ausdrücklich verankerter, diesem aber eigener Wesenszug stärker als bisher betont, dass nämlich die Ergänzungsleistungen je nach Sachlage gleichsam Vorschusscharakter aufweisen können (vgl. auch
Art. 85bis IVV
). So wäre der Ergänzungsleistungsanspruch der Beschwerdegegnerin - wie bereits erwähnt (Erw. 4a) - nach der Anmeldung keineswegs tiefer bemessen worden, wenn die Durchführungsstelle um die erst in Zukunft anfallenden zusätzlichen
BGE 122 V 221 S. 229
Versicherungsleistungen gewusst hätte. Liegt jedenfalls insofern auch kein anspruchsrelevantes Versehen der Durchführungsstelle vor, erweist sich die Rückerstattung nach dem Zufluss zusätzlicher Mittel als um so gebotener.
7.
Nach dem Gesagten hält der angefochtene Gerichtsentscheid - soweit er hier zu überprüfen ist - sowohl in der Begründung als auch im Ergebnis nicht stand. Denn die Beschwerdegegnerin erhielt nachträglich für einen Zeitraum Invalidenleistungen ausgerichtet, für den sie bereits Ergänzungsleistungen bezogen hatte. Infolgedessen fällt ein Erlass ausser Betracht, soweit sie im Zeitpunkt der entsprechenden Rückerstattung noch über Mittel aus der Nachzahlung verfügte. | mixed |
8552d520-fca3-4e28-975a-eaeeca5ea7d0 | Sachverhalt
ab Seite 101
BGE 142 II 100 S. 101
A.
Das Gebiet Bölli Süd ist gemäss Bauzonen- und Kulturlandplan der Gemeinde Niederlenz der Wohnzone W2 mit Lärm-Empfindlichkeitsstufe II (ES II) und Sondernutzungsplanpflicht zugeordnet. Es grenzt im Westen an die Arbeitszone (ES IV), in dem sich der Industriebetrieb der F. AG befindet. Die Planungswerte für Industrie- und Gewerbelärm für die ES II (Anh. 6 der Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 [LSV; SR 814.41]) werden im Gebiet Bölli Süd um bis zu 15 dB(A) überschritten.
Am 29. Juni 2009 beschloss der Gemeinderat Niederlenz den Erschliessungsplan Bölli Süd, der vom Regierungsrat am 10. März 2010 mit Änderungen genehmigt wurde. Dieser enthält folgende Sondernutzungs- bzw. Lärmschutzvorschriften (nachfolgend: SNV):
- Im Areal Bölli Süd sind freistehende Einfamilienhäuser ausschliesslich mit Firstrichtung West-Ost zugelassen.
BGE 142 II 100 S. 102
- Lärmempfindliche Räume an den Nord-, Süd- und Westfassaden müssen mindestens über ein Lüftungsfenster an der Ostfassade verfügen oder durch andere bauliche oder gestalterische Massnahmen mit einer Wirkung von mindestens 15 dB(A) (z.B. Belüftung über verglaste Vorzone oder Wintergarten, lokale Lärmschutzwand, Dachlukarne mit seitlichem Lüftungsflügel) abgeschirmt werden. [...]
- Die Massnahmen und deren Wirkungen sind im Bewilligungsverfahren einzeln in einem Lärmgutachten eines durch die Grundeigentümer zu bestimmenden, anerkannten Fachbüros nachzuweisen. [...]
B.
Am 25. November 2013 erteilte der Gemeinderat Niederlenz A.A. und B.A., D.D. und E.D. sowie C. die Baubewilligung für je ein Einfamilienhaus auf den Parzellen Nrn. 2045, 2040 und 2046 im Gebiet Bölli Süd. Die dagegen erhobenen Einwendungen der F. AG wurden abgewiesen.
Auf Beschwerde der F. AG ergänzte das Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau (BVU) die Baubewilligungen am 15. Mai 2014 mit gewissen Auflagen und wies die Beschwerde im Übrigen ab.
Die dagegen erhobenen Beschwerden der F. AG hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau in drei Entscheiden vom 23. Januar 2015 gut. Es hob die Entscheide des BVU und die Baubewilligungen auf.
C.
Gegen die verwaltungsgerichtlichen Entscheide haben A.A. und B.A. (1C_139/2015), D.D. und E.D. (1C_141/2015) sowie C. (1C_140/2015) in getrennten, aber im Wesentlichen gleichlautenden Eingaben Beschwerde beim Bundesgericht erhoben.
Die I. öffentlich-rechtliche Abteilung hat die Angelegenheit am 16. März 2016 in öffentlicher Sitzung beraten und die Beschwerden abgewiesen.
(Zusammenfassung) Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Die Beschwerdeführer rügen zunächst, das Verwaltungsgericht habe die rechtskräftigen Sondernutzungsvorschriften (SNV) entgegen ihrem klaren Wortlaut ausgelegt. Dies sei willkürlich und verletze die Gemeindeautonomie. Nach den SNV sei den Anforderungen des Lärmschutzes Genüge getan, wenn jeder lärmempfindliche Raum über mindestens ein Lüftungsfenster auf der lärmabgewandten Ostfassade verfüge. Weitere Massnahmen und Wirkungsnachweise seien
BGE 142 II 100 S. 103
nur erforderlich, wenn andere bauliche und gestalterische Massnahmen gewählt würden (z.B. die Belüftung über eine verglaste Vorzone, lokale Lärmschutzwände etc.). Die Beschwerdeführer sind der Auffassung, dass die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte nicht mehr zu überprüfen sei, wenn - wie hier - in einem rechtskräftigen Erschliessungsplan schon die Einhaltung der strengeren Planungswerte durch verschiedene Lärmschutzmassnahmen gesichert worden sei.
2.1
Das USG (SR 814.01) stellt unterschiedliche Anforderungen, je nachdem, ob es um die Ausscheidung neuer bzw. die Erschliessung bestehender Bauzonen geht (
Art. 24 Abs. 1 und 2 USG
) oder um die Bewilligung von Bauten mit lärmempfindlichen Räumen (
Art. 22 USG
). Während im ersten Fall aus Gründen der Vorsorge auf die strengeren Planungswerte abgestellt wird, müssen im Baubewilligungsverfahren nur noch (aber immerhin) die Immissionsgrenzwerte an den lärmempfindlichen Räumen der projektierten Bauten eingehalten werden (vgl. dazu ROBERT WOLF, in: Kommentar zum Umweltschutzgesetz, 1985, Stand: Mai 2000, N. 7-9 zu
Art. 22 USG
).
2.2
Wurde - wie hier - ein Erschliessungsplan zur Sicherung der Einhaltung der Planungswerte erlassen, befreit dies nicht vom Nachweis der Einhaltung der Immissionsgrenzwerte im Baubewilligungsverfahren: Zwischen dem Erlass des Erschliessungsplans und der Erteilung der Baubewilligung liegt in der Regel eine gewisse Zeitspanne, in der sich die Immissionssituation verändert haben kann. Massgeblich für die Baubewilligung sind die in
diesem
Zeitpunkt zu erwartenden Aussenlärmimmissionen (
Art. 36 Abs. 2 LSV
), die von den im Gestaltungsplan ermittelten abweichen können (vgl. WOLF, a.a.O., N. 32 zu
Art. 24 USG
). Zudem muss im Baubewilligungsverfahren überprüft werden, ob die Immissionsgrenzwerte an allen im Baugesuch vorgesehenen lärmempfindlichen Räumen auch tatsächlich eingehalten werden, während es nach
Art. 24 Abs. 2 USG
genügt, wenn die Planungswerte im "überwiegenden Teil" der Zone eingehalten werden.
2.3
Art. 22 USG
stellt direkt anwendbares, zwingendes Bundesumweltrecht dar, das in jedem Baubewilligungsverfahren zu beachten ist und entgegenstehendem kantonalem bzw. kommunalem Recht vorgeht (
Art. 49 Abs. 1 BV
). Kommunale Erschliessungs- und Sondernutzungspläne können - und müssen sogar nach
Art. 24 USG
- zusätzliche Anforderungen enthalten, um nach Möglichkeit die Einhaltung der tieferen Planungswerte zu gewährleisten. Sind aber schon die Immissionsgrenzwerte nicht eingehalten, so darf die
BGE 142 II 100 S. 104
Baubewilligung nach
Art. 22 USG
nicht erteilt werden, unabhängig davon, ob die Sondernutzungsvorschriften eingehalten wurden und ob diese ihrerseits noch akzessorisch auf ihre Bundesrechtskonformität überprüft werden können oder nicht.
Im Folgenden ist daher zunächst zu prüfen, ob die streitigen Bauvorhaben den Vorgaben von
Art. 22 USG
entsprechen. Nur wenn dies zu bejahen wäre, müssten noch die Rügen zur Auslegung und Anwendung der SNV und anderer Bestimmungen des kommunalen Rechts behandelt werden.
3.
Gemäss
Art. 22 USG
werden Baubewilligungen in lärmbelasteten Gebieten für neue Gebäude, die dem längeren Aufenthalt von Personen dienen, nur erteilt, wenn die Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden (Abs. 1) oder die Räume zweckmässig angeordnet und die allenfalls notwendigen zusätzlichen Schallschutzmassnahmen getroffen werden (Abs. 2).
Art. 31 Abs. 1 LSV
präzisiert, dass Neubauten und wesentliche Änderungen von Gebäuden mit lärmempfindlichen Räumen nur bewilligt werden dürfen, wenn die Immissionsgrenzwerte eingehalten werden können durch die Anordnung der lärmempfindlichen Räume auf der dem Lärm abgewandten Seite des Gebäudes (lit. a) oder durch bauliche oder gestalterische Massnahmen, die das Gebäude gegen Lärm abschirmen (lit. b). Nach
Art. 39 Abs. 1 LSV
werden die Lärmimmissionen bei Gebäuden in der Mitte der offenen Fenster lärmempfindlicher Räume ermittelt.
3.1
Das Verwaltungsgericht ging davon aus, dass die Immissionsgrenzwerte an
allen
Fenstern lärmempfindlicher Räume einzuhalten seien. Dies entspreche Wortlaut und Zweck von
Art. 39 Abs. 1 und
Art. 31 LSV
. Die gesundheitsschädigenden Wirkungen übermässigen Lärms liessen sich nicht wesentlich reduzieren, wenn die Lärmschutzmassnahmen nur an einzelnen Fenstern umgesetzt würden. Der Schutz vor den Langzeitfolgen übermässigen Lärms dürfe nicht davon abhängen, wie die jeweiligen Bewohner die Räume belüfteten bzw. welche Fenster sie tatsächlich öffneten. Dies gelte umso mehr, als für ein effizientes Lüften ("Stoss-Lüften") einzelne Lüftungsfenster nicht ausreichten.
3.2
Die Beschwerdeführer berufen sich dagegen auf die Vollzugspraxis zahlreicher Kantone, wonach es genügt, wenn die Immissionsgrenzwerte an mindestens einem Fenster pro lärmempfindlichem Raum eingehalten werden, das zum Lüften geeignet ist (sog.
BGE 142 II 100 S. 105
Lüftungsfensterpraxis). Dies sei vorliegend der Fall, weil jeder Aufenthaltsraum über ein Fenster auf der lärmabgewandten Seite (Osten) verfüge (zum Zimmer im Obergeschoss mit transparenten Fassadenteilen vgl. nicht publ. E. 5). Den gesundheitspolizeilichen Anliegensei damit genügend Rechnung getragen. Niemand werde ein Fenster auf der dem Lärm zugewandten Seite längere Zeit geöffnet lassen, wenn ihm ein Lüftungsfenster ohne Lärmbelastung als Alternative zur Verfügung stehe. Müsste auf sämtliche Fenster an den Nord-, Süd- und Westfassaden verzichtet werden, entstünde ein bunkerartiger Bau, der den wohnhygienischen Vorschriften nicht gerecht würde und auch städtebaulich problematisch wäre. Ansonsten müsste ganz auf die Überbauung verzichtet werden, was im Widerspruch zum Gebot der haushälterischen Bodennutzung stünde (Art. 3 Abs. 3 lit. a
bis
RPG[SR 700] und Art. 5a Abs. 3 lit. b derRaumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000 [RPV; SR 700.1]). Die vomVerwaltungsgericht favorisierte Auslegung würde in vielen Kantonen mit gefestigter "Lüftungsfensterpraxis" zu Auszonungen führen.
3.3
Die Beschwerdegegnerin wendet ein, dass die Nutzung des in unmittelbarer Nähe zur Arbeitszone gelegenen Gebiets Bölli Süd bei einer angepassten, die Lärmvorbelastung berücksichtigenden individuellen Planung durchaus möglich wäre. Vorliegend würden jedoch einfache Einfamilienhäuser geplant, die nicht einmal den Minergiestandard einhielten. Dies widerspreche den Intentionen des Gesetzgebers, den Gesundheitsschutz der Bewohner höher zu werten als wirtschaftliche Erwägungen. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführer sei auch damit zu rechnen, dass die lärmexponierten Fenster bzw. Fenstertüren an der Südfassade geöffnet würden, beispielsweise zur Erschliessung des Sitzplatzes.
3.4
Das BAFU teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die Ermittlung der Lärmimmissionen nicht nur an einzelnen, sondern an sämtlichen Fenstern lärmempfindlicher Räume durchzuführen sei. Die "Lüftungsfensterpraxis", wie sie in einigen Kantonen betrieben werde, habe zur Folge, dass
Art. 22 Abs. 2 USG
praktisch gegenstandlos werde; damit werde der Wille des Gesetzgebers, die Erstellung von Gebäuden mit lärmempfindlichen Räumen in lärmbelasteten Gebieten grundsätzlich zu verbieten, ins Gegenteil verkehrt.
3.5
Die Vollzugspraxis der Kantone ist unterschiedlich (vgl. RIEDER/HAUENSTEIN/SCHWENKEL/DOLDER, Evaluation zum Vollzug der Artikel 22 und 24 Umweltschutzgesetz [USG] respektive Art. 29, 30
BGE 142 II 100 S. 106
und 31 Lärmschutz-Verordnung [LSV]; Schlussbericht zuhanden des BAFU [nachfolgend: Bericht], Luzern/Zürich, 27. Oktober 2011, S. 30, 58, 95). Rund die Hälfte der Kantone erteilen eine Baubewilligung, wenn die Immissionsgrenzwerte an mindestens einem zur Lüftung geeigneten Fenster jedes lärmempfindlichen Raums eingehalten werden (vgl. z.B. die Wegleitungen "Bauen im Lärm" der Fachstellen Lärmschutz des Kantons Zürich, S. 6, und des Kantons Basel-Landschaft, S. 10; letztere verlangt zusätzlich die Einhaltung der Alarmwerte an allen Fenstern). Andere Kantone erteilen in derartigen Fällen gegebenenfalls eine Ausnahmebewilligung nach Art. 31 Absatz 2 LSV; dabei wird teilweise verlangt, dass die Fenster auf der lärmexponierten Seite fest verschraubt werden (Bericht, a.a.O., S. 91).
Die "Lüftungsfensterpraxis" soll aus Sicht des Wohnkomforts und der Ortsgestaltung schlechtere Lösungen verhindern (insbesondere verschlossene Fenster, ungünstige Wohnungsgrundrisse, "blinde" Fassaden zur Strassenseite) und das Bauen in zentralen Lagen ermöglichen. Das Verwaltungsgericht Zürich schützte diese Praxis im Urteil vom 16. April 2015 (VB 2014.00307 E. 11. insb. 11.7): Es sei nicht erforderlich, dass eine lärmgeschützte Lüftung über sämtliche Fenster möglich sei, dienten doch Fenster in erster Linie der Belichtung. Müsste der Immissionsgrenzwert an allen Fenstern eingehalten werden, wären weit grössere Abstände zur Strasse erforderlich. Dies sei mit dem Gebot der Verdichtung und der Siedlungsentwicklung nach innen (
Art. 1 Abs. 2 lit. b RPG
) nicht zu vereinbaren.
3.6
In der Literatur wird die "Lüftungsfensterpraxis" überwiegend als gesetzwidrig abgelehnt (GRIFFEL/RAUSCH, Kommentar zum Umweltschutzgesetz, Ergänzungsband, 2011, N. 5 zu
Art. 22 USG
; ALAIN GRIFFEL, Umweltrecht, 2015, S. 119; CHRISTOPH JÄGER, Bauen in lärmbelastetem Gebiet, Raum und Umwelt 4/2009 S. 10 ff.). Sie widerspreche dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck von
Art. 22 USG
und
Art. 39 Abs. 1 LSV
. WOLF (a.a.O., N. 24, 41 zu
Art. 22 USG
) hält die Praxis zumindest dann für vertretbar, wenn keine besseren Lösungen zur Verfügung stehen und die Fenster, an denen die Immissionsgrenzwerte überschritten sind, eine verbesserte Schalldämmung erhalten. Die Praxis gewisser Kantone, in solchen Fällen eine Ausnahmebewilligung zu erteilen, habe den Vorteil, die Praxis auf Fälle zu beschränken, in denen eine sinnvolle andere Lösung nicht in Frage komme, jedoch seien die Voraussetzungen von
Art. 31 Abs. 2 LSV
(überwiegendes Interesse an der Errichtung des Gebäudes) oft nicht erfüllt. ANNE-CHRISTINE FAVRE (La protection contre le bruit
BGE 142 II 100 S. 107
dans la loi sur la protection de l'environnement, 2002, S. 268) erwähnt die "Lüftungsfensterpraxis", ohne dazu Stellung zu nehmen.
3.7
Das Bundesgericht hat sich bisher noch nicht direkt zur "Lüftungsfensterpraxis" geäussert. Allerdings ging es stets davon aus, dass die Lärmimmissionen am offenen Fenster gemessen werden müssten (
BGE 117 Ib 125
E. 30 S. 127), und zwar unabhängig davon, ob sich die Fenster überhaupt (ganz oder teilweise) öffnen lassen (
BGE 122 II 33
E. 2b S. 37).
Passive Schallschutzmassnahmen - einschliesslich fest verschlossene Fenster - stellen nach ständiger Rechtsprechung keine baulichen und gestalterischen Massnahmen im Sinne von
Art. 31 Abs. 1 lit. b LSV
dar, weil dadurch die Immissionen nur im Rauminnern, nicht aber am offenen Fenster reduziert werden könnten (Urteil 1C_196/2008 vom 13. Januar 2009 E. 2.4 mit Hinweisen, in: URP 2009 S. 500, SJ 2009 I S. 377 und RDAF 2010 I S. 420). Dies wurde im Urteil 1C_331/2011 vom 30. November 2011 E. 7.3.2 (in: URP 2012 S. 295 und RDAF 2013 I S. 499) für Minergiebauten mit Komfortlüftung bestätigt. In diesem Zusammenhang führte das Bundesgericht aus, dass die Messung am offenen Fenster den künftigen Bewohnern die Möglichkeit geben solle, ihre Fenster zu öffnen, unabhängig davon, ob dies zum Lüften erforderlich sei. Zudem werde indirekt auch der Schutz von Aussenräumen gewährleistet: Müsse der Planungs- bzw. der Immissionsgrenzwert am offenen Fenster eingehalten werden, bedeute dies, dass der Lärmpegel auch in der Umgebung (Balkone, Vorgärten etc.) nur unwesentlich darüber liege. Dies diene dem Wohlbefinden der künftigen Bewohner und liege deshalb im Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers (so auch WOLF, a.a.O., N. 8 zu
Art. 22 USG
).
Im Entscheid 1A.139/2002 vom 5. März 2003 E. 5.4 (in: URP 2003 S. 703 und ZBl 105/2004 S. 94) ging es um die Einhaltung der Planungswerte durch einen Gastwirtschaftsbetrieb (
Art. 25 USG
). Das Bundesgericht bestätigte die Auffassung der Vorinstanz, dass der Beurteilungspegel an
allen
Fenstern lärmempfindlicher Räume in der Umgebung einzuhalten sei, weil keine Verpflichtung der Anwohner bestehe, auf die Öffnung bestimmter Fenster zu verzichten.
Art. 39 Abs. 1 LSV
verlange eine Messung am offenen Fenster, ohne Rücksicht darauf, ob dieses als Lüftungsfenster benutzt werde oder überhaupt geöffnet werden könne. Ausweich- und Schutzmöglichkeiten der Bewohner seien erst für die Erteilung von Erleichterungen
BGE 142 II 100 S. 108
gemäss
Art. 25 Abs. 2 USG
zu berücksichtigen, nicht aber bei der Beurteilung der Lärmimmissionen gemäss
Art. 25 Abs. 1 USG
.
4.
Im Folgenden ist zu prüfen, ob es Gründe gibt, für das Bauen in lärmbelasteten Gebieten (
Art. 22 USG
) die Messung an dem am wenigsten exponierten "Lüftungsfenster" jedes lärmempfindlichen Raums ausreichen zu lassen.
4.1
Ein Erlass muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz (
BGE 141 III 195
E. 2.4 S. 198 mit Hinweisen). Die Formulierungen einer Norm in den drei Amtssprachen Deutsch, Französisch und Italienisch sind gleichwertig.
4.2
Nach
Art. 39 Abs. 1 LSV
werden die Lärmimmissionen bei Gebäuden "in der Mitte der offenen Fenster lärmempfindlicher Räume" ermittelt (italienisch
"al centro delle finestre aperte dei locali sensibili al rumore
"). In der deutschen und der italienischen Fassung wird der Plural verwendet, was eher dafür spricht, dass die Immissionsgrenzwerte an allen Fenstern eingehalten werden müssen, ansonsten der Verordnungsgeber sinnvollerweise eine andere Formulierung gewählt hätte. Dagegen verwendet der französische Text die Einzahl (
"au milieu de la fenêtre ouverte des locaux à usage sensible au bruit"
) ohne allerdings zu sagen, welches von mehreren Fenstern massgeblich sein soll. Aufgrund einer rein grammatikalischen Auslegung lässt sich die hier interessierende Frage daher nicht klar beantworten.
4.3
Vom Schutzgedanken des Umweltrechts her liegt es näher, auf das am stärksten und nicht auf das am wenigsten exponierte Fenster abzustellen. Dies entspricht etwa der Vorgabe für die Berechnung der Strahlungsbelastung an Orten für den kurzfristigen Aufenthalt und mit empfindlicher Nutzung gemäss Art. 11 Abs. 2 lit. c Ziff. 1 und 2 der Verordnung vom 23. Dezember 1999 über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV; SR 814.710).
Zum selben Ergebnis führt die Bezugnahme auf
Art. 22 USG
: Diese Bestimmung statuiert ein grundsätzliches Bauverbot für lärmempfindliche Räume in Gebieten, in denen die Immissionsgrenzwerte überschritten sind und daher längerfristig eine
BGE 142 II 100 S. 109
Gesundheitsschädigung der Bewohner zu befürchten ist. In solchen Gebieten darf eine Baubewilligung nach
Art. 22 Abs. 2 USG
und
Art. 31 Abs. 1 LSV
nur erteilt werden, wenn "das Gebäude" gegen Lärm abgeschirmt werden kann (lit. b) oder aber die "lärmempfindlichen Räume" auf der dem Lärm abgewandten Seite des Gebäudes angeordnet werden. Auch diese Formulierung lässt darauf schliessen, dass die blosse Anordnung einzelner Lüftungsfenster auf der vom Lärm abgewandten Seite nicht genügt.
Sind die Immissionsgrenzwerte überschritten, kann die Überbauung nach der Konzeption der LSV nur ausnahmsweise bewilligt werden, wenn ein überwiegendes Interesse an ihrer Erstellung besteht (
Art. 31 Abs. 2 LSV
); diesfalls müssen die Anforderungen an die Schalldämmung der Aussenbauteile angemessen verschärft werden (
Art. 32 Abs. 2 LSV
). Mit dieser restriktiven Regelung wollte der Gesetzgeber dem Gesundheitsschutz Vorrang gegenüber dem Interesse an der zonenkonformen Nutzung von Bauparzellen einräumen.
4.4
Entscheidend für die Auslegung von
Art. 39 Abs. 1 LSV
ist indes der Zweckgedanke dieser Bestimmung: Die "Lüftungsfensterpraxis" führt, wie das BAFU und die Vorinstanz dargelegt haben, zur Aushöhlung des vom Gesetzgeber gewollten Gesundheitsschutzes: Genügt es für die Baubewilligung, wenn die Immissionsgrenzwerte am ruhigsten Fenster jedes lärmempfindlichen Raums eingehalten sind, kann sich die Projektgestaltung auf die Abschirmung der hinterliegenden Lüftungsfenster beschränken; weitere Massnahmen werden aus Kostengründen nicht ergriffen und könnten auch nicht verlangt werden (JÄGER, a.a.O., S. 12 und 13). Die Vollzugsbehörde muss vielmehr die Baubewilligung erteilen, ohne dass Raum für eine Interessenabwägung verbleibt. Auch
Art. 32 Abs. 2 LSV
(verschärfte Anforderungen an die Schalldämmung) kommt nicht zum Zuge, wenn keine Ausnahmebewilligung erforderlich ist. Wenn es genügt, Lüftungsfenster auf der lärmabgewandten Seite vorzuschreiben, um die Zonenplanung zu realisieren, sinkt der Druck auf das Gemeinwesen, Massnahmen zur Bekämpfung von schädlichen oder lästigen Lärmimmissionen an der Quelle anzuordnen, obwohl diese nach
Art. 11 Abs. 1 USG
Vorrang geniessen.
4.5
Die unerwünschten Auswirkungen der "Lüftungsfensterpraxis" illustriert der vorliegende Fall: Gewöhnliche Einfamilienhäuser sollen in unmittelbarer Nähe einer Fabrik erstellt werden, die rund um die Uhr (24-Stunden-Betrieb) und an 7 Tagen der Woche
BGE 142 II 100 S. 110
Immissionen erzeugt, die erheblich (bis zu 10 dB) über dem Immissionsgrenzwert liegen. Weder wurden Massnahmen zur Emissionsbegrenzung an der Quelle (Lärmsanierung der Fabrik) oder auf dem Übertragungsweg (z.B. Lärmschutzwälle, Schutz der Wohnbauten durch vorgelagerte Gewerbebauten) ergriffen, noch eine spezielle, auf die Lärmsituation zugeschnittene Überbauung verlangt. Eine erhöhte Schalldämmung der Fassade wurde erst vom BVU im Beschwerdeverfahren angeordnet, und zwar nur deshalb, weil Lüftungsfenster im ersten Obergeschoss fehlen (vgl. nicht publ. E. 5). Würde die geplante Überbauung realisiert, hätte dies zur Folge, dass die Bewohner Tag und Nacht, unter der Woche und am Wochenende, gesundheitsschädlichem Lärm ausgesetzt wären, sofern sie nicht die Fenster auf drei von vier Fassadenseiten verschlossen hielten und auf die Nutzung ihrer Aussenanlagen (Sitzplätze, Garten) verzichteten.
4.6
Hauptargument der Befürworter der "Lüftungsfensterpraxis" ist, dass nur mit ihrer Hilfe die raumplanerisch gebotene Siedlungsverdichtung nach innen realisiert werden könne (vgl. RIEDER/HAUENSTEIN/SCHWENKEL/DOLDER, a.a.O., S. 58 ff. mit Fallbeispielen aus Zürich). In zahlreichen Städten seien die Immissionsgrenzwerte, vor allem entlang vielbefahrener Strassen, überschritten. Könnten an zentralen Lagen keine Wohnbauten mehr realisiert werden, würden die Innenstädte entvölkert und die Wohnüberbauung auf die Aussenbezirke verlagert. Dies widerspräche den Zielen und Grundsätzen der Raumentwicklung, wonach der Boden haushälterisch zu nutzen (
Art. 1 Abs. 1 RPG
) und die Siedlungsentwicklung nach innen zu lenken sei (Art. 1 Abs. 2 lit. a
bis
RPG), durch bessere Ausnützung und Verdichtung der bestehenden Siedlungsflächen (Art. 3 Abs. 3 lit. a
bis
RPG). Die in
Art. 31 Abs. 1 lit. a und b RPV
vorgesehenen Massnahmen zur Emissionsbegrenzung seien in städtischen Zentren zum Teil nicht möglich (z.B. Lärmschutzwände) oder führten zu städtebaulich unbefriedigenden Ergebnissen (z.B. geschlossene Fassaden zur Strassenseite; Ausrichtung von Wohnungen nach Norden, ungünstige Wohnungs-Grundrisse; vgl. RIEDER/HAUENSTEIN/SCHWENKEL/DOLDER, a.a.O., S. 30 unten).
Diese Argumente sind ernst zu nehmen. Tatsächlich können Zielkonflikte zwischen dem Lärmschutz und der raumplanerisch gebotenen Siedlungsverdichtung bestehen. Seit dem Erlass des USG und der LSV in den 1980er Jahren hat sich die raumplanerische Problematik der Zersiedlung und des Bodenverbrauchs verschärft. Die RPG-Revision vom 15. Juni 2012 (in Kraft seit 1. Mai 2014; AS 2014 899;
BGE 142 II 100 S. 111
BBl 2010 1049) verpflichtet die Kantone, binnen 5 Jahren ihre kantonalen Richtpläne anzupassen, insbesondere um eine hochwertige Siedlungsentwicklung nach innen zu bewirken und die Siedlungserneuerung zu stärken (
Art. 8a Abs. 1 lit. c und e RPG
).
Diesen wichtigen Anliegen der Raumplanung kann jedoch auf dem Wege der Ausnahmebewilligung Rechnung getragen werden: Diese ist mit Zustimmung des Kantons zulässig (
Art. 31 Abs. 2 LSV
), wenn die strikte Anwendung von
Art. 22 USG
, unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls, unverhältnismässig wäre (vgl. Urteil 1C_704/2013 vom 17. September 2014 E. 6.4, in: URP 2014 S. 643 und RDAF 2015 I S. 378).
Schon bisher wurden bei der gebotenen Interessenabwägung raumplanerische Gründe berücksichtigt und eine Ausnahmebewilligung erteilt, wenn sich das Bauvorhaben im weitgehend überbauten Gebiet befand, ein akuter Bedarf an Wohnraum bestand, die Immissionsgrenzwerte nicht erheblich überschritten waren und ein angemessener Wohnkomfort sichergestellt war (vgl. z.B. die Urteile 1A.108/2003 vom 9. September 2003 E. 2, in: URP 2003 S. 832, SJ 2003 I p. 586 und RDAF 2004 I S. 748; 1C_451/2010 vom 22. Juni 2011 E. 5, insb. 5.7, in: URP 2012 S. 1 und RDAF 2013 I S. 493).
In Zukunft wird dem raumplanerischen Anliegen einer hochwertigen Siedlungsentwicklung nach innen verstärkt Rechnung zu tragen sein. Bauvorhaben, die aus dieser Sicht wünschenswert erscheinen, wird eine Ausnahmebewilligung erteilt werden können, auch wenn die Immissionsgrenzwerte unwesentlich überschritten sind, sofern deren Einhaltung nicht in städtebaulich befriedigender Weise erreicht und mittels Lüftungsfenstern an der lärmabgewandten Seiten und allfälligen weiteren Massnahmen ein angemessener Wohnkomfort sichergestellt werden kann.
4.7
Nach dem Gesagten verlangen
Art. 22 USG
,
Art. 31 Abs. 1 und
Art. 39 Abs. 1 LSV
, dass die Immissionsgrenzwerte an allen Fenstern lärmempfindlicher Räume eingehalten werden. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Eine Ausnahmebewilligung (
Art. 31 Abs. 2 LSV
) kommt offensichtlich nicht in Betracht, da auch aus raumplanerischer Sicht kein Interesse an der Erstellung der streitigen Einfamilienhäuser ersichtlich ist, noch dazu im Umfeld einer lärmigen Fabrik. (...) | mixed |
9a63beea-073f-40f4-bf3c-1b467e68587d | Sachverhalt
ab Seite 143
BGE 122 V 142 S. 143
A.-
Der 1950 geborene M., Fürsprecher, nahm am 1. März 1992 seine Tätigkeit im Range eines Stellvertretenden Direktors für die W. Group of Companies auf und war ab diesem Zeitpunkt bei der Pensionskasse W. vorsorgeversichert. Beim Abschluss des Arbeitsvertrages waren dessen Parteien davon ausgegangen, dass M. dereinst den Maximalsatz der Altersrente von 60% des versicherten Jahreslohnes erreichen sollte. Die Finanzierung dieses Ziels erforderte ein Kapital von Fr. 285'601.30, wovon M. Fr. 188'304.10 aus früheren Vorsorgeverhältnissen beibringen konnte. Darüber hinaus vereinbarte er mit seiner Arbeitgeberin, dass der Einkauf des Restbetrages von Fr. 97'297.20 in Form monatlicher Zusatzbeiträge bis zum Alter 65 von beiden Vertragsparteien je zur Hälfte übernommen würde. Die Pensionskasse ihrerseits hielt diese schliesslich befolgte Absprache sowohl mit Schreiben an den Versicherten vom 6. September 1991 als auch in der Aufnahmebestätigung vom 9. April 1992 fest.
Nachdem der Versicherte am 1. Dezember 1992 noch eine einmalige Zahlung von Fr. 14'742.-- auf Anrechnung an seine Einkaufsschuld getätigt hatte, wurde das Anstellungsverhältnis gemäss Schreiben der Arbeitgeberin vom 9. Dezember 1992 im gegenseitigen Einvernehmen auf den 30. Juni 1993 beendet. Hierauf errechnete die Pensionskasse auf diesen Zeitpunkt eine Austrittsleistung von Fr. 234'667.20 (Anteil BVG: Fr. 45'382.30), in welcher die von der Arbeitgeberin monatlich erbrachten Beiträge an den Einkauf nicht enthalten waren (Schreiben vom 23. Dezember 1992). Am 30. März 1993 forderte M. die Pensionskasse schriftlich auf, die Austrittsleistung um rund Fr. 50'000.--, samt Zins, zu erhöhen, was dem von der Arbeitgeberin geschuldeten hälftigen Anteil an der Einkaufssumme entspreche. In der Folge erklärte sich die Pensionskasse - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, gegen Saldoquittung - zur zusätzlichen Überweisung der von der Arbeitgeberin tatsächlich geleisteten Beiträge an den Einkauf von insgesamt Fr. 4'719.20 (16 x Fr. 294.95) bereit.
B.-
Am 3. September 1993 liess M. beim Versicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt Klage einreichen mit dem Rechtsbegehren, die Pensionskasse W.
BGE 122 V 142 S. 144
sei zu verpflichten, Fr. 48'648.60, eventuell Fr. 19'193.--, je samt Zins zu 5% seit 1. März 1992, an seine neue Vorsorgeeinrichtung oder auf ein zu errichtendes Freizügigkeitskonto zu überweisen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, dass die Finanzierung des Einkaufs zusätzlicher Rentenprozente reglementsgemäss den Versicherten obliege, welche Ordnung vorliegendenfalls - trotz der arbeitsvertraglich vereinbarten hälftigen Übernahme der Einkaufssumme durch die Arbeitgeberin - nicht geändert worden sei.
Nach Einholung von Rechtsantwort und Replik und nach Durchführung einer mündlichen Schlussverhandlung wies das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt die Klage mit Entscheid vom 5. Oktober 1994 ab. In seiner Begründung schützte es den in Anlehnung an
BGE 118 V 229
vertretenen Standpunkt der Pensionskasse, dass durch deren Einbezug der Vorsorgevertrag mit dem klagenden Versicherten gemäss der arbeitsvertraglichen Abrede formgültig abgeändert worden sei. Damit handle es sich beim eingeklagten Betrag auch vorsorgerechtlich um Arbeitgeberleistungen, die dem Kläger im Rahmen seiner Freizügigkeitsleistung nicht zustünden.
C.-
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt M., es sei die Pensionskasse in Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides zur Überweisung einer zusätzlichen Freizügigkeitsleistung von Fr. 19'193.--, eventuell Fr. 4'719.20, je samt Zins zu 5% seit 1. März 1992, zu verpflichten.
Die Pensionskasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten des Beschwerdeführers, während sich das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) einer Stellungnahme enthält. Erwägungen
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
(Zuständigkeit)
2.
(Kognition)
3.
Streitig ist einzig, ob und - gegebenenfalls - in welchem Umfang die Freizügigkeitsleistung des Beschwerdeführers zu erhöhen ist um den Anteil am Einkauf, der an seiner Stelle gemäss arbeitsvertraglicher Absprache und mit Einverständnis der Vorsorgeeinrichtung von der Arbeitgeberin übernommen wurde.
4.
a) Bei den Rechtsbeziehungen, die zwischen dem Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer und der Personalvorsorgeeinrichtung bestehen, gilt es deutlich
BGE 122 V 142 S. 145
zwischen dem Arbeitsvertrag einerseits und dem Vorsorgevertrag anderseits zu unterscheiden. Dieser darf nicht mit dem Arbeitsvertrag im Sinne von
Art. 319 ff. OR
verwechselt oder als Bestandteil desselben angesehen werden (RIEMER, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, 1985, S. 102, N. 13 zu § 4). Ohne Rücksicht auf inhaltliche Unterschiede erweist sich diese Abgrenzung schon deshalb als unumgänglich, weil an den beiden Verträgen je verschiedene Rechtssubjekte beteiligt sind. Während sich im Arbeitsvertrag der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber gegenüberstehen, sind am Vorsorgevertrag der Arbeitnehmer und die rechtlich selbständige Vorsorgeeinrichtung beteiligt (
BGE 118 V 231
Erw. 4a; vgl. ferner
BGE 120 V 344
Erw. 3b).
b) Bei der Beschwerdegegnerin handelt es sich um eine umhüllende Vorsorgeeinrichtung, die nicht nur die gesetzlichen Minimalleistungen gemäss den Vorschriften des BVG erbringt, sondern weitergehende Leistungen, die dem Bereich der freiwilligen beruflichen Vorsorge zuzuordnen sind. Wie sich der aufliegenden Berechnung der Austrittsleistung entnehmen lässt, geht es bei den Freizügigkeitsansprüchen des Beschwerdeführers in erster Linie um solche aus dem überobligatorischen Bereich. Dies gilt auch für die hier streitige Einkaufsleistung.
Im Bereich der vorliegend betroffenen freiwilligen beruflichen Vorsorge wird das Rechtsverhältnis zwischen einer Vorsorgeeinrichtung und dem Vorsorgenehmer durch den Vorsorgevertrag begründet, der den Innominatsverträgen (eigener Art) zuzuordnen ist. Als solcher untersteht er in erster Linie den allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechts. Das Reglement stellt den vorformulierten Inhalt des Vorsorgevertrages bzw. dessen Allgemeine Bedingungen (AGB) dar, denen sich der Versicherte ausdrücklich oder durch konkludentes Verhalten unterzieht (
BGE 118 V 232
Erw. 4b,
BGE 116 V 221
Erw. 2 mit Hinweisen; vgl. ferner
BGE 119 V 144
Erw. 5b). Dies schliesst nicht aus, dass im Einzelfall auch vom Reglement abweichende Abreden getroffen werden können (RIEMER, Vorsorge-, Fürsorge- und Sparverträge der beruflichen Vorsorge, in: Innominatsverträge, Festgabe zum 60. Geburtstag von Walter R. Schluep, S. 237). Allerdings bedarf es hiefür einer entsprechenden Vereinbarung zwischen der Vorsorgeeinrichtung und dem versicherten Arbeitnehmer, welchem Erfordernis die alleinige arbeitsvertragliche Abrede wesensgemäss nicht zu genügen vermag (
BGE 118 V 232
Erw. 4b; vgl. ferner SZS 1994 S. 202).
BGE 122 V 142 S. 146
c) Die Auslegung des Reglements als vorformulierter Inhalt des Vorsorgevertrages geschieht nach dem Vertrauensprinzip. Dabei sind jedoch die den Allgemeinen Bedingungen innewohnenden Besonderheiten zu beachten, namentlich die sogenannten Unklarheits- und Ungewöhnlichkeitsregeln (
BGE 116 V 222
Erw. 2; SZS 1995 S. 51 und 1994 S. 205 Erw. 3c; zu den Auslegungsregeln vgl. ferner Alfred KOLLER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Bd. I, Bern 1996, Nr. 1580 ff., 1605 ff.). Nach diesen Auslegungsgrundsätzen gilt es ausgehend vom Wortlaut und unter Berücksichtigung des Zusammenhanges, in dem eine streitige Bestimmung innerhalb des Reglements als Ganzes steht, den objektiven Vertragswillen zu ermitteln, den die Parteien mutmasslich gehabt haben. Dabei hat das Gericht zu berücksichtigen, was sachgerecht ist, weil nicht angenommen werden kann, dass die Parteien eine unvernünftige Lösung gewollt haben (KRAMER, Berner Kommentar, Bd. VI/1, N. 42 zu
Art. 18 OR
). Sodann sind nach konstanter Rechtsprechung mehrdeutige Wendungen in vorformulierten Vertragsbedingungen im Zweifel zu Lasten ihres Verfassers auszulegen (
BGE 120 V 452
Erw. 5a, 119 II 373 Erw. 4b mit Hinweisen; JÄGGI/GAUCH, Zürcher Kommentar, Bd. V/1b, N. 451 ff. zu
Art. 18 OR
; unveröffentlichtes Urteil E. vom 27. September 1995).
Steht eine im Einzelfall getroffene vorsorgevertragliche Abrede in Frage, ist nach den gewöhnlichen Regeln der Vertragsauslegung zunächst nach dem übereinstimmenden wirklichen (subjektiven) Parteiwillen (
Art. 18 Abs. 1 OR
) zu suchen. Lässt sich ein übereinstimmender Wille der Parteien nicht feststellen, so sind deren Erklärungen ebenfalls nach dem Vertrauensprinzip auszulegen. Danach sind Willenserklärungen so zu deuten, wie sie vom Empfänger in guten Treuen verstanden werden durften und mussten (
BGE 121 III 123
Erw. 4b/aa mit Hinweisen; SJ 1995 S. 263 f. Erw. 1a; vgl. ferner KRAMER, a.a.O., N. 67 ff. und JÄGGI/GAUCH, a.a.O., N. 306, 332, 342 f. je zu
Art. 18 OR
; GUHL/MERZ/KOLLER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 8. Aufl., Zürich 1991, S. 97).
5.
a) Nach Art. 13 Ziff. 2 des Reglements der Pensionskasse W. vom 1. Januar 1990 haben deren "Mitglieder" die Möglichkeit, beim Eintritt in die Kasse Rentenprozente bis zum Erreichen der Maximalrente von 60% einzukaufen. Im übrigen entrichten die aktiven "Mitglieder" ab dem auf die Vollendung des 19. Altersjahres folgenden Jahr wiederkehrende Beiträge von 6% des versicherten Lohnes (Art. 16 Ziff. 1), während die Firma ihrerseits Beiträge in Höhe von 10% der versicherten Löhne aller beitragspflichtigen
BGE 122 V 142 S. 147
"Mitglieder" erbringt (Art. 17 Ziff. 1). Unter dem Titel "Höhe der Austrittsabfindung" regelt sodann Art. 37 die Bemessung der Freizügigkeitsleistung. Diese besteht gemäss Ziff. 2 aus den eingebrachten Einlagen (Freizügigkeitsleistungen und Einkäufe) mit Zins, den persönlichen Beiträgen und Nachzahlungen ohne Zins, sowie einem Zuschlag auf die persönlichen Beiträge und Nachzahlungen von 40% im ersten Dienstjahr, jährlich um 4% steigend, bis zu einem Maximum von 120% ab 21. Dienstjahr.
b) Aus der dargelegten reglementarischen Ordnung folgt, dass die Finanzierung des Einkaufs zusätzlicher Rentenprozente - vorsorgerechtlich - allein dem versicherten Arbeitnehmer obliegt. Denn die Beteiligung der Arbeitgeberin (Art. 17 Ziff. 1) bezieht sich einzig auf die paritätische Beitragspflicht (
Art. 66 Abs. 1 BVG
;
Art. 331 Abs. 3 OR
), während der Einkauf (Art. 13 Ziff. 2) davon nicht erfasst wird. Mit anderen Worten handelt es sich bei den zum Zwecke des Einkaufs geleisteten Mitteln - immer aus Sicht des Reglements - ausschliesslich um Arbeitnehmerleistungen. Diese sind dem bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus der Vorsorgeeinrichtung austretenden Versicherten (Art. 36 Ziff. 1) im Rahmen der "Austrittsabfindung" mitzugeben (Art. 37 Ziff. 2), was auch von der Beschwerdegegnerin nicht angezweifelt wird. Umstritten und im folgenden zu prüfen ist indes, ob die für den Einkauf aufgewendeten Mittel ihren Charakter als Arbeitnehmerleistungen verloren und daher bei der Bemessung der Freizügigkeitsleistung ausser acht zu bleiben haben, soweit sie gemäss arbeitsvertraglicher Absprache, mit Billigung der Beschwerdegegnerin von der Arbeitgeberin übernommen wurden.
6.
a) Die hier von der Arbeitgeberin im Rahmen des Arbeitsvertrages gleichsam im Sinne eines gebundenen Lohnbestandteils übernommene Verpflichtung, den aus vorsorgerechtlicher Sicht dem Beschwerdeführer obliegenden Einkauf zur Hälfte zu finanzieren, hat das Eidg. Versicherungsgericht in einem ähnlich gelagerten Fall als uneigentliche Schuldübernahme im Sinne eines Befreiungsversprechens gemäss
Art. 175 Abs. 1 OR
gewertet (
BGE 118 V 234
Erw. 6b mit Hinweisen). Damit solche Absprachen (extern) zu einem Schuldnerwechsel führen und darüber hinaus die entsprechenden Leistungen auch vorsorgerechtlich zu solchen des Arbeitgebers werden, bedarf es zusätzlich nicht nur eines Schuldübernahmevertrages (privative Schuldübernahme) im Sinne von
Art. 176 ff. OR
zwischen Vorsorgeeinrichtung (= Gläubigerin) und Arbeitgeberin (= Übernehmerin), sondern einer schriftlichen Änderung des Vorsorgevertrages
BGE 122 V 142 S. 148
selbst (
BGE 118 V 235
f. Erw. 6c). Letzteres ist insofern erforderlich und hier klarer als in
BGE 118 V 235
f. hervorzuheben, als die wesensgemäss ohne unmittelbaren Einbezug des ursprünglichen Schuldners ablaufende Schuldübernahme sich stets auf einzelne Verpflichtungen und nicht auf ganze Vertragsverhältnisse bezieht (GAUCH/SCHLUEP, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Bd. II, 6. Aufl., Zürich 1995, Rz. 3713; GUHL/MERZ/KOLLER, a.a.O., S. 247 unten f.). Mithin wechseln beim zweiseitigen Vertrag nur die Pflichten des Schuldners zum Übernehmer, während dieser die daraus fliessenden Rechte nicht geltend machen kann (SPIRIG, Zürcher Kommentar, Bd. V/1k, N. 40 zu Vorbemerkungen zu
Art. 175 - 183 OR
und N. 41 zu
Art. 179 OR
). Folglich kann allein durch den sich im Verhältnis zwischen Arbeitgeberin und Vorsorgeeinrichtung vollziehenden Schuldübernahmevertrag das zwischen dieser und dem Versicherten bestehende vorsorgevertragliche Verhältnis von vornherein nicht wirksam abgeändert werden (insofern ungenau
BGE 118 V 237
Erw. 6d).
b) Im zu beurteilenden Fall ist am Vorliegen einer - über den Arbeitsvertrag und den zwischen Arbeitgeberin und Pensionskasse ergangenen Schuldübernahmevertrag hinausgreifenden - formgültigen Absprache zwischen Versichertem und Vorsorgeeinrichtung nicht zu zweifeln. In dieser Hinsicht ist nicht nur das Schreiben der Beschwerdegegnerin vom 6. September 1991 zu erwähnen, worin die hälftige Aufteilung der Einkaufsleistung zwischen Beschwerdeführer und Arbeitgeberin erwähnt wurde ("Gemäss Unterredung mit Herrn X würde dieser Betrag zu je 1/2 aufgeteilt, so dass Ihnen monatlich Fr. 301.70 als Einkauf vom Salär abgezogen würden, die andere Hälfte von Fr. 301.70 würde von der Firma getragen."), sondern vor allem die Aufnahmebestätigung vom 9. April 1992, die hinsichtlich der Einkaufsregelung wie folgt lautete:
"Damit Sie den Maximalsatz der Altersrente von 60% erreichen, fehlen Ihnen 8,25%. Der Einkauf von Rentenprozenten basiert auf dem versicherten Jahreslohn und dem Alter. Für 1 Rentenprozent sind 8,4% von Fr. 140'400.--, d.h. Fr. 11'793.60 nötig. Der Einkauf der fehlenden 8,25 Rentenprozenten kostet Fr. 97'297.20.
Wie bereits bei Ihrem Eintritt besprochen, werden Sie die fehlenden 8,25 Rentenprozente im Betrage von Fr. 97'297.20 mit einem monatlichen Zusatzbetrag bis Alter 65 (längstens bis zum Tod oder Invalidität) einkaufen; bei allfälliger vorzeitiger Pensionierung sind ausstehende Zusatzbeiträge bis zum Terminalter zu bezahlen. Der monatliche Zusatzbeitrag beträgt ab 01.03.1992 Fr. 589.90 und wird zu 50% von der Firma übernommen, d.h. Ihr monatlicher Abzug beläuft sich auf Fr. 294.95."
BGE 122 V 142 S. 149
Diese Aufnahmebestätigung regelt die Modalitäten des konkreten Vorsorgeverhältnisses in Ergänzung zum Reglement vom 1. Januar 1990. Sie ist mit dem (stillschweigenden) Einverständnis des Beschwerdeführers zwischen den sachlich zuständigen Parteien (vgl. BRÜHWILER, Die betriebliche Personalvorsorge in der Schweiz, Bern 1989, § 8 Rz. 29), in schriftlicher Form ergangen und daher geeignet, zwischen diesen vorsorgerechtliche Wirkungen zu entfalten. Entgegen den Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist der Vereinbarung insbesondere nicht schon deswegen die Verbindlichkeit abzusprechen, weil sie nicht vom Stiftungsrat selbst unterzeichnet wurde. Wie die Beschwerdegegnerin zu Recht ausführt, ist hier zwischen der Vertretung im Aussenverhältnis und der internen Beschlussfassung zu unterscheiden, wobei jene auch im Falle einer Stiftung auf bestimmte Organe oder Geschäftsführer - einzeln oder kollektiv - übertragen werden kann (RIEMER, Berner Kommentar, Bd. I/3, N. 5 ff. und 26 zu
Art. 83 ZGB
), was hier offenbar zutrifft.
Diese Frage der Vertretungsbefugnis mag letztlich offenbleiben. Denn die mangels Feststellbarkeit des subjektiven Vertragswillens nach dem Vertrauensprinzip vorzunehmende objektivierte Auslegung (vgl. Erw. 4c) der Aufnahmebestätigung ergibt, dass damit wohl der Einkauf zusätzlicher Rentenprozente und seine Zahlungsmodalitäten, darüber hinaus jedoch nichts weiter geregelt wurde, was hier von ausschlaggebender Bedeutung sein könnte. Namentlich ist ihr nichts zu entnehmen, was in guten Treuen als Abänderung von Art. 13 Ziff. 2 des Reglements verstanden werden dürfte oder gar müsste und was vor allem im Rahmen von dessen Art. 37 Ziff. 2 bei der Zusammensetzung der Austrittsabfindung beachtlich wäre. Insofern bleibt unerheblich, dass die Vorsorgeeinrichtung zu einer Beteiligung der Arbeitgeberin an der Finanzierung der Einkaufssumme Hand geboten hatte. Deswegen die entsprechenden Zahlungen als vorsorgerechtliche Arbeitgeberleistungen zu qualifizieren mit der Folge, dass diese im Freizügigkeitsfall nicht mitzugeben wären (vgl. Art. 37 Ziff. 2 des Reglements), geht jedenfalls im Lichte von Treu und Glauben nicht an, solange in der Aufnahmebestätigung auf die fraglichen Reglementsbestimmungen nicht einmal andeutungsweise Bezug genommen wird (vgl. hiezu
BGE 118 V 237
Erw. 6c/dd). Dies um so weniger, als darin sogar ausdrücklich davon die Rede ist, dass der Beschwerdeführer ("Sie") die fehlenden Rentenprozente einzukaufen habe, worauf dieser in seiner Klage vergeblich hingewiesen hat.
BGE 122 V 142 S. 150
c) Nach dem Gesagten ist die Vorinstanz zu Unrecht von einer vorsorgerechtlich bedeutsamen Abänderung der Einkaufsregelung gemäss Art. 13 Ziff. 2 des Reglements ausgegangen. Dabei hat sie ihrer Beurteilung zwar richtigerweise die in
BGE 118 V 229
begründete Rechtsprechung zugrunde gelegt, dabei jedoch die - hier nach dem Vertrauensprinzip auszulegende - Einzelabrede zu wenig auf ihren Gehalt hin untersucht, welchem Gesichtspunkt das Eidg. Versicherungsgericht in jenem Fall zufolge Nichterfüllung des Formerfordernisses nicht nachzugehen brauchte.
Nachdem somit die reglementarische Ordnung durch die Beteiligung der Arbeitgeberin an der Finanzierung des Einkaufs zusätzlicher Rentenprozente und die entsprechende Absprache nicht derogiert wurde, erweist sich das Begehren des Beschwerdeführers in grundsätzlicher Hinsicht als begründet. Damit bleibt die Bemessung der gestellten Forderung zu prüfen.
7.
Während der Beschwerdeführer in der Klage noch die Zusprechung des Anteils an der gesamten bis zum 65. Altersjahr zu erbringenden Einkaufssumme (Fr. 48'648.60) anbegehrte, beantragt er vor Eidg. Versicherungsgericht dem Sinne nach bloss noch, dass der ihm zustehende Betrag nach Massgabe der von ihm selbst (Fr. 19'193.--), allenfalls der von seiner Arbeitgeberin bereits erbrachten Leistungen (Fr. 4'719.20) festzusetzen sei.
Diese Reduktion ist zu Recht erfolgt, nachdem das für den Einkauf erforderliche Kapital nach dem klaren Vertragswillen nicht auf einmal einbezahlt wurde, sondern - bis zum Erreichen des Pensionsalters - in monatlichen Raten aufzubringen war oder gewesen wäre. Dieser von allen Beteiligten gebilligte Zahlungsmodus entsprach durchaus dem Lohncharakter der fraglichen Leistung und der von den Parteien des Arbeitsvertrages ursprünglich zweifelsohne gewollten langfristigen Dauer ihrer Bindung. In Anbetracht dieser Sachlage zielte daher die ursprünglich erhobene Forderung nicht nur bei weitem über die real geleisteten Einlagen hinaus, in welchem Umfang ihr folglich jede Grundlage fehlte. Sie liesse sich auch mit den getroffenen vertraglichen Abreden oder den Ergebnissen einer richterlichen Vertragsergänzung nach Massgabe des hypothetischen Parteiwillens (vgl. dazu GAUCH/SCHLUEP, a.a.O., Band I, Rz. 1257) schwerlich in Einklang bringen. Daran ändert nichts, dass der Beschwerdeführer bereits ab Beginn des Vorsorgeverhältnisses auch für den Invaliditätsfall vollständigen Versicherungsschutz genossen haben mochte.
Mit den nunmehr geforderten Fr. 19'193.--, entsprechend dem Betrag, den der Beschwerdeführer mit monatlichen Beiträgen sowie seiner einmaligen Einlage
BGE 122 V 142 S. 151
vom 1. Dezember 1992 (Fr. 14'742.--) tatsächlich geleistet hatte, verhält es sich ähnlich. Diese im Hinblick auf die Steuerplanung getätigte Kapitaleinlage erfolgte - entgegen dem verabredeten üblichen Zahlungsmodus - aus freien Stücken des Beschwerdeführers. Dass für die Arbeitgeberin vorsorgerechtlich eine Verpflichtung zu analoger Leistung bestanden hätte, ist nicht ersichtlich und namentlich der Aufnahmebestätigung vom 9. April 1992 nicht zu entnehmen. Nachdem auch der Beschwerdeführer solches nicht dargetan hat, vermag er mit seinem Hauptantrag nicht durchzudringen.
8.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Klage im Umfang von Fr. 4'719.20 gutzuheissen ist, welchen Betrag die Beschwerdegegnerin seinerzeit - wenn auch ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - zu leisten bereit gewesen wäre. Auf diesem Forderungsbetrag ist ab dem 30. Juni 1993 Verzugszins von 5% zuzusprechen (vgl.
BGE 119 V 133
Erw. 4a mit Hinweisen). Für die davorliegende Zeit ist das Guthaben des Beschwerdeführers nach Massgabe des Reglements zu verzinsen (Art. 37 Ziff. 2).
9.
Der Beschwerdeführer macht die Zusprechung einer Parteientschädigung geltend. Nach der Praxis des Eidg. Versicherungsgerichts steht einem in eigener Sache prozessierenden Rechtsanwalt indes nur ausnahmsweise eine solche zu; vorliegend sind die Ausnahmebedingungen nicht erfüllt (
BGE 110 V 133
ff. Erw. 4). | mixed |
8459de72-2d79-4dcd-81f8-d5a6df301900 | Sachverhalt
ab Seite 158
BGE 112 II 157 S. 158
A.-
Eli Pinkas et son épouse divorcée Florence Maulaz se sont suicidés le 10 juin 1980. Leur décès est présumé avoir eu lieu au même moment (
art. 32 al. 2 CC
). Eli Pinkas s'était livré à des malversations d'une ampleur exceptionnelle.
De 1947 à 1956, Eli Pinkas avait conclu cinq contrats d'assurance mixte, qui combinaient une assurance temporaire au décès (la prestation n'étant due que si l'assuré venait à décéder pendant la durée convenue) et une assurance en cas de vie de même durée: trois avec la Société suisse d'assurances générales sur la vie humaine (Rentenanstalt), un avec la Suisse et le dernier avec la Vita. Preneur et assuré, Eli Pinkas a payé les primes. Il avait constitué des clauses bénéficiaires pour tous les contrats; l'un des bénéficiaires en cas de décès était son frère Samuel Pinkas. En été 1982 et en avril 1983, les Juges de paix des cercles de Romanel et de Lausanne ont autorisé la consignation en main de la Banque cantonale vaudoise des prestations dues en raison du décès d'Eli Pinkas.
La succession ayant été constatée insolvable le 14 juillet 1980, le Président du Tribunal du district de Lausanne en a ordonné la liquidation selon les règles de la faillite le 15 juillet 1980.
B.-
Par demande du 14 septembre 1983, la masse en faillite de la succession d'Eli Pinkas a conclu à ce qu'il fût dit que les clauses bénéficiaires stipulées par Eli Pinkas dans les contrats et avenants sont nulles, de nul effet, soit annulées, soit éteintes, soit caduques, soit encore révoquées, et qu'en conséquence toutes les sommes consignées à la Banque cantonale vaudoise par les compagnies d'assurance en exécution de leurs obligations découlant desdits contrats doivent être libérées intégralement en faveur de la demanderesse, y compris tous les produits et revenus de ces sommes.
Samuel Pinkas, le seul bénéficiaire concerné, a conclu à libération et, reconventionnellement, à ce que lui fussent délivrées, avec leurs revenus et produits, les sommes mentionnées dans la demande.
C.-
Par jugement du 11 septembre 1985, la Cour civile du Tribunal cantonal du canton de Vaud a prononcé:
"Les sommes consignées par les compagnies d'assurance Rentenanstalt (Société Suisse d'Assurances générales sur la vie humaine), la Suisse (Société d'Assurances sur la vie), Vita (Compagnie d'Assurances sur la vie), auprès de la Banque Cantonale Vaudoise, doivent être libérées en faveur de Samuel Pinkas à concurrence des montants suivants:
BGE 112 II 157 S. 159
98'910 fr. 90 (nonante-huit mille neuf cent dix francs et nonante centimes) correspondant à la police Rentenanstalt No 2.209.607
41'307 fr. 65 (quarante et un mille trois cent sept francs et soixante-cinq centimes) correspondant à la police Rentenanstalt No 5.106.564
15'163 fr. 75 (quinze mille cent soixante-trois francs et septante-cinq centimes) correspondant à la police Rentenanstalt No 5.206.509
37'564 fr. 80 (trente-sept mille cinq cent soixante-quatre francs et huitante centimes) correspondant à la police La Suisse No 505.973
44'590 fr. (quarante-quatre mille cinq cent nonante francs) correspondant à la police Vita No 661.001 plus accessoires de droit."
D.-
La masse en faillite de la succession d'Eli Pinkas recourt en réforme au Tribunal fédéral. Elle reprend ses conclusions de première instance.
L'intimé Samuel Pinkas conclut au rejet du recours. Erwägungen
Extrait des considérants:
1.
a) Selon l'
art. 76 al. 1 LCA
, le preneur d'assurance a le droit, sans recourir à une forme spéciale, de désigner un tiers comme bénéficiaire, pour tout ou partie du droit qui découle de l'assurance, et cela sans l'assentiment de l'assureur, voire sans lui communiquer sa déclaration de volonté (
ATF 110 II 203
ss: changement de jurisprudence critiqué par PIOTET, JdT 1984 I 375ss). La clause bénéficiaire est un acte de disposition particulier, une attribution spécifique du droit des assurances de personnes. Elle est en principe toujours révocable par un autre acte de disposition (
art. 77 al. 1 LCA
), au contraire de la cession de créances ou de la stipulation ordinaire pour autrui (
art. 112 al. 2 et 3 CO
). Elle crée au profit du bénéficiaire un droit propre sur la créance attribuée (
art. 78 LCA
), soit un droit originaire (GAUGLER, Die paulianische Anfechtung unter besonderer Berücksichtigung der Lebensversicherung, II, Bâle 1945, p. 331 ss; AMSLER, Donation à cause de mort et désignation du bénéficiaire d'une assurance de personnes, thèse Lausanne 1979, p. 74 ss), qui naît dès la désignation (
ATF 41 II 453
/454; cf. GAUGLER, op.cit., p. 337 ss, spécialement p. 345 ss) et qui constitue un titre indépendant de la qualité éventuelle d'héritier (
ATF 43 II 259
in fine; cf., notamment, KÖNIG, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, 3e éd., p. 434; Der Versicherungsvertrag, in Schweizerisches Privatrecht, VII/2, p. 703; FJS 110 p. 7). Le décès du preneur d'assurance ne donne ainsi pas naissance au droit; il en est, avec la survie du bénéficiaire, une condition suspensive
BGE 112 II 157 S. 160
(KÖNIG, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, p. 434; Der Versicherungsvertrag, p. 704; FJS 110 p. 4 lettre b; AMSLER, op.cit., p. 79). Aussi bien le bénéficiaire peut-il, à l'échéance, réclamer son dû directement à l'assureur; la prétention d'assurance est dans son patrimoine dès la désignation; au décès du preneur, elle ne passe donc pas d'abord dans la succession: le bénéficiaire acquiert jure proprio, non pas jure hereditatis (KÖNIG, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, p. 436; Der Versicherungsvertrag, p. 705; FJS 110 p. 7 par. 4; RBA X No 77 = SJ 75 p. 183, arrêt de la Cour de justice du canton de Genève, du 4 mars 1952, qui cite la jurisprudence fédérale antérieure; contra, parmi les auteurs les plus récents, PIOTET, Droit successoral, Traité de droit privé suisse, IV, p. 195, suivi par AMSLER, op.cit., p. 84 ss, selon lequel l'attribution au bénéficiaire est un legs obligeant les héritiers à obtenir de l'assureur le paiement au bénéficiaire).
b) Aux termes de l'
art. 77 LCA
, le preneur d'assurance, même lorsqu'un tiers est désigné comme bénéficiaire, peut disposer librement, soit entre vifs soit pour cause de mort, du droit qui découle de l'assurance (al. 1); le droit de révoquer la désignation du bénéficiaire ne cesse que si le preneur a renoncé par écrit à la révocation dans la police même et a remis celle-ci au bénéficiaire (al. 2).
Ainsi, en principe, bien qu'il ait désigné un bénéficiaire, le preneur garde le droit de libre disposition sur la créance contre l'assureur en paiement de la somme assurée. Le droit du bénéficiaire à la créance d'assurance est soumis à la condition résolutoire de révocation de la désignation par le preneur (
ATF 41 II 454
; cf., notamment, AMSLER, op.cit., p. 81 ss). Il ne demeure définitivement dans le patrimoine du bénéficiaire que si le preneur a rendu la désignation irrévocable en renonçant à la révocation selon les formes prescrites à l'
art. 77 al. 2 LCA
. En l'absence d'une telle renonciation, le preneur conserve dans son patrimoine le droit de faire naître la condition résolutoire affectant le droit du bénéficiaire, condition dont l'avènement aura pour effet de transférer (ou de retransférer, si la désignation n'est pas intervenue simultanément à la conclusion du contrat) la créance d'assurance du patrimoine du bénéficiaire dans celui du preneur, ou de la faire passer dans le patrimoine d'un autre bénéficiaire.
En cas d'exécution forcée contre le preneur d'assurance, si la désignation du bénéficiaire est irrévocable, il n'y a, dans le patrimoine du preneur, ni créance d'assurance, ni droit de faire
BGE 112 II 157 S. 161
naître la condition résolutoire à laquelle est soumis, en règle générale, le droit du bénéficiaire. Les créanciers du preneur ne peuvent donc rien faire saisir, inventorier ni réaliser. C'est ce qu'exprime l'
art. 79 al. 2 LCA
, aux termes duquel, si le preneur d'assurance avait renoncé à son droit de révoquer la désignation du bénéficiaire, le droit à l'assurance qui découle de cette désignation n'est pas soumis à l'exécution forcée au profit des créanciers du preneur.
En revanche, en cas de clause bénéficiaire révocable, demeure dans le patrimoine du preneur poursuivi le droit de faire naître la condition résolutoire dont l'avènement aura pour effet que la créance d'assurance entrera (ou rentrera) dans les avoirs du preneur. Ce droit, les créanciers du preneur peuvent dès lors le faire saisir, inventorier et réaliser. Si la procédure d'exécution suit son cours, la réalisation de ce droit au profit des créanciers ne peut consister que dans son exercice, en ce sens que la clause bénéficiaire est révoquée, de telle sorte que la créance d'assurance passe du patrimoine du bénéficiaire dans celui du preneur. Si, en revanche, les créanciers ne peuvent pas réaliser ce droit parce que la saisie tombe ou que la faillite est révoquée, la créance d'assurance restera dans le patrimoine du bénéficiaire. C'est ce qui est dit à l'
art. 79 al. 1 LCA
, aux termes duquel la désignation du bénéficiaire s'éteint en cas de saisie de l'assurance ou de faillite du preneur d'assurance, mais reprend effet si la saisie tombe ou si la faillite est révoquée. Cette formulation est elliptique. Il faut entendre que, au moment où les créanciers du preneur font saisir le seul droit qui se trouve, en vertu du contrat d'assurance, dans le patrimoine de leur débiteur, savoir celui de faire naître la condition résolutoire de l'
art. 77 al. 1 LCA
, ils ne peuvent le réaliser qu'en l'exerçant, ce qui aura pour effet d'éteindre la désignation du bénéficiaire, mais que cette extinction ne se produira toutefois pas si l'on ne peut passer à la réalisation.
c) Le droit de révocation du preneur s'éteint à son décès (AMSLER, op.cit., p. 81 et les références citées à la note 258). Dès lors, selon la logique du système exposé ci-dessus, la condition résolutoire tombe et la désignation du bénéficiaire, jusqu'alors révocable, devient irrévocable. La liquidation de la succession selon les règles de la faillite ne peut pas porter préjudice aux droits qui résultent, pour le bénéficiaire, du décès du preneur; dû en vertu d'une créance qui est dans le patrimoine du bénéficiaire depuis sa désignation, le capital assuré n'appartient pas à la succession et
BGE 112 II 157 S. 162
n'entre donc pas dans la masse pour être affecté au désintéressement des créanciers du preneur (cf., outre les auteurs cités par MEYER, Essai sur la nature et les effets de la clause bénéficiaire, thèse Lausanne 1959, p. 269 n. 62, KÖNIG, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, p. 433; Der Versicherungsvertrag, p. 703). C'est ainsi qu'ont jugé l'Obergericht du canton de Zurich, dans un arrêt du 15 septembre 1919 (RSJ XVI p. 212 ss, RBA IV No 228), et le Tribunal fédéral, dans l'arrêt Banque Populaire Suisse contre hoirs Leemann, du 26 février 1931 (
ATF 57 II 220
initio et 221), s'agissant précisément, entre autres, du frère d'un assuré dont la succession, répudiée, était liquidée selon les règles de la faillite: dans cette affaire, le Tribunal fédéral s'est référé, sans plus, à l'
art. 78 LCA
.
La cour cantonale a adopté cette manière de voir: les droits du bénéficiaire Samuel Pinkas ont été rendus irrévocables par le décès de son frère, dit-elle, de sorte que, dans la mesure où elles sont fondées sur la loi fédérale sur le contrat d'assurance, les prétentions de la demanderesse doivent être rejetées.
d) Comme dans l'instance cantonale, la recourante invoque l'
art. 566 al. 2 CC
, aux termes duquel la succession est censée répudiée, lorsque l'insolvabilité était notoire ou officiellement constatée à l'époque du décès. Une telle insolvabilité, dit-elle, qui rétroagit au jour du décès, doit entraîner par analogie l'extinction des clauses bénéficiaires. L'
art. 79 al. 1 LCA
serait donc applicable aussi bien lorsque la faillite est postérieure au décès que lorsqu'elle le précède. Postérieure au décès, la déclaration de faillite rétroagirait à la date de celui-ci et empêcherait, par conséquent, les droits découlant de la clause bénéficiaire de passer sur la tête du bénéficiaire. Cette argumentation se fonde sur l'opinion, exprimée par Jaeger en 1933 (ROELLI/JAEGER, III p. 180/181, n. 43 ad art. 79/80 LCA), selon laquelle la mort du preneur ne rend la clause bénéficiaire irrévocable que sous la condition résolutoire que l'insolvabilité de la succession n'est pas constatée. D'après Jaeger, il apparaît critiquable que, si la faillite est prononcée postérieurement à la mort du preneur, la créance contre l'assureur ne tombe pas dans la masse au motif que la clause bénéficiaire est devenue irrévocable; les droits des créanciers doivent l'emporter sur les droits des bénéficiaires, qui, en général, ont été acquis gratuitement. C'est pourquoi, tant qu'il n'est pas établi si la succession est insolvable ou non, on doit considérer que le droit du bénéficiaire est en suspens: de même que l'acquisition de la
BGE 112 II 157 S. 163
succession rétroagit au moment du décès (
art. 560 al. 3 CC
), de même la constatation de l'insolvabilité de la succession doit sortir ses effets rétroactivement dès ce moment et, par conséquent, faire tomber la clause bénéficiaire. L'Obergericht du canton de Bâle-Campagne a adopté cette opinion: il a jugé que la clause bénéficiaire ne devient pas irrévocable par le fait de la mort du preneur d'assurance, s'il n'est pas établi que la succession est ou n'est pas insolvable (arrêt du 1er mars 1935, RSJ XXXIII p. 173 ss, RBA VIII No 290). Le Tribunal fédéral, lui, n'a pas eu, jusqu'à ce jour, à réexaminer la question en fonction de l'avis de JAEGER: dans un arrêt du 11 février 1942, il a signalé la controverse, mais sans plus, car le problème n'avait pas à être résolu (RBA IX No 156, p. 383).
Certains auteurs ont observé que l'opinion de JAEGER est incompatible avec le système légal. Elle n'est guère conciliable, selon GAUGLER (op.cit., p. 393), avec le fait que, de lege lata, le bénéficiaire acquiert, par suite de la réalisation du risque assuré, un droit propre sur la créance que la clause d'assurance lui attribue, lequel n'est plus soumis à aucune condition: il ne reste aux créanciers du preneur dont la succession apparaît insolvable que l'action révocatoire, réservée par l'
art. 82 LCA
, qui leur donne la faculté de revendiquer le capital assuré. ARNDT (La liquidation par l'office des successions insolvables et ses effets sur la désignation du bénéficiaire d'une assurance sur la vie, Revue Suisse d'Assurances, 1945/1946, p. 362/363), dont la cour cantonale adopte l'argumentation, estime que le législateur "a pris position indirectement" en édictant l'
art. 85 LCA
, aux termes duquel, lorsque les bénéficiaires se trouvent être les descendants successibles, le conjoint survivant, le père ou la mère, les grands-parents, les frères ou soeurs, l'assurance leur échoit même s'ils répudient la succession. "Admettre", dit cet auteur, "que le droit du bénéficiaire s'éteint lorsque la succession est insolvable, c'est supprimer toute portée pratique à l'
art. 85 LCA
, dans tous les cas où la succession est obérée": l'
art. 85 LCA
"laisse plutôt supposer que le législateur admettait qu'en vertu de l'
art. 78 LCA
un droit propre, indépendant de la succession, était déjà acquis au bénéficiaire dès le décès de l'assuré et reste acquis, même si la succession était obérée, répudiée et liquidée par l'office".
L'étude de la ratio legis convainc de la pertinence de ce raisonnement.
BGE 112 II 157 S. 164
Comme la recourante l'admet, l'
art. 85 LCA
, analogue à l'
art. 486 al. 3 CC
pour le legs (cf. MEYER, op.cit., p. 273), n'a pas le même objet que l'
art. 79 al. 1 LCA
et ne constitue qu'un complément de l'
art. 83 LCA
. L'alinéa 3 de cette dernière disposition légale dit que, par les héritiers ou ayant cause désignés comme bénéficiaires, il faut entendre d'abord les descendants successibles et le conjoint survivant, puis, s'il n'y a ni descendants successibles, ni conjoint survivant, les autres personnes ayant droit à la succession. Dans l'arrêt précité Banque Populaire Suisse contre hoirs Leemann (
ATF 57 II 216
ss consid. 2), le Tribunal fédéral a expliqué que ce texte donne des règles d'interprétation quant au sens des expressions vagues et générales "mes héritiers" ou mes "ayants cause" utilisées par le preneur d'assurance pour désigner les personnes qui ont droit, au titre de bénéficiaires, au capital assuré en cas de décès. Contrairement à une opinion jadis répandue, partagée notamment par ROELLI dans son projet de 1896, les personnes ainsi désignées sont au bénéfice d'une stipulation spéciale pour autrui et acquièrent une créance propre contre l'assureur, indépendamment de tout droit successoral: elles n'en sont donc pas privées lorsqu'elles répudient la succession. L'
art. 85 LCA
est destiné a délimiter le cercle des proches, en en excluant les ascendants, et surtout les collatéraux, au-delà d'un certain degré. Les parents plus éloignés désignés sous les termes d'"héritiers" ou d'"ayants cause" ne pourront obtenir le bénéfice de l'assurance que s'ils ne répudient pas la succession; en revanche, s'ils ont été désignés clairement (par leur nom ou par une expression qui ne prête pas à équivoque, telle que "mes neveux et nièces"), ils auront droit à la prestation d'assurance jure proprio, soit même s'ils se désintéressent de la succession. L'
art. 85 LCA
amène donc une exception bien précise, dans un cadre rigoureusement tracé, au principe de portée générale de l'
art. 78 LCA
(cf. KÖNIG, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, p. 434; Der Versicherungsvertrag, p. 703/704; FJS 110 p. 8).
Ainsi, le statut des parents les plus éloignés confirme la règle selon laquelle le capital assuré ne tombe pas dans la masse de la succession. Les décisions prises par le Tribunal fédéral dans la cause Banque Populaire Suisse contre hoirs Leemann reposent manifestement sur cette considération (
ATF 57 II 219
ss consid. 4 et 5). Dans cette affaire, il s'agissait de deux contrats d'assurance, dont l'un contenait une clause prévoyant comme bénéficiaires notamment les frères et soeurs et les neveux et nièces de l'assuré,
BGE 112 II 157 S. 165
tandis que, dans l'autre, au contraire, étaient désignés comme bénéficiaires les "héritiers". A la mort du preneur, ses héritiers, soit son frère et vingt neveux et nièces, avaient répudié la succession, qui était liquidée par l'office selon les règles de la faillite. Dans le second contrat, le Tribunal fédéral a dit que le frère était le seul bénéficiaire, dès lors que les neveux et nièces avaient répudié la succession. S'agissant en revanche du premier contrat, comme la désignation était claire et précise, l'
art. 85 LCA
ne s'appliquait pas: par conséquent, a conclu le Tribunal fédéral, les droits qui découlent de l'assurance "appartiennent à tous ceux qui, au jour du décès, possédaient les qualités de frère ou de soeur, de neveu ou de nièce de l'assuré, sans égard au fait qu'ils fussent ou ne fussent pas ses héritiers. Or, il est constant que tous les défendeurs possédaient à ce moment l'une ou l'autre desdites qualités. L'
art. 78 LCA
leur est donc applicable sans restriction et leur créance ne saurait tomber dans la masse de la succession."
On ne peut que s'en tenir à cette jurisprudence. L'examen de la question dans l'optique de l'
art. 79 LCA
le confirme. Il n'est pas possible d'appliquer l'al. 1 de cette disposition quand le preneur n'est pas tombé en faillite de son vivant.
Aux termes de l'
art. 597 CC
, la liquidation des successions insolvables, répudiées expressément ou censées répudiées conformément à l'
art. 566 al. 2 CC
, se fait par l'office selon les règles de la faillite. D'après certains auteurs, la liquidation d'une succession répudiée n'est pas autre chose qu'une faillite et on ne se sert pas de ce terme par égard pour la famille du défunt (FAVRE, Droit des poursuites, 3e éd., p. 288; AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 3e éd., p. 310 No 34; GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, p. 251). Mais l'
art. 193 al. 1 LP
déclare applicables aux successions répudiées les dispositions du titre septième de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, relatives à la procédure de liquidation de la faillite, sans renvoyer au titre sixième, qui en règle les effets matériels (cf.
ATF 82 III 40
). Or, l'
art. 79 al. 1 LCA
a précisément trait à un effet matériel de la faillite.
De toute façon, d'ailleurs, cette disposition légale ne peut pas trouver application même si l'on identifie la liquidation par l'office d'une succession répudiée à un prononcé de faillite. La faillite ne peut porter que sur les biens du failli. Or, comme on l'a vu, au moment du décès du preneur insolvable, le droit découlant de l'assurance se trouve dans le patrimoine du bénéficiaire, à qui il
BGE 112 II 157 S. 166
appartient dès la désignation; quant au droit de révoquer la clause bénéficiaire (
art. 77 al. 1 LCA
), il s'est éteint par la mort du preneur. En conséquence, quand est ouverte la faillite, soit au moment où le jugement la prononce (
art. 175 al. 1 LP
), et non pas lors du décès du preneur, ni lors de la répudiation expresse ou présumée (cf. FAVRE, op.cit., p. 289), il n'y a plus, dans les avoirs du défunt, ni créance d'assurance, ni droit de révocation de la désignation du bénéficiaire. La situation est alors analogue à celle qui est envisagée à l'
art. 79 al. 2 LCA
: du fait de la mort du preneur, la clause bénéficiaire est devenue irrévocable immédiatement, la condition résolutoire qui affecte le droit du bénéficiaire étant devenue caduque; définitivement acquise au bénéficiaire, la créance d'assurance échappe aux créanciers du preneur.
e) Comme l'a remarqué pertinemment ARNDT (op.cit., p. 362), "les partisans de la thèse ... qui tend à supprimer l'attribution au tiers quand la succession est insolvable cèdent davantage à un souci d'équité qu'à l'application stricte d'une règle logique de droit". Or, la cour cantonale observe à juste titre que l'équité n'est pas mieux assurée lorsque le preneur a déclaré la clause bénéficiaire irrévocable selon les prescriptions de l'
art. 77 al. 2 LCA
: dans cette éventualité, la loi, soit l'
art. 79 al. 2 LCA
, permet expressément au preneur de soustraire le droit découlant de l'assurance à l'action de ses créanciers. L'intimée fait valoir avec raison qu'il n'est pas choquant que l'irrévocabilité résultant du décès produise les mêmes effets que l'irrévocabilité consentie par le preneur de son vivant.
Ainsi, les considérations d'équité ne permettent pas, à elles seules, de déroger au système de la clause bénéficiaire tel qu'il est conçu par la loi.
En conclusion, Eli Pinkas, le preneur, n'ayant pas été déclaré en faillite et n'ayant pas révoqué la désignation de Samuel Pinkas avant son décès, la cour cantonale n'a pas violé le droit fédéral en rejetant les prétentions de la recourante dans la mesure où elles étaient fondées sur la loi sur le contrat d'assurance. | mixed |
58751888-4e86-48d7-9f1e-8981ae71c32f | Sachverhalt
ab Seite 230
BGE 118 V 229 S. 230
A.-
Der 1942 geborene Urs W. trat am 18. April 1988 bei der B. AG eine leitende Stelle an. Dieses mit Vertrag vom 27. Oktober 1987 begründete Arbeitsverhältnis wurde seitens der Arbeitgeberin am 9. Dezember 1988 wegen unüberwindbarer Meinungsverschiedenheiten auf den 31. März 1989 aufgelöst.
Während der Vertragsdauer war Urs W. bei der Personalfürsorgestiftung der B. AG vorsorgeversichert, in welche er eine Freizügigkeitsleistung aus dem vorangegangenen Vorsorgeverhältnis von insgesamt Fr. 62'250.40 eingebracht hatte. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses überwies die Personalfürsorgestiftung im April 1989 die Urs W. zustehende Austrittsabfindung von Fr. 69'081.35 auf ein Freizügigkeitssparkonto. Dieser Betrag umfasste die vom Arbeitnehmer geleisteten Beiträge samt Zinsen; nicht eingeschlossen war hingegen eine Einkaufssumme von Fr. 27'723.--, die aufgrund einer besonderen Vereinbarung zwischen Urs W. und der Arbeitgeberin vom 28. Juni 1988 von dieser an die Vorsorgeeinrichtung überwiesen worden war. Die in der Folge von Urs W. erhobene entsprechende Forderung wurde sowohl von der Arbeitgeberin als auch von der Vorsorgeeinrichtung mit der Begründung abgelehnt, die betreffende Einkaufsleistung sei nur unter der Voraussetzung erbracht worden, dass das Arbeitsverhältnis bis zur Pensionierung andauere.
B.-
Am 18. Oktober 1989 liess Urs W. Klage beim Versicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt einreichen mit dem Rechtsbegehren, die Personalfürsorgestiftung der B. AG habe ihm die von der Arbeitgeberin erbrachte Einkaufsleistung von Fr. 27'723.-- zuzüglich Zins auf sein Freizügigkeitssparkonto zu überweisen. Zur Begründung wurde der Sache nach vorgebracht, die B. AG habe sich in der Vereinbarung vom 28. Juni 1988 im Sinne einer internen Schuldübernahme verpflichtet, die geschuldete Einkaufssumme zu erbringen, weshalb diese Leistung nunmehr als eine vom Arbeitnehmer geleistete Einkaufssumme zu behandeln sei.
Das Versicherungsgericht hiess die Klage mit Entscheid vom 12. März 1991 vollumfänglich gut. Dabei hielt es im wesentlichen fest, dass allfällig geschuldete Einkaufssummen aufgrund der konkreten reglementarischen Ordnung der Vorsorgeeinrichtung stets vom Arbeitnehmer zu entrichten seien und die Parteien vorliegendenfalls
BGE 118 V 229 S. 231
nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hätten, eine vom Reglement abweichende Regelung zu treffen.
C.-
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt die Personalfürsorgestiftung der B. AG die Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides und die Abweisung der Klage beantragen, dies unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten von Urs W. in allen Instanzen.
Während Urs W. auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen lässt, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung. Erwägungen
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
(Zuständigkeit)
2.
(Kognition)
3.
Streitig ist, ob die von der Arbeitgeberin aufgrund der Vereinbarung vom 28. Juni 1988 anstelle des Beschwerdegegners geleistete Einkaufssumme von Fr. 27'723.-- in die diesem gemäss Art. 22 des Reglements der beschwerdeführenden Vorsorgeeinrichtung zustehende Austrittsabfindung einbezogen werden muss.
Die Beschwerdeführerin hält vor dem Eidg. Versicherungsgericht an ihrer Darstellung fest, wonach es sich beim strittigen Betrag um eine Arbeitgeberleistung handle, auf die der Beschwerdegegner gemäss der reglementarischen Ordnung infolge der allzu kurzen Dauer des Arbeitsverhältnisses keinen Anspruch erheben könne.
4.
a) Bei den Rechtsbeziehungen, die zwischen dem Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer und der Personalvorsorgeeinrichtung bestehen, gilt es deutlich zwischen dem Arbeitsvertrag einerseits und dem Vorsorgevertrag anderseits zu unterscheiden. Letzterer darf nicht mit dem Arbeitsvertrag im Sinne von
Art. 319 ff. OR
verwechselt oder als Bestandteil desselben angesehen werden (RIEMER, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, 1985, S. 102, N. 13 zu § 4). Ohne Rücksicht auf inhaltliche Unterschiede erweist sich diese Abgrenzung schon deshalb als unumgänglich, weil an den beiden Verträgen je verschiedene Rechtssubjekte beteiligt sind. Während sich im Arbeitsvertrag der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber gegenüberstehen, sind am Vorsorgevertrag der Arbeitnehmer und die rechtlich selbständige Vorsorgeeinrichtung beteiligt.
b) Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine umhüllende Vorsorgeeinrichtung, die nicht nur die gesetzlichen Minimalleistungen gemäss den Vorschriften des BVG erbringt, sondern
BGE 118 V 229 S. 232
weitergehende Leistungen, die dem Bereich der freiwilligen beruflichen Vorsorge zuzuordnen sind (
BGE 117 V 45
Erw. 3b). Wie sich den aufliegenden Freizügigkeitsabrechnungen der vorgängigen Vorsorgeeinrichtung sowie der beschwerdeführenden Personalvorsorgestiftung entnehmen lässt, geht es bei den Freizügigkeitsansprüchen des Beschwerdegegners in erster Linie um solche aus dem überobligatorischen Bereich. Dies gilt auch für die im vorliegenden Verfahren streitige Einkaufsleistung.
Im Bereich der vorliegend betroffenen freiwilligen beruflichen Vorsorge wird das Rechtsverhältnis zwischen einer Vorsorgeeinrichtung und dem Vorsorgenehmer durch den Vorsorgevertrag begründet, der rechtsdogmatisch den Innominatsverträgen (eigener Art) zuzuordnen ist. Als solcher untersteht er in erster Linie den allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechts. Das Reglement stellt den vorformulierten Inhalt des Vorsorgevertrages bzw. dessen Allgemeine Bedingungen dar, denen sich der Versicherte ausdrücklich oder durch konkludentes Verhalten unterzieht (
BGE 116 V 221
Erw. 2 mit Hinweisen). - Dies schliesst nicht aus, dass im Einzelfall auch vom Reglement abweichende Abreden getroffen werden können (RIEMER, Vorsorge-, Fürsorge- und Sparverträge der beruflichen Vorsorge, in: Innominatsverträge, Festgabe zum 60. Geburtstag von Walter R. Schluep, S. 237). Allerdings bedarf es hiefür einer entsprechenden Vereinbarung zwischen der Vorsorgeeinrichtung und dem versicherten Arbeitnehmer, welchem Erfordernis die alleinige arbeitsvertragliche Abrede wesensgemäss nicht zu genügen vermag.
5.
a) Unter dem Titel "Einkauf" hält Art. 10 des Reglements der beschwerdeführenden Personalvorsorgestiftung fest, dass ein eintretendes Mitglied die von der letzten Vorsorgeeinrichtung empfangene Freizügigkeitsleistung in die Kasse einzulegen hat (Ziff. 1). Zusätzlich wird bestimmt, dass ein Mitglied bei Eintritt nach dem 30. Altersjahr mindestens die versicherungstechnisch errechnete Einkaufssumme einzulegen hat (Ziff. 2). Wird ein Teil der Einkaufssumme nicht erbracht, so werden die Alters-, Invaliden- und Witwenrentenansprüche entsprechend gekürzt (Ziff. 4).
Aus dieser Regelung erhellt zunächst, dass ein neu eintretender, mehr als 30 Jahre alter Versicherter zur Leistung der versicherungstechnisch notwendigen und auf dieser Basis ermittelten Einkaufssumme verpflichtet ist. In diesem Sinne ist aufgrund des klaren Wortlauts der reglementarischen Ordnung von einer entsprechenden Verpflichtung und nicht etwa von einer fakultativen Einkaufsmöglichkeit
BGE 118 V 229 S. 233
auszugehen. Daran ändert der Umstand nichts, dass diese Verpflichtung von der Beschwerdeführerin nicht in jedem Falle durchgesetzt, sondern der unterbliebenen Erbringung der Einkaufssumme mit Kürzungen der Vorsorgeansprüche Rechnung getragen wird. Zum andern ergibt sich aus den dargelegten reglementarischen Bestimmungen, dass die Pflicht zur Leistung der Einkaufssumme allein dem eintretenden Arbeitnehmer obliegt, während eine dahingehende Verpflichtung des Arbeitgebers vorsorgerechtlich nicht besteht.
b) Für den Austrittsfall sieht sodann Art. 22 des Reglements in Verbindung mit dem zusätzlichen Freizügigkeitsregulativ vor, dass sich die Austrittsabfindung in jedem Falle aus den vom Mitglied erbrachten Einkaufssummen und seinen Beiträgen aller Art samt Zinsen zusammensetzt. Nach mehr als fünf Beitragsjahren hat das Mitglied zusätzlich Anspruch auf einen Freizügigkeitszuschlag im Sinne eines mit den Beitragsjahren steigenden Anteils an der Differenz zwischen dem Deckungskapital und der gemäss Art. 22 des Reglements berechneten Austrittsabfindung.
Aus dieser Ordnung ergibt sich, dass von der Austrittsabfindung auf jeden Fall sämtliche vom Mitglied erbrachten Einkaufssummen erfasst werden. Da anderseits gemäss Art. 10 des Reglements die Einkaufssumme stets und ausschliesslich vom Mitglied geschuldet und zu erbringen ist, sind folgerichtig grundsätzlich alle erbrachten Einkaufssummen als vom Mitglied geleistet zu betrachten.
c) Es steht ausser Frage, dass im vorliegenden Fall auf der Grundlage von Art. 22 des Reglements eine Austrittsabfindung von Fr. 69'081.35 überwiesen wurde. Der Beschwerdegegner bemängelt einzig, dass darin die von der Arbeitgeberin übernommene Einkaufssumme von Fr. 27'723.-- nicht enthalten war. Im übrigen scheint er selber davon auszugehen, dass die Berechnung der Austrittsleistung in Einklang mit Gesetz und Reglement steht und auch den Anforderungen zu genügen vermag, welche die Rechtsprechung aufgestellt hat (
BGE 114 V 252
Erw. 9), weshalb hierauf nicht weiter einzugehen ist.
6.
a) Aufgrund des Arbeitsvertrages vom 27. Oktober 1987 war der Beschwerdegegner u.a. zum Eintritt in die beschwerdeführende Vorsorgeeinrichtung verpflichtet. Zugleich erhielt er dafür ab Stellenantritt die BVG-Leistungen im bisherigen Rahmen zugesichert. Ergänzend schlossen die Arbeitsvertragsparteien am 28. Juni 1988 eine Zusatzvereinbarung ab, gemäss deren Ziff. 2 sich die Arbeitgeberin zur Übernahme der nicht erbrachten Einkaufssumme von
BGE 118 V 229 S. 234
Fr. 27'723.-- an die Beschwerdeführerin verpflichtete. - Entgegen deren Meinung bezieht sich diese Abmachung offensichtlich auf die in Art. 10 des Reglements enthaltene Einkaufsregelung. Denn, wie dargelegt, wird mit dieser Bestimmung nicht nur eine Verpflichtung des neu eintretenden Mitglieds zur Einbringung der Freizügigkeitsleistung aus dem letzten Vorsorgeverhältnis begründet, sondern auch die zusätzliche Pflicht zur Leistung der versicherungstechnisch errechneten Einkaufssumme, sofern der Eintretende im Eintrittszeitpunkt mehr als 30 Jahre alt ist. Dies traf auf den Beschwerdegegner zu, womit er aufgrund von Art. 10 Ziff. 2 des Reglements eine entsprechende Einkaufsleistung zu erbringen hatte. Vor diesem Hintergrund kann die mit der B. AG am 28. Juni 1988 getroffene Vereinbarung vernünftigerweise nur so verstanden werden, dass sich diese zur Übernahme der gemäss Reglement vom Beschwerdegegner geschuldeten, versicherungstechnisch notwendigen Einkaufssumme bereit erklärte. Dass diese Einkaufsleistung einen anderen Zweck gehabt haben könnte, geht aus den Akten nicht hervor und wird auch von den Parteien nirgends behauptet.
b) Bei der vom Beschwerdegegner mit der Arbeitgeberin am 28. Juni 1988 getroffenen schriftlichen Vereinbarung handelt es sich um eine ergänzende arbeitsvertragliche Abmachung. Die Beschwerdeführerin selbst war an diesem Vertrag weder als Partei beteiligt, noch wird ihr darin ein eigenständiges Forderungsrecht eingeräumt.
Inhaltlich entspricht die in Ziff. 2 der Zusatzvereinbarung enthaltene Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Übernahme der Einkaufssumme einer uneigentlichen Schuldübernahme im Sinne eines Befreiungsversprechens gemäss
Art. 175 Abs. 1 OR
(BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl., S. 581; GUHL/KOLLER/DRUEY, Das Schweizerische Obligationenrecht, 8. Aufl., S. 263). Die Beschwerdeführerin ihrerseits wurde in ihrer Stellung als Gläubigerin der geschuldeten Einkaufssumme von dieser Abmachung nicht betroffen. Da mit einem blossen Befreiungsversprechen kein Schuldnerwechsel einhergeht (GAUCH/SCHLUEP, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 5. Aufl., Bd. II, Rz. 3691), blieben namentlich ihre gemäss Art. 10 des Reglements gegenüber dem Beschwerdegegner bestehenden Rechte unberührt. Völlig zu Recht hat deshalb die Vorinstanz festgehalten, dass durch dieses Befreiungsversprechen keine vorsorgevertraglich bedeutsame Abrede getroffen wurde, aufgrund derer die reglementarische Leistungspflicht des Beschwerdegegners durch eine
BGE 118 V 229 S. 235
gleichlautende Verpflichtung der Arbeitgeberin ersetzt worden wäre. Selbst wenn die Einkaufssumme schliesslich vereinbarungsgemäss von der Arbeitgeberin geleistet wurde, bleibt es dabei, dass diese als - im Verhältnis zur Vorsorgeeinrichtung - aussenstehende Dritte eine Schuld des Beschwerdegegners tilgte. Somit ist die Einkaufsleistung vorsorgerechtlich eine solche des Beschwerdegegners geblieben und folgerichtig im Rahmen von Art. 22 des Reglements als eine vom Mitglied erbrachte Einkaufssumme zu behandeln.
c) Nachdem die Personalfürsorgestiftung in ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorbringt, Kenntnis von der arbeitsvertraglichen Zusatzvereinbarung gehabt und diese genehmigt zu haben, stellt sich zwangsläufig die Frage, ob dadurch nicht eine privative Schuldübernahme im Sinne von
Art. 176 ff. OR
begründet wurde (BUCHER, a.a.O., S. 583; GUHL/KOLLER/DRUEY, a.a.O., S. 264 ff.). Ein solcher Schuldübernahmevertrag zwischen der Beschwerdeführerin als Gläubigerin und der Arbeitgeberin als Übernehmerin wäre gemäss
Art. 176 Abs. 2 und 3 OR
formlos möglich gewesen durch blosse Mitteilung der Schuldübernahme an den Gläubiger und dessen ausdrückliche oder konkludente Annahme. Sie hätte zu einem eigentlichen Schuldnerwechsel geführt (GAUCH/SCHLUEP, a.a.O., Rz. 3715), indem die Arbeitgeberin unter Befreiung des Beschwerdegegners in dessen Schuld gegenüber der beschwerdeführenden Vorsorgeeinrichtung eingetreten wäre.
aa) Die Darstellung der Beschwerdeführerin wird durch die Akten nicht belegt. Insbesondere ist nicht erstellt, dass sie diese Behauptung schon im vorinstanzlichen Verfahren erhoben hätte, denn es finden sich weder in der Klageantwort vom 29. Juni 1990 noch im Protokoll der Hauptverhandlung vom 12. Dezember 1990 entsprechende Ausführungen. - Wie es sich im einzelnen damit verhält, kann indes offenbleiben. Denn selbst wenn von einer eigentlichen Schuldübernahme ausgegangen werden müsste, steht nach Lage der Akten und der eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin fest, dass der in Frage stehende Vertrag zwischen ihr und der Arbeitgeberin formlos abgeschlossen worden wäre. Dem stünde aus schuldrechtlicher Sicht nichts entgegen (
Art. 176 Abs. 2 und 3 OR
). Damit jedoch eine auf diese Weise von der Arbeitgeberin übernommene Einkaufsleistung vorsorgerechtlich zu einem Arbeitgeberbeitrag wird, bedarf es einer entsprechenden Änderung des zwischen den Parteien bestehenden Vorsorgevertrages selbst. Im vorliegenden Fall wäre somit eine Umgestaltung von Art. 10 des Reglements erforderlich gewesen, und zwar in dem Sinne, dass die Arbeitgeberin die reglementarische
BGE 118 V 229 S. 236
Verpflichtung des Beschwerdegegners zur Leistung der versicherungstechnisch notwendigen Einkaufssumme übernommen hätte. Ob auch eine solche vom Reglement abweichende Einzelabmachung völlig formfrei durch stillschweigende oder konkludente Zustimmung zum Schuldübernahmevertrag getroffen werden könnte, ist indes fraglich.
bb) Vorsorgeverträge weisen die besondere Eigenschaft auf, dass sie vom zuständigen Vorsorgeorgan in Gestalt eines Reglements erlassen werden. Sie bedürfen daher notwendigerweise einer schriftlichen Niederlegung, denn aufgrund von
Art. 62 Abs. 1 lit. a BVG
in Verbindung mit
Art. 49 Abs. 2 BVG
und
Art. 89bis Abs. 6 ZGB
hat die Aufsichtsbehörde die Pflicht, die reglementarischen Bestimmungen der Vorsorgeeinrichtungen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gesetz zu überprüfen. Dies setzt voraus, dass das Reglement als vorformulierter Inhalt des Vorsorgevertrages in schriftlicher Form vorliegt (RIEMER, Verträge, a.a.O., S. 236). Im Bereich der obligatorischen Versicherung, die von der Beschwerdeführerin ebenfalls durchgeführt wird, verlangt zudem
Art. 50 Abs. 1 lit. a BVG
von den Vorsorgeeinrichtungen ausdrücklich den Erlass von Bestimmungen über die Leistungen.
Art. 50 Abs. 2 BVG
führt weiter aus, dass diese Bestimmungen in der Gründungsurkunde, in den Statuten, im Reglement oder bei einer Einrichtung des öffentlichen Rechts in den vom zuständigen Gemeinwesen erlassenen Vorschriften enthalten sein können, also auf jeden Fall in einem schriftlich niedergelegten Dokument. Zwar bedarf es hiefür nicht der eigentlichen Schriftform im Sinne der
Art. 12 ff. OR
(RIEMER, Verträge, a.a.O., S. 236), doch ergibt sich aus den dargelegten vorsorge- und aufsichtsrechtlichen Bestimmungen die Notwendigkeit einer Schriftform eigener Art. Dieses Erfordernis entspringt nicht zuletzt dem Interesse und Schutzbedürfnis der Versicherten, die einen Anspruch darauf erheben können, dass die Rechte und Pflichten aus dem Vorsorgeverhältnis in reglementarischer Form schriftlich festgehalten werden.
cc) Was für das Reglement als Vorsorgevertrag ganz allgemein gilt, muss gleichermassen auf Einzelabmachungen Anwendung finden, mit denen vom Reglement abweichende Vereinbarungen getroffen werden. Auch hier verlangen die erwähnten aufsichtsrechtlichen Bestimmungen eine schriftliche Niederlegung der Einzelabmachung. Mit Recht wird im Schrifttum darauf hingewiesen, dass solche Abreden den Grundsatz der Gleichbehandlung der Destinatäre nicht verletzen dürfen und deshalb nur insoweit zulässig sind, als sie sachlich gerechtfertigt werden können (RIEMER, Verträge, a.a.O., S. 237).
BGE 118 V 229 S. 237
Die Einhaltung dieses Grundsatzes lässt sich nur dann überprüfen, wenn die fragliche Abrede schriftlich festgehalten ist. Nur so bleibt die den Aufsichtsbehörden in Zusammenarbeit mit den Kontrollstellen obliegende Rechtmässigkeitsprüfung bezüglich der Geschäftsführung der Vorsorgeeinrichtungen (
Art. 62 Abs. 1 BVG
in Verbindung mit
Art. 53 Abs. 1 BVG
und Art. 35 Abs. 2 BVV2) durchführbar.
dd) Im vorliegenden Fall gebricht es an einer solchen - auf die Abänderung von Art. 10 des Reglements abzielenden - schriftlichen Einzelabrede. Auch die Beschwerdeführerin behauptet nicht, eine derartige Abmachung schriftlich festgehalten zu haben. Ebensowenig kann die vom Beschwerdegegner mit der Arbeitgeberin am 28. Juni 1988 getroffene Zusatzvereinbarung als vorsorgerechtliche Einzelabsprache gewertet werden, zumal das damals gegebene Befreiungsversprechen auf Art. 10 des Reglements - mithin auf den Vorsorgevertrag - ohne Einfluss blieb.
d) Somit wurde das Vorsorgeverhältnis zwischen den am vorliegenden Verfahren beteiligten Parteien selbst bei Annahme eines eigentlichen Schuldübernahmevertrages zufolge fehlender schriftlicher Niederlegung nicht geändert oder ergänzt. Es bleibt daher bei der Geltung von Art. 10 des Reglements, wonach die in die Vorsorgeeinrichtung eingelegte Einkaufssumme als Leistung des Arbeitnehmers zu betrachten ist. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin vermögen hieran weder die Art und Weise der Behandlung der von der Arbeitgeberin erbrachten Einkaufssumme, sei es buchhalterisch, sei es im Rahmen der Lohnabrechnung, etwas zu ändern noch die sich daraus ergebenden steuerrechtlichen Nebenfolgen.
7.
Die Beschwerdeführerin hält im weiteren nach wie vor dafür, die am 28. Juni 1988 zustande gekommene Zusatzvereinbarung sei wegen Grundlagenirrtums unverbindlich.
Nachdem die Arbeitgeberin am 9. Oktober 1989 ihre sämtlichen Ansprüche an die Beschwerdeführerin abgetreten hatte, um dieser die verrechnungsweise Geltendmachung der aus der Unverbindlichkeit fliessenden Rechte zu ermöglichen, wurde die Frage des Willensmangels im Rahmen des vorinstanzlichen Verfahrens einlässlich erörtert. Dabei hat das kantonale Gericht der Berufung auf Grundlagenirrtum aus beachtlichen Gründen nicht stattgegeben. Ob seine Betrachtungsweise standhält, kann indes wiederum dahingestellt bleiben. Denn die Frage des Willensmangels bezieht sich ebenso wie diejenige nach der rechtlichen Grundlage (causa) der Schuldübernahmeverpflichtung auf das arbeitsvertragliche Verhältnis zwischen
BGE 118 V 229 S. 238
dem Beschwerdegegner und seiner damaligen Arbeitgeberin, worüber im Rahmen des Verfahrens nach
Art. 73 BVG
nicht zu befinden ist. Zwar kommt dem mit vorsorgerechtlichen Streitigkeiten befassten Richter die Befugnis zur vorfrageweisen Prüfung arbeitsvertraglicher Fragen zu, sofern dies für die von ihm zu beurteilenden Ansprüche von Belang ist (
BGE 116 V 342
; WALSER, Der Rechtsschutz der Versicherten bei Rechtsansprüchen aus beruflicher Vorsorge, in: Festschrift 75 Jahre EVG, S. 479 f.). Genau dies trifft indes im vorliegenden Fall nicht zu: Da unbestrittenerweise kein Barauszahlungstatbestand im Sinne von
Art. 30 Abs. 2 BVG
und
Art. 331c Abs. 4 OR
vorliegt, hat die dem Beschwerdegegner zustehende Austrittsabfindung in gebundener Form zu erfolgen. Diesbezüglich lässt die Rechtsprechung die Verrechnung einer vom Arbeitgeber an die Vorsorgeeinrichtung abgetretenen Forderung mit einer in gebundener Form zu erbringenden Freizügigkeitsleistung aufgrund des gesetzlich bezweckten Vorsorgeschutzes - vorbehältlich einer hier nicht gegebenen Ausnahme (
Art. 39 Abs. 2 BVG
) - nicht zu (
BGE 114 V 41
Erw. 3b,
BGE 111 II 168
Erw. 2; SZS 35/1991 S. 32 ff.). Damit ist es der Beschwerdeführerin von vornherein verwehrt, den an sie abgetretenen Rückforderungsanspruch der Arbeitgeberin gegenüber dem Beschwerdegegner zur Verrechnung zu bringen, weshalb sie auch mit ihrer Eventualbegründung nicht durchzudringen vermag.
8.
Die Beschwerdeführerin ficht den kantonalen Gerichtsentscheid auch insoweit an, als sie darin zur Leistung einer Parteientschädigung an den Beschwerdegegner und zur Übernahme der Gerichtskosten verhalten worden ist.
a) In Anwendung von
Art. 128 OG
in Verbindung mit
Art. 97 OG
und
Art. 5 VwVG
hat das Eidg. Versicherungsgericht erkannt, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Entscheide, die sich auf kantonales Verfahrensrecht stützen, nicht zulässig ist (
BGE 112 V 110
Erw. 2c). Dies ist namentlich bei Entscheiden der Fall, mit denen eine Partei in Streitigkeiten - für welche die Bundesgesetzgebung keinen Anspruch auf Parteientschädigung vorsieht - von der kantonalen Instanz zur Bezahlung einer solchen Entschädigung verpflichtet wird. Auch im Bereich der beruflichen Vorsorge existiert keine bundesrechtliche Regelung der Parteientschädigung.
Art. 73 Abs. 2 BVG
verlangt lediglich im Sinne von Mindestanforderungen, denen das kantonale richterliche Verfahren zu genügen hat, dass dieses einfach, schnell und in der Regel kostenlos sein muss. Daraus hat das Eidg. Versicherungsgericht in gefestigter Rechtsprechung
BGE 118 V 229 S. 239
abgeleitet, dass es - vorbehältlich einer hier nicht zutreffenden Ausnahme (vgl.
Art. 159 Abs. 6 OG
) - nicht befugt ist, kantonale Entscheide in BVG-Streitigkeiten bezüglich der Parteientschädigung zu überprüfen (ZAK 1987 S. 384 Erw. 2b; unveröffentlichte Urteile K. vom 7. September 1992, W. vom 14. Februar 1992 und IDC vom 5. März 1990).
Soweit sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die im vorinstanzlichen Verfahren verlegte Parteientschädigung richtet, kann somit darauf nicht eingetreten werden.
b) Einzutreten ist indes auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde insoweit, als sie sich gegen die Auferlegung der Gerichtskosten richtet. Denn nach einem kürzlich ergangenen Grundsatzurteil des Eidg. Versicherungsgerichts richtet sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen vom bundesrechtlichen Grundsatz der Kostenfreiheit (
Art. 73 Abs. 2 BVG
) abzuweichen ist, auch im Bereich der beruflichen Vorsorge ausschliesslich nach Bundesrecht. Zugleich ist die Einschränkung der Kostenfreiheit im Sinne eines allgemeinen prozessualen Grundsatzes des Bundessozialversicherungsrechts auf die Fälle mutwilliger oder leichtsinniger Prozessführung beschränkt worden (
BGE 118 V 316
). - Entgegen der Vorinstanz können daher wegen besonderer Aufwendigkeit oder Schwierigkeit von Bundesrechts wegen keine Verfahrenskosten auferlegt werden, sondern nur noch wegen Mutwilligkeit oder Leichtsinnigkeit. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt, womit sich die angefochtene Kostenauferlegung als bundesrechtswidrig erweist und die Verwaltungsgerichtsbeschwerde insoweit gutzuheissen ist. | mixed |