id
int64 58.9k
347k
| file_number
stringlengths 2
100
| slug
stringlengths 19
56
| ecli
stringlengths 0
46
| date
timestamp[s] | court
dict | type
stringclasses 59
values | tenor
sequencelengths 0
6.07k
| tatbestand
sequencelengths 0
1.67k
| gründe
sequencelengths 0
9.06k
| entscheidungsgründe
sequencelengths 0
1.32k
| references
dict |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
316,051 | 9 U 216/76 | olgham-1976-12-14-9-u-21676 | ECLI:DE:OLGHAM:1976:1214.9U216.76.00 | 1976-12-14T00:00:00 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Urteil | [
"Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn vom 25. Juni 1976 wird zurückgewiesen.",
"Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.",
"Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar."
] | [
"Die Klägerin nimmt die am 20. März 1962 geborene Beklagte aus übergegangenem Recht (§ 1542 RVO) auf Ersatz von Leistungen in Anspruch, welche sie als Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung an ihr Mitglied ... aufgrund eines Unfalls vom 5. Juni 1975 erbracht hat, bei dem ... von dem Balkon der Obergeschosswohnung des Wohnhauses ... stürzte.",
"Die Beklagte ist seit dem 15. Februar 1974 Eigentümerin dieses Hauses; bezüglich des hier streitigen Schadensrisikos ist sie nicht haftpflichtversichert. Vorher war von 1968 an ihr Vater Eigentümer. Sie selbst wohnt mit ihren Eltern nicht in diesem Hause. Die Erdgeschosswohnung war an ... und die Obergeschosswohnung an ein Fräulein ... vermietet, mit der ... seit längerem eng befreundet war und mit der er in der Obergeschosswohnung zusammenlebte.",
"Die Klägerin hat behauptet: Der Unfall habe sich dadurch ereignet, daß sich ... leicht an die Balkonbrüstung des zur Wohnung ... gehörigen Balkons gelehnt habe. Dadurch sei ein Teil der Balkonbrüstung abgebrochen. ... sei dabei aus einer Höhe von ca. 3,50 m abgestürzt, da er sich nirgends habe festhalten können. Der Brüstung sei vorher nicht anzusehen gewesen, daß sie nicht mehr sicher gewesen sei. Sie habe nur deshalb abbrechen können, weil die Beklagte es unterlassen habe, in gehöriger Weise für die Unterhaltung auch dieses Gebäudeteiles zu sorgen. ... habe bei dem Unfall eine Brustkorbprellung, eine Beckenprellung sowie einen Bruch des rechten Handgelenks und eines Fingers der rechten Hand erlitten. Sie, die Klägerin, habe für ihn an Heilungskosten insgesamt 3.971,90 DM aufgewandt.",
"Die Klägerin hat gemeint, die Beklagte hafte gemäß §§ 836, 829 BGB auf Ersatz der Heilungskosten.",
"Sie hat beantragt,",
"die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.971,90 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 11. August 1975 zu zahlen.",
"Die Beklagte hat beantragt,",
"die Klage abzuweisen.",
"Sie hat behauptet: Der Unfall habe sich ereignet, als ... Möbel oder Verpackungsmaterial über den Balkon transportiert habe, ohne sich vorher zu vergewissern, ob die dabei offensichtlich übermäßig beanspruchte Balkonbrüstung dies aushalten werde. Bei dem Möbeltransport sei die Balkonbrüstung beschädigt und dadurch der Unfall herbeigeführt worden.",
"Im übrigen hat die Beklagte geltend gemacht: Sie sei gemäß § 828 Abs. 2 BGB für den Schaden nicht verantwortlich, da sie zur Unfallzeit nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Reife gehabt habe. Eine Ersatzpflicht aus Billigkeitsgründen nach § 829 BGB sei schon deshalb nicht gegeben, weil die Klägerin im Verhältnis zu ihr sehr vermögend sei. Ihr, der Beklagten, Vater habe den Balkon gemäß Rechnung vom 8.5.1973 durch zuverlässige Handwerker instandsetzen lassen. Weder ... noch Fräulein ... hätten als Mieter irgendwelche Schäden an dem Hause angezeigt, obwohl sie hierzu nach dem Mietvertrag verpflichtet gewesen wären; im Zusammenhang mit der Vorbereitung einer Hausrenovierung hätten sie vielmehr auf Befragen ausdrücklich erklärt, am Balkon seien keine Instandsetzungsarbeiten erforderlich. Schließlich hat die Beklagte die Schadenshöhe als unsubstantiiert bestritten.",
"Das Landgericht hat durch das angefochtene Urteil die Klage abgewiesen und in den Gründen ausgeführt: Eine Haftung der Beklagten gemäß §§ 836, 823 BGB entfalle gemäß § 828 Abs. 2 BGB. Auch eine Billigkeitshaftung gemäß § 829 BGB komme nicht in Betracht. Der Klägerin stehe auch kein auf sie übergegangener Schadensersatzanspruch des ... aus dem Gesichtspunkt des Vertrages mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter zu. Es sei schon zweifelhaft, ob der Verletzte ... überhaupt in den Schutzbereich des Mietvertrages zwischen der Beklagten und der Mieterin ... einbezogen gewesen sei. Auf jeden Fall lasse sich allein aus der Tatsache, daß die Balkonbrüstung abgebrochen sei, keine Vertragsverletzung der Beklagten herleiten, zumal die Klägerin selbst vortrage, daß man der Balkonbrüstung die mangelnde Sicherheit nicht habe ansehen können.",
"Gegen dieses Urteil, auf dessen weiteren Inhalt Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Klagebegehren weiterverfolgt. Sie meint, ... habe in Bezug auf die mietvertraglichen Schutzpflichten der Beklagten die gleiche Stellung eingenommen, als wenn Angehörige der Mieterin ... bei dieser gewohnt hätten. Die bloße Tatsache, daß ... und Fräulein ... nicht verheiratet gewesen seien, sei unerheblich. Beide hätten sich tagsüber meistens in der Wohnung ... und nachts in der Wohnung ... aufgehalten und einen gemeinsamen Haushalt geführt. Im übrigen spreche eine tatsächliche Vermutung dafür, daß die mangelnde Standsicherheit der Balkonbrüstung von der Beklagten bzw. ihren Eltern zu vertreten sei.",
"Die Klägerin hat beantragt,",
"abändernd die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.971,90 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 11. August 1975 zu zahlen, hilfsweise, ihr für den Fall einer revisionsfähigen Entscheidung nachzulassen, jede Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung, auch in Form selbstschuldnerischer Bürgschaft einer Großbank oder öffentlichen Sparkasse, oder durch Hinterlegung abzuwenden.",
"Die Beklagte beantragt,",
"1)",
"die Berufung zurückzuweisen,",
"2)",
"ihr bei einer revisionsfähigen Entscheidung nachzulassen, jede Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abzuwenden,",
"3)",
"falls der Klägerin Vollstreckungsnachlaß gewährt werde, gemäß § 713 Abs. 2 2. Halbsatz ZPO auszusprechen, daß das Urteil auch bei Sicherheitsleistung durch die Klägerin für die Beklagte vorläufig vollstreckbar ist, sofern diese ihrerseits Sicherheit leiste, welche hiermit angeboten werde.",
"Sie tritt der Rechtsansicht der Klägerin entgegen und macht noch geltend: Die von der Klägerin behauptete Art der gemeinsamen Wohnungsbenutzung durch ... und Fräulein ... sei der Beklagten und ihren Eltern nicht bekannt; diese hätten nur allgemein gewußt, daß beide ein enges Verhältnis miteinander unterhalten hätten, so daß sich daraus die naheliegende Schlußfolgerung ergebe, daß sich beide häufig gegenseitig in ihren Wohnungen besuchten. Mehr sei ihnen, die in einem anderen Stadtteil wohnten, nicht bekannt gewesen.",
"Im übrigen wiederholen und ergänzen die Parteien ihr bisheriges Vorbringen, wegen dessen näherer Einzelheiten auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen wird.",
"Die Klägerin hat den Eheleuten ..., den Streit verkündet."
] | [] | [
"Die Berufung ist unbegründet. Der Klägerin stehen weder auf sie übergegangene Ansprüche des ... gemäß §§ 836, 823, 828 Abs. 2, 829 BGB noch vertragliche Schadensersatzansprüche aus dem zwischen der Beklagten und Fräulein ... geschlossenen Mietvertrag zu.",
"Bezüglich eines etwaigen Anspruchs aus unerlaubter Handlung (§§ 836, 823 BGB) hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, daß die Beklagte nicht die zur Erkenntnis ihrer Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht gehabt hat, § 828 Abs. 2 BGB; für ihre gesetzlichen Vertreter haftet die Beklagte weder aus §§ 823, 831 BGB, weil die gesetzlichen Vertreter nicht zu einer Verrichtung bestellt sind (RGZ 159, 283, 292; Erman/Drees, 6. Aufl., § 831 BGB Rz. 14, 22), noch aus § 836 BGB (RG JW 1915, 580; LZ 1915, 1004; Geigel, Haftpflichtprozeß, 16. Aufl., Seite 586 Rz. 11). Das wird von der Klägerin auch nicht in Zweifel gezogen, die insoweit lediglich meint, es entspreche der Billigkeit, daß die Beklagte wenigstens einen Teil des Schadens trage.",
"Zu Recht hat das Landgericht indes die Voraussetzungen einer etwaigen Ersatzpflicht der Beklagten aus § 829 BGB verneint. Nach dieser Vorschrift hat derjenige, der in einem der in den §§ 823 bis 826 BGB bezeichneten Fälle für einen von ihm verursachten Schaden aufgrund des § 828 BGB nicht verantwortlich ist, gleichwohl - sofern der Ersatz des Schadens nicht von einem aufsichtspflichtigen Dritten erlangt werden kann - den Schaden insoweit zu ersetzen, als die Billigkeit nach den Umständen, insbesondere nach den Verhältnissen der Beteiligten, eine Schadloshaltung erfordert und ihm nicht die Mittel entzogen werden, deren er zum angemessenen Unterhalte sowie zur Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf. Diese Bestimmung ist entsprechend auf die Fälle des § 836 BGB anzuwenden, da es sich hier um einen gleichwertigen Tatbestand - nämlich eine unerlaubte Handlung im Sinne des § 823 BGB - handelt und lediglich eine abweichende Regelung der Beweislast getroffen ist (Erman/Drees, a.a.O., §§ 829 und 836 BGB, jeweils Rz. 1; Palandt/Thomas, 35. Aufl., § 829 BGB Anm. 4 und § 836 BGB Anm. 1; Medicus, Studienkommentar zum BGB, § 829 Anm. 3).",
"Es kann dahingestellt bleiben, ob überhaupt im übrigen die Voraussetzungen des § 836 BGB oder des § 823 BGB vorliegen, ob sich der Unfall in der von der Klägerin behaupteten Weise ereignet hat und ob, falls die Beklagte als erwachsener normaler Mensch für ihr Tun voll verantwortlich sein würde, sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand einer unerlaubten Handlung verwirklicht wäre oder ob bewiesen werden könnte, daß die zum Zwecke der Abwendung der Gefahr im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet worden ist (§ 829 BGB ist nämlich auch dann nicht anzuwenden, wenn die Schuld des Täters aus anderen als den in §§ 827, 828 BGB bezeichneten Gründen nicht gegeben ist, BGH NJW 1958, 1630, NJW 1962, 2201 und NJW 1963, 1609). Immerhin war nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin der Balkonbrüstung eine mangelnde Sicherheit nicht anzusehen. Schließlich kann es auch offen bleiben, ob nicht eine Schadensersatzpflicht eines aufsichtspflichtigen Dritten in Betracht kommt. Denn auf jeden Fall wäre eine Ersatzpflicht der Beklagten gemäß § 829 BGB deswegen zu verneinen, weil die Billigkeit eine solche nicht erfordert.",
"Die grundsätzliche Entscheidung des Gesetzes, daß schuldunfähige Personen nicht ersatzpflichtig sind, darf nicht schon durch das Billigkeitsurteil des § 829 BGB korrigiert werden, wenn die Billigkeit, etwa im Hinblick auf die beiderseitigen Vermögensverhältnisse, dieses erlaubt. Vielmehr muß die Billigkeit diese Korrektur (ganz oder teilweise) erfordern, wie schon der Wortlaut des Gesetzes und die Einschränkung zeigt, daß der Geschädigte nicht Ersatz bei einem Aufsichtspflichtigen darf erlangen können (BGH NJW 1969, 1762 und NJW 1973, 1795). Seine \"Bedürftigkeit\" ist daher mindestens ebenso Voraussetzung einer Haftung aus 829 BGB wie die \"Leistungsfähigkeit\" des Schädigers. Um das Billigkeitsurteil zutreffend fällen zu können, bedarf es der Würdigung der gesamten Umstände des Haftpflichtfalles, wobei die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten als einer der Beurteilungsfaktoren zu berücksichtigen sind, daneben aber, auch die Besonderheiten der den Schaden auslösenden Handlung (BGH NJW 1957, 674 - VersR 1957, 218 und NJW 1969, 1762).",
"Über die Vermögensverhältnisse ihres Mitglieds ... hat die Klägerin gar nichts dargelegt, nicht einmal seine berufliche Tätigkeit. Bezüglich der Beklagten hat sie nur vorgebracht, daß diese Grundstückeigentümerin sei. Letzteres ist aber für sich allein nichtssagend, da weder der Gebäudewert noch die Mieteinnahmen bekannt sind. Nach dem Inhalt der Grundakten ist bei der notariellen Übertragung des Hausgrundstücks auf die Beklagte der Verkehrswert mit 50.000,- DM angegeben worden; für die Eltern der Beklagten ist ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht eingetragen, beginnend mit der Vollendung des 18. Lebensjahres der Beklagten, also am 20.3.1980. Der Senat sah keine Veranlassung, der Klägerin gemäß § 139 ZPO eine Ergänzung ihres Vorbringens anheimzustellen, da bereits in dem angefochtenen Urteil ausgeführt ist, es sei nicht hinreichend dargetan, wieso hier eine Haftung der Beklagten der Billigkeit entsprechen solle. Demgemäß kann nicht davon ausgegangen werden, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse des ... und der Beklagten eine Billigkeitshaftung der Beklagten erfordern würden.",
"Im übrigen wäre bezüglich der wirtschaftlichen Verhältnisse aber auch zu berücksichtigen, daß die Beklagte gegen das hier streitige Schadensrisiko nicht haftpflichtversichert ist, während der hier streitige Schaden des Geschädigten ... von einem Sozialversicherungsträger getragen worden ist, der zudem nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin keinen Bankkredit in Anspruch nimmt, seine überschüssigen Gelder vielmehr zinsbringend (angeblich im Schnitt zu 8 %) anlegt. Werden aber die Schäden des Geschädigten von einem Sozialversicherungsträger getragen, während der schuldunfähige Schädiger nicht haftpflichtversichert ist, so kann die Billigkeitsregelung des § 829 BGB nur sehr begrenzt herangezogen werden. Auch dieser Gesichtspunkt spricht vorliegend gegen eine Billigkeitshaftung der Beklagten.",
"Schließlich zeigt aber auch die Besonderheit der den Schaden nach der Behauptung der Klägerin auslösenden Handlung keinen so schweren Verantwortungsbeitrag der Beklagten, daß er eine Billigkeitshaftung nach § 829 BGB erfordern würde. Unstreitig war der Balkonbrüstung die mangelnde Festigkeit nicht anzusehen und ist sie auch von Schäpermeier nicht erkannt worden, obwohl er nach dem Vorbringen der Klägerin tagsüber dauernd mit Fräulein ... in deren Obergeschosswohnung zusammenlebt und daher jedenfalls im allgemeinen die örtlichen Verhältnisse genau kannte.",
"Nach alledem würden schon die Gesamtumstände nicht zu einer Billigkeitshaftung der Beklagten gemäß § 829 BGB führen.",
"Da dem Mitglied ... der Klägerin kein vertraglicher Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zustand, konnte ein solcher auch nicht gemäß § 1542 RVO auf die Klägerin übergehen.",
"Allerdings hätte die Mieterin ..., falls sie selbst durch eine Mangelhaftigkeit der Balkonbrüstung geschädigt worden wäre, bei Verschulden der Beklagten, die im Rahmen des Mietvertrages gemäß § 278 BGB für ihre gesetzlichen Vertreter einzustehen hätte, nach § 538 BGB einen Schadensersatzanspruch, falls dieser nicht gemäß § 539 BGB wegen Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des Mangels ausgeschlossen wäre. In der Rechtsprechung ist es anerkannt, daß auch dritte, an einem Vertrag nicht unmittelbar beteiligte Personen in den Schutzbereich eines Vertrages einbezogen werden können. Ihnen gegenüber ist dann der Schuldner zwar nicht zur Leistung, wohl aber unter Umständen zum Schadensersatz verpflichtet. Zu den Verträgen mit Schutzwirkung zugunsten Dritter gehört insbesondere auch der Mietvertrag (BGH NJW 1964, 33; NJW 1965, 1757; Betrieb 1968, 349; JZ 1968, 304; NJW 1968, 694 und 885, 887; NJW 1973, 2059, 2061). Die Einbeziehung Dritter in die Schutzwirkung eines Vertrages beruht darauf, daß - dem Schuldner erkennbar - mit seiner Leistung ein Dritter in Berührung kommt, dem gegenüber der Gläubiger in dem Bereich, in den das Schuldverhältnis hineinragt, seinerseits fürsorge- und obhutspflichtig ist. Dann nämlich entspricht es Sinn und Zweck des Vertrages sowie Treu und Glauben, daß dem Dritten der Schutz des Vertrages in gleicher Weise zugute kommt wie dem Gläubiger selbst. Steht diesem aber - wie z.B. einem Mieter - ein Schadensersatzanspruch bei eigener Schädigung zu, so kann für den Dritten nichts anderes gelten. Das bedeutet keine nicht zu rechtfertigende Ausdehnung der Garantiehaftung des Vermieters auf eine unübersehbare Zahl von Personen, vielmehr kann der Schutzbereich nur auf diejenigen Personen ausgedehnt werden, von denen bei Vertragsschluß angenommen werden muß, daß der Mieter ihnen den selben Schutz zukommen lassen will, wie er ihm selbst im Rahmen des Vertrages zusteht (BGH NJW 1968, 887).",
"Der Bundesgerichtshof hat wiederholt darauf hingewiesen, daß der Kreis derjenigen Personen, die in den Schutzbereich eines Vertrages einbezogen können, eng zu begrenzen ist (vgl. die oben angeführten Entscheidungen). Ein derartiges Fürsorgeverhältnis des Mieters zu Dritten ist bei dem Vater gegenüber den Familienangehörigen (NJW 1964, 34) und bei dem Mieter gegenüber Hausangestellten oder sonstigen Hilfspersonen, die nach dem Inhalt des Mietvertrages bestimmungsgemäß an dem Gebrauch der Mietsache teilhaben oder ihn gar anstelle des Mieters für sich ausüben (BGH NJW 1973, 2059, 2061), bejaht worden. Dabei ist allgemein darauf abzustellen, daß der Mieter für das \"Wohl und Wehe\" des Dritten mitverantwortlich sein und Anlaß haben muß, auf dessen Sicherheit ebenso bedacht zu sein wie auf seine eigene (BGH NJW 1964, 35). Nach der Literatur fallen nicht unter die Schutzwirkung eines Mietvertrages Besucher oder zufällige Kontaktpersonen des Mieters (Erman/Westermann, a.a.O., § 328 BGB Rz. 12) bzw. Lieferanten oder Gäste (Palandt-Heinrichs a.a.O., § 328 BGB Anm. 3, a, ii).",
"Das Mitglied ... der Klägerin fiel aus mehreren Gesichtspunkten nicht unter den Schutzbereich, des zwischen der Beklagten und der Mieterin ... bestehenden Mietvertrages:",
"a)",
"In den von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen bestand durchweg eine Fürsorgepflicht des Mieters gegenüber dem Geschädigten Dritten, sei es aufgrund der familienrechtlichen Vorschriften oder im Hinblick auf § 618 BGB. Dieser Fürsorgepflicht entsprechen Treuepflichten des anderen Teils, die bei den familienrechtlichen Verhältnissen in den §§ 1353 ff, 1601 ff, 1626 ff BGB gesetzlich normiert und in einem Arbeitsverhältnis (vgl. hierzu Erman/Sirp, a.a.O., § 242 BGB Rz. 61 ff; Palandt/Putzo, a.a.O., § 611 BGB Anm. 8) aufgrund des § 242 BGB besonders ausgeprägt sind. Demgegenüber war aber das bloße Zusammenleben des Mitglieds ... der Klägerin mit Fräulein ... durch eine beiderseitige völlige Bindungslosigkeit gekennzeichnet, die noch dadurch offenbarer wird, daß nicht einmal eine vertragliche Beziehung in Form eines Verlöbnisses behauptet wird. Dieses bloße Zusammenleben begründete kein gesetzliches Treue- und Fürsorgeverhältnis, keine gegenseitige Unterhalts- oder Beistandspflicht in Notfällen und konnte jederzeit ohne Angabe von Gründen einseitig aufgelöst werden, ohne daß einer auf den anderen dahin Rücksicht zu nehmen hatte, ob dieser hierdurch wirtschaftlich oder sonstwie hart getroffen wurde. Wenn beide aber durch bloßes Zusammenleben eine Beziehung eingehen, die von der Rechtsordnung nicht besonders vorgesehen und geschützt, sondern allenfalls in gewissem Umfange toleriert wird, so haben sie damit selbst Verhältnisse geschaffen, die außerhalb des besonderen Schutzbereiches stehen, auf die sich noch der Mietvertrag erstreckt. Deshalb war ... nicht in den Schutzbereich des Mietvertrages einbezogen.",
"b)",
"Im übrigen fiel ... auch deshalb nicht unter den durch den Mietvertrag geschützten Personenkreis, weil ein Vermieter es nicht generell zu dulden braucht, daß eine Mieterin einen Partner aufnimmt, mit dem sie ehelos zusammenlebt. Zwar ist ein Mieter berechtigt, nahe Familienangehörige in die Wohnung aufzunehmen (BGH WarnRspr. 1970 Nr. 66); jedoch ist die eigenmächtige Aufnahme eines Partners zum Zwecke des bindungslosen Zusammenlebens ein vertragwidriger Gebrauch im Sinne des § 353 BGB. Zu Unrecht hat das Landgericht Bonn gemeint (NJW 1975, 1690), die Abwägung der Interessen des Vermieters und des Mieters könne im Einzelfall dazu führen, daß das Interesse des Mieters an der Fortführung der eheähnlichen Beziehungen in der Mietwohnung das Interesse des Vermieters an der Durchsetzung seiner Moralauffassung überwiege. Wenn Schickedanz gar meint (NJW 1975, 1891), aus Artikel 6 Abs. 1 des Grundgesetzes unter dem Gesichtspunkt der Eheschließungsfreiheit auch die \"vorehelichen Aktivitäten des Suchens und gemeinsamen Versuchens\" als verfassungsrechtlich geschützt anzusehen, so ist das schlechthin abwegig und pervertiert den grundgesetzlichen Schutz von Ehe und Familie. Im übrigen wäre es dem Vermieter auch weder möglich noch zumutbar, Erhebungen darüber anzustellen, ob es sich bei dem Dritten um den Verlobten oder den \"ernsthaften Partner vorehelicher Aktivitäten\" oder um einen bindungslosen Geschlechtspartner handelt.",
"Allerdings bedeutet, wie Gernhuber (Familienrecht, 2. Aufl., § 5 I, 1) zutreffend ausführt, der Schutz der Ehe noch kein verfassungsrechtliches Verbot der \"freien Lebensgemeinschaft\". Mögen auch manche Vermieter gegen die Vermietung an ein unverheiratetes Paar oder gegen die Aufnahme eines \"freien Partners\" keine Bedenken haben und mag ein derartiges Zusammenleben auch teilweise praktiziert werden, so ändert das doch nichts an der Tatsache, daß auch heute noch ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung daran Anstoß nimmt. Auch der Vermieter hat Anspruch auf Gewissensfreiheit und freie Entfaltung seiner Persönlichkeit. Demjenigen, der das Zusammenleben eines unverheirateten Paares als sittlich nicht zu rechtfertigen erachtet, muß es frei stehen, sich eines Mieters zu entledigen, der sich über diese auf beachtenswerte Grundwerte zurückzuführende Haltung einseitig hinwegsetzen will. Zur Entfaltung der freien Persönlichkeit des Vermieters gehört es, daß er seine Auffassung darüber, was in seinem Hause geschieht, frei vertreten und durchsetzen kann (so zutreffend Händel NJW 1975, 521). Wenn tatsächlich - wie von der Gegenmeinung behauptet wird - die Zahl derer wächst, die bei sozialethischer Betrachtung einem ehelosen Zusammenleben positive Aspekte abgewinnt, so ist es einem Mieter umso eher zumutbar, sich eventuell eine andere Wohnung bei einem \"toleranten\" Vermieter zu suchen, als seinerseits Toleranz einseitig zu postulieren und dem Vermieter die Duldung eines Konkubinates aufzuzwingen.",
"War demnach die Beklagte als Vermieterin nicht von vornherein verpflichtet, die Aufnahme des ... durch Fräulein ... zu dulden, so unterfiel ... auch nicht zu Lasten der Beklagten den Schutzwirkungen des mit Fräulein ... geschlossenen Mietvertrages.",
"Unerheblich ist es insoweit, ob die Beklagte bzw. ihre Eltern entsprechend ihrer Behauptung von dem Zusammenleben keine Kenntnis gehabt haben. Denn selbst wenn sie dieses Zusammenleben geduldet haben sollten, führte das nicht zu einer Einbeziehung des Schäpermeier in den Schutzbereich des Mietvertrages.",
"Demgemäß war die Berufung zurückzuweisen. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Nr. 7 ZPO.",
"Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlaß, da die gesetzlichen Voraussetzungen des § 546 Abs. 1 ZPO nicht vorliegen. Zum einen weicht die vorliegende Entscheidung des Senats nicht von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes ab. Zum anderen hat die Rechtssache aber auch keine grundsätzliche Bedeutung. Die Zulassungsvoraussetzung der \"grundsätzlichen Bedeutung\" ist bereits durch die Rechtsprechung zu der früheren Fassung des § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO und den entsprechenden Bestimmungen anderer Verfahrensordnung weithin ausgefüllt. Sie fand mit der Verordnung vom 15.1.1924 zum Zwecke der Beschränkung der Revision in Ehesachen erstmals, wenn auch nur vorübergehend, Eingang in den Zivilprozeß und ist seit Inkrafttreten des Arbeitsgerichtsgesetzes 1926 Gegenstand des arbeitsgerichtlichen Revisionsrechts. Die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes \"grundsätzliche Bedeutung\" hat sich im wesentlichen an den Hauptaufgaben des Revisionsgerichts, nämlich die Wahrung der Rechtseinheit und die Fortbildung des Rechts, zu orientieren. Erforderlich ist daher das Vorliegen einer klärungsbedürftigen Frage von grundsätzlicher und damit allgemeiner Bedeutung (BGH NJW 1951, 762; BVerwG NJW 1962, 218). Unter \"allgemeiner Bedeutung\" ist dabei zu verstehen, daß sich die Auswirkungen der Entscheidung in quantitativer Hinsicht nicht in einer Regelung der Beziehungen der Parteien oder in einer von vornherein überschaubaren Anzahl gleich gelagerter Angelegenheiten erschöpfen dürfen, sondern eine unbestimmte Vielzahl von Fällen betreffen müssen (BFH 89, 117, 119). In qualitativer Hinsicht dürfen die Auswirkungen der Entscheidung nicht nur auf tatsächlichem Gebiet liegen. Immer muß es sich um das abstrakte Interesse der Gesamtheit, der Einheit und Entwicklung des Rechts handeln und nicht um das Interesse eines Einzelnen oder um einen sogenannten Musterprozeß zur höchstrichterlichen Entscheidung zu bringen (BAG 2, 26; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 34. Aufl., § 546 ZPO Anm. 2).",
"Nach diesen Grundsätzen kann keine Zulassung der Revision erfolgen. Die Auffassung des Senats zu § 829 BGB entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, ebenso die Rechtsauffassung, daß der Kreis derjenigen Personen, die in den Schutzbereich eines Vertrages einbezogen werden können, eng zu begrenzen ist. Die Rechtsfrage, daß ein in bindungsloser Gemeinschaft aufgenommener Partner nicht zu diesem Kreis gehört, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die weiteren Ausführungen, daß ein Vermieter es nicht generell zu dulden braucht, daß eine Mieterin einen Partner aufnimmt, mit dem sie ehelos zusammenlebt, ist nur eine zusätzliche Begründung für die Rechtsauffassung des Senats, auf die sich die vorliegende Entscheidung also nicht allein stützt.",
"Mangels Zulassung der Revision entfiel auch die Anordnung von Vollstreckungsnachlaß (§ 713 a ZPO)."
] | {
"law": [
"§§ 836, 823, 828 Abs. 2, 829 BGB",
"§ 618 BGB",
"§ 546 Abs. 1 ZPO",
"§§ 1353 ff, 1601 ff, 1626 ff BGB",
"§ 828 Abs. 2 BGB",
"§ 829 BGB",
"§§ 829 und 836 BGB",
"§ 828 BGB",
"§ 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO",
"§ 539 BGB",
"§ 836 BGB",
"§ 611 BGB",
"§ 328 BGB",
"§ 1542 RVO",
"§ 713 Abs. 2 2. Halbsatz ZPO",
"§ 139 ZPO",
"§ 353 BGB",
"§§ 836, 823 BGB",
"§§ 823 bis 826 BGB",
"§ 538 BGB",
"§ 242 BGB",
"§ 831 BGB",
"§§ 827, 828 BGB",
"§§ 97, 708 Nr. 7 ZPO",
"§ 713 a ZPO",
"§§ 836, 829 BGB",
"§§ 823, 831 BGB",
"§ 278 BGB",
"§ 546 ZPO",
"§ 823 BGB"
],
"case": []
} |
316,052 | 6 U 74/76 | olgham-1976-12-03-6-u-7476 | ECLI:DE:OLGHAM:1976:1203.6U74.76.00 | 1976-12-03T00:00:00 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Urteil | [
"Auf die Berufung der Beklagten zu 3.) wird das am 20. Februar 1976 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Siegen abgeändert.",
"Die Klage gegen die Beklagte zu 3.) wird abgewiesen.",
"Den Beklagten zu 1.) und 2.) fallen als Gesamtschuldern von den Kosten der ersten Instanz die Hälfte der Gerichtskosten und die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zur Last. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten haben die Beklagten zu 1.) und 2.) selbst zu tragen.",
"Von den Kosten der ersten Instanz trägt die Klägerin die Hälfte der Gerichtskosten, die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3.) und die Hälfte ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten.",
"Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.",
"Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.",
"Die Beschwer für die Klägerin beträgt 32.170,88 DM."
] | [
"Die Klägerin betreibt ein Bauunternehmen. Die Beklagte zu 1) war eine Kommanditgesellschaft. Der Beklagte zu 2) war ihr persönlich haftender Gesellschafter. Kommanditistin war die Ehefrau des Beklagten zu 2). Die Beklagte zu 3) ist eine Bauträgergesellschaft, die in der Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung betrieben wird. Gesellschafter waren der Beklagte zu 2) und seine Ehefrau. Beide waren gleichzeitig auch zur alleinigen Geschäftsführung berechtigte Geschäftsführer der Beklagten zu 3). Durch notariellen Vertrag vom 14.5.1974 übertrug der Beklagte zu 2) seinen Gesellschafteranteil an der Beklagten zu 3) auf seine Ehefrau und seine Tochter. Seit dem 1.7.1976 ist er auch nicht mehr Geschäftsführer.",
"Der Beklagte zu 2) war Eigentümer des Grundstücks .... Die Beklagte zu 1) beabsichtigte, auf diesem Grundstück ein Wohnhaus mit 5 Eigentumswohnungen, errichten zu lassen. Am 19.10.1973 beauftragte sie die Klägerin mit den Entwässerungs-, Maurer- und Betonarbeiten für das Bauvorhaben. Die Klägerin führte die Arbeiten aus. Mit der vorliegenden Klage hat sie gegen die Beklagten zu 1) und 2) ihre Restforderung aus dem Bauauftrag in Höhe von 32.170,88 DM geltend gemacht.",
"Nach dem Verkauf von drei der Eigentumswohnungen veräußerte der Beklagte zu 2) mit notariellem Vertrag vom 4.12.1974 - Urkundenrolle ... des Notars ... die ihm verbliebenen zwei Eigentumswohnung A und C an die Beklagte zu 3) zu einem Kaufpreis von 125.000,- DM. Beide Eigentumswohnungen waren im Zeitpunkt des Verkaufs noch im Rohbauzustand. Die größere Eigentumswohnung A hat eine Flache von 108 qm, die Wohnung C ist 41,13 qm groß.",
"In einem Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ordnete das Amtsgericht ... durch Urteil vom 3.4.1975 auf Antrag der Klägerin an, daß zur Sicherung des Werklohnanspruchs der Klägerin an der Eigentumswohnung A eine Vormerkung zur Eintragung einer Sicherungshypothek über eine Forderung von 7.548,12 DM und an der Eigentumswohnung C eine Vormerkung zur Eintragung einer Sicherungshypothek über einen Betrag von 2.874,57 DM einzutragen seien. Die Berufung der Beklagten zu 3) gegen dieses Urteil wurde durch Urteil des Landgerichts ... vom 30.7.1975 zurückgewiesen.",
"Mit notariellem Kaufvertrag vom 8.12.1975 - Urkundenrolle Nr. ... des Notars ... in ... - verkaufte die Beklagte zu 3) die Eigentumswohnung A zu einem Kaufpreis von 168.000,- DM an die Eheleute .... Da in dem Kaufvertrag die lastenfreie Übertragung des Wohnungseigentums vereinbart worden war, löste die Beklagte zu 3) die für das Wohnungseigentum A eingetragene Vormerkung auf Eintragung einer Sicherungshypothek durch Zahlung des Betrages von 7.548,12 DM ab. Die Eheleute ... sind inzwischen als Eigentümer im Wohnungsgrundbuch eingetragen.",
"Die Klägerin hat beantragt.",
"die Beklagten zu 1) und 2) zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie DM 32.170,88 DM zu zahlen sowie 10 % Zinsen daraus seit dem 1.3.1975.",
"Da die Beklagten zu 1) und 2) im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19.12.1975 nicht ordnungsgemäß durch einen beim Landgericht ... zugelassenen Rechtsanwalt vertreten waren, hat das Landgericht ... am 19.12.1975 auf Antrag der Klägerin ein Versäumnisteilurteil entsprechend dem Klageantrag gegen die Beklagten zu 1) und 2) erlassen. In dem Versäumnisurteil ist die Kostenentscheidung dem Schlußurteil vorbehalten worden. Das Versäumnisurteil ist inzwischen rechtskräftig geworden.",
"Nach Erlaß des Versäumnisurteils wurde über das Vermögen des Beklagten zu 2) das Konkursverfahren eröffnet. Die Firma der Beklagten zu 1) wurde am 3.4.1976 als erloschen im Handelsregister A 4660 des Amtsgerichts ... eingetragen.",
"Die Klägerin hat behauptet: Den Kaufpreis von 125.000,- DM für den Kauf der Eigentumswohnungen A und C habe die Beklagte zu 3) nicht an den Käufer, den Beklagten zu 2) gezahlt. Die beiden Eigentumswohnungen seien das einzige Vermögen des Beklagten zu 2) gewesen. Die Veräußerung sei in der Absicht vorgenommen worden, die Gläubiger der Beklagten zu 1) und des Beklagten zu 2) zu benachteiligen. Das ergebe sich daraus, daß die Beklagte zu 3) in dem Kaufvertrag nicht die Schulden der Beklagten zu 1) und des Beklagten zu 2) gegenüber den Bauhandwerkern übernommen habe.",
"Die Klägerin hat die Ansicht vertreten: Die Beklagte zu 3) sei verpflichtet, in die Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek gemäß § 648 BGB in die Grundbücher der Eigentumswohnungen A und C einzuwilligen. Denn die vom Gesetz geforderte Identität zwischen Besteller des Bauwerks und Grundstückseigentümer sei nicht formal juristisch, sondern wirtschaftlich zu beurteilen. Da die Beklagte zu 3) als Bauträgerin auftrete und die Beklagte zu 1) als Bestellerin, bestehe zwischen den Beklagten eine wirtschaftliche Verflechtung mit der Folge, daß sie wirtschaftlich gesehen als identisch anzusehen seien.",
"die Beklagte zu 3) zu verurteilen, die Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek in Höhe von DM 33.170,88 sowie 10 % Zinsen daraus seit dem 1.3.1975 zu bewilligen, und zwar zu Lasten der Eigentumswohnung gemäß Buchstabe A des Aufteilungsplanes, eingetragen im Wohnungsgrundbuch von ... Blatt ... sowie zu Lasten der Eigentumswohnung gemäß Buchstabe C des Aufteilungsplanes, eingetragen im Wohnungsgrundbuch von ... Blatt ...;",
"hilfsweise,",
"die Beklagte zu verurteilen, die Eintragung von Bauhandwerkersicherungshypoteken zu bewilligen, und zwar wie folgt:",
"a)",
"zu Lasten der Eigentumswohnung gemäß Buchstabe A des Aufteilungsplanes, eingetragen im Wohnungsgrundbuch von ... Blatt ..., in Höhe von DM 7.548,12 DM",
"b)",
"zu Lasten der Eigentumswohnung gemäß Buchstabe C des Aufteilungsplanes, eingetragen im Wohnungsgrundbuch von ... Blatt ... in Höhe von DM 2.874,57.",
"Die Beklagte zu 3) hat beantragt,",
"die Klage abzuweisen.",
"Sie hat behauptet: Der Erwerb der beiden Eigentumswohnungen sei nicht von vornherein beabsichtigt gewesen. Erst als die Beklagte zu 1) und der Beklagte zu 2) nicht mehr in der Lage gewesen seien, die notwendigen Darlehen zur Finanzierung der Fertigstellung der Wohnungen zu beschaffen, habe sie die Eigentumswohnungen gekauft. Denn ihr sei es möglich gewesen, die notwendigen Gelder zu beschaffen. Da sich beide Eigentumswohnungen noch im Rohbauzustand befunden hätten, sei der Kaufpreis von 125.000,- DM für beide Wohnungen angemessen gewesen. Der Kaufpreis sei auch an den Beklagten zu 2) gezahlt worden. Zwischen ihr und der Beklagten zu 1) bestehe keine wirtschaftliche Identität. Das ergebe sich aus ihrer wirtschaftlichen Entflechtung. Der Beklagte zu 2) habe sich nie als ihr Geschäftsführer betätigt.",
"Durch Urteil vom 20.2.1976 hat die erste Zivilkammer des Landgerichts ... die Beklagte zu 3) verurteilt, die Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek in Höhe von 32.170,88 DM sowie 10 % Zinsen daraus seit dem 1.3.1975 zu Lasten der Eigentumswohnungen A des Aufteilungsplans und der Eigentumswohnung C des Aufteilungsplanes zu bewilligen.",
"In dem Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, begründet das Landgericht zunächst in längeren Ausführungen, daß die in § 648 BGB geforderte Identität zwischen Besteller und Grundstückseigentümer nicht gegeben sei. Es kommt jedoch zu dem Ergebnis, daß es mit dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht vereinbar sei, wenn sich die Beklagte zu 3) auf ihre förmliche Selbständigkeit berufe. Der Beklagte zu 2) habe die Eigentumswohnungen in der erkennbaren Absicht, seine und die Gläubiger der Beklagten zu 1) zu benachteiligen, auf die Beklagte zu 3) übertragen. Außerdem sei der Kammer aus einer Vielzahl von Prozessen bekannt, daß die beiden Eigentumswohnungen das einzige Vermögen des Beklagten zu 2) gebildet hätten. Nach dem Gedanken der Durchgriffshaftung sei es der Beklagten zu 3) deshalb verwehrt, sich auf ihre förmliche Selbständigkeit zu berufen.",
"Gegen das nicht zugestellte Urteil hat die Beklagte zu 3) am 15.3.1976 Berufung eingelegt und die Berufung nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17.5.1976 am 17.5.1976 begründet.",
"Die Beklagte zu 3) wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor:",
"Aus dem Umstand, daß die Beklagte zu 1) und sie einen gemeinsamen Geschäftssitz gehabt hätten und die Gesellschafter identisch gewesen seien, ergebe sich noch keine wirtschaftliche Identität. Beide Gesellschaften hätten eigene Vermögen gehabt, die auch völlig getrennt gehalten worden seien. Tatsächlich sei die wirtschaftliche Verflechtung so gering, daß sie von dem Konkurs der Beklagten zu 1) und 2) nicht berührt worden sei. Mit dem Verkauf der Eigentumswohnungen sei nicht beabsichtigt gewesen, die Gläubiger der Beklagten ihren Gläubiger ... befriedigt, und zwar durch Ablösung der für ihn eingeräumten Hypotheken. Außerdem habe die Beklagte zu 1) an das Finanzamt eine Steuerschuld von 29.843,54 DM bezahlt. Der verbleibende Restbetrag sei an andere Gläubiger ausgezahlt worden.",
"Die Eigentumswohnungen seien auch nicht das einzige Vermögen des Beklagten zu 2) gewesen. Der Beklagte zu 2) sei an einer Grundstücksgemeinschaft ... beteiligt gewesen, die sich mit der Erstellung von Eigentumswohnungen in... befaßt habe. Für das Ausscheiden des Beklagten zu 2) habe die Beklagten zu 1) und 2) gegen 5 Schuldner noch Forderungen in einer Gesamthöhe von ca. 28.000,- DM gehabt.",
"Die Beklagte zu 3) beantragt,",
"Die Klägerin beantragt,",
"1.",
"die Beklagte zu 3) zu verurteilen, die Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek in Höhe von 24.622,76 DM nebst 10 % Zinsen von 32,170,88 DM für die Zeit vom 1.3.1975 bis zum 12.3.1976 und von 24.622,76 DM seit dem 13.3.1976 zu bewilligen, und zwar zu Lasten der Eigentumswohnung gemäß Buchstabe C des Aufteilungsplanes, eingetragen im Wohnungsgrundbuch von ... Blatt ...;",
"2.",
"die Berufung der Beklagten zu 3) zurückzuweisen;",
"3.",
"hilfsweise im Falle einer der Revision unterliegenden Entscheidung ihr nachzulassen, jegliche Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung, die auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank oder eines öffentlich-rechtlichen Kreditinstituts erbracht werden kann, abzuwenden.",
"Die Klägerin trägt vor:",
"Der Beklagte zu 2) habe die Eigentumswohnungen A und C an die Beklagte zu 3) verkauft, um seine Gläubiger und die Gläubiger der Beklagten zu 1) zu benachteiligen. Denn beide Wohnungen seien mit einer Gesamtgrundschuld von 124.000,- DM belastet gewesen. Um diese Grundschuld ablösen zu können, sei der Kaufpreis auf 125.000,- DM festgesetzt worden. Lediglich der Restbetrag von 1.000,- DM sei für die Bezahlung von Baurechnungen vorgesehen gewesen. Es müsse mit Nichtwissen bestritten werden, daß die Firma ... etwas von dem \"Erlös\" erhalten habe. Da die Beklagten zu 1) und 2) keine Finanzierungsmöglichkeiten mehr gehabt hätten, sei der Beklagten zu 3) durch den Kauf der Eigentumswohnungen Finanzierungsmöglichkeiten eröffnet worden.",
"Die Eigentumswohnungen seien praktisch das einzige Vermögen des Beklagten zu 2) gewesen. Sein Grundstück, in ... sei mit verschiedenen Zwangshypotheken weit über seinen Wert hinaus belastet gewesen. Die der Grundstücksgesellschaft ... gehörenden Grundstücke seien zugunsten der ... in ... mit Grundschulden von 110.000,- DM und 160.000,- DM belastet gewesen. Bei der Auseinandersetzung der Gesellschaft sei an die Konkursmasse keine Abstandssumme von 12.000,- DM gezahlt worden. Die angeblichen Forderungen in Höhe von ca. 28.000,- DM habe sie pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. Keiner der Schuldner sei jedoch zur Zahlung bereit gewesen, da die erhebliche Gegenforderungen an die Beklagte zu 1) geltend gemacht hätten.",
"Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen."
] | [] | [
"Die Berufung der Beklagten zu 3) ist zulässig und auch begründet. Sie führt zur Abänderung des Urteils und Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 3).",
"Denn die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 3) keinen Anspruch gemäß § 648 BGB auf Eintragung einer Sicherungshypothek. § 648 BGB gibt dem Bauunternehmer das Recht zu verlangen, daß der Besteller an seinem Baugrundstück zur Sicherung der Werklohnforderung aus dem Bauvertrag eine Sicherungshypothek eintragen läßt. Die Voraussetzungen des § 648 BGB sind nicht gegeben. Die Beklagte zu 3) ist zwar Eigentümerin des Baugrundstücks. Baugrundstück ist in diesem Fall die Eigentumswohnung C, die nach dem Verkauf und die Übereignung der Eigentumswohnung A an die Eheleute ... noch im Eigentum der Beklagten zu 3) steht. Die Beklagte zu 3) ist jedoch nicht Bestellerin des Bauwerkes. Bestellerin war die inzwischen nicht mehr existente Beklagte zu 1).",
"Die in § 648 BGB vorausgesetzte Identität zwischen Besteller des Bauwerks und Grundstückseigentümer läßt sich nicht durch eine wirtschaftliche Beurteilung feststellen (für eine wirtschaftliche Beurteilung der Identität Palandt, 36. Aufl., § 648, Anmerkung 2 b; OLG München NJW 1975, 220; LG Köln, BB 1973, 1375). Die Frage nach der wirtschaftlichen Identität stellt sich nur, wenn auf der Seite Besteller/Grundstückseigentümer eine Personalgesellschaft oder eine juristische Person als Bestellerin oder Grundstückseigentümerin beteiligt ist. Die Anwendbarkeit des § 648 BGB ist unproblematisch, wenn beispielsweise Bestellerin des Bauwerks eine offene Handelsgesellschaft und Grundstückseigentümer einer der Gesellschafter ist. Denn als Gesellschafter haftet der Grundstückseigentümer persönlich für die Schuld der oHG aus dem Bauvertrag. Will man jedoch die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Identität mit den Gesellschafter auch dann bejahen, wenn eine juristische Person als Bestellerin oder Grundstückseigentümerin beteiligt ist, führt das dazu, daß die vom Gesetz gewollte Eigenständigkeit der juristischen Person aufgelöst wird. Denn die juristische Person wird so behandelt, als sei sie ohne eigene Rechtspersönlichkeit, da sie je nach Fallgestaltung als identisch mit dem Besteller oder dem Grundstückseigentümer angesehen wird. Es gilt jedoch der Grundsatz, daß \"über die Rechtsfigur einer juristischen Person nicht leichtfertig und schrankenlos hinweggegangen werden\" darf (BGH NJW 1974, 1372). Auch wenn Ausnahmefälle möglich sein können, besteht doch kein allgemeines Bedürfnis, im Rahmen der Regelung des § 648 BGB von der Eigenständigkeit der juristischen Person abzuweichen und bei enger wirtschaftlicher Verflechtung Identität zwischen Besteller und Grundstückseigentümer anzunehmen, handelt es sich bei Besteller und Grundstückseigentümer um zwei verschiedene natürliche Personen, muß es der Bauunternehmer nach § 648 BGB in Kauf nehmen, daß seine Werklohnforderung nicht durch Eintragung einer Sicherungshypothek am Baugrundstück abgesichert werden kann. Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Bauunternehmer besser gestellt werden soll, wenn es sich bei Besteller und Grundstückseigentümer nicht um zwei natürliche Personen handelt, sondern wenn eine juristische Person beteiligt ist. (Ablehnend auch OLG Braunschweig BB 1974, 624 und OLG Bremen NJW 1976, 1321).",
"Außerdem fehlt ein einleuchtendes Kriterium dafür, wann wirtschaftliche Identität vorliegen soll. Das Oberlandesgericht München (NJW 1975, 220) stellt darauf ab, ob der Besteller oder Grundstückseigentümer die Beteiligte juristische Person \"ausschlaggebend beeinflußt, steuert und bestimmt\". Dem Begriff nach bedeutet Identität Wesensgleichheit und völlige Übereinstimmung. Die Beherrschung eines Unternehmens durch eine natürliche Person oder einer juristischen Person bedeutet jedoch nicht, daß zwischen beiden wirtschaftlich gesehen eine völlige Übereinstimmung und damit Identität besteht. So war im vorliegenden Fall der Beklagte zu 2) Komplementär der Beklagten zu 1), der Bestellerin des Bauwerks, und gleichzeitig neben seiner Ehefrau alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Beklagten zu 3). Selbst wenn die Beklagte zu 1) durch die Person des Beklagten zu 2) die Beklagte zu 3) wirtschaftlich beherrschte, werden beide damit noch nicht wirtschaftlich wesensgleich. Hätte eine wirtschaftliche Identität zwischen ihnen bestanden, hätte die Beklagte zu 3) das Schicksal der Beklagten zu 1) teilen müssen. Zusammen mit dem Beklagten zu 2) geriet die Beklagte zu 1) in Vermögensverfall und mußte schließlich als Firma gelöscht werden. Dagegen übt die Beklagte zu 3) nach wie vor ihre geschäftliche Tätigkeit aus.",
"Der Versuch, die Identität zwischen Besteller und Grundstückseigentümer wirtschaftlich zu begründen, ist im Grunde nur eine Verallgemeinerung der in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Durchgriffshaftung. Nach diesen Grundsätzen ist \"der Durchgriff auf die von der juristischen Person verdeckten Kräfte und Verhältnisse\" dann zugelassen, wenn entweder \"die Rechtsform der juristischen Person absichtlich mißbraucht wird\" oder \"ihre Verwendung nicht dem Zweck der Rechtsordnung entspricht\" (BGH NJW 1974, 1372). Auch unter dem Gesichtspunkt der Durchgriffshaftung kann die Klägerin nicht von der Beklagten zu 3) die Bewilligung der Eintragung einer Sicherungshypothek für ihre Werklohnforderung verlangen. Denn einmal bestehen erhebliche Bedenken, ob die Grundsätze der Durchgriffshaftung im vorliegenden Fall angewandt werden können. Das Institut der Durchgriffshaftung ist geschaffen, um unbillige mit der Rechtsordnung nicht zu vereinbarende Ergebnisse zu vermeiden, die dadurch entstehen können, daß die eigentlich Verantwortlichen durch die Haftungsbeschränkung einer juristischen Person geschützt werden. Der \"Schutz\" der juristischen Person soll durchbrochen werden. Im vorliegenden Fall geht es aber nicht darum, die Haftungsbeschränkung der Beklagten zu 3.) als Folge ihrer Rechtsform als GmbH aufzuheben und den Durchgriff auf die hinter ihr stehenden Kräfte freizugeben. Vielmehr will die Klägerin genau das Gegenjuristischer Person.",
"Zum anderen spricht ein weiterer Grund gegen die Anwendbarkeit der Grundsätze der Durchgriffshaftung: Die Durchgriffshaftung trägt subsidiären Charakter. Die Aufhebung der Eigenständigkeit der juristischen Person ist eine Ausnahme. Sie ist nur zulässig, wenn auf andere Art und Weise ein nach der Rechtsordnung mißbilligte Ergebnis nicht vermieden werden kann. Die Klägerin hatte jedoch die Möglichkeit, auf einem anderen Wege ihr Ziel zu erreichen. Nach ihrer Meinung und nach der Ansicht des Landgerichts kommen die Grundsätze der Durchgriffshaftung deshalb den Eigentumswohnungen A und C in der Absicht gehandelt hat, die Gläubiger der Beklagten zu 1) und 2) zu benachteiligen. Mit dieser Begründung konnte sie den Verkauf der beiden Eigentumswohnungen durch den Beklagten zu 2) nach § 3 Anfechtungsgesetz anfechten. Denn gem. § 3 Abs. 1 Ziff. 1 Anfechtungsgesetz sind alle Rechtshandlungen anfechtbar, die der Schuldner, in diesem Fall der Beklagte zu 2), in der dem anderen Teil, in diesem Fall der Beklagten zu 3), bekannten Absicht, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat. Durch die Anfechtung konnte die Klägerin ebenso wie durch die Eintragung einer Sicherungshypothek ihr Sicherungsbedürfnis befriedigen. Denn gem. § 7 Anfechtungsgesetz hätte die Beklagte zu 3) bei wirksamer Anfechtung die beiden Eigentumswohnungen der Klägerin zur Zwangsvollstreckung wegen ihrer Restwerklohnforderung zur Verfügung stellen müssen. Wenn es die Klägerin versäumt hat, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, die ihr das Anfechtungsgesetz bot, ist es nicht möglich, das Anfechtungsgesetz durch die Anwendung der Grundsätze der Durchgriffshaftung zu ersetzen.",
"Die Klägerin kann ihren Anspruch auf Eintragung einer Sicherungshypotek auch nicht daraus herleiten, daß die Beklagte zu 3) mit den beiden Eigentumswohnungen das gesamte Vermögen der Beklagten zu 1) und 2) übernommen hat und damit gemäß § 419 BGB in deren Verpflichtung gegenüber der Klägerin eingetreten ist. Denn die Voraussetzungen für eine Vermögensübernahme nach § 419 BGB sind nicht schlüssig dargetan. Der Vortrag der Klägerin bezieht sich auf die Vermögenssituation der Beklagten zu 1) und 2) im Zeitpunkt der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Beklagten zu 2) und auf Versuche, in den Jahren 1975, 1976 Forderungen der Beklagten zu 1) und 2) gegen Dritte pfänden und sich zur Einziehung überweisen zu lassen. Über die Vermögenslage der Beklagten zu 1) und 2) im Zeitpunkt des Verkaufs der beiden Eigentumswohnungen am 4.12.1974 ist nichts vorgebracht. Die Klägerin hat auch nicht zu dem unstreitigen Umstand Stellung genommen, daß das Konkursverfahren über das Vermögen des Beklagten zu 2) eröffnet worden ist. Dieser Umstand spricht dafür, daß der Beklagte zu 2) nicht ganz vermögenslos war. Denn es kann angenommen werden, daß bei Vermögenslosigkeit des Beklagten zu 2.) die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse abgelehnt worden wäre. Wenn keine Konkursmasse vorhanden war, ist es wenig wahrscheinlich, daß ein Gläubiger einen Kostenvorschuß gemäß § 107 Abs. 1, Satz 2 KO geleistet hat, um die Eröffnung des Konkursverfahrens zu erreichen.",
"Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.",
"Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Ziff. 7 ZPO. Die Festsetzung der Beschwer folgt aus § 546 Abs. 2 ZPO."
] | {
"law": [
"§ 546 Abs. 2 ZPO",
"§ 91 ZPO",
"§ 107 Abs. 1, Satz 2 KO",
"§ 419 BGB",
"§ 648 BGB"
],
"case": []
} |
316,053 | 14 C 577/76 | ag-aachen-1976-11-26-14-c-57776 | ECLI:DE:AGAC1:1976:1126.14C577.76.00 | 1976-11-26T00:00:00 | {
"id": 620,
"name": "Amtsgericht Aachen",
"slug": "ag-aachen",
"city": "Aachen",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | Urteil | [
"Die Klage wird abgewiesen.",
"Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.",
"Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar."
] | [
"Aus einem Verkehrsunfall vom 15.05.1976, an dem der beim Beklagten versicherte Pkw #0000-# sowie der Pkw #000-## des Klägers beteiligt waren, ist der Beklagte unstreitig zum vollen Schadensersatz verpflichtet. Bis auf mit der Klage geltend gemachte 62,25 DM Kreditkosten hat der Beklagte alle Ansprüche erfüllt.",
"Der Kläger bringt vor:",
"Durch Kreditinanspruchnahme habe er die Entstehung eines weit höheren Schadens, nämlich Mietwagenkosten, vermieden. Zu Unrecht berufe sich der Beklagte darauf, er habe den mit Schreiben vom 22.6.1976 angeforderten Schadensbetrag von 4.561,- DM – worin unstreitig keine Kreditkosten genannt sind- bereits am 06.07.1976 bezahlt.",
"Der Kläger beantragt,",
"den Beklagten zu verurteilen, an ihn 62,25 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.08.1976 zu zahlen.",
"Der Beklagte beantragt,",
"die Klage abzuweisen.",
"Er bringt vor:",
"Der Kläger habe gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen. Mit Schreiben vom 21.06.1976 hätten die Bevollmächtigten des Klägers den Schaden dem Grunde nach angemeldet und um Anerkennung bis zum 10.07.1976 gebeten. In dieser Zeit sei keine Rede davon gewesen, daß er nicht in der Lage sei, die Reparaturkosten vorzulegen. Bereits mit Schreiben vom 01.07.1976 sei dem Kläger mitgeteilt worden, daß der gesamte angeforderte Betrag (einschließlich Anwaltskosten) gezahlt sei. Der Kläger habe nicht darauf hingewiesen, daß er eine Kreditaufnahme beabsichtige.",
"Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt ergänzend Bezug genommen."
] | [] | [
"Die Klage ist nach dem unstreitigen Sachverhalt nicht gerechtfertigt. Mit dem Beklagten ist das Gericht der Auffassung, daß der Kläger seine Obliegenheit, den ihm entstandenen Schaden aus dem Verkehrsunfall vom 15.05.1976 zu mindern, nicht erfüllt hat, so daß 62,25 DM Kreditkosten unnötig erfallen sind. Der Kläger hat insbesondere nicht dargetan, daß er versucht habe, seine Ersatzforderung gegen den Beklagten an die Firma T GmbH & Co KG, ; die seinen durch den Unfall beschädigten Wagen repariert hat, abzutreten, um auf diese Weise eine Stundung der Reparaturkostenrechnung zu erreichen. Hierdurch hätte er möglicherweise ein Zahlungsziel von 1 Monat bekommen, währenddessen der Beklagte den Schaden reguliert hätte.",
"Dem Kläger fällt auch zur Last, daß er sich unstreitig erstmalig mit Anwaltsschreiben vom 21.06.1976 an den Beklagten wandte, obwohl der Unfall bereits am 15.05. geschehen war. Zudem hat er den beschädigten Wagen ausweislich der in Kopie vorliegenden Rechnung der Firma T vom 02.06.1976 erst am Mittwoch, den 19.05.1976, d. h. 4 Tage nach dem Unfall in Reparatur gegeben. Dies spricht gegen seine Behauptung, er habe nur die Wahl zwischen Inanspruchnahme eines Mietwagens oder eines Kredits gehabt.",
"Er hätte sonst den Wagen sofort am Montag nach dem Unfall in Reparatur gegeben.",
"Nach alledem wäre es unbillig, dem Beklagten, der den mit Schreiben der Bevollmächtigten des Klägers vom 22.06.1976 geltend gemachten Schaden unstreitig außerordentlich rasch reguliert hat, weitere Kosten aufzubürden.",
"Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 Nr. 4 ZPO.",
"Hoch",
"Richter"
] | {
"law": [
"§ 709 Nr. 4 ZPO",
"§ 91 Abs. 1 ZPO"
],
"case": []
} |
316,054 | 1 Ss OWi 1435/76 | olgham-1976-10-29-1-ss-owi-143576 | ECLI:DE:OLGHAM:1976:1029.1SS.OWI1435.76.00 | 1976-10-29T00:00:00 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Beschluss | [
"1) Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.",
"2) Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.",
"3) Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Dortmund zurückverwiesen."
] | [] | [
"Das Amtsgericht hat die Betroffene wegen fahrlässiger Zuwiderhandlung gegen §§ 41 StVO, 24 StVG zu einer Geldbuße von 60,- DM verurteilt. Das Amtsgericht hat im wesentlichen folgendes festgestellt:",
"\"Am 11. März 1976, gegen 16.45 Uhr, befuhr die Betroffene mit einem Pkw in ... die B 54 in südlicher Richtung. In Höhe des Autobahnkreuzes Dortmund-Süd überquert diese Straße die Autobahn. Von der Einmündung der Autobahnausfahrt an ist ein Überholverbot durch amtliche Kennzeichen angeordnet, worauf zusätzlich durch Hinweisschilder vorher noch hingewiesen wird. Innerhalb dieser Überholverbotszone überholte die Betroffene einen anderen Pkw.\"",
"Wie das Amtsgericht weiterhin ausgeführt hat, stellt die Betroffene nicht in Abrede, zu jenem Zeitpunkt die B 54 wie angegeben befahren zu haben. Sie bestreitet jedoch, innerhalb der Überholverbotszone ein anderes Kraftfahrzeug überholt zu haben. Sie schildert, sie sei in Höhe der Autobahneinmündung auf die linke Fahrspur der B 54 übergewechselt, um einem einbiegenden Pkw Raum zu geben. Dieses Fahrverhalten könne von den Polizeibeamten, die sie beobachtet haben, irrigerweise als Überholmanöver angesehen worden sein.",
"Wie das Amtsgericht weiter ausführt, hat es die Betroffene der vorgeworfenen Tat auf Grund der Bekundungen des Polizeibeamten ... für überführt angesehen. Dieser hatte, wie das Urteil darlegt, zwar an den Verkehrsvorgang keine Erinnerung mehr, er hat sich aber insoweit auf den Text der Anzeige bezogen.",
"Gegen das Urteil hat die Betroffene rechtzeitig Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt. Nachdem das Urteil am 12. August 1976 zugestellt worden war, hat sie mit Schriftsatz vom 11. September, eingegangen beim Amtsgericht am 13. September 1976, beantragt, das Urteil aufzuheben und hat diesen Antrag begründet. Sie rügt, mit näherer Darlegung, Verletzung formellen und materiellen Rechts.",
"Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht die Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen, weil nach seiner Ansicht die Rechtsbeschwerde nicht fristgerecht begründet worden ist.",
"Gegen diesen Beschluß hat die Betroffene fristgerecht auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts angetragen.",
"Auf diesen gemäß §§ 79 Abs. 3, 80 Abs. 2, 346 Abs. 2 StPO zulässigen Antrag war der angefochtene Beschluß aufzuheben. Der Rechtsbeschwerdeantrag und die Begründung sind fristgerecht angebracht worden. Die durch Zustellung des Urteils am 12. August 1976 in Lauf gesetzte Frist zur Stellung des Rechtsbeschwerdeantrages und zur Begründung (§§ 79 Abs. 3, 80 Abs. 2 OWiG, 345 Abs. 1 StPO) lief nicht, wie das Amtsgericht meint, mit dem 12., sondern erst mit dem 13. September 1976 ab. Denn der 12. September war ein Sonntag, was zur Folge hatte, daß die Frist erst mit Ablauf des nächsten Werktages endete (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 43 Abs. 2 StPO).",
"Dem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde war zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und zur Fortbildung des Rechts stattzugeben.",
"Die Rechtsbeschwerde ist begründet.",
"Das Amtsgericht hat fehlerhaft gehandelt, indem es seine Feststellungen auf die Aussage des Polizeibeamten ... stützte.",
"Da die Betroffene bestreitet, innerhalb jener Überholverbotsstrecke ein anderes Kraftfahrzeug überholt zu haben und nur ein Verkehrsgeschehen schildert, von dem offen bleibt, ob es überhaupt dasjenige war, bei dem der Überholvorgang geschehen sein soll, mußte das Amtsgericht bei seinen Feststellungen auf die schriftliche Anzeige selbst zurückgreifen. Daß es dieses getan hat, ergibt sich auch daraus, daß nach den Urteilsgründen der Zeuge sich auf die Anzeige bezogen hat.",
"Das warhier indessen rechtlich unzulässig.",
"Zwar darf nach § 250 StPO die Vernehmung eines Wahrnehmungszeugen nicht dadurch ersetzt werden, daß eine Urkunde, in der seine Wahrnehmungen niedergelegt sind, verlesen wird. Wenn jedoch ein Zeuge sich an das von ihm früher Wahrgenommene nicht mehr erinnert, wie es bei Polizeibeamten, die zuvor eine Verkehrsanzeige erstattet hatten häufig vorkommt, kann der Inhalt der schriftlichen Erklärung ergänzend verwertet werden, wenn zugleich der Urheber der Urkunde als Zeuge vernommen wird und die Verantwortung für den Inhalt der Urkunde übernimmt (so BGHSt 20, 160 = NJW 65, 874). Auf diese Weise kann das Gericht den Inhalt der Urkunde, jedoch noch nicht die Richtigkeit der Schilderung feststellen (OLG Hamm, JMBl. NRW 68, 45). In dieser, insbesondere vom BGH in seiner Entscheidung vom 4.6.1970 (NJW 70, 1458, 1459) für zulässig erachteten Weise ist das Amtsgericht jedoch nicht verfahren. Es hat den Inhalt der Anzeige nicht durch Vernehmung des Anzeigeverfassers, sondern durch Vernehmung des Zeugen ... festgestellt, der in der Anzeige, die ein anderer Polizeibeamter erstellt hatte, nur als Zeuge aufgeführt ist. Durch Vernehmung des Zeugen ... konnte der Inhalt der Anzeige daher nicht in zulässiger Weise ergänzend verwertet werden.",
"Das Urteil war somit aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen."
] | [] | {
"law": [
"§ 250 StPO",
"§§ 79 Abs. 3, 80 Abs. 2, 346 Abs. 2 StPO",
"§§ 79 Abs. 3, 80 Abs. 2 OWiG, 345 Abs. 1 StPO",
"§§ 46 Abs. 1 OWiG, 43 Abs. 2 StPO",
"§§ 41 StVO, 24 StVG"
],
"case": []
} |
316,115 | 15 O 102/76 | lg-dortmund-1976-07-23-15-o-10276 | ECLI:DE:LGDO:1976:0723.15O102.76.00 | 1976-07-23T00:00:00 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
"slug": "lg-dortmund",
"city": "Dortmund",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | Beschluss | [
"Der Antragstellerin wird das unter dem 28 .April 1976",
"beantragte Armenrecht verweigert.",
"Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aus-",
"sicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).",
"Es ist nicht ersichtlich, daß der Antragsgegner der Antragstellerin",
"zu Unrecht den Versicherungsschutz gem. § 2 Abs.2 c AKB entzogen",
"hat. Unstreitig hatte der Fahrer des von der Antragstellerin ge-",
"haltenen Fahrzeugs bei Eintritt des Versicherungsfalles nicht die",
"vorgeschriebene Fahrerlaubnis. Zwar handelte es sich um einen be-",
"rechtigten Fahrer, die Antragstellerin durfte jedoch nicht ohne",
"Verschulden das Vorliegen der Fahrerlaubnis annehmen. Diese .An-",
"nahme ist nur dann entschuldbar, wenn sie aus einer sicheren Er-",
"kenntnisquelle gewonnen ist. In aller Regel ist die Vorlage des",
"Führerscheins erforderlich (ganz herrschende Rechtsprechung). Da",
"der Antragstellerin bekannt war, daß dem Fahrer die Fahrerlaubnis",
"entzogen worden war, hatte sie umso mehr Grund, sich den Führer-",
"schein tatsächlich vorlegen zu lassen. Die bloße Versicherung des",
"Fahrers, er habe seine Fahrerlaubnis wiedererhalten, entschuldigt",
"die dadurch hervorgerufene Annahme der Antragstellerin",
"gem. § 2 Abs.2 c AKB nicht."
] | [] | [] | [] | {
"law": [
"§ 2 Abs.2 c AKB",
"§ 114 ZPO"
],
"case": []
} |
316,055 | 1 K 1383/75 | vg-munster-1976-06-25-1-k-138375 | ECLI:DE:VGMS:1976:0625.1K1383.75.00 | 1976-06-25T00:00:00 | {
"id": 846,
"name": "Verwaltungsgericht Münster",
"slug": "vg-munster",
"city": "Münster",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | Urteil | [
"Der Beklagte wird unter Aufhebung seiner Bescheide vom 30. Januar 1975 und 27. März 1975 und des Widerspruchsbescheides des Landesamtes für Ausbil- dungsförderung Nordrhein-Westfalen in Aachen vom 15. Oktober 1975 verpflichtet, dem Kläger für die Zeit ab 1. Oktober 1974 Ausbildungsförderung als Zuschuß zu bewilligen.",
"Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.",
"Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.",
"Der Kläger nahm zum Wintersemester 1971/72 an der X. X.-Universität in N. das Studium der Betriebswirtschaftslehre mit dem Ziel auf, die Diplomkaufmannsprüfung abzulegen. Als Nebenfächer wählte er ab dem 2. Semester Sport und Pädagogik. Der Beklagte förderte das Studium des Klägers ab dem Wintersemester 1972/73 nach den Regeln des Bundesausbildungsförderungsgesetzes - BAföG -.",
"Mit Schreiben vom 28. September 1974 teilte der Kläger dem Beklagten mit, daß er sich \"aufgrund der derzeit ungünstigen Arbeitsmarktlage für Betriebswirte\" entschlossen habe, vom Studium der Betriebswirtschaftslehre umzuwechseln auf das Studium der Wirtschaftswissenschaften für das Lehramt an Gymnasien. Dieser Wechsel brächte keinen Zeitverlust mit sich, da ihm u.a. die 6 Semester Betriebswirtschaftslehre voll angerechnet würden. Zugleich bat der Kläger um Weiterförderung. Der dazu angehörte Förderungsausschuß sah in den vom Kläger vorgetragenen Umständen keinen wichtigen Grund für einen Fachrichtungswechsel im Sinne von § 7 Abs. 3 BAföG. Dementsprechend lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 30. Januar 1975 den Antrag des Klägers auf Weiterförderung ab. Dagegen legte der Kläger am 20. Februar 1975 Widerspruch ein.",
"Mit Bescheid vom 27. März 1975 bewilligte der Beklagte ihm für den Zeitraum vom 1. Oktober 1974 bis zum 30. September 1975, beschränkt auf 4 Monate, je 72,- DM als unverzinsliches Darlehen; diesen Bescheid focht der Kläger nicht an.",
"Durch Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 1975 - dem Kläger zugestellt am 20. Oktober 1975 - wies das Landesamt für Ausbildungsförderung Nordrhein-Westfalen den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 30. Januar 1975 zurück.",
"Zur Begründung seiner dagegen am 20. November 1975 erhobenen Klage macht der Kläger im wesentlichen geltend:",
"Vor der Änderung seines Berufszieles habe er wegen der Weiterförderung ein Telefonat mit der Sachbearbeiterin des Beklagten geführt. Diese habe ihm gesagt, dass der Wechsel unproblematisch sei, und er in seinem Antrag lediglich einen Grund dafür angeben müsse. Diese Auskunft habe er dahin gedeutet, dass es sich bei der Angabe des Grundes lediglich um eine Formsache handele. Dementsprechend habe er als naheliegendes Motiv die schlechten Berufsaussichten für Betriebswirte genannt. Entscheidend sei aber folgendes für die Änderung seines Berufszieles gewesen: Im Laufe seines Studiums sei er immer mehr zu der Überzeugung gelangt, dass der Beruf des Diplomkaufmannes seinem Charakter und seinen Fähigkeiten nicht entspreche. Während zweier Praktika habe er festgestellt, dass ihm die für einen Diplomkaufmann wesentliche Eigenschaft fehle, sich ständig und mit Eifer für die Umsatz- und Gewinnsteigerung des jeweiligen Unternehmers einzusetzen. Auch habe sich gezeigt, dass er den Anforderungen eines vollen betriebswirtschaftlichen Studiums nicht gewachsen gewesen sein; so habe er zwei Semester lang vergeblich versucht, zwei notwendige Scheine zu erwerben. Demgegenüber habe er während seiner Tätigkeit als Gruppenleiter bei der Deutschen Jugendkraft in sich pädagogische Fähigkeiten entdeckt, die er bis dahin nicht für möglich gehalten habe; es habe ihm Freude bereitet, mit jungen Menschen zu arbeiten.",
"Im übrigen liege gar kein Fachrichtungswechsel vor, weil er ja weiterhin Wirtschaftswissenschaften studiere und sich seine Studiendauer nicht bzw. nur unwesentlich verlängere.",
"Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 30. Januar 1975 sowie des Bescheides vom 27. März 1975 und des Widerspruchsbescheides des Landesamtes für Ausbildungsförderung Nordrhein-Westfalen in B. vom 15. Oktober 1975 zu verpflichten, dem Kläger für die Zeit ab 1. Oktober 1974 Ausbildungsförderung als Zuschuß zu bewilligen.",
"Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.",
"Dazu trägt er u.a. vor:",
"Die Änderung des Berufszieles des Klägers stelle sich als Fachrichtungswechsel im Sinne des § 7 Abs. 3 BAföG dar. Insoweit sei eine Förderung nur dann möglich, wenn für den Fachrichtungswechsel ein wichtiger Grund vorliege, was bei dem Kläger jedoch nicht der Fall sei.",
"Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im einzelnen wird auf die Streitakte sowie auf die von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen."
] | [] | [] | [
"Die Klage ist - als Verpflichtungsklage - in vollem Umfang zulässig.",
"Zwar hat der Kläger gegen den Bescheid des Beklagten vom 27. März 1975 weder Widerspruch eingelegt noch Klage erhoben; auch war dieser Bescheid nicht ausdrücklich Gegenstand des Widerspruchsbescheides. Gleichwohl muß der Bescheid vom 27. März 1975 in dem durch den Klageantrag gekennzeichneten Umfange als mit angefochten gelten. Dieser Bescheid ist ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Rückforderung ergangen, \"weil einzelne zur Entscheidung über den Antrag erforderliche Feststellungen nicht rechtzeitig getroffen werden konnten (Par. 51 Abs. 2 BAföG).\" Somit handelte es sich nur um eine vorläufige Bewilligung, die jederzeit, namentlich bei Abschluß der notwendigen Feststellungen, einer Neuregelung zugänglich sein sollte. Verständlicherweise mußte angesichts dessen dem Widerspruchsbescheid vom 15. Oktober 1975, der seinem Wesen nach eine umfassende und abschließende Entscheidung im Verwaltungsverfahren traf, der Erklärungswert beigemessen werden, dass er auch insoweit die zu erwartende Neuregelung enthielt. Mit der \"endgültigen\" Versagung einer Weiterförderung der Ausbildung des Klägers dem Grunde nach für den Bewilligungszeitraum ab Oktober 1974 wurde in ihm zugleich schlüssig die für einen Teil dieses Zeitraumes ausgesprochene Bewilligung von Vorausleistungen im Sinne von § 51 Abs. 2 BAföG aufgehoben.",
"Die somit insgesamt zulässige Klage ist auch sachlich gerechtfertigt. Das Klagebegehren ist auf Bewilligung von Ausbildungsförderung als Zuschuß für den Bewilligungszeitraum vom 1. Oktober 1974 bis zum 30. September 1975 dem Grunde nach gerichtet. Es findet seine Rechtsgrundlage in § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 und 2 BAföG in der hier maßgeblichen Fassung des Änderungsgesetzes vom 31. Juli 1974 (BGBl I 1649).",
"Nach § 7 Abs. 1 BAföG wird Ausbildungsförderung für eine erste Ausbildung, die nach dem BAföG gefördert werden kann, bis zu deren berufsqualifizierendem Abschluß geleistet. Bei dem vom Kläger ab dem Wintersemester 1974/75 betriebenen Studium, für welches er die streitige Förderung begehrt, handelte es sich nach wie vor um die erste Ausbildung und nicht - wie der Beklagte meint - um eine andere im Sinne von § 7 Abs. 3 BAföG; der Kläger hat nämlich weder die Ausbildung abgebrochen noch die Fachrichtung gewechselt. Nach § 15 a Abs. 4 BAföG in der o.g. Fassung, welcher eine gesetzliche Definition für den Abbruch der Ausbildung enthält, ist ein solcher dann gegeben, wenn der Auszubildende das Ziel eines förderungsfähigen Ausbildungsabschnittes endgültig nicht mehr anstrebt und nicht in derselben Fachrichtung die Ausbildung an einer Ausbildungsstätte anderer Art im Sinne von § 2 Abs. 1 (BAföG) weiterführt. Letztes trifft jedenfalls auf den Kläger nicht zu. Er führt nämlich die Ausbildung in derselben Fachrichtung (vergl. dazu unten) weiter. Zwar geschieht dies nicht an einer Ausbildungsstätte anderer Art im Sinne von § 2 Abs. 1 BAföG, sondern an der von ihm von Anfang an besuchten. Dies ist jedoch nach Auffassung der Kammer unerheblich; wenn schon die Fortsetzung der Ausbildung in derselben Fachrichtung an einer Ausbildungsstätte anderer Art nicht als Abbruch der Ausbildung zu werten ist, so muß dies erst recht gelten, wenn der Auszubildende an der von ihm besuchten Ausbildungsstätte verbleibt.",
"Der Umstand, daß der Kläger nunmehr Wirtschaftswissenschaften (als Hauptfach) mit dem Berufsziel des Lehramtes an Gymnasien studiert, hat auch nicht einen Fachrichtungswechsel bewirkt. Außer in § 7 Abs. 2 und 3 findet sich der Begriff Fachrichtung noch in § 15 a Abs. 4 BAföG. Es kann davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber diesem Begriff eine einheitliche Bedeutung zugemessen hat, zumal die genannten Vorschriften miteinander korrespondieren. § 15 a Abs. 4 BAföG ist jedoch zu entnehmen, daß bei der Bestimmung des Inhalts des Begriffes Fachrichtung nicht auf das Berufsziel abzustellen ist. Bei Anwendung dieser Vorschrift ist nämlich der Abbruch einer Ausbildung offensichtlich dann zu verneinen, wenn beispielsweise ein Auszubildender den Abschluß eines Studiums der Betriebswirtschaftslehre an einer Hochschule mit der Diplomkaufmannsprüfung nicht mehr anstrebt und statt dessen das Studium der Betriebswirtschaftslehre an einer Fachhochschule (vergl. § 2 Abs. 1 BAföG) mit dem Studienziel eines graduierten Betriebswirtes fortsetzt. Im Hinblick darauf kann daher nicht zweifelhaft sein, daß der Begriff Fachrichtung unabhängig von dem jeweiligen Berufsziel zu sehen ist. Diese Folgerung steht im übrigen auch im Einklang mit der Rechtsprechung der Kammer, die bereits hinsichtlich von Ausbildungen, die auf die Befähigung zu einem Lehramt abzielen, zur Bestimmung des Begriffes Fachrichtung nicht auf das Berufsziel abgestellt hat.",
"Vergl. z.B. Urteil der Kammer vom 15. August 1975, Az.: 1 L 219/75.",
"Umstände, die einen Wechsel der Fachrichtung bewirken könnten, sind im Falle des Klägers jedoch nicht ersichtlich.",
"Daß der Kläger nicht mehr Betriebswirtschaftslehre, sondern Wirtschaftswissenschaften studiert, erscheint unerheblich. Bei dem Studium der Betriebswirtschaftslehre handelt es sich um eine besondere Ausprägung des Studiums der Wirtschaftswissenschaften, bei der andere Bereiche, wie z.B. Volkswirtschaftslehre, durchaus Berücksichtigung finden. Im übrigen spricht insoweit vorliegend gegen einen Wechsel der Fachrichtung, daß dem Kläger das Studium der Betriebswirtschaftslehre voll auf das Studium der Wirtschaftswissenschaften angerechnet worden ist, d.h. der Kläger so gestellt worden ist, als hätte er von Anfang an dieses Studium betrieben.",
"Ohne Einfluß auf die Fachrichtung ist es schließlich auch, daß die vom Kläger bereits seit seinem zweiten Semester betriebenen Nebenfächer Sport und Pädagogik im Rahmen des nunmehr angestrebten Studienabschlusses einen anderen, d.h. prüfungsrelevanten Stellenwert erfahren haben. Dies führt nach Auffassung der Kammer allein zu einer Ergänzung der durch das Hauptfach Wirtschaftswissenschaften maßgeblich bestimmten Fachrichtung.",
"Da sich nach Berechnung der Kammer der dem Kläger für den Bewilligungszeitraum vom 1. Oktober 1974 bis zum 30. September 1975 zustehende monatliche Förderungsbetrag auf - überschlägig - 120,- DM beläuft, steht dem Kläger die begehrte Ausbildungsförderung grundsätzlich auch als Zuschuß zu (§ 17 Abs. 1 BAföG).",
"Nach allem war der Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1, § 188 Satz 2 BAföG stattzugeben."
] | {
"law": [
"§ 188 Satz 2 BAföG",
"§ 17 Abs. 1 und 2 BAföG",
"§ 7 Abs. 3 BAföG",
"§ 2 Abs. 1 BAföG",
"§ 51 Abs. 2 BAföG",
"§ 15 a Abs. 4 BAföG",
"§ 7 Abs. 1 BAföG",
"§ 17 Abs. 1 BAföG"
],
"case": [
"1 L 219/75"
]
} |
316,056 | 15 W 99/76 | olgham-1976-03-24-15-w-9976 | ECLI:DE:OLGHAM:1976:0324.15W99.76.00 | 1976-03-24T00:00:00 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Beschluss | [
"Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.",
"Der Beschwerdewert wird auf 3.000 DM festgesetzt."
] | [] | [
"Das im Grundbuch von ... Blatt ... eingetragene Grundstück steht im Eigentum des Beschwerdeführers, der wegen Geistesschwäche entmündigt worden und dessen Vormünderin seine Ehefrau ist (VII L 68 AG ...). Es ist in Abt. III unter Nr. 1 u. 2 mit Hypotheken belastet. Bei der Hypothek Nr. 1 ist eine Löschungsvormerkung nach §§ 1179, 1163 Abs. 1 Satz 1 BGB für den jeweiligen Gläubiger der Post Abt. III Nr. 2 eingetragen.",
"Die Kreissparkasse ... hat als Gläubigerin der in Abt. III Nr. 1 eingetragenen Tilgungshypothek von 39.000 DM unter dem 13. Oktober 1975 die Löschung dieser Hypothek bewilligt und dem Eigentümer gleichzeitig den Hypothekenbrief übergeben. Unter dem 23. Oktober 1975 hat die Vormünderin auf demselben Vordruck namens des Grundstückseigentümers \"die Löschung der oben bezeichneten Grundschuld Beantragt\". Dar Notar ..., von dem die Unterschrift der Vormünderin beglaubigt worden ist, hat die Löschungsbewilligung nebst Lösenungsantrag und den Hypothekenbrief mit Schreiben vom 24. Oktober 1975 beim Grundbuchamt eingereicht und dabei erklärt, daß er die Anträge unter Bezugnahme auf § 15 GBO stelle.",
"Daraufhin hat der Rechtspfleger des Grundbuchamts am 29. Oktober 1975 im Wege der Zwischenverfügung gem. § 18 GBO mit Bestimmung einer Erledigungsfrist von einem Monat beanstandet: es fehle eine Genehmigung (Zustimmung) des Vormundschaftsgerichts zur beantragten Löschung, da - soweit bekannt - ein Gegenvormund nicht vorhanden und die zu löschende Hypothek auch nicht letztrangig eingetragen sei. Gegen diese Zwischenverfügung hat der Notar schließlich Erinnerung eingelegt, der der Rechtspfleger und der Grundbuchrichter nicht abgeholfen haben, weil es sich vorliegend am die Löschung der entstandenen Eigentümergrundschuld handele und dafür gem. § 1812 BGB die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich sei. Die mit der Vorlage als Beschwerde geltende Erinnerung ist vom Landgericht, das sich dieser Begründung angeschlossen hat, durch Beschluß vom 10. Februar 1976 zurückgewiesen worden, Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Antragstellers vom 5. März 1976.",
"Das nach §§ 78, 80 GBO zulässige Rechtsmittel ist in der Sache unbegründet, weil die angefochtene Entscheidung nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht, § 78 GBO. Das Landgericht hat die Erstbeschwerde mit Recht zurückgewiesen; denn die vom Grundbuchamt erlassene Zwischenverfügung war sachlich gerechtfertigt.",
"Ist eine Eintragungsbewilligung oder eine sonstige, zu einer Eintragung erforderliche Erklärung (§ 29 GBO) von einem Vormunde namens des Mündels abgegeben worden, so muß das Grundbuchamt prüfen, ob der Vormund dabei innerhalb der Grenzen seiner gesetzlichen Vertretungsmacht gehandelt hat. Diese ist in bestimmten Fällen - insbesondere gem. §§ 1812, 1821 u. 1822 BGB - beschränkt und an die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts oder eines etwa vorhandenen Gegenvormundes gebunden. Ergibt sich aus den vorgelegten Urkunden, daß eine genehmigungspflichtige Erklärung abgegeben wurde, so stellt der fehlende Nachweis der vorgeschriebenen Genehmigung ein Eintragungshindernis i.S. von § 18 GBO dar.",
"Daneben sind Fälle denkbar, in denen der Tatbestand eines genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfts zwar nicht offen zutage liegt, nach konkreten tatsächlichen Anhaltspunkten aber möglicherweise gegeben sein kann. Die hierdurch begründeten Zweifel am Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen sind ebenfalls als ein Hindernis i.S. des § 18 GBO anzusehen (Herrmann in Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann - künftig: KEHE -, Grundbuchrecht, § 18 GBO Rdn. 10 u. 12 m.w.Nachw.). Denn da es im öffentlichen Interesse liegt, die materielle Wahrheit des Grundbuchs nach Möglichkeit zu erhalten, darf das Grundbuchamt keine Eintragung vornehmen, die das Grundbuch unrichtig machen oder auch nur seine Richtigkeit beeinträchtigen könnte (BayObLG in NJW 1960, 821 m.w.Nachw.). Deshalb ist in derartigen Zweifelsfällen durch Erlaß einer Zwischenverfügung darauf hinzuwirken, daß entweder die erforderliche Genehmigung beigebracht oder der Nachweis fehlender Genehmigungsbedürftigkeit erbracht wird (BayObLG und Herrmann, jeweils a.a.O.).",
"Im vorliegenden Falle war die Zwischenverfügung des Grundbuchamts vom 29.10.1975 im Hinblick auf das Genehmigungserfordernis nach § 1812 BGB sachlich gerechtfertigt.",
"Allerdings haben das Amts- und Landgericht die Notwendigkeit der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung aus dem Gesichtspunkt einer Verfügung der Vormünderin über eine für den Mündel nach §§ 1163 Abs. 1 Satz 1, 1177 BGB entstandene Eigentümergrundschuld hergeleitet, obwohl die vorgelegten Eintragungsunterlagen keinen grundbuchlichen Nachweis für die Entstehung eines solchen Rechts ergeben; denn die von der Gläubigerin erklärte reine (abstrakte) Löschungsbewilligung enthält - im Gegensatz zu einer gehörigen löschungsfähigen Quittung - keinerlei Angaben über die Tilgung der Hypothekenforderung und die Person des Zahlenden und erlaubt daher keine Rückschlüsse auf das materiell-rechtliche Schicksal der Hypothek. Das ist aber deswegen nicht entscheidend, weil jedenfalls genügende konkrete Anhaltspunkte für die Möglichkeit der Entstehung einer Eigentümergrundschuld gegeben sind und weil auch die daneben noch in Betracht zu ziehenden möglichen Fallgestaltungen unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt die Genehmigung nach § 1812 BGB erforderlich machen würden.",
"I.",
"1.)",
"Nach § 1812 BGB bedarf der Vormund zur Verfügung über eine Forderung oder über ein anderes Recht, kraft dessen der Mündel eine Leistung verlangen kann, der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, falls - wie hier - kein Gegenvormund vorhanden ist und die Vormundschaft auch nicht von mehreren Vormündern gemeinschaftlich geführt wird. Zu den Rechten, kraft deren eine Leistung verlangt werden kann, zählen nach einhelliger Ansicht u.a. Hypotheken, Grund- und Rentenschulden, die von der Regelung des § 1822 Abs. I Ziff. 1 nach Abs. 2 derselben Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind (vgl. z.B. Staudinger-Engler, BGB, 10./11. Aufl., § 1812 Rdn. 6 m.w.Nachw.; Palandt-Diederichsen, BGB, 35. Aufl., § 1812 Anm. 2 b). Auch derjenigen Grundschuld, die beim Erlöschen einer Hypothekenforderung gem. § 1163 Abs. 1 Satz 2 oder beim Verzicht des Gläubigers auf die Hypothek gem. § 1163 Abs. sog, Eigentümergrundschuld (§ 1177 Abs. 1 BGB) entsteht, kann der Charakter einer echten Grundschuld i.S. des 1191 nicht abgesprochen werden. Sie weist allerdings die Besonderheit auf, daß die Realisierungsmöglichkeiten in der Person des Eigentümers ruhen (§ 1197 Abs. 1). So, kann der Anspruch des Grundschuldgläubigers auf die Leistung - nämlich die Zahlung einer Geldsumme aus dem Grundstück - für die Dauer der Vereinigung des Gläubigerrechts und des Grundstückseigentums in einer Person nicht ohne weiteres betätigt werden. Aus diesem Grunde ist in der Rechtsprechung und im Schrifttum teilweise die Einreihung der Eigentümergrundschuld in die Rechte, kraft deren eine Leistung gefordert werden kann (§ 1812), in Zweifel gezogen worden (KG in JFG 13, 393 = JW 1936, 2745; Meikel-Imhof-Riedel, Grundbuchrecht, 6. Aufl., § 18 GBO Anh. Rdn. 122, Güthe-Triebel, GB0, 6, Aufl., Band 2 S. 2066/2067).",
"Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß der Anspruch des Gläubigers aus der Eigentümergrundschuld nicht untergegangen, sondern nur vorübergehend gehemmt ist, wodurch die Grundschuld ihr Wesen und ihren Charakter nicht eingebüßt hat (§ 889 BGB). Das zeigt sich insbesondere darin, daß dem Eigentümer die Grundschuld bei einer Veräußerung des Grundstücks als Fremdgrundschuld verbleibt, ebenso bei einer Zwangsversteigerung, wenn sie im geringsten Gebot steht oder ein etwaiger Erlös dem Eigentümer zufällt. Außerdem ist hinzuweisen auf die Möglichkeiten der Übertragung auf einen Dritten, der Belastung mit dem Recht eines Dritten, der Pfändung, auf die Berücksichtigung im Zwangsversteigerungsverfahren und die Verzinsung während der Zwangsverwaltung, § 1197 Abs. 2. Aus diesen Gründen ist die Eigentümergrundschuld als ein Recht i.S. des § 1812, kraft dessen eine Leistung verlangt werden kann, anzusehen (ebenso: Doerr, Seuffert's Blätter für Rechtsanwendung, Band 71, S. 376 ff. LG Würzburg, Mitt.BayNot 1972, 239). Daraus folgt,; daß eine Verfügung des Vormunds über dieses Recht grundsätzlich der vorgeschriebenen Genehmigung bedarf.",
"Ob bei einer rangletzten Eigentümergrundschuld ausnahmsweise deswegen etwas anderes zu gelten hat, weil es sich dann lediglich um eine bloß formelle Rechtsstellung handeln soll (so die fast einhellige Rechtsauffassung: vgl. die Nachweise in der Entscheidung des LG Würzburg a.a.O.), steht hier nicht zur Entscheidung. Denn im vorliegenden Falle folgt der etwa entstandenen Eigentümergrundschuld noch eine weitere Hypothek im Range nach, die bei Löschung der Hypothek Nr. 1 im Range aufrückt und eine Anderweitige Ausnutzung dieser Rangstelle durch den Eigentümer verhindert.",
"Somit fällt jedenfalls eine Verfügung des Vormunds über eine nicht rangletzte Eigentümergrundschuld des Mündels unter das Genehmigungserfordernis nach § 1812 BGB (h.M., vgl. die vom LG Würzburg a.a.O., angeführten Nachweise). Verfügung in diesem Sinne ist jedes Rechtsgeschäft, durch das ein bestehendes Recht unmittelbar übertragen, belastet, aufgehoben oder inhaltlich geändert wird (BGHZ 1, 304). Dazu gehört insbesondere die Aufhebung der Eigentümergrundschuld nach § 875 BGB.",
"Eine derartige materiell-rechtliche Aufhebungserklärung kann in ... vorliegenden Löschungsantrage der Vormünder in vom 23.10.1975 gesehen werden, falls eine Eigentümergrundschuld entstanden ist. Zwar ist die materiell-rechtliche Erklärung grundsätzlich von den verfahrensrechtlichen Grundbucherklärungen zu unterscheiden. Regelmäßig kann aber, wenn der Eigentümer in der Form des § 29 GBO die Löschung einer Eigentümergrundschuld beantragt oder bewilligt, darin zugleich die materiell-rechtliche Aufhebungserklärung sem. § 875 BGB erblickt werden (Palandt-Bassenge, § 875 BGB Anm. 3 a). Die gleiche Bedeutung ist dem hier von der Vormünderin in beglaubigter Urkunde (§ 29 GBO) erklärten Löschungsantrage - der sich auf die \"Grundschuld\" bezieht - beizumessen, einerlei, ob damit die (zuvor vom Gläubiger zur Löschung bewilligte) Hypothek gemeint oder die Entstehung einer Eigentümergrundschuld gem. §§§§ 163 Abs. 1 Satz 2, 1177 BGB angesprochen sein soll. Der Löschungsantrag ist nämlich - wenn er der Form des § 29 GBO genügt - in der Regel zugleich als die nach § 27 GBO notwendige, keinen bestimmten Wortlaut erfordernde Zustimmung des Eigentümers zur Löschung der Hypothek zu werten (Ertl in KEHE, § 27 GBO Rdn. 9). Geht man von der Entstehung einer Eigentümergrundschuld aus, so ist für die Annahme, daß in der Zustimmung des Eigentümers nach § 27 GBO regelmäßig zugleich diejenige des materiellen Rechts nach § 1183 BGB zu sehen sei (Ertl in KEHE, § 27 Rdn. 7), kein Raum; vielmehr kann dann der Erklärung des Eigentümers - wenn keine entgegenstehende Anhaltspunkte vorliegen - zugleich die Aufhebungserklärung nach § 875 BGB entnommen werden.",
"2.)",
"Konkrete Anhaltspunkte für die Entstehung einer Eigentümergrundschuld aus der zu löschenden Hypothek ergeben sich im vorliegenden Falle aus folgenden Erwägungen: Der nächstliegende Grund für die beantragte Löschung ist auch bei der - wie hier - von einem Kreditinstitut abgegebenen abstrakten Löschungsbewilligung im allgemeinen darin zu suchen, daß die der Hypothek zugrunde liegende persönliche Schuld zurückgezahlt worden ist. Das gilt umso mehr, wenn es sich - wie hier - um eine ausgesprochene Tilgungshypothek handelt. Hinzu kommt noch, daß vom Beschwerdeführer im Verfahren der ersten und der weiteren Beschwerde die Entstehung einer Eigentümergrundschuld nicht etwa geleugnet, sondern sogar ausdrücklich geltend gemacht worden ist. Auf diese Rechtslage deutet zudem bereits der Text des Löschungsantrages der Vormünderin vom 23.10.1975 hin, in dem von den vorgedruckten Worten \"Hypothek/Grundschuld\" das erstere durchgestrichen worden ist, obwohl in der Löschungsbewilligung der Gläubigerin eindeutig von ihrer \"Hypothek\" die Rede ist.",
"3.)",
"Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers entfällt die Notwendigkeit einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung hier auch nicht deswegen, weil bei der zu löschenden Hypothek eine Löschungsvormerkung nach § 1179 BGB zugunsten des jeweiligen Gläubigers der Hypothek Abt. 3 Nr. 2 eingetragen, der Eigentümer danach also zur Löschung der Hypothek Abt. III Nr. 1 rechtlich verpflichtet ist. Die Vorschrift des § 1812 BGB macht insoweit Keine Einschränkungen und nimmt den Fall, daß der Mündel zu der Verfügung verpflichtet ist, nicht aus. Insoweit besteht die gleiche Rechtslage wie bei § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Für den Bereich dieser Vorschrift hat das Kammergericht wiederholt ausgesprochen, es komme nicht darauf an, ob eine Verbindlichkeit zur Vornahme der - genehmigungsbedürftigen - Verfügung bestehe oder nicht (KG in OLG 33, 363 sowie KGJ 38 A 219 ff., 223). Bei den Gesetzgebungsarbeiten ist von einer Ausnahmebestimmung für den bezeichneten Fall bewußt in der Erwägung abgesehen worden, daß die Legitimation (des Vormundes) zur Vornahme von Rechtshandlungen, die sich auf das Grundbuch beziehen, eine unbedingte und für den Grundbuchrichter sicher erkennbare sein müsse. Die Prüfung der Frage, ob die Verpflichtung zur Verfügung über das Grundstück bestehe, sollte nicht dem Grundbuchamt sondern dem Vormundschaftsgericht im Rahmen des Genehmigungsverfahrens obliegen. (ebenso: Palandt-Diederichsen, § 1821 Anm. 1 b).",
"II.",
"Aber auch dann, wenn im vorliegenden Falle eine Eigentümergrundschuld trotz der dafür sprechenden Anhaltspunkte nicht entstanden sein sollte, würde nach den sonst noch in Betracht zu ziehenden Fallgestaltungen eine gem. § 1812 BGB genehmigungspflichtige Verfügung der Vormünderin in ihrem Löschungsantrage vom 23.10.1975 zu sehen sein.",
"Sollte die Löschungsbewilligung der Gläubigerin ihren Grund nicht in einer Befriedigung der persönlichen Forderung sondern etwa in einer Aufhebung des Hypothekenrechts gem. § 875 BGB haben, so könnte in der - im Löschungsantrage konkludent enthaltenen - Zustimmungserklärung des Eigentümers nach § 27 GBO zugleich die materiell-rechtliche Zustimmung nach § 1183 BGB gesehen werden. Das gleiche wäre anzunehmen, wenn ein Dritter die Gläubigerin befriedigt hätte und die Hypothek dadurch außerhalb des Grundbuchs auf ihn - z.B. einen Ablösungsberechtigten nach § 268 BGB oder auf den gesamtschuldnerisch für die Forderung mithaftenden Ehegatten des Grundstückseigentümers - übergegangen wäre. Der Senat teilt die Auffassung von Hurst (Fälle vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung in der notariellen Praxis, Mitt.Rhein.Not 1966, 383 ff., 413), daß in allen diesen Fällen die vom Vormunde gem. § 1183 BGB erteilte Zustimmung des Eigentümers zur Löschung einer Hypothek im Hinblick auf § 1812 BGB einer Verfügung über eine Eigentümergrundschuld gleichzustellen ist. Durch die letztgenannte Vorschrift soll nämlich dem Eigentümer die Möglichkeit (Anwartschaft) erhalten bleiben, die Hypothek (sei es als solche oder als forderungsentkleidete Eigentümergrundschuld) selbst zu erwerben, um sie sich mit ihrer Rangstelle erneut nutzbar machen zu können. Mit einer Zustimmung zur Hypothokenlöschung nach § 1183 BGB wird die Anwartschaft auf die Erlangung einer Eigentümergrundschuld endgültig aus der Hand gegeben. Mit Blickrichtung auf den Schutz des Mündels bedeutet es keinen Unterschied, ob der Vormund das Eigentümerrecht selbst zur Löschung bewilligt (gem. § 875 BGB bei Aufgabe einer bereits entstandenen Eigentümergrundschuld) oder ob er es durch Zustimmung zur Löschung (gem. § 1183) zum Untergehen bringt; in beiden Fällen entzieht der Vormund dem Mündel eine vermögenswerte Rechtsposition (ebenso wohl auch Doerr S. 378).",
"III.",
"Allerdings hat das Grundbuchamt im Eintragungsverfahren über einen Löschungsantrag beim Vorliegen einer reinen (abstrakten) Löschungsbewilligung grundsätzlich nicht zu prüfen, welcher materiell-rechtliche Vorgang zu der Löschungsbewilligung geführt hat. Das formelle Konsensprinzip endet erst dort, wo das Grundbuchamt auf Grund konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte berechtigte Zweifel am Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen, insbesondere der Verfügungsberechtigung des Gläubigers oder des Eigentümers, hat. Zu solchen Zweifeln reicht die bloße Tatsache, daß eine Tilgungshypothek gelöscht werden soll, nicht aus, wie auch keine Vermutung dafür besteht, daß Zahlungen auf die Hypothek (bzw. die ihr zugrunde liegende Forderung) durch den Grundstückseigentümer geleistet worden sind (Horber, GBO, 13. Aufl., § 19 Anm. 2 a; Senat in DNotZ 1958, 547; Haegele in Rpfleger 1964, 150; Wäntig in MDR 1949, 683).",
"Diese Rechtsgrundsätze werden aber von en oben unter I. u. II. angestellten Erwägungen nicht berührt. Denn hier geht es nicht darum, wie das Grundbuchamt über den Löschungsantrag bei einem voll geschäftsfähigen Grundstückseigentümer zu befinden hätte, sondern um die andersartige Frage, ob hinreichende, die Zwischenverfügung vom 29.10.1975 rechtfertigende Anhaltspunkte für das tatsächliche Vorliegen einer nach § 1812 BGB genehmigungsbedürftigen Verfügung der Vormünderin gegeben sind.",
"IV.",
"Zu den Erfordernissen einer Zwischenverfügung gehört die Bezeichnung der Mittel und Wege für die Beseitigung des Eintragungshindernisses. Das Grundbuchamt hat im vorliegenden Falle die Beibringung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung \"zur beantragten Löschung\" gefordert. Diese Ausdrucksweise ist zwar insofern ungenau, als nicht die Löschung als solche, sondern die darauf gerichtete, eine Verfügung i.S. des § 1812 BGB enthaltende Erklärung der Vormünderin der Genehmigungbedarf, also der Löschungsantrag vom 23.10.1975, in dem - wie oben ausgeführt - zugleich die Zustimmung nach § 27 GBO und außerdem aller Wahrscheinlichkeit nach entweder eine materiell-rechtliche Aufgabeerklärung nach § 875 BGB oder eine Zustimmung nach § 1183 BGB zu sehen ist. Trotzdem bringt die Zwischenverfügung aber den Gegenstand der erforderten vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung hinreichend deutlich zum Ausdruck, zumal das Grundbuchamt im Schriftwechsel mit dem Notar ausdrücklich auf § 1812 BGB hingewiesen hat.",
"Eine nachträglich erteilte vormundschaftsgerichtliche Genehmigung des Eintragungsantrages vom 23.10.1975 wäre allerdings kein taugliches Mittel zur Behebung des vorliegenden Hindernisses, wenn - was die Vorinstanzen nicht erörtert haben - die Voraussetzungen des § 1831 BGB vorlägen. Nach dieser Vorschrift ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das der Vormund ohne die erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts vornimmt, unwirksam. Die Bestimmung ist aber anerkanntermaßen nicht anzuwenden auf einseitige, dem Grundbuchamt gegenüber zwecks Vornahme einer Eintragung abzugebende Erklärungen; denn ihr gesetzgeberischer Grund - diejenigen Personen, deren Rechtsverhältnisse durch ein einseitiges Rechtsgeschäft berührt werden, nicht für unbestimmte Zeit über die Wirksamkeit des Geschäfts im Ungewissen zu lassen - entfällt u.a. auch dann, wenn das Grundbuchamt dieser Ungewissheit durch eine befristete Zwischenverfügung ein Ziel setzen kann (vgl. dazu insbesondere KG JW 1936, 2746; Erman-Heformehl, BGB, 6. Aufl., § 1831 Rdn. 3; Palandt-Diederichsen, § 1831 Anm. 2).",
"So liegt der Fall auch hier. Der Löschungsantrag vom 23.10.1975 Ist ersichtlich dem Grundbuchamt, nicht etwa der Hypothekengläubigerin gegenüber erklärt worden, zumal er offensichtlich zugleich die nach § 27 GBO erforderliche, dem Grundbuchamt gegenüber abzugebende Zustimmung des Eigentümers zur Löschung der Hypothek enthalten soll. Auch die gem. § 875 oder § 1183 BGB materiell-rechtlich erforderlichen Erklärungen des Eigentümers, von denen hier nach Lage der Sache die eine oder andere Im Hinblick auf § 1812 BGB angenommen werden kann, können dem Grundbuchamt gegenüber abgegeben werden.",
"Die weitere Beschwerde war nach alledem zurückzuweisen. Zu einer Kostenentscheidung nach § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG bestand keine Veranlassung."
] | [] | {
"law": [
"§ 1831 BGB",
"§§ 1163 Abs. 1 Satz 1, 1177 BGB",
"§ 889 BGB",
"§§ 163 Abs. 1 Satz 2, 1177 BGB",
"§ 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG",
"§§ 78, 80 GBO",
"§ 1179 BGB",
"§ 1812 BGB",
"§ 27 GBO",
"§§ 1179, 1163 Abs. 1 Satz 1 BGB",
"§ 1183 BGB",
"§ 18 GBO",
"§ 78 GBO",
"§ 15 GBO",
"§ 875 BGB",
"§ 268 BGB",
"§ 1177 Abs. 1 BGB",
"§ 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB",
"§ 29 GBO"
],
"case": []
} |
316,057 | 4 O 131/75 | lg-bonn-1976-03-23-4-o-13175 | ECLI:DE:LGBN:1976:0323.4O131.75.00 | 1976-03-23T00:00:00 | {
"id": 804,
"name": "Landgericht Bonn",
"slug": "lg-bonn",
"city": "Bonn",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | Urteil | [
"Die Klage wird abgewiesen, soweit ihr nicht bereits durch das Teilanerkenntnisurteil vom 21.November 1975 entsprochen worden ist bzw. die Parteien den Rechtsstreit - wegen eines Betrages von 1.728, 95 DM - übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.",
"Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.",
"Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000.-- DM vorläufig vollstreckbar."
] | [
"Die Klägerin nimmt den Beklagten als Haftpflichtversicherer des Herrn Q in Anspruch, der am 3.3.1973 einen Verkehrsunfall verschuldete, bei dem das Mitglied der Klägerin Herr S erhebliche Verletzungen erlitt. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Beklagte 60 % des Schadens zu decken hat. Sie streiten um die Höhe des Schadensersatzes, der der Klägerin wegen Aufwendungen für",
"1) Krankengeld;",
"2) Krankenhauskosten;",
"3) ambulante Pflegekosten; zusteht.",
"1 .) Krankengeld",
"Die Klägerin hat an Herrn S für die Zeit vom 14.4.1973 bis 30.8.1974 = 504 Tage insgesamt 17.841,60 DM Krankengeld gezahlt (in der Zeit vom Unfalltag, 3.3. 1973 bis 13.4.1973 erhielt Herr S seinen Lohn von seinem Arbeitgeber fortgezahlt).",
"Unter Bezugnahme auf eine von ihr eingeholte Arbeitgeberbescheinigung vom 3.8.1973 / 3.5.1974 (BI. 43,44 d. A.) trägt sie vor, Herr S habe monatlich 1.371,73 DM brutto = 991,31 DM netto verdient, was einem kalendertäglichen Ausfall von 35,40 DM entspreche. Dem sei der Rentenversicherungsbeitrag von kalendertäglich 8,34 DM hinzuzurechnen, womit sich ein Tages-Lohnausfall von 43,74 DM ergebe. Der Verdienstausfallschaden für die Zeit vom 14.4.1973 bis 30.8.1974. belaufe sich dementsprechend auf 22.044,95 DM (504 x 43,74), der Ersatzanspruch gegen den Beklagten auf 60 % hiervon = 13.225,98 DM. Dieser Anspruch sei unter Berücksichtigung des ihr zustehenden Quotenvorrechts in vollem Umfang auf sie als den Sozialversicherer übergegangen, da ihre Aufwendungen die Höhe der Ersatzforderung überstiegen. Gezahlt habe der Beklagte auf diese Position aber lediglich vorprozessual 8.534,23 DM und nach Rechtshängigkeit 1.728,95 DM - insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit inzwischen in der Hauptsache für erledigt erklärt.",
"Demgegenüber trägt der Beklagte gestützt auf eine von ihm eingeholte Arbeitgeberbescheinigung vom 26.5.1975 (BI. 29 d. A.) vor, das Kassenmitglied S habe im fraglichen Zeitraum (14.4.1973 - 30.8.1974) einen Nettoverdienstausfall von nur 20.555,29 DM erlitten.",
"Den sich daraus ergebenden Ersatzanspruch in Höhe von 12.333,17 DM (60 % von 20.555,29) habe er voll befriedigt. Der Rentenversicherungsbeitrag, dessen Höhe er bestreite, könne nicht zu Gunsten der Klägerin in Ansatz gebracht werden. Insoweit könne dem Mitglied der Klägerin nur dann ein Schaden entstanden sein, wenn die zeitweilige Nicht-Zahlung des Beitrags eine Minderung des künftigen Rentenanspruchs zur Folge habe, was jedoch nicht dargelegt sei. Zum anderen sei ein etwaiger Ersatzanspruch bezüglich des Rentenversicherungsbeitrags nicht gemäß § 1542 RVO auf die Klägerin übergegangen, da diese ihrem Mitglied keine dem Rentenversicherungsbeitrag kongruente Leistung erbracht habe. Das Krankengeld diene nur der Deckung des reinen Nettolohnausfalls und stehe in keinem Zusammenhang mit einem durch zeitweilige Nichtzahlung des Beitrags etwa erwachsenden Renten-Ausfallschaden.",
"2.) Krankenhauskosten",
"Die Klägerin hat für ihr Mitglied S anlässlich des genannten Unfalls insgesamt 14.507,-- DM an Krankenhauskosten aufgewendet. Der Beklagte hat hiervon für 137 Tage jeweils 6,-- DM wegen häuslicher Eigenersparnis in Abzug gebracht, den er irrtümlich mit 828,-- DM statt 822,-- DM errechnet hat. Demzufolge beziffert er den diesbezüglichen Schaden mit 13.679,-- DM (14.507,- 828,--) den Ersatzanspruch mit 60 % hiervon = 8.207, 40 DM. Diesen Betrag hat der Beklagte an die Klägerin gezahlt (auf Grund eines offenbaren Versehens geht diese von 8.204,40 DM statt 8.207,40 DM aus).",
"Demgegenüber macht die Klägerin geltend, ihr gegenüber könne eine häusliche Eigenersparnis nicht in Abzug gebracht werden, sie könne demnach 60 % von 14.507,-- DM = 8.704,20 DM beanspruchen. Tatsächlich bringe ein Krankenhausaufenthalt erfahrungsgemäß keine Ersparnis. Zwar entfalle für den Patienten die häusliche Verpflegung, dies werde aber durch zusätzliche Aufwendungen des Verletzten im Krankenhaus zumindest aufgewogen. Davon abgesehen könne eine etwaige Ersparnis wegen Wegfalls der häuslichen Verpflegung während der Dauer der Krankenhausbehandlung nur dann in Ansatz gebracht werden, wenn - anders als hier - kein Anspruch auf Ersatz von Verdienstschaden gegen den Schädiger erwachsen sei, denn diese häusliche Verpflegung werde üblicherweise aus dem Erwerbseinkommen bestritten. Da der Sozialversicherer mit der Gewährung der Krankenhauspflege, soweit sie die Verpflegung betreffe, dem Kassenmitglied gewissermaßen Unterhalt gewähre, gehe deshalb zu diesem Teil nach dem Grundsatz der kongruenten Deckung der Anspruch auf Ersatz des Erwerbsschadens nach § 1542 RVO auf den Sozialversicherer über.",
"Vorsorglich macht die Klägerin insoweit geltend:",
"Ihr Mitglied Herr S habe erhebliche Mehraufwendungen gehabt. Mindestens 20 x sei er von seinen Familienangehörigen, insbesondere seiner Ehefrau besucht worden, wobei pro Besuch ca. 50.-- DM an Fahrt- und Aufenthaltskosten angefallen seien und die Besucher Geschenke im Wert von insgesamt rund 200.-- DM mitgebracht hätten. Hierbei handele es sich nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen um Heilbehandlungskosten im weiteren Sinne; diese seien nach § 1542 RVO übergangsfähig. Darüber hinaus habe Herr S während der Dauer seiner stationären Behandlung täglich 5,-- DM für Stärkungsmittel, Obst und Getränke aufgewendet.",
"3.) Ambulante Pflegekosten",
"Während die Klägerin die Krankenhauskosten nach der Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen abrechnet, pauschaliert sie die ambulanten Pflegekosten unter Bezugnahme auf §§ 1524 Abs. 1 S. 2, 1542 Abs. 2 RVO. Mit dem Beklagten ist sie sich allerdings darüber einig, dass die Geltendmachung des vollen Pauschsatzes nach den genannten Bestimmungen außer Verhältnis stünde zu den Kosten, die bei privatärztlicher Behandlung des Verletzten angefallen wären. Sie legt deshalb ihrer Schadensberechnung lediglich einen Betrag von 1.960,05 DM als \"Teilbetrag der Pauschale\" zugrunde und trägt vor, diese Summe stehe in keinem unangemessenen Verhältnis zu den Privatarztkosten, die sie unter Zugrundelegung von 215,20 DM für Medikamente - dieser Betrag ist unstreitig - und des 4-fachen Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) mit 1.291,20 DM beziffert. Demgemäß berechnet die Klägerin den ihr angeblich zustehenden Ersatzanspruch mit 1.176,03 DM (60 % von 1.960,05). Gezahlt hat der Beklagte auf diese Schadensposition unstreitig 438,-- DM (BI. 77,78 d. A. : 60 % von 730.-- DM).",
"Der Beklagte hält die Berechnungsweise der Klägerin für unzulässig und meint, diese könne deshalb nur nach der Höhe ihrer tatsächlichen, bislang jedoch nicht dargelegten Aufwendungen abrechnen, nicht aber einen \"Teilbetrag einer unzulässigen Pauschale\" oder die fiktiven Privatarztkosten verlangen. Letztere seien im übrigen von der Klägerin übersetzt angegeben. Unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse könne nur der 2-fache Satz der GOÄ zugrunde gelegt werden.",
"Nach Hinweis durch das Gericht haben sich die Parteien damit einverstanden erklärt, dass der 3-fache Gebührensatz nach GOÄ zugrunde gelegt wird, falls sonst eine Beweisaufnahme über die Angemessenheit des Gebührensatzes erforderlich würde.",
"Nachdem die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage durch Teil-Anerkenntnisurteil der Kammer vom 21.11.1975 (BI. 58 d. A.) ihre Erledigung gefunden hat und die Parteien den Rechtsstreit wegen eines Betrages von 1.728,95 DM in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, beantragt die Klägerin nunmehr,",
"den Beklagten zu verurteilen, an sie 6.127,58 DM nebst 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit (20.6.1975) abzüglich am 23.6.1975 gezahlter 1.728,95 DM zu zahlen.",
"Der Beklagte beantragt,",
"die Klage abzuweisen.",
"Für den Fall, dass trotz seiner oben wiedergegebenen Einwendungen ein Rest-Anspruch der Klägerin verbleibt, erklärt er vorsorglich die Aufrechnung mit einer ihm angeblich zustehenden Gegenforderung in Höhe von 1.228,92 DM.",
"Hierzu trägt er unwidersprochen vor, die Klägerin habe ihre Aufwendungen für Krankengeld hinsichtlich des Zeitraums vom 1.3.1974 bis 30.8.1974 nicht nur ihm gegenüber, sondern auch gegenüber der Landesversicherungsanstalt T geltend gemacht. Diese habe Ende 1974 / Anfang 1975 2.048,20 DM an die Klägerin gezahlt und nehme nunmehr ihrerseits bei ihm, dem Beklagten, Regreß. Die Klägerin sei demzufolge um einen Betrag von 1.228,92 DM = 60 % von 2.048,20 DM ungerechtfertigt bereichert.",
"Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.",
"Das Gericht hat über die Höhe der vom Beklagten an die Klägerin geleisteten Zahlungen Beweis erhoben. Es wird hierzu verwiesen auf die amtliche Auskunft des Postscheckamtes L (BI. 81-85 d. A.)."
] | [] | [
"Die Klage ist nicht begründet. Zwar steht der Klägerin nach Abrechnung des Krankengeldes, der Krankenhauskosten und der ambulanten Pflegekosten noch ein Restbetrag von 255,78 DM zu, diese Forderung ist aber durch die seitens des Beklagten erklärte Aufrechnung mit einem Gegenanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) in Höhe von 1.228,92 DM erloschen (§§ 387,389 BGB).",
"Insoweit hat der Beklagte die Forderung der Klägerin voll ausgeglichen, sogar um 100,74 DM überzahlt. Grundlage des diesbezüglichen Anspruchs ist der Verdienstausfallschaden, den der Verletzte erlitten hat, denn nur in diesem Umfang kann nach § 1542 RVO ein Anspruch auf die Klägerin übergegangen sein. Die Höhe des gezahlten bzw. zu zahlenden Krankengeldes ist nur insoweit von Bedeutung, als damit der Betrag bestimmt wird, bis zu dem der Anspruch des Verletzten wegen Verdienstausfalls im Höchstfall auf die Krankenkasse übergegangen sein kann. Bleibt wie hier der ersatzfähige Verdienstausfallschaden hinter dem gezahlten Krankengeldbetrag zurück, so ist letzterer irrelevant.",
"Der Nettolohn des Verletzten ist nach der vom Beklagten eingeholten Arbeitgeberbescheinigung vom 26.5.1975 (BI. 29 d. A.) zu berechnen. Der Streit der Parteien darüber, ob die von der Klägerin eingeholten Arbeitgeberbescheinigungen vom 3.8.1973 bzw. 3.5.1974 (BI. 43, 44 d. A.) maßgebend sind oder die vom Beklagten eingeholte der Abrechnung zugrunde zu legen ist, ist unverständlich. Die Bescheinigung vom 26.5.1975 weist nämlich einen höheren Brutto- und Nettolohn aus als die vom 3.8.1973 / 3.5.1974, ist also für die Klägerin günstiger. Aus ihr ergibt sich entsprechend der Berechnung des Beklagten auf Blatt 4 des Schriftsatzes vom 24.7.1975 (BI. 22 d. A.) für die Zeit ab 14.4.1973 (Ende der Lohnfortzahlung) bis Ende August 1974 (Ende der Krankengeldzahlung) ein Nettoverdienst des Verletzten von 20.555,29 DM. Auf der Grundlage der von der Klägerin vorgelegten Bescheinigungen vom 3.8.1973 / 3.5.1974 ergibt sich dagegen ein kalendertäglicher Nettolohnausfall von 991,31 DM : 28 (die Bescheinigungen beziehen sich auf den Monat Februar) ::: 35,40 DM. Daraus folgt für den Zeitraum 14.4.1973 - 30.8.1974 = 504 Tage ein Netto-Verdienstausfall von nur 17.841,60 DM, also exakt der Betrag, den die Klägerin als Krankengeld an den Verletzten gezahlt hat. Dass die Klägerin letztlich auf einen höheren Verdienstausfallschaden als der Beklagte kommt, nämlich auf 22.044,96 DM (504 x 43,74 DM), beruht einzig darauf, dass sie dem kalendertäglichen Netto-Lohnausfall von - nach ihrer Auffassung - 35,40 DM den Rentenversicherungsbeitrag in Höhe von angeblich 8,34 DM täglich zuschlägt. Die Richtigkeit oder Unrichtigkeit dieses Zuschlags ist jedoch keine Frage, die mit der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der einen oder anderen Arbeitgeberbescheinigung zusammenhängt; es handelt sich um ein reines Rechtsproblem, das im Folgenden noch zu erörtern sein wird.",
"Da das Vorbringen des Beklagten, soweit er sich auf die von ihm eingeholte Arbeitgeberbescheinigung vom 26.5.1975 stützt, der Klägerin mithin günstig ist, kann als selbstverständlich davon ausgegangen werden, dass sie dieses ihr günstige Vorbringen sich zu eigen macht. Der Nettolohnausfall des Verletzten ist dementsprechend für den fraglichen Zeitraum auf 20.555,29 DM anzusetzen.",
"Diesem Betrag kann entgegen der Auffassung der Klägerin der Rentenversicherungsbeitrag nicht hinzugerechnet werden. Dabei kann dahinstehen, ob dem Verletzten insoweit ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist. Auch wenn dies zu Gunsten der Klägerin unterstellt wird, kann sie nach Ansicht der Kammer diesen Beitrag nicht in ihre Abrechnung mit dem Beklagten einbeziehen, weil ein etwaiger diesbezüglicher Ersatzanspruch des Verletzten nicht gemäß § 1542 RVO auf sie übergegangen sein kann. Es entspricht einhelliger Meinung, dass ein Forderungsübergang nach § 1542 RVO nur insoweit stattfindet, als der Sozialversicherungsträger dem Verletzten eine kongruente Leistung erbringt bzw. zu erbringen hat. An dieser Kongruenz fehlt es im Verhältnis zwischen Krankengeld und Rentenversicherungsbeitrag. Ersteres ist nach § 182 Abs. 4 RVO begrenzt durch die Höhe des regelmäßigen Nettoarbeitsentgeltes, zu dem unzweifelhaft der Rentenversicherungsbeitrag nicht gehört. In dieser Vorschrift kommt hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass das Krankengeld zur Deckung des Bedarfs, der sonst durch den Nettolohn gedeckt wird, bestimmt ist; seine Zweckbestimmung liegt aber nicht, auch nicht teilweise, im Ausgleich eines etwaigen Renten-Ausfallschadens, wie er eventuell durch die zeitweilige Nicht-Zahlung des Rentenversicherungsbeitrags herbeigeführt werden könnte. Falls insoweit ein Schadensersatzanspruch der Verletzten gegen den Schädiger entstanden ist, verbleibt er trotz Zahlung von Krankengeld dem Verletzten und geht nicht gemäß § 1542 RVO auf die Krankenkasse über. Eine andere Beurteilung entspräche auch nicht der Billigkeit, denn das der Höhe nach durch den Nettolohn begrenzte Krankengeld ermöglicht dem Verletzten eben nur die Deckung der Bedürfnisse, die er ansonsten aus dem Nettolohn zu bestreiten pflegt, gibt ihm jedoch keinen Ausgleich für einen eventuellen Renten - Ausfallschaden. Zudem ist der Sozialversicherte ohnehin durch das Quotenvorrecht des Sozialversicherungsträgers (vgl. BGH in NJW 1969, S. 98 ff.) benachteiligt. Es besteht kein Grund, den Sozialversicherungsträger zu Lasten des Versicherten noch weitergehend zu begünstigen dadurch, dass ein Forderungsübergang nach § 1542 RVO auch insoweit angenommen wird, als der Versicherungsträger Leistungen mit anderer Zweckbestimmung, als sie der betreffenden Schadensersatzforderung zugrunde liegt, erbringt.",
"Ob der Netto-Verdienstentgang und Rentenausfallschaden gleichermaßen unter den Begriff des \"Erwerbsschadens\" zu fassen ist, ist nach Auffassung der Kammer für die Beurteilung des vorliegenden Falls belanglos. Allerdings wird von Wussow die Auffassung vertreten, die denkbaren Schäden seien in 5 verschiedene Schadensgruppen einzuteilen, und zwar:",
"a) Heilungskosten;",
"b) vermehrte Bedürfnisse;",
"c) Erwerbsschaden;",
"d) Schmerzensgeld;",
"e) Sachschaden.",
"Die einzelnen Schadensgruppen zerfielen zwar wieder in zahlreiche Einzelpositionen; es sei aber im Sinne der zu § 1542 RVO entwickelten Kongruenzlehre unzulässig, eine Aufspaltung der einzelnen Schadensgruppen vorzunehmen, es komme also nicht darauf an, ob die betreffende einzelne Schadensposition von dem Sozialversicherer seinerseits dem Versicherten erstattet werde (Unfallhaftpflichtrecht 12.Auflage Rn. 1485, 1486 und in NJW-Schriftenreihe, Ersatzansprüche bei Personenschäden Rn. 224). Diese generalisierende Betrachtungsweise mag die oft schwierige Frage der Kongruenz wesentlich vereinfachen, trägt indes der gerade im Interesse des Versicherten und aus Gründen der Gerechtigkeit gebotenen Einzel-Beurteilung der Zweckbestimmung von Leistung des Sozialversicherungsträgers einerseits und Schadensersatzanspruch andererseits nicht genügend Rechnung. Es ist auch nicht ersichtlich, dass diese von Wussow vertretene Differenzierung bisher in der Rechtsprechung Anklang gefunden hat. Der Forderungsübergang nach § 1542 RVO bezweckt in erster Linie, eine ungerechtfertigte Entlastung des Haftpflichtigen und eine doppelte Entschädigung des Verletzten zu vermeiden (BGHZ Bd. 54 S. 377,382). Von einer \"doppelten Entschädigung\" des Verletzten kann jedoch keine Rede sein, wenn ihm ein etwaiger Ersatzanspruch wegen eines Renten-Ausfallschadens trotz Bezuges von Krankengeld verbleibt.",
"Da der Rentenversicherungsbeitrag mithin dem Nettolohn-Ausfall von 20.555,29 DM nicht hinzu zurechnen ist und die Parteien sich über die Quotierung im Verhältnis 60 : 40 einig sind, ergibt sich unter Berücksichtigung des Quotenvorrechts des Sozialversicherungsträgers ein auf die Klägerin nach § 1542 RVO übergegangener Anspruch wegen Verdienst-Ausfallschadens von 12.333,17 DM für den hier fraglichen Zeitraum vom 14. 4.1973 bis Ende August 1974.",
"Diese Forderung hat der Beklagte erfüllt. Er hat - außer der unstreitigen Zahlung von 1.728,95 DM, wegen derer die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben - folgende Leistungen an die Klägerin erbracht:",
"1.) am 17.5. 1974: 5.637,83 DM;",
"2) am 4.7. 1974: 10.378,13 DM;",
"3.) am 17.7. 1974: 1.591,14 DM;",
"4.) am 15.11.1974: 2.519,58 DM.",
"Dies ergibt sich aus den vom Postscheckamt L im Wege der amtlichen Auskunft vorgelegten Belegen (BI.82- 85 d. A.).",
"In Verbindung mit den vom Beklagten eingereichten Abrechnungsunterlagen (BI. 70-78 d. A.) ergeben sich folgende Zahlungen wegen des Krankengeldes:",
"1.) Rechnung vom 19.11.1973 (BI.70 d. A.)",
"60 % von 6.244,56 DM = 3.746,74 DM;",
"2.) Rechnung vom 11.2.1974 (BI.71 d. A.)",
"60 % von 2.279,76 DM = 1.367,85 DM;",
"3.) Rechnung vom 13.5.1974 (BI.73 d. A.)",
"60 % von 3.617,88 DM = 2.170,73 DM;",
"4.) Rechnung vom 19.6.1974 (BI.76 d. A.)",
"60 % von 2.230,20 DM = 1.338,12 DM;",
"5.) Rechnung vom 30.10.1974 (BI.77 d. A.)",
"60 % von 3.469,20 DM = 2.081,52 DM;",
"6.) unstreitig gezahlte 1.728,95 DM;",
"Summe 12.433,91 DM.",
"Es liegt mithin eine Überzahlung in Höhe von 12.433,91 DM - 12.333,17 DM = 100,74 DM vor.",
"Insoweit stehen der Klägerin noch 170,40 DM zu. Die durch den Unfall verursachte stationäre Behandlung des Verletzten hat unstreitig Kosten in Höhe von 14.507,-- DM verursacht. Von diesem Betrag ist entgegen der Ansicht der Klägerin die Ersparnis abzuziehen, die der Verletzte dadurch erzielt hat, dass während der Dauer seines Krankenhausaufenthalts die häusliche Verpflegung entfallen ist. Ob dieser Abzug unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung gerechtfertigt ist (so BGR in NJW 1966 S. 2356) oder ob dem Verletzten insoweit von vornherein kein Schaden entstanden ist (so Wussow, Unfallhaftpflichtrecht Rn. 1481), ist für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits belanglos.",
"Dass die im Krankenhaus üblicherweise anfallenden Mehraufwendungen - z.B. für Säfte, Stärkungsmittel etc. - die Ersparnis der häuslichen Verpflegung mindestens ausgleichen, wie die Klägerin unter Berufung auf die Ausführungen von Stamm (VersR 1975 S. 690 ff.) darzulegen versucht, ist nach Auffassung der Kammer unzutreffend. Richtig ist lediglich, dass erfahrungsgemäß derartige Mehraufwendungen anfallen und dass deshalb die \"häusliche Ersparnis\" nicht entsprechend dem vollen Betrag anzusetzen ist, den der Verletzte zu Hause für seine Verpflegung auszugeben pflegt. Es kann indes keine Rede davon sein, dass die betreffenden Mehraufwendungen, soweit sie sich in einem angemessenen und deshalb der Schadensberechnung zugrunde zu legenden Rahmen bewegen, die häusliche Eigenersparnis vollständig oder nahezu vollständig aufwiegen. Die Kammer schätzt die Ersparnis unter Berücksichtigung von Mehraufwendungen der genannten Art in angemessenem Umfang auf täglich 4;-- DM. Daraus ergibt sich für die Zeit ab Ende der Lohnfortzahlung, 14.4.1973, für die der Beklagte sich auf häusliche Ersparnis beruft, ein Abzug von 4,-- DM für 136 Tage = 544,-- DM (die in der diesbezüglichen Rechnung vom 13.5.1974, BI. 73 d. A., enthaltene Aufstellung ergibt ab 14.4.1973 136 Tage und nicht, wovon der Beklagte ausgeht, 137 Tage). Diesen Abzug muss sich auch die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Verletzten entgegenhalten lassen. Grundsätzlich können auf sie nicht mehr Rechte nach § 1542 RVO übergehen, als dem Verletzten als ihrem Rechtsvorgänger erwachsen sind. unerheblich ist, dass ein solcher Abzug nicht in Betracht käme, wenn die Klägerin nach § 1542 Abs. 2 in Verbindung mit § 1524 Abs. 1 RVO pauschal abgerechnet hätte. Wählt der Sozialversicherungsträger wie hier die Abrechnung auf der Grundlage der tatsächlichen Aufwendungen, so muss diese konkrete Schadensberechnung in allen Punkten konsequent durchgeführt werden, der Sozialversicherungsträger kann sich also nicht auf Vorteile berufen, die sich für ihn aus der von ihm gerade nicht gewählten Pauschalierung ergeben würden (vgl. BGH in NJW 1966 S.2356).",
"Irrelevant ist im vorliegenden Fall ferner, dass die Klägerin in Höhe der auf die Krankenhausverpflegung entfallenden Beträge dem Verletzten gewissermaßen Unterhalt gewährt, also Kosten bestritten hat, die dieser ansonsten aus seinem Netto-Einkommen hätte aufbringen müssen. Allerdings leitet die herrschende Meinung hieraus ab, dass die Aufwendungen der Krankenkasse für die Verpflegung des Verletzten im Krankenhaus dessen Ersatzanspruch wegen Verdienstausfallschadens kongruent im Sinne des § 1542 RVO sind, dass also insoweit der Anspruch des Verletzten auf Ersatz seines Erwerbsschadens auf den Sozialversicherungsträger übergeht (vgl. hierzu BGH aaO und in NJW 1971 S. 240,24.1; Wussow aaO Rn. 1481). Hier hat der Beklagte aber, wie sich aus den. zu 1) gemachten Ausführungen ergibt, bereits den dem Verletzten entstandenen Nettolohn-Ausfallschaden in Höhe der von ihm zu tragenden Quote von 60 % vollständig ersetzt. Schon das von der Klägerin gezahlte Krankengeld übersteigt den Schadensersatzanspruch wegen Verdienstentgangs, so dass ein weitergehender Forderungsübergang nach § 1542 RVO wegen des von der Klägerin gewährten \"Naturalunterhalts\" in Form der Krankenhauspflege nicht möglich ist. Die diesbezüglichen Kosten erhöhen den Umfang der Aufwendungen der Klägerin, nicht den des Ersatzanspruchs wegen Verdienstausfalls. Wie die Rechtslage für die Zeit der Lohnfortzahlung, also bis einschließlich 13.4.1973, zu; beurteilen wäre (vgl. BGH in NJW 1971 S. 240, 241; Wussow aaO Rn. 1014 d), kann dahingestellt bleiben, denn wie sich aus dem Schreiben des Beklagten vom 28.6.1974 (BI. 74 d. A.) in Verbindung mit der von der Klägerin unter dem 13.5.1974 erteilten Rechnung (BI. 73 d. A.) ergibt, hat der Beklagte lediglich für die Zeit ab 14. 4.1973 einen Abzug vorgenommen, im übrigen aber die entsprechende Forderung der Klägerin vollständig anerkannt und bezahlt.",
"Soweit die Klägerin sich hilfsweise auf Mehraufwendungen beruft, die durch Besuche des Verletzten seitens seiner Angehörigen angefallen sein sollen (Seite 5 des Schriftsatzes vom 12.9.1975, BI. 40 d. A.), fehlt es an einer gleichartigen Leistung der Klägerin gegenüber dem Verletzten, so dass ein etwaiger Ersatzanspruch wegen dieser Kosten schon mangels Kongruenz nicht gemäß § 1542 RVO auf die Klägerin übergegangen sein kann. Die erforderlichen Mehraufwendungen für Stärkungsmittel pp. sind bereits im Rahmen der Schätzung der häuslichen Ersparnis auf 4,-- DM pro Tag berücksichtigt worden.",
"Der dem Verletzten entstandene Schaden ist mithin auf 14.507,-- DM - 544,-- DM = 13.963,-- DM anzusetzen.",
"Der auf die Klägerin nach § 1542 RVO übergegangene Schadensersatzanspruch beläuft sich auf 60 % hiervon = 8.377,80 DM. Gezahlt hat der Beklagte, wie sich aus der Rechnung vom 13.5.1974 (Bl.73 d. A.), seinem Schreiben vom 28.6.1974 (Bl.74 d. A.) und dem Post-Überweisungsbeleg vom 4.7.1974 (Bl.83 d. A.) ergibt, 60 % von 13.679,-- DM = 8.207,40 DM. Es verbleibt damit eine Differenz von 170,40 DM zu Gunsten der Klägerin.",
"Der Klägerin steht für ambulante Pflege-(Arzt- und Arznei-)kosten noch ein Restbetrag von 186,12 DM zu. Grundlage der Abrechnung sind die fiktiven Privatarztkosten, d.h. diejenigen Kosten, die angefallen wären, wenn der Verletzte sich privatärztlich hätte behandeln lassen.",
"Zu Unrecht legt die Klägerin der Abrechnung 1.960,05 DM als Teilbetrag der sich aus § 1542 Abs. 2 in Verbindung mit § 1524 Abs. 1 Satz 2 RVO ergebenden Schadenspauschale zugrunde. Allerdings steht der Pauschalierung der ambulanten Pflegekosten nicht entgegen, dass die Klägerin die Krankenhauskosten (oben zu 2) konkret abgerechnet hat. Nach völlig herrschender Meinung kann die Krankenkasse das ihr nach § 1542 Abs.2 RVO zustehende Wahlrecht nämlich getrennt nach den verschiedenen Schadensarten ausüben, die Wahl der konkreten Abrechnung für die Krankenhauskosten bindet also nicht bezüglich der ambulanten Pflegekosten (vgl. BGH in NJW 1965 S.2013; Wussow aaO Rn.1475 und in NJW-Schriftenreihe, Ersatzansprüche bei Personenschäden Rn.220; Geigel, Haftpflichtprozeß 15.Aufl. 30.Kapitel Rn.115 Seite 1112).",
"Andererseits kann der Gesamtbetrag der sich aus §§ 1542 Abs. 2, 1524 Abs. 1 S. 2 RVO ergebenden Pauschale nicht gefordert werden, weil dieser in einem unangemessenen Verhältnis stände zu den Kosten, die angefallen wären, wenn der verletzte Sozialversicherte sich als Privatpatient hätte behandeln lassen; die Forderung der gesamten Pauschalsumme wäre deshalb rechtsmißbräuchlich (vgl. hierzu BGHZ Bd. 12 s. 154 ff; BGH in VersR1956 S.178,179; BGH in NJW'1965 S.2013; Wussow, Unfallhaftfpflichtrecht Rn.1475; Geigel aaO Rn.113 Seite 1111). Hierin stimmen beide Parteien überein.",
"Der sich daraus ergebenden Konsequenz, dass eine Pauschalierung entsprechend den genannten Vorschriften unzulässig ist, kann die Klägerin nicht dadurch ausweichen, dass sie statt der vollen Pauschale nur einen Teilbetrag verlangt, der sich nach ihrer Auffassung noch in einem angemessenen Verhältnis zu den fiktiven Privatarztkosten bewegt, weil er diese um lediglich ca. 50 % übersteigt. Dies läuft auf eine der RVO fremde und deshalb unzulässige Pauschalierung hinaus (anderer Meinung offenbar Wussow aaO Rn.1478). Die Krankenkasse hat nach § 1542 Abs. 2 RVO die Wahl zwischen der Pauschalierung gemäß der genannten Bestimmung in Verbindung mit § 1524 Abs. 1 RVO und der Schadensabrechnung auf der Grundlage ihrer tatsächlichen höheren Aufwendungen. Steht die Pauschale auf Grund der Umstände des Einzelfalls in einem unangemessenen Verhältnis zu den fiktiven Privatarztkosten und ist die Geltendmachung der Pauschalsumme deshalb rechtsmißbräuchlich, so ist die Krankenkasse zwar nicht gezwungen, die eventuell hinter den fiktiven Privatarztkosten zurückbleibenden tatsächlichen Aufwendungen in Ansatz zu bringen, vielmehr stehen ihr - an Stelle der unzulässigen Pauschale - die fiktiven Privatarztkosten zu.",
"Sie kann aber nicht dadurch zu einem für sie günstigeren Ergebnis gelangen, dass sie anders als in §§ 1524 Abs. 1, 1542 Abs. 2 RVO vorgesehen pauschaliert, etwa indem sie auf die fiktiven Privatarztkosten einen Zuschlag erhebt (vgl. BGR in VersR 1956 S.178,179). Letztlich nichts anderes ist es, wenn die Krankenkasse wie hier die Klägerin statt eines solchen Zuschlags einen Teilbetrag der - unzulässigen, weil rechtsmißbräuchlichen - Pauschale geltend macht. Hierfür fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Es kann auch nicht ernsthaft von einem Teilbetrag im eigentlichen Sinne die Rede sein, denn dies würde voraussetzen, dass an sich auch der Gesamtbetrag, hier also die sich aus §§ 1524 Abs. 1, 1542 Abs. 2 RVO ergebende Pauschale geltend gemacht werden könnte, was jedoch gerade nicht der Fall ist. Schließlich wäre es nach Ansicht der Kammer auch ein wenig sachgerechtes Ergebnis, wenn die Krankenkasse durch das Verlangen eines solchen vermeintlichen: \"Teilbetrages\" immer die Summe vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer erlangen könnte, die sich soeben unter der Grenze des Rechtsmißbräuchlichen hält.",
"I",
"Statt der Pauschale aus §§ 1524 Abs. 1, 1542 Abs. 2 RVO stehen der Klägerin die fiktiven Privatarztkosten zu. :Der hiergegen vom Beklagten erhobene Einwand, diese Kosten könnten nur dann verlangt werden, wenn die Klägerin zunächst eine Pauschalierung entsprechend den genannten Bestimmungen vorgenommen habe, was hier nicht geschehen sei, ist unzutreffend. Stellt sich die Geltendmachung des pauschalierten Betrages als rechtsmißbräuchlich heraus, so kann die Krankenkasse stattdessen die Kosten einer privaten Behandlung ersetzt verlangen (BGR in VersR 1956 8.178,179). Letzteres hängt nicht davon ab, dass die Krankenkasse zunächst die unzulässige Pauschale fordert, andernfalls käme man zu dem abseitigen Ergebnis, dass die Geltendmachung eines übersetzten Betrages, also die Forderung einer dem Gläubiger nicht zustehenden Summe Voraussetzung dafür wäre, um ihm die fiktiven Privatarztkosten statt der möglicherweise niedrigeren tatsächlichen Aufwendungen zusprechen zu können. Ein solch geradezu absurdes Ergebnis kann der Gesetzgeber nicht gewollt haben, insbesondere kann es nicht aus dem Wahlrecht des § 1542 Abs. 2 RVO hergeleitet werden, denn dieses bezieht sich auf die Pauschale einerseits, die tatsächlichen höheren Aufwendungen andererseits. Es besteht schließlich kein sachlicher Grund, den Sozialversicherungsträger auf seine gegenüber den fiktiven Privatarztkosten meist niedrigeren tatsächlichen Aufwendungen zu verweisen, denn es ist nicht das Verdienst des Schädigers bzw. dessen Haftpflichtversicherers, dass es den Sozialversicherungsträgern gelungen ist, durch Vereinbarungen mit ärztlichen Standesorganisationen etc. die tatsächlichen Kosten niedrig zu halten; es entspricht der Billigkeit, diesen Vorteil den Sozialversicherungsträgern zugute kommen zu lassen und nicht dem Schädiger.",
"Bei der Berechnung der fiktiven Privatarztkosten ist vom 3-fachen Satz der Gebührenordnung für Ärzte auszugehen, womit sich die Parteien auf Vorschlag der Kammer zwecks Vermeidung einer ansonsten notwendigen Beweisaufnahme einverstanden erklärt haben. Die einzelnen ärztlichen Leistungen ergeben sich aus der vom Beklagten nicht angegriffenen Aufstellung der Klägerin auf Seite 6 des Schriftsatzes vom 12.9.1975 (Bl.41 d. A.). Der 3-fache Gebührensatz beträgt demnach 825,--DM. Dem sind die Kosten für Medikamente in Höhe von unstreitig 215,20 DM hinzuzurechnen, woraus sich ein Ersatzanspruch von 624,12 DM ergibt (60 % von 1.040,20 DM). Gezahlt hat der Beklagte gemäß seinem Schreiben vom 12.11.1974 (Bl.78 d. A.) in Verbindung mit dem Post - Überweisungsbeleg vom 15.11.1974 (Bl.85 d. A.) 60 % von\" 730.-- DM = 438,-- DM. Es verbleibt mithin eine Differenz von 186,12 DM zu Gunsten der Klägerin.",
"Die Restforderung der Klägerin errechnet sich also wie! folgt:",
"a) Krankenhauskosten 170,40 DM",
"b) Ambulante Pflegekosten 186,12 DM",
"Summe 356,52 DN",
"Abzüglich zu viel gezahlt für Krankengeld 100,74 DM",
"255,78 DM.",
"Der zu viel gezahlte Betrag von 100,74 DM (oben zu 1) ist vom Rest-Anspruch der Klägerin in Abzug zu bringen, auch wenn der Beklagte insoweit nicht die Aufrechnung erklärt hat. Es ist davon auszugehen, dass bei der sich aus verschiedenen Positionen zusammensetzenden Schadensberechnung der auf die eine Position - Krankengeld - gezahlte Betrag, soweit er versehentlich über die nach der eigenen Darstellung des Beklagten geschuldete Summe hinausgeht, mit der Maßgabe geleistet ist, dass der Überschuss zur Deckung anderer, noch offenstehender Positionen bestimmt ist.",
"4.) Die seitens des Beklagten erklärte Aufrechnung mit einer Gegenforderung von 1.228,92 DM.",
"Die vorgenannte Restforderung der Klägerin von 255,78 DM ist gemäß §§ 387, 389 BGB durch die seitens des Beklagten erklärte Aufrechnung mit einem ihm zustehenden Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) in Höhe von 1.228,92 DM erloschen.",
"Wie der Beklagte unwidersprochen vorgetragen und durch Vorlage des Schreibens der Landesversicherungsanstalt T vom 22.1.1976 (BI. 92 d. A.), der dieser gegenüber erteilten Abrechnung der Klägerin vom 23.12.1974 (BI.93 d. A.) und des Rentenbescheides an den Verletzten vom 13.1.1975 (BI.94 d. A.) belegt hat, hat die Klägerin das für die Zeit vom 1.3.1974 bis 30.8.1974 gezahlte Krankengeld nicht nur gegenüber dem Beklagten, sondern auch gegenüber der Landesversicherungsanstalt T in Ansatz gebracht hat; von dieser hat sie für den genannten Zeitraum gemäß § 183 Abs. 3 RVO Ende 1974 oder Anfang 1975 2.048,20 DM erhalten. In Höhe dieses Betrages war die Klägerin demnach befriedigt und ist sie durch die Entgegennahme der späteren Zahlung von 1.728,95 DM seitens des Beklagten rechtsgrundlos bereichert in Höhe des auf die Haftungsquote des Beklagten entfallenden Anteils von 1.228,92 DM (60 % von 2.048,20 DM).",
"Dem steht nicht entgegen, dass der Betrag von 2.048,20 DM, den die Klägerin gemäß § 183 Abs. 3 RVO von der Landesversicherungsanstalt T erhalten hat, insgesamt weniger als 4.0 % des für den Zeitraum 1.3.1974 - 30.8.1974 gezahlten Krankengeldes ausmacht, die Klägerin also nicht etwa mehr als 100 % des von ihr verauslagten Krankengeldes erstattet erhalten hat. Der Betrag von 2.048,20 DM ist nämlich nicht primär auf den ungedeckten Anteil von 40 %, sondern gleichermaßen auf den durch den Haftpflichtversicherer gedeckten und den ungedeckten Teil anzurechnen. Eine andere Beurteilung würde zu einer durch nichts gerechtfertigten Benachteiligung des Rentenversicherungsträgers gegenüber der Krankenkasse führen; denn da der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer nicht über die auf ihn entfallende Quote hinaus zum Ersatz herangezogen werden kann, verbliebe für den Rentenversicherungsträger kein nach § 1542 RVO übergangsfähiger Anspruch, wenn die Krankenkasse neben dem auf sie nach § 183 Abs. 3 Satz 2 RVO übergegangenen Rentenanspruch des Verletzten den gesamten der Quote des Schädigers entsprechenden und an sie von dessen Haftpflichtversicherer gezahlten Betrag behalten könnte. Eine solche Bevorzugung der Krankenkasse ist der das Verhältnis von Rente und Krankengeld regelnden Bestimmung des § 183 Abs. 3 RVO nicht zu entnehmen.",
"5.) Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit",
"Soweit die Klage abgewiesen ist, beruht die Kostenentscheidung auf § 91 ZPO.",
"Auch im übrigen - bezüglich des vom Beklagten anerkannten Feststellungsantrags und des übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärten Teils des Zahlungsantrags (1.728,95 DM) - sind der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Hinsichtlich des Anerkenntnisses folgt dies aus § 93 ZPO, denn der Beklagte hatte seine Haftung zu 60 % nie in Abrede gestellt und die Klägerin behauptet selbst nicht, der Beklagte habe sich auf entsprechende Aufforderung geweigert, seine Ersatzpflicht in dem bezeichneten Umfang auch für Zukunftsschäden anzuerkennen. Die Ausführungen der Klägerin über die Möglichkeit von Zukunftsschäden sind lediglich für die Frage des Feststellungsinteresses im Sinne des § 256 ZPO relevant, berühren aber nicht die für § 93 ZPO entscheidende Frage, ob der Beklagte den Anspruch sofort anerkannt und keine Veranlassung zur Klage gegeben hat.",
"In Bezug auf den erledigten Teil sind die Kosten gemäß § 91 a ZPO von der Klägerin zu tragen. Dies entspricht der Billigkeit, denn der Beklagte hatte zunächst exakt den Betrag an die Klägerin gezahlt, der auf der Grundlage des von der Klägerin errechneten Nettolohns (17.841,60 DM) bei zutreffender rechtlicher Beurteilung - ohne Berücksichtigung des oben zu 1) erörterten Rentenversicherungsbeitrags - als Verdienstausfallschaden zu ersetzen war (10.704.,96 DM = 60 % von 17.841,60 DM). Als sich durch die von ihm selbst eingeholte Arbeitgeberbescheinigung ergab, dass der Nettolohn - Ausfall in Wahrheit höher war, hat er die Differenz unverzüglich nachgezahlt. Da die Berechnung des Nettolohns Sache der Klägerin als Gläubigerin war, entspricht es der Billigkeit, sie mit den Kosten gemäß § 91 a ZPO zu belasten, denn es kann keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, dass der Beklagte bei zutreffender Berechnung des Nettolohns durch die Klägerin schon vorprozessual den sich daraus ergebenden Schadensbetrag vollständig gezahlt hätte.",
"Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 710 ZPO."
] | {
"law": [
"§ 1542 Abs.2 RVO",
"§§ 1524 Abs. 1 S. 2, 1542 Abs. 2 RVO",
"§ 91 ZPO",
"§ 1524 Abs. 1 Satz 2 RVO",
"§§ 1542 Abs. 2, 1524 Abs. 1 S. 2 RVO",
"§ 1542 RVO",
"§ 1524 Abs. 1 RVO",
"§ 812 BGB",
"§ 93 ZPO",
"§§ 1524 Abs. 1, 1542 Abs. 2 RVO",
"§ 1542 Abs. 2 RVO",
"§ 710 ZPO",
"§ 182 Abs. 4 RVO",
"§ 91 a ZPO",
"§§ 387,389 BGB",
"§ 183 Abs. 3 Satz 2 RVO",
"§§ 387, 389 BGB",
"§ 183 Abs. 3 RVO",
"§ 256 ZPO"
],
"case": []
} |
316,058 | 18 U 44/75 | olgd-1975-11-20-18-u-4475 | ECLI:DE:OLGD:1975:1120.18U44.75.00 | 1975-11-20T00:00:00 | {
"id": 820,
"name": "Oberlandesgericht Düsseldorf",
"slug": "olgd",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Urteil | [
"Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 5. Februar 1975 teilweise geändert und wie folgt neu gefaßt:",
"Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.676,26 DM nebst 9 % Zinsen seit dem 1. August 1972 zu zahlen.",
"Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.",
"Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar."
] | [
"Die Klägerin betriebt ein Speditionsunternehmen, die Beklagte unterhält als Reederei Linienschiffahrt für den Rhein-See-Verkehr mit Küstenmotorschiffen.",
"Am 11. Januar 1972 schloß die Klägerin mit der Beklagten über deren Zweigniederlassung in Duisburg einen Rahmenfrachtvertrag über die Verfrachtung von insgesamt 4000 bis 5000 t Marmor und Schiefer aus Portugal und Spanien ab. Die Beklagte verpflichtete sich, dieses Frachtgut zu fest vereinbarten Frachtraten nach Düsseldorf oder, bei Niedrigwasser, nach Rotterdam zu transportieren. Die Klägerin sollte jeweils sofort nach Eintreffen des Schiffes in Düsseldorf die Fracht bezahlen. Unter dem 7. Februar 1972 bestätigte die Beklagte die mündlichen Vereinbarungen. Bis Ende Mai 1972 beförderte die Beklagte gemäß dem Vertrag insgesamt 2.348 t.",
"Anfang Mai 1972 gab die Klägerin der Zweigniederlassung der Beklagten in Duisburg die Verschiffung einer Partie von 200 t Marmor ab Lissabon und einer weiteren von insgesamt 400 t Granit und Schiefer ab Vigo in Spanien auf. Für den Transport war das Schiff \"N.....\" vorgesehen. Kurz vor Abfahrt des Schiffes teilte die Beklagte der Klägerin fernschriftlich mit, daß das Schiff \"N.....\" bereits ausgebucht sei. Sie erkläre sich gefälligkeitshalber bereit, der Klägerin bei der Beschaffung anderen Schiffsraums behilflich zu sein, der 20 DM pro Tonne koste, während die Parteien eine Fracht von 18 DM pro Tonne vereinbart hatten. Eine Einigung zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin, der sich in Portugal aufhielt, und der Beklagten kam nicht zustande. Die Klägerin, die die Ware nur beschränkte Zeit am Kai liegen lassen durfte, ließ die Partie von 157.330 kg für 21 DM pro Tonne ab Lissabon und die Partie von 320.280 kg ab Vigo für 25 DM pro Tonne wegen des Niedrigwassers nach Rotterdam transportieren. Die Mehrfracht von 2.714 DM zuzüglich Mehrwertsteuer verlangte sie anschließend von der Beklagten ersetzt.",
"Am Pfingstsonntag, dem 21. Mai 1972, trag das Schiff \"S.....\" mit 29.290 kg Ladung für die Klägerin in Düsseldorf ein. Am Löschtage konnte die Klägerin dafür keinen Transportraum beschaffen. Die Partie mußte auf Lager genommen werden, wodurch Lagerkosten in Höhe von 146,45 DM zuzüglich Mehrwertsteuer entstanden sind, die die Klägerin ebenfalls von der Beklagten ersetzt verlangte.",
"Ende Mai 1972 weigerte sich die Beklagte, weitere Transporte für die Klägerin durchzuführen. Bis dahin war die Klägerin mit Frachtlohnforderungen von rund 20.000 DM in Rückstand geraten. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin ließ die Beklagte durch Schreiben ihrer Anwälte vom 31. Mai 1972 die Klägerin zur Zahlung auffordern. Die Klägerin bat postwendend um eine Klarlegung; die Beklagte schickte ihr einen Kontoauszug vom 6. Juni 1972 zu, dessen Saldo die Klägerin am 7. Juni bezahlt.",
"Unter dem 5. Juni 1972 stellte die Klägerin der Beklagten die Mehrfracht und die Lagerkosten von insgesamt 3.175,10 DM einschließlich Mehrwertsteuer sowie wegen der im Jahre 1972 nicht beförderten Menge von 1.652 t 3 DM Mehrfracht pro Tonne, also 5.501,16 DM einschließlich Mehrwertsteuer in Rechnung. Mit der am 25. Oktober 1973 zugestellten Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Ersatz dieses Schadens von insgesamt 8.676,26 DM nebst 9 % Zinsen seit dem 1. August 1972 in Anspruch genommen, nachdem sie die Beklagte mit Schreiben vom 10. Juli 1972 unter Fristsetzung bis zum 1. August 1972 vergeblich zur Zahlung aufgefordert hatte.",
"Die Klägerin hat behauptet, der bei der Zweigstelle der Beklagten angestellte Zeuge K..... habe am 4. Mai 1972 ihrem Geschäftsführer fernmündlich die Ladebereitschaft des Schiffes \"N.....\" am 9./10. Mai 1972 in Lissabon und am 12. Mai 1972 in Vigo gemeldet. Auch die Firma N....., die als Agent für die Beklagte in Lissabon tätig sei, habe ihrem Geschäftsführer die Ladebereitschaft des Schiffes \"N.....\" bestätigt. Das Fernschreiben der Beklagten habe ihr Geschäftsführer erst am Abend des 9. Mai 1972 in Lissabon erhalten; die Beklagte habe verlangt, er solle sich noch an demselben Tage zu ihrem - für ihn unverständlichen - Vorschlag äußern.",
"Hinsichtlich der nach Pfingsten in Düsseldorf entstandenen Lagerkosten hat die Klägerin behauptet, die Beklagte habe sie nicht rechtzeitig vorher von der Ankunft des Schiffes \"S.....\" verständigt.",
"Unwidersprochen hat die Klägerin weiter vorgetragen, für die von der Beklagten vertragswidrig im Jahre 1972 nicht beförderten 1.652 t habe sie bei anderen Reedereien eine höhere Frachtrate von 3 DM pro Tonne bezahlen müssen.",
"Bei dem Zahlungsrückstand von rund 20.000 DM habe es sich um Frachtlohnkosten gehandelt, die mit den eingeklagten Ansprüchen nicht in Verbindung gestanden hätten.",
"Die Klägerin hat beantragt,",
"die Beklagte zu verurteilen, an sie 8.676,26 DM nebst 9 % Zinsen seit dem 1. August 1972 zu zahlen.",
"Die Beklagte hat beantragt,",
"die Klage abzuweisen.",
"Sie hat auf die in § 25 ihres Konnossements enthaltene Bedingung verwiesen, nach der Antwerpen als das Gericht ihres Wohnsitzes für Streitigkeiten aus dem Frachtvertrag zuständig sei. Diese Konnossementsbedingungen seien Gegenstand des Vertrages mit der Klägerin geworden, da die Klägerin - unwidersprochen - zugleich Absenderin und Empfängerin der beförderten Ware gewesen sei.",
"Sie hat bestritten, der Klägerin die Ladebereitschaft des Schiffes \"N.....\" angezeigt zu haben. Der Klägerin sei bekannt gewesen, daß die Dispositionen über die Schiffe von ihrem Stammhaus in Antwerpen ausgegangen seien. Das Schiff \"N.....\" sei bereits am 2. Mai 1972 ausgebucht gewesen. Aus Gefälligkeit habe sie der Klägerin bei der Beschaffung von anderem Schiffsraum behilflich sein wollen, solchen aber nur zum Preise von 20 DM pro Tonne erhalten können. Dieses Angebot habe sie der Klägerin so rechtzeitig unterbreitet, daß die Ware ohne weiteres hätte abgefahren werden können.",
"Zu den Lagerkosten hat die Beklagte ausgeführt, sie habe das am Pfingstsonntag einlaufende Schiff am Freitag vorher nach 16.30 Uhr angemeldet, als die Büros der Klägerin bereits geschlossen gewesen seien.",
"Weitere Beförderungen habe sie Ende Mai 1972 verweigert, da die Klägerin zu jener Zeit die rückständigen Seefrachten von 20.000 DM trotz Mahnung nicht gezahlt habe.",
"Das Landgericht hat die Klage bis auf die geltend gemachten Lagerkosten nach Vernehmung des Zeugen K..... abgewiesen, da die Vernehmung des Zeugen K..... nicht ergeben habe, daß die Beklagte die Ladebereitschaft des Schiffes \"N.....\" am 9./10. Mai 1972 in Lissabon und am 12. Mai 1972 in Vigo bestätigt habe. Wegen ihres Zahlungsrückstandes habe sich die Klägerin im übrigen nicht vertragsgetreu verhalten.",
"Gegen dieses Urteil, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, wendet sich die Klägerin, soweit es ihre Klage abgewiesen hat, mit der Berufung. Sie wiederholt und ergänzt ihren Vortrag und spricht sich insbesondere gegen die Beweiswürdigung des Urteils aus. Der Zeuge K..... sei nicht bei ihr, sondern bei der Beklagten angestellt. Sie wiederholt ihren Antrag, ihren Geschäftsführer F..... gemäß § 448 ZPO als Partei zu vernehmen. Ferner beantragt sie, den Zeugen K..... erneut und den Agenten der Beklagten in Lissabon zusätzlich darüber zu vernehmen, daß die Beklagte die Ladebereitschaft des Schiffes \"N.....\" am 9./10. Mai 1972 in Lissabon und am 12. Mai 1972 in Vigo bestätigt habe.",
"Die Klägerin beantragt,",
"unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 8.513,70 DM nebst 9 % Zinsen seit dem 1. August 1972 zu zahlen,",
"h i l f s w e i s e",
"ihr für den Fall des Unterliegens nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung (auch durch Bankbürgschaft) abzuwenden.",
"Die Beklagte ist trotz ordnungsgemäßer Ladung zu Händen ihrer Prozeßbevollmächtigten erster Instanz im Verhandlungstermin am 6. November 1975 nicht vertreten gewesen. Die Klägerin hat beantragt, gegen die Beklagte durch Versäumnisurteil zu entscheiden."
] | [] | [
"Die Berufung hat Erfolg.",
"Das Landgericht Düsseldorf hat seine Zuständigkeit für die mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung eines Frachtvertrages im Ergebnis zu Recht bejaht. Da die Beklagte ihren Sitz in Antwerpen hat und die Zuständigkeit der dortigen Gerichte geltend gemacht hat, handelt es sich nicht um die Frage der örtlichen Zuständigkeit, sondern um die der internationalen Zuständigkeit, d. h. der Grenzziehung zwischen der Zuständigkeit deutscher und ausländischer Gerichte. § 512 a ZPO gilt dafür nicht (BGHZ 44, 46). Vielmehr ist die internationale Zuständigkeit von Amts wegen auch in der Berufungsinstanz zu prüfen.",
"Auf die Klage, die am 25. Oktober 1973 der Beklagten zugestellt worden ist, ist das Übereinkommen der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGÜbk) anzuwenden, da Stichtag der 1. Februar 1973 war (Art. 54 Abs. 1 EuGÜbk; BGBl. II 1973, 60).",
"Die Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf folgt aus Art. 5 dieses Übereinkommens. Wenn danach ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, in einem anderen Vertragsstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Zur Bestimmung des Erfüllungsortes ist hier das deutsche Recht sowohl als das Recht des Erfüllungsortes wie auch als das von den Parteien vereinbarte heranzuziehen. Mangels einer ausdrücklichen Absprache ergibt dies die Auslegung des Vertrages vom 7. Februar 1972, der seinen Schwerpunkt in Deutschland hat. Er ist in Deutschland von der deutschen Klägerin mit der deutschen Zweigniederlassung der Beklagten in deutscher Sprache abgefaßt worden. Die Klägerin sollte die grundsätzlich in Düsseldorf zu löschende Fracht in deutschem Geld bezahlten. Erfüllungsort beim Frachtvertrag ist danach der in erster Linie bestimmte Ablieferungsort, also Düsseldorf.",
"Entgegen der Ansicht der Beklagten haben die Parteien sich auch nicht gemäß den §§ 1, 25 der Konnossementsbedingungen der Beklagten auf die Zuständigkeit der belgischen Gerichte geeinigt. Dabei kann dahinstehen, ob die Konnossementsbedingungen der Beklagten Gegenstand des Frachtvertrages geworden sind. Denn die Vereinbarung wäre jedenfalls nicht in der von Art. 17 Abs. 1 EuGÜbk zwingend vorgeschriebenen Schriftform erfolgt. Da die Konnossementsbedingungen keinerlei Erklärungen der Klägerin enthalten und die Klägerin sich auch sonst nicht schriftlich zu den Konnossementsbedingungen geäußert hat, mangelt es an einer formgerechten Erklärung der Klägerin. Auch eine mündliche Vereinbarung, die schriftlich bestätigt sein müßte, ist nicht ersichtlich.",
"Die von der Klägerin mit der Berufung weiter geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung des Frachtvertrages sind aus dem Gesichtspunkt des Verzuges begründet. Wie bereits dargelegt, kommt das deutsche Recht zur Anwendung, bei Verzug im Rahmen eines gegenseitigen Vertrages also die Vorschrift in § 326 Abs. 1 BGB. Ist danach bei einem gegenseitigen Vertrage der eine Teil mit der ihm obliegenden Leistung im Verzuge, so kann ihm der andere Teil zur Bewirkung der Leistung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die Abnahme der Leitung nach dem Ablauf der Frist ablehne, und kann nach Ablauf der Frist Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Die Beklagte ist mit ihrer Verpflichtung in Verzug geraten, am 9./10. Mai 1972 in Lissabon und am 12. Mai 1972 in Vigo Frachtraum für die von der Klägerin für diese Tage angezeigten Frachtpartien zu stellen. Unstreitig sollte die Klägerin im Rahmen des Vertrages vom 7. Februar 1972 der Beklagten jeweils die zu transportierenden Partien aufgeben. Die Beklagte hatte sodann den Termin ihrer Ladebereitschaft mitzuteilen. Erkennbar war die Einhaltung der Termine für beide Seiten von so erheblicher Bedeutung, daß es einer besonderen Mahnung nicht mehr bedurfte, um die Beklagte in Verzug zu setzen; denn danach war für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt. Die Beklagte hat den Frachtraum nicht zur Verfügung gestellt.",
"Gemäß § 542 Abs. 2 ZPO ist im Rahmen des Versäumnisverfahrens auch davon auszugehen, daß die Beklagte die Ladebereitschaft für die angegebenen Zeiten bestätigt hat. Die Klägerin hat dies bereits in erster Instanz durch Vernehmung des Zeugen K..... und durch Vernehmung ihres Geschäftsführers unter Beweis gestellt. Die Bekundungen des Zeugen K..... haben nach Meinung des Senats entgegen dem angefochtenen Urteil zumindest auch einigen Beweis für die Richtigkeit des von der Klägerin vorgetragenen Sachverhalts ergeben. Der Senat ist auch befugt, die Bekundungen des Zeugen ohne seine erneute Vernehmung abweichend zu beurteilen. Einmal behauptet die Klägerin in der Berufungsinstanz, dieser Zeuge sei Angesellter der Beklagten. Die entgegenstehende Erklärung ihres Prozeßbevollmächtigten erster Instanz im Verhandlungstermin am 8. Januar 1975 beruhe auf einem Irrtum. Für einen Irrtum spricht, daß der Zeugen den Rahmenfrachtvertrag für die Beklagte unterschrieben hat. Auch ist der Zeuge K..... durch den ersuchten Richter vernommen worden, so daß die Würdigung seiner Aussage nicht auf einem persönlichen Eindruck des Gerichts erster Instanz beruht. Schließlich hat die Klägerin in der Berufungsinstanz die erneute Vernehmung des Zeugen K..... und die Vernehmung des Agenten der Beklagten in Lissabon beantragt. Es ist gemäß § 542 Abs. 2 ZPO anzunehmen, daß die beantragte Beweisaufnahme das in Aussicht gestellte Ergebnis gehabt habe, der Zeuge K..... und der Agent der Beklagten in Lissabon die Ladebereitschaft also bestätigt hätten.",
"Die Beklagte hätte es gemäß §§ 285, 278 BGB zu vertreten, wenn der Zeuge K..... die Bestätigung entgegen ihren Anweisungen aus dem Stammhause erklärt hätte.",
"Einer Fristsetzung und Ablehnungsandrohung gemäß § 326 Abs. 1, Satz 1 BGB bedurfte es nicht, da die Beklagte mit ihrem Fernschreiben eine Verfrachtung auf dem Schiff \"N.....\" ernsthaft und endgültig verweigerte.",
"Die Beklagte hat den der Klägerin an Mehrfracht entstandenen Schaden von 2.242 DM und 472 DM jeweils zuzüglich 11 % Mehrwertsteuer zu ersetzen.",
"Daß die Klägerin bei der Entstehung des Schadens schuldhaft mitgewirkt oder es unterlassen habe, den Schaden zu mindern (§ 254 BGB), ist gemäß § 542 Abs. 2 ZPO nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils und dem als ugestanden zu erachtenden tatsächlichen Vorbringen der Klägerin nicht anzunehmen. Danach hat deren Geschäftsführer das Fernschreiben der Beklagten, das zudem für ihn einen unverständlichen Vorschlag enthalten habe, erst am Abend des 9. Mai 1972 in Lissabon erhalten. Entgegen dem Verlangen der Beklagten habe der Geschäftsführer der Klägerin sich dazu nicht noch an demselben Tage äußern können.",
"Die Beklagte muß der Klägerin weiter den Schaden ersetzen, der der Klägerin an Mehrfracht dadurch entstanden ist, daß die Beklagte sich weigerte, im Jahre 1972 weitere Partien für die Klägerin zu befördern. Auch dabei handelt es sich um einen Schadensersatzanspruch wegen Verzuges der Beklagten (§ 326 Abs. 1 BGB). Einem Verzug der Beklagten steht nicht entgegen, daß die Klägerin erst am 7. Juni 1972 einen Frachtrückstand von 20.000 DM an die Beklagte gezahlt hat. Handelte es sich entsprechend dem Vortrag der Klägerin um Frachtrückstand aus anderen Verträgen, könnte der Rahmenfrachtvertrag vom 7. Februar 1972 davon nicht berührt worden sein. Rührte der Rückstand aus dem genannten Rahmenfrachtvertrag her, so ist nicht ersichtlich, daß die Beklagte daraufhin den Rahmenfrachtvertrag beendet hat.",
"Solange die Klägerin den Rückstand nicht zahlte, stand der Beklagten zwar nach § 320 BGB - wenn es sich um Rückstand aus dem Rahmenfrachtvertrag vom 7. Februar 1972 - und nach § 273 Abs. 1 BGB - wenn der Rückstand aus anderen Verträgen herrührte - das Recht zu, weitere Verfrachtungen bis zur Zahlung des Rückstandes zu verweigern. Ihr Leistungsverweigerungsrecht entfiel jedoch mit der Zahlung am 7. Juni 1972. Die Klägerin hatte nach ihrem Vortrag auch zu erkennen gegeben, daß sie an dem Rahmenfrachtvertrag festhalten wolle. Sie hat danach auf das Mahnschreiben vom 31. Mai 1972 umgehend um Klarstellung gebeten, die am 6. Juni 1972 erfolgt ist. Da der Klägerin auf Grund der Vorfälle am 9. Mai 1972 und Pfingsten 1972 Schadensersatzansprüche zustanden, konnte sie insoweit auch auf eine Klärung ihrer Zahlungsverpflichtung drängen. Sie gab dadurch zugleich zu erkennen, daß sie grundsätzlich zur Zahlung bereit sei. Indem die Beklagte dennoch endgültig weitere Beförderungslistungen für die Klägerin ernsthaft und endgültig ablehnte, geriet sie spätestens bei Eingang der Zahlungen in Verzug. Einer Mahnung, Fristsetzung und Ablehnungsandrohung gemäß §§ 284 Abs. 1, 326 Abs. 1 Satz 1 BGB bedurfte es infolgedessen nicht.",
"Die Höhe des dadurch der Klägerin an Mehrfracht entstandenen Schadens von 5.501,16 DM einschließlich Mehrwertsteuer hat die Klägern im einzelnen dargelegt und die Beklagte nicht bestritten.",
"9 % Zinsen hat die Beklagte aus dem Gesichtspunkt des Verzuges seit dem 1. August 1972 zu zahlen (§§ 288 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB).",
"Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 3 ZPO.",
"Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 8.513,70 DM."
] | {
"law": [
"§§ 285, 278 BGB",
"§ 273 Abs. 1 BGB",
"§ 542 Abs. 2 ZPO",
"§ 320 BGB",
"§ 326 Abs. 1, Satz 1 BGB",
"§§ 288 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB",
"§ 326 Abs. 1 BGB",
"§§ 284 Abs. 1, 326 Abs. 1 Satz 1 BGB",
"§ 512 a ZPO",
"§ 708 Nr. 3 ZPO",
"§ 91 Abs. 1 ZPO",
"§ 448 ZPO",
"§ 254 BGB"
],
"case": []
} |
316,059 | 17 W 216/75 | olgk-1975-09-03-17-w-21675 | ECLI:DE:OLGK:1975:0903.17W216.75.00 | 1975-09-03T00:00:00 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Beschluss | [
"Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluß des Rechtspflegers beim Landgericht Köln vom 8.4.1975 - 2 O 121/71 - wie folgt abgeändert und neu gefaßt:",
"Die nach dem Urteil des Landgerichts Köln vom 20.2.1975 weiterhin von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten werden auf 468,95 DM (in Worten: vierhundertachtundsechzig 95/100 Deutsche Mark) nebst 4 % Zinsen seit dem 20.3.1975 festgesetzt.",
"Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.",
"Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger 1/4, die Beklagte 3/4 zu tragen.",
"Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte allein."
] | [] | [
"Mit der vom 2.2.1971 datierenden Klage hat der in Bremen wohnhafte Kläger die Beklagte, deren Hauptverwaltung sich in Köln befindet, vor dem Landgericht Köln auf Gewährung des Versicherungsschutzes aufgrund eines im Jahre 1970 geschlossenen Krankenversicherungsvertrages in Anspruch genommen. Die Beklagte hatte ihre Eintrittspflicht u.a. deshalb verweigert, weil die Hirnvenenthrombose des Klägers, für die nach ihren Versicherungsbedingungen unstreitig eine Wartezeit von 6 Monaten besteht, die erst am 30.6.1970 abgelaufen war, nach ihrer vom Kläger bestrittenen Behauptung bereits am 29.6.1970 aufgetreten war. Unstreitig wurde der Kläger am 1.7.1970 von dem Facharzt Dr. Axxx in stationäre Behandlung eingewiesen. Durch Urteil vom 20.2.1975 hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Köln die Beklagte verurteilt, 7.107,60 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 24.5.1971 an den Kläger zu zahlen und ihr die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Der Kläger hat sich zur Durchführung des Rechtsstreits der Rechtsanwälte Dxxx und Bxxx in Bremen als Verkehrsanwälte bedient, welche ihn auch in drei am 17.12.1971, 20.12.1972 und 14.3.1973 im Wege der Rechtshilfe vor dem Amtsgericht Bremen durchgeführten Beweisaufnahmen als Unterbevollmächtigte vertreten haben.",
"Durch Kostenfestsetzungsbeschluß vom 24.3.1975 hat der Rechtspfleger die aufgrund des Urteils vom 20.2.1975 von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten auf insgesamt 2.393,31 DM festgesetzt. Durch einen weiteren Kostenfestsetzungsbeschluß vom 8.4.1975 hat er darüber hinaus noch 618,23 DM gegen die Beklagte festgesetzt. Dabei handelt es sich um folgende Kosten der Rechtsanwälte Dxxx und Bxxx in Bremen:",
"Wert: DM 7.107,60",
"1) Korrespondenzgebühr § 52 BRAGO DM 283,--",
"2) Beweisgebühr § 31 I BRAGO DM 283,--",
"3) Auslagenpauschale § 26 BRAGO DM 20,--",
"4) 5,5 % Mehrwertsteuer DM 32,23",
"DM 618,23",
"Der Beschluß wurde ausweislich der Kanzleivermerke am 14.4.1975 ausgefertigt und am 17.4.1975 durch den Gerichtswachtmeister zur Zustellung gegeben. Das Datum auf dem Empfangsbekenntnis der Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist nicht eindeutig zu erkennen, es kann sowohl als \"14.4.1975\" wie auch als \"17.4.1975 \" gelesen werden.",
"Gegen den Beschluß vom 8.4.1975 richtet sich die Erinnerung der Beklagten vom 29.4.1975, bei Gericht eingegangen am 30.4.1975. Sie meint, die Kosten der Bremer Rechtsanwälte des Klägers seien zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig gewesen, weil es dem Kläger sowohl nach § 48 VVG als auch nach ihren Versicherungsbedingungen freigestanden hätte, den Rechtsstreit vor dem Landgericht Bremen zu führen. In diesem Falle hätte es der Einschaltung eines auswärtigen Anwalts als Verkehrsanwalts und zur Wahrnehmung der Beweisaufnahme nicht bedurft. Besondere Gründe, welche die Wahl des Gerichtsstandes Köln rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich.",
"Der Rechtspfleger und die Kammer haben der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt, da sie übereinstimmend davon ausgegangen sind, daß die Zustellung bereits am 14.4.1975 erfolgt und die Notfrist von 2 Wochen daher nicht eingehalten worden sei. Die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten haben demgegenüber mit Schriftsatz vom 11.8.1975 erklärt, ausweislich einer entsprechenden Notiz ihres Bürovorstehers Exxx sei der Kostenfestsetzungsbeschluß erst am 17.4.1975 zugestellt und Fristablauf auf den 2.5.1975 notiert worden.",
"Die Erinnerung war zulässig, insbesondere ist die in § 104 Abs. II Satz 2 ZPO für ihre Einlegung vorgeschriebene Notfrist von zwei Wochen gewahrt. Der Senat ist entgegen der Annahme des Rechtspflegers und der Kammer nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu der Überzeugung gelangt, daß der Kostenfestsetzungsbeschluß vom 8.4.1975 nicht schon am 14.4.1975, sondern erst am 17.4.1975 zugestellt worden ist. Zwar ist das handschriftliche Datum auf dem Empfangsbekenntnis nicht zweifelsfrei zu entziffern, die Erklärung des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten vom 11.8.1975, daß der Kostenfestsetzungsbeschluß ihnen erst am 17.4.1975 zugestellt worden sei, wird jedoch durch zwei wesentliche Umstände erhärtet:",
"Dabei handelt es sich einmal um den Kanzleivermerk vom 14.4.1975, wonach der Beschluß an diesem Tage ausgefertigt worden ist. Das allein spricht nach der Lebenserfahrung bereits dagegen, daß er noch am selben Tage zugestellt worden ist, wenn gleich dies nicht gänzlich ausgeschlossen erscheint. Hinzu kommt jedoch, daß der Kostenfestsetzungsbeschluß ausweislich des weiteren Kanzleivermerks erst am 17.4.1975 zur Zustellung durch den Gerichtswachtmeister gegeben worden ist. Wenn das richtig ist, und es besteht kein Anlaß hieran zu zweifeln, so ist ausgeschlossen, daß die Zustellung bereits vor diesem Tage erfolgt sein könnte.",
"In der Sache selbst hat die nach § 11 Abs. 1, 2 RpflG als sofortige Beschwerde geltende Erinnerung der Beklagten jedoch nur teilweise Erfolg.",
"Ihr Einwand, der Kläger sei bei der Auswahl zwischen mehreren ihm vom Gesetz eröffneten Gerichtsständen in analoger Anwendung des Rechtsgedankens der Schadensminderung aus Gründen der Kostenersparnis gehalten, grundsätzlich denjenigen Gerichtsstand zu wählen, in dem der Rechtsstreit mit dem geringsten Kostenaufwand durchgeführt werden könne, greift nicht durch.",
"Wenn der Gesetzgeber dem Kläger die Wahl zwischen mehreren Gerichtsständen eröffnet, so steht es ihm grundsätzlich frei, die Klage vor demjenigen Gericht zu erheben, das er - aus welchen Gründen auch immer - von seinem Standpunkt aus für am besten geeignet hält, sein Ziel zu erreichen.",
"Es ist weder vom Gesetzgeber beabsichtigt noch erscheint es aus sachlichen Erwägungen gerechtfertigt, die Möglichkeit der Wahl zwischen mehreren Gerichtsständen durch kostenrechtliche Erwägungen einzuschränken. Dies gilt umso mehr, als das Kostenrisiko im Zeitpunkt der Ausübung der Wahl zwischen mehreren Gerichtständen durch den Kläger in aller Regel für beide Parteien gleich hoch zu veranschlagen sein wird, da der Ausgang des Rechtsstreits und damit die Frage, welche Partei letztlich die Kostenlast zu tragen hat, zu diesem Zeitpunkt regelmäßig noch nicht zu übersehen ist.",
"Aus diesen Erwägungen heraus teilt der Senat die bereits in dem einen in tatsächlicher Hinsicht gleich gelagerten Fall betreffenden Beschluß des 8. Zivilsenats vom 6.4.1966 - 8 W 4/66 - vertretene Auffassung, daß die Zweckmäßigkeit der vom Kläger getroffenen Wahl zwischen mehreren vom Gesetz eröffneten Gerichtsständen der Nachprüfung im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich entzogen ist. Diese hat sich vielmehr auf die Notwendigkeit der in dem Prozeß, so wie er geführt worden ist, tatsächlich entstandenen Kosten zu beschränken. Ob dieser Grundsatz dann eine Einschränkung erfährt, wenn die vom Kläger getroffene Wahl zwischen mehreren vom Gesetz zugelassenen Gerichtsständen als Rechtsmißbrauch anzusehen ist, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, da hierfür keine tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich sind.",
"Nach den vom erkennenden Senat in ständiger Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Grundsätzen über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Verkehrsanwaltes und der Beauftragung eines auswärtigen Anwalts mit der Wahrnehmung einer im Wege der Rechtshilfe durchgeführten Beweisaufnahme begegnet die Einschaltung der Bremer Anwälte keinen Bedenken. Der Rechtsstreit war in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht schwierig gelagert. Das ergibt sich einmal aus der Dauer von mehr als 3 Jahren (die Klageschrift datiert vom 2.2.1971, das Urteil vom 20.2.1975), zum anderen aus der Tatsache, daß 4 Beweisbeschlüsse und 1 Hinweisbeschluß ergangen sind, und zwar am 15.4.1971, 23.6.1971, 17.2.1972, 27.3.1973 und 21.12.1973. In Ausführung dieser Beschlüsse haben drei Beweisaufnahmen vor dem Amtsgericht Bremen im Wege der Rechtshilfe stattgefunden, nämlich am 17.12.1971, 20.12.1972 und 14.3.1973. Außerdem sind mehrere medizinische Gutachten eingeholt worden. Hinzu kommt, daß der Rechtsstreit für den Kläger nicht gut stand. Das ergibt sich aus dem Hinweisbeschluß vom 23.6.1971, mit dem die Kammer dem Kläger die Rücknahme der Klage nahegelegt hat, sowie aus dem in dem Beweisbeschluß vom 17.2.1972 enthaltenen Vergleichsvorschlag, die Klageforderung zu teilen und die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben. Unter diesen Umständen wären dem Kläger, hätte er sich nicht der Bremer Anwälte als Verkehrsanwälte bedient, mindestens drei Reisen zur Information seines Prozeßbevollmächtigten in Köln zuzubilligen, nämlich die erste zur Erteilung des Mandats, die zweite zur Besprechung der durch den Hinweisbeschluß vom 23.6.1971 gestellten Frage einer Klagerücknahme und die dritte zur Besprechung des Vergleichsvorschlages vom 17.2.1972.",
"Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hat jede Partei einen Anspruch darauf, sich bei der Beweisaufnahme durch einen Anwalt vertreten zu lassen. Die Wahrnehmung der drei Beweisaufnahmen vor dem ersuchten Richter in Bremen durch die bereits als Verkehrsanwälte mit der Sache befaßten Rechtsanwälte Dxxx und Bxxx war auch sachgerecht. Die im Falle der Wahrnehmung dieser Termine durch seine Kölner Prozeßbevollmächtigten entstandenen Fahrtkosten zuzüglich Tage- und Abwesenheitsgeld hätten nämlich mit Sicherheit die Beweisgebühr des in Untervollmacht handelnden Bremer Anwalts überstiegen. Unter diesen Umständen besteht kein Zweifel, daß die Aufwendung der Verkehrs- und Beweisgebühr der Bremer Anwälte nebst Unkostenpauschale und Mehrwertsteuer zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung des Klägers notwendig war, weil durch sie Reisekosten des Klägers und seiner Kölner Prozeßbevollmächtigten in mindestens derselben Höhe erspart worden sind, ohne daß es einer genauen Ausrechnung dieser Kosten bedarf.",
"Indessen stand den Rechtsanwälten Dxxx und Bxxx für diese Tätigkeit gemäß § 54 S. 1 BRAGebO nur eine 5/10 Beweisgebühr zu. Die in dieser Vorschrift außerdem vorgesehene 5/10 Prozeßgebühr können sie dagegen nicht beanspruchen, weil sich ihre Tätigkeit nicht auf die Vertretung in der Beweisaufnahme beschränkte, da sie außerdem als Verkehrsanwälte tätig waren. Deshalb ist die 5/10 Prozeßgebühr nach § 13 Abs. 2 BRAGebO auf die 10/10 Verkehrsgebühr, die ihnen nach § 52 BRAGebO zusteht, anzurechnen (vgl. Lauterbach-Hartmann, Kostengesetze, 17. Auflage 1973, Anm. 2 A zu § 52 BRAGebO und Anm. 3 zu § 54 BRAGebO).",
"Die Kosten der Rechtsanwälte Dxxx und Bxxx sind daher nur in folgendem Umfang erstattungsfähig:",
"Verkehrsgebühr § 52 BRAGebO 283,-- DM",
"5/10 Beweisgebühr § 54 BRAGebO 141,50 DM",
"Auslagenpauschale § 26 BRAGebO 20,-- DM",
"444,50 DM",
"5,5 % Mehrwertsteuer 24,45 DM",
"468,95 DM",
"Aus diesem Grunde war der Kostenfestsetzungsbeschluß vom 8.4.1975 abzuändern wie geschehen. Die weitergehende Beschwerde war mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.",
"Soweit die Beschwerde Erfolg hatte, ergeht die Entscheidung gerichtsgebührenfrei, § 46 Abs. 2 GKG. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf der entsprechenden Anwendung der §§ 91, 92 ZPO.",
"Beschwerdewert: für die außergerichtlichen Kosten 618,23 DM"
] | [] | {
"law": [
"§ 52 BRAGebO",
"§ 97 ZPO",
"§ 31 I BRAGO",
"§§ 91, 92 ZPO",
"§ 46 Abs. 2 GKG",
"§ 26 BRAGO",
"§ 48 VVG",
"§ 13 Abs. 2 BRAGebO",
"§ 11 Abs. 1, 2 RpflG",
"§ 52 BRAGO",
"§ 54 BRAGebO",
"§ 26 BRAGebO",
"§ 54 S. 1 BRAGebO",
"§ 104 Abs. II Satz 2 ZPO"
],
"case": [
"2 O 121/71",
"8 W 4/66"
]
} |
316,060 | 9 U 55/75 | olgham-1975-06-10-9-u-5575 | ECLI:DE:OLGHAM:1975:0610.9U55.75.00 | 1975-06-10T00:00:00 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Urteil | [
"Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 15. Oktober 1974 wird als unzulässig verworfen.",
"Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.",
"Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar."
] | [
"Der Kläger hat nach einem Verkehrsunfall, den er mit seinem Pkw erlitten hat, zunächst von dem Fahrer des unfallbeteiligten Postfahrzeugs als Beklagtem zu 1) und der Beklagten - zu 2) - als Halterin vollen Ersatz seines Schadens verlangt. Die Klage gegen, den Beklagten zu 1), den späteren Zeugen ..., hat der Kläger im ersten Rechtszuge vor Verlesung der Anträge zurückgenommen.",
"Der Kläger befuhr am 10. April 1974 gegen 15,30 Uhr mit seinem Pkw in ... die Hauptstraße. Dabei stieß er mit dem im Fernmeldebaudienst eingesetzten VW-Bus der Beklagten zusammen.",
"Der Kläger hat vorgetragen: Die Beklagte müsse voll für seinen Schaden einstehen. Der Zeuge ... sei aus einer Einfahrt rückwärts auf die Fahrbahn gerollt und habe mit der Rückfront des Postfahrzeugs seinen, des Klägers, Pkw an dessen rechter Seitenwand gerammt. Sein Schaden betrage insgesamt 644,30 DM.",
"Nach Zurücknahme der Klage gegen ... hat der Kläger beantragt",
"die Beklagte zu verurteilen, an ihn 644,30 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.",
"Die Beklagte hat beantragt,",
"die Klage abzuweisen.",
"Sie hat vorgetragen: Der Kläger könne keinen Ersatz seines Schaden verlangen. Er habe den Unfall allein selbst verschuldet, da er unaufmerksam gegen das Heck des schon etwa 2 Minuten stillstehenden und nur etwa 0,50m mit dem Heck in die Fahrbahn hineinragenden VW-Bus gefahren sei. Die Höhe des vom Kläger verlangten Schadensersatzes sei überdies nicht gerechtfertigt.",
"Das Landgericht hat durch Vernehmung des Zeugen Brakhage Beweis erhoben.",
"Durch das angefochtene Urteil, auf das gemäß § 545 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte unter Klageabweisung im übrigem verurteilt, an den Kläger 483,22 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. Juni 1974 zu zahlen. Dazu ist in den Entscheidungsgründen ausgeführt: Die Beklagte müsse gemäß §§ 7, 17 StVG, 839, 264 BGH Art. 34 GG für den Schaden des Klägers zu drei Vierteln einstehen. Danach habe die Beklagte dem Kläger 483,22 DM nebst Zinsen zu ersetzen.",
"Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten mit dem Ziel der Klageabweisung, soweit sie zur Zahlung von mehr als 214,77 DM nebst Zinsen verurteilt worden ist. Die Beklagte wendet sich gegen die vom Landgericht vorgenommene Schadensteilung und meint, bei richtiger Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge brauche sie nur für ein Drittel des Schadens des Klägers einzustehen.",
"Die Beklagte beantragt,",
"unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage in Höhe weiterer 268,46 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. Juni 1974 abzuweisen.",
"Der Kläger beantragt,",
"die Berufung zurückzuweisen,",
"hilfsweise ihm Vollstreckungsnachlaß zu gewähren.",
"Er vertritt in erster Linie die Auffassung, die Berufung sei unzulässig, jedenfalls aber, meint er, sei sie unbegründet. Dazu trägt er vor: Die Beklagte habe nach Ankündigung durch Schreiben vom 31. Januar 1975 am 6. Februar 1975 die Urteilssumme mit Zinsen in Gesamthöhe von 496,14 DM bezahlt. Die Berufung sei von der Beklagten erst danach, am 25. Februar 1975, eingelegt worden. Deshalb sei die Berufung unzulässig, weil die Beklagte durch das vorgenannte Schreiben zuvor auf Rechtsmittel verzichtet habe. Die Zahlung der Beklagten sei nicht etwa zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgt, weil er noch nicht einmal die Sicherheit geleistet gehabt habe, von der die Zwangsvollstreckung für ihn abhängig ... gewesen sei.",
"Im übrigen treffe das Urteil entgegen der Auffassung der Beklagten zu .... Selbst wenn man von dem festgestellten Verschulden des Postfahrers Brakhage absehe, ergebe allein schon die Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge eine Schadensersatzquote zu seinen Gunsten von mehr als 1: 1, weil sich das Fahrzeug der Beklagten auf der Fahrbahn quer zur Fahrbahnrichtung bewegt habe. Zur Höhe der Reparaturkosten und des Nutzungsausfalls beziehe er sich auf die von ihm bereits benannten zeugen. Der Kläger legt das Schreiben der Oberpostdirektion Münster vom 31. Januar 1975 (Blatt 70 der Akten) an seinen erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten vor.",
"Die Beklagte bestreitet die Zahlung nicht. Sie tritt der Auffassung des Klägers entgegen, die Berufung sei unzulässig, und überreicht dazu ein Schreiben der ... vom 21. Januar 1975 an ihre erstinstanzlichen Anwälte (Blatt 72 der Akten) und ein weiteres vom 13. Februar 1975 an ihre derzeitigen Prozeßbevollmächtigten (Blatt 71 der Akten).",
"Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die vorbezeichneten von den Parteien überreichten Schriftstücke Bezug genommen."
] | [] | [
"Die Berufung der Beklagten ist unzulässig.",
"Aus den übereinstimmenden Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergibt sich, daß die Beklagte nach Erlaß des erstinstanzlichen Urteils, aber noch vor Einlegung der Berufung die Urteilssumme einschließlich der Zinsen bezahlt hat. Damit ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt worden und die Beschwer der Beklagten vor Einlegung des Rechtsmittels fortgefallen. Die Beklagte hat nämlich das zwischen den Parteien bestehende Schuldverhältnis durch Erfüllung zum Erlöschen gebrach indem sie nicht ausdrücklich - auch nicht einmal erkennbar - zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gezahlt hat. Aus den Umständen ergibt sich vielmehr, daß die Beklagte sich mit ihrer Zahlung der Entscheidung des Landgerichts gebeugt hat. Diese Einstellung der Beklagten ist zwar, wie aus den von den Parteien dem Senat überreichten Schreiben ersichtlich ist, auf die rechtsirrtümliche Annähme zurückzuführen, das Gesetz zur Entlastung der Landgerichte vom 20. Dezember 1974 finde schon auf diesen Rechtsstreit Anwendung, während es in Wirklichkeit nach seinem Art. 8 Abs. 2 zur Zulässigkeit von Rechtsmitteln nur anzuwenden ist, wenn die anzufechtende Entscheidung nach dem Inkrafttreten - also gemäß Art. 10 nach dem 1. Januar 1975 - verkündet worden ist. Ein solcher Rechtsirrtum, der Beklagten hindert aber die Erfüllung und damit das Erlöschen des Schuldverhältnisses nicht.",
"Grunsky vertritt in seiner Anmerkung zu dem in NJW 1975, 935 - VersR 1975, 525 veröffentlichten, einen ähnlichen Fall betreffenden Urteil des Senats vom 26.11.1974 - 9 U 66/74 - u.a. die Ansicht, die bloße Zahlung des Urteilsbetrages führe nicht zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels. Dem ist nicht beizutreten. Wird nicht ausdrücklich zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gezahlt, so erlischt das Schuldverhältnis (BGH Urt. v. 24.6.1953 - II ZR 200/52 LM § 91a ZPO Nr. 4) und die Hauptsache ist erledigt. Erfolgt die Zahlung wie hier vor Einlegung des Rechtsmittels, so entfällt die Beschwer das Rechtsmittel ist unzulässig und zu verwerfen (BGH a.a.O.). Er folgt die Zahlung nach Rechtsmitteleinlegung, so wird das Rechtsmittel unzulässig, wenn die spätere Verminderung des Beschwerdegegenstandes auf willkürlicher Beschränkung des Rechtsmittels durch den Rechtsmittelkläger beruht (BGH Urt. 19.12.50 - I ZR 7/50 - NJW 51, 19b und BGH 16.01.50 - I ZR 1/50 - NJW 51, 274).",
"Durch Erledigung der Hauptsache dieses Rechtsstreits ist die Beschwer der Beklagten fortgefallen und die spätere Einlegung der Berufung unzulässig geworden, denn der mit der Berufung gegen die Schadensersatzquote gerichtete Angriff ist durch die Erledigung der Hauptsache gegenstandslos geworden. Eine Anfechtung der nicht miterledigten Kostenentscheidung, die die Beklagte in den erwähnten Schreiben bereits vor Erledigung der Hauptsache mißbilligt hatte, ist für sich allein nach § 99 Abs. 1 ZPO unzulässig. § 91a ZPO kann auf die Kostenentscheidung nicht angewendet werden weil eine Entscheidung nach § 91a ZPO voraussetzt, daß, das Rechts mittel zulässig eingelegt worden ist (vgl. BGH a.a.O.). Der Senat kann die nicht miterledigte Kostenentscheidung des ersten Rechtszuges auch nicht von Amts wegen nachprüfen, weil er nach Feststellung der Unzulässigkeit des Rechtsmittels in diese materielle Prüfung nicht mehr eintreten kann.",
"Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils ergibt sich aus § 708 Nr. 7 ZPO. Der Antrag des Klägers auf Gewährung von Vollstreckungsnachlaß ist gegenstandslos."
] | {
"law": [
"§ 91a ZPO",
"§§ 7, 17 StVG",
"§ 99 Abs. 1 ZPO",
"§ 97 ZPO",
"§ 708 Nr. 7 ZPO",
"§ 545 ZPO"
],
"case": [
"9 U 66/74",
"I ZR 1/50",
"I ZR 7/50",
"II ZR 200/52"
]
} |
316,061 | 3 U 168/74 | olgk-1975-04-29-3-u-16874 | ECLI:DE:OLGK:1975:0429.3U168.74.00 | 1975-04-29T00:00:00 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Urteil | [
"Die Berufung der Beklagten gegen das am 13. September 1974 verkündete Urteil des Schiffahrtsgerichts Duisburg-Ruhrort - 5 C 116/72 BSch wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.",
"Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar."
] | [
"Der Kläger ist Eigentümer des 388 t großen MS \"P\".",
"Der Erstbeklagten gehört das TMS \"R 201\", das zur Zeit des nachstehend beschriebenen Unfalls von dem Zweitbeklagten verantwortlich geführt worden ist.",
"Am 7. August 1972 hatte der Kläger sein Schiff im Hafen D/R vorgelegt, um eine für Frankreich bestimmtePartie von ca. 246 t Gußeisenabfällen einzuladen. Die Beladung war am Nachmittag des 8. August 1972 gegen 16.00 Uhr beendet. Der Kläger konnte jedoch die Fahrt nicht aufnehmen, weil der Zweitbeklagte am Morgen desselben Tages mit 'MS \"R. 201\" gegen die Schiebetorbrücke und das Untertor der dem Hafen vorgelagerten Schleuse gestoßen war und die Schleusenanlage erheblich beschädigt hatte. Die Instandsetzung der Schleuse dauerte bis zum Abend des 22. August 1972. Erst danach konnte der Kläger die geplante Reise durchführen.",
"Die Erstbeklagte hat das TMS \"R 201\" in Kenntnis des Unfalls und seiner Folgen zu neuen Reisen ausgesandt.",
"Der Kläger nimmt die Beklagten auf Ersatz des Nutzungsausfalls für die 14-tägige Wartezeit mit täglich 324,-- DM, insgesamt also 4.536,-- DM in Anspruch. Er hat behauptet, der Zweitbeklagte sei unsachgemäß und unvorsichtig in die Schleusenkammer eingefahren, wodurch es dann zu dem Unfall gekommen sei.",
"Der Kläger hat beantragt,",
"die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihm 4.536,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 17. Oktober 1972 (Klagezustellung) zu zahlen, und zwar mit der Maßgabe, daß die Erstbeklagte außer dinglich mit dem TMS \"R 201\" im Rahmen des Binnenschiffahrtsgesetzes auch persönlich haftet.",
"Die Beklagten haben beantragt,",
"die Klage abzuweisen,",
"hilfsweise,",
"ihnen die Abwendung der Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung nachzulassen.",
"Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe schon deshalb ein Schadensersatzanspruch nicht zu, weil die zeitweilige Nichtbenutzbarkeit seines Fahrzeugs weder eine Eigentumsverletzung noch einen entschädigungspflichtigen Eingriff in den Gewerbebetrieb darstelle. Ferner haben sie ein Verschulden bei der Wartung und der nautischen Führung von TNS \"R 201\" bestritten. Der Unfall sei auf ein plötzliches und unerwartetes Versagen der Umsteuervorrichtung zurückzuführen.",
"Das Schiffahrtsgericht hat eine Ortsbesichtigung im Hafengebiet von M. /R durchgeführt, deren Ergebnis in der Niederschrift vom 6. 4. 1973 (El. 28 f. d.A.) festgehalten ist. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen.",
"Durch Urteil vom 13. September 1974, auf dessen Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Schiffahrtsgericht die Klage dem Grunde nach aus § 823 Abs. 1, 3, 4, 114 BSchG für gerechtfertigt erklärt.",
"Gegen das am 19. September 1974 zugestellte Urteil des Schiffahrtsgerichts richtet sich die am 14. Oktober 1974 eingegangene Berufung der Beklagten, die durch einen am 13. November 1974 eingegangenen Schriftsatz begründet worden ist.",
"Die Beklagten wiederholen und vertiefen ihr früheres Vorbringen. Sie meinen insbesondere, das Schiffahrtsgericht habe den Eigentumsbegriff zu extensiv ausgelegt, indem es eine öffentliche Verkehrsanlage, nämlich die ; Schleuse, in ihrer Funktion für den öffentlichen Verkehr zugunsten des Klägers dem Rechtsgut \"Eigentum\" zugerechnet habe. In Wirklichkeit sei nur der Gemeingebrauch an der 'Schleuse beeinträchtigt worden, der jedoch nicht zu den in § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechtsgütern gehöre. Zudem habe das Schiff des Klägers während der unfallbedingten Sperrung der Schleuse nicht jede Bewegungsmöglichkeit eingebüßt. Vielmehr habe, von der beschädigten Schleuse RE aus gesehen, noch eine schiffbare Ruhrstrecke von etwa 10 km zur Verfügung gestanden, auf welcher der Kläger mit seinem Fahrzeug Transporte hätte ausführen können.",
"Die Beklagten beantragen,",
"unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage",
"abzuweisen.",
"Der Kläger beantragt,",
"die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.",
"Der Kläger tritt dem Berufungsvorbringen mit Rechtsausführungen entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.",
"Wegen der weiteren Einzelheiten des Streitverhältnisses wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Ferner wird auf die Akten 6 Cs 458/73 BSch AG Duisburg-Ruhrort verwiesen, deren Inhalt zu Informationszwecken Gegenstand der mündlichen Verhandlung war."
] | [] | [
"Die Berufung der Beklagten gegen das Grundurteil des Schiffahrtsgerichts ist statthaft und auch sonst in verfahrenrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. In der Sache konnte sie jedoch keinen Erfolg haben.",
"Mit Recht hat das Schiffahrtsgericht den mit der Klage verfolgten Schadensersatzanspruch dem Grunde nach gegen beide Beklagte für gerechtfertigt erklärt.",
"Die Haftung des Zweitbeklagten ergibt sich aus § 823 Abs. 1 BGB, denn er hat das Eigentum des Klägers an dem MS \"P widerrechtlich verletzt. Das Schiff als solches ist zwar nicht beschädigt worden. Es ist jedoch anerkannten Rechts, daß die Verletzung des Eigentums an einer Sache nicht nur durch eine Beeinträchtigung der Sachsubstanz, sondern auch durch eine sonstige die Eigentümerbefugnisse treffende tatsächliche Einwirkung auf die Sache erfolgen kann (vgl. Soergel- Zeuner, BGB, 10. Aufl., § 823 Rdnr. 24; BGB-RGRK, 11. Aufl.,823 Anm. 15; Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts II Bd.,9. Aufl., 5. 407). So hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 21. 12. 1970 - II ZR 133/68 - (ZfB 1/72 = NJW 1971, 886) eine Eigentumsverletzung darin erblickt, daß ein Schiff infolge eines von dem Unterhaltspflichtigen des schiffbaren Gewässers verursachten Hindernisses für längere Zeit in einem Teil des Gewässers eingeschlossen und damit \"als Transportmittel praktisch ausgeschaltet\" war. Eine entsprechende Sachlage ist hier gegeben. Der Zweitbeklagte hat durch das Rammen des Schleusentores ein Hindernis verursacht, das es dem Kläger für die Dauer von zwei Wochen unmöglich machte, mit seinem MS \"P \" den Hafen zu verlassen.",
"Für die Frage der Eigentumsverletzung ist es ohne Belang, daß nicht - wie in dem vom BGH konkret entschiedenen Fall der Träger der Unterhaltspflicht an dem schiffbaren Gewässer, sondern ein Hafenbenutzer das Hindernis herbeigeführt hat. Eine Eigentumsverletzung durch Herbeiführen eines Hindernisses, das einem Schiff für längere Zeit die Möglichkeit der Weiterfahrt nimmt, kann selbstverständlich nicht nur von dem Unterhaltspflichtigen des jeweiligen Gewässers, sondern auch von einem Dritten, insbesondere von einem Teilnehmer am Schiffsverkehr, begangen werden. Die Eigentumsverletzung ist immer dem zuzurechnen, der das Hindernis verursacht hat. Das ist hier der Zweitbeklagte.",
"Zu Unrecht meinen die Beklagten, der Kläger sei nur in der Ausübung des jedem Schiffahrttreibenden zustehenden, aber nicht als \"sonstiges Recht\" im Sinne des, § 823 Abs. 1 BGB anerkannten Gemeingebrauchs an der Wasserstraße beeinträchtigt worden. Dieser Geisichtpunkt trifft bei der Sperrung einer Schleuse für die Schiffe zu, die sich außerhalb des Schleusenbereichs befinden und nun wegen der Sperrung die Schleuse nicht anfahren können und daher eine andere Route wählen müssen (vgl. BGH a.a.O.). Der Kläger aber befand sich mit seinem Schiff in dem der Schleuse vorgelagerten Hafen, den er wegen der unfallbedingten Sperrung der Schleuse nicht mehr verlassen konnte. Er war also nicht bloß an der Ausübung des gemeingebrauchs an dem schiffbaren Gewässer, sondern am Verlassen des Hafens und damit an der wirtschaftlichen Nutzung seines Fahrzeugs gehindert. Darin liegt jedoch nach der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat anschließt, eine Verletzung des Eigentums, zu dessen wichtigsten Funktionen die wirtschaftliche Sachnutzung gehört.",
"Die Beklagten können dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, daß der Kläger nach der Sperrung der Schleuse noch eine schiffbare Strecke von etwa 10 km zur Verfügung gehabt habe. Die Nutzbarkeit eines Frachtschiffs beurteilt sich nicht nach theoretisch-physikalischen, sondern nach praktisch-wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Wenn in der erwähnten Entscheidung des BGH von dem Verlust \"jeder Bewegungsmöglichkeit\" die Rede ist, so darf das nicht buchstäblich verstanden werden. Es kann nicht darauf ankommen, ob das eingesperrte Schiff sich innerhalb der Einsperrung noch ein paar Meter, ein paar hundert Meter oder gar ein paar Kilometer bewegen kann. Entscheidend ist vielmehr, ob eine sinnvolle wirtschaftliche Verwendung des Schiffs möglich bleibt oder ob es \"als Transportmittel praktisch ausgeschaltet\", also \"seinem bestimmungsgemäßen Gebrauch entzogen\" wird (BGH a.a.O.). im vorliegenden Fall hat die unfallbedingte Sperrung der Schleuse zum Ausschluß jeder wirtschaftlich sinnvollen Verwendung des vor der Schleuse verbliebenen Schiffs des Klägers geführt.",
"Schon allgemein kann gesagt werden, daß sich auf einer schiffbaren Strecke von nur 10 km für ein Frachtschiff kaum eine wirtschaftlich sinnvolle Verwendungsmöglichkeit bietet. Der Massengüterverkehr, dem die Frachtschiffahrt dient, findet nicht auf derart kurze Entfernungen statt. Das Schiffahrtsgericht hat sich mit dieser Erfahrungstatsache nicht begnügt, sondern konkret ermittelt, welche Betriebe in dem Hafengebiet ansässig sind, in dessen Bereich der Kläger sich nach der Sperrung der Schleuse mit seinem Fahrzeug noch bewegen konnte. Es hat sich nichts dafür ergeben, daß zwischen einzelnen dieser Firmen Handelsbeziehungen bestehen, die innerhalb des Hafens auf dem Wasserwege abgewickelt werden. Sollte eine der Firmen die andere beliefern, so kann nur angenommen werden, daß dies auf dem Landwege durch Lastkraftwagen oder über die vorhandenen Gleisanschlüsse durch die Hafenbahn geschieht. Dagegen ist schon wegen der Kosten und der technischen Schwierigkeit des Beladens und Entladens mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, daß jemand Güter innerhalb des Hafenbereichs für nur wenige Kilometer zu Schiff befördern läßt. Die Beklagten haben nichts vorgetragen, um ihre Behauptung, der Kläger hätte das Schiff innerhalb der 10 km-Strecke wirtschaftlich sinnvoll nutzen können, näher zu substantiieren. Sie haben insbesondere kein Unternehmen benannt, das innerhalb dieses Bereichs regelmäßig Schiffstransporte ausführen läßt und das bereit gewesen wäre, dem Kläger während der zweiwöchigen Sperrung der Schleuse einen oder mehrere Frachtaufträge zu erteilen. Eine solche Sub-stantiierung muß aber verlangt werden, wenn die Beklagten sich auf die außerhalb jeder wirtschaftlichen Erfahrung liegende Möglichkeit berufen, während der Sperrung der Schleuse auf der dahinter gelegenen 10 km langen schiffbaren Strecke gewinnbringende Frachtaufträge abzuwickeln.",
"Die in der \"Einsperrung\" des Schiffs zu erblickende Beeinträchtigung der Eigentümerbefugnisse des Klägers geht angesichts ihrer Dauer wesentlich über das Maß derjenigen Beeinträchtigungen hinaus, die ein Schiffahrttreibender unter den heutigen Verhältnissen gewissermaßen als \"verkehrsadäquat\" in Kauf nehmen muß. Es wäre unbillig, die wirtschaftlichen Folgen eines mehrwöchigen Nutzungsausfalls nicht dem Verursacher, sondern dem betroffenen Schiffseigner aufzubürden.",
"Der Zweitbeklagte hat die schädigende Einwirkung auf das Eigentum des Klägers zu vertreten (§§ 276 BGB, 7 Abs. 1 BSchG). Er hat - selbst wenn man ein plötzliches Versagen der Umsteueranlage unterstellt - fahrlässig die in § 6.288 BSchSO normierte Pflicht verletzt, bei der Einfahrt in die Schleusenkammer dafür zu sorgen, daß das Fahrzeug auch ohne Maschinenkraft rechtzeitig angehalten werden konnte. In der Berufungsverhandlung haben die Beklagten ein entsprechendes Verschulden des Zweitbeklagten nicht mehr in Abrede gestellt, so daß dieser Punkt als unstreitig angesehen werden kann.",
"Gemäß § 3 BSchG ist die Erstbeklagte als Eignerin des TMS \"R 201\" für den von dem Zweitbeklagten als ihrem Schiffsführer schuldhaft verursachten Schaden mithaftbar. Im Unterschied zu dem Zweitbeklagten haftet sie außer dinglich mit dem TMS \"R 201\" nur in den Grenzen des Binnenschiffahrtsgesetzes persönlich (§§ 4, 114 BSchG).",
"Gemäß § 97 Abs. 1 ZPO haben die Beklagten die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 7 ZPO.",
"Zur Zulassung der Revision (§ 546 Abs. 2 ZPO) bestand kein Anlaß, da die Entscheidung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entspricht und der Rechtsstreit nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist."
] | {
"law": [
"§ 823 Abs. 1 BGB",
"§§ 4, 114 BSchG",
"§ 3 BSchG",
"§ 546 Abs. 2 ZPO",
"§ 97 Abs. 1 ZPO",
"§§ 276 BGB, 7 Abs. 1 BSchG",
"§ 708 Nr. 7 ZPO",
"§ 823 Abs. 1, 3, 4, 114 BSchG"
],
"case": [
"II ZR 133/68",
"6 Cs 458/73",
"5 C 116/72"
]
} |
316,062 | 1 C 836/74 | ag-gummersbach-1975-04-25-1-c-83674 | ECLI:DE:AGGM1:1975:0425.1C836.74.00 | 1975-04-25T00:00:00 | {
"id": 668,
"name": "Amtsgericht Gummersbach",
"slug": "ag-gummersbach",
"city": "Gummersbach",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | Urteil | [
"Unter Abweisung der Klage im übrigen werden die Beklagten als",
"Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 68,50 DM nebst 4 %",
"Zinsen seit dem 19. 12. 1974 zu zahlen.",
"Die Kosten des Rechtsstreites tragen der Kläger zu 4/5 und die",
"Beklagten als Gesamtschuldner zu 1/5.",
"Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar."
] | [
"Am 5. 9. 1973 kam es gegen 17.00 Uhr auf der C-Straße in H in Höhe des Hauses Nr. 25 zu einem Verkehrsunfall, indem der zweijährige Sohn der Beklagten plötzlich auf die Fahrbahn lief und vor das Kleinkraftrad des Klägers geriet. Der Kläger kam hierbei zu Fall. Sein Kleinkraftrad wurde beschädigt. Die Reparatur kostete 342,50 DM.",
"Bei der C-Straße, auf der sich der Unfall ereignete, handelt es sich praktisch um eine Art Spielstraße, die zwar nicht als solche gekennzeichnet ist, von der aber den wenigen Verkehrsteilnehmern, auch dem Kläger, die diese Straße regelmäßig befahren, bekannt ist, daß dort oft Kinder spielen. Der Kläger hatte auch am Unfalltag vor dem Unfall beobachtet, daß wieder Kinder auf der C-Straße spielten. Nachdem er an einer Gruppe von spielenden Kindern vorbeigefahren war, sah er am rechten Straßenrand noch zwei weitere Kinder, nämlich den zweijährigen Sohn der Beklagten sowie dessen 10 Jahre alte Schwester. Der zweijährige Sohn der Beklagten lief plötzlich vor dem Kläger auf die Fahrbahn. Der Kläger versuchte noch, durch Bremsen einen Unfall zu vermeiden, was ihm jedoch nicht gelang. Die beklagte Ehefrau hatte die Stelle, an der ihre Kinder spielten, auch zum Unfallzeitpunkt, ständig vor Augen, da sich der Unfall praktisch vor der Haustür der Beklagten ereignete, und sie hatte auch immer wieder zu den Kindern hingesehen.",
"Der Kläger trägt vor, der zweijährige Sohn der Beklagten, der ihm vor sein Kleinkraftrad gelaufen sei, sei ohne jede Aufsicht gewesen.",
"Der Kläger beantragt,",
"die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger",
"342,50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. 2. 1974 zu zahlen.",
"Die Beklagten beantragen,",
"die Klage abzuweisen.",
"Sie meinen, sie seien ihrer Aufsichtspflicht genügend nachgekommen, und der Unfall sei ausschließlich auf das Fehlverhalten des Klägers zurückzuführen.",
"Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze."
] | [] | [
"Die Klage ist nur begründet in Höhe von 68,50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 19. 12. 1974; im übrigen war sie als unbegründet abzuweisen.",
"Der zweijährige Sohn der Beklagten hat dem Kläger unstreitig widerrechtlichen Schaden zugefügt, indem er diesem plötzlich und unvorhersehbar vor dessen Kleinkraftrad auf die Fahrbahn lief. Da der zweijährige Sohn der Beklagten der Aufsicht der Beklagten unterstand, diese nach dem unstreitigen Sachverhalt ihrer Aufsichtspflicht aber nicht genügend nachgekommen sind, sind sie dem Kläger gemäß § 832 zum Schadensersatz verpflichtet. Da der Kläger den Unfall jedoch durch ein Kraftfahrzeug verursacht hat, dessen Betriebsgefahr er sich anrechnen lassen muß, und ihn nach dem unstreitigen Sachverhalt ein ganz erhebliches Verschulden an dem Zustandekommen des Unfalls trifft, sind die Beklagten gemäß § 254 BGB nur verpflichtet, dem Kläger 20 % des ihm unstreitig entstandenen Schadens in Höhe von 342,50 DM zu ersetzen, das sind 68,50 DM.",
"Die Beklagten haben ihre Aufsichtspflicht gegenüber ihrem zweijährigen Sohn verletzt, indem sie diesen auf einer öffentlichen Straße spielen ließen, ohne dafür Sorge zu tragen, daß ein mögliches verkehrswidriges Verhalten ihres zweijährigen Sohnes rechtzeitig verhindert wurde. Es reichte nicht aus, daß die beklagte Ehefrau ihren zweijährigen auf der Straße spielenden Sohn aus der Wohnung heraus beobachtete; sie konnte nämlich von dort aus keinesfalls ein verkehrswidriges Verhalten ihres Sohnes verhindern, wie das Zustandekommen des Unfalls beweist. Auch daß der zweijährige Sohn der Beklagten von seiner zehnjährigen Schwester begleitet war, war nicht ausreichend, da ein zehnjähriges, selbst noch nicht hinreichend im Straßenverkehr erfahrenes Mädchen",
"nicht befähigt ist, einen zwei Jahre alten Jungen genügend zu beaufsichtigen.",
"Das Verschulden der Beklagten wiegt jedoch nicht allzu schwer, da sie ihren zweijährigen Sohn auf einer unstreitig nur wenig befahrenen öffentlichen Straße spielen ließen, von der allgemein den diese Straße befahrenden Verkehrsteilnehmern bekannt ist, daß dort Kinder spielen, auf die Rücksicht genommen wird.",
"Der Kläger kann von den Beklagten nur 20 % des ihm entstandenen Schadens ersetzt verlangen, weil der Unfall, von ihm in ganz erheblichem Umfang mit verursacht worden ist. So muß sich der Kläger zunächst die von seinem Kleinkraftrad ausgehende Betriebsgefahr als Mitverschulden im Sinne von § 254 BGB anrechnen lassen. Außerdem hat sich der Kläger aber auch ganz erheblich verkehrswidrig verhalten und dadurch den Unfall mitverursacht. Er hat nämlich, obwohl er den zweijährigen Sohn der Beklagten und dessen zehnjährige Schwester am Straßenrand spielen sah, seine Geschwindigkeit nicht so herabgesetzt, daß er bei einem plötzlichen verkehrswidrigen Verhalten der Kinder, mit dem er rechnen mußte, anhalten und einen Unfall vermeiden konnte; denn er hat unstreitig trotz Bremsens den Unfall nicht vermeiden können.",
"Der Zinsanspruch des Klägers ist begründet in Höhe von 4 % seit dem 19. 12. 1974, das heißt seit dem Tage der Zustellung der Klage an die Beklagten, gemäß §§ 291, 288 BGB; der weitergehende Zinsanspruch des Klägers war als unbegründet zurückzuweisen, weil er in keiner Weise substantiiert ist.",
"Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 und 709 Ziffer 4 ZPO."
] | {
"law": [
"§§ 291, 288 BGB",
"§ 254 BGB"
],
"case": []
} |
316,063 | 10 C 591/74 | ag-essen-1974-11-21-10-c-59174 | ECLI:DE:AGE1:1974:1121.10C591.74.00 | 1974-11-21T00:00:00 | {
"id": 657,
"name": "Amtsgericht Essen",
"slug": "ag-essen",
"city": "Essen",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | Urteil | [
"Der Vollstreckungsbefehl des Amtsgerichts Essen vom 24. Juli/ 12. August 1974 - #### - wird aufgehoben.",
"Die Klage wird abgewiesen.",
"Die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der durch die Säumnis des Beklagten verursachten, die der Beklagte trägt, werden der Klägerin auferlegt.",
"Das Urteil ist rechtskräftig und vollstreckbar."
] | [
"Am 15.März 1974 entwendete der Beklagte in einem Kaufhaus der Klägerin Waren zu einem Gesamtkaufpreis von 33,40 DM. Bei dem Diebstahl wurde er von der Verkäuferin E beobachtet und anschließend durch einen von ihr herbeigerufenen Hausdetektiv überführt. Die Klägerin erhielt die gestohlenen Waren zurück. Der Beklagte gab den Diebstahl zu und bestätigte das auch schriftlich. Ferner unterzeichnete er ein \"Schuldanerkenntnis\" (in dem es heißt: \"Ich bekenne, der Firma L AG DM 50,-- zu schulden, die ich bis zum 22.3.1974 bezahlen werde. Mir ist eröffnet worden, daß die Firma L AG.- trotz ... meines Zahlungsversprechens strafrechtliche Schritte gegen mich unternehmen wird.\"",
"Die Klägerin hat sich ihren Angestellten gegenüber arbeitsvertraglich verpflichtet, dem Angestellten, der einen Ladendiebstahl aufdeckt, eine Prämie von 50,--DM zu zahlen.",
"Dem entsprechend ist dieser Betrag auch hier an die Angestellte E gezahlt worden. Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin den Beklagten auf Ersatz des ihr durch diese Zahlung entstandenen Schadens in Anspruch. Sie meint, dieser Schaden sei eine adäquat kausale Folge des Diebstahls und der Eigentumsverletzung durch den Beklagten.",
"Die Klägerin hat zunächst beantragt,",
"den Beklagten zu verurteilen, an sie 50, -- DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.",
"Der Beklagte ist durch vollstreckbaren Zahlungsbefehl vom 24.7./12.8. 1974 entsprechend verurteilt worden. Nachdem der Beklagte hiergegen rechtzeitig Einspruch eingelegt hat, beantragt die Klägerin nunmehr,",
"den Vollstreckungsbefehl aufrechtzuerhalten.",
"Der Beklagte beantragt,",
"den Vollstreckungsbefehl aufzuheben und die Klage abzuweisen.",
"Er meint, die Zahlung der vorher versprochenen Fangprämie sei kein adäquat kausal verursachter Schaden des Diebstahls.",
"Außerdem sei er bereits hinreichend durch die Geldstrafe von 300, -- DM bestraft worden, zu der er im Strafverfahren wegen des Diebstahls verurteilt worden ist.."
] | [] | [
"Die Klage ist nach dem eigenen Vortrag der Klägerin aus §§ 781, 241, 305,823 Abs. 1 und § 249 BGB in Verbindung mit § 242 StGB nicht begründet und der Vollstreckungsbefehl daher aufzuheben.",
"Das vom Beklagten unterzeichnete \"Schuldanerkenntnis\" stellt",
"kein abstraktes Schuldanerkenntnis im Sinne des § 781 BGB dar. Es sollte hierin kein neuer abstrakter Schuldgrund geschaffen werden. Vielmehr sollte der Beklagte die yon der Klägerin wegen Diebstahls und Eigentumsverletzung geltend gemachte Schadensersatzforderung anerkennen. Diese Erklärung des Beklagten ist im Zusammenhang mit dem gleichzeitig unterschriebenen Geständnis des Diebstahls zu sehen. Ferner ist in der Erklärung auch selbst durch den Hinweis auf eine Strafverfolgung auf den Diebstahl Bezug genommen.",
"Es liegt nur ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis vor.",
"Durch dieses wird hier der Einwand des Beklagten, er sei aus rechtlichen Gründen zur Zahlung des \"anerkannten\" Betrages nicht verpflichtet, nicht ausgeschlossen. Denn im Hinblick auf die weitreichende Bedeutung eines Anerkenntnisses werden nur die tatsächlichen und rechtlichen Einwendungen ausgeschlossen, die der Anerkennende bei Abgabe des Anerkenntnisses auch genau gekannt hat (vgl. BGH MDR 1968, 485 f). Diese erforderliche Kenntnis, daß er zur Zahlung der geforderten Fangprämie nicht verpflichtet war, hatte der Beklagte nicht, als er das \"Schuldanerkenntnis\" unterschrieb. Das ergibt sich einmal aus der konkreten Situation, in der sich der Beklagte als soeben gestellter Dieb befand, und zum anderen daraus, daß die Frage eines derartigen Schadensersatzanspruchs in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beantwortet wird.",
"Der rechtskundige Beklagte konnte in der geschilderten Situation in keiner Weise ermessen, ob der Klägerin der geltend gemachte Anspruch zusteht.",
"Ein Schadensersatzanspruch gem. § 823 Abs. 1 und 2 BGB in Verbindung mit § 242 StGB ist nicht begründet, weil der Schaden, den die Klägerin durch Zahlung .einer Fangprämie in Höhe von 50,-- DM an ihre Angestellte erlitten hat, keine durch den Diebstahl oder die Eigentumsverletzung adäquat kausal verursachte Folge ist. Zwar ist einfache Kausalität gegeben, da der Diebstahl eine nicht hinweg zudenkende Bedingung für die Zahlung der Fangprämie und den der Klägerin hieraus entstandenen Schaden ist; doch fehlt es an der Adäquanz. Auf den ersten Blick scheinen zwar auch deren Voraussetzungen gegeben zu sein, wie in der Rechtsprechung und Literatur vertreten wird (vgl. Amtsgericht München NJW 1973, 1044 ff; Amtsgericht Mainz MDR 1974, 506; Il/ Müller, NJW 1973, 358; Creutzig, NJW 1973, 1593 f). Denn es ist nicht besonders eigenartig, nicht ganz unwahrscheinlich und nicht nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassen, daß sich die Klägerin gegenüber ihren Angestellten arbeitsvertraglich verpflichtet hat, für das Stellen eines Diebes eine Fangprämie zu zahlen, und daß sie daher im Falle eines Diebstahls durch die Zahlung der Prämie entsprechend ihrer Verpflichtung einen Schaden erleidet. Vielmehr entspricht das sogar der Lebenserfahrung, da immer mehr Kaufleute sich ihren Angestellten gegenüber zur Zahlung derartiger Fangprämien verpflichtet haben. Doch wird diese formale Betrachtung, die lediglich rein logisch abstrakt auf das Zahlenverhältnis der Häufigkeit des Eintritts eines derartigen Erfolges abstellt und beim Vorliegen eines entsprechenden Zahlenverhältnisses allein auf Grund dessen die Adäquanz bejaht, der Bedeutung der Adäquanz nicht gerecht. Denn das Zahlenverhältnis allein ist nicht maßgebend; vielmehr müssen mit einer wertenden Beurteilung aus der Vielzahl der Bedingungen im naturwissenschaftlich philosophischen Sinne diejenigen ausgeschieden werden, die bei vernünftiger Beurteilung der Dinge nicht mehr als haftungsbegründende und haftungsausfüllende Umstände betrachtet werden können. Mit einer wertenden Beurteilung muß die Grenze gefunden werden, \"bis zu der dem Urheber einer Bedingung eine Haftung für ihre Folgen billigerweise zugemutet werden kann\" (vgl. BGHZ 3, 267; 18, 288; Erman-Sip, BGB, 5. Autl., § 249 Randnummern 16, 18). Diese wertende Beurteilung führt hier dazu, daß dem Beklagten, der durch den Diebstahl eine Bedingung für den der Klägerin durch Auszahlung der Fangprämie entstandenen Schaden gesetzt hat, eine Haftung für diese Folgen der Bedingung billigerweise nicht zugemutet werden kann.",
"Neben dem Diebstahl liegt eine weitere Bedingung für den Schaden der Klägerin darin, daß sie sich gegenüber ihren Angestellten arbeitsvertraglich verpflichtet hat, für die Ergreifung eines Diebes eine Fangprämie von 50,-- DM zu zahlen.",
"Ihr Schaden ist also auch durch ihren eigenen freiwilligen Entschluß verursacht worden. Sofern der Schaden auch auf einem freien Willensentschluß des Geschädigten beruht, so ist anerkannt, daß eine Zurechnung der Schadensfolge dann nicht gerechtfertigt ist, wenn der Entschluß des Verletzten, der eine neue Schadensgefahr schafft, durch den haftungsbegründenden Vorgang nicht herausgefordert ist, das Verhalten des die Erstursache Setzenden vielmehr lediglich den äußeren Anlaß und nur die Gelegenheit für den Verletzten darstellt, zusätzlich ein der Verletzung fremdes Schadensrisiko einzugehen (BGHZ 57, 29 ff). Eine derartige Herausforderung ist hier nicht gegeben. Sie wird bereits dadurch ausgeschlossen, daß die Klägerin den Entschluß zur Aussetzung der Fangprämie bereits lange Zeit vor Begehung des Diebstahls durch den Beklagten gefaßt hat. Aber auch wenn man insoweit die Möglichkeit einer Verletzung .im Falle ihres späteren Eintritts mit einer bereits eingetretenen Verletzung gleichgestellt, so fordert es allein die abstrakte Möglichkeit in Verbindung mit der Tatsache, daß dieser Diebstahl dann später tatsächlich stattfand, nicht heraus, bereits vor Begehung oder Bekanntwerden der Planung eines Diebstahls für die Aufdeckung eines solchen potentiellen Falles vertraglich eine Fangprämie zu versprechen.",
"Die Klägerin konnte auch ohne, die Zusage einer solchen Belohnung erwarten, daß ihre Angestellten auf mögliche Diebstähle achteten und bei der Aufdeckung mitwirkten (vgl. Amtsgericht München NJW 1972,2038). Denn hierzu sind sie auf Grund des Arbeitsvertrages verpflichtet. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese vertragliche Verpflichtung allein bei den Angestellten tatsächlich kaum eine Bereitschaft zur Mitwirkung bei der Aufdeckung von Diebstählen hervorruft (so Amtsgericht München NJW 1973, 1044 ff.) und diese lieber ihre vertraglichen Verpflichtungen verletzen und sich darüber hinaus unter Umständen sogar strafbar machen, als daß sie wegen des damit verbundenen Ärgers und der Mühen ihren Verpflichtungen nachkommen. Auch wenn das richtig ist und die Angestellten nur im Falle einer zuvor ausgesetzten Belohnung bei der Aufdeckung von Diebstählen bereit sind mitzuwirken, so kann das nicht dem Beklagten angelastet werden. Wenn die Klägerin Arbeitskräfte beschäftigt, die ihren genannten vertraglichen Verpflichtungen zuwider/handeln, und wenn sie deshalb eine Fangprämie aussetzt, um sie hierdurch zu einer Mitwirkung zu veranlassen, so fällt das in ihren Risikobereich und kann nicht dem Beklagten zugerechnet werden.",
"Er kann billigerweise nicht für Pflichtverletzungen herangezogen werden, die die Angestellten der Klägerin möglicherweise begehen, für die sie das kaufmännische Risiko trägt und auf die er keinen Einfluß hat.",
"Bei der gebotenen wertenden Beurteilung der beiden Schadensursachen, der arbeitsvertraglichen Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung einer Fangprämie und des Diebstahls, zeigt sich, daß das Schwergewicht hier auf der erstgenannten Bedingung ruht. Ohne daß die Klägerin hätte wissen können, ob und wann es zu dem vorliegenden Diebstahl kommen würde, hat sie freiwillig den Entschluß gefaßt, ihren Angestellten die Zahlung einer Fangprämie arbeitsvertraglich zuzusagen. Damit hat die Klägerin den Rechtsgrund für diese Zahlung freiwillig und bereits lange vor der schädigenden Handlung gesetzt. Die schädigende Handlung durch den Beklagten löste lediglich die Konkretisierung und Individualisierung der Zahlungspflicht aus (vgl. Wälde, NJW 1972, 2294 f). Der innere Zusammenhang zwischen der Gewährung der Belohnung und der durch die Schädigung geschaffenen Gefahrenlage ist durch die freiwillige Entschließung der Klägerin zur Zahlung der Belohnung weitgehend durchbrochen (Amtsgericht München NJW 1972,2038). Durch das Aussetzen der Belohnung soll verhindert werden, daß ein Dieb mit der gestohlenen Ware entkommt. Sie dient damit der Verhinderung des Schadenseintritts, ist aber nicht Schadensfolge (Amtsgericht München a.a.O.).",
"In den modernen Kaufhäusern und Geschäften, so auch in denen der Klägerin, wird das Warenangebot heute bewußt in einer wissenschaftlich ergründeten Art und Weise präsentiert, die den Kunden besonders zum Kauf anregen soll.",
"Diese Form der Warenpräsentation wirkt aber gleichzeitig auch besonders diebstahlstimulierend. Ebenso wie der Kaufmann die Vorteile aus dieser Art des Warenangebots durch erhöhten Umsatz genießt, hat er billigerweise auch das Risiko, das in der von ihm selbst geschaffenen besonderen Diebstahlsgefahr liegt, zu tragen. Das heißt, die Aufwendungen für die Minderung dieser Gefahr fallen in seinen Risikobereich und ihm daher zur Last.",
"Eine Verpflichtung zur Erstattung einer Fangprämie, zu deren Zahlung sich ein Kaufmann gegenüber seinen Angestellten vertraglich verpflichtet hat, um sie sich später vom Dieb zurückzuholen, hätte in Wahrheit den Charakter einer Privatstrafe.",
"(Wälde a.a.O.). So wird sie auch im allgemeinen und auch hier vom Beklagten empfunden. Dem Beklagten kann billigerweise eine Haftung für den Ersatz der Fangprämie, für deren Zahlung der Diebstahl eine Ursache ist, die die Klägerin aber freiwillig auf Grund eigenen Entschlusses ausgesetzt hat und deren Aussetzung im Rahmen ihres Risikobereiches lag, nicht zugemutet werden.",
"Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 91, 700, 344 ZPO.",
"Rechtskraft und Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 510 c, 704 ZPO."
] | {
"law": [
"§ 242 StGB",
"§ 781 BGB",
"§§ 91, 700, 344 ZPO",
"§ 823 Abs. 1 und 2 BGB",
"§ 249 BGB",
"§§ 510 c, 704 ZPO"
],
"case": []
} |
316,064 | 4 Ws 124/74 | olgham-1974-06-10-4-ws-12474 | ECLI:DE:OLGHAM:1974:0610.4WS124.74.00 | 1974-06-10T00:00:00 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Beschluss | [
"Die Sache wird an das Landgericht Siegen zurückgegeben."
] | [] | [
"Das Amtsgericht hat gegen den Angeklagten am 20. November 1973 Haftbefehl erlassen unter dem dringenden Tatverdacht des Diebstahls und mit dem Haftgrund der Fluchtgefahr. Das Amtsgericht - Schöffengericht - Bad Berleburg hat mit Urteil vom 5. April 1974 gegen den Angeklagten wegen Diebstahls in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis - §§ 242, 243, 17 StGB, § 21 StVG - auf eine Freiheitsstrafe von einem Jahr drei Monaten erkannt und mit dem danach verkündeten Beschluß auf Haftfortdauer \"aus den Gründen der Anordnung\" entschieden. Gegen das Urteil hat der Angeklagte, am 8. April 1974 Berufung eingelegt.",
"Die Akten sind durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft der zuständigen 2. Strafkammer des Landgerichts Siegen am 16. Mai 1974 zugegangen.",
"Unter dem 8. Mai 1974 hatte der Angeklagte gegen die Haftfortdauerentscheidung Beschwerde eingelegt, die beim Amtsgericht am 14. Mai 1974 eingegangen und von diesem zu den beim Landgericht befindlichen Akten nachgesandt worden ist.",
"Mit Beschluß vom 28. Mai 1974 hat die Strafkammer der Beschwerde mit der Begründung nicht abgeholfen, der Angeklagte sei aus den Gründen des angefochtenen Urteils der ihm angelasteten Tat dringend verdächtig und es bestehe nach wie vor der in der Haftanordnung zutreffend begründete Haftgrund der Fluchtgefahr. Die Strafkammer hat die Akten dem Senat zur Entscheidung über die Beschwerde des Angeklagten übersandte.",
"Für eine solche Entscheidung das Senats ist kein Raum; die Sache war der Strafkammer zurückzugeben. Die Präge, wie die Haftbeschwerde in solchen Fällen des Übergangs auf ein anderes, zu erstinstanzlichen Haftentscheidungen berufenes Gericht verfahrensrechtlich zu behandeln ist, wird von obergerichtlicher Rechtsprechung und der Literatur nicht einhellig beantwortet.",
"Entgegen OLG Karlsruhe, NJW 1972, 1723, hat das OLG Frankfurt mit Beschluß vom 26.10.1972 (NJW 1973, 478) dem hat sich die Strafkammer hier ersichtlich angeschlossen ein Beschwerderecht des Beschuldigten gegen die Haftfortdauerentscheidung des Amtsgerichts auch nach Erhebung der Anklage zum Landgericht bejaht und nicht das Landgericht, sondern das Oberlandesgericht in solchem Fall für sachentscheidungsbefugt gehalten. Es hat im wesentlichen hierin ausgeführt, aus §§ 117 Abs. 2, 304, 305 StPO ergebe sich zwingend, daß der Beschuldigte in jedem Stadium des Verfahrens das Haftbeschwerderecht habe; das könne mit dem Übergang der Haftkontrolle auf ein anderes Gericht nicht verlorengehen. Zuständig zur Entscheidung sei das OLG gemäß § 121 Abs. 1 Nr. 2 GVG, weil die Strafkammer nur zu erstinstanzlichen Haftentscheidungen, nicht gleichzeitig aber zu hier infrage kommenden Beschwerdeentscheidungen befugt sein könne, ohne daß dies zur Instanzenverwischung und zur Gefahr der Doppelzuständigkeit führe. Weil so die Zuständigkeit des Landgerichts entfallen sei, trete deshalb an seine Stelle das ihm übergeordnete Oberlandesgericht (so auch Dünnebier in MDR 1968, 185; Löwe-Rosenberg (-Dünnebier), § 125 Anm. 1 a.E.).",
"Es bedarf keiner Erörterung, daß auch im hier gegebenen Fall, des Übergangs durch das Rechtsmittel der Berufung das Landgericht für erstinstanzliche Haftentscheidungen zuständig wird, da insoweit auch für diesen Fall des Übergangs § 126 Abs. 2 StFO anwendbar ist, Mit der nach § 221 StPO bewirkten Obergabe der Akten an don Vorsitzenden den Berufungsgerichte ist dieses als \"mit der Sache befaßt\" in Sinne von § 126 Abs. 2 S. 1 StPO anzusehen.",
"Der Senat vermag sich aber der Ansicht des OLG Frankfurt nicht anzuschließen. Er idt vielmehr mit dem OLG Karleruhe (vgl. Beschluß vom 11.4.1972 in NJW 1972, 1723 - OLGSt zu § 117 StPO, Seite 3) der Auffassung, daß die Beschwerde des Untersuchungshäftlings in solchen Fällen des Übergangs als verfahrensrechtlich überholt anzusehen ist (vgl. ferner OLG Oldenburg, in NJW 1957, 233; OLG Hamm vom 1.3.1957 in 3 Ws 71/57; dasselbe vom 27.1.1967 in 3 Ws 82/67). Maßgebend hierfür ist in erst er. Linie der Wortlaut des § 126 Abs. 2 S. 1 und 2 StFO, wonach für weitere erstinstanzliche Haftentscheidungen das jeweils mit der (Haupt-) Sache befaßte Gericht zuständig ist, außer im Falle der Einlegung der Revision, für den es bei der Haft Zuständigkeit des iudex a quo verbleibt; ganz ersichtlich soll nach dem Willen des Gesetzgebers das Revisionsgericht als Beschwerdegericht für weitere erstinstanzliche Haftentscheidungen erhalten bleiben. Der Übergang der erstinstanzlichen Haftentscheidungen beinhaltet, daß anstelle des Amtsgerichts nunmehr die Strafkammer für Maßnahmen nach § 119 StPO zuständig wird, ebenso für die Durchführung der Haftprüfung - § 117 Abs. 1 StFO -, wenn der Untersuchungshäftling dies beantragt, Hierbei wäre die Strafkammer befugt zu entscheiden, ob die Aufhebung des Haftbefehls (§ 120 StPO) oder Maßnahmen nach § 116 StPO verantwortet werden können oder ob die Untersuchungshaft - unter eventueller Ergänzung der Haftvoraussetzungen wie der Haftgründe - fortzudauern habe. Bei dieser Lage ist eine Beschwerde gegen die Haftfortdauerentscheidung des Amtsgerichte in einen Antrag auf Haftprüfung nach § 117 Abs. 1 StPO umzudeuten, der nach § 117 Abs. 2 StPO ohnehin vor der Beschwerde den Vorrang hat (so auch OLG Karlsruhe a.a.O.; OLG Oldenburg a.a.O.; OLG Hamm a.a.O.).",
"Eine solche Haftprüfung hat ... im vorliegenden Falle die Strafkammer, ersichtlich, wenn auch unter anderer Ansicht über die Verfahrenslage, vorgenommen. Sie hat sich Mit dem Beschluß von 28. Mai 1974 - unter Ergänzung der Haftvoraussetzungen durch Bezugnahme auf die Gründe des Urteils erster Instanz und unter besonderem Hinweis auf die fortdauernden Haftgründe - für die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft entschieden, damit zum Ausdruck gebracht, daß sie nach Lage der Sache weder eine Aufhebung des Haftbefehls noch eine Aussetzung der Untersuchungshaft für geboten erachtet. Diese als Ergebnis ihrer nach § 117 Abs. 1 StPO erfolgten Haftprüfung anzusehende Entschuldung hat die Strafkammer, weil sie eine Nichtabhilfeentscheidung zu treffen meinte, daß Angeklagten aber noch nicht zugestellt. Das ist mit Bedacht auf § 117 Abs. 2 S. 2 StPO nachzuholen."
] | [] | {
"law": [
"§ 117 StPO",
"§ 119 StPO",
"§ 126 Abs. 2 S. 1 StPO",
"§ 126 Abs. 2 S. 1 und 2 StFO",
"§ 221 StPO",
"§ 117 Abs. 2 StPO",
"§ 117 Abs. 2 S. 2 StPO",
"§ 116 StPO",
"§ 120 StPO",
"§ 21 StVG",
"§ 117 Abs. 1 StFO",
"§ 117 Abs. 1 StPO",
"§ 126 Abs. 2 StFO",
"§§ 242, 243, 17 StGB",
"§ 121 Abs. 1 Nr. 2 GVG",
"§§ 117 Abs. 2, 304, 305 StPO"
],
"case": [
"3 Ws 82/67",
"3 Ws 71/57"
]
} |
316,065 | 3 S 35/74 | lg-arnsberg-1974-05-27-3-s-3574 | ECLI:DE:LGAR:1974:0527.3S35.74.00 | 1974-05-27T00:00:00 | {
"id": 801,
"name": "Landgericht Arnsberg",
"slug": "lg-arnsberg",
"city": "Arnsberg",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | Urteil | [
"hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg",
"auf die mündliche Verhandlung vom 27. Mai 1974",
"für Recht erkannt:",
"Die Berufung des Klägers gegen das am 19. Dezember 1973 verkündete Urteil des Amtsgerichts Warstein wird auf seine Kosten zurückgewiesen."
] | [
"____________",
"Der Kläger ist Eigentümer einer Wiese. Diese Wiese gehört zum Bezirk der Rüthener Waldjagd. Der Beklagte ist Pächter dieser Jagd. Laut Pachtvertrag ist er verpflichtet, Wildschäden zu ersetzten. Im Herbst und Winter 1971 sowie im Frühjahr 1972 richtete Schwarzwild auf der Wiese des Klägers Schaden an. Aus diesem Grunde fanden am 19.4. und 15.6.1972 Wildschadenstermine statt. In der Niederschrift über den Termin am Schadensort vom 19.4.1972 wird zum Schadensumfang festgestellt:",
"\"Starke Wildschäden durch Schwarzwild. 2 Morgen Totalschaden. 5000 qm á 0,20 DM, 5000 qm á 0,15 DM = 1.750,—DM\".",
"In dem Protokoll über den Termin vom 15.6.1972 ist zum Unfang des Schadens vermerkt:",
"\"Die Besichtigung ergab, dass der Schaden wie beim ersten Termin in voller Höhe besteht. Eine gütliche Einigung (war) nicht zu erzielen.\"",
"Der Beklagte hat an den Kläger 950,-- DM gezahlt. Der Kläger hat mit der am 29.1.1973 bei Gericht eingegangenen Klage den Ersatz des Schadens in dem Unfang verlangt, wie er in der Niederschrift im Termin vom 19.4.1972 genannt worden ist.",
"Der Kläger hat behauptet, die Niederschriften über die Wildschadenstermine vom 19.4.1972 und 15.6.1972 seien ihm von der Amtsverwaltung erst am 12.2.1973 zugestellt worden.",
"Zur Stützung seiner Klageforderung hat er sich auf die Feststellungen zur Schadenhöhe der Niederschrift vom 19.4.1972 berufen. Er hat die Ansicht vertreten, dass diese Niederschrift ein den Vorschriften des Landesjagdgesetzes von Nordrhein-Westfalen (KJG NW) entsprechendes schriftliches Gutachten sei, und dass er das zur Klageerhebung notwendige Verfahren des LJG NW damit ordnungsgemäß abgewickelt habe.",
"Der Kläger hat beantragt,",
"den Beklagten zu verurteilen, an ihn 800,-- DM nebst 4 & Zinsen seit dem 5.2.1973 zu zahlen.",
"Der Beklagte hat beantragt,",
"die Klage abzuweisen.",
"Er hat behauptet, der Bescheid über das Scheitern des 2. Wildschadenstermin vom 15.6.1972 sei dem Kläger durch die Amtsverwaltung bereits am 26.7.1972 zugestellt worden.",
"Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, das Vorverfahren leide deswegen an einem erheblichen Mangel, weil nach dem Fehlschlagen des Einigungsversuchs am 19.4.1972 in § 36 LJG NW vorgeschriebene schriftliche Gutachten eines Schadensschätzers nicht vorgelegen habe. Die Niederschrift vom 19.4.1972 erfülle diese Voraussetzungen nicht. Es fehle daher an einer Prozessvoraussetzung.",
"Im Übrigen hat er die Feststellungen in der Niederschrift vom 19.4.1972 zu Schadenshöhe bestritten. Der Schätzer habe die Qualität der Wiese falsch beurteilt.",
"Das Amtsgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Vorverfahren zu Feststellung des Umfangs des Wildschadens nach dem LJG NW leide an einem wesentlichen Mangel. Ein schriftliches Gutachten des Schätzers fehle bzw. die vorhandene Niederschrift vom 19.4.1972 reichen nicht aus.",
"Gegen dieses am 16.1.1974 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 14.2.1974, die er am 6.3.1974 begründet hat. Der Kläger wiederholt sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt er vor, das schriftliche Gutachten, das das LJG NW (§ 36) fordere, sei nur eine Weisung an den Schätzer und keine Voraussetzung für die Klagebefugnis des Geschädigten. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts brauche ein schriftliches Gutachten im 2. Termin zur Schadensfeststellung noch nicht vorzuliegen. Die vorhandenen Niederschriften vom 19.4.1972 und vom 15.6.1972 genügten den Anforderungen des gesetzlich vorgeschriebenen schriftlichen Gutachtens. Der 2. Termin vom 15.6.1972 wäre auch bei Vorhandensein eines schriftlichen Gutachtens gescheitert.",
"Der Kläger beantragt,",
"unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinen Schlussanträgen in I. Instanz zu erkennen.",
"Der Beklagte beantragt,",
"die Berufung zurückzuweisen.",
"Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen."
] | [] | [
"_____________________",
"Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich jedoch nicht gerechtfertigt. Das Amtsgericht hat zu Recht die Klage als unzulässig abgewiesen.",
"Gemäß § 35 Bundesjagdgesetz kann in Wild- und Jagdschadenssachen der ordentliche Rechtsweg erst bestritten werden, wenn ein Feststellungsverfahren gemäß § 33 – 35 des LJG NW vom 26.5.1964 durchgeführt ist. Dazu gehört die förmlich Feststellung des Schadens des Vorverfahrens gemäß § 36 LJG NW, was einem Vorbescheid entspricht, wie ihn die Bestimmungen anderer Länder vorsehen. Fehlt es an dieser förmlichen Feststellung, so ist eine unmittelbar erhobenen Klage ohne weitere Sachprüfung als unzulässig abzuweisen (Mitzchke, Schäfer, Kommentar zum BJG, 3. Aufl. 1971, Anm. 3 c aa zu § 35); Ferndau, das Jagdrecht NRW 1967, Erläuterungen zu § 33 LJG NW).",
"Die Kammer hat bereits in dem am 3.9.1973 verkündeten Urteil – 3 S 124/73 LG Arnsberg – festgestellt, daß die auch in diesem Verfahren vertretene Ansicht des Klägers, Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Klage vor dem ordentliche Gericht sei, daß das Vorverfahren überhaupt, nicht aber, daß es fehlerfrei durchgeführt worden sie, so allgemein nicht gefolgt werden kann. Diese Rechtsauffassung sein nur insofern richtig, als nicht jeder Fehler des Vorverfahrens zur Unzulässigkeit eine Klage im ordentlichen Rechtsweg führt. Zulässigkeitsvoraussetzung einer Klage ist, daß das Vorverfahren jedenfalls in seinen wesentlichen Bestandteilen durchgeführt sein muß. In dem genannten Urteil hat die Kammer bereits ausgeführt, das ein wesentliches Erfordernis des Vorverfahrens ist, daß eine gütliche Einigung erfolglos versucht und das Scheitern des Einigung förmlich festgestellt sein muß. Diese Feststellung ist im vorliegenden Fall durch die Nachricht über den Termin am 15.6.1972 getroffen worden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, daß entsprechende beglaubigte Ablichtungen der Niederschriften dem Klägererst am 15.2.1973 zugestellt worden sind. Das ergibt sich aus der Auskunft der Amtsverwaltung Rüthen vom 5.4.1973. Die am 26.1.1973 erhobene Klage auf Ersatz des Wildschadens ist demnach nicht verspätet.",
"Die Klage ist dennoch unzulässig, weil das Vorverfahren am einem wesentlichen Mangel leidet.",
"Da in dem Gemäß § 34 LJG NW vorgesehenen Termin am Schadensort eine gütliche Einigung nicht herbeigeführt werden konnte, war der Schaden gemäß § 36 LJG NW zu schätzen. In die Schadenfeststellung ist ein Schätzer einzubeziehen, der den Schaden auf Grund der Verhandlungen über den Schaden festzustellen hat. Er hat ein schriftliches Gutachten abzugeben. Auf Grund dieses Gutachtens muß die Gemeinde einen neuen Einigungsversuch zwischen den Parteien unternehmen. Erst nach dem Scheitern dieses Einigungsversuchs kann das Scheitern der Verhandlungen zum Abschluß des Vorverfahrens in der in § 36 LJG NW vorgeschriebenen Form wirksam festgestellt werden. An einem derartigen schriftlichen Gutachten fehlt es hier. § 36 LJG stellt an das Gutachten ganz bestimmte Anforderungen. Es muß",
"Die Feststellungen im Gutachten sind mit besonderer Sorgfalt zu treffen und von der Schadenfeststellung im Termin zu trennen. Die Vorschrift des § 36 LJG NW ist ein Schwerpunkt des Vorverfahrens und keine Sollvorschrift oder gar nur eine Weisung an den Sachverständigen, wie der Kläger meint. Ohne ein Gutachten, das den Anforderungen des § 36 LJG NW entspricht, ist das Vorverfahren seines wesentliches Zweckes beraubt. Erstes Ziel des Vorverfahrens ist, eine Einigung der Parteien ohne Einschaltung der Gerichte herbeizuführen. Die Aussichten, eine derartige Einigung zu erzielen, werden aber, worauf das Amtsgericht zutreffen hinweist, im Vorverfahren wesentlich dadurch erhöht, daß sorgfältige und umfassende Feststellungen zu Schadenshöhe den Parteien vorgelegt werden können. Die Parteien könnten durch Kenntnis der Einzelheiten über Art, Umfang und Höhe der Schäden zu der Einsicht gelangen, daß ein im nachfolgenden streitigen Verfahren bestellter Sachverständiger zu selben Ergebnis kommen müßte.",
"Eine weitere wesentliche Aufgabe des Vorverfahrens ist es, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, im anschließenden Prozeß ohne große Verzögerungen darüber entscheiden zu können, welche Ansprüche entstanden sind, wenn eine gütliche Einigung unter den Parteien nicht möglich ist. Eine solche Entscheidung würde wesentlich erschwert, oder gar unmöglich gemacht, wenn nicht alsbald nach Auftreten des Schadens sein Umfang festgestellt würde. Es liegt in der Natur der hier zu regulierenden Schäden, daß sie schon nach relativ kurzer Zeit nicht mehr exakt festgestellt werden können. Das Vorverfahren hat deshalb, worauf ebenfalls schon das angefochtene Urteil hinweist, als wesentliche Aufgabe eine Beweissicherungsfunktion. Auch diese Aufgabe könnte das Gutachten ohne die in § 36 LJG NW geforderten Angaben zum Schaden nicht erfüllen.",
"Den Anforderungen, die an das Gutachten zu stellen sind, genügt die Niederschrift vom 19.4.1972 nicht. In der Niederschrift wird nur pauschal festgestellt, daß 2 Morgen Totalschaden entstanden sind. Es fehlt die Bezeichnung und die Kulturart des beschädigten Grundstücks. Ferner heißt es lediglich, einmal seien für 5000 qm 0,20 DM und einmal für 5000 qm 0,15 DM als Schaden einzusetzen. Das sind keine nachprüfbaren und ausreichenden Feststelllungen zum Schadensbetrag. Es ist nicht ersichtlich, warum der Schaden einmal 0,20 DM und einmal 0,15 DM pro qm betragen soll.",
"Das Amtsgericht hat im Gegensatz zur Ansicht des Klägers nicht darauf abgestellt, daß das Gutachten im 2. Termin zur Schadensfeststellung bereits vorliegen müsse. Es hat lediglich aufgeführt, daß auf Grund des Gutachtens die Gemeinde einen neuen Versuch zur gütlichen Einigung unternehmen müsse, ehe sie das endgültige Scheitern der Verhandlungen feststellen könnte. Da das Gutachten nach dem Wortlaut des § 36 LJG NW den entstandenen Schaden auf Grund der Verhandlungen festzustellen hat, wird es die Regel sein, daß das schriftliche Gutachten im 2. Termin nicht vorliegt.",
"Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO."
] | {
"law": [
"§ 36 LJG",
"§ 34 LJG",
"§ 33 LJG",
"§ 97 ZPO"
],
"case": [
"3 S 124/73"
]
} |
316,066 | 4 Ss OWi 253/74 | olgham-1974-05-20-4-ss-owi-25374 | ECLI:DE:OLGHAM:1974:0520.4SS.OWI253.74.00 | 1974-05-20T00:00:00 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Beschluss | [
"Das angefochtene Urteil wird im Bußgeldausspruch aufgehoben. Gegen den Betroffenen wird eine Geldbuße von 100,00 DM festgesetzt. Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird verworfen.",
"Die Rechtsbeschwerdegebühr wird auf 2/3 ermäßigt und in dieser Höhe dem Betroffenen auferlegt. Die Auslagen des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die dem Betroffenen in dieser Instanz erwachsenen notwendigen Auslagen trägt zu 2/3 der Betroffene, zu 1/3 die Staatskasse."
] | [] | [
"Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 34 Abs. 2, 69 a Abs. 3 Nr. 4 StVZO, 24 StVG, eine Geldbuße von 150,- DM festgesetzt. Es hat festgestellt, daß der Betroffene seinen Lastkraftwagen mit einer Überschreitung des zulässigen Gesamtgewichts um 16,42 % auf öffentlicher Straße geführt hatte. Zur Bußgeldhöhe heißt es in dem Urteil:",
"\"Bei der hiernach gemäß § 24 StVG vorzunehmenden Ahndung dieser Ordnungswidrigkeit ist das Gericht von dem Regelsatz des bundeseinheitlichen Bußgeldkataloges ausgegangen, der für diese Ordnungswidrigkeit eine Geldbuße von 150,- DM vorschreibt. Hiervon abzuweichen bestand kein Anlaß.\"",
"Die vom Senat zur Fortbildung des Rechts zugelassene Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat lediglich im Bußgeldausspruch Erfolg.",
"1.",
"Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde enthält das Urteil in der Beweiswürdigung keinen Verstoß gegen die Denkgesetze. Der Tatrichter war, wie die Urteilsgründe eindeutig ergeben, überzeugt, daß die Wägung des Fahrzeugs des Betroffenen auf einer nichtöffentlichen Waage zum richtigen Ergebnis geführt hat. Damit liegt auch kein Verstoß gegen den Grundsatz \"in dubio pro reo\" vor. Wenn der Tatrichter im Anschluß an die Darlegung der Ausführungen des vernommenen Sachverständigen davon spricht, es sei \"mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit\" davon auszugehen, daß die technischen Voraussetzungen für eine richtige Wägung gegeben gewesen seien, so liegt hierin kein Widerspruch. Entgegen der Auffassung der Revision beinhaltet diese Formulierung (vgl. dazu BGHSt 10, 208; Gollwitzer in Löwe-Rosenberg, 22. Aufl., Anm. 2 zu § 261 StPO m.w.Nachw.; Sarstedt, Die Revision in Strafsachen, 4. Aufl., S. 251 f) keinen einer sicheren Überzeugung entgegenstehenden, nicht überwundenen Zweifel. Hier hat der Tatrichter vielmehr ersichtlich in der Erkenntnis, daß theoretisch Zweifel denkbar wären, aus einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit auf die Gewißheit der richtigen Wägung geschlossen, d.h., er ist auf diesem Wege zu der Überzeugung einer solchen richtigen Wägung gelangt. Daran war er nicht gehindert (vgl. BayObLG GA 1970, 186). Die richterliche Überzeugung setzt keine mathematische, jede theoretische Möglichkeit des Gegenteils ausschließende Gewißheit voraus.",
"Soweit die Rechtsbeschwerde im übrigen die Richtigkeit des Wiegeergebnisses in Zweifel zieht, handelt es sich um einen unzulässigen Angriff auf die allein dem Tatrichter vorbehaltene Beweiswürdigung. Daß die Wägung nicht auf einer öffentlichen Waage vorgenommen worden ist, kann aus Rechtsgründen nicht beanstandet werden.",
"Die auch sonst rechtsbedenkenfrei getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch (vgl. BayObLG VerkMitt. 1972, 25; OLG Hamm, 1 Ss OWi 808/73).",
"2.",
"Der Rechtsbeschwerde ist dagegen zuzugeben, daß das Amtsgericht bei der Bemessung der Geldbuße von einer unzutreffenden Stelle des Bußgeldkataloges ausgegangen ist.",
"Zwar ist im Bußgeldverfahren die Bemessung der Sanktion ebenso wie im Strafrecht Sache des Tatrichters. Die Sätze des Bußgeldkataloges binden die Gerichte nicht. Sie sind Rahmenrichtlinien für Regel- und Durchschnittsfälle mit ausschließlich interner Bedeutung für Polizei und Verwaltungsbehörden; sie wenden sich nicht an die Gerichte. Eine starre, nicht am Einzelfall orientierte Anwendung des Bußgeldkataloges wäre daher nicht statthaft. Das bedeutet aber nicht, daß der Bußgeldkatalog ohne jede Bedeutung für die richterliche Bußgeldzumessung ist. Der Bußgeldkatalog wurde erlassen, um bei bestimmten Ordnungswidrigkeiten im Hinblick auf ihre Häufigkeit und Gleichartigekit eine möglichst gleichmäßige Behandlung zu erreichen. An diesem Zweck kann auch der Richter nicht vorbeigehen. Er ist gehalten, in seiner Rechtsfindung danach zu streben, im wesentlichen gleiche Sachverhalte auch möglichst gleich zu behandeln. Das ist eine Forderung der Gerechtigkeit. Dies gilt in besonderem Maße für die massenweise vorkommenden Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr. Eine wesentliche Hilfe für eine möglichst gleichartige Beurteilung ist der Bußgeldkatalog. Der Richter muß daher die Bußgeldsätze als Orientierungshilfen für Düchschnitts- und Regelfälle in Rechnung stellen, auch wenn ihn dies andererseits nicht von der eigenen Prüfung befreit, festzustellen, ob diese Sätze dem Regelfall angemessen sind (vgl. Sen.Beschl. JMBl. NRW 1972, 70 und DAR 1972, 336, jew. m.w.Nachw.).",
"Wie die Ausführungen im angefochtenen Urteil ergeben, ist vorliegend der Tatrichter sich der dargelegten Notwendigkeit der Berücksichtigung des Bußgeldkataloges bewußt gewesen. Er ist jedoch ersichtlich von einem unzutreffenden Bußgeldsatz ausgegangen.",
"Der Bußgeldkatalog für Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten enthält in der ab 17. August 1972 bundeseinheitlich geltenden Fassung (Verkehrsblatt 1972, 662) in Nr. 19 unter der Bezeichnung \"Führen eines Fahrzeugs unter Überschreiten der zulässigen Gewichte, Achslasten und Anhängelasten\" und unter Angabe des § 23 Abs. 1 StVO fünf je nach dem Maß der Überschreitung von 50 bis 250,- DM gestaffelte Regelsätze. Nach Nr. 19.2 beträgt der Regelsatz für ein Überschreiten um mehr als 15 % nur 75,- DM. Wenn das Amtsgericht von einem Regelsatz von 150,00 DM ausgegangen ist, so hat es hierbei ersichtlich Nr. 27.2 des Bußgeldkataloges zugrunde gelegt. Das war nicht angängig.",
"In Nr. 27 wird als Ordnungswidrigkeit bezeichnet das \"Anordnen oder Zulassen der Inbetriebnahme eines Fahrzeugs unter Überschreiten der zulässigen Gewichte, Achslasten und Anhängelasten\"; hierbei sind die §§ 31 Abs. 2, 34, 42 StVZO angeführt. Sowohl aus der Bezeichnung der Ordnungswidrigkeit, als auch aus der Anführung des § 31 Abs. 2 StVZO ergibt sich, daß diese Katalognummer nur dann in Betracht kommt, wenn der Fahrzeughalter (ggfls. auch eine vom Halter beauftragte Person) anordnet oder zuläßt, daß ein Dritter das vorschriftswidrig beladene Fahrzeug führt. (Das gleiche gilt für die Nummern 25 im Verhältnis zu 18, 26 im Verhältnis zu 17.)",
"Die Anwendung der Katalognummer 27 auf den Fall, daß der Halter nicht einen anderen beauftragt, mit einem überladenen Fahrzeug zu fahren (oder solches zuläßt), sondern selbst fährt stellt nach der Auffassung des Senats unter diesen Umständen eine unzulässige Analogie zu Lasten des Betroffenen dar.",
"Zwar ist der Generalstaatsanwaltschaft zuzustimmen, daß die unterschiedlichen Bußgeldandrohungen gegenüber Halter und Fahrer sich aus der Erwägung erklären lassen, \"daß den Halter als denjenigen, der in erster Linie die Verfügungsgewalt über das Fahrzeug hat, in größerem Maße ein Verschulden trifft als dessen Führer, der in der Regel - jedenfalls im gewerblichen Verkehr - nur die Weisungen des Halters befolgt, der aus der Überladung auch den eigentlichen Nutzen zieht\". Aber selbst wenn man mit der Generalstaatsanwaltschaft weiter davon ausgeht, daß diese Gründe für eine Besserstellung des Fahrzeugführers nicht mehr durchgreifen, wenn er - wie hier - zugleich der Fahrzeughalter ist, so reicht dies angesichts des eindeutigen Wortlauts und der ebenso eindeutigen Paragraphenanführung zu einer ausdehnenden Anwendung der Katalognummer 27 auf den das Kraftfahrzeug selbst führenden Halter nicht aus, abgesehen davon, daß die in Nr. 27 enthaltene Verdoppelung der Sätze der Nr. 19 auch noch daraus gerechtfertigt werden kann, daß den Halter - zumindest im Falle der Anordnung - in der Regel zusätzlich der Vorwurf trifft, aus eigensüchtigen Motiven einen anderen erhöhter Unfallgefahr und der Gefahr von Sanktionen ausgesetzt zu haben. Führt der Halter sein Kraftfahrzeug selbst, so liegt dieses Erschwerungsmoment nicht vor.",
"Als Ausgangspunkt für die Bußgeldbemessung kommt somit, da der Bußgeldkatalog keine besonderen Sätze für das Führen eines überladenen (oder sonst verkehrsunsicheren) Fahrzeugs durch den Kraftfahrzeughalter selbst enthält, vorliegend allein Nr. 19 des Bußgeldkataloges (Führen eines überladenen Kraftfahrzeugs) in Betracht. Zwar ist dort als verletzte Rechtsnorm § 23 Abs. 1 StVO angegeben. Das ist jedoch lediglich insofern unrichtig, als die Vorschriften der §§ 30, 32 ff. StVZO als engere Sondervorschriften der genannten Bestimmung der StVO vorgehen (vgl. BayObLG VerkMitt. 1972, 25, OLG Hamm, 1 Ss OWi 808/73).",
"Hiernach ist gemäß Nr. 19.2 des Bußgeldkataloges von einem Regelsatz von 75,- DM auszugehen.",
"Gleichwohl ist eine Zurückverweisung der Sache nicht erforderlich.",
"Auch bei einer erneuten Verhandlung vor dem Tatrichter sind keine neuen Feststellungen zu erwarten, die für die Bemessung der Höhe des verwirkten Bußgeldes von Bedeutung sein könnten. Der Senat entscheidet daher gemäß § 79 Abs. 6 OWiG selbst abschließend.",
"Ebenso wie im Strafverfahren schärfend verwertet werden kann, daß der Täter nicht bloß als Kraftfahrer, sondern auch als Fahrzeughalter pflichtwidrig gehandelt hat (vgl. BGH VRS 17, 43), kann dies im Ordnungswidrigkeitenverfahren zu einer höheren als der Regelbuße führen. Der Halter hat in solchem Falle, wie die Generalstaatsanwaltschaft zu Recht ausführt, nicht nur die Voraussetzungen für die Inbetriebnahme des überladenen Fahrzeugs geschaffen, sondern dieses auch im Verkehr selbst geführt. Der Senat erachtet vorliegend eine über dem Regelsatz von 75,- DM liegende Geldbuße für erforderlich. Angesichts des Umstandes, daß die Überladung noch im unteren Bereich der von der Katalognummer 19.2 umfaßten Überladungswerte (15 bis 20 %) gelegen hat, erschien dem Senat eine Geldbuße von 100,00 DM angemessen.",
"Die Generalstaatsanwaltschaft hatte mit der Erwägung, der Betroffene müsse sich gefallen lassen, wie jeder andere Fahrzeughalter, wenn nicht gar strenger, behandelt zu werden, Verwerfung der Rechtsbeschwerde beantragt.",
"Die Entscheidung über die Kosten und Auslgen des Rechtsbeschwerdeverfahrens beruht auf §§ 473 Abs. 4 StPO, 46 Abs. 1 OWiG."
] | [] | {
"law": [
"§ 261 StPO",
"§ 31 Abs. 2 StVZO",
"§§ 34 Abs. 2, 69 a Abs. 3 Nr. 4 StVZO, 24 StVG",
"§§ 31 Abs. 2, 34, 42 StVZO",
"§ 23 Abs. 1 StVO",
"§§ 30, 32 ff. StVZO",
"§§ 473 Abs. 4 StPO, 46 Abs. 1 OWiG",
"§ 24 StVG",
"§ 79 Abs. 6 OWiG"
],
"case": [
"1 Ss OWi 808/73"
]
} |
316,067 | 4 Ss OWi 199/74 | olgham-1974-05-16-4-ss-owi-19974 | ECLI:DE:OLGHAM:1974:0516.4SS.OWI199.74.00 | 1974-05-16T00:00:00 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Beschluss | [
"Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird auf seine Kosten verworfen."
] | [] | [
"Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Zuwiderhandlung gegen §§ 1, 8 StVO ein Bußgeld in Höhe von 40,- DM festgesetzt.",
"Es hat im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen: Der Betroffene beabsichtigte, am 16. August 1973 gegen 11.55 Uhr auf dem Parkplatz ... in ... seinen Pkw zu parken. Als er den Parkplatz auf dem zu diesem führenden Zufahrtsweg gerade erreicht hatte, näherte sich auf dem in diesen einmündenden Abfahrtsweg von rechts ein Pkw. Als dessen Fahrerin, die nach Parken auf dem Parkplatz diesen verlassen wollte, nach links in den Zufahrtsweg einbog, kam es zu einem Zusammenstoß beider Kraftwagen. Der Pkw des Betroffenen stieß mit dem vorderen Aufbau gegen den linken Scheinwerfer des anderen Pkw's, wodurch nicht unerheblicher Sachschaden entstand.",
"Die Rechtsbeschwerde, die mit näheren Ausführungen die Verletzung sachlichen Rechts rügt und die der Senat zur Fortbildung des Rechts zugelassen hat, konnte keinen Erfolg haben. Die getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung des Betroffenen wegen einer fahrlässigen Zuwiderhandlung nach §§ 1, 8 StVO. Die Frage - derentwegen der Senat die Rechtsbeschwerde allein zugelassen hat - ob die Vorfahrtregel \"rechts vor links\" auch auf Fahrspuren öffentlicher Parkplätze Anwendung findet, ist zu bejahen.",
"Die Straßenverkehrsordnung wendet sich an den Fahrverkehr außerhalb der eigentlichen Straßen ausdrücklich in § 10 StVO; die Bestimmung betrifft das Verhalten beim Ausfahren aus Grundstücken, betrifft also den Übergang von Verkehrsnebenflächen in den eigentlichen Straßenverkehrsraum, nicht aber das Verkehrsverhalten auf solchen Nebenflächen selbst. Die Vorfahrtsregeln des § 8 StVO betreffen Kreuzungen und Einmündungen - im Wortsinne die Schnittflächen mindestens zweier Fahrbahnen verschiedener sich kreuzender oder aufeinander zulaufender Straßen (vgl. OLG Hamm vom 18.11.1968 in DAR 69, 279). Der Begriff der Straße setzt regelmäßig eine besondere öffentliche Widmung voraus. An solcher besonderen öffentlichen Widmung mag es bei innerstädtischen, der Allgemeinheit zugänglichen Parkplätzen häufig fehlen. Das steht nach Auffassung des Senats aber der unmittelbaren Anwendung der Vorfahrtsregel des § 8 Abs. 1 StVO auf solchen Verkehrsnebenflächen nicht entgegen. Auf die äußerlich selten erkennbare öffentliche Widmung (vgl. Cramer, Straßenverkehrsrecht, Frankfurt 1971, zu § 8 Rz. 35 u. 65 ff,) kann es nicht entscheidend ankommen für die Frage, ob die Grundregel unmittelbar oder nur analog anzuwenden ist. Bei den hohen Frequenzen heutigen innerstädtischen Fahrzeugverkehrs kommt den der Allgemeinheit zugänglichen Parkflächen - ob es sich dabei um Parkhäuser oder Parkplätze handelt, kann dabei keinen Unterschied machen - eine solche Bedeutung zu, daß aus Gründen der Verkehrssicherheit gebeten ist, sie als Verkehrsraum anzusehen, der von den Vorschriften des Straßenverkehrsrechts umfaßt wird (vgl. OLG Düsseldorf vom 27. 11. 1969 in VRS 39, 204 m.w.N.). Ihre immer wichtiger werdende Aufgabe ist es, die Innenstädte vom ruhenden Verkehr zu entlasten, wenn nicht gar vollends zu befreien. Ist der Kraftfahrer aber zunehmend auf diese Parkflächen angewiesen, vermehrt sich auch das verkehrssicherheitsbedingte Bedürfnis, sie den Verhaltensvorschriften des Gesamtverkehrs, und zwar auch über § 1 StVO hinausgehend zu unterwerfen. Aus diesem, den Gegebenheiten des Verkehrs resultierenden Zwang muß ihre faktische Öffentlichkeit als genügend angesehen werden; das ist unter anderen Gesichtspunkten von obergerichtlicher Rechtsprechung seit längerem bejaht worden (BGHSt 16, 7 = VHS 20, 453; im Anschluß an BGHZ vom 2. 4. 1957 in VRS 12, 414; OLH Düsseldorf a.a.O. zur Geltung des § 316 StGB auf Verkehrswegen eines Parkhauses; KG v. 2. 5. 1968 in VRS 35, 458 bei der - privaten - Zufahrtsstraße zu einem Industriegelände; vgl. auch zu Bahnhofsvorplätzen OLG Hamm v. 7. 8. 1973 (Leitsatz in NJW 73, 2117) - 3 Ss 56/73 - in VRS 45, 349). In diesem Zusammenhang ist unerheblich, ob das Parken für den Kraftfahrer gebührenpflichtig ist, ob es sich hierbei um eine kommunale Einrichtung oder eine solche privater Art handelt; entscheidend, ist, daß sie der Allgemeinheit offensteht (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.).",
"Zum Begriff der Straße gehört - zumindest im innerstädtischen Bereich - ferner, daß es sich um eine Wegeführung handelt, die durch ihre technische Konstruktion und Beschaffenheit geeignet ist, Fahrverkehr aufzunehmen und unmißverständlich zu leiten. An besonders ausgebauten oder markierten Wegführungen in diesem technischen Sinne fehlt es wiederum nicht selten bei innerstädtischen, der Allgemeinheit zugänglichen Parkplätzen. Soll die Regel \"rechts vor links\" auf einem Parkplatz gelten, so werden - entsprechend der Bezogenheit von § 8 Abs. 1 StVO auf Kreuzungen und Einmündungen im oben erörterten Sinne jedoch bestimmte Mindestanforderungen im Hinblick auf das Vorhandensein von Fahrspuren zu stellen sein. Fahrspuren auf Parkplätzen (ebenso wie in Parkhäuser und Tiefgaragen) haben den Sinn, den ein- und abfließenden Verkehr einerseits vom ruhenden Verkehr auf den Einstellplätzen zu trennen, beide Verkehrsarten leicht und übersichtlich zu ordnen; andererseits dienen sie dazu, daranliegende Einstellplätze schnell erreichen und verlassen zu können. Im besonderen hierdurch werden öffentliche Parkflächen ihrer besonderen Verkehrsbedeutung, innerstädtische Straßen zu entlasten, gerecht. Nach Auffassung des Senats macht dabei keinen Unterschied, ob die Kennzeichnung der verschiedenen Funktionsflächen - nämlich Wege und Einstellplätze - durch Farblinien, Pflasterstreifen, unterschiedliche Oberflächengestaltung, durch Kettenführung, Pflanzstreifen oder ähnliche Mittel vorgenommen ist. Wesentlich ist nur, daß die Kennzeichnung eine unmißverständliche Wegeführung, gleich der Fahrbahn einer Straße, ergibt. Den Gründen des angefochtenen Urteils kann entnommen werden, daß der hier in Frage stehende Parkplatz solcherlei Kennzeichnung aufweist.",
"Überschneiden sich solche Fahrspuren, entsteht eine kreuzungsgleiche Lage. Je nach Besetzung der Parkflächen oder nach der technischen Ausgestaltung der Gesamtanlage kann der Einblick in die kreuzende oder einmündende Fahrspur von einer anderen für den Kraftfahrer schwierig sein. Bei solcher Lage es dabei bewenden zu lassen, daß einander \"begegnende\" Kraftfahrer sich verständigen (vgl. Jagusch, 20. Aufl. zu § 8 StVO, Rz. 32) erscheint unzureichend. Nach Ansicht des Senats ist es ein unabweisbares Bedürfnis der Verkehrssicherheit, die Grundregel \"rechts vor links\" eingreifen zu lassen, nicht zuletzt auch deshalb, weil sie sich bereits stark in Bewußtsein und Fahrverkehrsgewohnheit der Bevölkerung eingeprägt hat (vgl. Cramer a.a.O. zu § 8 Rz. 65). Zwar wird man davon ausgehen können, daß auf solchen Fahrspuren nicht besonders schnell gefahren wird; dennoch bringt die spezielle Verkehrssituation mit sich, daß die Aufmerksamkeit des Kraftfahrers von der Suche nach einem freien und geeigneten Einstellplatz gefangengenommen sein kann. Gerade dies nötigt aber dazu, ihm lediglich die Beachtung der eingeschliffenen Grundregel abzuverlangen. - Daß sich dies nur auf kreuzende Fahrspuren beziehen, nicht aber im Verhältnis der Fahrspur zu einem Einstellplatz und umgekehrt gelten kann, sei nur zur Klarstellung erwähnt; derjenige, der einen Einstellplatz auf die Fahrspur hin verlassen, die Situation ruhenden Verkehrs aufgeben will, hat bei solcher Lage dem fahrenden Verkehr auf dessen Spuren besondere Sorgfalt zuzuwenden, ihm Vorrang zu gewähren, auch dann, wenn dies der Grundregel des § 8 Abs. 1 StVO nicht entspricht. -",
"Mit dieser hier vertretenen Ansicht weicht der Senat auch richt von der Entscheidung des OLG Stuttgart vom 17. 4. 1973 - 1 Ss 201/73 - in VRS 45, 313 ab, die hervorhebt, daß \"die unmittelbare und entsprechende Anwendung der Vorfahrtsregel \"rechts vor links\" dem fließenden Verkehr\" auf markierten Fahrspuren größerer Plätze dienlich sei.",
"Da auch die Höhe des Bußgeldausspruches keinen Bedenken unterliegt, war die Rechtsbeschwerde mit der Kostenfolge aus § 473 StPO, § 46 OWiG zu verwerfen."
] | [] | {
"law": [
"§ 8 Abs. 1 StVO",
"§ 1 StVO",
"§ 10 StVO",
"§ 473 StPO",
"§ 8 StVO",
"§ 316 StGB",
"§§ 1, 8 StVO",
"§ 46 OWiG"
],
"case": [
"1 Ss 201/73",
"3 Ss 56/73"
]
} |
316,068 | 15 U 133/73 | olgd-1974-04-03-15-u-13373 | ECLI:DE:OLGD:1974:0403.15U133.73.00 | 1974-04-03T00:00:00 | {
"id": 820,
"name": "Oberlandesgericht Düsseldorf",
"slug": "olgd",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Urteil | [
"Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18. Mai 1973 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgericht Duis-burg teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:",
"Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 1.916,50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 31. Oktober 1972 zu zahlen.",
"Die weitergehende Klage wird abgewiesen.",
"Die Kosten des ersten Rechtszuges fallen zu 1/4 der Klägerin und zu 3/4 den Beklagten als Gesamtschuldnern zur Last. Die Kosten des Berufungsrechtszuges hat die Klägerin zu tragen.",
"Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nach-gelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 150,-- DM abzuwenden.",
"Die Sicherheit kann auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässi-gen großen Bank oder Sparkasse erbracht werden.",
"Die Revision wird zugelassen."
] | [
"Am 03.06.1971 gegen 7 Uhr befuhr der in Diensten der Klägerin stehende Arbeiter X. mit seinem Moped die 7,8 m breite A. Straße in B. in Richtung C., und zwar außerhalb der geschlossenen Ortschaft. Die Geschwindigkeit war dort durch ein Verkehrszeichen auf 60 km/h beschränkt. X. hatte Alkohol genossen. Seine Blutalkoholkonzentration betrug 1,14 ‰. Der Beklagte zu 2 befuhr mit seinem Personenkraftwagen, haftpflichtversichert bei der Beklagten zu 2, die A. Straße ebenfalls in Richtung C.. Als X. nach links in ein Gründstück abbog, stießen beide Fahrzeuge zusammen. X. wurde verletzt. Für die ersten sechs Wochen seiner Arbeitsunfähigkeit zahlte ihm die Klägerin 2.247,23 DM Lohn und 24,23 DM Sozialzulage. Außerdem führte sie in Höhe von 283,87 DM Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung ab und zahlte in Höhe von 40,43 DM Beiträge zur Berufsgenossenschaft. Mit der Klage verlangt sie von den Beklagten die Erstattung dieser Aufwendungen.",
"Die Klägerin hat vorgetragen: X. habe die beabsichtigte Fahrtrichtungsänderung rechtzeitig angezeigt und sich dann nach links zur Straßenmitte eingeordnet. Er sei mit minimaler Geschwindigkeit weitergefahren, weil er einen entgegenkommenden Wagen habe passieren lassen müssen; dabei habe er weiterhin Zeichen gegeben. Der Beklagte zu 2, der sich der Unfallstelle mit erheblicher Geschwindigkeit genähert habe, habe offenbar den Mopedfahrer übersehen, obwohl er ihn bereits aus einer Entfernung von 100 m bis 130 m in der Straßenmitte hätte wahrnehmen könne.",
"Die Klägerin hat beantragt,",
"die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie 2.595,76 DM nebst Zinsen in Höhe von 3 % über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank seit dem 10. Juli 1972 zu zahlen.",
"Die Beklagten haben gebeten,",
"die Klage abzuweisen.",
"Sie haben vorgetragen: X. sei infolge seines erheblichen Alkoholgenusses und der daraus resultierenden absoluten Fahruntüchtigkeit plötzlich nach links gegen das Fahrzeug des Beklagten zu 2 gefahren. Dieser habe trotz starken Bremsens den Unfall nicht mehr verhindern können. X. habe kein Handzeichen gegeben. Die kritische Verkehrslage habe er offensichtlich in einer sehr kurzen Zeit zwischen zwei und drei Sekunden ausgelöst.",
"Das Landgericht hat durch Vernehmung der Zeugen X. und Y. mit dem aus dem Sitzungsprotokoll vom 15.02.1973 ersichtlichen Ergebnis Beweis erhoben und durch Urteil vom 18.05.1973 die Klage mit Ausnahme eines Teils des Zinsanspruchs zugesprochen. Es hat ausgeführt: Der Beklagte zu 2 habe den Unfall durch Unaufmerksamkeit verschuldet. Ein Mitverschulden des Zeugen X. könne dagegen nicht festgestellt werden. Die Betriebsgefahr des Mopeds trete hinter der erheblich größeren Betriebsgefahr des Personenkraftwagens und dem Verschulden des Beklagten zu 2 völlig zurück. Gemäß § 4 LFG könne die Klägerin auch die Erstattung der an die Berufsgenossenschaft gezahlten Beiträge verlangen; denn diese Vorschrift erfasse alle Aufwendungen des Arbeitgebers, mit denen dieser auf Grund der Lohnfortzahlung belastet sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.",
"Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, mit der sie die volle Abweisung des Anspruchs auf Erstattung der Beiträge zur Berufsgenossenschaft und die Begrenzung ihrer Haftung auf 3/4 der übrigen Schadensposten erstreben.",
"Sie tragen vor: X. müsse sich eine Mithaftung von 1/4 anrechnen lassen. Denn er sei ohne Fahrtrichtungsanzeige und ohne Rückschau nach links abgebogen und geradewegs vor das im Überholen befindliche Fahrzeug des Beklagten zu 2 geraten. Dieser habe das Abbiegemanöver des Mopedfahrers nicht rechtzeitig erkennen können. Der Zeuge Y. habe den Unfall unter ungünstigen Sichtbedingungen beobachtet und auch keine zuverlässige Erinnerung mehr an den Unfall gehabt.",
"Die Beklagten beantragen,",
"unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, soweit die Beklagten verurteilt sind, mehr als 1.916.50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 31.10.1972 zu zahlen.",
"Die Klägerin beantragt,",
"die Berufung zurückzuweisen,",
"hilfsweise ihr zu gestatten, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung, auch durch Bank- oder Sparkassenbürgschaft, abzuwenden.",
"Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen.",
"Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf den Inhalt der zur Information beigezogenen Akten 3 Cs 385/71 des Amtsgerichts Dinslaken, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen."
] | [] | [
"Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.",
"Auf die Klägerin ist gemäß § 4 LFG der Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls übergegangen, der dem Arbeiter X. infolge seiner unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit in den ersten sechs Wochen nach dem Unfall entstanden ist; denn die Klägerin hat ihm unstreitig sechs Wochen lang das Arbeitsentgelt nach dem Lohnfortzahlungsgesetz fortgezahlt und die darauf entfallenden Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt. X. kann aber von den Beklagten als Gesamtschuldnern nur 3/4 seines Verdienstausfalls ersetzt verlangen. Zu den übergangsfähigen Schadensposten, die diesen Verdienstausfall ausmachen, gehören nicht die von der Klägerin an die Berufsgenossenschaft gezahlten Beiträge.",
"Da X. beim Betriebe des Karftfahrzeuges des Beklagten zu 2 verletzt worden ist, ergibt sich eine Haftung des Beklagten zu 2 aus § 7 StVG. Die Beklagte zu 1 haftet mit ihm als Gesamtschuldnerin gemäß § 3 Pflichtversicherungsgesetz.",
"Der Unfall war für den Beklagten zu 2 nicht unabwendbar im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG. Es ist unaufgeklärt geblieben, in welcher Entfernung sich der Beklagte zu 2 von dem Mopedfahrer befunden hat, als er dessen Abbiegeabsicht erkannt hat oder bei gebotener Sorgfalt hätte erkennen können. Die Aussagen der Zeugen X. und Y. bieten keine Anhaltspunkte dafür, dass X. plötzlich und unter Verkürzung des Sicherheitsabstandes des Beklagten zu 2 von der Normalspur aus zur Straßenmitte gefahren ist. Die Möglichkeit, dass der Unfall bei sachgerechtem und geistesgegenwärtigem Verhalten des Beklagten zu 2 vermeidbar gewesen wäre, ist unter diesen Umständen nicht auszuschließen.",
"Die Haftung der Beklagten wird durch eine Mithaftung des Arbeiters X. gemäß den §§ 7, 17 StVG eingeschränkt, weil sein Moped an dem Unfall beteiligt war. Es handelt sich hierbei, wie die Beklagten ohne Widerspruch der Klägerin vortragen, um ein Fahrzeug, das eine Geschwindigkeit von 40 kmh erreichen kann (S. 2 des Privatgutachtens des Sachverständigen Z., Bl. 68 d. A.), so dass es auf sich beruhen kann, ob für die Ausgleichspflicht § 17 StVG auch auf langsam fahrende, von den Vorschriften des § 7 StVG ausgenommene Kraftfahrzeuge im Sinne von § 8 StVG anwendbar ist (vgl. Jagusch, Straßenverkehrsrecht, 20. Auflage, § 17 StVG, Anm. 1). Auch für den Mopedfahrer war der Unfall kein unabwendbares Ereignis. Es ist nämlich nicht bewiesen, dass er, wie nach § 9 Abs. 1 StVO geboten, seine Abbiegeabsicht rechtzeitig und deutlich angekündigt hat. Er selbst hat, wie er glaubhaft bekundet hat, an den Unfallhergang keine Erinnerung mehr. Auch der Aussage des Zeugen Y. lässt sich nicht entnehmen, dass X. vor dem Unfall ein Zeichen gegeben hat. Ein Handzeichen des Mopedfahrers wird zwar in der schriftlichen Äußerung des Beklagten zu 2 vom 01.07.1971 (Bl. 10 BA) erwähnt. Dort heißt es jedoch, X. habe die Hand erst gehoben, als der Beklagte zu 2 sich ihm bereits bis auf wenige Meter genähert habe.",
"Da zwei Kraftfahrzeuge an dem Unfall beteiligt waren und beide Halter grundsätzlich für die Unfallfolgen einzustehen haben, hängt nacht § 17 StVG die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz und der Umfang der zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden -vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Für die Fragen dieser Abwägung hat der eine Teil dem anderen die als Verschulden zu wertenden Umstände sowie das Mitwirken von dessen Fahrzeug-Betriebsgefahr und auch deren Ausmaß zu beweisen (vgl. Jagusch, Straßenverkehrsrecht, 20. Auflage, § 17 StVG, Anm. 22 und die dort zitierte Rechtsprechung).",
"Den Beklagten zu 2 trifft ein Verschulden an dem Unfall. Wie der Zeuge Y. am 15.02.1973 auf Grund unmittelbarer Erinnerung glaubhaft bekundet hat, ist der Mopedfahrer nicht in den Personenkraftwagen des Beklagten zu 2 hineingefahren, sondern von hinten von dem Personenkraftwagen angefahren worden. Der Beweis des ersten Anscheins spricht für ein Verschulden des Beklagten zu 2 an diesem Auffahrunfall. Dieser Anschein ist nicht ausgeräumt. Im Gegenteil lässt sich auf Grund der weiteren Aussage, die der Zeuge Y. nach Vorhalt seiner schriftlichen Aussagen vom 07.06.1971 und 10.08.1971 (Bl. 13 und 16 BA) gemacht hat, konkret feststellen, dass der Beklagte zu 2 den Unfall durch Unaufmerksamkeit verschuldet hat. Y. hat nämlich insoweit bekundet, er erinnere sich jetzt wieder daran, dass der Mopedfahrer zur Straßenmitte hin eingeordnet gewesen sei und dass zu dieser Zeit der Beklagte zu 2 noch ein ganzes Stück, nach der Schätzung des Zeugen vom 10.08.1971 100 m bis 130 m, hinter dem Mopedfahrer gewesen sei. Kann auch der Entfernungsangabe nicht gefolgt werden, die der Zeuge selbst als Schätzung bezeichnet und nicht durch konkrete Einzelbeobachtungen untermauert hat, so ist auf Grund dieser Aussage doch festzustellen, dass sich X. bereits mehrere Sekunden vor dem Unfall deutlich erkennbar zur Straßenmitte eingeordnet hat. Denn gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen Y. sind keine Bedenken ersichtlich. Seine Aussage steht auch im Einklang mit dem eigenen Vorbringen der Beklagten, X. habe die kritische Verkehrslage in einer sehr kurzen Zeit zwischen zwei und drei Sekunden ausgelöst. Damit steht fest, dass der Beklagte zu 2 bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt den zur Straßenmitte eingeordneten Mopedfahrer jedenfalls so rechtzeitig hätte erkenne könne, dass er auf der insgesamt 7,8 m breiten A. Straße noch rechts an ihm hätte vorbeifahren könne. Der Beklagte zu 2 hat somit den Unfall fahrlässig herbeigeführt.",
"Dagegen ist nicht bewiesen, dass er die an der Unfallstelle vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 60 kmh überschritten hat. Der Zeuge Y. hat zwar in seiner schriftlichen Aussage vom 23.06.1971 angegeben, der Personenkraftwagen sei dem Moped mit \"scheinbar erhöhter Geschwindigkeit\" näher gekommen (Bl. 13 Rs. BA). Er hat jedoch in der schriftlich Aussage vom 10.08.1971 ausdrücklich davon abgesehen, sich auf eine Geschwindigkeitsangabe festzulegen, und in seiner gerichtlichen Aussage die Geschwindigkeit des Wagens des Beklagten zu 2 nicht mehr erwähnt. Somit fehlen zuverlässige Anhaltspunkte für die Feststellung einer Geschwindigkeitsüberschreitung.",
"Ein unfallursächliches Verschulden des Arbeiters X. liegt nicht vor. Das bedarf keiner näheren Begründung. Denn im zweiten Rechtszuge ist - abgesehen von der Erstattungsfähigkeit der Beiträge zur Berufsgenossenschaft - nur eine Mithaftungsquote des Arbeiters X. von 1/4 streitig. Eine Mithaftung des Genannten in dieser Höhe ergibt sich jedoch bereits aus der Betriebsgefahr seines Mopeds. Sie war durch das Abbiegen in ein Grundstück, das ein besonders gefährliches Fahrmanöver darstellt, erheblich gegenüber dem Durchschnitt erhöht. Deshalb kann im vorliegenden Falle die Betriebsgefahr des Mopeds gegenüber der Betriebsgefahr des Personenkraftwagens des Beklagten zu 2 nicht als geringfügig angesehen werden. Sie behält vielmehr sowohl gegenüber der Betriebsgefahr des bedeutend schnelleren und schwereren Personenkraftwagens als auch gegenüber dem nicht besonders schwer wiegenden Verschulden des Beklagten zu 2 ein erhebliches Gewicht und rechtfertigt es, die Haftung der Beklagten auf 3/4 zu beschränken.",
"Die Klägerin kann die Beiträge, die sie während der ersten sechs Wochen der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeiters X. für diesen an die Berufsgenossenschaft entrichtet hat, nicht von den Beklagten ersetzt verlangen. Ob ein derartiger Anspruch des Arbeitnehmers gemäß § 4 LFG auf den Arbeitgeber übergeht, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Die Frage wird zum Beispiel bejaht von Doetsch-Schnabel-Paulsdorf, Kommentar zum Lohnfortzahlungsgesetz, 2. Auflage, § 4 Anm. 2; Schmidt, VersR 1972, 28 ff., Betr. 1972 190 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen; LG Berlin VersR 1973, 570, und verneint von Kehrmann-Pelikan, Kommentar zum Lohnfortzahlungsgesetz, § 4 Anm. 4; Lange, VersR 1970, 486, 493; Marburger, BB 1972, 320 ff.; AG Duisburg-Hamborn VersR 1973, 477. Der Senat schließt sich im Ergebnis der verneinenden Ansicht an.",
"Der geschädigte Arbeitnehmer kann nach § 249 BGB die Herstellung desjenigen Zustandes verlangen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatze verpflichtende Umstand, in aller Regel ein Unfall, nicht eingetreten wäre. Gemäß den §§ 842, 843 BGB hat er auch Anspruch auf Ersatz der Nachteile, die für seinen Erwerb oder sein Fortkommen eintreten oder die in einer Vermehrung seiner Bedürfnisse bestehen. Nach keiner dieser Vorschriften kann der Geschädigte vom Schädiger die Zahlung von Beiträgen zur Unfallversicherung verlange. Denn ihm entsteht durch den Unfall kein Nachteil, der durch Zahlung der Beiträge zur Berufsgenossenschaft ausgeglichen werden könnte. Der Schaden, der durch Weiterentrichtung der Beiträge zur Berufgenossenschaft verursacht wird, entsteht nicht in seiner Person, stellt vielmehr einen nicht erstattungsfähigen Drittschaden des Arbeitgerbers dar. Der Bundesgerichtshof hat das für Beiträge zur Berufsgenossenschaft, die nach den Bestimmungen des Bundesangestelltentarifs (BAT) während einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit weiterentrichtet werden, überzeugend damit begründet, dass diese Lasten nicht zugunsten des Arbeitnehmers getragen werden (VersR 1966, 89). An dieser Entscheidung ist jedenfalls insoweit festzuhalten, als es sich um die Auslegung der bürgerlichrechtlichen Vorschriften über den Umfang des zu leistenden Ersatzes handelt.",
"Der Senat hält es nicht für ausschlaggebend, dass einer der Hauptzwecke der Unfallversicherung die Freistellung des Unternehmers von Ersatzpflichten gegenüber dem Arbeitsnehmer (§§ 636 ff. RVO) ist. Denn die Unfallversicherung löst nicht nur Ersatzpflichten des Arbeitgebers ab, sichert den Arbeitnehmer vielmehr überhaupt gegen Arbeitsunfälle und Unfälle auf dem Wege zwischen Wohnung und Arbeitstätte. Deshalb kann zwar allgemein gesagt werde, dass die gesetzliche Unfallversicherung schlechthin und auch die zu ihrer Aufrechterhaltung notwendige Beitragszahlung der Unternehmer den Arbeitnehmer zugute kommen. Für die Frage, in welchem Umfang der einzelne Arbeitnehmer durch einen Unfall geschädigt worden ist, kommt es jedoch darauf an, ob ihm die Fortzahlung der Beiträge während seiner Arbeitsunfähigkeit in irgendeiner Form zugute kommt. Diese Frage ist zu verneinen. Denn der Arbeitnehmer hat weder sofort noch in der Zukunft einen Vorteil davon, dass sein Arbeitgeber die Beiträge zur Berufsgenossenschaft für ihn weiterentrichtet. Umgekehrt würde er weder während seiner Arbeitsunfähigkeit noch später einen Nachteil erleiden, wenn die Beiträge während dieser Zeit nicht weitergezahlt würden. Das Bestehen des Unfallversicherungsschutzes hängt ohnehin nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung nicht davon ab, dass innerhalb bestimmter Zeiten bestimmte Beiträge entrichtet werden sondern nur davon, dass eine unter die Unfallversicherung fallende Tätigkeit ausgeübt wird. Auch die konkrete Ausgestaltung des Versicherungsverhältnisses, insbesondere die Höhe der Leistungen, welche die Unfallversicherung im Versicherungsfall zu gewähren hat, ist unabhängig von der Dauer der Unfallversicherung und der Gesamthöhe der für den einzelnen Versicherten entrichteten Beiträge.",
"Da die Beiträge zur Berufsgenossenschaft ausschließlich von den Unternehmern aufgebracht werden (§ 723 RVO), kann man einen eigenen Schaden und dementsprechend einen übergangsfähigen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers auch nicht mit der Begründung bejahen, dass infolge des Unfalls Aufwendungen des Arbeitnehmers weitergehend nutzlos geworden sind.",
"Schließlich lässt sich ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Beiträge zur Berufsgenossenschaft auch nicht unmittelbar aus § 4 LFG herleiten. Allerdings kann man in dieser Vorschrift eine Regelung der früher umstrittenen Frage erblicken, ob auch die auf das weiter zu entrichtende Arbeitsentgelt entfallenden Beiträge zur Sozialversicherung übergangsfähige Schadensposten darstellen. Die Wortauslegung der so verstandenen Vorschrift führt zu dem Ergebnis, dass sie zwar die Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, nicht aber die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung umfasst. Denn die ersteren Aufwendungen sind \"Arbeitgeberanteile an Beiträgen zur Sozialversicherung\". Hierunter können jedoch bei unbefangener Betrachtung die allein von den Arbeitgeber aufzubringenden Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung nicht mitverstanden werden. Dieses Ergebnis entspricht genau der Rechtslage, wie sie bei Erlass des Lohnfortzahlungsgesetzes nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu beurteilen war. Nach Aufgabe der in BGHZ 7, 30 [53] begründeten Rechtsprechung waren nämlich die \" Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung\" (VersR 1965, 620, 622) unter Ausschluss der Beiträge zur Berufsgenossenschaft (VersR 1966, 89) übergangsfähige Schadensposten. Eben diese Aufwendungen werden präzise durch den in § 4 LFG verwandten Ausdruck \"Arbeitgeberanteile an Beiträgen zur Sozialversicherung\" getroffen. Dass sich der Gesetzgeber der Unterschiede zwischen den verschiedenen Beiträgen zur Sozialversicherung bewusst war, ergibt sich eindeutig aus § 10 LFG, denn dort sind neben den Beiträgen zur Bundesanstalt für Arbeit die \"Arbeitgeberanteile an Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung\" aufgeführt. Hat somit der Gesetzgeber im Lohnfortzahlungsgesetz Wert auf eine rechtstechnische Bezeichnung der verschiedenen Beiträge zur Sozialversicherung gelegt und in § 4 LFG genau die bei Erlas des Gesetztes geltende Rechtslage umrissen, so liegt die Annahme fern, dass er mit dieser Vorschrift erstmalig die Erstattungsfähigkeit der Beiträge zur Berufsgenossenschaft habe anordnen wollen.",
"Eine solche Auslegung des § 4 LFG ist auch nicht ein unabweisbares Gebot der Gerechtigkeit. Zwar können, wie der Bundesgerichtshof in den Entscheidungen BGHZ 21, 112 [119] und VersR 1965, 620 [621] ausgeführt hat, vom Gesamtergebnis her die Auswirkungen der erheblichen Arbeitsausfälle, die vor allem durch Verkehrsunfälle herbeigeführt werden, billigerweise nur den Schädigern und nicht den Beschäftigungsbetrieben zur Last gelegt werden. Dieser Gesichtspunkt hat aber für die in Rede stehende Frage keine unmittelbare, sonder nur rechtspolitische Bedeutung. Zu den schädlichen Auswirkungen, die ein unfallbedingter Arbeitsausfall für den Arbeitgeber hat, gehört zwar die Fortzahlung der Beiträge zur Berufsgenossenschaft. Diesen Beiträgen steht aber für die Zeit der Lohnfortzahlung nur ein sehr stark vermindertes Unfallrisiko gegenüber. Es beschränkt sich auf Ausnahmefälle wie zum Beispiel den von Schmidt (VersR 1972, 28, 30) erwähnten Fall, dass der arbeitsunfähige Arbeitnehmer bei der Abholung des Lohns auf dem Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte verunglückt. Andererseits bestehen die Risiken der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung auch während der Zeit der Lohnfortzahlung unvermindert weiter. Angesichts dieser Unterschiede zwischen den einzelnen Arten der Sozialversicherung geht es nicht an, eine für die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sinnvoller weise geltende Regelung auf den Fall der Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung zu übertragen, in welchem die Notwendigkeit dieser Regelung nicht ohne weiteres einleuchtet.",
"Die übrigen Schadensposten belaufen sich unstreitig auf 2.555,33 DM. 3/4 dieses Betrages ergeben 1.916,50 DM.",
"Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92 ZPO.",
"Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 7 ZPO, die über den Vollstreckungsnachlass aus § 713 Abs. 2 ZPO.",
"Die Revision war zuzulassen, weil mit der Frage, ob der Arbeitgeber nach § 4 LFG von einem schadensersatzpflichtigen Dritten die Erstattung der während der Dauer der Lohnfortzahlung an die Berufsgenossenschaft entrichteten Beiträge verlangen kann, eine Rechtsfrage vorn grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war (§ 546 Abs. 2 ZPO)."
] | {
"law": [
"§ 4 LFG",
"§ 9 Abs. 1 StVO",
"§ 723 RVO",
"§ 8 StVG",
"§§ 91, 92 ZPO",
"§§ 7, 17 StVG",
"§§ 636 ff. RVO",
"§§ 842, 843 BGB",
"§ 10 LFG",
"§ 713 Abs. 2 ZPO",
"§ 249 BGB",
"§ 546 Abs. 2 ZPO",
"§ 7 StVG",
"§ 708 Nr. 7 ZPO",
"§ 17 StVG",
"§ 7 Abs. 2 StVG"
],
"case": [
"3 Cs 385/71"
]
} |
316,069 | 11 U 246/73 | olgham-1974-03-29-11-u-24673 | ECLI:DE:OLGHAM:1974:0329.11U246.73.00 | 1974-03-29T00:00:00 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Schlussurteil | [
"Auf die Berufung der Klägerin wird das Versäumnisteil- und Schlußurteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 11. Oktober 1973 abgeändert und wie folgt neu gefaßt:",
"Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 7.606,- DM nebst 11,75 v.H. Zinsen von 5.870,40 DM seit dem 15. Mai 1973 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.",
"Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.",
"Die Kosten des ersten Rechtszuges werden zu 1/20 der Klägerin und 19/20 den Beklagten als Gesamtschuldnern, als das zweiten Rechtszuges zu 3/10 der Klägerin und zu 7/10 dem Beklagter als Gesamtschuldnern auferlegt.",
"Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar."
] | [
"Die Klägerin, eine Kreditbank, gewährte den beiden Beklagten auf deren schriftlichen Kreditantrag vom 18. Dezember 1971 einen Gesamtkredit von 8.696 DM, der sich wie folgt zusammensetzte:",
"Darlehn",
"5.270,-",
"DM",
"Restbetrag",
"442,-",
"Fremde Kosten",
"50,-",
"Vita-Versicherung",
"841,-",
"6.603,-",
"Kreditgebühr 0,85 % pro Monat",
"2.021,-",
"sonstige Kosten der Klägerin",
"72,-",
"8.696,-",
"Dieser Betrag sollte vereinbarungsgemäß nach einem zwischen den Parteien getroffenen Zahlungsplan in einer Rate von 226 DM am 15. Januar 1972 und in 35 weiteren Monatsraten von je 242 DM, fällig am 15. eines jeden Monats, bis zum 15. Dezember 1974 zurückgezahlt werden. In den von der Klägerin aufgestellten Kreditbedingungen, die - auf der Rückseite des Darlehnsformulars abgedruckt - Bestandteil des Darlehnsvertrages der Parteien geworden sind, heißt es u.a.:",
"\"8. Ist ein Kunde mit einer Rate mehr als eine Woche nach dem vereinbarten Fälligkeitstermin ganz oder teilweise in Verzug, so erfolgt Anmahnung durch die Bank. Als Unkosten hierfür werden berechnet: Mahngebühren DM 3,-, Porto- und Bearbeitungsgebühr DM 1,-. Bei Rückstand einer Rate von mehr als zwei Wochen kann die Bank für den rückständigen Betrag 0,4 %o Verzugsgebühren pro Tag oder 1 % für jeden angefangenen Monat bis zur Zahlung berechnen. Für Stundungen, die nur in begründeten Fällen gewährt werden können, wird neben der erwähnten Verzugsgebühr eine Stundungsgebühr von DM 3,- berechnet. ./. Auch alle sonstigen Kosten, die durch Zahlungsverzug veranlaßt sind (z.B. Einschaltung unserer Rechtsabteilung), gehen zu Lasten des Kreditnehmers. Als Mindestsatz hierfür berechnet die Bank eine Unkostenpauschale von 5 % des beizutreibenden Betrages und einen Materialkostenbeitrag von DM 3,-. Alle Zahlungen werden zunächst auf rückständige Gebühren und Kosten verrechnet. 20. Gewährte Kredite sind ohne Rücksicht auf die Fälligkeiten der Raten sofort fällig, wenn a) ein Kreditnehmer mit einer Rate länger als 20 Tage in Verzug gerät; des gleichen wenn ein Käufer erklärt, seine fälligen oder zukünftigen Verpflichtungen der Bank gegenüber nicht erfüllen zu können. 21. Erfolgt bei Fälligkeit der Restforderung nicht unverzüglich Regulierung, so ist die Bank berechtigt, die Sicherungsübereigneten Gegenstände im Namen und für Rechnung der Kreditnehmer zu verwerten. Die Kreditnehmer verzichten auf den Einwand der verbotenen Eigenmacht. Unabhängig vom Recht zur Abtretung an Dritte kann die Bank bei Zahlungsverzug ihre Rechte aus dem Kreditvertrag an ein Inkasso-Institut abtreten. Die heraus entstehenden Kosten tragen die Kreditnehmer. Bei unpünktlicher oder unvollständiger Rückzahlung berechnet die Bank für alle Kreditnehmer einheitliche Erinnerungs-, Verzugs- bzw. Stundungsgebühren. Alle Erinnerungs-Rechtsverfolgungs- und sonstigen Kosten sind sofort fällig.\"",
"Nachträglich beantragten die Beklagten, die Laufzeit des Darlehns um einen Monat bis zum 15. Januar 1975 zu verlängern. Die Klägerin gewährte die Verlängerung, wofür eine Verlängerungsgebühr von 104 DM entstand.",
"Die Beklagten zahlten bis zum 20. Juni 1972 an die Klägerin auf den insgesamt geschuldeten Betrag von 8.728 DM einen Betrag von 1.210 DM zurück. Danach leisteten sie trotz mehrfacher Mahnungen der Klägerin keine weiteren Zahlungen. Mit Schreiben vom 2. November 1972 kündigte die Klägerin den gesamten Restkredit.",
"Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagten schuldeten ihr noch einen Betrag von 7.988,40 DM, der sich wie folgt errechne:",
"Gesamtkredit",
"Mahngebühren",
"18,-",
"Verlängerungsgebühren",
"104,-",
"8.818,-",
"Zahlungen der Beklagten",
"1.210,-",
"7.608,-",
"Unkostenpauschale gern. Ziff. 8 der Kreditbedingungen in Höhe von 5 % von 7.608,- DM",
"380,40",
"7.988,40",
"Verzugszinsen in Höhe von 1 % für jeden angefangenen Monat von dem noch offenstehenden Kreditbetrag abzüglich der Unkostenpauschale seien von den Beklagten gem. Ziff. 8 Abs. 3 Satz 2 der Kreditbedingungen, also von 7.608,- DM, seit der Fälligstellung des Kredits zu entrichten.",
"Die Beklagten haben sich nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen.",
"Die Klägerin hat beantragt,",
"durch Versäumnisurteil die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 7.988,40 DM nebst 12 % Zinsen von 7,608,- DM seit dem 12. November 1972 zu zahlen.",
"Das Landgericht hat durch Teilversäumnis- und Schlußurteil die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 7.602,- DM nebst 4 % Zinsen von 5.861,70 DM seit dem 15. Mai 1973 zu zahlen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt: Nach dem Vorbringen der Klägerin könne sie nur den zugesprochenen Betrag verlangen. Danach könne sie nicht die von ihr geltend gemachte Unkostenpauschale beanspruchen, da diese nach den Kreditbedingungen der Klägerin nur dann verlangt werden könne, wenn die Schuldner mit einzelnen Ratenzahlungen, nicht aber mit der Zahlung des Gesamtkredits im Rückstand seien. Nr. 8 Abs. 3 Satz 2 der Kreditbedingungen im Zusammenhang mit den Absätzen 1 und 2 beschränke den Anspruch der Klägerin auf eine Unkostenpauschale von vornherein auf die unmittelbaren Folgen des Ratenrückstandes. Auch könne die Klägerin nur Gebühren für die drei üblichen Nahnungen in Höhe von je 4,- DM beanspruchen. Da in dem Betrag, von dem die Klägerin Zinsen begehre, Kreditgebühren in Höhe von 1.740,24 DM enthalten seien und von diesen Kreditgebühren wegen des Zinseszinsverbotes keine Zinsen beansprucht werden könnten, könne die Klägerin nur von einem Betrag von 5.861,70 DM Zinsen verlangen. Diese betrügen 4 %. Da die Klägerin nicht dargetan habe, daß sich die Beklagten vor der am 15. Mai 1973 erfolgten Zustellung des Zahlungsbefehls im Verzug befunden hätten, könnte die Klägerin auch nur die Zinsen seit dem 15. Mai 1973 beanspruchen.",
"Gegen das Urteil, auf dessen vorgetragenen Inhalt Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung der Klägerin.",
"Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vertritt die Klägerin die Ansicht, entgegen der Auffassung des Landgerichts regele Ziff. 8 Abs. 3 Satz 2 ihrer Kreditbedingungen schlechthin sämtliche Folgen eines Verzuges der Beklagten, weshalb zwischen Verzug mit der Zahlung einer Einzelrate und Verzug mit der Rückzahlung des gesamten Kreditbetrages nicht differenziert werden könne. Zumindest seien ihr aber Verzugszinsen von 1 % pro Monat von den einzelnen Raten jeweils ab Fälligkeit zuzusprechen. Weiter trägt die Klägerin vor, sie habe die Beklagten viermal gemahnt. Hilfsweise trägt sie zur Begründung ihres Zinsanspruchs vor, sie habe während des gesamten Jahres 1973 die von den Beklagten geschuldeten Beträge refinanzieren müssen, wofür sie 11,75 % an Zinsen habe zahlen müssen.",
"Die Klägerin beantragt,",
"unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie weitere 384,40 DM nebst 12 %, jedenfalls aber 11,75 % Zinsen von 7.968,40 DM seit dem 15. Mai 1973 zu zahlen.",
"Die Beklagten, die ordnungsgemäß zum Senatstermin geladen worden sind, haben sich durch keinen beim Oberlandesgericht Hamm zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen und sind dem Termin am 27. März 1974 unentschuldigt ferngeblieben.",
"Versäumnisurteil gegen die Beklagten zu erlassen.",
"Wegen des Vorbringens der Klägerin im einzelnen wird auf den von ihr vorgetragenen Inhalt der den Beklagten übersandten Schriftsätze Bezug genommen."
] | [] | [
"Die Berufung hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.",
"über die Berufung der Klägerin war antragsgemäß nach § 542 Abs. 1 ZPO durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Nach § 542 Abs. 2 ZPO hat der Senat für seine Entscheidung das tatsächliche mündliche Vorbringen der Klägerin für zugestanden zu erachten, soweit das festgestellte Sachverhältnis nicht entgegensteht.",
"Nach diesem Vorbringen schulden die Beklagten der Klägerin über den bereits vom Landgericht zuerkannten Betrag von 7.602,- DM hinaus nur noch weitere 4,- DM nebst weiteren 7,75 % Zinsen von 5.870,40 DM seit dem 15. Mai 1973.",
"Insoweit hat der Senat durch echtes Versäumnisurteil dem im zweiten Rechtszug weiterverfolgten Klagebegehren stattgegeben.",
"Bezüglich des weitergehenden Klageantrags war unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin die Klage abzuweisen.",
"Die Klägerin kann gemäß Ziff. 8 Abs. 1 Ihrer zum Bestandteil des zwischen den Parteien abgeschlossenen Kreditvertrages gewordenen Kreditbedingungen an Mahngebühren noch einen Betrag von 4,- DM beanspruchen. Die Klägerin hat im zweiten Rechtszug dargelegt, daß sie die Beklagten viermal gemahnt hat. Für jedes Mahnschreiben steht ihr nach der genannten Bestimmung der Kreditbedingungen eine Gebühr von 4,- DM zu, mithin insgesamt 16,- DM. Da das Landgericht der Klägerin nur 12,- DM zugesprochen hat, kann sie noch 4,- DM verlangen.",
"Ein Anspruch auf die Unkostenpauschale gemäß Nr. 8 Abs. 3 Satz 2 der Kreditbedingungen steht der Klägerin jedoch nicht zu. Diese allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommende Bestimmung ist nicht rechtswirksam. Zwar ist eine Pauschalisierung des Verzugsschadens nach § 286 BGB durch die Klägerin an sich dem Grunde nach nicht unbillig. Die Inhaltskontrolle der Klausel ergibt aber, daß die Unkostenpauschale von 5 % des beizutreibenden Betrages nebst 3,- DM an Materialkostenbeitrag nicht mehr dem Gebot der Vertragsgerechtigkeit entspricht, wonach der Unternehmer, der durch einseitige Aufstellung allgemeiner Geschäftsbedingungen die Vertragsfreiheit für sich allein in Anspruch nimmt, gem. § 242 BGB verpflichtet ist, auf die Interessen seiner künftigen Vertragspartner Rücksicht zu nehmen. Abweichungen von ausgewogenen Regelungen des dispositiven Rechts über den Ausgleich widerstreitender Interessen der Vertragspartner sind nur zulässig, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse des Unternehmers vorliegt und die abweichende Klausel mit den berechtigten Belangen des Kunden noch vereinbar ist (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 33. Aufl., Einführung vor § 145 Anm. 6 D c bb und d mit Rechtsprechungsnachweisen). Andernfalls ist die Klausel wegen Mißbrauchs der Vertragsfreiheit nach § 242 BGB unverbindlich.",
"Bei der hiernach gebotenen Interessenabwägung ist zum einen zu berücksichtigen, daß die durch Nr. 8 Abs. 3 Satz 2 der Kreditbedingungen verdrängte Norm des dispositiven Rechts, nämlich § 286 BGB, nicht lediglich auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruht, sondern der Verwirklichung der Vertragsgerechtigkeit zu dienen hat. Der in Verzug geratene Schuldner soll nämlich nur unter den engen Voraussetzungen der §§ 284 ff. BGB dem Gläubiger zum Schadensersatz verpflichtet sein. Dazu gehört auch, daß der Gläubiger den Schaden, der ihm im Einzelfall entstanden ist, nachweisen muß.",
"Für die Kreditinstitute mit ihrem umfangreichen Geschäftsverkehr besteht zum anderen ein erhebliches Interesse, vor allem zur schnelleren und reibungslosen Abwicklung von Kreditgeschäften, ihren Verzugsschaden nicht bis in alle Einzelposten hinein darlegen und beweisen zu müssen. In diesem Zusammenhang ist ein berechtigtes Interesse an einer Pauschalisierung des Verzugsschadens anzuerkennen.",
"Eine Unkostenpauschale von 5 % des beizutreibenden Betrages nebst Materialkostenbeitrag erscheint aber bei offenen Restkrediten, die wie im vorliegenden Fall mehr als 7.000 DM betragen, bei weitem übersetzt. Denn es darf nicht außer acht gelassen werden, daß die Klägerin alle erstattungsfähigen Kosten nach Nr. 8 Abs. 3 Satz 1 der Kreditbedingungen oder nach §§ 91 ff., 788 Abs. 1 ZPO ohnehin erhält sie außerdem Mahnungs- und Stundungsgebühren verlangt und bei Abwicklung des Darlehnsvertrages im Rahmen des Zahlungsplanes auch Verzugszinsen beanspruchen kann. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist die Klausel Nr. 8 Abs. 3 Satz 2 nicht mehr nach § 242 BGB als verbindlich anzuerkennen, weil sie werben Mißbrauchs der Vertragsfreiheit infolge Außerachtlassens der Belange der Darlehnsnehmer unangemessen ist. Entspricht sie nicht mehr dem Gebot der ausgleichenden Vertragsgerechtigkeit, so tritt an ihre Stelle die sonst verdrängte Norm des dispositiven Rechts, da dem Gericht eine Bestimmung des Verzugsschadens entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB verwehrt ist. Denn die Klausel Nr. 8 Abs. 3 Satz 2 der Kreditbedingungen fällt ersatzlos weg, so daß ihre Umgestaltung nicht in Frage kommen kann.",
"Muß sich die Klägerin danach aber auf die Verzugsvorschriften nach §§ 284 ff. BGB verweisen lassen, so kann sie Ersatz ihres Verzugsschadens nur beanspruchen, wenn sie im Einzelfall ihren Schaden darlegt und beweist. Das hat sie nicht getan, soweit sie den Betrag von 380,40 DM als Unkostenpauschale verlangt.",
"Soweit die Klägerin anstelle der Unkostenpauschale Verzugszinsen fordert, kommt Nr. 8 Abs. 2 der vereinbarten Kreditbedingungen als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, wird durch diese Klausel lediglich die Rechtsfolge im Falle das Verzuges des Kreditnehmers mit einer Rate von mehr als zwei Wochen im Rahmen regulärer veiterer Abwicklung des Darlehnsverhältnisses unter Aufrechterhaltung des vorgesehenen Zahlungsplanes geregelt, nicht dagegen die Verzugsfolge bei Fälligstellung des gesamten Kredits gemäß Nr. 20 der Kreditbedingungen. Für diese gebotene Auslegung sprechen Wortlaut und Sinnzusammenhang der Klausel. Wenn es darin heißt, bei \"Rückstand einer Rate\", so kann damit nur eine Teilzahlungsrate ... im Rahmen des vereinbarten Zahlungsplanes gemeint sei. Wenn dagegen der Gesamtkredit fällig gestellt wird, schuldet der Kreditnehmer nur noch die Gesamtsumme, nicht aber eine einzelne Rate. Wie aus Nr. 8 Abs. 2 der Kreditbedingungen und dem vorangestellten Abs. 1 erhellt, sollen durch diese Klauseln lediglich die Folgen des Verzugs im Rahmen der Abwicklung des Darlehnsvertrages gemäß dem Zahlungsplan bei Eintritt des Rückstands von einer Rate geregelt werden. Die Klausel Nr. 20 steht dazu in keinem erkennbaren Zusammenhang. Eine von der Klägerin etwa angestrebte Anwendung der in Abs. 2 von Nr. 8 getroffenen Regelung auf die Klausel Nr. 20 ist nicht, zumindest nicht klar ersichtlich und muß unberücksichtigt bleiben, da jede Unklarheit in den Formularbedingungen die Klägerin zu vertreten hat, weil sie das Formular entworfen und in den Geschäftsverkehr gebracht hat.",
"Verzugszinsen kann die Klägerin nur von der Restdarlehnssumme, den Mahnkosten und den Bearbeitungskosten beanspruchen, nicht aber den von restlichen Kreditgebühren. Die Handhabung, Verzugszinsen von der Kreditgebühr zu verlangen, verstößt gegen das Zinseszinsverbot des § 289 BGB. Die Kreditgebühren sind rechtlich als Zinsen zu werten, da sie die Vergütung dafür sind, die der Darlehnsnehmer für die zeitweise Überlassung des Darlehnskapitals zu entrichten hat. Daß aber ist genau das Wesensmerkmal von Zinsen (vgl. Beschluß des erkennenden Senats vom 22. Januar 1973 in NJW 1973 S. 1002; OLG Köln NJW 66 S. 2217; Ostler-Weidner, § 6 Abzahlungsgesetz Anm. 90 m.w.N.).",
"Die Beklagten schulden der Klägerin an Darlehnskapital, Bearbeitungs- und Mahnkosten noch einen Betrag von 5.782,40 DM. Ursprünglich schuldeten die Beklagten an Darlehnskapital 6.603 DM und an Kreditgebühren 2.021 DM, mithin insgesamt einen Betrag von 8.724 DM. Dieser Betrag erhöhte sich um die Verlängerungsgebühren, die ebenfalls rechtlich als Zinsen zu werten sind, um 104 DM auf 8.728 DM. Hierauf haben die Beklagten insgesamt einen Betrag von 1.210 DM bezahlt. Davon sind 820,60 DM als Rückzahlung auf das Darlehnskapital und 389,40 DM als Zahlung auf die Kreditgebühren anzurechnen. Zwar bestimmt § 367 Abs. 1 BGB, daß, wenn der Schuldner außer der Hauptleistung Zinsen und Kosten zu entrichten hat, eine zur Tilgung der ganzen Schuld nicht ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptleistung angerechnet wird. Die Vorschrift des § 367 Abs. 1 BGB kommt jedoch im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung. § 367 BGB ist keine zwingende Vorschrift, sondern enthält nachgiebiges Recht. Daraus folgt, daß Gläubiger und Schuldner vor oder bei der Leistung Vereinbarungen über die Anrechnung treffen können, die von der gesetzlichen Regelung abweichen (RG SeuffArch 78 Nr. 181; RGRK, BGB, 11. Aufl., Bd. I, 2. Teil, § 367 Anm. 3; Erman-Westermann, BGB, 5. Aufl., 1. Band, § 367 Anm. 2). Erklärung und Einverständnis einer von § 367 Abs. 1 BGB abweichenden Anrechnung der Zahlungen des Schuldners sind auch konkludent möglich. Hier haben die Parteien eine solche abweichende Regelung stillschweigend getroffen. Die Klägerin hat mit Einverständnis der Beklagten die Kreditsumme, die Kreditgebühren und ihre sonstigen Kosten in einem Betrag zusammengefaßt und einen Zahlungsplan aufgestellt, nach dem dieser Betrag in pauschalisierten Teilbeträgen, nämlich in einer Rate von 226 DM und in 35 gleichbleibenden Raten von monatlich 242 DM zurückzuzahlen war. Mit dieser Regelung haben die Parteien zum Ausdruck gebracht, daß durch die jeweiligen Ratenzahlungen die Gesamtforderung der Klägerin, also Haupt- und Nebenforderungen, gleichzeitig getilgt werden sollen. Die Frage - in welcher Höhe dann die einzelnen Forderungen der Klägerin durch die jeweiligen Ratenzahlungen der Beklagten getilgt wurden, beantwortet sich danach, was die Parteien vernünftigerweise gewollt haben. Wenn mehrere Forderungen gleichzeitig in Raten getilgt werden, ohne daß die besondere Vorrangigkeit einer Forderung betont worden oder ersichtlich ist, so entspricht es dem vernünftigen Willen der Parteien, daß in einem solchen Falle jede Forderung verhältnismäßig getilgt wird. Dies steht in Einklang mit der vom Gesetzgeber in § 366 Abs. 2 BGB getroffenen Regelung, die auch auf dem vermuteten, vernünftigen Parteiwillen basiert (Erman-Westermann, a.a.O., § 366 Anm. 2).",
"Bei einem Darlehnskapital von 6.603 DM, Kreditgebühren einschließlich der Verlängerungsgebühr in Höhe von 2.125 DM und Zahlungen der Beklagten in Höhe von 1.210 DM ergibt die Verhältnismäßigkeitsberechnung, daß die Beklagten 389,40 DM auf die Kreditgebühren und 820,60 DM auf die Darlehnsvaluta zurückgezahlt haben. Die von den Beklagten noch nicht beglichenen Kreditgebühren belaufen sich danach auf 1.735,60 DM. Mithin schulden sie an Darlehnskapital noch einen Betrag von 8.728 DM - 1.210 DM - 1.735,60 DM = 5.782,40 DM, der sich um Kosten der Klägerin von 72 DM und Mahngebühren von 16 DM auf insgesamt 5.870,40 DM erhöht.",
"Von diesem Betrag kann die Klägerin Verzugszinsen in Höhe von 11,75 % verlangen. Die Klägerin hat nunmehr dargelegt, daß sie ihrerseits wesentlich höhere Beträge als die von den Beklagten geschuldeten im Jahre 1973 mit 11,75 % hat refinanzieren müssen. Daß der Klägerin ein Verzugsschaden in Höhe von 12 % entstanden ist hat sie auch im zweiten Rechtszug nicht dargetan.",
"Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 7 ZPO."
] | {
"law": [
"§ 286 BGB",
"§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB",
"§ 708 Nr. 7 ZPO",
"§ 542 Abs. 2 ZPO",
"§ 289 BGB",
"§ 542 Abs. 1 ZPO",
"§ 367 Abs. 1 BGB",
"§ 242 BGB",
"§§ 92, 97 Abs. 1 ZPO",
"§ 366 Abs. 2 BGB",
"§§ 91 ff., 788 Abs. 1 ZPO",
"§ 367 BGB",
"§§ 284 ff. BGB"
],
"case": []
} |
316,070 | 5 Ss 3/74 | olgham-1974-02-26-5-ss-374 | ECLI:DE:OLGHAM:1974:0226.5SS3.74.00 | 1974-02-26T00:00:00 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Beschluss | [
"Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.",
"Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere große Strafkammer des Landgerichts Paderborn zurückverwiesen."
] | [] | [
"Das Schöffengericht hat den Angeklagten wegen tateinheitlichen Vergehens gegen § 11 BetmG und § 398 AbgO zu einem Jahr und zwei Monaten Freiheitsstrafe und zu 300,- DM Geldstrafe, ersatzweise zu weiteren zehn Tagen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Strafkammer hat die Berufung des Angeklagten verworfen. Diesem Urteil liegen im wesentlichen folgende Feststellungen zugrunde:",
"Am 13. September 1972 verhandelte der Angeklagte in einer Gastwirtschaft mit dem Zeugen ... wegen des Ankaufs von Haschisch. Beide kamen überein, daß der Angeklagte etwa 100 gr zu einem Preise von 3,- DM für 1 gr erwerben sollte. Das Haschisch war unverzollt eingeführt worden, was der Angeklagte wußte. Darauf führen beide in dem Pkw des Zeugen zu einer Schuttkuhle, in der dieser das Haschisch versteckt hatte. Er holte, während der Angeklagte in dem Pkw wartete, eine Platte Haschisch. Mit einer Briefwaage, die der Angeklagte mit sich führte, wogen sie das Haschisch ab, wobei sich ein Gewicht von etwa 115 gr ergab. Dann händigte der Zeuge dem Angeklagten das Haschisch aus. Den Preis von 300,- DM bezahlte der Angeklagte sofort. Auf dessen Wunsch stopfte der Zeuge sodann eine Pfeife mit etwas Tabak und Haschisch, um dieses auszuprobieren. Noch während beide rauchten, erschien eine Polizeistreife in Zivil. Der Zeuge, der die Polizeibeamten erkannt hatte, forderte den Angeklagten auf, das Haschisch schnell durch das Fenster zu werfen. Der Angeklagte versteckte es aber stattdessen unter seinem Sitz. Dort wurde es von den Polizeibeamten gefunden.",
"Die Revision des Angeklagten, die ohne nähere Ausführungen die Verletzung materiellen Rechts rügt, mußte zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache führen.",
"Allerdings sind die Feststellungen zum Tathergang nicht zu beanstanden. Der Angeklagte hatte sich dahin eingelassen, er habe kein Haschisch von dem Zeugen gekauft, sondern nur mit ihm von dessen Haschisch geraucht. Die Strafkammer hat sich mit dieser Einlassung in einer eingehenden Beweiswürdigung auseinandergesetzt und ist in rechtsfehlerfreier Weise zu den wiedergegebenen Feststellungen gelangt.",
"Der Schuldspruch gibt aber schon, wie noch darzulegen sein wird, zu Zweifeln Anlaß.",
"1.)",
"Rechtlich unhaltbar ist der Strafausspruch.",
"Die Strafkammer ist der Auffassung, die von dem Angeklagten erworbene Menge sei eine \"nicht geringe Menge\" i.S. des § 11 Abs. 4 Nr. 5 BetmG und hat die Strafe aus dem erhöhten Strafrahmen des § 11 Abs. 4 BetmG entnommen. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar ist die Menge Haschisch, die der Angeklagte erworben hat, sicherlich nicht gering. Gleichwohl ist sie noch keine \"nicht geringe Menge\" im Sinne dieser Bestimmung.",
"Das BetmG verwendet im § 11 Abs. 5 den Begriff \"geringe Menge\", bei deren Besitz oder Erwerb zum eigenen Verbrauch das Gericht von Strafe absehen kann und im § 11 Abs. 4 Nr, 5 und Nr. 6a den Begriff \"nicht geringe Menge\", bei deren Einfuhr, Besitz oder Weitergabe ein besonders schwerer Fall mit einem erhöhten Strafrahmen (Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren) gegeben ist. Aus dieser Begriffsverwendung kann aber nicht geschlossen werden, daß immer dann, wenn ein Täter eine Menge Betäubungsmittel besitzt, die die \"geringe Menge\" Übersteigt, schon der Besitz einer \"nicht geringen Menge\" gegeben ist mit der Folge, daß ein besonders schwerer Fall vorliegt. Das \"nicht gering\" schließt nicht nahtlos an \"gering\" an; denn dann bliebe kein Anwendungsbereich für den normalen Strafrahmen des § 11 Abs. 1 BetmG (vgl. BayObLG NJW 73/669).",
"Dieser Anwendungsbereich für den normalen Strafrahmen darf nicht zu eng bemessen werden. Das gilt insbesondere für den Fall des Besitzes von Betäubungsmitteln durch den Verbraucher. Mit der verschärften Strafandrohung des § 11 Abs. 4 Nr. 5 und Nr. 6a BetmG sollen nach dem Willen des Gesetzgebers vornehmlich die Händler, nicht so sehr die Verbraucher, erfaßt werden (BayObLG a.a.O.; Joachimski, Betäubungsmittelrecht, § 11 Rdz. 27). Daraus folgt, daß der Besitz einer bei einem Verbraucher üblichen Menge noch nicht einen besonders schweren Fall, also eine \"nicht geringe Menge\" darstellen soll. Davon kann erst dann die Rede sein, wenn allein aus der Menge der Betäubungsmittel der Schluß naheliegt, daß diese nicht mehr zum Eigenverbrauch, sondern zur Weitergabe an Dritte bestimmt sind (BayObLG a.a.O.).",
"Nach Ansicht des BayObLG ist eine \"nicht geringe Menge\" i.S. des § 11 Abs. 4 Nr. 5 BetmG dann gegeben, wenn der Konsumentenpreis mehr als 1.000 DM beträgt. Ob diese Wertgrenze in jedem Falle eine brauchbare Abgrenzungsfunktion erfüllt, mag offenbleiben. Denkbar wäre, daß die Unterscheidung nach dem \"Genußwert\" oder \"Gebrauchswert\" vorgenommen wird, den die in Betracht kommende Menge für einen Endverbraucher hat. Denn es könnte bei einem plötzlich - aus welchen Gründen auch immer - eintretenden Überangebot, einer Rauschgiftschwemme, ein eklatanter Preisverfall bei einer bestimmten Sorte von Betäubungsmitteln eintreten oder es könnte sich ein stark unterschiedliches Preisniveau zwischen mehreren Bezirken bilden. In solchen oder ähnlichen Lagen wäre der (Schwarzmarkt-)Preis kein zuverlässiges Kriterium, der eine gerechte und dem Sinne des Gesetzes entsprechende Abgrenzung der besonders schweren Fälle ermöglichte. Als \"nicht geringe Menge\" in diesem Sinne kommt vielmehr ein Quantum in Betracht, das bei Anlegung eines durchschnittlichen Maßstabes deutlich über den Vorrat hinausgeht, den ein Verbraucher normalerweise für den Eigenbedarf anzulegen pflegt. Damit wird zwar nicht für jeden den denkbaren Fall ein gleichsam wie aus einer Tabelle ablesbarer Beurteilungsmaßstab gewonnen; es werden aber sachlich ungerechtfertigte Ergebnisse vermieden, die bei einer starren Wertgrenze von 1.000 DM auftreten müssen, etwa, wenn es von der Höhe der Gewinnspanne abhängt, die der Händler bei der Weitergabe des \"Stoffes\" - z.B. wegen erhöhten Risikos - auf seinen Selbstkostenpreis aufschlägt, ob ein besonders schwerer Fall vorliegt oder nicht. Bei der Beurteilung dieser Präge kommt es in erster Linie darauf an, welche mögliche Gefährdung (nicht nur) Dritter von den in Betracht kommenden Betäubungsmitteln ausgeht, und nicht so sehr auf den Schwarzhandeiswert der Ware. Daher liegt es um so näher, es auf den Gebrauchs- oder Genußwert abzustellen, den die fragliche Menge des vom Täter verbotswidrig innegehabten Rauschgiftes für einen Endverbraucher hat. Damit wird zugleich eine Begünstigung des Verkehrs mit verunreinigten oder sonst qualitativ minderwertigen - und daher billigeren - Betäubungsmitteln vermieden, wie es bei Zugrundelegung einer bloßen Preisgrenze von 1.000,- DM (oder eines anderen Betrages) der Fall wäre (s. zu diesem Fragenkreis auch den Aufsatz von Wechsung und Hund in NJW 1973; 1729 mit abl. Kritik zu dem angeführten Urteil des BayObLG sowie den dort bezeichneten Beschluß des OLG Karlsruhe 3 Ws 74/72 vom 25.7.1972).",
"Für den vorliegenden Fall ist allerdings ohne entscheidende Bedeutung, was als maßgebliches Abgrenzungskriterium zu gelten hat, denn der Erwerb von 115 gr Haschisch fällt sicherlich nicht so sehr aus dem Rahmen des Üblichen, daß dafür nur der Strafrahmen des § 11 Abs. 4 BetmG angemessen wäre.",
"Da wegen des Kaufpreises von 300,- DM auch nach der Auffassung des BayObLG noch keine \"nicht geringe Menge\" i.S. des § 11 Abs. 4 Nr. 5 BetmG vorliegt, weicht der Senat bei seiner Entscheidung nicht von dem genannten Urteil ab, so daß eine Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof gemäß § 121 Abs. 2 GVG nicht erforderlich ist.",
"Die Strafkammer hat mithin die Strafe einem hier nicht in Betracht kommenden Strafrahmen entnommen, so daß das Urteil im Strafausspruch aufzuheben war. Es ist nicht auszuschließen, daß die Strafkammer bei zutreffender rechtlicher Beurteilung zu einer geringeren Strafe gelangt wäre, auch wenn der Strafrahmen des § 11 Abs. 1 BetmG Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren zuläßt.",
"2.)",
"Der Senat hat es für geboten erachtet, die Aufhebung des Urteils auch auf den Schuldspruch zu erstrecken, da dieser unklar ist.",
"Die Strafkammer hat lediglich festgestellt, daß der Angeklagte Haschisch erworben hat. Nach dem früheren Opiumgesetz wurde unter Haschisch das aus indischem Hanf gewonnene Harz und dessen Zubereitungen verstanden (§ 9 OpiumG). Inzwischen hat sich aber der Sprachgebrauch gewandelt. Neben diesem eigentlichen Haschisch werden auch die Blätter und Blüten des indischen Hanfs, die in getrocknetem Zustand zum Rauchen verwendet werden, als Haschisch bezeichnet (OLG Celle, NJW 1972, 349; BayObLG GA 73, 27; Joachimski, § 1 Rdz. 8). Der Begriff Haschisch ist also im allgemeinen Sprachgebrauch mehrdeutig. Das Betäubungsmittelgesetz verwendet ihn überhaupt nicht mehr. Es unterscheidet vielmehr zwischen \"Blüten oder Fruchtständen der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen, denen das Harz nicht entzogen worden ist, ausgenommen die mit solchen Ständen vermengten Samen sowie die Blätter, die kein Harz enthalten\" (§ 1 Abs. 1 Nr. 1d BetmG) und \"Extrakte und Tinkturen\" solcher Stoffe (§ 1 Abs. 4 Nr. 2 BetmG) einerseits, sowie zwischen \"Rückständen des Rauchopiums, Cannabis-Harz und seinen Zubereitungen\" (§ 1 Abs. 4 Nr. 3 BetmG) andererseits. Im ersten Fall besteht kein absolutes Veräußerungsverbot. Bei unerlaubtem Verkehr (§ 3 BetmG) mit diesen Produkten erfolgt die Bestrafung aus § 11 Abs. 1 Nr. 1 BetmG. Im zweiten Fall, in dem ein absolute Verkehrsverbot ausgesprochen ist (§ 9 BetmG mit eng begrenzten Ausnahmen), erfolgt sie aus § 11 Abs. 1 Nr. 6 BetmG.",
"Die Strafkammer wird daher festzustellen haben, ob das Haschis aus getrockneten Pflanzenteilen oder aus Harz bestand. Wenn es aus getrockneten Pflanzenteilen bestand, muß zusätzlich festgestellt werden, daß keine Genehmigung nach § 3 BetmG vorgelegen hat, was sich sonst erübrigt. Die Feststellung der Beschaffenheit des Haschisch kann durch Augenschein oder Zeugenbeweis erfolgen, weil das Harz trotz üblicher Zusätze von Pflanzenteilen oder gar Sand zur Verminderung seiner Klebrigkeit seine feste Konsistenz; erkennbar behält, während die getrockneten Pflanzenteile als grünes bis braunes Pulver von tabakähnlicher Beschaffenheit sind (OLG Celle, a.a.O.; Joachimski, § 1 Rdz. 8). Dafür, daß das Haschisch hier Cannabis Harz enthielt, könnte die Tatsache sprechen, daß es in Form einer Platte in den Verkehr gebracht worden ist.",
"Nach alledem war das Urteil in vollem Umfange aufzuheben."
] | [] | {
"law": [
"§ 1 Abs. 4 Nr. 2 BetmG",
"§ 11 BetmG",
"§ 121 Abs. 2 GVG",
"§ 9 BetmG",
"§ 398 AbgO",
"§ 3 BetmG",
"§ 11 Abs. 1 Nr. 1 BetmG",
"§ 11 Abs. 1 Nr. 6 BetmG",
"§ 9 OpiumG",
"§ 11 Abs. 4 Nr. 5 BetmG",
"§ 11 Abs. 4 Nr. 5 und Nr. 6a BetmG",
"§ 1 Abs. 1 Nr. 1d BetmG",
"§ 1 Abs. 4 Nr. 3 BetmG",
"§ 11 Abs. 4 BetmG",
"§ 11 Abs. 1 BetmG"
],
"case": [
"3 Ws 74/72"
]
} |
316,072 | 20 W 22/73 | olgham-1974-02-06-20-w-2273 | ECLI:DE:OLGHAM:1974:0206.20W22.73.00 | 1974-02-06T00:00:00 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Beschluss | [
"Die Beschwerde wird zurückgewiesen.",
"Die Kosten der Beschwerde trägt der Beklagte."
] | [] | [
"I.",
"Die Klägerin hat gegen die Gemeinschuldnerin den Zahlungsbefehl des Amtsgerichts Münster vom 24. Februar 1971 - 2 B 2734/71 - erwirkt, die Gemeinschuldnerin mit Schreiben vom 1. März 1971 Widerspruch eingelegt. Durch Beschluß vom 12. März 1971 ist der Rechtsstreit an die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster verwiesen worden. Mit Schreiben vom 2. April 1971 teilte der Beklagte mit, daß über das Vermögen der Gemeinschuldnerin am 29. März 1971 das Konkursverfahren eröffnet und er zum Konkursverwalter bestellt worden war (54 N 37/71 AG Dortmund). Der Rechtsstreit war damit unterbrochen (§ 240 ZPO).",
"Im Prüfungstermin vom 30. Juli 1971 ist die mit insgesamt 54.903,23 DM von der Klägerin angemeldete Forderung (davon Klageforderung: 27.175,28 DM und Zinsen) vom Konkursverwalter \"vorläufig bestritten\" worden. Daraufhin hat die Klägerin mit Schreiben vom 4. August 1971 den Beklagten zur Erklärung binnen 4 Wochen aufgefordert; der Beklagte hat den Grund seines Bestreitens der Forderung nicht angegeben. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17. Oktober 1971 (Bl. 46 d. A.) den Rechtsstreit gegen den Beklagten aufgenommen und die Feststellung der Hauptforderung von 27.175,28 DM und einer Zinsforderung von 947,40 DM zur Konkurstabelle begehrt. Nachdem der Beklagte gegen das von der Klägerin erlangte Versäumnisurteil vom 11. November 1971 (Bl. 53) Einspruch eingelegt hat, haben beide Parteien am 23. August 1973 übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärt, da die Klageforderung zur Konkurstabelle festgestellt worden sei.",
"Durch den angefochtenen Beschluß hat das Landgericht die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin zu 2/3 und dem Beklagten zu 1/3 auferlegt. Es hat die Aufnahme des Rechtsstreits gegen den Beklagten nach § 146 Abs. III, Abs. I KO als unzulässig angesehen und von den gesamten Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten eine Quote nach dem Teil der Kosten auferlegt, die vor der Konkurseröffnung entstanden waren, weil die Gemeinschuldnerin Anlaß zu der bis zur Konkurseröffnung begründeten Klage gegeben habe. Auf den Beschluß wird verwiesen (Bl. 123 d. A.).",
"Gegen diesen Beschluß richtet sich die zulässige Beschwerde des Beklagten mit dem Ziel der Abänderung. Der Beklagte ist der Ansicht, ihm hätten keine Kosten auferlegt werden dürfen, da die Parteien des Mahnverfahrens und des späteren Rechtsstreits nicht identisch seien; die Kosten des Rechtsstreits bis zur Konkurseröffnung seien zudem nur eine Konkursforderung, während die Kosten des gegen ihn gerichteten Rechtsstreits Masseschulden seien. Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Beschwerde, da die gesamten Kosten des einheitlichen Rechtsstreits Massekosten seien.",
"II.",
"Die Beschwerde des Beklagten ist unbegründet.",
"A) Die Kosten des Rechtsstreits können nicht nach dem Gesichtspunkt aufgeteilt werden, ob sie vor oder nach Konkurseröffnung entstanden sind.",
"Dem Beklagten ist zwar zuzugeben, daß die bis zur Konkurseröffnung entstandenen Kostenerstattungsansprüche zunächst nur eine Konkursforderung sind und es auch bleiben, wenn der Rechtsstreit nicht nach §§ 146 Abs. III, 12 KO aufgenommen wird. Wird aber der Rechtsstreit gegen den Konkursverwalter aufgenommen, dann sind die gesamten Prozeßkosten einheitlich zu behandeln (vgl. BAG, Urteil vom 2. November 1959 - 2 AZR 479/56 - AP Nr. 7 zu § 91 a ZPO; Böhle-Stamschräder, Konkursordnung, 10. Auflage 1971, Anm. 1 b) zu § 59 KO; Jäger-Lent, Konkursordnung, 8. Auflage 1958, Anm. 2 zu § 59; Mentzel-Kuhn, Konkursordnung, 7. Auflage 1962, Anm. 5 zu § 59). Soweit der Konkursverwalter in der Instanz unterliegt, trägt er daher die gesamten ihm auferlegten Kosten als Massekosten, und soweit der Konkursgläubiger unterliegt, fallen ihm die gesamten auferlegten Kosten zur Last, auch, soweit sie vor der Konkurseröffnung entstanden waren und ohne Fortsetzung des Rechtsstreits begründete Konkursforderungen gebildet hätten (vgl, Jäger-Lent a.a.O). Das ist die Folge daraus, daß die Kosten eines Rechtsstreits (oder zumindestens einer Instanz) ein einheitliches Ganzes bilden (vgl. Mentzel-Kuhn a.a.O).",
"B) Eine Aufteilung der Kosten kommt auch im Rahmen des § 91 a ZPO nicht in Betracht, wenn zweifelhaft ist, ob die Aufnahme eines durch Konkurs unterbrochenen Rechtsstreits (§ 146 Abs. 3, 4 KO) zulässig oder unzulässig war.",
"Es kommt daher für den Erfolg der Beschwerde darauf an, ob nach § 91 a ZPO die Kosten der Klägerin oder dem Beklagten aufzuerlegen sind. Nach § 91 ZPO hat das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. War daher die Aufnahme des Rechtsstreits gegen den Beklagten nach nur \"vorläufigem\" Bestreiten der angemeldeten Forderung durch den Beklagten nach § 146 Abs. 3, 1 KO unzulässig, so konnte die Klage nach Feststellung zur Konkurstabelle nicht mehr zulässig werden, da die Forderung der Klägerin nicht im Sinne des § 146 Abs. 1 KO, \"streitig geblieben\" ist. In diesem Falle müßten die gesamten Kosten des Rechtsstreits die Klägerin treffen, die eine unzulässige Klage verfolgt hat. War dagegen die Aufnahme des Rechtsstreits gegen den Beklagten zulässig, so sind die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen, da er ohne Rücknahme des \"vorläufigen\" Widerspruchs unterlegen wäre.",
"C) Es kommt daher darauf an, ob eine \"vorläufig bestritten\" gebliebene Forderung eine streitig gebliebene Forderung im Sinne des § 146 Abs. I KO ist. Das ist entgegen der im angefochtenen Beschluß erwähnten Ansicht der Fall.",
"1. Streitig geblieben im Sinne des § 146 Abs. 1 KO ist eine Forderung, wenn der Konkursverwalter oder ein Konkursgläubiger gegen sie im Prüfungstermin Widerspruch erhoben hat und der Widerspruch nicht durch Zurücknahme oder durch Verlust der Konkursgläubigerschaft des Bestreitenden (= Verlust der Widerspruchsbefugnis - § 144 Abs. I KO) beseitigt ist (vgl. Menzel-Kuhn a.a.O. Anm. 1 A I 1) zu § 146, Jäger-Weber, Konkursordnung, 8. Auflage 1973, Anm. 1 I 1) zu § 146). Während bei diesen Kommentatoren keine Differenzierung zwischen \"Bestreiten\" und \"vorläufigem Bestreiten\" gemacht wird, sieht eine neuere Meinung in Schrifttum und Rechtsprechung in einem \"vorläufigen\" bestreiten durch den Konkursverwalter nur einen Vorbehalt gegen die Feststellung der angemeldeten Forderung des Inhalts, daß er die Forderung nicht endgültig geprüft, beschieden und bestritten habe. Bis zur endgültigen Prüfung könne daher die Forderung nicht als streitig \"geblieben\" im Sinne des § 146 Abs. I. KO angesehen werden (vgl. Robrecht, Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen Heft 2/1969 S. 67 ff.; Böhle-Stamschräder a.a.O. Anm. 1 zu § 146 KO; LG Koblenz, Urteil vom 8. Dezember 1966, - 3 S 148/66 -, Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen Heft 4/1966 S. 254; AG Detmold, Beschluß vom 26. Juli 1969 - 3 C 5o3/69 -, Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen Heft 1/1971 S. 60). Gegen diese zuletzt dargestellte Ansicht wendet sich ausdrücklich Hoffmann (NJW 1961 S. 1343).",
"2. Der Auffassung, eine nur \"vorläufig\" bestrittene Forderung sei nicht im Sinne des § 146 Abs. I KO \"streitig geblieben\", kann nicht gefolgt werden. Auch das nur \"vorläufige\" Bestreiten ist praktisch ein Bestreiten der angemeldeten Forderung (so auch Robrecht a.a.O, S. 68); es ist nur der Vorbehalt gemacht, das Bestreiten aufzugeben. Unter diesem Vorbehalt steht aber auch ein Bestreiten der angemeldeten Forderung, wenn es nicht nur als \"vorläufig\" bezeichnet wird; die Rücknahme des Bestreitens ist jederzeit und unabhängig von einem Prüfungstermin möglich (vgl. Böhle-Stamschräder a.a.O Anm. 2 zu § 144; soweit ersichtlich, völlig einheitliche Meinung). Der Sinn des nur \"vorläufigen\" Bestreitens kann daher nur dahin gehen, die Prüfung der Forderung im Prüfungstermin zu unterlassen und sie einem späteren Zeitpunkt vorzubehalten. Das ist jedenfalls dann unzulässig, wenn der Prüfungstermin vom Konkursgericht nicht vertagt wird.",
"a) Die Konkursordnung geht davon aus, daß die Klärung, ob eine angemeldete Konkursforderung festgestellt oder bestritten wird, im Prüfungstermin zu erfolgen hat (vgl. Robrecht a.a.O, S. 68, LG Koblenz a.a.O S. 255/256). Nach der Konkursordnung sollen hinsichtlich aller rechtzeitig angemeldeten und der nach § 142 Abs. 1 KO mit zu prüfenden nachträglich angemeldeten Forderungen mit Abschluß des Prüfungstermins feststehen, inwieweit sie festgestellt und inwieweit sie vom Konkursverwalter oder einem Konkursgläubiger bestritten sind. Nur diesem Zwecke dient der Prüfungstermin. Nur wenn ein unabweisliches Bedürfnis besteht, dem Konkursverwalter die Prüfung der angemeldeten Forderung über den Prüfungstermin hinaus offen zu halten, kann man ein \"vorläufiges\" Bestreiten nicht als Bestreiten der Forderung im Prüfungstermin und demgemäß den Klageweg nach § 146 Abs. 1, 3 KO noch nicht als eröffnet ansehen.",
"b) Bei der Prüfung, ob dem Konkursverwalter die Prüfung angemeldeter Forcierung über den Prüfungstermin hinaus offenzuhalten ist, ist zu berücksichtigen, daß nach § 138 KO der Prüfungstermin spätestens 5 Monate nach der Konkurseröffnung stattzufinden hat, da die Anmeldefrist höchstens 3 Monate beträgt (§ 138 Satz 1 KO) und die Frist zwischen Ablauf und Anmeldefrist und dem allgemeinen Prüfungstermin höchstens 2 Monate betragen soll (§ 138 Satz 2 KO). Diese Fristen mögen zur Zeit des Erlasses des Gesetzes ausgereicht haben (10. Februar 1877). Durch die wirtschaftlichen Veränderungen in der Zwischenzeit wird diese Frist insbesondere bei größeren Konkursen mit zahlreichen Konkursgläubigern und Forderungen, denen ein komplizierter Sachverhalt zugrunde liegt, in einer ordnungsgemäßen, gründlichen Prüfung aller Konkursforderungen durch den Konkursverwalter oft nicht ausreichen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß bei den Gemeinschuldnern häufig die Buchführung in erheblichem Rückstand ist und die Geschäftsunterlagen nicht immer geordnet vorliegen, auch die bisherigen Bearbeiter dem Konkursverwalter nicht immer zur Aufklärung zur Verfügung stehen. Hinzu kommt, daß geeignete Konkursverwalter für umfangreiche Konkursverfahren meist schwierig zu haben und auch durch andere Aufgaben überlastet sind. Wäre aber der Konkursverwalter gezwungen, sich zu ungenügend geprüften Forderungen zu erklären, so würden die Ziele des Konkursverfahrens beeinträchtigt. Werden unberechtigte Forderungen festgestellt, so erhöht sich die Schuldenmasse zum Nachteil der Gläubigergemeinschaft, wird berechtigten Forderungen widersprochen, so droht eine Schmälerung der Teilungsmasse durch Prozeßkosten als Masseschulden.",
"Demgegenüber steht nicht nur das Interesse des anmeldenden Gläubigers, an der Konkursmasseverteilung teilzunehmen, worauf es das Landgericht Koblenz (a.a.O. S. 256) abstellt. Von der Feststellung der Forderung ist auch das Stimmrecht des Konkursgläubigers abhängig (§ 95 Abs. 1 Satz 1 KO). Mangels einer Einigung mit dem Widersprechenden ist der Gläubiger auf eine Ermessensentscheidung des Konkursgerichts angewiesen (§ 95 Abs. 1 Satz 3 KO). Wird die Forderung als ungeprüft behandelt, so gilt Entsprechendes (§ 95 Abs. 2 KO). Das kann erhebliche Bedeutung haben, wenn es zur Abstimmung über einen Zwangsvergleich nach § 182 KO kommt. Das spricht dagegen, zuzulassen, daß der Konkursverwalter durch Erklärung eines \"vorläufigen\" Widerspruchs die Feststellung der Forderung zur Konkurstabelle praktisch unkontrolliert lange hinauszögern kann. Denn weitere Prüfungstermine sind nach dem Gesetz nur zur Prüfung solcher Forderungen vorgesehen, die nach Ablauf der Anmeldefrist angemeldet sind (§ 142 KO). In einem solchen besonderen Prüfungstermin ist der Konkursverwalter nicht gezwungen, sich zu rechtzeitig angemeldeten Forderungen zu erklären.",
"c) Ein nur \"vorläufiges\" Bestreiten einer angemeldeten Forderung im Sinne des § 146 Abs. 1 KO anders als ein Bestreiten zu behandeln kann danach nur in Betracht kommen, wenn anders dem überwiegenden Interesse der Gläubigergemeinschaft und des Konkursverwalters an einer ordnungsgemäßen Prüfung der angemeldeten Forderungen nicht Rechnung getragen werden kann. Davon gehen Robrecht (a.a.O.) und das Landgericht Koblenz im Urteil vom 8. Dezember 1966 (a.a.O.) aus, jedoch zu Unrecht. Einmal ist es bei besonders großen Konkursverfahren zulässig, den Prüfungstermin unter Überschreitung der gesetzlichen Höchstgrenze aus § 138 KO anzusetzen, um so die zur Prüfung der Forderungen notwendige Vorbereitungszeit zu erhalten (vgl. Jäger-Weber, a.a.O. Anm. 7 zu § 138; Bohle-Stamschräder a.a.O. Anm. 3 zu § 138). Weiter besteht aber auch die Möglichkeit, den Prüfungstermin aus wichtigem Grund gemäß §§ 72 KO, 136 Abs. 3, 227 Abs. 3 ZFO zu vertagen (vgl. Jäger-Weber a.a.O Anm. 12 zu § 138). Ein solcher Grund ist immer vorhanden, wenn erhebliche Unterlagen entgegen § 139 Abs. 3 KO vom Gläubiger nicht vorgelegt und beim Gemeinschuldner nicht aufgefunden sind oder noch Nachfragen nach dem Sachverhalt bei ehemaligen Angestellten des Gemeinschuldners erforderlich sind und nicht durchführbar waren. Es sind keine Bedenken dagegen ersichtlich, daß das Konkursgericht im ersten Prüfungstermin die Prüfung solcher Forderungen offenläßt und den Termin zur Prüfung dieser Forderungen vertagt, damit die Prüfung weiter vorbereitet werden kann. Damit wird vermieden, daß der Zeitpunkt der Prüfung dem Konkursverwalter überlassen bleibt, und der Zeitpunkt der Prüfung wird vom Gericht unter pflichtgemäßer Abwägung der Belange aller Beteiligten festgesetzt.",
"D) Hier kann offen bleiben, ob die Tatsache, daß der Konkursverwalter ausdrücklich nur \"vorläufig\" bestritten hat, den Konkursgläubiger nötigt, vor Erhebung einer Klage gemäß § 146 KO eine außergerichtliche Klärung mit dem Konkursverwalter herbeizuführen (§ 242 BGB), insbesondere dann, wenn er entgegen § 139 Abs. 3 KO Urkunden nicht vorgelegt hat. Die Klägerin hat das mit ihrem Schreiben vom 4. August 1971 versucht, ohne innerhalb angemessener Frist Antwort zu erhalten. Unter diesen Umständen ist die vom Landgericht vorgenommene Belastung des Beklagten mit 1/3 der Prozeßkosten auf jeden Fall gerechtfertigt, ohne daß es darauf ankommt, ob die im Prozeß von der Klägerin vorgelegten Unterlagen bei der Gemeinschuldnerin vorhanden und auffindbar waren oder nicht.",
"Soweit die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt sind, ist die Entscheidung nicht angefochten.",
"III.",
"Die Beschwerde war danach mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen."
] | [] | {
"law": [
"§ 146 Abs. I. KO",
"§ 138 KO",
"§ 146 Abs. 1 KO",
"§ 146 Abs. I KO",
"§ 146 Abs. 1, 3 KO",
"§ 240 ZPO",
"§ 146 Abs. III, Abs. I KO",
"§ 138 Satz 1 KO",
"§ 146 Abs. 3, 4 KO",
"§ 95 Abs. 1 Satz 1 KO",
"§ 91 ZPO",
"§ 146 Abs. 3, 1 KO",
"§ 97 ZPO",
"§ 146 Abs. III, 12 KO",
"§§ 72 KO, 136 Abs. 3, 227 Abs. 3 ZFO",
"§ 182 KO",
"§ 139 Abs. 3 KO",
"§ 242 BGB",
"§ 59 KO",
"§ 91 a ZPO",
"§ 146 KO",
"§ 138 Satz 2 KO",
"§ 142 KO",
"§ 95 Abs. 1 Satz 3 KO",
"§ 144 Abs. I KO",
"§ 142 Abs. 1 KO",
"§ 95 Abs. 2 KO"
],
"case": [
"2 B 2734/71",
"2 AZR 479/56",
"54 N 37/71",
"3 S 148/66"
]
} |
316,073 | 1 S 203/73 | lg-krefeld-1974-01-17-1-s-20373 | ECLI:DE:LGKR:1974:0117.1S203.73.00 | 1974-01-17T00:00:00 | {
"id": 813,
"name": "Landgericht Krefeld",
"slug": "lg-krefeld",
"city": "Krefeld",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | Urteil | [
"Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Krefeld vorn 29. Mai 1973 wird zurückgewiesen.",
"Der Kläger trägt die Kosten der Berufung."
] | [
"Der Kläger bewohnt mit seiner Ehefrau deren Haus in Krefeld, Krüllsdyk, das bis zum 30.11.1971 aber eine Freileitung der Beklagten mit Strom versorgt wurde. Wegen gestiegener Bedürfnisse und aus wirtschaftlichen Gründen stellte die Beklagte im Sommer 1971 die Stromversorgung der Anlieger des Krüllsdyk auf eine Erdkabelleitung um, wobei die Hausanschlüsse einheitlich in die Keller verlegt wurden. Nach anfänglichen Auseinandersetzungen erklärte sich der Kläger gemäß Vereinbarung vom 2.9.1971 mit der entsprechenden Umstellung des Anschlusses einschließlich der Anbringung des Zählers im Keller einverstanden. Die Arbeiten sollten in der Zeit vom 15. bis 20.11.1971 durchgeführt werden. Die Beklagte verpflichtete sich, die Arbeiten einschließlich notwendiger Renovierungen kostenlos durchzuführen Als der Kläger in der Folgezeit den Beauftragten der Beklagten das Betreten des Grundstücks verbot, kündigte die Beklagte den Stromlieferungsvertrag und sperrte am 30.11.1971 die Stromzufuhr Haus der Ehefrau des Klägers ab.",
"Im Dezember 1.971. suchte der Kläger um den Erlaß einer einstweiligen Verfügung gegen die Beklagte nach mit dem Antrag,",
"der Antragsgegner im Wege eine einstweiligen Verfügung zu verurteilen, bei Meidung einer Geld- oder Haftstrafe für den Fall der Nichtbefolgung den Anschluß des Antragstellers an das Stromnetz der Stadt Krefeld sofort wieder herzustellen, und zwar in der bisherigen Form einer Freileitung.",
"Durch Urteil des Landgerichts Krefeld vom 27.4.1971 (1 S 12/72 LG Krefeld -3 C 718/71 AG Krefeld ) wurde dieser Antrag zurückgewiesen. Ende des Jahres 1971 und im Jahr 1972 wurde zwischen den Parteien eine umfangreiche Korrespondenz geführt. Der Kläger wandte sich auch an den Regierungspräsidenten in Düsseldorf.",
"Die Beklagte ist nach wie vor bereit, das vom Kläger bewohnte Haus der Vereinbarung vom 2.9.1971 entsprechend an das Stromnetz anzuschließen.",
"Der Kläger hat die Meinung vertreten, er sei beim Abschluß der Vereinbarung vom 2.9.1971 von Vertretern der Beklagten getäuscht worden. Man habe ihn nicht darüber aufgeklärt, daß die Anbringung des Zählerkastens im Keller für den Fall, daß eine Ölheizung im Keller eingerichtet werde, möglicherweise besonderer Vorkehrungen bedürfe oder aber ganz unzulässig sei. Die Einrichtung einer Ölheizung sei inzwischen geplant.",
"Der Kläger hat beantragt,",
"b) ferner zu bestimmen durch Urteil, daß dieser mittels Betrug und Täuschung verursachte Vertrag benutzt wurde zur weiteren Täuschung des Gerichtes in Krefeld in einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem AG und LG Krefeld AZ 1 S 12/72 -3 C 718/71;",
"c) ferner zu bestimmen durch Gerichtsurteil, daß die Stromabsperrung auch ohne den Vertragsbetrug einen Monopolmißbrauch darstellt als Verstoß gegen § 22 GWB;",
"d) ferner durch Urteil zu bestimmen, daß dieser Stromabschluß mit den daraus resultierenden Anwürfen in der Öffentlichkeit einen Verstoß gegen Art. 1 GG darstellt gemäß Urteil OVG Lüneburg VI 1 45/68;",
"b) bei Nichterfüllung den Stadtwerken aufzuerlegen, die Mietkosten zu tragen für die Ermietung eines gleichwertigen Hauses außerhalb der Einflußmöglichkeiten der Stadtwerke Krefeld.",
"c) Weiter wird ein Schadensersatz beantragt für die Minderung und Diffamierung in der Öffentlichkeit",
"die mittels Vertragsbetrug am 30.11.1971 vorgenommene Stromabsperrung.",
"d) Weiter wird beantragt, den Stadtwerken aufzuerlegen, den Nachweis zu erbringen, daß in sämtlichen Häusern am Krüllsdyk die Stromzähler in den Keller gelegt wurden und daß fernerhin eine Stromversorgung mit Ablesung von 1 mal im Jahr nur möglich sei, wenn die im Keller angebracht seien.",
"e) Weiter wird beantragt, den Stadtwerken und der Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft durch Urteil zu untersagen, weiterhin in Schriftsätzen, auch an den Regierungspräsidenten in Düsseldorf zu behaupten, daß der bereits im Verfahren 1 S 12/72 begehrte über die Außenwand an den Zähler im 1. Stock eine Feuergefahr bedeuten würde.",
"Nach Erlaß eines klageabweisenden Versäumnisurteils und hat der Kläger beantragt,",
"unter Aufhebung des Versäumnisurteils nach seinem zu erkennen.",
"Die Beklagte hat beantragt,",
"das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten",
"Sie hat geltend gemacht, soweit die Klageanträge auf Feststellung und auf künftige Leistungen gingen, seien sie unzulässig. Im übrigen sei der Kläger an die Vereinbarung vom 2.9.1971 gebunden; von einer Täuschung könne keine Rede sein. Schließlich sei der Kläger, der nicht Hauseigentümer sei, für die Geltendmachung der Ansprüche nicht aktiv legitimiert.",
"Das Amtsgericht hat das klageabweisende Versäumnisurteil aufrechterhalten.",
"Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufungeingelegt und diese rechtzeitig begründet.",
"Er trägt vor, er verlange einen Stromanschluß, wie er den Vorschriften entspreche. Jedenfalls könne ihm nicht zugemutet werden:, die Verlegung des Hausanschlusses zu dulden, die ihm nur Belästigung, der Beklagten jedoch keinen Vorteil bringe. Im Keller sei wegen der geplanten Ölfeuerungsanlage keine geeignete Stelle für die Anbringung des Zählers.",
"Der Kläger beantragt,",
"unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinen Anträgen aus dem ersten Rechtszug zu erkennen.",
"Die Beklagte bittet um",
"Zurückweisung der Berufung.",
"Sie wiederholt ihren Vortrag aus dem ersten Rechtszug.",
"Auf das angefochtene Urteil, die Schriftsätze der Parteien sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen wird Bezug genommen."
] | [] | [
"Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.",
"Die Klage ist teils unzulässig, teils unbegründet.",
"Mit den unter Ziffer I. zusammengefassten vier Anträgen begehrt der Kläger bestimmte Feststellungen. Gegenstand dieser Feststellungen sind jedoch keine Rechtsverhältnisse zwischen den Parteien, vielmehr Vorfragen, die für bestimmte Rechtsbeziehungen der Parteien von Bedeutung sein könnten, so, ob sich die Beklagte einer Täuschung des Klägers und des Gerichts schuldig gemacht hat, sowie, ob das Verhalten der Beklagten unter bestimmten rechtlichen Gesichtspunkten rechtmässig war oder nicht. Derartige Tatbestandselemente, die zusammen mit anderen Umständen ein Rechtsverhältnis zwischen den Parteien begründen oder inhaltlich bestimmen könnten, können nicht selbständig Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Vorliegend ist auch kein besonderes Interesse des Klägers an den erbetenen Feststellungen gegeben, da der Kläger gleichzeitig alle denkbaren, aus den behaupteten Rechtsverstößen der Beklagten herzuleitenden Ansprüche im Wege der Leistungsklage geltend macht.",
"Die unter Ziffer I.a) bis d) genannten Klageanträge sind mithin gemäß § 256 ZPO unzulässig.",
"Mit dem Klageantrag zu II a) begehrt der Kläger offenbar - wie Verweisung auf seinen Vortrag im Verfahren 1 S 12/72 LG Krefeld zeigt - den Wiederanschluß an das Stromnetz der Beklagten in der früheren Form, also mittels einer Freileitung. Der Kläger trägt zwar auch vor, er habe gegen einen Anschluß über ein Erdkabel nichts einzuwenden, wenn nur der Zähler im Haus nicht in den Keller verlegt werde. Es mag also auch eine Auslegung des Antrags des Klägers dahin möglich sein, daß der Kläger Anschluß an ein Erdkabel nebst Hausanschluß, etwa - wie er vorgeschlagen hat - durch eine äußere Steigleitung, begehrt. Dies kann aber dahinstehen.",
"Ein Anspruch des Klägers auf Anschluß an das Stromnetz der Beklagten in einer anderen Form, als sie die Beklagte dem Vertrag vom 2.9.1971 entsprechend anbietet, hat der Kläger nicht.",
"Es kann dahinstehen, ob der Kläger, der nicht Hauseigentümer ist, überhaupt zur Geltendmachung eines Anspruchs auf Anschluß an das Stromnetz der Beklagten aktivlegitimiert ist, ebenso, ob der Stromlieferungsvertrag durch die Kündigung der Beklagten beendet ist oder nicht.",
"Die Vereinbarung der Parteien vom 2.9.1971 ist verbindlich. Dem Vortrag des Klägers läßt sich nicht entnehmen, inwiefern er beim Abschluß dieses Vertrages von den Vertretern der Beklagten arglistig getäuscht worden wäre. Von der Einrichtung einer Ölfeuerungsanlage war weder damals noch auch im Vorprozeß die Rede. Die Vertreter der Beklagten hatten keinerlei Veranlassung dem Kläger sämtliche technischen Regeln für den Stromanschluß mitzuteilen, soweit diese nicht ersichtlich eine Rolle spielten. Von einer arglistigen Täuschung (§ 123 BGB) kann also keine Rede sein.",
"Der Kläger kann den Vertrag vom 2.9.1971 auch nicht wegen Irrtums anfechten (§ 119 BGB). Sollte der Kläger von falschen Vorstellungen ausgegangen sein – welchen auch immer -, so haben diese allenfalls als Motiv eine Rolle gespielt. Über das, was er erklärte, war sich der Kläger im klaren. Es kommt hinzu, daß bei Kenntnis der Sachlage und verständiger Würdigung des Falles seinerzeit niemals anders gehandelt hätte als der Kläger.",
"Der Antrag des Klägers zu II b) ist als Klage auf eine künftige Leistung gemäß § 259 ZPO nicht zulässig. Zwar kann die künftige Leistung bedingt, sie muß jedoch bestimmt sein; das trifft auf den Klageantrag nicht zu.",
"Auch als Feststellungsklage verstanden, ist der Antrag zu II b) nicht zulässig. Der Kläger kann nicht gleichzeitig auf Erfüllung und Feststellung klagen, daß der Beklagte im Falle der Nichterfüllung zum Schadensersatz verpflichtet ist. Nur ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein.",
"Da der Anspruch des Klägers an dessen Nichterfüllung er seine Schadensersatzforderung knüpft nicht besteht, ist der geltendgemachte Schadensersatzanspruch in jedem Fall auch unbegründet.",
"Mit dem Antrag zu II c) macht der Kläger einen bereits eingetretenen Schaden geltend, ohne diesen zu beziffern. Als Leistungsklage ist ein derartiger Antrag gemäß § 253 II Nr. 2 ZPO nicht zulässig, Als Feststellungsklage ist der Antrag unzulässig, weil der Kläger nicht dartut, inwiefern er einen bereits eingetretenen Schaden nicht beziffern kann.",
"Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, fehlt dem Antrag auch die sachliche Begründung.",
"Der Antrag des Klägers zu II d) hat eine Leistung zum Gegenstand, die zwischen den Prozeßparteien nicht geschuldet sein kann. Es gibt keine Pflicht einer Partei dem Gegner gegenüber, einen bestimmten Beweis zu führen; es gibt nur eine Beweisführungslast. Es geht auch nicht um eine Auskunftserteilung, allenfalls um die Beibringung von Prozeßstoff durch die Beklagte. aus dem der Kläger Rechte herleiten möchte. Die allgemeine Wahrheits- und Aufklärungspflicht der Parteien im Zivilprozeß bedeutet nicht, daß die Partei einen klagbaren Anspruch gegen den Gegner auf eine bestimmte Sachdarstellung hätte.",
"Für den Unterlassungsanspruch (II e)) hat der Kläger, wie das Amtsgericht bereits zutreffend festgestellt hat, nichts dazu vorgetragen, daß eine Wiederholungsgefahr bestünde. Es ist auch keine Rechtsverletzung des Klägers zu erkennen.",
"Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.",
"Streitwert des Berufungsrechtszugs: 1.500,-- DM"
] | {
"law": [
"§ 253 II Nr. 2 ZPO",
"§ 119 BGB",
"§ 22 GWB",
"§ 259 ZPO",
"§ 123 BGB",
"§ 256 ZPO",
"§ 97 ZPO"
],
"case": [
"1 S 12/72",
"3 C 718/71"
]
} |
316,074 | 1 Ss OWi 1437/73 | olgham-1973-12-06-1-ss-owi-143773 | ECLI:DE:OLGHAM:1973:1206.1SS.OWI1437.73.00 | 1973-12-06T00:00:00 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Beschluss | [
"1)",
"Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.",
"2)",
"Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Dortmund zurückverwiesen."
] | [] | [
"Das Rechtsamt der Stadt Dortmund hat gegen den Betroffenen wegen Verstoßes gegen §§ 6 Abs. 2; 8 Abs. 1 Ziff. 3 des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung einen Bußgeldbescheid erlassen und eine Geldbuße von 90,- DM festgesetzt. Es legt ihm zur Last, in Zeitungsanzeigen am 11.3.1972, 15.3.1972 und 1.11.1972 Wohnraum angeboten zu haben, ohne hierbei die Bezeichnung als Wohnungsvermittler und den geforderten Mietpreis einschließlich etwaiger Nebenkosten anzugeben. Auf den Einspruch des Betroffenen hat das Amtsgericht in der Hauptverhandlung am 12.9.1973 das Verfahren hinsichtlich der Inserate vom 11.3. und 15.3.1972 vor der Urteilsverkündung wegen Verjährung eingestellt und den Betroffenen sodann von dem Vorwurf der Ordnungswidrigkeit wegen der Anzeige vom 1.11.1972 freigesprochen.",
"Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hat der Betroffene am 1.11.1972 in der Tageszeitung ... in ... folgende Anzeige einrücken lassen:",
"\"Bungalow, ... 150 qm, sofort zu vermieten durch: ...\".",
"Der Betroffene stehe hinter der in der Anzeige angegebenen Anschrift. Nach Auffassung des Amtsgerichts hat der Betroffene mit diesem Inserat nicht gegen § 6 Abs. 2 Wohnungsvermittlungsgesetz verstoßen. Soweit er nach dieser Bestimmung bei einem Wohnungsangebot durch Zeitungsinserat die Bezeichnung als Wohnungsvermittler anzugeben habe, sei dieser Verpflichtung dadurch Genüge getan, daß er durch die Angabe ... ausreichend darauf hingewiesen habe, als Wohnungsvermittler tätig zu werden. Da ein Mietpreis für die angegebene Wohnung noch nicht bestimmt gewesen sei, weil sie auftragsgemäß zum höchsterzielbaren Mietpreis ausgehandelt werden sollte, habe dies den Betroffenen von der Verpflichtung, den Mietpreis zu benennen, befreite. Der Betroffene wäre sonst in eine Zwangssituation gebracht worden, die sich weder mit seiner kaufmännischen Betätigung noch mit den vom Gesetz eigentlich zu schützenden Interessen der Mieter in Einklang bringen lasse. Er wäre vor die Alternative gestellt gewesen, entweder einen möglichst niedrigen Preis zu benennen, um überhaupt Interessenten zu bekommen oder den Preis so hoch anzusetzen und damit den Interessen seines Auftraggebers entgegen zu können, daß möglicherweise keine oder nur wenig Interessenten kommen würden. Beide Möglichkeiten hätten nicht zu zufriedenstellenden Ergebnissen geführt. Nach dem Gesetzeswortlaut könne davon ausgegangen werden, daß nur der Mietpreis angegeben werden solle, der nach den Vorstellungen des Inserenten bereits feststehe. Da dies hier nicht der Fall gewesen sei, sei in dem Verhalten des Betroffenen eine Ordnungswidrigkeit nicht zu erkennen. Weil der Mietpreis nicht habe angegeben werden können, hätten auch die von diesem als Hauptleistung abhängigen Nebenleistungen nicht mitgeteilt werden können.",
"Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft die Zulassung der Rechtsbeschwerde beantragt und diese auch in zulässiger Weise begründet.",
"Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 80 Abs. 1 OWiG zur Fortbildung des Rechts zuzulassen. Sie ist auch begründet.",
"Da die beanstandete Anzeige von der ... somit einer juristischen Person, aufgegeben ist und diese der eigentliche Normadressat für die Beachtung des § 6 Abs. 2 Wohnungsvermittlungsgesetz ist, läßt das Urteil nicht mit, der erforderlichen Klarheit erkennen, inwieweit der Betroffene für die Anzeige verantwortlich ist. Allein die Feststellungen, daß der Betroffene \"hinter der in dieser Anzeige angegebenen Anschrift steht\", reicht dazu nicht aus. Sie läßt offen, ob der Betroffene z.B. Geschäftsführer oder nur Anteilseigner ist.",
"Nach § 6 Abs. 2 Wohnungsvermittlungsgesetz darf der Wohnungsvermittler öffentlich, insbesondere in Zeitungsanzeigen pp., nur unter Angabe seines Namens und der Bezeichnung als Wohnungsvermittler Wohnraum anbieten ..., bietet er Wohnraum an, so hat er auch den Mietpreis der Wohnräume anzugeben und darauf hinzuweisen, ob Nebenleistungen besonders zu vergüten sind. Gegen diese Bestimmung verstößt die Anzeige teilweise.",
"Dem Amtsgericht ist allerdings zuzugeben, daß es der (genauen wörtlichen) Bezeichnung als Wohnungsvermittler nicht bedarf, wenn in der Anzeige in anderer Weise für jedermann erkennbar deutlich zum Ausdruck kommt, daß das Inserat von einem gewerbsmäßigen Wohnungsvermittler aufgegeben ist und daß diesem Erfordernis in dem beanstandeten Inserat genügt ist. Anbieter ist nach dem Wortlaut des Inserats die ... In dieser Firmenbezeichnung wird ausführlich der Gegenstand der Firma als der eines ... gekennzeichnet. In Verbindung mit dem Hinweis auf die Mitgliedschaft im ... des Inserenten wird seine ... Funktion als Immobilienmakler kenntlich gemacht. Hinzu könnt noch, daß es in dem Inserat heißt: \"zu vermieten durch:\". Insgesamt betrachtet, kommt so die Bezeichnung als Wohnungsvermittler hinreichend zum Ausdruck, so daß der Zweck des Gesetzes in dieser Hinsicht erfüllt ist.",
"Andererseits unterliegt das Urteil jedoch rechtlichen Bedenken, soweit es den Betroffenen, obgleich er als Wohnungsvermittler in einer Zeitungsanzeige Wohnraum anbietet, nicht für verpflichtet hält, gemäß § 6 Abs. 2 des Wohnungsvermittlungsgesetzes den Mietpreis anzugeben und darauf hinzuweisen, ob Nebenkosten besonders zu vergüten sind, weil er den Auftrag gehabt habe, die Wohnung gegen Höchstpreis zu vermieten. Für eine solche Auslegung gibt das Gesetz keinen Anlaß. Es läßt insbesondere keine Einschränkung nach dem Auftrag des Vermieters zu und verlangt schlechthin die Angabe des Mietpreises und den Hinweis, ob Nebenleistungen besonders zu vergüten sind (vgl. auch Bundestagsdrucksache VI/1549, Nr. 24 der Stellungnahme des Bundesrats und Gegenäußerung der Bundesregierung hierzu). Diese Bestimmung dient dem Schutz des potentiellen Mieters, der vor Übervorteilung geschützt werden soll und, ohne mit dem Wohnungsvermittler in näheren Kontakt treten zu müssen, und dann durch ihn beeinflußt zu werden, allein schon auf Grund des in der Anzeige genannten Mietpreises und des Hinweises auf etwaige Nebenleistungen entscheiden können soll, ob das Angebot seinen Vorstellungen entspricht. Wenn der Mietpreis überhaupt nicht abgegeben werden kann, muß der Wohnungsvermittler von einem öffentlichen Angebot durch Zeitungsanzeigen Abstand nehmen. Die Zeitungsanzeige kann daher angesichts der in § 6 Abs. 2 Wohnungsvermittlungsgesetz getroffenen Regelung auch nicht als Mittel zur Mietpreisermittlung benutzt werden, das kann nur außerhalb der in dieser Bestimmung erfaßten Publikationsmöglichkeiten geschehen.",
"Wegen der aufgezeigten Mängel konnte das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Es war aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Dortmund zurückzuverweisen."
] | [] | {
"law": [
"§ 80 Abs. 1 OWiG"
],
"case": []
} |
316,075 | 3 TaBV 22/73 | lagk-1973-11-22-3-tabv-2273 | ECLI:DE:LAGK:1973:1122.3TABV22.73.00 | 1973-11-22T00:00:00 | {
"id": 795,
"name": "Landesarbeitsgericht Köln",
"slug": "lagk",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | Beschluss | [
"Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der am 24. August 1973 verkündete Beschluß des Arbeitsgerichtes Köln - 7 BV 39/73 - abgeändert:",
"Der Antrag wird zurückgewiesen.",
"Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen."
] | [] | [
"I",
"Der Beteiligte Dr. L ist beim Landgericht in Köln als Rechtsanwalt zugelassen, Er schloß am 22.5./8.6.1973 mit der Antragsgegnerin einen schriftlichen Arbeitsvertrag, nach dem er als juristischer Mitarbeiter in die Rechtsabteilung eingestellt wurde. Sein Dienstverhältnis begann am 15.6.1973. Die ersten sechs Monate der Tätigkeit sollten als Probezeit gelten.",
"Unter dem 22.5.1973 gab die Antragsgegnerin dem Antragsteller Kenntnis von der Einstellung des Beteiligten Dr. L. Sie wies dabei auf § Io5 BetrVG 1972 hin. Am 23.5.1973 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, der Personalfragebogen werde nachgereicht. Das geschah am 12.6.1973. Daraufhin erklärte der Antragsteller der Antragsgegnerin unter dem l4.6.1973, bei der Einstellung des Dr. L handele es sich um eine personelle Einzelmaßnahme nach § 99 Abs. l BetrVG 1972, zu der der Betriebsrat zustimmen müsse. Der Streit der Beteiligten geht demnach um die Frage, ob der Beteiligte Dr. L leitender Mitarbeiter nach § 5 Abs. 3 Hr. 3 BetrVG 1972 ist.",
"Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, Mitarbeiter in der Rechtsabteilung der Antragsgegnerin seien nicht schlechthin leitende Angestellte nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG 1972. Die Antragsgegnerin könne wohl nicht behaupten wollen, ein soeben von ihr in die Rechtsabteilung eingestellter Arbeitnehmer berate sie in Grundsatzentscheidungen der Organisation, Planung und Investition. Es werde zudem entschieden bestritten, daß der Beteiligte nach Dienststellung und Dienstvertrag im wesentlichen eigenverantwortlich Aufgaben wahrnehme, die ihm regelmäßig wegen deren besonderer Bedeutung für den Bestand und die Entwicklung des Betriebes übertragen zu werden pflegten.",
"Damit stehe aber fest, daß es sich beim Beteiligten Dr. L nicht um einen leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 BetrVG handele. Die Antragsgegnerin sei also verpflichtet gewesen, den Antragsteller bei der Einstellung hinzuzuziehen und seine Zustimmung einzuholen. Dagegen habe sie bewußt verstoßen, so daß die Einstellung unwirksam sei und aufgehoben werden müsse,",
"Der Antragsteller hat daher beantragt,",
"gemäß § Io2 BetrVG die Einstellung des juristischen Mitarbeiters Dr. L aufzuheben.",
"Die Antragsgegnerin hat beantragt,",
"den Antrag zurückzuweisen.",
"Sie hat die Meinung vertreten, der Beteiligte Dr. L sei leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG 1972. Die Zustimmung des Betriebsrates zu seiner Einstellung nach § 99 Abs. l BetrVG sei daher nicht erforderlich gewesen.",
"Einmal habe Dr. L die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse, die nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG 1972 vorausgesetzt würden. Es sei auch nicht zweifelhaft, daß die Tätigkeit eines juristischen Mitarbeiters in der Rechtsabteilung eines großen Luftverkehrsunternehmens eine Aufgabe darstelle, die für den Bestand und die Entwicklung dieses Betriebes von besonderer Bedeutung sei. Dr. L übe auch eine im wesentlichen eigenverantwortliche Tätigkeit aus. Er müsse sich als Jurist seine eigene Auffassung erarbeiten, zu Sach- und Rechtsfragen abschließend Stellung nehmen, Vorschläge und Maßnahmen in eigener Verantwortung ergreifen, ohne auf einen anderen Mitarbeiter, der ihm diese Verantwortung abnehmen könne, auszuweichen. Im Verfahren könne Dr. L die Antragsgegnerin in unbeschränkter Höhe durch Anerkenntnis und Vergleich verpflichten.",
"Im Einzelfalle habe er bis zu DM 5.ooo,— alleinige Entscheidungsbefugnis.",
"Nach Anhörung der Beteiligten hat das Arbeitsgericht mit seinem Beschluß vom 24.8.1973 nach dem Antrag erkannt und der Antragsgegnerin aufgegeben, die Einstellung des juristischen Mitarbeiters Dr. L aufzuheben.",
"In den Entscheidungsgründen des Beschlusses wird diese Entscheidung darauf gestützt, daß Dr. L nicht zum Kreise der leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 Kr. 3 BetrVG 1972 gehöre, zu seiner wirksamen Einstellung also die Zustimmung des Betriebsrates nach § 99 Abs. l BetrVG 1972 unerläßlich gewesen sei. Dr. L nehme nämlich nach Dienststellung und Dienstvertrag nicht eigenverantwortlich Aufgaben wahr, die den Tatbestandsmerkmalen des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG entsprächen. Seine Aufgaben seien zunächst nicht solche, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens von großer Wichtigkeit und Bedeutung seien. Auch der Aufgabenkreis, der Dr. L übertragen sei, lasse nicht erkennen, daß er zu der übrigen Arbeitnehmerschaft so weitgehend in einem Interessengegensatz stehe, daß eine gemeinsame Interessenwahrnehrnung nicht mehr möglich sei.",
"Wegen des weiteren Inhaltes des angefochtenen Beschlusses wird auf Blatt 26 bis 33 d.A. verwiesen.",
"Gegen den am 25.9.1973 zugestellten Beschluß hat die Antragsgegnerin am 9.1o.1973 Beschwerde eingelegt, die gleichzeitig begründet wurde.",
"Die Antragsgegnerin meint, die vorn Arbeitsgericht vertretene Auffassung sei nicht haltbar. Die Zuordnung von Dr. L zur Rechtsabteilung als juristischer Mitarbeiter bringe ihn in einen Personenkreis, der dem Vorstand der Antragsgegnerin für unternehmenswesentliche Entscheidungen die entsprechenden Grundlagen liefern müsse. Diese Grundlagen müßten auf wissenschaftlicher Grundlage erarbeitet werden. Es genüge daher für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 5 Abs„ 3 Nr. 3 BetrVG 1972, wenn der Beteiligte Dr. L",
"der Unternehmensführung als Berater eine wesentliche Entscheidungshilfe biete. Das aber tue er. Hinzu komme, daß Dr. L als Mitarbeiter in der Rechtsabteilung mit der aktuellen Interessenvertretung des Unternehmens befaßt sei und tagtäglich sich bei seiner Arbeit mit den Interessen des Unternehmens zu identifizieren habe. Gerade die dem Beteiligten übertragenen Gebiete EWG-Recht und Kartellrecht brächten ihn in eine Position, bei der seine rechtlichen Vorarbeiten die Geschäftspolitik der Antragsgegnerin weitreichend und erheblich beeinflussen würden. Eine solide und zuverlässige Rechtsberatung auf diesen Rechtsgebieten sei für die Antragsgegnerin unumgänglich und von ausschlaggebender Notwendigkeit. Daß der Beteiligte die Antragsgegnerin in Prozessen verpflichten könne, sei außer Streit. Daß im Innenverhältnis diese Befugnis auf DM 5.000,— beschränkt sei, besage nichts für seine Stellung als leitender Angestellter. Im übrigen sei Dr. L auch für arbeitsrechtliche Streitigkeiten zuständig, außer Kündigungsschutzverfahren, so daß er hier aufs Schärfste in einen Interessengegensatz zur Arbeitnehmerschaft und den Betriebsrat kommen könne.",
"Das rechtfertige seine Stellung als leitender Angestellter. Damit entfalle aber die Unterrichtungspflicht und das Zustimmungsrecht des Betriebsrates nach § 99 Abs. l BetrVG 1972.",
"Die Antragsgegnerin beantragt,",
"unter Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses den Antragsteller mit seinem Antrag abzuweisen.",
"Der Antragsteller beantragt,",
"die Beschwerde zurückzuweisen.",
"Er halt die mit der Beschwerde vorgetragenen Gründe nicht für geeignet, die zutreffende Auffassung des Arbeitsgerichts zum Begriff des leitenden Angestellten",
"nach § 5 Abs„ 3 Nr. 3 BetrVG 1972, der hier allein im Streit sei, zu erschüttern. Der Beteiligte Dr. L könne im übrigen schon deswegen kein leitender Angestellter sein, weil er dem Referatsleiter Dr. V in allen Sachen Vortrag halten müsse, der dann entscheide, welche seiner Arbeitsergebnisse an das Hauptreferat Recht und Sicherheit weitergegeben würden. Auch einen Eingriff durch die Arbeit des Dr. L in das Spannungsverhältnis Betriebsrat- Arbeitgeber scheide aus. In Wirklichkeit führe Dr. L nur aus, was der Arbeitgeber bereits entschieden habe. Dr. L habe nicht einmal die Möglichkeit, den Vorstand der Antragsgegnerin in Grundsatzentscheidungen zu beraten.",
"Eine Anhörung der Beteiligten in der Beschwerdeinstanz ist erfolgt.",
"Wegen ihres Ergebnisses wird auf Blatt 5 4- d.A. verwiesen.",
"Hinsichtlich des weiteren Vertrages der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitig gewechselten Schriftsätze mit ihren Anlagen Bezug genommen.",
"II",
"Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist statthaft (§ 87 Abs. l ArbGG). Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, also zulässig (§ 89 ArbGG). In der Sache mußte sie Erfolg haben.",
"Der Beteiligte Dr. L ist leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 Nr 3 BetrVG 1972, so daß die Antragsgegnerin mit ihrer Unterrichtung über die Einstellung des Beteiligten nach § Io5 BetrVG ihrer insoweit bestehenden betriebsverfassungsrechtlichen Verpflichtung genügt hat. Die Anwendung des § 99 Abs. l BetrVG 1972 scheidet demnach aus, so daß auch der Antrag des Antragstellers als unbegründet zurückzuweisen war.",
"1. Das Beschwerdegericht hat eine abgesonderte Verhandlung über die Eigenschaft des Beteiligten Dr. L angeordnet.",
"Die Frage, ob eine solche abgesonderte Verhandlung in der Beschwerdeinstanz des Beschlußverfahrens überhaupt zulässig ist, läßt sich in eindeutiger Weise aus dem Arbeitsgerichtsgesetz nicht entnehmen. Jedoch ergibt sich aus § 87 Abs. 2 ArbGG, daß für das Beschwerdeverfahren die für das Berufungsverfahren maßgebenden Vorschriften über die Verhandlung vor der Kammer gelten. Damit verweist der § 87 Abs. 2 ArbGG auf § 523 ZPO, also sind danach die im ersten Rechtszug vor den Landgerichten geltenden Verfahrensvorschriften zumindest in so weit anwendbar, als sich aus dem Arbeitsgerichtsgesetz und den Vorschriften der §§ 523 ff ZPO nichts anderes ergibt. Damit muß aber auch im Beschwerdeverfahren nach § 87 ArbGG die Möglichkeit bestehen, über Zwischenstreite im Sinne des § 3o3 ZPO abgesondert zu verhandeln und zu entscheiden. Diese Zwischenentscheidung über den Streit, ob der Beteiligte Dr. L leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG 1972 ist oder nicht, bietet sich im übrigen bei den Rechtsfolgen, die mit einer sofortigen Entscheidung über die Beschwerde eintreten könnten an. Das Bundesarbeitsgericht ist in seiner Entscheidung l ABR 13/72 vom 6.4.1973 (in BB 1973, 941) einen ähnlichen Weg gegangen, um Rechtsnachteile von den dort betroffenen Arbeitnehmern abzuwenden (Seite 12/13 der Entscheidungsgründe). Es hat im Verfahren der Rechtsbeschwerdeinstanz den § 538 Abs. l Nr. 3 ZPO analog angewendet, obwohl nach § 96 Abs0 l Satz 2 ArbGG eine Zurückverweisung ausgeschlossen ist.",
"Hier in diesem Verfahren geht es bei dem gestellten Antrag darum, ob die Antragsgegnerin den Beteiligten Dr. L nach rechtskräftigem Abschluß dieses Verfahrens noch weiterbeschäftigen darf.",
"Würde rechtskräftig festgestellt, daß der Antrag in der gestellten Form begründet ist, müßte die Antragsgegnerin das dann bis dahin bestehende faktische Arbeitsverhältnis zum Beteiligten nach § loo Abs. 3 Satz 2 BetrVG beenden; denn die Zustimmung des Betriebsrates zur Einstellung des Beteiligten nach § 99 Abs. l BetrVG wäre Wirksamkeitsvoraussetzung für den Abschluß eines Arbeitsvertrages mit ihm gewesen. Diese fehlt; denn die Antragsgegnerin glaubt ihrer nicht zu bedürfen und ist nach § Io5 BetrVG 1972 vorgegangen.",
"Es bleibt jedoch zu erwarten, daß die Antragsgegnerin das Zustimmungsverfahren ordnungsgemäß abwickeln würde, wenn in diesem Zwischenstreit die Eigenschaft des Beteiligten als leitender Angestellter verneint würde. Ein dann feststehender Verstoß der Antragsgegnerin gegen § 99 Abs. l BetrVG könnte unter diesen Umständen nicht als ein Gesetzesverstoß im Sinne des § 99 Abs. l Nr. l BetrVG 1972 angesehen werden; denn die Antragsgegnerin wollte sich - wie ihr Verhalten zeigt - im Rahmen des Gesetzes bei der Einstellung des Beteiligten bewegen. Deswegen klärt dieser Zwischenstreit die zwischen den Parteien aufgetretene betriebsverfassungsrechtliche Streitfrage,",
"Die Entscheidung über den Zwischenstreit muß in analoger Anwendung der Grundsätze des § 275 ZPO erfolgen. Würde festgestellt, daß der Beteiligte keine leitender Angestellter ist, so müßte der erstinstanzliche Beschluß aufgehoben und das Verfahren in die erste Instanz zurückverwiesen werden. Ergibt sich seine Eigenschaft als leitender Angestellter, so ist zur Sache zu entscheiden und unter Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses der Antrag zurückzuverweisen.",
"2. Der Beteiligte Dr. L ist leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 5 Nr. 5 BetrVG 1972. a) Die Kammer geht nach der Anhörung der Beteiligten von folgendem Sachverhalt aus, der ihrer Entscheidung zugrunde liegt:",
"Die Rechtsreferate der Antragsgegnerin sind wie folgt in ihre Organisation eingegliedert: Zuständiges Vorstandsmitglied für die Rechtsreferate ist der Vorstandsvorsitzende Dr. C . Zwischen diesen. Vorstandsvorsitzenden und das Hauptreferat Recht und Sicherheit ist die Direktion \"Zentralbüros\" zwischengeschaltet, unter dieser Direktion. \"Zentralbüros\" arbeitet das Hauptreferat Recht und Sicherheit mit dem Hauptreferatsleiter H . Diesem Hauptreferat Recht und Sicherheit sind organisatorisch als Referate zugeordnet; das Rechtsreferat l, in dem der Beteiligte Dr. L beschäftigt wird und das Rechtsreferat 2./Primus inter pares im Rechtsreferat l ist der Angestellte Dr. V .Die einzelnen Aufgabengebiete innerhalb der Rechtsreferate sind nach Sachgebiete; den einzelnen dort tätigen Angestellten zugewiesen. Bis auf den Herrn H sind alle dort tätigen Beschäftigte zugelassene Rechtsanwälte. Der Beteiligte Dr. L ist nach dieser Aufteilung der Arbeitsgebiete innerhalb des Rechtsreferates l zuständig für Fragen des EWG-Rechtes, des Kartellrechtes im Luftverkehr, für Betriebsunfälle, Darlehensverträge und Werkswohnungen, für Personalversicherungen, für Abfertigungsverträge und für Kaufverträge (ausgenommen Flugzeugkaufverträge und Kaufverträge für Flugzeugzubehör und technischer Einkauf",
"Es trifft nicht zu, daß der Beteiligte Dr. L bei der Bearbeitung dieses Sachgebietes von den Entscheidungen des Angestellten Dr. V abhängig ist, diesem Vortrag zu halten hat und nur Dr V Entscheidungen trifft. Der Beteiligte hat bei seiner Anhörung klar dargestellt, daß er bei seinen Entscheidungen völlig frei ist. Er allein ist für eine sachgerechte Bearbeitung seiner Aufgabengebiete ausschließlich zuständig. Ergebnisse seiner Arbeiten werden weder von Herrn Dr. V noch von einem anderen Mitarbeiter des Rechtsreferates überprüft, bevor sie an den Vorstand oder die anderen vorliegenden Abteilungen weitergegeben werden.",
"Auf dem Gebiete der Rechtsberatung arbeitet Dr. L selbständig. Er entscheidet darüber, ob Kaufverträge, die ihm vorgelegt werden, juristisch einwandfrei sind und abgeschlossen werden können. Sein positives Votum für den Abschluß von Kaufverträgen ist endgültig und bedarf keiner nochmaligen Prüfung durch einen anderen Mitarbeiter. Diese selbständige Entscheidungsbefugnis steht dem Beteiligten auch in den sogenannten \"Abfertigungsverträgen\" zu. Hier geht es um die Bodendienstleistungen der Antragsgegnerin in der ganzen Welt, also z.B. die Bordverpflegung, die Wartungs- und Betankungsverträge der Antragsgegnerin.",
"Der Aufgabenkreis des Beteiligten umfaßt die Beratung des Vorstandes und der anderen Referate der Antragsgegnerin in den bereits genannten Fragen: EWG-Recht -Kartellrecht im Luftverkehr-Betriebsunfälle-Darlehensverträge und Werkswohnungen-Personalversicherungen-Abfertigungsverträge-Kaufverträge. Diese umfassenden Aufgabengebiet bearbeitet er auch bei der gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung der Antragsgegnerin. Er muß sich zwar bei Rechtstreitigkeiten, die den landgerichtlichen Streitwert erreichen, eines am Sitze des betreffenden Landgerichts zugelassenen Rechtsanwaltes bedienen. Dennoch leistet er die Vorarbeiten für diese zivilgerichtlichen Verfahren und hält den Gang der Prozesse in seiner Hand.",
"Führt er Prozesse selbst, ist er in der Lage, die Antragsgegnerin durch Anerkenntnisse und Vergleiche zu verpflichten. Im Innenverhältnis ist seine Befugnis, die Antragsgegnerin zu verpflichten, auf DM 5.ooo,— beschränkt.",
"b) Dieser Aufgabenbereich erfüllt die Voraussetzungen für die Einordnung des Beteiligten Dr. L in den Kreis der leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 Nr.3 BetrVG.",
"aa) Daß der Beteiligte Dr. L aus der Rechtsabteilung in absehbarer Zeit ausscheidet, hat für die Entscheidung in diesem Verfahren keinen Einfluß. Die Entscheidung wirkt nämlich auf den Zeitpunkt der Einstellung zurück. Auch wenn Dr. L aus der Rechtsabteilung ausscheidet und in eine andere Abteilung überwechseln würde, stellt sich die hier streitige Frage nach der Beteiligung und Zustimmung des Betriebsrates nach § 99 Abs. l BetrVG 1972. Im übrigen steht offensichtlich nur die Tatsache des Ausscheidens aus dem Rechtsreferat, nicht der Zeitpunkt fest, so daß das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers an der begehrten Entscheidung nicht streitig sein kann.",
"bb) Für den Begriff des \"leitenden Angestellten\" nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG 1972 kommt es nach der bisher vorliegenden Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte nach dem Inkrafttreten des BetrVG 1972 (LAG Düsseldorf / Köln in EzA § 5 BetrVG 1972, Entscheidung Nr. 3 = DB 1973, 576; LAG Hamm in DB 1973, 2353 Kauf folgende Voraussetzungen an:",
"-Der betreffende Arbeitnehmer muß leitender Angestellter im Sinne der Verkehrsanschauung sein.",
"-Der betreffende Angestellte muß für das Unternehmen bedeutsame Aufgaben wahrnehmen, die im Rahmen der arbeitsvertraglich, herausragenden Stellung ausgeübt werden,",
"für den Bestand und die Entwicklung des Betriebes wesentliche Bedeutung haben und",
"aus diesen Gründen ihm regelmäßig mit Rücksicht auf seine besonderen Erfahrungen und Kenntnisse übertragen werden.",
"-Die Stellung des leitenden Angestellten muß durch im wesentlichen eigenverantwortliche Arbeitsweise geprägt sein.",
"-Seine Stellung muߠ zudem eine Identifikation mit den Interessen des Arbeitgebers erkennen lassen und einen Gegnerbezug zum Betriebsrat ausweisen,,",
"Dieser Gegnerbezug kann - wie das LAG Köln in der bereits genannten Entscheidung festgestellt hat - entweder direkt, aber auch indirekt sein. Von einem direkten Gegnerbezug wird man zu sprechen haben, wenn der leitende Angestellte personelle Leitungsfunktionen und eine Vorgesetztenstellung innehat. Ein indirekter Gegnerbezug liegt dann vor, wenn sich der Angestellte durch seine Beratungsfunktionen und seine der Unternehmensleitung gebotenen Entscheidungshilfen mit den Unternehmenszielen und Unternehmenszwecken identifizieren muß. Mit Recht hat das LAG Köln es in seiner rechtskräftigen Entscheidung vom 14.11.1972 darauf abgestellt, daß ein Angestellter, der das Unternehmen in Grundsatzentscheidungen der Organisation, Planung und Investition berät, damit der Unternehmer Grundsatzentscheidungen überhaupt zu fällen in der Lage ist, zu den leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG 1972 gezählt werden müsse. Diese strikte Unterscheidung zwischen direktem und indirektem Gegnerbezug nimmt auch das LAG Hamm in seinem bereits genannten Beschluß auf (DB 1973,2354). Sein Hinweis auf die Entscheidung des LAG Köln beweist im übrigen, daß es von den Grundsätzen, die dieses Gericht vertreten hat, nicht abweichen möchte, sondern diese mit seiner Entscheidung weiter ausbauen und ergänzen will.",
"Diese von der Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien eines leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 Nr.3 BEtrVG 1972 von einem Angestellten nach § 5 Abs. l BetrVG sind auch für die betriebliche Praxis brauchbare Entscheidungshilfen bei der unklaren Fassung des § 5 Abs. 3 Hr. 3 BetrVG 1972. Sie müssen daher auch in diesem Verfahren zur Anwendung kommen.",
"cc) Eine Bewertung der Tätigkeit des Beteiligten",
"Dr. L… unter diesen Gesichtspunkten ergibt, daß er",
"leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG ist.",
"Dr. L ist zunächst nach der Verkehrsanschuung ein \"leitender Angestellter\". Er ist kein \"einfacher\" Angestellter, der Routinearbeiten für seinen Arbeitgeber macht. Er hat selbständig als Syndikusanwalt7 also als ein anerkanntes Organ der Rechtspflege - bestimmte Aufgaben, die sich mit der juristischen Beratung und der Durchführung von Rechtsstreitigkeiten befassen, für die Antragsgegnerin zu erledigen. Er ist aus der Masse der Angestellten der Antragsgegnerin durch diese Aufgabenzuweisung herausgehoben und damit als ein \"leitender Angestellter\" gekennzeichnet, was sich auch in der Höhe der gewährten Vergütung ausdrückt.",
"Dr. L nimmt auch Aufgaben wahr, die für den Bestand und die Entwicklung der Antragsgegnerin wesentliche Bedeutung haben und die ihm nur mit Rücksicht auf seine besonderen Kenntnisse und Erfahrungen übertragen worden sind. Es bedarf keiner weiteren Erwägung, daß der Beteiligte nur aufgrund seiner besonderen Erfahrungen vor allem auf dem Gebiete des Kartell- und EWG-Rechtes den ihm zugewiesenen Aufgabenbereich übertragen bekommen hat. Er ist innerhalb des Unternehmens für diese beiden Rechtsgebiete der Spezialist, der das Unternehmen hierin berät und seine Entscheidungen präjudiziert. Daß vor allein Entscheidungen in diesen beiden Rechtsgebieten den Bestand und die Entwicklung der Antragsgegnerin beeinflussen kann, steht außer Zweifel. Gerade auf dem Gebiete des Kartell- und des EWG-Rechtes bedarf ein Unternehmen, das die Grenzen der BR Deutschland überschreitet, einer zuverlässigen und sorgfältigen Beratung.",
"Dr. L arbeitet im w e s e n t l i c h e n eigenverantwortlich. Das hat die Anhörung der Beteiligten in diesem Verfahren zur Überzeugung des Gerichts ergeben. Der Beteiligte ist Syndikusanwalt. Nach dieser seiner Stellung ist er bereits verpflichtet, eigenverantwortlich seine",
"Aufgaben als Anwalt in die Dienste des Unternehmens zu stellen. Daß er dabei nicht letztverantwortlich für alle von ihm zu treffenden Entscheidungen ist, hat für seine Stellung als leitender Angestellter keine Bedeutung. Das Gesetz selbst spricht in § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG 1972 nicht von einer letztlich völlig eigenverantwortlichen Tätigkeit, sondern einer im wesentlichen eigenverantwortlichen. Tätigkeit. Das, was der leitende Angestellte erarbeitet, muß seine e i g e n e, von keinem anderen zu überprüfende Arbeit sein. In diesem Sinne arbeitet jedoch der Beteiligte Dr. L eigenverantwortlich (so auch Dietz-Richardi, BetrVG 1972 § 5 Anm.l2o).",
"Schließlich muß auch ein Gegnerbezug zum Betriebsrat bestehen. Der Beteiligte Dr. L muß sich bei seiner eigenverantwortlichen Arbeit so sehr mit den Interessen der Antragsgegnerin identifiziert haben, daß er in ganz betontem Sinne eben Vertreter der Antragsgegnerin ist. Hierzu ist festzustellen, daß er in diesen Interessengegensatz zum Betriebsrat schon direkt kommen muß bei der eigenverantwortlichen Bearbeitung von Betriebsunfällen, von Darlehensverträgen und Werkswohnungen, aber auch von Personalversicherungen. Innerhalb dieser Bereiche sind die Interessen der Antragsgegnerin mit denen des Betriebsrates schon vom Zweck der zu treffenden Feststellungen und Regelungen nicht identisch. Aber auch ein indirekter Gegnerbezug wird anzunehmen sein bei den anderen Arbeitsbereichen, die dem Beteiligten zugewiesen sind. Bei seiner Beratung in Fragen des EWG- und Kartellrechtes, der Abfertigungs- und Kaufverträge identifiziert er sich so sehr mit den Interessen und Belangen der Antragsgegnerin, daß damit seine Eigenschaft als leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG 1972 bejaht werden muß.",
"Ist aber der Beteiligte Dr. L leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG 1972, dann hat die Antragsstellerin zu Recht den Betriebsrat nur von der beabsichtigten Einstellung des Beteiligten nach § Io5 BetrVG 1972 unterrichtet. Ein Zustimmungsrecht nach § 99 Abs. l BetrVG",
"1972 besteht demnach nicht, so daß der gestellte Antrag keinen Erfolg haben konnte.",
"Unter Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses war daher der Antrag des Antragstellers als unbegründet zurückzuweisen.",
"Die Rechtsbeschwerde war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage, welche Abgrenzungsmerkmale für den leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BEtrVG 1972 von Belang sind, zuzulassen."
] | [] | {
"law": [
"§ 99 Abs. l BetrVG",
"§ 89 ArbGG",
"§ 5 Abs. 3 Nr 3 BetrVG",
"§ 538 Abs. l Nr. 3 ZPO",
"§ 5 Abs. 5 Nr. 5 BetrVG",
"§ 275 ZPO",
"§ 5 Abs. 3 BetrVG",
"§ 87 Abs. l ArbGG",
"§ 523 ZPO",
"§ 5 BetrVG",
"§ 5 Abs. 3 Nr.3 BEtrVG",
"§ 5 Abs. 3 Nr.3 BetrVG",
"§ 87 Abs. 2 ArbGG",
"§ 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG",
"§ 87 ArbGG",
"§§ 523 ff ZPO",
"§ 5 Abs. 3 Nr. 3 BEtrVG",
"§ 96 Abs0 l Satz 2 ArbGG",
"§ 99 Abs. l Nr. l BetrVG",
"§ 5 Abs. l BetrVG"
],
"case": [
"7 BV 39/73"
]
} |
316,076 | 8 O 53/73 | lg-duisburg-1973-03-29-8-o-5373 | ECLI:DE:LGDU:1973:0329.8O53.73.00 | 1973-03-29T00:00:00 | {
"id": 807,
"name": "Landgericht Duisburg",
"slug": "lg-duisburg",
"city": "Duisburg",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | Urteil | [
"Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.",
"Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.",
"T a t b e s t a n d und E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :",
"Der Kläger hat gegen die Beklagten Klage auf Beseitigung eines Rohrmattenzaunes an der gemeinsamen Grenze ihrer Grundstücke erhoben; im Laufe des Verfahrens hat er mit Zustimmung der Beklagten seine Klage zurückgenommen.",
"Die Beklagten haben widerklagend die Feststellung begehrt, dass sie berechtigt seien, an der Grenze entlang einen Sicht- und Einwirkungsschutz aus Rohrmattengeflecht oder ähnlichem Material zu errichten. Den Widerklageantrag hat der Kläger im Verhandlungstermin vom 15. März 1973 unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt. Es ist daraufhin ein entsprechendes Anerkenntnisurteil ergangen.",
"Nunmehr streiten die Parteien über die Kostentragungspflicht.",
"Sie beantragen wechselseitig,",
"sich die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.",
"Die Kosten des Rechtsstreits waren dem Kläger aufzuerlegen.",
"Soweit durch seine Klage Kosten entstanden sind, hat er sie gemäß § 271 Abs. 3 ZPO zu tragen.",
"Soweit die Kosten auf die Widerklage entfallen, hat der Kläger sie gemäß §§ 91, 91 a entsprechend, 93 ZPO zu tragen. Er hat nämlich zur Erhebung der Widerklage Veranlassung gegeben. Denn es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Rohrmattenzaun, auf dessen Beseitigung der Kläger geklagt hatte, Ende November 1972 bereits infolge der Einwirkung eines Sturmes nicht mehr vorhanden war. Gleichwohl hat der Kläger seine auf Beseitigung gerichtete Klage aufrechterhalten. Die Beklagten mussten daher, da der Kläger die Hauptsache nicht für erledigt erklärte, damit rechnen, dass eine Entscheidung über den Klageantrag erging, die zu der Frage, ob die Beklagten zur Errichtung und Unterhaltung des Rohrmattenzaunes berechtigt waren, deshalb keine Stellung nehmen konnte, weil der Gegenstand, dessen Beseitigung gefordert wurde, ohnehin nicht mehr vorhanden war. Eine Klärung der Streitfrage konnte mithin nur durch die von den Beklagten erhobene Feststellungswiderklage erreicht werden. Damit liegen die Voraussetzungen des § 93 ZPO nicht vor. Dem Kläger waren als dem Unterliegenden die Kosten des Rechtsstreits somit insgesamt aufzuerlegen.",
"Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Nr. 4 ZPO."
] | [] | [] | [] | {
"law": [
"§ 93 ZPO",
"§§ 91, 91 a entsprechend, 93 ZPO",
"§ 709 Nr. 4 ZPO",
"§ 271 Abs. 3 ZPO"
],
"case": []
} |
316,077 | 2 A 905/69 | ovgnrw-1972-11-27-2-a-90569 | ECLI:DE:OVGNRW:1972:1127.2A905.69.00 | 1972-11-27T00:00:00 | {
"id": 823,
"name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen",
"slug": "ovgnrw",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | Urteil | [
"Die Berufung wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.",
"Die Revision wird nicht zugelassen."
] | [
"Die Klägerin betreibt in Exxx die Zeche \"Kxxx \"; sämtliche Abwässer (einschließlich des Grubenwassers), die auf diesem Betriebsgrundstück anfallen, werden in den EExxx Bach eingeleitet, der früher SExxx Bach hieß.",
"Wegen der Entwässerung dieses Betriebsgrundstücks zog der Beklagte die Klägerin für das Rechnungsjahr 1968 zu Entwässerungsgebühren heran. Mit ihrer hiergegen erhobenen Anfechtungsklage macht die Klägerin geltend, der EExxx Bach sei kein Bestandteil der Entwässerungsanlage der Stadt Exxx, sondern ein oberirdisches Gewässer (natürlicher Wasserlauf), in das sie ihre Abwässer auf Grund einer ihr vom Oberbergamt eingeräumten wasserrechtlichen Erlaubnis einleiten dürfe, ohne daß der Beklagte sie hierfür zu Entwässerungsgebühren heranziehen könne. Demgegenüber ist der Beklagte der Ansicht, daß der EExxx Bach infolge völliger Umgestaltung, insbesondere Verrohrung, seine Eigenschaft als natürlicher Wasserlauf verloren habe und zu einem Bestandteil der städtischen Entwässerungsanlage geworden sei. Selbst wenn es sich bei dem EExxx Bach noch um einen natürlichen Wasserlauf handele, sei er, so meint der Beklagte, gleichzeitig Bestandteil der städtischen Entwässerungsanlage, und die Gebührenheranziehung sei dann aus diesem Grund gerechtfertigt.",
"Der Exxx Bach hat seinen Ursprung aus drei Quellzuflüssen, die im Lageplan (Bl. 67 der Gerichtsakten, Anlage Nr. 6) mit Nr. 1, 3 und 4 bezeichnet sind. Das Quellgebiet liegt in den früher teilweise selbständigen, inzwischen aber in die Stadt Exxx eingemeindeten Ortsteilen xxx, xxx und xxx . Ursprünglich verlief der Exxx Bach in seinem Unterlauf durch die Innenstadt von xxx und mündete anschließend in die xxx .",
"Ein im Jahre 1928 aufgestellter Regulierungsplan (Blatt 317 der Gerichtsakten, Anlage I Nr. 5) führte in der Folgezeit zu einer völligen Verlegung des Unterlaufs des Exxx Baches. Dieser wurde aus der Innenstadt von Sxxx herausgenommen und von der im Norden von Sxxx befindlichen Straße Hxxx (Haus Nr. xxx ), die an dieser Stelle an die Straße Rxxx angrenzt, in südlicher Richtung unterirdisch durch Bergwerksstollen bis zur Mündung in die xxx geleitet. Die Strecke oberhalb des Grundstücks Hxxx Nr. xxx/Dxxx wurde in den Jahren 1951 bis 1956 verrohrt und erhielt teilweise eine andere Streckenführung als das frühere Bachbett. Vorher war diese Strecke zum Zwecke der Abwasserableitung in einem offenen Profil mit Sohlenschalen ausgebaut gewesen. Gelegentlich der Verrohrung wurde neben das Bett des Exxx Baches und seiner Zuflüsse eine zusätzliche Abwassersammelleitung verlegt, die jedoch an ihrem Beginn und Ende mit dem Exxx Bach verbunden blieb. Auf diese Weise wird das aus dem Quellgebiet (vgl. Lageplan Bl. 67 der Gerichtsakten) durch Teiche in drei offenen Betten abfließende Quellwasser nunmehr einer bis zur Mündung in die Rxxx völlig verrohrten Wasserführung zugeleitet.",
"Die auf dem Grundstück der Klägerin (Zeche Kxxx) anfallenden Abwässer werden an der im Lageplan (Bl. 67 der Gerichtsakten) mit A gekennzeichneten Stelle, die zwischen zwei Quellzuflüssen liegt (im Lageplan mit Nr. 1 und 3 bezeichnet) in den an dieser Stelle inzwischen verrohrten Exxx Bach eingeleitet und von dort aus einer vor der Einmündung in die Rxxx gelegenen und vom Rxxxverband betriebenen Kläranlage zugeführt. Für die Reinigung der Abwässer in dieser Kläranlage wird die Klägerin vom Rxxxverband zu Genossenschaftsbeiträgen herangezogen, die für die Zeche Kxxx in dem dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Zeitraum 44.720,-- DM betragen haben.",
"Neben der Ableitung der Abwässer aus dem Zechenbetrieb der Klägerin nimmt der Exxx Bach gemeindliche Abwässer aus Stadtteilen der Stadt Exxx auf, die an ihn angrenzen. Die Abwässer der bis zum Jahre 1929 selbständigen Stadt Sxxx wurden schon vor 1920 (nach dem Vorbringen des Beklagten seit 1912) in den Exxx Bach eingeleitet. Danach erfolgte die Anschließung der Siedlungsgebiete am Oberlauf des Exxx Baches. Hierbei handelt es sich nach dem Vorbringen des Beklagen um den in den Jahren 1920/21 erfolgten Anschluß des Siedlungsgebietes Fxxx, sowie um den im Jahre 1934/35 vorgenommenen Anschluß des Ortsteils Fxxx Hxxx. Das Siedlungsgebiet \"Zxxx Gxxx\" wurde ab 1954, die Parksiedlung Hxxx wurde im Jahre 1958 und das Wohngebiet Lxxx/Mxxx wurde im Jahre 1964 mit seinen Abwasserleitungen an den Exxx Bach angeschlossen.",
"Bis zum Jahre 1957 war der Exxx Bach gemäß § 4 des preußischen Wassergesetzes vom 7.April 1913 (PrGS 53) - PrWG - im Wasserlaufverzeichnis als natürlicher Wasserlauf zweiter Ordnung eingetragen und zwar vom Grundstück Hxxx Nr. xxx (Mühle Dxxx ) bis zur Mündung in die Rxxx . Die Ufergrundstücke des Exxx Baches stehen verschiedenen Eigentümern zu; neben natürlichen Personen sind u.a. die Stadt Exxx, die Dxxx, Bxxx und die Klägerin Eigentümer.",
"Nach einer im Jahre 1929 auf Grund der §§ 186 bis 188 PrWG erfolgten Eintragung im Wasserbuch des Sxxx Baches stand der Rechtsvorgängerin der Klägerin gemäß § 379 Abs. 2, 4 a PrWG das Recht zu, Grubenabwässer sowie die Wasch- und Kohlenwäscheabwässer der Zeche Kxxx nach vorangegangener Klärung in einer jährlichen Durchschnittsmenge von 75.000 cbm in den Sxxx Bach einzuleiten.",
"Auf Grund der §§ 2 und 7 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushaltes vom 27. Juli 1957, BGBl. I 1110, in Kraft getreten am 1. März 1960 (WHG), wurde der Klägerin vom Oberbergamt in Dxxx als der gemäß § 14 Abs. 2 WHG zuständigen Behörde durch Bescheid vom 17. Mai 1962 die wasserrechtliche Erlaubnis erteilt, ihre auf der Zeche Kxxx anfallenden Grubenabwässer sowie Wasch- und Kohlenwäscheabwässer in einer Menge bis zu 3.150.000 cbm pro Jahr in den Exxx Bach (Sxxx Bach) einzuleiten. Diese Erlaubnis enthält Bedingungen, die qualitative und quantitative Anforderungen an die Abwassereinleitung stellen.",
"Im Jahre 1920 hatte der auf Grund des Ruhrreinhaltungsgesetzes vom 5. Juni 1913 (PrGS 305) für die Reinhaltung der Rxxx zuständige Rxxxverband beim Regierungspräsidenten in Dxxx die Genehmigung zur Einrichtung eines Regenauslasses des Exxx Baches an der Mündung in die Rxxx beantragt, wobei er in seinem Antragschreiber den Exxx Bach als Teil der Kanalisation von Sxxx bezeichnet und angeregt hatte, von einer Auslegung des Entwurfs gemäß §§ 164 - 170 PrWG abzusehen, weil die Gemeinden Sxxx und Kxxx sowie die Gutsbesitzer Wxxx und Lxxx mit dem Entwurf einverstanden seien und weitere Beteiligte nicht in Frage kämen (Bl. 317 der Gerichtsakten, Anlage I Nr. 1). Im Jahre 1928 beantragte der Rxxxverband beim Regierungspräsidenten in Dxxx die landespolizeiliche Genehmigung und vorläufige Planfeststellung zur Regelung des Exxx Baches. Nach einem Aktenvermerk des Sachbearbeiters beim Regierungspräsidenten handelte es sich hierbei um den Ausbau sowie die Verlegung und streckenweise Kanalisierung des Baches und um die Einleitung in die Rxxx an einer neu zu schaffenden Mündung.",
"Ab 1928 fanden zwischen dem Rxxxverband und der Rechtsvorgängerin der Klägerin Verhandlungen statt, deren Gegenstand der Ausbau des Exxx Baches war. Hierbei bewilligte die Rechtsvorgängerin der Klägerin dem Rxxxverband am 6. März 1930 gegen eine einmalige Entschädigung von 650 Mark das Recht, auf einer ihr gehörenden Parzelle \"einen Bachlauf zu unterhalten und zu betreiben\". Der Rxxxverband übertrug diese und andere ihm übertragene Dienstbarkeiten gleichen Inhalts im Jahre 1948 auf die Stadt Exxx.",
"Durch einen im Jahre 1940 abgeschlossenen Vertrag gestattete die Rechtsvorgängerin der Klägerin dem Rxxxverband, auf einem ihrer Grundstücke Faulschlamm abzulagern. Hierbei verpflichtete sich der Rxxxverband gegenüber der Klägerin, den Exxx Bach, der an dieser Stelle noch ein offenes Bett hatte, zu verrohren, um Schlammabsetzbecken anlegen zu können. In der Folgezeit hat der Rxxxverband am Oberlauf des Exxx Baches oberhalb der Straßen Hxxx und Dxxx mehrere Schlammabsetzbecken errichtet.",
"Am 9. und 12. März 1955 schlossen die Dxxx Exxx, die Stadt Exxx und die Rechtsvorgängerin der Klägerin einen Vertrag, in dem die beabsichtigte Verrohrung eines von den Parteien dieses Rechtsstreits als Teil des Exxx Baches bezeichneten (Bl. 25, 87 und 100 der Gerichtsakten) offenen Grabens vereinbart wurde, um eine zwischen den Schienensträngen der Pxxx entstandene sumpfige Mulde verfüllen zu können. In diesem Vertrag heißt es, die Vertragschließenden seien sich dahin einig, daß der Rechtsvorgängerin der Klägerin und der Stadt Exxx auf Grund des preußischen Wassergesetzes ein Ableitungsrecht in den Exxx Bach zustehe. Sodann heißt es in § 5 dieses Vertrages, daß die Stadt die Reinigung des verrohrten Grabens einschließlich der Einsteigeschächte durchführe und daß die Kosten dieser Reinigung von der Stadt und der Rechtsvorgängerin der Klägerin je zur Hälfte zu tragen seien, soweit es sich um den Streckenabschnitt unterhalb der Einleitungsstelle der Abwässer der Zeche Kxxx handele. Die Unterhaltung und Erneuerung der Anlage habe die Stadt durchzuführen; die hierdurch entstehenden Kosten seien von den Vertragschließenden je zu 1/3 zu tragen.",
"Durch Bescheid vom 5. Juli 1968 zog der Beklagte die Klägerin für das Rechnungsjahr 1968 zu Entwässerungsgebühren in Höhe von 275.256,40 DM heran. In diesem Betrag ist nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien ein Betrag von 182.407,74 DM enthalten, der in dieser Höhe dem auf die Zeche Kxxx entfallenden Anteil an Entwässerungsgebühren entspricht.",
"Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 8. August 1968) hat die Klägerin Anfechtungsklage erhoben und zur Begründung im wesentlichen geltend gemacht: Sie benutze für die Ableitung der auf der Zeche Kxxx anfallenden Abwässer keine Entwässerungsanlage der Stadt Exxx, so daß sie wegen der Ableitung dieser Abwässer vom Beklagten auch nicht zu Entwässerungsgebühren auf Grund der Entwässerungssatzung der Stadt Exxx vom 27. September 1967 (Entwässerungssatzung) herangezogen werden dürfe. Vielmehr leite sie ihre Abwässer in den Exxx Bach ein, der nach wie vor ein natürlicher Wasserlauf im Sinne des früher geltenden preußischen Wassergesetzes und nunmehr ein oberirdisches Gewässer im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG sei. Auf Grund des ihr schon von früher zustehenden Rechts und der ihr am 17. Mai 1962 erneut bewilligten wasserrechtlichen Erlaubnis sei sie zum Einleiten dieser Abwässer kraft Wasserrechts befugt. Der Exxx Bach falle unter die Bestimmungen des Wasserhaushaltsgesetzes und des preußischen Wassergesetzes, weil er trotz seiner Verrohrung und streckenweisen Verlegung ein oberirdisches Gewässer (Wasserlauf) geblieben sei; das ergebe sich vor allem aus seiner bis zum Jahre 1957 bestehenden Eintragung im Verzeichnis der Wasserläufe zweiter Ordnung. Die Stadt Exxx habe durch das Einbeziehen des Exxx Baches in ihr Entwässerungssystem die Eigenschaft des Exxx Baches ein oberirdisches Gewässer im Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes (Wasserlauf im Sinne des preußischen Wassergesetzes) zu sein, nicht beseitigen können. Denn abgesehen von der hierfür erforderlichen, jedoch nicht eingeholten Zustimmung der Wasseraufsichtsbehörde sei hierfür ihre Zustimmung als Eigentümer des Exxx Baches erforderlich gewesen, die sie jedoch nie erteilt habe. Der Hinweis des Beklagten auf die dem Rxxxverband eingeräumten und auf die Stadt Exxx übergegangenen Dienstbarkeiten gehe fehl. Denn dadurch habe sie nur dem Betreiben eines natürlichen Wasserlaufes, nicht jedoch der Umwandlung des Exxx Baches in eine städtische Entwässerungsanlage zugestimmt.",
"Entgegen der Ansicht des Beklagten könne ein oberirdisches Gewässer (natürlicher Wasserlauf) nicht gleichzeitig Bestandteil einer städtischen Entwässerungsanlage als einer gemeindlichen Veranstaltung im Sinne von § 4 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893, PrGS 152/ PrGS NW 7 - KAG 1893 - sein.",
"Schließlich sei die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Gebührenregelung materiell ungültig, weil der hierbei angewandte Wasserverbrauchsmaßstab bei ihr wie auch anderen Wassergroßverbrauchern kein zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab sei.",
"Die Klägerin hat beantragt,",
"den Heranziehungsbescheid des Beklagten vom 5. Juli 1968 und den Widerspruchsbescheid vom 8. August 1968 insoweit aufzuheben, als sie hiermit für die Einleitung der Abwässer und des Grubenwassers ihrer Zeche Kxxx in den Exxx Bach zu Entwässerungsgebühren in Höhe von 182.407,74 DM herangezogen worden ist.",
"Der Beklagte hat beantragt,",
"die Klage abzuweisen.",
"Er hat vorgetragen: Die Klägerin leite ihre im Betrieb der Zeche Kxxx anfallenden Abwässer in die städtische Entwässerungsanlage ein. Denn der Exxx Bach habe durch die an ihm vorgenommenen baulichen Umgestaltungen seine Eigenschaft, ein Gewässer (Wasserlauf) zu sein, verloren. Die Stadt Exxx unterhalte diesen Bach und habe ihn planmäßig in ihre Entwässerungsanlage einbezogen, was nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung genüge, um seine Gewässereigenschaft zu beseitigen. Die der Klägerin erteilte wasserrechtliche Erlaubnis regele daher nur den Umfang und den zulässigen Verschmutzungsgrad der eingeleiteten Abwässer, nicht jedoch werde die Klägerin dadurch von Entwässerungsgebühren freigestellt. Schon der Rxxxverband habe den Exxx Bach als Abwasserkanal betrieben und sei hierzu berechtigt gewesen, wie die in den Jahren 1920 und 1928 eingeholten Erlaubnisse des Regierungspräsidenten in Dxxx und das damals eingeleitete vorläufige Planfeststellungsverfahren beweisen würden. In der von der Rechtsvorgängerin der Klägerin dem Rxxxverband eingeräumten Dienstbarkeit, die die Stadt Exxx übernommen habe, liege zudem die Erlaubnis der Klägerin als Eigentümer zu diesen vom Rxxxverband durchgeführten Maßnahmen, die die Umgestaltung des Exxx Baches in eine Abwasserleitung zur Folge gehabt hätten. Denn der Inhalt dieser Dienstbarkeit ergebe sich auch aus der Zweckbestimmung des Rxxxverbandes, die dahin gehe, die Rxxx reinzuhalten. Dem diene der Ausbau des Exxx Baches zu einer Abwasseranlage, weil dadurch die Rxxx von Abwässern freigehalten werde. Infolge Verrohrung habe der Exxx Bach zudem die charakteristische Eigenschaft eines Gewässers, Vorfluter seines Gebietes zu sein, verloren. Denn das Niederschlagswasser werde nur noch insoweit aufgenommen, als es durch besondere Straßenabflüsse in die Abwässer gelange.",
"Da die Stadt Exxx seit dem Jahre 1948 Berechtigte aus der dem Rxxxverband eingeräumten Dienstbarkeit sei, stehe ihr nunmehr das Recht zu, diese vom Rxxxverband geschaffene Anlage als Teil ihrer eigenen Entwässerungsanlage weiter zu betreiben. Diese Umwandlung des Exxx Baches zu einer städtischen Entwässerungsanlage sei somit schon vor Inkrafttreten des Wasserhaushaltsgesetzes abgeschlossen gewesen Deshalb könne dahingestellt bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen ein oberirdisches Gewässer nach dem Wasserhaushaltsgesetz in eine gemeindliche Entwässerungsanlage umgewandelt werden könne. Der äußere Ablauf der am Exxx Bach getroffenen Veränderungen lasse auch - wie dies von der Rechtsprechung gefordert werde - den sicheren Schluß auf die Planmäßigkeit der Einbeziehung des Exxx Baches in die städtische Entwässerungsanlage zu. Das Preußische Oberverwaltungsgericht habe z.B. in seinem Beschluß vom 2. März 1933 wegen der getroffenen Ausbaumaßnahmen die Wasserlaufeigenschaft der das Gebiet der Stadt Exxx durchfließenden Bxxx verneint. Im vorliegenden Fall- verhalte es sich ebenso. Auch die Klägerin leite die Abwässer der Zeche Kxxx keinen Meter weit in einen offenen Lauf des Exxx Baches. Vielmehr führe sie die Abwässer mittels einer Rohrleitung in den städtischen Abwassersammler ein, der weit oberhalb dieser Einleitungsstelle Abwasser aus Stadtteilen von xxx aufnehme und diese bis zu der an der xxx gelegenen Kläranlage in einem geschlossenen Abwasserrohr ableite.",
"Selbst wenn der Exxx Bach ein oberirdisches Gewässer im Sinne von § 1 WHG geblieben sei, schließe dies nach der Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg nicht aus, daß es sich hierbei um einen Bestandteil der Entwässerungsanlage der Stadt Exxx handele. Schließlich rüge die Klägerin zu Unrecht den in der Gebührenregelung angewandten Wasserverbrauchsmaßstab. Denn die in der Satzung vorgesehene degressive Gebührenstaffelung führe zu einem hinreichenden Ausgleich der höheren Belastung der Wassergroßverbraucher infolge Nichtberücksichtigung des Regenwassers.",
"Durch das angefochtene Urteil, auf dessen Gründe zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Es ist zu dem Ergebnis gelangt, daß der Exxx Bach ein Gewässer im Sinne von § 1 WHG und daß die Klägerin kraft Wasserrechts befugt sei, Zechenabwässer in den Exxx Bach einzuleiten, ohne daß sie deshalb vom Beklagten zu Entwässerungsgebühren herangezogen werden dürfe.",
"Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, zu deren Begründung er sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft und ergänzend vorträgt: Zu Unrecht gehe das Verwaltungsgericht davon aus, daß es sich bei dem Exxx Bach noch um ein oberirdisches Gewässer handele. Die auf dem Zechengelände der Klägerin anfallenden Abwässer würden vielmehr in einen verrohrten Kanal abgeleitet, der an der Einleitungsstelle bereits die Abwässer von Siedlungsgebieten der Stadt Exxx mit sich führe. Bei dem ehemaligen Quellgebiet des Exxx Baches handele es sich nur noch um unbedeutende Rinnsale und Tümpel, deren Wasser ebenfalls in den Röhrenkanal eingeleitet würden. Diese Rinnsale und Tümpel würden von der Stadt Exxx nur aus Gründen einer ansprechenderen Landschaftsgestaltung offen gehalten. Es wäre für sie ein leichtes, sie sofort durch Rohre in den städtischen Entwässerungskanal abzuleiten. Denn die aus diesen offenen Zuflüssen anfallende Wassermenge sei im Verhältnis zur Gesamtmenge der in den Röhrenkanal abgeleiteten Abwässer völlig unbedeutend. Durch das Vorhandensein dieser wenigen Rinnsale bleibe auch auf keinen Fall die Vorflutereigenschaft für den gesamten verrohrten Kanal erhalten. Diese unbedeutenden Vorfluter endeten an ihren jeweiligen Einleitungsstellen in die städtische Entwässerungsleitung.",
"Aus der vom Oberbergamt Dxxx erteilten Einleitungserlaubnis könne entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht der Schluß gezogen werden, daß der Exxx Bach noch ein Gewässer im Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes und des Landeswassergesetzes sei. Die trotz Fehlens der rechtlichen Voraussetzungen erteilte Erlaubnis vermöge weder die rechtlichen noch die tatsächlichen Verhältnisse zu ändern, auf die es bei der Beurteilung der Gewässereigenschaft allein ankomme. Im übrigen habe die Stadt Exxx schon bei den dieser Erlaubniserteilung vorangegangenen Verhandlungen im Jahre 1959 mit Nachdruck die Auffassung vertreten, daß für die Erteilung einer solchen wasserrechtlichen Erlaubnis kein Raum sei, weil der Exxx Bach zur städtischen Kanalisation gehöre.",
"Soweit es nach dem preußischen Wassergesetz für die Umwandlung des Exxx Baches in eine Kanalisationsanlage einer wasserbehördlichen Erlaubnis bedurft habe, sei diese ordnungsgemäß erteilt worden. Für den Unterlauf des früheren Exxx Baches habe nämlich der Rxxxverband diese Erlaubnisse eingeholt. Die noch offene Strecke am früheren Oberlauf des Exxx Baches sei in den Jahren 1951 bis 1955 mit Genehmigung des Tiefbauamtes der Stadt Exxx als örtlicher Wasserbehörde verrohrt worden. Schließlich müsse er erneut darauf hinweisen, daß der Exxx Bach schon durch die vom Rxxxverband durchgeführten Maßnahmen, zu denen dieser auf Grund der ihm eingeräumten Dienstbarkeiten und der vom Regierungspräsidenten erteilten Genehmigungen befugt gewesen sei, in einen Schmutzwassersammelkanal umgestaltet worden sei. Diesen Schmutzwassersammelkanal habe die Stadt Exxx vom Rxxxverband übernommen und in ihre Entwässerungsanlage eingegliedert.",
"Der Beklagte beantragt,",
"das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.",
"Die Klägerin beantragt,",
"die Berufung zurückzuweisen.",
"Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor: Entgegen der Ansicht des Beklagten handele es sich bei dem Exxx Bach nicht um einen Bestandteil der städtischen Entwässerungsleitung, sondern um ein verrohrtes Gewässer im Sinne von § 1 WHG. Es entspreche auch nicht den tatsächlichen Verhältnissen, daß das Quellgebiet des Exxx Baches nur aus wenigen Rinnsalen und Tümpel bestehe; vielmehr befänden sich dort größere Teiche. Der Exxx Bach sei daher an der Stelle, an der sie die Abwässer der Zeche Kxxx einleite, nach wie vor ein Gewässer dritter Ordnung. Es treffe auch nicht zu, daß der Exxx Bach seine Vorflutereigenschaft verloren habe. Denn zumindest werde der größte Teil der Abflußkapazität des verrohrten Exxx Baches für die Ableitung von Niederschlägen bereitgehalten. Der Beklagte könne nicht beweisen, daß das Niederschlagswasser auf andere Weise abgeleitet werde. Das Verwaltungsgericht sei daher zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß sie, die Klägerin, ihre Abwässer in ein Gewässer im Sinne von § 1 WHG einleite. Hierzu sei sie kraft wasserrechtlicher Erlaubnis befugt.",
"Der Vertreter des Öffentlichen Interesses stellt keinen förmlichen Antrag. Er trägt unter Bezugnahme auf einen Erlaß des Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 11. November 1969 (III A 4 - 605/1 - 16102) vor, daß ein natürlicher Wasserlauf zugleich Bestandteil einer städtischen Entwässerungsanlage sein könne. In dem Erlaß heiße es unter anderem, daß das eventuelle Fehlen einer wasserrechtlichen Erlaubnis dem nicht entgegenstehe. Vielmehr könne der faktisch bestehende Zustand durch eine nachträglich erteilte Erlaubnis seine Rechtsgrundlage erhalten.",
"Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Vorprozeßakten Verwaltungsgericht Gelsenkirchen 3 K 1015/65 und 5 K 554/67, ferner auf den Inhalt der vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge und Satzungsunterlagen, auf die Lagepläne (Bl. 67 der Gerichtsakten dieses Streitverfahrens und Bl. 49 der Vorprozeßakte 3 K 1015/65), sowie die Verwaltungsvorgänge des BergamtesE xxx, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen."
] | [] | [
"Die zulässige Berufung ist unbegründet.",
"Der angefochtene Bescheid beruht auf formell gültigem Ortsrecht. Die ihm zugrunde liegende Entwässerungssatzung wurde vom Rat der Stadt Exxx am 27. September 1967 beschlossen, am 24. Oktober 1967 aufsichtsbehördlich genehmigt, vom Oberbürgermeister am 27. Oktober 1967 zwecks Bekanntmachung unterzeichnet und sodann entsprechend den Anforderungen der Veröffentlichungsvorschrift der Hauptsatzung vom 10. Juni 1953 im Amtsblatt der Stadt Exxx veröffentlicht.",
"Der Bescheid ist jedoch im Umfang der von der Klägerin erklärten Anfechtung materiell rechtswidrig, weil die Klägerin den der Heranziehung zugrunde liegenden Gebührentatbestand des § 16 Abs. 1 der Entwässerungssatzung nicht verwirklicht hat. Indem sie nämlich die Abwässer ihrer Zeche Kxxx in den Exxx Bach einleitet, der sie dem Klärwerk des xxx Verbandes zuführt, benutzt die Klägerin keine Entwässerungsanlage der Stadt Exxx, wie dies § 4 Abs. 1 KAG 1893 als die dem § 16 Abs. 1 der Entwässerungssatzung zugrunde liegende Ermächtigungsnorm voraussetzt. Vielmehr leitet die Klägerin diese Abwässer in ein oberirdisches Gewässer im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG ein. Die Eigenschaft des Exxx Baches als oberirdisches Gewässer schließt es aus, daß er gleichzeitig Bestandteil einer städtischen Entwässerungsanlage sein kann. Wenn § 1 Abs. 4 der Entwässerungssatzung auch die von der Stadt Exxx unterhaltenen Wasserläufe in die städtische Abwasseranlage einbezieht und durch § 16 Abs. 1 dieser Satzung deren Benutzung der Gebührenpflicht unterwirft, so verstößt diese Satzungsbestimmung, soweit es sich um ein oberirdisches Gewässer wie den Exxx Bach handelt, gegen höherrangiges Recht.",
"I. Der Beklagte macht vor allem geltend, der Exxx Bach sei schon beim Inkrafttreten des Wasserhaushaltsgesetzes kein oberirdisches Gewässer im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG gewesen. Vielmehr sei er unter Verlust seiner Gewässereigenschaft in die städtische Abwasseranlage eingegliedert worden. Das sei - so meint der Beklagte - hinsichtlich des Oberlaufs des Exxx Baches spätestens im Jahre 1956 geschehen, als dessen Verrohrung vollendet gewesen sei. In seinem Unterlauf (unterhalb der früheren Mühle Dxxx ) habe der Exxx Bach schon vor dieser Zeit seine Gewässereigenschaft verloren gehabt.",
"1. Dieses Vorbringen des Beklagten verkennt die Rechtslage. Vor dem Inkrafttreten des Wasserhaushaltsgesetzes (1. März 1960), zu der Zeit also, in den der Exxx Bach nach Ansicht des Beklagten seine Gewässereigenschaft verloren haben soll, galt das preußische Wassergesetz. § 1 Abs. 1 PrWG bestimmt, daß Wasserläufe diejenigen Gewässer sind, die in natürlichen oder künstlichen Betten beständig oder zeitweilig oberirdisch abfließen, einschließlich ihrer oberirdischen Quellen und Teiche, Weiher oder ähnlicher Wasseransammlungen, aus denen sie abfließen, sowie ihrer etwa unterirdisch verlaufenden Strecken. Nach Abs. 4 dieser Gesetzesbestimmung gilt ein natürlicher Wasserlauf als solcher auch nach einer künstlichen Veränderung.",
"Während § 1 Abs. 1 Nr. 1 and 2 WHG die Gewässer in oberirdische Gewässer und das Grundwasser unterteilt (abgesehen von der Erwähnung der Küstengewässer in Nr. 1a), unterscheidet § 1 Abs. 1 PrWG bei den oberirdisch fließenden Gewässern zwischen solchen mit natürlichen und mit künstlichen Betten. Diese abweichende Unterteilung der oberirdisch fließenden Gewässer ist aber im hier zu entscheidenden Fall ohne Bedeutung. Denn eine dem natürlichen Wasserkreislauf zugehörige Gewässerstrecke, in der Wasser in einem Bett abfließt, fällt nach beiden Gesetzen unter den Begriff des Gewässers. Sie zählt zu den oberirdischen Gewässern im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG und zu den Wasserläufen im Sinne von § 1 Abs. 1 PrWG. Ist somit der Exxx Bach ein natürlicher Wasserlauf im Sinne des preußischen Wassergesetzes, dann fällt er zugleich unter den Begriff des oberirdischen Gewässers im Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes.",
"Daß der Exxx Bach beim Inkrafttreten des § 1 des preußischen Wassergesetzes im Jahre 1913 ein natürlicher Wasserlauf im Sinne dieses Gesetzes war, der seinen Zufluß aus dem im Lageplan bezeichneten Quellgebieten erhielt, wird auch vom Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Als Wasserlauf fiel der Exxx Bach unter eine der drei Gruppen, in die § 2 PrWG die Wasserläufe je nach ihrer größeren oder geringeren Bedeutung für die Wasserwirtschaft einteilt: Wasserläufe erster Ordnung sind hiernach die in dem Gesetz als Anlage beigefügten Verzeichnis aufgeführten Strecken der Wasserläufe (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 PrWG). Zu den Wasserläufen zweiter Ordnung gehören die Strecken natürlicher und künstlicher Wasserläufe, die in dem nach § 4 PrWG vom Oberpräsidenten geführten Verzeichnis der Wasserläufe zweiter Ordnung genannt sind (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 PrWG), Die übrigen, weder unter Nr. 1 noch unter Nr. 2 des § 2 Abs. 1 PrWG fallenden Strecken natürlicher oder künstlicher Wasserläufe gehören zur Gruppe der Wasserläufe dritter Ordnung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 PrWG); hierbei handelt es sich zumeist um Strecken von Wasserläufen, die für die Wasserwirtschaft von geringerer Bedeutung sind.",
"Wie sich aus dem im Amtsblatt der Bezirksregierung in Dxxx vom 26. April 1957 auf S. 129 abgedruckten Erlaß des Ministers für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten des Landes Nordrhein-Westfalen vom 19. März 1957 ergibt (Fotokopie Bl. 30 der Gerichtsakten), ist der bis dahin mit seiner Teilstrecke ab Grundstück Hxxx Nr. xxx (Mühle Dxxx ) bis zur Mündung in die Rxxx im Verzeichnis der natürlichen Wasserläufe zweiter Ordnung unter dem Namen Sxxx Bach eingetragen gewesene Exxx Bach vom Zeitpunkt dieses Erlasses an aus dem Wasserlaufverzeichnis gestrichen worden. Es heißt aber in diesem Erlaß, daß der Exxx Bach als Wasserlauf dritter Ordnung weitergelten solle.",
"Diese bis zum Jahre 1957 bestehende Eintragung im Verzeichnis der Wasserläufe zweiter Ordnung war auf Grund eines förmlichen Verfahrens erfolgt, in dem auch die Stadt Exxx und die früher selbständige Stadte Sxxx Einwendungen hätten erheben können, wenn sie der Auffassung gewesen wären, der Exxx Bach sei in seinem gesamten Verlauf oder zumindest in seinem Unterlauf kein natürlicher Wasserlauf mehr (vgl. § 5 PrWG). Für die Stadt Exxx hätte selbst nach erfolgter Eintragung die Möglichkeit bestanden, bei dem Oberpräsidenten oder - nach 1945 - bei dem an dessen Stelle zuständig gewordenen Landesminister eine Änderung der Eintragung im Wasserlaufverzeichnis anzuregen, wenn sie zu der Auffassung gelangt war, der Exxx Bach sei in der Folgezeit wegen völliger Umgestaltung kein natürlicher Wasserlauf mehr. sondern Bestandteil der städtischen Abwasseranlage.",
"Vgl. Holtz-Kreutz-Schlegelberger, Das Preußische Wassergesetz, Nachdruck der dritten und vierten Auflage, Berlin und Köln 1955, § 6 Anm. 2.",
"Solange aber der Exxx Bach in dem Verzeichnis eingetragen blieb, stand mit Geltung für jedermann fest, daß dieser Bach im Verlauf der in der Eintragung angegebenen Strecke ein Wasserlauf zweiter Ordnung und ein natürlicher Wasserlauf war. Denn die Aufnahme in dieses Verzeichnis entschied, sowohl in privatrechtlicher als auch in öffentlich-rechtlicher Hinsicht, endgültig über die Zugehörigkeit des Wasserlaufs zu einer der Ordnungen des § 2 Abs. 1 PrWG und über seine Eigenschaft, ein natürlicher oder ein künstlicher Wasserlauf zu sein.",
"Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 1 Anm. 10, § 2 Vorbem. c und d, § 5 Anm. 13.",
"Diese endgültige, Privatpersonen sowie Gerichte und Behörden bindende Wirkung der Eintragung im Wasserlaufverzeichnis war erforderlich, weil für die Wasserläufe der drei Ordnungen zum Teil verschiedene Vorschriften (insbesondere hinsichtlich der Eigentums- und Nutzungsverhältnisse, sowie der Unterhaltungspflichten) galten.",
"Vgl. Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 2 Vorbem. h.",
"Durch die in § 2 PrWG getroffene Regelung wollte der Gesetzgeber einen Streit über die Zugehörigkeit eines Wasserlauf zu einer der drei Ordnungen oder eine Ungewißheit darüber, ob es sich um einen natürlichen oder einen künstlichen Wasserlauf handelt, von vornherein ausschließen.",
"Vgl. die Begründung zum Entwurf eines Wassergesetzes in: Sammlung der Drucksachen des Preußischen Hauses der Abgeordneten, 21. Legislaturperiode, V. Session 1912/13, Drucksache Nr. 9 B, zu §§ 2 bis 4 (Spalte 58).",
"Die Tatsache der Eintragung im Wasserlaufverzeichnis des § 4 PrWG entscheidet somit ausschließlich und bindend über die Einreihung eines Wasserlaufs in die Gruppe der Wasserläufe zweiter Ordnung sowie darüber, ob ein natürlicher oder künstlicher Wasserlauf vorliegt. Das gilt selbst dann, wenn ein eingetragener Wasserlauf von Anfang an kein Gewässer im Sinne von § 1 PrWG gewesen und nur fälschlicherweise in das Wasserlaufverzeichnis eingetragen worden wäre.",
"Vgl. Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 1 Anm. 17, § 2 Vorbem. d.",
"Da der Exxx Bach bis zum Jahre 1957 als natürlicher Wasserlauf im Verzeichnis der Wasserläufe zweiter Ordnung eingetragen war, ist er somit bis zu diesem Zeitpunkt in dem in der Eintragung angegebenen Streckenabschnitt ein natürlicher Wasserlauf zweiter Ordnung gewesen. Mindestens bis zu diesem Zeitpunkt kommt es daher auf die vom Beklagten behaupteten Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere die völlige Verrohrung und die unterirdische Verlegung des Exxx Baches in seinem Unterlauf für die Frage der Wasserlaufeigenschaft nicht an (§ 1 Abs. 4 PrWG). Der Exxx Bach ist somit bis zum Jahre 1957 in seinem Streckenabschnitt Mühle Dxxx bis zur Mündung in die Rxxx ein natürlicher Wasserlauf zweiter Ordnung gewesen.",
"Wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat an Hand der Lagepläne klargestellt haben, befand sich die im Wasserlaufverzeichnis genannte Mühle und Ziegelei Dxxx etwa dort, wo heute in Exxx-Sxxx die Straße Dxxx in die Straße Hxxx einmündet (Hxxx Haus Nr. xxx ). Die Klägerin leitet die. Abwässer ihrer Zeche Kxxx oberhalb dieser Stelle in den Exxx Bach ein und zwar an dem im Lageplan (Anlage 6 zu Bl. 67 der Gerichtsakten) mit A bezeichnetem Punkt, der zwischen den mit 1 und 3 in diesem Lageplan gekennzeichneten Quellzuflüssen des Exxx Baches liegt. Somit werden diese Abwässer an einer Stelle in den Exxx Bach eingeleitet, die von der Eintragung im Wasserlaufverzeichnis topografisch nicht mehr erfaßt wird. Hieraus läßt sich jedoch zu Gunsten des Beklagten nicht herleiten, der Exxx Bach sei oberhalb der Mühle Dxxx kein natürlicher Wasserlauf, sondern eine städtische Abwasserleitung gewesen, etwa die Fortsetzung der vom Stadteil Fxxx ausgehenden und in den Exxx Bach einmündenden Hauptsammler. Auch wenn nur der Unterlauf eines Gewässers in das Verzeichnis der Wasserläufe zweiter Ordnung eingetragen ist, so kann es doch in seinem Oberlauf ein Wasserlauf dritter Ordnung sein (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 PrWG), der als solcher in kein Wasserlaufverzeichnis eingetragen wird, gleichwohl aber ebenfalls zu den Wasserläufen im Sinne von § 1 PrWG gehört. Das ist bei dem Oberlauf des Exxx Baches der Fall. Durch die Eintragung im Wasserlaufverzeichnis steht fest, daß er im Unterlauf ein natürlicher Wasserlauf ist. Ein natürlicher Wasserlauf im Sinne des § 1 Abs. 1 PrWG setzt jedoch u.a. voraus, daß er einen ständigen naturgegebenen Zufluß aus einem Quellgebiet hat.",
"Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 1 Anm. 8 a.",
"Das naturgegebene Quellgebiet des Exxx Baches sind die im Lageplan (Bl. 67 der Gerichtsakten, Anl. 6) mit 1, 2, 3, 4 und 5 bezeichneten Quellen und Teiche. Die Tatsache, daß die Zuflüsse 4 und 5 sich erst an der Stelle mit den übrigen Quellzuflüssen, des Exxx Baches vereinigen, an der die im Wasserlaufverzeichnis eingetragene Strecke des Exxx Baches beginnt (Haus Hxxx Nr. xxx ), läßt vermuten, daß der Exxx Bach nur deshalb erst von dieser Stelle ab in das Wasserlaufverzeichnis eingetragen wurde, weil die eintragende Behörde (Oberpräsident) die oberhalb des Hauses Hxxx Nr. xxx befindlichen Zuflüsse als einheitliche Quellzuflüsse des Exxx Baches betrachtete, die sich erst am Grundstück Hxxx Nr. xxx zu einem zusammenhängenden Wasserlauf mit einem sämtliche Zuflüsse umfassenden Bachbett vereinigten. Gemäß § 1 Abs. 1 PrWG sind aber Quellen, Teiche, Weiher und ähnliche Wasseransammlungen, aus denen Gewässer abfließen, Bestandteil des Wasserlaufs, den sie bilden. Sie unterliegen denselben Rechtsnormen wie der von ihnen gebildete Wasserlauf, weil ein Wasserlauf seiner Zweckbestimmung für die Allgemeinheit nur erhalten werden kann, wenn die ihn speisenden Zuflüsse in gleicher Weise wie er selbst durch die Vorschriften des Wasserrechts geschützt werden.",
"Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 1 Anm. 5 b.",
"Ist somit der Exxx Bach schon kraft Eintragung im Wasserlaufverzeichnis ein natürlicher Wasserlauf, dann kann für die ihn speisenden Quellen und Teiche wegen § 1 Abs. 1 PrWG nichts anderes gelten.",
"Bereits die Tatsache der Eintragung im Wasserlaufverzeichnis hat daher zur Folge, daß der Exxx Bach auch an der Stelle ein natürlicher Wasserlauf im Sinne von § 1 Abs. 1 PrWG ist, an der die Klägerin die Abwässer ihrer Zeche Kxxx einleitet.",
"2. Wegen der vorherigen Eintragung im Wasserlaufverzeichnis könnte der Exxx Bach seine Eigenschaft, ein natürlicher Wasserlauf im Sinne von § 1 Abs. 1 PrWG zu sein, erst nach dem 19. März 1957 verloren haben. Auch dies ist jedoch nicht der Fall.",
"In der vom Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Landes Nordrhein-Westfalen zur Änderung des Wasserlaufverzeichnisses gegebenen Begründung (vgl. den o.a. Erlaß, Fotokopie Bl. 30 der Gerichtsakten), heißt es, der Exxx Bach solle als Wasserlauf dritter Ordnung weitergelten. Diese von dem sachkundigen Fachminister gegebene Begründung läßt erkennen, daß die Streichung aus dem Wasserlaufverzeichnis nicht - etwa auf Anregung der Stadt Exxx - zu dem Zweck erfolgt ist, eine unrichtige, den tatsächlichen Verhältnissen widersprechende Eintragung zu ändern, oder aber, um rechtlich die Gewässereigenschaft des Baches zu beseitigen und seine vollzogene Einbeziehung in die städtische Abwasseranlage nachträglich zu legalisieren; deshalb kann hier dahingestellt bleiben, unter welchen Voraussetzungen letzteres rechtlich möglich gewesen wäre.",
"Die Rechtsauffassung des Ministers, daß der Exxx Bach auch nach 1957 ein Wasserlauf bleibe, steht im Einklang mit dem vor allem für die Abgrenzung der natürlichen von den künstlichen Wasserläufen im preußischen Wassergesetz geltenden Grundsatz, daß ein natürlicher Wasserlauf im Zweifel auch weiterhin solange als solcher anzusehen ist, als nicht das Gegenteil erwiesen ist.",
"Vgl. Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 1 Anm. 8 b.",
"Das muß umso mehr gelten, wenn, wie hier bis zum Jahre 1957, die Eigenschaft, ein natürlicher Wasserlauf zu sein, kraft Eintragung im Wasserlaufverzeichnis unwiderleglich feststeht.",
"Der Exxx Bach ist somit auch über das Jahr 1957 hinaus ein natürlicher Wasserlauf geblieben, sofern nicht die Wasserlaufeigenschaft nach dem 19. März 1957 durch eine nach dem preußischen Wassergesetz rechtswirksame Maßnahme beseitigt worden ist oder aber die rechtlichen Voraussetzungen für eine solche Beseitigung schon vor 1957 sämtlich erfüllt gewesen sind und diese lediglich wegen der entgegenstehenden Eintragung im Wasserlaufverzeichnis nicht hatten rechtswirksam werden können. Das ist jedoch nicht der Fall. Denn zur Umwandlung eines Wasserlaufs in eine Abwasserleitung hätte es der Zustimmung der Eigentümer und Nutzungsbefugten sowie der zuständigen Wasserbehörde bedurft.",
"Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster, Urteil vom 25. April 1962 - III A 857/59 - , Der Gemeindehaushalt (Gemht) 1962, 239 = Kommunale Steuerzeitschrift (KStZ) 1962, 173; Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 1 Anm. 4 mit weiteren Nachweisen.",
"Es genügt nicht, daß der Beklagte den Exxx Bach durch einseitige Maßnahmen planmäßig mit der Absicht baulich verändert hat, ihn in die städtische Abwasseranlage einzugliedern. Auch der vom Beklagten zitierte Beschluß des Preußischen Oberverwaltungsgerichts (PrOVG) vom 2. März 1933",
"- V.W. 201.31 - (unveröffentlicht, Fotokopie in Vorprozeßakte 3 K 1015/65, Bl. 54 ff)",
"betreffend die Wasserlaufeigenschaft der die Stadt Exxx durchfließenden Bxxx hält es für erforderlich (aaO S. 3), daß die bauliche Veränderung und die Eingliederung eines früheren Wasserlaufs \"mit Zustimmung der zuständigen Polizeibehörde\" ausgeführt wurde, womit nur die Wasserpolizeibehörde gemeint sein kann.",
"Der Beklagte hat nicht darzulegen vermocht, daß die Eigentümer und Nutzungsbefugten sowie die Wasserpolizeibehörde (Wasseraufsicht) vor oder nach dem Jahre 1957 der Umwandlung des Exxx Baches in einen Bestandteil der städtischen Abwasseranlage zugestimmt haben. Auf keinen Fall hat die Klägerin, die gemäß § 8 Abs. 1 PrWG als Eigentümerin eines Ufergrundstücks zu den Eigentümern des Exxx Baches gehört, sich mit seiner Einbeziehung in die städtische Abwasseranlage unter Verlust der Wasserlaufeigenschaft einverstanden erklärt.",
"Der Beklagte glaubt zwar hinsichtlich des Erfordernisses der Zustimmung der Klägerin als Eigentümerin auf die von ihr dem Rxxxverband eingeräumte Dienstbarkeit vom 6. März 1930 (Fotokopie der Eintragungsbewilligung Bl. 291 der Gerichtsakten) verweisen zu können, die, wie er vorträgt, spätestens seit 1948 auf die Stadt Exxx übergegangen sei. Die Einräumung dieser Dienstbarkeit habe - so meint der Beklagte - zur Folge, daß die Klägerin dadurch einer Entwidmung des Exxx Baches als Wasserlauf und seiner Umwandlung in einen Abwasserkanal zugestimmt habe, so daß darin auch ihre Zustimmung zur späteren Eingliederung in die städtische Abwasseranlage liege.",
"Diese Auffassung des Beklagten ist jedoch unzutreffend. Denn die dem Rxxxverband am 6. März 1930 eingeräumte Dienstbarkeit, bei der es sich um eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit handelt (Bl. 317 der Gerichtsakten, Anlage VI Nr. 4), geht dahin, \"gegen eine einmalige Entschädigung von 650 Mark einen Bachlauf zu unterhalten und zu betreiben\". Von der Unterhaltung eines Abwasserkanals, der (als Folge der Ausübung der Dienstbarkeit) an die Stelle des bis dahin vorhandenen natürlichen Wasserlaufs treten solle, ist keine Rede. Derartiges ergibt sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck dieser Dienstbarkeit. Sie soll vielmehr den Rxxxverband in die Lage, versetzen, die nach § 2 des Ruhrreinhaltungsgesetzes vom 5. Juni 1913 (PrGS 305 PrGS UW 210) - RRG - vorgesehenen Anlagen herzustellen, zu unterhalten und zu betreiben, die erforderlich sind, um eine nach den Vorschriften des preußischen Wassergesetzes nicht erlaubte Verunreinigung der Rxxx und ihrer Nebenflüsse zu verhindern. Dem entspricht das Recht des Rxxxverbandes, zur Erreichung dieses Zwecks Wasserläufe auszubauen und zu benutzen (§ 2 Abs. 2 RRG). Aufgabe und Zweck des Rxxxverbandes bestehen demnach nicht nur, wie der Beklagte vorträgt, darin, die xxx reinzuhalten, sondern auch deren Nebenflüsse; das Ausbau- und Benutzungsrecht des Rxxxverbandes umfaßt deshalb sämtliche das Genossenschaftsgebiet durchfließende Wasserläufe (§ 2 Abs. 2 RRG).",
"Dieser Zweckbestimmung des Rxxxverbandes entspricht der Inhalt der Dienstbarkeit vom 6. März 1930. Wenn dort vom Unterhalten und Betreiben eines \"Bachlaufs\" die Rede ist, so ist damit schon nach allgemeinem Sprachgebrauch ein natürlicher Wasserlauf gemeint. Im übrigen gehört es zu den Aufgaben des Rxxxverbandes, auch einen Bachlauf von Verunreinigungen freizuhalten (§ 2 Abs. 1 RRG). Das Ruhrreinhaltungsgesetz und der sich aus dieser Ermächtigungsgrundlage ergebende Zweck des Rxxxverbandes sprechen somit dagegen, daß die vom Rxxxverband auf der Grundlage dieses Gesetzes getroffenen Maßnahmen sich auf die Reinhaltung des Wassers der Rxxx beschränken mit der Folge, daß die Nebenflüsse der Rxxx zu Abwasserleitungen werden können und ihre Eigenschaft, natürlicher Wasserlauf zu sein, verloren geht. Das wäre auch abwassertechnisch kaum sinnvoll, weil die Reinhaltungsmaßnahmen eines Abwasserverbandes so nahe wie möglich an der Stelle wirksam werden müssen, an der der natürliche Wasserkreislauf durch Abwassereinleitungen beeinträchtigt wird.",
"Welchen Zwecken die von der Klägerin und anderen Eigentümern des Exxx Baches zu Gunsten des Rxxxverbandes eingeräumten Dienstbarkeiten dienten, ergibt sich aus den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen (Anlagen III Nr. 2 und Anlagen I Nr. 14 bis 17 zu Bl. 317 Gerichtsakten). Die Dienstbarkeit sollte einmal dem Rxxxverband den Zugang zum Exxx Bach an jeder Stelle des Bachlaufs sichern, sowie zum anderen die Bedienung der Vorkläranlagen (z.B. Zecheneinlaufbauwerke) und vor allem die Anlegung von Schlammtrockenplätzen ermöglichen, deren Lage (mit grüner Schraffierung) im Lageplan (Bl. 49 Vorprozeßakte 3 K 1015/65) angegeben ist. Es handelt sich dabei um Maßnahmen, die nicht nur bei einem Abwasserkanal, sondern erst recht bei einem natürlichen Wasserlauf notwendig sein können, um das Gewässer von Verunreinigungen freizuhalten oder eingetretene Verunreinigungen zu beseitigen oder abzuschwächen.",
"Diese dem Rxxxverband von der Klägerin eingeräumte Dienstbarkeit konnte zwar gemäß § 1 des Gesetzes über die Veräußerung von Nießbrauchsrechten und beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten vom 13. Dezember 1935 (RGBl I 1468) auf die Stadt Exxx übertragen werden. Wie jedoch § 3 dieses Gesetzes ausdrücklich hervorhebt, konnte die Stadt Exxx durch die Übertragung der Dienstbarkeit nicht mehr Rechte am Grundstück der Klägerin erwerben, als dem Rxxxverband zustanden. Dessen Recht war jedoch durch den Inhalt der Dienstbarkeit (einen Bachlauf, d.h. einen natürlichen Wasserlauf zu betreiben) begrenzt. Abgesehen vom Inhalt der Eintragung darf zwar der Nutzungsumfang einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit im Zweifel nach dem persönlichen Bedürfnis des Berechtigten bestimmt werden (vgl. § 1091 BGB), weshalb dem Beklagten darin beizupflichten ist, daß der Inhalt der Dienstbarkeit auch vom Zweck des Rxxxverbandes her ausgelegt werden müsse. Der Beklagte läßt jedoch außer Betracht, daß der Zweck dieses Verbandes gerade dahin geht, die Rxxx und ihre Nebenflüsse von Verunreinigungen, die nach dem preußischen Wassergesetz nicht erlaubt sind, freizuhalten, d.h. Abwässer aus dem natürlichen Wasserkreislauf zu beseitigen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 RRG). Dem würde es widersprechen, wenn der Rxxxverband wasserbauliche oder andere Maßnahmen treffen würde, um den Exxx Bach von einem natürlichen Wasserlauf in einen Abwasserkanal umzuwandeln. Insoweit unterscheidet sich die Interessenlage des Rxxxverbandes (Reinhaltung der Rxxx und deren Nebenflüsse) grundlegend von dem fiskalischen Interesse der Stadt Exxx an einer kostensparenden Beseitigung der städtischen Abwässer durch Einleiten in natürliche Vorfluter. Für die Auslegung des Inhalts der Dienstbarkeit (§ 1091 BGB) ist jedoch ausschließlich das Interesse des Rxxxverbandes maßgeblich, weil diesem die Dienstbarkeit eingeräumt wurde. Aus der im Jahre 1930 bestellten Dienstbarkeit läßt sich daher nicht herleiten, daß die Klägerin als Eigentümerin einer Einbeziehung des Exxx Baches in die städtische Abwasseranlage unter Verlust seiner Wasserlaufeigenschaft zugestimmt hat.",
"Ebensowenig hat der Beklagte den Nachweis erbringen können, daß die zuständige Wasserpolizeibehörde zu einer solchen Maßnahme ihre Zustimmung erteilt hat. Soweit der Beklagte auf die durch den Rxxxverband in den Jahren 1920 und 1928 bei den Regierungspräsidenten in xxx und xxx beantragten Erlaubnisse und eingeleiteten Planfeststellungsverfahren verweist, kann auf das bereits Ausgeführte Bezug genommen werden, wonach der Rxxxverband keinesfalls die Beseitigung der Wasserlaufeigenschaft des Exxx Baches betrieben hat. Derartiges läßt sich auch nicht mittelbar den Unterlagen betreffend das im Jahre 1920 bei den Regierungspräsidenten in xxx und xxx durch den Rxxxverband eingeleitete Verfahren (Entwurf eines Regenauslasses des Exxx Baches) entnehmen. Der Vorsitzende des Rxxxverbandes bezeichnet zwar in seinem Schreiben an den Regierungspräsidenten vom 30. April 1920 (Bl. 317 der Gerichtsakten Anlage I Nr. 1) diesen projektierten Regenauslaß als Teil der Kanalisation von xxx . Aus dem zweiten Absatz seines Schreibens geht jedoch unmißverständlich hervor, daß er den Exxx Bach nach wie vor als Wasserlauf im Sinne des preußischen Wassergesetzes ansieht und daß er deshalb die Zustimmung der nach diesem Gesetz am Bach Berechtigten zum Bau des Regenauslasses für erforderlich hält. Dem entspricht das Antwortschreiben des Regierungspräsidenten in vom 14. August 1920 (Bl. 317 der Gerichtsakten Anlage I Nr. 2), in dem dem Rxxxverband aufgegeben wird, für eine geregelte Reinigung des Baches zu sorgen, und in dem es desweiteren heißt: \"Der Entwurf (eines Regenauslasses) ist nur als vorläufige Aushilfe anzusehen, nicht aber als Ersatz für eine geordnete Kanalisation.\" Für den Fall, daß Mißstände durch den Betrieb des Regenauslasses entstehen, verpflichtet der Regierungspräsident den Rxxxverband zu deren alsbaldiger Beseitigung. Wäre der Exxx Bach schon damals in einen Abwasserkanal umgewandelt worden, so hätte es dieser Hinweise nicht bedurft. Der Regierungspräsident erinnert hier an die sich aus § 2 Abs. 1 Satz 1 RRG ergebende gesetzliche Verpflichtung des Rxxxverbandes, eine \"nach den Vorschriften des Wassergesetzes nicht erlaubte Verunreinigung\" der Rxxx und ihrer Nebenflüsse zu verhindern; hieraus folgt, daß der Exxx Bach auch in seinem Unterlauf vom Regierungspräsidenten weiterhin als Wasserlauf im Sinne des preußischen Wassergesetzes angesehen worden ist und daß der Regierungspräsident deshalb damals seiner Umwandlung in eine Abwasserleitung unter Verlust der Wasserlaufeigenschaft nicht zugestimmt haben kann.",
"Nicht anders verhält es sich mit den Unterlagen betreffend den vom Rxxxverband am 10. Februar 1928 dem Regierungspräsidenten in xxx vorgelegten Entwurf für die Regelung des Exxx Baches (Bl. 317 der Gerichtsakten Anlage I Nr. 3). Wie sich aus dem handschriftlichen Randvermerk des Sachbearbeiters beim Regierungspräsidenten ergibt, handelte es sich hierbei um den beabsichtigten Ausbau sowie die Verlegung und streckenweise Kanalisierung des \"Baches\", mithin um Maßnahmen, wie sie im preußischen Wassergesetz für natürliche Wasserläufe vorgesehen sind, und die hier u.a. zur Verlegung des Exxx Baches aus dem Stadtgebiet von Sxxx geführt haben. Dementsprechend heißt es in dem vom Regierungspräsidenten im Mai 1928 gefertigten Entwurf des Antwortschreibens an den Rxxxverband (Bl. 317 der Gerichtsakten Anlage I Nr. 4), daß die sich aus § 29 RRG ergebenden . Ansprüche (d.h. die sich aus dem preußischen Wassergesetz im Falle einer Veränderung des Wasserstandes und der Vorflut oder der Verunreinigung des Wassers zugunsten der Eigentümer und Nutzungsbefugten ergebenden Ansprüche) erhalten bleiben. Die Erhaltung derartiger wasserrechtlicher Ansprüche wäre aber gegenstandslos. wenn ein Wasserlauf unter Verlust seiner Wasserlaufeigenschaft künftig ein Abwasserkanal sein soll.",
"Daß selbst der Beklagte noch im Jahre 1952 in zutreffender Beurteilung der Rechtslage den Exxx Bach in dem Streckenabschnitt hinter dem Parkfriedhof, also dem Quellgebiet oberhalb des Geländepunktes Exxx als Wasserlauf im Sinne des preußischen Wassergesetzes angesehen hat, folgt aus seinem am 11. Juni 1952 an die Dxxx Bxxx gerichteten Schreiben (Bl. 317 der Gerichtsakten Anlage I Nr. 9), in dem der Beklagte ausdrücklich in seiner Eigenschaft \"als Wasseraufsichtsbehörde\" die Bxxx auf die ihr als Eigentümerin des Exxx Baches gemäß § 115 PrWG obliegende Verpflichtung hinweist und wasseraufsichtsbehördliche Maßnahmen ankündigt. Eine Zuständigkeit der Wasserbehörde wäre aber nicht gegeben gewesen, wenn es sich bei dem Exxx Bach damals um eine städtische Abwasserleitung gehandelt hätte. In ihrem Antwortschreiben vom 22. November 1952 (Bl. 317 der Gerichtsakten Anlage I Nr. 10) hat die Dxxx Bxxx ebenfalls die Auffassung vertreten, daß es sich um einen natürlichen Wasserlauf handelt. Sie weist darauf hin, daß sie (als Eigentümerin) gemäß § 40 Abs. 2 Ziff. 2 PrWG berechtigt sei, Abwässer in den Exxx Bach einzuleiten und führt aus, daß sie diese Abwässer möglichst gereinigt dem Bachlauf zuführe. Sodann bittet sie den Beklagten als Wasseraufsichtsbehörde, die Einführung von Fäkalienabwässern von der Zeche Kxxx und den an den Exxx Bach angeschlossenen Wohnsiedlungen zu unterbinden.",
"Wenn der Beklagte schließlich geltend macht, die am Exxx Bach zwecks Umwandlung in einen Abwasserkanal durchgeführten Wasserbaumaßnahmen seien mit Beteiligung des Tiefbauamtes der Stadt Exxx als örtlicher Wasserpolizeibehörde (Wasseraufsicht) erfolgt, so kann hierin nicht die nach dem preußischen Wasserrecht erforderliche Zustimmung der für eine solche Maßnahme zuständigen Wasserpolizeibehörde zur Beseitigung der Wasserlaufeigenschaft gesehen werden. Bereits der Erlaß der Minister für öffentliche Arbeiten, für Handel und Gewerbe, für Landwirtschaft, Domänen und Forsten und des Ministers des Innern vom 13. Juli 1914,",
"Ministerialblatt für die Preußische innere Verwaltung, 75. Jahrgang, 1914, S. 248,",
"schränkte die nach dem preußischen Wassergesetz an sich auch für Gemeinden bestehende Möglichkeit, Abwässer in Wasserläufe einzuleiten, stark ein. Dieser Erlaß regelte einmal den Fall, daß eine Gemeinde gemäß § 23 PrWG die Einleitung von Abwässern größerer Ortsteile oder ganzer Ortschaften der Wasserpolizeibehörde anzeigte. Der Erlaß bestimmte für diesen Fall, daß die Wasserpolizeibehörde die von den Gemeinden eingereichten Pläne der Abwasseranlage durch den Regierungspräsidenten dem preußischen Ministerium des Innern vorzulegen hatte, um, wie es in dem Erlaß heißt, \"auf eine gleichmäßige Handhabung der Grundsätze für die Reinhaltung der Wasserläufe hinwirken\" zu können. Für den Fall, daß eine Gemeinde statt einer Anzeige nach § 23 PrWG einen Antrag auf Verleihung des Rechts zur Einleitung ihrer Abwässer gemäß § 46 PrWG stellen sollte, wies dieser Erlaß die Wasserpolizeibehörde an, gegebenenfalls vom Recht des Widerspruchs Gebrauch zu machen, um auf diese Weise eine Entscheidung der Ministerialinstanz herbeizuführen. Dieser Erlaß war, wie sich aus der Kommentierung von",
"Holtz-Kreutz-Schlegelberger, § 23 Anm. 7",
"ergibt, auch in der Folgezeit noch anzuwenden. Daraus folgt, daß die nach preußischem Recht zuständigen Minister die Übung der Stadt Exxx (vgl. die Bekundungen des Leiters der Stadtentwässerung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat), im Stadtgebiet vorhandene natürliche Wasserläufe an die städtische Kanalisation anzuschließen und abwassertechnisch der städtischen Abwasseranlage einzugliedern, nicht billigten, wenn dadurch - was bei dem Exxx Bach der Fall gewesen sein dürfte - gegen die Grundsätze über die Reinhaltung der natürlichen Wasserläufe verstoßen wurde. Die Minister hielten derartige Eingriffe in einen unter § 1 Abs. 1 PrWG fallenden Wasserlauf für so schwerwiegend, daß sie die Entscheidung über die Zulässigkeit der Einleitung und über die Verleihung des Rechts zur Einleitung von Abwässern nicht ausschließlich den nach dem preußischen Wassergesetz zuständigen Wasserpolizei- und Verleihungsbehörden überließen, sondern generell von ihrer Zustimmung abhängig machten. Das städtische Tiefbauamt war also nach dem Erlaß zur Erteilung der erforderlichen wasserbehördlichen Zustimmung zur Beseitigung der Wasserlaufeigenschaft allein nicht befugt; daraus ist zu schließen, daß das Tiefbauamt eine wasserpolizeiliche Entscheidung überhaupt nicht hat treffen wollen, zumal das Tiefbauamt in den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen niemals als Wasserpolizeibehörde (Wasseraufsichtsbehörde) nach außen hin aufgetreten ist. Dagegen bezeichnet sich in dem bereits erwähnten Schreiben an die Bxxx vom 11. Juni 1952 die damals tätig gewordene Dienststelle des Beklagten ausdrücklich \"als Wasseraufsichtsbehörde\".",
"Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß weder die Klägerin als Teileigentümerin des Wasserlaufs noch die zuständigen Behörden die zur Umwandlung des Exxx Baches in eine Abwasserleitung erforderliche Einwilligung erteilt haben. Der Exxx Bach ist daher auf jeden Fall bis zum 1. März 1960 ein natürlicher Wasserlauf im Sinne des § 1 Abs. 1 PrWG geblieben.",
"3. Ab 1. März 1960 gilt das Wasserhaushaltsgesetz, das preußische Wassergesetz trat außer Kraft, soweit es sich um Materien handelte, die im Wasserhaushaltsgesetz geregelt sind. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG findet das Wasserhaushaltsgesetz Anwendung auf das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende Wasser (oberirdische Gewässer). Der Exxx Bach ist ein oberirdisches Gewässer in diesem Sinne. Da § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG nicht mehr wie § 1 Abs. 1 PrWG zwischen natürlichen und künstlichen Wasserläufen unterscheidet, ist schon aus diesem Grunde die Verrohrung und teilweise unterirdische Verlegung des Exxx Baches ohne Einfluß auf seine Eigenschaft, ein oberirdisches Gewässer zu sein.",
"Vgl. Gieseke-Wiedemann, Wasserhaushaltsgesetz, 2. Aufl., § 1 Anm. 2.",
"Sammelleitungen einer städtischen Abwasseranlage gehören allerdings nicht zu den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG fallenden oberirdischen Gewässern. Denn ein Gewässer in diesem Sinne setzt voraus, daß es durch Ableiten von Quell-, Grund- oder Niederschlagswasser zu einem Gewässer am natürlichen Wasserkreislauf teilnimmt.",
"Gieseke-Wiedemann, § 1 Anm. 2.",
"Das in Abwassersammelleitungen enthaltene Wasser ist dagegen zuvor dem natürlichen Wasserkreislauf zum hauswirtschaftlichen oder gewerblichen Gebrauch entnommen worden. Es wird in der Abwasseranlage gesammelt, zu einem natürlichen Vorfluter transportiert und erst dort dem natürlichen Wasserkreislauf wieder zugeführt.",
"Demgegenüber leitet der Exxx Bach nach wie vor das aus seinem Quellgebiet fließende Wasser ab, er ist der natürliche Vorfluter für das in seinem Gebiet anfallende Niederschlagwasser, auch wenn dieses zum Teil nicht unmittelbar, sondern durch Straßenabläufe in ihn eingeleitet wird. Da der Bach insoweit am natürlichen Wasserkreislauf teilnimmt, kommt es nicht darauf an, ob das in ihn abgeleitete Abwasser quantitativ überwiegt. Der Exxx Bach fällt vielmehr unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG.",
"Ein dieser Gesetzesbestimmung unterliegendes Gewässer kann seine Gewässereigenschaft nur dann verlieren und zu einem Bestandteil einer städtischen Abwasseranlage werden, wenn es durch ein förmliches Planfeststellungsverfahren als Gewässer beseitigt wird (§ 31 WHG). Zuständig für die Durchführung eines solchen Verfahrens gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 WHG ist nach § 67 Abs. 4 Satz 1 IWG die obere Wasserbehörde, der Regierungspräsident (§ 96 LWG). Über den Inhalt des Planfeststellungsverfahrens enthält § 31 Abs. 2 WEG zwingende Bestimmungen. Ein solches Verfahren zwecks Einbeziehung des Exxx Baches in die städtische Abwasseranlage ist jedoch weder vom Beklagten beantragt, noch vom Regierungspräsidenten durchgeführt worden. Ohne ein solches Planfeststellungsverfahren konnte aber die Eigenschaft des Exxx Baches, ein unter § 1 WHG fallendes oberirdisches Gewässer zu sein, nicht beseitigt werden.",
"Vgl. Gieseke-Wiedemann, § 31 Anm. 2 b.",
"Der Exxx Bach ist daher auch heute noch ein oberirdisches Gewässer im Sinne von § 1 WHG. Der Senat kommt somit zu demselben Ergebnis wie der Regierungspräsident in xxx (obere Wasserbehörde), der in seinem Schreiben an die Klägerin vom 10. November 1961 (Bl. 31 der Gerichtsakten) entgegen der früher von ihm vertretenen Auffassung ausgeführt, der Exxx Bach habe seine Eigenschaft, ein natürlicher Wasserlauf (Gewässer) zu sein, nicht verloren. Ebenso geht das Oberbergamt in xxx als die im Rahmen des § 14 Abs. 1 WHG bei Zechenbetrieben für wasserrechtliche Erlaubnisse zuständige Behörde in der von ihm am 17. Mai 1962 erteilten Einleitungserlaubnis (§ 7 WHG) davon aus, daß der Exxx Bach auch heute noch ein oberirdisches Gewässer im Sinne von § 1 WHG ist.",
"II. Die Eigenschaft des Exxx Baches als oberirdisches Gewässer im Sinne von § 1 WHG schließt es aus, daß dieser zugleich Bestandteil einer städtischen Abwasseranlage sein kann, mit der Folge, daß die Stadt für seine Benutzung Gebühren verlangen kann. Der Senat vermag der vom Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Urteil vom 28, April 1954",
"- III OVG A 109/53 -, Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte Münster und Lüneburg (OVGE) 8, 385 = KStZ 1955, 64,",
"sowie im Schrifttum zum Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein- Westfalen (KAG NW)",
"Bauernfeind-Zimmermann, KAG NW, 1969, § 7 RdNr. 12 und Dahmen-Küffmann, KAG NW, 1970, § 7 Anm. 4 (S. 341),",
"ferner im Runderlaß des Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11. November 1969, III A 4 - 605/1 - 16102 (Bl. 238 der Gerichtsakten) vertretenen gegenteiligen Auffassung (der sogenannten Zweinaturentheorie), der sich in diesem Streitverfahren der Vertreter des öffentlichen Interesses angeschlossen hat,",
"anderer Meinung: Abt. Zeitschrift für Wasserrecht (ZfW) 1964, 210; Gieseke- Wiedemann, § 1 Anm. 2a (am Ende); vgl. auch Zimmermann, Wasser und Boden (WuB) WO, 330 (331), der eine Trennung zwischen natürlichen Wasserläufen und Kanalisationsanlagen mit dem Ziel, die Wasserläufe wieder abwasserfrei zumachen, für erforderlich hält,",
"nicht zufolgen. Denn sie verkennt, daß nach § 4 KAG 1893 Gebühren nur für die Benutzung einer gemeindlichen Veranstaltung (Anlage, Einrichtung) erhoben werden dürfen.",
"Vgl. zur Vermeidung von Wiederholungen Urteil des Senats vom 22. März 1971 - II A 554/69 -, OVGE 26, 204 = KStZ 1972, 50 = ZfW 1972, 173.",
"Ein Gewässer im Sinne von § 1 WHG (ebenso ein Wasserlauf im Sinne von § 1 Abs. 1 PrWG) ist jedoch keine von der Gemeinde zur Verfügung gestellte Einrichtung. Vielmehr steht das Gewässer den Gewässereigentümern zu, wobei allerdings die Eigentümerrechte durch den jedermann zustehenden Gemeingebrauch und durch die vom Träger der staatlichen Gewässerhoheit kraft Wasserrechts gewährten Erlaubnisse und Bewilligungen beschränkt sind, die das private Eigentum am Gewässer überlagern.",
"Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 4. Juli 1969 - VII C 26.65 -, ZfW 1970, 148 (149); Gieseke-Wiedemann, aaO, Einl. VIII Anm. 2 und 3; Salzwedel, ZfW 1962, 73; H.J. Wolff, Verwaltungsrecht I, 8. Aufl. § 57 I 2.",
"Ein Gewässer wird daher kraft privaten Rechts (Eigentum) oder öffentlichen Rechts (Gemeingebrauchs Erlaubnis, Bewilligung) auf Grund der Rechte genutzt, die Wasserhaushaltsgesetz und Landeswassergesetz gewähren. Um diese sich bereits aus den Wassergesetzen ergebenden Befugnisse (hier die der Klägerin durch das Oberbergamt am 17. Mai 1962 erteilte Erlaubnis zur Einleitung von Zechenabwässern) nutzen zu können, bedarf es nicht einer Zulassung oder einer Vermittlung dieser Befugnis durch die Gemeinde, wie dies bei der Benutzung einer gemeindlichen Einrichtung im Sinne von § 4 KAG 1893 begriffsnotwendig ist. Die Stadt Exxx kann nicht dem Benutzer eines unter § 1 WHG fallenden Gewässers gewähren, was ihn bereits kraft Wasserrechts zusteht. Die am Gewässer auf Grund des Wasserrechts bestehenden oder zu bewilligenden Befugnisse sind der Verfügungsgewalt der Gemeinde entzogen. Es ist deshalb ausgeschlossen, die kraft Wasserrechts erfolgende Benutzung des Gewässers (hier die Einleitung der Zechenabwässer in den Exxx Bach, der sie dem Klärwerk des Rxxxverbandes zuführt) als das Ergebnis einer eigenen Leistung der Stadt Exxx zu behandeln. Nur bei Vorliegen einer solchen besonderen Leistung der Gemeinde könnte aber eine Benutzungsgebühr im Sinne von § 4 KAG 1893 als spezielle Vergütung für diese Leistung erhoben werden.",
"Vgl. das o.a. Urteil des Senats vom 22. März 1971, aaO.",
"Die Stadt Exxx ist auch nicht die alleinige Eigentümerin des Exxx Baches. Da es sich bei ihm um ein Gewässer dritter Ordnung handelt (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 LWG), steht der Bach im Eigentum der Eigentümer der Ufergrundstücke (§ 4 Abs. 1 LWG, ebenso § 8 PrWG). Wie zwischen den Parteien unstreitig ist und sich aus dem vom Beklagten im Vorprozeß überreichten Eigentümerverzeichnis ergibt (vgl. Bl. 41 ff 3 K 1015/65, sowie Anlage III Nr. 1 zu Bl. 317 der Gerichtsakten des nunmehr anhängigen Streitverfahrens), ist streckenweise auch die Klägerin Eigentümerin des Baches, und zwar nicht nur im Bereich der Ufergrundstücke, von dem aus sie die Abwässer der Zeche Kxxx 3/6 in den Exxx Bach einleitet, sondern auch weiterer Ufergrundstücke. Soweit die Klägerin im Rahmen des geltenden Wasserrechts und der sich daraus für den Eigentümer ergebenden Beschränkungen diesen Bach nutzt, übt sie ebenso wie die Stadt Exxx und die übrigen Eigentümer des Exxx Baches ihr Eigentumsrecht aus. Sie ist daher nicht auf eine Vermittlung dieser Nutzung durch einen anderen angewiesen wie dies bei dem Benutzer einer gemeindlichen Einrichtung der Fall wäre, dem die Gemeinde erst durch Zulassung zu der Einrichtung die Nutzung ermöglicht.",
"Dasselbe gilt auch, soweit die Klägerin nicht nur von ihrem Gewässereigentum, sondern darüber hinaus von der ihr gemäß § 7 WHG erteilten Befugnis zur Einleitung ihrer Zechenabwässer Gebrauch macht. Auch hier stützt sie sich auf eine Befugnis, die ihr bereits auf Grund des Wasserhaushaltsgesetzes gewährt worden ist, ohne daß sie bei Ausübung dieser Befugnis einer der Stadt Exxx kraft Gemeinderechts vorbehaltenen Zulassung bedarf. Als Eigentümerin von Gewässerstrecken des Exxx Baches (d.h. nicht als Trägerin einer gemeindlichen Einrichtung) muß aber die Stadt gemäß § 12 LWG die Benutzung dieses Baches seitens der Klägerin in dem durch die Erlaubniserteilung zulässigen Umfang unentgeltlich dulden.",
"Vgl. Gieseke-Wiedemann, § 7 Anm. 3 e, § 8 Anm. 4 d; Burghartz, Wasserhaushaltsgesetz und Wassergesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 1962, § 12 LWG, Anm. 1.",
"Selbst wenn also der Beklagte tatsächlich den Exxx Bach abwasser- und haushaltstechnisch als Teil der städtischen Abwasseranlage behandelt und hierfür Aufwendungen aus dem Abwassergebührenhaushalt verwendet, ist eine Gebührenheranziehung auf der Grundlage des § 4 KAG 1893 nicht gerechtfertigt. Denn § 4 KAG 1893 eröffnet den Gemeinden die Befugnis zur Gebührenerhebung lediglich für die Benutzung rechtmäßig errichteter Anlagen. Zwar kommt das Erfordernis der Rechtmäßigkeit der Errichtung einer gemeindlichen Anlage im Wortlaut des § 4 KAG 1893 nicht zum Ausdruck; dies aber nur deswegen nicht, weil die Rechtmäßigkeit der Anlage, für deren Benutzung die Gemeinde Gebühren fordern will, im Gesetz als selbstverständlich vorausgesetzt ist. Denn die Bindung der Gemeindeverwaltung an Gesetz und Recht war schon bei Erlaß des preußischen Kommunalabgabengesetzes ein selbstverständlicher Grundsatz und ist heute auch in anderen Normen gesetzlich verankert (Art. 78 Abs. 4 Satz 1 Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 18. Juni 1950 - SGV NW 100; § 106 Abs. 1 GO NW). Die unter Verletzung der Rechte der Eigentümer oder anderer Nutzungsbefugter oder ohne die gesetzlich vorgeschriebene Mitwirkung der Wasserbehörde bloß faktisch erfolgte Eingliederung eines unter § 1 WHG fallenden Gewässers in eine Kanalisationsanlage rechtfertigt daher keine Gebührenerhebung nach § 4 KAG 1893 wegen der Einleitung von Abwasser in diesen widerrechtlich gebildeten Teil der \"Kanalisationsanlage\".",
"Entgegen der vom Vertreter des öffentlichen Interesses in diesem Streitverfahren vorgetragenen Auffassung (Bl. 233 der Gerichtsakten) kann auch eine nachträglich von der Wasserbehörde erteilte Erlaubnis oder Bewilligung eine zuvor erfolgte faktische Eingliederung eines Gewässers in eine gemeindliche Abwasseranlage nicht legalisieren. Vielmehr kann ein Gewässer nur nach Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens gemäß § 31 WHG als Gewässer beseitigt und dann die bisherige Gewässerstrecke der gemeindlichen Abwasseranlage eingegliedert werden.",
"Dieses Ergebnis entspricht allein dem vom Gesetzgeber mit dem Wasserhaushaltsgesetz verfolgten Zweck, den natürlichen Wasserhaushalt zu ordnen und vor allem die Gewässer vor Verunreinigungen zu schützen.",
"Vgl. Gieseke-Wiedemann, aaO, Einl. VI Anm. 2; Sieder-Zeitler, Wasserhaushaltsgesetz, 1970, Vorbem. RdNr. 6.",
"Das Wasserhaushaltsgesetz will die Erhaltung der Gewässer in ihrer natürlichen Funktion sicherstellen, um sie als Gewässer in möglichst weitem Umfang für den Bedarf des Menschen nutzbar zu erhalten. Aufgabe des im Wasserhaushaltsgesetz und im Landeswassergesetz geregelten Gewässerschutzes ist es, die natürliche Beschaffenheit der Gewässer (insbesondere ihre biologischen und chemischen Eigenschaften) zu bewahren. Die begrenzte Menge des für den menschlichen Gebrauch nutzbaren Wassers muß weitestgehend erhalten bleiben. Je stärker (etwa in industriellen Ballungsgebieten) der Wasserschatz beansprucht ist und je mehr der Wasserbedarf steigt und die Gefahr der Verschmutzung des vorhandenen Wassers zunimmt, umso mehr müssen die im Wasserhaushaltsgesetz und im Landeswassergesetz zum Schutz der Gewässer vorgesehenen Maßnahmen wirksam werden. Mit diesem durch das Wasserhaushaltsgesetz und das Landeswassergesetz verfolgten Zwecke, den größtmöglichen Nutzen für den Menschen mit dem bestmöglichen Gewässerschutz zu koordinieren,",
"Gieseke-Wiedemann, aaO, Ein. VI 2; Sieder-Zeitler, aaO, Vorbem. RdNr. 6,",
"ist es unvereinbar, daß ein Gewässer zugleich als Teil einer gemeindlichen Abwasseranlage genutzt wird. Denn die vom Wasserhaushaltsgesetz geschützte Gewässerfunktion steht in unvereinbarem Gegensatz zur Funktion einer Abwasserleitung. Durch den Zusammenschluß mit einer Abwasseranlage wird insbesondere die biologische Beschaffenheit des im Gewässerbett vorhandenen Wassers in einer Weise beeinflußt, daß es entgegen seiner Zweckbestimmung für den Menschen nicht mehr zu verwenden ist. Deshalb schreiben die für den Gewässerschutz im Lande Nordrhein-Westfalen maßgeblichen \"Richtlinien für die Erteilung von Erlaubnissen und Bewilligungen zum Einleiten von Abwasser in oberirdische Gewässer\"",
"Runderlaß des Ministers für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten des Landes Nordrhein-Westfalen vom 5.12.1966 - VA - 602/2 -14071 VC - 9274, in MBl. NW 1966, 2278 = SMBl. NW 770",
"unter Ziff. 1.3 folgendes vor:",
"\"Abwassereinleitungen dürfen nur zugelassen werden, soweit überwiegende Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit (§§ 6, WHG, 13, 14 LWG) nicht entgegenstehen. Sie sollen einzeln und in ihrer Gesamtheit so beschränkt werden, daß die Gewässer geeignet sind, vor allem der öffentlichen Wasserversorgung, der Gesundheit der Bevölkerung, der Land- und Forstwirtschaft, der gewerblichen Wirtschaft, dem Verkehr und der Fischerei zu dienen und Natur und Landschaft zu beleben.",
"Diese Belange gebieten, die oberirdischen Gewässer gesund zu erhalten oder gesunden zu lassen.",
"An diesem Ziel sind alle Einflüsse der Abwassereinleitung, die geeignet sind, nachteilige Wirkungen für die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Gewässers auszulösen, zu messen. Dabei muß jeder Faktor in seiner Wechselwirkung mit dem anderen aus der Sicht des Gewässers beurteilt werden\".",
"Aus diesen Richtlinien und den ihnen zugrunde liegenden Bestimmungen der Wassergesetze ergibt sich, daß die Wasserbehörde Abwassereinleitungen auch der Gemeinden nur unter Wahrung der Funktion des Gewässers als Bestandteil des natürlichen Wasserhaushalts zulassen darf. Die Übernahme der zusätzlichen Funktion eines Abwassersammelkanals ist mit der naturgegebenen Funktion des Gewässers nicht zu vereinbaren.",
"Schließlich steht auch der Gemeingebrauch einer formlosen Einbeziehung eines Gewässers in eine gemeindliche Kanalisationseinrichtung entgegen. Gemäß § 23 WEG darf jedermann oberirdische Gewässer in einem Umfang benutzen, wie dies das Landesrecht als Gemeingebrauch gestattet, soweit es mit den Befugnissen anderer oder deren Eigentümer- oder Anliegergebrauch vereinbar ist. Nach § 31 LWG, der den Gemeingebrauch landesrechtlich regelt, darf jedermann natürliche oberirdische Gewässer (mit Ausnahme der Talsperren) u.a. zum Baden, Waschen, Viehtränken, Schwemmen oder Schöpfen mit Handgefäßen, zum Eissport usw. benutzen, soweit nicht Rechte anderer entgegenstehen und Befugnisse oder der Eigentümer- oder Anliegergebrauch anderer dadurch nicht beeinträchtigt werden. Unter denselben Voraussetzungen ist jedermann die Entnahme von Wasser mittels fahrbarer Behältnisse und die Einleitung nicht verschmutzten und nicht erwärmten Wassers gestattet. Das Entnehmen von Wasser in geringen Mengen für die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft oder den Gartenbau oder für gewerbliche Betriebe kann durch ordnungsbehördliche Verordnung als Gemeingebrauch zugelassen werden. Schließlich kann nach § 32 LWG die Wasserbehörde die Ausübung des Gemeingebrauchs regeln, beschränken oder verbieten, allerdings nur, um eine Beeinträchtigung anderer oder eine nachteilige Veränderung der Wassereigenschaft oder eine andere Beeinträchtigung des Wasserhaushalts zu verhindern.",
"Diese durch die Wassergesetze im Rahmen des jedermann zustehenden Gemeingebrauchs eingeräumten Benutzungsmöglichkeiten werden aber bei der von den Vertretern der Zweinaturenlehre bejahten Möglichkeit einer zusätzlichen Übernahme der Funktion einer gemeindlichen Abwasserleitung faktisch ausgeschlossen. Da § 32 LWG die Regelung oder gar das Verbot des Gemeingebrauchs nur zu dem Zweck gestattet, eine Beeinträchtigung anderer sowie eine solche des Wasserhaushalts, insbesondere der Wassereigenschaften, zu verhindern, liegt es auch nicht in der Regelungsbefugnis der Wasserbehörde, die Einleitung von Abwasser in einer Weise zuzulassen, daß infolge der verschlechterten Wasserqualität jede andere mit dem Gemeingebrauch nach dem Wasserhaushaltsgesetz und dem Landeswassergesetz übereinstimmende Benutzung des Gewässers ausgeschlossen wird.",
"Vgl. Sieder-Zeitler, aaO, Vorbem. RdNr. 14.",
"Letzteres wäre auch mit dem im Wasserrecht herrschenden Grundsatz der Gemeinverträglichkeit der Gewässerbenutzung",
"Vgl. Gieseke-Wiedemann, aaO, Ein. VI 3",
"nicht zu vereinbaren.",
"Darüber hinaus wären bei einer Einbeziehung eines oberirdischen Gewässers in die städtische Kanalisationsanlage auch die gemäß § 7 und 8 WHG durch Erteilung einer Erlaubnis oder Bewilligung zu gewährenden Befugnisse oder Rechte, ein oberirdisches Gewässer nach den Bestimmungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 WHG zu benutzen, worunter z.B. auch das Entnehmen und Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern gehört, praktisch ausgeschlossen; auch der durch § 24 WHG gestattete Eigentümer- und Anliegergebrauch, der in dem dort umschriebenen Umfang die Benutzung eines oberirdischen Gewässers durch den Eigentümer oder den durch ihn Berechtigten oder gemäß Landesrecht durch den Anlieger (vgl. § 33 LWG) ohne behördliche Erlaubnis oder Bewilligung gestattet, könnte nicht mehr verwirklicht werden. Die in § 1 Abs. 4 Nr. 1 von der Stadt Exxx in ihrer Entwässerungssatzung getroffene Regelung, wonach \"die von der Stadt unterhaltenen ... Wasserläufe, soweit sie zur Ableitung des Schmutzwassers aus den angeschlossenen Grundstücken vorgesehen sind, zu den Abwasseranlagen gehören\", widerspricht somit höherrangigem Recht und ist unwirksam.",
"§ 1 Abs. 4 der vom Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen herausgegebenen Mustersatzung über die Entwässerung der Grundstücke und den Anschluß an die öffentliche Abwasseranlage",
"Runderlaß vom 20. September 1972, MBl. NW 1972, 1698,",
"erwähnt zwar entgegen dem ursprünglichen Entwurf",
"abgedruckt in Bauernfeind-Zimmermann, aaO, Seite 328,",
"nicht mehr ausdrücklich auch die Gewässer (natürliche Wasserläufe) als mögliche Bestandteile einer öffentlichen Abwasseranlage. In der Anmerkung.2 zu § 1 Abs. 4 der Mustersatzung von 1972 heißt es jedoch, daß auch Gewässer zur Abwasseranlage gehören können, wenn sie in das Entwässerungsnetz einbezogen sind. Wenn mit dieser Anmerkung zur Mustersatzung zum Ausdruck gebracht werden sollte, daß ein Gewässer unter Aufrechterhaltung seiner Gewässereigenschaft zugleich Bestandteil der gemeindlichen Abwasseranlage sein könnte, so ist dies nach den obigen Ausführungen nicht haltbar. Wird dagegen ein Gewässer unter Beachtung des in § 31 WHG vorgeschriebenen Verfahrens als Gewässer beseitigt und die frühere Gewässerstrecke in ein gemeindliches Abwassernetz einbezogen, dann liegt ein Gewässer im Sinne von § 1 WHG nicht mehr vor.",
"Die in Spezialgesetzen (z.B. im Emschergenossenschaftsgesetz vom 14.7.1904 und im Ruhrreinhaltungsgesetz vom 5.6.1913 - SGV NW 77 - usw.) u.U. vorgesehene abweichende Regelung der Einbeziehung von Gewässern in Anlagen wasserrechtlicher Sonderverbände ist in diesem Verfahren nicht zu untersuchen.",
"Entgegen der Ansicht des Beklagten führt dieses vom Senat gewonnene Ergebnis nicht dazu, daß die Belange des Allgemeinwohls mißachtet und industriellen Großeinleitern wie der Klägerin eine kostensparende Ableitung ihrer Abwässer zu Lasten der Allgemeinheit ermöglicht wird. Schon im Rahmen des Erlaubnis- und des Bewilligungsverfahrens hat die Wasserbehörde vor allem zu prüfen ob und inwieweit eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten ist (§ 6 WHG). Die Erlaubnis oder Bewilligung kann gemäß § 4 WHG unter Auflagen erteilt werden, wobei § 4 Abs. 2 Nr. 3 WHG der Wasserbehörde die Möglichkeit gibt, dem durch die Erlaubnis oder die Bewilligung begünstigten Unternehmer angemessene Beiträge zu den Kosten von Maßnahmen einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes aufzuerlegen, die dazu dienen, eine mit der Benutzung verbundene Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu verhüten oder auszugleichen.",
"Vgl. hierzu im einzelnen Gieseke-Wiedemann, § 4 Anm. 12 ff.",
"Desweiteren sieht das Landeswassergesetz in § 51 die Erhebung von Beiträgen zu Lasten der nach § 48 Nr. 2 LWG zur Unterhaltung des Gewässers Verpflichteten vor. Unterhaltungspflichtig nach dieser Vorschrift sind im Falle des Exxx Baches u.a. die Gewässereigentümer, also neben anderen auch die Klägerin und die Stadt Exxx . Sollte der Stadt Exxx darüber hinaus zugleich gemäß § 50 Nr. 1 LWG die Erfüllung der Unterhaltungspflicht für den Exxx Bach obliegen, so kann sie gemäß § 51 Abs. 2 LWG ihren Unterhaltungsaufwand auf die Unterhaltungspflichtigen umlegen.",
"Vgl. hierzu Richtlinien zur Unterhaltung der Gewässer zweiter und dritter Ordnung - Runderlaß des Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 1.3.1970 - SMBl. NW 770 Nr. 8.",
"Die Berechnung der Umlage des Unterhaltungsaufwandes auf die Unterhaltungspflichtigen ist in § 51 LWG geregelt. Diese Vorschrift wird durch Nr. 7 der Richtlinien erläutert, wobei Nr. 7.424 u.a. auch die Abwassereinleitung \"berücksichtigt und unter Nr. 7.4242 einen besonderen \"Beschaffenheitsbeiwert\" für unverschmutztes Kühlwasser, für mechanisch-biologisch behandeltes Abwasser, mechanisch behandeltes Abwasser und unbehandeltes Abwasser festlegt. Ferner ist unter Nr. 7.425 die Beitragsberechnung für die Einleitung von gesammeltem Niederschlagswasser geregelt und erläutert.",
"Das geltende Recht gibt also sowohl durch die Vorschriften des Landeswassergesetzes als auch durch § 4 WHG den Behörden die Möglichkeit, Maßnahmen zu finanzieren, die dem Schutz des Wasserhaushalts dienen. Anders als die Kanalbenutzungsgebühren nach § 4 KAG 1893 kommen aber die auf Grund dieser Bestimmungen zu beschaffenden Finanzierungsmittel ausschließlich dem benutzten Gewässer (hier dem Exxx Bach) zugute und dürfen nicht für andere Zwecke verwendet werden. Damit ist in besonderer Weise sichergestellt, daß die von den Gewässerbenutzern aufgebrachten Mittel dem Schutz des betreffenden Gewässers und damit den Interessen des \"Gemeinwohls dienen, die oberirdischen Gewässer zu erhalten oder gesunden zu lassen\" (Richtlinien vom 5.12.1966 Ziff. 1.3). Auf diesem Wege haben die nach den Wassergesetzen zuständigen Behörden die Belange des Allgemeinwohls zu wahren und den bestmöglichen Gewässerschutz zum größtmöglichen Nutzen des Menschen zu verwirklichen.",
"Die Berufung war daher mit der sich aus § 154 Abs. 2 VwGO ergebenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.",
"Die Revision ist nicht zuzulassen weil die Voraussetzungen hierfür nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen."
] | {
"law": [
"§ 2 Abs. 1 PrWG",
"§ 1 Abs. 1 PrWG",
"§ 14 Abs. 1 WHG",
"§ 2 Abs. 1 Nr. 3 PrWG",
"§ 67 Abs. 4 Satz 1 IWG",
"§ 4 Abs. 1 LWG",
"§ 12 LWG",
"§ 24 WHG",
"§ 32 LWG",
"§ 31 Abs. 2 WEG",
"§ 31 LWG",
"§ 31 Abs. 1 Satz 1 WHG",
"§ 8 PrWG",
"§ 23 WEG",
"§ 1 Abs. 1 Nr. 1 WHG",
"§ 4 PrWG",
"§ 29 RRG",
"§ 46 PrWG",
"§ 4 Abs. 2 Nr. 3 WHG",
"§ 2 PrWG",
"§ 50 Nr. 1 LWG",
"§ 7 und 8 WHG",
"§ 132 Abs. 2 VwGO",
"§ 1 Abs. 4 PrWG",
"§ 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 WHG",
"§ 2 Abs. 2 RRG",
"§ 4 KAG",
"§ 4 Abs. 1 KAG",
"§ 2 Abs. 1 Nr. 2 PrWG",
"§ 2 Abs. 1 Nr. 1 PrWG",
"§ 2 Abs. 1 RRG",
"§ 106 Abs. 1 GO",
"§ 8 Abs. 1 PrWG",
"§ 51 LWG",
"§ 48 Nr. 2 LWG",
"§ 1 WHG",
"§ 5 PrWG",
"§ 14 Abs. 2 WHG",
"§ 115 PrWG",
"§ 51 Abs. 2 LWG",
"§ 1 PrWG",
"§ 1 Abs. 1 Nr. 1 and 2 WHG",
"§ 379 Abs. 2, 4 a PrWG",
"§ 2 Abs. 1 Satz 1 RRG",
"§ 1091 BGB",
"§§ 6, WHG, 13, 14 LWG",
"§ 33 LWG",
"§ 2 Abs. 1 Nr. 3 LWG",
"§ 6 WHG",
"§ 4 WHG",
"§§ 186 bis 188 PrWG",
"§ 31 WHG",
"§ 23 PrWG",
"§ 154 Abs. 2 VwGO",
"§ 96 LWG",
"§ 7 WHG"
],
"case": [
"III A 857/59",
"II A 554/69",
"5 K 554/67",
"III OVG A 109/53",
"3 K 1015/65"
]
} |
316,078 | 8 O 152/72 | lg-dortmund-1972-10-05-8-o-15272 | ECLI:DE:LGDO:1972:1005.8O152.72.00 | 1972-10-05T00:00:00 | {
"id": 806,
"name": "Landgericht Dortmund",
"slug": "lg-dortmund",
"city": "Dortmund",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | Urteil | [
"Die Klage wird. abgewiesen.",
"Die Kosten des Rechtsstreits werden den",
"Klägern auferlegt.",
"Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung",
"in Höhe von 600,— DM durch die Beklagten",
"vorläufig vollstreckbar."
] | [
"Die Kläger betreiben als Gesellschaft bürgerlichen",
"Rechts ein Maler- und Anstreichergeschäft in",
"I. Sie hatten geschäftlich wiederholt mit dem",
"Vater der beklagten Ehefrau, Herrn C, zu tun,",
"der bis zu seinem Tode am 9.10.1971 Bauführer im",
"Architektenbüro Brückner war, dem vom Staatshochbau-",
"amt die Bauleitung über den Neubau der Jugendvoll-",
"zugsanstalt in Hennen übertragen worden war. Herrn",
"C oblag es unter anderem, die Abschlagsrechnungen",
"der dort arbeitenden Handwerker zu prüfen und zur",
"Zahlung weiterzugeben. Er hatte sich wiederholt",
"dafür eingesetzt, daß Abschlagszahlungen der eben-",
"falls dort tätigen Kläger vom Staatshochbauamt",
"prompt reguliert wurden. Die Kläger hatten sich",
"dafür auch schon erkenntlich gezeigt und",
"kleinere Anstreicherarbeiten in seiner",
"Wohnung kostenlos erledigt.",
"Als die Beklagten sich Ende 1970 auch auf Drängen",
"von Herrn C zum Bezug einer größeren Wohnung",
"entschlossen hatten, die vor ihrem Einzug voll-",
"ständig renoviert werden sollte, trat dieser an",
"den Kläger D heran und fragte, ob sie",
"die dort anfallenden Anstreicherarbeiten machen",
"könnten. D sagte nach anfänglichem Zögern",
"wegen zahlreicher anderer vorliegender Aufträge zu",
"und traf sich dann mit Herrn C und den Beklagten",
"zu einer Besprechung in ihrer neuen Vierzimmerwohnung.",
"Dort wurde im einzelnen abgestimmt, welche Arbeiten",
"ausgeführt werden sollten, wie und in welcher Reihen-",
"folge, ohne daß dabei aber von Preisen und Kosten",
"oder davon gesprochen worden wäre, wer denn nun",
"Auftraggeber sein solle.",
"Die Kläger führten die festgelegten Arbeiten aus",
"und übermittelten den Beklagten 1 1/4 Jahre später",
"unter dem 1.3.1972 eine nach Material- und Zeitauf-",
"wand zusammengestellte Rechnung im Gesamtbetrage",
"von 6.850,50 DM.",
"Die Kläger behaupten, daß sie den zugrundeliegenden",
"Auftrag von den Beklagten erhalten hätten und ver-",
"langen von ihnen den Rechnungsbetrag als ortsüblichen",
"Werklohn. Zur Verringerung des Prozeßrisikos verlangen",
"sie hier nur 80 % des Rechnungsbetrages.",
"Sie beantragen daher,",
"die Beklagten als Gesamtschuldner",
"zu verurteilen, an sie 5.480,40 DM",
"nebst 10 % Zinsen seit dem 21.3.",
"1972 zu zahlen.",
"Die Beklagten beantragen,",
"Klageabweisung.",
"Sie bestreiten, die Kläger mit der Ausführung dieser",
"Arbeiten beauftragt zu haben. Auftraggeber sei viel-",
"mehr ihr Vater bzw. Schwiegervater gewesen. Dieser",
"habe ihnen seinerzeit gesagt, sie sollten ihm",
"3.000,-- DM geben, dann würde er mit Hilfe ihm",
"beruflich nahestehender Handwerker die neue Wohnung",
"vollständig renovieren lassen. Damit seien sie einver-",
"standen gewesen und hätten ihm auch die 3.000,-- DM",
"bezahlt.",
"Auch der Kläger D habe genau gewußt, daß",
"sein Auftraggeber hier Herr C gewesen sei. Als die",
"aufwendig und sorgfältig ausgeführten Arbeiten nämlich",
"schon geraume Zeit im Gange gewesen und ihnen Beden-",
"ken wegen der Kosten gekommen seien, habe der von ihnen",
"darauf angesprochene Herr D sie beruhigt und",
"ihnen gesagt, das koste sie gar nichts, das werde",
"er alles mit \"Opa C\" regeln. Mit diesem habe er",
"wahrscheinlich sogar vereinbart, diese Arbeiten unent-",
"geltlich auszuführen, denn das habe er Frau C er-",
"zählt und hinzugefügt, er mache das bei den Beklagten",
"umsonst aus Dankbarkeit, weil Herr C ihm in geschäft-",
"lichen Schwierigkeiten geholfen habe. Für die Unentgelt-",
"lichkeit spreche im übrigen auch, daß die Kläger zu",
"Lebzeiten von Herrn C weder an diesen noch an",
"sie wegen der Bezahlung dieser Arbeiten herangetreten",
"seien.",
"Vorsorglich bestreiten die Beklagten auch die",
"Üblichkeit des geforderten Werklohnes. Sie hätten",
"den Wert der von den Klägern ausgeführten Arbeiten",
"durch einen Fachmann schätzen lassen, der dabei auf",
"nur ca. 2.900,.-- DM gekommen sei.",
"Die Kläger bestreiten, mit Herrn C die unentgeltliche",
"Ausführung dieser Arbeiten vereinbart zu haben.",
"Sie hätten das weder zu den Beklagten noch zu Frau",
"C gesagt.",
"Mit der Übersendung ihrer Rechnung an die Beklagten",
"hätten sie nur auf Wunsch von Herrn C so lange",
"gewartet, der sie wiederholt gebeten habe, den Be-",
"klagten Zeit zu lassen, weil diese noch zahlreiche",
"andere Anschaffungen zu bezahlen hätten.",
"Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen",
"Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt",
"der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen."
] | [] | [
"Die auf die §§ 631, 632 BGB gestützte Klage ist unbe-",
"gründet.",
"Schuldner der geltend gemachten Werklohnforderung",
"ist nach § 631 Abs. l BGB jeweils nur der Besteller,",
"i d.h. der Auftraggeber. Die Kläger haben hier",
"angesichts des Bestreitens der Beklagten und der von",
"ihnen gegebenen Darstellung des Verlaufs der Auf-",
"tragsverhandlungen und ihres Hintergrundes nicht",
"hinreichend substantiiert dargetan, daß sie den Auf-",
"trag zur Ausführung der Malerarbeiten von den Be-",
"klagten erhalten haben. Nach ihrer eigenen Darstellung",
"haben sie vor Beginn der Arbeiten und auch während",
"ihrer Ausführung weder gesagt noch sonstwie klarge-",
"stellt, daß sie die Beklagten als ihre Auftraggeber",
"ansehen. Ihre Kontakte mit ihnen beschränkten sich auf",
"die Abstimmung von Ausführungsart und-zeit. Als die",
"Beklagten die Tapeten aussuchten und bei den Arbeiten",
"jeweils bestimmten, welche Farbtöne die verschiedenen",
"Decken und Wände haben sollten, ist nicht zwingend",
"auf sie als Auftraggeber schließen, weil es sich dabei",
"nicht um rechtsgeschäftliche Willenserklärungen",
"sondern um rein tatsächliche Anweisungen zur Durchführung",
"der Arbeiten handelte.",
"Es ist allerdings richtig, daß nach der allgemeinen",
"Lebenserfahrung bei der Ausführung von Anstreicher-",
"arbeiten in Wohnungen regelmäßig der Wohnungsinhaber",
"Auftraggeber und damit Schuldner des Werklohnes für",
"alle Arbeiten ist, die in seiner Wohnung ausgeführt",
"werden. Arbeitet ein Malermeister in der Wohnung",
"eines Kunden, so wird er es in der Regel auf Grund",
"eines Werkvertrages mit diesem tun. Deswegen sind",
"auch die Kläger hier möglicherweise als selbstver-",
"ständlich davon ausgegangen daß die Beklagten ihre",
"Auftraggeber seien und eine besondere Klarstellung",
"gar nicht für erforderlich hielten. Dieser der",
"allgemeinen Lebenserfahrung entsprechende Regel-",
"fall liegt hier aber gerade nicht vor. Hier ist",
"es nach dem unstreitigen Sachverhalt ebensogut",
"möglich, daß Auftraggeber der Vater der beklagten",
"Ehefrau, der verstorbene Herr C war. Er ist zuerst",
"an die Kläger herangetreten und hat sie gebeten,",
"diese Arbeiten in der Wohnung seiner Kinder auszu-",
"führen. Er legte Wert darauf, daß diese die neue",
"Wohnung bezogen, obwohl sie Bedenken gegen die damit",
"auf sie zukommenden erheblichen Renovierungskosten",
"hatten. Er stand mit den Klägern beruflich in Ver-",
"bindung und war ihnen wiederholt gefällig gewesen.",
"Die Kläger waren an einer weiteren guten Zusammenarbeit",
"mit ihm naturgemäß sehr interessiert. In solchen",
"fällen widerspricht es keineswegs der Lebenserfahrung,",
"daß ein Handwerker auch für Familienangehörige",
"eines ihm so wichtigen Mannes Arbeiten ausführt,",
"sei es unentgeltlich oder für einen mit ihm auszu-",
"handelnden Vorzugspreis.",
"So gesehen spricht hier genausoviel oder genauso-",
"wenig für die Behauptung der Kläger, die Beklagten",
"seien ihre Auftraggeber gewesen, wie für die Be-",
"hauptung der Beklagten, nicht sie, sondern Herr",
"C habe die bei ihnen ausgeführten Arbeiten bei",
"den Klägern in Auftrag gegeben. Unter diesen Umständen",
"erschien es auch nicht sinnvoll, die vom Kläger in",
"seinem Schriftsatz vom 2.10.1972 angebotenen",
"drei Zeugen darüber zu vernehmen, daß Auftrag-",
"geber der Kläger hier die Beklagten gewesen seien.",
"Die Kläger haben keine Tatsachen, sondern lediglich",
"eine Rechtsfolge in ihr Wissen gestellt und dem-",
"entsprechend hat auch der Kläger D in der",
"mündlichen Verhandlung bestätigt, daß Zeugen",
"Tatsachen, die auf eine Bestellereigenschaft im",
"Sinne des § 631 BGB schließen lassen, nicht bekunden",
"können.",
"Da schließlich auch nicht feststellbar ist, daß zwischen",
"den Parteien hinsichtlich der Bestellerqualifikation",
"ein Dissens vorgelegen hat mit der Folge, daß ein",
"Werkvertrag über die Arbeiten nicht zustande gekommen",
"ist und die Beklagten die in ihrer Wohnung geleisteten",
"Arbeiten wenigstens aus dem Gesichtspunkt der unge-",
"rechtfertigten Bereicherung bezahlen müssen, war die",
"Klage abzuweisen.",
"Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; der Aus-",
"spruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf",
"§ 710 ZPO."
] | {
"law": [
"§§ 631, 632 BGB",
"§ 710 ZPO",
"§ 631 Abs. l BGB",
"§ 91 ZPO",
"§ 631 BGB"
],
"case": []
} |
316,079 | 7 U 115/71 | olgk-1972-10-02-7-u-11571 | ECLI:DE:OLGK:1972:1002.7U115.71.00 | 1972-10-02T00:00:00 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Beschluss | [
"Der Tenor des Urteils vom 24. August 1972 wird gemäß § 319 ZPO von Amts wegen dahin ergänzend berichtigt, dass der Absatz: \"Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen\" nunmehr lautet:",
"\"Die weitergehende Klage wird abgewiesen und die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.\""
] | [] | [
"In den Entscheidungsgründen des Urteils ist ausgesprochen und im einzelnen dargelegt, dass die Klage nicht begründet ist, soweit sie über den im zweiten Absatz des Urteilsausspruchs unter Ziff. l) und 2) umschriebenen Umfang hinausgeht. Eine diesen Urteilsgründen entsprechende Abweisung der weitergehenden Klage ist bei der Formulierung des Urteilstenors versehentlich unterblieben. Diese offenbare Unvollständigkeit war daher nach § 319 ZPO zu berichtigen."
] | [] | {
"law": [
"§ 319 ZPO"
],
"case": []
} |
316,080 | 10 U 104/71 | olgk-1972-01-13-10-u-10471 | ECLI:DE:OLGK:1972:0113.10U104.71.00 | 1972-01-13T00:00:00 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Urteil | [
"Die Berufung der Beklagten gegen das am 27. Mal 1971 verkündete Urteil des Landgerichts Bonn -8 O 36/71- wird zurückgewiesen.",
"Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.",
"Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar."
] | [
"Die Klägerin ist ein Versandhaus. Am 20. September 1966 kauften die Beklagte und ihr damaliger Ehemann bei der Klägerin Möbel und sonstige Hausratsgegenstände. Der Gesamtkaufpreis betrug 1.687,-- DM. Zuzüglich eines Kreditaufschlages von 404,88 DM (1% pro Monat für 24 Monate) belief sich der Kreditrestbetrag auf 2.091,88 DM. Für diese Summe hafteten die Beklagte und ihr damaliger Ehemann nach den getroffenen Vereinbarungen als Gesamtschuldner.",
"Ihre Ehe ist etwa Mitte des Jahres 1967 geschieden worden. Nach Darstellung der Beklagten hat bei der Scheidung ihr Ehemann ihr gegenüber die Erfüllung der Forderung der Klägerin allein übernommen.",
"Auf die Gesamtschuld von 2.091,88 DM sind bisher vor Erlass des Zahlungsbefehls insgesamt 213,-- DM gezahlt worden, und zwar 163,-- DM im Jahre 1967, 20,-- DM im Jahre 1968 10,-- DM im Jahre 1969 und weitere 20,-- DM im Jahre 1970.",
"Nach § 2 der vereinbarten Lieferbedingungen kann die Klägerin für jeden angefangenen Monat 1% des Gesamtkreditbetrages anstelle von Verzugsschaden und Unkostenersatz verlangen.",
"Die Klägerin hat beantragt,",
"die Beklagte als Gesamtschuldnerin mit ihrem bereits durch Vollstreckungsbefehl verurteilten geschiedenen Ehemann ebenfalls zu verurteilen, an sie 1.878,88 DM nebst 1% Zinsen seit dem 1. Januar 1967 zu zahlen, und zwar abzüglich am 17. November 1970 gezahlter weiterer 20,-- DM und am 19. Dezember 1970 gezahlter weiterer 77,-- DM.",
"Die Beklagte hat beantragt,",
"die Klägerin mit ihrer Klage abzuweisen.",
"Sie hat die Einrede der Verjährung erhoben. Sie hat die Ansicht vertreten, die Klageforderung sei mit Ende des Jahres 1968 verjährt gewesen. Die Forderung stamme aus dem Jahre 1966 und unterliege der zweijährigen Verjährung; die Klägerin habe aber ihren Zahlungsbefehl - wie unstreitig ist - erst am 27. Oktober 1970 beantragt.",
"Demgegenüber hat sich die Klägerin auf die Unterbrechung der Verjährung durch die geleisteten Zahlungen berufen. Dazu hat die Klägerin behauptet, die Überweisungen im Jahre 1967 seien durch die Beklagte, die Tilgungen in den Jahren 1968, 1969 und 1970 seien dagegen durch deren geschiedenen Ehemann erfolgt (Beweis Zeugnis der Herren R. und B.) .",
"Die Beklagte hat bestritten, an die Klägerin irgendwann Geld gezahlt zu haben (Beweis: Parteivernehmung des Inhabers der Klägerin ). Bereits kurze Zeit nach dem Kauf der Gegenstände am 20. September 1966 habe sie sich von ihrem damaligen Ehemann getrennt. Sie sei auch nicht im Besitz der Möbel; die gekauften Sachen habe vielmehr ihr geschiedener Ehemann veräußert.",
"Das Landgericht hat ohne weitere Beweisaufnahme die Klage zugesprochen. Es hat ausgeführt, die Einrede der Verjährung sei nicht begründet. Vielmehr sei die Verjährung durch die Ratenzahlungen in den Jahren 1967 bis 1970 immer wieder unterbrochen worden. Dabei könne unentschieden bleiben, ob die Beklagte oder ihr geschiedener Ehemann die Geldbeträge überwiesen hätten. Denn auch die durch ihren früheren Ehemann herbeigeführten Unterbrechungen der Verjährung wirkten gegenüber der Beklagten. Belanglos sei auch, wann die Beklagte geschieden worden sei. Maßgebender Zeitpunkt für den Inhalt des zwischen den Parteien bestehenden Schuldverhältnisses sei vielmehr der Augenblick der Begründung der vertraglichen Beziehungen. Eine andere Auffassung könne allenfalls dann erwogen werden, falls die Klägerin von der Scheidung der Ehe erfahren hätte und aus diesem Grunde auf eine einverständliche Abäderung des ursprünglichen Schuldverhältnisses geschlossen werden könne. Dies habe die Beklagte aber nicht behauptet. Unerheblich sei schließlich ihre Einwendung, bei der Scheidung habe ihr Ehemann die Schuld allein übernommen. Denn eine solche Absprache sei zwischen den Prozessparteien bedeutungslos.",
"Gegen dieses ihr am 9. Juli 1971 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 21. Juli 1971 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 6. Oktober 1971 eingegangenen Schriftsatz begründet.",
"Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer Klageabweisung weiter. Sie behauptet, zwischen Mai und Juni 1967 habe der Inhaber der Klägerin wiederholt ihre - der Beklagten - Mutter aufgesucht. Dabei sei er über ihre bereits erfolgte Scheidung informiert worden (Beweis: Zeugnis ihrer Mutter). Außerdem sei der Inhaber der Klägerin von ihr - der Beklagten - gebeten worden, die damals bei Dritten abgestellten Möbel dort heraus - zuholen und ihr - der Beklagten - zu verschaffen. Unter dieser Voraussetzung habe sie sich bereit erklärt gehabt, die Möbelrechnung selbst zu begleichen (Beweis: Zeugnis ihrer Mutter und der Frau M.). Nach Ansicht der Beklagten ergibt sich aus ihrer Darstellung eine zumindest stillschweigende einverständliche Abänderung des Inhalts des ursprünglichen Schuldverhältnisses zwischen ihr und dem Inhaber der Klägerin. Im übrigen wiederholt die Beklagte ihren Vortrag aus dem ersten Rechtszuge.",
"Sie beantragt,",
"das angefochtene Urteil abzuändern und die Klägerin mit ihrer Klage abzuweisen,",
"hilfsweise: ihr - der Beklagten - Vollstreckungsschutz zu gewähren.",
"Die Klägerin beantragt,",
"die Beklagte mit ihrer Berufung zurückzuweisen,",
"hilfsweise: ihr - der Klägerin - Vollstreckungsschutz (auch durch die Bürgschaft einer Bank oder öffentlichen Sparkasse) zu gewähren.",
"Die Klägerin hält die Rechtsausführungen des angefochtenen Urteils für zutreffend. Sie bestreitet, daß sie von der Scheidung der Beklagten Kenntnis bekommen habe. Im übrigen sei diese Behauptung der Beklagten unerheblich. Insbesondere habe sie - die Klägerin - niemals zum Ausdruck gebracht, daß sie das ursprüngliche Vertragsverhältnis inhaltlich abändern wolle.",
"Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf ihre vorgetragenen Schriftsätze Bezug genommen."
] | [] | [
"Die Berufung ist zulässig. Sie ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 516, 518 und 519 ZPO). In der Sache kann sie jedoch keinen Erfolg haben. Das Landgericht hat zu Recht die Beklagte verurteilt, den noch ausstehenden Rest- betrag aus der Bestellung Vom 20. September 1966 in Höhe von 1.878,88 DM gesamtschuldnerisch mit ihrem geschiedenen Ehemann zu zahlen.",
"Die Einrede der Verjährung ist nicht begründet. Die geltend gemachte Forderung wäre der Beklagten gegenüber selbst dann nicht verjährt, falls sie persönlich in den Jahren 1967 bis 1970 keine Geldbeträge an die Klägerin überwiesen hätte. Denn zutreffend hat das Landgericht bereits ausgeführt, daß die Zahlungen ihres früheren Ehemannes auch ihr gegenüber den Lauf der zweijährigen Verjährungsfrist unterbrochen hätten (§§ 196 Abs. 1 Nr. 1; 201 Satz 1; 208 BGB). Richtig ist zwar, daß bei einer Gesamtschuldnerschaft die Unterbrechung der Verjährung nur gegen den Gesamtschuldner wirkt, in dessen Person sie eintritt (§ 425 BGB). Diese Rechtsfolge gilt aber nur, soweit sich nicht aus dem Schuldverhältnis ein anderes ergibt (§ 425 Abs. 1 BGB). Das ist hier aber der Fall. Verpflichten sich nicht getrennt lebende Eheleute. den Kaufpreis und den Kreditaufschlag für auf Raten gekaufte Möbel und sonstige Gegenstände des gemeinsamen Haushalts gesamtschuldnerisch zu tilgen, so ergibt sich aus dem zwischen ihnen und der Verkäuferin begründeten Schuldverhältnis, daß die von einem der Ehegatten durch Abschlagszahlungen herbeigeführte Unterbrechung der Verjährung auch gegenüber dem anderen Ehegatten wirkt (ebenso Soergel-Siebert 1967, § 425, Randnummer 5; früher schon OLG Stuttgart, Das Recht 1911, Nr. 1715). Eine solche Regelung ist stillschweigender Inhalt des Vertragsverhältnisses. Denn sie entspricht dem Sinn und Zweck der vereinbarten Gesamtschuldnerschaft, der beiderseitigen Interessenlage und somit dem an Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte orientierten Parteiwillen (§§ 157, 242 BGB). Zwar entspricht der Grundsatz des § 425 BGB der auch bei einem Gesamtschuldverhältnis regelmäßig bestehen bleibenden rechtlichen Selbständigkeit der einzelnen Verpflichtungen und bezweckt den Schutz der Gesamtschuldner. Diese beiden Gründen treten zugunsten des Gläubigers aber zurück, wenn die Gesamtschuldner besonders eng verbunden sind, dem Gläubiger gegenüber wirtschaftlich eine Einheit darstellen und dieser deshalb häufig praktisch nicht einmal prüfen kann, wer von den Gesamtschuldnern den Betrag überwiesen und dadurch die Verjährung unterbrochen hat. Das Interesse des Gläubigers an einem gemeinsamen rechtlichen Schicksal der beiden gesamtschuldnerischen Verpflichtungen ist dann höher zu bewerten, als das Interesse der Schuldner an einer Trennung.",
"Eine spätere Scheidung der Ehe und die bloße Kenntnisnahme davon durch den Gläubiger ändern an dieser eingetretenen Rechtslage hier nichts. Denn der zunächst begründete Inhalt des Schuldverhältnisses kann einseitig durch die Gesamtschuldner nicht abgeändert werden. Und die Mitteilung der erfolgten Ehescheidung an den Gläubiger und dessen bloße Kenntnisnahme davon kann noch nicht als Einverständnis zu einer inhaltlichen Änderung des Vertragsverhältnisses angesehen werden. Ein derartiger Geschäftswille des Gläubigers ist nicht erkennbar. Unerheblich ist deshalb die Behauptung der Beklagten, der Inhaber der Klägerin sei zwischen Mai und Juni 1967 von ihrer Mutter über die inzwischen ausgesprochene Scheidung informiert worden; die Richtigkeit dieser unter Beweis gestellten Behauptung kann demnach zugunsten der Beklagten unterstellt werden. Ohne entscheidende Bedeutung ist schließlich auch, daß die Beklagte nach ihrem Vortrag den Inhaber der Klägerin gebeten habe. die bei Dritten abgestellten Möbel dort herauszuholen und ihr - der Beklagten - zu verschaffen. Für diesen Fall wolle sie die Möbelrechnung selbst begleichen. Die Richtigkeit auch dieser unter Beweis gestellten Behauptung würde an der Entscheidung des Rechtsstreits ebenfalls nichts ändern: die Beklagte selbst trägt nicht vor, daß der Inhaber der Klägerin ihr Angebot angenommen und sich somit einverstanden erklärt habe. Einseitig konnte die Beklagte aber ihr am 20. September 1966 mit der Klägerin begründetes Vertragsverhältnis nicht abändern. Auch für eine",
"stillschweigende einverständliche Änderung trägt die Berufung keine ausreichenden Tatsachen vor.",
"Der Zinsanspruch ist aus § 2 der Lieferbedingungen gerechtfertigt.",
"Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 und 708 Nr. 7 ZPO. Eine Anordnung nach § 713 Abs. 2 ZPO ist nicht ergangen, weil die Voraussetzungen, unter denen die Revision gegen dieses Urteil stattfindet, nach dem Ermessen des Senats unzweifelhaft nicht vorliegen (§ 713 a ZPO)."
] | {
"law": [
"§§ 97 und 708 Nr. 7 ZPO",
"§§ 511, 516, 518 und 519 ZPO",
"§ 713 a ZPO",
"§§ 157, 242 BGB",
"§ 425 BGB",
"§ 713 Abs. 2 ZPO",
"§§ 196 Abs. 1 Nr. 1; 201 Satz 1; 208 BGB",
"§ 425 Abs. 1 BGB"
],
"case": [
"8 O 36/71"
]
} |
316,081 | 15a W 511/71 | olgham-1971-12-01-15a-w-51171 | ECLI:DE:OLGHAM:1971:1201.15A.W511.71.00 | 1971-12-01T00:00:00 | {
"id": 821,
"name": "Oberlandesgericht Hamm",
"slug": "olgham",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Beschluss | [
"Der angefochtene Beschluß und der Beschluß des Amtsgerichts Minden vom 16. Oktober 1970 werden abgeändert.",
"Das Amtsgericht Minden wird angewiesen, den am 4. März 1963 über den Nachlaß des Erblassers erteilten gemeinschaftlichen Erbschein einzuziehen."
] | [] | [
"Der Erblasser war Eigentümer eines Hofes in ... Nach dem 1. Weltkrieg hatte er für die deutsche Reichsangehörigkeit optiert, konnte aber seinen Wohnsitz auf seinem Hof in ... behalten. Am 20. Januar 1945 verließ der damals 82-jährige Erblasser infolge der Kriegsereignisse seinen Hof und flüchtete nach Westen. Am 26. Februar 1945 verstarb er in .... Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind seine Söhne, die Beteiligten zu 4) bis 7) die Erben seines im Jahre 1964 verstorbenen Sohnes .... Ein weiterer Sohn ... ist im Jahre 1955 verstorben; seine Erben sind nicht bekannt. Die zweite Ehefrau des Erblassers ist am 18. Februar 1946 in ... verstorben.",
"Der Beteiligte zu 3) beantragte im Februar 1963 zu Lastenausgleichszwecken beim Amtsgericht Minden die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins des Inhalts, daß gesetzliche Erben des Erblassers seine zweite Ehefrau zu 1/4 und seine fünf Söhne (die Beteiligten zu 1) bis 3), sowie ... und ...) zu je 3/20 geworden sind. Das Amtsgericht Minden erteilte am 4. März 1963 den beantragten Erbschein.",
"Im Juli 1970 hat der Beteiligte zu 1) beantragt, diesen Erbschein als unrichtig einzuziehen, da ihn der Erblasser in einem wirksamen Testament zum alleinigen Erben eingesetzt habe. Das Amtsgericht hat den Antrag durch Beschluß vom 16. Oktober 1970 zurückgewiesen. Der Beteiligte zu 1) hat Beschwerde eingelegt, die vom Landgericht als unbegründet zurückgewiesen worden ist. Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 1) mit seiner weiteren Beschwerde.",
"Das nach §27 FGG statthafte, formgerecht eingelegte Rechtsmittel ist begründet; denn die Entscheidungen des Amts- und Landgerichts beruhen auf einer Verletzung des Gesetzes. Die Vorinstanzen haben übersehen, daß der gemeinschaftliche Erbschein vom 4. März 1963 entweder von einem unzuständigen Gericht erteilt worden ist oder, falls die Zuständigkeit bejaht werden könnte, nicht als unbeschränkter Erbschein hätte ausgestellt werden dürfen, mithin in jedem Falle seine Einziehung zu erfolgen hat. Es kann deshalb auf sich beruhen, ob das Landgericht dadurch, daß es die Beteiligten zu 5) bis 7) an seinem Verfahren nicht beteiligt und die Erben des im Jahre 1955 verstorbenen ... nicht ermittelt und zugezogen hat, einen weiteren Rechtsfehler begangen hat.",
"Für das Einziehungsverfahren war das Amtsgericht Minden international und örtlich zuständig, ohne Rücksicht darauf, ob seine internationale und Örtliche Zuständigkeit für die Erbscheinserteilung gegeben war, weil es den Erbschein, dessen Einziehung jetzt in Frage steht, erteilt hat (BayObLGZ 1961, 292; KGJ 44, 104; Staudinger-Firsching, BGB, 11. Aufl., §2353 Rdn. 35; Palandt-Keidel, BGB, 30. Aufl., §2361 Anm. 3).",
"Nach §2361 Abs. 1 BGB hat das Nachlaßgericht einen Erbschein einzuziehen, wenn sich ergibt, daß er unrichtig ist. Grundsätzlichrechtfertigen im Erteilungsverfahren begangene Verfahrensfehler die Einziehung nicht. Etwas anderes gilt jedoch, wenn das Gericht, das den Erbschein erteilt hat, örtlich unzuständig war; dann ist er ohne Rücksicht auf seine inhaltliche Richtigkeit einzuziehen. Da die örtliche Zuständigkeit von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens zu beachten ist, hat das Beschwerdegericht die Einziehung selbst dann anzuordnen, wenn die Unzuständigkeit nicht gerügt worden ist (OLG Köln, JMBl. NRW 1957, 15; KGJ 53, 88; Staudinger-Firsching a.a.O., §2353 Rdn. 53 und §2361 Rdn. 8; Palandt-Keidel a.a.O., §2361 Anm. 2; Jansen, FGG, 2. Aufl., §84 Rdn. 12; Keidel, FGG, 9. Aufl., §7 Rdn. 36). Das Landgericht hat die Frage, ob das Amtsgericht Minden für die Erteilung des gemeinschaftlichen Erbscheins vom 4. März 1963 örtlich zuständig war, nicht geprüft, obwohl dazu Anlaß bestanden hätte.",
"Der Erblasser besaß, wie das Landgericht mit Recht im Hinblick auf die bei den Akten befindliche Abschrift seiner Optionsurkunde vom 27. Januar 1922 angenommen hat, die deutsche Staatsangehörigkeit. Deshalb richtet sich die örtliche Zuständigkeit für die Erteilung eines Erbscheins nach §73 Abs. 1 und 2 FGG. Maßgebend ist in erster Linie der Wohnsitz, den der Erblasser zur Zeit des Erbfalls hatte. Hatte er keinen inländischen Wohnsitz, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen Aufenthalt hatte. Ist auch dies zu verneinen, so ist das Amtsgericht Schöneberg in Berlin-Schöneberg zuständig. Der Erblasser hatte bis zu seiner Flucht am 20. Januar 1945 seinen Wohnsitz in ..., die damals zum Deutschen Reich gehörte. Infolge der Kriegsereignisse hat er am 20. Januar 1945 ... verlassen und ist nach Westen geflüchtet. Am 26. Februar 1945 befand er sich in ..., wo er verstarb. Daß der Erblasser in der kurzen Zeit zwischen dem 20. Januar und dem 26. Februar 1945 einen neuen Wohnsitz begründet hat, kann unter Berücksichtigung der damaligen Verhältnisse ausgeschlossen werden. Während dieser Zeit hatten die Truppen der UdSSR die östlichen Grenzen des Deutschen Reiches erreicht und waren bis an die Oder vorgedrungen. Dort war ihr Vormarsch zunächst zum Stillstand gekommen. Erst Anfang März 1945 setzte eine neue Offensive ein, die schließlich zur Besetzung Mitteldeutschlands und ... führte. Der Erblasser war vor den heranrückenden Truppen der UdSSR und den Kampfhandlungen geflohen. Als er starb, war ungewiß, ob er im ..., wo er sich gerade aufhielt, bleiben, oder ob er seine Flucht fortsetzen würde; das hing wesentlich von den künftigen Ereignissen ab. Unter diesen Umständen fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, daß der Erblasser bis zu seinem Tode an einem anderen Ort einen neuen Wohnsitz begründet hat.",
"Indessen hätte der Erblasser nach §7 Abs. 3 BGB durch seine Flucht seinen Wohnsitz in ... aufgegeben haben können, ohne einen neuen begründet zu haben. Dazu wäre erforderlich gewesen, daß er den Willen gehabt hätte, seinen bisherigen Wohnsitz aufzugeben. Daß er ... tatsächlich verlassen hat, ohne zu wissen, wann er zurückkehren würde, würde der Fortdauer des Wohnsitzes nicht entgegenstehen, wenn er nur den Willen gehabt hätte, seinen bisherigen Wohnsitz beizubehalten. Entscheidend ist also, ob der Erblasser, als er ... verließ, beabsichtigte, diesen Ort nicht mehr als Mittelpunkt seines Lebens zu betrachten. Das läßt sich weder generell noch auf Grund des bisherigen Inhalts der Akten feststellen. Im allgemeinen haben Deutsche, die ihre Heimatorte in den reichsdeutschen Gebieten östlich der Oder-Neisse-Linie im Januar 1945 verlassen haben, nur damit gerechnet, daß dies vorübergehend bis zur Beendigung der Kampfhandlungen erforderlich sein würde. Nicht zuletzt auf Grund der Propaganda der damaligen Regierung haben sie im allgemeinen darauf vertraut, alsbald wieder in ihre Heimatorte zurückkehren zu können. Deshalb wird man bei deutschen Flüchtlingen, die ihre im Reichsgebiet liegenden Heimatorte verlassen haben, für die Zeit bis zum Ende des Krieges im Zweifel nicht annehmen können, daß sie den Willen gehabt hätten, ihren bisherigen Wohnsitz aufzugeben, sofern sich für den konkreten Einzelfall keine Umstände feststellen lassen, die eine andere Beurteilung rechtfertigen. Insoweit gelten die gleichen Erwägungen, die die Rechtsprechung für Juden, die ihre deutsche Heimat aus Furcht vor Verfolgungsmaßnahmen verlassen haben, angewandt hat (z.B. BVerwG 32, 66; BGH LM Nr. 2 zu §7 BGB). Daß die in den Gebieten östlich der Oder-Neisse-Linie ansässigen Deutschen, die nach Beendigung des Krieges infolge von Vertreibungsmaßnahmen ihre Heimatorte verlassen haben, damit im allgemeinen auch ihren Wohnsitz verloren haben (so Jansen a.a.O., §73 Rdn. 9 im Anschluß an RGZ 152, 60), steht dem nicht entgegen; denn hierbei handelte es sich um zwangsweise angeordnete und durchgeführte Maßnahmen, die infolge des aufgenötigten Willens die Aufgabe des Wohnsitzes herbeigeführt haben (RGRK-BGB, 11. Aufl. §7 Anm. 7). Ob im vorliegenden Falle konkrete Anhaltspunkte gegeben sind, die auf einen Willen des Erblassers, seinen Wohnsitz in ... aufzugeben, hindeuten, läßt sich den Akten nicht entnehmen. Allerdings ist bisher auch nicht versucht worden, insoweit eine Klärung herbeizuführen, weil die Vorinstanzen die Frage nicht erkannt hatten. Immerhin ist es möglich, daß der Erblasser damit gerechnet hat, nicht mehr nach ... zurückzukehren, er also den Willen hatte, seinen bisherigen Wohnsitz aufzugeben. Insoweit könnten weitere Ermittlungen durch Anhörung der Beteiligten, besonders des Beteiligten zu 3), der zur gleichen Zeit wie der Erblasser ... verlassen hat, zu einer Klärung des Sachverhalts führen. Indessen bedarf es dieser Ermittlungen für die Frage, ob der gemeinschaftliche Erbschein vom 4. März 1963 einzuziehen ist, nicht; dem unabhängig von ihrem Ergebnis müßte der Erbschein in jedem Falle eingezogen werden.",
"Würde sich ergeben, daß der Erblasser bis zu seinem Tode am 26. Februar 1945 seinen Wohnsitz in ... behalten hat, dann wäre das Amtsgericht Minden für die Erteilung des Erbscheins örtlich unzuständig gewesen. Da am Sitze des für ... zuständigen Nachlaßgerichts deutsche Gerichtsbarkeit nicht mehr ausgeübt wird, wäre nach §7 Abs. 1 Satz 1 ZustErgG jedes Amtsgericht, in dessen Bezirk sich Nachlaßgegenstände befinden, für die Erteilung des Erbscheins zuständig gewesen. Im Bezirk des Amtsgerichts Minden befinden sich jedoch keine Nachlaßgegenstände. Der Erbschein wurde lediglich zur Geltendmachung von Lastenausgleichsansprüchen benötigt. Da der Erblasser vor dem 1. April 1952 verstorben ist, sind diese Ansprüche gem. §12 Abs. 6, §229 Abs. 2, §232 LAG in der Person der Erben bzw. der weiteren Erben entstanden. Der Erblasser selbst hat keine Ansprüche nach dem Lastenausgleichsgesetz, da er sich zu keiner Zeit im Gebiet der Bundesrepublik oder Westberlins aufgehalten hat. Die Ansprüche konnten also nur in der Person der Erben entstehen; sie sind mithin keine Nachlaßgegenstände, die eine Zuständigkeit des Amtsgerichts Minden hätten begründen können (KG OLGZ 1966, 127; 1968, 474; Beschl. d. Sen. v. 15.9.1970 - 15 W 281/70 und vom 5.10.1971 - 15 a Sbd. 16/71 -; Jansen, a.a.O., §73 Rdn. 10; Keidel a.a.O., §73 Rdn. 21; mißverständlich OLG Celle - Rpfleger 1971, 318, das ohne die Frage der Staatsangehörigkeit des Erblassers zu klären, die Zuständigkeit des Nachlaßgerichts am Sitz des Ausgleichsamt bejaht; dies kann aber nur für Erblasser mit ausländischer Staatsangehörigkeit gelten).",
"Mithin ist nicht ersichtlich, daß sich im Geltungsbereich des ZustErgG Nachlaßgegenstände befinden. In diesem Falle ist, da der Erblasser Deutscher war, das Amtsgericht Schöneberg in Berlin-Schöneberg zuständig. Auch §7 Abs. 2 ZustErgG führt zu keiner anderen Beurteilung. Danach ist, wenn ein Nachlaßgericht tätig geworden ist, dieses Gericht für den gesamten Nachlaß ausschließlich zuständig. Die Vorschrift setzt voraus, daß mehrere nach §7 Abs. 1 Satz 1 örtlich zuständige Nachlaßgerichte vorhanden sind, weil sich Nachlaßgegenstände in den Bezirken mehrerer Amtsgerichte befinden, und eines der hiernach zuständigen Gerichte tätig geworden ist. Deshalb schließt das Tätigwerden eines örtlich unzuständigen Nachlaßgerichts die Zuständigkeit des Amtsgerichts Schöneberg nicht aus (OLG Köln, a.a.O.; OLG Hamm, JMBl. NRW 1957, 116; KG OLGZ 1966, 127; Jansen a.a.O., §73 Rdn. 11; Keidel, a.a.O., §23 Rdn. 22).",
"Würden hingegen anzustellende Ermittlungen ergeben, daß der Erblasser seinen Wohnsitz in ... aufgegeben hätte, dann wäre für die örtliche Zuständigkeit sein Aufenthalt im Zeitpunkt seines Todes maßgebend. Da er sich in ..., dem Gebiet der heutigen DDR, aufhielt, wäre das Gericht oder das staatliche Notariat, zu dessen Bezirk ... gehört, für die Erteilung des Erbscheins zuständig. Indessen ist hierbei die grundlegende Entscheidung des BGH vom 20. Mai 1969 (BGHZ 52, 123 = NJW 1969, 1428 = Rpfleger 1969, 292 = MDR 1969, 738 = FamRZ 1969, 480 = DNotZ 1970, 665), der der Senat in vollem Umfang gefolgt ist (Beschl. v. 5.10.1971 - 15 a Sbd. 16/71 -) zu beachten. Danach ergibt sich sowohl die interlokale als auch die örtliche Zuständigkeit für den Fall, daß der Erblasser seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt im Gebiet der DDR gehabt hat, daß sich im Gebiet der Bundesrepublik und Westberlin Nachlassgegenstände nicht befinden und der Erbschein lediglich zur Geltendmachung von Lastenausgleichsansprüchen beantragt wird, aus der entsprechenden Anwendung des §73 Abs. 3 FGG. Die in §73 FGG getroffene Zuständigkeitsregelung geht von einem deutschen Staat mit einheitlicher Rechtsordnung aus. Nach dem Auseinanderfallen dieses Staates in zwei Teilgebiete mit unterschiedlicher Rechtsordnung und Beschränkung der Hoheitsgewalt jedes Teiles auf das jeweilige Teilgebiet müssen die Begriffe \"Deutscher\" und \"Inland\" in §73 FGG so verstanden werden, daß sie sich nur auf die Bewohner und das Gebiet der Bundesrepublik sowie Westberlins beziehen. Damit kann der Erblasser in der hier allein in Betracht kommenden verfahrensrechtlichen Beziehung nicht den für die Bewohner der Bundesrepublik und Westberlins geltenden Bestimmungen unterworfen werden, sondern den für Ausländer geltenden. Dies bedeutet, daß in einem solchen Fall nicht §73 Abs. 2, sondern Abs. 3 dieser Vorschrift entsprechend anzuwenden ist. Wenn auch die Lastenausgleichsansprüche nicht zum Nachlaßvermögen gehören, sondern erst in der Person der Erben bzw. weiteren Erben entstehen, so haben sie doch ihre Wurzel darin, daß das Vermögen des Erblassers von Vertreibungsschäden betroffen worden ist. Es bestehen daher keine Bedenken, solche Lastenausgleichsansprüche bei der Bestimmung der interlokalen und örtlichen Zuständigkeit des Nachlaßgerichts wie Nachlaßgegenstände zu behandeln.",
"Der Ansicht des Kammergerichts (OLGZ 70, 96 = NJW 1969, 2101 = MDR 1970, 52 = FamRZ 1969, 611 = DNotZ 1970, 672 = Rpfleger 1969, 387), das in einem solchen Fall §73 Abs. 2 FGG anzuwenden ist, kann nicht gefolgt werden. Es ist nicht konsequent, wenn das Kammergericht für den Fall, daß sich Nachlaßvermögen eines mit letztem Wohnsitz in der DDR verstorbenen Erblassers in der Bundesrepublik oder in Westberlin befindet, den Erblasser verfahrensrechtlich einem Ausländer gleichstellt und daher - in Übereinstimmung mit dem BGH - §73 Abs. 3 FGG anwendet, während es für den Fall, daß in der Bundesrepublik oder in Westberlin lediglich Lastenausgleichsansprüche geltend gemacht werden, den Erblasser Verfahrensrechtlich einem Bewohner der Bundesrepublik gleichstellt und daher für die Bestimmung des örtlich zuständigen Nachlaßgerichts §73 Abs. 2 FGG anwendet. Diese unterschiedliche Betrachtungsweise läßt sich auch nicht durch die vom Kammergericht dargelegten Zweckmäßigkeitserwägungen rechtfertigen.",
"Die entsprechende Anwendung von §73 Abs. 3 FGG führt zwar zu der Annahme, daß sich im Bezirk des Amtsgerichts Minden, das den Erbschein vom 4. März 1963 erteilt hat, in Gestalt der Lastenausgleichsansprüche Nachlaßgegenstände befunden haben. Jedoch ergibt sich daraus die weitere Konsequenz, daß das Amtsgericht Minden nur in Ansehung dieser Ansprüche eine Zuständigkeit erlangt hat. Dies bedeutet, daß kein allgemeiner, unbeschränkter Erbschein, wie im vorliegenden Falle geschehen, hätte erteilt werden dürfen, sondern nur ein auf die im Gebiet der Bundesrepublik befindlichen Nachlaßgegenstände, also die Lastenausgleichsansprüche beschränkter Erbschein, wie er in §2369 BGB vorgesehen ist, hätte ausgestellt werden dürfen. Da der gemeinschaftliche Erbschein vom 4. März 1963 diese Beschränkung nicht enthält, muß er als unrichtig eingezogen werden (Palandt-Keidel a.a.O., §2369 Anm. 3). Der Ansicht des Landgerichts Berlin (NJW 1970, 203), wonach die Entscheidung des BGH vom 20. Mai 1969 (BGHZ 52, 123) nicht dazu nötige, einen vor diesem Zeitpunkt wirksam erteilten allgemeinen Erbschein einzuziehen, vermag der Senat nicht zu folgen. Reine Zweckmäßigkeitserwägungen, auf die sich das Landgericht Berlin stützt, können nicht dazu führen, einen Erbschein, dem die nach §2369 BGB erforderlichen Beschränkungen fehlen, weiter als ein richtiges und im Rechtsverkehr gültiges Zeugnis über das Erbrecht aufrechterhalten.",
"Der Erbschein wirkt kraft seines öffentlichen Glaubens auch in die Zukunft hinein, so daß es nicht angeht, die Frage seiner Richtigkeit danach zu beurteilen, ob er vor oder nach dem 20. Mai 1969 ausgestellt worden ist. Entweder der Erbschein ist - und zwar nach der zur Zeit der Entscheidung geltenden Auffassung - richtig oder er ist unrichtig; im letzteren Falle muß er nach §2361 BGB eingezogen werden.",
"Nach alledem ergibt sich, daß der vom Amtsgericht Minden am 4. März 1963 erteilte gemeinschaftliche Erbschein in jedem Falle als unrichtig eingezogen werden muß. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind somit abzuändern und das Amtsgericht ist anzuweisen, die Einziehung des Erbscheins vorzunehmen.",
"Von einer Kostenentscheidung nach §13 a Abs. 1 Satz 1 FGG hat der Senat abgesehen. Keiner der Beteiligten ist durch einen Verfahrensbevollmächtigten vertreten. Sollten einem Beteiligten durch das Verfahren gleichwohl Kosten entstanden sein, so entspricht es der Billigkeit, daß er diese selbst trägt."
] | [] | {
"law": [],
"case": [
"15 W 281/70"
]
} |
316,082 | 9 U 62/71 | olgk-1971-09-21-9-u-6271 | ECLI:DE:OLGK:1971:0921.9U62.71.00 | 1971-09-21T00:00:00 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Urteil | [
"Die Berufung der Beklagten gegen das am 12. Januar 1971 verkündete Grundurteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 1 0 138/70 - wird zurückgewiesen.",
"Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrene zu tragen.",
"Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar."
] | [
"Der jetzt 27 Jahre alte Kläger erlitt mit 12 Jahren, am 16. November 1956, in F auf der Lstraße einen schweren Unfall. Auf dem Fahrrad fahrend, wurde er am Kopf von einen Sprengring getroffen, der sich von einem Rad eines dem Vater und Rechtsvorgänger der Beklagten gehörenden landwirtschaftlichen Schleppers gelöst hatte.",
"In einem längeren Rechtsstreit wurde um die Verantwortlichkeit des Rechtsvorgängers der Beklagten am Zustandekommen des Unfalls sowie über das Ausmaß des vom Kläger erlittenen Schadens gestritten ( 1 0 3/58 LG Bonn). Im Herbst 1960 erstellte der Sachverständige Professor Dr. R ein Gutachten, wonach der Kläger wegen Kopf- und Gehirnverletzungen zu 50 % erwerbsgemindert sei.",
"Der Rechtsvorgänger der Beklagten erklärte sich schließlich bereit, dem Kläger unter anderem neben einem Schmerzensgeld allen Schaden zu ersetzen, den dieser durch den Unfall künftig erleiden würde.",
"Der Kläger setzte nach einer längeren, durch die Unfall folgen bedingten Unterbrechung seinen Schulbesuch fort und wurde im Frühjahr 1958 aus dem 8. Schuljahr der Volksschule entlassen. Er trat sodann bei dem Elektromeister K eine Elektrolehre an, bestand jedoch die Gesellenprüfung nicht. Das Abschlußzeugnis der gewerblichen Berufsschule des Kreises F vom 31. März 1962 trägt den Vermerk: \" Die Folgen eines schweren Unfalls behinderten F F trotz große Anstrengungen sachlich mitzuarbeiten. \"",
"Einige Zeit danach sah sich der Kläger nach seiner Behauptung nicht mehr in der Lage, seinen Beruf oder irgend eine andere Tätigkeit auszuüben. Er erhält von der Landesversicherungsanstalt der Rheinprovinz eine Erwerbsunfähigkeitsrente und den Differenzbetrag bis zu einem von der Beklagten anerkannten Verdienstausfall von zur Zeit 751,-- DM monatlich von der Beklagten sowie von deren Haftpflichtversicherung.",
"Der Kläger hat mit der vorliegenden Klage für die Zeit vom 1. Februar 1969 bis zum 30. Juni 1970 einen weiteren monatlichen Verdienstausfall von jeweils 494,-- DM geltend gemacht und dazu vorgetragen, er hätte spätestens bis zum 1. Februar 1969 ohne die durch den Unfall erlittenen Körperschäden seine Meisterprüfung abgelegt und alsdann einen monatlichen Verdienst von mindestens 1.200,-- DM erhalten. Vor dem Unfall sei er ein überdurchschnittlich guter Schüler gewesen; er hätte ohne den durch den Unfall eingetretenen Abfall seines Leistungsvermögens die Elektromeisterprüfung bestanden, zumal er durch sein Elternhaus - sein Vater ist Fernmeldeobersekretär bei der Bundespost - wie auch durch seinen Lehrherrn, dessen Geschäft er später habe übernehmen sollen, den erforderlichen Antrieb zum Ablegen der Meisterprüfung erhalten hätte.",
"Der Kläger hat beantragt,",
"die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.633,--DM nebst 4 % Zinsen seit der Klagezustellung zu zahlen.",
"Die Beklagte hat beantragt,",
"die Klage abzuweisen.",
"Sie hat bestritten, daß der Kläger die Meisterprüfung mit Erfolg abgelegt hätte und hat auch die Höhe der Klageforderung für übersetzt gehalten.",
"Das Landgericht hat ohne Beweiserhebung die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und ausgeführt, die Beklagte müsse dem Kläger eine noch zu ermittelnde Rente nach dem Lohnniveau eines Elektromeisters zahlen. Mit hinreichender Wahrscheinlichkeit sei davon auszugehen, daß jeder Handwerksgeselle mit durchschnittlichen Intelligenz, Ehrgeiz und Fleiß die Meisterprüfung mit Erfolg ablegen könne. Die Schulzeugnisse des Klägers hätten vor dem Unfall in den wesentlichen Fächern die Zensuren befriedigend und gut gezeigt. Ein ordentliches Elternhaus hätte dem Kläger auch günstige Umweltbedingungen zur Entwicklung von Fleiß und Ehrgeiz gegeben, zumal der Anreiz hinzugekommen sei, später das Geschäft seines Lehrherrn zu übernehmen, der keine männlichen Abkömmlinge habe.",
"Die Beklagte hat gegen dieses am 12. Januar 1971 verkündete und am 29. Januar 1971 zugestellte Grundurteil am 25. Februar 1971 Berufung eingelegt und sie nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 25. April 1971 am 26. April 1971, einem Montag, begründet.",
"Die Beklagte trägt vor, der Kläger habe nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit dargetan, daß er ohne den Unfall mit der Vollendung des 25. Lebensjahres die Meisterprüfung im Elektrohandwerk abgelegt haben würde.",
"Von 100 jungen Leuten, die eine Handwerkslehre begännen, beständen nämlich nur rund 75 die Gesellenprüfung. Lediglich 25 % der Gesellen, nicht einmal 20 % der Berufsanfänger, unterzögen sich mit Erfolg der Meisterprüfung ( Beweis: Auskunft des statistisch Landesamts und der Handwerkskammer). Es komme hinzu, daß die Schulzeugnisse des Klägers nicht gerade überdurchschnittlich gewesen seien.",
"Die Beklagte bestreitet auch, daß der Kläger begründete Aussicht gehabt habe, irgendwann einmal das Geschäft seines Lehrherrn zu übernehmen.",
"Die Beklagte beantragt,",
"unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, notfalls ihr Vollstreckungsnachlaß zu gewähren.",
"Der Kläger beantragt,",
"die Berufung zurückzuweisen,",
"notfalls ihm, der sich vorsorglich zur Sicherheitsleistung erbietet nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden und zu gestatten, daß diese durch Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erfolgt.",
"Der Kläger beruft sich auf seinen früheren Vortrag und auf die Begründung des angefochtenen Urteils. Er behauptet, bei seinen in der Schule vor dem Unfall gezeigten Leistungen sowie bei den bei ihm vorliegenden günstigen Umweltsbedingungen hätte er auf jeden Fall die Meisterprüfung abgelegt.",
"Im übrigen wird auf den Vortrag der Parteien nach Maßgabe der gewechselten Schriftsätze sowie auf die vom Kläger überreichten Schul- und Lehrzeugnisse verwiesen."
] | [] | [
"Die an sich statthafte, in rechter Form und Frist eingelegte und begründete Berufung hat keinen Erfolg.",
"Zu Recht hat das Landgericht den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.",
"Der Kläger hat unstreitig gemäß §§ 843, 842 BGB einen Anspruch darauf, im Wege einer Geldrente Ersatz für die Nachteile zu erhalten, die er infolge des Unfalls vom Jahre 1956 erlitten hat. Dennoch ist der Kläger, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, gemäß § 252 BGB so zu stellen, wie wenn er im Alter von 25 Jahren, also spätestens bis zum 1. Februar 1969, die Meisterprüfung im Elektrohandwerk mit Erfolg abgelegt hätte. Zwar hat der Kläger nicht zur vollen Gewißheit dartun können er hätte bis zu dem angeführten Zeitpunkt die Prüfung als Elektromeister bestanden, da er bereits mit 12 Jahren den seine Intelligenz und sein Leistungsvermögen erheblich mindernden Unfall erlitten hat. Dem Kläger kommt aber die Beweiserleichterung des § 252 Abs. 2 BGB zugute, wonach als entgangen auch der Gewinn gilt, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten oder Vorkehrungen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann ( BGH NJW l 964, 662 mit weiteren Belegen; BGB (VersR 1967, 903, VersR 1969, 376, VersR 1970, 76 ). Hiernach muß die den Schadensersatz fordernde Partei für die Ausgangssituation des Schadens greifbare Tatsachen vorbringend aus denen sich anhand eines bestimmten Sachverhalts sagen läßt, wie die Dinge wenn das als Schaden stiftende Ereignis nicht eingetreten wäre, sich nach menschlicher Erfahrung weiter entwickelt haben würden.",
"Dies hat der Kläger getan. Er hat nachgewiesen, daß seine intellektuellen Fähigkeiten vor dem Unfall weit über dem vergleichbaren Durchschnitt seiner Altersgenossen lagen. Die letzten drei Schulzeugnisse vor dem Unfall weisen Zensuren aus, die im wesentlichen um befriedigend liegen, in den Hauptfächern Deutsch und Rechnen teilweise sogar darüber. Gerade im Hinblick auf sein Berufsziel - Elektrotechniker - ist von Belang, daß der Kläger sich - bei dem gleichen Lehrer - im Rechnen und Naturkunde in seinem letzten Zeugnis vor dem Unfall auf gut verbesserte. Nach dem Unfall verschlechterten sich seine Leistungen erheblich, teilweise um mehr als eine Zensur und lagen nur noch um ausreichend, teilweise waren sie sogar schlechter.",
"In Rechnen und Naturkunde erhielt er jetzt, im Zeugnis vom 31. Oktober 1957, nur noch ausreichend. Hiernach wird es verständlich, weshalb der Kläger die Elektrogesellenprüfung nicht bestand, zumal er nach dem Zeugnis seines Lehrherrn wegen seines Gesundheitsstands nur zur Hälfte einsatzfähig war.",
"Weiter rechtfertigen die persönlichen Eigenschaften des Klägers sowie seine Umweltbedingungen den Schluß, daß er auch den notwendigen Ansporn bekommen und den erforderlichen Ehrgeiz entwickelt hätte, seinen intellektuellen Fähigkeiten zum Bestehen der Meisterprüfung auszunutzen. Der Kläger hatte vor dem Unfall in seinem Schulzeugnissen,in Führung, Beteiligung am Unterricht und Fleiß gute und befriedigende Noten. Erst nach dem Unfall wird im Zeugnis über ein Nachlassen der Beteiligung am Unterricht geklagt. Immerhin besaß der Kläger jetzt noch die Energie, eine weitere Ausbildung, somit die Elektrolehre, anzutreten, die er allerdings aufgrund der unfallbedingten Leistungsminderung nicht mit Erfolg abschließen konnte. Ob sich für den Kläger als weiterer Ansporn zum Ablegen der Meisterprüfung die Übernahme des Geschäftes seines Lehrherrn ergeben hätte, hat der Senat nicht für beweiserheblich angesehen. Wohl aber ist zu berücksichtigen, daß der Kläger einer Familie entstammt, mit eigenem Hausgrundbesitz. Der Vater hat sich bis zum Fernmelde-Obersekretär bei der Bundespost hochgearbeitet, hat somit auch vom Beruf her eine Berührung mit dem Elektrozweig. Ein Bruder des Klägers, mit einer Schlosserausbildung, befindet sich, wie die Beklagte nicht bestreitet, in einer vergleichbaren sozialen Stellung.",
"Der Senat ist überzeugt, daß ein 12jähriges Kind anstelle des Klägers mit seinen befriedigenden schulischen Leistungen und guten Leistungen in Rechnen und Naturkunde, mit überdurchschnittlichem Fleiß und Energie und aus der Umwelt eines bürgerlich-strebsamen Elternhauses heraus, bei dem Vater und Bruder technische Berufe eingeschlagen haben, durchweg alle Voraussetzungen zu einem späteren Ablegen der Meisterprüfung im Elektrohandwerk besitzt.",
"Dem kann die Beklagte nicht entgegenhalten, daß nur 20 % derjenigen, die eine Elektrolehre beginnen, später auch die Meisterprüfung mit Erfolg ablegen. Dem Senat kommt es hierbei auch nicht darauf an, zu ermitteln, wie hoch die Durchfallquote selbst bei der Meisterprüfung ist, ob nicht - wofür die Lebenserfahrung spricht - nur ein geringer Teil der Gesellen diese Prüfung anstrebt. Entscheidend ist, daß der Kläger nach Überzeugung des Senats wegen seiner überdurchschnittlichen intellektuellen und persönlichen Fähigkeiten und wegen des günstigen Umwelteinflusses seines Elternhauses, ohne das Unfallereignis zu jenen 20 % der Berufsanfänger gehört hätte, die die Meisterprüfung bestanden haben würden. Daß der Kläger den vollen Nachweis nicht führen kann, liegt allein an dem vom Rechtsvorgänger der Beklagten verursachten Unfall.",
"Dieser Umstand nimmt der Beklagten aber nach Treu und Glauben die Möglichkeit, sich darauf zu berufen, der Kläger habe nicht zu den 20 % Berufsanfängern gehört, die die Meisterprüfung ablegen. Es hätte an der Beklagten gelegen, Umstände aufzuführen und zu beweisen die dafür sprechen, daß der Kläger trotz der dargelegten günstigen Voraussetzungen nicht zu jener Gruppe von Elektrolehrlingen gehört hätte, die die Meisterprüfung bestehen. Derartige Umstände hat die Beklagte indes nicht aufgezeigt.",
"Das Landgericht hat also zu Recht die Klage dem Grunde nach zugesprochen, weshalb die Berufung zurückzuweisen war.",
"Das Landgericht wird das Verfahren wegen des Anspruchs der Höhe nach fortzusetzen haben.",
"Die Entscheidung über die prozessualen Nebenansprüche beruhen auf §§ 97 Abs. 2, 708 Ziff. 7, 713 a ZPO.",
"Streitwert für das Berufungsverfahren: 7.633,-- DM."
] | {
"law": [
"§§ 843, 842 BGB",
"§ 252 Abs. 2 BGB",
"§ 252 BGB"
],
"case": []
} |
316,083 | 2 U 112/70 | olgk-1971-04-28-2-u-11270 | ECLI:DE:OLGK:1971:0428.2U112.70.00 | 1971-04-28T00:00:00 | {
"id": 822,
"name": "Oberlandesgericht Köln",
"slug": "olgk",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": null,
"level_of_appeal": "Oberlandesgericht"
} | Urteil | [] | [
"##blob##nbsp;",
"Die Kläger hatten durch den Beklagten 1966 ein Wohnhaus nachgewiesen bekommen und kauften es notariell von der Eigentümerin Frau Ursula C. in K.H. . Wegen dieses Kaufes kam es zu einem Rechtsstreit zwischen den Klägern und Frau C. . Die Kläger erhoben zunächst eine Vollstrek-kungsgegenklage (6 U 37/67 LG Köln), die auf An-fechtung wegen arglistiger Täuschung gestützt war. Dieser Rechtsstreit endete mit einem Prozeßver-gleich vom 2. März 1967, durch den der notarielle Grundstückskaufvertrag unter Vorbehalt von Ersatz-ansprüchen der Kläger einverständlich aufgehoben wurde. Anschließend machten die Kläger in einem neuen Prozeß (4 O 159/67 LG Köln = 2 U 5/68 OLG Köln) Ersatzansprüche gegen Frau C. geltend und berechneten dabei folgenden Schaden:",
"Zahlung der Maklergebühr an den Beklagten",
"dieses Prozesses 4.680,00 DM",
"Notarkosten 1.055,08 DM",
"Gerichtskosten 145,00 DM",
"Sonderwünsche wegen einer",
"Nirosta-Spüle 75,00 DM",
"Nutzlose Anschaffung von Gardinen-",
"brettern 323,20 DM",
"Zinsen aus Kaufpreisvorauszahlung in",
"Höhe von 50.000,00 DM 2.083,33 DM",
"Bereitstellungszinsen 99,37 DM",
"8.460,98 DM",
"===========",
"Auch dieser Rechtsstreit endete mit einem Pro-zeßvergleich, der am 26.02.1969 vor dem Senat geschlossen wurde. Die Eigentümerin Frau C. verpflichtete sich darin, zum Ausgleich aller An-sprüche der Kläger an diese 4.360,00 DM zu zahlen. Vor Abschluß dieses Vergleichs - im Schriftsatz vom 23.01.1969 - hatten die Kläger ihre Schadens-berechnung gegenüber Frau C. ermäßigt und noch folgende Positionen in Rechnung gestellt:",
"Maklergebühren 4.680,00 DM",
"Notargebühren 1.055,08 DM",
"Gerichtskosten f. Grundbucheintra-",
"gungen 161,00 DM",
"4 % Zinsen von 50.000 DM für die",
"Zeit vom 1.9.66 bis 1.7.67 1.666,65 DM",
"Gebäudeversicherung 103,00 DM",
"7.740,73 DM",
"Im vorliegenden Verfahren verlangen die Kläger nunmehr vom Beklagten die an diesen gezahlten Mak-lergebühren in Höhe von 4.680,00 DM zurück.",
"Sie haben behauptet, der Beklagte habe sie durch wissentlich falsche Angaben über die Wohnfläche des angebotenen Hauses arglistig getäuscht und dadurch zum Kaufabschluß und zur späteren Rückgän-gigmachung des Kaufes bewogen. Er habe deshalb und auch aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertrags-verletzung die Maklergebühren zurückzuzahlen. In-soweit sei von Bedeutung, daß der Beklagte seine Maklerpflichten weiter dadurch verletzt habe, daß er auch für die Verkäuferin tätig geworden sei und unter Zurücksetzung der Interessen der Kläger auch deren Interessen wahrgenommen habe.",
"Die Kläger haben beantragt,",
"den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger 4.680,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1.11.1966 zu zahlen.",
"Der Beklagte hat beantragt,",
"die Klage abzuweisen.",
"Er hat behauptet, die von ihm weitergegebenen An-gaben über die Wohnfläche des vermittelten Hauses habe er von dem für die Verkäuferin aufgetretenen Zeugen P. erfahren. Da er die Kläger nicht arg-listig getäuscht habe, berühre die spätere Rück-gängigmachung des Kaufvertrages seinen Maklerlohn nicht.",
"Wegen aller Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens wird auf die vor dem Landgericht ge-wechselten Schriftsätze der Parteien verwiesen.",
"Das Landgericht hat durch Urteil vom 27.07.1970 die Klage abgewiesen. Auf den Inhalt des Urteils wird Bezug genommen.",
"Gegen das am 20.08.1970 zugestellte Urteil haben die Kläger am 18.09.1970 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung am 19.11.1970 (gesetzlicher Feiertag) begründet.",
"Die Kläger wiederholen ihr erstinstanzliches Vor-bringen. Sie gehen davon aus, der Beklagte habe seinen Maklerlohn verwirkt, weil er dem Inhalt des Vertrages zuwider auch für den anderen Teil tätig gewesen sei. Daher müsse er den empfangenen Maklerlohn wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückerstatten. Darüber hinaus habe er es ver-säumt, die Kläger vertragsgemäß zu informieren und über die wirklich benutzbare Wohnfläche zu unter-richten.",
"unter Abänderung des angefochtenen Ur-teils nach den Schlußanträgen der Klä-ger in erster Instanz zu erkennen, notfalls den Klägern zu gestatten, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheits-leistung, welche auch durch Bürgschaft einer im Währungsgebiet ansässigen Bank oder öffentlichen Sparkasse er-bracht werden kann, abzuwenden; zur Sicherheitserklärung gemäß § 713 Abs. 2 ZPO (auch durch Bankbürgschaft) erklären sich die Kläger bereit.",
"die Berufung zurückzuweisen, hilfswei-se Vollstreckungsschutz.",
"Er geht davon aus, daß dem Klagebegehren bereits der in dem Rechtsstreit 4 O 159/67 = 2 U 5/68 OLG Köln geschlossene Vergleich vom 26.02.1969 entge-genstehe, da damit der Anspruch der Kläger aus Rückzahlung der Maklerprovision abgegolten sei. Darüber hinaus entfalle ein Rückzahlungsanspruch deshalb, weil der Beklagte sich keiner haftungsbe-gründenden Vertragsverletzungen gegenüber den Klä-gern schuldig gemacht habe.",
"Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vor-bringens wird auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.",
"Die Akten 6 O 37/67 LG Köln und 4 O 159/67 LG Köln waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung; sie sind zu Informationszwecken beigezogen worden; der Inhalt der Beiakten ist von beiden Parteien vorge-tragen bzw. in Bezug genommen worden."
] | [] | [
"Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.",
"1.",
"In Höhe eines Betrages von mindestens 2.588,50 DM ist die Klage unschlüssig, da es nach dem eigenen Vorbringen der Kläger an einem Schaden fehlt. Im Vorprozeß 4 O 159/67 machte der Anteil der Scha-densposition \"Maklergebühr\" mit 4.680,00 DM einen Prozentsatz von 55,31 % des Klagebegehrens aus. 55,31 % der Vergleichssumme von 4.360,00 DM ent-fielen daher zumindest auf die Schadensposition \"Maklergebühren\". Insoweit ist der von den Kläger behauptete Schaden bereits durch die Zahlung der Frau Ursula C. abgegolten. Daß die Kläger diese Kosten nicht von ihrer ursprünglichen Verkäuferin und darüber hinaus vom Beklagten, also doppelt zurückverlangen dürfen, ist außer Zweifel, da sie die Maklerkosten auch nur einmal bezahlt haben.",
"Die Kläger hatten im Vorprozeß 4 O 159/67 LG Köln mit Schriftsatz vom 10.01.1969 ihre Schadensfor-derung gegenüber der Verkäuferin auf 7.740,73 DM herabgesetzt. Ob infolgedessen der auf die Scha-densposition \"Maklergebühr\" erfallende Vergleichs-betrag nicht noch höher anzusetzen ist oder ob gar - wie der Beklagte meint - durch den Vergleich vom 26.02.1969 jeglicher Erstattungsanspruch gegen den Beklagten ausgeräumt worden ist, braucht hier nicht erörtert und entschieden zu werden. Auch die nach der vorstehenden, den Kläger günstig-sten Berechnung allenfalls noch verbleibende Kla-geforderung von (4.680 DM minus 2.588,50 DM =) 2.091,50 DM muß in Übereinstimmung mit dem Landge-richt verneint werden.",
"2.",
"Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung des Beklagten nach § 812 BGB entfällt. Zwischen den Klägern und der Grundstückseigentümerin war ein notarieller Vertrag abgeschlossen worden. Dieser Vertrag ist durch einen Prozeßvergleich, also durch einen weiteren Vertrag im Rechtsstreit 6 O 37/67 LG Köln aufgehoben worden. Die Entste-hungsvoraussetzungen des Makleranspruches des Be-klagten sind davon unberührt geblieben. Inwieweit neben der vertraglichen Aufhebung des Grundstücks-kaufvertrages noch die Berufung darauf möglich ist, dieser Vertrag sei auch wegen arglistiger Täuschung anfechtbar gewesen, kann dahinstehen. Eine arglistige Täuschung der Verkäuferin Frau C. , die allein die Anfechtung des Grundstücks-kaufvertrages hätte rechtfertigen können, ist im Vorprozeß 4 O 159/67 LG Köln nicht bewiesen wor-den. Die Kläger können daher auch dem Beklagten nicht mit Erfolg entgegenhalten, derjenige Grund-stückskaufvertrag, für dessen Vermittlung eine Maklerprovision gezahlt worden sei, sei rückwir-kend vernichtet worden.",
"3.",
"Positive Vertragsverletzung des Beklagten scheidet entgegen der Auffassung der Kläger als Anspruchs-grundlage ebenfalls aus. Einen dahingehenden Be-weis haben die Kläger nicht geführt. Das Beweiser-gebnis im Vorprozeß 4 O 159/67 hatte zu einem non liquet geführt. Diese Beweiswürdigung ändert sich nicht dadurch, daß die Kläger auf der Grundlage der Beweisaufnahme des Vorprozesses nunmehr den Beklagten in Anspruch nehmen. Es ist nicht einmal nachgewiesen, daß der Maklerauftrag unter Aus-schluß aller anderen Objekte auf 150 qm Wohnfläche gerichtet war. Aus dem Maklerangebot vom 7.8.1966 (Bl. 21 d.A.) folgt das entgegen der Auffassung der Kläger nicht. Unklar ist weiter nach wie vor, was die Kläger sich unter dem Begriff \"Quadrat-meter\" beim Hauserwerb vorgestellt haben. Reine Wohnfläche kann damit schwerlich gemeint gewesen sein. Dann hätte das von den Klägern gesuchte Haus eine bautechnisch berechnete Wohnfläche von annähernd 200 qm haben müssen. Dielen, Toilet-ten, Nebenräume und dergleichen werden nämlich bei der Wohnflächenberechnung berücksichtigt. Die Beweisaufnahme im Vorprozeß 4 O 159/67 begründet auch nicht die gemäß § 286 ZPO notwendige, an Si-cherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, daß der Be-klagte die Kläger schuldhaft irregeführt hat. Der Beklagte war als Makler nicht gehalten, das ange-botene Wohnhaus auszumessen. Es ist sogar zweifel-haft, ob er dazu technisch überhaupt in der Lage gewesen wäre; derartige Aufgaben gehören in den Bereich der Architektenleistungen. Darüber hinaus kann nicht übersehen werden, daß die Kläger das von dem Beklagten nachgewiesene Objekt besichtigt und sogar bezogen haben. Sie waren also zumindest ebenso genau über die tatsächlichen Verhältnisse informiert wie der Beklagte. Selbst wenn sie von einer falschen Wohnflächenberechnung ausgegangen sind, muß mit Rücksicht auf ihr eigenes Verhalten davon ausgegangen werden, daß sie das Haus dennoch als angemessen ansahen. Nach der Lebenserfahrung erkennt normalerweise jemand nicht erst nach dem Einzug, daß ein Haus um 30 % zu wenig Wohnfläche hat. Alle diese und weitere konkrete Umstände müs-sen gem. § 286 ZPO bei der Beweiswürdigung berück-sichtigt werden und stehen der Annahme der Kläger entgegen, die Beweislage stütze ihre Rechtsauffas-sung völlig.",
"4.",
"Entgegen der Annahme der Kläger sind auch die Voraussetzungen des § 654 BGB nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift ist der Anspruch auf den Makler-lohn ausgeschlossen, wenn der Makler dem Inhalt des Vertrages zuwider auch für den anderen Teil tätig gewesen ist. Daß dies geschehen sei, schlie-ßen die Kläger daraus, daß der Beklagte sich auch von der Verkäuferin eine Vergütung ausbedungen habe und auf sein Anraten hin der Kaufpreis um 1.000,00 DM erhöht worden sei, um diese Vergütung aufzubringen. Auch wenn man davon ausgeht, fehlt es an einem \"Tätigwerden\" für die andere Partei im Sinne des § 654 BGB. Die enge Auslegung, die die Kläger dieser Vorschrift geben, ist nicht mit der einschlägigen Rechtsprechung und dem Schrifttum zu vereinbaren. So heißt es etwa im BGB-Kommentar von Soergel-Mormann, 10. Aufl. § 654 Anm. 1, der hier statt vieler angeführt sei: \"Dem Nachweismakler ist es nach allgemeiner Meinung grundsätzlich nicht verwehrt, auch für die Gegenpartei tätig zu werden, dem Vermittlungsmakler nicht, sich von der Gegenpartei eine Provision für den Nachweis versprechen zu lassen\". Im Streitfall ist - vom Vorbringen der Kläger ausgehend - seitens des Be-klagten nur das Aufbringen der Verkäuferprovision ermöglicht worden. Der vom Beklagten beschrittene Weg ist im Maklergewerbe üblich. Fast alle Makler, insbesondere auch diejenigen, die im Ring Deut-scher Makler zusammengeschlossen sind, arbeiten heute mit Vergütungen von 3 + 3 % bis 5 + 5 %. Das heißt, Grundstückskäufer und Grundstücksver-käufer müssen je 3 bis 5 % Provision zahlen. Der Verkäufer ist häufig nicht dazu bereit, weil dies seinen Kaufpreis mindern würde. Deshalb wird des öfteren der dem Verkäufer vorgeschriebene Mindest-kaufpreis um den ihn belastenden Provisionssatz - im Streitfall 1.000,00 DM - erhöht. Richtig ist zwar, daß auf diese Weise der Käufer unter Umstän-den die Mehrprovision tragen muß, ebenso wie er ja auch die Notar- und sonstigen Nebenkosten al-leine aufzubringen hat. Der Verkäufer kann diesen Berechnungsmodus aber jedenfalls dann durchsetzen, wenn das von ihm angebotene Haus wegen seiner Lage oder sonstiger Vorzüge auf Interesse stößt und er anderenfalls an einen sonstigen Erwerber veräußern kann. Der Aufschlag von 1.000,00 DM auf seiten der Verkäuferin kann unter diesen Umständen nicht als eine mit § 654 BGB unvereinbare Vertragswidrigkeit gewertet werden, die die Provisionszahlung der Kläger von 4.680,-- DM wegen Verwirkung völlig entfallen ließe.",
"5.",
"Abgesehen von den vorstehend unter Ziffer 2. bis 4. erörterten Gründen muß der durch den Vergleich im Vorprozeß 4 O 159/67 LG Köln nicht befriedigte restliche Zahlungsanspruch der Kläger in Höhe von allenfalls 2.091,50 DM jedenfalls wegen Mitver-schuldens (§ 254 BGB) verneint werden. Unstreitig haben die Kläger das Haus vor dem Erwerb besich-tigt, die Baupläne eingesehen und sogar ihrer Ver-wunderung über die niedrige Geschoßhöhe im unteren Bereich des Hauses Ausdruck gegeben. Selbst wenn man dem Beklagten ein zum Ersatz verpflichtendes schuldhaftes vertragswidriges Verhalten vorwerfen will, muß die Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt in den eigenen Angelegen-heiten der Kläger diese nach § 254 Abs. 1 BGB mitbelasten. Darüber hinaus ist den Klägern auch der Vorwurf zu machen, daß sie es entgegen § 254 Abs. 2 BGB unterlassen haben, den nach ihrer An-sicht drohenden Schaden abzuwenden. Bereits zu ei-nem Zeitpunkt, in dem zwischen den Klägern und der Verkäuferin die Streitigkeiten begonnen hatten, nämlich Ende 1966, konnten die Kläger das Haus zum Preise von 156.000,-- DM, also für ihren eigenen Kaufpreis an einen Dritten verkaufen. Der Zeuge F.D. hat im Vorprozeß (Bl. 97 d.A. 4 O 159/67) ausgesagt: \"Ich hatte mich dem Kläger gegenüber bereit erklärt, das Haus zu kaufen gegen Zahlung von 156.000,-- DM. Der Kläger wollte jedoch auch seine Umzugskosten von mir übernommen haben. Dazu war ich nicht bereit\". Das heißt, die Kläger hätten durch Verzicht auf Erstattung der Umzugskosten den nach ihrer Darlegung erheblichen Schaden aus dem Hauserwerb im wesentlichen abwen-den können. Daß sie dies unterlassen haben, müssen sie sich nach § 254 Abs. 2 BGB als Mitverschulden anrechnen lassen.",
"Der Mitverschuldensanteil der Klägerin müßte je-denfalls mit 1/2 angesetzt werden. Dann ergibt sich folgende Schadensberechnung:",
"Von den Klägern gezahlte Maklergebühr 4.680,-- DM 1/2 davon entfielen nach § 254 BGB auf die",
"Kläger 2.340,-- DM",
"gezahlt worden sind im Vorprozeß",
"4 O 159/67 auf den Schadensposten",
"\"Maklergebühr\" mindestens 2.588,50 DM.",
"Soweit den Klägern also überhaupt ein Schadener-satzanspruch zugestanden werden könnte, wäre er auf jeden Fall unter Berücksichtigung ihres Mit-verschuldens durch die vergleichsweise Zahlung im Vorprozeß 4 O 159/67 abgegolten.",
"6.",
"Nach den vorstehenden Ausführungen kann der Klage im Ergebnis aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt stattgegeben werden. Das landgerichtliche Urteil ist deshalb zu bestätigen.",
"Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 7, 713 a ZPO.",
"Streitwert: 4.680,00 DM."
] | {
"law": [
"§ 254 Abs. 1 BGB",
"§ 286 ZPO",
"§§ 97, 708 Nr. 7, 713 a ZPO",
"§ 713 Abs. 2 ZPO",
"§ 254 Abs. 2 BGB",
"§ 812 BGB",
"§ 654 BGB",
"§ 254 BGB"
],
"case": [
"4 O 159/67",
"6 U 37/67",
"6 O 37/67",
"2 U 5/68"
]
} |
316,084 | 6 A 1026/69 | ovgnrw-1971-01-19-6-a-102669 | ECLI:DE:OVGNRW:1971:0119.6A1026.69.00 | 1971-01-19T00:00:00 | {
"id": 823,
"name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen",
"slug": "ovgnrw",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | Urteil | [
"Die Berufung wird auf Kosten des Klägers",
"zurückgewiesen.",
"Die Kostenentscheidung ist vorläufig voll‑",
"streckbar.",
"Die Revision wird zugelassen.",
"Der Kläger geboren im Januar 1903 erlangte im März 1920 die OberSekundareife. In der Zeit bis März 1922 arbeitete er 20 1/2 Monate \"praktisch\". Vom Sommersemester 1926 •bis zum Wintersemester 1932/33 studierte er an der Bauingenieurwesen. Am 28 November 1932 bestand er die Schlußprüfung in der Bauingenieurabteilung dieser Hochschule. Vom 8. Mai 1933 bis zum 31. Dezember 1936 stand er in einem Angestelltenverhältnis zur Stadt , anschließend bis zum 30. November 1938 zur Stadt .",
"Im Oktober 1960 berief der Finanzminister des beklagten Landes - im Folgenden Beklagter genannt - den Kläger in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Im Mai 1962 bat der Kläger, seine Studienzeit als ruhegehaltfähige Dienstzeit anzuerkennen und die Gesamtzeit seiner ruhegehaltfähigen Dienstjahre anzugeben. Durch Verfügung vom 19. November 1962 genehmigte die Oberfinanzdirektion ., \"das unter der Voraussetzung des Gleichbleibens der Rechtslage von Ihrer Studienzeit bei der Berechnung der Versorgungsbezüge die Zeit vom 1. April 1926 bis 31. März 1930 als Mindeststudienzeit und die Zeit vom 290 August bis 280 November 1932 als übliche Prüfungszeit und die Zeit vom 1. Oktober 1921 bis 31. März 1922 als Zeit einer erforderlichen praktischen Tätigkeit bei Eintritt des Versorgungsfalles gemäß § 124 LBG als ruhegehaltfähig berücksichtigt werden\".",
"Unter dem 22. Dezember 1962 schrieb sie dem Kläger:",
"\".... teile ich Ihnen mit, daß eine Berechnung, Ihrer ruhegehaltfähigen Dienstzeiten und Festsetzung Ihrer Pensionsbezüge erst bei Eintritt des Versorgungsfalles erfolgt.",
"Nach einer überschläglichen Berechnung. haben Sie bei Berücksichtigung der jetzigen Rechtslage und Anrechnung Ihrer Studienzeiten zur Zeit einen Ruhe gehaltssatz von 70 v.H. erreicht\".",
"Im Oktober 1964 bat der Kläger die damalige Zentrale Besol dungs- und Versorgungsstelle im Geschäftsbereich. des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen ZBFIN - um \"verbindlicher Angabe seiner ruhegehaltfähigen Dienstjahren. Unter dem 17. November 1964 schrieb die ZBFIN 'dem Kläger",
"\"Ihre ruhegehaltfähige Dienst2eit beträgt bis einschließlich 31. Dezember 1964 29 Jahre und 104 Tage; das entspricht einem Ruhegehaltssatz von 69 v.H. Die Dienstzeit berechnet sich wie folgt:",
"1. Oktober 1921 bis 31. März 1922 praktische Tätigkeit (§ 124 LBG) Jahre 182 Tage",
"1. April 1926 bis 31. März 1930 • Studienzeit (§ 124 LBG)",
"29. August 1932 bis 28. November 1932 übliche Prüfungszeit",
"(§ 124 LBG) 92 \"",
"8. Mai 1933 bis 31. Dezember 1936 Angestellter bei der",
"Stadtverwaltung 3 Jahre 238 Tage",
"zur Hälfte (§ 122 Abs. 2 LBG) 1 Jahr 301,5 \"",
"1. Januar 1937 bis 30. November 1938",
"Angestellter bei der Stadtverwaltung 1 Jahr 334 Tage",
"zur Hälfte Jahre 349,5 \"",
"1. Dezember 1938 bis 80 Mai 1945. Beamter bei der Stadtverwal‑",
"tung (§ 119 LBG) 6 Jahre 159 Tage",
"9. Mai 1945 bis 31. März 1951 Kriegsgefangenschaft und amtlose Zeit (§ 227 Abs. 3 LGB) 5 Jahre 327 Tage",
"1. August 1955 bis 31. Dezember 1964 im Dienste der Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen, bis 2. Oktober 1960 als Angestellter,",
"ab 3. Oktober 1960 als Beamter (§§ 227 Abs.3 und 119 LBG)",
"zusammen 25 Jahre 1.564 Tage",
"oder 29 Jahre 104 Tage",
"Bis zum Eintritt in den Ruhestand mit Ablauf des Monats, in. dem. Sie das 65. Lebensjahr vollenden, erhöht sich der Ruhegehaltssatz auf 72 v.H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge.",
"Beide Prozentangaben gehen von der Annahme aus, daßdie Zeiten. vom 8. Mai 1933 bis 310 Dezember 1936 und vom",
"10. Januar 1937 bis 30. November 1938 bei der Rentenberechnung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte als\" versicherungspflichtige Zeiten angerechnet werden.",
"Im übrigen weise ich auf das›Schreiben der Oberfinanzdirektion . vom 22. Dezember 1962 ... hin.\"",
"Mit Ablauf des Monats Oktober 1965 versetzte der Finanzminister des Beklagten den Kläger in den Ruhestand. Durch Bescheid vom 22. September 1965 setzte das Landesamt für Besoldung und Versorgung NW die Versorgungsbezüge des Klägers fest. Dabei berücksichtigte es u.a. die Zeiten",
"vom 1. Oktober. 1921 bis zum März 1922 (praktische Tätigkeit),",
"vom 1. April 1926 bis zum 31. März 1930 (Mindeststudienzeit) und.",
"vom 29. August.1932 bis zum 28. November 1932 (übliche Prüfungszeit)",
"8. Mai 1933 bis zum 31. Dezember 1936",
"(Stadtverwaltung und vom 1. Januar 1937 bis zum 30. November 1938 (Stadtverwaltung )",
"als ruhegehaltfähige Dienstzeit. Daraus ergaben sich 33 volle Dienstjahre und damit gemäß § 126 LBG ein Ruhegehaltssatz von 73 v.H. Diesem Bescheid entsprechend wurde in der Folgezeit das Ruhegehalt an den Kläger gezahlt.",
"Seit Februar 1968 bezieht der Kläger ein Altersruhegeld aus der Angestelltenversicherung. Dessen Höhe ergab sich zunächst aus einem Bescheid:der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 6..Februar1968. Dieser Bescheid und zwei Änderungsbescheide wurden aufgehoben. Maßgebend ist jetzt ein Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 13. Januar 1969. Danach hat die Rente des Klägers für den Monat Februar 1968 - vor Abzug des Krankenversicherungsbeitrages - 410,50 DM betragen. Von diesem Betrag beruht ein Teil von 5,24 DM monatlich auf einer Höherversicherung des Klägers. Die verbleibende Rente berechnet sich nach Werteinheiten. DieSumme der Werteinheiten für freiwillige Beiträge Pflichtbeltrege, Ersatzzeiten und Ausfallzeiten beträgt 3.499,72 , die Summe der Werteinheiten für freiwillige Beiträge 479,31.",
"Durch einen \"berichtigten Bescheid\" vom 7. März 1968 setzte das Landesamt für Besoldung und Versorgung die Versorgungsbezüge des Klägers für die Zeit ab 1. Februar 1968 neu fest. Dabei berücksichtigte es vor dem 8. Mai 1933 liegende Zeiten nicht mehr. Insgesamt ergaben sich 25 volle Dienstjahre und damit ein Ruhegehaltssatz von. 65 v.H. Dazu führte das Landesamt aus Der Wegfall der vor dem 8. Mai 1933 liegenden Zeiten ergebe sich aus Richtlinie. 7 zu § 124 LBG iVm Richtlinie 302 zu § 123 LBC die Gesamtversorgung des Klägers (seine beamtenrechtliche Versorgung und seine bereinigte Rente aus der Angestelltenversicherung) übersteige auch ohne Berücksichtigung der bisher berücksichtigten, vor dem 8. Mai 1933 liegenden Zeiten die fiktive Höchstgrenze im Sinne der Richtlinie 302 zu § 123 LBG.",
"Mit seinem Widerspruch rügte der Kläger die Nichtberücksichtigung der bisher berücksichtigten vor dem 8. Mai 1933 liegenden Zeiten. Durch Bescheid vom 7. Januar 1969 wies das Landesamt den Widerspruch zurück.",
"Mit der Klage hat der Kläger beantragt,",
"1. den Bescheid des Landesamtes vom 7. März 1968 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 1969 insoweit aufzuheben, als darin seine (des Klägers) Vordienstzeiten im. Sinne des § 124 LBG nicht mehr als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden,",
"2. den Beklagten für verpflichtet zu erklären, die Zeit vom 1. Oktober 1921 bis zum 31. März 1922, vom 1. April 1926 bis zum 31. März 1930 und vom 29. August 1932 bis zum 280 November 1932 als ruhegehaltfähige Dienstzeit zu berücksichtigen.",
"Der Beklagte hat, beantragt,",
"die Klage abzuweisen.",
"Durch Urteil vom 2. Juli 1969 hat das Verwaltungsgericht in Düsseldorf den Besdleid vom 7. März 1968 und den Widerspruchsbescheid insoweit aufgehoben, als sie sich auf die Zeit vor dem 1. April 1968 erstrecken und. Versorgungsbezüge für die Monate Februar und März 1968 einbehalten; im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung der Klageabweisung hat es dargetan:",
"Soweit das LBV im Bescheid vom 7. März 1968 vor dem 8. Mai 1933 liegende Zeiten nicht mehr als ruhegehaltfähige Dienstzeiten berücksichtige, liege in diesem Bescheid die Rücknahme (der Wiederruf) der Bescheide vom 19. November 1962 und vom 22. September 1965. Diese beiden, Bescheide stellten begünstigende Verwaltungsakte dar. Dem Bescheid vom 19. November 1962 liege eine rechtsbegründende Ermessensentscheidung nach § 124 LBG zugrunde die, von der Festsetzung des Ruhegehalts zu trennen sei. Soweit der Bescheid vom 22. September 1965 auf dem Bescheid vom 19. Jahuar 1962 beruhe, komme ihm also lediglich feststellende Bedeutung zu. Gleichwohl sei der Bescheid vorn 22. September 1965 als begünstigender Verwaltungsakt anzusehen, weil er den Versorgungsanspruch des Klägers konkretisiere. Der Widerruf dieser begünstigenden Verwaltungsakte mit Wirkung für die, Zukunft sei zulässig.. Zwar könne sich der Beklagte auf den Vorbehalt des Gleichbleibens der Rechtslage (§ 165 Abs. 2 Satz 2 LBG) nicht berufen, weil § 124 LBG seit November 1962 keine Änderung erfahren habe. Doch seien die Bescheide Vom 19. November 1962 und vom 22 September 1965 ohne den Vorbehalt ergangen, der ihnen nach den einschlägigen Vorschriften (den Verwaltungsvorschriften und Richtlinien zu dem versorgungsrechtlichen Teil des Landesbeamtengesetzes sowohl in der Fassung vom 27. August 1962, MBl NW 1539, als auch in der Neufassung vom 17. August 1967, MBl NW1483) hätte beigefügt werden müssen. Beide Bescheide seien daher insoweit ermessenäfehlerhaft:und rechtswidrig. Sie könnten deshalb für die Zukunft zurückgenommen werden, obwohl sie unanfechtbar geworden seien..Das Interesse des Klägers an ihrer Aufrechterhaltung müsse gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes zurücktreten.",
"Mit der Berufung gegen.dieses Urteil bringt der Kläger vor:",
"Nach den \"Richtlinien\" dürfe die Berücksichtigung der in §-124 LBG aufgezählten Zeiten nicht dazu führen, daß die Gesamtversorgung des Beamten höher sei als die Versorgung, die er erhalten würde, wenn er die für die Berechnung der Rente aus der Rentenversicherung maßgebenden Zeiten, soweit sie nach Vollendung des 17. Lebensjahres abgeleistet worden sind, bereits im Beamtenverhältnis zurückgelegt hätte. Die streitigen Zeiten vom 1. Oktober 1921 bis zum 31. März 1922, vom 1. April 1926 bis zum 31. März 1930 und vom 29. August 1932 bis zum 28. November 1932 seien aber für die Berechnung seines Altersruhegeld aus der Angestelltenversicherung nicht maßgebend. Diese Zeiten würden bei der Bemessung seines Altersruhegeldes nicht angerechnet. Sein Altersruhegeld würde genauso hoch sein, wenn er die genannten Zeiten bereits im Beamtenverhältnis zurückgelegt hätte. Die Richtlinien wollten aber ausschließlich verhindern, daß bestimmte Zeiten sowohl bei. der Berechnung der Sozialrente als auch bei der Bemessung des Ruhegehalts berücksichtigt würden.",
"Die Bescheide vom 19. November 1962 und vom 22. September 1965 seien nicht deshalb rechtswidrig, weil sie ohne. den Vorbehält ergangen seien, der ihnen nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften hätte beigefügt werden müssen, Diese Verwaltungsvorschriften hätten gegenüber dem Bürger nur insoweit Bedeutung, als sie diese begünstigten. Dadurch, daß die Behörden des Beklagten sie im Falle des Klägers nicht angewendet hätten, sei Art. 3 des Grundgesetzes nicht verletzt. Die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts über die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte gestatteten nur die Rücknahme.gesetzwidriger Verwaltungsakte, nicht auch die Rücknahme von Verwaltungsakten, die nicht gegen irgendeine Rechtsnorm verstießen, bei deren Erlaß die Behörde vielmehr nur gegen sie bindende Verwaltungsvorschriften verstoßen habe. Die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verlange deshalb die Rübknahme der Bescheide vom 19. Januar.1962 und 22. September 1965 nicht. Rechtssicherheit und Vertrauensschutz verböten vielmehr die Rücknahme dieser Verwaltungsakte. Hätte er gewußt, daß sein Ruhegehalt von 1968 ab nur 65 v.H0 betragen würde, hätte er nicht seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand erbeten, sondern wäre er bis zum 31. Januar 1968 im Dienst geblieben.",
"Der Kläger beantragt,",
"unter teilweiser Änderung des angefochtenen Urteils seinen Klageanträgen im ersten Rechtszug in vollem Umfang stattzugeben.",
"Der Beklagte beantragt,",
"die Berufung zurückzuweisen.",
"Er führt aus",
"Die einschlägigen Verwaltungsvorschriften hätten nicht den engen Sinn, den der Kläger ihnen beilege. Sie bezweckten vielmehr, einen Beamten, der ® wie der Kläger - eine zeitraubende Vorbildung oder eine besondere praktische Tätigkeit nachweisen müsse, nicht schlechter zu stellen als einen Beamten, der sich von Beginn seiner beruflidhen Tätigkeit an im Beamtenverhältnis befunden habe. Daraus ergebe sich, daß eine Anrechnung von Vordienstzeiten nicht möglich sei,- wenn sie zu einer Überschreitung des Höchstsatzes der Versorgung von 75 v.H. führen würde. Darauf, ob die in Rede stehenden Zeiten bei der Berechnung der Sozialrente berücksichtigt worden seien, komme es deshalb.nicht an. Es werde auch bestritten, daß diese Zeiten bei der Berechnung der Sozialrente nicht berücksichtigt worden seien.",
"Rechtswidrig sei ein Verwaltungsakt auch dann, wenn eine: im Ermessen der Behörde stehende Entscheidung nicht ermessensfehlerfrei getroffen worden sei. Eine Entscheidung gemäß §•124 LBG, die im Ermesben der Behörde stehe, dürfe nur in dem Rahmen bleiben, der den Anrechnungsbestimmungen unausgesprochen zugrundeliege. Zu diesem Rahmen gehöre der Grundsatz; daß eine Doppelversorgung vermieden werden müsse.",
"Wegen der weiteren Einzelheiten des .Sachverhalts und des Vorbringens der. Parteien wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den Von dem Beklagten vorgelegten, die Versorgung und die Personalien des Klägers betreffenden Vorgänge Bezug genommen. •",
"Die Parteien haben erklärt, sie seien damit-einverstanden, daß ohne. mündliche Verhandlung entschieden werde."
] | [] | [] | [
"Die Berufung ist unbegründet, weil der Kläger keinen Rechtsanspruch darauf hat, daß die im Klageantrag genannten Zeiten auch für die Zeit seit April 1968 als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden (I), und der Bescheid vom 7. März 1968 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides auch nicht aus anderen Gründen rechtswidrig ist (II).",
"I.",
"Ein geschriebener Rechtssatz, der den genannten Anspruch begründet, ist nicht ersichtlich. Er wird auch vom Kläger nicht bezeichnet. Die Bescheide vom 19. November 1962 und vom 22. September 1965, die früher den genannten Anspruch begründet, haben mögen, rechtfertigen ihn jedenfalls deshalb nicht mehr, weil sie durch den Bescheid vom 7. März 1968 bzw. durch den Widerspruchsbescheid mit Wirkung vom 1. April 1968",
"aufgehoben worden sind. Allerdings ist zweifelhaft, ob der Bescheid vom 19. November 1962 bereits durch den streitigen Bescheid des Landesamtes. vom 7. März 1968 aufgehoben worden ist. Dieser Bescheid erwähnt den. Bescheid vom 19. November 1962 nicht. Er stellt die Sach- und Rechtslage so dar, wie es auch geschehen wäre, wenn es den.Bescheid vom 19.\"Dezember 1962 nicht gäbe. Diese Zweifelsfrage kann jedoch dahinstehen, weil man in den folgenden Ausführungen des Widerspruchsbescheides vom 7. Januar 1969 die Änderung des Bescheides vom 19. November 1962 mit Wirkung vom 1. April 1968 sehen muß:",
"\"Mit Bescheid vom-19. November 1962 erfolgte die Voranerkennung der Zeiten im Sihne des § 124 LBG. Dieser Bescheid ist nach Ablauf eines Jahres gem. § 58 VwGO unanfechtbar geworden. Es muß daher geprüft werden, ob dieser Bescheid von der Verwaltung abgeändert werden kann. Diese Frage wird durch die Fassung der Verwaltungsrichtlinien zu § 124 LBG eindeutig bejaht. Die Richtlinien zu § 124 LBG stellen auch materielles Recht dar, weil sie die \"Kann\"- Vorschrift des § 124 LBG auslegen. Die darin angeordneten Sachentscheidungen wären für ein Gericht nur insoweit nicht bindend, als ein Ermessensmißbrauch des Verordnungsgebers nachgewiesen würde. Davon kann jedoch keine Rede sein.",
"Da die Richtlinien zu § 124 LBG materiell-rechtlich Bestandteil des § 124 LBG selbst sind, steht der Voranerkennungsbescheid, auch wenn es nicht, ausdrücklich gesagt wird, unter dem Vorbehalt der nach RL 7 zu § 124 LBG zu berücksichtigenden Verhältnisse. Eine Änderung dieses Bescheides ist daher auch insoweit möglich, als die in RL 7 zu § 124 LBG iVm RL 3.2 zu § 123 LBG genannten Tatbestände eintreten.\"",
"Die Aufhebung des Bescheides vom 22. September 1965 wird in dem streitigen Bescheid vom 7. März 1968 ausdrücklich auch nicht ausgesprochen. Die entsprechende Änderung des Bescheides vom 22. September 1965 ergibt sich jedoch aus der Überschrift des Bescheides vom 7. März 1968 (\"Berichtigter Bescheid\"), aus dem in ihm enthaltenen Satz \"Der Wegfall der Zeiten gem. § 124 LBG ergibt sich aus RL 7 zu § .124 LBG iVm mit RL 3.2 zu § 123 LBG\" sowie daraus, daß der Bescheid vom 7. März 19'68 zu dem Bescheid vom 22. September 1965 in Widerspruch steht.",
"Ein Anspruch auf Berücksichtigung der im Klageantrag aufgeführten Zeiten als ruhegehaltfähige Dienstzeit steht dem Kläger für die Zeit seit April 1968 aber auch nicht deshalb zu, weil sich seine Rechtsstellung, die sich im Hinblick auf § 124 LBG ergibt, zu einem Rechtsanspruch verdichtet hätte, jede andere Entscheidung als die nach dieser Vorschrift mögliche Berücksichtigung der streitigen Zeiten ermessensfehlerhaft wäre..",
"§ 124 LBG lautet:",
"\"Die nach Vollendung des siebzehnten Lebensjahres liegende Zeit",
"1. einer für die Ablegung der ersten Staats- oder Hochschulprüfung erforderlichen praktischen Tätigkeit oder eines Studiums an einer Hochschule oder",
"2. einer für die Ablegung der Abschlußprüfung an einer Fachschule erforderlichen praktischen Tätigkeit oder eines Besuchs dieser Schulen",
"kann im Rahmen der vorgeschriebenen Mindestzeit als ruhegehaltfähige Dienstzeit, berücksichtigt werden, wenn diese Vorbildung erfolgreich abgeschlossen ist und für die Wahrnehmung des dem Beamten übertragenen Amtes gefordert wird. Die Zeit einer praktischen Tätigkeit nach Vollendung des siebzehnten Lebensjahres und nach Abschluß. der Vorbildung kann als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden, soweit sie. in Rechts- oder Verwaltungsvorschriften für die Berufung in das Beamtenverhältnis gefordert wird oder an die Stelle des Vorbereitungsdienstes tritt oder auf Vorbereitungsdienst angerechnet worden ist.\"",
"Zweck der den Dienstherrn durch diese Regelung erteilten Ermächtigung ist offenbar die Berücksichtigung dann zu ermöglichen, wenn sie angemessen ist, und sie dann zu verhindern, wenn die Berücksichtigung nicht angemessen ist.",
"Zur Handhabung des § 124 LBG haben der. Finanz.und der: .Innenminister des Beklagten Richtlinien erlassen (Verwaltungsvorschriften und Richtlinien zu dem versorgungsrechtlichen Teil des Landesbeamtengesetzes vom 27. August 1962 MBl. NW/ 1539). Diese Richtlinien haben unter dem 17. August 1967 eine Neufassung erhalten (MBl NW 1483) von der hier auszugehen ist.",
"Die Richtlinie 7 zu § 124 LBG bestimmt:",
"\"Die RL 3.2 zu § 123 gelten entsprechend.\" Die Richtlinie 3.2 zu § 123 LBG lautet:",
"\"Die. Berücksichtigung darf nicht dazu führen, daß die Gesamtversorgung (beamtenrechtliche Versorgung,",
"Rente aus den gesetzlichen Rentenversicherungen oder einer zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung) des Beamten oder der Hinterbliebenen höher ist als die Versorgung, die sie erhalten würden, wenn der Beamte die für die Berechnung der Rente aus der Rentenversicherung maßgebenden Zeiten, soweit sie nach Vollendung des siebzehnten Lebensjahres abgeleistet worden sind, bereits im Beamtenverhältnis zurückgelegt hätte. Diesem Grundsatz ist durch teilweise Berücksichtigung oder durch Nichtberücksichtigung der Vordienstzeit Rechnung zu tragen. Renten und Rententeile im Sinne des § 170 a Abs. 3 u. 4 bleiben bei der Gegenüberstellung unberücksichtigt. Die vorgenommene Anrechnung der Vordienstzeit.ist zu überprüfen, wenn eine Rente wegen Berufsunfähigkeit in eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder in Altersruhegeld umgewandelt wird, oder wenn eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in eine Rente wegen Berufsunfähigkeit umgewandelt wird. Die auf Grund der Vergleichsberechnung bei der Versorgung des Ruhestandsbeamten vorgenommene Anrechnung der Vordienstzeit bleibt auch für die spätere Hinterbliebenenversorgung maßgebend.",
"Beispiel .......;",
"Daß unter den Voraussetzungen des Satzes 1 dieser Richtlinien die Nichtberücksichtigung der in § 124 LBG aufgeführten Zeiten angemessen ist, liegt auf der Hand.",
"Der Fall, den die Richtlinie 3.2 zu § 123 LBG verhindern will ist hier gegeben.",
"Die ruhegehaltfähigen Dienstbezüge des Klägers - bezogen auf den Monat Februar 1968 - betragen 2.226,- DM. Das Höchstruhegehalt beträgt demnach 75 vom Hundert von 2226,- DM 1669,50 DM. Diesen Betrag würde der Kläger höchstens als Versorgung erhalten, wenn er \"die für die Berechnung der Rente aus der Rentenversicherung maßgebenden Zeiten bereits im Beamtenverhältnis zurückgelegt hätte\". Höher als dieser Betrag darf also die Summe der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und des Ruhegehalts nicht sein.",
"Die Rente für den Monat Februar 1968 hat - vor Abzug des Krankenversicherungsbeitrages - 410,50 DM betragen (BA 9 Bl. 87) Nach Satz 3 der Richtlinien 3.2 zu § 123 LBG bleiben bei der Gegenüberstellung Rententeile im Sinne des § 170 a Abs. 4 LBG unberücksichtigt. Das sind die Teile der Rente die",
"1. wenn sich - wie hier - die Rente nach Werteinheiten berechnet, dem Verhältnis der Werteinheiten für freiwillige Beiträge zu der Summe der Werteinheiten für freiwillige Beiträge, Pflichtbeiträge, Ersatzzeiten und Ausfallzeiten entsprechen,",
"2. auf einer Höherversicherung beruhen.",
"Auf der Höherversicherung des Klägers beruht ein Betrag von 62,81 DM jährlich (BA 9 Bl. 86) = 5,24 DM monatlich. Die monatliche Rente des Klägers ohne die Leistung der Höherversicherung beträgt also 405,26 DM.",
"Die Summe der Werteinheiten für freiwillige Beiträge, Pflichtbeiträge, Ersatzzeiten und Ausfallzeiten beträgt 3.499,72 (BA 9 Bl. 85), die Summe der Werteinheiten für freiwillige Beiträge 479,31 (BA 9 Bl. 85). Der Teil der Rente, der dem Verhältnis der Werteinheiten für freiwillige Beiträge zu der Summe der Werteinheiten überhaupt entspricht, ergibt sich anhand folgender Formel.",
"Rente x Werteinheiten -",
"für freiwillige Beiträge =",
"Summe 405 26 x 479, 31 = 55,50 DM.",
"Summe aller Werteinheiten = 3.499,72",
"Die bereinigte Rente beträgt also (405,26 - 55,50 DM =) 349,76 DM. (Das Landesamt für Besoldung und Versorgung geht in seiner Vergleichsberechnung BA 1 Bl. 31 von für den Kläger günstigeren Zahlen, im Ergebnis yon 314,34 DM monatliche Rente aus.)",
"Die Summe aus Rente (349,76 DM) und Ruhegehalt ohne Berücksichtigung der streitigen Zeiten, d.h. auf Grund einer ruhegehaltfähigen Dienstzeit von 65 Vom Hundert(1.446,90 DM) übersteigt somit das Höchstruhegehalt von 1.669,50 DM. Die Nichtberücksichtigung der streitigen Zeiten entspricht deshalb der Vorschrift in Satz 2 der Richtlinien 302 zu § 123 LBG, ist also nicht ermessensfehlerhaft.",
"II.",
"Der streitige 'Bescheid des Landesamtes vom 7. März 1968 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die Bescheide vom 19. November 1962 und vom 22. September 1965 zu Unrecht aufgehoben worden wären.",
"1. Als begünstigender Verwaltungsakt darf der Bescheid vom 19. November 1962 nur widerrufen werden, wenn",
"a) er rechtswidrig ist,",
"b) das öffentliche Interesse daran, daß der rechtmäßige Zustand hergestellt wird, stärker ist als das Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung des Bescheides.",
"Beide Voraussetzungen liegen vor. Zwar ist ein Verstoß gegen irgendeinen Satz des geschriebenen Rechts - abgesehen von dem sogleich zu erörternden Artikel 3 des Grundgesetzes (GG) - nicht zu erkennent Dagegen liegt ein Verstoß gegen 1.2 der Richtlinien zu § 124 LBG (Fassung der Richtlinien .vom 27. August 1962) vor. Diese Bestimmung lautet",
"\"Entscheidungen über die Berücksichtigung von Vordienstzeiten sind unter einem Vorbehalt im",
"Sinne der Richtlinie 3.2 zu treffen.\"",
"Ein solcher Vorbehalt fehlt im Bescheid vom 19. November 1962. Damit verstößt dieser Bescheid zunächst gegen die genannte Richtlinie. In dem Verstoß gegen diese Richtlinie liegt jedoch zugleich ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG, da anzunehmen ist, daß der Beklagte in ständiger Übung nach den genannten Richtlinien verfährt. Unter diesem Blickwinkel erscheint der Bescheid vom 19. November 1962 rechtswidrig.",
"Vgl. die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) in dessen Urteil vom 27. Juni 1955 - III C 25.54 -, Entscheidungen deäundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 2, 163 (167 unten, 168 oben).",
"Das öffentliche Interesse daran, daß der rechtmäßige Zustand wiederhergestellt wird, liegt auf der Hand. Das Interesse des Klägers ist demgegenüber weniger schutzwürdig. Dafür, daß er aus, irgendwelchen Gründen darauf angewiesen sei, daß Ruhegehalt in Höhe von 73 v.H. der ruhgehaltfähigen Dienstbezüge zuzüglich der Rente zu beziehen, daß er seinen Lebensstandard entsprechend eingerichtet habe, hat er nichts vorgetragen.",
"Das gilt selbst dann, wenn der Kläger im Vertrauen auf die Richtigkeit des. Bescheides vom 19. November 1962 davon abgesehen haben sollte, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres im Dienst zu bleiben. Dann ist zwar sein Vertrauen darauf enttäuscht, er werde vom Beginn des 66. Lebensjahres ab sein Ruhegehalt in Höhe von 73 v.H. in Höhe der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge und eine Rente aus der Sozialversicherung erhalten. Auch dieses Vertrauen ist aber gegenüber dem Interesse an der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes weniger schutzwürdig.",
"Die Voraussetzungen für den Widerruf des Bescheides vom 19. November 1962 für die Zukunft liegen also vor. Oben ist",
"ausgeführt, daß die Aufhebung des Bescheides vom 19. November 1962 erst durch den Widerspruchsbescheid vom 7. Januar 1969 erfolgt ist. Soweit der Widerruf den Zeitraum von April bis Dezember 1968-betrifft, handelt es sich also um einen Widerruf mit Rückwirkung. Dieser war zulässig, da der Kläger vor dem 1. April 1968 den Bescheid des Landesamtes vom 7. März 1968 und seither nur das diesem Bescheid entsprechende Ruhegehalt erhalten hat. Sein Interesse an der Aufrechterhaltung des Bescheides vom 19. November 1962 für die Zeit von April 1968 bis Dezember 1968 ist deshalb nicht sonderlich schutzwürdig, weil er für diese Zeit-auf den Weiterbestand des Bescheides. vom 19. November 1962 nicht mehr vertrauen durfte,",
"2. Bezüglich des Widerrufs des Bescheides vom 22. September 1965 kann auf die Ausführungen. zu 1. verwiesen werden. Der Widerruf des Bescheides vom 22. September 1965 ist nach dem oben Gesagten jedoch in dem Bescheid des Landesamtes vom 7. März 1968 zu sehen. Einer besonderen Erörterung für der Zeitraum von April bis Dezember 1968 bedarf es also nicht.",
"Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung vom 21. Januar 1960, BGBl I 17, (VwG0), die bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 7 ZPO.",
"Die Revision mußte zugelassen werden, weil der Rechtstreit grundsätzliche Bedeutung hat (zu vgl. den Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. November 1970 - II B 42.70 -)."
] | {
"law": [
"§ 119 LBG",
"§ 123 LBG",
"§ 124 LBG",
"§§ 227 Abs.3 und 119 LBG",
"§ 122 Abs. 2 LBG",
"§ 167 VwGO",
"§ 58 VwGO",
"§ 126 LBG",
"§ 170 a Abs. 4 LBG",
"§ 708 Nr. 7 ZPO",
"§ 227 Abs. 3 LGB",
"§ 165 Abs. 2 Satz 2 LBG"
],
"case": []
} |
316,085 | 13 S 50/70 | lg-dusseldorf-1970-08-07-13-s-5070 | ECLI:DE:LGD:1970:0807.13S50.70.00 | 1970-08-07T00:00:00 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": "Düsseldorf",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | Urteil | [
"In dem Rechtsstreit",
"wegen Ansprüchen aus einem Wärmelieferungsvertrag",
"hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 15. Mai 1970",
"für Recht erkannt:",
"Auf die Berufung der Beklagten wird das am 21. 11.1969 verkündete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf - 17 C 1217/69 - geändert und neu gefasst:",
"Die Klage wird abgewiesen.",
"Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin."
] | [
"Die Beklagten sind Mieter in einem Haus der T . Das Haus ist im Rahmen des sozialen Wohnungsbaues gefördert worden. Die Versorgung der Wohnung mit Wärme erfolgt durch das örtliche Fernheizwerk der Klägerin, einer Tochtergesellschaft der F AG, die ihrerseits mit den Beklagten unter dem 15. Feb. 1967 einen Wärmelieferungsvertrag geschlossen hatte. Die Verpflichtung zur Abnahme der Wärme von der Klägerin war den Beklagten bereits durch den Mietvertrag (§ 4) mit der T bekannt geworden. Die Beklagten hatten vor Unterzeichnung des Vertrages die Abnahmeverpflichtung und die Undurchsichtigkeit des Vertrages gegenüber der Vermieterin beanstandet. Diese hatte sich jedoch geweigert, einen anderen als den vorgedruckten Formularvertrag mit den Beklagten zu schliessen. Da die Beklagten fürchteten, die Wohnung nicht zu bekommen, unterzeichneten sie den Miet- und Wärmelieferungsvertrag.",
"Die Klägerin hat Heizkosten für die Heizperiode 1966/67, 1967/68, sowie Abschlagszahlungen für 1968/69 verlangt.",
"Sie hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, an sie 703,83 DM nebst 2 % Zinsen über den jeweiligen Diskontsatz der Bundesbank, mindestens jedoch 6 % Zinsen von 635,70 DM seit dem 21. Mai 1969, von weiteren 68,13 DM seit dem 14. Okt. 1969 zu zahlen.",
"Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.",
"Sie haben die Ansicht vertreten, der zwischen ihnen und der Klägerin abgeschlossene Wärmelieferungsvertrag sei sittenwidrig. Sie seien unter Zwang und Druck zum Abschluss dieses Vertrages genötigt worden, da anderenfalls die Vermieterin ihnen die Wohnung nicht gegeben hätte. Die Klägerin habe bezüglich der Bedingungen des Vertrages ihre Monopolstellung ausgenützt. Sie, die Beklagten, seien von der T über die tatsächlichen Kosten für die Wärmeversorgung getäuscht worden. Die Klägerin habe sich hinsichtlich der Preise nicht an die bestehenden Richtlinien und Verordnungen für den sozialen Wohnungsbau gehalten. Die Quadratmeterzahlen für die Wohnung seien nicht zutreffend ermittelt, da man auch den Balkon eingerechnet habe. Die Klägerin weigere sich, den Mietern Einsicht in ihre Berechnungsunterlagen zu geben und sie überprüfen zu lassen.",
"Das Amtsgericht Düsseldorf hat durch Urteil vom 29. Nov. 1969 der Klage stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.",
"Gegen dieses Urteil haben die Beklagten frist- und formgerecht Berufung eingelegt und die Berufung auch rechtzeitig begründet.",
"Sie wiederholen im wesentlichen ihre, im ersten Rechtszuge vertretene Rechtsauffassung und weisen erneut auf die Sittenwidrigkeit des Wärmelieferungsvertrages hin.",
"Sie beantragen, unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.",
"Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.",
"Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und wiederholt ebenfalls im wesentlichen ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug.",
"Hinsichtlich des weiteren Vortrages wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien und die von ihnen überreichten Urkunden verwiesen."
] | [] | [
"Die zulässige Berufung ist gerechtfertigt.",
"Die Gültigkeit des Wärmelieferungsvertrages vom 1. März 1967 kann dahinstehen. Auch braucht nicht erörtert zu werden, ob insoweit die Klägerin im ausreichendem Masse ihrer Behauptungspflicht nach § 138 ZPO nachgekommen ist.",
"Selbst wenn der Klägerin Ansprüche aus §§ 433 ff. BGB gegen die Beklagten zustünden, so wären diese gemäss § 273 Abs. 1 BGB berechtigt, die geschuldete Leistung zu verweigern; sie haben nämlich einen durch IV. der Allgemeinen Lieferungsbedingungen der \"F\" gesicherten Anspruch auf Rechnungslegung. Ihm kommt die Klägerin nicht durch Übersendungen von Rechnungen nach, die sie allein für ausreichend und durchschaubar hält. Die Bestimmung des § 259 BGB verpflichtet sie vielmehr, erstens eine geordnete Zusammenstellung von Ein- und Ausgaben in einer solchen Weise vorzulegen, dass ein durchschnittlich gebildeter Schuldner sie begreifen und ohne mathematischen Hilfsmittel nachprüfen kann, und zweitens Belege dafür vorzulegen, soweit sie erteilt zu werden pflegen.",
"Die von der Klägerin (ohne \"Allgemeine Hinweise\") vorgelegten Rechnungsablichtungen (Bl. 13, 14, 19) reichen weder nach ihrem Inhalt selbst noch nach dem Zusammenhange mit den Schriftsätzen der Parteien aus, um sie auf ihre sachliche Richtigkeit sowie auf ihre Übereinstimmung mit § 2 des Wärmelieferungsvertrages und die Kosten der Wärmeherstellung zu überprüfen, welche die Klägerin selbst in V. AGB zur Grundlage ihrer variablen Preisberechnung gemacht hat. Ob Dritte (\"Neue Heimat\", Gemeinden, Kartellamt) die Berechnungsmethode und die von der Kägerin ermittelten Rechnungswerte billigen, ist unerheblich. Jeder Staatsbürger hat ein Recht darauf, dass wenigstens das ordentliche Gericht -notfalls- mit Hilfe gerichtlich",
"vereidigter Sachverständiger in den Stand gesetzt wird, eine Rechnung auf ihren wirklichen Gehalt nachzuprüfen. Das setzt aber nach dem Willen des Gesetzgebers (§ 138 ZPO) die Kundgabe von ins Einzelne gehenden Angaben voraus u. a. über die Bemessung der Geal-Werte sowie der Arbeits- und Grundpreise. Grundlagen der Rechtsfindung können -nicht privatgutachtliche Meinungsäusserungen sondern- nur exakte Tatsachen sein, die bei Bestreiten einer Beweiserhebung durch das Gericht standhalten müssen.",
"Aber selbst wenn man annehmen wollte, die Kägerin hätte das Erfordernis einer nachprüfbaren Rechnung erfüllt, so würde das ohne Vorlage von Rechnungsbelegen zur Stützung ihrer Angaben nicht ausreichen. Ob die Erteilung von Belegen bei Wärmelieferungsverträgen üblich ist, mag zweifelhaft sein. Im vorliegenden Falle entspricht es aber einer vertraglichen Treuepflicht aus § 242 BGB, dass die Klägerin die Unterlagen über ihre Wirtschaftslichkeitsberechnungen gegenüber solchen Mietern nicht zurückhält, sie sich durch Sonderregelungen des \"sozialen\" Wohnungsbaues und durch eine Vermieterin geschützt fühlen dürfen, die ihr Unternehmen als \"gemeinnützig\" bezeichnet. Freilich hat eine solche, auf \"gute Sitten\" gegründete Anstandspflicht auch ihre Grenze; diese mag z. B. dann erreicht sein, wenn eine zu ihrer Überprüfung befugte staatliche Dienststelle (etwa das Arbeits- und Sozialministerium oder das Wohnungsbauministerium NW) im Interesse der Wahrung des Rechtsfriedens und der Gleichbehandlung die Berechnungsunterlagen objektiv auf ihre Übereinstimmung mit der derzeit gültigen verwaltungsrechtlichen Bestimmungen geprüft und gebilligt hat. Ein Anlass aber, fliessenden Leistungsberechnungen eines Wärmelieferwerkes blindlings zu vertrauen, findet weder im Gesetz noch in dem zwischen Parteien abgeschlossenen Vertrage eine Stütze.",
"Die im schuldrechtlichen Verhältnis der Parteien zueinander sicherlich wichtige Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11. Nov. 1968 (JZ. Nr. 10/69, Seite 334) hat unter den vorstehenden Umständen auf die getroffene Entscheidung keinen Einfluss. Wohl aber schliesst sich das erkennende Gericht im übrigen vollinhaltlich den Entscheidungen des Landgerichts Mannheim vom 29. Juli 1969 (6 T 8/69) und des",
"Landgerichts Hamburg vom 14. April 1959 (16 T 88/59) an; sie stehen nicht im Gegensatz zu den Vorentscheidungen des Landgerichts Düsseldorf in 13 S 388/68 und 14 S 65/69, deren Sachverhalt sich mit dem der vorliegenden Sache nicht deckt.",
"Die Kostenentscheidung beruht auf § 27 ZPO."
] | {
"law": [
"§ 259 BGB",
"§ 242 BGB",
"§ 138 ZPO",
"§ 27 ZPO",
"§ 273 Abs. 1 BGB",
"§§ 433 ff. BGB"
],
"case": [
"16 T 88/59",
"6 T 8/69",
"14 S 65/69",
"13 S 388/68",
"17 C 1217/69"
]
} |
316,086 | 3 Sa 89/70 | lagd-1970-05-08-3-sa-8970 | ECLI:DE:LAGD:1970:0508.3SA89.70.00 | 1970-05-08T00:00:00 | {
"id": 793,
"name": "Landesarbeitsgericht Düsseldorf",
"slug": "lagd",
"city": "Unspecified",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null
} | Urteil | [
"Die Berufung der Beklagten gegen das am 31. Oktober 1969 verkündete Urteil des Arbeitsgerichtes Köln - 8 Ca 2329/69 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Streitwert: unverändert."
] | [
"Der Kläger war vom 1.1o.1966 an als Verkaufsfahrer bei der Beklagten beschäftigt. Sein letztes Monatsentgelt betrug 7oo,—I netto Der Kläger hatte ausserdem eine Kaution in Höhe von 643,27 DM bei der Beklagten stehen.",
"Am 2O.2.1969 gab der Kläger - wie es im Betrieb der Beklagten üblich ist - seinen Urlaubswunsch zur Eintragung in die Urlaubsliste schriftlich für die Zeit vom 2.6.1969 bis 25.6.1969 an. Dieser Urlaubswunsch des Klägers wurde in die Urlaubsliste eingetragen. Eine Entscheidung darüber, daß der Kläger diesen Urlaub nicht nehmen könne,fällte die Beklagte bis 2o.5.1969 nicht. Ende Mai 1969 kündigte der Kläger sein Arbeitsverhältni zur Beklagten fristgerecht zum 3o.6.1969 auf. Nach dem Zugang der Kündigung teilte die Beklagte dem Kläger am 2o.5.1969 mit, daß ihm infolge seiner Kündigung der Urlaub aus betrieblichen in der von ihm am 2o.2.1969 erbetenen Zeit nicht gewährt werde könne. Am 22.5.1969 bat der Kläger schriftlich darum, ihm seinen Urlaub in der Zeit vom 2.6.1969 bis 25.6.1969 zu gewähren. Er begründete seine Bitte damit, daß er zusammen mit seiner Frau den Urlaub bereits geplant habe und ihm durch die Streichung seines Urlaubs beträchtliche Kosten entstehen würden. Eine Entscheidung der Beklagten über diesen Antrag des Klägers vom 22.5.1969 fällte sie nicht.",
"Der Kläger trat daraufhin am 2.6.1969 seinen Urlaub an. Mit ihrem Schreiben vom 1 o.6.1969 kündigte die Beklagte das Arbeit Verhältnis zum Kläger rückwirkend zum 31.5.1969 auf.",
"Der Kläger ist der Meinung, die fristlose Kündigung der Beklag-ten sei unwirksam. Er habe Anspruch auf Fortzahlung seines Gehalts für den Monat Juni 1969 in Höhe von 7oo,— DM zuzüglichder einbehaltenen Kaution in Höhe von 643,27 DM.",
"Der Kläger hat beantragt",
"die Beklagte zur Zahlung von 1.343,27 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 7.7.1969 zu verurteilen.",
"Die Beklagte hat beantragt die Klage abzuweisen.",
"Sie ist der Meinung, ihre fristlose Kündigung sei berechtigt. Der Kläger habe weder Anspruch auf Zahlung des Entgelts für d Monat Juni 1969 noch auf Auszahlung der einbehaltenen Kaution. da er Arbeitsvertragsbruch begangen habe.",
"Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 31.1o. 1969 die Beklagte verurteilt 1.343,27 DM netto zu zahlen und ihr die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.",
"In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, die fristlose Kündigung sei unwirksam. Der Kläger habe daher Anspruch auf Fortzahlung seines Entgelts für den Monat Juni 1969 sowie auf Auszahlung der einbehaltenen Kaution. Die Beklagte habe nämlich keine Gründe dafür vorgetragen, daß dem rechtzeitig angemeldeten Urlaubsbegehren des Klägers in der streitigen Zeit dringende betriebliche Belange entgegen gestanden hätten.",
"Wegen der weiteren Einzelheiten der erstinstanzlichen Entschei dung wird auf Blatt 31/32 der Akten Bezug genommen.",
"Gegen das am 19.2.197O zugestellte Urteil hat die Beklagte durch ihren Anwalt am 6.3.1970 Berufung eingelegt, die verspätet war. Sie hat mit Schriftsatz vom 9.3.197o ihre Berufung wiederholt und gleichzeitig um Wiedereinsetzung in den voriger. Stand gebeten. Bezüglich des Wiedereinsetzungsantrages trägt die Beklagte vor und macht glaubhaft, daß am 5.3.197o, dem Tag des Ablaufens der Berufungsfrist Rechtsanwalt H die Fristsachen, zu denen auch die Berufungsschrift im vorliegenden Verfahren gehörte, persönlich auf der Geschäftsstelle der betreffenden Gerichte habe einreichen müssen. Dafür sei in seiner Postmappe ein besonderes Fach eingerichtet. Die Berufungsschrift im vorliegenden Verfahren habe er nicht darin vorgefunden. Sie sei offensichtlich an irgendeinem Schriftstück angeheftet oder zwischen die Blätter eingeschoben gewesen; denn die Berufungsschrift sei am 5.3.197o beim Landgericht Köln eingegangen, von dort aber unmittelbar der Kanzlei wieder zurückgegeben worden. Pur diese Fehlleitung der Berufungsschrift könne ihm kein Verschulden angelastet werden, da er die Berufungsschrift in seiner Fristenmappe - vor allem in dem Fach für Terminsachen - nicht habe feststellen können. Sei: Büro werde laufend überwacht und habe bisher zu Beanstandungen.",
"keinen Anlaß gegeben. Er habe sich darauf verlassen können, da die Berufungsschrift ordnungsgemäß in dem Fach für Terminsachen seiner Gerichtspostmappe sich befand. Der verspätete Eingang der Berufung beim Berufungsgericht sei also für ihn auf einen unabwendbaren Zufall zurückzuführen, so daß ihm Wiedereinsetzung gewährt werden müsse.",
"Zur Sache selbst bleibt die Beklagte dabei, daß der Kläger sein Arbeitsverhältnis durch den eigenmächtigen Antritt des Urlaubs am 2.6.1969 gebrochen habe. Er habe daher weder Anspruch auf sein Gehalt für den Monat Juni 1969 noch auf Auszahlung der zurückbehaltenen Kaution. Die Verweigerung des Urlaubs beruhe durchaus auf dringenden betrieblichen Erfordernis sen. Der Kläger habe nämlich nach seiner Kündigung die Verpflichtung gehabt, seinen Nachfolger einzuarbeiten, was ihm nicht möglich gewesen sei, wenn er zu der beantragten Zeit in Urlaub gegangen wäre.",
"Die Beklagte beantragt",
"1) ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Standwegen Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren,",
"2) unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteilsden Kläger mit seiner Klage abzuweisen.",
"Der Kläger beantragt",
"die Berufung zurückzuweisen.",
"Er ist der Meinung, daß ein Wiedereinsetzungsgrund nach dem Vortrag der Beklagten nicht vorliege. Im übrigen müsse in der Sache der erstinstanzlichen Entscheidung zugestimmt werden.",
"Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze verwiesen."
] | [] | [
"Die Berufung der Beklagten ist zwar verspätet. Ihr war jedoch auf ihren form- und fristgerechten Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren. Die Begründung der verspäteten Berufung erfolgte frist",
"gemäß.",
"I.",
"Der Beklagten war wegen Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung zu gewähren, da sie glaubhaft gemacht hat, daß sie durch ein für sie unabwendaberes Ereignis an der rechtzeitige: Einlegung der Berufung gehindert worden war.",
"X \"Unabwendbarer Zufall\" im Sinne des § 233 ZPO ist jedes Ereignis, das auch durch die äußerste, den Umständen nach angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt von der betroffenen Partei oder ihren Prozeßbevollmächtigten weder abgewendet noch in seinen schädlichen Folgen verhindert werden kann (SAG in AP Nr. 6 zu § 232 ZPO und dann in ständiger Rechtsprechung).",
"Dem Kläger ist zuzustimmen, daß der Beklagten die Wiedereinsetzung nach der gefestigten Rechtsprechung der Kölner Kammern. des Landesarbeitsgerichtes Düsseldorf hätte versagt werden müssen, wenn sie nur vorgetragen und glaubhaft gemacht hätte, daß ihr Prozeßbevollmächtigter die Berufungsschrift in das Fach der Arbeitsgerichte bei der Briefverteilungsstelle des Landgerichtes Köln eingelegt hätte und dadurch die Berufungsschrift verspätet zum Landesarbeitsgericht gekommen wäre (so zuletzt",
"Beschluß der 13. Kammer vom 23.2.197o (13 (8) Sa 565/69).",
"Der Beklagtenvertreter macht einen anderen Sachverhalt glaubhaf Er trägt vor, daß er von seinem Büro eine Mappe mit den Schrif Sätzen erhalten habe, die in der Briefverteilungsstelle einzusortieren waren. In dieser Briefmappe befinde sich ein besonderes Fach für Terminsachen, die unmittelbar auf der betreffenden Geschäftsstelle des Gerichtes abzugeben seien. In diesem Fach \"Terminsachen\" habe sich die Berufungsschrift, die er persönlich abgeben wollte, nicht befunden. Sie sei dann zwar beim Landgericht Köln mit einem Eingangsstempel versehen worden, jedoch ihm unmittelbar wieder zurückgereicht worden.",
"Dieser Vortrag des Prozeßbevollmächtigten läßt die Annahme zu, daß er selbst an der Versäumung der Frist kein Verschulden trägt. Es muß ihm abgenommen werden, daß er beim Einlegen der Gerichtspost beim Landgericht Köln die Berufungsschrift nicht",
"dort abgab. Nach seinem glaubhaft gemachten Vortrag, daß sich im Terminsfach die Berufungsschrift nicht befand, ist es tatsächlich nicht auszuschließen, daß die Post im Büro falsch zusammengeheftet, gefaltet oder auch die Berufungsschrift nur zufällig an ein anderes Schriftstück angeklammert war. Ein etwaiges Verschulden seines geschulten und ständig überwachte. Personals steht jedoch der Wiedereinsetzung nicht entgegen (BAG in AP Nr. 98 zu § 242 BGB (Ruhegehalt); AP Nr. 16 zu § 232 ZPO)o Auf die ordnungsgemäße Zusammenstellung seiner Gerichtspost - getrennt nach Terminsachen und normalen Schriftstücken - durch das eingearbeitete und bewährte Personal mußt: sich der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten verlassen können. Ein der Beklagten zurechenbares Verschulden ihres Prozeßbevoll mächtigten im Sinne des § 232 Abs. 2 ZPO scheidet daher aus.",
"Der Beklagten war demnach Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist zu gewähren.",
"II.",
"In der Sache konnte die Berufung der Beklagten keinen Erfolg haben. Der Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichtes war beizutreten.",
"1) Die Berechtigung der von der Beklagten am 1o.6.1969 erklärten und auch erst ab dem Tage des Zuganges wirksam gewordenen - nicht rückwirkend wirkenden - fristlosen Kündigung hängt davon ab, ob der Kläger den Urlaub, den er im Februar 1969 ab 2.6.1969 beantragt hatte, gegen den Widerspruch der Beklagten antreten konnte.",
"Zu Recht hat das erstinstanzliche Gericht die Auffassung vertreten, daß ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung im Sinne des § 626 BGB in dem Urlaubsantritt des Klägers bei der Besonderheit der Verhältnisse, die diesem von der Beklagte, nicht gebilligten Urlaubsantritt des Klägers vorausgingen, nicht gesehen werden kann. Auf keinen Fall wurde der Beklagten. durch das Verhalten des Klägers die Fortsetzung des ohnehin vom Kläger zum 3o.6.1969 ordentlich gekündigten Dienstverhältnisses unzumutbar.",
"Der Kläger selbst stellt gar nicht in Abrede, daß seine im Februar 1969 gemachte Eintragung in die Urlaubsliste, die auf seinen Antrag vom 2o.2.1969 für die Zeit vom 2.6. bis 25.6. 1969 erfolgte, noch keine Bewilligung des Urlaubs für diesen Zeitraum enthält. Mit der Eintragung in diese Urlaubsliste ist auch tatsächlich die Lage des Urlaubes noch nicht festgelegt. Das folgt daraus, daß es Sinn dieser Urlaubsliste ist, dem Arbeitgeber eine Grundlage zu geben, wie die Urlaubswünsch der einzelnen Arbeitnehmer sich aufeinander abstimmen lassen und mit den betrieblichen Belangen in Einklang zu bringen sin: (Dersch-Neumann § 7 BUrlG Anm. 24; Stahlhacke, BUrlG, 2. Aufl, § 7 Anm. 13; Schelp-Herbst, BUrlG § 7 Anm. 25). Wünscht allerdings der Arbeitgeber zu Beginn des Kalenderjahres von seiner. Arbeitnehmern die Angabe ihrer Urlaubswünsche und setzt er diese in seine Urlaubsliste ein, so ist diese Eintragung nicht ohne Bedeutung. Vom Arbeitgeber wird verlangt werden müssen, i daß er entweder in angemessener Zeit den Urlaubswünschen seine Arbeitnehmers widerspricht, wenn er nicht beabsichtigt, dem Arbeitnehmer den Urlaub in der beantragten Zeit zu gewähren. Erfolgt dieser Widerspruch nicht innerhalb einer angemessenen Zeitspanne, so darf der Arbeitnehmer davon ausgehen, daß sein Urlaub entsprechend seinem Urlaubswunsche als gewährt gilt (so schon LAG Frankfurt in Betrieb 1956, 647). Als \"angemessene Zeitspanne\" wird ein Zeitraum von einem Monat nach Vorlage des Urlaubswunsches oder der Eintragung in die Urlaubsliste anzusehen sein.",
"Ist der Urlaub einerseits durch die Eintragung in die Urlaubsliste und andererseits entweder durch ausdrückliche Genehmi-",
"gung oder durch den genannten Zeitablauf einmal erteilt, so gelten für die",
"Verlegung des Urlaubes die allgemeinen Grundsätze. Es bedarf dann in der Regel einer Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien, wenn der Urlaub verlegt werden soll. Nur bei ganz unvorhergesehenen betrieblichen Ereignissen wird dem Arbeitgeber das Recht zugestanden werden können, den einmal erteilten Urlaub einseitig zu widerrufen. Auch aus der Tatsache der Kündigung des Arbeitsverhältnisses wird nicht notwendigerweise das Recht folgen, den Urlaub zu verlegen oder überhaupt nicht in natura zu gewähren und abzugelten, etwa deswegen, weil das Ausschei-",
"den des Arbeitnehmers im Laufe des Urlaubs Jahres bei dessen Beginn noch nicht bekannt war.",
"Im zu entscheidenden Fall steht fest, daß der Kläger seinen Ur laubswunsch am 2o.2.1969 bekanntgegeben hat und die Beklagte",
"die von ihm beantragte Urlaubszeit auch in ihre Urlaubsliste",
"eingetragen hat .Bis zum Zeitpunkt der ordentlichen Kündigung Mitte Mai 1969 hat die Beklagte gegen die vom Kläger beantragt Lage seines Urlaubes keine Einwendungen erhoben. Sie hat in keiner Weise erkennen lassen, daß der Gewährung des Urlaubes in der angegebenen Zeit betriebliche Gründe oder berechtigte Belange anderer Arbeitnehmer entgegenstehen (§ 7 Abs. 1 BUr.lG) Seit dem Antrag des Klägers, seinen Urlaub in der Zeit vom 2.6. bis 25.6.1969 zu legen, sind also drei Monate vergangen, ohne daß die Beklagte dem Kläger mitteilte, er könne mit der Urlaubserteilung in dieser Zeit nicht rechnen. Damit war dem Kläger der Urlaub in dieser Zeit erteilt„ Die Beklagte konnte den Urlaub des Klägers nicht mehr einseitig widerrufen. Auch di Tatsache, daß der Kläger Mitte Mai 1969 ordentlich zum 3o.6. 1969 kündigte, rechtfertigte nicht den einseitigen Widerruf de dem Kläger erteilten Urlaubes. Die Beklagte stützt ihren Widerruf darauf, daß mit dem Ausscheiden des Klägers zum 3o.6.1969 eine neue betriebliche Situation entstanden sei, die den noch so berechtigten persönlichen Belangen des Klägers auf Urlaub entgegenstehe. Der Kläger sei nämlich Fahrverkäufer, er müsse seinen Nachfolger im Falle seines Ausscheidens einarbeiten, weil nur er die Kunden, die er regelmäßig auf suche, genau kenne. Diese Einarbeitung müsse bis 3o.6.1969 erfolgt sein. Die Beklagte gesteht zu, daß sie zur Einarbeitung eines Nachfolgers des Klägers durch diesen allenfalls einen Zeitraum von 14 Tage benötigt. Es wäre daher der Beklagten zuzumuten gewesen, dem Kläger - wenn sie ihn schon nicht in vollem Umfange den Urlaub in natura gewähren wollte - so doch für die überwiegende Zeit Urlaub zu gestatten, sich im übrigen jedoch mit ihm zu einige.. in welcher Weise er, notfalls unter Beschneidung des ihm bewilligten Urlaubes, seinen Nachfolger einarbeiten werde. Der Kläger hat dazu der Beklagten in seinem Schreiben vom 22.5.196 die nötige Handhabe gegeben. Er hat in diesem Schreiben darauf hingewiesen, daß er zusammen mit seiner berufstätigen Frau den.",
"Urlaub in der von ihm beantragten Form geplant habe und ihm e",
"r r",
"hebliche Unkosten entstehen würden, wenn er nicht in der vorg sehenen Zeit fahren könne. Sein Schreiben schließt mit den Worten, er hoffe, daß ihm die Beklagte \"Verständnis entgegenbringe und auf eine wohlwollende Äusserung in seiner kritisch Lage\".",
"Es wäre in dieser Situation Sache der Beklagten gewesen, dein Kläger Vorschläge zu machen, wie trotz seines Ausscheidens sowohl seine Urlaubszeit als auch die Einarbeitung eines Nachfolgers unter ein Dach zu bringen waren. Mit dem einseitigen und bei Sachlage willkürlichen Widerruf des Urlaubes konnte und durfte die Beklagte die erst nach der Kündigung des Kläger aufgetretenen Differenzen um die Urlaubsgewährung nicht lösen.",
"Aus all dem folgt, daß die von der Beklagten ausgesprochene fristlose Kündigung nicht aus einem wichtigen Grunde im Sinne des § 626 BGB gerechtfertigt war.",
"2) Die getroffene Entscheidung rechtfertigt sich auch dann, wenn man davon ausgeht, daß die fristlose Kündigung mit ihrem Zugang - also frühestens am 11.6.1969 - das Arbeitsverhältnis beendet hat.",
"Es würde zwar gemäß §§ 11 Abs. 1, 3, 6 KSchG- a.P. feststehen, daß die ausgesprochene fristlose Kündigung wirksam wäre. Der Kläger befand sich aber zu diesem Zeitpunkt berechtigterweise in Urlaub, wie sich aus der Darstellung zu Ziffer II, 1 der Entscheidungsgründe ergibt. Er hatte solange Anspruch auf sein Gehalt. Sein Anspruch auf Urlaubsabgeltung für die restlichen 12 Werktage (Urlaubstage), die zusammen mit seinem Entgeltanspruch bis 11.6.1969 die volle Höhe eines Monatsgehaltes erreichen würde, wäre nicht nach § 7 Abs. 4 BUrlG verwirkt, da die fristlose Kündigung nicht aus einem wichtigen Grunde gerechtfertigt war.",
"Von der Möglichkeit der Zurückverweisung des Rechtsstreites an_ das Arbeitsgericht, das die Vorschrift des § 5 Satz 2 KSchG a.F. übersehen hat, bestand unter diesen Umständen kein Anlaß",
"(vgl. dazu BAG in AP Nr. 3 zu § 5 KSchG).",
"Ein Anspruch der Beklagten auf Vertragsstrafe nach Ziffer XIV des Anstellungsvertrages, für die die Kaution in Höhe von 643,27 DM einbehalten wurde, steht ihr nicht zu; denn der Verfall der Vertragsstrafe setzt einen rechtswidrigen schuldhaft Vertragsbruch oder eine begründete fristlose Entlassung voraus. An der Erfüllung dieses haftungsbegründenden Tatbestandes fehl es jedoch.",
"Es war daher zu erkennen wie geschehen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Der Streitwert ist unverändert geblieben."
] | {
"law": [
"§ 233 ZPO",
"§ 7 Abs. 4 BUrlG",
"§ 232 Abs. 2 ZPO",
"§ 5 Satz 2 KSchG",
"§ 7 BUrlG",
"§ 242 BGB",
"§ 626 BGB",
"§ 232 ZPO",
"§ 97 ZPO",
"§ 5 KSchG"
],
"case": [
"8 Ca 2329/69"
]
} |
316,087 | 14 S 27/70 | lg-dusseldorf-1970-04-29-14-s-2770 | ECLI:DE:LGD:1970:0429.14S27.70.00 | 1970-04-29T00:00:00 | {
"id": 808,
"name": "Landgericht Düsseldorf",
"slug": "lg-dusseldorf",
"city": "Düsseldorf",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Landgericht"
} | Urteil | [
"Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts in Opladen vom 26. November 1969 wird auf Kosten der Klägerin zurückge-wiesen, jedoch im Zinspunkt mit der Maßgabe, daß die Klägerin verurteilt wird, an den Beklagten 4 % Zinsen seit dem 17. März 1969 zu zahlen."
] | [
"Der Beklagte stellte für die Klägerin eine Zwischendecke aus Dämmplatten und einen Holzfußboden in einem Büroraum her. Der Fußboden splitterte an einer T ab, auf welcher ein mit kleinen Rädern versehener Bürostuhl steht. Die Klägerin zahlte die vom Beklagten für die Zwischendecke und den Holzfußboden verlangte Vergütung.",
"Der Beklagte lieferte der Klägerin auf deren Bestellung weiterhin einen Fensterrahmen. Er berechnete hierfür gemäß Rechnung vom 9. Mai 1968 insgesamt 250,-- DM. Die Klägerin zahlte den Betrag nicht. Der Beklagte seinerseits kaufte von der Klägein Autodecken zum Preise von 168,60 DM. Die Klägerin erteilte hierfür am 20. August 1968 Rechnung. Der Beklagte erklärte gegenüber den Kaufpreisforderung mit seinem Anspruch laut Rechnung vom 9. Mai 1968 die Aufrechnung.",
"Mit der Klage begehrt die Klägerin Bezahlung ihrer Rechnung vom 20. August 1968. Sie hat die Ansicht vertreten, die vom Beklagten erklärte Aufrechnung greife nicht durch, da die von ihm zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung einredebehaftet sei. Hierzu hat die Klägerin behauptet: Der Beklagte habe den Holzfußboden nicht handwerksgerecht verlegt. Bei ordnungsgemäßer Auswahl des Holzes und bei fachgerechter Anbringung der Holzdielen sei es ausgeschlossen, dass Spanabhebungen aufträten. Hierbei sei es ohne Bedeutung, dass der Fußboden nicht gestrichen und Belastungen von Möbelstücken, Aktenböcken und Rollstühlen ausgesetzt sei.",
"Die Klägerin hat beantragt,",
"den Beklagten zu verurteilen, an sie 168,60 DM nebst 9,5 % Zinsen seit dem 20. September 1968 zu zahlen.",
"Der Beklagte hat beantragt,",
"die Klage abzuweisen",
"und widerklagend,",
"die Klägerin zu verurteilen, an ihn 81,40 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 16.Oktober 1968 zu zahlen.",
"Der Beklagte hat behauptet:",
"Er habe den Holzfußboden antragsgerecht verlegt. Da er bei der Auftragserteilung nicht davon unterrichtet worden sei, dass der Fußboden besonderen Belastungen ausgesetzt sei, habe er eine normale nordische Ausführung gewählt. Die aufgetretenen Beschädigungen seien auschließlich darauf zurückzuführen, dass an der Schadensstelle der Bürostuhl mit kleinen Rädern unter Belastung hin und her bewegt werde. Um einer solchen Belastung ohne Schäden standhalten zu können, habe der C in jedem Falle mit einer harzgebundenen Farbe versehen werden müssen. Hierzu sei ihm aber kein Auftrag erteilt worden.",
"die Widerklage abzuweisen.",
"Das Amtsgericht in Opladen hat auf Grund des Beweisbeschlusses vom 30. April 1969 Beweis erhoben.",
"Wegen des Beweisergebnisses wird auf die Sitzungsniederschriften vom 17. Juli 1969 und 16. Oktober 1969 Bezug genommen.",
"Durch Urteil vom 26. September 1969 hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen und auf die Widerklage hin die Klägerin verurteilt,",
"an den Beklagten 81,40 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 17. März 1969 zu zahlen.",
"In seinen Entscheidungsgründen, auf deren vorgetragenen Inhalt Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht im wesentlichen ausgeführt:",
"Die vom Beklagten zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung sei nicht mit einer Einrede behaftet. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass an dem Fußboden keine vom Beklagten zu vertretenden Mängel vorhanden seien. Da die Gegenforderung einredefrei bestehe, sei die Klageforderung durch die Aufrechnung erloschen und die Widerklage begründet.",
"Gegen das am 26. November 1969 verkündete und am 24. Dezember 1969 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 8. Januar 1970 Berufung eingelegt, die sie am selben Tage begründet hat.",
"Die Klägerin wiederholt ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug. Sie rügt, dass das Amtsgericht ihre auf Einholung eines Sachverständigengutachtens und auf Durchführung einer Ortsbesichtigung gerichteten Beweisantritte nicht berücksichtigt habe.",
"Ergänzend behauptet sie:",
"Ein Schreibtischrollstuhl T für einen handwerksgerecht angefertigten Holzfußboden keine besondere Beanspruchung dar. Im übrigen ist die Klägerin der Ansicht, die Aussagen des Zeugen H seien widerspruchsvoll und deshalb nicht geeignet, die Behauptungen des Beklagten zu beweisen.",
"Die Klägerin beantragt,",
"unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach ihren Schlussanträgen aus erster Instanz zu erkennen.",
"Der Beklagte beantragt,",
"die Berufung zurückzuweisen.",
"Der Beklagte wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen, macht sich die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils zu eigen und tritt den Ausführungen der Klägerin entgegen.",
"Wegen des weitergehenden Vortrages der Parteien wird ergänzend auf deren bei den Akten befindlichen Schriftsätze sowie auf die mitüberreichten Unterlagen Bezug genommen."
] | [] | [
"Die Berufung der Klägerin ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden. In der Sache selbst bleibt dem Rechtsmittel im wesentlichen jedoch der Erfolg versagt.",
"Das angefochtene Urteil des Amtsgerichts hat bis auf den Ausspruch im Zinspunkt Bestand.",
"Die Klage ist nicht begründet. Der Kaufpreisanspruch der Klägerin ist durch Aufrechnung erloschen. Die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht mit der Einrede des Zurückbehaltungsrechts behaftet. Der Klägerin steht wegen angeblicher Mängel an dem Fußboden kein Zurückbehaltungsrecht zu. Denn die Kammer ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und auf Grund ihrer eigenen Sachkenntnis der Überzeugung , dass der Beklagte den Fußboden handwerksgerecht verlegt hat.",
"Der als Zimmemeister sachkundige Zeuge H hat seiner Aussage zufolge bei einer Besichtigung des Fußbodens festgestellt, dass dieser handwerksgerecht verlegt ist und nur infolge der besonderen Beanspruchung durch den Schreibtischstuhl mit Rollen an einer T ausblättert.",
"Einer weiteren Erhebung der von der Klägerin angebotenen Beweis bedarf es nicht. Das bisherige Beweisergebnis deckt sich in vollem Umfang mit den gerichtsbekannten und damit nicht beweisbedürftigen Tatsachen hinsichtlich des Verhaltens eines ungestrichenen Holzfußbodens bei der Belastung durch mit Rollen versehene Bürostühle. Aus eigener vielfältiger Erfahrung ist der Kammer bekannt, dass eine erhöhte Druckbelastung auf kleiner Druckfläche zu Beschädigungen von Holzfußböden führt, auch wenn diese nach handwerklichen Regeln angefertigt worden sind. Typisch sind diese Schäden beim Begehen von Holzfußböden mit Stöckelschuhen, beim Aufstellen von Schränken mit schmalem Fuß sowie beim Befahren mit Aktenkarren und bei der Benutzung von Stühlen, welche mit Rädern versehen sind. Daß die aufgetretenen Schäden vorliegend durch eine übermäßige, von der Klägerin selbst zu vertretende Überlastung einer bestimmten Bodenstelle verursacht worden ist, wird durch einen weiteren Umstand bestätigt. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass Schäden nur an der T aufgetreten sind, die der besonderen Belastung durch den Bürostuhl ausgesetzt ist.",
"Steht aber der Klägerin kein Zurückbehaltungsrecht zu, so greift die Aufrechnung durch mit der Folge, dass der Klageanspruch nicht gerechtfertigt ist.",
"Demgegenüber ist die Wideklage, mit der der Beklagte die Zahlung des durch die Aufrechnung nicht erloschenen Teiles seines Vergütungsanspruchs begehrt, aus den bereits angeführten Gründen gerechtfertigt.",
"Der Zinsanspruch ist gem. § 291, 288 BGB in Höhe von 4 % jedenfalls seit dem Zeitpunkt der Klageerhebung begründet. Bei dem Auftrag, einen Fensterrahmen herzustellen, handelt es sich nicht um ein beiderseitiges Handelsgeschäft im Sinne von § 352 HGB. Die Höhe des Zinsanspruches bemisst sich deshalb nach § 246 BGB.",
"Da die Berufung im wesentlichen zurückzuweisen war, folgt die Kostenentscheidung aus § 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO.",
"Streitwert für das Berufungsverfahren: 200,-- bis 300,-- DM."
] | {
"law": [
"§ 352 HGB",
"§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO",
"§ 246 BGB"
],
"case": []
} |
316,088 | 14 C 750/69 | ag-aachen-1970-04-13-14-c-75069 | ECLI:DE:AGAC1:1970:0413.14C750.69.00 | 1970-04-13T00:00:00 | {
"id": 620,
"name": "Amtsgericht Aachen",
"slug": "ag-aachen",
"city": "Aachen",
"state": "Nordrhein-Westfalen",
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": "Amtsgericht"
} | Urteil | [
"Es wird festgestellt, dass der Beklagte als Vater der Klägerin gilt.",
"Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin vom Tage der Geburt (2.8.1968) bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres als Unterhalt eine im voraus zu entrichtende Geldrente von monatlichen 120,00 DM, die rück-ständigen Beträge sofort, die künftig fällig werdenden am zweiten Tage eines jeden Lebensmonats zu zahlen.",
"Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.",
"Das Urteil ist, soweit es den Unterhaltsanspruch bis August 1969 ein-schließlich betrifft, gegen Sicherheitsleistung von 1.600,00 DM, im übri-gen ohne eine solche vorläufig vollstreckbar; der Beklagte kann die Voll-streckung durch 1.500,00 DM Sicherheit abwenden."
] | [
"Die Klägerin wurde am 2.8.1968 von der Verkäuferin H geb. I, geboren. Die Ehe der Kindesmutter mit dem Dreher H aus F ist durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts B2 vom 28.11.1967 (1 R 404/67) geschieden worden. Auf die Ehelichkeitsanfechtungsklage des geschiedenen Ehemannes der Kindesmutter ist durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts B2 vom 03. Juni 1969 (12 R 345/68) festgestellt worden, dass die Klägerin nicht dessen eheliches Kind ist.",
"Der Beklagte hat der Kindesmutter innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit (5.10.1967 – 3.2.1968) beigewohnt.",
"Die Klägerin verlangt vom Beklagten den der Lebensstellung der Mutter entsprechenden Unterhalt.",
"Die Klägerin beantragt,",
"festzustellen, dass der Beklagte als der Vater gelte, und ihn zur Zahlung einer monatlichen Unterhaltsrente von 120,00 DM vom Tage der Geburt an bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres zu verurteilen.",
"Der Beklagte beantragt,",
"die Klage abzuweisen, hilfsweise: ihm zu gestatten, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwensen.",
"Er bestreitet seine Vaterschaft und behauptet, die Kindesmutter habe innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit auch mit anderen Männern Geschlechtsverkehr gehabt (Beweis: Vernehmung der Zeugen B und C aus B2). Er sei unmöglich der Vater (Beweis: Einholung eines erbbiologischen Gutachtens).",
"Über die Behauptung des Beklagten ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Kindesmutter als Zeugin und durch Einholung eines Blutgruppengutachtens des Prof. Dr. T aus B2.",
"Auf die Sitzungsniederschrift vom 3.2.1970 und das schriftlich erstattet Gutachten wird Bezug genommen. Verwiesen wird auch auf die zu Beweiszwecken beigezogenen Akten 12 R 345/68 des LG B2."
] | [] | [
"Der Feststellungsantrag ist gem. § 256 ZPO zulässig.",
"Die Klage ist auch in vollem Umfang begründet.",
"Der Unterhaltsanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 1708 Abs. 1 i. V. mit § 1710 BGB. Der Beklagte ist der Vater der Klägerin. Er hat unstreitig der Kindesmutter innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt (§ 1717 BGB). Die Behauptung des Beklagten, die Kindesmutter habe innerhalb dieser Zeit auch mit anderen Männern verkehrt, ist durch die Beweisaufnahme widerlegt. Die Kindesmutter hat bekundet, innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit nur mit dem Beklagten Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Der Aussage der Kindesmutter kommt besonderer Beweiswert zu, weil sie diese Angaben auch schon im Ehelichkeitsanfechtungsprozess des geschiedenen Ehemannes gegen die Klägerin gemacht hat. Die Aussage der Zeugin wird zudem bestätigt durch das Gutachten von Prof. Dr. T. Der Sachverständige konnte an Hand der Verteilung aller untersuchten Blut- und Serummerkmale die Vaterschaft des Beklagten nicht nur nicht ausschließen, sondern positiv feststellen. Lange Zeit konnte ein positiver Vaterschaftsnachweis nur durch ein anthropologisch-erbbiologisches Gutachten geführt werden, während das Blutgruppengutachten lediglich zum Ausschluß eines präsumtiven Erzeuges führten konnte. Zu neuerer Zeit sind jedoch neben die klassischen Blutgruppen zahlreiche neuentdeckte Blutmerkmale getreten, so dass im Einzelfall aufgrund der festgestellten Merkmalskonstellation und der statistischen Häufigkeit der einzelnen Merkmale in der Bevölkerung unter Umständen eine so hohe Wahrscheinlichkeit der Erzeugerschaft eines bestimmten Mannes ermittelt werden kann, dass der positive Vaterschaftsbeweis als erbracht angesehen werden muß.",
"Insbesondere erlaubt die serostatistische Auswertung von Blutgruppengutachten nach der Methode von Esser-Möller die Wahrscheinlichkeit einer Vaterschaft korrekt zu berechnen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzueweisen, dass sich Bluteigenschaften zum Teil besser für erbkundliche Untersuchungen eignen als die äußerlich erkennbaren Körpermerkmale, auf die sich die Anthropologen stützen, weil sie genau identifizierbar und klassifizierbar sind, in der Regel beim Neugeborenen bereits voll entwickelt, von Alter, Geschlecht und Umwelt unabhängig und keinen Mutationen unterworfen sind. Das Verfahren nach Esser-Möller ergibt einen Hinweis auf eine Vaterschaft, wenn der Eventualvater ein Blutgruppenmerkmal besitzt, welches auch beim Kind nachzuweisen ist, das aber die Mutter nicht besitzt. Je seltener sich ein Merkmal in der Bevölkerung findet, umso höhere Hinweiswerte liefert dieses Merkmal. Mit der Anzahl der Merkmale, in denen Kind und der in Anspruch genommene Mann übereinstimmen, nimmt der Verdacht zu, dass letzterer tatsächlich der wirkliche Erzeuger ist; die Vaterschaftswahrscheinlichkeit steigt entsprechend an.",
"Der nach dem Verfahren nach Esser-Möller ermittelte Wahrscheinlichkeitsgrad gibt an, in wie viel von 100 gleich gelagerten Fällen ein Richter die Wahrheit träfe, wenn er regelmäßig den in Anspruch genommenen Mann als Erzeuger deklarierte.",
"Prof. Dr. T hat in seinem Gutachten anhand der gewonnenen Blut- und Serumsformeln die Vaterschaftswahrscheinlichkeit errechnet und ist zu einem Wert von 99,9 % gelangt. Ein solcher Wert kommt einer naturwissenschaftlichen Sicherheit nahe und ist vom Sachverständigen mit dem Prädikat \"praktisch erwiesen\" belegt worden. Bei einem solchen Wahrscheinlichkeitswert ist die Möglichkeit eines Irrtums so gering, dass aus der festgestellten Vaterschaftswahrscheinlichkeit mit einem für die Erfordernisse des praktischen Lebens ausreichenden Grad der Gewissheit auf die Abstammung anerkannten Rechtssatz, dass an den juristischen Beweis weniger strenge Anforderungen zu stellen sind als an den naturwissenschaftlichen.",
"Die dem Gericht durch das Gutachten von Prof. Dr. T vermittelte Überzeugung, dass der Beklagte der Vater der Kläger ist, könnte durch ein anthropologisch-erbbiologisches Gutachten nicht erschüttert werden wegen der bereits hervorgehobenen Möglichkeit einer exakteren Feststellung des Bluteigenschaften als Grundlage der Berechnung gegenüber den äußeren Körpermerkmalen. Auf die Einholung eines solchen Gutachtens wurde daher verzichtet.",
"Es versteht sich unter den gegebenen Umständen von selbst, dass es auf die Vernehmung der vom Beklagten benannten Mehrverkehrszeugen ohnehin nicht mehr ankam.",
"Der Unterhaltsanspruch ist auch in der geforderten Höhe berechtigt; dies wird auch vom Beklagten nicht in Abrede gestellt.",
"Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Ziff. 6 und § 713 Abs. 2 ZPO.",
"Streitwert: 2.400,00 DM",
"Schnitzler"
] | {
"law": [
"§ 1717 BGB",
"§ 1710 BGB",
"§ 713 Abs. 2 ZPO",
"§ 91 ZPO",
"§ 256 ZPO"
],
"case": [
"12 R 345/68",
"1 R 404/67"
]
} |
Subsets and Splits