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---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2a4ad795-eb67-4078-a4ad-312b2090223f | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend die Pflichtige) ist eine Informatikspezialistin mit Hochschul-
abschluss in der IT Wissenschaft und Mathematik und arbeitete von 1988 bis März
2007 im Rahmen verschiedener meist kurzfristiger Projekte bei diversen Firmen im
angelsächsischen Raum. Sie hatte und hat gemäss ihrer Darstellung Wohnsitz in
Grossbritannien und besitzt in B/GB ein Einfamilienhaus. Von ihrem Wohnort aus be-
mühte sie sich im Mai 2007 um einen neuen Projekteinsatz. Am 8. Juni 2007 schloss
sie mit der Personalverleihfirma C AG, Zürich, einen bis 31. Dezember 2007 befristeten
Arbeitsvertrag ab und wurde ab 4. Juni 2007 der D AG ausgeliehen. Dort arbeitete sie
im Rahmen eines bestimmten Projekts als IT System Entwicklerin (Oracle Developer).
In der Folge wurde dieses Arbeitsverhältnis unter Beibehaltung ihres Einsatzorts bei
der D AG über den 19. Januar 2011 hinaus wiederholt verlängert. In der Steuerperiode
2008 erhielt sie für ihre Tätigkeit bei der D AG neben einem fixen Gehalt „Pauschal-
spesen Expatriates“ in Höhe von Fr. 18‘000.-, welche sie in ihrer Steuererklärung 2008
nicht bei den Einkünften deklarierte und somit sinngemäss als besondere Berufskosten
geltend machte. Im Einschätzungsentscheid vom 15. Oktober 2010 betreffend die
Staats- und Gemeindesteuern, Steuerperiode 2008, rechnete das kantonale Steueramt
die gesamte Expatriatezulage als steuerbares Erwerbseinkommen auf und schätzte sie
mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 174‘100.- und einem steuerbaren Vermö-
gen von Fr. 112‘000.- (zum Satz von Fr. 193‘000.-) ein. Am 20. Januar 2011 erging
eine entsprechende Veranlagung für die direkte Bundessteuer 2008 mit einem steuer-
baren Einkommen von Fr. 174‘800.-
B. Die dagegen erhobenen Einsprachen wies das kantonale Steueramt nach
Durchführung einer Untersuchung mit Einspracheentscheiden vom 11. März 2011 ab.
Zur Begründung führte es zur Hauptsache aus, dass die Pflichtige nicht nachzuweisen
vermochte, dass sie von einem ausländischen Arbeitgeber in die Schweiz entsandt
worden sei bzw. vor Antritt ihrer Tätigkeit im Ausland eine selbständige Erwerbstätig-
keit ausgeübt habe. Damit komme der Pflichtigen der Expatriate-Status nicht zu und
ein besonderer Berufskostenabzug unter diesem Titel nicht in Frage.
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C. Mit Rekurs bzw. Beschwerde vom 5. April 2011 beantragte die Pflichtige,
die besonderen Berufskosten für Expatriates im Pauschalbetrag von Fr. 18‘000.- zu
gewähren und dementsprechend die Veranlagungen für die direkte Bundessteuer 2008
sowie für die Staats- und Gemeindesteuern, Steuerperiode 2008, abzuändern.
In seiner Rekurs-/Beschwerdeantwort vom 27. April 2011 schloss das kantonale
Steueramt auf kostenfällige Abweisung der Rechtsmittel. Gleiches beantragte die Eid-
genössische Steuerverwaltung (ESTV) am 11. Mai 2011 bezüglich der direkten Bun-
dessteuer 2008.
Auf die Parteivorbringen wird, soweit rechtserheblich, in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Zur Ermittlung des Reineinkommens werden von den gesamten steuer-
baren Einkünften die zu ihrer Erzielung notwendigen Aufwendungen sowie die allge-
meinen Abzüge abgezogen (Art. 25 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteu-
er vom 14. Dezember 1990 [DBG] und § 25 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997
[StG]). Dazu gehören u.a. die Berufskosten. Gemäss Art. 26 Abs. 1 DBG und § 26
Abs. 1 StG können Unselbständigerwerbende als Berufskosten insbesondere die not-
wendigen Auslagen für den Arbeitsweg (lit. a), die notwendigen Mehrkosten auswärti-
ger Verpflegung (lit. b), die übrigen für die Ausübung des Berufs erforderlichen Auf-
wendungen (lit. c) sowie die mit dem Beruf zusammenhängenden Weiterbildungs- und
Umschulungskosten (lit. d) vom Reineinkommen abziehen. Für die Berufskosten nach
Abs. 1 lit. a - c haben das Eidgenössische Finanzdepartement und die Finanzdirektion
Pauschalansätze festgelegt. Vorübergehend in der Schweiz tätige leitende Angestellte
und Spezialisten (sog. Expatriates) können bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen
weitere Berufskosten abziehen. Dazu gehören gemäss Art. 2 Abs. 1 der Verordnung
des Eidgenössischen Finanzdepartements vom 3. Oktober 2000 über den Abzug
besonderer Berufskosten bei der direkten Bundesteuer von vorübergehend in der
Schweiz tätigen leitenden Angestellten, Spezialisten und Spezialistinnen (ExpaV) bei
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Expatriates, die im Ausland wohnhaft sind, die üblichen Reisekosten zwischen dem
ausländischen Wohnsitz und der Schweiz, die notwendigen Kosten der Unterkunft in
der Schweiz und die angemessenen Wohnkosten in der Schweiz bei nachgewiesener
Beibehaltung einer ständigen Wohnung im Ausland (lit. a - c), wobei diese Kosten mit
einem Pauschalbetrag von monatlich Fr. 1‘500.- geltend gemacht werden können
(Art. 4 ExpaV). Analoge Abzugsmöglichkeiten bestehen aufgrund der Richtlinien des
kantonalen Steueramts über die Berücksichtigung besonderer Berufskosten von vorü-
bergehend in der Schweiz tätigen leitenden Angestellten und Spezialisten vom
23. Dezember 1999 (Richtlinien) bei den Staats- und Gemeindesteuern (Richtlinien,
Rz. 10 ff.).
b) Expatriates im Sinn dieser Ausführungserlasse sind leitende Angestellte,
die von ihrem ausländischen Arbeitgeber vorübergehend in die Schweiz entsandt wer-
den, oder Spezialisten aller Art, die in der Schweiz eine zeitlich befristete Aufgabe er-
füllen. Als solche gelten Arbeitnehmer, die aufgrund ihrer besonderen beruflichen Qua-
lifikation typischerweise international eingesetzt werden, sowie Personen, die in ihrem
Wohnsitzstaat selbständig erwerbstätig sind und zur Erledigung einer konkreten, zeit-
lich befristeten Aufgabe in der Schweiz als Arbeitnehmende erwerbstätig sind (Art. 1
Abs. 1 ExpaV; Richtlinien Rz. 2 und 4). Aus dieser Umschreibung folgt, dass bei un-
selbständig erwerbstätigen Personen zur Hauptsache jene leitenden Angestellten und
Spezialisten als Expatriates gelten, die von ihrem ausländischen Arbeitgeber in die
Schweiz entsandt worden sind, also von diesem veranlasst wurden, in der Schweiz
tätig zu sein (VGr, 16. April 2008, SB.2007.00120, www.vgrzh.ch).
2. a) Die Pflichtige ist unbestrittenermassen eine Spezialistin im Sinn von
Art. 1 ExpaV und Rz. 4 der Richtlinien. Sie war bisher in ihrem Heimat- bzw. Wohnsitz-
staat und weiteren Staaten bei verschiedenen Firmen immer in unselbständiger Stel-
lung erwerbstätig. Dagegen erfüllt sie die weitere Voraussetzung, dass sie von einem
ausländischen Arbeitgeber zur Erfüllung einer zeitlich befristeten Aufgabe in die
Schweiz entsandt worden sei, nicht. Gemäss eigenen Aussagen bemühte sich die
Pflichtige vielmehr von sich aus um einen neuen Arbeitseinsatz und wurde in der
Schweiz fündig. Dass sie das Ausland geradezu bevorzugte, ergibt sich aus ihrem Be-
werbungsschreiben. In ihrer Stellungnahme zum ausdrücklich verlangten Nachweis
ihrer vorübergehenden Entsendung aus dem Ausland in die Schweiz behauptete sie
http://www.vgrzh.ch/
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sodann nichts Gegenteiliges, geschweige denn legte sie entsprechende Dokumente
vor. Aufgrund des zitierten Verwaltungsgerichtsentscheids qualifiziert sie bei dieser
Sachlage nicht als Expatriate im dargelegten Sinn. Somit können unter diesem Rechts-
titel keine besonderen Berufskosten von den steuerbaren Einkünften, wozu u.a. Spe-
senentschädigungen gehören (RB 1980 Nr. 35), abgezogen werden können.
b) Die Pflichtige vertritt die Auffassung, dass der zitierte Verwaltungsgerichts-
entscheid die Abzugsfähigkeit der von ihr geltend gemachten pauschalen Berufskosten
nicht ausschliesse. Denn der vorliegende Sachverhalt decke sich in keiner Weise mit
dem vom Verwaltungsgericht beurteilten Fall. Im früher beurteilten Fall habe der vom
Ausland in die Schweiz gezogene Informatikspezialist drei Arbeitsverträge mit drei ver-
schiedenen Arbeitgebern abgeschlossen. Dabei seien zumindest die beiden letzten
Arbeitsverträge mit einer im Inland ansässigen Person abgeschlossen worden. Unter
diesen Umständen sei der Expatriate-Status bei den beiden letzten Arbeitsverträgen
nicht mehr vorhanden gewesen, weil die betreffende Person nicht aus ihrer Heimat
herausgelöst worden sei. Im vorliegenden Fall habe die Pflichtige dagegen nur einen
Arbeitsvertrag mit einem Arbeitgeber abgeschlossen worden, der in der Folge mehr-
mals jeweils um sechs Monate verlängert worden sei. Die mehrmalige kurzfristige
Vertragsverlängerung komme nicht dem Abschluss eines neuen Vertrags gleich und
deute abgesehen davon auch nicht auf einen dauernden Aufenthalt (d.h. über den
Rahmen von maximal fünf Jahren hinaus) hin. Das Verwaltungsgericht habe den Kreis
der zum Abzug besonderer Berufskosten berechtigten Personen “zur Hauptsache“ auf
Unselbständige begrenzt, die von einem ausländischen Arbeitgeber vorübergehend
in die Schweiz entsandt worden seien. Mit der Formulierung „zur Hauptsache“ lasse
das Verwaltungsgericht aber zu, dass nebensächlich auch solche Spezialisten Expatri-
ates, d.h. aus dem Heimatland herausgelöste Personen seien, die unter Beibehaltung
ihres Wohnsitzes im Heimatland nur vorübergehend in der Schweiz tätig seien. Im
IT-Bereich sei es durchaus üblich, Spezialisten für kurzfristige Einsätze weltweit über
international tätige Personalverleiher zu suchen und auf diese Weise die in der
Schweiz fehlenden Fachkräfte für kurzfristige Einsätze mit Spezialisten aus dem Aus-
land zu besetzen. Dass die Vermittlung über lokale Temporärfirmen abgewickelt wer-
de, sei mit den nationalen Vorschriften für die Vermittlung von Arbeitskräften sowie mit
dem Arbeits-, Sozialversicherungs- und Steuerrecht im Einsatzland begründet. Demzu-
folge seien mit der Pflichtigen auch solche Spezialisten als Expatriates zu qualifizieren,
die typischerweise über Personalverleiher für kurzfristige Aufträge in die Schweiz ge-
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holt würden. Bis anhin sei die besondere Berufskostenregelung für Expatriates auch
stets in diesem Sinn angewendet worden.
c) Ungeachtet aller Unterschiede zwischen dem vorliegenden und dem vom
Verwaltungsgericht beurteilten Sachverhalt übersieht die Pflichtige bei ihrer Argumen-
tation, dass der von ihr geschilderte Nebenfall hier nicht vorliegt, weil sie nicht von ei-
ner international tätigen Personalverleiherin über eine schweizerische Filiale gesucht
und für einen kurzfristigen Einsatz in die Schweiz geholt worden ist. Vielmehr hat sich
die Pflichtige laut eigener Sachdarstellung – aus welchen Gründen auch immer – von
sich aus um eine vorübergehende Arbeitsstelle in der Schweiz bemüht. Nicht jede Per-
son, die vom Ausland herkommend in der Schweiz eine befristete Erwerbstätigkeit auf-
nimmt und dabei den formellen Wohnsitz im Ausland beibehält, gilt als Expatriate.
Somit ist der Würdigung des kantonalen Steueramts beizutreten, dass der Pflichtigen
im vorliegenden Fall der Expatriate-Status nicht zukommt. Diese enge Auslegung der
ExpaV und der Richtlinien im Sinn der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wird
auch von der eidgenössischen Steuerverwaltung geteilt. Sie ist umso mehr angezeigt,
weil die Steuerrekurskommission in ihrem Entscheid vom 23. Oktober 2007 (2
ST.2006.63, StE 2008 B 22.3 Nr. 94) die vom EFD und vom kantonalen Steueramt
erlassenen Regelwerke in der bestehenden Form für gesetz- und verfassungswidrig
erklärte und die Einschätzungsbehörden seither keine Anstalten trafen, von dieser ge-
setzwidrigen Praxis abzurücken.
d) Bei dieser Sachlage kann offen bleiben, ob die Pflichtige überhaupt zur
Erledigung eines konkreten Projekts von der C AG angestellt und an die D AG ausge-
liehen wurde und dabei namentlich auch das Erfordernis der Befristung wirklich ernst-
haft vereinbart war. Schlüssig lässt sich diese Frage vorliegend nicht beantworten, weil
die Pflichtige einerseits zur Art und Dauer des Projekts bei der D AG keine Angaben
machte und andererseits die maximale Projektdauer von fünf Jahren seit Aufnahme
der Erwerbstätigkeit in der Schweiz im Zeitpunkt der Ergreifung der Rechtsmittel noch
nicht abgelaufen war. Die notorische Tatsache, dass bei Unternehmen wie der D AG
immer ein Bedarf an qualifizierten Informatikspezialisten besteht und die Pflichtige im
Zeitpunkt der Rechtsmittelergreifung bald schon vier Jahre am gleichen Projekt arbeite-
te und ein Ende des Projekts zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht absehbar war,
erweckt an der rechtsgeschäftlichen Bedeutung der bei Arbeitsbeginn vereinbarten
Befristung von sieben Monaten mit darauf folgenden Verlängerungen um jeweils weite-
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re sechs Monate erhebliche Zweifel, welche die für steuermindernde Tatsachen be-
weisbelastete Pflichtige nicht ausräumen konnte.
Somit können die Pauschalspesen von Fr. 18‘000.- nicht als besondere Be-
rufskosten im Sinn der ExpaV und der Richtlinien zum Abzug zugelassen werden.
Ebenso verbietet sich mangels nachgewiesener Kosten ein Berufskostenabzug ge-
stützt auf Art. 26 Abs. 1 DBG und § 26 Abs. 1 StG, was zur Abweisung der Rechtsmit-
tel führt.
3. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der Pflichtigen auf-
zuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG, § 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
2a4c9e1d-d7c5-4411-9bd7-8ddceb0ab53c | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend die Pflichtigen) sind Eigentümer von mehreren
fremdvermieteten bzw. privat genutzten Mehrfamilienhäusern, u.a. der Liegenschaften
...strasse 32/36/38 in D und ...strasse 17 in E. Mit Veranlagungsverfügung Direkte
Bundessteuer 2009 und Einschätzungsentscheid Staats- und Gemeindesteuern 2009
vom 18. August 2011 nahm der Steuerkommissär gegenüber den deklarierten Pau-
schalabzügen vom Liegenschaftenertrag Korrekturen vor. Dementsprechend veranlag-
te er die Pflichtigen mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 774'100.- (direkte Bun-
dessteuer) bzw. mit einem solchen von Fr. 692'100.- (Staats- und Gemeindesteuern;
satzbestimmend Fr. 774'400.-) sowie mit einem steuerbaren Vermögen von
Fr. 13'164'000.- (satzbestimmend Fr. 14'305'000.-).
B. Die von den Pflichtigen hiergegen erhobenen Einsprachen hiess das kan-
tonale Steueramt am 8. Februar 2012 teilweise gut und ermässigte das steuerbare
Einkommen auf Fr. 755'500.- (direkte Bundessteuer 2009) bzw. Fr. 673'400.- (Staats-
und Gemeindesteuern 2009; satzbestimmend Fr. 755'700.-); das steuerbare Vermögen
blieb unverändert.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 12. März 2012 liessen die Pflichtigen dem
Steuerrekursgericht beantragen, bei der direkten Bundessteuer 2009 wie auch bei den
Staats- und Gemeindesteuern 2009 sei das steuerbare Einkommen um Fr. 18'066.-
herabzusetzen. Ausserdem verlangten sie eine Parteientschädigung.
In seiner Beschwerde-/Rekursantwort vom 16. März 2012 schloss das kanto-
nale Steueramt auf Abweisung der Rechtsmittel. Von der Eidgenössischen Steuerver-
waltung ging keine Stellungnahme ein. Mit Replik vom 24. April 2012 bzw. Duplik vom
14. Mai 2012 hielten die Parteien an ihren Anträgen fest.
Auf die Erwägungen des Einspracheentscheids und die Parteivorbringen ist,
soweit wesentlich, in den nachfolgenden Urteilsgründen zurückzukommen.
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- 3 - | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Im Streit liegt die Frage, welcher Nettobetrag Grundlage für die Berechnung
des Pauschalabzugs für Unterhaltskosten bildet. Nach Auffassung der Pflichtigen sind
von den Bruttomietzinseinnahmen sämtliche Betriebskosten abzuziehen. Demgegen-
über hält das kantonale Steueramt dafür, dass nur die mietvertraglich als Nebenkosten
ausgeschiedenen Betriebskosten zu berücksichtigen sind. Während sich der Nettoer-
trag aus Mietzinsen gemäss den Einspracheentscheiden auf Fr. 344'359.- (...strasse
32/36/38) bzw. Fr. 306'948.- (...strasse 17) beläuft, sind diese Einkünfte nach Auffas-
sung der Pflichtigen um Fr. 11'482.- bzw. Fr. 11'100.- auf Fr. 332'877.- bzw.
Fr. 295'848.- zu reduzieren.
2. Gemäss Art. 25 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom
14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 25 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) wer-
den zur Ermittlung des Reineinkommens die gesamten steuerbaren Einkünfte um die
zu ihrer Erzielung notwendigen Aufwendungen und die allgemeinen Abzüge vermin-
dert. Dazu gehören nach Art. 32 Abs. 2 Satz 1 DBG bzw. § 30 Abs. 2 Satz 1 StG bei
Liegenschaften im Privatvermögen die Unterhaltskosten, die Versicherungsprämien
und die Kosten der Verwaltung durch Dritte. Nach Lehre und Rechtsprechung sind
unter Unterhaltskosten Aufwendungen zu verstehen, deren Ziel nicht die Schaffung
neuer, sondern die Erhaltung bisheriger Werte ist und die in längeren oder kürzeren
Zeitabständen wiederkehren (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum
DBG, 2. A., 2009, Art. 32 N 35 ff.; Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuerge-
setz, 2. A., 2006, § 30 N 36 ff.).
a) Gestützt auf Art. 32 DBG hat der Bundesrat am 24. August 1992 die Verord-
nung über den Abzug der Kosten von Liegenschaften des Privatvermögens bei der
Direkten Bundessteuer (Liegenschaftskostenverordnung [LKV]; LS 642.116) erlassen.
Laut deren Art. 1 können bei Liegenschaften im Privatvermögen die Unterhaltskosten,
die Kosten der Instandstellung von neu erworbenen Liegenschaften, die Versiche-
rungsprämien und die Kosten der Verwaltung durch Dritte abgezogen werden (Abs. 1).
Anstelle der tatsächlichen Kosten und Prämien kann der Pflichtige gemäss Art. 2
Abs. 1 einen Pauschalabzug geltend machen. Dieser beträgt nach Abs. 2 der nämli-
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chen Bestimmung je nach Alter des Gebäudes zu Beginn der Steuerperiode 10% oder
20% "vom Brutto-Mietertrag bzw. -Mietwert". Die bundesrätliche Verordnung wurde am
gleichen Tag durch die Verordnung der Eidg. Steuerverwaltung (EStV) über die ab-
ziehbaren Kosten von Liegenschaften des Privatvermögens bei der direkten Bundes-
steuer ergänzt (Liegenschaftskostenverordnung EStV [LKV EStV]; LS 642.166.2). Letz-
tere definiert die abziehbaren Kosten in Art. 1 Abs. 1 wie folgt:
a. Unterhaltskosten: 1. Auslagen für Reparaturen und Renovationen, die nicht wertvermehrende
Aufwendungen darstellen; 2. Einlagen in den Reparatur- oder Erneuerungsfonds ... von Stockwerkei-
gentümergemeinschaften, sofern diese Mittel nur zur Bestreitung von für die Gemeinschaftsanlagen verwendet werden;
3. Betriebskosten: Wiederkehrende Gebühren für Kehrichtentsorgung (nicht aber Gebühren, die nach dem Verursacherprinzip erhoben werden), , Strassenbeleuchtung und -reinigung; ; Liegenschaftssteuern, die als Objektsteuern gelten; an den Hauswart; Kosten der gemeinschaftlich genutzten Räume, des Lifts usw., soweit der Hauseigentümer hierfür aufzukommen hat.
b. Versicherungsprämien: Sachversicherungsprämien für die Liegenschaft (Brand-, Wasserschäden-, Glas- und Haftpflichtversicherungen)
c. Kosten der Verwaltung: Auslagen für Porto, Telefon, Inserate, Formulare, Betreibungen, Prozesse, Entschädigungen an Liegenschaftsverwalter usw. (nur die tatsächlichen , keine Entschädigung für die eigene Arbeit des Hauseigentümers).
b) Im Kanton Zürich war in der vorliegend betroffenen Steuerperiode 2009 das
Merkblatt des kantonalen Steueramtes über die steuerliche Abzugsfähigkeit von Kos-
ten für den Unterhalt und die Verwaltung von Liegenschaften vom 31. August 2006
(ZStB I Nr. 18/820; im Folgenden Merkblatt 2006) zu beachten. Hinsichtlich der Be-
messung des Pauschalabzugs führt Rz. 51 der Weisung aus:
"Der Pauschalabzug beträgt 20 Prozent des jährlichen Bruttomietertrages bzw. . Der Bruttoertrag umfasst sämtliche mit der jeweiligen Liegenschaft Erträge (Miet-/Pachteinnahmen/Eigenmietwert). ..."
Am 13. November 2009 revidierte das kantonale Steueramt das genannte
Merkblatt mit Wirkung ab Steuerperiode 2010 (ZStB I Nr. 18/821; im Folgenden Merk-
blatt 2009). Darin werden neben den Unterhaltskosten (Rz. 12 ff.) die "Betriebskosten
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- 5 -
einschliesslich Versicherungsprämien" aufgeführt und ihre Abzugsfähigkeit wie folgt
umschrieben:
Rz. 19: Betriebskosten sind Aufwendungen, die mit dem Besitz einer Liegenschaft oder rechtlich verknüpft sind.
Rz. 20: Folgende Kosten können sowohl bei vermieteten wie auch bei selbstgenutzten Liegenschaften in Abzug gebracht werden:
- jährliche Prämien für Versicherungen gegen Sachschaden (Brand, Wasser und Glas) und Haftpflicht (Gebäude);
- Beiträge für den Strassenunterhalt, Strassenbeleuchtung und -reinigung und Dolenreinigung;
- Einlagen in den Reparatur- oder Erneuerungsfonds ... von , sofern diese Mittel nur zur Bestreitung von für die Gemeinschaftsanlagen verwendet werden;
- Ausgaben für nachträglich erstellte Luftschutzbauten ... - Ausgaben für bauliche Massnahmen, welche auf behördliche Auflage hin vor-
genommen werden, sofern die behördliche Anordnung auf eine Änderung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zurückzuführen ist und aus der auferlegten baulichen Vorkehr keine Wertvermehrung resultiert;
- den Erträgen aus Liegenschaften gegenüberstehende Baurechtszinsen.
Rz. 21: Bei vermieteten Liegenschaften können im Weiteren die folgenden Kosten gemacht werden:
- Mit dem Grundbesitz verbundene jährliche Abgaben: Grundgebühren für Wasser, Abwasser, Entwässerung, Strom, Erdgas, Fernheizung, Kehricht und Feuerschau, soweit diese Kosten nicht auf den Mieter überwälzt, sondern vom Eigentümer getragen werden;
- Verbrauchskosten, soweit diese Kosten nicht auf den Mieter überwälzt, vom Eigentümer getragen werden;
- Kosten für Vermietung, Erhebung der Mietzinse, Betreibungen, Ausweisungen und Prozesse mit Mietern;
- Ausgaben für Reinigung, Beleuchtung und Heizung von Vorräumen, , Kellerräumen und Estrich in Miethäusern, soweit diese Kosten vom Hauseigentümer bestritten werden.
3. a) In den Einspracheentscheiden erwog das kantonale Steueramt, dass die
Mietzinse vorliegend ohne Nebenkosten für Heizung und Warmwasser deklariert wor-
den seien. Neben der Treppenhausreinigung hätten die Pflichtigen folgende Kosten zur
Ermittlung des Liegenschaftenertrags geltend gemacht:
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...strasse ...strasse ...strasse
Hauswart 9'007.80 10'874.75
Allgemein Strom - 16.10 1'182.05 1'026.80
Kehrichtgebühren 484.20 1'1710.-- 1'424.70
Wassergebühren 734.05 2'594.35 2'159.35
Kanalisationsgebühren 891.45 5'995.50 6'172.45
TV-Gebühren 686.40
Liftkosten 316.90
Pauschalbeiträge Mieter - 80.00
Total 2'780.-- 20'489.70 21'894.65
Diese Aufstellung zeige, dass die Pflichtigen neben abzugsfähigen Kosten auch Be-
triebskosten (Allgemein Strom, Kehrichtgebühr, Wassergebühr, Kanalisationsgebühr,
TV-Gebühr, Liftkosten) ertragsmindernd deklarierten. Diese Betriebskosten seien je-
doch entweder effektiv als Unterhalt geltend zu machen oder aber mit der Pauschale
abgedeckt. Die Berücksichtigung der von den Pflichtigen aufgeführten übrigen Be-
triebskosten zusätzlich zur Pauschale komme jedoch nicht in Frage. Weil die Treppen-
hausreinigung nicht in der Nebenkostenabrechnung enthalten sei, könnten bei den
Liegenschaften ...- und ...strasse die Hauswartskosten vom Mietertrag vor Ermittlung
der Pauschale abgezogen werden. Bei der Liegenschaft ...strasse seien die tatsächli-
chen Kosten geltend gemacht worden und daher zusätzlich zu gewähren. Dies führe
zu folgenden Abzügen:
Liegenschaft Mietertrag NK Heizung Warmwasser Treppenhaus effektiv pauschal
...strasse 111'890.-- neutral NK NK 27'265.--
...strasse 353'367.-- neutral NK NK 9'007.80 37'650.28 68'871.--
...strasse 317'822.-- neutral NK NK 10'874.45 49'305.05 61'389.--
Der von den Pflichtigen erhobene Vorwurf der Ungleichbehandlung sei haltlos. Denn
die Erträge seien einschliesslich Nebenkosten zu deklarieren; davon könnten zur Er-
mittlung des steuerbaren Ertrags die Kosten für Heizung, Warmwasser und Treppen-
hausreinigung abgezogen werden. Von dieser Differenz würden sodann die effektiven
Kosten oder die Pauschale als Unterhalt gewährt. Selbst wenn in den Nebenkosten
noch weitere Betriebskosten enthalten sein sollten, könnten diese nicht abgezogen
werden.
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b) aa) Zur Begründung von Beschwerde und Rekurs bringen die Pflichtigen
vor, bei den in den Einspracheentscheiden gewährten Abzügen von Fr. 344'359.- bzw.
Fr. 306'948.- für die Liegenschaften ...strasse 32/36/38 und ...strasse 17 seien zwar
die effektiven Kosten für Heizung, Warmwasser und Hauswart/Treppenhausreinigung
berücksichtigt, nicht aber die von den Pflichtigen beanspruchten weiteren Betriebskos-
ten von insgesamt Fr. 11'482.- bzw. Fr. 11'100.- für Allgemeinstrom, Kehricht-/Wasser-
/Kanalisationsgebühren und für Liftkosten. Die genannten Positionen seien im Jahr
2009 nicht als mietvertragliche Nebenkosten vereinbart worden und liessen sich daher
nicht auf die Mieter umlegen. Der Pauschalabzug von 20% sei daher auf den Erträgen
von (Fr. 344'359.- ./. Fr. 11'482.- =) Fr. 332'877.- bzw. (Fr. 306'948.- ./. Fr. 11'100.- =)
Fr. 295'848.- zu gewähren. Betriebskosten bei Immobilien fielen infolge des bestim-
mungsgemässen Gebrauchs laufend an, was bei einmaligen Kosten nicht zutreffe. Die
auf einer wirtschaftlichen Betrachtung gründende Würdigung von Immobilienkosten als
Betriebskosten finde sich auch in Rz. 18 des Merkblatts 2006. Zu den allgemeinen Be-
triebskosten zählten nach anerkannter Schätzungspraxis die laufenden öffentlichen
Lasten des Grundstücks, die jährlichen Abgaben für Wasser, Abwasser, Strom, Hei-
zung, Kehricht, Strassen- und Gebäudereinigung, Beleuchtung und Heizung von Vor-
räumen, Treppenhaus, Kellerräumen und Estrich. Bei vermieteten Immobilien könnten
derartige Betriebskosten auf den Mieter überwälzt werden, was an der Qualifikation als
Betriebskosten jedoch nichts ändere. Der Hauseigentümer könne umgelegte Betriebs-
kosten steuerlich nicht mehr als eigene Aufwendungen geltend machen, wohl aber alle
nicht umgelegten tatsächlichen Betriebskosten. Dementsprechend sei den Pflichtigen
in den angefochtenen Einspracheentscheiden die bei den Liegenschaften ...strasse
32/36/38 und ...strasse 17 angefallenen Hauswart-/Treppenhausreinigungskosten als
abzugsfähige eigene Betriebskosten gewährt worden. Ebenso müssten die streitbetrof-
fenen, nicht auf die Mieter umgelegten weiteren Betriebskosten als eigene Betriebskos-
ten von den Mieterträgen zum Abzug zugelassen werden. Für diese Sichtweise spre-
che auch Rz. 39 der Weisung des Regierungsrates an die Steuerbehörden über die
Bewertung von Liegenschaften und die Festsetzung der Eigenmietwerte ab Steuerpe-
riode 2009 vom 12. August 2009. Danach fielen "Vergütungen der Mieter für Heizung,
Warmwasser, Treppenhausreinigung, Empfangsgebühren für Radio und Fernsehen,
Gebühren für die Kehrichtentsorgung sowie Gebühren für Wasser, Abwasser und für
die Abwasserbeseitigung" bei der Ermittlung des Ertragswerts von Mehrfamilienhäu-
sern ausser Betracht. Das Merkblatt 2006 zähle in lit. K ("Abgrenzungskatalog") die
Arten von abzugsfähigen Unterhaltskosten beispielhaft und nicht abschliessend auf.
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Das breite Spektrum von abzugsfähigen Unterhaltskosten schaffe eine hinreichend
klare Abgrenzung von Betriebskosten. Diese könnten somit nicht Gegenstand des Net-
toertrags bilden, der Grundlage für den Pauschalabzug sei. Satz 6 von Rz. 51 des
Merkblatts 2006 sei offensichtlich widersprüchlich. Mit den üblicherweise separat in
Rechnung gestellten Nebenaufwendungen seien allein die Betriebskosten gemeint,
denn Unterhaltskosten könnten nicht auf die Mieter umgelegt werden. Die Pflichtigen
hätten den Mietern einzig die Betriebskosten für die Heizung und das Warmwasser als
Nebenaufwendungen separat in Rechnung gestellt, nicht aber die weiteren Betriebs-
kosten im Umfang von Fr. 11'482.- bzw. Fr. 11'100.-. Letztere seien unausgeschieden
im Nettomietzins enthalten gewesen. Unter diesen Umständen erweise sich die Ver-
weigerung des Abzugs durch die Vorinstanz als wirtschaftlich unhaltbar und somit als
gesetzwidrig.
In ihrer Replik halten die Pflichtigen am Standpunkt fest, dass bei Aufwendun-
gen an Immobilien hinsichtlich der Abzugsfähigkeit zwischen Unterhalts- und Betriebs-
kosten unterschieden werden müsse. Dass Art. 1 Abs. 1 lit. a LKV EStV diese vermi-
sche, sei verfassungswidrig. Der pauschale Unterhaltskostenabzug solle von Gesetzes
wegen nur die eigentlichen Unterhaltskosten abdecken, wie sie auch im effektiven Um-
fang geltend gemacht werden könnten. Daneben bleibe Raum für den "vorgängigen"
Abzug der eigentlichen Betriebskosten.
bb) Dem hält das kantonale Steueramt in der Beschwerde-/Rekursantwort
entgegen, es treffe nicht zu, dass allein die vertraglich als Nebenkosten ausgeschiede-
nen Betreffnisse abgezogen werden könnten. Vielmehr habe die Amtsstelle im Ein-
klang mit der Weisung 2006 vor der Ermittlung der Unterhaltspauschale die
verbrauchsabhängigen Kosten der Mieter für Heizung, Warmwasser und Treppenhaus-
reinigung vom Bruttomietzinsertrag samt Nebenkosten subtrahiert. Dies gelte unab-
hängig von der Gestaltung der Mietverträge. Es frage sich einzig, ob Kosten für Keh-
richtgrundgebühren, Gebühren für Wasser, Kanalisation und TV zur Ermittlung der
massgebenden Nettojahresmiete abgezogen werden könnten oder ob diese Kosten mit
den übrigen effektiven Unterhaltsaufwendungen geltend zu machen bzw. mit der Wahl
des Pauschalabzugs abgegolten seien. Aufgrund der für den Kanton Zürich verbindli-
chen Regelung in Art. 1 Abs. 1 lit. a LKV EStV zählten die Betriebskosten zu den Un-
terhaltskosten. Entgegen der Auffassung der Pflichtigen finde also keine Unterschei-
dung zwischen Unterhalts- und Betriebskosten statt. Das Merkblatt 2006 nehme auf
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diese bundesrechtliche Vorgabe Bezug. Die Vertragsfreiheit ermögliche es dem Haus-
eigentümer, gewisse Nebenkosten auf den Mieter zu überwälzen. Das Steuerrecht
habe sicherzustellen, dass alle Eigentümer unabhängig vom Umfang der Überwälzung
gleich behandelt würden. Daher berechne sich der steuerbare Liegenschaftenertrag
wie folgt: Bruttojahresertrag samt Nebenkosten abzüglich Kosten für Heizung, Warm-
wasser und Treppenhausreinigung. Letztere würden üblicherweise auf die Mieter
überwälzt. Die übrigen (Neben-)Kosten stellten Unterhalt dar und seien mit entspre-
chendem Nachweis entweder effektiv oder pauschal geltend zu machen. Der Antrag
der Pflichtigen laufe darauf hinaus, dass Unterhaltskosten zunächst effektiv und an-
schliessend noch – wenn auch auf der Grundlage eines reduzierten Liegenschaftser-
trags – pauschal geltend gemacht werden könnten. Dadurch ergäbe sich eine unzuläs-
sige Kumulation von effektiven Kosten und Pauschale; letztere decke sämtliche
ordentliche Kosten ab. Zahlungen der Mieter für Heizung, Warmwasser und Treppen-
hausreinigung seien nur steuerbar, wenn sie die tatsächlichen Aufwendungen des
Vermieters überstiegen. Falls diese Positionen im Mietzins inbegriffen seien, könnten
die tatsächlichen Auslagen vorweg von den Mietzinseinnahmen abgezogen werden.
Hingegen sei kein Abzug für die darüber hinaus geltend gemachten Auslagen (Be-
triebskosten) wie Empfangsgebühren für Radio und Fernsehen, Gebühren für die Keh-
richtentsorgung, Wasser, Abwasser und Abwasserreinigung zulässig. In der Duplik hält
das kantonale Steueramt an diesem Standpunkt fest.
4. a) Inwiefern Unterhaltskosten für Liegenschaften bei den Einkommenssteu-
ern abziehbar sind, kommt den Kantonen kein Spielraum zu. Diese Kosten gehören zu
den in Art. 9 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Steuerharmonisierung vom
14. Dezember 1990 (StHG) umschriebenen Gewinnungskosten; nach Absatz 4 des-
selben Artikels sind andere Abzüge als die in Art. 9 StHG genannten unzulässig. Der
Begriff der Unterhaltskosten kann unter dem Geltungsbereich des Steuerharmonisie-
rungsgesetzes im kantonalen Recht nicht anders ausgelegt werden als auf dem Gebiet
der direkten Bundessteuer. Eine andere Auslegung würde dem Anliegen der vertikalen
Steuerharmonisierung zuwiderlaufen und die mit dem Erlass des Steuerharmonisie-
rungsgesetzes angestrebte Vereinfachung der Rechtsanwendung vereiteln (BGE 123 II
218 E. 1c S. 223 = ASA 66, 306 = StE 1997 B 25.6 Nr. 30 = StR 52, 354; BGE 128 II
66 E. 4b S. 71 f.; BGr, 2A.480/2004 = StE 2005 A 23.1 Nr. 10; ZStP 2005, 404; Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 32 N 62 DBG).
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Nach dem Gesagten ist für die Beantwortung der Frage, welcher Nettobetrag
Grundlage für die Berechnung des Pauschalabzugs für Unterhaltskosten bildet, auf die
in E. 2 Ingress und E. 2a aufgeführten Bestimmungen des Bundesrechts abzustellen.
Die von den Parteien angerufenen Vorschriften des kantonalzürcherischen Rechts wie
auch die Regelungen anderer Kantone haben keine selbstständige Bedeutung, son-
dern dienen nur der Auslegung des Bundesrechts.
b) Nach dem klaren Wortlaut von Art. 1 Abs. 1 lit. a LKV EStV fallen die Be-
triebskosten unter die Unterhaltskosten. Rechtsprechung und Lehre haben dieser
Zuordnung bisher nicht widersprochen (BGr, 8. November 2012, 2C_393/2012 +
2C_394/2012, E. 2, 3. Februar 2010, 2C_453/2009, E. 3; Markus Reich, Steuerrecht,
2. A., 2012, § 13 N 83 ff.; Dieter Egloff, in: Klöti-Weber/Siegrist/Weber, Kommentar
zum Aargauer Steuergesetz, 3. A., 2009, § 39 N 53 ff.; Bernhard Zwahlen, in: Kom-
mentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A., 2008, Art. 32 N 21). Ge-
mäss Richner/Frei/Kaufmann/Meuter (Art. 32 N 42 DBG) zählen zum Oberbegriff der
Unterhaltskosten die Instandhaltungs-/Betriebskosten, die Instandstellungs-/Ersatzan-
schaffungskosten und die Verwaltungskosten.
c) Wie in E. 2a festgehalten, hat der Bundesrat die ihm durch Art. 32 Abs. 4
DBG übertragene Kompetenz zur Regelung eines Pauschalabzugs mit Erlass der Lie-
genschaftskostenverordnung teilweise selbst ausgeschöpft und teilweise an die EStV
delegiert, welche in ihrer gleichzeitig erlassenen gleichnamigen Verordnung den Begriff
der abziehbaren Kosten näher definiert hat. Dass der Pauschalabzug entgegen der
Auffassung der Pflichtigen auch die Betriebskosten mitumfasst, entspricht einhelliger
Rechtsprechung und Lehre (Reich, § 13 N 91; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 32
N 31 DBG und § 30 N 30 StG; Egloff, § 39 N 113 und 116; Zwahlen, Art. 32 N 31).
Sind die Nebenkosten im Mietzins pauschal inbegriffen, so bemisst sich die Unter-
haltspauschale nach zürcherischer (wie auch nach aargauischer; Egloff, § 39 N 113)
Praxis an den nicht ausgeschiedenen Bruttoeinnahmen des Vermieters (Richner/Frei/
Kaufmann/Meuter, § 30 N 29).
d) Die Abgrenzung zwischen Unterhaltskosten, die nach dem in E. 2 Gesag-
ten vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden können, und wertvermehrenden
Aufwendungen, die laut § 221 Abs. 1 StG als Anlagekosten bei der Ermittlung der
Grundstückgewinnsteuer zu berücksichtigen sind, sowie nicht abzugsfähigen Lebens-
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haltungskosten (Art. 34 DBG, § 33 StG) folgt letztlich nicht einer sachlogischen Ord-
nung, sondern ist durch verschiedene Wertungen des Gesetzgebers und die Recht-
sprechung geprägt. Weil jedes Gebäude individuell ist und viele bauliche Massnahmen
Elemente von Wertvermehrung, Unterhalt und Lebenshaltung verbinden, müssen sie
gesondert gewürdigt werden. Bei der Ausgestaltung des Einkommens- und Vermö-
genssteuerrechts als eines Massenfallrechts hat der Gesetzgeber auf die Praktikabilität
zu achten. Mit der Möglichkeit des Pauschalabzugs anstelle des für die Pflichtigen wie
die Steuerbehörden arbeitsintensiven Nachweises der effektiven Aufwendungen haben
der Bund und der Kanton Zürich eine für die Rechtsanwendung einfache Lösung ge-
schaffen. Weil die Steuerpflichtigen für jedes Jahr die Abzugsmethode neu wählen
können – sog. Wechselpauschale (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 32 N 32 DBG
und § 30 N 31 StG) –, ist Gewähr dafür geboten, dass sie – mindestens – die ihnen
tatsächlich erwachsenen Unterhaltsaufwendungen auch einkommensmindernd geltend
machen können. Die Bemessung des Pauschalabzugs auf 20% des Bruttomietertrags/-
mietwerts für mehr als zehnjährige Gebäude (Art. 2 LKV) bzw. im Kanton Zürich auch
für jüngere Liegenschaften (Merkblatt 2006, Rz. 51; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
§ 30 N 29) erscheint erfahrungsgemäss als eher grosszügig. Aus diesem Grund wie
auch wegen des Praktikabilitätserfordernisses drängt sich die von den Pflichtigen ver-
langte Differenzierung bei der Berechnung des Pauschalabzugs nicht auf. Weil die
Steuerpflichtigen wie gesagt in jeder Steuerperiode zwischen der Pauschale und den
tatsächlichen Unterhaltskosten wählen können, ist der Einwand der Rechtsungleichheit
unbegründet. Die Pflichtigen vermögen nicht darzulegen, dass an dieser langjährigen
Praxis in Rechtsprechung und Lehre Kritik erwachsen ist. Für eine Differenzierung der
Rechtsprechung in der von den Pflichtigen beantragten Weise besteht daher kein hin-
reichender Anlass.
Diese Erwägungen führen zur Abweisung von Beschwerde und Rekurs.
5. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten den Beschwerdefüh-
rern/Rekurrenten aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG; § 151 Abs. 1 StG) und muss ih-
nen eine Parteientschädigung versagt bleiben (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64
Abs. 1 - 3 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezem-
ber 1968 sowie § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes
vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997).
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- 12 - | Public | Tax | de | 2,013 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
2a830a54-2d42-4de4-8c4b-58e6c34a4de8 | hat sich ergeben:
A. In der Steuererklärung 2009 deklarierten die Ehegatten A und B (nachfol-
gend die Pflichtigen) ein steuerbares Einkommen von Fr. 97'887.- (direkte Bundes-
steuer) und Fr. 96'387.- (Staats- und Gemeindesteuern) sowie ein steuerbares Vermö-
gen von Fr. 766'498.- (Staats- und Gemeindesteuern).
Bestandteil dieser Einkommenszahlen war ein Verlust aus selbständiger Er-
werbstätigkeit in Höhe von Fr. 46'077.- (Hilfsblatt A für Selbständigerwerbende ohne
kaufmännische Buchführung) im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Photovoltaik-
anlage auf dem den Pflichtigen gehörenden Grundstück (Ökonomiegebäude). Der Ver-
lust von Fr. 46'077.- setze sich aus einem Ertrag aus Energielieferung von Fr. 2'053.-
(01.10.2009 bis 30.12.2009) und aus einer Abschreibung von Fr. 48'130.- zusammen.
Für die Installation der Anlage hatten die Pflichtigen im Jahr 2009 einen Betrag von
Fr. 248'130.30 aufgewendet, in welchem ein Förderbeitrag der Gemeinde C in Höhe
von Fr. 15'840.- enthalten war.
In der Veranlagungsverfügung für die direkte Bundessteuer 2009 vom 9. Feb-
ruar 2012 und im Einschätzungsentscheid für die Staats- und Gemeindesteuern 2009
vom 9. Februar 2012 liess der zuständige Steuerkommissär die Anschaffungskosten
der Photovoltaikanlage in Höhe von Fr. 248'130.30 vollständig zum Abzug zu und er-
rechnete so ein Einkommen bzw. einen Verlust von Fr. 108'589.- (direkte Bundessteu-
er) und Fr. 107'889.- (Staats- und Gemeindesteuern). Entsprechend setzte er bei bei-
den Entscheiden das steuerbare Einkommen auf Fr. 0.- fest. Ferner verfügte er ein
steuerbares Vermögen (Staats- und Gemeindesteuern) von Fr. 685'000.-.
B. Am 9. März 2012 erhoben die Pflichtigen Einsprache gegen diese Ent-
scheide und machten geltend, beim Betrieb der Photovoltaikanlage handle es sich um
eine selbständige Erwerbstätigkeit. Entsprechend stelle die Liegenschaft Geschäfts-
vermögen dar. Mit Einspracheentscheiden vom 9. August 2012 wies das kantonale
Steueramt die Einsprachen ab. Zur Begründung führte es an, dass mit der Einspeisung
der überschüssigen Energie ins Netz keine Marktteilnahme stattfinde, weshalb keine
selbständige Erwerbstätigkeit angenommen werden könne. Auch die Vermietung von
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Lagerraum an Privatpersonen stelle keine Geschäftstätigkeit dar. Aus diesen Gründen
würden die Erträge aus der Photovoltaikanlage Ertrag aus unbeweglichem Privatver-
mögen darstellen, weshalb keine Abschreibungen vorgenommen werden könnten.
C. Am 7. September 2012 erhoben die Pflichtigen Beschwerde und Rekurs
gegen diese Einspracheentscheide und beantragten, es seien das steuerbare Ein-
kommen auf Fr. 113'700.- (direkte Bundessteuer) und Fr. 112'200.- (Staats- und Ge-
meindesteuern) und das steuerbare Vermögen (Staats- und Gemeindesteuern) auf
Fr. 766'498.- festzusetzen. In formeller Hinsicht beantragten die Pflichtigen aus Kos-
tengründen die Sistierung des Beschwerdeverfahrens bis zur Beendigung des Rekurs-
verfahrens. Zur Begründung der materiellen Rechtsmittelanträge brachten sie vor, bei
der Liegenschaft handle es sich um Geschäftsvermögen. Der Betrieb einer Photovol-
taikanlage könne durchaus als selbständige Erwerbstätigkeit qualifiziert werden. Bei
derartigen Investitionen sei eine gewisse "Durststrecke" in der Natur der Sache be-
gründet.
In der Beschwerde- und Rekursantwort vom 4. Oktober 2012 beantragte das
kantonale Steueramt die Abweisung der Rechtsmittel. Ergänzend zum Vorbringen in
den Einspracheentscheiden machte es geltend, dass das Ökonomiegebäude baulich
mit dem benachbarten Wohngebäude verbunden sei, weshalb die Liegenschaft in der
Gesamtheit betrachtet werden müsse. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Zur Ergreifung eines Rechtsmittels ist berechtigt, wer durch einen an-
fechtbaren Entscheid seinen Behauptungen nach in seinen steuerrechtlichen Interes-
sen verletzt wird, d.h. wenn er durch den angefochtenen Hoheitsakt als beschwert er-
scheint (RB 2001 Nr. 106, 1996 Nr. 44 m. H., 1972 Nr. 36, je zum Rekurs). Dabei
kommt es grundsätzlich auf die Auswirkungen des Urteildispositivs an. Denn allein die-
ses enthält den rechtsverbindlichen und der Rechtskraft zugänglichen Entscheid über
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die Sache selber, d.h. den Verfahrensgegenstand, nicht aber die ihm zugrunde liegen-
de Begründung (RB 1996 Nr. 44 m.H., auch zum Folgenden).
Das steuerrechtliche Interesse kann dabei mit dem im Verwaltungsrecht all-
gemein geltenden schutzwürdigen Interesse gleichgesetzt werden (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 132 N 13
DBG, und Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 140
N 14 StG; je mit Hinweisen, auch zum Folgenden). Das steuerrechtliche bzw. schutz-
würdige Interesse kann dabei rechtlicher oder auch bloss tatsächlicher (materieller
oder ideeller) Natur sein; ein bloss ideelles Interesse muss dabei besonders ausge-
prägt sein. In diesem Fall besteht das Interesse im praktischen Nutzen, den das erfolg-
reiche Rechtsmittel haben würde. Ein schutzwürdiges Interesse kann auch vorliegen,
wenn der Rechtsmittelentscheid zwar ohne steuerrechtliche Wirkung bleiben wird, an-
dere Rechtsgebiete aber zwingend auf die steuerrechtliche Beurteilung abstellen
(z.B. AHV, Krankenkassenprämienverbilligungen etc.); mit dem Rechtsmittel muss ein
mit dem angefochtenen Entscheid eingetretener Nachteil beseitigt werden.
Nach Art. 123 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom
14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 132 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997
(StG) stellen die Steuerbehörden zusammen mit dem Steuerpflichtigen die für die voll-
ständige und richtige Besteuerung massgebenden tatsächlichen und rechtlichen Ver-
hältnisse fest. Bezweckt ein Rechtsmittel die Abänderung der von der Steuerbehörde
festgesetzten Steuerfaktoren, so ist ein schutzwürdiges rechtliches Interesse regel-
mässig ohne weiteres gegeben; der Steuerpflichtige hat ein gesetzlich statuiertes
Recht darauf, dem wahren Sachverhalt entsprechend eingeschätzt zu werden. Dies gilt
selbstredend auch für den Fall, dass der Steuerpflichtige höher eingeschätzt werden
will, als es der Behörde als richtig erscheint.
Ein Teil der Lehre und einzelne Gerichte scheinen dennoch eine andere Auf-
fassung zu vertreten. So ist erklärt worden, ein Antrag auf Höhereinschätzung sei i.d.R.
ausgeschlossen (VGr, 19. April 2000, ZStP 2000, 245; RB 1980 Nr. 86 und 1972
Nr. 36; BGr, 20. Januar 1973, ASA 43, 342). Gleichwohl seien aber auch Fälle denk-
bar, in denen ein steuerrechtliches Interesse an einer Höhereinschätzung
bestehen könne; so z.B., um ein Nachsteuerverfahren abzuwenden (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 132 N 14 DBG, und § 140 N 15 StG).
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2 DB.2012.218 2 ST.2012.242
b) Ein solcher Ausnahmefall im letzteren Sinn läge hier ohnehin vor: Die
Nichtanerkennung der selbständigen Erwerbstätigkeit seitens des kantonalen Steuer-
amts würde dazu führen, dass in Zukunft auf der Photovoltaikanlage keine erfolgswirk-
samen Abschreibungen vorgenommen werden könnten.
Den Pflichtigen ist damit die Legitimation zur Erhebung von Rechtsmitteln zu-
zusprechen.
2. Es stellt sich die Frage, wie der Betrieb der Solarstromanlage rechtlich zu
qualifizieren ist, insbesondere, ob es sich bei den betreffenden Einkünften um (selbst-
ständige) Erwerbseinkünfte, Einkünfte bzw. Verluste aus Liebhaberei oder um Erträge
aus unbeweglichem Vermögen handelt.
a) Die selbständige Erwerbstätigkeit, umfassend die unternehmerische Tätig-
keit einerseits und die freiberufliche andererseits, ist darauf ausgerichtet, durch Einsatz
von Arbeitsleistung und Kapital in frei bestimmter Selbstorganisation planmässig, an-
haltend und nach aussen sichtbar zur Gewinnerzielung am Wirtschaftsverkehr teilzu-
nehmen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 18 N 6 ff. DBG, und § 18 N 8 ff. StG).
Der Selbständigerwerbende bietet seine Leistung Dritten an, wodurch seine Tätigkeit
nach aussen sichtbar wird. Die blosse Verwaltung eigenen Vermögens, welche von
aussen betrachtet weder eine gewerbsmässige Tätigkeit sichtbar macht noch Dritten
eine Leistung bietet, ist deshalb keine selbständige Erwerbstätigkeit (Cagianut/Höhn,
Unternehmenssteuerrecht, 3. A., 1993, § 1, Ziff. 12, 15, 22 und 34; Rei-
mann/Zuppinger/Schärrer, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 2. Band, 1963, § 19
lit. b, N. 3). Die selbständige Erwerbstätigkeit braucht nicht im Hauptberuf ausgeübt zu
werden; ein Steuerpflichtiger kann sowohl unselbständig und daneben auch selbstän-
dig erwerbstätig sein (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 18 N 10 StG mit weiteren Hin-
weisen). Ob im Einzelfall eine selbständige Erwerbstätigkeit vorliegt, ist nach der Ge-
samtheit der konkreten Umstände zu beurteilen.
b) Die selbständige Erwerbstätigkeit muss sodann von der Liebhaberei abge-
grenzt werden: Zur Erwerbs- oder Geschäftstätigkeit gehört, dass tatsächlich ein Ein-
kommen erzielt wird: Wer eine Tätigkeit ausübt, welche auf die Dauer nichts einbringt
oder dauernd einen finanziellen Aufwandüberschuss erfordert, betreibt diese nicht als
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Erwerbstätigkeit, sondern als Liebhaberei oder aus einem andern nicht kommerziellen
Grund. Denn wer eine unrentable Aktivität wirklich als Erwerbstätigkeit ausübt, wird
sich in der Regel durch das andauernde Fehlen eines finanziellen Erfolgs von der
Zwecklosigkeit seines Unterfangens überzeugen lassen und die betreffende Tätigkeit
aufgeben (Roman Blöchliger, Steuerliche Probleme des Abzuges geschäftlicher Ver-
luste, StR 1981, 236). Allerdings muss nicht jedes einzelne mit einem Verlust abge-
schlossene Jahr oder selbst die Tatsache, dass während mehrerer Jahre Verlust erzielt
worden ist, zum Schluss zwingen, es handle sich um eine Liebhaberei
(Höhn/Waldburger, Steuerrecht, 9. A., 2001, § 14 Rz 45). Ob sich nämlich eine Tätig-
keit lohnt, lässt sich methodisch richtig nur nach Betrachtung des Gewinns aus der
gesamten Betriebstätigkeit von deren Aufnahme bis zu ihrer Beendigung beurteilen
(sog. Totalgewinn, vgl. Theisen, Die Liebhaberei – ein Problem des Steuerrechts und
der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, Steuer und Wirtschaft [StuW], 1999, 259;
StRK II, 17. Februar 2000, 2 ST.1999.419, E. 6a). Der Entscheid über den steuerlichen
Charakter einer Tätigkeit hängt deshalb von einer Prognose über den zu erwartenden
Totalgewinn ab. Ergibt die Prognose ein positives Gesamtergebnis, ist dies ein gewich-
tiges Indiz für die Gewinnstrebigkeit. Anderseits liegt bei negativer Prognose die
Schlussfolgerung nahe, dass ein Steuerpflichtiger, dem es tatsächlich um die Erzielung
eines Erwerbseinkommens gegangen wäre, sich wegen des in Aussicht stehenden
finanziellen Misserfolgs von der Weiterführung des Betriebs abbringen lassen würde.
Die steuerrechtliche Qualifikation der Tätigkeit ist eine Frage, die grundsätzlich für jede
Veranlagungsperiode neu überprüft werden kann, wobei unter Umständen die Verhält-
nisse in den Vorjahren bzw. in den auf das Steuerjahr folgenden Jahren gewisse An-
haltspunkte liefern können (BGr, 31. August 2005, 2A.46/2005, E. 2.2.2, www.bger.ch,
mit Hinweisen zum Ganzen).
Qualifiziert sich die Aktivität des Steuerpflichtigen in der unter den erwähnten
Kriterien vorzunehmenden Prüfung als Liebhaberei oder produziert sie reine Lebens-
haltungskosten (vgl. Art. 34 lit. a DBG und § 33 lit. a StG,), so können die entstande-
nen Verluste nicht mit übrigen Einkünften verrechnet werden.
c) Bei selbständiger Erwerbstätigkeit werden die geschäfts- oder berufsmässig
begründeten Kosten abgezogen (Art. 27 Abs. 1 DBG, § 27 Abs. 1 StG). Abzugsfähig ist
der gesamte Aufwand, der für die selbständige Erwerbstätigkeit notwendig ist
(vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 27 N 3 ff. DBG, und § 27 N 2 ff. StG).
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Zu diesen Kosten zählen laut Art. 28 Abs. 1 DBG und § 27 Abs. 1 lit. a StG die
geschäftsmässig begründeten Abschreibungen auf den Aktiven des Geschäftsvermö-
gens.
d) Als Geschäftsvermögen gelten alle Vermögenswerte, welche ganz oder
vorwiegend der selbständigen Erwerbstätigkeit dienen (Art. 18 Abs. 2 DBG, § 18
Abs. 3 StG). Bei alternativen Wirtschaftsgütern, welche sich oftmals nicht aufgrund
eindeutiger Umstände dem geschäftlichen oder privaten Bereich zuteilen lassen
(Grundstücke, Wertpapiere etc.), entscheidet sich die Frage, ob ein Wertgegenstand
dem Privat- oder dem Geschäftsvermögen zuzuordnen ist, aufgrund einer Würdigung
aller in Betracht kommenden tatsächlichen Umstände (BGE 133 II 420 mit Hinweisen;
Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 18 N 100 f. DBG ).
Nach den Richtlinien der Eidgenössischen Steuerverwaltung sind alle Erträge,
welche den geschäftlich genutzten Liegenschaftsteil betreffen, ins Verhältnis zum Ge-
samtertrag aus der Liegenschaft zu setzen. Dieser umfasst sämtliche auf die Liegen-
schaft entfallenden Einkünfte gemäss Art. 21 DBG bzw. § 21 StG, unter Einbezug des
zum Marktwert festgesetzten Eigenmietwerts für den geschäftlich genutzten Teil. Be-
trägt der so ermittelte Anteil der geschäftlichen Nutzung mehr als 50%, liegt eine vor-
wiegend geschäftliche Nutzung vor und gilt die Liegenschaft insgesamt als Geschäfts-
vermögen (vgl. Ziff. 2.1 des Merkblatts "Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit
nach Artikel 18 DBG, Ausdehnung der Kapitalgewinnsteuerpflicht, Übergang zur Prä-
ponderanzmethode und deren Anwendung", Anhang zum gleichnamigen Kreisschrei-
ben der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 12. November 1992, in: ASA 61,
507 ff.).
e) Einrichtungen einer Liegenschaft, welche einer selbständigen Erwerbstätig-
keit dienen und damit handelsrechtlich aktivierungsfähig und aktivierungspflichtig sind,
bilden auch dann Geschäftsvermögen und können abgeschrieben werden, wenn die
betreffende Liegenschaft nach Massgabe der Präponderanzmethode dem Privatver-
mögen angehört. Die Verpflichtung zur Zulassung von allen Aufwendungen im Zu-
sammenhang mit der selbständigen Erwerbstätigkeit zwingt zu dieser Annahme. Die
Tatsache, dass diese Einrichtungen auf Grund ihrer festen Verbindung mit der Liegen-
schaft sachenrechtlich Bestandteile dieser Liegenschaft bilden (Akzessionsprinzip), ist
demgemäss unerheblich. Der Begriff des Geschäftsvermögens stellt denn auch keinen
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zivilrechtlichen, sondern einen wirtschaftlichen Begriff dar (Madeleine Simonek, Die
Abgrenzung des Geschäfts- vom Privatvermögen zwischen Ehegatten, in: ASA 65,
525). Grundstückbestandteile, welche der selbständigen Erwerbstätigkeit dienen, sind
im Übrigen selbst dann (unter gewissen Voraussetzungen) aktivierungsfähig und damit
Bestandteil des Geschäftsvermögens, wenn das betreffende Grundstück sich nicht im
zivilrechtlichen Eigentum des Selbständigerwerbenden befindet (BGr, 17. Novem-
ber 2006, 2A.44/2006, StR 2007, 116; vgl. auch Karl Blumer, Die kaufmännische Bi-
lanz, 10. A. 1989, S. 95). Eine Aktivierung ist aber nur möglich, wenn es sich bei den
Gebäudebestanteilen um Installationen handelt, welche der selbständigen Erwerbstä-
tigkeit unmittelbar dienen (vgl. auch Peter Böckli, Schweizer Aktienrecht, 4. A., 2009,
§ 8 N 172 ff.).
3. a) Einkünfte aus unbeweglichem Privatvermögen sind nicht Entgelt für eine
Tätigkeit wie das Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Sie fliessen dem Steuerpflichtigen
von Dritten als Entgelt für die Zurverfügungstellung von Vermögenswerten zu, die in
seinem Eigentum stehen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 21 N 29 f. DBG, und
§ 21 N 16 f. StG). Ertrag aus unbeweglichem Privatvermögen ist somit jeder Wertzu-
fluss aus einem unbeweglichen Vermögensrecht, der nicht adäquate Folge der Reali-
sation dieses Rechts bildet.
b) Nach Art. 32 Abs. 2 Satz 1 DBG bzw. § 30 Abs. 2 Satz 1 StG können bei
Liegenschaften im Privatvermögen die Unterhaltskosten, die Versicherungsprämien
und die Kosten der Verwaltung durch Dritte abgezogen werden. Das Eidgenössische
Finanzdepartement bestimmt, wieweit Investitionen, die dem Energiesparen und dem
Umweltschutz dienen, den Unterhaltskosten gleichgestellt werden können (Art. 32
Abs. 2 Satz 2 DBG). Diesbezüglich hat der Bundesrat am 24. August 1992 die Verord-
nung über den Abzug der Kosten von Liegenschaften des Privatvermögens bei der
direkten Bundessteuer erlassen (SR 642.116; ZStB II, Nr. 63/650). Gemäss Art. 5 die-
ser Verordnung fallen der Ersatz von veralteten und die erstmalige Anbringung von
neuen Bauteilen oder Installationen in bestehenden Gebäuden unter die Sonderrege-
lung. Ebenfalls am 24. August 1992 erliess das Eidgenössische Finanzdepartement die
Verordnung über die Massnahmen zur rationellen Energieverwendung und zur Nut-
zung erneuerbarer Energien (SR 642.116.1; ZStB II, Nr. 63/660). Wie aus Art. 1 lit. b
Ziff. 4 dieser Verordnung hervorgeht, gehört der Einbau von Anlagen zur Nutzung er-
neuerbarer Energien zu den Investitionen gemäss Art. 32 Abs. 2 Satz 2 DBG.
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Gemäss der Verweisung von § 30 Abs. 2 StG fand die Regelung des Bundes
auch Eingang in das Zürcher Steuerrecht.
4. a) Nach Auffassung des Vorstands der Schweizerischen Steuerkonferenz
stellt der Betrieb einer Photovoltaikanlage bei einer selbst bewohnten oder selbst ge-
nutzten Liegenschaft, unabhängig von der Grösse der Anlage, keine selbständige Er-
werbstätigkeit dar. Für die Frage, ob die Erträge aus dem Stromverkauf Erwerb aus
selbständiger Erwerbstätigkeit oder Einkommen aus unbeweglichem Privatvermögen
seien, müsse auf die Qualifikation des betreffenden Grundstücks abgestellt werden.
Stelle das Grundstück nach der Präponderanzmethode (ohne Photovoltaikanlage) Ge-
schäftsvermögen dar, sei Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit anzunehmen.
Andernfalls sei von Einkommen aus unbeweglichem Privatvermögen auszugehen
(Schweizerische Steuerkonferenz [SSK], Analyse zur steuerrechtlichen Qualifikation
von Investitionen in umweltschonende Technologien wie Photovoltaikanlagen, an der
Sitzung vom 15. Februar 2011 vom Vorstand der SSK genehmigt).
b) Dieser Rechtsauffassung der Schweizerischen Steuerkonferenz kann in-
dessen nicht in sämtlichen Punkten zugestimmt werden. Ob der Betrieb einer Photo-
voltaikanlage eine selbständige Erwerbstätigkeit darstellt, muss mittels der erwähnten
Abgrenzungskriterien ermittelt werden. Dient eine Anlage in überwiegendem Ausmass
dem Stromverkauf an Dritte und nicht der Deckung des eigenen Strombedarfs des
Betreibers, so strebt dieser, unter Inkaufnahme eines unternehmerischen Risikos, ei-
nen unternehmerischen Gewinn an. Dass die Abnehmer des Stroms auf Grund der
Besonderheiten des Strommarktes zahlenmässig beschränkt sind, ändert nichts daran,
dass der Betreiber durch Einsatz von Arbeitsleistung und Kapital planmässig zur Ge-
winnerzielung am Wirtschaftsverkehr teilnimmt. Die Annahme einer selbständigen Er-
werbstätigkeit setzt allerdings voraus, dass auf Grund einer Investitionsrechnung über-
haupt damit zu rechnen ist, dass die Anlage während ihrer Lebensdauer insgesamt
einen Gewinn abwirft. Falls diese Frage zu verneinen wäre, müsste auf Liebhaberei
geschlossen werden (vgl. oben Ziff. 2b).
c) Der durchschnittliche jährliche Stromkonsum eines Dreipersonenhaus-
halts in einem Einfamilienhaus dürfte unter 8'000 kWh liegen
(www.stadtwerke.winterthur.ch). Gemäss dem Vertrag, welchen die Pflichtigen am
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2 DB.2012.218 2 ST.2012.242
29. Oktober 2009 mit den Elektrizitätswerken des Kantons Zürich (EKZ) schlossen,
beträgt vorliegend die jährliche Nennliefermenge aus der Anlage 30'000 kWh und da-
mit ein Mehrfaches des erwähnten Strombedarfs eines Dreipersonenhaushalts. In den
wenig sonnenreichen Monaten Oktober bis Dezember 2009 lieferten die Pflichtigen
eine Energiemenge von 3'666 kWh, welche von den EKZ mit Fr. 2'052.95
(Fr. 0.56/kWh) entschädigt wurden.
Es bestehen demgemäss gewisse Anhaltspunkte, dass vorliegend eine selb-
ständige Erwerbstätigkeit vorliegen könnte, wenn sich auf Grund einer Investitions-
rechnung ergäbe, dass während der Lebensdauer der Anlage mit einem Ertragsüber-
schuss gerechnet werden könne. Wie dargelegt, ist die Tatsache unerheblich, dass die
Photovoltaikanlage fest mit dem Gebäude verbunden ist, auf dem sie montiert ist, und
damit sachenrechtlich einen Bestandteil der sich im Privatvermögen befindlichen Lie-
genschaft bildet. Auf Grund des unklaren Sachverhalts ist insgesamt indessen eine
endgültige Beurteilung nicht möglich, ob eine selbständige Erwerbstätigkeit, eine Lieb-
haberei oder Ertrag aus unbeweglichem Privatvermögen anzunehmen ist.
5. a) Laut Art. 123 Abs. 1 DBG und § 132 Abs. 1 StG stellen die Steuerbehör-
den zusammen mit dem Steuerpflichtigen die für eine vollständige und richtige Besteu-
erung massgebenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse fest (Kooperations-
maxime; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 132 N 1 ff. StG mit Hinweisen, auch zum
Folgenden). Die Verfahrensinstruktion liegt bei der zuständigen Behörde (Prozessma-
xime des Amtsbetriebs); diese besorgt ausschliesslich die Verfahrensleitung (Alfred
Kölz, Prozessmaximen im schweizerischen Verwaltungsprozess, 1974, S. 9). Die
Steuerpflichtigen sind daher, abgesehen von der Pflicht zur Einreichung der Steuerer-
klärung, nicht gehalten, aus eigener Initiative tätig zu werden.
b) Leitet die Veranlagungsbehörde im Einschätzungsverfahren, das grund-
sätzlich von der Untersuchungsmaxime beherrscht ist, ein Beweisverfahren zur Abklä-
rung von steuerbegründenden oder steuererhöhenden Tatsachen ein, so hält sie den
Steuerpflichtigen zur Mitwirkung an. Als Ausfluss aus dem Grundsatz des rechtlichen
Gehörs (Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 [BV]) sind die Steu-
erpflichtigen indessen nicht nur zur Mitwirkung verpflichtet (§ 135 Abs. 1 StG), sondern
auch berechtigt, Beweisanträge zu stellen, an der Beweiserhebung mitzuwirken und
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sich zum Ergebnis des Beweisverfahrens zu äussern (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Art. 123 N 19 DBG). Die Beweisauflage muss daher so formuliert sein, dass sie dem
Steuerpflichtigen die Möglichkeit einräumt, diese Rechte auch auszuüben. Erst nach
Abschluss des Beweisverfahrens ist unter Würdigung sämtlicher Beweismittel zu prü-
fen, ob der Beweis erbracht wurde (Grundsatz der freien Beweiswürdigung). Eine so
genannte antizipierte Beweiswürdigung, bei der die Behörde befugt ist, auf gewisse
Beweiserhebungen zu verzichten, ist nur zulässig, falls die entsprechenden Beweismit-
tel nach den Erkenntnissen der Lebenserfahrung nicht zur Klärung des Sachverhalts
beitragen (Martin Zweifel, Die Sachverhaltsermittlung im Steuerveranlagungsverfahren,
1989, S. 24).
c) Das Steuerrekursgericht hat gemäss § 149 Abs. 2 StG die Steuerfaktoren
grundsätzlich nach seinen eigenen Erhebungen festzustellen (RB ORK 1958 Nr. 44).
Ausnahmsweise kann es zwecks Wahrung des gesetzlichen Instanzenzugs die Sache
mit verbindlichen Weisungen an die Vorinstanz zurückweisen, namentlich, wenn zu
Unrecht noch kein materieller Entscheid getroffen wurde oder wenn dieser an einem
schwerwiegenden Verfahrensmangel leidet (§ 149 Abs. 3 StG). Bedeutsame Verfah-
rensmängel kann das Gericht nicht heilen, da der gesetzlich vorgeschriebene Instan-
zenzug unzulässigerweise verkürzt und die untere Einschätzungs- bzw. Rechtsmittel-
behörde praktisch von der Einhaltung eines korrekten Verfahrens dispensiert würde
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 149 N 31 f. StG). Von einem bedeutsamen Verfah-
rensmangel ist gemäss Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts insbesondere dann
auszugehen, wenn über ein wesentliches Element des Sachverhalts keine Untersu-
chung geführt wurde (RB 2001 Nr. 93, RB 2000 Nr. 130 = StE 2002 B 93.5
Nr. 23 = ZStP 2001, 39; ZStP 2000, 291).
d) Im Veranlagungs- bzw. Einschätzungsverfahren sowie im Einsprachever-
fahren verzichtete das kantonale Steueramt auf die Durchführung eines Beweisverfah-
rens. Wie dargelegt, kann auf der Grundlage der vorhandenen Unterlagen nicht beur-
teilt werden, ob vorliegend eine selbständige Erwerbstätigkeit, eine Liebhaberei oder
Ertrag aus unbeweglichem Privatvermögen anzunehmen ist. Demnach erweist sich ein
Beweisverfahren als unerlässlich. Die Sache ist daher, in teilweiser Gutheissung von
Beschwerde und Rekurs, an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das kantonale Steueramt
ist im zweiten Rechtsgang gehalten, den rechtserheblichen Sachverhalt umfassend
abzuklären, damit eine Beurteilung des Betriebs der Photovoltaikanlage möglich ist.
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6. Da das kantonale Steueramt das Verfahren verursacht hat, sind die Kosten
der Beschwerdegegnerin/dem Rekursgegner aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG und
§ 151 StG). Parteientschädigungen sind nicht zuzusprechen (Art. 144 Abs. 4 DBG
i.V.m. Art. 64 Abs. 1-3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968;
§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom
24. Mai 1959/22. März 2010). | Public | Tax | de | 2,013 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
2af31b31-50ed-4110-90eb-0cbbe9a1bc2a | hat sich ergeben:
A. Die Europäische Wettbewerbskommission verurteilte mit Entscheid vom ...
20.. die A AG (nachfolgend die Pflichtige) zu einer Busse von total ... wegen Teilnahme
an wettbewerbswidrigen Absprachen in Bezug auf C und D. Gemäss der Begründung
des Urteils organisierte und begleitete die Pflichtige 19.. bis 20.. Zusammenkünfte der
Kartellmitglieder; weiter überwachte sie die Einhaltung der Quotenabsprachen und trat
bei Spannungen unter Kartellmitgliedern als Moderatorin auf. Die Pflichtige erhob da-
gegen beim Europäischen Gerichtshof Beschwerde, worin sie die Vorwürfe bestritt und
die Höhe der Busse rügte. Das Verfahren ist noch hängig.
Zur Absicherung der Buss- und Prozessrisiken bildete die Pflichtige bereits
per 31. Dezember ... eine Rückstellung von Fr. 456'937.77, welche per 31. Dezember
2011 als Teil der langfristigen Rückstellungen von Fr. 592'976.73 unverändert in der
Bilanz enthalten war. Sie deklarierte für die Steuerperiode 1.1. - 31.12.2011 einen
steuerbaren Reingewinn von Fr. 255'700.- und ein steuerbares Eigenkapital von
Fr. 451'000.-.
Im Veranlagungs- bzw. Einschätzungsverfahren führte die Steuerkommissärin
eine Untersuchung durch mit Bezug auf die Höhe und geschäftsmässige Begründung
der langfristigen Rückstellung. Am 7. Mai 2013 schätzte sie die Pflichtige für die Steu-
erperiode 1.1. - 31.12.2011 mit einem steuerbaren Reingewinn von Fr. 848'700.- (di-
rekte Bundessteuer sowie Staats- und Gemeindesteuern) und einem steuerbaren Ei-
genkapital von Fr. 1'044'000.- (Staats- und Gemeindesteuern) bzw. Eigenkapital von
Fr. 1'044'433.- (direkte Bundessteuer) ein. Darin rechnete sie die erwähnte Rückstel-
lung im Reingewinn und Eigenkapital auf. Sie begründete dies u.a. damit, dass Wett-
bewerbsbussen nur im Umfang einer Gewinnabschöpfung geschäftsmässig begründe-
ten Aufwand darstellten; es sei nicht nachgewiesen worden, dass die Busse einen
solchen Anteil enthalte.
B. Hiergegen erhob die Pflichtige am 7. Juni 2013 je Einsprache mit dem An-
trag, die fragliche Rückstellung bestehen zu lassen. Zur Begründung verwies sie auf
die ablehnende Antwort des Zürcher Regierungsrats auf eine parlamentarische Einzel-
initiative, welche darauf abzielte, durch eine Änderung des Steuergesetzes vom 8. Ju-
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ni 1997 (StG) Bussen aller Art vom geschäftsmässigen Aufwand auszunehmen, sowie
auf ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. Madeleine Simonek hierzu. Zudem verlangten
sie die Möglichkeit zur mündlichen Vorsprache. Diese wurde am 17. Juli 2013 gewährt.
Am 23. Juli 2013 wies das kantonale Steueramt die Einsprachen ab.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 23. August 2013 beantragte die Pflichti-
ge in formeller Hinsicht die Einholung eines Amtsberichts über die steueramtliche Pra-
xis zur Abziehbarkeit von Geldbussen, insbesondere Wettbewerbsbussen bei Gross-
konzernen. Materiell stellte sie den Antrag, die Rückstellung für die Busse bzw. die
Prozessrisiken sei zum Abzug zuzulassen; eventualiter sei der Gewinnabschöpfungs-
teil der Geldbusse zu schätzen und in diesem Umfang eine Rückstellung zu gewähren,
subeventualiter sei für die aus der Aufrechnung resultierenden Mehrsteuern eine
Rückstellung zu bilden, subsubeventualiter sei die Angelegenheit zur Vornahme weite-
rer Abklärungen an das kantonale Steueramt zurückzuweisen, alles unter Kosten- und
Entschädigungsfolgen. Zur Begründung machte sie geltend, sie habe einen Anspruch
darauf, gleich behandelt zu werden wie alle anderen Steuerpflichtigen. Das kantonale
Steueramt sei deshalb aufzufordern, in einem Amtsbericht aufzuzeigen, wie bei ande-
ren Gesellschaften Wettbewerbsbussen steuerlich behandelt würden. Darin habe sich
das kantonale Steueramt insbesondere auch dazu zu äussern, wie es sich mit der
Antwort des Regierungsrats auf die parlamentarische Einzelinitiative verhalte, wonach
solche Bussen von Bundesrechts wegen zum Abzug zuzulassen seien. Die Rückstel-
lung sei handelsrechtlich ausgewiesen und deshalb nach dem Massgeblichkeitsprinzip
auch steuerrechtlich anzuerkennen. Da das kantonale Steueramt eine Busse zum Ab-
zug zulasse, soweit sie eine Gewinnabschöpfung bezwecke, habe es diesen Anteil
auch bei ihr auszuscheiden. Weiter seien auch sämtliche damit im Zusammenhang
stehenden Prozess- und Anwaltskosten abziehbar. Der Rückstellungsbedarf belaufe
sich sogar auf total Fr. 615'000.- bzw. – ohne Pönalteil – Fr. 580'000.-.
Das kantonale Steueramt schloss am 6. September 2013 auf Abweisung der
Rechtsmittel und verwies zur Begründung auf die Einspracheentscheide. Die Eidge-
nössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
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1 DB.2013.181 1 ST.2013.206
1. a) Gemäss Art. 58 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über die direkte Bun-
dessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 64 Abs. 1 Ziff. 1 StG bildet der Saldo
der Erfolgsrechnung unter Berücksichtigung des Saldovortrags Ausgangspunkt für die
Bestimmung des steuerbaren Reingewinns (Grundsatz der Massgeblichkeit der Han-
delsbilanz für die Steuerbilanz). Die Steuerbehörden dürfen demnach Buchungen, die
das Handelsrecht vorschreibt, nicht missachten sowie Buchungen, die es untersagt,
nicht verlangen. Nach dem Massgeblichkeitsprinzip muss sich die steuerpflichtige Ge-
sellschaft grundsätzlich beim Jahresergebnis gemäss ihren ordnungsgemäss geführten
Büchern behaften lassen. Das gilt aber nur, wenn der Erfolgsausweis nicht unter Ver-
letzung zwingender Bestimmungen des Handelsrechts zustande kam. Wurden han-
delsrechtswidrige Ansätze gewählt, ist eine Korrektur bis zum Eintritt der Rechtskraft
der Veranlagung zulässig (so genannte Bilanzberichtigung; BGr, 16. August 2012,
2C_29/2012, E. 2.1; BGr, 13. September 2011, 2C_515/2010; Peter Locher, Kommen-
tar zum DBG, II. Teil, 2004, Art. 58 DBG N 15 ff. und 22 ff.).
Spezielle steuerrechtliche Vorschriften für die Gewinnermittlung gehen dem
Massgeblichkeitsprinzip vor (BGr, 11. November 2005, 2A.370/2004; 16. August 2012,
2C_29/2012 mit weiteren Hinweisen; Markus Reich, Steuerrecht, 2. A., 2012, § 15
N 68; Blumenstein/Locher, System des schweizerischen Steuerrechts, 6. A., 2002,
S. 270; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 58
N 6 DBG und Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 64 N 7 StG). Die
steuerrechtlichen Gewinnermittlungsregeln dürfen sich wegen der unterschiedlichen
Zielsetzung von Handelsrecht und Steuerrecht nicht vollumfänglich an den handels-
rechtlichen Vorschriften orientieren. Die so korrigierte Handelsbilanz bezeichnet man
dann als Steuerbilanz.
b) Mit der Rückstellung (bzw. vorübergehenden Wertberichtigung) wird nach
ständiger Rechtsprechung dem laufenden Geschäftsjahr ein tatsächlich oder mindes-
tens wahrscheinlich verursachter, in seiner Höhe aber noch nicht bekannter Aufwand
oder Verlust gewinnmindernd angerechnet, der erst im nächsten oder in einem der
folgenden Geschäftsjahre geldmässig verwirklicht wird (RB 1975 Nr. 47, RB 1978
Nr. 33, RB 1986 Nr. 40; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 29 N 2 DBG und § 64
N 116 StG, alle auch zum Folgenden). Steuerlich (nicht handelsrechtlich) können sol-
che Wertberichtigungen nur anerkannt werden, wenn die Ereignisse, die Ursache des
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1 DB.2013.181 1 ST.2013.206
geltend gemachten, betragsmässig noch ungewissen Aufwands sind, im laufenden
Geschäftsjahr eingetreten sind. Die Rückstellung bzw. vorübergehende Wertberichti-
gung darf den Betrag nicht übersteigen, mit dessen Beanspruchung nach den Umstän-
den und nach pflichtgemässer Schätzung dereinst ernsthaft gerechnet werden muss.
Geschäftsmässig begründet sind deshalb immer nur solche Rückstellungen bzw. vorü-
bergehende Wertberichtigungen, die der Sicherung unmittelbar drohender und nicht
bloss künftiger Risiken dienen (RB 1986 Nr. 40 mit Hinweis auf BGE 103 Ib 370, 75 I
259).
Für die Beurteilung, ob eine verbuchte Rückstellung bzw. Wertberichtigung im
Einzelfall geschäftsmässig begründet ist, sind grundsätzlich die Verhältnisse am Bi-
lanzstichtag massgebend (Art. 958 Abs. 1 i.V.m. Art. 960 Abs. 2 OR, in der bis am
31. Dezember 2012 geltenden Fassung). Indessen können alle bis zum Zeitpunkt der
Bilanzerrichtung erhaltenen Informationen in der Jahresrechnung verwendet werden,
sofern dadurch Verhältnisse des Bilanzstichtags offenkundig werden (Karl Käfer,
in: Berner Kommentar, 1981, Art. 960 N 332; RB 1986 Nr. 41).
c) Tatsachen, die Rückstellungen bzw. Wertberichtigungen als geschäftsmäs-
sig begründet erscheinen lassen, sind steuermindernd und deshalb vom Steuerpflichti-
gen nachzuweisen (RB 1975 Nr. 55). Um die Beurteilung der geschäftsmässigen Be-
gründetheit von Rückstellungen bzw. Wertberichtigungen zu ermöglichen, ist der
Steuerpflichtige gehalten, an der Abklärung der solchen Aufwendungen zu Grunde
liegenden Tatsachen mitzuwirken, wobei er für deren Verwirklichung beweisbelastet ist
(vgl. RB 1987 Nr. 35).
2. a) Mit noch nicht rechtskräftigem Entscheid der Europäischen Kommission
vom ... wurde die Pflichtige zur Leistung einer Busse von zwei Mal ... verurteilt. Adres-
satin des Entscheids ist die Pflichtige als juristische Person selbst. Ursache für die
streitige Rückstellung waren Ereignisse, welche vor 2011 eingetreten waren. Per Ende
2011 war die Verpflichtung zur Bezahlung der Geldstrafe sowie der Prozesskosten
weiterhin aktuell, aufgrund des noch hängigen Weiterzugs in der genauen Höhe aber
unbekannt. Mithin ist sowohl handelsrechtlich als auch – sieht man von der grundsätz-
lichen Frage eines Abzugsverbots von Geldstrafen ab – steuerrechtlich die Notwendig-
keit der Rückstellung ausgewiesen.
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1 DB.2013.181 1 ST.2013.206
b) Die Steuergesetze enthalten kein Abzugsverbot für Bussen allgemein. In-
dessen finden sich punktuell steuerrechtliche Korrekturvorschriften im Zusammenhang
mit deliktischen Handlungen: So nehmen Art. 59 Abs. 1 lit. a DBG und Art. 25 Abs. 1
lit. a des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern von Kantonen
und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG) bzw. § 65 Abs. 1 lit. a StG Steuer-
bussen ausdrücklich vom geschäftsmässig begründeten Aufwand aus. Nicht abziehbar
sind zudem Bestechungsgelder (Art. 59 Abs. 2 DBG, Art. 25 Abs. 1 bis
StHG und § 65
Abs. 2 StG). Mit Bezug auf Steuerbussen liegt dem Ausschluss die Überlegung
zugrunde, dass die gebüsste Gesellschaft nicht einen Teil der Strafe dem Fiskus über-
wälzen können soll (Brühlisauer/Helbing, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuer-
recht, 2. A., 2008, Art. 59 N 3 DBG). Ob der Anwendungsbereich dieser Bestimmung
entgegen dem Wortlaut auf andere Geldstrafen ausgedehnt werden kann, ist in der
Lehre umstritten (für ein Abzugsverbot Agner/Jung/Steinmann, Kommentar zum Bun-
desgesetz über die direkte Bundessteuer, 1995, Art. 59 N 1; Locher, Art. 59 N 70 DBG;
dagegen: Brühlisauer/Helbing, Art. 59 N 3 DBG; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Art. 59 N 5 DBG und § 65 N 5 StG; vgl. auch Walter Frei, Moral im Steuerrecht, ZStP
2011 S. 302). Die Frage der Abzugsfähigkeit von Geldbussen bei juristischen Perso-
nen war indessen in jüngster Vergangenheit Gegenstand von Beratungen des Gesetz-
gebers: Mit Motion des Ständerates Nr. 13.3469 vom 18. Juni 2013 wurde beantragt, in
das Bundesrecht eine Bestimmung aufzunehmen, wonach Bussen generell steuerlich
nicht mehr abzugsfähig sein sollen. Am 9. September 2013 hat der Nationalrat diese
Vorlage indessen abgelehnt. Aus den Voten anlässlich der Beratung ist zu schliessen,
dass sowohl Befürworter als auch Gegner der Vorlage davon ausgingen, dass bei ge-
genwärtiger Gesetzeslage von einer Abzugsfähigkeit von Geldbussen auszugehen ist
(Amtliches Bulletin Nr. vom 9. September 2013, www.parlament.ch).
c) Das kantonale Steueramt setzt indessen nicht bei Art. 59 Abs. 1 lit. a DBG
bzw. § 65 Abs. 1 lit. a StG an, sondern verneint die Abzugsfähigkeit gestützt auf den
Begriff des geschäftsmässig begründeten Aufwands allgemein, wie er in Art. 58 Abs. 1
lit. b DBG bzw. § 64 Abs. 1 Ziff. 2 StG verwendet wird. Nach Auffassung des kantona-
len Steueramts widerspräche es dem Strafzweck und damit dem Grundsatz der Einheit
der Rechtsordnung, wenn die sanktionierte Person einen Teil der Geldbusse durch
Minderung ihrer Steuer auf die Allgemeinheit abwälzen könne. Eine solche Busse
könnte deshalb nicht mehr im guten Treuen zu den geschäftlichen Aufwendungen ge-
zählt werden, sondern nur solche Geldstrafen, welche der Abschöpfung eines durch
Gesetzesverstoss erlangten wirtschaftlichen Vorteils dienten.
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d) Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der Bestimmung
(BGr, 22. Oktober 2012, 2C_873/2011, auch zum Folgenden; Wiederkehr/Richli, Praxis
des allgemeinen Verwaltungsrechts, Band I, 2012, § 4 N 936). Ist der Text nicht klar
und sind verschiedene Interpretationen möglich, muss nach seiner wahren Tragweite
gesucht werden unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente (Methodenpluralis-
mus). Abzustellen ist namentlich auf die Entstehungsgeschichte der Norm (historische
Auslegung) und ihren Zweck (teleologische Auslegung) sowie auf die Bedeutung, die
der Norm im Kontext mit anderen Bestimmungen zukommt (systematische Auslegung).
Vom Wortlaut darf abgewichen werden, wenn triftige Gründe für die Annahme beste-
hen, dass dieser nicht den wahren Sinn der Regelung wiedergibt (BGE 136 II 149 E. 3
S. 154). Sind mehrere Auslegungen möglich, ist jene zu wählen, die den verfassungs-
rechtlichen Vorgaben am besten entspricht. Eine verfassungskonforme Auslegung fin-
det im klaren Wortlaut und Sinn einer Gesetzesbestimmung ihre Schranken (BGE 138
V 17 E. 4.2, 137 II 164 E. 4.1; je mit Hinweisen; Wiederkehr/Richli, § 4 N 964 f.). Das
Steuerrecht ist wegen der strengen Geltung des Legalitätsprinzips von einem Vorrang
des grammatikalischen Elements geprägt (Wiederkehr/Richli, § 4 N 937 und 944).
aa) Mit Bezug auf den Begriff des geschäftsmässig begründeten Aufwands
besteht eine gefestigte Auslegungspraxis. Als geschäftsmässig begründet dürfen nur
jene Ausgaben als Aufwand belastet werden, die im Interesse des Unternehmensziels
getätigt werden (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 27 N 4 DBG und § 27 N 3 StG;
Reich, S. 388, auch zum Folgenden). Dies ist der Fall, wenn die Ausgaben unmittelbar
zur Gewinnerzielung verwendet werden und in einem direkten ursächlichen Zusam-
menhang zu dieser stehen. Der Begriff der geschäftsmässig begründeten Ausgabe
enthält eine finale und eine kausale Komponente. Auch Ausgaben, die bloss Folge der
gewinnstrebenden Tätigkeit des Unternehmens bilden, fallen darunter. Ob im Sinn ei-
ner rationellen und gewinnorientierten Betriebsführung zweckmässiger oder sparsamer
hätte vorgegangen werden können, ist irrelevant. Es ist nicht Sache der Steuerbehör-
den, über den optimalen Einsatz der geschäftlichen Mittel zu urteilen. Der Zweck des
Unternehmens bestimmt dabei im Wesentlichen die Unternehmenstätigkeit, mit wel-
cher die Aufwendung im Zusammenhang stehen muss; nicht erforderlich ist, dass die
im Interesse des Unternehmens vorgenommene Aufwendung tatsächlich notwendig
war (BGr, 4. März 2002, StE 2002 B 72.14.1 Nr. 19).
Zur Frage der Abziehbarkeit von Geldbussen und der Kosten aus damit zu-
sammenhängenden Rechtsstreitigkeiten sind nur Gerichtsentscheide aus dem Bereich
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1 DB.2013.181 1 ST.2013.206
der selbstständigen Erwerbstätigkeit bekannt. Gemäss einem älteren Bundesgerichts-
entscheid wird davon ausgegangen, dass die strafrechtliche Verantwortung den Täter
persönlich treffen soll, auch wenn die Straftat im Geschäftsbetrieb begangen worden
sei (BGE 70 I 250, 256 sowie die weiteren im Gutachten Simonek zitierten Entscheide).
Die Strafe habe rein persönlichen Charakter; das Unternehmen selber könne nicht be-
straft werden. Bei der Erzielung des Einkommens sei der Steuerpflichtige an die
Schranken des Gesetzes gebunden; übertrete er diese Schranken, könne kein ge-
schäftsmässig begründeter Aufwand entstehen.
bb) Ein Abzugsverbot lässt sich allein gestützt auf eine rein grammatikalische
Auslegung des Begriffs des geschäftsmässig begründeten Aufwands nicht herleiten.
Die sanktionierte Geschäftstätigkeit der Pflichtigen war klar gewinnstrebig, und die dar-
aus resultierende Geldstrafe stand in unmittelbaren Zusammenhang damit. Inhaltlich
handelt es sich bei wettbewerbsrechtlichen Bussen um kausale Gewinnungskosten.
Die Einwendungen des kantonalen Steueramt beruhen denn auch auf dem
Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung und damit auf einem systematischen Ausle-
gungselement (Wiederkehr/Richli, § 4 N 989 f.; vgl. auch Gutachten Simonek). Nach
diesem Grundsatz ist nach der Bedeutung zu forschen, die der Norm im Kontext der
gesamten Rechtsordnung zukommt, sei es, dass andere Normen ähnliche Fragen
betreffen und sich im Hinblick auf die entsprechende Fragestellung vergleichen lassen,
oder sei es, dass sie sich massgeblich voneinander unterscheiden. Ein Teilinhalt des
Grundsatzes stellt die verfassungskonforme Auslegung dar, die verlangt, dass alle
Rechtssätze bei ihrer Auslegung auf die übergeordneten Wertentscheidungen der Ver-
fassung auszurichten sind. Im vorliegenden Fall ergeben sich solche übergeordneten
Wertentscheidungen daraus, dass sich jedermann an das Gesetz zu halten habe, so-
wie aus dem Zweck des Strafrechts, welcher vereitelt würde, wenn der Täter einen Teil
der Strafe via Steuerabzug auf die Allgemeinheit überwälzen könnte.
cc) Aus diesem Grundsatz lassen sich indessen mit Bezug auf den vorliegen-
den Fall keine klaren Erkenntnisse gewinnen:
Die Wettbewerbsbusse wurde von der Europäischen Kommission gestützt auf
den Vertrag der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) und das Abkommen über
den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verhängt. Demnach hat die Pflichtige gegen
Art. 81 Abs. 1 des EG-Vertrags und gegen Art. 53 des EWR-Abkommens verstossen.
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Die Schweiz ist nicht Mitglied dieser Organisationen. Im betroffenen Zeitraum von 19..
bis 20.. galten in der Schweiz zunächst noch das Bundesgesetz über Kartelle und ähn-
liche Organisationen vom 20. Dezember 1985 und ab Inkrafttreten am 1. Februar 1996
das Bundesgesetz über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen vom 6. Ok-
tober 1995. Das schweizerische Kartellrecht war zu dieser Zeit dadurch gekennzeich-
net, dass Verstösse nicht ex tunc, sondern nur ex nunc, d.h. vom Zeitpunkt ihrer Fest-
stellung durch amtliche Verfügung an, geahndet werden durften (Homburger/Schmid-
hauser/Hoffet/Ducrey, Kommentar zum schweizerischen Kartellgesetz, Art. 5 N 141
sowie Vorb. Art. 50 – 57. 1 ff., je in der Fassung August 1997, auch zum Folgenden).
Handlungen waren erst bei Wiederholung nach der rechtskräftigen Feststellung durch
die zuständige Rechtsanwendungsbehörde rechtswidrig, bzw. mit dem Verzicht auf
einen Antrag der Wettbewerbsbehörde auf einen Antrag an den Bundesrat auf aus-
nahmsweise Zulassung. Erst wenn eine derartige Feststellung vorlag, durften erneute
Verstösse mit Sanktionen geahndet werden. Damit konnten aber nie Handlungen ge-
ahndet werden, die vor dem Zeitpunkt der Feststellung der Widerrechtlichkeit began-
gen wurden. Dies im Unterschied zur Sanktionsordnung der EU, welche auch in der
Vergangenheit liegende Zuwiderhandlungen mit Geldbussen belegen konnte (Hom-
burger/Schmidhauser/Hoffet/Ducrey, Vorb. Art. 50 – 57 N 22).
Daraus ist zu schliessen, dass die Aktivitäten der Pflichtigen nach schweizeri-
schem Recht nicht zur Ausfällung einer Geldstrafe ausgereicht hätten, da es an der
vorausgehenden Verfügung der zuständigen Behörden fehlte. Nachdem das Wettbe-
werbsrecht der Schweiz in einem bewussten Entscheid des Gesetzgebers die betroffe-
ne Geschäftstätigkeit der Pflichtigen (noch) nicht als strafwürdig betrachtete, kann aus
schweizerischer Sicht bei der Gewährung eines daraus resultierenden Steuerabzugs
nicht von einem Verstoss gegen den Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung ge-
sprochen werden. Es ist kein Interesse des schweizerischen Verfassungs- bzw. Ge-
setzgebers ersichtlich, ausländischen Geldstrafen zum Durchbruch zu verhelfen, wel-
che ein Verhalten sanktionieren sollen, das der hiesige Gesetzgeber selber nicht als
strafwürdig betrachtet. Der schweizerische Gesetzgeber nimmt hierzu vielmehr eine
neutrale Position ein. Es verhält sich nicht anders als bei ausländischen Steuern und
Abgaben, welche als Gewinnungskosten abzugsfähig sind, mithin der schweizerische
Fiskus auch bei diesen "mitzahlt" (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 59 N 4 DBG und
§ 65 N 4 StG).
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1 DB.2013.181 1 ST.2013.206
Ob bei einer schweizerischen Straftat anders zu entscheiden wäre, kann offen
bleiben. Immerhin ist aber anzumerken, dass der Grundsatz der Einheit der Rechts-
ordnung auch in die gegenteilige Richtung weisen kann. Art. 102 Abs. 3 StGB sieht
ausdrücklich vor, dass der Strafrichter bei juristischen Personen bei der Strafbemes-
sung u.a. die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen hat, wozu auch die
Strafempfindlichkeit gehört (Niggli/Gfeller in: Niggli/Wiprächtiger, Basler Kommentar,
Strafrecht I, 2. A., 2007, Art. 102 N 317). In diesem Rahmen ist zu berücksichtigen, wie
sich die Busse auf die zukünftige finanzielle Situation des Unternehmens auswirken
wird. Mithin lässt sich gestützt auf den Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung sogar
die Auffassung vertreten, dass sich die Steuerbehörden um die strafmildernde Wirkung
des Abzugs eben gerade nicht mehr zu kümmern haben. Die Tragweite des Grundsat-
zes der Einheit der Rechtsordnung ist damit nicht eindeutig.
Hinzu kommt, dass das Steuerrecht allgemein zwischen illegalen und erlaub-
ten Geschäften nicht unterscheidet (Grundsatz der steuerlichen Wertneutralität; Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 16 N 39 DBG und § 16 N 44 StG mit Verweis auf
BGr, 31. Mai 2010, 2C_520/2009 E. 2.4.3). Werden Einkünfte aus deliktischem Verhal-
ten besteuert, so liegt es auf der Hand, dass auch die dafür erforderlichen Gewin-
nungskosten steuerlich anerkannt werden müssen. Demensprechend waren vor der
Revision von Art. 59 Abs. 2 DBG bzw. Art. 25 Abs. 1 bis
StHG (je in der Fassung vom
22. Dezember 1999) sowie § 65 Abs. 2 StG (vom 11. September 2000) Bestechungs-
gelder nach höchstrichterlicher Rechtsprechung und Praxis abzugsfähig (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 27 N 40 DBG und § 27 N 42 StG), was wohl der Ab-
sicht des historischen Gesetzgebers entsprach. Es liegen keine Anhaltspunkte vor,
dass der Gesetzgeber mit der besagten Revision bei deliktischen Handlungen generell
die Gewinnungskosten vom Abzug ausschliessen wollte.
e) Zusammengefasst ergibt sich somit, dass einem Abzugsverbot für die von
der Europäischen Kommission verhängten wettbewerbsrechtlichen Geldstrafen sowohl
das Massgeblichkeitsprinzip als auch der Wortlaut des Gesetzes entgegen stehen,
während sich die Gründe für das Abzugsverbot nicht mit notwendiger Schärfe abzeich-
nen. Insbesondere fällt in Betracht, dass mit Revisionen der Steuergesetze Aufwand im
Zusammenhang mit deliktischen Handlungen vom Gesetzgeber ausdrücklich unter ein
Abzugsverbot gestellt werden musste, weil dieser zuvor eben gerade abzugsfähig war.
Unter diesen Umständen würde es den Rahmen der zulässigen Auslegung des Beg-
riffs des geschäftsmässig begründeten Aufwands sprengen, wenn man ihm die vom
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kantonalen Steueramt vertretene Bedeutung zuerkennen würde. Vielmehr ist zu
schliessen, dass es auch für diesen Schritt ein Wort des Gesetzgebers bedarf. Anzu-
merken ist, dass dieses Ergebnis der Begründung des Antrags des Regierungsrats
vom 14. September 2011 auf die Einzelinitiative KR-Nr. 20/2010 entspricht. Darin geht
Letzterer gestützt auf das Gutachten Simonek davon aus, dass ein Abzugsverbot von
Bussen im kantonalen Recht eine ausdrückliche Änderung des StHG voraussetzt.
3. Die für die Geldstrafe gebildete Rückstellung ist deshalb als geschäftsmäs-
sig begründet anzuerkennen. Dasselbe trifft zu auf die damit im Zusammenhang ste-
henden Prozess- und Anwaltskosten. Die Höhe der hierfür gebildeten Rückstellung
wird vom kantonalen Steueramt zudem nicht in Frage gestellt und durch die vorhande-
nen Unterlagen untermauert. Gestützt darauf ergibt sich folgende Korrektur der vo-
rinstanzlichen Einschätzung bzw. Veranlagung:
Direkte Bundessteuer
Reingewinn Eigenkapital
Fr. Fr.
gemäss Veranlagung 848'700.- 1'044'433.-
./. Rückstellung Wettbewerbsbusse - 456'938.- - 456'938.-
391'762.- 587'495.-
gerundet 391'700.-.
Staats- und Gemeindesteuern
Reingewinn steuerbares Eigenkapital
Fr. Fr.
gemäss Veranlagung 848'700.- 1'044'433.-
./. Rückstellung Wettbewerbsbusse - 456'938.- - 456'938.-
391'762.- 587'495.-
gerundet 391'700.- 587'000.-.
4. Bei diesem Ergebnis erweist sich der Antrag der Pflichtigen auf Einholung
eines Amtsberichts über die steueramtliche Praxis bezüglich des Abzugs von wettbe-
werbsrechtlichen Geldstrafen als gegenstandslos.
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5. Gestützt auf diese Erwägungen sind Beschwerde und Rekurs im Hauptan-
trag gutzuheissen. Bei diesem Ausgang sind die Kosten des Verfahrens der Be-
schwerdegegnerin/dem Rekursgegner aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151
Abs. 1 StG) und ist der Pflichtigen eine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 144
Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 - 3 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfah-
ren vom 20. Dezember 1968 sowie § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungs-
rechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,013 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
2daa7556-b900-4c07-b86a-2f0b81ba5cef | hat sich ergeben:
A. Die A (nachfolgend die Pflichtige) wird von B (99% Stammkapital) und des-
sen Ehefrau C (1% Stammkapital) beherrscht und betreibt im Hauptgeschäft den Han-
del mit Möbeln. Zur Umwandlung der hierbei vereinnahmten WIR-Gelder in Schweizer
Franken handelt sie nebenbei auch mit Fahrzeugen und Liegenschaften, indem sie
entsprechende Objekte mit WIR-Geld ankauft und gegen Schweizer Franken wieder
verkauft. Gemäss den Erkenntnissen einer steueramtlichen Bücherrevision betreffend
die Geschäftsjahre 2002 - 2005 erfahren die Liegenschaften unmittelbar nach der Auf-
nahme in die Buchhaltung zum verurkundeten Kaufpreis Wertberichtigungen von 20%.
Auf das Ergebnis der Bücherrevision abstellend nahm der Steuerkommissär
mit Entscheiden bzw. Hinweisen vom 31. März 2009 die folgenden Veranlagungen vor:
Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer (Fr.) (Fr.)
Steuerperiode 1.1 .- 31.12.2002
Steuerbarer Reingewinn 717'000.- 778'400.- Satzbestimmender Reingewinn 778'400.- Gewinnsteuersatz 10% 8.5%
Steuerbares Eigenkapital 1'064'000.- Satzbestimmendes Kapital bzw. Eigenkapital per 31.12.2002 1'566'000.- 1'566'000.- Kapitalsteuersatz 1.5 ‰
Steuerperiode 1.1. - 31.12.2003
Steuerbarer Reingewinn 411'200.- 425'900.- Satzbestimmender Reingewinn 425'900.- Gewinnsteuersatz 10% 8.5%
Steuerbares Eigenkapital 1'015'000.- Satzbestimmendes Kapital bzw. Eigenkapital per 31.12.2003 1'923'000.- 1'923'000.- Kapitalsteuersatz 1.5 ‰
Steuerperiode 1.1. - 31.12.2004
Steuerbarer Reingewinn 0.- 0.- Satzbestimmender Reingewinn 0.- Gewinnsteuersatz 4% 8.5%
Steuerbares Eigenkapital 871'000.- Satzbestimmendes Kapital
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bzw. Eigenkapital per 31.12.2004 1'569'000.- 1'569'000.- Kapitalsteuersatz 1.5 ‰
Steuerperiode 1.1. - 31.12.2005
Steuerbarer Reingewinn 0.- 0.- Satzbestimmender Reingewinn 0.- Gewinnsteuersatz 8% 8.5%
Steuerbares Eigenkapital 737'000.- Satzbestimmendes Kapital bzw. Eigenkapital per 31.12.2005 1'580'000.- 1'580'000.- Kapitalsteuersatz 0.75 ‰.
In Abweichung von den Selbstdeklarationen rechnete er dabei insbesondere
verschiedene "Wertberichtigungen WIR auf Liegenschaftenbeständen" sowie "Privat-
anteile Autospesen" auf.
Die formelle Eröffnung der Bundessteuerveranlagungen erfolgte mit Schluss-
rechnungen vom 14. April 2009.
B. Die hiergegen am 4. Mai 2009 erhobenen Einsprachen, mit welchen sich
die Pflichtige vorab gegen die Aufrechnung der Wertberichtigungen auf den mit WIR-
Geld erworbenen Liegenschaften wandte, wies das kantonale Steueramt mit Entschei-
den vom 8. Dezember 2009 ab. Es erwog, dass die Pflichtige in keiner Weise nachge-
wiesen habe, inwiefern die Liegenschaften in kürzester Zeit Wertminderungen von 20%
erfahren hätten, zumal jeweils zusätzlich noch Abschreibungen von 1-2% verbucht
worden seien. Auch fehle der Nachweis, dass der beim Liegenschaftenkauf beurkun-
dete Kaufpreis bewusst zu hoch angesetzt worden sei, weil die für die Kaufpreistilgung
akzeptierten WIR-Gelder als minderwertige, nicht dem nominellen Wert entsprechende
Zahlungsmittel betrachtet worden seien.
C. Mit Rekurs vom 11. Januar 2010 liess die Pflichtige beantragen, den satz-
bestimmenden Reingewinn auf Fr. 104'400.- (2002) bzw. Fr. 37'900.- (2003) und das
satzbestimmende Kapital auf Fr. 892'000.- (2002), Fr. 861'000.- (2003), Fr. 295'000.-
(2004) bzw. Fr. 306'000.- (2005) festzusetzen; darauf fussend seien gemäss nicht be-
anstandeter Steuerausscheidung alsdann die steuerbaren Faktoren festzulegen. Mit
Beschwerde vom gleichen Datum wurden die vorerwähnten gewinnseitigen Steuerfak-
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1 ST.2010.18 - 21 1 DB.2010.14 - 17
toren auch für die Festsetzung des steuerbaren Reingewinns im Bereich der direkten
Bundessteuer 2002 und 2003 gefordert. Inhaltlich wandte sich die Pflichtige aus-
schliesslich gegen die Aufrechnung der liegenschaftenbezogenen Wertberichtigungen.
In beiden Rechtsmitteln wurde zudem die Zusprechung einer Parteientschädigung ver-
langt.
Das kantonale Steueramt schloss mit Rekurs- bzw. Beschwerdeantwort vom
29. Januar 2010 auf Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwal-
tung liess sich nicht vernehmen. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. a) Der steuerbare Reingewinn berechnet sich nach Art. 58 Abs. 1 des Bun-
desgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 64
Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) aufgrund des Saldos der Erfolgs-
rechnung (Ziff. 1 bzw. lit. a), erhöht um die der Rechnung belasteten, geschäftsmässig
nicht begründeten Aufwendungen, wie u.a. geschäftsmässig nicht begründete Ab-
schreibungen und Rückstellungen (Ziff. 2 lit. b bzw. lit. b).
b) Die streitbetroffenen Wertberichtigungen auf mit WIR-Geld erworbenen
Liegenschaften setzen sich wie folgt zusammen (vgl. Aufstellung in lit. a Ziff. 1 der Er-
wägungen der angefochtenen Einsprachentscheide):
2002 2003
Kaufpreis Wertberichtigung Wertberichtigung Fr. Fr. Fr.
Käufe vor 2002
D weg 43 125'000.-
D weg 25 125'000.-
D Autoabstellplatz 6'000.-
E (Verkauf 2003) 154'000.- - 154'000.-
410'000.- - 154'000.-
Käufe 2002
- 5 -
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F 495'000.- 99'000.-
G 840'000.- 168'000.-
H 20'000.- 4'000.-
I 460'000.- 92'000.-
Total gem. ER 2002 363'000.-
Entsteuerung Verkauf F - 99'000.-
264'000.-
Käufe 2003
J 445'000.- 89'000.-
K 50'000.- 10'000.-
D weg 27 749'000.- 149'000.-
E weg 9 732'000.- 146'000.-
E weg 31 740'000.- 148'000.-
_
Total Aufrechnungen 674'000.- 388'000.-.
Zu prüfen ist, ob die Steuerbehörde diese "Wertberichtungen" zu Recht als
geschäftsmässig nicht begründet qualifiziert und entsprechend aufgerechnet hat.
2. a) Wer verpflichtet ist, seine Firma in das Handelsregister eintragen zu las-
sen, ist gehalten, diejenigen Bücher ordnungsgemäss zu führen, die nach Art und Um-
fang seines Geschäftes nötig sind, um die Vermögenslage des Geschäftes und die mit
dem Geschäftsbetrieb zusammenhängenden Schuld- und Forderungsverhältnisse so-
wie die Betriebsergebnisse der einzelnen Geschäftsjahre festzustellen (Art. 957 OR).
Die zu beachtenden Vorschriften ergeben sich insbesondere aus Art. 957 ff. OR sowie
allfälligen Sonderbestimmungen des Aktienrechts (vgl. Art. 662 ff. OR). Auf Schluss
des Geschäftsjahres ist ein Inventar, eine Betriebsrechnung und eine Bilanz zu erstel-
len (Art. 958 Abs. 1 OR; für die Aktiengesellschaft: siehe Art. 662 a OR). Die handels-
rechtlich erforderlichen Bücher bilden die Grundlage für die steuerliche Gewinnermitt-
lung. Die schweizerische Steuerpraxis knüpft dabei an die handelsrechtliche Bilanz an,
welche auch steuerrechtlich verbindlich ist (Prinzip der Massgeblichkeit der Handelsbi-
lanz für die Steuerbilanz), wenn bei deren Errichtung nicht gegen zwingende Bestim-
mungen des Handelsrechts verstossen wurde und sofern nicht spezielle steuerrechtli-
che Vorschriften der Gewinnermittlung zu beachten sind. Während die
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1 ST.2010.18 - 21 1 DB.2010.14 - 17
handelsrechtlichen Buchungs- und Bewertungsgrundsätze Höchstwerte festlegen und
die Betriebswirtschaftslehre nach den richtigen Werten sucht, zielt das Steuerrecht auf
die Erfassung des periodengerechten Gewinns und fixiert dementsprechend Bewer-
tungsuntergrenzen. Daraus ergibt sich, dass die zur Steuerveranlagung eingereichte
Handelsbilanz von der Steuerbehörde unter zwei Gesichtspunkten überprüft und gege-
benenfalls korrigiert werden muss: Sie ist zu berichtigen, wenn einzelne Wertansätze
die nach Handelsrecht zulässigen Höchstwerte (offenkundig) übersteigen, aber auch,
wenn die bilanzierten Werte die steuerrechtlich zulässige Wertgrenze unterschreiten
(BGr in StE 2002 B 72.13.1 Nr. 3 Erw. 2 b und d; VGr in ZStP 2002, 331 Erw. 3a sowie
die dort zitierten Urteile und Autoren).
b) Schon das allgemeine Buchführungsrecht hält fest, dass in der Bilanz alle
Aktiven höchstens nach dem Wert anzusetzen sind, der ihnen im Zeitpunkt, auf wel-
chen die Bilanz errichtet wird, für das Geschäft zukommt (Art. 960 Abs. 2 OR). Im Akti-
enrecht wird das allgemeine in Art. 662a Abs. 2 Ziff. 3 OR ausdrücklich erwähnte Vor-
sichtsprinzip durch das Imparitätsprinzip ergänzt und präzisiert. Danach dürfen
Gewinne nur dann ausgewiesen werden, wenn sie effektiv realisiert worden sind (Rea-
lisationsprinzip), während umgekehrt Verluste bilanzmässig zu berücksichtigen sind,
sobald sie befürchtet werden müssen, auch vor ihrer Realisierung.
Unter dem Gesichtspunkt des Kapitalschutzes ist diese einseitige Ausrichtung
unproblematisch, ja erwünscht, stellt sie doch sicher, dass im Zweifel keine Gewinne
ausgewiesen (und allenfalls ausgeschüttet) werden, die in Wirklichkeit gar nicht erzielt
worden sind. Demzufolge steht den Gläubigern niemals weniger, allenfalls aber mehr
als das ausgewiesene Haftungssubstrat zur Verfügung. Mit diesen Grundsätzen ver-
bunden ist das so genannte Anschaffungs- oder Kostenwertprinzip, das insbesondere
auch hinsichtlich der Bilanzierung von Anlagevermögen im Allgemeinen (Art. 665 OR)
sowie Beteiligungen (Art. 665a OR) und Wertschriften (Art. 667 OR) Geltung bean-
sprucht: Die Bewertung hat nach den historischen Kosten zu erfolgen. Während rein
buchmässige Verminderungen des Wertes (Abschreibungen und Wertberichtigungen)
erlaubt und notwendig sind, sind rein buchmässige Zuschreibungen mit ganz wenigen
Ausnahmen (insbesondere Art. 670 OR) verboten (BGr in StE 2002 B 72.13.1 Nr. 3
Erw. 2c mit zahlreichen Hinweisen). Der von der allgemeinen Regel von Art. 960
Abs. 2 OR (subjektiver Geschäftswert) abweichende Art. 665 OR schreibt ausdrücklich
vor, dass das Anlagevermögen höchstens zu den Anschaffungs- oder den Herstel-
lungskosten, unter Abzug der notwendigen Abschreibungen (vgl. dazu Art. 669 OR) zu
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1 ST.2010.18 - 21 1 DB.2010.14 - 17
bewerten ist. Diese Präzisierung ist mit dem Niederstwertprinzip in Verbindung zu brin-
gen, welches sich seinerseits aus dem Imparitätsprinzip ergibt. Das Niederstwertprinzip
besagt, dass der tiefere Betrag aus Anschaffungswert und aktuellem Wert anzusetzen
ist (Rolf Benz, Handelsrechtliche und steuerrechtliche Grundsätze ordnungsmässiger
Bilanzierung, 2000, S. 115). Das bedeutet, dass die Anschaffungs- oder Herstellungs-
kosten mittels Abschreibungen dann entsprechend herabzusetzen sind, wenn der
Marktwert unter diesen Kosten liegt (Markus R. Neuhaus, in: Honsell/Vogt/Watter,
Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht II, 1994, N 10 ff. zu
Art. 665).
c) Der Wert eines Aktivpostens in der Bilanz kann mittels Abschreibungen
oder Wertberichtigungen herabgesetzt werden. In beiden Fällen wird die Verbuchung
erfolgswirksam über die Gewinn- und Verlustrechnung vorgenommen, wodurch der
ausgewiesene Gewinn entsprechend herabgesetzt wird. Mit der Abschreibung wird der
massgebende Buchwert eines Vermögensobjekts herabgesetzt, um eingetretenen
Wertverminderungen Rechnung zu tragen. Es wird angenommen, die Entwertung sei
bis zum Bilanzstichtag tatsächlich eingetreten. Dementsprechend hat die Abschreibung
definitiven Charakter. Demgegenüber wird mit der Wertberichtigung vorübergehenden
Wertveränderungen auf Anlage- oder Umlaufvermögen Rechnung getragen. Insofern
wird in den Passiven ein Korrekturposten vorübergehender Natur gebildet, welcher
wieder aufgelöst werden kann bzw. muss, wenn er nicht mehr gerechtfertigt ist. Die
Terminologie ist allerdings uneinheitlich. So werden Wertberichtigungen oft auch als
Rückstellungen bezeichnet, nicht zuletzt durch den Gesetzgeber selber, wenn etwa die
mit Aktiven des Umlaufvermögens verbundenen Verlustrisiken erfasst werden
(vgl. Art. 29 Abs. 1 lit. b und 63 Abs. 1 lit. b DBG). Die echte Rückstellung bezieht sich
jedoch nicht auf ein Aktivum. Sie besteht vielmehr in der Bildung eines Passivpostens
(zu Lasten der Erfolgsrechnung), mit dem im Rechnungsjahr entstandenen Verbind-
lichkeiten oder unmittelbar drohenden Verlustrisiken, die in ihrem Bestand oder ihrer
Höhe nach noch nicht genau feststehen, Rechnung getragen wird. Wie die Wertberich-
tigung ist die Rückstellung im engeren Sinn provisorischer Natur (vgl. zum Ganzen:
Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 28 N 3
und 4 sowie Art. 29 N 2 und 22 DBG und Kommentar zum harmonisierten Zürcher
Steuergesetz, 2. A., 2006, § 64 N 75 und 87 StG; Blumenstein/Locher, System des
Steuerrechts, 6. A., 2002, S. 254 ff.; Peter Locher, Kommentar zum DBG, I. Teil, 2001,
N 2 f. zu Art. 28, N 12 und 25 zu Art. 29).
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1 ST.2010.18 - 21 1 DB.2010.14 - 17
d) Steuerrechtlich werden Abschreibungen als zulässig anerkannt, sofern sie
geschäftsmässig begründet und buchmässig oder, wenn eine kaufmännische Buchhal-
tung fehlt, in besonderen Abschreibungstabellen ausgewiesen sind. In der Regel wer-
den die Abschreibungen nach dem tatsächlichen Wert der einzelnen Vermögensteile
oder nach ihrer voraussichtlichen Gebrauchsdauer angemessen verteilt (vgl. Art. 28
Abs. 1 und 2 sowie 62 Abs. 1 und 2 DBG).
aa) Zu unterscheiden ist zwischen ordentlichen und ausserordentlichen Ab-
schreibungen. Erstere betreffen Vermögensgegenstände, die ihrer Beschaffenheit oder
Zweckbestimmung nach einer fortschreitenden Abnutzung oder Entwertung unterlie-
gen. Ausgangspunkt der ordentlichen Abschreibung ist der Anschaffungs- oder Her-
stellungskostenwert der Vermögensgegenstände, Endwert ist grundsätzlich der Rest-
wert des Materials. Die ordentlichen Abschreibungen werden durch Festsetzung
bestimmter Quoten regelmässig auf die Nutzungsdauer des Vermögensstücks verteilt.
Gegenstand der ausserordentlichen Abschreibungen ist in erster Linie das keiner Ab-
nutzung unterliegende, ausnahmsweise aber auch das übrige Geschäftsvermögen.
Wertverminderungen, die ausserordentliche Abschreibungen bedingen, sind ausser-
gewöhnliche, geschäftsplanwidrige Erscheinungen. Sie bestehen vor allem in einem
Sinken der Marktpreise, in nicht voraussehbaren Schadenereignissen, in einer uner-
wartet hohen Abnutzung von Betriebsanlagen, in Verlusten auf Beteiligungen, Darle-
hen und Guthaben, in einem ausserordentlichen Rückgang der Rentabilität von Be-
triebsanlagen oder des ganzen Betriebes. Die (in der Steuerpraxis mit einer gewissen
Zurückhaltung gehandhabte) ausserordentliche Abschreibung bemisst sich nach dem
Unterschiedsbetrag zwischen dem bisherigen steuerlich massgebenden Buchwert und
dem niedrigeren wirklichen Wert der Vermögensgegenstände. Weitergehende Ab-
schreibungen dürfen auf dem nicht der Abnutzung unterliegenden Geschäftsvermögen
nicht anerkannt werden. Geschäftsmässig nicht begründet und daher steuerlich nicht
zulässig sind beispielsweise ausserordentliche Abschreibungen für Wertverminderun-
gen, die infolge verdeckter Gewinnentnahmen eingetreten sind. Im Übrigen ist eine
ausserordentliche Abschreibung grundsätzlich jederzeit und damit auch noch nachträg-
lich möglich, wenn sich ergibt, dass der tatsächliche Wert eines Gutes unter dem
Buchwert liegt (Blumenstein/Locher, S. 254 ff. mit zahlreichen Hinweisen).
bb) Bezüglich der Abschreibungen auf Liegenschaften stellt sich die Situation
verschieden dar, je nachdem ob diese überbaut sind oder nicht. Unüberbauter Grund
und Boden unterliegt normalerweise keiner Wertverminderung durch Abnutzung, so
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1 ST.2010.18 - 21 1 DB.2010.14 - 17
dass kein Raum für ordentliche Abschreibungen besteht. Hingegen können ausseror-
dentliche Wertverminderungen eintreten. Sinkt der Verkehrswert eines Grundstücks
unter den Buchwert (z. B. wegen einer Aus- oder Abzonung, eines Naturereignisses
oder eines unerwarteten Konjunkturrückgangs), so darf und soll diesem Umstand
durch eine ausserordentliche Abschreibung Rechnung getragen werden. Das kann
auch der Fall sein, wenn der Steuerpflichtige das Grundstück erst vor kurzem erworben
hat. Gebäude unterliegen demgegenüber einer altersbedingten Wertverminderung, die
grundsätzlich über ordentliche Abschreibungen in der Erfolgsrechnung berücksichtigt
werden darf, und zwar unabhängig davon, ob die Liegenschaft zum Anlage- oder zum
Umlaufvermögen gehört. Nach der Steuerpraxis werden bei überbauten Grundstücken
das Land und das Gebäude separat behandelt. Daraus folgt insbesondere, dass eine
allfällige Wertsteigerung des Bodens, auf dem die Baute steht, nicht mit der Wertab-
nahme bzw. Entwertung des Gebäudes verrechnet werden darf (BGr in StE 2000
B 23.43.2 Nr. 8; VGr AG in StE 1992 B 23.43.2 Nr. 6).
e) Wertberichtigungen können sowohl das Umlaufvermögen als auch das An-
lagevermögen betreffen (vgl. Art. 29 Abs. 1 lit. b und 63 Abs. 1 lit. b DBG) und müssen
(wie die Abschreibungen) ebenfalls geschäftsmässig begründet sein. Diese Vorausset-
zung ist erfüllt, wenn der Vermögensgegenstand am Bilanzstichtag eine tatsächliche,
aber voraussichtlich bloss temporäre Wertverminderung erlitten hat. In Frage kommt
jedoch auch eine Rückstellung i. e. S. für eine unmittelbar drohende Verlustgefahr.
Fällt die geschäftsmässige Begründetheit einer Wertberichtigung oder Rückstellung
dahin, ist diese über die Erfolgsrechnung wiederum aufzulösen. Ein blosser, allgemei-
ner Hinweis auf den Preiszerfall, der auf dem Liegenschaftsmarkt eingetreten ist, ver-
mag eine Wertberichtigung noch nicht zu rechtfertigen. Wertberichtigungen, die ledig-
lich der allgemeinen Sicherung des Geschäftsvermögens dienen, sind wirtschaftlich
und steuerrechtlich Reservestellungen und mithin nicht geschäftsmässig begründet
(Blumenstein/Locher, S. 257; Locher, N 25 und 31 ff. zu Art. 29 DBG).
f) Nach Art. 123 ff. DBG bzw. § 132 ff. StG haben die Steuerbehörden zu-
sammen mit dem Steuerpflichtigen die für eine vollständige und gerechte Besteuerung
massgebenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse festzustellen. Dabei haben
sie in sinngemässer Anwendung von Art. 8 ZGB die steuerbegründenden Tatsachen
nachzuweisen, der Steuerpflichtige dagegen jene Tatsachen, welche die Steuerschuld
mindern oder aufheben (statt vieler: RB 1994 Nr. 33).
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1 ST.2010.18 - 21 1 DB.2010.14 - 17
Tatsachen, die Abschreibungen und Rückstellungen bzw. Wertberichtigungen
als geschäftsmässig begründet erscheinen lassen, sind steuermindernd und deshalb
von der steuerpflichtigen Person nachzuweisen. Zu diesen Tatsachen gehören insbe-
sondere die Umstände, welche zur (vorübergehenden) Entwertung des betroffenen
Aktivums beigetragen haben. Um die Beurteilung der geschäftsmässigen Begründet-
heit von geltend gemachten Wertberichtigungen zu ermöglichen, sind die Steuerpflich-
tigen kraft der sie treffenden gesetzlichen Obliegenheit gehalten, an der Abklärung der
solchen Aufwendungen zugrunde liegenden Tatsachen mitzuwirken, wobei sie für de-
ren Verwirklichung beweisbelastet sind. Insbesondere haben sie spätestens vor Re-
kurskommission binnen der Rekurs-/Beschwerdefrist eine substanziierte Sachdarstel-
lung vorzutragen und die Beweismittel für deren Richtigkeit beizubringen oder
zumindest unter genauer Bezeichnung anzubieten. Substanziiert ist eine Sachdarstel-
lung dann, wenn aus ihr im Einzelnen Art, Motiv und Rechtsgrund der geltend gemach-
ten Entwertung in der Weise hervorgehen, dass bereits gestützt darauf – aber unter
Vorbehalt der Beweiserhebung – die rechtliche Beurteilung der geschäftsmässigen
Begründetheit möglich ist. Fehlt es an einer in diesem Sinn genügenden Substanziie-
rung, hat die Rekurskommission von sich aus keine Untersuchung zu führen, um sich
die erforderlichen Grundlagen zu beschaffen. Diesfalls hat eine Beweisabnahme zu
unterbleiben mit der Wirkung, dass der Nachweis der geschäftsmässigen Begründet-
heit von Wertberechtigungen zu Ungunsten der hierfür beweisbelasteten Steuerpflich-
tigen als misslungen zu betrachten ist. Nur ausnahmsweise können sich diese, wenn
ihnen die Substanziierung und/oder Beweisleistung aus Gründen, die sie nicht zu ver-
treten haben, unmöglich oder unzumutbar sind, auf Schätzungen berufen, sofern ihre
Sachdarstellung wenigstens hinreichende Schätzungsgrundlagen enthält (zum Gan-
zen: RB 2002 Nr. 110, mit Hinweisen).
3. a) Die Pflichtige verbuchte bei den streitbetroffenen Liegenschaften einer-
seits jahresbezogene Abschreibungen in Höhe der bei überbauten Liegenschaften üb-
lichen Sätze von 1 - 2% (vgl. Revisionsbericht Ziff. 8; Infomappe). Diese mit der alters-
bedingten Wertverminderung zusammenhängenden Abschreibungen sind unbestritten.
Darüber hinaus erfuhren die Liegenschaften "Wertberichtigungen" im Umfang
von 20% des eingebuchten Anschaffungswerts (Kaufpreis). Erklärt wird die geschäfts-
mässige Begründetheit dieser Wertberichtigung letztlich allein mit der Minderwertigkeit
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1 ST.2010.18 - 21 1 DB.2010.14 - 17
des aus dem Möbelverkauf stammenden WIR-Gelds, welches für den Immobilienan-
kauf eingesetzt worden ist.
b) WIR-Geld ist nicht Geld im Rechtssinn, sondern stellt eine Forderung beson-
derer Art dar. Es ist nämlich ein Zahlungsmittel, zu dessen Annahme nur die Mitglieder
des WIR-Wirtschaftsrings für einen Teil ihrer Forderungen verpflichtet sind. Die dem
WIR-Geld anhaftenden Nachteile haben zur Folge, dass sein Verkehrswert regelmäs-
sig unter dem Nominalwert liegt. Zwar besitzt WIR-Geld nach den WIR-Geschäfts-
bedingungen die volle Kaufkraft. Tatsächlich sind jedoch WIR-Guthaben nur be-
schränkt verwendbar und zudem zinslos, bei Bezahlung mit WIR-Checks müssen
sodann oft schlechtere Vertragsbedingungen (keine Rabatte, Skonti etc.) hingenom-
men werden. Bei WIR-Geld wird deshalb in der Praxis häufig ein Einschlag von
20-30% gewährt, wobei offiziellen WIR-Teilnehmern ein grösserer Einschlag zugebilligt
wird als so genannte stillen Teilnehmern, welche nicht offiziell WIR-Teilnehmer sind
(vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 16 N 61 f. DBG, § 16 N 75 f. StG; Locher,
Art. 16 N 37).
Der wirkliche Einschlag bei WIR-Geld ist in jedem Einzelfall unter Würdigung
der Umstände festzulegen, wobei – wie bereits erwähnt – der für steuermindernde Tat-
sachen substanziierungs- und beweispflichtige Steuerpflichtige die entsprechenden
Umstände darzulegen hat. Ein Einschlag von weniger als 20% spricht freilich zumin-
dest bei offiziellen WIR-Teilnehmern eher gegen die Erfahrung. Veräussert aber z.B.
eine Gesellschaft WIR-Geld mit einem Einschlag an einen an ihr Beteiligten, der das
WIR-Geld unmittelbar darauf zum Nominalwert einsetzen kann, liegt darin gemäss
Entscheid des Bundesgerichts vom 23. Juli 2003 (2A.602/2002) eine verdeckte Ge-
winnausschüttung, wenn die Gesellschaft die Begründetheit der Differenz nicht bele-
gen kann (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 16 N 63 DBG, § 16 N 77 StG, jeweils
mit weiteren Hinweisen). In diesem Entscheid ging es um private WIR-Geldentnahmen
eines Anteilsinhabers einer GmbH mit einem Einschlag von 30%, wobei der Letztere
danach das bezogene WIR-Geld mit dem vollen Nennwert für den Kauf von Immobilien
verwendet hatte.
Die Zürcher Steuerbehörden akzeptieren angesichts der dargelegten Beson-
derheit von WIR-Geld in der Regel Wertberichtigungen auf WIR-Guthaben im Umfang
von 20% des Bestands. Wie die Vorinstanz zu Recht festgestellt hat, ist jedoch von der
Frage der Anerkennung einer geschäftsmässig begründeten (vorläufigen) Wertberich-
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1 ST.2010.18 - 21 1 DB.2010.14 - 17
tigung auf WIR-Geldern das Problem der tatsächlichen Realisierung einer (definitiven)
Werteinbusse bei der Weitergabe bzw. Veräusserung von WIR-Geldern zu unterschei-
den (vgl. dazu ausführlich StRK II, 13. November 2001 = StE 2002 B 72.14.1 Nr. 21).
In letzterem Zusammenhang ergibt sich nach dem Gesagten der Umfang der tatsächli-
chen Minderwertigkeit von WIR-Geld gegenüber CHF aus den Umständen des konkre-
ten Geschäfts.
4. a) Im vorliegenden Fall steht nicht die steuerliche Anerkennung einer (vor-
läufigen) Wertberichtigung auf WIR-Geldbeständen zur Diskussion, sondern geht es
um die anhand der konkreten Umstände zu beantwortende Frage, ob es steuerlich
hinzunehmen ist, dass die Pflichtige mit WIR-Geld angekaufte Liegenschaften im Um-
fang von 20% des zunächst aktivierten CHF-Kaufpreises im Wert berichtigt hat.
b) Auszugehen ist zunächst davon, dass die Kaufpreise der fraglichen Liegen-
schaften jeweils in CHF beurkundet worden sind; bezahlen konnte die Pflichtige jedoch
vollumfänglich mit WIR-Geld. Dies ist unbestritten und auch bereits aus dem das Steu-
erjahr 2001 betreffenden Rechtsstreit bekannt (vgl. VGr, 20. Dezember 2006,
SB.2006.00066). Von der Richtigkeit der in CHF verurkundeten Kaufpreise ist im Hin-
blick auf die für öffentliche Urkunden geltenden bundesrechtlichen Beweisvorschriften
(vgl. Art. 9 Abs. 1 ZGB) ohne weiteres auszugehen. Bei den verurkundeten Kaufprei-
sen handelt es sich damit um die Anschaffungswerte, mit welchen die erworbenen Lie-
genschaften dementsprechend in die Bilanz aufzunehmen waren.
Nach dem bereits Gesagten ist es nicht unmöglich, dass eine gerade erst er-
worbene Liegenschaft eine rasche Werteinbusse erfährt, beispielsweise im Zusam-
menhang mit einer Abzonung oder einer Unterschutzstellung. In einem solchen Fall ist
die Vornahme einer ausserordentlichen Abschreibung handelsrechtlich geboten und
auch steuerlich hinzunehmen. Die Wertkorrektur hat dabei definitiven Charakter und ist
folglich nicht im Rahmen einer provisorischen Wertberichtigung bzw. Rückstellung vor-
zunehmen.
Wenn die Pflichtige rekurs- bzw. beschwerdeweise dafür hält, nach dem han-
delsrechtlichen Vorsichts- und Niederstwertprinzip sei bei den zum verurkundeten
Kaufpreis aktivierten Liegenschaften am auf den Kauf folgenden Bilanzstichtag jeweils
eine Wertberichtigung von 20% zu verbuchen, so obliegt es ihr, die diesbezügliche
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geschäftsmässige Begründetheit darzutun und nachzuweisen. Mit der blossen Tatsa-
che, dass der Kaufpreis vollumfänglich mit WIR-Geld beglichen worden ist, lässt
sich ein solcher Korrekturbedarf indes nicht begründen. Wohl liegt nach dem bereits
Gesagten der Verkehrswert von WIR-Geld ungeachtet der in den Geschäftsbedingun-
gen der WIR-Bank vorgegebenen Gleichstellung von WIR- und Bargeldkunden (vgl.
R-act. 3/2c) allgemein unter dem Nominalwert, doch kann im Einzelfall WIR-Geld gera-
de bei Geschäftsbeziehungen unter WIR-Teilnehmern eben auch ohne Werteinbussen
verwendet werden. Vor diesem Hintergrund hat die Pflichtige die tatsächlichen Wert-
einbussen im Zusammenhang mit den erworbenen Liegenschaften in jedem Einzelfall
detailliert darzulegen und nachzuweisen. Dies hat sie nicht getan:
c) Rekurs- bzw. beschwerdeweise wird darauf hingewiesen, mit 100%igem
WIR-Anteil könnten nur schlecht marktgängige Liegenschaften und Restwohnungen
von Überbauungen erworben werden. Dies habe zur Folge, dass die Pflichtige Objekte,
welche auf dem freien Markt mit Rabatt verkauft würden, zum vollen Listenpreis erwer-
ben müsse. In diesem Sinn werde jeweils ein Kaufpreis verurkundet, welcher über dem
effektiven Verkehrswert bei einer Bezahlung mit CHF liege.
Beweise oder Beweisangebote für diese letztere pauschale Behauptung blieb
die Pflichtige schuldig. Dabei ist davon auszugehen, dass entsprechende Unterlagen
rund um die getätigten Liegenschaftenankäufe (Verträge ausserhalb der öffentlich be-
urkundeten Kaufverträge, Verkaufsdokumentationen, Verkehrswertschätzungen der
Verkäuferschaft, Korrespondenzen zu den Preisverhandlungen etc.) existieren und
diesbezüglich Aufschluss hätten geben können. Damit fehlen aber konkrete Indizien für
die Annahme, dass bei der Kaufpreisbestimmung die WIR-Anteile in allen Fällen als
minderwertige, nicht dem nominellen Wert entsprechende Zahlungsmittel betrachtet
worden sind. Dass solches aus den öffentlich beurkundeten Kaufverträgen hervorgehe,
behauptet die Pflichtige zu Recht nicht, denn in diesen wurde nicht die Zahlung mit
WIR-Checks von einem bestimmten Nennwert vereinbart, sondern die Zahlung eines
bestimmten CHF-Geldwerts "in WIR" mit unbestimmtem Nennwert. Auch in den Hand-
änderungsanzeigen und in den Grundstückgewinnsteuerveranlagungen wird dement-
sprechend auf den in CHF verurkundeten Kaufpreis abgestellt (so z.B. von
Fr. 495'000.- bei der per 2002 gekauften und wieder veräusserten Liegenschaft in F;
vgl. die diesbezüglichen Unterlagen, Infomappe). War mithin die Hingabe von
WIR-Checks im bestimmten effektiven Geldwert verabredet, so taugt die blosse Beru-
fung auf den Umstand, dass auf WIR-Checks gewöhnlich Einschläge gewährt würden,
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von vornherein nicht zum Beweis der behaupteten Unrichtigkeit des verurkundeten
Kaufpreises (so auch BGr, 18. Januar 2000, 2P.138/1998, www.bger.ch = StE 2002
B 44.11 Nr. 11).
Wenn im Übrigen der Kaufpreis (im Hinblick auf die Begleichung mit 100%
WIR-Geld) tatsächlich zu hoch und damit falsch verurkundet worden wäre, so wäre
auch nur ein entsprechend tieferer Anschaffungspreis (gewissermassen der CHF-
Gegenwert des eingesetzten WIR-Gelds) zu aktivieren gewesen; damit verbliebe von
vornherein kein Raum für Wertberichtigungen bzw. Abschreibungen von 20% (VGr,
25. Juni 2008, SB.2007.118).
d) Die Pflichtige macht weiter geltend, dass in der Geschäftspraxis Rückstel-
lungen anhand von Warnzeichen und Indizien vorgenommen würden. Für sie seien
folgende Faktoren relevant gewesen: Der allgemein anerkannte Minderwert von WIR-
Geld, der allgemeine Wertanstieg bei Liegenschaften in den letzten Jahren sowie die
ungenügenden Renditen und Ertragswerte der gekauften Liegenschaften.
aa) Dass der Minderwert von WIR-Geld im freien Geschäftsverkehr kein
Grund für (20%ige) pauschale Abschreibungen bzw. Wertberichtigungen auf mit WIR-
Geld angeschafften Aktiven im Einzelfall sein kann, wurde vorstehend bereits ausge-
führt.
bb) Was den allgemeinen Wertanstieg bei Immobilien anbelangt, weist die
Pflichtige darauf hin, dass Liegenschaften in den vergangenen Jahren, zumindest ab
2001, regelmässige Wertsteigerungen erfahren hätten. Auch der Zürcher Regierungs-
rat habe dementsprechend mit Weisung vom 12. August 2009 (gemeint ist diejenige an
die Steuerbehörden über die Bewertung von Liegenschaften und die Festsetzung der
Eigenmietwerte ab Steuerperiode 2009; ZStB I Nr. 15/502) eine Liegenschaftenhöher-
bewertung um durchschnittlich 16% vorgenommen. Die Pflichtige habe die mit WIR-
Geld angekauften Liegenschaften demgegenüber oft zum Erwerbspreis oder mit Ver-
lusten weiterverkauft; nur selten sei ein Gewinn realisiert worden. Daraus könne der
Umkehrschluss gezogen werden, dass am ersten Bilanzstichtag eine Bewertungskor-
rektur angezeigt gewesen sei; dies weil der Wert, der in WIR-Geld angegeben worden
sei, eben nicht dem effektiven Gebäudewert in CHF entsprochen habe.
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Allgemeine Wertsteigerungen im Immobilienbereich treffen regelmässig nicht
sämtliche Objekte in gleicher Weise; an attraktiven Lagen können sie überproportional
hoch sein, während an schlechteren Lagen die Preise nur moderat ansteigen oder sta-
bil bleiben. Bei Liegenschaften an begehrten Lagen führt der allgemeine Preisanstieg
zu stillen Reserven und damit zu potentiellem Gewinn im Fall einer Veräusserung.
Daraus folgt selbstredend nicht, dass bei Liegenschaften, welche am allgemeinen
Preisanstieg z.B. aufgrund einer schlechten Lage nicht teilhaben, Abschreibungen im
Umfang des durchschnittlichen Preisanstiegs im Immobilienbereich vorzunehmen wä-
ren. Solche Liegenschaften verlieren nicht an Wert; sie erfahren lediglich keine Wert-
steigerung. Mit dem allgemeinen Anstieg der Immobilienpreise lässt sich folglich nicht
begründen, dass bei den in Frage stehenden Liegenschaften (bei welchen der Wert im
Kaufvertrag gerade nicht in WIR-Geld angegeben worden ist) ein 20%iger Abschrei-
bungsbedarf bestanden hat.
cc) Der Hinweis auf ungenügende Renditen und Ertragswerte ist ebenfalls
unbehelflich. Die Pflichtige hat die fraglichen Liegenschaften nicht für die Anlage von
Geschäftsvermögen bzw. für die Renditeerzielung erworben, sondern – mit dem Ziel,
WIR-Geld in CHF umzuwandeln – für den (schnellen) Handel. Dementsprechend wur-
den vorab Eigentumswohnungen oder Eigenheime und nicht etwa vermietbare Mehr-
familienhäuser oder Geschäftsliegenschaften erworben. Die aktuellen Renditen, wel-
che im Rahmen der Vermietung der angekauften Objekte erzielt worden sind, erlauben
daher von vornherein keine verlässlichen Rückschlüsse auf den Verkehrswert.
dd) Im Einspracheverfahren hat die Pflichtige die Einholung von unabhängi-
gen Verkehrswertschätzungen über die betroffenen Liegenschaften beantragt. Rekurs-
und beschwerdeweise hat sie diesen Antrag nicht mehr erneuert. Für die Einholung
entsprechender Expertisen bestünde denn auch kein Grund:
Die Pflichtige hat eine Übersicht über den von ihr in den vergangenen Jahren
getätigten Liegenschaftenhandel vorgelegt. Auf dieser ist beispielsweise ersichtlich,
dass die eine Liegenschaft in F im Jahr 2002 für Fr. 495'000.- gekauft (Bezahlung mit
100% WIR-Geld) und noch im gleichen Jahr für Fr. 495'000.- (CHF) wieder veräussert
worden ist. Mit Bezug auf diese Liegenschaft ist aufgrund der beiden Handänderungen
der Verkehrswert von Fr. 495'000.- pro 2002 mithin gesichert, womit kein Grund für
eine diesbezügliche 20%ige Wertkorrektur zwischen Ankauf und Verkauf bestanden
hat. Bei den beiden anderen Liegenschaften, welche gemäss Übersicht jeweils noch im
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Ankaufsjahr gleich wieder abgestossen worden sind, resultierten ebenfalls keine Ver-
luste, sondern in einem Fall sogar ein Gewinn (Liegenschaft in H per 2004 für
Fr. 485'000.- [in WIR] erworben und für Fr. 500'000.- wieder verkauft; Liegenschaft in L
per 2006 für Fr. 560'000.- [in WIR] gekauft und für Fr. 560'000.- wieder veräussert). Ein
Verlust in der Grössenordnung von 20% gab es lediglich bei einer per 2001 in M für
Fr. 560'000.- gekauften Liegenschaft, welche per 2002 für Fr. 449'000.- veräussert
worden ist, was freilich auch Gründe ausserhalb der WIR-Geld-Argumentation der
Pflichtigen haben kann. Bei allen anderen Objekten entsprechen die Verkaufspreise
den Ankaufspreisen oder resultieren (über wenige Jahre) Verluste zwischen 1 und (in
einem Fall) maximal 6%. Bei diesen Handelszahlen ist ohne weiteres davon auszuge-
hen, dass die in CHF verurkundeten Ankaufspreise verlässliche Verkehrswerte reprä-
sentieren und damit kein Grund besteht, mit Bezug auf die streitbetroffenen wertberich-
tigten Liegenschaften Verkehrswertgutachten einzuholen; ebenso zeigt sich, dass von
einem pauschalen 20%-Abschreibungsbedarf wegen WIR-Geld-bedingten zu hohen
Ankaufpreisen keine Rede sein kann. Objektbezogene konkrete Gründe, welche nahe-
legten, dass bei einzelnen der hier betroffenen Liegenschaften entgegen den vorgeleg-
ten Zahlen ein zu hoher Ankaufspreis bezahlt worden ist, hat die Pflichtige nicht vorge-
bracht.
e) Als Zwischenergebnis ist damit festzuhalten, dass den in den hier betroffe-
nen Steuerjahren 2002 bis 2005 verbuchten "Wertberichtigungen WIR auf Liegen-
schaftenbeständen" die steuerliche Anerkennung zu versagen ist, was entsprechende
ertrags- und kapitalseitige Aufrechnungen zur Folge hat.
5. a) Die Steuerbehörde hat im Geschäftsjahr 2002 die früher gebildeten
Wertberichtigungen und 2003 die verbuchte Auflösung einer solchen aus den Vorjah-
ren korrigiert. Sie hält dies für zulässig, weil die in Frage stehenden Wertberichtigun-
gen eindeutig den vorübergehenden Rückstellungen und nicht den endgültigen Ab-
schreibungen zuzuweisen seien.
Die Pflichtige weist rekurs- und beschwerdeweise darauf hin, dass die vor
2002 verbuchten Wertberichtigungen im Rahmen der das Steuerjahr 2001 betreffen-
den steueramtlichen Revision detailliert geprüft und nicht beanstandet worden seien.
Letzteres wird von der Vorinstanz in der Rekurs- und Beschwerdeantwort nicht in Ab-
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rede gestellt; diese hält aber dafür, an die stillschweigende Akzeptanz der Wertberich-
tigungen per Ende 2001 nicht gebunden zu sein.
b) Wie bereits erwähnt, sind Abschreibungen definitiv, während Rückstellun-
gen nur provisorischen Charakter haben. Nur die Letzteren können deshalb bei späte-
ren Veranlagungen von der Steuerbehörde erneut auf die geschäftsmässige Begrün-
detheit hin überprüft werden (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 30 N 22 DBG
und § 64 N 87 StG ).
Bei den hier in Frage stehenden 20%-Wertberichtigungen handelt es sich
nicht um Rückstellungen mit provisorischem Charakter, sondern um ausserordentliche
Abschreibungen. Die WIR-Geld-bezogene Argumentation der Pflichtigen läuft nämlich
darauf hinaus, dass der effektive Verkehrswert der in Frage stehenden Liegenschaften
jeweils 20% unter dem aktivierten Ankaufspreis liegt; wäre dem so (was nach dem Ge-
sagten nicht zutrifft bzw. nicht nachgewiesen ist), so müsste die handelsrechtliche
Konsequenz die Vornahme einer entsprechenden definitiven Abschreibung sein. Hat
die Steuerbehörde trotz Bücherrevision solche Abschreibungen pro 2001 zugelassen,
können diese folglich in den vorliegend betroffenen Steuerperioden nicht mehr korri-
giert werden; eine indirekte Korrektur (in Form der Besteuerung von wiedereingebrach-
ten Abschreibungen) erfolgt indes beim Verkauf dieser Liegenschaften.
c) Unter Verzicht auf die Korrekturen der vor 2002 vorgenommenen Abschrei-
bungen (vgl. Übersicht in Ziff. 1 b) ergibt sich pro 2003 ein Aufrechnungsbedarf von
Fr. 264'000.- (Fr. 674'000.- ./. Abschreibungen auf Käufen vor 2002 von Fr. 410'000.-)
und pro 2003 ein solcher von Fr. 542'000.- (Fr. 388'000.- + wiedereingebrachte Ab-
schreibungen von Fr. 154'000.-).
Damit ergeben sich unter Berücksichtigung der unbestrittenen interkantonalen
Steuerausscheidung (vgl. Neuberechnung die folgenden Einschätzungen:
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Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
Fr. Fr.
Steuerperiode 1.1. - 31.12.2002
Steuerbarer Reingewinn 309'600.- 368'400.- Steuerbarer Reingewinn 368'400.- Gewinnsteuersatz 10% 8.5%
Steuerbares Eigenkapital 756'000.- Satzbestimmendes Kapital bzw. Eigenkapital per 31.12.2002 1'156'000.- 1'156'000.- Kapitalsteuersatz 1.5 ‰
Steuerperiode 1.1. - 31.12.2003
Steuerbarer Reingewinn 567'200.- 579'900.- Satzbestimmender Reingewinn 579'900.- Gewinnsteuersatz 10% 8.5%
Steuerbares Eigenkapital 853'000.- Satzbestimmendes Kapital bzw. Eigenkapital per 31.12.2003 1'667'000.- 1'667'000.- Kapitalsteuersatz 1.5 ‰
Steuerperiode 1.1. - 31.12.2004
Steuerbarer Reingewinn 0.- 0.- Satzbestimmender Reingewinn 0.- Gewinnsteuersatz 4% 8.5%
Steuerbares Eigenkapital 712'000.- Satzbestimmendes Kapital bzw. Eigenkapital per 31.12.2004 1'313'000.- 1'313'000.- Kapitalsteuersatz 1.5 ‰
Steuerperiode 1.1. - 31.12.2005
Steuerbarer Reingewinn 0.- 0.- Satzbestimmender Reingewinn 0.- Gewinnsteuersatz 4% 8.5%
Steuerbares Eigenkapital 601'000.- Satzbestimmendes Kapital bzw. Eigenkapital per 31.12.2005 1'324'000.- 1'324'000.- Kapitalsteuersatz 0.75 ‰.
6. a) Nach alledem sind sowohl der Rekurs als auch die Beschwerde teilweise
gutzuheissen.
b) Bei diesem Ausgang sind die Kosten des Verfahrens den Parteien anteils-
mässig aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG; § 151 Abs. 1 StG). Da die Pflichtige über-
wiegend unterliegt, kommt die Zusprechung der beantragten Parteientschädigungen
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nicht in Betracht (bzw. Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes
über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 bzw. § 152 StG i. V. m. § 17
Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997 ). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
2fd796d2-165d-414d-ae46-349acc7e33c2 | hat sich ergeben:
A. Die in B domizilierte A (nachfolgend die Pflichtige) erbringt Dienstleistungen
im Reinigungsbereich und besitzt im In- und Ausland verschiedene Zweigniederlas-
sungen. Sie ist Mitglied der in Europa tätigen C, einem in Holland domizilierten Famili-
enunternehmen. In den Steuererklärungen 2005 und 2006 deklarierte sie Reingewinne
der Geschäftsjahre 2005 und 2006 gemäss Abschluss von Fr. 3'007'985.- bzw.
Fr. 4'455'976.-. Darin enthalten ist aufwandseitig ein Verlust ihrer Zweigniederlassung
in D/Italien von Fr. 897'566.- bzw. Fr. 318'085.-. Den steuerbaren Reingewinn für die
Steuerperiode 1.1. - 31.12.2005 gab sie mit Fr. 1'365'800.- (Staats- und Gemeinde-
steuern) bzw. Fr. 2'970'300.- (direkte Bundessteuer) und für die Steuerperiode 1.1. -
31.12.2006 mit Fr. 2'043'700.- bzw. Fr. 4'401'100.- an.
Am 16./18. Dezember 2008 wurden die Geschäftsjahre 2005 und 2006 der
Pflichtigen einer steueramtlichen Buchprüfung unterzogen. Im Anschluss daran ver-
langte der Revisor mit Auflage vom 4. Mai 2009 Unterlagen zu einer Gesellschaft in
Italien sowie zu deren Leistungen an die Zweigniederlassung der Pflichtigen in
D/Italien. Letztere antwortete, sie werde diese Unterlagen nicht einreichen, da die ita-
lienische Gesellschaft für die eigene Veranlagung nicht von Bedeutung sei. Auf die
nachfolgende Mahnung vom 28. Mai 2009 ersuchte die Pflichtige um Erstreckung der
Einreichungsfrist bis 15. Juli 2009 mit dem Hinweis, dass bis dann die verlangten Un-
terlagen verfügbar seien. Der Revisor wies dieses Gesuch ab. Am 29. Juni 2009
schätzte der Steuerkommissär die Pflichtige wie folgt ein:
Steuerperiode 1.1. - 31.12.2005 Staats-/Gmd.st. Bundesst.
Fr. Fr.
Steuerbarer Reingewinn 1'786'500.- 3'885'200.-
Satzbestimmender Reingewinn 3'934'400.-
Gewinnsteuersatz 8%
Steuerbares Eigenkapital 4'221'000.-
Kapitalsteuersatz 0,75‰
- 3 -
1 ST.2010.259 + 260 1 DB.2010.191 + 192
Steuerperiode 1.1. - 31.12.2006
Steuerbarer Reingewinn 2'227'500.- 4'796'900.-
Satzbestimmender Reingewinn 4'856'700.-
Gewinnsteuersatz 8%
Steuerbares Eigenkapital 4'565'000.-
Kapitalsteuersatz 0,75‰.
Dabei liess er den Verlust der Zweigniederlassung in Italien nicht zum Abzug
zu, weil dieser von der Pflichtigen nicht nachgewiesen worden sei und daher nicht an-
erkannt werden könne.
Die Veranlagung der direkten Bundessteuer wurde mit Steuerrechnung vom
10. Juli 2009 formell eröffnet.
B. Hiergegen liess die Pflichtige am 24. Juli 2009 Einsprache erheben und
beantragen, den Verlust der Zweigniederlassung zum Abzug zuzulassen.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen am 29. Juli 2010 ab. Es er-
wog, bei der Gegenstand des Auflage- und Mahnverfahrens bildenden italienischen
Gesellschaft namens E handle es sich um eine Tochtergesellschaft der Pflichtigen,
welche gegenüber der Zweigniederlassung der Pflichtigen in Italien Reinigungsleistun-
gen erbracht habe. Mithin sei für die steuerliche Anerkennung des Verlusts dieser
Zweigniederlassung entscheidend, ob die E ihre Leistungen zu Preisen erbracht habe,
die dem Drittvergleich standhielten. Dies könne mangels Erfüllung der entsprechenden
Auflage nicht beurteilt werden, sodass der fragliche Verlust wegen fehlendem Nach-
weis nicht anerkannt werden könne. Die Zulassung des Betriebsstätteverlusts in frühe-
ren Steuerperioden ändere daran nichts.
C. Mit Rekurs bzw. Beschwerde vom 26. August 2010 liess die Pflichtige die
Einspracheanträge erneuern und die Zusprechung einer Parteientschädigung verlan-
gen.
- 4 -
1 ST.2010.259 + 260 1 DB.2010.191 + 192
Das kantonale Steueramt schloss am 22. September 2010 auf Abweisung der
Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen.
Auf die Ausführungen der Parteien in diesen Rechtsschriften ist – soweit er-
forderlich – in den nachfolgenden Erwägungen einzugehen. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. a) Die Steuerpflicht juristischer Personen mit Sitz in der Schweiz bzw. im
Kanton ist unbeschränkt; sie erstreckt sich jedoch nicht auf Geschäftsbetriebe, Be-
triebsstätten und Grundstücke im Ausland bzw. ausserhalb des Kantons (Art. 52 Abs. 1
i.V.m. Art. 50 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezem-
ber 1990 [DBG]; § 57 Abs. 1 i.V.m. § 55 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 [StG]).
Die Abgrenzung der Steuerpflicht für Geschäftsbetriebe, Betriebsstätten und Grundstü-
cke erfolgt im Verhältnis zu andern Kantonen und zum Ausland nach den Grundsätzen
des Bundesrechts über das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung (Art. 52
Abs. 3 Satz 1 DBG, § 57 Abs. 1 Satz 1 StG).
Im interkantonalen und internationalen Steuerrecht kommt entweder die
quotenmässige oder die objektmässige Ausscheidungsmethode zur Anwendung
(BGr, 26. Oktober 2004 = StE 2005 B 71.33 Nr. 1). Nach der ersten Methode – diese
eignet sich bei Unternehmen – erhält jedes steuerberechtigte Gemeinwesen eine be-
stimmte Quote des Gesamteinkommens und Gesamtvermögens zur Besteuerung zu-
geteilt, wobei die Quote direkt nach dem Buchhaltungsergebnis oder indirekt nach Er-
werbsfaktoren ausgeschieden wird. Nach der Objektzuteilungsmethode – diese eignet
sich bei Liegenschaften – wird der ausserkantonale bzw. ausländische Vermögenswert
(eine Liegenschaft oder ein Unternehmen) als selbstständige Erscheinung behandelt
und das daraus erzielte Einkommen sowie das darin liegende Vermögen ohne Rück-
sicht auf das Gesamteinkommen und Gesamtvermögen dem andern Kanton oder dem
Ausland zur Besteuerung zugewiesen, während innerkantonal ohne Rücksicht auf die
Verhältnisse im Ausland oder im andern Kanton die verbleibenden Steuerfaktoren er-
fasst werden (RB ORK 1947 Nr. 23 = ZBl 48, 508 = ZR 46 Nr. 78; vgl. auch
Höhn/Mäusli, Interkantonales Steuerrecht, 4. A., 2000, § 5 N 2 ff.). Der zweitgenannten
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1 ST.2010.259 + 260 1 DB.2010.191 + 192
Methode ist eigen, dass die Verluste des ausserkantonalen bzw. ausländischen Ver-
mögenskomplexes für die Ermittlung des steuerbaren Inlandeinkommens unberück-
sichtigt bleiben, während sie bei der Quotenzuteilungsmethode grundsätzlich zu über-
nehmen sind.
Ausländische Betriebsstätteverluste – und damit auch deren Verlustvorträge –
werden demnach in Anwendung der quotenmässigen Ausscheidung zum Abzug zuge-
lassen. Das gilt hinsichtlich der Staats- und Gemeindesteuern auch dann, wenn im
Ausland der ganze Verlust berücksichtigt wird, weil der ausländische Fiskus eine ob-
jektmässige Ausscheidung vornimmt. Der Kanton Zürich geht auch in diesen Fällen
davon aus, dass alle beteiligten Staaten die quotenmässige Ausscheidung vornehmen
und berücksichtigt deshalb den ausländischen Verlust im Umfang der Quote in jedem
Fall (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuer-
gesetz, 2. A., 2006, § 5 N 63). Demgegenüber sind im Recht der direkten Bundessteu-
er Verluste einer ausländischen Betriebsstätte mit inländischen Gewinnen nur verre-
chenbar, soweit diese Verluste im Betriebsstättenstaat nicht bereits berücksichtigt
wurden (Art. 52 Abs. 3 Satz 2 DBG).
b) Verluste ausländischer Betriebsstätten stellen steuermindernde Umstände
dar. Als solche sind sie vom Steuerpflichtigen nachzuweisen (BGE 121 II 257 Erw.
4 c/aa; VGr, 14. Juli 1999 = StE 1999 B 72.14.2 Nr. 23; Martin Zweifel, Die
Sachverhaltsermittlung im Steuerveranlagungsverfahren, 1989, S. 111 f., auch zum
Folgenden). Der Steuerpflichtige hat dabei bis zum Ablauf der Rekurs-/Beschwerdefrist
die zum Beweis für seine Darstellung erforderlichen Beweismittel einzureichen oder
zumindest anzubieten (RB 1975 Nr. 55, 1986 Nr. 49). Fehlt es an einer hinreichenden
Sachdarstellung oder Beweismittelofferte, trifft die Rekurskommission keine weitere
Untersuchungspflicht. Sie hat den Steuerpflichtigen weder zur Ergänzung seiner man-
gelhaften Sachdarstellung noch zur Beibringung besserer Beweismittel anzuhalten.
Diesfalls ist zu Ungunsten des beweisbelasteten Steuerpflichtigen der Nachweis der
geltend gemachten Verluste als misslungen zu betrachten. Nur soweit dem Steuer-
pflichtigen Substanziierung und/oder Beweisleistung aus Gründen, die er nicht zu ver-
treten hat, nicht möglich oder nicht zuzumuten sind, kann dieser sich auf Schätzungen
berufen, sofern seine Sachdarstellung wenigstens hinreichende Schätzungsgrundlagen
enthält (RB 1975 Nr. 54 und 64). Diese Schätzung ist nach pflichtgemässem Ermessen
gemäss Art. 130 Abs. 2 DBG bzw. § 139 Abs. 2 StG vorzunehmen (RB 2003 Nr. 92 =
ZStP 2003, 343, auch zum Folgenden). Die Verluste sind jedoch auch dann nach
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1 ST.2010.259 + 260 1 DB.2010.191 + 192
pflichtgemässem Ermessen zu schätzen, wenn ihr Bestand erwiesen ist, nicht aber ihre
Höhe. In einem solchen Fall wäre es sachwidrig und willkürlich, den Abzug nicht zu
berücksichtigen, vielmehr muss diesfalls dessen Höhe nach pflichtgemässem Ermes-
sen geschätzt werden (Martin Zweifel, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuer-
recht, Band I/1, 2. A., 2002, Art. 46 N 30 ff. StHG).
2. Vorliegend ist nicht streitig, dass die Pflichtige in D über eine Zweignieder-
lassung verfügt und dass sie allfällige Verluste derselben mit ihrem hier steuerbaren
Gewinn in Anwendung der (direkten) Quotenzuteilungsmethode verrechnen kann.
Streitig ist jedoch, ob solche Verluste in den streitbetroffenen Geschäftsjahren 2005
und 2006 tatsächlich angefallen sind. Die Pflichtige macht entsprechende Verluste von
(umgerechnet) Fr. 897'566.- bzw. Fr. 318'085.- geltend und verweist für deren Existenz
auf diesbezügliche Buchhaltungsabschlüsse der Zweigniederlassung. Demgegenüber
verneint das kantonale Steueramt die geschäftsmässige Begründung der Verluste mit
dem Hinweis, dass sie u.a. auf Belastungen der Zweigniederlassung für Leistungen
einer Tochtergesellschaft der Pflichtigen in Italien gründeten, von denen nicht nachge-
wiesen sei, dass sie einem Drittvergleich standhielten. Dies habe zur Folge, dass der
Verlust der Zweigniederlassung nicht zugelassen werden könne.
3. a) Im Rekurs-/Beschwerdeverfahren ist nicht mehr streitig, dass es sich bei
der italienischen Gesellschaft um die E handelt und diese ein Tochterunternehmen der
Pflichtigen ist. Dem Abschluss der Zweigniederlassung in Italien wurden sodann un-
streitig Reinigungsleistungen dieses Unternehmens im Umfang von (umgerechnet)
Fr. 770'000.- (2005) bzw. Fr. 1'370'000.- (2006) belastet (Revisionsbericht S. 7), wobei
die Zahlung im Geschäftsjahr 2006 in monatlich stets gleich hohen Beträgen erfolgte.
Zudem weist die Pflichtige gegenüber der E Forderungen per Ende 2006 aus Konto-
korrent von (umgerechnet) Fr. 673'773.- und aus Darlehen von (umgerechnet)
Fr. 179'963.- aus.
b) Da es sich bei der E um eine Tochtergesellschaft der Pflichtigen handelt,
besteht zwar durchaus die Möglichkeit, dass deren Leistungen an die Zweigniederlas-
sung in Italien entweder ganz oder teilweise zu im Drittvergleich überhöhten Preisen
erfolgten mit dem Resultat, dass der Verlust der Zweigniederlassung entsprechend
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1 ST.2010.259 + 260 1 DB.2010.191 + 192
höher ausfiel, als wenn marktkonforme Preise verrechnet worden wären. Nachfolgend
ist zu prüfen, welche steuerliche Konsequenzen sich daraus ergäben.
c) aa) Der steuerbare Reingewinn einer juristischen Person setzt sich gemäss
Art. 58 Abs. 1 DBG bzw. § 64 Abs. 1 StG zusammen aus dem Saldo der Erfolgsrech-
nung, unter Berücksichtigung des Saldovortrags des Vorjahres (lit. a bzw. Ziff. 1) und
(unter anderem) aus offenen und verdeckten Gewinnausschüttungen sowie ge-
schäftsmässig nicht begründeten Zuwendungen an Dritte (lit. b bzw. Ziff. 2 lit. e).
Auf eine verdeckte Gewinnausschüttung ist zu schliessen, wenn eine juristi-
sche Person, sich entreichernd, ihren Gesellschaftern oder ihr sonst nahestehenden
Personen, diese bereichernd, bewusst geldwerte Vorteile zuwendet, die sie unbeteilig-
ten Dritten nicht einräumen würde (RB 1985 Nr. 42 = StE 1985 B 72.13.22 Nr. 4). Nach
ihrer buchmässigen Erscheinung lassen sich zwei Hauptformen verdeckter Gewinn-
ausschüttungen unterscheiden: Die verdeckte Gewinnausschüttung im engeren Sinn
kennzeichnet sich dadurch, dass die Gesellschaft übersetzte Gewinnungs- oder An-
schaffungskosten aufwendet, was zu einer überhöhten Belastung eines Erfolgs- oder
eines Bestandeskontos führt. Bei der Gewinnvorwegnahme liegt die Vorteilszuwen-
dung darin, dass die Gesellschaft auf Gewinn, d.h. auf ein marktmässiges Entgelt für
die von ihr erbrachten Leistungen oder veräusserten Aktiven zu Gunsten des Aktionärs
oder einer ihm nahestehenden Person, welche auch ihre Muttergesellschaft sein kann,
verzichtet (Markus Reich, Verdeckte Vorteilszuwendungen zwischen verbundenen Un-
ternehmern, ASA 54, 613 ff.).
Eine verdeckte Gewinnausschüttung im engeren Sinn kann im Konzernver-
hältnis darin bestehen, dass eine Gesellschaft Dienstleistungen für eine andere Kon-
zern- bzw. Schwestergesellschaft erbringt und sich diese Leistungen mit einem Entgelt
vergüten lässt, das sie von einem unbeteiligten Dritten nicht erhalten würde, weil
es überhöht ist. Bei diesem Drittvergleich (so genannter Grundsatz des "dealing at
arm's length") wird bei Dienstleistungen mit andern Worten auf deren Marktwert abge-
stellt. Es findet keine Konzerngesamtbetrachtung statt, indem die Frage nach der ge-
schäftsmässigen Begründetheit eines Aufwands nicht aus Sicht des Konzerns, sondern
aus derjenigen der leistenden bzw. empfangenden Gesellschaft zu beurteilen ist
(BGr, 19. November 2003 = StE 2004 B 72.13.22 Nr. 42). Existiert für die von einer
Konzerngesellschaft erbrachten Dienstleistungen kein Marktwert, ist der sogenannte
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1 ST.2010.259 + 260 1 DB.2010.191 + 192
Verrechnungspreis zu ermitteln (vgl. hierzu Brülisauer/Poltera, in: Kommentar zum
Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A., 2008, Art. 58 N 97 f. DBG).
bb) Vorteilszuwendungen der Muttergesellschaft an die Tochtergesellschaft
stellen aus Sicht der empfangenden Tochtergesellschaft Kapitalzuschüsse dar und aus
Sicht der leistenden Muttergesellschaft Kapitaleinlagen (Brülisauer/Poltera, Art. 58
N 208 ff. DBG, auch zum Folgenden).
Kapitaleinlagen können offen oder verdeckt erfolgen. Offen sind sie dann,
wenn die Einlage in die Tochtergesellschaft in der Jahresrechnung der Muttergesell-
schaft mit dem tatsächlichen Wert ausgewiesen wird. Verdeckt erscheinen sie, wenn
die Einlage in der Jahresrechnung unter dem tatsächlichen Wert eingestellt ist. Wäh-
rend bei einer verdeckten Gewinnausschüttung regelmässig eine Entreicherung der
leistenden Gesellschaft eintritt, ist dies bei der Kapitaleinlage, d.h. wenn die Leistung in
umgekehrter Richtung fliesst, in der Regel nicht der Fall. Unabhängig davon, ob die
Muttergesellschaft stille Reserven auf die Tochter überträgt, zugunsten der Tochter
überhöhte Aufwendungen tätigt oder auf Gewinn verzichtet, erfolgt die Leistung der
Muttergesellschaft – wirtschaftlich betrachtet – immer gegen ein angemessenes Ent-
gelt. Denn im Umfang, in welchem die empfangene Leistung wertmässig unter der er-
brachten Leistung liegt, erhöht sich der Wert der Beteiligung. Im Unterschied zur ver-
deckten Gewinnausschüttung werden also durch die verdeckte Kapitaleinlage weder
Gläubigerinteressen noch Rechte allfälliger Minderheitsaktionäre gefährdet. Eine ver-
deckte Kapitaleinlage kann u.a. durch überhöhte Aufwendungen erfolgen, indem
die Muttergesellschaft von der Tochter ein Aktivum zu einem übersetzten Preis erwirbt,
oder für von der Tochter bezogene Dienstleistungen ein übersetztes Entgelt bezahlt
(Brühlisauer/Poltera, Art. 58 N 219 DBG, auch zum Folgenden). In letzterem Fall, d.h.
wenn die Muttergesellschaft für eine von der Tochter bezogene Dienstleistung
ein übersetztes Entgelt bezahlt, ist der Mehrpreis aktivierungspflichtig, da der Beteili-
gungswert dadurch erhöht wird. Bei direkter Verbuchung der Kosten über die Erfolgs-
rechnung ist der entsprechende Aufwand als (verdeckte) Abschreibung auf der Beteili-
gung zu qualifizieren. Daraus folgt, dass verdeckte Kapitaleinlagen bei der Mutter-
gesellschaft nicht zu einer Erhöhung des Ertrags führen, weil ihre Vermögenslage
durch die Kapitaleinlage unverändert bleibt.
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1 ST.2010.259 + 260 1 DB.2010.191 + 192
d) Die Pflichtige hat in den Geschäftsjahren 2005 und 2006 von der Tochter-
gesellschaft E in D Dienstleistungen für ihre Zweigniederlassung in Italien bezogen und
Ersterer hierfür ein bestimmtes Entgelt entrichtet.
War dieses Entgelt im Drittvergleich überhöht, läge darin nach dem Gesagten
bloss eine verdeckte Kapitaleinlage der Pflichtigen an ihre Tochtergesellschaft begrün-
det. Denn eine solche Einlage vermöchte den Ertrag der Pflichtigen als Muttergesell-
schaft bzw. Aktionärin der E nicht zu erhöhen, weil in der überpreisigen Vergütung der
Dienstleistungen ein Verzicht auf Gewinn zugunsten der Tochtergesellschaft zu erbli-
cken wäre und damit eine verdeckte Kapitalanlage vorläge. Nur dann, wenn die Pflich-
tige für die Dienstleistungen der Tochtergesellschaft einen im Drittvergleich zu niedri-
gen Preis entrichtet hätte, wäre eine Gewinnkorrektur bei der Pflichtigen angezeigt, da
diesfalls – aber eben nur dann – eine verdeckte Gewinnausschüttung der Tochterge-
sellschaft zu Gunsten der Muttergesellschaft gegeben wäre. Dass die Pflichtige der E
ein zu hohes Entgelt bezahlt hat, ist zwar ungewiss, jedoch insofern nicht von Belang,
als diesfalls bei der Pflichtigen keine Korrektur des steuerbaren Reingewinns zu erfol-
gen hätte.
e) Ob sodann die Pflichtige ihrer Tochtergesellschaft für die bezogenen
Dienstleistungen über ihre Zweigniederlassung ein zu tiefes Entgelt bezahlte und damit
eine verdeckte Gewinnausschüttung der italienischen Tochtergesellschaft an die Pflich-
tige vorläge, ist ebenfalls ungewiss.
aa) Der steueramtliche Revisor verlangte mit Auflage vom 4. Mai 2009 für den
Nachweis der Dienstleistungen der Ein den Geschäftsjahren 2005 und 2006 detaillierte
Leistungsabrechnungen in Form der Stundenabrechnungen sowie für den Nachweis
der Forderungen gegenüber der E per Ende 2006 die zugrundeliegenden Darlehens-
verträge und Kontodetails sowie die Offenlegung der (marktüblichen) Verzinsung und
der Geldflüsse. Die Pflichtige antwortete am 25. Mai 2009, sie werde diese Unterlagen
nicht einreichen, da sie für ihre eigene Veranlagung keine Bedeutung hätten.
Mit den eingeforderten Unterlagen hätte die Frage, ob das von der Tochterge-
sellschaft fakturierte Entgelt für ihre Dienstleistungen an die Pflichtige einem Drittver-
gleich standhält, geklärt werden können. Da die Pflichtige für Bestand und Umfang des
Verlusts der Zweigniederlassung beweisbelastet ist, war sie gehalten, bei der Klärung
dieser Frage mitzuwirken. Sie weigerte sich jedoch mit dem – wie aus dem Gesagten
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1 ST.2010.259 + 260 1 DB.2010.191 + 192
hervorgeht – unzutreffenden Einwand, die verlangten Beweise seien für ihre Veranla-
gung unerheblich.
Diese Weigerung hatte zur Folge, dass der Steuerkommissär nicht nur nicht
überprüfen konnte, ob das der Tochtergesellschaft entrichtete Entgelt zu tief war, son-
dern auch, ob dieses Entgelt überhaupt eine Entschädigung für erbrachte Dienstleis-
tungen der Tochtergesellschaft war. Die Belastung der Betriebsstätterechnung mit den
diesbezüglichen Fr. 770'000.- (2005) bzw. Fr. 1'370'000.- (2006) brauchte er daher
mangels Nachweis nicht zu akzeptieren und er war daher berechtigt, diese Beträge
ohne weiteres aufzurechnen. Gleiches galt sodann aber auch für den Betriebsstätte-
verlust von Fr. 897'566.- bzw. Fr. 318'085.-, da dieser Verlust ohne die Belastung für
die fraglichen Dienstleistungen im Geschäftsjahr 2006 vollumfänglich wegfiele und im
Geschäftsjahr 2005 zwar nicht ganz, jedoch unter Berücksichtigung der weiteren nicht
nachgewiesenen Belastungen der Betriebsstättebuchhaltung im Zusammenhang mit
den Forderungen gegenüber der Tochtergesellschaft letztlich ebenfalls in vollem Um-
fang (vgl. Revisionsbericht S. 2). Mithin hatte der Revisor keinen Anlass, den Verlust
zumindest teilweise zum Abzug zuzulassen und diesen Teil nach pflichtgemässem
Ermessen zu schätzen. Als Folge davon brauchte es für die Aufrechnung des Verlusts
aber auch keine Mahnung, weil die Auflage und deren Nichterfüllung durch die Pflichti-
ge allein schon genügt hätten. Trotzdem hat der Revisor am 28. Mai 2009 eine Mah-
nung erlassen und ist damit der Pflichtigen lediglich entgegengekommen. Letztere rea-
gierte darauf am 5. Juni 2009 zwar mit einem Fristerstreckungsgesuch bis 15. Juli
2009 und dem Hinweis, dass die verlangten Unterlagen aus Italien erst in zwei bis drei
Wochen eintreffen würden. Diesem Fristerstreckungsgesuch musste der Revisor aber
nicht entsprechen, da es keiner Mahnung bedurft hätte und überdies die Mahnfrist von
Gesetzes wegen nicht erstreckbar ist (§ 41 Abs. 2 der Verordnung zum Steuergesetz
vom 1. April 1998). Zu Recht hat er daher das Fristerstreckungsgesuch am 8. Juni
2009 abgelehnt und das kantonale Steueramt in der Folge den Verlust mit Einschät-
zungsentscheid vom 29. Juni 2009 (vollumfänglich) aufgerechnet.
bb) Die Pflichtige reichte die verlangten Unterlagen sodann weder im Einspra-
che- noch im Rekurs-/Beschwerdeverfahren nach. Stattdessen hält sie in Rekurs und
Beschwerde dafür, die Unterlagen hätten im Einspracheverfahren nochmals eingefor-
dert werden müssen, da die Veranlagungsbehörde in diesem Verfahren die gleichen
Befugnisse habe wie im Einschätzungsverfahren. Eine diesbezügliche Auflage habe
die Vorinstanz jedoch nicht erlassen. Aus dem Untätigsein der Einsprachebehörde
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1 ST.2010.259 + 260 1 DB.2010.191 + 192
habe sie, die Pflichtige, daher schliessen dürfen, diese stelle für die Überprüfung des
streitigen Verlusts auf die Erfolgsrechnungen ab, umso mehr, als die Abschlüsse von
einer renommierten Gesellschaft revidiert worden seien.
Die Pflichtige verkennt, dass sie für Bestand und Umfang des streitigen Ver-
lusts nachweispflichtig ist und die diesbezüglich schon im Einschätzungsverfahren ver-
langten Unterlagen im nachfolgenden Rechtsmittelverfahren von sich aus hätte nach-
reichen müssen. Es ist daher nicht Sache der Rechtsmittelbehörden, sie hierzu
nochmals anzuhalten. Abgesehen davon wurde ihr die mangelnde Mitwirkung in den
Einspracheentscheiden ja vorgehalten, sodass sie allen Anlass gehabt hätte, die Un-
terlagen jedenfalls spätestens im Rekurs-/Beschwerdeverfahren noch einzureichen.
Dies hat sie unterlassen, obwohl die Unterlagen nach ihrem eigenen Bekunden im
Fristerstreckungsgesuch vom 8. Juni 2009 nun längst vorliegen müssten. Mithin hat es
auch im vorliegenden Verfahren mangels Nachbringung der verlangten Unterlagen bei
der Aufrechnung des Verlusts der Zweigniederlassung zu bleiben.
4. Ob die Verlustaufrechnung auch deshalb gerechtfertigt ist, weil die Einrich-
tung einer Zweigniederlassung in Italien durch die Pflichtige angesichts einer dort
schon tätigen Tochtergesellschaft wirtschaftlich fragwürdig erscheinen mag, kann an
sich offen bleiben. Der Vollständigkeit halber sei hierzu jedoch Folgendes ausgeführt:
a) Der steueramtliche Revisor führte aus, die Pflichtige hätte die Aufträge in
Italien ohne Weiteres durch die dortige Tochtergesellschaft abwickeln lassen können.
Die Errichtung einer Zweigniederlassung sei daher primär steuerplanerisch und nicht
wirtschaftlich motiviert gewesen, sodass deren Verlust von der in den Niederlanden
domizilierten Konzernspitze der C und nicht von der Pflichtigen als Mitglied dieser
Gruppe zu tragen sei (Revisionsbericht S. 7). Diese Ansicht liegt auch den Einspra-
cheentscheiden zugrunde (E. 1.).
Dem hält die Pflichtige entgegen, die Zweigniederlassung sei gegründet wor-
den, um in Italien grössere Aufträge ausführen zu können, da der Name A in der dorti-
gen Branche bekannt sei und die Auftraggeber darauf vertrauen könnten, dass die Ge-
sellschaft über genügend Know How verfüge, um die Aufträge reibungslos zu
bewältigen. Die E habe dieses Erfordernis noch nicht erfüllt. Steuerliche Überlegungen
hätten bei der Gründung der Zweigniederlassung keine Rolle gespielt, sondern aus-
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1 ST.2010.259 + 260 1 DB.2010.191 + 192
schliesslich wirtschaftliche. Solche Gedanken hätten im Jahr 2009 denn auch wieder
zur Schliessung der Zweigniederlassung geführt, da sie nur Verluste produziert habe.
b) Wie sich ein Unternehmen organisiert bzw. mit welchen Strukturen sie ihre
Geschäfte abwickelt, ist eine betriebswirtschaftliche Frage. Deren Beantwortung ist
Sache des Unternehmens. Die Steuerbehörden sind nicht befugt, den wirtschaftlichen
Sinn der getroffenen betriebswirtschaftlichen Lösung anzuzweifeln und ihr Ermessen
an Stelle desjenigen der Geschäftsleitung zu setzen (BGr, 26. November 1981 = ASA
51, 54). Alles was nach kaufmännischer Auffassung in guten Treuen zu den Aufwen-
dungen zählt, muss steuerlich akzeptiert werden (BGr, 20. Februar 1987 = ASA 57,
645 = StE 1988 B 27.6 Nr. 5 = StR 1988, 232). Eine Aufwendung muss daher auch
nicht notwendig sein; es genügt die Möglichkeit der Gewinnerzielung. Nur dann, wenn
eine Aufwendung auf ungewöhnlichen, sachwidrigen, absonderlichen Gepflogenheiten
oder auf völlig unangemessenen Massnahmen beruht, oder anzunehmen ist, die Ge-
sellschaft habe damit lediglich Steuern einsparen wollen, die bei sachgemässer Ord-
nung der Verhältnisse geschuldet wären, ist von einer mangelnden geschäftsmässigen
Begründetheit der Aufwendung auszugehen (Reimann/Zuppinger/Schärrer, Kommen-
tar zum Zürcher Steuergesetz, 3. Band, 1967, § 45 N 113). Ungeschickte Dispositionen
sind aber ebenso hinzunehmen wie mangelnde Rentabilität einer Investition. Auch darf
keine Kausalität mit einem spezifischen Ertrag verlangt werden (Kuhn/Brülisauer in:
Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002, Art. 24 N 56 ff.
StHG).
Wenn daher die Pflichtige die Geschäftsabwicklung in Italien über ihre Zweig-
niederlassung vornahm und nicht über ihre dortige Tochtergesellschaft und sie hierfür
betriebswirtschaftlich beachtliche Gründe vorzutragen vermag, so ist diese Geschäfts-
organisation von der hiesigen Steuerbehörde hinzunehmen. Es steht Letzterer nicht zu,
die Organisation der Pflichtigen als betrieblich wenig sinnvoll oder gar als verfehlt zu
qualifizieren und den mit der Zweigniederlassung erlittenen Verlust schon aus diesem
Grund als geschäftsmässig nicht begründet aufzurechnen.
Allerdings ist die Verlustaufrechnung schon aus den genannten andern Grün-
den gerechtfertigt.
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5. Dass das kantonale Steueramt den Verlust der Zweigniederlassung in den
Vorperioden zugelassen hat, steht der Aufrechnung des Verlusts in den vorliegend
streitbetroffenen Steuerperioden nicht entgegen. Denn die Einschätzungsbehörde ist
berechtigt und verpflichtet, die Gesetzmässigkeit eines Abzugs für jede Steuerperiode
von neuem zu überprüfen. Ein Anspruch des Steuerpflichtigen auf weitere Gewährung
des Abzugs in künftigen Steuerperioden besteht nicht.
6. Diese Erwägungen führen zur Abweisung der Rechtsmittel. Ausgangsge-
mäss sind die Kosten des Verfahrens der Pflichtigen aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1
DBG, § 151 Abs. 1 StG). Die Zusprechung einer Parteientschädigung entfällt (Art. 144
Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren
vom 20. Dezember 1968 und § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspfle-
gegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
2ff0e654-3de8-43c1-bd93-d772d476ccf7 | hat sich ergeben:
A. 1. A (nachfolgend der Pflichtige) war bis 2008 Eigentümer von 1'000 Aktien
der C, was ursprünglich der Hälfte des Aktienkapitals entsprach. Am 5. Juni 2003
brachte der andere Aktionär der C, ein Cousin des Pflichtigen, seinen
Anteil mittels Sacheinlage in seine Aktiengesellschaft (D) ein. Für
die Festsetzung der Emissionsabgabe setzte die Eidgenössische Steuerverwaltung
(ESTV) in einem Schreiben vom 5. Dezember 2005 den Verkehrswert der eingebrach-
ten Beteiligungsrechte auf Fr. .- fest. Am 15. April 2005 erwarb die C ihre eigenen Akti-
en von der D für Fr. .-. Diese Aktien wurden in der Folge durch Kapitalherabsetzung
vernichtet. Damit war der Pflichtige Alleinaktionär der Gesellschaft geworden. Zwi-
schen ihm und seinem Cousin bestand ein Aktionärsbindungsvertrag vom 27. Novem-
ber 2002, welcher insbesondere eine gegenseitige Anbietungspflicht für den Fall des
Ausscheidens eines der beiden Aktionäre vorsah. Darin waren eine alljährliche Bewer-
tung der Aktien sowie ein Vorkaufsrecht bei Erreichen des 70. Lebensjahrs vereinbart.
Bereits am 27. November 2006 wurde im Hinblick auf die spätere Handänderung per
5. Februar 2008 (Erreichen des 70. Altersjahrs des Pflichtigen) ein Übernahmepreis
von Fr. .- festgesetzt. Mit Vertrag vom 25. Januar 2008 verkaufte der Pflichtige in Erfül-
lung des genannten Vertrags seine Aktien der C an die D; dabei wurde der Kaufpreis
auf Fr. .- erhöht, da die C bzw. ihre Tochtergesellschaft zwischenzeitlich ihre Ge-
schäftsliegenschaft zu einem wesentlich höheren Preis hatte verkaufen können als
eine parteiinterne Bewertung Ende 2005 vorsah.
2. In ihren Steuererklärungen deklarierten der Pflichtige und seine Ehefrau
(nachfolgend zusammen die Pflichtigen) für die C einen Vermögenssteuerwert per
31. Dezember 2003 bzw. 2004 von je Fr. .-. Die Dienstabteilung Wertschriften korrigier-
te diese Werte auf Fr. .- per 31. Dezember 2003 bzw. Fr. .- per 31. Dezember 2004.
Mit Einschätzungsvorschlägen vom 14. September bzw. 11. Dezember 2007 stellte die
Steuerkommissärin die Einschätzung mit diesen Vermögenssteuerwerten in Aussicht.
Die Pflichtigen wehrten sich am 22. Februar 2008 dagegen. Die Dienstabteilung Wert-
schriften des kantonalen Steueramts nahm dazu am 10. März 2008 Stellung und hielt
an ihren Bewertungen fest, und am 26. September 2008 ergingen für die Staats- und
Gemeindesteuern die folgenden Einschätzungen:
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1 ST.2009.30 + 31
Steuerperiode Einkommen Vermögen
Fr. Fr.
2003 steuerbar .- .-
satzbestimmend .- .-
2004 steuerbar .- .-
satzbestimmend .- .-.
B. Am 27. Oktober 2008 liessen die Pflichtigen Einsprache erheben und bean-
tragen, die Verkehrswerte der 1'000 Aktien auf Fr. .- (per 31. Dezember 2003) bzw.
Fr. .- (per 31. Dezember 2004) festzusetzen. Sie stellten sich dabei auf den Stand-
punkt, dass hier die Voraussetzungen gegeben seien, um bei der Berechnung der
Vermögenssteuerwerte der steitigen Aktien von den schematisch berechneten Werten
abzuweichen.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen am 7. Januar 2009 ab. Es
erwog, von den Vorgaben der Wegleitung könne nur abgewichen werden, wenn eine
Handänderung unter unabhängigen Dritten stattgefunden habe. Das sei – aus näher
dargelegten Gründen – hier nicht der Fall.
C. Hiergegen erhoben die Pflichtigen am 6. Februar 2009 Rekurs mit dem
Antrag, das satzbestimmende Gesamtvermögen per 31. Dezember 2003 auf Fr. .- und
per 31. Dezember 2004 auf Fr. .-, eventualiter auf Fr. .- bzw. Fr. .- festzusetzen, je un-
ter entsprechender Anpassung des steuerbaren Vermögens; unter Kosten- und Ent-
schädigungsfolgen zulasten des Rekursgegners. Von den Vorschriften der einschlägi-
gen Wegleitung könne abgewichen werden, wenn aufgrund besonderer Umstände der
schematisch berechnete Wert offensichtlich zu einem falschen Ergebnis führe. Dies sei
aus mehreren Gründen der Fall. So liege eine Bewertung der ESTV vor, worin ein Ver-
kehrswert per 5. Juni 2003 von rund Fr. .- ermittelt worden sei. Ferner habe die D am
15. April 2005 ein 50%-Paket für Fr. .- gekauft. Weiter sei jeweils entsprechend dem
Aktionärsbindungsvertrag eine jährliche Bewertung der Aktien durchgeführt worden;
am 23. Juni 2004 sei der Wert der Beteiligung auf Fr. .- festgesetzt worden. Ferner sei
im Hinblick auf das Erreichen des 70. Altersjahrs des Pflichtigen im Jahr 2008 und der
dadurch ausgelösten Anbietungspflicht ein Übernahmepreis von Fr. .- bestimmt wor-
den, welcher später auf Fr. .- erhöht worden sei. Bezüglich des Eventualantrags sei
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1 ST.2009.30 + 31
festzuhalten, dass das kantonale Steueramt zu Unrecht den in der Wegleitung vorge-
sehenen Pauschalabzug für vermögensrechtliche Beschränkungen verweigert habe,
obschon der Pflichtige damals nur zu 50% an der C beteiligt gewesen sei. Wenn schon
eine Bewertung gemäss Wegleitung vorgenommen werde, sei zumindest dieser Ein-
schlag von 30% für Minderheitsbeteiligungen zu gewähren.
Das kantonale Steueramt schloss am 6. März 2009 auf Abweisung des
Rechtsmittels. Die Steuerbehörden seien verpflichtet, sich an einem objektiven Wert zu
orientieren; es stehe bei unterschiedlichen Berechnungsmethoden für verschiedene
Steuerarten nicht im Ermessen eines Steuerpflichtigen, sich für die für ihn günstigere
Methode zu entscheiden. Die übrigen Handänderungen seien zwischen nahestehen-
den Personen erfolgt. Aktionärsbindungsverträge seien für die Bewertung der Aktien
unbeachtlich. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. a) Gemäss § 39 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) wird
das Vermögen zum Verkehrswert bewertet. Letzterer ist der objektive Wert, der einem
Vermögensobjekt am jeweiligen Stichtag zukommt, d.h. der Preis, der am Bewertungs-
stichtag für das zu bewertende Vermögensrecht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr
mutmasslich zu erzielen gewesen wäre (für das bisherige, gleichlautende Recht: RB
1978 Nr. 39 = ZBl 1979, 232 = ZR 1981 Nr. 43; Reimann/Zuppinger/Schärrer, Kom-
mentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. Band, 1969, § 34 N 5). Massgeblich für die Be-
stimmung des Verkehrswerts ist folglich eine "technisch-" bzw. "rechtlich-objektive" und
nicht eine "subjektiv-wirtschaftliche Betrachtungsweise" (RB 1989 Nr. 26). Bei der Be-
wertung nichtkotierter Wertpapiere folgen die zürcherischen Steuerbehörden in ihrer
Einschätzungspraxis und die Rechtsmittelinstanzen grundsätzlich der Wegleitung der
Konferenz staatlicher Steuerbeamter und der ESTV zur Bewertung von Wertpapieren
ohne Kurswert für die Vermögenssteuer (vorliegend massgebend Ausgabe 1995, mit
Änderungen per 1. Januar 1999, nachfolgend Wegleitung; mittlerweile ersetzt durch
Wegleitung/Kreisschreiben 28 vom 21. August 2006). Von deren Vorgaben wird nur
dann abgewichen, wenn dies durch eine bessere Erkenntnis des Verkehrswerts gebo-
ten ist (VGr, 26. September 2007 = StE 2008 B 52.42 Nr. 4 mit Hinweisen).
- 5 -
1 ST.2009.30 + 31
b) Sind keine vor- oder ausserbörslichen Kursnotierungen bekannt, wird der
Verkehrswert von Titeln nach den Bewertungsregeln der Wegleitung bemessen, wobei
in der Regel Ertrags- und Substanzwert des Unternehmens massgebend sind. Wenn
jedoch für solche Titel eine massgebliche Handänderung unter unabhängigen Dritten
stattgefunden hat, so gilt der erzielte Kaufpreis als Verkehrswert. Dieser wird solange
berücksichtigt, als sich die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft nicht wesentlich ver-
ändert hat (Rz 2 Abs. 3 lit. b Wegleitung).
2. a) Die Aktien der C sind nicht börsenkotiert. Auch werden sie unstreitig
nicht regelmässig vor- oder ausserbörslich gehandelt, sind keine per Stichtag in der
Kursliste der ESTV publizierten Kurse bekannt und kann demnach nicht von einem
regelmässigen Handel gesprochen werden (RB 1998 Nr. 140 = StE 1999 B 52.41 Nr. 2
= ZStP 1999, 34). Mithin hat die Bewertung der fraglichen Titel grundsätzlich nach den
Regeln der Wegleitung zu erfolgen (Rz 2 Abs. 3 lit. a). Da es sich bei der streitigen
Gesellschaft um eine Holding handelt, gelten die besonderen Bewertungsregeln ge-
mäss Rz 46 ff. der Wegleitung (Bewertung zum Substanzwert). Von dieser Bewertung
ist – wie dargelegt – nur dann abzuweichen, wenn eine massgebliche Handänderung
unter unabhängigen Dritten stattgefunden hat. Als Verkehrswert gilt diesfalls der Kauf-
preis (Rz 2 Abs. 3 lit. b). Die Formulierung "eine" massgebliche Handänderung besagt,
dass nicht eine Mehrzahl von Verkäufen stattgefunden haben muss, sondern dass
schon eine einzige Veräusserung allein genügt. Diese muss jedoch "massgebend" sein
und unter unabhängigen Dritten stattgefunden haben, sodass – dem Gedanken der
Wegleitung entsprechend – auf einen zuverlässigen Wert zu schliessen ist. Liegt keine
solche Handänderung vor, bleibt es bei der Bewertung nach der Wegleitung (zum
Ganzen StRK I, 23. Mai 2002, 1 ST.2002.3; StRK I, 4. September 2002, 1 ST.2002.205
sowie StRK I, 4. September 2008, 1 ST.2008.179).
b) Die Pflichtigen berufen sich für ihren Standpunkt als Erstes auf ein Schrei-
ben der ESTV, worin diese im Zusammenhang mit einer Sacheinlage mit Aktien der C
bei der Gründung der D für die Emissionsabgabe einen Wert festgesetzt hat.
Gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben
vom 27. Juni 1973 beträgt die Abgabe 1% und wird bei der Begründung und Erhöhung
von Beteiligungsrechten vom Betrag errechnet, der der Gesellschaft oder Genossen-
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1 ST.2009.30 + 31
schaft als Gegenleistung für die Beteiligungsrechte zufliesst, mindestens aber vom
Nennwert. Gemäss Abs. 3 erfolgt die Bewertung im Zeitpunkt der Einbringung zum
Verkehrswert. Dabei erachtet die ESTV die Wegleitung bei der Emissionsabgabe als
nicht anwendbar für die Bewertung von Unternehmen ohne Marktpreis (Duss/von
Ah/Sieber, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band II/3, 2006, Art. 8 N.
35 ff. StG, auch zum Folgenden). Sie orientiert sich vielmehr an der sogenannten Prak-
tikermethode, wonach der Verkehrswert dem Durchschnitt von Substanzwert und Er-
tragswert entspricht. Bei Holdinggesellschaften wird vom Verkehrswert der einzelnen
Beteiligungen resp. Aktiven auf den Gesamtwert geschlossen (Duss/von Ah/Sieber,
Art. 8 N. 36 StG). Beteiligungen an nichtkotierten Gesellschaften werden als quotaler
Unternehmenswert ermittelt (Duss/von Ah/Sieber, Art. 8 N. 38 StG).
Die D wurde am im Juni 2003 im Handelsregister eingetragen. Die Gründung
erfolgte mittels Sacheinlage, indem sie 1'000 Namenaktien zu Fr. 250.- der C sowie
weitere Aktien (40 Namenaktien zu Fr. 1'000.-) einer anderen Gesellschaft übernahm.
Das erwähnte Schreiben der ESTV spricht von einem "anlässlich der Gründung vor-
handen gewesenen Mehrwert" und beziffert diesen auf Fr. .-; dabei soll es sich nach
der Sachdarstellung der Pflichtigen um die eingebrachten Beteiligungen gehandelt ha-
ben. Indessen liegt damit keine "Handänderung unter unabhängigen Dritten" gemäss
Rz 2 Abs. 3 lit. b Wegleitung vor. Denn nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift kann
unter einer massgeblichen Handänderung nur eine solche verstanden werden, bei der
die Parteien untereinander einen Marktpreis aushandeln, d.h. in der Regel ein Ver-
kaufsgeschäft. Von einem solchen kann aber bei einer Sacheinlagegründung durch
den Alleinaktionär - wie hier - nicht gesprochen werden.
Die kantonalen Steuerbehörden sind im Übrigen für die Zwecke der Vermö-
genssteuer nicht an die Bewertung durch die ESTV bei der Emissionsabgabe gebun-
den; hinzu kommt, dass diese hier auch nicht zu überzeugen vermag. Die Schätzungs-
grundlagen selbst gehen aus dem genannten Schreiben der ESTV nicht hervor,
sondern handelt es sich dabei um einen Wert "im gegenseitigen Einverständnis". Ist
nicht ersichtlich, wie die ESTV den Wert der Beteiligung ermittelt hat, lässt sich auch
nicht sagen, dass ihre Annahmen den Verkehrswert besser wiedergeben als die Me-
thoden nach der Wegleitung. Kommt hinzu, dass die ESTV nach dem Gesagten die
Anwendung der Wegleitung bei der Emissionsabgabe ablehnt, sodass umso mehr
nicht einzusehen ist, weshalb die kantonalen Steuerbehörden unbesehen von ihrer
üblichen Bewertungsmethode abschwenken und der inhaltlich unbekannten Praxis der
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1 ST.2009.30 + 31
ESTV bei der Emissionsabgabe folgen sollten. Überdies fällt in Betracht, dass dem
Wert offenbar ein Vergleich zugrunde liegt, und die Gründe und Überlegungen, sowie
der Ermessensspielraum des Steuerbeamten der ESTV, welche zu diesem geführt
haben, nicht bekannt sind.
Der Wert gemäss dem Schreiben der ESTV ist aus all diesen Gründen von
vornherein nicht dem Kaufpreis einer massgeblichen Handänderung gemäss Weglei-
tung gleichzusetzen.
c) Weiter verweisen die Pflichtigen auf den Aktienkaufvertrag vom 15. April
2005 zwischen der D und der C, womit Letztere 1'000 eigene Aktien zu einem Preis
von Fr. .- erwarb, zuzüglich einer anteilsmässigen Dividende, die mindestens dem
ausgewiesenen Reingewinn des Geschäftsjahrs 2004 entspricht. Am 24. Mai 2005
wurde das Aktienkapital um die erworbenen Aktien herabgesetzt.
Bei dieser Transaktion handelt es sich um eine direkte Teilliquidation. Damit
fehlt es erneut am Erfordernis einer Handänderung zwischen unabhängigen Dritten,
stellt die eigene Gesellschaft doch keine Dritte und schon gar nicht eine unabhängige
Dritte dar. Geschäften dieser Art bzw. den dabei gehandelten Preisen geht mangels
Marktverhältnissen von vornherein die notwendige Zuverlässigkeit ab. Denn die Ge-
sellschaft stellt beim Rückkauf eigener Aktien bzw. beim diesbezüglichen Preisangebot
nicht die gleichen Überlegungen an wie ein aussenstehender Interessent und stehen
auch beim Aktionär, der seine Titel der Gesellschaft auf deren Angebot hin abtritt, unter
Umständen andere Gedanken als bei einem Verkauf an einen Dritten im Vordergrund.
Letzteres drängt sich hier insbesondere deshalb auf, weil der Kauf der eigenen Aktien
durch die C nach Sachdarstellung der Pflichtigen im engen Zusammenhang mit der
"Entflechtung" der Beteiligungen des Pflichtigen und seines Cousins stand und gemäss
Präambel des Kaufvertrags die Übertragung einer weiteren Beteiligung an einer weite-
ren Gesellschaft vereinbart war, über welche Transaktion nichts bekannt ist. Verläuft
die Preisbildung demnach anders als bei einem Verkauf an eine Drittperson, kann der
von der Gesellschaft im Rahmen der fraglichen Rückkaufsaktion vergütete Preis nicht
Richtschnur für den Verkehrswert der Aktien bilden.
d) Weiter verweisen die Pflichtigen auf die Bewertungen, welche im Hinblick
auf die Anbietungspflicht gemäss Aktionärsbindungsvertrag erstellt worden sind.
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1 ST.2009.30 + 31
Gemäss Art. 12 des Aktionärsbindungsvertrags vom 27. November 2002 zwi-
schen dem Pflichtigen und seinem Cousin als Alleinaktionären besteht ein gegenseiti-
ges Vorkaufsrecht. Art. 13 enthält Regeln über den Übernahmepreis. Demnach ist der
Wert der Anteile jährlich innert drei Monaten nach Erstellung des Jahresabschlusses
unter Berücksichtigung der in der Fachpraxis allgemein üblichen Bewertungskriterien
zu bestimmen und in einem Protokoll, das von beiden Parteien unterzeichnet wird,
festzuhalten. Die protokollierte Wertbestimmung der Anteile bleibt im Innenverhältnis
der Aktionäre respektive gegenüber ihren Erben so lange gültig und unanfechtbar, als
kein neues Protokoll erstellt und unterzeichnet wird. Können sich die Aktionäre über die
Bewertung nicht einigen, so ist ein Bewertungsgutachten durch eine von der Revisi-
onsstelle der Holding zu bezeichnende Revisionsfirma, die Mitglied der Treuhand-
Kammer ist, erstellen zu lassen. Gemäss Art. 16 haben die Aktionäre spätestens mit
Erreichung des 70. Altersjahres der jeweiligen anderen Partei die Gesamtheit ihrer
Anteile anzubieten. Gemäss einer Vereinbarung vom 23. Juni 2004 wurde der Wert der
Unternehmensgruppe, d.h. der C sowie einer weiteren direkten Beteiligung der Aktio-
näre, auf Fr. .- festgesetzt.
Damit fehlt es aber auch hier bereits am Kriterium der Handänderung. Eine
solche kann durch eine Preisfestsetzung in einem Aktionärsbindungsvertrag nicht er-
setzt werden, da dabei in der Regel eine andere Interessenlage herrscht als beim tat-
sächlichen Kauf. Mithin kann nicht mit Sicherheit geschlossen werden, dass eine der
Parteien den vereinbarten Wert auch tatsächlich als Kaufpreis akzeptiert hätte, wenn
sich ein Verkauf effektiv abgezeichnet hätte. Darauf deutet im Übrigen auch das Vor-
gehen beim Verkauf vom 25. Januar 2008 hin, da dort der ursprünglich vereinbarte
Übernahmepreis ebenfalls nachträglich an die tatsächlichen Verhältnisse angepasst
wurde. Hinzu kommt, dass mit der Sacheinlagegründung der D im Juni 2003 über die
direkte Teilliquidation der C im Mai 2005 bis zum bereits am 27. November 2006 ver-
einbarten, aber erst am 5. Februar 2008 vollzogenen Erwerb der C durch die D eine
ungewöhnliche Kette von Transaktionen durchlaufen wurde, welche im Ergebnis auf
eine Liquidation des Anteils des Pflichtigen an der C hinausläuft. Mithin bestehen be-
gründete Anhaltspunkte dafür, dass alle Einzelschritte Teil einer zusammenhängenden
Planung darstellen. Ohne Kenntnis der genauen Hindergründe vermag deshalb die
Vereinbarung im Aktionärsbindungsvertrag nicht das nötige Vertrauen zu erwecken,
dass sie tatsächlich den wahren Verkehrswert widerspiegelt.
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1 ST.2009.30 + 31
e) Liegt demnach keine Handänderung unter unabhängigen Dritten vor, ist
auch nicht vom Wert gemäss Wegleitung abzuweichen. Eine bessere Erkenntnis des
Verkehrswerts existiert damit insgesamt nicht.
3. Streitig ist ferner, ob dem Pflichtigen ein Abzug wegen der Minderheitsbe-
teiligung bzw. hälftiger Beteiligung gewährt werden soll. In der Bewertung per 31. De-
zember 2004 wird der Minderheitsabzug mit dem Argument verweigert, dass der Pflich-
tige eine angemessene Dividende erhält. Im Einspracheverfahren war die Frage nicht
streitig.
a) Der Minderheitsabzug wird in der Lehre allgemein damit begründet, dass
die Ausschüttungen auf den Minderheitsanteilen (mehr oder weniger stark) unsicherer
seien als die Ausschüttungen auf den Mehrheitsanteilen (Carl Helbling, Unterneh-
mensbewertung und Steuern, 9. A., 1998, S. 535, auch zum Folgenden). Der Mehr-
heitsaktionär hat es selbst in der Hand, Ausschüttungen zu veranlassen; die Einkom-
menserwartungen sind für ihn somit sicherer. Die Höhe der erforderlichen Korrektur
kann nach der Lehre nicht allgemein fest bestimmt werden, sondern richtet sich ganz
nach den einzelnen Faktoren, wie beispielsweise Grösse des Unternehmens, Anzahl
und Streuung der Aktien, Verkäuflichkeit der Aktien, Branche, Vinkulierung oder Mitbe-
stimmungsrechte des Mitbeteiligten. Für die Bewertung spielt sodann auch eine Rolle,
ob dem Minderheitsbeteiligten Rechte zugesichert werden (Verwaltungsratssitz, Ein-
sichtsrecht, Rückkauf seiner Anteile etc.), welche die Nachteile gegenüber den Mehr-
heitsbeteiligten ganz oder teilweise wegfallen lassen. Dies kann z.B. in einem Aktio-
närsbindungsvertrag erfolgen. Bei Übernahmen werden Minderheitsaktionäre oft
schlechter behandelt.
Gemäss Wegleitung wird dem beschränkten Einfluss des Inhabers einer Min-
derheitsbeteiligung auf die Geschäftsleitung und auf die Beschlüsse der Generalver-
sammlung sowie der eingeschränkten Übertragbarkeit von Gesellschaftsanteilen (Vin-
kulierung) pauschal Rechnung getragen (Rz. 71 ff.). Wird der Steuerwert nach Rz. 2
Abs. 3 lit. a festgesetzt (= Bewertung gemäss Wegleitung), kann der Titelinhaber –
unter Vorbehalt der nachfolgenden Randziffern – bei der kantonalen Steuerbehörde
einen Pauschalabzug von 30% geltend machen. Der Pauschalabzug wird in der Regel
für alle Beteiligungen bis und mit 50% des Aktienkapitals gewährt; es gelten die Ver-
hältnisse am für die Vermögenssteuer massgebenden Stichtag. Erhält der Steuerpflich-
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1 ST.2009.30 + 31
tige eine angemessene Dividende, so wird der Abzug nicht gewährt. Eine Dividende ist
dann angemessen, wenn die im Verhältnis zum Steuerwert errechnete Rendite min-
destens 60% des für die Ermittlung des Ertragswerts des Unternehmens herangezo-
genen Kapitalisierungszinsfusses erreicht. Für die Berechnung der Rendite wird auf die
in den zwei Jahren vor dem massgeblichen Bewertungsstichtag bezahlten Dividenden
(Durchschnitt) abgestellt. Als Kapitalisierungszinsfuss gilt die um 1 Prozentpunkt er-
höhte, auf halbe Prozente gerundete Durchschnittsrendite auf Verfall von schweizeri-
schen Industrie-, bzw. Bankanleihen am Ende des Jahrs vor dem Bewertungsstichtag.
Er wird alljährlich in den Kurslisten der ESTV veröffentlicht (Rz. 16). Per 31. Dezember
2002 bzw. 2003 wurde er auf 6% festgesetzt, wovon 60% 3,6% betragen.
b) Die Pflichtigen wenden im Rekurs als Erstes ein, eine auf die Vergangen-
heit bezogene Betrachtungsweise führe zu einer gesetzwidrigen Bewertung, da sich
der Verkehrswert einer Aktiengesellschaft im Wesentlichen nach den Zukunftserwar-
tungen richte, auf welche der Minderheitsaktionär jedoch normalerweise keinen ent-
scheidenden Einfluss habe, und die Ausschüttung von Dividenden in der Vergangen-
heit dies nicht auch für die Zukunft garantiere. Ein potentieller Käufer werde daher der
zurückliegenden Dividendenpolitik keine Beachtung schenken.
Aus der Wegleitung ist nach dem Gesagten zu schliessen, dass die Steuerbe-
hörden diesen Abzug nicht generell gewähren wollen, sondern nur dann, wenn die
Minderheitsposition bzw. die 50%-Beteiligung tatsächlich eine Schlechterstellung in
Bezug auf den Ertrag erwarten lässt. In diesem Zusammenhang kann aber nicht ge-
sagt werden, die Dividendenpolitik in der Vergangenheit sei ohne Bedeutung; vielmehr
gibt sie Hinweise, wie diese auch in der Zukunft gehandhabt werden wird. Ein Käufer
wird wohl kaum eine 50%-Beteiligung erwerben, ohne sich nicht mit dem anderen Akti-
onär über die wesentlichen Eckpunkte der zukünftigen Zusammenarbeit geeinigt zu
haben. Wenn nun ein solcher Aktionär in der Vergangenheit Hand für eine angemes-
sene Dividende geboten hat, ist nicht einzusehen, weshalb dies für die Zukunft anders
sein soll. Unter diesen Überlegungen erscheint es als sachgerecht, wenn in der Weg-
leitung – im Rahmen einer bei einer solchen pauschalen Regelung unvermeidbaren
Verallgemeinerung – die Dividendenpolitik der beiden unmittelbar vorangehenden Ge-
schäftsjahre als massgebend erklärt wird. Soweit die Pflichtigen diese Regelung
grundsätzlich in Frage stellen, ist ihnen nicht zu folgen.
- 11 -
1 ST.2009.30 + 31
c) Die Pflichtigen wenden weiter ein, die Dividendenausschüttungen der Toch-
tergesellschaft könnten nicht als Begründung für die Verweigerung des Abzugs dienen,
da sie ja nicht dem Aktionär zuflössen und die Ausführungen der Vorinstanz in Erwä-
gungsziffer 4.3 des Einspracheentscheids zur Ertragssituation der Tochtergesellschaft
deshalb an der Sache vorbeigingen.
Bei den diesbezüglichen Ausführungen der Vorinstanz handelt es sich bloss
um allgemeine Überlegungen zur wirtschaftlichen Situation der C, war die Frage des
Minderheitsabzugs im Einspracheverfahren doch gar nicht umstritten. Nachdem die
Vorinstanz aber in der Rekursantwort zur Begründung der Verweigerung des Abzugs
dann doch darauf verwiesen hat, ist auf den diesbezüglichen Einwand der Pflichtigen
einzugehen. Dabei ist ihnen beizupflichten, dass die Dividendenausschüttungen der
Tochtergesellschaft an die C in der Tat keine Aussage über die Frage erlauben, ob die
Stellung als Minderheitsaktionär der Letzteren einen Nachteil zur Folge gehabt hat,
sondern ist hierzu auf die Ausschüttungen der C selber abzustellen. Entscheidend ist
demnach, wie hoch der Ertrag des Pflichtigen aus seiner Beteiligung an der C war:
Jahr Bruttodividende Jahresdurchschnitt Steuerwert Rendite
2002/03 2003/04
2002
2003 - 3,65%
2004 - - 5,98%.
Der massgebende Wert von 3,6% wurde demnach in beiden Jahren über-
schritten, weshalb entsprechend der Wegleitung von einer angemessenen Dividende
auszugehen ist. Damit ist der Rekurs auch im Eventualantrag abzuweisen.
4. Gestützt auf diese Erwägungen ist der Rekurs insgesamt abzuweisen. Bei
diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten den Pflichtigen aufzuerlegen (§ 151
Abs. 1 StG). Die Zusprechung der beantragten Parteientschädigung an die Pflichtigen
kommt bei diesem Ausgang nicht in Betracht (§ 152 StG in Verbindung mit § 17 Abs. 2
des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997 (VRG).
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1 ST.2009.30 + 31 | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
31aba605-be03-43a9-8ecb-13f147dd55f4 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) ist verheiratet und hat mit seiner Ehefrau drei
Kinder (Jahrgänge 2008, 2009 und 2012). Er besass ursprünglich die Aufenthaltsbewil-
ligung B und erhielt am ... Februar 2014 die Niederlassungsbewilligung. Am
26./27. September 2013 stellte er einen Antrag auf Rückzahlung von zwischen dem
... Januar 2010 und dem ... September 2013 zu viel bezahlten Quellensteuern. Zur
Begründung machte er geltend, dass der jeweils angewandte Tarif A nicht korrekt ge-
wesen sei. Mit Verfügungen vom 29. November 2013 trat das kantonale Steueramt auf
die Anträge in Bezug auf die Quellensteuern 2010 bis 2012 nicht ein, da sie verspätet
eingereicht worden seien.
B. Hiergegen erhob der Pflichtige am 21. Dezember 2013 Einsprache mit dem
Antrag, die Verfügungen aufzuheben. Das kantonale Steueramt wies diese am
4. März 2014 ab.
C. Am 11./12. April 2014 reichte der Pflichtige Rekurs ein mit dem sinngemäs-
sen Antrag, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die Sache materiell zu be-
handeln. Zudem stellte er ein Gesuch um unentgeltliche Prozessführung. Das kantona-
le Steueramt schloss am 5. Mai 2014 auf Abweisung des Rechtsmittels. Am
27./28. Mai 2014 reichte der Pflichtige eine Replik ein, und am 22. Juli 2014 das kanto-
nale Steueramt eine Duplik. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Erhebt ein Steuerpflichtiger gegen einen Nichteintretensentscheid der Ein-
sprachebehörde Rekurs, so ist dem Rekursgericht die materielle Prüfung des Streitge-
genstands verwehrt. Es darf nur untersuchen, ob die Vorinstanz zu Recht auf die Ein-
sprache nicht eingetreten ist (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum
- 3 -
1 QS.2014.8
DBG, 2. A., 2009, Art. 144 N 44 DBG und Kommentar zum Zürcher Steuergesetz,
3. A., 2013, § 147 N 43 StG). Würde sich der Nichteintretensentscheid der Vorinstanz
als gesetzwidrig erweisen, wären die Akten zwecks Wahrung des gesetzlichen Instan-
zenzugs zur materiellen Überprüfung der Einschätzung an jene zurückzuweisen
(RB 1979 Nr. 57). Dementsprechend ist auf den Rekurs nur insofern einzutreten, als
der Pflichtige die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids verlangt. Nicht zu behan-
deln sind die gegen die Höhe des Quellensteuerabzugs vorgebrachten Rügen.
2. a) Ausländische Arbeitnehmer, welche die fremdenpolizeiliche Nieder-
lassungsbewilligung nicht besitzen, in der Schweiz jedoch steuerrechtlichen Wohnsitz
oder Aufenthalt haben, werden für ihr Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätig-
keit einem Steuerabzug an der Quelle unterworfen (Art. 83 Abs. 1 Satz 1 des Bundes-
gesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990, DBG, bzw. § 87
Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997, StG). Der Steuerabzug tritt – unter Vor-
behalt der nachträglichen Veranlagung bzw. Einschätzung – an die Stelle der vom Er-
werbseinkommen im ordentlichen Verfahren zu veranlagenden direkten Bundessteuer
bzw. Staats- und Gemeindesteuern (Art. 87 DBG, § 91 StG). Die steuerbare Leistung
besteht im Fall von Art. 83 DBG bzw. § 87 StG aus sämtlichen Einkünften aus Arbeits-
verhältnis mit Einschluss aller Nebeneinkünfte (Art. 84 DBG, § 88 StG).
Steuerpflichtiger ist diejenige Person, welcher die Einkünfte aus unselbststän-
diger Erwerbstätigkeit zustehen. Für die Steuererhebung verantwortlich ist indessen
der Arbeitgeber als Schuldner der steuerbaren Leistung, welcher dadurch an dessen
Stelle tritt (Steuersubstitution). Er hat die Quellensteuer von der geschuldeten Leistung
in Abzug zu bringen, dem Steuerpflichtigen darüber eine Bestätigung auszustellen und
die Steuer periodisch der zuständigen Steuerbehörde abzuliefern (Art. 88 Abs. 1 DBG,
§ 92 Abs. 1 StG).
b) Ist der Steuerpflichtige oder der Schuldner der steuerbaren Leistung mit
dem Steuerabzug nicht einverstanden, so kann er bis Ende März des auf die Fälligkeit
folgenden Kalenderjahres von der Veranlagungsbehörde eine Verfügung über Bestand
und Umfang der Steuerpflicht verlangen (Art. 137 Abs. 1 DBG; § 144 Abs. 1 StG; keine
Befristung enthält indessen Art. 49 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Harmonisie-
rung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990,
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1 QS.2014.8
StHG). Hat der Schuldner der steuerbaren Leistung den Steuerabzug nicht oder unge-
nügend vorgenommen, verpflichtet ihn die Veranlagungsbehörde zur Nachzahlung.
Der Rückgriff des Schuldners auf den Steuerpflichtigen bleibt vorbehalten (Art. 138
Abs. 1 DBG, § 145 Abs. 1 StG). Hat der Schuldner der steuerbaren Leistung einen zu
hohen Steuerabzug vorgenommen, so muss er dem Steuerpflichtigen die Differenz
zurückzahlen (Art. 138 Abs. 2 DBG; § 145 Abs. 2 StG). Wurde diesfalls bereits mit der
zuständigen Steuerbehörde abgerechnet, so kann diese den Differenzbetrag direkt der
oder dem Steuerpflichtigen zurückerstatten (Art. 16 der Verordnung des Bundesrats
über die Quellensteuer bei der direkten Bundessteuer vom 19. Oktober 1993, QStV).
Mit Entscheid BGr, 9. Februar 2009, 2C_673/2008 (= BGE 135 II 274 =
Pra 2010 Nr. 2) hat das Bundesgericht über den Anwendungsbereich der Bestimmun-
gen des DBG bzw. des entsprechenden kantonalen Rechts einen Leitentscheid gefällt.
Demnach war die zeitliche Beschränkung von Art. 137 Abs. 1 DBG im ursprünglichen
Gesetzesentwurf nicht vorgesehen, sondern erst in der parlamentarischen Beratung
eingefügt worden. Die Bedeutung dieser Frist blieb indessen kontrovers. In der Folge
unterschied das Bundesgericht zwischen den Fällen, bei denen eine Verfügung nach
Art. 137 Abs. 1 DBG ergangen ist, und solchen, bei denen das nicht geschah. Mit Be-
zug auf letztgenannte Variante ist Ausgangspunkt die Überlegung, dass eine Selbst-
veranlagung keine "Verfügung in eigener Sache" darstellt, da weder der Steuerpflichti-
ge noch der Schuldner der steuerbaren Leistung Verfügungsbefugnis haben. Es er-
scheint deshalb auf dem Gebiet der Quellensteuer nicht angebracht, die Selbstver-
anlagung mit einer in Rechtskraft erwachsenen Verfügung gleichzustellen. Angemes-
sener ist stattdessen die für die anderen auf dem Grundsatz der Selbstveranlagung
begründeten Bundessteuern geltende Regelung, gemäss welcher die zu Unrecht be-
zahlten Steuern immer zurückerstattet werden müssen. Die Gesetzesbestimmungen
müssen demzufolge in dem Sinn ausgelegt werden, dass nach dem Ablauf der Frist bis
Ende März einzig keine Einwendungen zur Steuerpflicht an sich erhoben werden kön-
nen, es hingegen möglich bleiben muss, den Umfang der zurückbehaltenen Steuer zu
beanstanden, und dies sowohl zu Gunsten des Fiskus als auch zu Gunsten des Steu-
erpflichtigen.
Art. 138 DBG ist daher nach dem Bundesgericht im Verhältnis zu Art. 137
DBG als lex specialis zu betrachten. Denn Letzterer befasst sich lediglich mit dem
Problem eines zu hohen oder zu tiefen Steuerabzugs. Da aufgrund von Art. 138 Abs. 1
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1 QS.2014.8
DBG der Fiskus die Möglichkeit hat, auch nach Ablauf der Frist auf erleichterte Weise
die Nachzahlung von zu wenig abgezogenen Quellensteuern zu verlangen, muss eine
analoge auf Art. 138 Abs. 2 DBG gestützte Möglichkeit auch zugunsten des Steuer-
pflichtigen bzw. des Schuldners der steuerbaren Leistung anerkannt werden. Mit Ent-
scheid BGr, 21. Dezember 2010, 2C_601/2010 hat das Bundesgericht diese Recht-
sprechung nochmals bestätigt.
c) aa) Mit der Tarifmeldung vom 9. Dezember 2009 hat das Gemeindesteuer-
amt B die Arbeitgeberin des Pflichtigen zwar darüber informiert, dass dieser der Quel-
lensteuer unterstehe und die Veranlagung nach dem Tarif A vorzunehmen sei. Wie das
kantonale Steueramt richtig erkannt hat, wurde die Überprüfungsmöglichkeit der Tarif-
einstufung jedoch in dieser Mitteilung falsch bezeichnet: Korrekterweise hätte nicht von
"Einsprache", sondern "Überprüfung der Tarifeinstufung" die Rede sein müssen
(vgl. hierzu die korrekte Bezeichnung). Gleichwohl vertritt es die Ansicht, dass dieser
Umstand den Pflichtigen in der Ausübung seiner Rechte keineswegs gehindert habe.
Denn aufgrund des Wortlauts dieser Bestimmung habe er die Möglichkeit, die Tarifein-
stufung anzufechten, erkennen können. Somit wäre es ihm möglich gewesen, die Frist
bis 31. März des Folgejahres zu wahren.
bb) Vorliegend ist indessen keine Verfügung gemäss Art. 137 Abs. 1 DBG
bzw. § 144 Abs. 1 StG ergangen. Denn bei der Tarifmeldung handelt es sich offenkun-
dig nicht um eine solche. Zum einen setzt eine Verfügung eine vorgängige Bestreitung
der Quellensteuerpflicht bzw. deren Höhe voraus, was hier nicht erfolgt ist. Zum ande-
ren entspricht auch die Rechtsmittelbelehrung nicht der einer Verfügung, indem für die
Einsprache nicht eine dreissigtägige Frist angesetzt wird (vgl. § 27 der Verordnung des
Regierungsrats über die Quellensteuer für ausländische Arbeitnehmer vom 2. Febru-
ar 1994), sondern die Einsprache bis spätestens 31. März des Folgejahres einzurei-
chen ist. Eine solche Regelung der Einsprache ist im Gesetz indessen nicht vorgese-
hen, und bei der Möglichkeit, einen Entscheid zu verlangen, handelt es sich nicht um
eine Einsprache. Dasselbe gilt mit Bezug auf die Tarifmeldungen vom 17. Septem-
ber 2012 bzw. vom 10. Januar 2013. Damit kann nach der angeführten bundesgericht-
lichen Rechtsprechung die besagte Frist dem Pflichtigen nicht entgegengehalten wer-
den, da er nur die Berechnung des Quellensteuerabzugs rügt, nicht aber die
Quellensteuerpflicht als solche.
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1 QS.2014.8
d) Des Weiteren möchte das kantonale Steueramt die Anwendung der obge-
nannten Regelung auf jene Fälle beschränken, bei denen Umsetzungsversehen des
Arbeitsgebers bei der Tarifanwendung zu einer überhöhten Quellenbesteuerung ge-
führt haben, und verweist hierzu auf einen Entscheid des Bundesgerichts (vgl. BGr,
5. März 2013, 2C_684/2012, www.bger.ch). Da die Arbeitgeberin lediglich die Anwei-
sungen in der Tarifmeldung umgesetzt und daraus den korrekten Quellensteuerbetrag
ermittelt habe, treffe dies vorliegend gerade nicht zu. Somit sei die Frist von Ende März
des Folgejahres massgebend. Hinweise auf diese enge Betrachtungsweise lassen sich
indessen den Präjudizien nicht entnehmen. Vielmehr spricht das Bundesgericht in
E. 5.4 des Entscheids vom 9. Februar 2009 generell von zu hohen oder ungenügenden
Steuerabzügen, ohne den Grund und die Person des Irrenden weiter zu präzisieren.
Überdies ist nicht einzusehen, weshalb ein zu hoher Quellensteuerabzug wegen eines
Irrtums des Arbeitgebers soll korrigiert werden können, nicht aber aufgrund einer fal-
schen Tarifmeldung des Steueramts. Dafür sind keine sachlichen Gründe ersichtlich.
e) aa) Das kantonale Steueramt bringt weiter vor, dass dem Pflichtigen die
Tarifmitteilung bekannt gewesen sein müsse. Schliesslich wurde sie dessen Arbeitge-
berin mit der Auflage zugestellt, ihm ein Exemplar auszuhändigen. Damit stellt sich die
Frage, ob das Fristversäumnis nicht seiner eigenen Nachlässigkeit zuzuschreiben ist
und ob dieser Umstand einer nachträglichen Überprüfung der Quellensteuerabzüge
entgegensteht.
bb) Der Pflichtige bestreitet nicht, die betreffenden Tarifmeldungen erhalten zu
haben, reicht er sie doch als Beilagen ein. Sinngemäss macht er indessen geltend,
dass seine Arbeitgeberin diese in seinen Kleiderkasten gelegt habe, wo er sie erst
beim Aufräumen am 30. Juli 2013 gefunden habe, weshalb die Zustellung erst zu die-
sem Zeitpunkt erfolgt sei. Entscheidend ist damit, wann ihm diese zur Kenntnis gelangt
sind. Entsprechend dem Grundsatz, dass die Beweislast für die rechtswirksame Eröff-
nung einer Verfügung bzw. für den Zeitpunkt ihrer Mitteilung die zustellende Behörde
trägt, ist auch hier davon auszugehen, dass die Steuerbehörden eine solche rechtzeiti-
ge Kenntnisnahme zu beweisen haben (RB 1985 Nr. 49; 1970 Nr. 35; BGE 61 I 6 und
92 I 257; StE 1991 B 93.6 Nr. 10).
An einem solchen Beweis fehlt es hier. Aus den Ausführungen des Pflichtigen
ist immerhin zu schliessen, dass seine Arbeitgeberin ihm diese Dokumente hat zu-
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1 QS.2014.8
kommen lassen. Ob dies aber jeweils unmittelbar nach Zusendung vom Gemeinde-
steueramt geschehen war oder erst zu einem späteren Zeitpunkt, z.Bsp. bei Auflösung
des Arbeitsverhältnisses, geht aus den Akten nicht hervor. Die Bestreitung des Pflichti-
gen, die Tarifmitteilungen bereits früher erhalten zu haben, lässt sich damit nicht wider-
legen. Dies muss zulasten der beweisbelasteten Steuerbehörde ausfallen; zudem hat
diese den Weg der Zustellung via Arbeitgeber gewählt, weshalb sie auch die Folgen
der daraus resultierenden Schwierigkeiten bei der Beweisleistung zu tragen hat. Damit
fehlt es an einem Beweis, dass der Pflichtige vor Ablauf der jeweiligen Fristen von den
Tarifmeldungen Kenntnis erhalten hat, so dass ihm keine Nachlässigkeit vorgeworfen
werden kann.
cc) Hinzu kommt, dass nach dem Bundesgericht in Fällen wie vorliegend die
Frist gemäss Art. 137 Abs. 1 DBG bzw. § 144 Abs. 1 StG für Einwendungen gegen die
Berechnung des Quellensteuerabzugs eben gerade nicht läuft. Davon ausgehend
schadet es deshalb nicht, wenn dem Steuerpflichtigen bereits vor Ablauf der Frist
Mängel bei der Berechnung der Höhe des Abzugs zu Kenntnis gebracht worden sind.
Entsprechend hat auch das Bundesgericht in E. 6.3 des zitierten Leitentscheids eine
Nachlässigkeit des Schuldners der steuerbaren Leistung (welche im betreffenden Fall
Rückerstattung der zu viel zurückbehaltenen Steuer an sich selber forderte) als nicht
schädlich betrachtet.
3. Gestützt auf diese Erwägungen ist der Rekurs gutzuheissen und die Sache
zur materiellen Prüfung der Gesuche an das kantonale Steueramt zurückzuweisen. Bei
diesem Ausgang sind die Kosten des Verfahrens dem Rekursgegner aufzuerlegen
(Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). Das Gesuch um unentgeltliche Prozess-
führung ist damit gegenstandslos geworden.
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1 QS.2014.8 | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
31d02450-85d2-4c81-8521-ae501cc53eab | hat sich ergeben:
A. Die A GmbH (nachfolgend die Pflichtige) mit Sitz in C (ab .... Dezem-
ber 2011, zuvor D) bezweckt Forschung und Entwicklung in den Bereichen E, F, G, H
und I sowie Lizenzierung, Vertrieb und Verkauf von J, K, L und M. Sie stellte am ... Juni
und am ... Dezember 2011 der N, Seoul, Korea, je Rechnung über EUR 65'000.-. Die
entsprechenden Banküberweisungen gingen am ... August 2011 bzw. ... Januar 2012
ein, wobei die N jeweils einen Abzug von 10% bzw. insgesamt umgerechnet
Fr. 14'773.20 für südkoreanische Quellensteuern vornahm. Am ... September 2012
stellte die Pflichtige mit Bezug auf diese einen Antrag auf pauschale Steueranrechnung
für ausländische Lizenzgebühren. Das kantonale Steueramt, Dienstabteilung Wert-
schriften, wies den Antrag am 25. Juni 2013 ab. Es begründete dies damit, dass ge-
mäss Art. 12 Abs. 3 des Abkommens zwischen der Schweiz und der Republik Korea
zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen
vom 12. Februar 1980 (DBA-KR) Vergütungen für Dienst- oder Beratungsleistungen
nicht unter den Begriff der Lizenzgebühren fielen.
B. Hiergegen liess die Pflichtige am 18. Juli 2013 Einsprache erheben und
beantragen, die geforderte Rückleistung der Quellensteuern zu gewähren. Sie habe
keine Dienst- oder Beratungsleistungen erbracht, sondern habe für die O der N die von
ihr entwickelte K "P" geliefert. Die Rechte daran seien bei der Pflichtigen geblieben,
während die N für die Verwendung eine Entschädigung zu leisten gehabt habe. Diese
Leistung falle unter Art. 12 Abs. 3 DBA-KR, weshalb die Schweiz die südkoreanischen
Quellensteuern anzurechnen habe. Als Beleg reichte sie einen Vertrag zwischen ihr
und der N ein ("Collaborative Research & Development Agreement"; nachfolgend
Agreement).
Das kantonale Steueramt wies die Einsprache am 21. Oktober 2013 ab.
C. Am 21. November 2013 erhob die Pflichtige Beschwerde und beantragte,
den Einspracheentscheid aufzuheben und das kantonale Steueramt anzuweisen, die in
der Republik Korea erhobene Quellensteuer zurückzuerstatten; eventualiter sei der
Einspracheentscheid aufzuheben und die Streitsache zur weiteren Untersuchung an
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1 VS.2013.3
das kantonale Steueramt zurückzuweisen; alles unter Kosten- und Entschädigungsfol-
gen. Das Eigentum an der entwickelten L sei bei der Pflichtigen verblieben; die N habe
lediglich ein Nutzungsrecht erhalten, welches bestimmten Bedingungen unterstanden
habe. Bei einem solchen Fall stelle das Entgelt eine Lizenzgebühr dar, für welche eine
Entlastung in Form der pauschalen Steueranrechnung zu gewähren sei.
Das kantonale Steueramt schloss am 10. Dezember 2013 auf Abweisung. Am
17. Dezember 2013 reichte die Pflichtige eine Originalbestätigung der N ein, und am
14. Januar 2014 beantragte die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) ebenfalls,
die Beschwerde abzuweisen. In der Folge nahmen die Parteien noch einmal im Rah-
men eines zweimaligen Schriftenwechsels Stellung, welcher mit Eingabe des kantona-
len Steueramts vom 14. April 2014 seinen Abschluss fand.
Mit Verfügung vom 13. Mai 2014 setzte das Steuerrekursgericht der Pflichti-
gen Frist an, um sämtliche Verträge, Korrespondenz und sonstigen Dokumente im Zu-
sammenhang mit den beiden streitigen Zahlungen einzureichen. Am 23. Juni 2014
kam diese der Aufforderung nach, und am 13. August 2014 nahm das kantonale Steu-
eramt zu den eingereichten Akten Stellung. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) aa) In der Schweiz ansässige natürliche und juristische Personen können
für die in Übereinstimmung mit einem Doppelbesteuerungsabkommen in einem Ver-
tragsstaat erhobene begrenzte Steuer von aus diesem Vertragsstaat stammenden Er-
trägnissen eine pauschale Steueranrechnung beantragen (Art. 2 Abs. 1 der Verord-
nung des Bundesrats über die pauschale Steueranrechnung vom 22. August 1967, VO
pStA, SR 672.201). Diese kann nur für Erträgnisse beansprucht werden, die den Ein-
kommenssteuern des Bundes, der Kantone und der Gemeinden unterliegen (Art. 3
Abs. 1 VO pStA). Der Betrag der pauschalen Steueranrechnung entspricht (...) der
Summe der Steuern, die in den Vertragsstaaten von den im Lauf eines Jahres (Fällig-
keitsjahres) fällig gewordenen Erträgnissen in Übereinstimmung mit den anwendbaren
Doppelbesteuerungsabkommen erhoben worden sind, höchstens aber der Summe der
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1 VS.2013.3
auf diesen Erträgnissen entfallenden schweizerischen Steuern (Maximalbetrag; Art. 8
Abs. 2 VO pStA).
Mit Bezug auf Korea sieht das einschlägige Doppelbesteuerungsabkommen
eine pauschale Steueranrechnung für Lizenzgebühren vor. Demnach können Lizenz-
gebühren, die aus einem Vertragsstaat stammen und an eine im anderen Vertragsstaat
ansässige Person gezahlt werden, im anderen Staat besteuert werden (Art. 12 Abs. 1
DBA-KR). Diese Lizenzgebühren können jedoch auch im Vertragsstaat, aus dem sie
stammen, nach dem Recht dieses Staates besteuert werden; die Steuer darf aber,
wenn der Empfänger der Lizenzgebühren der Nutzungsberechtigte ist, 10% des Brut-
tobetrags der Lizenzgebühr nicht übersteigen (Art. 12 Abs. 2 DBA-KR). Gemäss Art. 22
Ziff. 3 DBA-KR gewährt die Schweiz dann, wenn eine in der Schweiz ansässige Person
Dividenden, Zinsen oder Lizenzgebühren bezieht, die nach den Art. 10, 11 und 12 in
Korea besteuert werden, auf Antrag eine Entlastung nach in dieser Bestimmung näher
ausgeführten Methoden.
Der in diesem Artikel verwendete Ausdruck "Lizenzgebühren" bedeutet Vergü-
tungen jeder Art, die für die Benutzung oder für das Recht auf Benützung von Urheber-
rechten an wissenschaftlichen Werken, von Patenten, Marken, Mustern oder Modellen,
Plänen, geheimen Formeln oder Verfahren oder für die Benutzung oder das Recht auf
Benutzung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Ausrüstungen oder
für die Mitteilung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Erfahrungen
gezahlt werden (Art. 12 Abs. 3 DBA-KR). Diese Bestimmungen wurden gemäss Art. VI
des Protokolls vom 28. Dezember 2010, in Kraft seit 25. Juli 2012, geändert; auf die
vorliegenden Zahlungen kommt aber noch die ursprüngliche Fassung zur Anwendung.
bb) Als Auslegungshilfe für Doppelbesteuerungsabkommen dient das OECD-
Musterabkommen auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
(Fassung vom 22. Juli 2010, OECD-MA). Als Mitgliedstaaten der OECD sind die
Schweiz und Korea grundsätzlich gehalten, die Musterabkommen samt dazu verfass-
ten Kommentaren der OECD (Model Tax Convention on Income and on Capital, Con-
densed Version, 2010, im Folgenden OECD-Kommentar) mit zu berücksichtigen (Peter
Locher, Einführung in das internationale Steuerrecht der Schweiz, 3. A., 2005, S. 130,
vgl. auch Pöllath/Lohbeck in: Vogel/Lehner, Doppelbesteuerungsabkommen, 5. A.,
2008, S. 1041 ff. mit der früheren Fassung des OECD-Kommentars auf Deutsch).
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1 VS.2013.3
Die Besteuerung von Lizenzgebühren ("royalties") ist in Art. 12 OECD-MA
geregelt. Diese Bestimmung sieht keine Quellensteuer zugunsten des Staates, aus
dem die Lizenzgebühren stammen, mehr vor. Für die Auslegung des Begriffes der Li-
zenzgebühren steht aber nichts entgegen, auf die entsprechenden Ausführungen im
OECD-Kommentar zurückzugreifen. Ziff. 12 ff. des OECD-Kommentars befasst sich
insbesondere mit Zahlungen im Zusammenhang mit Computersoftware. Daraus sind
folgende Grundsätze im Sinn einer Zusammenfassung herauszugreifen:
Ziff. 12.2: Die Rechtsnatur von Zahlungen im Zusammenhang mit der Über-
tragung von Computer-Software hängt von der Art der Rechte zur Nutzung und Aus-
beutung des Programms ab, die der Empfänger erwirbt. Die Übertragung von Rechten
kann in vielen Varianten erfolgen, von der Entäusserung der gesamten Rechte am Co-
pyright eines Programms bis zum Verkauf eines Produkts mit beschränkten Nutzungs-
rechten. Auch die Entschädigung kann in verschiedenen Formen vorliegen. Diese Fak-
toren erschweren die Abgrenzung zwischen Lizenzzahlungen und anderen Arten von
Entschädigungen. Die Schwierigkeiten werden noch verstärkt durch die Leichtigkeit der
Vervielfachung von Computersoftware, und den Umstand, dass der Erwerb von Soft-
ware oft dazu führt, dass zwecks Gebrauch derselben auch eine Kopie erstellt wird.
Ziff. 13: In den meisten Fällen werden die Rechte des Empfängers in Teil-
oder Vollrechten am zugrundeliegenden Urheberrecht bestehen (dazu nachfolgend
Ziff. 13.1 und 15), oder sie sind Teil- oder Vollrechte an einer Kopie des Programms
(Programmkopie), welche in einem Medium verkörpert ist oder auf elektronischem Weg
verschafft wird (nachfolgend Ziff. 14 und 14.1).
Ziff. 13.1: Zahlungen für den Erwerb von Teilrechten am Urheberrecht (ohne
dass sich der Übertragende des Urheberrechts voll entäussert) werden Lizenzgebüh-
ren sein, wenn das Entgelt gezahlt wird, um das Programm in einer Weise zu nutzen,
die ohne die Erlaubnis eine Verletzung des Urheberrechts darstellen würde. Beispiele
für ein solches Arrangement sind Lizenzen, welche es erlauben, Software, welche das
geschützte Programm verkörpern, zu vervielfältigen und an die Öffentlichkeit zu ver-
treiben, oder das Programm zu verändern und öffentlich anzubieten. Unter diesen Um-
ständen erfolgen die Zahlungen als Gegenleistung für das Recht zur Nutzung des Ur-
heberrechts am Programm.
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1 VS.2013.3
Ziff. 14: Bei anderen Transaktionen sind die erworbenen Rechte auf solche
limitiert, welche erlauben, das Programm anzuwenden. Dies ist im Allgemeinen der Fall
beim Erwerb einer Programmkopie. In diesen Fällen sollen die betreffenden Rechte bei
der Qualifikation der Transaktion ausser Acht bleiben, und es sind in der Regel Unter-
nehmensgewinne gemäss Art. 7 OECD-MA anzunehmen. Hierzu hat Korea indessen
einen Vorbehalt angebracht, indem auch Know-How durch eine Programmkopie über-
tragen werden kann, und diesfalls Art. 12 OECD-MA zur Anwendung gelangt
(Ziff. 31.1. des OECD-Kommentars).
Ziff. 14.1 und 14.2 befassen sich mit der Form der Übertragung des Pro-
gramms sowie Kopien für die Verwendung innerhalb eines Betriebs (Standort-, Be-
triebs- oder Netzlizenzen).
In Ziff. 14.3 wird der Fall angesprochen, in dem das Softwarehaus oder der
Computerprogrammierer lediglich Informationen weitergibt über die Ideen und Grund-
sätze, die dem Programm zugrunde liegen, wie etwa Logik, Algorithmen oder Pro-
grammiersprachen oder –techniken. In diesen Fällen könnten die Zahlungen als Li-
zenzgebühren eingestuft werden, soweit sie Entgelt für die Nutzung oder das Recht auf
Nutzung von geheimen Formeln oder die Mitteilung gewerblicher, kaufmännischer oder
wissenschaftlicher Erfahrungen darstellen.
Ziff. 14.4 befasst sich mit zwischengeschalteten Vertriebsstrukturen.
In Ziff. 15 wird festgehalten, dass ein Entgelt für die Übertragung des vollen
Urheberrechts keine Lizenzgebühr darstellt, und Art. 12 OECD-MA keine Anwendung
findet. Schwierigkeiten können indessen entstehen, wenn
- ein zeitlich oder örtlich begrenztes Exklusivrecht übertragen wird
- zusätzliche Zahlungen für die Nutzung bezahlt werden
- oder eine pauschale Einmalzahlung erfolgt.
Gemäss Ziff. 16 ist jeder Fall nach Massgabe seiner besonderen Umstände
zu behandeln; wo die Vergütungen aber für die Übertragung von Rechten geleistet
werden, welche ein eindeutiges und spezifisches Gut darstellen (was bei örtlich be-
grenzten Rechten eher der Fall ist als bei zeitlicher Limitierung), wird im Allgemeinen
statt einer Lizenzgebühr eher ein Unternehmensgewinn im Sinn des Art. 7 OECD-MA
oder ein Veräusserungsgewinn im Sinn des Art. 13 OECD-MA vorliegen. Dies ergibt
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1 VS.2013.3
sich aus dem Umstand, dass dort, wo ein Recht aufgegeben ("alienated") wird, die
Vergütungen nicht für die Nutzung des Rechts geleistet wird. Am Wesensgehalt des
Geschäfts als Entäusserung kann auch die Form der Gegenleistung, die Zahlung des
Entgelts in Raten oder der Umstand nichts ändern, dass die Vergütungen von einem
zukünftigen Ereignis abhängen.
Ziff. 17 hält fest, dass Vergütungen für Software auf der Grundlage eines ge-
mischten Vertrags geleistet werden können. Hierzu verweist die Bestimmung auf die in
Ziff. 11.6 dargestellten Methoden. Demnach muss bei einem solchen gemischten Ver-
trag im Allgemeinen der Gesamtbetrag der vereinnahmten Vergütung auf Grund des
Vertragsinhalts oder durch einen sonstwie angemessenen Schlüssel nach den ver-
schiedenen Leistungen, die der Vertrag vorsieht, aufgegliedert und jeder Teilbetrag
entsprechend seiner Art steuerlich behandelt werden. Stellt jedoch eine der vereinbar-
ten Leistungen bei weitem den Hauptgegenstand des Vertrags dar und haben die an-
deren Leistungen nur eine untergeordnete Bedeutung, so sollte die Gesamtvergütung
steuerlich so behandelt werden, wie es der Hauptleistung entspricht.
cc) Damit stellt der Kommentar zum OECD-MA für die Qualifikation von Li-
zenzgebühren eigene Abgrenzungskriterien zur Verfügung. Innerstaatliche zivilrechtli-
che Gerichtspraxis, welche davon abweicht, ist deshalb nur beschränkt von Bedeu-
tung. Verwiesen sei in diesem Zusammenhang insbesondere auf die schweizerische
Gerichtspraxis, welche mit Bezug auf Überlassung von Software auf Dauer zum Teil
abweichende Kriterien verwendet (vgl. Übersicht in Gianni Fröhlich-Bleuler, Software-
verträge, 2. A., 2014, S. 443).
b) Massgebend ist demnach der Inhalt der Leistung, für welche die die Vergü-
tung geleistet wurde.
aa) Hierzu reichte die Pflichtige das bereits erwähnte Agreement ein. Dessen
Zweck bestand darin, die allgemeinen Bedingungen der gemeinsamen Forschung und
Entwicklung für das Projekt zu regeln (Ziff. 2.1 des Agreements). Für die Definition des
Projekts wird auf Anhang A verwiesen (Agreement S. 5 unten). Soweit erkennbar, ging
es um K zur verbesserten Q bei O. Im Rahmen dieses Projekts verpflichtete sich jede
Vertragspartei, in Übereinstimmung mit dem Zeitplan die "Deliverables" abzuliefern
(Ziff. 2.2 lit. a des Agreements). Die "Deliverables" sind definiert als "Report, document,
software or any other type of deliverables as listed in Schedule ...: Project, Project
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1 VS.2013.3
Timetable und Deliverables" (Ziff. 1.1 des Agreements). Das Schedule .. enthält eine
Aufstellung der zu erbringenden "Deliverables" und legt die jeweilige verantwortliche
Vertragspartei fest. Verantwortlich für P war demnach die Pflichtige. In Schedule ..
werden die einzelnen Aufgaben vorgeschrieben. Soweit ersichtlich, hatte die Pflichtige
demnach P in die Rahmenstruktur der N zu implementieren, während die N hierzu die
notwendigen Dokumentationen und Spezifikationen bereitzustellen hatte. Weiter hatte
die Pflichtige die N in der Anpassung von P zu unterstützen.
Das Agreement enthält zudem eine Reihe von Bestimmungen bezüglich den
Nutzungsrechten von geistigem Eigentum im Zusammenhang mit dem Projekt. In
Ziff. 3.1 wird allgemein festgehalten, dass jede Vertragspartei ihre Rechte an vorbeste-
hendem geistigem Eigentum ("background") behält. Es wird ausdrücklich vereinbart,
dass diesbezüglich kein Eigentum übertragen wird und keine Lizenzierung (ausser wo
vorbehalten) erfolgt. In Ziff. 3.6 des Agreements wird demgegenüber konkret auf das
Projekt Bezug genommen und ausdrücklich ein unentgeltliches Nutzungsrecht am je-
weiligen eingebrachten oder entwickelten geistigen Eigentum statuiert. Diese ist limi-
tiert auf die Dauer und die Bedürfnisse des Projekts. Im Lauf des Projekts neu entstan-
denes geistiges Eigentum ("foreground") soll derjenigen Partei zukommen, welche es
geschaffen hat; bei gemeinsamen neuen Erfindungen soll gemeinsames geistiges Ei-
gentum möglichst vermieden werden und nur bei Uneinigkeit solches angenommen
werden.
bb) Das Agreement lässt indessen viele Fragen offen und beantwortet insbe-
sondere die zentrale Frage nicht, nämlich wofür die Zahlungen geleistet worden sind,
sind doch darin gar keine solchen, geschweige denn Lizenzzahlungen an die Pflichtige
vorgesehen. Mithin bleibt der Rechtgrund der streitigen Leistungen offen. Zur Klärung
wurde die Pflichtige mit Auflage vom 13. Mai 2014 deshalb aufgefordert, alle einschlä-
gigen Unterlagen im Zusammenhang mit den beiden Zahlungen einzureichen. Aus
dem daraufhin vorgelegten E-Mail Verkehr zwischen den Vertragsparteien geht folgen-
des hervor:
Nachdem bereits im Sommer 2010 erste Kontakte stattgefunden hatten, sand-
te R namens der Pflichtigen mit E-Mail vom ... Oktober 2010 erstmals eine Dokumenta-
tion über ihre neu entwickelte P an S und T bei der N. Weiter fragte er nach dem weite-
ren Vorgehen. Die folgende Korrespondenz betraf in erster Linie Fragen der Evaluation
durch N und Updates. Mit E-Mail vom ... Januar 2011 wurde die Frage "licensing ver-
- 9 -
1 VS.2013.3
sus buy" angesprochen. Am ... Februar 2011 machte T einen ersten Vorschlag über
einen allfälligen Vertragsinhalt. Darin schlug er ein Lizenzmodell in Bezug auf das
Background-IP (IP = intellectual property) der Pflichtigen vor, da nach seiner Einschät-
zung ein Kauf nicht möglich sei; allfällige neu entwickelte IP sei zu teilen. Am ... Febru-
ar 2011 folgte ein E-Mail von R enthaltend einen Meinungsaustausch in Bezug auf die
künftige Ausgestaltung der Vertragsverhältnisse. Darin stimmte er einer Lizenzierung
zu, worauf T sich bereit erklärte, einen Vertragsentwurf auszuarbeiten, und hierzu nach
dem Preis fragte. Nach E-Mails vom ... Februar 2011 und vom ... März 2011 einigten
sich die Parteien auf 300 Millionen koreanische Won (KRW) bzw. EUR 189'815.- nach
dem damaligen Wechselkurs. Am ... März 2011 teilte S mit, dass er nicht in der Lage
gewesen sei, ihre Standard-Vertragsvorlage zu ändern, welche er im Anhang zusende.
Am ... April 2011 teilte R mit, die K sei "ready to be tested". Am ... Mai 2011 wurde über
noch offenen Punkte eine Einigung erzielt, und am ... Mai 2011 folgte noch eine Detail-
diskussion über Abgrenzungsfragen bezüglich Patentierung; daraus geht hervor, dass
R grossen Wert auf den Schutz ihres eingebrachten geistigen Eigentums legte. Am
... Juni 2011 folgte eine weitere Mitteilung von R, die K sei "final and bug free". Am
... August 2011 bestätigt R den Erhalt der ersten Rate. Der Vertrag wurde von ihm erst
im September unterzeichnet.
cc) Daraus lässt sich ersehen, dass das Agreement nicht den gesamten Ver-
tragsinhalt wiedergibt, sondern es sich um einen Standardvertrag handelt, welcher auf
Verlangen der Rechtsabteilung der N verwendet wurde. Soweit zwischen R und den
Vertretern der N individuelle Abreden getroffen wurden, gehen diese dem Agreement
offenkundig vor. Dies ist bereits aus dem Umstand ersichtlich, dass überhaupt eine
Zahlung geleistet wurde, welche im Agreement nicht vorgesehen war.
Aus der E-Mail-Korrespondenz geht hervor, dass Kernpunkt der Zusammen-
arbeit die Nutzung der P durch die N war. Hinzu kam die technische Überführung
("Implement") derselben durch die Pflichtigen in die Infrastrukur der N. Wesentlich ist,
dass die P bereits vor Beginn der Zusammenarbeit entwickelt worden war, und dass
sich die Pflichtige alle Rechte an dieser vorbehielt. Im Lauf des E-Mail-Verkehrs wurde
denn auch diesbezüglich mehrfach von einem Lizenz-Modell gesprochen. Das Ver-
tragsverhältnis enthält demnach Elemente eines Kaufs, einer Lizenzierung und – be-
züglich der "Implementierung" – eines Werkvertrags. Mithin liegt hier ein gemischter
Vertrag vor, weshalb nach den dargestellten Grundsätzen gemäss Ziff. 17 des Kom-
mentars zum OECD-MA vorzugehen ist. Demnach muss der Gesamtbetrag allenfalls
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1 VS.2013.3
aufgegliedert und jeder Teilbetrag entsprechend seiner Art steuerlich behandelt wer-
den, sofern die Hauptleistung nicht gegenüber den übrigen Leistungen überwiegt, und
deshalb die Gesamtvergütung steuerlich so behandelt wird, wie es dieser entspricht.
dd) Mit Bezug auf die Einräumung der Nutzungsrechte an P lassen sich dem
Agreement und dem E-Mail-Verkehr keine Beschränkungen zulasten der N entneh-
men, sondern kann sie diese frei für ihre Zwecke verwenden, in ihre Produkte integrie-
ren und vervielfältigen. Insbesondere ist keine zeitliche oder örtliche Beschränkung
getroffen worden. Das erworbene Nutzungsrecht geht demnach weit über den Erwerb
einer blossen Programmkopie gemäss Ziff. 14 des Kommentars zum OECD-MA hin-
aus. Weiter hat sich die Pflichtige das geistige Eigentum an der P vorbehalten, d.h.
auch sie kann die P uneingeschränkt weiterverwenden. Mithin hat die Pflichtige der N
unbeschränkte Nutzungsbefugnisse auf Dauer überlassen, indessen die Urheberrechte
behalten. Nach Art. 13.1 des Kommentars zum OECD-MA hat demnach keine Vollver-
äusserung ("Alienation") stattgefunden. Der Kommentar betrachtet indessen diesen
letzten Punkt als entscheidendes Abgrenzungskriterium zum Kauf bzw. zum Veräusse-
rungsgewinn. Vor diesem Hintergrund ist hier auf eine Lizenzierung zu schliessen.
Wie bereits erwähnt, enthält die geschuldete Leistung auch eine Werkver-
tragskomponente, indem die Pflichtige P in das Rahmenwerk der N implementiert.
Nach dem Gesagten stellt sich die Frage, ob die Zahlung deshalb auf die einzelnen
Leistungskomponenten aufzuteilen ist. Dies hängt im Wesentlichen davon ab, wie die-
se Leistung im Gesamtzusammenhang zu gewichten ist. Als Kriterium kommt in erster
Linie der hierfür erbrachte zeitliche Aufwand in Betracht; diesbezüglich enthalten in-
dessen die Akten keine klaren Hinweise, sondern nur Anhaltspunkte:
Der E-Mail-Korrespondenz ist zu entnehmen, dass die P bei Entschluss der N,
diese zu erwerben, schon bestanden hat und Vertretern der N vorgeführt wurde. Dem-
entsprechend wurden denn auch erst nach Präsentation überhaupt Vertragsverhand-
lungen aufgenommen. Mithin handelt es sich hierbei um ein fertiges Produkt und bei
ihrer Überlassung um die Hauptleistung des Vertragsverhältnisses. Weiter geht daraus
hervor, dass diese im Wesentlichen unverändert übernommen wurde, d.h. die K weder
mit zusätzlichen Funktionen erweitert wurde noch grössere Modifikationen vorgenom-
men wurden, finden sich doch keine entsprechenden Hinweise in der Korrespondenz.
Mithin ging es um die Überführung der P in die Infrastruktur der N; die nachfolgende
Anpassung zwecks Weiterverwendung wurde durch die N vorgenommen. Dies geht
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1 VS.2013.3
bereits aus dem Agreement hervor, hatte doch die Pflichtige die N bei ihren Experi-
menten sowie bei den Anpassungsarbeiten bloss zu unterstützen. Anzufügen ist, dass
solche zusätzlichen Arbeitsleistungen nicht separat erfasst oder abgerechnet wurden.
Dies deutet darauf hin, dass die Implementierung im Vergleich zur Verfügung-Stellung
von P von untergeordneter Bedeutung war. Hinzuweisen ist schliesslich auf die Bestä-
tigung vom ... November 2013 von T. Darin wird ausgeführt, dass die Zahlung für die
Lizenzierung einer von der Pflichtigen vorentwickelten K war, und einzig kleine Anpas-
sungen ausgeführt werden mussten. Die Leistung habe deshalb zur Hauptsache in
einer Lizenzierung bestanden, weshalb in Korea Quellensteuern zu bezahlen waren.
Dieses Schreiben entspricht nach den Feststellungen des Steuerrekursgerichts den
vorhandenen Akten.
Insgesamt sind daher die Zahlungen als solche aus Lizenzvertrag zu qualifi-
zieren, sodass der Pflichtigen hierfür pauschale Steueranrechnung zusteht.
c) Was die Vorinstanz dagegen vorbringt, überzeugt nicht: Sie stützt sich im
Wesentlichen darauf, dass das Agreement mit Bezug auf allfällige Lizenzzahlungen
sowie die Frage, welche spezifischen Rechte an die N übergegangen waren, keine
Regelung enthält. Dieser Einwand trifft zu; nach Vorlage der E-Mail-Korrespondenz hat
dies aber keine grosse Bedeutung, da – wie dargetan – nun sowohl die Grundlagen
der Zahlung und als auch die übereinstimmende Absicht für eine Lizenzlösung offen-
kundig geworden sind.
Entgegen der Auffassung des Staatssekretariats für internationale Finanzfra-
gen in der Eingabe vom 11. August 2014 lässt sich nichts Gegenteiliges aus der
E-Mail-Korrespondenz herleiten: So ist die Erklärung von R, dass die Pflichtige bereit
sei, ihr "background IP" zu teilen, ohne weiteres als Einräumung eines Nutzungsrechts
zu verstehen. Nichts anderes lässt sich auch aus der Erklärung der N im E-Mail vom
... März 2011 herauslesen, "we have agreed that (...) N is able to protect its specific
solution, when not directly related to A's background". Die darin angesprochene Lö-
sung beruht eben gerade auf P, welche im Eigentum der Pflichtigen verblieb, weshalb
diese Textstelle sogar den Schluss auf eine Nutzung kraft Lizenzierung untermauert.
Weiter deutet die Haftungssumme von EUR 200'000.- auch nicht auf die gemeinsame
Schaffung eines neuen Produkts hin. Gemäss Ziff. 7.2, 7.4 und 7.7 des Agreements
bezieht sich diese auf Haftung für Sachverhalte, bei welchen der "Background" der
Pflichtigen und allfälliges neu geschaffenes geistiges Eigentum die Urheberrechte von
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1 VS.2013.3
Dritten verletzt oder daraus Produktehaftungsklagen erwachsen sollten. Aus der Be-
zugnahme auf "Background" der Pflichtigen ist wiederum der Schluss zu ziehen, dass
deren Nutzung wesentlicher Bestandteil des Vertrags war.
2. Die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der pauschalen Steueran-
rechnung sind nicht umstritten und nach den Akten erfüllt. Der Rückforderungsbetrag
von Fr. 14'773.- liegt ferner unter dem Rückzahlungs-Maximalbetrag von Fr. 37'273.-.
Damit steht einer pauschalen Steueranrechnung nichts entgegen und ist die Be-
schwerde gutzuheissen. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens dem Be-
schwerdegegner aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG). Der Pflichtigen ist aufgrund ihres
Obsiegens eine Parteientschädigung zuzusprechen (§ 152 StG i. V. m. § 17 Abs. 2 des
Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997, VRG). | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
31e15375-652a-4f2a-b92b-3f2c7ab937d3 | hat sich ergeben:
A. Die A GmbH (nachfolgend die Pflichtige) erwarb am ... ... 2010 50/1000
Miteigentum an der Liegenschaft ... in C (Kat.Nr. ...) mit Sonderrecht an der 3 1⁄2-
Zimmerwohnung Nr. ... im 3. OG zum Preis von Fr. 380'000.-. Im Kaufpreis inbegriffen
war eine Einzelgarage mit Bastelraum Nr. ... (10/1000 an Kat.Nr. ...). Nach Sanierung
der Wohnung veräusserte sie diese am ... ... 2012 – ohne Einzelgarage und Bastel-
raum Nr. ... – zum Preis von Fr. 490'000.- an D und E weiter.
Mit Veranlagungsentscheid vom 4. Februar 2013 auferlegte ihr der Gemeinde-
rat C aus Anlass dieser Handänderung eine Grundstückgewinnsteuer von
Fr. 28'393.75 bei einem steuerbaren Gewinn von Fr. 80'938.18. Dabei schätzte er den
Erwerbspreis für das verkaufte Objekt ohne Einzelgarage und Bastelraum auf
Fr. 340'000.- und schätzte die weiteren anrechenbaren Anlagekosten (wertvermehren-
de Aufwendungen, Baukreditzinsen, Handänderungskosten bei Erwerb und bei Ver-
äusserung) auf Fr. 69'061.82 (statt Fr. 127'736.95 gemäss Steuererklärung bzw.
Fr. 138'123.65 gemäss einer am 1. November 2012 eingereichten undatierten Kosten-
aufstellung). Die Schätzung der Aufwendungen erfolgte nach pflichtgemässem Ermes-
sen gemäss § 139 Abs. 2 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG), weil die Pflichti-
ge trotz Auflage vom 16. August 2012 und Mahnung vom 24. September 2012 die
einverlangten Belege nicht eingereicht hatte. Überdies erteilte sie keine detaillierte
Auskunft über die ausgeführten Arbeiten und über den Zustand der Liegenschaft vor
und nach den baulichen Massnahmen.
B. Eine dagegen erhobene Einsprache wies der Gemeinderat C am 19. Au-
gust 2013 ab. Ausserdem auferlegte er der Pflichtigen Verfahrenskosten von Fr. 600.-
für das Einspracheverfahren.
C. Mit Rekurs vom 28. Oktober 2013 liess die Pflichtige beantragen, den an-
gefochtenen Einspracheentscheid aufzuheben und die Grundstückgewinnsteuer von
Fr. 28'393.75 auf Fr. 4'031.- herabzusetzen. Ferner beantragte sie eine Parteientschä-
digung.
2 GR.2013.42
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In der Rekursantwort vom 27. November 2013 schloss der Gemeinderat C auf
Abweisung des Rekurses und verlangte ebenfalls eine Parteientschädigung.
Auf die Parteivorbringen wird, soweit rechtserheblich, in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Die Grundstückgewinnsteuer wird gemäss § 216 Abs. 1 StG von den
Gewinnen erhoben, die sich bei Handänderungen an Grundstücken oder Anteilen von
solchen ergeben. Grundstückgewinn ist laut § 219 Abs. 1 StG der Betrag, um welchen
der Erlös die Anlagekosten (Erwerbspreis und Aufwendungen) übersteigt. Die anre-
chenbaren Aufwendungen sind in § 221 Abs. 1 StG abschliessend aufgezählt
(RB 1990 Nr. 51, 1982 Nr. 105; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum
Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 221 N 3). Dazu gehören wertvermehrende Auf-
wendungen, Grundeigentümerbeiträge, übliche Mäklerprovisionen und Insertionskos-
ten, mit der Handänderung verbundene Abgaben sowie Baukreditzinsen bei Liegen-
schaften im Geschäftsvermögen. Natürliche und juristische Personen, welche mit
Liegenschaften handeln, können gemäss § 221 Abs. 2 StG weitere mit der Liegen-
schaft zusammenhängende Aufwendungen geltend machen, soweit sie auf deren Be-
rücksichtigung bei der Einkommens- oder Gewinnsteuer ausdrücklich verzichtet haben.
2. Streitig ist, ob die Pflichtige als Liegenschaftenhändlerin zu qualifizieren ist.
Diese Frage ist vorweg zu klären, weil davon die Anrechenbarkeit der von der Pflichti-
gen geltend gemachten Aufwendungen weitgehend abhängt.
a) Weil die Bestimmung von § 221 Abs. 2 StG bezweckt, eine weitgehende
steuerliche Gleichstellung von ausser- und innerkantonalen gewerbsmässigen Liegen-
schaftenhändlern zu erreichen, richtet sich die Auslegung des Begriffs des Liegen-
schaftenhändlers im Sinn von § 221 Abs. 2 StG nach der bundesgerichtlichen Recht-
sprechung zu Art. 127 Abs. 3 BV (VGr, 14. Dezember 2005, SB.2005.0073, Regeste
publiziert in RB 2005 Nr. 2004; VGr, 10. Juli 2013, SB.2012.00139, www.vgrzh.ch).
2 GR.2013.42
http://www.vgrzh.ch/
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Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 125 II 113 E. 3c und 6a, mit
Hinweisen; BGr 22. März 2011, 2C.375/2010, www.bger.ch, E. 4.2) liegt Liegenschaf-
tenhandel vor, wenn der Steuerpflichtige An- und Verkäufe von Liegenschaften nicht
nur im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung bei sich zufällig bietender Gele-
genheit tätigt, sondern wenn er dies systematisch und mit der Absicht der Gewinnerzie-
lung tut, wenn er also eine Tätigkeit entfaltet, die in ihrer Gesamtheit auf Gewinnerzie-
lung aus Grundstückgeschäften gerichtet ist. Dabei ist unerheblich, ob die Tätigkeit
haupt- oder nebenberuflich ausgeübt wird. Ob eine Händlertätigkeit in diesem Sinn
vorliegt, ist im Einzelfall stets nach der Gesamtheit der Umstände zu beurteilen. Als
Indizien für Liegenschaftenhandel kommen die systematische bzw. planmässige Art
und Weise des Vorgehens, die Häufigkeit der Liegenschaftsgeschäfte, der enge Zu-
sammenhang eines Geschäfts mit der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, der
Einsatz spezieller Fachkenntnisse, die Besitzesdauer, der Einsatz erheblicher fremder
Mittel zur Finanzierung der Geschäfte oder die Realisierung im Rahmen einer Perso-
nengesellschaft in Betracht.
b) Diese auf natürliche Personen zugeschnittene Begriffsumschreibung gilt
auch für juristische Personen, wobei die Abgrenzung hier insofern schwieriger ist, als
eine juristische Person Kapitalgewinne bei der Veräusserung von Grundstücken immer
zu versteuern hat und nicht nur – wie bei natürlichen Personen –, wenn sie eine Händ-
lertätigkeit ausübt und damit über Geschäftsvermögen verfügt (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, § 221 N 156). Für das Bundesgericht ist dabei entscheidend, ob die
Grundstücke zum Anlage- oder zum Umlaufvermögen gehören (BGE 111 Ia 220). Als
Anlagevermögen gelten Wirtschaftsgüter (u.a. Liegenschaften), die dem Unternehmen
– sei es als Geldanlage oder als betriebsnotwendige Grundlage für die Ausübung der
Tätigkeit – zu dauernder oder mehrmaliger Nutzung dienen. Demgegenüber bilden
Liegenschaften, die laufend angeschafft und wieder veräussert werden, Umlaufvermö-
gen (BGr, 16. September 2005, 2A.122/2005, www.bger.ch). Die Erzielung von Gewinn
durch die Veräusserung von Grundstücken muss ein eigentlicher Geschäftszweck der
juristischen Person sein. Dabei muss es sich aber nicht um den Hauptzweck handeln
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 158). Die Gewinnerzielung durch Erwerb und
Veräusserung von Grundstücken kann auch einen Nebenzweck bilden, der aber im-
merhin einige Bedeutung haben muss.
Werden Aufwendungen nach § 221 Abs. 2 StG geltend gemacht, muss die
Qualifikation als gewerbsmässiger Liegenschaftenhändler nicht nur im Zeitpunkt der
2 GR.2013.42
http://www.bger.ch/ http://www.bger.ch/
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Veräusserung, sondern bereits für den Zeitraum, für den die steuerpflichtige Person
Aufwendungen im Sinn von § 221 Abs. 2 StG geltend macht, gegeben gewesen sein
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 127).
c) Im vorliegenden Fall führte die Rekursgegnerin u.a. zur Abklärung des Lie-
genschaftenhändlerstatus eine Untersuchung durch. Mit Auflage vom 16. August 2012
und Mahnung vom 24. September 2012 gab sie der Pflichtigen Gelegenheit, Fakten
und entsprechende Beweismittel inkl. Jahresrechnung 2011 beizubringen, woraus sich
der Liegenschaftenhändlerstatus ergibt. Die Pflichtige reichte diesbezüglich nichts ein
und erklärte, dass sie die streitbetroffene Wohnung anfangs 2011 gekauft habe. An-
fänglich habe sie ihr Gesellschafter "für sein Pensionsalter nehmen" wollen. Da dieser
inzwischen eine andere Lösung gefunden habe, sei die Wohnung weiterveräussert
worden. Mit dieser weitgehend auf unüberprüfbaren Absichten beruhenden Sachdar-
stellung hat die Pflichtige den Nachweis, dass An- und Verkauf der Liegenschaft in der
Absicht der Gewinnerzielung erfolgten, nicht erbracht.
d) Im Einsprache- und Rekursverfahren präzisierte die inzwischen anwaltlich
vertretene Pflichtige ihre frühere Sachdarstellung wie folgt: Es treffe zwar zu, dass F,
der Geschäftsführer der Pflichtigen, zunächst die Wohnung für sich habe kaufen wol-
len, um sie später als Alterswohnung zu nutzen. Zu diesem Zweck hätte er sie jedoch
privat und nicht über eine juristische Person erworben. Bereits im Jahr 2009, rund ein
Jahr vor dem Erwerb der Wohnung durch die Pflichtige, habe ihm der frühere Eigentü-
mer, G, ein Angebot zum Erwerb der Wohnung unterbreitet. Als sich gegen Ende 2010
abgezeichnet habe, dass er die Wohnung tatsächlich zum Preis von Fr. 380'000.- er-
werben könne, habe er sich entschlossen, die Wohnung zwecks Renovation/Umbau
und Weiterverkauf über eine juristische Person zu erwerben. Denn privat habe er nicht
Gefahr laufen wollen, als gewerbsmässiger Liegenschaftenhändler besteuert zu wer-
den. Nur deshalb habe er kurzfristig vor dem Erwerb die Pflichtige gegründet. Privat
halte er bereits diverse Liegenschaften im Anlagevermögen. Hätte er im Zeitpunkt des
Erwerbs die Absicht gehegt, die Wohnung als Alterswohnung zu nutzen, hätte die
Gründung der GmbH überhaupt keinen Sinn gegeben.
e) Die neu vorgebrachte Sachdarstellung erscheint zwar plausibel. Es verblei-
ben jedoch Zweifel, ob die Pflichtige die streitbetroffene Wohnung in der Absicht er-
worben hat, diese nach einer Renovation mit Gewinn zu verkaufen. Denn einerseits hat
die Pflichtige die Liegenschaft in ihrer mit der Staatssteuererklärung 2011 eingereich-
2 GR.2013.42
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ten Bilanz (Ausdruck vom 20. Februar 2013) zunächst als Anlagevermögen deklariert.
Die Umbuchung ins Umlaufvermögen erfolgte erst nach dem Verkauf der Liegenschaft.
Andererseits hat sie mit dem Verkauf der Wohnung keinen Gewinn, sondern einen
Verlust erzielt, den sie in der Grundstückgewinnsteuererklärung auf Fr. 17'736.40 be-
zifferte. Letzteres und die Tatsache, dass die Pflichtige den Verkaufserlös nicht bald
darauf zum Erwerb einer neuen Liegenschaft verwendete, sprechen nicht für ein fort-
dauerndes und planmässiges Vorgehen, um mit dem Handel von Grundstücken Ge-
winne zu erzielen. Sie behauptet zwar, am ... ... 2014 einen Gewerberaum in H und
am ... ... 2014 ein Grundstück in I erworben zu haben. Daraus kann jedoch nicht ge-
schlossen werden, dass der Erwerb dieser Grundstücke mit dem Ziel erfolgte, diese
nach einem Neubau, Umbau oder einer Sanierung wieder kurzfristig mit Gewinn zu
verkaufen. Es besteht auch kein enger Zusammenhang zwischen dem Liegenschaf-
tengeschäft und den sonstigen Tätigkeiten der Pflichtigen und ihres Geschäftsführers.
Letzterer betreibt in C eine Autogarage und den Handel mit Automobilen. Daneben hält
er diverse Anlageliegenschaften, die er mit eigenen Baumaschinen selber instand hält,
umbaut oder saniert. Als Liegenschaftenhändler ist er bisher laut eigener Sachdarstel-
lung noch nicht in Erscheinung getreten. Bei all diesen Tätigkeiten mag er viel hand-
werkliches Geschick und Fachwissen in der Bau- und Immobilienbranche erworben
haben. Beim vorliegenden Grundstückgeschäft hat er jedoch sein handwerkliches Po-
tential nicht selber eingesetzt, da sämtliche Arbeiten durch Dritte ausgeführt wurden.
Auch die Tatsache, dass die Pflichtige nach 2012 mehrere Umbauten und Sanierungen
durchgeführt hat, ist kein zwingendes Indiz für eine Händlertätigkeit, da sich auch An-
lageliegenschaften für Umbauten und Sanierungen eignen, damit diese entweder wei-
terhin – allenfalls modernisiert – ihren bisherigen Verwendungszweck erfüllen können
oder der Ertragswert solcher Objekte gesteigert werden kann. Da die Pflichtige nach
aussen hin auf dem Markt nicht in Erscheinung tritt, ist anzunehmen, dass sie ihr Ge-
schäftsführer als rechtliches Vehikel für seine eigenen Interessen nutzt und sich die
Bautätigkeit zur Hauptsache auf eigene oder Anlageliegenschaften ihres Geschäftsfüh-
rers bezieht. Der Einsatz von Fremdkapital (Fr. 300'000.-) zur Finanzierung des Er-
werbspreises (Fr. 380'000.- inkl. Bastelraum und Garage) und des Umbaus
(Fr. 116'976.95 laut Grundstückgewinnsteuererklärung) ist zwar verhältnismässig hoch.
Insgesamt erweist sich der Fremdfinanzierungsanteil von rund 60% (Fr. 300'000.-) ge-
messen an den investierten Kosten von Fr. 496'976.95 (ohne Zinsen) nicht als derart
hoch, dass allein deswegen oder in Verbindung mit weiteren Indizien zwingend auf
Liegenschaftenhandel zu schliessen wäre. Fremdfinanzierungsquoten in der vorliegen-
den Grössenordnung oder höher sind nicht selten auch beim Erwerb von Anlagelie-
2 GR.2013.42
- 7 -
genschaften anzutreffen. Für Liegenschaftenhandel spricht einzig die kurze Besitzes-
dauer von etwas mehr als einem Jahr. Dieses Indiz reicht jedoch allein und unter Be-
rücksichtigung der weiteren Kriterien nicht aus, um die Pflichtige als Liegenschaften-
händlerin einzustufen.
Aufgrund dieser Erwägungen ist der Liegenschaftenhändlerstatus der Pflichti-
gen nicht hinreichend belegt, so dass diese nicht berechtigt ist, Aufwendungen nach
§ 221 Abs. 2 StG gewinnmindernd geltend zu machen.
3. Damit ist weiter zu prüfen, ob die Ermessenseinschätzung hinsichtlich der
anrechenbaren Aufwendungen (wertvermehrende Aufwendungen, Baukreditzinsen,
Handänderungskosten beim Erwerb und bei der Veräusserung) zu Recht ergangen ist
und in ihrer Höhe angemessen ist.
a) Die Pflichtige stellt sich diesbezüglich auf den Standpunkt, dass sie den
Sachverhalt mit ihrer Eingabe vom 1. November 2012 im Veranlagungsverfahren hin-
reichend dargelegt habe. Sie habe damals ausgeführt, dass die Wohnung sehr um-
fangreich saniert worden sei. Beide Nasszellen und die Küche seien total saniert wor-
den. Im Wohn- und in den Schlafzimmern sei alles neu gemacht worden. Die
Elektroinstallationen seien komplett ersetzt worden, da sie nicht mehr den gesetzlichen
Vorschriften entsprochen hätten. Aufgrund dieser Mängel sei die Wohnung nicht mehr
bewohnbar gewesen. Bei dieser Sachlage hätten sämtliche Sanierungsaufwendungen
zu 100% als wertvermehrend qualifiziert werden müssen. Eine Schätzung nach pflicht-
gemässem Ermessen sei fehl am Platz gewesen. Doch selbst wenn eine Schätzung
nach pflichtgemässem Ermessen in Frage gekommen wäre, erweise sich die Schät-
zung der Rekursgegnerin als willkürlich.
Demgegenüber vertritt die Rekursgegnerin die Auffassung, dass mit den ge-
nannten Ausführungen die baulichen Massnahmen und der Zustand der Wohnung vor
und nach dem Umbau nicht hinreichend genau dargelegt worden seien. Ziffer 6 der
Mitwirkungsaufforderungen (Auflage und Mahnung) sei damit nicht erfüllt worden. Mit
dem Wegfall der Dumont-Praxis per 1. Januar 2010 seien Aufwendungen, welche der
Beseitigung einer Unterhaltsvernachlässigung dienen, überdies auch nicht mehr als
wertvermehrende Aufwendungen anrechenbar.
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b) Die Steuerbehörden stellen zusammen mit dem Steuerpflichtigen die für
eine vollständige und richtige Besteuerung massgebenden tatsächlichen und rechtli-
chen Verhältnisse fest (§ 132 Abs. 1 StG). Die Abklärung des Sachverhalts und die
Einschätzung obliegen der Steuerbehörde (§§ 138 Abs. 1 und 139 Abs. 1 i.V.m. § 206
StG), während der Steuerpflichtige zur Einreichung der ausgefüllten Steuererklärung
mitsamt Beilagen und zur Mitwirkung an der behördlichen Sachverhaltsermittlung ver-
pflichtet ist (§§ 133-135 StG). Der Steuerpflichtige muss auf Verlangen der Steuerbe-
hörde insbesondere mündlich oder schriftlich Auskunft erteilen und Geschäftsbücher,
Belege und weitere Bescheinigungen sowie Urkunden über den Geschäftsverkehr vor-
legen (§ 135 Abs. 2 StG).
c) Zur Einschätzung nach pflichtgemässem Ermessen im Sinne von § 139
Abs. 2 StG wird geschritten, wenn der Steuerpflichtige trotz Mahnung seine Verfah-
renspflichten nicht erfüllt oder die Steuerfaktoren mangels zuverlässiger Unterlagen
nicht einwandfrei ermittelt werden können. Vorausgesetzt ist ein Untersuchungsnot-
stand. Dieser ist im Regelfall dadurch verursacht, dass der Steuerpflichtige trotz Mah-
nung seinen Mitwirkungspflichten nicht oder nur unvollständig nachgekommen ist. Be-
trifft dies steueraufhebende oder -mindernde Tatsachen, so führt dies nach
verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung (RB 2003 Nr. 92 = ZStP 2003, 343, auch
zum Folgenden) grundsätzlich nicht zu einer Ermessenseinschätzung. Vielmehr ist
diesfalls aufgrund der allgemeinen Beweislastregel (vgl. ASA 62, 720 E. 5b; BGE 121 II
257 E. 4c/aa) zu Ungunsten des für derartige Tatsachen beweisbelasteten Steuer-
pflichtigen anzunehmen, die behaupteten Tatsachen hätten sich nicht verwirklicht.
Dementsprechend ist der in Frage stehende Abzug nicht zu berücksichtigen (vgl.
BGE 92 I 398 = ASA 36, 192; ASA 46, 512). Nur ausnahmsweise ist auch bezüglich
steueraufhebender oder -mindernder Tatsachen eine Schätzung nach pflichtgemäs-
sem Ermessen vorzunehmen, nämlich dann, wenn dem Steuerpflichtigen die gehörige
Mitwirkung an der Ermittlung dieser Tatsachen aus Gründen, die er nicht zu vertreten
hat, unmöglich oder unzumutbar ist (RB 1975 Nr. 54). Gleich verhält es sich, wenn
feststeht, dass dem Steuerpflichtigen dem Grunde nach abziehbare Kosten erwachsen
sind, diese aber hinsichtlich ihrer Höhe ungewiss sind. In diesem Fall wäre es sachwid-
rig und willkürlich, den Abzug nicht zu berücksichtigen, vielmehr muss diesfalls dessen
Höhe nach pflichtgemässem Ermessen geschätzt werden (Martin Zweifel, in: Kommen-
tar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002, Art. 46 N 30 ff. StHG).
2 GR.2013.42
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d) Die Einsprache- bzw. Rechtsmittelbehörde hat bei Vorliegen einer Ermes-
senseinschätzung zunächst zu prüfen, ob der Steuerpflichtige eine Verfahrenspflicht
verletzt hat. Wurde eine solche missachtet und hat diese Verletzung zu einem Unter-
suchungsnotstand geführt, so hat die Steuerbehörde zu Recht eine Ermessensein-
schätzung vorgenommen. Andernfalls mangelt es an der erforderlichen rechtlichen
Grundlage für eine solche Einschätzung.
e) Voraussetzung einer Ermessenseinschätzung bildet in formeller Hinsicht,
dass der Steuerpflichtige zulässigerweise formrichtig zur Erfüllung seiner Verfahrens-
pflichten aufgefordert und gemahnt worden ist (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 139
N 66 ff.). Dabei sind Begehren um Auskünfte bzw. Beweismittelvorlagen von der Steu-
erbehörde aus Beweisgründen schriftlich zu stellen und ist die vom Steuerpflichtigen
vorzunehmende Mitwirkungshandlung klar und unmissverständlich zu bezeichnen;
andernfalls ist dem Steuerpflichtigen die Erfüllung der Auflage unter Umständen nicht
zumutbar (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 135 N 13). Darüber hinaus müssen die
geforderten Mitwirkungshandlungen auch geeignet und notwendig sein, den rechtser-
heblichen Sachverhalt abzuklären (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 135 N 34).
f) Vorliegend hat das Gemeindesteueramt die Pflichtige im Veranlagungsver-
fahren zu Recht zur Mitwirkung bei der Festsetzung des wertvermehrenden Anteils an
den gesamten Sanierungskosten aufgefordert. Denn die Kosten für bauliche Mass-
nahmen an einer bereits bestehenden Liegenschaft sind nicht schlechthin bei der
Grundstückgewinnsteuer anrechenbar. Die Anrechenbarkeit ist vielmehr auf die soge-
nannten dauernd wertvermehrenden Aufwendungen (Neuinvestitionen) beschränkt
(§ 221 Abs. 1 lit. a StG; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 30). Darunter sind nur
solche Aufwendungen zu verstehen, welche die Beschaffenheit des Grundstücks im
objektiv-technischen Sinn dauernd verbessern (RB 1983 Nr. 42). Im Gegensatz hierzu
stehen werterhaltende Aufwendungen (Ersatzinvestitionen, Renovationen, Instandstel-
lungskosten, Reparaturen), deren Ziel nicht die Schaffung neuer, sondern die Erhal-
tung bisheriger Werte ist und die in längeren oder kürzeren Zeitabständen wiederkeh-
ren (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 30 ff.). Letztere können bei der
Grundstückgewinnsteuer grundsätzlich nicht berücksichtigt werden, sondern sind ein-
zig nach § 30 Abs. 2 StG bzw. § 64 StG bei der Einkommens- bzw. Gewinnsteuer zum
Abzug von den steuerbaren Einkünften zugelassen (RB 1977 Nr. 49, 1981 Nr. 55; VGr,
22. April 1986 = StE 1987 B 44.13.1 Nr. 1, jeweils zu § 30 Abs. 2 StG).
2 GR.2013.42
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Bei Umbauten bestehender Gebäude können wertvermehrende und werter-
haltende Aufwendungen naturgemäss nicht immer scharf auseinander gehalten wer-
den; sie lassen sich aus diesem Grund nur schätzen. Dabei ist es Sache des Steuer-
pflichtigen, die notwendigen Schätzungsgrundlagen zu beschaffen. Hierzu bedarf es
insbesondere genauer Angaben über die ausgeführten Arbeiten und den Zustand so-
wie die Ausrüstung des Objekts vor und nach dem Umbau (RB 1997 Nr. 51; VGr,
22. April 1986 = StE 1987 B 44.13.1 Nr. 1). Eine solche Sachdarstellung hat die Re-
kursgegnerin in ihrer Auflage vom 16. August 2012 von der Pflichtigen verlangt. Die
Auflage war klar, geeignet und notwendig, um den rechtserheblichen Sachverhalt ab-
zuklären. Ausserdem war der Pflichtigen die Erfüllung dieser Auflage ohne weiteres
zumutbar. Die Auflage und die am 24. September 2012 ergangene gleichlautende
Mahnung erwiesen sich auch in formeller Hinsicht korrekt. Namentlich enthielten beide
Mitwirkungsaufforderungen die Androhung der Einschätzung nach pflichtgemässem
Ermessen gemäss § 139 Abs. 2 StG und einen Hinweis auf die weiteren Rechts-
nachteile. Die Pflichtige bringt denn auch diesbezüglich keine Beanstandungen vor.
g) Sie vertritt vielmehr die Auffassung, dass sie mit ihrer kurzen, aus sechs
Zeilen bestehenden Sachdarstellung vom 1. November 2012 (siehe E. 3a) ihrer Mitwir-
kungspflicht vollumfänglich nachgekommen sei.
Dies trifft jedoch nicht zu. Die Pflichtige hat die im Einzelnen erfolgten Liefe-
rungen und Leistungen und den Zustand vor und nach den baulichen Massnahmen
nicht detailliert dargelegt, sondern nur sehr allgemeine Ausführungen über Lieferungen
und Leistungen und schon gar keine (für die Abgrenzung zwischen werterhaltenen und
wertvermehrenden Aufwendungen besonders wichtigen) detaillierten Ausführungen
zum Zustand und zur Ausstattung der Wohnung vor und nach der Totalsanierung ge-
macht. Ferner legte sie nicht dar, welche Mängel im Zeitpunkt des Erwerbs bestanden,
die nach Auffassung der Pflichtigen zur Unbewohnbarkeit der Wohnung führten. Bei
dieser Sachlage lässt sich die Abgrenzung zwischen werterhaltenden und wertvermeh-
renden Aufwendungen nicht vornehmen. Ferner kann nicht beurteilt werden, ob sich
die Wohnung beim Erwerb lediglich in einem unterhaltsvernachlässigten oder verwahr-
losten (d.h. unbewohnbaren) Zustand befunden hat. Der Begriff der Verwahrlosung
geht über die blosse Unterhaltsvernachlässigung im Sinn der Dumont-Praxis hinaus
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 35). Verwahrlosung liegt vor, wenn ein-
schneidende Beschädigungen im Innern des Gebäudes vorhanden sind, die zur
Unbewohnbarkeit führen; z.B. faules Backsteinmauerwerk infolge Durchnässung, faule
2 GR.2013.42
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Dachuntersichten, Fenster und Jalousieläden, unbegehbare Balkone (VGr,
8. März 1994, SR 93/0049). Die Verwahrlosung besteht aber auch in bedeutenden
Mängeln von Teilen der Bausubstanz, deren Behebung umfangreiche und aufwendige
Sanierungsarbeiten erfordert (StRK III, 24. März 2000, StE 2001 B 44.13.1 Nr. 4).
Demgegenüber genügt es für die Unterhaltsvernachlässigung im Sinn der Dumont-
Praxis bereits, wenn über eine längere Zeit (15 und mehr Jahre) die anfallenden Un-
terhaltsarbeiten unterblieben sind (VGr Freiburg, 12. Mai 2000, StE 2000 B 25.6 Nr. 41;
VGr Aargau, 18. September 2006, StE 2007 B 25.6 Nr. 55) und als Folge davon, ohne
dass dies zur Unbewohnbarkeit führt, mehrere Bauteile und Einrichtungen entweder
nicht mehr zeitgemäss, unansehnlich oder nicht mehr funktionstauglich sind. Läge
Verwahrlosung vor, worauf die Umstände aber nicht hindeuten, da die streitbetroffene
Wohnung vor dem Erwerb bewohnt war, hätte dies nach der Rechtsprechung – auch
nach Wegfall der Dumont-Praxis per 1. Januar 2010 – zur Folge, dass die Aufwendun-
gen zur Behebung der Verwahrlosung weitgehend als wertvermehrende Aufwendun-
gen anzurechnen wären, sofern diese in ihrer Gesamtheit einer eigentlichen Neu-
einrichtung gleichkommen (VGr, 8. März 1994, SR.93/0049 und 7. Juni 1994,
SR 94/0025; VGr, 22. April 1986, StE 1987 B 44.13.1 Nr. 1; RB 1977 Nr. 49). Ebenso
reichte die Pflichtige die einverlangten Belege zu den deklarierten Baukreditzinsen so-
wie den Handänderungskosten beim Erwerb und Verkauf nicht ein. Damit hat sie die
Auflagen des Steueramts kaum erfüllt und dadurch Verfahrenspflichten verletzt. Der
Rekursgegnerin blieb aufgrund dessen gar keine andere Wahl, als die nach § 221
Abs. 1 StG anrechenbaren Aufwendungen nach pflichtgemässem Ermessen zu schät-
zen.
4. a) Eine zu Recht ergangene Ermessenseinschätzung kann der Steuer-
pflichtige laut § 140 Abs. 2 StG einzig wegen offensichtlicher Unrichtigkeit anfechten.
Diese Norm beinhaltet eine Kognitionsbeschränkung der Prüfungsinstanzen. Letztere
können eine zu Recht getroffene Ermessenseinschätzung nur aufheben, wenn sie sich
als offensichtlich falsch erweist (so im Ergebnis Martin Zweifel, in: Kommentar zum
Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2b, 2. A., 2008, Art. 130 N 33 DBG). Den ent-
sprechenden Nachweis kann der Steuerpflichtige auf zwei Arten erbringen (Martin
Zweifel, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002,
Art. 48 N 46 ff. StHG, auch zum Folgenden): Vorab kann er den tatsächlichen Sach-
verhalt dartun und den entsprechenden Nachweis leisten, mit der Folge, dass die im
Streit stehende Ermessenseinschätzung durch eine ordentliche Einschätzung ersetzt
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wird und die Steuerfaktoren nach den für "gewöhnliche" Einschätzungen geltenden
Regeln ermittelt werden. Ist die Ermessensveranlagung Folge einer versäumten Mit-
wirkungspflicht, so muss der Steuerpflichtige dabei insbesondere die versäumten
Handlungen innerhalb der Rechtsmittelfrist nachholen (RB 1999 Nr. 150).
Ist dieser Nachweis nicht möglich oder misslingt er, kann der Steuerpflichtige
sodann noch darlegen und nachweisen, dass die angefochtene Einschätzung offen-
sichtlich unrichtig ist. Als offensichtlich unrichtig erweist sich eine Schätzung dann,
wenn sie sachlich nicht begründbar (z.B. erkennbar pönal oder fiskalisch begründet)
ist, sich auf sachwidrige Schätzungsgrundlagen, -methoden oder -hilfsmittel stützt oder
sonst wie mit den konkreten aktenkundigen Verhältnissen aufgrund der Lebenserfah-
rung vernünftigerweise nicht vereinbar ist (Zweifel, Art. 48 N 59 StHG, mit Hinweisen).
Ist dieser Nachweis geleistet, bleibt es zwar bei einer Ermessenseinschätzung, doch
wird die angefochtene durch eine neue Schätzung der Rechtsmittelinstanz ersetzt.
Im Rekursverfahren betreffend eine Ermessenseinschätzung sind dem Steu-
errekursgericht weitere Untersuchungen verwehrt. Es hat vielmehr bei seiner einge-
schränkten Überprüfung des angefochtenen Entscheids auf offensichtliche Unrichtig-
keit hin nur jene im Zeitpunkt der Entscheidfällung vorhandenen Schriftstücke zu
berücksichtigen, welche den behaupteten Sachverhalt sofort beweisen oder zumindest
als sehr wahrscheinlich erscheinen lassen (VGr, 27. Mai 1986, SB 10/1986 und
11. September 1986, SB 38/1986; Martin Zweifel, Die Sachverhaltsermittlung im Steu-
erveranlagungsverfahren, 1989, S. 144).
b) Im Einspracheverfahren und Rekursverfahren hat die Pflichtige die ver-
säumten Mitwirkungspflichten nicht umfassend nachgeholt. Sie reichte einzig die Bele-
ge zu den geltend gemachten wertvermehrenden Aufwendungen im Gesamtbetrag von
Fr. 116'976.95 und zu geltend gemachten Notariatskosten und Zinsen ein. Hingegen
unterblieb weiterhin eine detailierte Sachdarstellung über Lieferungen und Leistung
und vor allem zum Zustand und zur Ausstattung vor und nach Sanierung der Woh-
nung. Der Unrichtigkeitsnachweis wurde damit nicht erbracht. Somit muss die Ermes-
senseinschätzung bestehen bleiben und ist einzig noch der Höhe nach auf Willkür zu
überprüfen ist.
c) In der Rekursschrift führt die Pflichtige vor allem aus, dass sich die Schät-
zung als willkürlich erweise. Dies belege der um Fr. 150'000.- höhere Kaufpreis, der
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- 13 -
nach einem Jahr und etwas mehr als drei Monaten für die Wohnung erzielt worden sei.
Da die Bodenpreise in C während der Besitzesdauer eher gesunken seien, sei die
Wertsteigerung der Wohnung ausschliesslich auf die Sanierung der Wohnung zurück-
zuführen.
Mit diesen Ausführungen ist nicht schlüssig dargetan worden, dass die Schät-
zung der Aufwendungen willkürlich erfolgte. Entgegen der Auffassung der Pflichtigen
ist der erzielte Kaufpreis kein zuverlässiger Gradmesser für die Bemessung von wert-
vermehrenden Aufwendungen, weil dieser nicht allein von wertvermehrenden Investiti-
onen, sondern von zahlreichen weiteren Faktoren abhängt. Dazu gehören Angebot und
Nachfrage und – im vorliegenden Fall relevant – auch werterhaltende Instandstel-
lungsarbeiten (Neuanstriche, Ersatz veralteter Installationen), weil dadurch die durch
langjährige Unterhaltsvernachlässigung verursachte Altersentwertung zu einem erheb-
lichen Teil beseitigt wird und die Wohnung wieder in den Zustand versetzt wird, in dem
sie sich früher einmal befunden hat. Ob darüber hinaus auch wertvermehrende Leis-
tungen (neue Einrichtungen, Qualitätsverbesserungen) im behaupteten Umfang von
Fr. 116'976.- erbracht worden sind, lässt sich nicht einmal ansatzweise feststellen, weil
die notwendigen detaillierten Ausführungen über den Zustand und die Ausstattung der
Wohnung vor und nach der Sanierung vollständig fehlen.
Die Rekursgegnerin berücksichtigte bei ihrer Schätzung immerhin Aufwen-
dungen von Fr. 69'061.82, wobei in dieser Summe auch Handänderungskosten für
Erwerb und Veräusserung und Schuldzinsen (gemeint sind offenbar Baukreditzinsen,
da Schuldzinsen nach § 221 Abs. 1 lit. a StG keine anrechenbaren Anlagekosten sind)
enthalten sind. Die anteiligen Handänderungskosten beim Erwerb belaufen sich laut
Rechnung des Notariats J vom ... ... 2010 auf Fr. 442.40 (= Fr. 494.45 : Fr. 380'000 x
Fr. 340'000.-). Die weiteren in dieser Rechnung enthaltenen Kosten betreffen nicht
anrechenbare Finanzierungskosten (Kosten für Schuldbrieferhöhung). Die Handände-
rungskosten beim Verkauf belaufen sich laut den eingereichten Belegen auf Fr. 645.-.
Bei den geltend gemachten (nicht aktivierten) Zinskosten von Fr. 3'100.-, die laut Ab-
rechnungen der K nur im Umfang von Fr. 3'080.05 belegt sind, handelt es sich im
überwiegenden Ausmass um Hypothekarzinsen, die nicht anrechenbar sind. Als Bau-
kreditanteil könnte höchstens ein Kredit-Anteil von Fr. 100'000.- mit einem Zinsanteil
von Fr. 1'026.70 ausgeschieden werden. Davon wäre aber noch der Anteil für werter-
haltende Sanierungskosten auszuscheiden, den die Rekursgegnerin auf rund 50%
(Fr. 513.35) schätzte. Zieht man von den geschätzten Aufwendungen von
2 GR.2013.42
- 14 -
Fr. 69'061.82 sämtliche Handänderungskosten (Fr. 1'087.40) und Baukreditzinsen
(Fr. 513.35) ab, beläuft sich der Schätzungsanteil für die berücksichtigten wertvermeh-
renden Aufwendungen und allfälligen weiteren Anlagekosten auf Fr. 67'461.-.
Dieser Betrag erweist sich gemessen an den gesamthaft aktivierten Kosten von
Fr. 121'065.25 keineswegs als willkürlich, sondern sogar noch als entgegenkommend.
Die fehlende Sachdarstellung hätte auch eine tiefere Schätzung gerechtfertigt. Bei ei-
nigen Rechnungen bestehen zudem Zweifel, ob sämtliche dort aufgeführten Kosten
das veräusserte Objekt betrafen. So verfügt die 3 1⁄2-Zimmer-Wohnung laut Rechnung
der L AG vom ... ....2012 nur über ein Bad (mit Badewanne, Waschbecken, Wand-WC
und Dusche) und ein Gäste-WC (mit Wand-WC und Lavabo). Alle Armaturen wurden
von L geliefert. Bei dieser Sachlage ist nicht nachvollziehbar, in welchen Räumlichkei-
ten zwei weitere Badewannen und eine Runddusche installiert wurden. Für eine
3 1⁄2-Zimmer auffällig hoch sind auch die Kosten für Elektromaterial. Es ist kaum nach-
vollziehbar, wie es die Pflichtige zustande brachte, in dieser kleinen Wohnung allein
schon 36 UP-Steckdosen zu installieren. Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist, weshalb
für diese Wohnung gleich zwei Muster-Küchen bestellt wurden. Da der Pflichtige diver-
se Anlageliegenschaften besitzt, liegt die Vermutung nahe, dass das gelieferte Material
teilweise in anderen Wohnungen eingebaut wurde.
Weitgehend nicht anrechenbar sind auch die geltend gemachten (aktivierten)
Beiträge von Fr. 4'839.- und Fr. 3'226.- an die Stockwerkeigentümergemeinschaft, da
diese überwiegend Betriebskosten (Heiz- und diverse Nebenkosten) betreffen. Auch
die Einlagen in den Erneuerungsfonds, die sich laut der Wertquote des veräusserten
Objekts von 50/1000 auf Fr. 1'250.- im Jahr 2011 beliefen (Einlagen Fr. 25'000.-, davon
50/1000), stellen keine Anlagekosten dar und sind insofern auch nicht einer Ermes-
senseinschätzung zugänglich, da das Fondsvermögen zur Bestreitung der Kosten für
künftige Grossreparaturen (z.B. Fassadenrenovation) dient. Die im Jahr 2011 erbrach-
te Einlage von Fr. 1'250.- – weitere Einlagen sind nicht nachgewiesen worden – ist
jedoch im Ergebnis als Erlösminderung zu berücksichtigen, weil bei der Veräusserung
die für das Vertragsobjekt geleisteten Beiträge in den Unterhalts- und Erneuerungs-
fonds im Kaufpreis inbegriffen waren. Dies war auch beim Erwerb der Liegenschaft der
Fall (Ziffer 2.b der Weiteren Bestimmungen des Kaufvertrages vom ... ... 2010).
Da die Pflichtige keine Liegenschaftenhändlerin ist, besteht kein Anspruch
darauf, die aus dem vorliegenden Verkauf resultierende Grundstückgewinn- und direk-
te Bundessteuer bei den Anlagekosten zur Anrechnung zu bringen. Anzumerken ist,
2 GR.2013.42
- 15 -
dass die Pflichtige gar keinen bundessteuerpflichtigen Gewinn erzielt hat, so dass die
direkte Bundessteuer bereits aus diesem Grund nicht bei den Anlagekosten zu berück-
sichtigen wäre.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die angefochtene Ermessenseinschät-
zung keineswegs willkürlich erfolgte.
5. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ergibt sich folgende neue Steuer-
berechnung:
Grundstückgewinn laut Veranlagungs- und Einspracheentscheid Fr. 80'938.00
./. Erlösminderung (Einlagen in den StWE-Erneuerungsfonds) Fr. 1'250.00
Steuerbarer Grundstückgewinn Fr. 79'688.00
Steuerbarer Grundstückgewinn abgerundet Fr. 79'600.00
Grundstückgewinnsteuer gemäss § 225 Abs. 1 StG Fr. 22'260.00
25% Zuschlag (Besitzesdauer 1 Jahr) Fr. 5'565.00
Grundstückgewinnsteuer netto Fr. 27'825.00
6. Ausgangsgemäss und aufgrund der Tatsache, dass die Pflichtige im vor-
instanzlichen Verfahren Verfahrenspflichten verletzte und zu Recht nach pflichtgemäs-
sem Ermessen veranlagt wurde, sind die Kosten des Rekursverfahrens der nahezu
vollständig unterliegenden Pflichtigen aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 und 2 StG) und steht
ihr die beantragte Parteientschädigung nicht zu (§ 152 StG in Verbindung mit § 17
Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). Auch
der obsiegenden Rekursgegnerin ist keine Parteientschädigung zuzusprechen, weil die
Pflichtige im Rekursverfahren gegenüber dem vorinstanzlichen Verfahren kaum neue,
rechtlich relevante Gesichtspunkte einbrachte. Die Vorbringen der Rekursgegnerin im
Rekursverfahren bezogen sich weitgehend auf die überflüssige Wiedergabe des nicht
bestrittenen Sachverhalts und Verfahrensablaufs, auf die ausführliche Zusammenfas-
sung der Rekursbegründung und auf rechtliche Erwägungen, die im Wesentlichen be-
reits im ausführlich begründeten Einspracheentscheid enthalten waren.
2 GR.2013.42
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Die Einsprachekosten von Fr. 600.- sind der Pflichtigen zu Recht auferlegt
worden, weil sie diese Kosten durch eine schuldhafte Verletzung von Verfahrenspflich-
ten notwendig gemacht hat (§ 142 Abs. 2 StG). | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
32572d79-2da6-42e1-af55-d19233b2bea9 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) war bis 20... an der Universität D als Privat-
dozent tätig und betrieb daneben eine Anwaltspraxis. Er bewohnt mit seiner Ehefrau B
(nachfolgend zusammen die Pflichtigen) eine eigene Wohnung in E. 1999 erwarb er an
der ...strasse in Zürich eine Wohnung zu Stockwerkeigentum, welche er für diverse
Aktivitäten, u.a. auch als Anwalt, nutzte. In der Jahresrechnung belastete er dafür je-
weils einen geschäftlichen Mietaufwand. In der Jahresrechnung 2010 brachte er einen
Vermerk an, wonach er seine Anwaltstätigkeit seit ... 2010 aus Alters- und Gesund-
heitsgründen sistiert habe, und deklarierte für dieses Jahr daraus einen Verlust von
Fr. 17'924.-.
Der Steuerkommissär nahm am 5. März 2012 einen Augenschein in der Woh-
nung an der ...strasse. Mit Auflage vom 15. März 2012 stellte er in Aussicht, diese we-
gen der Anwaltspraxis als Geschäftsvermögen zu qualifizieren und aufgrund der 2010
erfolgten Aufgabe der selbstständigen Erwerbstätigkeit von einer Privatentnahme aus-
zugehen. Zudem erstellte er eine Schätzung über den Verkehrswert. Die Pflichtigen
nahmen hierzu am 12. April 2012 Stellung. Sie machten geltend, dass es sich um Pri-
vatvermögen gehandelt habe; zudem sei der errechnete Verkehrswert zu hoch.
Das kantonale Steueramt veranlagte die Pflichtigen am 25. April 2012 für die
direkte Bundessteuer 2010 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 632'900.-. Da-
bei hielt es an der Qualifikation der Stockwerkeinheit als Geschäftsvermögen fest und
rechnete gestützt darauf einen steuerbaren Kapitalgewinn aus selbstständiger Er-
werbstätigkeit von Fr. 267'000.- auf.
B. Hiergegen erhoben die Pflichtigen am 25. Mai 2012 Einsprache mit dem
Antrag, sie mit einem steuerbaren Einkommen von (gerundet) Fr. 365'900.- einzu-
schätzen. In der Begründung wiederholten sie im Wesentlichen ihre bereits im Ein-
schätzungsverfahren vorgebrachten Argumente. Das kantonale Steueramt forderte sie
am 4. Oktober 2012 auf, zum neu errechneten Verkehrswert der Stockwerkeinheit von
Fr. 1'255'000.- Stellung zu nehmen. Dem kamen sie am 23. Oktober 2012 nach. Am
17. November 2012 wies das kantonale Steueramt die Einsprache ab und erhöhte das
steuerbare Einkommen auf Fr. 694'400.-. Den steuerbaren Kapitalgewinn setzte es
1 DB.2012.306
- 3 -
neu auf Fr. 365'000.- fest, berücksichtige aber zugunsten der Pflichtigen eine AHV-
Rückstellung von Fr. 36'500.-.
C. Mit Beschwerde vom 12. Dezember 2012 wiederholten die Pflichtigen
Einspracheantrag und –begründung. Das kantonale Steueramt schloss am 11. Janu-
ar 2013 auf Abweisung der Beschwerde. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess
sich nicht vernehmen. Am 13. Februar 2013 liessen die Pflichtigen durch einen neu
bestellten Rechtsvertreter eine Replik einreichen.
Mit Auflage vom 7. Juni 2013 verlangte das Steuerrekursgericht von den
Pflichtigen nähere Angaben zur Nutzung der Liegenschaft. Dem kamen diese am
28. Juni 2013 nach. Das kantonale Steueramt nahm hierzu am 29. Juli 2013 Stellung. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Der Einkommenssteuer unterliegen alle wiederkehrenden und einmali-
gen Einkünfte mit Ausnahme der Kapitalgewinne aus der Veräusserung von Privatver-
mögen (Art. 16 Abs. 1 und Abs. 3 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer
vom 14. Dezember 1990, DBG). Steuerbar sind alle Einkünfte aus einem Handels-,
Industrie-, Gewerbe-, Land- und Forstwirtschaftsbetrieb, aus einem freien Beruf sowie
aus jeder anderen selbstständigen Erwerbstätigkeit (Art. 18 Abs. 1 DBG). Dazu zählen
auch alle Kapitalgewinne aus Veräusserung, Verwertung oder buchmässiger Aufwer-
tung von Geschäftsvermögen. Der Veräusserung gleichgestellt ist unter anderem die
Überführung von Geschäfts- in Privatvermögen (Art. 18 Abs. 2 DBG). Als Geschäfts-
vermögen gelten alle Vermögenswerte, die ganz oder vorwiegend der selbstständigen
Erwerbstätigkeit dienen (Art. 18 Abs. 2 Satz 3 erster Teil DBG).
b) Auf eine Überführung von Geschäftsvermögen in das Privatvermögen ist zu
schliessen, wenn die steuerpflichtige Person Betriebsvermögen fortan dauernd für pri-
vate Zwecke nutzt (Privatentnahme; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar
zum DBG, 2. A., 2009, Art. 18 N 81 DBG, auch zum Folgenden; BGE 125 II 113 E. 6c).
Bei der direkten Bundessteuer liegt eine dauerhafte Änderung bereits nach zwei Jah-
1 DB.2012.306
- 4 -
ren vor (vgl. auch Peter Locher, Kommentar zum DBG, 2001, Art. 18 Rz. 146 ff;
Markus Reich, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A., 2008,
Art. 18 N 54 ff. DBG; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 18 N. 81 f. DBG).
c) Ob ein Wertgegenstand dem Privat- oder dem Geschäftsvermögen zuzu-
ordnen ist, entscheidet sich aufgrund einer Würdigung aller tatsächlichen Umstände
(BGr, 8. Oktober 2007, StE 2008 B 23.2 Nr. 36; BGr, 31. Juli 2013, 2C_322/2013,
www.bger.ch, auch zum Folgenden). Entscheidendes Zuteilungskriterium ist dabei die
technisch-wirtschaftliche Funktion des fraglichen Vermögensgegenstands; massge-
bend ist also in erster Linie, ob der Gegenstand tatsächlich dem Geschäft dient
(vgl. Martin Arnold, Geschäfts- und Privatvermögen im schweizerischen Einkommens-
steuerrecht, ASA 75, 265 ff., insbesondere 274 und 281, mit Hinweisen auf die
Rechtsprechung; Julia von Ah, Die Besteuerung Selbständigerwerbender, 2. A., 2011,
S. 61 f; BGr, 26. Mai 2005, 2A.700/2004, E. 4.4.2, mit Hinweisen). Die buchmässige
Behandlung eines Gegenstands ist im Rahmen der Gesamtwürdigung als Indiz zu wer-
ten. Zu berücksichtigen ist nicht nur die formelle Aufnahme (oder Nichtaufnahme) des
Gegenstands in die Bilanz, sondern die konkrete buchhalterische Behandlung insge-
samt, also etwa auch die Vornahme von Abschreibungen oder die Verbuchungsweise
von einschlägigen Aufwands- und Ertragspositionen usw. Indessen kann ein Gegen-
stand – aufgrund seiner technisch-wirtschaftlichen Funktion – auch dann Geschäfts-
vermögen darstellen, wenn er nicht in die Buchhaltung aufgenommen worden ist. Von
Bedeutung kann ebenfalls die Qualität der Buchführung des Steuerpflichtigen sein
(vgl. dazu Arnold, S. 280 f., mit Hinweis).
Objekte, welche gemischt, d. h. teils geschäftlich, teils privat genutzt werden,
werden in ihrer Gesamtheit dem Geschäftsvermögen zugewiesen, wenn sie vorwie-
gend der selbstständigen Erwerbstätigkeit dienen (Präponderanzmethode). Das Bun-
desgericht stellt für die Zuordnung auf das Kreisschreiben Nr. 2 der Eidgenössischen
Steuerverwaltung vom 12. November 1992 ab, welches auf das Merkblatt vom 12. No-
vember 1992, Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit nach Art. 18 DBG,
verweist (nachfolgend Merkblatt; BGr, 31. Juli 2013, 2C_322/2013; von Ah, S. 61, auch
zum Folgenden). Nach Ziff. 2.1. des Merkblatts sind alle den geschäftlich genutzten
Liegenschaftsteil betreffenden Erträge ins Verhältnis zum Gesamtertrag aus der Lie-
genschaft zu setzen. Allenfalls kann auch auf andere geeignete Kriterien wie Fläche,
Rauminhalte, in Grenzfällen auch auf die gewährten Abschreibungen abgestellt wer-
den. Der gesamte Liegenschaftsertrag setzt sich aus den auf die gesamte Liegenschaft
1 DB.2012.306
- 5 -
entfallenden Einkünften gemäss Art. 21 DBG unter Einbezug des Eigenmietwerts für
den geschäftlich genutzten Liegenschaftsteil zusammen. Die auf den geschäftlich ge-
nutzten Liegenschaftsteil entfallenden Erträge setzen sich aus dem Eigenmietwert und
allen übrigen Einkünften nach Art. 21 DBG für den geschäftlich genutzten Teil zusam-
men. Die Festsetzung des Eigenmietwerts für den geschäftlich genutzten Liegen-
schaftsteil hat zum Marktwert zu erfolgen (Art. 21 Abs. 2 i.V.m. Art. 16 Abs. 2 DBG).
Beträgt der so ermittelte Anteil der geschäftlichen Nutzung mehr als 50%, liegt eine
vorwiegend geschäftliche Nutzung vor und gilt die Liegenschaft insgesamt als Ge-
schäftsvermögen.
2. Streitig ist vorab, ob der Pflichtige seine selbstständige Erwerbstätigkeit
2010 aufgegeben hat. Er verneint dies und verweist darauf, dass er weiterhin alle wich-
tigen Periodika abonniert habe und Mitglied beim Anwaltsverband sowie beim Oberge-
richt als Anwalt eingetragen gewesen sei.
Der Pflichtige mit Jahrgang 19... vollendete 2010 das ... Altersjahr. 2009 de-
klarierte er aus der selbstständigen Erwerbstätigkeit Einkünfte von Fr. 6'064.- (Umsatz
Fr. 34'342.70) und brachte auf der Jahresrechnung den Vermerk "Reduzierung der
Anwaltstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen" an. Für 2010 deklarierte er einen Ver-
lust von Fr. 17'924.- (Umsatz Fr. 13'164.-) und erklärte die "Sistierung der Anwaltstätig-
keit seit ... 2010 aus Alters- und Gesundheitsgründen". In der Steuererklärung 2011
liess er die Position "Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit" leer, zudem er-
klärten die Pflichtigen auf S. 4 des Steuererklärungsformulars, dass das Büro in D für
diverse nicht-kommerzielle Tätigkeiten benutzt werde. Aus diesen Umständen ist auf
eine Aufgabe der aktiven Anwaltstätigkeit mit Erwerbsabsicht und Klientenkontakt im
Jahr 2010 zu schliessen. Daran ändert die Weiterführung der genannten Abonnemente
und Mitgliedschaften nichts. Dementsprechend räumt der Pflichtige selber ein, dass er
allfällige Mandatsanfragen im Jahr 2011 abgelehnt habe. Damit wurde in der Folge die
Liegenschaft auch nicht mehr für die Anwaltstätigkeit, sondern nur noch für die diver-
sen privaten Tätigkeiten genutzt. Mithin ist von einer Aufgabe der selbstständigen Er-
werbstätigkeit 2010 auszugehen.
3. Damit stellt sich als nächstes die Frage, ob es sich bei der Stockwerkeigen-
tumseinheit an der ...strasse in D um Geschäftsvermögen oder um Privatvermögen
1 DB.2012.306
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gehandelt hat. Nach der Sachdarstellung der Pflichtigen liegt eine gemischte Nutzung
der Stockwerkeigentumseinheit vor, weshalb aufgrund der einschlägigen Kriterien zu
prüfen ist, ob die private oder die geschäftliche Nutzung überwiegt.
a) Buchhalterisch war die Stockwerkeinheit seit dem Kauf 1999 nie als Akti-
vum in der Buchhaltung enthalten, und es wurden darauf unbestritten auch keine Ab-
schreibungen vorgenommen. Nach Sachdarstellung der Pflichtigen wurde für den Kauf
keine Hypothek aufgenommen, und die Verwaltungsbeiträge an die Stockwerkeigen-
tümergemeinschaft nicht der Jahresrechnung belastet, sondern privat bezahlt. Die
Stockwerkeigentumseinheit wurde demnach formell konsequent als Privatvermögen
geführt. Damit ist immerhin festzuhalten, dass der subjektive Willen des Pflichtigen auf
eine Nutzung als Privatvermögen gerichtet war. Dies allein reicht indessen für die Qua-
lifikation als Privatvermögen nicht aus, da ein technisch-wirtschaftlich eindeutig ge-
schäftlich genutzter Vermögensgegenstand auch dann als Geschäftsvermögen zu be-
trachten ist, wenn er nicht in die Bilanz aufgenommen wurde.
b) Nach der zitierten Rechtsprechung kommt dem Ertragsverhältnis entschei-
dende Bedeutung zu. Demnach sind alle den geschäftlich genutzten Liegenschaftsteil
betreffenden Erträge ins Verhältnis zum Gesamtertrag aus der Liegenschaft zu setzen.
Hierzu drängt sich in erster Linie auf, auf den vom Pflichtigen selbst gewählten Umfang
der Verlegung des Eigenmietwerts in der Jahresrechnung abzustellen. Bei Liegen-
schaften des Privatvermögens, welche teilweise geschäftlich genutzt werden, kann
nämlich der Mietwert der geschäftlich genutzten Räume als Betriebsaufwand ange-
rechnet werden (Reich/Züger, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band
I/2a, 2. A., 2008, Art. 27 N 25 f. DBG, auch zum Folgenden). Ausgangsbasis bildet in
der Regel der Eigenmietwert. Die Belastung eines Marktmietwerts kommt nur in be-
sonderen Fällen in Frage; diesfalls führt aber der Mietaufwand auch zu entsprechen-
den Mieteinnahmen beim Eigentümer. Wird auf den Eigenmietwert abgestellt, so be-
rechnet sich die Geschäftsmiete nach dem der geschäftlichen Nutzung entsprech-
enden Anteil am anteiligen Eigenmietwert zuzüglich der Nebenkosten (StRK IV,
15. Dezember 1989, STE 1990 B 23.45 Nr. 2).
In den Steuererklärungen deklarierten die Pflichtigen einen privaten Mietertrag
von Fr. 8'896.- (1999, ab ... ...) bzw. Fr. 28'800.-, welcher Wert vom kantonalen Steu-
eramt jeweils im Sinn eines Eigenmietwerts für die Stockwerkeinheit akzeptiert wurde.
Eine Eigenmietwertberechnung liegt nicht bei den Akten. Der Pflichtige hat seinem
1 DB.2012.306
- 7 -
Geschäft folgenden Raumaufwand belastet bzw. aus der Anwaltstätigkeit jeweils fol-
gende Honorarumsätze und Gewinne erzielt:
Jahr Umsatz Gewinn Raumaufwand
Fr. Fr. Fr.
1999 93'258.- 7'822.- 8'896.- (ab ... ...)
2000 38'101.- - 26'945.- 28'800.-
2001 38'277.- - 15'645.- 28'800.-
2002 47'711.- 3'713.- 19'000.-
2003 116'557.- 67'674.- 28'800.-
2004 54'905.- - 6'933.- 28'800.-
2005 52'221.- 2'855.- 19'000.-
2006 64'273.- 13'668.- 19'000.-
2007 6'670.- - 36'228.- 19'000.-
2008 5'215.- - 11'944.- 4'800.-
2009 34'343.- 6'065.- 4'800.-
2010 13'164.- - 17'924.- 12'000.-.
Unter der Annahme, dass der Pflichtige bei der Berechnung des geschäftli-
chen Raumaufwands den genannten Grundsätzen nachgelebt hat, ergibt sich bei ei-
nem Eigenmietwert von Fr. 28'800.- in der Tat bis und mit 2007 eine ausschliessliche
bzw. stark überwiegende geschäftliche Nutzung der Wohnung.
Die Pflichtigen wenden dagegen ein, der Raumaufwand sei nicht nach Mass-
gabe der Nutzung abgestuft, sondern jeweils den individuellen Verhältnissen ange-
passt worden, um womöglich einen minimalen Gewinn auszuweisen. Dieser Einwand
lässt sich indessen aufgrund der Jahresergebnisse nicht nachvollziehen; vielmehr ist
erkennbar, dass kein Zusammenhang zwischen der Höhe des Raumaufwands und
dem Jahresgewinn besteht. Für die Bestimmung der Höhe des Raumaufwands müs-
sen daher andere Gründe ausschlaggebend gewesen sein, wie eben der Umfang der
geschäftlichen Nutzung. Dies spricht stark für Geschäftsvermögen.
Weiter wenden die Pflichtigen ein, dass sich aus der Höhe des Raumauf-
wands keine ausschliessliche Nutzung für die Anwaltstätigkeit ableiten lasse, da der
Eigenmietwert in keiner Weise der Marktmiete für die gesamte Wohnung entsprochen
habe; diese sei viel höher gewesen. Dem ist entgegen zu halten, dass bei der ge-
1 DB.2012.306
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schäftlichen Nutzung einer eigenen Wohnung eben gerade nur der Eigenmietwert auf-
zuteilen ist. Zudem ergibt sich, dass auch bei einer überschlagsmässigen verkehrs-
wertbezogenen Betrachtungsweise die verbuchte Raummiete in vier der fünf ersten
Jahren bestimmt und in vier weiteren Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit über 50%
der Marktmiete zu liegen kam: Im Kanton Zürich hat der Eigenmietwert zwischen 60%
und 70% der Marktmiete zu liegen (BGE 124 I 145; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 21 N 77 StG), was bei einem
Eigenmietwert von Fr. 28'800.- eine Bandbreite von Fr. 41'100.- bis maximal
Fr. 48'000.- ergibt. Indessen ist eine Marktmiete von dieser Höhe für eine ältere Drei-
zimmerwohnung von 96 m2 an immissionsreicher Lage wie vorliegend selbst für stadt-
zürcher Verhältnisse unrealistisch.
c) aa) Ein anderes Bild ergibt sich indessen, wenn man weitere Hilfskriterien
heranzieht. Als solches bietet sich die flächenmässige Verteilung der jeweiligen Nut-
zung an.
Nach der unbestrittenen Sachdarstellung des Pflichtigen ist er in der Wohnung
folgenden Tätigkeiten nachgegangen:
- Private Vermögensverwaltung, Bearbeitung finanzieller Angelegenheiten, Bezah-
lung von Rechnungen;
- Vorlesungstätigkeit an der Universität inklusive Vorbereitungszeit während seiner
Tätigkeit als Privatdozent bis ... 20...;
- Korrektur von Fallbearbeitungen während der Anstellung als Privatdozent;
- Verfassung von Büchern sowie Berichten in Festschriften etc.;
- Autor in anderen Wissensgebieten in den Bereichen Religion, Physik, Kosmologie;
- Vornahme bestimmter Übungen aus medizinischen Gründen;
- reduzierte Weiterführung der beruflichen Tätigkeit.
Die Tätigkeiten als Dozent an der Universität sowie die damit im Zusammen-
hang stehenden Arbeiten sind – allerdings nur bis 20... – nicht der selbstständigen
Anwaltstätigkeit zuzurechnen, ebenso die Verfassung von juristischen und nicht-
juristischen Büchern, da damit auf Dauer kein Gewinn erzielt werden kann und diese
Tätigkeiten deshalb nicht als gewinnstrebend gewertet werden können.
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bb) Der Steuerkommissär nahm am 5. März 2012 einen Augenschein in der
Wohnung. Demnach verfügt diese über vier separate Räume. Im Westzimmer stehen
ein halbes Dutzend Aktenschränke, von denen jedoch nur einer geschäftlich genutzt
wurde. Weiter finden sich eine offene Küche und ein Zimmer mit Couch. In diesem
habe der Pflichtige gelegentlich übernachtet. An der Wand steht ein grosses Bücher-
gestell mit juristischer Literatur. In den Schubladen sind Decken etc. für die Schlafgele-
genheit vorhanden. Das grösste Zimmer ist das Arbeitszimmer. Es ist in der Art einer
klassischen Kanzlei eingerichtet, mit grossem Tisch und einigen Bücherregalen mit
vorwiegend juristischer Literatur.
Die Pflichtigen führten hierzu aus, nach dem Kauf sei der Küchenteil und zu-
sätzlich zur Besucher-Toilette ein separates Bad- bzw. Duschzimmer eingerichtet wor-
den. Daneben habe der Raum mit Couch samt Mobiliar ausschliesslich zu Wohnzwe-
cken bzw. für gelegentliche Übernachtungen gedient. Das Mobiliar und die Bibliothek
habe von der früheren Anwaltskanzlei am G übernommen werden können.
Der Raum mit der Couch wird demnach nicht beruflich genutzt; insbesondere
wird nicht behauptet, dass der Pflichtige jeweils aus beruflichen Gründen am Arbeitsort
übernachten muss, noch ist solches ersichtlich. Der kleinere Wohnraum dient nach den
Feststellungen des Steuerkommissärs hauptsächlich als Lagerraum, wobei die berufli-
che Belegung der Aktenschränke gering ist. Die Küche ist ebenfalls der Wohnnutzung
zuzuteilen. Mithin unterhält der Pflichtige auch kein Sekretariat, wie es bei Anwalts-
kanzleien sonst üblich ist. Einzig das grosse Arbeitszimmer selber wird in wesentli-
chem Umfang für die Anwaltstätigkeit genutzt, allerdings auch für die sonstigen Tätig-
keiten des Pflichtigen. Von der Flächenbelegung her überwiegt damit aber die private
Nutzung der gesamten Wohnung.
cc) Das blosse Abstellen auf die Flächennutzung bringt allerdings kein schlüs-
siges Bild, da sich die private/geschäftliche Nutzung überlagern und nicht alle Räume
gleich intensiv genutzt werden. Für diesen Fall hilft auch das Kreisschreiben Nr. 2 nicht
weiter, da dieses von einer räumlich getrennten Nutzung der Flächen ausgeht; der Fall
der gemischten Nutzung desselben Raums wird dort nicht erwähnt. Bei dieser Sachla-
ge liegt es nahe, auf den zeitlichen Umfang der betreffenden Nutzungen abzustellen.
Nach der Sachdarstellung der Pflichtigen habe er sich jeweils an den Werkta-
gen regemässig von 08:00/08:30 bis 17:00 Uhr in der Wohnung aufgehalten, mit einer
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Mittagspause von rund 11⁄2 bis 2 Stunden. Hinzu kämen einzelfallweise Übernachtun-
gen. In der Regel habe er sich am Morgen zuerst mit Zeitungslektüre befasst und an-
schliessend aus gesundheitlichen Gründen eine Reihe von Körperübungen vorge-
nommen. Der Zeitaufwand hierfür habe rund 11⁄2 Stunden betragen. Sodann habe er
sich am Morgen mit Vorlesungsarbeiten, Ausarbeitung von Übungsfällen, Korrektur von
Fallbearbeitungen (bis ... 20...), Verfassen von Büchern juristischer und neuerdings
philosophischer Natur sowie Beiträgen von Fachzeitschriften sowie diversen Studien
befasst. Soweit noch juristische Mandate zu betreuen waren, habe er diese Arbeiten
am Nachmittag erledigt. Dazu habe er sich an den konkret behandelten Materien wei-
ter gebildet und sich mit vielfältigen administrativen Arbeiten, Publikationen sowie pri-
vater Vermögensverwaltung beschäftigt. Daneben habe sich der Büroraum als Lese-
raum geeignet und sei auch so genutzt worden.
Die totale Aufenthaltsdauer gemäss seinen Angaben beträgt demgegenüber
rund 7 Std. pro Tag bzw. rund 1600 Std. pro Jahr. Auf seiner Homepage listet der
Pflichtige zudem vier nach 1999 publizierte Bücher auf, wovon sich drei mit juristischen
und ein weiteres mit philosophischen Fragen befassen, welche offenkundig im streiti-
gen Arbeitszimmer verfasst worden sind. Gemäss seinen Honorarnoten hat er 2001
129,7 Std. und 2010 50,87 Std. als Anwalt verrechnet. Allgemein macht er eine teilzeit-
liche Anwaltstätigkeit von durchschnittlich 10% geltend und errechnete rund 172 Ar-
beitsstunden pro Jahr. Selbst wenn nur ein Teil der effektiv geleisteten Arbeitsstunden
den Klienten verrechnet worden wäre, ist aus den vorhandenen Unterlagen der
Schluss zu ziehen, dass der Pflichtige die Stockwerkeinheit – mit Ausnahme von 2003
– nur im Rahmen eines Teilzeitpensums von 10% bis 20% geschäftlich als Anwalt
nutzte. Die private bzw. mit der unselbstständigen Erwerbstätigkeit zusammenhängen-
de Anwesenheit überwiegt demnach stark. Dies selbst dann, wenn man mangels Bele-
gen den Angaben des Pflichtigen über die totale Aufenthaltsdauer mit Vorsicht begeg-
net. Aber selbst bei einer Halbierung derselben beträgt die geschäftlich bedingte
Anwesenheit immer noch weniger als die Hälfte der gesamten Anwesenheitsdauer.
Mithin ergibt sich daraus, dass die geschäftliche Nutzung zeitlich stark untergeordnet
war.
d) Weiter in Betracht zu ziehen sind die anderen Umstände, welche mit dem
Erwerb der Liegenschaft im Zusammenhang stehen. Der Pflichtige betrieb nach eige-
nen Angaben ursprünglich eine Anwaltskanzlei in gemieteten Räumen am G. Anfangs
der 90-er Jahre habe seine Anwaltstätigkeit in einem Mass nachgelassen, dass es sich
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nicht mehr lohnte, ein teures Büro zu betreiben. Stattdessen habe er sich entschieden,
als Kapitalanlage und im Hinblick auf diverse Tätigkeitsgebiete nicht kommerzieller
Natur die Stockwerkeigentumseinheit an der ...strasse zu erwerben. Zudem hätten die
Pflichtigen vorgesehen, später einmal dort zu wohnen, da ihr Wohneigentum in E für
Personen mit Gehbehinderungen nicht geeignet sei. Diese Angaben erscheinen als
glaubhaft. Der Pflichtige war beim Kauf der Stockwerkeigentumseinheit 1999 rund ...
Jahre alt. Es erscheint deshalb als nachvollziehbar, dass er eine Reduktion der An-
waltstätigkeit beabsichtigte; zudem war deren definitive Aufgabe in ein paar Jahren
absehbar. Unter diesen Umständen erscheint ein Kauf einer Stockwerkeigentumsein-
heit zur ausschliesslichen Nutzung als Anwaltskanzlei nicht als einleuchtend; vielmehr
liegt auf der Hand, dass auch private Motive mitgespielt haben.
e) Bei Abwägung aller genannter Gesichtspunkte ergibt sich, dass die Gründe
für eine überwiegende private Nutzung vorherrschend sind. Einzig die Höhe des ge-
schäftlichen Raumaufwands spricht für eine überwiegende geschäftliche Nutzung. Auf-
grund der übrigen Umstände (Flächen, geringer zeitlicher Umfang der geschäftlichen
Nutzung) ergibt sich indessen, dass der geschäftliche Raumaufwand offenkundig zu
hoch war und den effektiv gelebten Verhältnissen nicht entsprach. Vielmehr entsteht
der Eindruck, dass es darum ging, den Eigenmietwert über den Geschäftsaufwand
steuerlich möglichst zu neutralisieren. Die Schlussfolgerung einer überwiegenden pri-
vaten Nutzung vermag unter diesen Umständen als unbefriedigend erscheinen, ver-
mag aber das gefundene Ergebnis nicht in Frage zu stellen.
4. Gestützt auf diese Erwägungen ist die Beschwerde gutzuheissen. Bei die-
sem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen
(Art. 144 Abs. 1 DBG). Den Pflichtigen ist aufgrund ihres Obsiegens eine Parteient-
schädigung zuzusprechen (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesge-
setzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968). Da sie erst im zwei-
ten Schriftenwechsel einen Rechtsanwalt beigezogen haben, ist von einem reduzierten
Ansatz auszugehen.
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- 12 - | Public | Tax | de | 2,013 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
32aa7f6b-e30a-43e1-97cc-0be8ad18bc0c | hat sich ergeben:
A. B ist ein offener vertraglicher Anlagefonds der Art "Immobilienfonds" im
Sinn von Art. 25 ff. i.V.m. Art. 58 ff. des Bundesgesetzes über die kollektiven Kapitalan-
lagen vom 23. Juni 2006 (KAG) für qualifizierte Anleger im Sinn von Art. 10 Abs. 3 lit. b
und c KAG. Der Kreis der Anleger ist ausschliesslich auf steuerbefreite inländische
Einrichtungen der beruflichen Vorsorge sowie steuerbefreite inländische Sozialversi-
cherungs- und Ausgleichskassen beschränkt. Zum Bestand seines Vermögens gehö-
ren zahlreiche, in der Regel langfristig gehaltene Liegenschaften in der ganzen
Schweiz, die im Grundbuch auf den Namen der Fondsleitung unter Anmerkung der
Zugehörigkeit zum Immobilienfonds eingetragen sind. Die Fondsleitung wird gegenwär-
tig von der A AG mit Sitz in E besorgt.
Im Jahr 2010 veräusserte die Fondsleitungsgesellschaft aus dem Bestand des
Fondsvermögens des B einen Miteigentumsanteil von 10/917 an der Liegenschaft
...strasse 180, E (ZH) für Fr. 280'000.- an G. Dabei handelt es sich um einen Anteil an
einem Parkhaus. Mit Veranlagungsentscheid vom 21. August 2012 auferlegte ihr die
Kommission für Grundsteuern der Stadt E für Rechnung des B aus Anlass dieser
Handänderung eine Grundstückgewinnsteuer von Fr. 24'592.- bei einem steuerbaren
Gewinn von Fr. 97'723.-. Die Kommission rechnete dabei u.a. die von der Fondslei-
tungsgesellschaft dem B in Rechnung gestellten Mäklerprovisionen von Fr. 2'700.- (für
Erwerb) und Fr. 4'200.- (für Verkauf) nicht bei den Anlagekosten an. Weiter lehnte es
die Kommission ab, den Grundstückgewinn mit Verlusten in Höhe von
Fr. 14'986'424.30 zu verrechnen, welche der B bei der Veräusserung verschiedener
Liegenschaften in den Kantonen Bern, Basel-Stadt, Zug, Genf, Zürich und Neuenburg
in den Jahren 2007 bis 2010 erlitten hatte.
B. Eine dagegen erhobene Einsprache, womit die Fondsleitungsgesellschaft
beantragte, den steuerbaren Grundstückgewinn vollständig mit anderen Grundstück-
verlusten zu verrechnen, wies die Kommission für Grundsteuern der Stadt E am
26. Februar 2013 ab.
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C. Mit Rekurs vom 2. April 2013 liess die Fondsleitungsgesellschaft (nachfol-
gend Rekurrentin) dem Steuerrekursgericht beantragen, den Einspracheentscheid auf-
zuheben. Dabei seien die Mäklerprovisionen für Erwerb und Veräusserung in Höhe von
insgesamt Fr. 6'900.- zum Abzug vom Grundstückgewinn zuzulassen. Ferner sei der
Grundstückgewinn mit Verlusten aus der Veräusserung von im Kanton Zürich und an-
deren Kantonen gelegenen Liegenschaften zu verrechnen und die Grundstückge-
winnsteuer dementsprechend auf Fr. Null festzusetzen. Ferner beantragte sie eine
Parteientschädigung. Am 23. Mai 2013 reichte sie eine Ergänzung zur Rekursschrift
ein, womit sie ihre Ausführungen zur Entschädigung und Weiterverrechnung von Mäk-
lerprovisionen präzisierte.
Die Rekursgegnerin schloss in ihrer Rekursantwort vom 28. Juni 2013 auf
Abweisung des Rekurses und verlangte ebenfalls eine Parteientschädigung. In der
Replik vom 16. September 2013 hielt die Rekurrentin in grundsätzlicher Hinsicht an
ihren Anträgen fest. Sie beantragte jedoch, als Verlustverrechnungsobjekt einzig die
Liegenschaft Avenue ... 14a-c (NE) vorzusehen. Die Rekursgegnerin verzichtete am
17. Oktober 2013 auf eine Duplik.
Auf die Parteivorbringen wird, soweit rechtserheblich, in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Im Kanton Zürich wird die Grundstückgewinnsteuer – losgelöst von den
übrigen Einkommensverhältnissen – von den Gewinnen erhoben, die sich bei Handän-
derungen an Grundstücken oder Anteilen von solchen ergeben (§ 216 Abs. 1 des
Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 [StG]). Diese Besteuerung gilt sowohl für Grundstü-
cke des Privat- als auch des Geschäftsvermögens. Grundstückgewinn ist laut § 219
Abs. 1 StG der Betrag, um welchen der Erlös die Anlagekosten (Erwerbspreis und
Aufwendungen) übersteigt. Die anrechenbaren Aufwendungen sind in § 221 Abs. 1
StG abschliessend aufgezählt (RB 1990 Nr. 51, 1982 Nr. 105; Richner/Frei/
Kaufmann/Meuter, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 221 N 3).
Dazu gehören wertvermehrende Aufwendungen, Grundeigentümerbeiträge, übliche
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Mäklerprovisionen und Insertionskosten, mit der Handänderung verbundene Abgaben
sowie Baukreditzinsen bei Liegenschaften im Geschäftsvermögen. Liegenschaften-
händler können weitere mit der Liegenschaft zusammenhängende Aufwendungen gel-
tend machen, soweit sie auf deren Berücksichtigung bei der Einkommens- oder Ge-
winnsteuer ausdrücklich verzichtet haben (§ 221 Abs. 2 StG). Ausserdem sind – nach
vollständiger Veräusserung des Gesamtgrundstücks – Verluste aus Teilveräusserun-
gen verrechenbar (§ 224 Abs. 3 StG). Letztere Bestimmung setzt ein ursprünglich ein-
heitliches Grundstück bzw. einen einheitlich erworbenen Komplex von Grundstücken
voraus (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 224 N 4). Fehlt diese Voraussetzung, sind im
Kanton Zürich angefallene Veräusserungsverluste nicht mit Grundstückgewinnen ver-
rechenbar. Im Übrigen können auch Verluste aus dem Einkommens- bzw. Ge-
winnsteuerbereich nach dem gegenwärtig geltenden kantonalen Recht nicht mit
Grundstückgewinnen verrechnet werden. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtspre-
chung verstösst die zürcherische gesetzliche Regelung – vorbehältlich der Rechtspre-
chung zum Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung und der geänderten Praxis
zu den Ausscheidungsverlusten – nicht gegen übergeordnete gesetzliche und verfas-
sungsmässige Grundsätze (BGr, 7. Oktober 2011, 2C_747/2010, E. 5 und 6,
www.bger.ch). Namentlich ergibt sich aus dem Grundsatz der Besteuerung nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit keine Verpflichtung des Liegenschaftenkantons,
Wertzuwachsgewinne mit allfälligen Betriebs- oder Veräusserungsverlusten zu ver-
rechnen.
2. Aus dem Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung gemäss Art. 127
Abs. 3 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV) folgt, dass ein Steuerpflichtiger,
der in mehreren Kantonen steuerpflichtig ist, nicht mehr als sein gesamtes Reinein-
kommen bzw. seinen gesamten Reingewinn zu versteuern hat (BGE 107 Ia 41 E. 1a).
Diese Regel trat gemäss jahrzehntelanger Rechtsprechung des Bundesgerichts vor
dem Grundsatz zurück, dass das Grundeigentum ausschliesslich und in vollem Um-
fang dem Liegenschaftenkanton zur Besteuerung vorbehalten blieb. Der Liegenschaf-
tenkanton musste deshalb Verluste, die am (Wohn-)Sitz oder in anderen Kantonen
angefallen waren, nicht übernehmen. Seit dem Jahr 2004 änderte das Bundesgericht
seine Rechtsprechung zur Nichtberücksichtigung von Ausscheidungsverlusten stufen-
weise. Mit Entscheid vom 19. November 2004 erkannte es bezüglich einer Betriebslie-
genschaft einer Liegenschaftenhändlerin und Generalunternehmerin in einem Be-
triebsstättekanton, dass der Liegenschaftenkanton zwar den Wertzuwachs (= Differenz
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http://www.bger.ch/
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zwischen Erlös und Anlagekosten) ausschliesslich besteuern dürfe; doch sei der Lie-
genschaftenkanton verpflichtet, den Verlustüberschuss, den die Unternehmung im
Sitzkanton und weiteren Kantonen mit Betriebsstätten erlitten habe, mit dem Grund-
stückgewinn zu verrechnen (BGE 131 I 249). Am 18. April 2005 wandte das Bundesge-
richt diese neue Regel zur Vermeidung von Ausscheidungsverlusten auch auf Liegen-
schaften im Privatvermögen an und wies den Liegenschaftenkanton an, den
Gewinnungskostenüberschuss aus einer im Privatvermögen gehaltenen Liegenschaft
am Hauptsteuerdomizil zu übernehmen (BGE 131 I 285). Am 8. Mai 2006 verpflichtete
das Bundesgericht den Liegenschaftenkanton, in welchem ein Handelsunternehmen
eine reine Kapitalanlageliegenschaft (ohne Betriebsstätte) besass, den Betriebsverlust
am ausserkantonalen Hauptsitz mit dem Liegenschaftenertrag im Liegenschaftenkan-
ton zu verrechnen (BGE 132 I 220). Am 3. November 2006 änderte das Bundesgericht
schliesslich seine bisherige Praxis zur Ausscheidung von Aufwandüberschüssen bei
(gewerbsmässigen) Liegenschaftenhändlern im interkantonalen Verhältnis und erkann-
te, dass Schuldzinsen von interkantonalen Liegenschaftenhändlern proportional zu den
Aktiven zu verlegen seien. Soweit der nach Lage der Aktiven zu übernehmende
Schuldzinsenanteil den Vermögensertrag im Liegenschaftskanton übersteigt, ist der
Schuldzinsenüberschuss fortan in erster Linie mit Netto-Vermögenserträgen der übri-
gen Kantone und in zweiter Linie mit dem übrigen Einkommen des Liegenschaften-
händlers zu verrechnen (BGE 133 I 19). Diese neue Ausscheidungsregel ermöglicht,
dass im interkantonalen Verhältnis – soweit als möglich – sämtliche Schuldzinsen ab-
gezogen werden können. Demgegenüber wurden nach bisheriger Praxis die nicht akti-
vierungsfähigen liegenschaftsbezogenen Aufwendungen, u.a. auch die Schuldzinsen,
objektmässig ausgeschieden (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 162). Dadurch
im Liegenschaftenkanton resultierende Aufwandüberschüsse mussten der Sitzkanton
und andere Liegenschaftskantone nicht übernehmen. Diese waren vielmehr zu "akti-
vieren" und konnten im Liegenschaftenkanton erst in einem späteren Zeitpunkt entwe-
der mit laufenden Liegenschaftserträgen oder einem Veräusserungsgewinn verrechnet
werden (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 175). In weiteren Entscheiden ver-
deutlichte das Bundesgericht, dass sich seine neue Rechtsprechung nur auf interkan-
tonale Sachverhalte und Ausscheidungsverluste beziehe (BGr, 7. Oktober 2011,
2C_747/2010, BGr, 1. Mai 2013, 2C_243/2011, je www.bger.ch). Bezogen auf die be-
sondere Ausgestaltung der Grundstückgewinnsteuer im Kanton Zürich bedeutet dies,
dass die zürcherische Belegenheitsgemeinde ausserkantonale Verluste nur dann
übernehmen muss, wenn und soweit dies zur Vermeidung eines Ausscheidungsver-
lusts nötig ist.
2 GR.2013.20
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3. Im vorliegenden Fall ist in erster Linie streitig, ob die Rekursgegnerin bis zur
Höhe des Gewinns den Verlust von Fr. 1'380'000.- aus der im Jahr 2010 erfolgten Ver-
äusserung der Liegenschaft Avenue ... 14a-c (NE) zu übernehmen habe.
a) Die Rekurrentin beruft sich dabei im Wesentlichen auf die oben dargelegte
bundesgerichtliche Rechtsprechung sowie auf die spezielle steuerrechtliche Situation
von kollektiven Kapitalanlagen mit Grundbesitz, zu welchen der B gehöre. Dieser be-
sitze keine eigene Rechtspersönlichkeit, werde aber aus praktischen steuerrechtlichen
Gründen wie ein selbständiges Steuersubjekt besteuert (Art. 26 Abs. 3 StHG, Art. 66
Abs. 3 DBG). Da der B Grundstücke in verschiedenen Kantonen halte, verfüge er über
Spezialsteuerdomizile in verschiedenen Kantonen. Somit liege hier ein interkantonaler
Sachverhalt vor. Es gehe hier – anders als im Entscheid des Bundesgerichts vom
7. Oktober 2011 (2C_747/2010) – nicht um die Verrechnung von Grundstückgewinnen
mit zürcherischen Betriebsverlusten, sondern um eine interkantonale Verlustverrech-
nung. Da kollektive Kapitalanlagen mit direktem Grundbesitz, deren Anleger aus-
schliesslich steuerbefreite Einrichtungen der beruflichen Vorsorge oder steuerbefreite
inländische Sozialversicherungs- und Ausgleichskassen sind, aufgrund steuerharmoni-
sierungsrechtlicher Vorgaben (Art. 23 Abs. 1 lit. i und Abs. 4 StHG) auf kantonaler
Ebene von den Gewinn- und Kapitalsteuern der juristischen Personen befreit seien,
nicht dagegen von der Grundstückgewinnsteuer, seien die steuerfreie und die steuer-
bare Sparte auseinanderzuhalten. Es gehe nicht an, Verluste aus der steuerbaren
Sparte mit Gewinnen aus der steuerfreien Sparte zu verrechnen, da ansonsten die
Steuerfreiheit der steuerbefreiten Institutionen unterminiert würde. Die Grundstücks-
veräusserungsverluste seien somit ausschliesslich mit Grundstücksveräusserungsge-
winnen zu verrechnen.
b) Demgegenüber vertritt die Rekursgegnerin im Einsprache- und Rekursver-
fahren unter Berufung auf die bisher ergangene bundesgerichtliche Rechtsprechung,
insbesondere das Urteil vom 7. Oktober 2011 (2C_747/2010) die Auffassung, dass
vorliegend – trotz interkantonaler Ausscheidung – ein innerkantonaler Sachverhalt vor-
liege, da sich sowohl der Sitz des Immobilienfonds und der Fondsleitung als auch die
veräusserte Liegenschaft im Kanton Zürich befunden hätten. Die geänderte Recht-
sprechung des Bundesgerichts zu den Ausscheidungsverlusten komme bei innerkan-
tonalen Sachverhalten nicht zur Anwendung. Selbst wenn wider Erwarten ein interkan-
tonaler Sachverhalt anzunehmen wäre, könne nicht ohne Weiteres eine
Verlustverrechnung gewährt werden. Vielmehr seien dann in einem ersten Schritt
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Grundstückveräusserungsverluste mit den übrigen (Geschäfts-)Gewinnen zu verrech-
nen. Dies gelte auch dann, wenn die Gewinne von der Staats- und Gemeindesteuer
befreit seien.
c) Der Auffassung der Rekursgegnerin kann nicht gefolgt werden. Der vom
Bundesgericht am 7. Oktober 2011 (2C_747/2010) beurteilte Sachverhalt ist mit dem
vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Im betreffenden Urteil ging es ausschliesslich um
die Frage, ob am Sitz im Kanton Zürich bestehende Vorjahresverluste aus dem be-
trieblichen Bereich mit zürcherischen Grundstückgewinnen verrechenbar seien. Inter-
kantonale Anknüpfungspunkte waren zwar vorhanden, weil das betreffende Unterneh-
men Kapitalanlageliegenschaften in anderen Kantonen besass. Sie spielten aber keine
Rolle. Namentlich ging es nicht darum, Ausscheidungsverluste im interkantonalen Ver-
hältnis zu vermeiden. So betrachtet handelte es sich beim damals beurteilten Fall um
einen rein innerkantonalen Sachverhalt, auf den die geänderte Praxis zu den Aus-
scheidungsverlusten nicht anzuwenden war.
Vorliegend verhält es sich anders. Der B hält inner- und ausserhalb des Kan-
tons Zürich zahlreiche Anlageliegenschaften, von denen in den Jahren 2006 bis 2010
11 Liegenschaften mit Verlust veräussert wurden. Nachfolgende Jahre sind im vorlie-
genden Verfahren nicht relevant. Neun Veräusserungsverluste erlitt der Immobilien-
fonds in den Kantonen BS, BE, ZG, GE und NE. Da kollektive Kapitalanlagen mit direk-
tem Grundbesitz nach Art. 58 KAG steuerrechtlich den juristischen Personen
gleichgestellt sind (§ 54 Abs. 1 StG), besitzt der B, obwohl er zivilrechtlich keine eigene
Rechtspersönlichkeit besitzt und keinen Sitz haben kann, am Sitz der Fondsleitungs-
gesellschaft quasi über einen künstlichen Sitz. Dieser befindet sich in E, hat aber aus-
scheidungsrechtlich keine entscheidende Bedeutung, da der Immobilienfonds selber
keinen Betrieb führt, sondern lediglich Vermögenswerte in verschiedenen Kantonen
besitzt. Faktisch verfügt der B damit einzig über Spezialsteuerdomizile in verschiede-
nen Kantonen. Entgegen der Auffassung der Rekursgegnerin liegt bei dieser Konstella-
tion ein interkantonaler Sachverhalt vor. Dieser ist jedoch doppelbesteuerungsrechtlich
im interkantonalen Verhältnis nur von Bedeutung, wenn ausserkantonale Verluste ent-
standen sind und in den betreffenden Kantonen im gleichen Jahr kein verrechenbares
Substrat mehr vorhanden ist, so dass sich dort – unter Anwendung der bundesgericht-
lichen Zuteilungs- und Ausscheidungsregeln, die allen anderen kantonalrechtlichen
Verlustverrechnungsregeln (z.B. § 124 Abs. 3 StG) vorgehen – ohne Übernahme des
Verlustes im betreffenden Kalenderjahr ein Ausscheidungsverlust ergäbe. Einzig dann
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sind der Kanton Zürich und gegebenenfalls andere Liegenschaftskantone aufgrund von
Art. 127 Abs. 3 BV verpflichtet, ausserkantonale Verluste zu übernehmen.
d) Fraglich ist weiter, mit welchem Substrat ausserkantonale Veräusserungs-
verluste zu verrechnen sind. Der B erzielt nicht nur Kapitalgewinne resp. -verluste,
sondern auch hohe Nettoerträge, die in der Grössenordnung von rund Fr. ... Mio. pro
Jahr liegen (siehe Jahresbericht der A AG per ... ... 2013). Nach Auffassung der Re-
kursgegnerin sind die (ausserkantonalen) Kapitalverluste in erster Linie mit im gleichen
Kanton steuerbaren Gewinnen und Erträgen zu verrechnen, womit sich die kantons-
übergreifende Verlegung von Veräusserungsverlusten mutmasslich erübrigt. Diese
Auffassung verträgt sich jedoch nicht mit der speziellen steuerrechtlichen Situation von
kollektiven Kapitalanlagen mit direktem Grundbesitz, wenn deren Anleger – wie hier –
ausschliesslich steuerbefreite Einrichtungen der beruflichen Vorsorge nach Art. 23
Abs. 1 lit. d StHG sind. Denn diese Fonds sind hinsichtlich der erwirtschafteten Erträge
gesamtschweizerisch zwingend von der Steuerpflicht befreit (Art. 12 Abs. 1 lit. i StHG).
Die Steuerbefreiung erstreckt sich auf die direkte Bundessteuer (Art. 56 lit. j DBG, hier
ohne Einschränkungen) und alle kantonalen Gewinn- und Kapitalsteuern (im Kanton
Zürich § 61 lit. k StG). Gemäss Art. 23 Abs. 4 StHG unterliegen die in Art. 23 Abs. 1
lit. d-g und i genannten Personen auf kantonaler Ebene jedoch in jedem Fall der
Grundstückgewinnsteuer, wobei sich der Begriff "Grundstückgewinnsteuer" mit demje-
nigen in Art. 12 StHG deckt (Marco Greter, in: Kommentar zum Schweizerischen Steu-
errecht, Band I/1, 2. A., 2002, Art. 23 N 46 StHG mit Hinweisen auf eine Meinungs-
äusserung der Kommission Steuerharmonisierung). Der Grundstückgewinnsteuer un-
terliegt somit einzig der Wertzuwachsgewinn (Erlös abzüglich Anlagekosten), nicht
dagegen der Buchgewinn unter Einschluss der wieder eingebrachten Abschreibungen.
Für diese Auslegung spricht auch die Regelung bei der direkten Bundessteuer, weil
hier die Steuerbefreiung ohne Einschränkungen (z.B. hinsichtlich wieder eingebrachter
Abschreibungen) gilt. Es gibt demnach aufgrund zwingender bundesrechtlicher Vorga-
ben bei Immobilienfonds mit direktem Grundbesitz, an welchen ausschliesslich steuer-
befreite inländische Vorsorgeeinrichtungen beteiligt sind, eine steuerfreie Sparte, wel-
che die gesamten (Immobilien)Erträge erfasst und eine steuerbare Sparte, welche
einzig die Wertzuwachsgewinne erfasst. Damit die vom Gesetzgeber gewollte Aufspal-
tung in eine steuerfreie und einen steuerbare Sparte auch wirklich greift und es nicht zu
missbräuchlichen spartenübergreifenden Gewinn- oder Verlustverschiebungen kommt,
müssen diese beiden Sparten steuerlich getrennt behandelt werden. Es können dem-
zufolge keine spartenübergreifenden Verlustverrechnungen zugelassen werden. Somit
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sind Veräusserungsverluste nicht mit Liegenschaftenerträgen und wieder eingebrach-
ten Abschreibungen verrechenbar. Umgekehrt können steuerbare Wertzuwachsgewin-
ne nicht mit Betriebsverlusten aus der steuerbefreiten Sparte verrechnet werden. Das
Kreisschreiben Nr. 27 der Schweizerischen Steuerkonferenz vom 15. März 2007 zur
Vermeidung von Ausscheidungsverlusten (KS 27), auf welches sich die Rekursgegne-
rin sinngemäss beruft, enthält zwar diesbezüglich keine ausdrückliche Regelung, steht
dieser Auslegung aber auch nicht entgegen. Immerhin bestimmt das Kreisschreiben,
dass Verluste und Gewinnungskostenüberschüsse in erster Linie mit im gleichen Kan-
ton "steuerbaren" Gewinnen/Erträgen zu verrechnen sind. Für diese an sich selbstver-
ständliche Auslegung spricht auch das von der Eidgenössischen Steuerverwaltung am
2. Dezember 2011 erlassene Kreisschreiben Nr. 35 zur Besteuerung konzessionierter
Verkehrs- und Infrastrukturunternehmen. In dessen Ziffer 4.2 wurde ausdrücklich be-
stimmt, dass eine spartenübergreifende Verlustverrechnung zwischen besteuerten und
nicht besteuerten Sparten steuerlich ausgeschlossen sei. Es sind keine sachlichen
Gründe erkennbar, warum diese Regelung nicht auch für die teilweise steuerbefreiten
Immobilienfonds mit direktem Grundbesitz und Vorsorgehintergrund gelten sollte. So-
mit kann dem Antrag der Rekursgegnerin, den Veräusserungsverlust im Kanton L mit
im gleichen Kanton erzielten steuerfreien Erträgen und allenfalls wieder eingebrachten
Abschreibungen zu verrechnen, nicht gefolgt werden. Veräusserungsverluste können
demzufolge einzig mit Wertzuwachsgewinnen verrechnet werden, wobei der Kanton
Zürich und andere Liegenschaftskantone, in denen Wertzuwachsgewinne erzielt wur-
den, nur dann zur Übernahme eines ausserkantonalen Veräusserungsverlusts ver-
pflichtet sind, wenn in diesem Kanton im betreffenden Kalenderjahr kein weiteres ver-
rechenbares Substrat (aus der steuerbaren Sparte) vorhanden ist.
e) Gemäss den bundesgerichtlichen Kollisionsregeln begründen ausserhalb
des Sitzkantons gelegene Kapitalanlageliegenschaften von juristischen Personen ein
Spezialsteuerdomizil (Peter Locher, Einführung in das interkantonale Steuerrecht,
3. A., 2009, S. 71). Wertzuwachsgewinne sind am Belegenheitsort der Liegenschaft
steuerbar (Locher, S. 73). Veräusserungsverluste sind interkantonal dem Belegen-
heitskanton der Liegenschaft zuzuweisen und in einem ersten Schritt mit im gleichen
Kanton und im gleichen Jahr erzielten Wertzuwachsgewinnen zu verrechnen (Zif-
fer 3.2.1 KS 27). Davon abweichende kantonale Verlustverrechnungsregeln haben bei
der interkantonalen Steuerausscheidung einzig subsidiäre Bedeutung; d.h. sie kom-
men nur dann zum Zug, sofern und soweit das interkantonale Doppelbesteuerungs-
recht nichts anderes vorschreibt. Ein verbleibender Verlust, der im betreffenden Kanton
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und Kalenderjahr nicht mit weiterem steuerbaren Substrat, d.h. Wertzuwachsgewinnen
verrechnet werden kann, ist interkantonal auf die übrigen Kantone mit Kapitalanlage-
liegenschaften zu verlegen (Ziffer 3.2.2 KS 27). Soweit in der Vergangenheit in einzel-
nen Kantonen andere Verlustverrechnungsregeln zum Zug gekommen sind, sind diese
bei der interkantonalen Steuerausscheidung nicht zu beachten. Denn die interkantona-
le Steuerausscheidung und die Übernahme von Ausscheidungsverlusten funktionieren
nur, wenn alle beteiligten Kantone - ungeachtet ihrer Besteuerungssysteme und Ver-
lustverrechnungsregeln – die gleichen im KS 27 festgelegten Ausscheidungsregeln
anwenden. Der Rekurrentin kommt bei der Bezeichnung des Verlustverrechnungsob-
jekts somit kein Wahl- oder Vorschlagsrecht zu.
f) Gemäss den oben genannten Ausscheidungsregeln ergibt sich hinsichtlich
der Verlustverrechnung Folgendes:
aa) Bis und mit Jahr 2008 sind Veräusserungsverluste von insgesamt
Fr. 8'138'408.- in den Kantonen BS (...) und BE (....) nicht mit dem vorliegend im Jahr
2010 erzielten Wertzuwachsgewinn verrechenbar. Einerseits wären die Ausschei-
dungsverluste in den Kantonen BS und BE nach den ab Steuerperiode 2006 anwend-
baren Regeln des KS 27 mit den in den gleichen Jahren in anderen Kantonen erzielten
Wertzuwachsgewinnen zu verrechnen gewesen. Auf diese Weise hätten sich die Ver-
luste verrechnen lassen. Andererseits sind die Veranlagungen bereits definitiv erfolgt,
so dass in den folgenden Jahren die betreffenden Verluste nicht mehr verrechenbar
sind. Per 31. Dezember 2008 bestehen laut Aufstellung über steuerbare Gewin-
ne/Verluste des B (Stand ... September 2013) keine Verlustvorträge, die auf das fol-
gende Kalenderjahr zu übertragen wären.
bb) Im Jahr 2009 sind drei Liegenschaften in den Kantonen ZG, GE und ZH
veräussert worden. Es resultierten Verluste von Fr. 2'073'544.- (Liegenschaft..../ZG),
Fr. 432'812.- (Liegenschaft .../GE) und Fr. 712'370.- (Liegenschaft .../ZH). Mangels
verrechenbaren Substrats sind die Verluste ins Jahr 2010 vorzutragen.
cc) Im Jahr 2010 (inkl. Verlustvortrag aus dem Jahr 2009) sind bei der Ver-
äusserung der nachgenannten Liegenschaften folgende (unbestrittenen) Gewinne und
Verluste erzielt worden (siehe Aufstellung):
Lg. Nr. Kt. Standort Erfolg Fr. ... ZG ...strasse 26-30 -2'073'544
2 GR.2013.20
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... GE ... -432'812 ... ZH ... -712'370 ... NE (1) -1'379'998 ... ZH ... (2) 1'855'544 ... ZH ... (2) 0 ... BE ... -286'878 ... BS ... -1'154'996 ... TG ... 537'806 ... BE ... 200'236 ... ZH ... 700'911 ... SG ... 938'056 ... BE ... -323'286 ... FR ... 2'416'987 ... BS ... -47'117 ... BE ... 1'675'750 ... TG ... 1'168'382 ... AG ... 733'871 ... AG ... 1'475'917 ... ZH ... 97'723 Total (inkl. Verlustvorträge 2009) 5'390'182
(1) Ohne Rundung.
(2) Die Verkäufe in der Gemeinde R erfolgten gleichzeitig an den gleichen Käufer. Ge-
winne und Verluste sind miteinander zu verrechnen, da es bei einer gleichzeitigen Ge-
samtveräusserung mehrerer Grundstücke an den gleichen Erwerber aufgrund eines
einheitlichen Rechtsgeschäft nur einen einzigen unteilbaren Gewinn gibt (Richner/Frei/
Kaufmann/Meuter, § 219 N 34).
Nach Verrechnung der im gleichen Kanton und im gleichen Jahr erzielten
Wertzuwachsgewinne und Verluste resultieren in den nachgenannten Kantonen fol-
gende Ausscheidungsverluste, die sofort (und nicht in der Zeit) mit im gleichen Jahr
erzielten Wertzuwachsgewinnen zu verrechnen sind:
Lg-Nr. Kt. Standort Verlust Fr. ... ZG ... -2'073'544 ... GE ... -432'812 ... NE ... -1'379'998 .../... BS ... -1'202'113 Total -5'088'467
Diese Ausscheidungsverluste sind im Verhältnis der Nettowertzuwachsgewin-
ne von jenen Kantonen zu übernehmen, in denen – nach Verrechnung von im gleichen
2 GR.2013.20
- 12 -
Jahr und im gleichen Kanton resultierenden Wertzuwachsgewinnen und Verlusten –
die nachgenannten Wertzuwachsgewinne bestehen:
Kt. Liegenschaften Nrn. (Verrechnung) Wertzuwachs-
gewinn netto Fr. Verhältnis Gewinne
ZH Lg. Nrn. ..., .../..., ... und ... 1'941'808 18.53% BE Lg. Nrn. ... und ... 1'265'822 12.08% TG Lg. Nrn. ... und ... 1'706'188 16.28% SG Lg. Nr. ... 938'056 8.95% FR Lg. Nr. ... 2'416'987 23.07% AG Lg. Nrn. ... und ... 2'209'788 21.09% Total 10'478'649 100%
Dem Kanton ZH ist bei der interkantonalen Steuerausscheidung somit ein
Verlustanteil von Fr. 942'948.- (18,53109% von Fr. 5'088'467.-) zuzuweisen. Dieser ist
kantonsintern von jenen zürcherischen Gemeinden zu übernehmen, in welchen steu-
erbare Wertzuwachsgewinne erzielt wurden. Im Verhältnis der steuerbaren Grund-
stückgewinne resultieren folgende Verlustanteile, welche von den nachgenannten Ge-
meinden zu übernehmen sind:
Lg-Nr. Kt. Standort Steuerbarer
Gewinn Verhält-
nis Verlustanteil ... ZH Gemeinde Q ... 1'855'544 69.91% 659'218 ... ZH Stadt Y ... 700'911 26.41% 249'012 ... ZH Stadt E ... 97'723 3.68% 34'718 Total 2'654'178 100% 942'948
Da der B kein Liegenschaftenhändler ist, sind die genannten zürcherischen
Gemeinden aufgrund von Art. 127 Abs. 3 BV nicht verpflichtet, den Verlust von
Fr. 712'370.- aus dem Verkauf der Liegenschaft ...(ZH), anteilsmässig zu übernehmen.
Diesbezüglich liegt ein innerkantonaler Sachverhalt vor, so dass mangels gesetzlicher
Grundlage im kantonalen Recht eine Verlustverrechnung ausgeschlossen ist. Auch
andere Liegenschaftskantone haben diesen Verlust nicht zu übernehmen, da im Kan-
ton Zürich genügend verrechenbares Substrat vorhanden ist und aus der Sicht der
anderen Liegenschaftskantone kein Ausscheidungsverlust vorliegt.
g) Nach dem Gesagten ist die Rekursgegnerin zur Vermeidung von Ausschei-
dungsverlusten verpflichtet, einen ausserkantonalen Verlustanteil von Fr. 34'718.- ge-
winnmindernd zu berücksichtigen.
2 GR.2013.20
- 13 -
4. Weiter ist die Anrechenbarkeit der beim Erwerb und Verkauf an die Rekur-
rentin (Fondsleitungsgesellschaft) bezahlten Mäklerprovisionen von insgesamt
Fr. 6'900.- (Fr. 2'700.- und Fr. 4'200.-) streitig.
a) Gemäss § 221 Abs. 1 lit. c StG sind die üblichen Mäklerprovisionen und
Insertionskosten für Erwerb und Veräusserung anrechenbar. Unter Mäklerprovision ist
nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts der Mäklerlohn im Sinn von
Art. 413 OR zu verstehen. Daraus folgt, dass als Mäklerprovision nur jene Vergütung
anrechenbar ist, die der Steuerpflichtige dem Mäkler für dessen nach Art. 412
Abs. 1 OR gesetzlich vorgeschriebene Dienstleistung, nämlich dem Nachweis der Ge-
legenheit zum Abschluss eines Vertrags oder der Vermittlung eines Vertragsabschlus-
ses, bezahlt hat (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 78). Die Anrechnung einer
solchen Provision setzt den Abschluss eines Mäklervertrags gemäss Art. 412 OR mit
einer Drittperson, eine in Erfüllung dieses Vertrags zum Grundstückkauf bzw. -verkauf
führende Nachweis- oder Vermittlungstätigkeit des Mäklers und die Zahlung des ge-
schuldeten Mäklerlohns, beschränkt auf den üblichen Umfang, voraus (RB 1983
Nr. 65; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 79).
b) Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, so bildet das, was dem Dritten für
dessen Bemühungen zusteht, nicht Mäklerprovision, sondern allenfalls Honorar aus
einfachem Auftrag oder Spesenersatz, deren Vergütung keine nach § 221 Abs. 1 lit. c
StG anrechenbare Aufwendung ist (VGr, 19. März 2003, SB.2002.00091,
www.vgr.zh.ch). Die steuerliche Anerkennung einer Mäklerprovision verlangt insbe-
sondere, dass der Mäkler nicht nur zivilrechtlich, sondern auch wirtschaftlich eine vom
Verkäufer unabhängige Drittperson ist. Eigenprovisionen, das heisst Entschädigungen
für eigene Verkaufsbemühungen, sind nicht anrechenbar (Richner/Frei/Kaufmann/
Meuter, § 221 N 90 ff; RB 1982 Nr. 109, je auch zum Folgenden). Die steuerliche An-
erkennung zivilrechtlich gültiger Geschäfte findet nach ständiger Rechtsprechung des
Verwaltungsgerichts ihre Grenze dort, wo der Mäkler nur formell als vom Verkäufer
unabhängiger Dritter auftritt. Ist aufgrund der Umstände anzunehmen, dass der Ver-
käufer einen gleichartigen Vertrag mit einem unabhängigen Dritten nicht abgeschlos-
sen hätte, handelt es sich unabhängig von der zivilrechtlichen Aus-gestaltung um ein
Scheingeschäft, welchem die steuerliche Anerkennung versagt bleiben muss. Die An-
haltspunkte für eine nur formelle Unabhängigkeit müssen dabei aber stark sein; es
muss aus den Umständen geschlossen werden können, dass der Grundeigentümer
selbst die Mäklertätigkeit ausgeübt hat.
2 GR.2013.20
- 14 -
c) Das Vorliegen der Voraussetzungen für eine (steuerlich) anrechenbare
Mäklerprovision ist als steuermindernde Tatsache vom hierfür beweisbelasteten Steu-
erpflichtigen schlüssig nachzuweisen. Diesen Nachweis hat er durch eine substanziier-
te Sachdarstellung anzutreten, die spätestens innerhalb der Rekursfrist vorgetragen
werden muss (RB 1964 Nr. 68, 1975 Nrn. 54, 55, 64 und 82, 1976 Nr. 77, 1977 Nr. 60,
1978 Nr. 71 am Ende, 1981 Nr. 90). Eine Unsicherheit im Sachverhalt wirkt sich daher
stets zum Nachteil des beweisbelasteten Steuerpflichtigen aus (RB 1976 Nr. 77, 1978
Nr. 71).
d) Vorliegend ist unbestritten, dass die Fondsleitungsgesellschaft im Verhält-
nis zum Immobilienfonds keine unabhängige Drittperson ist und die der Fondsleitungs-
gesellschaft bezahlten Entschädigungen für Bemühungen beim Kauf und Verkauf des
Grundstücks aufgrund der Steuerpraxis (RB 1987 Nr. 54) somit nicht als Mäklerprovisi-
onen anrechenbar sind. Die Rekurrentin macht jedoch geltend, dass die Mäklertätigkei-
ten, die zum Erwerb und Verkauf geführt hätten, nicht von der Fondsleitungsgesell-
schaft, sondern tatsächlich von der S AG (nachfolgend S) erbracht worden seien. Die
Fondsleitungsgesellschaft sei nicht in der Lage, selber Liegenschaften zu kaufen resp.
zu verkaufen, da sie die notwendigen Marktkenntnisse nicht habe. Zudem fehle ihr
fachlich geeignetes Personal, um Liegenschaften kaufen resp. verkaufen zu können.
Aus diesem Grund seien diverse Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Erwerb und
Verkauf von Grundstücken an die S delegiert worden. Aufgrund der Delegationsverein-
barung vom ... Februar 2009 sei die S u.a. beauftragt, Abklärungen im Markt betreffend
Kauf und Verkauf von geeigneten Liegenschaften vorzunehmen und der Fondsleitung
Vorschläge für potentielle Käufe und Verkäufe von Liegenschaften zu unterbreiten. Die
S stelle der Fondsleitungsgesellschaft ihre gesamten erbrachten Dienstleistungen im
Rahmen einer Gesamtabrechnung monatlich pauschal in Rechnung. Dabei werde ein
Teil der Lohnkosten (1,2%) sowie eine anteilige Beteiligung von 0,5% an den Kosten
für Infrastruktur, Reisespesen, Beratungsdienstleistungen von externen Firmen etc.
weiterverrechnet. Die effektiven Aufwendungen für eigentliche Mäklertätigkeiten seien
aufgrund dieser Abrechnungsmethode zwar nicht separierbar, jedoch gedeckt. Die
Fondsleitungsgesellschaft stelle sodann dem B einen prozentualen Anteil von 1,5%
des Kauf- resp. Verkaufspreises als Mäklerprovision in Rechnung. Damit seien die
Voraussetzungen für die Anrechnung der Mäklerprovisionen für Erwerb und Verkauf
erfüllt.
2 GR.2013.20
- 15 -
e) Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für die Anrechnung der gel-
tend gemachten Mäklerprovisionen nicht erfüllt:
In Bezug auf den Erwerb der Liegenschaft fehlt jegliche Sachdarstellung. So-
mit liegt im Dunkeln, ob überhaupt und falls ja, welche Person der S welche entschei-
denden Tätigkeiten ausübte, welche per ... September 2002 zum Erwerb des Miteigen-
tumsanteils am Parkhaus führte. Aufgrund dessen scheitert die Anrechnung der
geltend gemachten Mäklerprovision von Fr. 2'700.- beim Erwerb bereits an der fehlen-
den Sachdarstellung.
Bezüglich des Verkaufs reichte die Rekurrentin Korrespondenzunterlagen
(mehrere Emails) der S ein. Aus diesen ist ersichtlich, dass eine Mitarbeiterin der S,
nämlich T, im Hinblick auf den geplanten Verkauf des Parkhausanteils zwar gewisse
Tätigkeiten verrichtet hat. So forderte sie von der U AG, welche die Liegenschaften-
verwaltung und den technischen Unterhalt der zum Fondsvermögen gehörenden
Grundstücke besorgt, Unterlagen über Dienstbarkeiten, grundbuchliche An- und Vor-
merkungen, Gebäudeversicherungspolicen, Nebenkostenabrechnungen, die Miteigen-
tumsbegründung und die Protokolle der letzten drei Miteigentümerversammlungen an.
Dabei handelt es sich aber lediglich um administrative Hilfsaufgaben, die bei jedem
Verkauf unabhängig von einem Mäklervertragsverhältnis anfallen. Ob und inwieweit T
oder andere Angestellte der S die wesentliche gesetzlich vorgeschriebene Haupt-
dienstleistung erbracht haben, nämlich die Erbringung des Nachweises der Gelegen-
heit zum Abschluss eines Vertrags oder die Vermittlung des Vertragsabschlusses mit
G (Art. 412 Abs. 1 OR), ergibt sich aus der Sachdarstellung der Rekurrentin nicht. Bei
der Suche eines Käufers war auch eine externe Firma (V AG) beteiligt. Ob deren Be-
mühungen zum Vertragsabschluss mit G geführt haben, steht aber nicht fest. Ferner
fehlt auch eine individuelle vertragliche Regelung über die Entschädigungsansprüche
der S gegenüber der Fondsleitungsgesellschaft. Der Fondsvertrag zwischen der A AG
und dem B (Ausgabe ... 2011) ersetzt die fehlende Vereinbarung nicht, weil er die
Rechtsbeziehungen zwischen der Fondsleitungsgesellschaft und den Anlegern regelt.
Ausserdem ist aufgrund dieses Vertrages die Provision von 1,5% des Kaufpreises
auch ohne Kausalzusammenhang zwischen der Tätigkeit des Mäklers und dem Ver-
tragsabschluss geschuldet. Die Vereinbarung betreffend die Delegation von Teilaufga-
ben der Fondsleitung an die S vom ... Juni 2006 (in der Fassung vom ... 2009) enthält
gar keine Regelung. Schliesslich lässt sich aus den monatlichen Abrechnungen der S,
womit Letztere sämtliche übernommen Teilaufgaben der Fondsleitungsgesellschaft
2 GR.2013.20
- 16 -
pauschal in Rechnung stellt, der individuell geschuldete Mäklerlohn betragsmässig
nicht eruieren. Denn die übernommen Teilaufgaben beinhalten nicht nur Kaufs- und
Verkaufstätigkeiten, sondern auch zahlreiche andere Aufgaben (u.a. Liegenschaften-
verwaltung, Controlling, Ausarbeitung von Bauprojekten, Sanierungen, Umbauvorha-
ben, Cash-Management, Buchführung und Budgetierung). Zudem muss die Entschädi-
gung für allfällige von der S erbrachte Kaufs- und Verkaufstätigkeiten auch dann
bezahlt werden, wenn der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen der Tätigkeit
des Mäklers und dem Vertragsabschluss fehlt.
Folgedessen sind die geltend gemachten Provisionen für Erwerb und Verkauf
in Höhe von insgesamt Fr. 6'900.- nicht bei den Anlagekosten anzurechnen.
5. Aufgrund dieser Erwägungen ist der Rekurs teilweise gutzuheissen. Der
steuerbare Grundstückgewinn ist auf Fr. 63'005.- (Fr. 97'723.- abzüglich Fr. 34'718.-)
herabzusetzen, was zu einer Grundstückgewinnsteuer von netto Fr. 14'147.-
(Fr. 16'450.- abzüglich Besitzesdauerrabatt von Fr. 2'303.- [14% bei einer Besitzes-
dauer von vollen 8 Jahren]) führt.
6. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Kosten des Rekursverfahrens zu
3/5 der Rekurrentin und zu 2/5 der Rekursgegnerin aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG).
Da keine Partei im wesentlichen Umfang obsiegte, sind den Parteien keine Parteient-
schädigungen zuzusprechen (§ 152 StG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 des Verwal-
tungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/6. September 1987). | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
338f5276-993f-42d0-950a-f4432629065a | hat sich ergeben:
A. 1. Am 16. September 2004 schlossen B und A (nachfolgend Pflichtiger 1
oder 2 bzw. die Pflichtigen) mit D einen öffentlich beurkundeten Kaufvertrag betreffend
das Grundstück Kat. Nr. XXXX (Wohnhaus und Schopf) im Halt von 1'249 m2 an der
.....strasse 12 in der Gemeinde C zum Kaufpreis von Fr. 824'340.- ab. Dieser Kaufver-
trag wurde in der Folge grundbuchlich nicht vollzogen.
2. Mit öffentlich beurkundetem Kaufvertrag vom 8. Dezember 2004 verkaufte
D dasselbe Grundstück zu demselben Kaufpreis an die Sammelstiftung E. Im Gegen-
satz zum Kaufvertrag vom 16. September 2004 wurde derjenige vom 8. Dezember
2004 in der Folge am 5. Januar 2005 auch grundbuchlich vollzogen.
3. Aufgrund von Vorbringen der Enderwerberin E-Sammelstiftung vom
5. Februar 2010 in deren eigenen Grundstückgewinnsteuer-Einspracheverfahren, wo-
nach vorgängig zum eigenen Erwerb des streitbetroffenen Grundstücks mehrere wirt-
schaftliche Handänderungen vorliegen sollten, sowie aufgrund weiterer eigener Abklä-
rungen leitete die Abteilung Steuern der Gemeinde C mit separaten Schreiben vom
6. August 2010 gegen die Pflichtigen das Grundstückgewinnsteuer-Einschätzungsver-
fahren ein.
Am 4. Oktober 2012 auferlegte der Ausschuss für Grundsteuern der Gemein-
de C den Pflichtigen eine Grundstückgewinnsteuer im Betrag von Fr. 116'160.-. Zur
Begründung führte er insbesondere aus, dass die Abfolge der Ereignisse unter Beach-
tung der bestehenden vertraglichen Verbindungen zwischen den involvierten Parteien
wirtschaftliche Handänderungen zwischen D und der wirtschaftlichen Ersterwerberin F
AG, zwischen der F AG und den Pflichtigen als wirtschaftliche Zweiterwerber sowie
schliesslich zwischen den Pflichtigen und der wirtschaftlichen bzw. zivilrechtlichen En-
derwerberin Sammelstiftung E zu qualifizieren seien. Die Pflichtigen seien daher als
Veräusserer im letzten Glied eines sog. Kettenhandels grundstückgewinnsteuerpflich-
tig.
B. Die von den Pflichtigen erhobene Einsprache vom 7. November 2012, in
welcher diese insbesondere darauf hingewiesen hatten, dass die fehlende Sicherstel-
lung der Projektfinanzierung zur Rückabwicklung des Projektverkaufs bzw. zum Nicht-
2 GR.2013.44
- 3 -
vollzug des Kaufvertrags vom 16. September 2004 geführt und die Pflichtigen weder
eine Zwischenerwerbsabsicht gehabt noch eine Entschädigung für den Verzicht auf
den Kaufvertragsvollzug erhalten hätten, wies der Ausschuss für Grundsteuern der
Gemeinde C am 14. März 2013 ab.
Mangels Erfassung beider Pflichtigen im genannten Einspracheentscheid er-
öffnete der Ausschuss für Grundsteuern der Gemeinde C im Nachgang an eine dies-
bezügliche Anerkennung im Rekursverfahren 2 GR.2013.18 den neuen Einsprache-
entscheid vom 21. Oktober 2013 beiden Pflichtigen. In diesem zweiten
Einspracheentscheid prüfte der Ausschuss für Grundsteuern der Gemeinde C von Am-
tes wegen den Eintritt der relativen fünfjährigen Veranlagungsverjährung gemäss § 215
Abs. 1 Satz 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) und verneinte diesen.
C. Mit Rekurs vom 28. November 2013 liessen die Pflichtigen beantragen, den
Einspracheentscheid aufzuheben und keine Grundstückgewinnsteuer aufzuerlegen.
Zudem verlangten sie eine Parteientschädigung.
Zur Begründung führten sie unter Verweis auf die Erwägungen im Verwal-
tungsgerichtsentscheid vom 16. Juni 1993 (RB 1993 Nr. 27) aus, dass bei wirtschaftli-
chen Handänderungen im Sinn eines Kettenhandels auf das Datum der (hier letzten)
wirtschaftlichen Handänderung vom 16. September 2004 abzustellen sei, da sich der
Tatbestand der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über ein Grundstück zeitlich mit der
Übertragung der Eigentümerbefugnisse bzw. der wirtschaftlichen Verfügungsmacht
über ein Grundstück verwirkliche und in diesem Zeitpunkt auch der Steueranspruch
gegenüber dem wirtschaftlichen Veräusserer entstehe. Die Einleitung des Grundstück-
gewinnsteuer-Einschätzungsverfahren gegenüber den Pflichtigen mit separaten
Schreiben vom 6. August 2010 erweise sich daher als verspätet.
Bezüglich des Bestands einer für sie steuerbaren wirtschaftlichen Handände-
rung begründeten die Pflichtigen ihren Antrag damit, dass kein von der Rechtspre-
chung für die Besteuerung eines Kettenhandels geforderter enger Zusammenhang
zwischen ihrem Verzicht auf den grundbuchlichen Vollzug des Kaufvertrags vom
16. September 2004 und der Beurkundung des neuen Kaufvertrags zwischen D und
der E Sammelstiftung am 8. Dezember 2004 bestanden habe. Vielmehr sei die F AG in
eigenem Namen federführend für den Abschluss der Reservationsvereinbarung und
2 GR.2013.44
- 4 -
der erneuten Beurkundung des Grundstückkaufs gewesen. Schliesslich erweise sich
auch der errechnete Grundstückgewinn aus verschiedenen Gründen als unmöglich.
In seiner Rekursantwort vom 30. Januar 2014 schloss der Ausschuss für
Grundsteuern der Gemeinde C auf Abweisung des Rechtsmittels unter Kostenfolge
zulasten der Pflichtigen und beantragte die Zusprechung einer Parteientschädigung.
D. Die Pflichtigen liessen sich zur zugestellten Rekursantwort nicht mehr ver-
nehmen. Auf die Parteivorbringen wird – soweit rechtserheblich – in den nachfolgen-
den Erwägungen eingegangen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Zwischen den Parteien ist sowohl das Vorliegen der Voraussetzungen für
die Besteuerung einer wirtschaftlichen Handänderung gemäss § 216 Abs. 2 lit. a StG
als auch der Eintritt der sog. Veranlagungsverjährung gemäss § 215 Abs. 1 Satz 1 StG
i.V.m. § 130 Abs. 3 lit. a StG strittig. Da bei Geltendmachung der Veranlagungsverjäh-
rung gemäss § 215 Abs. 1 Satz 1 StG die generelle Verwirkung des Rechts zur Be-
steuerung von Grundstückgewinnen durch die zuständige kommunale Grundsteuerbe-
hörde infolge Zeitablaufs zur Diskussion steht, ist diese Frage vorab zu behandeln.
2. Gemäss § 215 Abs. 1 Satz 1 StG (in der für den vorliegenden Sachverhalt
geltenden Fassung vom 11. September 2000) verjährt das Recht, Grundsteuern zu
veranlagen, fünf Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Handänderung stattfand
(relative Veranlagungsverjährungsfrist). Diese fünfjährige relative Veranlagungsverjäh-
rungsfrist kann kraft Verweisung in § 215 Abs. 2 StG gemäss § 130 Abs. 3 lit. a StG mit
jeder auf Feststellung oder Geltendmachung der Steuerforderung gerichteten Amts-
handlung, die dem Steuerpflichtigen oder Mithaftenden zur Kenntnis gebracht wird,
unterbrochen werden, so dass sie neu beginnt. § 130 Abs. 4 StG schliesslich bestimmt,
dass das Recht, eine Steuer zu veranlagen, 15 Jahre nach Ablauf der Steuerperiode
2 GR.2013.44
- 5 -
(bzw. bei der Grundstückgewinnsteuer sinngemäss dem Jahr, in welchem die Handän-
derung stattfand) auf jeden Fall verjährt (absolute Veranlagungsverjährung).
3. Streitgegenstand bildet vorliegend die Frage, welche Handänderung bei
einem Kettenhandel den Ausgangspunkt für den im Folgejahr beginnenden Lauf der
relativen fünfjährigen Veranlagungsverjährungsfrist gemäss § 215 Abs. 1 Satz 1 StG
bildet. Während die Pflichtigen an den Zeitpunkt der jeweiligen wirtschaftlichen Hand-
änderungen anknüpfen, erachtet der Ausschuss für Grundsteuern der Gemeinde C
den Zeitpunkt der abschliessenden zivilrechtlichen Handänderung als ausschlagge-
bend. Für die Beantwortung dieser Frage ist § 215 Abs. 1 Satz 1 StG auszulegen.
Ziel der Auslegung ist es, den Sinngehalt einer Norm zu ergründen. Auszuge-
hen ist dabei vom Wortlaut der auszulegenden Bestimmung, doch kann dieser nicht
allein massgebend sein, namentlich wenn der Text unklar ist oder verschiedene Deu-
tungen zulässt. Vielmehr muss nach der wahren Tragweite des Wortlauts gesucht wer-
den unter Berücksichtigung der weiteren Auslegungselemente, wie namentlich Entste-
hungsgeschichte und Zweck der Norm. Wichtig ist auch die Bedeutung, welche der
Norm im Kontext mit anderen Bestimmungen zukommt. Im Bereich des harmonisierten
Steuerrechts kommt deshalb als zusätzliches Element das harmonisierungsspezifische
Auslegungselement hinzu. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist stets von
einem Methodenpluralismus auszugehen, wobei vom klaren Wortlaut nur dann abge-
wichen werden darf, wenn triftige Gründe dafür sprechen, dass dieser nicht den wah-
ren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entste-
hungsgeschichte, dem Sinn und Zweck der Vorschrift sowie aus dem Zusammenhang
mit anderen Normen ergeben. Soweit verschiedene Entscheidungen aufgrund der Aus-
legung möglich sind, ist der verfassungskonformen Auslegung der Vorrang einzuräu-
men (vgl. zur Auslegung und den Auslegungsmethoden allgemein: Häfelin/Haller/
Keller, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 8. A., 2012, N 75 ff., insb. N 90 ff. bzw. im
Steuerrecht: Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz,
3. A., 2013, Vorbemerkungen zu §§ 119 - 131 N 21 ff., je mit zahlreichen Hinweisen).
a) Einleitend ist festzuhalten, dass der im Wortlaut von § 215 Abs. 1 Satz 1
StG enthaltene Handänderungsbegriff im Sinn des Grundstückgewinnsteuerrechts
grundsätzlich weit zu verstehen ist. Er umfasst nebst den verschiedenen Formen der
sog. zivilrechtlichen Handänderung gemäss § 216 Abs. 1 StG (bzw. die diesen ent-
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sprechenden bereits harmonisierungsrechtlich zwingend vorgegebene Veräusserun-
gen gemäss Art. 12 Abs. 2 Satz 1 des Steuerharmonisierungsgesetzes vom 14. De-
zember 1990, StHG) weitere gleichgestellte Sachverhalte, so insbesondere auch die
vorliegend umstrittenen wirtschaftlichen Handänderungen im Sinn eines Kettenhandels
gemäss § 216 Abs. 2 lit. a StG bzw. Art. 12 Abs. 2 lit. a StHG (siehe zum grundsteuer-
rechtlichen Handänderungsbegriff auch: Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 216 N 4 ff.).
Der auf einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise beruhende Rechtsbegriff des
Kettenhandels wiederum ist dadurch gekennzeichnet, dass die Verfügungsgewalt über
ein Grundstück ohne Grundbucheintrag vom zivilrechtlichen Eigentümer vorerst durch
vertragliche Einräumung von auf die Grundstückveräusserung bzw. –erwerb zielende
obligatorische Berechtigungen (z.B. Kaufvertrag, Kaufrechtsvertrag [jeweils mit und
allenfalls auch ohne Substitutionsklausel]) auf einen bloss wirtschaftlich Berechtigten
(Ersterwerber oder Zwischenerwerber) übergeht. Dieser Ersterwerber überträgt darauf
seine wirtschaftliche Verfügungsgewalt auf einen Dritten etc., wobei der letzte der Er-
werber innerhalb der Kette das Grundeigentum in den Formen des Zivilrechts vom wei-
terhin im Grundbuch eingetragenen Eigentümer erhält. Das Wesentliche an einem Ket-
tengeschäft ist daher, dass die wirtschaftliche Verfügungsmacht mehrmals (mindestens
zwei Mal) übertragen wird, bevor es zu einer zivilrechtlichen Handänderung kommt.
Für einen steuerbaren Kettenhandel sind mit anderen Worten mindestens zwei wirt-
schaftliche und eine abschliessende zivilrechtliche Handänderung vorausgesetzt
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 216 N 78 und 85 ff.). Entscheidend für die Annahme
eines steuerpflichtigen Kettenhandels ist überdies, dass der berechtigte Ersterwerber
die wirtschaftliche Verfügungsmacht nicht nur eingeräumt erhält, sondern diesen zu-
gunsten eines Dritten, der (oder dessen Rechtsnachfolger) den Kauf hernach grund-
buchlich vollzieht, tatsächlich ausübt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 216 N 79 mit
Hinweisen auf die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung). Letzerer Umstand bringt
es mit sich, dass beim Kettengeschäft immer (mindestens) zwei Schritte zu unterschei-
den sind, von denen jeder für sich als wirtschaftliche Handänderung steuerbar ist. Die
zwar Voraussetzung bildende zivilrechtliche Handänderung zwischen dem bisherigen
Grundeigentümer und dem Dritten (dem Enderwerber) fällt bei der Besteuerung dage-
gen gänzlich ausser Betracht. Es werden einzig die wirtschaftlichen Handänderungen
besteuert. Verfahrensmässig indes hat die Voraussetzung des Abschlusses der Kette
mittels einer zivilrechtlichen Handänderung zur Folge, dass die Frage, ob im Abschluss
eines Kauf- oder Kaufrechtsvertrags (mit/ohne Substitutionsklausel) ein wirtschaftlicher
2 GR.2013.44
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Handänderungstatbestand vorliegt, erst nachträglich aufgrund der weiteren Geschäfts-
abwicklung beurteilt werden kann (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 216 N 81 f.).
Die Frage der für die Bestimmung der Veranlagungsverjährung letztlich mass-
gebenden Handänderung lässt sich aufgrund des Spannungsverhältnisses zwischen
der materiellen Unbeachtlichkeit der abschliessenden zivilrechtlichen Handänderung
für die Festlegung der Grundstückgewinnsteuer bei gleichzeitiger verfahrensmässiger
Notwendigkeit des Bestands dieser abschliessenden zivilrechtlichen Handänderung
aus dem Wortlaut von § 215 Abs. 1 Satz 1 StG allein nicht beantworten. Es sind daher
weitere Auslegungselemente zu berücksichtigen.
b) Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat sich mit Entscheiden vom
16. Juni 1993 (RB 1993 Nr. 27 = StE 1993 B 92.9 Nr. 3) im Fall eines Kettenhandels
mit dem Beginn der Verwirkungsfrist für die Einleitung eines Nach- und Strafsteuerver-
fahrens gemäss § 104 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juli 1951 (aStG, in der Fas-
sung vom 23. September 1990) auseinandergesetzt. Es hat unter Berücksichtigung der
damaligen Gesetzeslage, welche keine Sonderregelung dieser Verwirkungsfrist für die
Grundsteuern kannte, erwogen, dass, wenn der Steuergesetzgeber für den Beginn der
Verwirkungsfrist bei periodischen Steuern auf den Ablauf der Steuerperiode abstelle,
dieser offenkundig jenen Zeitpunkt als massgebend erachte, in welchem die Steuerfor-
derung entstanden sei. Diesem gesetzgeberischen Grundgedanken folgend sei die
einschlägige Bestimmung in einem ersten Schritt dahingehend auszulegen, dass die
entsprechende Verwirkungsfrist für alle im Steuergesetz geordneten Steuern, also
auch für die aperiodischen Grundsteuern, vom Entstehungszeitpunkt der Steuerforde-
rung an bzw. am Tag danach zu laufen beginne. Die Steuerforderung ihrerseits entste-
he mit der Verwirklichung des Steuertatbestandes, bei den Grundsteuern also mit der
steuerbaren Handänderung am Grundstück im Sinn der Gesetzgebung, handle es sich
dabei um eine zivilrechtlich oder um eine wirtschaftliche Handänderung. Als massgeb-
lich sei bei der wirtschaftlichen Handänderung derjenige Zeitpunkt zu betrachten, in
welchen die wirtschaftliche Verfügungsmacht auf einen Dritten übertragen worden sei.
Im Fall des Kettenhandels sei für die erste Handänderung derjenige Zeitpunkt mass-
geblich, in dem das Rechtsgeschäft zustande gekommen sei, durch welches der
Eigentümer eines Grundstücks einem Dritten die wirtschaftliche Verfügungsmacht
hierüber verschafft habe. Für die zweite (bzw. letzte) Handänderung in der Kette kom-
me es auf den Zeitpunkt an, in welchen das Rechtsgeschäft zustande gekommen sei,
wodurch die wirtschaftliche Verfügungsmacht an den nachmaligen Erwerber des Ei-
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gentums am Grundstück weitergegeben worden sei. Voraussetzung für die Annahme
wirtschaftlicher Handänderungen beim Kettengeschäft sei zwar, dass das Eigentum
am Grundstück vom ersten wirtschaftlichen Veräusserer auf den letzten wirtschaftli-
chen Erwerber in der Kette übertragen werde. Dies ändere indes nichts daran, dass
sich der Tatbestand der wirtschaftlichen Handänderung zeitlich mit der Übertragung
der wirtschaftlichen Verfügungsmacht verwirkliche und in diesem Zeitpunkt auch die
Steuerforderung gegenüber dem jeweiligen wirtschaftlichen Veräusserer entstehe.
Diese Rechtsfolgen würden jedoch rückwirkend dahinfallen, wenn das Eigentum am
Grundstück nicht auf den letzten wirtschaftlichen Erwerber in der Kette übertragen
werde. Es verhalte sich ähnlich wie bei einem unter einer auflösenden Bedingung ab-
geschlossenen Rechtsgeschäft. Da aber bis zur Eigentumsübertragung ein Schwebe-
zustand herrsche, der in der Ungewissheit über den Eintritt der auflösenden Bedingung
und damit über den Fortbestand des Handänderungstatbestands und der damit ent-
standenen Steuerforderung bestehe, verbiete sich im Interesse der Rechtssicherheit,
die Steuerforderung vor der Eigentumsübertragung verbindlich durch einen Veranla-
gungsentscheid festzusetzen. Die Auffassung der Vorinstanz und der Grundsteuerbe-
hörde, wonach beim Kettenhandel im Sinn einer aufschiebenden Bedingung erst im
Zeitpunkt der Eigentumsübertragung der Tatbestand der wirtschaftlichen Handände-
rung verwirklicht werde und die Steuerforderung entstehe, könne nicht beigetreten
werden. Diese Ansicht hätte zur Folge, dass sämtliche wirtschaftlichen Handänderun-
gen einer Kette und die Entstehung der betreffenden Steuerforderungen auf den glei-
chen Zeitpunkt anzusetzen wären, nämlich auf den Zeitpunkt der – steuerlich unbe-
achtlichen – zivilrechtlichen Handänderung. Dadurch ergäbe sich einzig für den ersten
wirtschaftlichen Veräusserer, d.h. für den bisherigen Eigentümer, eine Besitzesdauer,
die sich bis zur Eigentumsübertragung auf den wirtschaftlichen Letzterwerber erstre-
cke, würden doch Beginn und Ende der Besitzesdauer durch die Zeitpunkte der steu-
erbaren Handänderungen abgesteckt. Werde für die Bestimmung des Zeitpunkts der
steuerbaren wirtschaftlichen Handänderung (und damit der betreffenden Steuerforde-
rungen) auf die Übertragung des Eigentums, für die Bestimmung der Besitzesdauer
hingegen auf die Übertragung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht abgestellt, erwei-
se sich dies als willkürlicher Methodenpluralismus.
Der Ausschuss für Grundsteuern wendet gegen dieses Auslegungsergebnis
ein, der Ansatz des Verwaltungsgerichts, wonach es sich bei der Bedingung der ab-
schliessenden zivilrechtlichen Handänderung um eine auflösende und nicht um eine
aufschiebende Bedingung handle, könne zum unhaltbaren Ergebnis führen, dass die
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Veranlagungsverjährung im Zeitpunkt der zivilrechtlichen Handänderung bereits einge-
treten sei. Der Richter müsse diese unechte Gesetzeslücke schliessen, wobei sich für
Fragen der Fristberechnung die Anwendung der entsprechenden Bestimmungen des
Zivilrechts aufdränge. Im Obligationenrecht beginne die Verjährung mit der Fälligkeit
der Forderung. Die Fälligkeit setze aber das Bestehen der betreffenden Forderung
voraus. Die Verjährung könne im Zivilrecht frühestens mit dem Eintritt einer aufschie-
benden Bedingung und damit mit der Entstehung der Forderung zu laufen beginnen.
Zudem präjudiziere die Frage, wie die massgebende Besitzesdauer zu bestimmen sei,
die Frage der Veranlagungsverjährung in keiner Weise.
c) Zu prüfen ist, ob sich die vorstehenden Erwägungen des Verwaltungsge-
richts – unter Berücksichtigung der hiergegen vorgebrachten Einwendungen des Aus-
schusses für Grundsteuern der Gemeinde C – auch bei der im Zeitpunkt der als mass-
geblich zu erachtenden Handänderungen geltenden Rechtslage im offenen
Veranlagungsverfahren als stichhaltig erweisen.
aa) Im Hinblick auf den Sinn und Zweck des Instituts der Veranlagungsverjäh-
rung und der darin enthaltenen Verwirkung des generellen Besteuerungsrechts des
Steuerhoheitsträgers ist festzustellen, dass dieses hauptsächlich auf dem Gedanken
der öffentlichen Ordnung, der Rechtssicherheit und des gesellschaftlichen Friedens
basiert. Dazu kommt der Schutz des (Steuer-)Schuldners vor Ansprüchen aus lange
zurückliegender Zeit. Es wäre unzumutbar und unverhältnismässig, zu verlangen, der
Schuldner müsse für alle Details von Lebenshaltung und (allfälliger) Geschäftstätigkeit
Beweismittel auf unbestimmte Zeit aufbewahren. Die Verjährung verhindert so Beweis-
not bzw. erspart die Beweisleistung und erweist sich so auch als Ausfluss des Grund-
satzes des staatlichen Verhaltens nach Treu und Glauben (Michael Beusch, Der Un-
tergang der Steuerforderung, 2012, S. 274).
aaa) Der Steuerharmonisierungsgesetzgeber hat diesen Grundgedanken da-
hingehend aufgenommen, dass er den Kantonen in Art. 47 Abs. 1 StHG auch für den
Bereich der Grundstückgewinnsteuer (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 215 N 1;
Bernhard Greminger, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1,
2. A., 2002, Art. 47 N. 7 StHG) eine relative bzw. absolute Veranlagungsverjährungs-
frist von fünf bzw. fünfzehn Jahren nach Ablauf der Steuerperiode vorschreibt. Da ge-
mäss Art. 19 StHG die Grundstückgewinnsteuer für die Steuerperiode festzusetzen ist,
in welcher die Gewinne erzielt worden sind, erweist sich die Regelung von § 215
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Abs. 1 Satz 1 StG, gemäss welcher das Recht, Grundsteuern zu veranlagen, fünf Jah-
re nach Ablauf des Jahres, in dem die Handänderung stattfand, als harmonisierungs-
rechtlich zwingend (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 215 N 2). Soweit harmonisie-
rungsrechtlich der Zeitpunkt der Gewinnerzielung als massgeblich bezeichnet wird, legt
dies in Anwendung der harmonisierungsrechtlichen Auslegungsmethode für die Be-
stimmung der massgeblichen Handänderung als Ausgangspunkt für die im Folgejahr
beginnende Veranlagungsverjährungsfrist nahe, dass beim Kettenhandel bereits die
jeweils entgeltlichen wirtschaftlichen Veräusserungen (Eintritt in Kaufvertrag/Verzicht
zugunsten des nächsten wirtschaftlichen Erwerbers, allenfalls verbunden mit Werkver-
trägen) relevant sind.
bbb) Bestärkt wird dieses Ergebnis durch den Sinn und Zweck der Veranla-
gungsverjährungsfrist. Soll mit einer solchen wie vorstehend erwähnt Rechtssicherheit
geschaffen und insbesondere für den Steuerpflichtigen Beweisnot verhindert bzw. die
Beweisleistung erspart werden können, gebietet dies, dass der Beginn des Verjäh-
rungsfristenlaufs für den Steuerpflichtigen sowohl hinsichtlich der fünfjährigen relativen
als auch der fünfzehnjährigen absoluten Veranlagungsverjährung einfach und klar zu
ermitteln ist. Eine solche einfache und klare Ermittlung sollte sich aber nur auf den
Zeitpunkt von Sachverhalten bzw. Steuertatbestandsmerkmalen beziehen, welche sich
im alleinigen und vollständigen Einfluss-, Verantwortungs- bzw. Kenntnisbereich des
Steuerpflichtigen realisiert haben. Das Abstellen auf Gegebenheiten jenseits dieses
Verantwortungsbereichs bzw. der Kenntnis des Steuerpflichtigen unterläuft die Zielset-
zung einer Veranlagungsverjährungsfrist.
Für den Kettenhandel hat dies zur Folge, dass – im Sinn einer einfachen, kla-
ren und für alle Erscheinungsformen einheitlichen Regel – für jeden grundstückge-
winnsteuerpflichtigen wirtschaftlichen Veräusserer auf den Zeitpunkt der allein durch
diesen zu verantwortenden tatsächlichen Ausübung seiner wirtschaftlichen Verfü-
gungsmacht zugunsten des nächsten Glieds in der Kette abzustellen ist. Zwar ist nicht
zu verkennen, dass der wirtschaftliche Veräusserer im Rahmen eines Kettenkaufs in
der Praxis häufig versucht, auch das Datum der die Kette abschliessenden zivilrechtli-
chen Handänderung (mit) zu bestimmen und damit auch über deren Datum Kenntnis
erlangt. Dies ist aber nicht bei jeder Konstellation des Kettenhandels zwingend der Fall,
so z.B. dann nicht, wenn sich der wirtschaftliche Veräusserer mit einem blossen direk-
ten Handgeld für den Eintritt insbesondere in einen Kaufrechtsvertrag zufrieden gibt
(vgl. auch VGr, 9. Februar 1967 = ZBl 69, S. 437: Ausübung eines nach einem Jahr
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vom wirtschaftlichen Zwischenerwerber weiterveräusserten Kaufrechts an einem
Grundstück erst nach weiteren drei Jahren). Schliesslich kann auch bei Einflussnahme
des wirtschaftlichen Veräusserers das Abstellen auf die den Kettenhandel perfektionie-
rende zivilrechtliche Handänderung nicht ausschlaggebend sein, da dieser Zeitpunkt
letztlich doch durch den wirtschaftlichen Letzterwerber, welcher den Kauf grundbuch-
rechtlich vollziehen lässt – allenfalls im Zusammenwirken mit dem zivilrechtlichen Erst-
eigentümer –, bestimmt wird.
ccc) Der Hinweis des Ausschusses für Grundsteuern der Gemeinde C, wo-
nach das Abstellen auf das Datum der wirtschaftlichen Handänderung dazu führen
könne, dass insbesondere die fünfjährige relative Veranlagungsverjährungsfrist bereits
vor dem Datum der die Kette abschliessenden zivilrechtlichen Handänderung eintreten
könne, ist grundsätzlich berechtigt. Bei der Abwägung, ob der Steuerpflichtige oder der
Steuerhoheitsträger das Risiko der Nichtverjährung bzw. der Verjährung zu tragen hat,
sprechen indes verschiedene Gesichtspunkte für die Risikotragung durch den Steuer-
hoheitsträger:
- Gemäss § 209 Abs. 2 StG haben die Notariate und Grundbuchämter nach den
Bestimmungen des Gesetzes und der Verordnung an der Vorbereitung und Durch-
führung der Einschätzung mitzuwirken und aus ihren Akten Auskunft zu erteilen.
Die wesentliche Mitwirkungspflicht der Notariate und Grundbuchämter besteht
gemäss § 67 Abs. 1 der Verordnung zum Steuergesetz vom 1. April 1998
(VO StG) darin, den Gemeindesteuerämtern nebst anderen Sachverhalten auch
jede öffentliche Beurkundung eines auf die Übereignung einer Liegenschaft gerich-
teten Vertrags zu melden. Damit haben die Gemeindesteuerämter – allenfalls ab-
weichend zu dem oder den wirtschaftlichen Zwischenveräusserern – auf jeden Fall
zwingend Kenntnis über sämtliche einschlägigen Vertragswerke betreffend eine
Liegenschaft.
- Gemäss § 130 Abs. 3 lit. a StG wird den Steuerbehörden und damit auch den
Gemeindesteuerämtern bzw. kommunalen Grundsteuerbehörden das Recht ein-
geräumt, die relative fünfjährige Veranlagungsverjährungsfrist durch jede auf Fest-
stellung oder Geltendmachung der Steuerforderung gerichteten Amtshandlung, die
einem steuerpflichtigen oder Mithaftenden zur Kenntnis gebracht wird, zu unter-
brechen mit der Folge, dass diese Frist neu zu laufen beginnt.
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Wird ein auf die Übereignung einer Liegenschaft gerichteter öffentlich beurkunde-
ter Vertrag grundbuchlich nicht vollzogen, können die Gründe hierfür vielfältig sein
(z.B. baurechtliche Probleme, gescheiterte Finanzierung, Zeitablauf eines befriste-
ten Rechts, Eintritt einer vertragsauflösenden Bedingung, noch nicht perfektionier-
ter Kettenhandel etc.). Einem Gemeindesteueramt ist aufgrund seiner – allenfalls
auch mit Mitteln der Informationstechnologie zu bewirtschaftenden – Kenntnis über
sämtliche einschlägigen öffentlich beurkundeten Vertragswerke betreffend eine
Liegenschaft zuzumuten, innert der fünfjährigen relativen Veranlagungsverjäh-
rungsfrist ab dem Jahr nach der entsprechenden Beurkundung aufgrund der kon-
kreten Umstände (mehrere Glieder in einer Kette, baugewerbenahe natürliche
oder juristische Personen als Partei des/der öffentlich beurkundeten Ver-
trags/Verträge, die Liegenschaft betreffende baurechtliche Situation gemäss Aus-
kunft der kommunalen Baubehörde) diejenigen öffentlich beurkundeten Vertrags-
werke zu ermitteln, welche Anlass zur Vermutung geben, es liege ein noch nicht
perfektionierter Kettenhandel vor. Aufgrund des in dieser Konstellation anhalten-
den Schwebezustands muss es in der Folge für die Unterbrechung der relativen
fünfjährigen Veranlagungsverjährungsfrist genügen, wenn das Gemeindesteuer-
amt noch innert Frist die Parteien des einschlägigen öffentlich beurkundeten Ver-
trags mit einer – bei Nichtabholung allenfalls zu wiederholenden – eingeschriebe-
nen Postsendung auffordert, sich zu dessen weiteren Schicksal zu äussern.
bb) aaa) In gesetzessystematischer Hinsicht ist einerseits anzumerken, dass
im Fall eines perfektionierten Kettenhandels für sämtliche Aspekte der tatsächlichen
Besteuerung des Grundstückgewinns rückwirkend die Zeitpunkte der wirtschaftlichen
Handänderungen massgebend sind. Der Begriff der letzten massgebenden Handände-
rung als Grundlage für die Berechnung des Gewinns und der Besitzesdauer gemäss
§ 219 Abs. 2 StG wie auch die Bestimmung des Verfalltags für die Grundstückge-
winnsteuer gemäss § 175 Abs.1 StG i.V.m. § 71 VO StG, ab welchem Ausgleichszin-
sen geschuldet sind (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 209 N 24), knüpft an den Zeit-
punkt dieser wirtschaftlichen Handänderungen an. Insbesondere im Hinblick auf die
Unterbrechbarkeit der relativen fünfjährigen Veranlagungsverjährungsfrist ist nicht ein-
zusehen, weshalb in Sinn eines verfassungsrechtlich bedenklichen Methodenpluralis-
mus einzig für den Verjährungsfristenlauf gemäss § 215 Abs. 1 StG beim Kettenhandel
auf die abschliessende zivilrechtliche Handänderung abzustellen ist. Nicht zuletzt die
vorgenannte Regelung des Verfalltags zeigt auf, dass die vom Ausschuss für Grund-
steuern der Gemeinde C für den Fall eines Kettenhandels vertretene Konzeption einer
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aufschiebend bedingten und deshalb erst mit Eintritt der Bedingung des Vollzugs der
zivilrechtlichen Handänderung entstehende, fällig werdende und verjährende
Grundsteuerforderung letztlich nicht schlüssig sein kann. Vielmehr ist – wie dies das
Verwaltungsgericht vertritt – von einem sich an das Institut der auflösenden Bedingung
anlehnenden Konzept der Steuerforderungsentstehung beim Kettenhandel bzw. von
einem Konzept einer vom Bedingungsrecht unabhängigen zusätzlichen Veranlagungs-
voraussetzung auszugehen.
bbb) In steuerharmonisierungsrechtlicher bzw. gesetzessystematischer Hin-
sicht ist in Bezug auf die absolute fünfzehnjährige Veranlagungsverjährungsfrist ge-
mäss Art. 47 Abs. 1 StHG (bzw. § 130 Abs. 4 StG) zudem darauf hinzuweisen, dass
diese Frist mit der Befugnis gemäss Art. 53 Abs. 3 StHG (bzw. § 161 Abs. 2 StG), nach
einem gemäss Art 53 Abs. 2 StHG (bzw. 161 Abs. 1 StG) fristgerecht innert zehn Jah-
ren eingeleiteten Nachsteuerverfahren innert fünfzehn Jahren nach der Steuerperiode,
auf welche diese sich bezieht, eine Nachsteuer festzusetzen, koordiniert ist (Klaus A.
Vallender, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002,
Art. 53 N 18 StHG; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 161 N 4). Obwohl sich die Erwä-
gungen des Verwaltungsgerichts (siehe E. 3b oben) auf einen altrechtlichen Nachsteu-
erfall beziehen, führt dies einerseits zum Schluss, dass diese im harmonisierten Recht
auch für die absolute Veranlagungsverjährungsfrist bei Kettenhandelsfällen im offenen
Verfahren massgebend sein müssen. Andererseits zeigt diese Koordination der abso-
luten Veranlagungsverjährungsfristen im offenen wie im Nachbesteuerungsverfahren
auf, dass der Gesetzgeber die Auffassung vertritt, dass ein Steuerpflichtiger auf jeden
Fall spätestens nach 15 Jahren nach dem Jahr seines steuerrechtlich relevanten Ver-
haltens nicht mehr eingeschätzt bzw. veranlagt werden soll. Wird bei einem Ketten-
handel für die Berechnung der entsprechenden Veranlagungsverjährungsfristen jedoch
auf die abschliessende zivilrechtliche Handänderung abgestellt, so verlängert sich die-
se Fünfzehnjahresfrist um die – unbestimmte und zumindest theoretisch sich über viele
Jahre erstreckende – Zeitspanne zwischen der einschlägigen wirtschaftlichen und der
abschliessenden zivilrechtlichen Handänderung. Eine solche unbestimmte Gesamtfrist
widerspricht dem der Veranlagungsverjährung innewohnenden Zweck der Erlangung
von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden.
cc) Zusammenfassend ist festzustellen, dass § 215 Abs. 1 StG im Zusammen-
hang mit der Besteuerung eines Kettenhandels entsprechend den verwaltungsgericht-
lichen Erwägungen in den Entscheiden vom 16. Juni 1993 (RB 1993 Nr. 27) dahinge-
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hend auszulegen ist, dass die Veranlagungsverjährung für jede wirtschaftliche Hand-
änderung in der Kette fünf Jahre nach Ablauf des entsprechenden Jahres der jeweili-
gen wirtschaftlichen Handänderung zu laufen beginnt. Die der Auslegung zugrunde
liegenden Motive führen zum Schluss, dass keine unechte Gesetzeslücke vorliegt.
4. Zu bestimmen bleibt im vorliegenden Fall der konkrete Zeitpunkt der mass-
geblichen Handänderung gemäss § 215 Abs.1 Satz 1 StG als Ausgangspunkt für die
Berechnung der fünfjährigen relativen Veranlagungsverjährungsfrist. Aufgrund des
Auslegungsergebnisses nicht in Frage kommt das Datum des grundbuchlichen Voll-
zugs des Grundstückkaufs und damit der zivilrechtlichen Handänderung zwischen D
und der Sammelstiftung E am 5. Januar 2005. Ebenfalls nicht in Frage kommt der von
den Pflichtigen geltend gemachte Zeitpunkt der öffentlichen Beurkundung des Kaufver-
trags zwischen D und den Pflichtigen am 16. September 2004. Mit jenem Rechtsge-
schäft ist den Pflichtigen zwar die wirtschaftliche Verfügungsmacht übertragen worden.
Bei der Grundstückgewinnsteuer ist indes – anders als bei der per 31. Dezember 2004
abgeschafften Handänderungssteuer – beim wirtschaftlichen Zwischenerwerber nicht
auch die Einräumung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ein steuerauslösender
Tatbestand, sondern nur die tatsächliche Ausübung dieser wirtschaftlichen Verfü-
gungsmacht zugunsten eines Dritten. Vorliegend haben die Pflichtigen diese – vom
Ausschuss für Grundsteuern der Gemeinde C geltend gemachte – wirtschaftliche Ver-
fügungsmacht spätestens mit dem Datum der Beurkundung des Kaufvertrags zwischen
D und der Sammelstiftung E am 8. Dezember 2004 ausgeübt.
Mit dem Handänderungsdatum 8. Dezember 2004 hat die Veranlagungsver-
jährungsfrist gemäss § 215 Abs. 1 Satz 1 StG in der Folge am 1. Januar 2005 zu lau-
fen begonnen und am 31. Dezember 2009 geendet. Die von der Abteilung Steuern der
Gemeinde C den Pflichtigen zur Kenntnis gebrachten Aufforderungen zur Einreichung
einer Steuererklärung vom 6. August 2010 sind nach Ablauf der relativen fünfjährigen
Veranlagungsverjährungsfrist erfolgt und zeitigen daher keine unterbrechende Wirkung
mehr. Der Ausschuss für Grundsteuern der Gemeinde C hat die im Zeitpunkt der
Grundstückgewinnsteuerveranlagung vom 4. Oktober 2012 bereits eingetretene Veran-
lagungsverjährung zu Unrecht nicht berücksichtigt.
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5. Da die generelle Verwirkung des Rechts zur Besteuerung von Grundstück-
gewinnen durch die zuständige kommunale Grundsteuerbehörde infolge Zeitablaufs
feststeht, erübrigt sich die Untersuchung darüber, ob sämtliche Voraussetzungen für
das Vorliegen eines steuerbaren Kettenhandels zwischen den Pflichtigen und der
Sammelstiftung E erfüllt sind.
6. Diese Erwägungen führen zur Gutheissung des Rekurses. Der Einsprache-
entscheid GR 2012/0002W des Ausschusses für Grundsteuern der Gemeinde C ist
aufzuheben. Bei diesem Prozessausgang, in welchem die Pflichtigen vollständig mit
ihrem Begehren durchdringen, sind die Gerichtskosten der Rekursgegnerin aufzuerle-
gen (§ 151 Abs. 1 StG). Ferner ist den Pflichtigen für das Rekursverfahren eine Partei-
entschädigung zuzusprechen (§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechts-
pflegegesetzes vom 24. Mai 1959/6. September 1987). Unter Berücksichtigung der
nicht einfachen Sachverhalts- und Rechtsfragen sowie eines Streitwerts von
Fr. 116'160.- rechtfertigt sich eine Vergütung von (insgesamt) Fr. 3'500.- (einschliess-
lich Mehrwertsteuer). | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
3424ba8e-183c-4557-abb5-62c22a28448d | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend die Pflichtige) bildet zusammen mit ihren drei Kindern eine
Erbengemeinschaft in Bezug auf die unverteilte Erbschaft ihres am 21. Januar 1960
verstorbenen Ehemannes. Dieser Nachlass umfasst die beiden Mehrfamilienhaus-
Liegenschaften B und C. Bis 2001 versteuerte die Pflichtige den gesamten Nachlass
allein. Nachdem die Kinder mit Vereinbarung 25. Oktober 2001 überein gekommen
waren, eine Erbteilung anzustrengen, flossen die betreffenden Einnahmen seit No-
vember 2001 auf Anweisung des mit der Verwaltung beauftragten Sohnes auf ein se-
parates Konto, auf welches die Pflichtige keinen Zugriff hat; seit diesem Zeitpunkt hat
sie nach eigenem Bekunden keine Zahlungen aus dem Nachlass mehr erhalten. Die
diesbezüglichen Meinungsdifferenzen zwischen der Pflichtigen einerseits und ihren
Miterben andrerseits sind bis heute ungelöst.
Die Pflichtige reichte trotz öffentlicher Aufforderung und Mahnung des Steuer-
amts Zürich vom 10. Januar 2005 keine Steuererklärung für die Steuerperiode 2003
ein. Der Steuerkommissär schätzte sie deshalb am 15. Juli 2005 gestützt auf § 139
Abs. 2 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) nach pflichtgemässem Ermessen
ein.
B. Hiergegen liess die Pflichtige am 16. August 2005 Einsprache erheben mit
dem Antrag, das steuerbare Einkommen bzw. Vermögen je auf Fr. 0.- festzusetzen.
Sie sei nicht in der Lage, eine vollständige Steuererklärung zu erstellen, da sie über
ihren Anteil an der unverteilten Erbschaft keine Angaben habe. Die Steuererklärung sei
mit dem Einverständnis der Steuerkommissärin nicht eingereicht worden. Im Weiteren
führte sie in der Einsprache die einzelnen ihr bekannten steuerrelevanten Angaben auf.
Mit Auflage vom 30. September 2005 verlangte das kantonale Steueramt eine
vollständig ausgefüllte Steuererklärung 2003 samt Beilagen. Diese ging am
4. November 2008 ein; hinsichtlich der Nachlassliegenschaften wurden indessen keine
Angaben gemacht. Am 10. Februar 2006 erliess der Steuerkommissär einen Einschät-
zungsvorschlag. Am 10. Mai 2006 fand eine Besprechung statt, an welcher der Vertre-
ter der Pflichtigen Liegenschaftsabrechnungen zu den Akten gab, und am 11. Mai 2006
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1 ST.2008.4
erging gestützt darauf ein weiterer Einschätzungsvorschlag. Am 30. September 2005
verlegte die Pflichtige ihren Wohnsitz ins Ausland, und am 15. Juni 2006 legte der
Steuervertreter sein Amt nieder.
Der Steuerkommissär hiess die Einsprache am 29. November 2007 teilweise
gut und traf folgende Einschätzung:
Einkommen Vermögen
Fr. Fr.
steuerbar 11'500.- 537'000.-
satzbestimmend 11'500.- 1'317'000.-.
In Bezug auf die Nachlass-Liegenschaften stütze er sich dabei auf die Unter-
lagen, welche vom Vertreter der Pflichtigen eingereicht worden waren, und rechnete ihr
die sich daraus ergebenden Werte zur Hälfte zu. Zudem auferlegte er ihr die Verfah-
renskosten von Fr. 200.-.
C. Hiergegen erhob die Pflichtige am 29. Dezember 2007 Rekurs und bean-
tragte, in Bezug auf die Vermögenssteuern die Liegenschaften im Nachlassvermögen
nicht ihr, sondern ihren drei Kindern zuzuscheiden, ihr eine Entschädigung von
Fr. 20'000.- für Anwalts- und Steuerberaterhonorare zu gewähren, die Steuern 2002
bis 2005 zu erlassen und ihr die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren sowie
einen unentgeltlichen Rechtsvertreter zu bestellen. Das steuerbare bzw. satzbestim-
mende Einkommen blieb unbestritten, wobei die Pflichtige wohl irrtümlicherweise da-
von ausgegangen ist, dass ihr keine Einkünfte aus den beiden Nachlassliegenschaften
aufgerechnet worden seien.
Mit Verfügung vom 22. Januar 2008 wies der Einzelrichter der Steuerrekurs-
kommission I das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung ab, da der Rekurs als
aussichtslos erscheine. Ferner auferlegte er der Pflichtigen einen Kostenvorschuss von
Fr. 400.-, da sie nach eigenen Angaben nicht mehr in der Schweiz wohnhaft sei. Dieser
Entscheid wurde am 17. September 2008 vom Verwaltungsgericht und am
19. November 2008 vom Bundesgericht bestätigt. Mit Verfügung vom 1. Dezember
2008 wurde der Pflichtigen eine Nachfrist zur Leistung der Kaution angesetzt, welcher
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1 ST.2008.4
Aufforderung sie fristgerecht nachkam. Das kantonale Steueramt schloss in seiner Re-
kursantwort vom 14. Januar 2009 auf Abweisung des Rechtsmittels. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Auf den Antrag der Pflichtigen, ihr die Steuern 2002 bis 2005 zu erlassen,
ist nicht einzutreten, da für die Beurteilung eines Erlassgesuchs in erster Instanz die
Gemeinde und nicht die Steuerrekurskommission zuständig ist (§ 184 Abs. 1 StG).
Eine Kopie des Rekursschreibens ist deshalb an das Steueramt der Stadt Zürich zur
Prüfung als Erlassgesuch zu überweisen.
Mangels Zuständigkeit ebenfalls nicht eintreten kann die Steuerrekurskom-
mission sodann auf den Antrag der Pflichtigen, ihr eine Entschädigung von Fr. 20'000.-
für (bereits aufgelaufene Anwalts- und Steuerberaterhonorare) zu gewähren.
2. Die Pflichtige ersucht um Klarstellung in Bezug auf den korrekten Fristab-
lauf bei Bezeichnung einer Zustelladresse in der Schweiz bei Wohnsitz im Ausland,
und erachtet eine ständige Überwachung der Postadresse als unzumutbar.
Die Rechtsmittelfrist beginnt nicht erst mit der Kenntnisnahme des anfechtba-
ren Entscheids durch den Steuerpflichtigen zu laufen, sondern bereits mit dessen ord-
nungsgemässer Zustellung (RB 1982 Nr. 88). Nach § 9 der Verordnung zum Steuerge-
setz vom 1. April 1998 (VO StG) gilt die Zustellung einer Sendung (als fristauslösendes
Ereignis) als vollzogen, wenn sie an den Adressaten selbst oder an ein zu seiner
Haushaltung gehörendes erwachsenes Familienmitglied oder an eine Person mit Post-
vollmacht erfolgt und von diesen Personen für den Adressaten entgegengenommen
worden ist. Personen mit Wohnsitz im Ausland haben auf Aufforderung einen Vertreter
in der Schweiz zu bezeichnen (§ 3 VO StG), da amtliche Sendungen nicht ins Ausland
zugestellt werden können. Die Pflichtige hat zwar keinen solchen Vertreter bezeichnet,
aber eine eigene Postfachadresse in der Schweiz angegeben, von wo aus die amtliche
Post abgeholt wird. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass bei dieser Sachlage die Zu-
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1 ST.2008.4
stellung jeweils bereits bei Abholung der Sendung an der Schweizerischen Postadres-
se als erfolgt zu betrachten ist und der Fristenlauf bereits ab diesem Zeitpunkt, und
nicht erst bei Entgegennahme im Ausland nach erfolgter Weiterleitung, zu laufen be-
ginnt.
3. Formell im Streit liegt einzig die rechtliche Frage, ob der Vermögenssteuer-
wert der Liegenschaften im Nachlassvermögen zu Recht der Pflichtigen anteilsmässig
aufgerechnet worden ist, weil die Pflichtige irrtümlicherweise davon ausgeht, dass ihr
aus dem Nachlass keine Liegenschaftserträge aufgerechnet worden seien. Dies trifft
jedoch nicht zu, weshalb zur Frage, bei wem diese Erträge zu erfassen sind, im Fol-
genden ebenfalls Stellung genommen wird. Nicht Gegenstand des Verfahrens bilden
die übrigen Elemente der Einschätzung sowie die Höhe des Vermögensteuerwerts der
Liegenschaften.
a) Das steuerbare Vermögen bemisst sich nach dem Vermögensstand am
Ende der Steuerperiode oder der Steuerpflicht (§ 51 Abs. 1 StG). Erbengemeinschaf-
ten sind als solche nicht steuerpflichtig; ihr Einkommen und Vermögen wird den einzel-
nen Erben oder Bedachten nach Massgabe ihrer Quoten zugerechnet (§ 9 Abs. 1 StG).
Bei Vermögen, an dem eine Nutzniessung besteht, sind die entsprechenden Einkom-
men und Vermögen schon während der Dauer der Erbengemeinschaft dem Nutznies-
ser zuzurechnen (§ 38 Abs. 2 StG; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum
harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 9 N 6). Ist die Erbfolge ungewiss,
wird die Erbengemeinschaft als Ganzes nach den für natürliche Personen geltenden
Bestimmungen besteuert (§ 9 Abs. 2 StG).
Die erbrechtlichen Verhältnisse beurteilen sich grundsätzlich nach dem im
Zeitpunkt des Todes des Erblassers geltenden Recht (Art. 15 Abs. 1 der Übergangs-
bestimmungen zum ZGB). Nach unbestrittener Sachdarstellung besteht kein Testa-
ment des Erblassers, weshalb zur Bestimmung der Erbquoten die 1960 geltenden Be-
stimmungen des ZGB zur Anwendung gelangen. Gemäss Art. 462 Abs. 1 ZGB in der
Fassung vom 10. Dezember 1907 erhält der überlebende Ehegatte, wenn der Erblas-
ser Nachkommen hinterlässt, nach seiner Wahl entweder die Hälfte der Erbschaft zur
Nutzniessung oder den Viertel zu Eigentum.
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1 ST.2008.4
b) Die Pflichtige hat anlässlich einer Vorsprache beim Steuerkommissär am
2. Dezember 2004 erklärt, sie verfüge über einen hälftigen Anteil der Liegenschaften
zu Nutzniessung (vgl. auch e-mail der Pflichtigen an D, Beilage). Bei dieser Erklärung
ist sie zu behaften. Daraus ergibt sich, dass sie als Teil der Erbengemeinschaft für ih-
ren Anteil am Nachlass die darauf entfallenden Vermögenssteuern zu entrichten hat.
Ihr Einwand, ihr seien seit 2001 keine Einkünfte zugeflossen, ändert daran nichts, da
ihre rechtliche Stellung als Gesamteigentümerin bzw. Nutzniessungsberechtigte da-
durch nicht tangiert wird.
c) Anzufügen ist sodann, dass die Pflichtige zu Unrecht davon ausgeht, ihr
seien die betreffenden Liegenschaftserträge nicht aufgerechnet worden. Doch vermag
ihr dieser Irrtum nicht zu schaden, denn selbst wenn sie diesen Umstand gerügt hätte,
erweist sich das Vorgehen der kantonalen Steueramts als rechtlich korrekt:
Nach dem vorliegenden Aktenstand kann selbst bei fehlenden effektiven Aus-
zahlungen der Liegenschaftserträge nicht davon ausgegangen werden, sie habe die
betreffenden Einkünfte nicht realisiert. Nach allgemeinen steuerrechtlichen Grundsät-
zen ist ein Einkommen dann als zugeflossen und damit als erzielt zu betrachten, wenn
die steuerpflichtige Person Leistungen vereinnahmt oder einen festen Rechtsanspruch
darauf erwirbt, über den sie tatsächlich verfügen kann. Vorherrschend ist die Besteue-
rung im Zeitpunkt des Forderungserwerbs. Ausnahmsweise wird aber von diesen
Grundsätzen abgewichen, namentlich wenn die Erfüllung der Forderung als unsicher
betrachtet werden muss (vgl. zum Ganzen u.a. BGE 113 Ib 23 E. 2e; 105 Ib 238 E. 4a;
StE 2005 A 24.21 Nr. 16 E. 4; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 50 N 20 ff.). Vorlie-
gend bestehen Liegenschaftsabrechnungen, gemäss welchen ihr ein hälftiger Anteil
zugestanden wird; diese sind – wie zu vermuten ist – von ihrem Sohn, welcher die Lie-
genschaften verwaltet, erstellt worden. Daraus ist zu schliessen, dass ihr Anspruch auf
die Hälfte der Erträge von ihren Miterben nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird, sie
mithin ein Forderungsrecht auf Auszahlung der Einkünfte erworben hat (vgl. auch Ver-
einbarung der übrigen Erben vom 25. Oktober 2001, Beilage, sowie Schreiben des
Vertreters der übrigen Erben vom 19. Januar 2005). Wie die Pflichtige selber ausführt,
haben die Miterben vielmehr ihr eine Forderung "in Millionenhöhe" gestellt. Offenkun-
dig wird ihr Anteil an den Nachlasseinkünften mit Gegenforderungen der Miterben ver-
rechnet. Eine Verrechnung ändert indessen am erfolgten Zufluss einer Einkunft nichts,
http://relevancy.bger.ch/php/aza/http/index.php?lang=de&type=highlight_simple_query&page=1&from_date=&to_date=&sort=relevance&insertion_date=&top_subcollection_aza=all&query_words=2C_286%2F2007&rank=0&azaclir=aza&highlight_docid=atf%3A%2F%2F113-IB-23%3Ade&number_of_ranks=0#page23 http://relevancy.bger.ch/php/aza/http/index.php?lang=de&type=highlight_simple_query&page=1&from_date=&to_date=&sort=relevance&insertion_date=&top_subcollection_aza=all&query_words=2C_286%2F2007&rank=0&azaclir=aza&highlight_docid=atf%3A%2F%2F105-IB-238%3Ade&number_of_ranks=0#page238
- 7 -
1 ST.2008.4
sondern setzt diesen vielmehr gerade voraus. Ob die Verrechnung ihrerseits recht-
mässig ist oder nicht, ändert hieran nichts und ist hier auch nicht zu entscheiden.
d) Abschliessend ist deshalb festzuhalten, dass die Vorinstanz zu Recht einen
hälftigen Anteil an den Nachlassliegenschaften bei der Pflichtigen mit den Vermögens-
steuern erfasst hat. Die Berechnung ist zudem korrekt, weshalb die Einschätzung zu
bestätigen ist.
4. Gestützt auf diese Erwägungen ist der Rekurs abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten der Pflichtigen
aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG). Ihr Antrag auf unentgeltliche Prozessführung ist be-
reits mit Zwischenverfügung vom 22. Januar 2008 rechtskräftig abgelehnt worden,
weshalb an dieser Stelle nicht mehr darauf einzugehen ist. Die Zusprechung der bean-
tragten Parteientschädigung an die Pflichtige (für dieses Verfahren) kommt bei diesem
Ausgang nicht in Betracht (§ 152 StG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 des Verwaltungs-
rechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
343cad9f-a62b-4655-b867-b853fe0ec6ad | hat sich ergeben:
A. A (zusammen mit seiner Ehefrau B die Pflichtigen) ist Eigentümer des
Grundstücks Plan-Parzelle ... ("Chalet D"), ... 34, ... E. Die im Jahr 1931 erstellte Lie-
genschaft wurde in den Jahren 2004 - 2006 umfassend renoviert sowie um einen An-
bau erweitert. Nach Angaben der Pflichtigen beliefen sich die Umbau- und Renovati-
onskosten auf insgesamt Fr. 1'262'925.-. Für die Steuerperiode 2004 deklarierten die
Pflichtigen einen Betrag von Fr. 471'176.- als Liegenschaftenunterhalt, für 2005 einen
solchen von Fr. 205'078.- und für 2006 einen solchen von Fr. 64'240.-. Mit Auflage vom
4. Januar 2010 verlangte der Steuerkommissär nähere Angaben über die vorgenom-
menen Arbeiten, wozu die Pflichtigen am 31. März 2010 Stellung nahmen. Nachdem
die Pflichtigen einen Einschätzungsvorschlag des Steuerkommissärs vom 25. August
2010 abgelehnt hatten, erliess dieser am 22. November 2010 die Veranlagungs- und
Einschätzungsentscheide für die direkte Bundessteuer sowie die Staats- und Gemein-
desteuern 2004 - 2006. Darin nahm er betreffend Liegenschaftenunterhalt folgende
Aufrechnungen vor: für das Steuerjahr 2004 Fr. 451'176.-, für 2005 Fr. 194'079.- und
für 2006 Fr. 54'240.-. Dabei stellte er sich auf den Standpunkt, dass die Liegenschaft
umfassend erneuert, neu strukturiert und vergrössert worden sei, weshalb die Aufwen-
dungen weitestgehend wertvermehrenden Charakter hätten.
B. Mit Einsprache vom 20. Dezember 2010 beantragten die Pflichtigen, ihnen
seien Unterhaltskosten von Fr. 445'738.- (2004), Fr. 184'079.- (2005) und Fr. 64'240.-
(2006) zu gewähren. In der Folge fanden Verhandlungen zwischen den Parteien statt,
die jedoch ergebnislos verliefen. Am 19. Juli 2011 reichten die Pflichtigen weitere Un-
terlagen sowie ein von ihnen in Auftrag gegebenes Gutachten der Architektin F über
den Umfang der werterhaltenden Investitionen ein. Gestützt darauf verfochten die
Pflichtigen anstelle der ursprünglich geltend gemachten Fr. 740'494.- nunmehr einen
Betrag von insgesamt Fr. 406'516.- als werterhaltend. Am 9. Februar 2012 mahnte das
kantonale Steueramt die vollständige Erfüllung der Auflage vom 4. Januar 2010, wor-
auf die Pflichtigen am 19. März 2012 weitere Unterlagen einreichten. Daraufhin wies
das kantonale Steueramt am 4. April 2012 die Einsprachen für die Steuerperioden
2004 und 2005 ab und hiess jene für die Steuerperiode 2006 aus einem hier nicht
mehr strittigen Grund teilweise gut. Mit Bezug auf den streitbetroffenen Liegenschafte-
2 DB.2012.106 2 ST.2012.122
- 3 -
nunterhalt hielt das kantonale Steueramt an den Aufrechnungen gemäss den ange-
fochtenen Veranlagungs- und Einschätzungsentscheiden fest.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 7. Mai 2012 liessen die Pflichtigen dem
Steuerrekursgericht beantragen, dass die Umbau- und Renovationskosten von insge-
samt Fr. 1'262'925.- im Umfang von Fr. 396'388.-, also zu 31.4% als werterhaltend zu
berücksichtigen seien, und zwar nach folgender Aufteilung: 2004: Fr. 260'490.- (statt
Fr. 20'000.-); 2005: Fr. 123'046.- (statt Fr. 10'999.-) und 2006: Fr. 12'852.-.
In seiner Beschwerde-/Rekursantwort vom 5. Juni 2012 schloss das kantonale
Steueramt auf Abweisung des Rechtsmittels.
D. Mit Verfügung vom 27. März 2013 ordnete das Steuerrekursgericht ein
Gutachten über die Frage an, welcher Anteil bei den in den Jahren 2004 - 2006 vorge-
nommenen Bauarbeiten am Grundstück Plan-Parzelle ... ("Chalet D"), ...34, ... E, als
Unterhalt zu qualifizieren sei. Nachdem die Parteien gegen die vorgeschlagene Gut-
achterin G, dipl. Arch. ETH/SIA, Immobilienbewerterin mit eidg. Fachausweis, H, keine
Einwendungen erhoben hatten, wurde diese am 23. Mai 2013 mit der Erstellung des
Gutachtens beauftragt. Am 14. Januar 2014 führte der Referent des Steuerrekursge-
richts mit den Parteien unter Beizug der Expertin eine Referentenaudienz durch, die
ergebnislos verlief. Am ... Februar 2014 erstattete die Expertin ihr Gutachten. Die Par-
teien äusserten sich dazu am 18. bzw. 21. März 2014.
Auf die Begründung des Einspracheentscheids und die Parteivorbringen wird,
soweit wesentlich, in den nachfolgenden Urteilsgründen zurückgekommen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Gemäss Art. 25 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom
14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 25 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) wer-
den zur Ermittlung des Reineinkommens die gesamten steuerbaren Einkünfte um die
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zu ihrer Erzielung notwendigen Aufwendungen und die allgemeinen Abzüge vermin-
dert. Dazu gehören nach Art. 32 Abs. 2 Satz 1 DBG bzw. § 30 Abs. 2 Satz 1 StG bei
Liegenschaften im Privatvermögen die Unterhaltskosten, die Versicherungsprämien
und die Kosten der Verwaltung durch Dritte.
2. a) Nach Lehre und Rechtsprechung sind unter Unterhaltskosten Aufwendun-
gen zu verstehen, deren Ziel nicht die Schaffung neuer, sondern die Erhaltung bisheri-
ger Werte ist und die in längeren oder kürzeren Zeitabständen wiederkehren (Richner/
Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 32 N 37; dies.,
Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 30 N 36 ff.). Dazu gehören ei-
nerseits die Aufwendungen für den laufenden Unterhalt – wie Kosten für Ausbesse-
rungsarbeiten aller Art und Ersatzanschaffungen – sowie die mit dem Grundstück ver-
bundenen jährlich wiederkehrenden Abgaben. Abzugsfähig sind sodann auch
Aufwendungen für periodische Renovationen grösseren Ausmasses (Fassaden, Dach-
renovation, zeitbedingte Änderung der Zentralheizung, Anpassung der elektrischen
Einrichtung an geänderte Vorschriften u. dgl.). Mit anderen Worten gelten als Unterhalt
im Sinn von Art. 32 Abs. 2 DBG bzw. § 30 Abs. 2 StG Kosten, die der Instandhaltung
des Grundstücks oder seiner Instandstellung dienen, d.h. der Nachholung unterbliebe-
ner Instandhaltung (VGr, 22. April 1986 = StE 1987 B 44.13.1 Nr. 1; Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Art. 32 N 30 ff. und § 30 N 43), so dass das Grundstück weiterhin
– allenfalls "modernisiert" – seinen bisherigen Verwendungszweck erfüllen kann.
b) Nicht abzugsfähig sind demgegenüber Aufwendungen, welche zur Wertver-
mehrung eines Grundstücks führen (Art. 34 lit. d DBG, § 33 lit. d StG). Dazu gehören
alle Aufwendungen, welche ein Grundstück in einen besseren Zustand versetzen, d.h.
ein Haus in den Rang eines besser ausgestatteten, wertvolleren Gebäudes aufrücken
lassen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 32 N 48 bzw. § 30 N 48). Ferner sind all
jene Aufwendungen nicht abzugsfähig, die sich als Lebenshaltungskosten erweisen
(Art. 34 lit. a DBG, § 33 lit. a StG). Dies ist der Fall, wenn sie weder dem Unterhalt
noch der Schaffung liegenschaftlicher Werte, sondern einzig der Befriedigung persönli-
cher Bedürfnisse und Neigungen eines Steuerpflichtigen dienen und damit Einkom-
mensverwendung darstellen (Peter Locher, Kommentar zum DBG, I. Teil, Art. 1 - 48
DBG, 2001, Art. 34 N 4). Als Lebenshaltungskosten gelten bei selbstbewohnten Lie-
genschaften beispielsweise die Farbtonänderung einer neuwertigen Bemalung, luxu-
riöse Anlagen, Ersatz von Installationen kurz nach deren Investition usw. (Richner/Frei/
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Kaufmann/Meuter, § 30 N 69), aber auch die periodisch wiederkehrenden Verbrauchs-
kosten (inkl. Grundgebühren) für Wasser, Abwasser, Entwässerung, Strom, Erdgas,
Fernheizung, Kehricht und Feuerschau (BGr, 15. Juli 2005 = StE 2006 B 25.6 Nr. 53).
c) Die Abgrenzung zwischen Werterhaltung und Wertvermehrung erfolgt in der
Regel nach objektiv-technischen Kriterien (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 32 N 46
und § 30 N 47). Ob das Objekt zufolge der Aufwendung wirtschaftlich für den Berech-
tigten einen höheren Wert aufweist oder nicht, ist somit unerheblich (RB 1982 Nr. 55,
1997 Nr. 47). Im Übrigen lassen sich bei Umbauten bestehender Gebäude wertver-
mehrende und werterhaltende Aufwendungen naturgemäss nicht immer scharf aus-
einanderhalten; sie lassen sich aus diesem Grund nur schätzen. Dabei ist es Sache
des Steuerpflichtigen, die notwendigen Schätzungsgrundlagen zu beschaffen. Hierzu
bedarf es insbesondere genauer Angaben über die ausgeführten Arbeiten sowie den
Zustand und die Ausrüstung des Objekts vor und nach dem Umbau (RB 1997 Nr. 51;
VGr, 22. April 1986 = StE 1987 B 44.13.1 Nr. 1). Andernfalls ist die steuerrechtliche
Beurteilung der Abzugsfähigkeit nicht möglich. Folge davon ist, dass die betreffenden
Aufwendungen entweder gänzlich unberücksichtigt bleiben müssen oder diese nach
pflichtgemässem Ermessen im Sinn von Art. 130 Abs. 2 DBG bzw. § 139 Abs. 2 StG
zu schätzen sind.
3. a) Zur Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen i.S.v. Art. 130 Abs. 2
DBG bzw. § 139 Abs. 2 StG wird geschritten, wenn der Steuerpflichtige trotz Mahnung
seine Verfahrenspflichten nicht erfüllt oder die Steuerfaktoren mangels zuverlässiger
Unterlagen nicht einwandfrei ermittelt werden können. Vorausgesetzt ist ein Untersu-
chungsnotstand. Dieser ist im Regelfall dadurch verursacht, dass der Steuerpflichtige
trotz Mahnung seinen Mitwirkungspflichten nicht oder nur unvollständig nachgekom-
men ist. Mit Bezug auf steueraufhebende oder -mindernde Tatsachen, z.B. einen gel-
tend gemachten Abzug, führt dies nach neuerer verwaltungsgerichtlicher Rechtspre-
chung (RB 2003 Nr. 92 = ZStP 2003, 343, auch zum Folgenden) grundsätzlich nicht zu
einer Ermessensveranlagung. Vielmehr ist in einem solchen Fall aufgrund der allge-
meinen Beweislastregel (vgl. ASA 62, 720 E. 5b; BGE 121 II 257 E. 4c/aa) zu Unguns-
ten des für derartige Tatsachen beweisbelasteten Steuerpflichtigen anzunehmen, die
behaupteten Tatsachen hätten sich nicht verwirklicht. Dementsprechend ist der in Fra-
ge stehende Abzug nicht zu berücksichtigen (vgl. BGE 92 I 398 = ASA 36, 192;
ASA 46, 512). Nur ausnahmsweise ist auch bezüglich steueraufhebender oder
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-mindernder Tatsachen eine Schätzung nach pflichtgemässem Ermessen vorzuneh-
men, nämlich dann, wenn dem Steuerpflichtigen die gehörige Mitwirkung an der Ermitt-
lung dieser Tatsachen aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, unmöglich oder un-
zumutbar ist (RB 1975 Nr. 54). Gleich verhält es sich, wenn feststeht, dass dem
Steuerpflichtigen abziehbare Kosten erwachsen sind, diese aber hinsichtlich ihrer Höhe
ungewiss sind. Hier wäre es sachwidrig und willkürlich, den Abzug nicht zu berücksich-
tigen, vielmehr muss diesfalls dessen Höhe nach pflichtgemässem Ermessen ge-
schätzt werden (Martin Zweifel, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht,
Band I/1, 2. A., 2002, Art. 46 N 30 ff. StHG; RB 2003 Nr. 92 = ZStP 2003, 343 =
StE 2004 B 92.3 Nr. 13).
b) In den Einspracheentscheiden erwog das kantonale Steueramt, dass das
Gebäude "von Grund auf umgestaltet und neu eingerichtet" worden sei. Die baulichen
Massnahmen seien nicht nur darauf ausgerichtet gewesen, den Wert der Liegenschaft
zu erhalten, sondern hätten das einfache Chalet in eine stattliche Villa umgewandelt.
Weil die Gesamtinvestitionen den geschätzten Verkehrswert übertroffen hätten, wäre
ein Neubau eher kostengünstiger ausgefallen. Die Aufwendungen der Pflichtigen hät-
ten daher zu einer Wertvermehrung geführt. Sodann hätten es die Pflichtigen unterlas-
sen, den Bauzustand vor dem Umbau darzulegen. Der Zustand des Gebäudes vor und
nach dem Umbau gehe aus den Akten nicht hervor; ferner hätten die Pflichtigen nicht
alle Bauabrechnungen eingereicht. Trotz Auflage und Mahnung hätten es die Pflichti-
gen versäumt, eine hinreichend substanziierte Sachdarstellung zu liefern, welche eine
Qualifikation der streitigen Auslagen als Unterhaltskosten gerechtfertigt hätte. Somit
könnten sie lediglich den – nach pflichtgemässem Ermessen zu schätzenden – "allge-
meinen" Liegenschaftenunterhalt beanspruchen.
Die Beschwerdeführer/Rekurrenten bringen zur Begründung ihres Rechtsmit-
teils vor, dass sie sich im Einspracheverfahren erfolglos um eine gütliche Einigung mit
dem kantonalen Steueramt bemüht hätten. Das von ihnen in Auftrag gegebene bau-
fachliche Gutachten komme zum Schluss, dass von den gesamten Aufwendungen von
Fr. 1'262'925.- ein Anteil von Fr. 396'388.- als Unterhalt zu würdigen sei. Das Ferien-
haus D sei vor dem Umbau nicht vernachlässigt gewesen; auch habe weder ein Ab-
bruch noch eine Auskernung stattgefunden. Die Pflichtigen hätten die Sachdarstellung
hinreichend substanziiert, weshalb das kantonale Steueramt keine Veranlagung nach
pflichtgemässem Ermessen hätte vornehmen dürfen.
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- 7 -
c) Bereits mit der Anordnung eines Gutachtens hat das Steuerrekursgericht
die Voraussetzungen für eine (Teil-)Ermessenseinschätzung mit Bezug auf den um-
strittenen Liegenschaftenunterhalt implizit verneint. Dabei hat es sich von der Überle-
gung leiten lassen, dass die Lücken in der Sachverhaltsdarstellung der Pflichtigen im
Vergleich zur Komplexität des Bauvorhabens von untergeordneter Natur gewesen sind.
Die Schwierigkeit der Unterteilung der Aufwendungen in Wertvermehrung und Unter-
halt beschlage weniger den Sachverhalt als vielmehr dessen – durch einen Sachver-
ständigen vorzunehmende – Würdigung.
An dieser Sichtweise ist festzuhalten: Die umfassende Renovation und Erwei-
terung der Liegenschaft "Chalet D" ist in den Akten gut dokumentiert. Dementspre-
chend war die vom Steuerrekursgericht bestellte Gutachterin ohne Weiteres in der La-
ge, die Expertenfrage anhand der vorliegenden Akten zu beantworten. Dabei
verschaffte insbesondere die Zusammenstellung, welche die seitens der Pflichtigen im
Einspracheverfahren beigezogene Privatgutachterin F vorgenommen hat, eine klare
Übersicht. Wenn das kantonale Steueramt die Mahnung vom 9. Februar 2012 durch
die von den Pflichtigen am 19. März 2012 eingereichten weiteren Unterlagen als nicht
gehörig erfüllt betrachtet haben sollte, hätte es diesen mittels ergänzender Auflage an-
zeigen müssen, inwiefern die Auflage als nicht vollständig erfüllt zu betrachten sei und
hätte es nicht sogleich eine (Teil-)Ermessensveranlagung vornehmen dürfen (StRG,
21. März 2013, DB.2012.312 + ST.2012.252). Wie gesagt hat das kantonale Steueramt
ein solches Vorgehen jedoch wohl deswegen nicht in Betracht gezogen, weil es nicht
die Substanziierung für mangelhaft hielt, sondern eine Qualifikation der Aufwendungen
als Unterhalt grundsätzlich ablehnte. Schon im Veranlagungs- und Einspracheverfah-
ren hat es zu erkennen gegeben, dass die Pflichtigen im Wesentlichen eine Gebäude-
erweiterung sowie einen partiellen Abbruch mit nachfolgendem Wiederaufbau vorge-
nommen hätten, was als reine Wertvermehrung zu würdigen sei.
d) Anzumerken bleibt, dass die Schätzung der Unterhaltsquoten in den Ein-
spracheentscheiden im Licht des Expertengutachtens (dazu nachfolgend E. 4) als will-
kürlich tief bezeichnet werden muss. Selbst wenn die (Teil-)Ermessenseinschätzung
grundsätzlich zu Recht erfolgt wäre, könnte sie der im Beschwerde-/Rekursverfahren
vorzunehmenden Überprüfung auf Angemessenheit hin (RB 1989 Nr. 36; Richner/Frei/
Kaufmann/Meuter, Art. 132 N 67 DBG und § 140 N 79 StG) offensichtlich nicht stand-
halten.
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4. a) In ihrem Gutachten vom ... Februar 2014 kam die Expertin zum Schluss,
dass sich der als Unterhalt zu qualifizierende Anteil der in den Jahren 2004 - 2006 am
"Chalet D" vorgenommenen Arbeiten auf rund Fr. 380'000.- belaufe. Die Sachverstän-
dige beschrieb zunächst die Liegenschaft vor der Sanierung sowie die vorgenomme-
nen Umbau- und Erweiterungsarbeiten. Neben den Akten stützte sie sich auf einen
Augenschein vor Ort, den sie fotografisch dokumentierte, auf Auskünfte von Bauherr-
schaft und Bauleiter, das Parteigutachten von F, Projektpläne sowie Schätzungen der
Gebäudeversicherung. Dabei würdigte die Sachverständige alle Unternehmerrechnun-
gen, gegliedert nach den verschiedenen Gebäudeteilen und Arbeitsgängen, und
schätzte für jede Position den Unterhaltsanteil. Im Rahmen ihrer Schätzung berück-
sichtigte sie auch das vom kantonalen Steueramt erlassene Merkblatt über die steuer-
liche Abzugsfähigkeit von Kosten für den Unterhalt und die Verwaltung von Liegen-
schaften (in der massgebenden Fassung vom 31. August 2006). Sodann
plausibilisierte sie das Ergebnis anhand des Gebäudeversicherungsneuwerts wie auch
der investierten Summe. Auf diese Weise ermittelte sie eine Bandbreite von
Fr. 345'000.- bis Fr. 415'000.- für den werterhaltenden Anteil und setzte diesen auf das
arithmetische Mittel von Fr. 380'000.- fest.
b) Die Expertin G ist seit über 10 Jahren für das Steuerrekursgericht in dieser
Funktion tätig. Ihre Fachkunde darf daher als erstellt gelten. Auch die Unabhängigkeit
der Gutachterin ist von den Parteien zu Recht nicht in Frage gestellt worden.
In ihrer Stellungnahme vom 21. März 2014 schliessen sich die Pflichtigen den
Ausführungen der Expertin an. Demgegenüber erachtet das kantonale Steueramt das
Gutachten deswegen nicht für schlüssig, weil der Zustand des Gebäudes vor dem Um-
bau nicht ersichtlich sei. Aus diesem Grund könnten auch die Unterhaltskosten nicht
zuverlässig geschätzt werden. Insbesondere habe der Gutachterin die schon im Aufla-
geverfahren verlangte Rechnung der Holzbaufirma I AG über Fr. 468'441.- nicht vorge-
legen; bei den Akten liege nur eine Offerte vom ... Mai 2004 über einen Betrag von
Fr. 302'233.-; der Mehrbetrag von Fr. 166'208.- betreffe möglicherweise die Ersetzung
der Aussenwände, so dass ein eigentlicher Neubau geschaffen worden sei.
Die Expertin hat sich auf die aktenkundigen Rechnungen abgestützt und aus
den daraus vermerkten Arbeiten die jeweils als Unterhalt oder Energiesparen abzugs-
fähigen Quoten ermittelt. Dass die Schlussrechnung eines Unternehmers von der Of-
ferte abweicht, kommt aufgrund von Vertragsänderungen während der Bauausführung
2 DB.2012.106 2 ST.2012.122
- 9 -
vergleichsweise häufig vor. Abweichungen zwischen Offerte und Rechnung sind daher
bei grösseren Arbeitsgängen zumindest dann hinzunehmen, wenn sich die Abwei-
chung erklären lässt. Wie in lit. A der Prozessgeschichte festgehalten, haben die Pflich-
tigen von vornherein nur gut einen Drittel ihrer Aufwendungen als Unterhalt geltend
gemacht. Selbst wenn der Sachverhalt nicht mit letzter Klarheit feststeht, erscheint das
Gutachten, das die einzelnen Massnahmen gewürdigt, separat gewichtet und das Er-
gebnis über den Gebäudeversicherungswert sowie die Investitionssumme plausibili-
siert hat, als widerspruchsfrei und überzeugend, weshalb darauf abgestellt werden
kann.
Wenn die Expertin von den insgesamt aufgewendeten Fr. 1'262'925.- einen
Anteil von Fr. 380'000.- als Unterhalt qualifiziert, entspricht dies einer Quote von
gut 30%. Anzumerken bleibt, dass im Entscheid DB.2010.112 + ST.2010.157 vom
16. Mai 2011, der die Sanierung eines älteren Ferienhauses für mehr als 2 Millionen
Franken betraf, gestützt auf ein Expertengutachten ein Unterhaltsanteil von 29% sowie
ein auf Energiesparmassnahmen entfallender Anteil von 6% angenommen wurde.
Schliesslich ist auf die Rechtsprechung zu den bei der Grundstückgewinnsteuer anre-
chenbaren wertvermehrenden Aufwendungen hinzuweisen. Die Steuerrekurskommis-
sion III hat in einem Entscheid vom 14. März 2000 (StE 2001 B 44.13.1 Nr. 4) die Sa-
nierung eines 1908 erstellten Mehrfamilienhauses zu 70% als wertvermehrend und zu
30% als Unterhalt gewürdigt. In den Erwägungen hielt sie fest, dass bei einer solchen
umfassenden Erneuerung die als Wertvermehrung zu würdigende Quote erfahrungs-
gemäss zwischen 50% und 66,67% liege. Die vom kantonalen Steueramt im vorlie-
genden Fall vertretene Auffassung würde darauf hinauslaufen, die Bauarbeiten am
"Chalet D" vollumfänglich als Wertvermehrung zu qualifizieren, was wie gesagt der
ständigen Rechtsprechung zuwiderläuft. Daran ändert nichts, dass im Rahmen eines
umfassenden Umbaus auch Bausubstanz zerstört und neu geschaffen wird. Eine reine
Wertvermehrung wäre erst dann anzunehmen, wenn ein Gebäude vollständig ab-
gebrochen und an dessen Stelle ein Neubau errichtet würde (VGr, 22. August 2007,
SB.2007.00012). Demgegenüber tut es nichts zur Sache, ob ein Neubau gleich teuer
oder gar kostengünstiger zu stehen käme als eine Sanierung. Namentlich bei schutz-
würdigen Altbauten ist die Sanierung regelmässig aufwändiger als ein Neubau.
c) Nach dem Gesagten ergibt sich, dass im Zusammenhang mit dem Umbau
abzugsfähige Unterhaltskosten (einschliesslich Energiesparmassnahmen) von insge-
samt Fr. 380'000.- zu berücksichtigen sind. Davon entfallen Fr. 267'000.- auf die Steu-
2 DB.2012.106 2 ST.2012.122
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erperiode 2004, Fr. 100'000.- auf die Steuerperiode 2005 und Fr. 13'000.- auf die
Steuerperiode 2006. Im Einspracheentscheid hat das kantonale Steueramt den "allge-
meinen" Liegenschaftenunterhalt nach pflichtgemässem Ermessen für 2004 mit
Fr. 20'000.-, für 2005 mit Fr. 10'999.- und für 2006 mit Fr. 10'000.- festgelegt. Aus der
Begründung geht nicht hervor, ob und inwieweit die übrigen Positionen, die von den
Pflichtigen als Liegenschaftenunterhalt deklariert worden sind, als anerkannt zu gelten
haben. Jedenfalls liegt ein Widerspruch darin, dass das kantonale Steueramt die mit
dem Umbau angefallenen Kosten als reine Wertvermehrung betrachtet, jedoch für
2004 und 2006 trotzdem einen höheren Betrag als deklariert zum Abzug zugelassen
hat. Die Akten sind daher in teilweiser Gutheissung von Beschwerde und Rekurs zur
Neufestsetzung der Unterhaltskosten und der Steuerfaktoren an das kantonale Steuer-
amt ins Einspracheverfahren zurückzuweisen.
5. Bei diesem Prozessausgang sind die Gerichtskosten zu 1/10 den weitge-
hend obsiegenden Pflichtigen und zu 9/10 der Beschwerdegegnerin/dem Rekursgeg-
ner aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). Ferner steht den
Pflichtigen eine Parteientschädigung im angemessenen Betrag von Fr. 3'000.- (ein-
schliesslich Mehrwertsteuer) zu (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bun-
desgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 bzw. § 152 StG
i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/
8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
3471f3ff-1aa9-4ad7-94be-39617db4e4f9 | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend der bzw. die Pflichtige, zusammen die Pflichtigen)
hatten trotz Mahnung des Steueramts der Stadt Zürich vom 23. Oktober 2009 keine
Steuererklärung 2008 eingereicht. In der Folge schätzte das kantonale Steueramt sie
am 25. Januar/9. Februar 2010 für die Staats- und Gemeindesteuern 2008 gestützt auf
§ 139 Abs. 2 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) nach pflichtgemässem Er-
messen mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 80‘000.- und einem steuerbaren
Vermögen von Fr. 0.- ein. Desgleichen nahm es gleichentags auf der Grundlage von
Art. 130 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember
1990 (DBG) für die Bundessteuerperiode 2008 eine Ermessensveranlagung mit einem
steuerbaren Einkommen von Fr. 80‘000.- in Aussicht.
B. Mit Eingabe vom 23. Februar 2010 erhoben die Pflichtigen gegen diese
Staats- und Gemeindesteuereinschätzung Einsprache, unter Beilage der ausgefüllten
Steuererklärung 2008 samt Beilagen. Demnach belief sich das steuerbare Einkommen
auf Fr. 12‘900.- und das steuerbare Vermögen auf Fr. 0.- (bzw. Fr. ./. 103‘000.-). Hier-
auf veranlasste das Steueramt am 26. Februar 2010 einen Veranlagungsstopp, mit der
Folge, dass die Bundessteuer-Veranlagung vorerst formell gar nicht erst eröffnet wur-
de. Das Steueramt versandte die Bundessteuerrechnung 2008, womit dies schliesslich
nachgeholt wurde, am 19. April 2010. Am 10. Mai 2010 erhoben die Pflichtigen auch
gegen die Bundessteuerveranlagung 2008 Einsprache, unter Verweisung auf die Ein-
gabe vom 23. Februar 2010.
Mit separaten Entscheiden vom 23. Juni 2010 hiess das kantonale Steueramt
die Einsprachen teilweise gut, unter Kostenauflage für das Staats- und Gemeinde-
steuer-Einspracheverfahren von Fr. 300.- und setzte das steuerbare Einkommen je
neu auf Fr. 60'000.- fest.
C. Mit getrennten Eingaben vom 22. Juli 2010 erhoben die Pflichtigen dage-
gen Rekurs und Beschwerde und beantragten, sie für 2008 gemäss Steuererklärung
einzuschätzen.
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2 ST.2010.216 2 DB.2010.158
Mit Rekurs-/Beschwerdeantwort vom 9. September 2010 schloss das kanto-
nale Steueramt auf Abweisung des Rechtsmittels, wohingegen die Eidg. Steuerverwal-
tung auf eine Vernehmlassung verzichtete. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Hat der Steuerpflichtige trotz Mahnung seine Verfahrenspflichten nicht
erfüllt oder können die Steuerfaktoren mangels zuverlässiger Unterlagen nicht ein-
wandfrei ermittelt werden, nimmt das kantonale Steueramt laut Art. 130 Abs. 2 DBG
und § 139 Abs. 2 StG die Veranlagung bzw. Einschätzung nach pflichtgemässem
Ermessen vor. Diese Bestimmungen setzen für eine solche Einschätzung einen Unter-
suchungsnotstand voraus. Ein derartiger Notstand ist im Regelfall dadurch verursacht,
dass der Steuerpflichtige trotz formgültiger Mahnung Verfahrenspflichten nicht oder
nicht gehörig erfüllt hat, d.h. dass er seinen Mitwirkungspflichten mit Bezug auf die
Ermittlung der massgebenden Tatsachen nicht oder nur unvollständig nachgekommen
ist. Die elementarste Verfahrenspflicht ist die Pflicht zur Einreichung einer Steuer-
erklärung (Art. 124 Abs. 2 DBG; § 133 Abs. 2 StG;).
Eine Ermessensveranlagung kann nach dem Wortlaut der vorgenannten
Bestimmungen auch dann erfolgen, wenn die Steuerfaktoren aufgrund eines nicht ge-
klärten Widerspruchs zwischen den deklarierten Werten und dem Aufwand (inkl. Ver-
mögensvermehrung) der daraus lebenden Personen nicht einwandfrei ermittelt werden
können (BGr, 16. März 1999 = Pra 1999, 880; Martin Zweifel, in: Kommentar zum
Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2b, 2. A., 2008, Art. 130 N 42 DBG sowie ders.,
in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002, Art. 46 N 38a
StHG). Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn die Summe der Lebenshal-
tungskosten des Steuerpflichtigen und der von seinen Einkünften abhängigen Perso-
nen sowie die deklarierte Vermögensvermehrung höher sind als das angegebene und
belegte steuerbare Einkommen.
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2 ST.2010.216 2 DB.2010.158
b) Die Pflichtigen haben trotz Mahnung vom 23. Oktober 2009 keine Steuerer-
klärung für das Jahr 2008 eingereicht, weshalb sie zu Recht nach pflichtgemässem
Ermessen eingeschätzt bzw. veranlagt worden sind. Dies ist denn auch nicht umstrit-
ten.
2. a) Ist eine Ermessensveranlagung bzw. -einschätzung zu Recht ergangen,
so kann sie gemäss Art. 132 Abs. 3 DBG bzw. § 140 Abs. 2 Satz 1 StG nur wegen
offensichtlicher Unrichtigkeit angefochten werden. Der Steuerpflichtige hat den Nach-
weis der offensichtlichen Unrichtigkeit im Einspracheverfahren, spätestens aber im
Verfahren vor Rekurskommission zu erbringen, und zwar dadurch, dass er innerhalb
der Rechtsmittelfrist die versäumten Verfahrenspflichten erfüllt, eine zur Beseitigung
der Ungewissheit über die tatsächlichen Verhältnisse erforderliche substanziierte
Sachdarstellung gibt und hierfür notwendige Beweismittel beibringt oder zumindest
anbietet (RB 1999 Nr. 150). Teilnachweis genügen grundsätzlich nicht; vielmehr hat
der Nachweis umfassend zu sein (RB 1994 Nr. 45). Die Verfahrenspflichten müssen
indes nicht nur formell, sondern auch materiell nachgeholt werden. Notwendig sind alle
Handlungen, welche erforderlich sind, eine vollständige und richtige, d.h. gesetzmässi-
ge Einschätzung zu ermöglichen (vgl. Art. 126 Abs. 1 DBG; § 135 Abs. 1 StG). Eine
materiell nicht gehörige Erfüllung zeichnet sich dadurch aus, dass die vorgenommene
Mitwirkungshandlung qualitative Mängel aufweist, d.h. mit der verlangten Handlung
zwar formell identisch ist, zur Ermittlung des materiell wahren Sachverhalts aber ganz
oder teilweise untauglich ist. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn eine Steuer-
erklärung abgegeben wird, worin zu niedrige Einkünfte oder zu hohe Abzüge deklariert
sind (Zweifel, Art. 130 N 32 DBG und Art. 46 N 31 StHG). Den Steuerpflichtigen treffen
beim Unrichtigkeitsnachweis u.U. höhere Anforderungen hinsichtlich der Mitwirkungs-
pflichten, als sie vor der Säumnis an ihn gestellt wurden (RB 1976 Nr. 55). Nur unter
den genannten formellen Voraussetzungen wird der Steuerpflichtige überhaupt zur
Leistung des Unrichtigkeitsnachweises zugelassen und ist die Einsprache- bzw.
Rekursbehörde zur Untersuchung und Beweisabnahme verpflichtet. Andernfalls gilt der
Nachweis ohne Weiteres als gescheitert mit der Folge, dass die Ermessenseinschät-
zung als solche bestehen bleibt und einzig ihrer Höhe nach der Prüfung auf offensicht-
liche Unrichtigkeit unterliegt (vgl. RB 1994 Nr. 45 mit Hinweisen; Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter; Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 132 N 67 DBG und
Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 140 N 79 f. StG;
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2 ST.2010.216 2 DB.2010.158
Zweifel, Art. 132 N 51 f. DBG und Art. 48 N 58 ff. StHG). Offensichtlich unrichtig ist
eine Schätzung, welche erkennbar auf missbräuchlicher Betätigung des Ermessens
beruht und insbesondere willkürlich ist (vgl. BGE 108 Ib 196 E. 4). Willkür liegt vor,
wenn die Schätzung sich nach den Akten als geradezu unmöglich, als sachlich nicht
begründbar erweist (vgl. so schon RB 1963 Nr. 62 = ZBI 65, 384 = ZR 65 Nr. 13). So
namentlich dann, wenn sie fiskalisch oder pönal motiviert ist, sich auf sachwidrige
Schätzungsgrundlagen, -methoden oder –hilfsmittel stützt oder sich sonst mit den
aktenkundigen Verhältnissen des Einzelfalls aufgrund der Lebenserfahrung vernünfti-
gerweise nicht vereinbaren lässt (RB 1983 Nr. 57).
Der Rekurskommission sind weitere Untersuchungen verwehrt. Sie hat viel-
mehr bei ihrer eingeschränkten Überprüfung des angefochtenen Entscheids auf offen-
sichtliche Unrichtigkeit hin nur jene im Zeitpunkt der Entscheidfällung vorhandenen
Schriftstücke zu berücksichtigen, welche den behaupteten Sachverhalt sofort beweisen
oder zumindest als sehr wahrscheinlich erscheinen lassen (VGr, 27. Mai 1986,
SB 10/1986 und 11. September 1986, SB 38/1986; Martin Zweifel, Die Sachverhalts-
ermittlung im Steuerveranlagungsverfahren, 1989, S. 144). Voraussetzung ist indes,
dass die vorhandenen Schriftstücke „ordnungsgemäss“ in den Prozess eingeflossen
sind (VGr, 22. September 2010, SB.2010.00019).
b) Aus alledem folgt, dass die Einsprache- und Rekursbehörden nicht nur zu
klären haben, ob der Steuerpflichtige die versäumte Handlung, deretwegen er zu Recht
nach pflichtgemässem Ermessen eingeschätzt worden ist, nachgeholt hat; vielmehr
haben sie gegebenenfalls auch zu prüfen, ab die vorgetragenen Darlegungen und Un-
terlagen den bis anhin ungewiss gebliebene Sachverhalt hinreichend zu erhellen und
zu belegen vermögen. Dabei haben die Behörden namentlich auch abzuklären, ob die
deklarierten Werte genügen, um den (mutmasslichen) Lebensaufwand (inkl. Vermö-
gensvermehrung) zu finanzieren.
3. a) Die Pflichtigen haben mit der Einsprache eine vollständig ausgefüllte
Steuererklärung 2008 samt Guthaben/Wertschriftenverzeichnis und Hilfsblatt A hin-
sichtlich der selbstständigen Erwerbstätigkeit des Pflichtigen sowie Lohnausweisen für
die Pflichtige eingereicht. Darin wiesen sie ein negatives Geschäftsergebnis der Ein-
zelunternehmung C des Pflichtigen von Fr. 27‘793.- aus, wobei sich die Einnahmen
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2 ST.2010.216 2 DB.2010.158
gerade mal auf Fr. 156.- beliefen. Gesamthaft zeigten sie ein steuerbares Einkommen
von Fr. 10‘900.- (für die Bundessteuer) bzw. von Fr. 12‘900.- (für die Staats- und Ge-
meindesteuern) auf. Die Vermögensdeklaration umfasst Aktiven von Fr. 307.- sowie
Passiven von Fr. 103‘050.-, wobei es sich um ausstehende Alimentenzahlungen des
Pflichtigen handelt. Damit haben die Pflichtigen die versäumte Verfahrenspflicht, wel-
che Ursache der angefochtenen Ermessenseinschätzung(en) gebildet hat, zwar nach-
geholt, allerdings bloss formell, wie das kantonale Steueramt mit Fug festhielt. Diese
Unterlagen genügen indes nicht, um den geforderten Unrichtigkeitsnachweis rechtsge-
nügend anzutreten. Denn es liegt auf der Hand, dass die deklarierten Einkünfte nicht
ausreichten, um den Lebensunterhalt der Pflichtigen zu finanzieren. Zwar haben diese
ausgeführt, sie hätten damals seitens der Mutter des Pflichtigen (D in E), Schenkungen
über insgesamt Fr. 17‘500.- erhalten, welche sie anhand eines Postenauszugs der
Credit Suisse zu untermauern versuchten. Abgesehen davon, dass lediglich ein einzi-
ger Eingang über Fr. 2‘000.- als Vergütung dieser Person ausgewiesen ist, wohinge-
gen 3 Gutschriften über Fr. 8‘000.-, Fr. 3‘500.- und Fr. 4‘000.-, total Fr. 15‘500.- (Bar-
)Einzahlungen betrafen, womit diese Behauptung weitgehend unbewiesen geblieben
ist, reichten die deklarierten Mittel auch unter vollständiger Berücksichtigung solcher
Zugänge nicht, um die Lebenshaltungskosten der Eheleute zu bestreiten. Dabei ist zu
beachten, dass die Pflichtigen über keine Vermögenswerte verfügten, welche sie hier-
zu hätten verwenden können. Ebenso wenig hatten sie sich zu diesem Zweck ver-
schuldet. Denn die Passiven betrafen ausschliesslich ausstehende Alimentenzahlun-
gen für die Tochter des Pflichtigen, wobei nicht einmal klar ist, inwieweit sich diese
Verpflichtungen auf das massgebliche Jahr (2008) bezogen. Der Lebensaufwand der
Pflichtigen muss sich selbst bei moderater Schätzung auf weit mehr als Fr. 50‘000.-
belaufen haben, wie (auch) der zurückhaltenden Schätzung des Steuerkommissärs in
den Einspracheentscheiden zu entnehmen ist. Es hätte an ihnen gelegen, im Einspra-
cheverfahren von sich aus darzutun, plausibel zu machen und zu belegen, wie es ih-
nen gelungen ist, mit den deklarierten Beträgen ihr Leben zu fristen. Weil sie dies un-
terlassen haben, muss der Unrichtigkeitsnachweis als materiell gescheitert betrachtet
werden. Die Ungewissheit im Sachverhalt bestand weiterhin.
Sodann konnte angesichts dieser Lage nicht auf eine offenkundige Unrichtigkeit
in betragsmässiger Hinsicht geschlossen werden. Dies umso weniger, als das Nettoer-
gebnis aus der Geschäftstätigkeit des Pflichtigen, welches naturgemäss grossen
Schwankungen unterliegen kann, nicht ausgewiesen ist und die Pflichtige, wie aus ei-
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2 ST.2010.216 2 DB.2010.158
nem Handelsregisterauszug hervorgeht, anscheinend seit November 2004 unter der
Firma F in G einen Vertrieb von Kosmetika und Wellness-Produkten unterhält. Bei sol-
cher Lage der Dinge hat das kantonale Steueramt die Einsprachen gegen die Ein-
schätzung und die Veranlagung zu Recht abgewiesen.
b) Mit der Rechtsschrift vom 22. Juli 2010 machten die Pflichtigen geltend, 2008
seien (im Rahmen der Lebenshaltung) nur „minimalste diverse Aufwendungen“ zu ver-
zeichnen gewesen. Die Schenkungen der Mutter seien mehrheitlich in bar erfolgt, wie
aus deren Bestätigung vom 15. Juli 2010 hervorgehe. Darin bekräftigt die Mutter des
Pflichtigen, dass sie diesen 2008 in den Monaten Juni, Juli und August mit total
Fr. 17‘500.- unterstützt habe, da er sich in einer äusserst prekären finanziellen Situa-
tion befunden habe. Angesichts dessen, dass sich diese in H ausgefertigte schriftliche
Aussage allein schon wegen der prozessualen Einschränkung (vorn E. 2a) nicht über-
prüfen lässt, kann darauf nicht ohne Weiteres abgestellt werden. Sodann handelt es
sich bei der Geltendmachung minimalster Aufwendungen um eine reine, nicht bewie-
sene Behauptung. Darum kann auch dieser Einwand nicht gehört werden. Immerhin
geht aus Kopien der Mietverträge für die Familienwohnung in (zunächst) G bzw. (spä-
ter) I hervor, dass die monatlichen Mieten Fr. 2‘400.- bzw. rund Fr. 2‘650.- (inkl. Ne-
benkosten) betragen haben. Damit ergibt sich eine Jahresmiete, welche in etwa der
Schätzung des Steuerkommissärs im Einspracheverfahren (von Fr. 31‘000.-) ent-
spricht. Weitere sachdienliche neue Vorbringen fehlen.
Insgesamt hat sich die Aktenlage somit im Vergleich zum Stand im Einsprache-
verfahren nicht wesentlich verändert. Weiterhin besteht eine nicht unbeträchtliche
Unsicherheit über die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse der Pflichtigen im Jahr
2008, die sich nicht beseitigen lässt. Die sachgerechte Abwägung aller verfügbaren
und für die Einschätzung massgeblichen Daten lässt hier keinen von der steueramtli-
chen Beurteilung abweichenden Schluss zu. Dabei ist der Rahmen des bei der Schät-
zung gegebenen Spielraums der Steuerbehörde erheblich, zumal sich die Verletzung
von Verfahrenspflichten laut Bundesgericht nicht lohnen soll (22. September 2009,
2C_155/2009). Die Rechtsmittelinstanz hat die Überprüfung der zu Recht ergangenen
steueramtlichen Schätzung mit der gebotenen Zurückhaltung vorzunehmen. Das alles
führt dazu, dass es bei den angefochtenen Schätzungen sein Bewenden haben muss.
Diese erweisen sich mit einem steuerbaren Einkommen von je Fr. 60‘000.- nicht als
offensichtlich überhöht und unhaltbar.
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2 ST.2010.216 2 DB.2010.158
c) Nicht betroffen vom Streit ist die Vermögenssteuer; das steuerbare Vermö-
gen beläuft sich laut Angaben der Pflichtigen wie auch nach der steueramtlichen
Schätzung auf Fr. 0.-. Aufgrund der Aktenlage sieht sich das Gericht nicht veranlasst,
die Richtigkeit dieses Werts anzuzweifeln.
4. Dies führt zur Abweisung der Beschwerde bzw. des Rekurses.
Die Kosten des Verfahrens sind den unterliegenden Pflichtigen aufzuerlegen
(Art. 144 Abs. 1 DBG; § 151 Abs. 1 StG). Sodann hat das kantonale Steuer ihnen die
Kosten des Einspracheverfahrens zu Recht auferlegt, haben sie doch jenes Verfahren
mit ihrer schuldhaften Verletzung von Verfahrenspflichten notwendig gemacht (§ 142
Abs. 2 Satz 2 StG). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
358c7149-5fb7-4628-ae0d-e3a2764cd248 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend die Pflichtige) arbeitete bis Ende März 2005 in der B. Ge-
mäss Lohnausweis bezog sie dabei im Jahr 2005 einen steuerbaren Lohn von
Fr. 220'005.- (Nettolohn II). In der Steuererklärung 2005 deklarierte sie davon lediglich
Fr. 135'191.- mit der Begründung, im ausgewiesenen Nettolohn seien Aktien im Wert
von Fr. 125'615.- enthalten, welche die B ihr bereits in den Vorjahren (2002 - 2004)
zugeteilt habe. Entsprechend belief sich das steuerbare Einkommen nach ihrer Be-
rechnung auf Fr. 64'000.- (für die Staats- und Gemeindesteuern) bzw. auf Fr. 64'800.-
(bei der direkten Bundessteuer).
Mit Entscheid vom 23. Juni 2008 schätzte das kantonale Steueramt die Pflich-
tige für die Staats- und Gemeindesteuern 2005 mit einem steuerbaren Einkommen von
Fr. 189'600.- und – in Übereinstimmung mit der Steuererklärung – mit einem steuerba-
ren Vermögen von Fr. 1'952'000.- ein. Dabei erfasste es zum einen den Wert der 485
aufgrund von Zusagen in den Jahren 2002-2004 zugeteilten Aktien, was einem Betrag
von (brutto) Fr. 125'615.- (und netto Fr. 109'633.-) entsprach, zum andern die nicht
deklarierte Arbeitslosenentschädigung von Fr. 15'982.-. In gleicher Weise korrigierte
das Amt das für die direkte Bundessteuer 2005 massgebliche steuerbare Einkommen
und setzte es auf Fr. 190'400.- fest. Die formelle Eröffnung dieser Veranlagung erfolgte
mit Steuerrechnung vom 25. Juli 2008.
B. Mit Eingaben vom 18. Juli und 3. August 2008 erhob die Pflichtige dagegen
Einsprache und verlangte, die erwähnte Aufrechnung zu annullieren. Zudem ersuchte
sie um eine pauschale Steueranrechung für gewisse nicht rückforderbare ausländische
Quellensteuern. Nach getätigter Untersuchung wies das kantonale Steueramt die Ein-
sprachen am 18. August 2009 ab. Gleichentags wies es die Pflichtige darauf hin, dass
das Gesuch um pauschale Steueranrechnung mittels eines speziellen Formulars an
die Dienstabteilung Wertschriftenbewertung des kantonalen Steueramts zu richten sei.
C. Mit getrennten Eingaben vom 26./28. September 2009 führte die Pflichtige
gegen die Einspracheentscheide Rekurs und Beschwerde und beantragte, das steuer-
bare Einkommen auf Fr. 64'000.- (für die Staats- und Gemeindesteuern) bzw. auf
Fr. 64'800.- (für die direkte Bundessteuer) herabzusetzen; eventuell sei das steuerbare
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2 ST.2009.257 2 DB.2009.147
Einkommen gemäss angefochtenem Entscheid zu bestätigen, indes habe die Besteue-
rung zum Satz eines Einkommens von Fr. 105'800.- (für die Staats- und Gemeinde-
steuern) bzw. von Fr. 106'700.- (für die direkte Bundessteuer) zu erfolgen.
Das kantonale Steueramt schloss am 22./23. Dezember 2009 auf Abweisung
der Rechtsmittel. Die Eidg. Steuerverwaltung (ESTV) verzichtete auf eine Vernehmlas-
sung. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. Mit den Rechtsschriften vom 26./28. September 2009 verlangt die Pflichtige
vorab, ihr steuerbares Einkommen für 2005 gemäss Steuererklärung festzusetzen.
Dabei übersieht sie, dass das Steueramt beim Einkommen nicht nur den aus Mitarbei-
teraktien zugeflossenen Wert aufgerechnet hat, sondern auch die nicht deklarierte
Arbeitslosenentschädigung. Angesichts dessen, dass sie in den Monaten Juni bis Au-
gust 2005 gemäss Ausweis solche Zahlungen im Umfang von netto Fr. 15'982.- bezo-
gen, diese indes in der Steuererklärung nicht unter den steuerbaren Einkünften ange-
führt und sie sich zudem zu dieser Aufrechnung in der Begründung nicht geäussert hat,
ist ohne Zwang anzunehmen, ihr Antrag fusse insofern auf einem Irrtum; angefochten
seien im Grund einzig die im Zusammenhang mit den Mitarbeiteraktien stehenden
Vermögenszugänge. Mithin kann sich die Rekurskommission auf die Behandlung die-
ser Frage beschränken.
2. a) Laut Art. 17 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundesteuer
vom 14. Dezember 1990 (DBG) und § 17 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997
(StG) sind alle Einkünfte aus einem privat- oder öffentlichrechtlichen Arbeitsverhältnis
steuerbar. Dazu gehören Beteiligungsrechte, welche der Arbeitgeber an Mitarbeitende
abgibt, sofern und soweit die Überlassung unentgeltlich oder zu einem Vorzugspreis
geschieht (RB 1995 Nr. 34; ASA 73, 545; VGr, 23. Oktober 2002, StE 2003 B 22.2
Nr. 16, je auch zum Folgenden). Erfasst wird diesfalls beim Mitarbeiter die Differenz
zwischen dem Verkehrswert und einem allfälligen günstigeren Bezugspreis. Eine allfäl-
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2 ST.2009.257 2 DB.2009.147
lige Verfügungsbeschränkung im Sinn einer Sperre bzw. Rückgabeverpflichtung beein-
trächtigt diesen Wert (StE 2005 B 22.2 Nr. 19).
b) Laut den Akten war die Pflichtige bis Ende März 2005 in der B tätig. Ihre
Entschädigung setzte sich zusammen aus den vier Komponenten "jährliches Basissa-
lär", "jährlicher Bonus", "Mitarbeiterbeteiligung" und "Benefits". Gestützt auf den "C"
hatte sie unter gewissen Voraussetzungen Anspruch auf die Zuteilung einer bestimm-
ten Anzahl von B-Aktien, welche sich nach dem jährlichen Grundsalär (max. 9% da-
von) und dem aktuellen Börsenkurs der Aktien B einerseits sowie der künftigen Kurs-
entwicklung während einer bestimmten Dauer im Vergleich zum SPI (Swiss
Performance Index) anderseits richtete. Dieses Anrecht war weder übertrag- noch ver-
äusserbar. Im Normalfall konnte der Mitarbeitende erst am dritten Jahrestag nach dem
Zuteilungsdatum über die Aktien verfügen (Ziff. 3.1.1.). Eine besondere Regel griff im
Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der 3-jährigen "Performance
Period"; dabei wurde der Anspruch auf Aktien, unter Vorbehalt einer Kündigung aus
wichtigem Grund, entsprechend gekürzt (Ziff. 3.5.2). Der C bezweckte, jene Kadermit-
glieder zusätzlich zu entlöhnen, welche mehr als drei Jahre für die B Arbeit leisteten;
die Teilnahme am Mitarbeiter-Beteiligungsplan war, soweit erkennbar, freiwillig.
Die Pflichtige ist dem C 2003 mit schriftlicher Erklärung vom 27. Mai 2003,
dem C 2004 mit solcher vom 14. Mai 2004 beigetreten. In der Folge wurden ihr nach
eigener Angabe 2002, 2003 und 2004 eine bestimmte Anzahl B-Aktien zugeteilt. Alle
drei Tranchen waren (unter den gegeben Umständen) erst 2005 realisierbar. Die Be-
wertung erfolgte mit Fr. 259.- pro Aktie. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen ist dar-
auf zu schliessen, dass die Pflichtige die ordentlichen Voraussetzungen für die Zutei-
lung 2002 im Jahr 2005 erfüllt hat. Dafür sprechen der C sowie die Bescheinigung
"2004 Award of conditional Right to receive Shares", aus welchen hervorgeht, dass das
"Award Date", d.h. der Zeitpunkt der Zuteilung, und das "Vesting Date" drei Jahre aus-
einander liegen. Eine entsprechende Bescheinigung der B für die Zuteilung von 186
Aktien liegt vor; demnach ist der Gegenwert dieser Titel in den Lohnausweis eingeflos-
sen. Für die Ansprüche pro 2003 und 2004 hingegen kam die Klausel betreffend Be-
endigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf der "Performance Period" zur Anwen-
dung, mit der Folge, dass keine Titelzuteilung erfolgte, sondern eine entsprechende
Kapitalauszahlung, entsprechend einer Anzahl von 219 und 80 Titeln. So ist erklärbar,
dass die B der Pflichtigen am 25. April 2005 gemäss Lohnabrechnung für April 2005
einen Betrag von ([219 + 80 =] 299 x Fr. 259.- =) Fr. 77'441.- überwies, welcher um
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2 ST.2009.257 2 DB.2009.147
Sozialversicherungs- und Nichtbetriebsunfallversicherungsbeiträge von Fr. 6'558.05
gekürzt wurde, sodass hiervon netto Fr. 70'882.95 verblieben. Hinzu kam eine – hier
nicht interessierende – "Rückvergütung Krankenkasse" von Fr. 301.50.
c) Dass diese Leistungen der Einkommenssteuer unterliegen, ist unbestritten.
Der vorliegende Streit dreht sich allein um die Frage, in welchem Zeitpunkt die Ein-
kommensbesteuerung zu erfolgen hat.
3. a) Einkünfte fliessen dem Steuerpflichtigen grundsätzlich im Zeitpunkt zu, in
welchem der Rechtserwerb vollendet ist; erst dann wird ein fester Rechtsanspruch auf
das Vermögensrecht erworben (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum har-
monisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 50 N 23 sowie Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 210 N 22, je mit Verwei-
sungen, auch zum Folgenden). Voraussetzung des Zuflusses ist somit ein abgeschlos-
sener Rechtserwerb, der Forderungs- oder Eigentumserwerb sein kann, wobei der
Forderungserwerb in der Regel die Vorstufe des Eigentumserwerbs darstellt. Massgeb-
lich ist der Zeitpunkt, in welchem der Steuerpflichtige einen festen Rechtsanspruch auf
eine Leistung erwirbt, über den er tatsächlich verfügen kann (StE 2009 B 22.1 Nr. 6).
Der Einkommenszufluss ist ein faktischer Vorgang, der damit abgeschlossen ist, dass
der Steuerpflichtige die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die zugeflossenen Ver-
mögenswerte innehat (StE 2003 B 21.2 Nr. 16). Die Fälligkeit des Rechtsanspruchs ist
für die Bestimmung des Zeitpunkts des steuerlich massgeblichen Zuflusses – von hier
nicht relevanten Ausnahmen (Kapitalzinsen, Mietzinsen) abgesehen – in der Regel
nicht erforderlich (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 50 N 27; Richner/Frei/Kaufmann/
Meuter, Art. 210 N 32). Die Bedeutung des Zuflussprinzips liegt in der periodengerech-
ten Einkommensabgrenzung (RB 1988 Nr. 29).
Bei Mitarbeiteraktien erwirbt der Arbeitnehmer in der Regel mit der Annahme
der Offerte einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums daran und mit der Über-
tragung auf ihn erwirbt er das Eigentum (RB 1995 Nr. 34 = StE 1996 B 22.2 Nr. 11 =
ZStP 1996, 39, auch zum Folgenden). Der Rechtserwerb ist auch bei unentgeltlicher
Übertragung demnach frühestens dann vollendet, wenn der Mitarbeiter ein Angebot
zum Aktienbezug ausdrücklich oder durch konkludentes Verhalten angenommen hat
oder – z.B. bei unbenütztem Ablauf der vom Arbeitgeber hierfür gesetzten Frist – im
Zeitpunkt einer allenfalls von Letzterem selbstständig veranlassten Übertragung des
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2 ST.2009.257 2 DB.2009.147
Eigentums an den Aktien (RB 2002 Nr. 95 = ZStP 2003, 40). Dieser Grundsatz
schliesst jedoch nicht aus, dass aufgrund der konkreten Vertragsbedingungen der un-
widerrufliche Rechtserwerb – namentlich infolge einer aufschiebenden Bedingung –
erst zu einem späteren Zeitpunkt eintritt; denn einzig unbedingte Leistungsansprüche
vermögen einen Zufluss als abgeschlossen erscheinen zu lassen (Peter Locher, Kom-
mentar zum DBG, I. Teil, 2001, Art. 16 N 18, mit Hinweisen). Die Zuteilung von Mitar-
beiteraktien kann – ebenso wie bei Mitarbeiteroptionen – mit einer sog. Vesting-Klausel
bzw. -Periode verbunden sein. Diese bezeichnet die Zeitdauer, während welcher das
Beteiligungsrecht "verdient" werden muss (Andreas Risi, Mitarbeiteroptionen und Akti-
en, Bewertung – Rechnungslegung – Besteuerung, 1999, S. 96, auch zum Folgenden).
Der Mitarbeiter kann in solchen Fällen die Mitarbeiteraktie bis zum Ablauf der Vesting-
Periode "verlieren", wenn er die Leistungsziele nicht erreicht oder das Arbeitsverhältnis
aufgelöst wird (siehe auch Ziff. 2 des Rundschreibens über die Besteuerung von Mitar-
beiteroptionen mit Vesting-Klauseln vom 6. Mai 2003, erlassen von der Hauptabteilung
Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben der ESTV [ZStB II
Nr. 62/201]; ebenso Ziff. 2 des Merkblattes des Kantonalen Steueramtes Zürich über
die Besteuerung von Mitarbeiteroptionen zum Zweck der Staats- und Gemeindesteu-
ern und der direkten Bundessteuer vom 1. September 2003 [ZStB I Nr. 13/300] sowie
A I 1. und B I 2. des Merkblattes des kantonalen Steueramtes über die Besteuerung
von Mitarbeiterbeteiligungen zum Zwecke der Zürcher Staats- und Gemeindesteuern
und der direkten Bundessteuer vom 21. Oktober 2009 [ZStB I Nr. 13/301], je auch zum
Folgenden). Mit der "Vesting-Klausel" wird eine Suspensiv-Bedingung nach Art. 151
OR für den Erwerb der Aktie eingeführt. Der Vertrag entfaltet damit erst dann Wirkung,
wenn die Bedingung erfüllt ist (Art. 151 Abs. 2 OR). Mit der Vesting-Klausel bringt der
Schuldner (hier der Arbeitgeber) zum Ausdruck, dass er sich im Sinn von Art. 151 OR
nur bedingt verpflichten will. Erst dann erfolgt die Übertragung des Eigentums an der
Aktie. Einzig die definitive Übertragung des Rechts auf den Mitarbeitenden ist als eine
im Arbeitsverhältnis begründete Leistung des Arbeitgebers zu würdigen (StE 2003
B 21.2 Nr. 16, auch zum Folgenden). Wird die Zuteilung der Mitarbeiteraktie erst mit
dem Ende der "Vesting-Periode" endgültig, bleibt der Rechtserwerb bis zu diesem
Moment in der Schwebe. Erst in diesem Zeitpunkt wird das Recht zum Bezug der Mit-
arbeiteraktie aktuell, es lebt auf.
b) Aufgrund ihrer Stellung in der B und gestützt auf den C hatte die Pflichtige,
wie erwähnt, Gelegenheit, Mitarbeiteraktien zu erwerben. Von dieser Möglichkeit hat
sie in der Folge Gebrauch gemacht. Zwar wurden ihr 2002, 2003 und 2004 mit "Award"
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2 ST.2009.257 2 DB.2009.147
Mitarbeiteraktien zugeteilt; damit stand die Anzahl Aktien, welche sie letztlich bean-
spruchen konnte, aber nicht endgültig fest. Festgelegt wurde nämlich einzig eine Ba-
siszahl, welche sich aufgrund des aktuellen Börsenkurses des einzelnen B-Titels und
eines Anteils von max. 9% des Grundsalärs der Pflichtigen bestimmte. Damit erwarb
diese vorerst einzig ein bedingtes Recht auf den Bezug von Aktien ("Conditional Right
to receive Shares"; Ziff. 2.1.1.). Ob und in welchem Umfang ihr letztlich tatsächlich Ak-
tientitel zustanden, stand damit noch in keiner Weise fest. Vielmehr war dies von ver-
schiedenen zukünftigen Faktoren abhängig. Vorab durfte der Kurs der B-Aktie während
der "Performance-Period", welche sich auf die drei Jahre vom 1. Januar des Zutei-
lungsjahrs bis zum Ende des übernächsten Jahres erstreckte, den SPI um nicht mehr
als 10% unterschreiten, ansonsten keine Aktien zugeteilt wurden (Ziff. 2.1.4. und
3.3.1., auch zum Folgenden). Traf diese Bedingung zu, so richtete sich die Anzahl der
der Pflichtigen zustehenden Aktien nach dem Verhältnis zwischen der Entwicklung des
B-Kurses und jener des SPI; im günstigsten Fall verdoppelte sich die im "Award" fest-
gelegte Basiszahl. Sodann musste der Mitarbeiter am Ende der "Vesting Period" wei-
terhin in den Diensten der B stehen. Wurde ihm während dieser Zeitspanne aus wichti-
gem Grund gekündigt, so standen ihm überhaupt keine Aktien zu (Ziff. 3.5.1.). Falls
das Arbeitsverhältnis in dieser Zeit aus einem andern Grund beendet wurde, griff eine
näher umschriebene Kürzung der zustehenden Aktien Platz (Ziff. 3.5.2.).
Vor diesem Hintergrund ergibt sich folgendes Bild: Die zugeteilten Aktien wa-
ren mit einer Vesting-Klausel versehen. Zwar wurde 2002, 2003 und 2004 jeweils fest-
gelegt, aufgrund welcher Basiszahl die Pflichtige Mitarbeiteraktien beanspruchen konn-
te, wenn sie die Voraussetzungen für die definitive Zuteilung dereinst erfüllen würde.
Dergestalt lief die dreijährige "Vesting Period" für den bedingten Akienanspruch 2002
bis (wohl März) 2005. Da sie im Moment des Ablaufs der "Performance Period"
(31. Dezember 2004) noch Mitarbeiterin der B war, wurden ihr (wie anzunehmen ist)
Ende März 2005 und damit vor Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses entsprechend
186 Aktien definitiv zugeteilt. Erst damit wurden die Titel "vested" und hatte sie darauf
einen festen Rechtsanspruch erworben; bis dahin waren die Bedingungen noch nicht
erfüllt und stand ihr höchstens eine Anwartschaft zu. Damit wurden zuvor keine steuer-
baren Einkünfte realisiert. Korrekterweise sind im Wertschriftenverzeichnis 2004 (per
31.12.) weder diese Titel – deren Anzahl damals ohnehin noch gar nicht feststand –
noch allfällige Erträge daraus aufgeführt. Vielmehr findet sich darin bloss ein Pro Me-
moria-Vermerk, wobei nicht feststeht, wer diesen an sich überflüssigen Hinweis ange-
bracht hat. Abgesehen davon bezog er sich auf die Zuteilung 2003 und betraf 146 Ak-
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2 ST.2009.257 2 DB.2009.147
tien, wohingegen ihr in Tat und Wahrheit diesbezüglich letztlich 219 Stück zugestanden
sein sollen. Wie die Pflichtige bei solcher Lage der Dinge behaupten kann, sie habe die
Titel schon 2002 erworben, ist schleierhaft. Dies umso mehr, als sowohl aus dem C als
auch den vorläufigen Zuteilungsblättern unmissverständlich hervorgeht, dass die Akti-
en Vesting-Klauseln unterstehen und die definitive Anzahl vorläufig völlig unbestimmt
ist. Für die vorläufigen Zuteilungen in den folgenden Jahren gilt sinngemäss dasselbe.
Insofern ist die Sachlage klar: Die Vesting-Periode lief für die Zuteilung 2003 vom
27. März 2003 bis 27. März 2006 und jene für 2004 vom 30. März 2004 bis 30. März
2007. Die Ansprüche der Pflichtigen wurden 2005 gestützt auf die Vorgaben des C mit
219 Aktien bezüglich der Zuteilung 2003 und 80 bezüglich jener im Jahr 2004 festge-
setzt. Weil die entsprechenden Vesting-Perioden im Zeitpunkt des Ausscheidens aus
der Firma noch nicht abgelaufen waren, wurden ihr diesbezüglich, soweit ersichtlich,
schliesslich gar keine Aktien zugeteilt, sondern sie kam direkt in den Genuss einer ent-
sprechenden Geldzahlung der Arbeitgeberin von brutto Fr. 77'441.-, wie der Lohnab-
rechnung pro April 2005 zu entnehmen ist.
Nach alledem steht fest, dass der Rechtserwerb erst 2005 vollendet war. Zu-
vor hatte die Pflichtige lediglich einen (suspensiv) bedingten Anspruch auf eine noch
nicht genau feststehende Anzahl Mitarbeiteraktien, welcher Umstand noch keine Ein-
kommensteuer auszulösen vermochte. Steuerbar waren die streitbetroffenen Vermö-
genszugänge, die in quantitativer Hinsicht unbestritten sind, mithin (erst) in der Steuer-
periode 2005. Richtigerweise sind denn auch in den Steuerperioden 2002 bis 2004
keine entsprechenden Besteuerungen erfolgt. Dies im Übrigen in Übereinstimmung mit
den Lohnausweisen der B und der Selbstdeklaration der Pflichtigen.
c) Was die Pflichtige dagegen ins Feld zu führen weiss, ist unbehelflich. Es
trifft, wie bereits ausgeführt, eben nicht zu, dass die Aktien ihr von Anfang an unbedingt
zugeteilt wurden. Zwar erwarb sie jeweils einen Anspruch auf die Aushändigung von
Mitarbeiteraktien, doch griff die definitive Zuteilung nur dann, wenn später bestimmte
Bedingungen erfüllt waren. Mit ihrer Behauptung, eine Vesting-Periode habe gefehlt,
widerspricht sie nicht nur dem Inhalt der C, sondern auch der ausdrücklichen Nennung
eines "Vesting Date" im "Award Document". Die Erwähnung eines solchen Datums
beinhaltet naturgemäss die Existenz einer Vesting-Periode. Ohnehin ist die Zusage,
wie bereits erwähnt (vorn E. 3b), mit "Award of Conditional Right to receive Shares"
überschrieben. Zudem wird dort im Kleingedruckten explizit darauf aufmerksam ge-
macht, dass die Mitarbeiteraktien nur dann abrufbar und erhältlich seien, wenn die Be-
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2 ST.2009.257 2 DB.2009.147
dingungen des C (dereinst) erfüllt seien. Mit dem "Award Document" hat die B der
Pflichtigen einzig zugesichert, dass diese gestützt auf die Teilnahme am C und ange-
sichts ihrer Stellung im Management sowie ihres Basislohns und der massgeblichen
Bewertung der B-Aktien Anspruch auf eine letztendlich noch näher zu bestimmende,
von der Performance in der näheren Zukunft abhängige Anzahl Mitarbeiteraktien werde
erwerben können. Nicht ausgeschlossen war, dass sie bei ungünstiger Entwicklung
dannzumal leer ausgehen, d.h. ohne Mitarbeiteraktien bleiben werde. Allein schon vor
diesem Hintergrund wäre es sachlich nicht vertretbar, bereits im Zeitpunkt der vorläufi-
gen Zuerkennung eines Anspruchs zur Besteuerung zu schreiten. Denn zu diesem
Zeitpunkt stand weder fest, dass Mitarbeiteraktien ausgehändigt würden, noch, falls es
zu einer definitiven Zuteilung käme, wie hoch deren Anzahl sein würde.
Obwohl von der Pflichtigen nicht geltend gemacht, soll nicht unerwähnt blei-
ben, dass es sich bei der Vesting-Periode nicht um eine blosse Sperrung (definitiv)
zugeteilter Mitarbeiteraktien geht. Wären die Aktien lediglich gesperrt, so würde ihre
Anzahl feststehen und würden sie dem Mitarbeitenden unverzüglich zustehen. Einzig
die Verfügungsgewalt darüber wäre während einer bestimmten Zeitspanne einge-
schränkt, welcher Limitierung bei der Bewertung mittels eines Einschlags Rechnung
getragen würde. Die Früchte der Aktien stünden indes bereits ab Beginn dem Mitarbei-
ter als Eigentümer zu. Dem war im vorliegenden Fall nicht so. Dass die Pflichtige die
Modalitäten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits im Mai 2004 verbindlich
geregelt haben will, ändert im Übrigen an alledem nichts.
Inwieweit das Rundschreiben der ESTV sowie das Merkblatt des kantonalen
Steueramts (beide aus dem Jahr 2003; vorn E. 3a) in massgeblicher Hinsicht etwas an
der Besteuerung der Mitarbeiteraktien geändert haben sollen, ist nicht erkennbar. Die
Pflichtige hat es denn auch versäumt, sich dazu zu äussern und ihre abweichende
Rechtsauffassung zu begründen. Auf Weiterungen kann daher verzichtet werden.
4. a) Gehören zu den Einkünften Kapitalabfindungen für wiederkehrende Leis-
tungen, wird die Einkommenssteuer unter Berücksichtigung der übrigen Einkünfte zu
dem Steuersatz berechnet, der sich ergäbe, wenn anstelle der einmaligen Leistung
eine entsprechende jährliche Leistung ausgerichtet würde (Art. 37 DBG und § 36 StG;
ebenso Art. 11 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten
Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990). Solche Vorschriften
zur Steuerberechnung sind bei periodischen Steuern aus Gründen des Leistungsfähig-
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2 ST.2009.257 2 DB.2009.147
keitsgrundsatzes geboten. Sie sollen verhindern, dass eine wiederkehrende und somit
periodisch zu besteuernde Leistung im Fall, da sie mit einer einmaligen Kapitalleistung
erbracht wird, aufgrund eines der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichti-
gen nicht entsprechenden und insofern überhöhten Steuersatzes zu versteuern ist. Sie
bewirken, dass solche Kapitalabfindungen zwar vollumfänglich besteuert werden, je-
doch nicht zum Steuersatz, der dem gesamten in der betreffenden Steuerperiode zu-
geflossenen Einkommen entsprechen würde, sondern zu demjenigen, der Anwendung
fände, wenn anstelle der Kapitalabfindung einzelne Jahresbetreffnisse ausbezahlt wür-
den. Eine Kapitalabfindung für wiederkehrende Leistungen kann in der Vergangenheit
begründete Ansprüche abgelten oder künftig zu erbringende Leistungen vorwegneh-
men (Markus Reich, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2.A.,
2002, Art. 11 N 33 ff. StHG, mit Hinweisen). Die Besteuerung von Kapitalabfindungen
wird demnach für Einmalzahlungen gewährt, die dem Ausgleich von in der Vergangen-
heit zu tiefen Lohnzahlungen oder von künftig entgehenden Löhnen dienen (VGr,
4. Juli 1995, SB 94.00052; VGr, 18. Juni 1996, SB 95.00047, in ZStP 1996, 216 ff.;
VGr, 4. Juli 2007, SB 2007.00014+2007.00015, auch zum Folgenden). Kapitalleistun-
gen im Sinn der Ausrichtung von Ersatzeinkommen für künftigen Erwerbsausfall sind
typische Einkünfte, die nur unter Anwendung des so genannten Rentensatzes sachge-
recht erfasst werden können. Es kommt bei Kapitalleistungen im Zusammenhang mit
der Beendigung von Arbeitsverhältnissen somit entscheidend darauf an, welche Funk-
tion der Einmalzahlung in den Augen der am Arbeitsverhältnis beteiligten Personen
zukommen sollte. Diese Frage ist unter Einbezug der gesamten Umstände von Verein-
barung und Auszahlung der Kapitalabfindung zu beurteilen (VGr, 4. Juli 2007,
SB.2007.00014).
b) Die Pflichtige verlangt eventualiter die Anwendung des Rentensatzes für die
mit den Mitarbeiteraktien verbundenen Wertzuflüsse. Sie hält dafür, wegen der Been-
digung des Arbeitsverhältnisses sei es 2005 zu einer dreifachen (Jahres-)Auszahlung
gekommen. Wäre sie weiterbeschäftigt gewesen, wäre 2005 bloss eine Tranche fällig
geworden. Die beiden andern, im Zusammenhang mit den Zusicherungen in den Jah-
ren 2003 und 2004 stehenden Tranchen hingegen wären unter gewöhnlichen Umstän-
den erst 2006 und 2007 zugeflossen bzw. ausbezahlt worden. Daher habe eine aus-
serordentliche Kumulation stattgefunden, weshalb die Gesamtleistung von
Fr. 125'615.- zwecks Satzbestimmung zu dritteln sei.
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2 ST.2009.257 2 DB.2009.147
c) Dabei verkennt die Pflichtige, dass es 2005 nicht zu einer Gesamtabgeltung
für gewöhnlich in verschiedenen Jahren anfallende Einkünfte kam. Vielmehr ging es
um eine zufällige Kumulation von Abrechnungen in ein und demselben Jahr. Betroffen
waren drei getrennte Zuflüsse von ganz unterschiedlicher Höhe. Der aufgrund der Zu-
teilung 2002 erfolgte Vermögenszufluss von brutto Fr. 48'174.- hatte ordentliche Quali-
tät. Die Auszahlungen betreffend 2003 und 2004 von Fr. 56'721.- und Fr. 20'720.- hin-
gegen waren ausserordentlicher Natur, erfolgten sie doch vorzeitig. Doch beinhalteten
diese anders als eine Lohnnachzahlung oder eine Abgeltung künftiger Lohnansprüche
keine wiederkehrende und somit periodisch zu besteuernde Leistung. Die unterschied-
liche, in einem gewissen Sinn zufällige Höhe zeigt den speziellen Charakter dieser
Leistungen; auch fehlt es an der erforderlichen Kontinuität. Mithin kommen die Leistun-
gen einer gewöhnlichen Abfindung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses gleich, mit
welcher weder vergangene noch künftige jährlich geschuldete Ansprüche abgegolten
werden; eine Aufsplittung derselben zum Zweck der Progressionsbrechung kommt
daher nicht in Frage (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 37 N 20). Dies auch im
Licht von Präjudizien. So hat das Verwaltungsgericht soeben eine Einschätzung ge-
schützt, mit welcher Leistungen, die aus vorzeitig ausübbaren Mitarbeiteroptionen für
drei Jahrestranchen zugeflossen sind, ohne Anwendung des Rentensatzes besteuert
worden sind (9. Dezember 2009, SB.2009.00075+2009.00086).
Anzufügen ist, dass selbst dann, wenn dem Eventualantrag zu folgen wäre, für
die Satzbestimmung nicht, wie von der Pflichtigen beantragt, die Bruttoleistung mass-
geblich wäre; vielmehr wäre die Nettoleistung zwecks Bestimmung der massgeblichen
Jahresleistung heranzuziehen.
5. Nach alledem sind der Rekurs und die Beschwerde abzuweisen.
Bei diesem Ausgang sind die Kosten der Pflichtigen aufzuerlegen (Art. 144
Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
36096600-33ab-4d01-8dcb-85f3b5e3372f | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) veräusserte am 2. Juni 2010 die Liegen-
schaft Kat.Nr., ein Wohnhaus mit Garagengebäude, Gartenhalle und 2‘923 m 2 Land an
der strasse 3 in B zum Preis von Fr. 11‘460‘000.- (ohne Mobiliar und Fahrhabe) an C.
Mit Veranlagungsentscheid vom 28. Januar 2011 auferlegte ihm die Grundsteuerkom-
mission der Gemeinde B eine Grundstückgewinnsteuer von Fr. 959‘350.20 bei einem
steuerbaren Gewinn von Fr. 4‘018‘600.-. Weil der Pflichtige das veräusserte Grund-
stück zu verschiedenen Zeitpunkten erworben hatte, nahm die Grundsteuerkommissi-
on die Gewinnermittlung für die Teilparzellen altKat.Nrn. (Einfamilienhaus mit 1‘435 m 2
Land inkl. 47 m 2 Trottoirgebiet) und Nr. (1‘535 m
2 Land) gesondert vor. Dabei setzte sie
den Verkehrswert vor 20 Jahren für die vor 1990 erworbene, mit einem Einfamilien-
haus überbaute Parzelle altKat.Nr. auf Fr. 5‘065‘000.- (statt Fr. 5‘860‘000.-) fest. Weiter
rechnete sie von geltend gemachten wertvermehrenden Aufwendungen in Höhe von
insgesamt Fr. 933‘178.- nur einen Betrag von Fr. 675‘940.- an.
B. Eine dagegen erhobene Einsprache, womit der Pflichtige einen höheren
Verkehrswert vor 20 Jahren, höhere wertvermehrende Aufwendungen und eine abwei-
chende Aufteilung des Erlöses auf die Teilparzellen altKat.Nrn. und beantragte, wies
die Grundsteuerkommission am 29. April 2011 ab.
C. Mit Rekurs vom 31. Mai 2011 liess der Pflichtige dem Steuerrekursgericht
beantragen, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die Grundstückge-
winnsteuer von Fr. 959‘350.20 auf Fr. 683‘052.- herabzusetzen. Eventualiter beantrag-
te er Rückweisung der Sache an die Vorinstanz, da diese den Veranlagungsentscheid
vom 28. Januar 2011 mangelhaft begründet habe. Zudem verlangte er eine Parteient-
schädigung.
In der Rekursantwort vom 7. Juli 2011 schloss die Grundsteuerkommission
auf Abweisung des Rekurses.
Auf die Parteivorbringen wird, soweit rechtserheblich, in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen.
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2 GR.2011.26 | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Auf das Rekursverfahren bezüglich Grundstückgewinnsteuern werden nach
§ 212 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) die Bestimmungen über das
Rekursverfahren bei Einschätzungen für die Staatssteuern (§§ 147 - 152 StG) sinnge-
mäss angewendet. Mit dem Rekurs können laut § 147 Abs. 3 StG alle Mängel des
angefochtenen Entscheids und des vorangegangenen Verfahrens gerügt werden. Da-
bei sind neue tatsächliche Behauptungen und Beweismittel zulässig (RB ORK 1952
Nr. 56). Das Steuerrekursgericht hat die gleiche umfassende Prüfungsbefugnis wie
die Einschätzungsbehörde (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmoni-
sierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 147 N 36 StG). Es hat materiell- wie
verfahrensrechtliche Fehler grundsätzlich von sich aus zu beheben und einen eigenen
Entscheid zu treffen, der an die Stelle des angefochtenen tritt (Reimann/Zup-
pinger/Schärrer, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. Band, 1969, § 92 N 1 ff.;
Rudolf Wespi, Die Steuerrechtspflege im Kanton Zürich, 1951, S. 119 ff.; VGr. 14. Mai
2008, SB.2007.00126, ZStP 2008, 254). Das Gericht ist in seinem Entscheid nicht an
die Anträge der Parteien gebunden (§ 149 Abs. 2 StG). Ausnahmsweise kann es
zwecks Wahrung des gesetzlichen Instanzenzugs die Sache zur Neubeurteilung an die
Vorinstanz zurückweisen, namentlich wenn zu Unrecht noch kein materieller Entscheid
getroffen worden ist oder dieser an einem schwerwiegenden Verfahrensmangel leidet
(§ 149 Abs. 3 StG). Der Begriff "schwerwiegend" gesteht der Rekursbehörde zwar ei-
nen gewissen Ermessensspielraum zu; jedoch können nach der Praxis nur grundle-
gende Mängel des Verfahrens Anlass zu einer Rückweisung bieten (VGr, 14. Mai
2008, SB.2007.000126, ZStP 2008, 254). Ein Fehler, der ebenso gut von der Rekurs-
behörde wie von der Vorinstanz behoben werden kann, darf jedenfalls nicht zu einer
Rückweisung führen (RB 1983 Nr. 56). Schwerwiegende und somit nicht heilbare Ver-
fahrensmängel liegen namentlich dann vor, wenn ein Steuerentscheid überhaupt keine
Begründung enthält, die Untersuchungspflicht stark vernachlässigt wurde, Ausstands-
gründe verletzt oder schwerwiegende Gehörsverweigerungen begangen wurden
(Richner Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 149 N 32). Als heilbar gelten Mängel dann,
wenn eine Begründung zwar in Ansätzen vorhanden ist, sie aber den genannten An-
forderungen an die Begründungsdichte nicht genügt (RB 1984 Nr. 50), oder die Unter-
suchung lückenhaft geführt wurde. Ebenfalls grundsätzlich heilbar sind die fehlende
Anhörung des Steuerpflichtigen oder die Nichtabnahme anerbotener Beweismittel
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 149 N 32, § 124 N 12 und § 125 N 15).
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2 GR.2011.26
2. a) Der Pflichtige sieht einen schweren Verfahrensmangel darin, dass die
von der Steuererklärung abweichende Schätzung der wertvermehrenden Aufwendun-
gen im Veranlagungsentscheid vom 28. Januar 2011 in keiner Art und Weise begrün-
det worden sei. Die Abweichungen von der Steuererklärung seien erst im Einsprache-
entscheid vom 29. April 2011 bekanntgegeben worden, weil die Einsprachebehörde
bemerkt habe, dass sie die Kopie der eingereichten Aufstellung mit den handschriftlich
angebrachten Korrekturen irrtümlicherweise nicht dem Veranlagungsentscheid beige-
legt habe. Dadurch sei es ihm nicht möglich gewesen, auf die von der Rekursgegnerin
vorgenommenen Korrekturen im Einspracheverfahren einzugehen. Im Ergebnis sei
damit der gesetzliche Instanzenzug nicht gewahrt.
b) § 126 Abs. 1 StG schreibt vor, dass Entscheide den Beteiligten mit Begrün-
dung schriftlich mitzuteilen sind. Welche Dichte die Begründung aufweisen muss,
hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 139
N 32). Generell dient die Begründung vor allem dazu, dass der Steuerpflichtige die
Tragweite des Entscheids erkennen kann und diesen sachgerecht anfechten kann
(VGr, 1. April 2009, SB.2008.00089, www.vgrzh.ch). Der Steuerpflichtige soll wissen,
warum die Behörde entgegen seinem Antrag entschieden hat. Je grösser der Spiel-
raum, über welchen die Behörde infolge Ermessens und unbestimmter Rechtsbegriffe
verfügt, und je stärker ein Entscheid in die individuellen Rechte eingreift, desto höhere
Anforderungen sind an die Begründung zu stellen und desto detaillierter und konkreter
muss die Auseinandersetzung mit dem Tatbestand und den Rechtsfolgen ausfallen
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 139 N 33). Bei erstinstanzlichen Einschätzungsent-
scheiden sind die Anforderungen an die Begründung im Allgemeinen weniger hoch als
bei Einspracheentscheiden. Wie § 126 Abs. 1 Satz 2 StG ausdrücklich festhält, ist die
Begründung ausreichend, wenn die Abweichungen von der Steuererklärung bekannt
gegeben werden.
c) Im vorliegenden Fall machte der Steuerpflichtige in seiner Steuererklärung
wertvermehrende Aufwendungen von Fr. 933‘178.- geltend und spezifizierte deren
Zusammensetzung in einer Aufstellung mit über 70 Positionen. Die Rekursgegnerin
nahm für jede Position eine detaillierte Ausscheidung zwischen wertvermehrenden
Aufwendungen einerseits und Unterhaltskosten und Lebenshaltungskosten (Liebhabe-
rei) andererseits vor, legte jedoch diese drei Seiten umfassende, mit handschriftlichen
Korrekturen versehene Aufstellung dem Veranlagungsentscheid versehentlich nicht
bei. Stattdessen dokumentierte sie die Abweichungen von den geltend gemachten
http://www.vgrzh.ch/
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2 GR.2011.26
Aufwendungen in einer Kurzversion, welche dem Veranlagungsentscheid beilag. Dar-
aus war immerhin ersichtlich, dass die Aufwendungen in den Jahren 1990/1991 in de-
klarierter Höhe von Fr. 61‘752.- im Umfang von Fr. 36‘345.-, der Anbau im Jahr 1994
(deklarierte Kosten Fr. 383‘489.- ) und die Umbauten im Jahr 1995 (deklarierte Kosten
Fr. 92‘303.-) im Umfang von je 75%, d.h. mit Fr. 287‘616.75 und Fr. 69‘227.25 ange-
rechnet wurden. Die bereits reduziert geltend gemachten Kosten für den Einbau einer
Küche samt Granitboden in Höhe von Fr. 96‘436.- berücksichtige die Rekursgegnerin
zu 100% (= Fr. 96‘436.-). Die weiteren Aufwendungen ab 1992 (samt Neugestaltung
des Gartens und Stilllegung des Heizöltanks etc.) rechnete die Rekursgegnerin im Um-
fang von Fr. 186‘315.- (von Fr. 299‘199.-) bei den Anlagekosten an.
Mit dieser Aufstellung sind die Abweichungen von der Steuererklärung zwar
nicht optimal, aber immerhin so begründet worden, dass der Steuerpflichtige die Trag-
weite des Entscheids in diesem Punkt erkennen und dagegen im Einspracheverfahren
mit sachgerechten Gegenargumenten antreten konnte. Zwar hätte Anlass bestanden,
dem Steuerpflichtigen die detaillierten Korrekturen bereits während des Einsprachever-
fahrens und nicht erst mit dem Einspracheentscheid bekannt zu geben, nachdem der
Pflichtige in seiner Einsprache die fehlende Begründung gerügt hatte und die Rekurs-
gegnerin ihr Versehen bemerkt hatte. Denn dadurch hätten Begründungsmängel –
ohne Verkürzung des Instanzenzugs – bereits im Einspracheverfahren geheilt werden
können. Der vom Pflichtigen gerügte Verfahrensmangel wiegt jedoch nicht schwer ge-
nug, dass sich allein aus diesem Grund eine Rückweisung an die Rekursgegnerin
rechtfertigt. Zudem hätten, wie nachfolgend (E. 3) darzulegen ist, die wertvermehren-
den Aufwendungen nach pflichtgemässem Ermessen gemäss § 139 Abs. 2 StG ge-
schätzt werden müssen. Im Falle einer Ermessenseinschätzung muss auf der Stufe
des Veranlagungsentscheids die Begründung lediglich den Hinweis enthalten, dass
und aus welchem Grund eine Einschätzung nach pflichtgemässem Ermessen getroffen
wurde. Dagegen ist die Höhe der Schätzung nicht zu begründen (VGr, 2. Februar
2011, SB.2010.000137, www.vgrzh.ch). Mit anderen Worten hätte bezüglich jener
Aufwendungen, bei denen sich Abgrenzungsfragen stellen, eine globale Schätzung der
anrechenbaren wertvermehrenden Aufwendungen genügt.
3. Jedoch drängt sich hinsichtlich der streitbetroffenen wertvermehrenden
Aufwendungen aus einem anderen Grund eine Rückweisung an die Vorinstanz auf.
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2 GR.2011.26
a) Gemäss ständiger Rechtsprechung sind die Kosten für bauliche Massnah-
men an einer bereits bestehenden Liegenschaft nicht schlechthin bei der Grundstück-
gewinnsteuer anrechenbar. Die Anrechenbarkeit ist vielmehr auf die sogenannten dau-
ernd wertvermehrenden Aufwendungen (Neuinvestitionen) beschränkt (§ 221 Abs. 1
lit. a StG; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 25). Darunter sind in aller Regel nur
solche Aufwendungen zu verstehen, welche die Beschaffenheit des Grundstücks im
objektiv-technischen bzw. rechtlichen Sinn dauernd verbessern (RB 1983 Nr. 42). Im
Gegensatz hierzu stehen werterhaltende Aufwendungen (Ersatzinvestitionen, Renova-
tionen, Instandstellungskosten, Reparaturen), deren Ziel nicht die Schaffung neuer,
sondern die Erhaltung bisheriger Werte ist und die in längeren oder kürzeren Zeitab-
ständen wiederkehren (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 30 ff.). Letztere kön-
nen bei der Grundstückgewinnsteuer – von hier nicht relevanten Ausnahmen im Falle
von verwahrlosten oder ausgekernten Gebäuden abgesehen (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, § 221 N 35 und 36) – nicht berücksichtigt werden, sondern sind einzig
nach § 30 Abs. 2 StG bzw. § 64 StG bei der Einkommens- bzw. Gewinnsteuer zum
Abzug von den steuerbaren Einkünften zugelassen (RB 1977 Nr. 49, 1981 Nr. 55; VGr,
22. April 1986 = StE 1987 B 44.13.1 Nr. 1, jeweils zu § 30 Abs. 2 StG; Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 30 N 34 ff.).
b) Bei Umbauten bestehender Gebäude können wertvermehrende und wert-
erhaltende Aufwendungen naturgemäss nicht immer scharf auseinander gehalten wer-
den; sie lassen sich aus diesem Grund nur schätzen. Dabei ist es Sache des Steuer-
pflichtigen, die notwendigen Schätzungsgrundlagen zu beschaffen. Hierzu bedarf es
insbesondere genauer Angaben über die ausgeführten Arbeiten, den Zustand und die
Ausrüstung des Objekts vor und nach dem Umbau (RB 1997 Nr. 51; VGr, 22. April
1986 = StE 1987 B 44.13.1 Nr. 1). Ergeben sich die zur Prüfung erforderlichen Anga-
ben und Beweismittel nicht bereits aus der Steuererklärung, was regelmässig der Fall
ist, obliegt es gemäss § 132 StG der Steuerbehörde, den Pflichtigen zur Beibringung
entsprechender Auskünfte und Unterlagen aufzufordern. Der Pflichtige muss dabei
mitwirken und alles tun, um eine vollständige und richtige Einschätzung zu ermöglichen
(§ 135 Abs. 1 StG).
c) Sind sämtliche Kosten in quantitativer Hinsicht belegt und steht weiter fest,
dass wertvermehrende Aufwendungen erbracht worden sind und bleibt der Sachverhalt
aufgrund mangelhafter Mitwirkung des Steuerpflichtigen oder aus anderen Gründen
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2 GR.2011.26
lediglich in Bezug auf die Höhe des wertvermehrenden Anteils unklar, sind die wert-
vermehrenden Aufwendungen nach erfolgloser Mahnung nach pflichtgemässem Er-
messen gemäss § 139 Abs. 2 StG zu schätzen (VGr, 21. Mai 2003, SB.2002.00103,
www.vgrzh.ch). Es gibt unter dem Regime des harmonisierten Steuerrechts in dieser
Hinsicht keine gewöhnlichen Schätzungen mehr. Damit der Steuerpflichtige die Trag-
weite des Entscheids erkennen kann und dagegen im Rechtsmittelverfahren – unter
Einhaltung der gesetzlichen Anfechtungserschwernisse – in qualifizierter Form antreten
kann, ist ausserdem erforderlich, dass die Steuerbehörde die betreffende Schätzung
im Veranlagungsentscheid ausdrücklich als “Schätzung nach pflichtgemässem Ermes-
sen gemäss § 139 Abs. 2 StG“ bezeichnet. Zudem muss die Rechtsmittelbelehrung
den Hinweis enthalten, dass “auf eine Einsprache gegen eine Einschätzung nach
pflichtgemässem Ermessen nur eingetreten wird, wenn die Einsprache eine Begrün-
dung enthält und allfällige Beweismittel genannt werden“.
d) In dieser Hinsicht weisen das Einschätzungsverfahren und der Veranla-
gungsentscheid der Rekursgegnerin vom 28. Januar 2011 schwerwiegende Mängel
auf, weil die Rekursgegnerin bezüglich der wertvermehrenden Aufwendungen nach
einmaliger, nicht vollständig erfüllter Mitwirkungsaufforderung zu einer gewöhnlichen
Schätzung schritt. Richtigerweise hätte sie die wertvermehrenden Aufwendungen nach
einer erfolglosen Mahnung global nach pflichtgemässem Ermessen gemäss § 139
Abs. 2 StG schätzen müssen, weil der Pflichtige die verlangten genauen Auskünfte
über den Zustand und die Ausstattung des Objekts vor und nach dem Umbau nicht
vollständig erteilt hat und der Sachverhalt in dieser Hinsicht unklar blieb. Aus den (nur)
im vorinstanzlichen Verfahren eingereichten Rechnungen gehen im Allgemeinen ledig-
lich die im Einzelnen erbrachten Lieferungen und Leistungen hervor. Dagegen enthal-
ten sie zum Zustand und zur Ausstattung der Liegenschaft vor und nach dem Umbau
regelmässig keine genauen Angaben. Nur die wenigsten Rechnungen erweisen sich in
dieser Hinsicht als selbsterklärend. Eine Überprüfung der geltend gemachten wertver-
mehrenden Aufwendungen bzw. eine Abgrenzung zwischen werterhaltenden und wert-
vermehrenden Aufwendungen war damit zum vornherein unmöglich. Daran ändert
nichts, dass der Pflichtige nur einen Teil der Umbaukosten bei der Grundstückge-
winnsteuer geltend machte, weil er u.a. Kostenanteile bereits früher als Unterhaltskos-
ten bei den Staats- und Gemeindesteuern abgezogen hatte. Da Nichtliegenschaften-
händler kein Wahlrecht im Sinn von § 221 Abs. 2 StG haben, liegenschaftliche
Aufwendungen, die bei der Einkommenssteuer abzugsfähig wären, entweder bei der
Einkommens- oder der Grundstückgewinnsteuer geltend zu machen, kann aus der
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2 GR.2011.26
früheren Nichtgeltendmachung von effektiven Unterhaltskosten bei der Einkommens-
steuer kein Anspruch auf Anrechnung entsprechend hoher Anlagekosten bei der
Grundstückgewinnsteuer abgeleitet werden. Folgedessen sind entgegen der Auffas-
sung des Pflichtigen auch hinsichtlich der Kosten in den Jahren 1990 bis 1995, in de-
nen der Pflichtige bei der Einkommenssteuer nur den Pauschalbabzug geltend machte,
genaue Angaben zu Lieferungen und Leistungen, zum Zustand und zur Ausstattung
der Liegenschaft vor und nach dem Umbau erforderlich. Schliesslich durfte das Ge-
meindesteueramt auf Schriftlichkeit der Auflageantwort bestehen und die angebotene
mündliche Besprechung ablehnen. Denn eine detaillierte Sachdarstellung über Liefe-
rungen und Leistungen, zum Zustand und zur Ausstattung der Liegenschaft vor und
nach dem Umbau erfordert einen bedeutenden zeitlichen Aufwand, welcher im Rah-
men einer mündlichen Besprechung von üblicher Länge in der Regel nicht erbracht
werden kann.
e) Im Rekursverfahren hat der Pflichtige eine bessere Sachdarstellung über
den Zustand und zur Ausstattung der Liegenschaft vor und nach dem Umbau abgege-
ben. Allerdings beschränken sich seine Ausführungen auf die im Rekursverfahren noch
streitigen Positionen und sind nicht in allen Teilen genau genug, um gestützt darauf
eine rechtliche Beurteilung vornehmen zu können. Die Ungenauigkeit liegt einerseits
darin, dass die Rechnungen nicht wieder eingereicht oder zur Einreichung offeriert
wurden, so dass die erfolgten Lieferungen und Leistungen nicht im Detail ersichtlich
sind. Andererseits wurden in Bezug auf umgestaltete oder ersetzte Bauteile (z.B. beim
im Untergeschoss verlegten PVC-Belag anstelle von Spannteppichen) keine genauen
Angaben über Bestand und Qualität der ersetzten Bauteile gemacht. Bei dieser Sach-
lage bleibt eine Abgrenzung zwischen werterhaltenden und wertvermehrenden bauli-
chen Aufwendungen nicht nur bezüglich der im Rekursverfahren streitigen, sondern
bezüglich aller ohne genügende Schätzungsgrundlagen ermittelten Positionen weiter-
hin unmöglich. Zwar könnte das Steuerrekursgericht aufgrund seiner umfassenden
Prüfungs- und Untersuchungsbefugnisse selber eine ergänzende Untersuchung und
gegebenenfalls eine partielle Einschätzung nach pflichtgemässem Ermessen vorneh-
men. Letztere wäre jedoch wegen des Verbots, im Beschwerdeverfahren vor Verwal-
tungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel vorzubringen bzw. einzureichen, fak-
tisch weitgehend unanfechtbar. Aus diesem Grund kann dieser Mangel nur durch
Rückweisung an die Vorinstanz behoben werden.
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2 GR.2011.26
4. Im wieder aufzunehmenden Veranlagungsverfahren ist den im Rekursver-
fahren vorgebrachten Argumenten des Pflichtigen teilweise Rechnung zu tragen.
a) Verkehrswert vor 20 Jahren für die Teilparzelle altKat.Nr.
In Anbetracht dessen, dass der Pflichtige seinen Grundbesitz durch Zukauf von
benachbarten Grundstücken vergrössern konnte und am 16. August 1988 für den Er-
werb von 100 m 2 Land einen Preis von umgerechnet Fr. 500.-/m
2 und am 7. November
1995 für den Erwerb von 3‘048 m 2 Land mit einem baufälligen Chalet und zwei Neben-
gebäuden (altKat.Nr.) einen Kaufpreis von Fr. 875.70/m 2 bezahlt hatte, erweist sich der
von der Rekursgegnerin geschätzte relative Landwert von Fr. 1‘300.-/m 2 per 2. Juni
1990 nicht als augenscheinlich zu tief, sondern, was den Landwertanteil betrifft, im
Gegenteil sogar als wohlwollend bemessen. Denn aus der Bodenpreisstatistik des
statistischen Amtes des Kantons Zürich lässt sich für die Gemeinde B kein höherer
Landwert ableiten. Die Modellwerte für Wohnbauland lagen im Median, d.h. dem Wert,
der mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Hälfte der Verkäufe unter- bzw. überschritten
worden wäre, im Jahr 1988 bei Fr. 476.-/m 2 , im Jahr 1990 bei Fr. 590.-/m
2 und im Jahr
1995 bei Fr. 659.-/m 2 (www.web.statistik.zh.ch, besucht am 4. Oktober 2011). Ausser-
dem herrschten im Juni 1990 – im Gegensatz zum Juni 2010 – ungünstige Marktver-
hältnisse, da aufgrund starker Preissteigerungen Ende der Achtzigerjahre und der ho-
hen Zinsen für Hypotheken (bei der ZKB zwischen 6 1⁄4% [Altbestand] bis 7 1⁄2%
[Neubestand] mit ansteigender Tendenz, www.zkb.ch) kaum noch eine Nachfrage
nach Grundstücken bestand. Da der Marktwert eines Grundstücks wesentlich von
Angebot und Nachfrage abhängt, bestehen deshalb aus der Sicht des Steuerrekurs-
gerichts Zweifel, ob im Juni 1990 für das veräusserte Grundstück mit einem Landanteil
von 1‘388 m 2 (ohne 47 m
2 Trottoirland) ein Landwert von Fr. 1‘865‘500.- (Fr. 1‘344.-
/m 2 ), geschweige denn ein solcher von Fr. 2‘000.000.- (= Fr. 1‘440.90/m
2 ) gemäss den
Vorstellungen des Pflichtigen erzielbar gewesen wäre. Der Landwert des später abge-
tretenen Trottoirlands (47 m 2 ) ist entgegen der Auffassung der Rekursparteien beim
Anlagewert des veräusserten Grundstücks nicht zu berücksichtigen. Denn bei der ent-
geltlichen Abtretung von Trottoirland handelt es sich um einen eigenständigen grund-
steuerpflichtigen Tatbestand. Erlös und Anlagewert für das enteignete Land sind bei
dieser Handänderung zu berücksichtigen. Eine Zurechnung der Anlagekosten auf die
im Eigentum des Pflichtigen verbliebenen Grundstücke ist nur möglich, wenn bei der
Gewinnermittlung ein Verlust resultiert und die Voraussetzungen für eine Verlustver-
rechnung nach § 224 Abs. 3 StG erfüllt sind.
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2 GR.2011.26
Wie es sich mit dem ebenfalls streitigen Gebäudewert und den Umgebungs-
und Erschliessungskosten verhält, die der Pflichtige auf der Grundlage der effektiven
Baukosten bei der Erstellung im Jahr 1986 (Fr. 3‘004‘530.-) und den nachträglichen
Kosten bis zum Stichtag per 2. Juni 1990 (Fr. 166‘897.-) durch Indexierung mit dem
Baukostenindex und unter Berücksichtigung einer Altersentwertung von 4% auf
Fr. 3‘655‘582.- schätzt, kann nicht beurteilt werden, da mangels Einreichung entspre-
chender Aufstellungen nicht klar ist, aus welchen Einzelpositionen sich die Baukosten
im Jahr 1986 zusammensetzen. Allgemein ist festzustellen, dass der Verkehrswert
einer Immobilie nicht nur von den tatsächlichen Kosten, sondern auch von vielen ande-
ren Faktoren, u.a. von Angebot und Nachfrage beeinflusst wird, so dass der Verkehrs-
wert nicht unbedingt den tatsächlich investierten Kosten entsprechen muss. Diesbe-
züglich waren die Rahmenbedingungen im Juni 1990 wie dargelegt ungünstig, so dass
mit wirtschaftlichen Einbussen zu rechnen gewesen wäre. Hinzu kommt, dass später
nachgerüstete Anlagen immer teurer sind als einmalig erstellte Anlagen, so dass auch
diesbezügliche mit wirtschaftlichen Einbussen beim Verkauf zu rechnen gewesen wä-
re. Somit ist dem Antrag des Pflichtigen, den Verkehrswert nach seinen Vorstellungen
abzuändern, nicht stattzugeben.
b) Erwerbspreisanteil für altKat.Nr.
Soweit aus den unvollständigen Akten ersichtlich ist, hat der Pflichtige am 7. November
1995 das Nachbargrundstück altKat.Nr. im D von 3‘048 m 2 mit drei baufälligen
Baukörpern zum Preis von Fr. 2‘670‘000.- (Fr. 875.70/m 2 ) erworben. Gemäss Mutation
Nr. 1295 vom 26. März 2009 wurde von diesem Grundstück eine Teilfläche von
1‘535 m 2 dem Grundstück Kat.Nr. zugeschlagen (auch zum Folgenden). Eine weitere
Teilfläche von 1‘424 m 2 wurde dem neu geschaffenen Grundstück Kat.Nr. zugeteilt.
Auf diesem Grundstück erstellte der Pflichtige ca. im Jahr 2004 ein Mehrfamilienhaus.
Weitere 90 m 2 wurden enteignet und für die Erstellung eines Trottoirs längs der strasse
verwendet. Schliesslich erwuchs aus der Neuparzellierung eine Rundungsdifferenz von
1 m 2
zu Gunsten des Pflichtigen, so dass bei der Wertzerlegung von einer gesamten
Landfläche von 3‘049 m 2 auszugehen ist. Entgegen der Auffassung der Rekursgegne-
rin kann der Kaufpreisanteil für jene 1‘535 m 2 , die dem veräusserten Grundstück
Kat.Nr. zugeteilt wurden, nicht nach Massgabe der Flächen bestimmt werden. Denn
dieses Areal wurde mit einem Ausnützungsrevers von 719 m 2 zu Gunsten der angren-
zenden Mehrfamilienhaus-Parzelle Kat.Nr. belastet. Ohne diese Ausnützungsübertra-
gung hätte auf der Parzelle Kat.Nr. kein Mehrfamilienhaus im realisiertem Ausmass
erstellt bzw. die erst nachträglich erfolgte Parzellierung nicht bewilligt werden können.
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Bei dieser Sachlage weist die vorliegend mitveräusserte Teilfläche von 1‘535 m 2 einen
erheblichen Minderwert und die Nachbarparzelle Kat.Nr. einen entsprechenden Mehr-
wert auf, der im Falle eines späteren Verkaufs dieses Grundstücks bei dessen Anlage-
kosten zu berücksichtigen ist. Nach Schätzung des Steuerrekursgerichts beträgt der
Wert der übertragenen Ausnützung etwa 75% des betreffenden Kaufpreisanteils
(Fr. 656.77/m 2 = 75% von Fr. 875.70/m
2 ), so dass der Kaufpreisanteil für den Landan-
teil von 1‘535 m 2 bei rund Fr. 871‘977.- liegt (Fr. 1‘344‘195.- [= Fr. 2‘670‘000.- : 3‘049
m 2 x 1‘535 m
2 ] abzüglich Fr. 472‘218.- [= 719 m
2 x Fr. 656.77/m
2 ]). Daneben sind die
weiteren hierauf entfallenden Anlagekosten von mutmasslich Fr. 316‘471.- (Gesamt-
kosten Fr. 2‘986‘471.- ./. Landkaufpreis Fr. 2‘670‘000.-; siehe Einspracheentscheid,
Anmerkung 3) zu berücksichtigen. Anzumerken ist, dass die Beilage 3 der Steuererklä-
rung, welche diese Kosten mutmasslich enthält, nicht bei den Akten liegt.
Somit kann dem Antrag des Pflichtigen, die Ausnützungsübertragung nur bei
der Bestimmung der Teilerlöse im Rahmen der gesonderten Gewinnermittlung zu be-
rücksichtigen und den Erwerbspreisanteil für altKat.Nr. bei Fr. 1‘504‘013.- (inkl. weitere
Kosten) zu belassen, nicht stattgegeben werden.
c) Aufteilung des Erlöses von Fr. 11‘468‘500.- auf die Teilparzellen
altKat.Nrn.
Dieser Ausnützungstransfer hat entsprechende Auswirkungen bei der Aufteilung des
Erlöses auf die Teilparzellen altKat.Nrn. Nach der Steuerpraxis ist der Gesamterlös
nach objektiven Grundsätzen, entsprechend den effektiven Wertverhältnissen, aufzu-
teilen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 223 N 8). Dabei kommt es aber nicht auf die
Verhältnisse im Zeitpunkt des Erwerbs oder während der Besitzesdauer an, sondern
auf jene im Zeitpunkt des Verkaufs. Somit kann dem Antrag des Pflichtigen, den Erlös-
anteil nach Massgabe der Anlagekosten der Teilgrundstücke zu ermitteln, nicht gefolgt
werden. Die Erlösanteile sind vielmehr in der Weise zu ermitteln, dass zunächst die
Verkehrswerte der Teilparzellen per 2. Juni 1990 gesondert geschätzt werden und der
Gesamterlös im Verhältnis der prozentualen Anteile dieser Verkehrswerte aufgeteilt
wird.
d) Wertvermehrende Aufwendungen
Ergänzend zu den bereits gemachten Ausführungen ist bei der Neubeurtei-
lung zu berücksichtigen, dass Gebäudeerweiterungen nichts mit Unterhalt oder Wert-
erhaltung zu tun haben, sondern regelmässig wertvermehrender Natur sind. Sind im
- 12 -
2 GR.2011.26
Zuge solcher wertvermehrender Gebäudeerweiterungen Anpassungsarbeiten an be-
stehenden Anlagen erforderlich, sind deren Kosten – wie auch damit verbundene Ne-
benkosten – ebenfalls als wertvermehrende Aufwendungen zu berücksichtigen (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 40). Die im Anschluss an einen Umbau ergangene
Höherschätzung der kantonalen Gebäudeversicherung ist im vorliegenden Fall nicht
zur Bestimmung des wertvermehrenden Anteils geeignet, weil die Gebäudeversiche-
rung nur den einmaligen Wiederaufbauwert im Zeitpunkt der Schätzung ermittelt. Den
erheblichen Mehrkosten, die bei nachträglichen Gebäudeerweiterungen oder Nachrüs-
tungen entstehen, trägt die Gebäudeversicherung keine Rechnung.
Die Rekursgegnerin hat bei Überprüfung der geltend gemachten Aufwendun-
gen nicht nur eine Abgrenzung zwischen werterhaltenden und wertvermehrenden Auf-
wendungen vorgenommen, sondern daneben auch noch eine Reihe von baulichen
Aufwendungen den Lebenshaltungskosten zugeordnet. Sie vertritt die Auffassung,
dass bestimmte luxuriöse Ausstattungen im Innen- und Aussenbereich (Spiegelfüllun-
gen bei der Türe zur Pool-Halle, der Ersatz der Garderobe, die Installation eines
Springbrunnens beim Biotop, die Pflanzung einer neuen Palme, der Einbau einer Fil-
teranlage für den Fischteich, die Installation eines Gitters über dem Fischteich, um
Fischreiher und Kormorane fernzuhalten, die Installation eines Reiherschrecks, d.h.
eines Wasserwerfers mit Annäherungsmelder, der Einbau einer Teichheizung und ei-
ner Wasserbelebungsanlage) Lebenshaltungskosten darstellen. Diese Beurteilung ist
im vorliegenden Fall abzulehnen. Zwar trifft es zu, dass es neben werterhaltenden und
wertvermehrenden Aufwendungen auch noch Aufwendungen gibt, die den Lebenshal-
tungskosten zuzuordnen sind. Dazu gehören zum Beispiel Farbtonänderungen einer
neuwertigen Bemalung, bestimmte luxuriöse Anlagen und der Ersatz von Installationen
kurz nach deren Investition (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 30 N 69). Die Nichtbe-
rücksichtigung solcher Kosten als Unterhaltskosten mag bei der Einkommenssteuer
vertretbar sein. Bei der Grundstückgewinnsteuer ist aber erhebliche Zurückhaltung
geboten, die Kosten für luxuriöse Anlagen und Ausstattungen bei der Gewinnermittlung
ausser Acht zu lassen. Denn in der Regel kommt diesen Anlagen ein objektiver liegen-
schaftlicher Wert zu, der sich im Kaufpreis niederschlägt. Dies war im vorliegenden Fall
offensichtlich der Fall. Denn ohne die gesamte luxuriöse Ausstattung hätte kein Ver-
kaufserlös von über 11 Millionen Franken erzielt werden können. Somit ist es unzuläs-
sig, die genannten Aufwendungen als nicht anrechenbare Lebenshaltungskosten zu
betrachten.
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2 GR.2011.26
e) Nach dem Gesagten ist in teilweiser Gutheissung des Rekurses der Ein-
spracheentscheid vom 29. April 2011 und damit auch der Veranlagungsentscheid vom
28. Januar 2011 aufzuheben und die Sache zur neuen Untersuchung und Veranlagung
im Sinn der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.
5. Da keine Partei vollständig obsiegt, der Ausgang des Verfahrens noch un-
entschieden ist und darüber hinaus die Argumente, die zur Gutheissung des Eventual-
antrags führten, vom Pflichtigen nicht vorgebracht wurden, sind die Gerichtskosten den
Parteien in Anwendung von § 151 Abs. 1 und 2 StG je zur Hälfte aufzuerlegen und
verbietet sich die Zusprechung einer Parteientschädigung an den Pflichtigen (§ 152
StG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai
1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
36711376-7a68-441e-b5d6-6c01aff085a3 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) ist bei der D AG angestellt. Per ... September
2010 wurde er von dieser zur E nach Frankreich entsandt und war für den Rest des
Jahres dort erwerbstätig. Während dieser Zeit behielt er den Wohnsitz in der Schweiz
bei. Im gleichen Jahr nahm er einen Einkauf in die Pensionskasse von Fr. 50'000.- vor;
ferner leistete er den "kleinen" Beitrag von Fr. 6'566.- in die 3. Säule a. Mit der Steuer-
erklärung 2010 beantragten er und seine Ehefrau B (nachfolgend zusammen die
Pflichtigen), das in Frankreich erzielte Einkommen nur satzbestimmend zu berücksich-
tigen. Der Steuerkommissär erachtete die Voraussetzungen für eine Ausscheidung des
in Frankreich erzielten Einkommens als nicht erfüllt und erfasste deshalb mit Veranla-
gung bzw. Einschätzung vom 23. Juli 2012 den gesamten Lohn beim hier steuerbaren
Einkommen.
B. Hiergegen liessen die Pflichtigen am 21. August 2012 Einsprache erheben
und u. a. beantragen, das in Frankreich erzielte Erwerbseinkommen auszuscheiden.
Die neu zuständige Steuerkommissärin führte darauf eine Untersuchung mit
Bezug darauf durch, welcher Arbeitgeber während der Erwerbstätigkeit in Frankreich
den Lohn getragen habe. Am 28. Oktober 2013 hiess das kantonale Steueramt die
Einsprachen teilweise gut und schied das Erwerbseinkommen des Pflichtigen teilweise
nach Frankreich aus. Weiter wurden der Einkauf in die 2. Säule und der Beitrag an die
3. Säule a im Verhältnis der Einkünfte auf die Schweiz und Frankreich verlegt. Dies
ergab folgende Veranlagung bzw. Einschätzung:
Direkte Bundessteuer Staats- und Gemeindesteuern
Einkommen Einkommen Vermögen
Fr. Fr. Fr.
steuerbares 135'300.- 137'800.- 992'000.-
satzbestimmendes 171'400.- 174'600.- 992'000.-.
1 DB.2013.239 1 ST.2013.278
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C. Am 28. November 2013 erhoben die Pflichtigen Beschwerde bzw. Rekurs
und beantragten, sie mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 121'800.- (direkte
Bundessteuer) bzw. von Fr. 123'800.- (Staats- und Gemeindesteuern) zu veranlagen
bzw. einzuschätzen, bei unverändertem satzbestimmenden Einkommen und Vermö-
gensfaktoren, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. Nach dem Präjudiz des Ver-
waltungsgerichts VGr, 21. September 2011, SB.2011.00037 seien die Abzüge für die
gebundene Selbstvorsorge in internationalen Verhältnissen nicht proportional aufzutei-
len, sondern ausschliesslich der Schweiz zuzuweisen. Dies gelte auch hier für diese
Beiträge als auch für die Verlegung der Abzüge für die Beiträge an die 2. Säule.
Das kantonale Steueramt beantragte am 14. Januar 2014 die Abweisung der
Rechtsmittel. Da die Sozialversicherungsbeiträge des Pflichtigen auf dem gesamten
Jahreseinkommen bei der D erhoben worden seien, seien nach einer Praxisanweisung
des kantonalen Steueramts auch die Beiträge an die berufliche Vorsorge proportional
den in- und ausländischen Einkünften zuzuweisen. Dies müsse auch für freiwillige Ein-
kaufsbeträge sowie die Beiträge an die 3. Säule a gelten. Die Eidgenössische Steuer-
verwaltung schloss sich am 4. Februar 2014 mit Bezug auf die direkte Bundessteuer
diesen Ausführungen an. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Natürliche Personen, die in der Schweiz wohnen oder ihren gesetzlichen
Wohnsitz haben, sind laut Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 des Bundesgesetzes über
die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) hier kraft persönlicher Zuge-
hörigkeit für ihr gesamtes Einkommen und Vermögen steuerpflichtig, mit Ausnahme
von Geschäftsbetrieben, Betriebsstätten oder Liegenschaften ausserhalb der Schweiz.
Die Aufzählung der Ausnahmen ist auf der Stufe des internen Kollisionsrechts ab-
schliessend, indessen gehen weitergehende Bestimmungen in Doppelbesteuerungs-
abkommen vor (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A.,
2009, Art. 6 N 1 DBG; Peter Locher, Kommentar zum DBG, 1. Teil, 2001, Art. 6 N 3
DBG; BGr, 6. Mai 2008, 2C_276/2007, www.bger.ch). Für das kantonale Recht enthal-
ten § 3 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) eine
1 DB.2013.239 1 ST.2013.278
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gleichlautende Regelung (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum Zürcher
Steuergesetz, 3. A., 2013, § 5 N 23 StG).
Die Steuerausscheidung für Geschäftsbetriebe, Betriebsstätten und Liegen-
schaften im Verhältnis zum Ausland erfolgt gemäss Art. 6 Abs. 3 DBG nach den
Grundsätzen des Bundesrechts über das Verbot der Doppelbesteuerung. Mithin gelten
die Ausscheidungsregeln, welche das Bundesgericht in gesetzesvertretender Recht-
sprechung zum interkantonalen Doppelbesteuerungsverbot von Art. 46 Abs. 2 der alten
Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 (aBV) bzw. Art. 127 Abs. 3 der Bundesverfas-
sung vom 18. April 1999 (BV) entwickelt hat, im Bereich der internationalen Steueraus-
scheidung kraft dieses Verweises auch als Bundesrecht. § 5 Abs. 3 StG enthält den
gleichen Verweis mit Bezug auf das kantonale Recht.
Art. 17 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Schweiz und Frankreich zur
Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und
vom Vermögen und zur Vermeidung von Steuerbetrug und Steuerflucht vom 9. Sep-
tember 1966 (DBA-F, SR 0.672.934.91) schreibt vor, dass Gehälter, Löhne und ähnli-
che Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbststän-
diger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden können, es sei denn, dass
die Arbeit im anderen Vertragsstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so
können die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Staat besteuert werden. Ge-
mäss Abs. 2 (sog. Monteurklausel) können ungeachtet des Abs. 1 Vergütungen, die
eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für eine im anderen Vertragsstaat aus-
geübte unselbständige Arbeit bezieht, nur im erstgenannten Staat besteuert werden,
wenn a) der Empfänger sich im anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage
während des betreffenden Steuerjahres aufhält, b) die Vergütungen von einem Arbeit-
geber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht im anderen Staat ansässig
ist, und c) die Vergütungen nicht von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung
getragen werden, die der Arbeitgeber im anderen Staat hat.
b) Es ist unbestritten, dass der Pflichtige trotz der Erwerbstätigkeit in Frank-
reich ab ... September 2010 weiterhin in der Schweiz ansässig war. Die Monteurklausel
kommt nicht zur Anwendung, da der Lohn vom französischen Arbeitgeber getragen
wurde. Nach Art. 17 Abs. 1 DBA-F ist demnach sein in Frankreich erzieltes Einkommen
nicht von der Schweiz zu besteuern und lediglich satzbestimmend zu berücksichtigen.
1 DB.2013.239 1 ST.2013.278
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2. a) Damit stellt sich die Frage, wie der Einkaufsbetrag an die 2. Säule sowie
der Beitrag an die 3. Säule a international zu verlegen sind. Über die Verlegung von
Abzügen enthält das DBA-F keine Vorschriften, weshalb kraft Verweisung in Art. 6
Abs. 3 DBG bzw. § 5 Abs. 3 StG primär auf die Ausscheidungsregeln abzustellen ist,
welche das Bundesgericht zum interkantonalen Doppelbesteuerungsverbot entwickelt
hat. Der Verweis auf die bundesgerichtlichen Ausscheidungsregeln bezieht sich zwar
lediglich auf Geschäftsbetriebe, Betriebsstätten oder Liegenschaften im Ausland. Für
das Bundesrecht schreibt Art. 7 Abs. 1 DBG indessen allgemein den Grundsatz der
unbedingten Befreiung mit Progressionsvorbehalt vor. Die Bestimmung ist offen formu-
liert; es besteht deshalb kein Grund, den Anwendungsbereich nur auf die in Art. 6 DBG
erwähnten Fälle einzuschränken; vielmehr gilt der Grundsatz auch dann, wenn ein
Doppelbesteuerungsabkommen die Freistellung vorschreibt (Locher, Art. 7 N 6 DBG).
Art. 213 Abs. 3 i.V.m. Art. 208 DBG schreibt damit übereinstimmend in Bezug auf die
Sozialabzüge ausdrücklich vor, dass diese bei teilweiser Steuerpflicht anteilsmässig
gewährt werden. Das kantonale Recht enthält in § 6 Abs. 1 StG ebenfalls eine Vor-
schrift, nach welcher Steuerpflichtige, die im Kanton nur für einen Teil ihres Einkom-
mens und Vermögens steuerpflichtig sind, die Steuern für die im Kanton steuerbaren
Werte nach dem Steuersatz entrichten, der ihrem gesamten Einkommen und Vermö-
gen entspricht. Darüber hinaus schreibt die Bestimmung ausdrücklich vor, dass steuer-
freie Beträge anteilsmässig zu gewähren sind. Das Gesetz schreibt damit eine Verle-
gung der Abzüge vor, sodass hier sogar eine ausdrückliche Grundlage für die
internationale Verlegung der Abzüge vorliegt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 7
N 15 ff. StG).
Nach dem Gesagten bestehen demnach gesetzliche Grundlagen zur Vornah-
me einer Verlegung von Abzügen bei internationalen Verhältnissen, und zwar auch bei
der von einem DBA geforderten Ausscheidung eines unselbstständigen Erwerbsein-
kommens ins Ausland.
b) Beiträge an Sozialversicherungen (AHV/IV/EO/ALV) gehören zwar nach der
Systematik der Steuergesetze zu den allgemeinen Abzügen (Art. 33 Abs. 1 lit. d und f
DBG sowie § 31 Abs. 1 lit. d und f StG; Höhn/Mäusli, Interkantonales Steuerrecht,
4. A., 2000, § 19 N 6a; Philipp Betschart in: Kommentar zum Schweizerischen Steuer-
recht, Interkantonales Steuerrecht, 2011, § 24 N 12, auch zum Folgenden). Bei Un-
selbstständigerwerbenden sind sie aber an die Erwerbstätigkeit geknüpft und deshalb
1 DB.2013.239 1 ST.2013.278
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gleich wie die Berufskosten zu verlegen. Mithin sind Beiträge an Sozialversicherungen
gleich wie Gewinnungskosten organisch mit bestimmten Einkünften verknüpft und kol-
lisionsrechtlich folgerichtig diesen objektmässig zuzuweisen. Erfolgt die Berechnung
der AHV-Beiträge aufgrund des weltweit erzielten Einkommens, sind demnach die Bei-
träge in einem ersten Schrift objektmässig diesem Einkommen und in einem zweiten
Schritt proportional den in- und ausländischen Einkommensbestandteilen zuzuweisen
(VGr, 21. September 2011, SB.2011.00037, www.vgrzh.ch).
c) Bei Beiträgen an die berufliche Vorsorge (2. Säule) ist ähnlich wie bei den
Sozialversicherungsbeiträgen vorzugehen (Betschart, § 24 N 13, auch zum Folgenden;
vgl. Schweizerische Steuerkonferenz, Vorsorge und Steuern, Anwendungsfälle A.7.1.1
und A.7.2.1). Auch hier handelt es sich um allgemeine Abzüge, welche aber aufgrund
ihres Bezugs zum Erwerbseinkommen bei Erwerbstätigen wie Gewinnungskosten ob-
jektmässig ausgeschieden werden. Bei Unselbstständigerwerbenden werden die Bei-
träge (ordentliche Beiträge und Beiträge für den Einkauf von Beitragsjahren) gleich wie
das Erwerbseinkommen zugeteilt. Bei Selbstständigerwerbenden sind die Beiträge im
Ergebnis gleich wie Geschäftsaufwand auszuscheiden. Dies ist für die interkantonale
Ausscheidung seit längerem anerkannt (BGr, 15. März 2001, Pra 2001 Nr. 129 =
StE 2001 A 24.32 Nr. 4). Das Steuerrekursgericht hat diese Praxis auch mit Bezug auf
internationale Verhältnisse bestätigt, sofern auf dem ausländischen Einkommen
schweizerische Vorsorgebeträge geleistet wurden bzw. das Vorsorgeverhältnis das
ausländische Einkommen umfasste (STRK I, 24. Juni 2008, 1 ST.2008.109; STRK I,
27. Mai 2013, 1 DB.2013.12/1 ST.2013.13).
d) Mit Bezug auf die Beiträge zum Erwerb von Ansprüchen aus anerkannten
Formen der gebundenen Selbstvorsorge (3. Säule a) hat das Verwaltungsgericht im
bereits erwähnten Entscheid VGr, 21. September 2011, SB.2011.00037, festgehalten,
dass die Abzüge international in Abweichung von der bei interkantonalen Verhältnissen
geltenden Regelung nicht proportional, sondern ausschliesslich dem in der Schweiz
steuerbaren Einkommen zuzuweisen sind. Eine proportionale Ausscheidung der Bei-
träge würde nämlich dazu führen, dass der diese Vorsorgeform charakterisierende
Steuervorteil je nach den konkreten Umständen teilweise oder vollständig wegfällt,
oder dass dieser Vorteil sich gar ins Gegenteil – in eine steuerliche Mehrbelastung –
wendet, was als nicht sachgerecht erscheint. Allerdings ist damit auch die zulässige
Höhe des Abzugs allein aufgrund des schweizerischen Einkommens zu bestimmen.
1 DB.2013.239 1 ST.2013.278
- 7 -
3. Massgebend für die Verlegung der Beiträge an die berufliche Vorsorge ist
demnach, ob das betreffende ausländische unselbstständigen Erwerbseinkommen in
der 2. Säule versichert war.
Gemäss Ziff. 12 des "International Assignment Agreements" vom 1. Dezem-
ber 2010 verpflichtete sich die D, auch während der Erwerbstätigkeit in Frankreich wei-
terhin Arbeitgeberbeiträge an die Pensionskasse zu leisten. Nach einer Aufstellung des
Pflichtigen wurden auf seinem französischen Lohn von September bis Dezember 2010
ordentliche Pensionskassenbeiträge von Fr. 4'931.- entrichtet. Weiter hat der Pflichtige
eine Bestätigung des Bundesamts für Sozialversicherungen vorgelegt, gemäss welcher
auf ihn während der Dauer der Erwerbstätigkeit in Frankreich weiterhin schweizeri-
sches Sozialversicherungsrecht zur Anwendung gelangt (Art. 17 der Verordnung EWG
Nr. 1408/71 vom 14. Juni 1971). Daraus ergibt sich, dass das ausländische Einkom-
men in der Schweiz versichert war und er seine berufliche Vorsorge damit über sein
gesamtes Erwerbseinkommen einheitlich aufbauen konnte.
Bei dieser Konstellation sind nach dem Gesagten nicht nur die ordentlichen
Beiträge an die 2. Säule, sondern auch Einkaufsbeiträge anteilsmässig auf das aus-
ländische Einkommen zu verlegen. Entgegen der Auffassung der Pflichtigen wider-
spricht diese Lösung nicht VGr, 21. September 2011, SB.2011.00037, da in jenem Fall
das ausländische Einkommen eben gerade nicht (weder in der 2. Säule noch im Rah-
men des "grossen" Abzugs der 3. Säule a) versichert war. Der Sachverhalt unterschei-
det sich damit in einem wesentlichen Punkt. Der angefochtene Entscheid ist deshalb
diesbezüglich zu bestätigen.
4. Bei der beruflichen Selbstvorsorge ist wiederum auf das Präjudiz
VGr, 21. September 2011, SB.2011.00037 zu verweisen. Demnach ist entscheidend,
dass der Pflichtige den "kleinen" Abzug geltend macht, welcher nicht nach der Höhe
des unselbstständigen Erwerbseinkommens, geschweige des ausländischen Einkom-
mens bemessen wird. Damit ist der gesamte Betrag auf die schweizerischen Einkom-
mensbestandteile zu verlegen. Dies führt ohne Weiteres zur Gutheissung von Rekurs
und Beschwerde in diesem Punkt.
1 DB.2013.239 1 ST.2013.278
- 8 -
5. Gestützt auf diese Erwägungen sind Beschwerde und Rekurs teilweise gut-
zuheissen. Bei diesem Ausgang sind die Kosten den Parteien anteilsmässig aufzuerle-
gen (Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). Aufgrund ihres weit überwiegenden
Unterliegens ist den Pflichtigen keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 144
Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren
vom 20. Dezember 1968 bzw. § 152 StG i. V. m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechts-
pflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
36760672-4891-4e4d-b09c-1fe21e634d1a | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend die Pflichtige) ist Alleininhaberin und einzige Angestellte der
C AG mit Sitz im Kanton D. Diese bezweckt das Erbringen von Dienstleistungen aller
Art insbesondere in den Bereichen nationales und internationales Steuerrecht sowie
Finanz- und Rechnungswesen. 2009 schüttete die C AG der Pflichtigen eine Dividende
von Fr. 1'350'000.- und 2010 von Fr. 230'000.- aus; daneben bezog sie von der C AG
einen Nettolohn von Fr. 192'000.- (2009) bzw. Fr. 193'000.- (2010). In der Steuererklä-
rung 2009 bzw. 2010 deklarierten sie und B (nachfolgend zusammen die Pflichtigen)
als Vermögenssteuerwert der C AG deren Substanzwert (Eigenkapital) von
Fr. 159'443.- (2009) bzw. Fr. 218'444.- (2010).
Der Steuerkommissär setzte demgegenüber in den Einschätzungen für die
Staats- und Gemeindesteuern 2009 und 2010 vom 26. August 2013 den Vermögens-
steuerwert der C AG entsprechend der Wertschriftenbewertung des Steueramts des
Kantons D auf Fr. 3'550'000.- (2009) bzw. Fr. 3'480'000.- (2010) fest. Dabei wurde der
Substanzwert jeweils einmal und der Ertragswert zweimal gewichtet.
B. Hiergegen erhoben die Pflichtigen am 25. September 2013 Einsprache mit
dem Antrag, sie bei unverändertem steuerbaren Einkommen mit einem steuerbaren
Vermögen von Fr. 1'166'000.- (2009) bzw. Fr. 1'603'000.- (2010) einzuschätzen. Das
Gewinnpotential der C AG hänge nur von der persönlichen Arbeitskraft der Pflichtigen
ab, weshalb der Einbezug des Ertragswerts nicht sachgerecht sei. Bei einem Verkauf
der Gesellschaft könnte nur der Substanzwert erzielt werden. Dieselbe Praxis käme
auch bei Anwaltskanzleien zur Anwendung, weshalb sie Anrecht auf Gleichbehandlung
hätten.
Das kantonale Steueramt des Kantons D nahm darauf eine Neubewertung
vor, welche einen Steuerwert von Fr. 2'709'786.- (2009) bzw. Fr. 3'484'847.- (2010)
ergab. Dabei handelt es sich um den Durchschnitt von Substanz- und Ertragswert, je
einmal gewichtet. Einen entsprechenden Vergleichsvorschlag lehnten die Pflichtigen
am 30. Dezember 2013 ab. Am 24. Januar 2014 hiess das kantonale Steueramt die
Einsprachen teilweise gut, indem es die revidierten Vermögenssteuerwerte übernahm,
und traf folgende Einschätzungen:
- 3 -
1 ST.2014.46
2009 2010
Fr. Fr.
steuerbares Einkommen 1'664'600.- 568'600.-
davon Ertrag aus qual. Beteiligung 1'350'000.- 230'000.-
steuerbares Vermögen 3'707'000.- 4'865'000.-.
C. Hiergegen erhob die Pflichtige am 26. Februar 2014 Rekurs und wiederhol-
te Einspracheantrag und -begründung, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. Darin
teilte sie mit, dass sie vom Pflichtigen mittlerweile getrennt lebe.
Das kantonale Steueramt beantragte am 26. März 2014, die Einschätzungen
neu folgendermassen vorzunehmen:
2009 2010
Fr. Fr.
steuerbares Einkommen 1'664'600.- 568'600.-
davon Ertrag aus qual. Beteiligung 687'500.- 33'000.-
steuerbares Vermögen 1'954'000.- 1'752'000.-.
Darin qualifizierte es einen Teil der Dividenden neu als Lohneinkünfte, da die
als Dividenden vereinnahmten Beträge in einem krassen Missverhältnis zur Verzinsung
des investierten Kapitals stünden und zu korrigieren seien. Daraus ergebe sich ein
geringerer Vermögensertrag und damit auch ein tieferer Ertragswert. Beim Vermögen
seien ferner die im Wertschriftenverzeichnis nicht aufgeführten Netto-Dividenden-
guthaben per Ende Jahr (Fr. 780'000.- per Ende 2009 und Fr. 149'000.- per Ende
2010) aufzurechnen, was bisher übersehen worden sei. Weiter bestätigte es, dass in
Bezug auf Anwaltskanzleien ein Ruling vorliege, gemäss welchem deren Aktien zum
Substanzwert bewertet würden. Diese Fälle liessen sich aber aus näher dargestellten
Gründen nicht mit dem vorliegenden vergleichen. Als Eventualantrag seien die Fakto-
ren gemäss Einspracheentscheid zu bestätigen, indessen beim Vermögen noch die
Netto-Dividendenguthaben aufzurechnen.
Der über den Rekurs in Kenntnis gesetzte Pflichtige liess sich nicht verneh-
men.
- 4 -
1 ST.2014.46
Mit Replik vom 31. Mai 2014 hielt die Pflichtige an ihren Anträgen fest. Die
Dividendenguthaben seien in den deklarierten Vermögen bereits enthalten, indem die
Kontokorrent-Schuld der Pflichtigen bei der C AG mit der Dividende verrechnet worden
sei. Die vom kantonalen Steueramt in der Rekursantwort vorgenommenen Umqualifi-
zierung von Dividende in Lohn sei abzulehnen. Eine solche setze nämlich voraus, dass
der ausbezahlte Lohn nicht der Stellung in der Gesellschaft entsprechen würde, was
hier nicht der Fall sei. Der Lohn sei branchenüblich. Die Pflichtige zahle sich jeweils
einen Basislohn von Fr. 180'000.- aus sowie ein Bonus, basierend auf geleisteten
Überstunden und Zusatzbelastungen. Der in der Rekursantwort behauptete branchen-
übliche Lohn und Bonus entbehre jeglicher Grundlage.
Das kantonale Steueramt blieb in der Duplik vom 19. Juni 2014 bei seinem
Standpunkt. Insbesondere seien die Dividendenguthaben aus dem Kontokorrent der C
AG nicht ersichtlich. Ebenso fehle das Verrechnungssteuerguthaben.
Die Pflichtige nahm am 7. Juli 2014 hierzu erneut Stellung. Die Dividenden
seien ordnungsgemäss verbucht worden. Verrechnungssteuerguthaben seien im Wert-
schriftenverzeichnis nicht zu deklarieren, da es sich um blosse Anwartschaften handle.
Die Einpersonen-AG sei rechtlich anerkannt und stelle keine Steuerumgehung dar.
Das kantonale Steueramt habe nicht nachgewiesen, dass der ausbezahlte Lohn unan-
gemessen tief sei. Die Aufrechnung würde zudem zu Differenzen zwischen der Ein-
schätzung der C AG und der Pflichtigen als Aktionärin führen.
Mit Verfügung vom 15. Oktober 2014 setzte das Steuerrekursgericht den
Pflichtigen Frist an, um diverse Unterlagen, insbesondere zur Lohnhöhe, einzureichen.
Mit Eingabe vom 30. Oktober 2014 teilt der Pflichtige mit, dass er von der Pflichtigen
getrennt lebe und am 4. Juni 2014 eine Scheidungsklage eingereicht habe und deshalb
nicht in der Lage sei, die Auflage zu erfüllen; weiter ersuchte er um Zustellung von Ko-
pien der von ihr noch eingehenden Unterlagen. Am 5. Dezember 2014 reichte die
Pflichtige diverse Unterlagen ein. Mit Verfügung vom 21. Januar 2015 wurde die Aufla-
ge vom 15. Oktober 2014 gemahnt, worauf die Pflichtige am 2. Februar 2015 noch
weitere Unterlagen einreiche. Das kantonale Steueramt nahm am 18. Februar 2015
Stellung.
- 5 -
1 ST.2014.46 | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Der Rekurs wurde nur von der Pflichtigen unterzeichnet. Der von ihr ge-
trennt lebende Pflichtige wurde deshalb mit Verfügung vom 3. März 2014 aufgefordert,
zum Rekurs Stellung zu nehmen, unter Androhung von Säumnisfolgen. Er liess sich
darauf nicht vernehmen, weshalb androhungsgemäss davon auszugehen ist, dass er
sich dem Rekurs der Pflichtigen anschliesst.
2. Streitig ist einerseits die Abgrenzung zwischen Lohn und Dividende der
Pflichtigen aus der C AG. Das kantonale Steueramt beantragt in der Rekursantwort
neu die Erhöhung des Lohns auf Kosten der Dividende, da ein offensichtliches Miss-
verhältnis bestehe. Damit stellt sich zunächst die Frage nach einer rechtlichen Grund-
lage für die Vornahme einer solchen Korrektur:
a) Gemäss § 17 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) sind steu-
erbar alle Einkünfte aus privatrechtlichem oder öffentlich-rechtlichem Arbeitsverhältnis
mit Einschluss der Nebeneinkünfte, wie Entschädigungen für Sonderleistungen, Provi-
sionen, Zulagen, Dienstalters- und Jubiläumsgeschenke, Gratifikationen, Trinkgelder,
Tantiemen, geldwerte Vorteile aus Mitarbeiterbeteiligungen und andere geldwerte Vor-
teile. Mithin sind sämtliche geldwerten Vorteile, welche ein Arbeitnehmer als Gegen-
leistung für seine Tätigkeit gestützt auf ein Arbeitsverhältnis erhält, Lohn.
aa) Eine Umqualifizierung einer Dividende in Lohn wäre demnach dann ge-
rechtfertigt, wenn diese eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeit darstellt. Wenn
eine Auszahlung als eine solche Gegenleistung gedacht war, ist sie als solche zu be-
handeln, ungeachtet der äusseren Form, in welche sie gekleidet wurde. Zur Beurtei-
lung ist in erster Linie auf die vertraglichen Vereinbarungen abzustellen. Ein klares In-
diz auf eine Substitution von Lohn durch eine Dividende wäre etwa gegeben, wenn der
ausbezahlte Lohn unter den vertraglichen Vorgaben bleiben würde, gleichzeitig aber
eine erhöhte Dividende ausgeschüttet würde.
bb) Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob sich eine solche Umqualifizierung
auch unmittelbar aus dem Drittvergleich ergeben kann, indem eine nicht marktgerechte
Entlöhnung bei gleichzeitiger hoher Dividende ohne weiteres zur Umdeutung eines
- 6 -
1 ST.2014.46
Teils der Dividende in Lohn berechtigt. Das kantonale Steueramt macht dies geltend
und verweist hierzu auf die Praxis von AHV-Ausgleichskassen und die hierzu erlasse-
nen Mitteilungen an die AHV-Ausgleichskassen und EL-Durchführungsstellen Nr. 219
vom 31. März 2008 (R-act. 6 S. 3 Ziff. 2.5). Darin hat das Bundesamt für Sozialversi-
cherungen Regeln für die Abgrenzung von massgebendem Lohn und Kapitalertrag
aufgestellt. Dabei stützt es sich auf Art. 5 des Bundesgesetzes über die Alters- und
Hinterlassenenversicherung vom 20. Dezember 1946 (AHVG) und die hierzu beste-
hende Rechtsprechung, gemäss welcher es an den Ausgleichskassen liegt, zu ent-
scheiden, ob ein Einkommensbestandteil als massgebender Lohn oder als Kapitaler-
trag zu qualifizieren ist.
Im Steuerrecht stellte sich die Frage des angemessenen Lohns eines ange-
stellten Hauptaktionärs bisher im Zusammenhang mit verdeckten Gewinnausschüttun-
gen bei der Einschätzung von Gesellschaften. Die über ein angemessenes Arbeitsent-
gelt hinausgehende geldwerte Leistung einer Kapitalgesellschaft an den massgeblich
beteiligten Anteilsinhaber stellt keine Einkunft aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit
mehr dar, sondern eine verdeckte Gewinnausschüttung (§ 64 Abs. 1 Ziff. 2 lit. e StG;
Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013,
§ 17 N 47 StG sowie § 64 N 201 StG; Markus Reich, Verdeckte Vorteilszuwendungen
zwischen verbundenen Unternehmen, ASA 54, 621 f.). Aus steuerrechtlicher Perspek-
tive sind Arbeitsentschädigungen dann übersetzt, wenn sie einem Drittvergleich nicht
standhalten bzw. wenn sie sich nur durch die enge Beziehung des mitarbeitenden Ak-
tionärs zu "seiner" Gesellschaft erklären lassen. Im Zusammenhang mit einem solchen
Fall gab die (damalige) Steuerrekurskommission II ein Gutachten über die Frage des
angemessenen Lohns eines mitarbeitenden Mitinhabers in Auftrag (Entscheid vom
20. Juni 2006, 2 ST.2004.500/2 DB.2004.94). Die Erkenntnisse wurden in der Folge
vom Gutachter publiziert (Henneberger/Ziegler, Zur Frage der Angemessenheit von
Salären in der Aktiengesellschaft mitarbeitender Aktionäre, IFF Forum für Steuerrecht,
2007 S. 19 ff.). Im dortigen Fall ergab dies für mitarbeitende Aktionäre einer kleineren
Handelsfirma einen beachtlichen Lohnrahmen von rund Fr. 50'000.- bis Fr. 186'000.-.
Im vorliegenden Fall liegt indessen keine verdeckte Gewinnausschüttung vor,
erachtet doch das kantonale Steueramt den ausbezahlten Lohn als zu tief. Ein zu tiefer
Lohn kann aber nie einen geschäftsmässig nicht begründeten Aufwand darstellen.
Damit stellen die Bestimmungen über die verdeckte Gewinnausschüttung keine rechtli-
che Grundlage für die vom kantonalen Steueramt beantragte Korrektur dar.
- 7 -
1 ST.2014.46
cc) § 17 StG selbst enthält keinen Begriff des "massgebenden Lohns" wie
etwa Art. 5 AHVG. § 17 StG verbietet nicht, dass ein Inhaber sich selbst einen im
Marktvergleich zu tiefen Lohn auszahlt; einzig einem zu hohen Lohn wird – wie soeben
dargestellt – durch § 64 Abs. 1 Ziff. 2 StG ein Riegel geschoben. Daraus ist zu schlies-
sen, dass ein dem Drittvergleich widersprechender zu tiefer Lohn nicht bereits schon
aus diesem Grund aufgerechnet werden darf. Umgekehrt lässt sich aber auch nicht
sagen, der Drittvergleich sei unbeachtlich; vielmehr kann ein zu tiefer Lohn bei gleich-
zeitig hoher Dividende ein Indiz darstellen, dass die Entlöhnung für die Arbeitsleistung
verdeckt auf andere Weise erfolgt.
b) aa) Gemäss Sachdarstellung der Pflichtigen bezog sie folgenden Lohn bzw.
erzielte die C AG folgende Ergebnisse (2006 vier Monate; Geschäftsjahr jeweils bis 30.
September):
Lohn Reingewinn Dividende
Basislohn Bonus Total (brutto)
Fr. Fr. Fr. Fr. Fr.
2006 30'157.- 44'895.- 75'052.- - -
2007 180'000.- 109'577.- 289'577.- - 23'126.- 0.-
2008 180'000.- 92'619.- 272'619.- 232'569.- 150'000.-
2009 180'000.- 42'222.- 222'222.- 1'208'203.- 1'200'000.-
2010 180'000.- 43'034.- 223'034.- 280'797.- 230'000.-.
Mit Auflage vom 15. Oktober 2014 verlangte das Steuerrekursgericht von den
Pflichtigen die Arbeitsverträge und die Berechnungsgrundlagen. Die Pflichtige legte
darauf eine schriftliche Bestätigung über das Arbeitsverhältnis vom 30. Dezember 2007
vor. Gemäss diesem war sie vollzeitlich tätig, mit einem Ferienanspruch von acht Wo-
chen. Der Basislohn betrug Fr. 180'000.-, hinzu kam ein Bonus, welcher sich nach Ar-
beitseinsatz in qualitativer und quantitativer Hinsicht und nach subjektiv empfundenen
Zusatzbelastungen richtete. Die Bonushöhe lag zwischen Fr. 40'000.- und Fr. 120'000.-
. In der Replik vom 31. Mai 2014 führte sie hierzu aus, die Bonushöhe werde nach der
Anzahl geleisteter Überstunden gemessen und daran, ob die Arbeitsleistung mit be-
sonderen Belastungen einhergehe, so zum Beispiel Arbeit vor Ort oder auch Arbeit in
einem besonders herausfordernden Projektteam und dergleichen. Damit basiert der
ausbezahlte Lohn auf arbeitsvertraglicher Grundlage.
- 8 -
1 ST.2014.46
bb) Bei der Pflichtigen (Jahrgang 1969) handelt es sich um eine diplomierte
(..) mit Ausbildung zur amerikanischen(...). Auch ohne Beizug eines Gutachtens lässt
sich sagen, dass der von der C AG ausbezahlte Lohn (Basislohn und Bonus) absolut
betrachtet nicht bzw. nicht erheblich unter dem Rahmen dessen liegt, was eine Ange-
stellte in ihrem Alter und ihren Qualifikationen auf dem freien Markt verdient hätte. Im-
merhin fällt aber auf, dass gegenüber ihrem letzten Lohn bei der KPMG von Fr.
293'191.- (2005) und Fr. 216'516.- (2006, acht Monate) ein nicht unerheblicher Rück-
gang zu verzeichnen ist. Indessen reicht der ausbezahlte Lohn noch immer bei weitem
für die Bestreitung der Lebenshaltungskosten aus.
Auffallend ist indessen, dass die Lohnentwicklung der Pflichtigen und der
Reingewinn der C AG nicht parallel, sondern sogar konträr verlaufen. Die Pflichtige
erklärt denn auch, dass ihr Arbeitseinsatz und nicht der finanzielle Erfolg Grundlage
des Bonus darstellte. Daraus lässt sich bereits der Schluss ziehen, dass jedenfalls mit
Bezug auf den Bonus keine marktgerechte Entlöhnung angestrebt wurde, dient die
Aussicht auf einen Bonus doch gemeinhin der Motivation der Arbeitnehmer und ist als
angemessene Beteiligung desselben am wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmung
gedacht. Ein Arbeitgeber wird in der Regel vor dem Eintritt eines solchen Erfolgs denn
auch kaum bereit sein, Bonusauszahlungen an seine Arbeitnehmer vorzunehmen. Auf-
fallend ist, dass der Lohn ab 2008, als sich bei der C AG der finanzielle Erfolg einzu-
stellen begann, bedeutend gesenkt wurde, was vermuten lässt, dass das am 1. Janu-
ar 2008 bzw. 2009 erfolgte Inkrafttreten von § 35 Abs. 4 StG, in der Fassung vom
9. Juli 2007, bzw. von Art. 20 Abs. 1 bis
DBG, in der Fassung vom 23. März 2007 (Un-
ternehmenssteuerreformgesetz II), welche die Teil(satz)besteuerung von Dividenden
einführten, wohl auch eine Rolle gespielt haben dürfte.
cc) Insgesamt ergeben sich zwar Hinweise darauf, dass die Pflichtige ihren
Lohn nicht nach marktgerechten Kriterien festsetzte und die Ausnutzung der mit der
Unternehmenssteuerreform II eingeführten Möglichkeiten der Steueroptimierung eine
Rolle gespielt haben dürfte. Dies reicht indessen nicht zur Annahme aus, dass eine
Substitution von Arbeitseinkommen durch Dividendenausschüttung erfolgt war. Insge-
samt rechtfertigen es die vorliegenden Umstände daher nicht, eine entsprechende Kor-
rektur vorzunehmen.
c) aa) Ein nicht marktgerechtes tiefes Arbeitseinkommen bei gleichzeitiger
grosszügiger Dividende kann indessen auch ein Indiz für eine Steuerumgehung dar-
- 9 -
1 ST.2014.46
stellen. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BGE 138 II 239 E. 4.1;
BGr, 14. Juni 2012, 2C_1027/2011 bzw. 2C_1028/2011 E. 4.2, mit Hinweisen) wird
eine Steuerumgehung angenommen, wenn
- eine von den Beteiligten gewählte Rechtsgestaltung als ungewöhnlich, sachwidrig
oder absonderlich, jedenfalls den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unange-
messen erscheint,
- anzunehmen ist, dass die gewählte Rechtsgestaltung missbräuchlich lediglich des-
halb getroffen wurde, um Steuern einzusparen, die bei sachgemässer Ordnung der
Verhältnisse geschuldet wären, und
- das gewählte Vorgehen tatsächlich zu einer erheblichen Steuerersparnis führen
würde, sofern es von den Steuerbehörden hingenommen würde.
bb) Ein Vergleich der Steuerfolgen der von der Pflichtigen gewählten mit der
von der Vorinstanz vertretenen Aufteilung von Lohn und Dividende ergibt jedoch, dass
mit der Lösung der Pflichtigen gar keine Steuerersparnis verbunden ist. Dabei er-
scheint es als sachgerecht, bei diesem Vergleich die Steuerfolgen bei der C AG einzu-
beziehen; diesfalls wird aber die bei höherer Dividende erzielte Steuerersparnis bei der
Pflichtigen durch die höheren Steuern bei der C AG kompensiert.
Beim folgenden Vergleich geht die Variante 1 von einer Dividende von
Fr. 1'350'000.- und einem Nettolohn von Fr. 192'000.- gemäss Steuererklärung aus.
Die Variante 2 enthält die Faktoren gemäss dem Antrag des kantonalen Steueramts in
der Rekursantwort mit einer Dividende Fr. 687'500.- und einem Nettolohn von Fr.
854'500.- (Nettolohn Fr. 192'000.- + Fr. 662'500.-). Für den Vergleich wird auf die
Steuerperiode 2009, mit Verheiratetentarif, Steuergemeinde E, abgestellt; das Vermö-
gen wird zur Vereinfachung ausgeklammert.
Variante 1 Variante 2
A. Staats- und Gemeindesteuern Fr. Fr.
Steuerbares Einkommen 1'664'600.- 1'664'600.-
Ertrag aus qualifizierter Beteiligung 1'350'000.- 687'500.-
Steuerbetrag 217'119.- 289'790.-
B. Direkte Bundessteuer
Steuerbares Einkommen 1'138'100.- 1'403'100.-*
Steuerbetrag 130'881.- 161'356.-
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1 ST.2014.46
C. C AG
Reingewinn (= Dividende) 1'350'000.- 687'500.-
Steuerbetrag
- Staats- und Gemeindesteuern 134'171.- 66'279.-
- Direkte Bundessteuer 114'750.- 58'438.-
D. Steuerbeträge Total
217'119.- 289'790.-
130'881.- 161'356.-
134'171.- 66'279.-
114'750.- 58'438.-
Steuerbetrag 596'921.-. 575'863.-.
(*= Fr. 1'138'100.- + Fr. 540'000.- ./ 40% von Fr. 687'500.-)
Bei Korrektur gemäss Antrag des kantonalen Steueramts fällt somit die Steu-
erbelastung insgesamt um Fr. 21'058.- geringer aus. Damit ist aber der Annahme einer
Steuerumgehung von vornherein die Grundlage entzogen.
d) Insgesamt ist daher der Antrag des kantonalen Steueramts auf Korrektur
des Lohns bzw. der Dividende abzuweisen.
3. Weiter streitig ist der von den Pflichtigen zu deklarierende Vermögenssteu-
erwert der C AG.
a) aa) Das Vermögen – und damit insbesondere auch das Wertschriftenver-
mögen – wird zum Verkehrswert bewertet (§ 39 Abs. 1 StG). Es bemisst sich nach dem
Stand am Ende der Steuerperiode (§ 51 Abs. 1 StG). Die Bewertung zum Verkehrswert
wird den Kantonen durch Art. 14 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung
der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG)
vorgeschrieben, wobei der Ertragswert angemessen zu berücksichtigen ist. Nach wel-
chen Regeln die Bewertung zu erfolgen hat, sagt das StHG indessen nicht, weshalb
den Kantonen ein weiter Ermessenspielraum verbleibt (Zigerlig/Jud, in: Kommentar
zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002, Art. 14 N 2 StHG). Allgemein
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1 ST.2014.46
ist der Verkehrswert der objektive Marktwert, der einem Vermögensobjekt am jeweili-
gen Stichtag zukommt. Er ist jener Wert, der bei einer Veräusserung im gewöhnlichen
Geschäftsverkehr normalerweise zu erzielen wäre, den also ein Käufer unter normalen
Umständen für ein Objekt zahlen würde. Massgeblich ist dabei eine "technisch-" bzw.
"rechtlich-objektive" Betrachtungsweise (Zigerlig/Jud, Art. 14 N 1 und 18 StHG;
RB 1998 Nr. 140, 1989 Nr. 26; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 16 N 97 StG). Abzu-
lehnen ist dagegen eine "subjektiv-wirtschaftliche" Betrachtungsweise, welche darauf
abstellt, welchen Wert ein Vermögensrecht für die betreffende steuerpflichtige Person
aufgrund ihrer individuellen Umstände hat. Umstände, welche lediglich den Preis, nicht
aber den Wert beeinflussen, müssen deshalb ausser Betracht bleiben.
bb) Der Verkehrswert nichtkotierter Wertpapiere – um solche handelt es sich
bei den C AG-Aktien – ist gemäss Ziff. II.2 der für die Steuerperioden 2009 und 2010
noch geltenden Weisung der Finanzdirektion vom 21. August 1998 (ZStB I Nr. 22/200,
ab 1. Januar 2011 ersetzt durch Fassung vom 12. November 2010, ZStB I Nr. 22/201)
nach der Wegleitung der Schweizerischen Steuerkonferenz (SSK) zur Bewertung von
Wertpapieren ohne Kurswert für die Vermögenssteuer (Kreisschreiben Nr. 28 vom
28. August 2008; www.steuerkonferenz.ch, nachfolgend Wegleitung) zu ermitteln. Die
SSK hat zudem am 16. Dezember 2010 einen Kommentar zum Kreisschreiben Nr. 28
veröffentlicht (nachfolgend Kommentar).
Gemäss Randziffer (Rz) 2 Abs. 4 der Wegleitung entspricht der Verkehrswert
von nichtkotierten Wertpapieren, für die keine Kursnotierungen bekannt sind, dem in-
neren Wert. Er wird nach den Bewertungsregeln der Wegleitung in der Regel als Fort-
führungswert berechnet. Privatrechtliche Verträge wie beispielsweise Aktionärsbin-
dungsverträge, welche die Übertragbarkeit der Wertpapiere beeinträchtigen, sind für
die Bewertung unbeachtlich. Der Unternehmenswert von Handels-, Industrie- und
Dienstleistungsunternehmen ergibt sich gemäss Rz 34 der Wegleitung aus der zwei-
maligen Gewichtung des Ertragswerts und der einmaligen Gewichtung des Substanz-
werts zu Fortführungswerten. Diese Art der Bewertung wird auch "Praktikermethode"
genannt und ist tendenziell auf kleinere Unternehmen zugeschnitten (BGr, 18. Sep-
tember 2013, 2C_309/2013 und 2C_310/2013, www.bger.ch). In Ergänzung hierzu
nimmt die SSK in Ziff. 5 des Kommentars Stellung zur Bewertung einer Gesellschaft
mit nicht bzw. schwer veräusserbarem, von der Leistung einer Einzelperson abhängi-
gem Ertragswert. Wird die Wertschöpfung allein vom Mehrheitsbeteiligten erzielt und
wird mit Ausnahme von wenigen Hilfskräften für die Administration und Logistik kein
http://www.bger.ch/
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1 ST.2014.46
weiteres Personal beschäftigt, dann kann die Bewertungsstelle dies auf Antrag der
Unternehmung berücksichtigen, indem der Ertragswert und der Substanzwert je ein-
fach gewichtet werden.
Gemäss Rz 7 der Wegleitung sind die Jahresrechnungen Grundlage für die
Bestimmung des Ertragswerts. Für die Berechnung stehen zwei Modelle zur Verfü-
gung, indem zusätzlich zum aktuellen Geschäftsjahr entweder auf das letzte oder auf
die beiden letzten Geschäftsjahre abgestellt wird. Als Ertragswert ist der kapitalisierte
ausgewiesene Reingewinn der massgebenden Geschäftsjahre heranzuziehen. Dieser
Reingewinn wird vermehrt oder vermindert um die in der Wegleitung nachstehend auf-
gezählten Aufrechnungen oder Abzüge (Rz 8 Abs. 1 der Wegleitung). Ausserordentli-
che, am Stichtag bereits vorhersehbare zukünftige Verhältnisse (z.B. Umstrukturierun-
gen mit nachhaltigen Folgen für den Ertragswert) können bei der Ermittlung des
Ertragswerts angemessen berücksichtigt werden (Rz 8 Abs. 3 der Wegleitung). Rz 9
Abs. 2 der Wegleitung enthält eine Reihe von Positionen, welche vom Ertrag abzuzie-
hen sind, insbesondere in lit. a einmalige und ausserordentliche Erträge (z.B. Kapital-
gewinne, Auflösung von Reserven sowie Auflösung von Rückstellungen im Rahmen
der bisher in der Bewertung korrigierten, nicht anerkannten Aufwendungen).
Grundlage für die Bestimmung des Substanzwerts ist die Jahresrechnung
(Rz 11 Abs. 1 der Wegleitung).
Die Wegleitung enthält sodann Ausnahmen, bei welchen einzig auf den Sub-
stanzwert abgestellt wird. Namentlich sind Handels-, Industrie- und Dienstleistungsun-
ternehmen im Gründungsjahr und in der Zeit der Aufbauphase nach dem Substanzwert
zu bewerten (Rz 32 der Wegleitung). Für reine Holding-, Vermögensverwaltungs- und
Finanzierungsgesellschaften sowie Immobiliengesellschaften richtet sich der Unter-
nehmenswert ebenfalls nach dem Substanzwert (Rz 38 bzw. 42 der Wegleitung). Her-
vorzuheben ist ferner, dass gemäss Rz 61 der Wegleitung der eingeschränkten Über-
tragbarkeit von Gesellschaftsanteilen unter bestimmten Voraussetzungen durch einen
Pauschalabzug von 30% Rechnung getragen wird.
cc) Die von den Verwaltungsbehörden veröffentlichten Broschüren, Kreis-
schreiben und Merkblätter stellen Verwaltungsverordnungen dar, d.h. generelle
Dienstanweisungen, die sich an nachgeordnete Behörden oder Personen wenden und
worin die Verwaltungen ihre Sichtweise darlegen. Als solche sind sie für die Gerichte
- 13 -
1 ST.2014.46
rechtlich unverbindlich (BGE 139 V 122 E. 3.3.4; BGr, 23. November 2012,
2C_689/2011, E. 3.5). Das Bundesgericht orientiert sich an solchen Kreisschreiben,
sofern diese eine überzeugende Konkretisierung der rechtlichen Vorgaben enthalten
und es sich um eine eher technische Materie von begrenzter Justiziabilität handelt.
Eine solche Konstellation ist in steuerlichen Bewertungsfragen gegeben, weswegen
das Bundesgericht in seiner Praxis das Kreisschreiben Nr. 28 im Bereich der Besteue-
rung natürlicher Personen regelmässig in seine Erwägungen einbezieht (BGr, 24. Ju-
ni 2010, 2C_881/2008; BGr, 15. April 2010, 2C_504/2009, E. 3.3; BGr, 18. Septem-
ber 2013, 2C_309/2013 E. 3.5). Von der Wegleitung ist nach der Rechtsprechung nur
dann abzuweichen, wenn eine bessere Erkenntnis des Verkehrswerts dies gebietet
(StE 1999 B 52.41 Nr. 2; im Ergebnis ebenso das Bundesgericht in StE 1997 B 22.2
Nr. 13).
Bei Bewertung aufgrund der Wegleitung wird vermutet, sie gebe den Ver-
kehrswert richtig wieder, sodass der vom Fiskus für diesen Wert zu leistende Nachweis
als erbracht gilt, und obliegt es dem Steuerpflichtigen, den Gegenbeweis anzutreten.
b) aa) Die Bewertung der C AG erfolgte durch das kantonale Steueramt des
Kantons D als Sitzkanton. Dabei stellte es für die Ermittlung des Ertragswerts jeweils
auf den Reingewinn des aktuellen und der zwei vorangehenden Geschäftsjahre ab und
kapitalisierte das durchschnittliche Jahresergebnis für die Bewertung 2009 mit 9%
(= 2% für 5-Jahre-Swapsatz + 7% für feste Risikoprämie, Rz 10 Wegleitung) und für
die Bewertung 2010 mit 8,5% (= 1,5% für 5-Jahres-Swapsatz + 7% für feste Risiko-
prämie). Dies ergab per 31. Dezember 2009 einen Ertragswert von Fr. 5'251'925.- und
per 31. Dezember 2010 von Fr. 6'751'250.-. Auf Antrag der Pflichtigen wurde für den
Vermögenssteuerwert in Anwendung von Ziff. 5 des SSK-Kommentars der Ertragswert
und der Buchwert nur einmal gewichtet.
Die Pflichtige lehnt den Einbezug des Ertragswerts gänzlich ab, da er allein
auf ihrem persönlichen Arbeitseinsatz beruhe. Die Tätigkeiten der C AG habe in Pro-
jektaufträgen bestanden, welche aufgrund der persönlichen Qualifikation und Kunden-
kontakten der Pflichtigen zustande gekommen seien. Es habe kein einziger Kunden-
vertrag für wiederkehrende Arbeiten vorgelegen. Weitere operativ tätige Angestellte
habe die C AG nicht gehabt, sondern einzig Teilzeitpersonal mit äusserst geringem
Pensum für Hilfsarbeiten wie Administration und Büroreinigung. Ein Verkauf der Ge-
sellschaft über dem Substanzwert sei in dieser Situation undenkbar. Die Berücksichti-
- 14 -
1 ST.2014.46
gung des Ertragswerts sei nicht zwingend vorgeschrieben, und eine Korrektur sei un-
geachtet der Bewertung durch das kantonale Steueramt des Kantons D rechtlich mög-
lich.
bb) Die Bewertung der C AG unter Einbezug des Substanz- und des Ertrags-
werts entspricht der allgemeinen, schematischen Regelung in der Wegleitung, die –
wie erwähnt – nach Rechtsprechung und Praxis nicht zuletzt mit Rücksicht auf die
Rechtssicherheit auch bei Einmann-Aktiengesellschaften vermutungsweise zur An-
wendung zu gelangen hat. Die durch das Steueramt des Kanton D vorgenommene
Bewertung ist richtig und insofern grosszügig, als der Ertragswert ausnahmsweise le-
diglich einfach gewichtet wird. Dies ist unbestritten.
Die Sachverhaltselemente, die eine individuelle, davon abweichende Ver-
kehrswertberechnung nahe legen könnten, wären vollumfänglich durch die Pflichtigen
vorzubringen, zu substanzieren und in einem zweiten Schritt zu beweisen gewesen.
Die Parteibehauptungen beschränken sich vorliegend indessen im Wesentlichen einzig
auf den bereits zu Beginn aktenkundigen Umstand, dass die Pflichtige Alleinaktionärin
und einzige operativ tätige Angestellte der C AG ist. Inwiefern der durch die Firma er-
zielte Umsatz auf die Persönlichkeit bzw. Arbeitstätigkeit der Pflichtigen zurückzufüh-
ren ist, bleibt vollständig im Dunkeln. So lässt sich aus dem allgemein und ausseror-
dentlich breit gehaltenen Zweck der Firma (Dienstleistungen aller Art mit Fokus auf
Bereiche wie nationales und interantionales Steuerrecht, Finanz- und Rechnungswe-
sen, Unternehmensberatung, etc.) nichts über die konkret in den fraglichen Geschäfts-
jahren erbrachten Dienstleistungen ableiten. Aktenkundig sind weder die Kunden der C
AG noch die mit diesen abgeschlossenen Verträge. Ohne detaillierte Informationen
und entsprechende Beweismittel zu diesem Themenkomplex lässt sich nicht erkennen,
ob einzig persönliche Beziehungen und Qualifikationen zu den Kundenbeziehungen
geführt haben und ob die Verträge tatsächlich lediglich über einzelne, klar umrissene
Projekte abgeschlossen wurden oder nicht doch auch längerfristige Komponenten ent-
hielten. Es bleibt davon abgesehen ohnehin nicht einsichtig, weshalb der Abschluss
von einzelnen "Projekt-Aufträgen" per se zur Annahme führen müsste, die Kundenbe-
ziehungen hingen einzig von der Tätigkeit der Pflichtigen und ihrem persönlichen
Netzwerk an professionellen Kontakten ab.
Es ist im Gegenteil denkbar und sogar wahrscheinlich, dass auch eine Aktien-
gesellschaft mit nur einem bzw. einer Angestellten im Markt Reputation und Kunden-
- 15 -
1 ST.2014.46
stamm aufbauen kann, die unabhängig von der Persönlichkeit des Mitarbeiters bzw.
der Mitarbeiterin einen Marktwert darstellen. Für einen solchen "Goodwill" könnte ein
potentieller Käufer sehr wohl bereit sein, einen erheblichen Preis zu zahlen. Ohne kon-
krete Anhaltspunkte über Kundenstamm und Geschäftstätigkeit, welche die Pflichtige
hätte vorbringen müssen, kann vorliegend hierüber aber nur spekuliert werden.
Schliesslich ist anzumerken, dass die Pflichtige sich mit ihrer Behauptung, der
gesamte Wert der Gesellschaft hänge einzig von ihrer Person und ihrer Arbeitstätigkeit
ab, in Widerspruch zu der von ihr selber gewählten arbeitsvertraglichen Konstruktion
stellt: Wäre der Erfolg der Unternehmung tatsächlich einzig auf ihren persönlichen Ein-
satz zurückzuführen, so liegt der Verdacht zumindest in der Luft, dass Lohn und Bonus
im Arbeitsvertrag, bei dem es sich um ein klassisches, so genanntes Insichgeschäft
handelt, bewusst und entgegen dem tatsächlichen Willen der Vertragsparteien zu nied-
rig festgesetzt wurden (so genannte Simulation). Für die Pflichtige bestand jedenfalls
aufgrund ihrer Doppelrolle als Aktionärin und Arbeitnehmerin keinerlei Veranlassung,
über das wesentliche Element des Vertrags (die Leistung von Arbeit gegen einen be-
stimmten Lohn) eine den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechende Vereinbarung
zu treffen, stand es ihr doch jederzeit frei, sich ihren "Bonus" durch einen entsprechen-
den Griff in die "Dividendenkasse" anderweitig zu beschaffen. Es ist offensichtlich,
dass die beiden Faktoren "Lohn" und "Marktwert der Gesellschaft" sich gegenseitig
beeinflussen bzw. bedingen. Eine Korrektur bei der Bewertung der Gesellschaft müss-
te so gesehen zwingend auch zu einer Anpassung beim Lohn führen, was hier indes-
sen gerade aufgrund der diesbezüglichen Ausführungen und dem Verhalten der Pflich-
tigen nicht geschehen ist.
Nach alledem ist festzuhalten, dass es den Pflichtigen nicht gelungen ist, Um-
stände zu schildern, die eine Abweichung von den Grundsätzen der Wegleitung erhei-
schen würden. Der Rekurs ist insofern abzuweisen.
c) aa) Die Pflichtigen berufen sich in diesem Zusammenhang ferner auf den
Grundsatz der Gleichbehandlung im Unrecht und weisen auf ein mit gewissen als juris-
tische Personen organisierten Anwaltskanzleien abgeschlossenes Ruling hin, nach
welchem der Wert der entsprechenden Aktien bei den Teilhabern lediglich unter Einbe-
zug des Substanzwerts errechnet würde.
- 16 -
1 ST.2014.46
bb) Der Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung (Legalitätsprinzip)
verlangt eine Übereinstimmung der Entscheidung mit dem Gesetz; er geht der Rück-
sichtnahme auf eine gleichmässige Rechtsanwendung vor (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, VB zu Art. 109 - 121 N 102 ff. DBG und VB zu §§ 119 - 131 N 111 ff.
StG). Wenn aber die Behörde die Aufgabe der auch in gleich gelagerten Fällen geüb-
ten gesetzeswidrigen Praxis ablehnt, kann der Bürger verlangen, dass die gesetzes-
widrige Begünstigung, die dem Dritten zuteil wird, auch ihm gewährt wird (Gleichbe-
handlung im Unrecht, spezielle Rechtsgleichheit; vgl. hierzu Häfelin/Müller/Uhlmann,
Rz 518). Dabei dürfen keine gewichtigen öffentlichen Interessen oder das berechtigte
Interesse eines privaten Dritten an der gesetzmässigen Rechtsanwendung entgegen-
stehen. In einem solchen Interessenkonflikt sind die einander widersprechenden Rech-
te und Interessen im Einzelfall gegeneinander abzuwägen (Häfelin/Müller/Uhlmann,
Rz 522). Vorausgesetzt wird im Weitern, dass sich die Behörde der Rechtswidrigkeit
bewusst war und keine Anstalten getroffen hat, ihre Praxis zu ändern. Dies kann erst
der Fall sein, wenn das höchste Gericht, welches nach seiner eigenen Rechtsprechung
an eine rechtswidrige Praxis der Kantone nicht gebunden ist (BGr, 9. Juli 1999 = ASA
69, 652 = StE 1999 B 23.1 Nr. 43; BGE 122 II 446 = ASA 66, 224 = StE 1997 B 23.1
Nr. 36 = StR 1997, 22), in dieser Frage einen abschliessenden Entscheid gefällt hat.
Vorher kann der Steuerbehörde letztlich nicht ernsthaft vorgeworfen werden, sich ge-
setzeswidrig zu verhalten bzw. im vollen Bewusstsein um ihre Rechtswidrigkeit weiter-
hin an einer Praxis festhalten zu wollen.
cc) Eine pauschale, generell auf Anwaltskanzleien bezogene Ausnahmerege-
lung erscheint mit Blick auf das Legalitätsprinzip als problematisch. Als juristische Per-
sonen organisierte Anwaltskanzleien sind als Dienstleistungsunternehmen zu qualifi-
zieren, bei welchen Rz 34 der Wegleitung den Einbezug des Ertragswerts verlangt. Die
von der Vorinstanz angeführten Gründe für die Abweichung von der vorgesehenen
Bewertungsmethode vermögen nicht zu überzeugen. Beschränkungen der Übertrag-
barkeit sind gemäss Rz 61 f. der Wegleitung durch einen Pauschalabzug von 30% zu
berücksichtigen bzw. unbeachtlich, und die Lohn- bzw. Dividendenpolitik selber bildet
erst recht keinen Grund für eine Nichtbeachtung des Ertragswerts. Auch ist nicht ein-
sichtig, inwiefern die Standesregeln es Anwälten verbieten würden, in ihrer Firma einen
Goodwill mit Marktwert zu schaffen.
Ob die durch das Ruling begründete, in der vorliegenden Form – soweit er-
sichtlich – rechtswidrige Praxis des kantonalen Steueramts einer höchstinstanzlichen
- 17 -
1 ST.2014.46
gerichtlichen Überprüfung standhielte und ob das Amt trotzdem daran festhielte, kann
zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gesagt werden. Die Berufung auf die spezielle
Rechtsgleichheit erscheint deshalb als verfrüht. Doch auch wenn die kantonale Behör-
de den körperschaftlich organisierten Anwaltskanzleien trotz anderslautenden Ge-
richtsentscheiden in Zukunft weiterhin in der geschilderten Weise bevorzugt behandeln
würde, wäre das Begehren der Pflichtigen abzulehnen, denn der Kreis der durch das
Ruling betroffenen Anwalts-Unternehmen erscheint im Vergleich zu der grossen Zahl
ähnlicher Dienstleistungsunternehmen als zu klein, als dass es sich rechtfertigen wür-
de, die im Steuerharmonisierungsgesetz ausdrücklich festgeschriebene Regel der Be-
wertung des Vermögens nach dem Verkehrswert zugunsten des Gleichheitsgrundsat-
zes allgemein ausser Kraft zu setzen.
4. Streitig ist ferner die Frage, ob die Pflichtige ihre Dividendenguthaben ge-
genüber der C AG im Vermögen deklariert hat.
a) Nach den Akten wurden folgende Dividenden ausgeschüttet:
Geschäftsjahr Ausschüttungsdatum Dividende
Fr.
1.10.2007 - 30.09.2008 4. Februar 2009 150'000.-
1.10.2008 - 30.09.2009 31. Dezember 2009 1'200'000.-
1.10.2009 - 30.09.2010 31. Dezember 2010 230'000.-.
Im Wertschriftenverzeichnis 2009 ist kein Guthaben gegenüber der C AG ent-
halten, hingegen im Schuldenverzeichnis eine Schuld gegenüber der C AG von
Fr. 719'000.-. Dasselbe trifft zu mit Bezug auf das Wertschriftenverzeichnis 2010 und
das Schuldenverzeichnis 2010, wobei sich hier die Schuld auf Fr. 601'655.- beläuft.
Daraus lässt sich in der Tat nicht erkennen, ob die Dividendenguthaben deklariert wor-
den sind oder nicht.
b) Die Pflichtige macht geltend, dass die Nettodividenden im per 31. Dezem-
ber 2009 bzw. 2010 deklarierten Nettovermögen bereits enthalten seien, indem ihre
Kontokorrentschuld gegenüber der Gesellschaft jeweils mit der entsprechenden Ver-
buchung der Dividendengutschrift reduziert worden sei. Sie legt hierzu eine chronologi-
sche Übersicht über die einzelnen Buchungen sowie Kontoauszüge des Kontos 2140
- 18 -
1 ST.2014.46
Bilanzvortrag vor, gemäss welchen sie jeweils 65% der Dividende auf dem Gegenkon-
to 2015 gutgeschrieben hat.
Hingegen hat sie trotz Auflage und Mahnung durch das Steuerrekursgericht
keine Originalauszüge ihres Kontokorrents bei der C AG vorgelegt, aus welchen die
einzelnen Buchungen hervorgegangen wären. Damit fehlt es aber an einem unmittel-
baren Beweis dafür, dass die Dividendenguthaben in der Vermögensdeklaration ent-
halten sind. Über die Gründe, welche die Pflichtige bewogen haben, diese Kontokor-
rentauszüge nicht einzureichen, lässt sich nur spekulieren. Diese Unklarheit allein
rechtfertigt es indessen nicht, eine Aufrechnung vorzunehmen, wenn sich auf mittelba-
re Weise Hinweise finden, dass die Dividendenguthaben dennoch im deklarierten Ver-
mögen enthalten sind. Hierfür bietet sich ein Vergleich der Vermögensentwicklung mit
dem deklarierten Einkommen an. Für den folgenden Vergleich wird auf das steuerbare
Einkommen gemäss den Einspracheentscheiden sowie zur Vereinfachung auf das
deklarierte Vermögen ohne Vermögenssteuerwert der C AG abgestellt. Daraus ergibt
sich folgende Tabelle:
Vermögensstand Dividende steuerbares Einkommen per Ende Jahr im selben Jahr
Fr. Fr. Fr.
2008 - 105'033.-
2009 1'007'000.- 1'350'000.- 1'664'600.-
2010 1'455'000.- 230'000.- 568'600.-.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die steuerbaren Einkommen auch den Ver-
rechnungssteueranteil auf den Dividenden umfassen, welche in den deklarierten Ver-
mögen nicht enthalten sind. Aus dem Vergleich ergibt sich, dass die Dividendengutha-
ben im deklarierten Vermögen enthalten sein müssen, andernfalls bei deren
Hinzurechnung eine Vermögensvermehrung resultieren würde, welche sich mit dem
erzielten Einkommen nicht erklären liesse. Auf eine Korrektur ist daher zu verzichten.
5. Schliesslich stellt sich die Frage, ob der Anspruch auf Rückerstattung der
Verrechnungssteuer im steuerbaren Vermögen jeweils zu deklarieren ist.
a) Die Deklaration des Rückerstattungsanspruchs im Vermögen setzt voraus,
dass dieser als bestehende Forderung zu betrachten ist. Zur Beurteilung dieser Frage
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1 ST.2014.46
liegt es nahe, auf die Grundsätze der Einkommensrealisation abzustellen. Grundsätz-
lich sind nur unbedingte Leistungsansprüche als realisiertes Einkommen zu qualifizie-
ren (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 50 N 26 f. StG, auch zum Folgenden). Bei auf-
schiebend (supensiv) bedingten Rechtsgeschäften bleibt der Erwerb von Einkommen
bis zum Eintritt eines künftigen Ereignisses in der Schwebe, so dass der Einkommens-
zufluss erst in dem Zeitpunkt erfolgt, in welchem der Schwebezustand wegfällt und
feststeht, dass der Empfänger das fragliche Einkommen ohne weitere Gegenleistung
behalten kann. Er erhält mit Abschluss des aufschiebend bedingten Vertrags erst eine
Anwartschaft auf die zugedachten Rechte. Hingegen erfolgt der Einkommenszufluss
bei auflösend (resolutiv) bedingten Rechtsgeschäften schon beim Erwerb; ein Ein-
kommenszufluss ist nur zu verneinen, wenn das auflösende Ereignis unmittelbar be-
vorsteht. Diese Grundsätze müssen analog auch zur Anwendung gelangen bei der
Frage, ob der entsprechende Anspruch als Vermögensrecht zu deklarieren ist oder
nicht.
b) Die Verrechnungssteuerforderung des Gemeinwesens entsteht bei Kapital-
erträgen im Zeitpunkt, in dem die steuerbare Leistung fällig wird (Art. 12 Abs. 1 des
Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer vom 13. Oktober 1965, VStG). Bei der
Dividende als Ertrag von Aktien tritt die Fälligkeit mit dem Beschluss der Generalver-
sammlung über die Gewinnverteilung (Art. 698 Abs. 2 Ziff. 4 OR) ein, wenn kein Fällig-
keitsdatum bestimmt wird, andernfalls an demjenigen Tag, auf den die Dividende zahl-
bar gestellt wird (Michael Beusch in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht,
Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer, 2. A., 2012, Art. 12 N 33 VStG). Der Emp-
fänger der Dividende hat Anspruch auf Rückerstattung der ihm vom Leistungsschuld-
ner abgezogenen Verrechnungssteuer, wenn er zur Zeit der Fälligkeit der Erträgnisse
das Nutzungsrecht an den entsprechenden Vermögenswerten besitzt (Art. 21 Abs. 1
lit. a VStG). Sein Anspruch auf die Rückerstattung der Steuer entsteht mit der Fälligkeit
der steuerbaren Leistung (Maja Bauer-Balmelli, in: Kommentar zum Schweizerischen
Steuerrecht, Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer, 2. A., 2012, Art. 21 N 6
VStG). Allerdings kann der Anspruch in der Regel erst nach Ablauf des Kalenderjahrs,
in dem die Fälligkeit eintritt, geltend gemacht werden (Art. 29 Abs. 2 VStG) und ist an
zwei Bedingungen geknüpft (Art. 21 Abs. 2, Art. 23 VStG). Bedingung ist einerseits,
dass die Rückerstattung nicht zu einer Steuerumgehung führt (Art. 21 Abs. 2 VStG),
und andererseits die Angabe der Einkünfte und Vermögen, woraus solche Einkünfte
fliessen, gegenüber den Steuerbehörden (Art. 23 VStG).
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1 ST.2014.46
Demzufolge kann der Steuerpflichtige den Rückerstattungsanspruch nicht
bereits ab dem Zeitpunkt der Ablieferung der Verrechnungssteuer durch den Schuldner
geltend machen, sondern erst mit Erfüllung der Bedingungen für dessen Geltendma-
chung, insbesondere der ordnungsgemässen Deklaration. Mithin herrscht zunächst ein
Schwebezustand, weshalb die Voraussetzungen für die Geltendmachung als Suspen-
sivbedingungen zu qualifizieren sind. Dies führt zum Schluss, dass der Rückerstat-
tungsanspruch zunächst nur eine Anwartschaft darstellt und in der Steuererklärung des
Fälligkeitsjahres nicht im Vermögen per Ende Jahr zu deklarieren ist (a.M. VGr AG,
6. Mai 2002 = StE 2003 A 24.41.1 Nr. 1). Dies entspricht im Übrigen auch der Praxis
der Steuerbehörden, ist doch gemäss dem seit jeher verwendeten amtlichen Formular
Wertschriftenverzeichnis der ermittelte Verrechnungssteueranspruch nicht in das Ver-
mögen zu übertragen, was gestalterisch ohne weiteres möglich gewesen wäre. Daran
ändert nichts, dass der dem Rückerstattungsanspruch zugrunde liegende Anteil der
Dividende als Vermögensertrag zu deklarieren ist, erfolgt dies doch kraft ausdrückli-
cher gesetzlicher Vorschrift. Insgesamt ist deshalb zu schliessen, dass der Rückerstat-
tungsanspruch zunächst eine blosse Anwartschaft darstellt und noch nicht bereits mit
der Steuererklärung des Fälligkeitsjahres im Vermögen zu deklarieren ist.
Das kantonale Steueramt hat mit den Einschätzungsentscheiden 2009 und
2010 vom 26. August 2013 jeweils den Rückerstattungsanspruch für die Verrech-
nungssteuer festgesetzt. Damit ist der Anspruch auf Rückerstattung erst ab diesem
Zeitpunkt im Vermögen zu deklarieren.
6. Gestützt auf diese Erwägungen sind Rekurs und Antrag auf Höhereinschät-
zung abzuweisen. Bei diesem Ausgang sind die Kosten des Verfahrens den Rekurren-
ten aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG). Die Voraussetzungen für die Zusprechung einer
Parteientschädigung sind nicht erfüllt (§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungs-
rechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
36a40858-59b2-43cf-af0a-cc24cdd629cd | hat sich ergeben:
A. A, geboren 1957 (nachfolgend der Pflichtige), ist verheiratet mit B, gebore-
ne C. In der Steuererklärung 2009 gab er als Zivilstand "getrennt" an. Als Einkom-
mens- und Vermögensbestandteile deklarierte er ausschliesslich eigene Werte und
keine seiner Gattin. Bei den Abzügen für Versicherungsprämien und Zinsen von Spar-
kapitalien machte er jene für Alleinstehende geltend.
Am 30. April 2010 schätzte das Steueramt der Gemeinde F ihn für 2009 in
Übereinstimmung mit der Steuererklärung für die Staat- und Gemeindesteuern mit ei-
nem steuerbaren Einkommen von Fr. 57'800.- und einem steuerbaren Vermögen von
Fr. 21'000.- ein; sodann erklärte es den Grundtarif für massgebend. Ebenso veranlagte
das Steueramt ihn für die Bundessteuerperiode 2009 gemäss Selbstdeklaration mit
einem steuerbaren Einkommen von Fr. 58'800.-, ohne indes den massgeblichen Tarif
zu bezeichnen.
B. Am 27. Mai 2010 erhob der Pflichtige dagegen Einsprache, indem er be-
mängelte, in der Steuerrechnung sei anstelle des für ihn als Verheirateten massgebli-
chen Verheiratetentarifs zu Unrecht der Grundtarif verwendet worden.
Das kantonale Steueramt nahm diese Eingabe als Einsprache gegen die
Staats- und Gemeindesteuereinschätzung sowie gegen die Bundessteuerveranlagung
entgegen. Mit getrennten Entscheiden vom 19. Juli 2010 wies es die Einsprachen ab.
In beiden Entscheiden bezeichnete es den jeweiligen Grund- bzw. Alleinstehendentarif
für massgeblich.
C. 1. Mit von ihm sowie seiner Ehefrau unterzeichnetem "Rekurs" vom
23. Juli 2010 verlangte der Pflichtige sinngemäss, für die Einschätzung 2009 sowie die
Veranlagung 2009 sei der Verheiratetentarif anzuwenden.
- 3 -
2 ST.2010.226 2 DB.2010.168
Das kantonale Steueramt schloss am 27. August 2010 auf Abweisung der
Rechtsmittel, wohingegen die Eidg. Steuerverwaltung auf eine Stellungnahme verzich-
tete.
2. Mit Verfügung vom 30. September 2010 forderte die Steuerrekurskommis-
sion II den Pflichtigen auf, verschiedene Fragen im Zusammenhang mit der tatsächli-
chen Situation seiner Ehe zu beantworten.
Hierauf ging namens des Pflichtigen ein Antwortschreiben eines gewissen D
aus E vom 21. Oktober 2010 ein. Danach forderte die Rekurskommission den Pflichti-
gen am 8. November 2010 vergeblich auf, diese Eingabe eigenhändig zu unterzeich-
nen oder eine Vollmacht zugunsten von D vorzulegen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Gegen den Einspracheentscheid kann der Steuerpflichtige laut Art. 140
Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990
(DBG) und § 147 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) binnen 30 Tagen
nach Zustellung Beschwerde bzw. Rekurs erheben. Die kombinierte Beschwerde- und
Rekurseingabe vom 30. September 2010 weist zwar nur die Adresse des Pflichtigen
auf; indes haben beide Gatten unterschrieben. Deshalb ist davon auszugehen, sie hät-
ten die Einspracheentscheide gemeinsam angefochten.
b) Betroffen sind Einspracheentscheide, welche einzig den Pflichtigen berüh-
ren. Nachdem er sich per 23. Mai 2007 von seiner Ehefrau – offenbar bloss, aber im-
merhin – faktisch getrennt hat und diese, soweit ersichtlich, hernach nach Italien weg-
gezogen ist, untersteht gemäss Art. 3 Abs. 1 DBG bzw. § 3 Abs. 1 StG nur noch er hier
der umfassenden Steuerhoheit und ist demnach nur noch er in der Schweiz bzw. im
Kanton Zürich unbeschränkt steuerpflichtig. Fest steht, dass die Ehefrau ihren Wohn-
sitz seither nicht mehr in der Schweiz hat. Ungeachtet dessen, ob die Ehe intakt war
oder nicht, besteht bei solcher Lage der Dinge (mangels einer massgeblichen wirt-
schaftlichen Beziehung der Ehefrau zur Schweiz) nur noch für den Pflichtigen eine
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2 ST.2010.226 2 DB.2010.168
steuerliche Anknüpfung zur Schweiz (vgl. BGr, 31. August 2006, 2P.99/2006,
2A.193/2006, www.bger.ch; StE 2009 B 11.3 Nr. 20). Es findet keine gemeinsame Be-
steuerung (mehr) statt (vgl. Art. 9 Abs. 1 DBG; § 7 Abs. 1 StG). Bei solcher Lage der
Dinge hat das kantonale Steueramt mit gutem Grund allein ihn erfasst und haben die
beiden Einspracheentscheide nur ihn berührt; die Ehefrau ist davon zu Recht nicht
betroffen. Ist mithin allein der Pflichtige beschwert, so ist auf die Beschwerde
(Art. 140 DBG) und den Rekurs (§ 47 StG) nur insoweit einzutreten, als er diese ergrif-
fen hat; hingegen kann auf die Rechtsmittel der Ehefrau nicht eingetreten werden.
2. a) Das Steuergesetz kennt einen Doppeltarif. Personen ohne familienrecht-
liche Unterstützungspflichten unterliegen nach Art. 214 DBG bzw. §§ 35 und 47 StG
dem Alleinstehenden- bzw. Grundtarif (je Abs. 1); für Steuerpflichtige mit solchen
Pflichten greift hingegen grundsätzlich der mildere Verheiratetentarif (je Abs. 2). Bezo-
gen auf Ehepaare kommt der günstigere Tarif nur dann zur Anwendung, wenn sie in
rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben. Ist diese Voraussetzung erfüllt, gilt
der Verheiratetentarif unabhängig davon, ob beide Gatten in der Schweiz bzw. im Kan-
ton leben oder nicht (§ 7 Abs. 2 Satz 3 StG).
Eine Trennung der Gatten im Sinn dieser Bestimmungen ist dann tatsächlich,
wenn sie sowohl in räumlicher Hinsicht als auch bezüglich der Mittelverwendung vor-
liegt. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein. Fehlt es an der gemein-
samen Mittelverwendung, besteht die eheliche wirtschaftliche Gemeinschaft nicht mehr
(RB 1991 Nr. 18). Dabei kommt es einzig auf die objektiven Verhältnisse an; keine Be-
deutung haben die bloss subjektiven Absichten der Gatten. Auf eine getrennte Mittel-
verwendung ist dann zu schliessen, wenn jeder Gatte aus eigener Kraft für seine Le-
benshaltungskosten aufkommt oder wenn der eine den anderen unterstützt, indem er
ihm ziffernmässig bestimmte Beträge zukommen lässt (BGr, 18. Januar 2007,
2A.353/2006, E. 4.1, www.bger.ch).
b) Die Umstände, die den tieferen Verheiratetentarif als berechtigt erscheinen
lassen, sind angesichts der aktenkundigen Fakten (hinten E. 3a) steuermindernder
Natur und daher vom Steuerpflichtigen darzutun und nachzuweisen (RB 1987 Nr. 35).
Den Nachweis hat er spätestens mit Rekurs-/Beschwerdeschrift durch eine substanzi-
ierte Sachdarstellung anzutreten, aus welcher sämtliche für die rechtliche Würdigung
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2 ST.2010.226 2 DB.2010.168
massgeblichen Tatsachen im Einzelnen hervorzugehen haben. Eine fehlende Sub-
stanziierung kann nicht im Beweisverfahren nachgeholt werden (RB 1980 Nr. 69).
Überdies hat der Steuerpflichtige die zum Beweis für seine Darstellung erforderlichen
Beweismittel einzureichen oder unter genauer Bezeichnung zumindest anzubieten
(RB 1975 Nr. 55, 1986 Nr. 49). Fehlt es an einer hinreichenden Sachdarstellung oder
Beweismittelofferte, trifft die Rekurskommission keine weitere Untersuchungspflicht
(RB 1975 Nr. 64, 1981 Nr. 90) und hat eine Beweisabnahme zu unterbleiben mit der
Wirkung, dass der Nachweis der fraglichen Aufwendungen zu Ungunsten des hierfür
beweisbelasteten Steuerpflichtigen als gescheitert zu betrachten ist.
3. Der Pflichtige beansprucht den Verheiratetentarif allein mit der Begründung,
er sei nach wie vor mit seiner Gattin B verheiratet, wie er mit einem aktuellen Auszug
aus dem Eheregister belegt. Es sei ihm ein Rätsel, weshalb er und seine Ehefrau als
getrennt lebend qualifiziert würden. Das allein kann indes unter den gegebenen Um-
ständen nicht genügen, um in den Genuss dieses Tarifs zu kommen.
a) Laut dem amtlichen Unterlagen sind die Eheleute seit 23. Mai 2007 ge-
trennt. Sodann hat sich die Ehefrau am 30. Mai 2007 in der damaligen Wohnsitzge-
meinde E abgemeldet und ist ins Ausland (nach Italien) weggezogen; der Pflichtige
seinerseits verblieb hier und ist seit 1. Oktober 2007 in F angemeldet. Zudem hat die-
ser in seiner ausgefüllten Steuererklärung 2009 selber angeführt, er lebe "getrennt".
Ebenso hat er im Beiblatt "Versicherungsprämien" nicht die Abzüge für Verheiratete,
sondern die für "übrige Steuerpflichtige" massgeblichen beansprucht. Schliesslich fin-
den sich nur Werte des Pflichtigen, nicht aber solche der Ehefrau in der Selbstdeklara-
tion.
b) Allein schon aufgrund dieser Angaben durfte das Steueramt ohne Weiteres
davon ausgehen, der Pflichtige lebe von seiner Ehefrau faktisch getrennt. Dies umso
mehr, als es diesem nicht verborgen bleiben konnte, dass die höheren Abzüge für Ver-
heiratete selbst dann gelten, wenn die Eheleute je eigenständige Wohnsitze haben,
jedenfalls sofern die Ehe, wie er heute meint, weder juristisch noch tatsächlich getrennt
ist. Unbestritten ist bei alledem, dass die Eheleute AB nach wie vor verheiratet sind.
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2 ST.2010.226 2 DB.2010.168
Um Klarheit zu erlangen, ist die Rekurskommission am 30. September 2010
an den Pflichtigen gelangt und hat ihn im Rahmen der stark eingeschränkten Untersu-
chungspflicht (vorn E. 2b und BGr, 28. September 2009, 2C_154/2009, E 5.3,
www.bger.ch) angehalten, verschiedene Fragen zu beantworten. So wollte das Gericht
u.a. wissen, ob die Ehe nicht nur rechtlich, sondern auch faktisch intakt sei und wie
sich dies äussere. Sodann hat es nach der Finanzierung des Lebensunterhalts der
Ehefrau und danach gefragt, ob der Pflichtige seine Ehefrau unterstütze, und falls ja,
wann und in welcher Form. Im Weiteren hat es sich erkundigt, wann und wo er sich mit
seiner Gattin getroffen habe. Schliesslich ersuchte es um Beibringung einer Kopie der
Steuererklärung der Ehefrau und des entsprechenden Steuerbescheids (wobei verse-
hentlich von einem deutschen Dokument die Rede war). All das bezog sich auf das
Kalenderjahr 2009. Diese Verfügung wurde dem Pflichtigen am 8. Oktober 2010 aus-
gehändigt. Binnen Frist wurde zwar am 21. Oktober 2010 eine Stellungnahme einge-
reicht. Indes war diese nicht vom Pflichtigen, sondern von einem gewissen nicht be-
vollmächtigten D aus E und damit nicht rechtsgültig unterzeichnet. In der Folge hat die
Rekurskommission den Pflichtigen am 8. November 2010 aufgefordert, bis zum 29.
November 2010 die soeben erwähnte Eingabe eigenhändig zu unterschreiben oder
aber eine Vollmacht zugunsten von D auszustellen und dem Gericht vorzulegen. Diese
dem Pflichtigen am 13. November 2010 eröffnete Aufforderung blieb unbeantwortet.
Bei solcher Lage der Dinge ist die Eingabe vom 21. Oktober 2010, da sie von
einer am Prozess unbeteiligten Drittperson stammt, unbeachtlich und aus dem Recht
zu weisen. Die genauen Lebensumstände der Eheleute AB im Jahr 2009 bleiben mit-
hin im Dunkeln; namentlich lässt sich nicht feststellen, wie sie ihre Ehe gelebt haben.
Es darf angenommen werden, sie seien tatsächlich getrennt gewesen. Nicht erstellt ist,
dass der Pflichtige seine Ehefrau unterstützt hat und, falls dem tatsächlich so gewesen
wäre, dass dessen Leistungen über ziffernmässig bestimmte Beträge hinausgegangen
wären. Angesichts der Beweislastverteilung (vorn E. 2b) muss dies zu seinem Nachteil
ausschlagen; der Verheiratetentarif ist ihm nicht zuzugestehen. Daran würde sich auch
nichts ändern, wenn die Eingabe vom 21. Oktober 2010 zu beachten wäre. Denn jene
Ausführungen sind zu unbestimmt und zu wenig konkret, d.h. zu unsubstanziiert, um
eine andere Würdigung zu erlauben.
c) Muss es demnach damit sein Bewenden haben, dass das Steueramt dem
Pflichtigen den Verheiratetentarif zu Recht verweigert hat; die angefochtenen Einspra-
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cheentscheide erweisen sich als rechtsbeständig. Demnach sind die Beschwerde und
der Rekurs abzuweisen.
4. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem Pflichtigen auf-
zuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG; § 151 Abs. 1 StG) | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
37396936-493e-479f-9a60-a8c14bf7b9f1 | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend die Pflichtigen) erwarben per 2004 mit einer Investiti-
on von EUR 376'300.- Anteile des "C" der D, in E. Hierbei handelt es sich nach angel-
sächsischem Recht um ein Versicherungsprodukt, welches hierorts steuerlich un-
bestrittenermassen als Anlagefonds qualifiziert.
In der Steuererklärung 2007 hatten die Pflichtigen den Wert dieser Anteile per
31. Dezember 2007 mit Fr. 604'623.- deklariert. Am 8. Januar 2008 verkauften sie die
Anteile für EUR 441'378.36 (= Fr. 728'274.30). Den dergestalt in der Steuerperiode
2008 erzielten Wertzuwachs im Betrag von Fr. 124'696.- erfasste die Steuerkommissä-
rin nach vorgängigen Abklärungen der steueramtlichen Wertschriftenabteilung mit Ver-
anlagungsverfügung (direkte Bundessteuer) bzw. Einschätzungsentscheid (Staats- und
Gemeindesteuern) vom 20. Januar 2011 als steuerbaren Wertschriftenertrag. Zur Be-
gründung verwies sie auf das Hilfsblatt der Wertschriftenabteilung betreffend Korrektu-
ren zum Wertschriftenverzeichnis der Pflichtigen. Diesem Hilfsblatt war zu entnehmen,
es fehle am Nachweis, dass im vorerwähnten Wertzuwachs steuerfreie Kapitalgewinne
enthalten seien.
Mit dieser Aufrechnung resultierten für die Steuerperiode 2008 die folgenden
Faktoren:
Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
Fr. Fr.
Steuerbares Einkommen 283'000.- 280'000.-
Satzbestimmendes Einkommen 287'400.-
Steuerbares Vermögen 434'000.-
Satzbestimmendes Vermögen 551'000.-.
B. Die hiergegen am 17. Februar 2011 erhobenen Einsprachen, mit welchen
sich die Pflichtigen gegen die Aufrechnung von Wertschriftenertrag gewandt und ins-
besondere auch eine Gehörsverletzung wegen ungenügender diesbezüglicher Be-
gründung gerügt hatten, wurden vom kantonalen Steueramt nach Durchführung von
weiteren Schriftenwechseln und einer mündlichen Parteianhörung mit Entscheiden
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1 DB.2012.61 1 ST.2012.70
vom 16. Februar 2012 abgewiesen; im Wesentlichen nach wie vor mit der Begründung,
dass der Nachweis eines steuerfreien Kapitalgewinns nicht erbracht worden sei.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 16. März 2012 liessen die Pflichtigen be-
antragen, die Besteuerung der Wertschriftenerträge sei nach Massgabe ihrer Selbst-
deklaration vorzunehmen. Eventualiter sei im Fall der Besteuerung der streitigen Erträ-
ge aus dem Anlagefonds der D konsequenterweise auch der per 2008 mit einem
weiteren ausländischen Anlagefonds erzielte Verlust steuerlich zu berücksichtigen.
Schliesslich sei auch über die steuerliche Behandlung von Währungsgewinnen und
-verlusten in einer Steuerperiode zu entscheiden.
Das kantonale Steueramt schloss mit Vernehmlassung vom 12. April 2012 auf
Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) liess sich
nicht vernehmen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Der Einkommenssteuer unterliegen allgemein alle wiederkehrenden und
einmaligen Einkünfte mit Ausnahme der Kapitalgewinne aus der Veräusserung von
Privatvermögen, welche steuerfrei sind (Art. 16 Abs. 1 und 3 des Bundesgesetzes über
die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 [DBG] und § 16 Abs. 1 und 3 des
Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 [StG]). Steuerbar im Sinn dieser Generalklausel sind
insbesondere auch die Erträge aus beweglichem Vermögen (Art. 20 DBG und § 20
StG).
b) Nach der allgemeinen Beweislastregel haben die Steuerbehörden den
Nachweis zu erbringen, dass ein Steuerpflichtiger bestimmte Einkünfte erzielt hat, da
es sich hierbei um einen steuerbegründenden Umstand handelt. Der Nachweis eines
Vermögenszuflusses begründet sodann die natürliche Vermutung, dass dieser steuer-
bares Einkommen darstellt. Die Vermutung kann vom Steuerpflichtigen entkräftet wer-
den, indem er den Gegenbeweis erbringt, dass die zugeflossenen Einkünfte kein steu-
erbares Einkommen darstellen (wie z.B. Vorliegen eines steuerfreien Kapitalgewinns
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1 DB.2012.61 1 ST.2012.70
aus der Veräusserung beweglichen Privatvermögens). Das Risiko der Beweislosigkeit
liegt somit hinsichtlich jener Tatsachen, aus denen sich die Nichtsteuerbarkeit einer
Einkunft ergibt, beim Steuerpflichtigen.
2. a) Unbestritten ist, dass es sich beim "C" der D steuerlich um einen auslän-
dischen Anlagefonds (= kollektive Kapitalanlage) handelt.
aa) Für die Belange der direkten Steuern werden kollektive Kapitalanlagen
grundsätzlich transparent behandelt. Dies folgt aus der in der Praxis entwickelten
so genannten Treuhandlösung und gilt, soweit die Fonds nicht über direkten Grundbe-
sitz verfügen. Diese Fonds sind demzufolge keine Steuersubjekte und entrichten daher
für ihren ausgewiesenen Gewinn keine Gewinnsteuer. Vielmehr werden die Erträge
und das Vermögen solcher Anlagefonds den Anlegern zugerechnet. Entscheidend für
die Qualifikation als Einkommen aus kollektiven Kapitalanlagen ist dabei, dass die
Fondsleitung selbstständig handelt; den Anlegern also kein Weisungsrecht zukommt.
Letzteres führt dazu, dass die Transaktionen dem Anleger nicht als gewerbsmässiger
Wertschriftenhandel zugerechnet und nicht als zum Geschäftsvermögen gehörend be-
handelt werden. Die kollektiven Kapitalanlagen haben ihren Anlegern alle Verhältnisse
zu bescheinigen, die für die Besteuerung massgebend sind (vgl. Kapalle/Tarolli
Schmidt in: Neue Kreisschreiben zu den direkten Bundessteuern – Eine Bewertung
aus Sicht der Praxis, eine Trilogie; II. Teil = Steuerrevue 2009, 634 u. 637).
bb) Betreffend die Besteuerung von kollektiven Kapitalanlagen und ihrer An-
leger hat die ESTV nach der am 1. Januar 2007 erfolgten Inkraftsetzung des neuen
Bundesgesetzes über die kollektiven Kapitalanlagen (KAG) am 5. März 2009 das
Kreisschreiben Nr. 25 erlassen. Diesem gemäss sind ausländische kollektive Kapital-
anlagen – unter hier nicht in Frage stehenden Voraussetzungen – steuerlich schweize-
rischen kollektiven Kapitalanlagen gleichzustellen. In Ziff. 4.6.3 äussert sich das Kreis-
schreiben mit Bezug auf die Anforderungen an das Reporting von ausländischen
kollektiven Kapitalanlagen wie folgt:
Nimmt die ausländische kollektive Kapitalanlage Ausschüttungen vor, so sich diese für Schweizer Steuerzwecke als ausschüttende kollektive Kapitalanlage; andernfalls als thesaurierende oder gemischte kollektive .
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1 DB.2012.61 1 ST.2012.70
Für Schweizer Einkommenssteuerzwecke werden ausländische kollektive (mit Ausnahme von ausländischen kollektiven Kapitalanlagen, welche wirtschaftlich einer schweizerischen SICAF gleichzustellen sind) als transparent betrachtet.
Ausländische Abschlüsse, welche nach einem anerkannten GAAP erstellt und von einer externen Revisionsgesellschaft geprüft wurden, sind für Einkommens- und Gewinnsteuerzwecke ausreichend.
Folgendes Vorgehen ist für das Reporting notwendig:
a. Einholen des jeweils letzten verfügbaren Abschlusses der kollektiven Kapi-
talanlage, welcher nach einem anerkannten GAAP erstellt und von einer externen Revisionsgesellschaft geprüft worden ist.
b. Die Ertragskonten (Dividenden-, Zins- und übrigen Erträge inklusive das Er-
tragsausgleichs-Konto) nach dem entsprechenden GAAP werden addiert und die Aufwendungen subtrahiert. [...]
c. Dieser Nettoertrag ist durch die Anzahl ausstehender Anteile im Zeitpunkt
des Abschlusses der Rechnungsperiode zu dividieren (Nettoertrag pro ). Alternativ kann auch das betragsmässige Verhältnis (anteiliger NAV des Anlegers/NAV der kollektiven Kapitalanlage) verwendet werden.
d. Feststellung des steuerbaren Ertrags pro Anteil:
- Thesaurierende kollektive Kapitalanlage: Der Nettoertrag pro Anteil stellt bei thesaurierenden ausländischen kollektiven Kapitalanlagen der steuerbare Ertrag für Schweizer Einkommenssteuerzwecke dar.
- Ausschüttende kollektive Kapitalanlage: Die Qualifikation der Ausschüt-
tung als steuerbarer Ertrag respektive als steuerfreier Kapitalgewinn ist bei ausschüttenden ausländischen kollektiven Kapitalanlagen gemäss der Buchhaltung zu bestimmen.
e. Feststellung des Vermögenssteuerwertes: Für Vermögenssteuerzwecke ist
der NAV per 31.12. des jeweiligen Kalenderjahres massgebend. Ist dieser nicht erhältlich, ist der letzte verfügbare NAV zu verwenden.
f. Die steuerlich relevanten Informationen sind dem Anleger und der ESTV
zugänglich zu machen.
b) Die Pflichtigen deklarierten den Wert ihrer Anteile am Anlagefonds der D
per Ende 2007 mit Fr. 604'623.- (= EUR 365'188.72). Am 8. Januar 2008, d.h. gut eine
Woche später, verkauften sie ihre Anteile für EUR 441'378.36. Sie erzielten damit den
in Streit liegenden Wertzuwachsgewinn von EUR 76'189.64 bzw. Fr. 124'696.-
(vgl. Berechnung der Wertschriftenabteilung).
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1 DB.2012.61 1 ST.2012.70
Zu beantworten ist die Frage, ob und inwieweit dieser Wertzuwachs als steu-
erbarer Vermögensertrag qualifiziert bzw. ob darin – wofür die Pflichtigen halten lassen
– steuerfreier Kapitalgewinn auf Privatvermögen enthalten ist.
c) Zu prüfen ist vorab, ob hier eine ausschüttende oder eine thesaurierende
kollektive Kapitalanlage vorliegt:
aa) Beschwerde- und rekursweise wird unter Verweis auf beiliegende Doku-
mente geltend gemacht, die D gebe jeweils zu Beginn des Jahres bekannt, um wie viel
Prozent die Anteile am streitbetroffenen Anlagefonds an Wert zunehmen würden. Wer-
de eine höhere Wertzunahme erzielt, werde die Differenz zum prognostizierten Wert
als "Final Bonus" ausgewiesen. Könne der angegebene Wert nicht erzielt werden,
werde der Bonus reduziert. Nach Ablauf des Vertragsjahrs informiere die Gesellschaft
detailliert über den Stand der Anlage.
bb) Dem vorgelegten "Contract Schedule" ist zu entnehmen, dass die Pflichti-
gen am 24. März 2004 den Betrag von EUR 376'300.- einzahlten ("Initial Investement")
und sie dafür den Anspruch auf den Kauf von Anteilen am "F (Capital Redemption Op-
tion)" im Betrag von EUR 385'708.- erworben haben. Der 2.5%-Aufschlag wird mit der
Höhe des Investments erklärt ("Your allocation has been increased by: 2.5% due to the
size of your payment"). Weiter sind die Gebühren festgelegt (Establishment Charges &
Early Cash-in Charges). Sodann wird festgehalten, dass im Rahmen der "Capital Re-
demption Option" jährliche Rückzahlungen von EUR 5'800.- erfolgen. Schliesslich wird
das Anlageprodukt als Anleihe ("Bond") beschrieben, welche Anspruch auf einen Er-
trag/Nutzen ("Benefit") am Ende der Laufzeit gebe, sofern sie nicht vorher ("Early
Cash-In") aufgelöst werde.
cc) Im ebenfalls eingereichten Jahres-Rapport der D vom 29. März 2007 ist
festgehalten, dass per Stichtag 29. März 2007 mit einem nicht garantierten "Annual
Bonus" von 3.5% zu rechnen sei. Angegeben ist weiter, dass die Gesamtrendite
("Overall Yield") seit dem Kauf der Anteile (24. März 2004) 8.5% betrage. Sodann ist
vermerkt, dass die Pflichtigen insgesamt EUR 376'300.- in den Fonds einzahlten
(= Anfangsinvestition) und dass per 2005 und 2006 Rückzahlungen von jeweils EUR
5'800.- erfolgt sind. Ausschüttungen an die Anteilseigner sind in diesem Rapport nicht
aufgeführt.
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dd) Insgesamt ist damit davon auszugehen, dass sämtliche vom Anlagefonds
erwirtschafteten Erträge bzw. Wertsteigerungen thesauriert worden sind, mithin eine
thesaurierende kollektive Kapitalanlage vorliegt.
d) Nach den oben erwähnten Vorgaben des Kreisschreibens stellt bei thesau-
rierenden ausländischen kollektiven Kapitalanlagen "der Nettoertrag pro Anteil" den
massgebenden steuerbaren Ertrag für Schweizer Einkommenssteuerzwecke dar
(Ziff. 4.6.3 lit. d). Dabei ist aber grundsätzlich möglich, dass im thesaurierten Ertrag
bzw. Wertzuwachs auch steuerfreie Kapitalanteile enthalten sind; mit "Nettoertrag" sind
damit die Erträge ohne solche Kapitalgewinne gemeint. Dies folgt auch aus der er-
wähnten Gleichstellung mit den inländischen thesaurierenden Anlagefonds, denn mit
Bezug auf diese stellt das Kreisschreiben in Ziff. 4.1.1. fest:
Die thesaurierenden kollektiven Kapitalanlagen haben den Anlegern für die Steuern die thesaurierten Erträge jährlich zu bescheinigen. Davon sind die wiederangelegten Kapitalgewinne, sofern sie in der separat ausgewiesen sind.
Damit steht einstweilen fest, dass die Pflichtigen gestützt auf die eingangs
erwähnte steuerliche Beweislast die thesaurierten Erträge bzw. die damit einhergehen-
de Wertsteigerung ihrer Anlage zu versteuern haben, soweit sie nicht mit entsprechen-
den detaillierten Abschlüssen bzw. Jahresrechnungen des ausländischen Anlagefonds
nachzuweisen vermögen, dass darin steuerfreie Kapitalgewinne enthalten sind.
e) aa) Die Pflichtigen lassen im beweisrechtlichen Zusammenhang einwen-
den, dass im Rahmen der steuerbehördlichen Untersuchung immer wieder die Bilanz
und die Erfolgsrechnung der D verlangt worden seien. Das Einreichen dieser Unterla-
gen sei jedoch nicht möglich gewesen, weil diese nicht existierten. Auch wenn es eine
Jahresrechnung gäbe, hätte diese den Ansprüchen der Steuerbehörde nicht genügen
können. Die ausländische Gesellschaft erstelle nämlich ihre Buchhaltung nach dem
geltenden Recht des Sitzstaates und damit ohne die Aufteilung zwischen Vermögens-
ertrag und Wertzuwachs. Der von der Steuerverwaltung verlangte Nachweis könne
somit auch unter Vorlegung sämtlicher Unterlagen nicht erbracht werden, weil die aus-
ländischen Vorschriften der Rechnungslegung nicht auf die Praxis des schweizeri-
schen Steuerrechts ausgerichtet seien. Unter solchen Umständen sei mit Blick auf die
Beweislast zu bedenken, dass diese dort ihre Grenzen haben müsse, wo der Nachweis
unmöglich sei. Wenn die Steuerbehörde Jahresrechnungen verlange, welche nicht
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existierten, sei dies deshalb unverhältnismässig, denn steuermindernde Tatsachen
könnten auch anderweitig nachgewiesen werden. Weil die D bei der Deklaration
der Anteilswerte keinen Unterschied zwischen Ertrag und Gewinn mache, verlangten
die Pflichtigen von dieser jeweils eine Berechnung betreffend Aufteilung der Wertzu-
nahme der Fondsanteile in Ertrag und Gewinn. Die entsprechende Bestätigung der
D-Geschäftsleitung vom 5. März 2009 eigne sich zum glaubhaften Nachweis, dass es
nicht realistisch sei, den gesamten Wertzuwachs als Einkommen zu erfassen.
bb) Dem ist zunächst zu entgegnen, dass ein in der Schweiz unbeschränkt
Steuerpflichtiger, welcher oftmals gerade auch mit Blick auf Steuervorteile internationa-
le Investments tätigt, den hierorts geltenden steuerlichen Mitwirkungspflichten und Be-
weislastregeln die Besonderheiten ausländischen Rechts nicht entgegenhalten kann.
Ergeben sich dem Steuerpflichtigen in letzterem Zusammenhang Probleme bei der
Beweisführung, ist dies Ausfluss seines speziellen ausländischen Investments und hat
dieser infolgedessen auch die hiesigen beweisrechtlichen Konsequenzen zu tragen.
cc) Zuzustimmen ist den Pflichtigen allerdings darin, dass der Nachweis von
steuermindernden Tatsachen auf verschiedene Weise erbracht werden kann. Denkbar
ist dabei auch, dass beispielsweise ein Grundsachverhalt nachgewiesen ist, jedoch in
quantitativer Hinsicht Fragezeichen verbleiben (Beispiel: im streitigen Wertzuwachs
sind nachgewiesenermassen Kapitalgewinne enthalten, welche im Quantitativen je-
doch nicht bestimmbar sind), denn in solche Fällen können gegebenenfalls die steuer-
mindernden Anteile nach pflichtgemässem Ermessen geschätzt werden (vgl. Art. 130
Abs. 2 DBG bzw. § 139 Abs. 2 StG).
Die Möglichkeit einer solchen Schätzung scheidet hier jedoch aus: Vorgelegt
haben die Pflichtigen als Beweismittel nämlich lediglich eine Bescheinigung der D vom
5. März 2009, in welcher diese ihre "With Profit Fund Returns" per 2006, 2007 und
2008 in GBP, EUR und USD auflistet. Dabei sind die "Returns", also die Renditen, un-
terteilt in Ertrag ("Total Income") und Kapitalgewinn ("Capital Gain"). Der Bescheini-
gung ist aber zu entnehmen, dass die aufgeführten Kennzahlen nicht denjenigen ent-
sprechen, welche ein individueller Investor erzielt hat. Zum Nachweis, dass der
streitbetroffene Wertzuwachs auf der Investition der Pflichtigen bei der D auch nur teil-
weise auf steuerfreie Kapitalgewinne zurückzuführen ist, eignet sich diese Bescheini-
gung somit von vornherein nicht. Hinzu kommt, dass in der Bescheinigung die Kapital-
gewinne der eurobezogenen "With Profits Funds" wie folgt aufgeführt sind:
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2006 2007 2008
Total Income 3.32% 3.16% 3.91%
Capital Gain 7.9% -2.6% -29.86%
Total Return 11.48% 0.47% -27.04%
Diese Zahlen zeigen auf, dass über diese dreijährige Berichtsperiode hinweg
sogar ein Kapitalverlust eingetreten sein soll. Selbst für den Fall, dass den Kennzahlen
Aussagekraft für die individuelle Anlage der Pflichtigen zugesprochen würde, fehlte
damit ein Nachweis von steuerfreiem Kapitalgewinn im streitbetroffenen Wertzuwachs.
Beizufügen bleibt, dass die Pflichtigen im Einschätzungsverfahren 2007 noch
angegeben hatten, dass vom Wertzuwachs 2007 lediglich 14,245% auf Kapitalerträge
zurückzuführen seien (vgl. Beiblatt zur Steuererklärung 2007), was in Widerspruch mit
den obenstehenden Zahlen des Berichtsjahrs 2007 steht. Die Tabelle zeigt im Übrigen
auf, dass bei ausländischen Anlagefonds die Besteuerung des Nettoertrags (hier "Total
Return") im Sinn des vorerwähnten Kreisschreibens dem Steuerpflichtigen zum Vorteil
gereichen könnte, weil bei Fehlen von transparenten Unterlagen steuerbare Vermö-
genserträge mitunter von steuerlich nicht absetzbaren Kapitalverlusten verdeckt wer-
den (vgl. die Zahlen 2007).
dd) Als Zwischenergebnis ist damit festzuhalten, dass die thesaurierten
"Returns" und damit letztlich der gesamte Wertzuwachs im Anlagefonds der D, in wel-
chen die Pflichtigen anfangs 2004 eine Investition von EUR 376'000.- getätigt haben,
als steuerbarer Vermögensertrag qualifiziert, denn der Nachweis von darin enthaltenen
steuerfreien Kapitalgewinnen wurde nicht erbracht.
3. a) Zu prüfen bleibt, ob anderweitige Gründe der Besteuerung des in Frage
stehenden Wertzuwachses entgegenstehen bzw. ob die Steuerbehörde diesen in
quantitativer Hinsicht korrekt ermittelt hat.
b) Die Pflichtigen machen geltend, dass im streitbetroffenen Wertzuwachs von
Fr. 124'696.- bereits versteuerte Erträge und zudem auch Währungsgewinne enthalten
seien. Dies begründen sie mit einer in der Beschwerde- und Rekursschrift angestellten
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1 DB.2012.61 1 ST.2012.70
Berechnung, wonach sie die Anteile am Anlagefonds der D am 24. März 2004 für
Fr. 594'554.- zum Wert pro Anteil von EUR 1.07594 sowie zum EUR/CHF-Wechselkurs
von 1.58 gekauft hätten und per 8. Januar 2008 für Fr. 722'382.- zum Wert pro Anteil
von EUR 1.22013 (zuzüglich Final Bonus von EUR 72'631.-; abzüglich Early Cash-in
Charge von EUR 14'475.-) sowie zum EUR/CHF-Wechselkurs von 1.6367 wieder ver-
kauft hätten, was einen Gesamtgewinn von Fr. 127'828.- ergebe. Dieser Gesamtge-
winn entspreche in etwa dem nun von der Steuerbehörde pro 2008 erfassten Gewinn.
Im Gesamtgewinn seien aber in den Vorjahren bereits versteuerte Gewinne sowie
auch ein Währungsgewinn von 3.6% enthalten.
c) Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass die Pflichtigen keine Schlussab-
rechnung der D vorgelegt haben, welche diese rudimentäre Eigenberechnung belegen
würde. Dass die Letztere nicht korrekt bzw. vollständig sein kann, ergibt sich schon
daraus, dass die jährlichen Rückzahlungen von EUR 5'800.- per 2005, 2006 und 2007
unerwähnt geblieben sind.
aa) Auszugehen ist bei der Berechnung des per 2008 steuerbaren Ertrags
davon, dass die Pflichtigen ihre gesamten Anteile am Anlagefonds der D per Ende
2007 mit Fr. 604'623.- deklariert hatten; dies nachdem die einzelnen Anteile per 2007
eine Wertsteigerung von EUR 1.1834 auf EUR 1.2249 erfahren hatten. Die Wertsteige-
rung insgesamt belief sich damals auf EUR 12'372.- bzw. umgerechnet Fr. 20'414.-
und wurde entgegen der ursprünglichen Deklaration der Pflichtigen letztlich einver-
nehmlich ebenfalls als Wertschriftenertrag besteuert (Einschätzungsvorschläge 2007
der Steuerbehörde und Zustimmungserklärungen der Pflichtigen. Daraus folgt zu-
nächst, dass die thesaurierten Erträge pro 2007, welche bis Ende 2007 zu einem Anla-
gewert von Fr. 604'623.- führten, bereits versteuert worden sind. Wenn nun die Anlage
am 8. Januar 2008 für EUR 441'378.36 (= gemäss Umrechnung der steueramtlichen
Wertschriftenabteilung Fr. 728'274.30) verkauft wurde, so hat diese eine zusätzliche
Wertsteigerung im Betrag von Fr. 123'651.- erfahren, welche bis anhin noch nicht ver-
steuert worden ist.
Freilich lässt eine solche Wertsteigerung von rund 20% innerhalb von einer
Woche prima vista nicht an gewöhnlichen Wertschriftenertrag denken. Dass gleichwohl
ein solcher vorliegen kann, erklärt sich jedoch mit dem "Final Bonus", welchen den
Pflichtigen bei der Rückgabe ("Cash-in") oder bei einer allfälligen Auszahlung im To-
desfall zugestanden hat (vgl. Bescheinigung der D vom 29. März 2007). Dieser Bonus
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1 DB.2012.61 1 ST.2012.70
betrug nach den Angaben der Pflichtigen in Beschwerde bzw. Rekurs EUR 72'631.-,
was bei einem Eurokurs per 8. Januar 2008 von 1.636 (vgl. Kursliste) Fr. 118'824.15
entspricht. Die streitbetroffene Wertsteigerung ist damit nahezu vollständig auf die
Auszahlung dieses Schlussbonus zurückzuführen und eine diesbezügliche Besteue-
rung hat in der Vergangenheit eben noch nicht stattgefunden. Der Final Bonus ist in
den Vorjahren wohl mit Blick auf die Fälligkeit per Cash-In (oder im Todesfall) nie in
den deklarierten Vermögenswert der Anlage eingeflossen. Unter diesen Umständen ist
insoweit auch nicht von einer zum Rentensatz zu besteuernden überjährigen Leistung
auszugehen, was die Pflichtigen denn auch nicht vorbringen lassen.
bb) Dass im streitigen Wertzuwachs steuerfreie Währungsgewinne enthalten
wären, ist ebenfalls nicht ersichtlich.
Per Ende 2007 betrug der Anlagewert der Vermögensanlage EUR 365'188.72,
so dass sich bei einem Verkaufspreis von EUR 441'378.36 per 8. Januar 2008 ein
Wertzuwachs von EUR 76'189.64 ergibt. Diesen Gewinn in EUR rechnete die steuer-
amtliche Wertschriftenabteilung mit dem Wechselkurs per 8. Januar 2008 (= Datum
des Cash-in bzw. der Rückzahlung des Investments inkl. Schlussbonus) von 1.63655
in einen Gewinn von Fr. 124'696.- um. Mit dieser korrekten Berechnungsweise kann
von vornherein kein Währungsgewinn erfasst worden sein. Im Übrigen entwickelte sich
der EUR/CHF-Wechselkurs zwischen dem 1. und 8. Januar 2008 leicht rückläufig (von
1.654 auf 1.636; vgl. Umrechnungstabelle), so dass insoweit kein Währungsgewinn,
sondern nur ein Währungsverlust möglich war. Währungsschwankungen sind jedoch
ohne Bedeutung, wenn – wie vorliegend – der Wertzuwachs zunächst in der Währung
des Investments bestimmt wird und alsdann die Umrechnung in CHF per Zuflussdatum
erfolgt.
cc) Damit steht fest, dass die Besteuerung des gesamten Wertzuwachses
2008 auf der Anlage der Pflichtigen bei der D im Umfang von EUR 76'189.64 =
Fr. 124'696.- auch in quantitativer Hinsicht nicht zu beanstanden ist.
4. a) Die Pflichtigen lassen eventualiter geltend machen, dass sie den Erlös
aus dem Verkauf des Anlagefonds bei der D in einen neuen (ähnlichen) Anlagefonds
der G reinvestiert hätten und mit letzterem per 2008 einen Verlust von über
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1 DB.2012.61 1 ST.2012.70
Fr. 200'000.- erlitten hätten. Werde der Gewinn aus dem Anlagefonds der D besteuert,
müsse konsequenterweise auch der Verlust aus dem Anlagefonds der G steuermin-
dernd berücksichtigt werden.
b) Ein Steuerpflichtiger, welcher Privatvermögen in einen Anlagefonds inver-
tiert, wird dadurch nicht zum Wertschriftenhändler (vgl. vorstehend Ziff. 2.a.aa). Soweit
mit solchen Fonds ausgewiesene Kapitalgewinne oder -verluste erzielt werden, bleibt
dies folglich einkommenssteuerrechtlich ohne Folgen. Damit kann eine steuermindern-
de Berücksichtigung von Kapitalverlusten, welche die Pflichtigen per 2008 mit ihrer
Neuinvestition in den Anlagenfonds der G erlitten haben, von vornherein nicht in Frage
kommen. Fragen liesse sich höchstens wiederum, ob der letztere Anlagefonds unab-
hängig von Kapitalverlusten Erträge erwirtschaftet hat, welche von den Pflichtigen zu
versteuern wären. Dieser Frage ist die steueramtliche Dienstabteilung Recht im Veran-
lagungsverfahren 2008 bereits nachgegangen, wobei sie zum Schluss kam, dass bei
diesem Anlagefonds per 2008 noch keine Besteuerung von Erträgen zu erfolgen habe
(vgl. Memorandum vom 3. Januar 2011). Damit erübrigen sich weitere diesbezügliche
Untersuchungen.
5. Diese Erwägungen führen zur Abweisung von Beschwerde und Rekurs. Bei
diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten den Pflichtigen aufzuerlegen (Art. 144
Abs. 1 DBG; § 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
37407dbb-d3ea-4303-bb55-4aa104dff605 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) war 2004 und 2005 selbstständig erwerben-
der Anwalt und Partner einer damals noch als Kollektivgesellschaft organisierten, spä-
ter in eine AG umgewandelten Anwaltskanzlei. Zusätzlich betreute er diverse Verwal-
tungsratsmandate. Unter anderem erzielte er Einkünfte aus dem Verwaltungsrats-
mandat der C SA, Luxemburg, welche jeweils die Anwaltskanzlei vereinnahmte und an
ihn ausbezahlte.
Nach Durchführung einer Untersuchung in Bezug auf diverse Punkte unter-
breitete der Steuerkommissär dem Pflichtigen sowie seiner Ehefrau B (nachfolgend
zusammen die Pflichtigen) am 21. Juli bzw. 7. August 2008 diverse Einschätzungsvor-
schläge, welche diese ablehnten. Am 2. September 2008 ergingen die Veranlagungen
bzw. Einschätzungen 2004 und 2005. Darin verlegte der Steuerkommissär einen Anteil
der BVG-Beiträge, der Beiträge an die Säule 3a, der Abzüge für Versicherungsprämien
und gemeinnützige Zuwendungen sowie Sozialabzüge auf das luxemburgische Ein-
kommen. Die Entscheide wurden an die Pflichtigen separat adressiert, da sie mittler-
weise getrennt lebten. Am 19. September 2008 wurden die Schlussrech-
nungen/Veranlagungsverfügungen direkte Bundessteuer versandt.
B. Hiergegen erhob der Pflichtige am 18. September bzw. 10. Oktober 2008 je
Einsprache mit dem Antrag, die genannten Abzüge nicht dem luxemburgischen Ein-
kommen zuzuweisen. Diese könnten in Luxemburg nicht geltend gemacht werden und
würden deshalb in ein "Abzugsloch" fallen. Für dieses Vorgehen fehle die gesetzliche
Grundlage.
Mit Auflage vom 26. Februar 2010 verlangte der neu zuständige Steuerkom-
missär einen Nachweis über Sozialbeiträge auf dem luxemburgischen Einkommen,
worauf der Pflichtige am 6. April 2010 antwortete. Nachfolgende Schriftenwechsel blie-
ben ohne Ergebnis. Am 26. April 2012 erliess der Steuerkommissär Einschätzungs-/
Veranlagungsvorschläge, worin er neu vorsah, auch die AHV-Beiträge auf das luxem-
burgische Einkommen zu verlegen, woraus eine Höhereinschätzung mit Bezug auf das
steuerbare Einkommen resultierte. Der Pflichtige reagierte darauf am 29. Mai 2012 mit
einer Aufsichtsbeschwerde und einem Ausstandsgesuch gegen den Steuerkommissär.
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1 DB.2013.13 1 ST.2013.13
Am 30. November 2012 wies das kantonale Steueramt die Einsprachen
– handelnd durch einen neu eingesetzten Steuerkommissär – im Wesentlichen ab und
traf höhere Veranlagungen bzw. Einschätzungen.
Darin kam das kantonale Steueramt zum Schluss, dass in internationalen
Konstellationen Beiträge und Einkäufe in die 2. Säule zuerst objektmässig auf das Ar-
beitseinkommen und anschliessend proportional zu den in- und ausländischen Ar-
beitseinkommensbestandteilen zu verlegen seien. Bei Wirtschaftsanwälten wie dem
Pflichtigen sei es üblich, dass diese im Rahmen ihrer hauptberuflichen selbstständigen
Anwaltstätigkeit auch Verwaltungsratsmandate ausübten. Hinsichtlich der beruflichen
Vorsorge sei davon auszugehen, dass diese für die gesamten Erwerbseinkünfte (ein-
schliesslich Verwaltungsratshonorare) ausschliesslich im Rahmen des Anschlusses an
die Vorsorgeeinrichtung der Anwaltskanzlei abgewickelt werde. Gestützt auf die mass-
geblichen Koordinationsregeln gemäss dem Freizügigkeitsabkommen der Schweiz mit
der EU unterstehe der Pflichtige ausschliesslich dem schweizerischen System. Er gelte
daher als mit seinem Gesamteinkommen bei der aktuellen Vorsorgeeinrichtung versi-
chert, weshalb die BVG-Beiträge auch gesamthaft auf dieses zu verlegen seien. Das-
selbe gelte bei Beiträgen an die Säule 3a. Die Verwaltungsratshonorare unterstünden
sodann der AHV-Beitragspflicht, weshalb auch hier eine proportionale Verteilung zu
erfolgen habe.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 3. Januar 2013 liessen die Pflichtigen
beantragen, auf die Verlegung der Beiträge an die 1., 2. und 3. Säule sowie der sonsti-
gen Abzüge auf das luxemburgische Verwaltungsratshonorar zu verzichten, unter Kos-
ten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Beschwerdegegnerin bzw. des Rekurs-
gegners. Die Verwaltungsratshonorare aus Luxemburg seien in der Schweiz nicht
sozialversicherungspflichtig. Es verbiete sich deshalb jegliche steuerliche Umlage der
Sozialversicherungsbeiträge auf diese. Die Begründung des Einspracheentscheids zur
direkten Bundessteuer sei ungenügend, da nur auf die Erwägungen zum kantonalen
Steuerrecht verwiesen werde. Es fehle an einer gesetzlichen Grundlage für die Kür-
zung der Abzüge sowohl im kantonalen als auch – abgesehen von den reinen Sozial-
abzügen – im Bundesrecht. Die bundesgerichtlichen Regeln zum interkantonalen Dop-
pelbesteuerungsrecht könnten nicht unbesehen auf internationale Sachverhalte
angewandt werden. Die vom kantonalen Steueramt herangezogenen Präjudizien seien
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1 DB.2013.13 1 ST.2013.13
nicht einschlägig, darüber hinaus habe es den wichtigen Entscheid VGr, 21. Septem-
ber 2011, SB.2011.00037 ausser Acht gelassen. Da die Einkünfte aus Luxemburg we-
der bei der 1. noch bei der 2. Säule in die Beitragsberechnung einbezogen worden
seien, sei gemäss dem genannten Entscheid keine Verlegung auf diese Einkünfte vor-
zunehmen. Durch die nur teilweise Berücksichtigung der Abzüge beim steuerbaren
Einkommen würde der Pflichtige diskriminiert. Luxemburg habe keinerlei anteiligen
Abzug der Schweizer Beiträge an die 1., 2. und 3. Säule zugelassen.
Das kantonale Steueramt schloss am 14. Februar 2013 auf Abweisung der
Rechtsmittel. Die Verwaltungsratshonorare hätten der schweizerischen Sozialversiche-
rungs-Beitragspflicht unterstanden, weshalb sie bei der Verlegung zu berücksichtigen
seien. Die Eidgenössische Steuerverwaltung stellte in ihrer Beschwerdeantwort vom
21. März 2013 ebenfalls Antrag auf Abweisung. Die Pflichtigen reichten am 18. Ap-
ril 2013 eine Replik ein, worin sie an ihrer Begründung und ihren Anträgen festhielten.
Die Eidgenössische Steuerverwaltung verwies in ihrer Stellungnahme vom 30. Ap-
ril 2013 auf ihre früheren Ausführungen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Die Pflichtigen rügen, dass der Einspracheentscheid betreffend die direkte
Bundessteuer ungenügend begründet sei.
a) Gemäss Art. 135 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteu-
er vom 14. Dezember 1990 (DBG) sind Entscheide zu begründen. Bei Einspracheent-
scheiden muss aus der Begründung ersichtlich sein, gestützt auf welche tatsächlichen
Feststellungen und aus welchen rechtlichen Erwägungen die Behörde ihren Entscheid
getroffen hat (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009,
Art. 135 N 9 DBG sowie Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 142
N 10 StG). Die Begründung muss aber nur die für den Verfahrensausgang wesentli-
chen tatsächlichen und rechtlichen Entscheidgründe enthalten. Nicht notwendig ist,
dass sie sich mit allen Parteierörterungen auseinandersetzt; es genügt, wenn sich aus
den Erwägungen die Unerheblichkeit oder Unrichtigkeit des Vorbringens mittelbar er-
gibt.
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1 DB.2013.13 1 ST.2013.13
b) Das kantonale Steueramt hat auf S. 5 - 9 der Einspracheentscheide die
vorliegenden Streitfragen unter dem Gesichtspunkt des kantonalen Rechts abgehan-
delt. In Ziff. 6 hielt es sodann fest, dass diese Erwägungen sinngemäss auch im Rah-
men von Art. 7 Abs. 1 DBG (Steuerberechnung bei teilweiser Steuerpflicht), Art. 33
Abs. 1 lit. d DBG (AHV- und BVG-Beiträge) und Art. 33 Abs. 1 lit. e DBG (Beiträge
Säule 3a) zur Anwendung gelangten. Damit liegt eine rechtsgenügende Begründung
vor, lassen sich doch die Ausführungen zum kantonalen Recht auf die Bundessteuer
übertragen. Mithin waren die Pflichtigen über die Beweggründe des kantonalen Steu-
eramts auch bezüglich der direkten Bundesteuer im Bild und deshalb in der Lage, sich
mit eigenen Argumenten inhaltlich gegen den entsprechenden vorinstanzlichen Ent-
scheid zu wehren. Die Rüge der ungenügenden Begründung geht deshalb fehl.
2. a) Natürliche Personen, die in der Schweiz wohnen oder ihren gesetzlichen
Wohnsitz haben, sind laut Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 DBG hier kraft persönlicher
Zugehörigkeit für ihr gesamtes Einkommen und Vermögen steuerpflichtig, mit Aus-
nahme von Geschäftsbetrieben, Betriebsstätten oder Liegenschaften ausserhalb der
Schweiz. Die Aufzählung der Ausnahmen ist auf der Stufe des internen Kollisions-
rechts abschliessend, indessen gehen weitergehende Bestimmungen in Doppelbe-
steuerungsabkommen vor (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 6 N 1 DBG; Peter Lo-
cher, Kommentar zum DBG, 1. Teil, 2001, Art. 6 N 3 DBG; BGr, 6. Mai 2008,
2C_276/2007, www.bger.ch). Für das kantonale Recht enthalten § 3 Abs. 1 i.V.m.
§ 5 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) eine gleichlautende Regelung
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 5 N 23 StG).
b) Steuerbar sind insbesondere alle Einkünfte aus privatrechtlicher oder öf-
fentlich-rechtlichem Arbeitsverhältnis mit Einschluss der Nebeneinkünfte wie Entschä-
digungen für Sonderleistungen, Provisionen, Zulagen, Dienstalters- und Jubiläumsge-
schenke, Gratifikationen, Trinkgelder, Tantiemen und andere geldwerte Vorteile
(Art. 17 Abs. 1 DBG bzw. § 17 Abs. 1 StG). Das Einkommen aus Tätigkeit als Verwal-
tungsrat ist nach Lehre und ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts und des
Verwaltungsgerichts solches aus unselbstständigem Erwerb (Richner/Frei/Kaufmann/
Meuter, Art. 17 N 18 DBG sowie § 17 N 18 StG, mit Hinweisen auf BGE 121 I 259 =
ASA 65, 421; BGE 95 I 21 = ASA 39, 323; VGr ZH, 19. Dezember 1996, StE 1997
B 22.3 Nr. 60 = StR 1997, 542 = ZStP 1997, 204). Dies gilt insbesondere auch beim
selbstständigerwerbenden Anwalt, welcher solche Verwaltungsratsmandate im Rah-
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1 DB.2013.13 1 ST.2013.13
men der Anwaltstätigkeit wahrnimmt. Das Verwaltungsgericht erwähnt zwar einen un-
veröffentlichten Entscheid des Bundesgerichts, wonach sich eine andere Beurteilung
dann ergaben könne, wenn das Verwaltungsratshonorar unter den Partnern einer An-
waltskanzlei aufgeteilt werde (E. 2a), wobei das Verwaltungsgericht diesem Vorbehalt
nicht folgt. Diese Betrachtungsweise – unselbstständiges Erwerbseinkommen – gilt
auch im Sozialversicherungsrecht (Ueli Kieser, Der Verwaltungsrat im Sozialversiche-
rungsrecht, Schweizerische Zeitschrift für Wirtschafts- und Finanzmarktrecht, 2006,
S. 181 und 184).
Möglich ist indes, dass ein Verwaltungsrat seine Funktion für eine juristische
Person ausübt. Eine solche kann selber nämlich nicht in den Verwaltungsrat gewählt
werden, weil das Mandat eines Verwaltungsrats nur von natürlichen Personen ausge-
übt werden kann (Art. 707 OR). Sie kann jedoch einen Vertreter bestimmen, welcher
die Funktion eines Verwaltungsrats in ihrem Interesse ausübt und so ihre Interessen
wahrnimmt. Das Honorar, das Sitzungsgeld oder die Tantiemen stehen alsdann noch
immer dem Verwaltungsrat persönlich zu. Allerdings kann vertraglich festgelegt wer-
den, diese Entschädigungen seien an die vertretene juristische Person abzuführen
(Wernli/Rizzi, in: Basler Kommentar, 4. A., 2012, Art. 707 N 38 OR). Dazu bedarf es
jedoch einer klaren vorgängigen Absprache zwischen beiden Parteien. Entsprechend
hat grundsätzlich der Verwaltungsrat eine solche Entschädigung als eigenes Einkom-
men zu versteuern. Zudem muss diese Vertretung einen sachlichen Hintergrund auf-
weisen; nur wenn erstellt ist, dass die Gesellschaft letztlich die entsendende juristische
Person und nicht die natürliche Person in ihren Verwaltungsrat eingebunden wissen
will oder aber die delegierende juristische Person durch eben diese natürliche Person
vertreten sein will, kann auf das Vertretungsverhältnis abgestellt werden. Dass solche
beachtlichen Gründe vorhanden sind, darf nicht leichthin angenommen werden
(vgl. zum Ganzen StRK II, 24. August 2010, 2 ST.2010.197).
c) Die Pflichtigen hatten in den Steuerperioden 2004 und 2005 ihren steuer-
rechtlichen Wohnsitz im Kanton Zürich und waren gestützt auf Art. 3 Abs. 1 DBG i.V.m.
Art. 6 Abs. 1 DBG bzw. § 3 i.V.m. § 5 Abs. 1 StG hier unbeschränkt steuerpflichtig.
Der Pflichtige bezog 2004 und 2005 ein Verwaltungsratshonorar aus der C SA
in Luxemburg. Gemäss den Feststellungen des Steuerkommissärs belief sich das Ho-
norar 2004 auf Fr. ....- und 2005 auf Fr .....-. Nach der angeführten Rechtsprechung
stellt dieses Honorar unselbstständiges Einkommen des Pflichtigen dar, wurde doch
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1 DB.2013.13 1 ST.2013.13
gemäss den luxemburgischen Steuerabrechnungen das Verwaltungsratsmandat durch
ihn selbst wahrgenommen und schuldete die C SA das Honorar ihm persönlich.
Daran ändert nichts, dass die Einkünfte durch die Anwaltskanzlei vereinnahmt
und zunächst erfolgswirksam erfasst wurden: In deren Jahresrechnung 2004 war das
Verwaltungsratshonorar im Gewinnanteil des Pflichtigen enthalten und erst in der
Steuererklärung ausgeschieden worden (vgl. Bestätigung vom 12. Dezember 2005). In
der Buchhaltung 2005 der Kollektivgesellschaft erfolgte die Korrektur noch vor Ab-
schluss, indem per 28. Februar 2006 drei Stornobuchungen von total Fr. ...- auf dem
Konto Nr. 2112 "RW VR-Honorare" vorgenommen wurden und dadurch eine Neutrali-
sation der erfolgswirksamen Erfassung erfolgte. Da die Honorare aber in der Folge an
den Pflichtigen ausbezahlt wurden, liegen keine Hinweise auf eine eigentliche Abliefe-
rung an die Anwaltskanzlei oder sonst wie einer Beteiligung der anderen Kanzleipart-
ner gestützt auf besondere Abmachungen vor. Es kann deshalb offen bleiben, ob es
sich bei der Verbuchung im Erfolg der Gesellschaft um einen Irrtum gehandelt, oder ob
dies ursprünglich dem tatsächlichen Willen der Parteien entsprochen hat und die Kor-
rektur auf einem nachträglichen Willensentschluss beruht (vgl. Begleitschreiben des
Pflichtigen zur Steuererklärung 2005).
d) Nach dem Grundsatz von Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 DBG bzw. § 3
Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 StG wäre demnach an sich eine Grundlage für eine Besteue-
rung der Einkünfte ein der Schweiz gegeben. Indessen widerspricht dies hier dem ein-
schlägigen Doppelbesteuerungsabkommen:
Gemäss Art. 16 des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenos-
senschaft und dem Grossherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteue-
rung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen vom 21. Janu-
ar 1993 (SR 0.672.951.81, nachfolgend DBA-L) können Aufsichtsrats- oder
Verwaltungsratsvergütungen und ähnliche Zahlungen, die eine in einem Vertragsstaat
ansässige Person in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Aufsichts- oder Verwaltungsrats
einer Gesellschaft bezieht, die im anderen Vertragsstaat ansässig ist, im anderen Staat
besteuert werden. Dies ist hier der Fall, weshalb die streitigen Verwaltungsratseinkünf-
te des Pflichtigen Luxemburg zuzuweisen und gemäss Art. 23 Ziff. 2 lit. a DBA-L von
der Besteuerung in der Schweiz auszunehmen sind. Der Vorbehalt von Art. 23 Ziff. 2
lit. a Satz 2 i.V.m. Art. 28 DBA-L gelangt nicht zur Anwendung, da die Besteuerung der
Honorareinkünfte in Luxemburg nachgewiesen ist.
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1 DB.2013.13 1 ST.2013.13
3. a) Die Steuerausscheidung für Geschäftsbetriebe, Betriebsstätten und Lie-
genschaften im Verhältnis zum Ausland erfolgt gemäss Art. 6 Abs. 3 DBG nach den
Grundsätzen des Bundesrechts über das Verbot der Doppelbesteuerung. Mithin gelten
die Ausscheidungsregeln, welche das Bundesgericht in gesetzesvertretender Recht-
sprechung zum interkantonalen Doppelbesteuerungsverbot von Art. 46 Abs. 2 der alten
Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 (aBV) bzw. Art. 127 Abs. 3 der Bundesverfas-
sung vom 18. April 1999 (BV) entwickelt hat, kraft dieses Verweises im Bereich der
internationalen Steuerausscheidung auch als Bundesrecht. § 5 Abs. 3 StG enthält den
gleichen Verweis mit Bezug auf das kantonale Recht.
b) Gemäss der dargelegten gesetzlichen Regelung bezieht sich der Verweis
auf die bundesgerichtlichen Ausscheidungsregeln lediglich auf Geschäftsbetriebe, Be-
triebsstätten oder Liegenschaften im Ausland. Es stellt sich die Frage, nach welchen
Regeln die Ausscheidung zu erfolgen hat bei einzig aufgrund eines Doppelbesteue-
rungsabkommens vorgeschriebenen Tatbeständen (wie hier bei den dem ausländi-
schen Arbeitsort zugeschiedenen unselbstständigen Erwerbseinkünften).
Für das Bundesrecht schreibt Art. 7 Abs. 1 DBG den Grundsatz der unbeding-
ten Befreiung mit Progressionsvorbehalt vor. Die Bestimmung ist offen formuliert; es
besteht deshalb kein Grund, den Anwendungsbereich nur auf die in Art. 6 DBG er-
wähnten Fälle einzuschränken; vielmehr gilt der Grundsatz auch dann, wenn ein Dop-
pelbesteuerungsabkommen die Freistellung vorschreibt (Locher, Art. 7 N 6 DBG).
Art. 7 Abs. 1 DBG enthält keine Vorschrift über die Bemessung des Umfangs der Frei-
stellung. Bei einer Besteuerung in der Schweiz wäre aber nur das Nettoeinkommen
erfasst worden; dementsprechend ist nicht das ausländische Bruttoeinkommen, son-
dern das um die darauf entfallenden Abzüge verminderte Nettoeinkommen freizustel-
len (Locher, Art. 6 N 8 ff. DBG). Art. 213 Abs. 3 i.V.m. Art. 208 DBG schreibt damit
übereinstimmend in Bezug auf die Sozialabzüge ausdrücklich vor, dass diese bei teil-
weiser Steuerpflicht anteilsmässig gewährt werden.
Das kantonale Recht enthält in § 6 Abs. 1 StG ebenfalls eine Vorschrift, nach
welcher Steuerpflichtige, die im Kanton nur für einen Teil ihres Einkommens und Ver-
mögens steuerpflichtig sind, die Steuern für die im Kanton steuerbaren Werte nach
dem Steuersatz entrichten, der ihrem gesamten Einkommen und Vermögen entspricht.
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1 DB.2013.13 1 ST.2013.13
Darüber hinaus schreibt die Bestimmung ausdrücklich vor, dass steuerfreie Beträge
anteilsmässig zu gewähren sind. Das Gesetz schreibt damit eine Verlegung der Abzü-
ge vor, sodass hier sogar eine ausdrückliche Grundlage für die internationale Verle-
gung der Abzüge vorliegt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 7 N 15 ff. StG).
Nach dem Gesagten ist demnach bei internationalen Verhältnissen eine Ver-
legung aller Abzüge vorzunehmen, und zwar auch bei der kraft DBA geforderten Aus-
scheidung eines unselbstständigen Erwerbseinkommens ins Ausland.
c) aa) Beiträge an Sozialversicherungen (AHV/IV/EO/ALV) gehören zwar nach
der Systematik der Steuergesetze zu den allgemeinen Abzügen (Art. 33 Abs. 1 lit. d
und f DBG sowie § 31 Abs. 1 lit. d und f StG; Höhn/Mäusli, Interkantonales Steuer-
recht, 4. A., 2000, § 19 N 6a; Philipp Betschart in: Kommentar zum Schweizerischen
Steuerrecht, Interkantonales Steuerrecht, 2011, § 24 N 12, auch zum Folgenden). Bei
Unselbstständigerwerbenden sind sie aber an die Erwerbstätigkeit geknüpft und des-
halb gleich wie die Berufskosten zu verlegen. Dasselbe gilt für persönliche Beiträge
des Selbstständigerwerbenden. Diese sind zwar ebenfalls keine Gewinnungskosten,
sondern allgemeine Abzüge. Da sie in einem ursächlichen und engen Zusammenhang
zum Erwerbseinkommen stehen und auf der Grundlage dieses Einkommens erhoben
werden, sind sie gleich wie Geschäftsaufwendungen auszuscheiden. Mithin sind Bei-
träge an Sozialversicherungen gleich wie Gewinnungskosten organisch mit bestimmten
Einkünften verknüpft und kollisionsrechtlich folgerichtig diesen objektmässig zuzuwei-
sen. Erfolgt die Berechnung der AHV-Beiträge aufgrund des weltweit erzielten Ein-
kommens, sind demnach die Beiträge in einem ersten Schrift objektmässig diesem
Einkommen und in einem zweiten Schritt proportional den in- und ausländischen Ein-
kommensbestandteilen zuzuweisen (VGr, 21. September 2011, SB.2011.00037,
www.vgrzh.ch).
bb) Bei Beiträgen an die berufliche Vorsorge (2. Säule) ist ähnlich wie bei den
Sozialversicherungsbeiträgen vorzugehen (Betschart, § 24 N 13, auch zum Folgenden;
vgl. Schweizerische Steuerkonferenz, Vorsorge und Steuern, Anwendungsfälle A.7.1.1
und A.7.2.1). Auch hier handelt es sich um allgemeine Abzüge, welche aber aufgrund
ihres Bezugs zum Erwerbseinkommen bei Erwerbstätigen wie Gewinnungskosten ob-
jektmässig ausgeschieden werden. Bei Unselbstständigerwerbenden werden die Bei-
träge (ordentliche Beiträge und Beiträge für den Einkauf von Beitragsjahren) gleich wie
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1 DB.2013.13 1 ST.2013.13
das Erwerbseinkommen zugeteilt. Bei Selbstständigerwerbenden sind die Beiträge im
Ergebnis gleich wie Geschäftsaufwand auszuscheiden.
cc) Mit Bezug auf die Beiträge zum Erwerb von Ansprüchen aus anerkannten
Formen der gebundenen Selbstvorsorge (Säule 3a) hat das Verwaltungsgericht im
bereits erwähnten Entscheid VGr, 21. September 2011, SB.2011.00037,
www.vgrzh.ch, festgehalten, dass die Abzüge international in Abweichung von der bei
interkantonalen Verhältnissen sinnvollen Regelung nicht proportional, sondern aus-
schliesslich dem in der Schweiz steuerbaren Einkommen zuzuweisen sind. Eine pro-
portionale Ausscheidung der Beiträge würde nämlich dazu führen, dass der diese Vor-
sorgeform charakterisierende Steuervorteil je nach den konkreten Umständen teilweise
oder vollständig wegfällt, oder dass dieser Vorteil sich gar ins Gegenteil – in eine steu-
erliche Mehrbelastung – wendet, was als nicht sachgerecht erscheint. Allerdings ist
damit auch die zulässige Höhe des Abzugs allein aufgrund des schweizerischen Ein-
kommens zu bestimmen.
dd) Die meisten allgemeinen Abzüge stehen mit der Einkommenserzielung
nicht in einem direkten Zusammenhang. Sie werden deshalb nach Massgabe der Net-
toeinkommensanteile (Bruttoeinkommen abzüglich Gewinnungskosten, weitere ob-
jektmässig zuzuteilende Abzüge und Schuldzinsen) auf die beteiligten Gemeinwesen
proportional verlegt (Betschart, § 24 N 38; BGE 104 Ia 256 E. 4; VGr, 3. März 2004,
SB.2003.00057, www.vgrzh.ch; VGr, 17. März 2010, SB.2009.00099, www.vgrzh.ch;
Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 6 N 15 f. StG).
d) aa) Mit Bezug auf die Verlegung der AHV/IV/EO-Beiträge ergibt sich dar-
aus, dass selbstständiges und unselbstständiges Einkommen separat zu betrachten
sind, indem jede Einkommensquelle die darauf beruhenden Sozialversicherungsbeiträ-
ge zu tragen hat. Mithin ist auf das luxemburgische Verwaltungsratshonorar kein Anteil
der Sozialversicherungsbeiträge zu verlegen, welche gestützt auf die Tätigkeit als
selbstständig erwerbender Anwalt im Rahmen der Kollektivgesellschaft geschuldet
waren. Die luxemburgischen Einkünfte sind demnach nicht anders zu behandeln als
die anderen Verwaltungsratshonorare des Pflichtigen, auf welche das kantonale Steu-
eramt zu Recht auch keine Sozialversicherungsbeiträge der Kollektivgesellschaft ver-
legt hat.
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1 DB.2013.13 1 ST.2013.13
bb) Hinzu kommt, dass auf dem luxemburgischen Verwaltungsratshonorar
unbestritten bisher gar keine schweizerischen Sozialversicherungsbeiträge veranlagt
worden sind, weshalb es bereits an zu verlegenden Beiträgen fehlt. Es kann deshalb
offen bleiben, ob das Verwaltungsratshonorar überhaupt der Beitragspflicht untersteht,
wie das kantonale Steueramt geltend macht.
Das Steuerrekursgericht ist zudem für die AHV-Veranlagung nicht zuständig.
Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass das von der Schweiz mit der EU und den da-
maligen 15 Mitgliedstaaten am 21. Juni 1999 abgeschlossene Abkommen über die
Personenfreizügigkeit (FZA, in Kraft seit 1. Juni 2002) in Art. 8 eine Regelung über die
Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit enthält. Gestützt darauf kann unter
bestimmten Umständen eine AHV-Pflicht für ausländische Verwaltungsratshonorare
bestehen (Kieser, S. 182). Im vorliegenden Fall stellt sich diesfalls indessen die Frage,
ob das Recht zur Veranlagung nicht bereits verjährt ist (Art. 16 Abs. 1 des Bundesge-
setzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung vom 20. Dezember 1946,
AHVG).
Da zum gegenwärtigen Zeitpunkt unklar ist, ob eine solche Veranlagung über-
haupt je durchgeführt wird, besteht für das Steuerrekursgericht erst recht keine Veran-
lassung, einen solchen allfälligen Abzug für Sozialversicherungsbeiträge bereits jetzt
schon zu berücksichtigen und auf das luxemburgische Verwaltungsratshonorar zu ver-
legen.
cc) Damit sind die Beschwerde und der Rekurs in diesem Punkt gut zu heis-
sen.
e) Wie bereits festgehalten, erfolgt die Verlegung der Beiträge für die 2. Säule
nach den gleichen Regeln wie bei der 1. Säule. Mithin stellt sich auch hier die Frage,
ob für das Honorar als Verwaltungsrat Vorsorgebeiträge in der Schweiz geleistet wur-
den bzw. ob das Vorsorgeverhältnis mit der Anwaltskanzlei diese Einkommen umfass-
te.
Selbstständigerwerbende unterstehen nicht der obligatorischen beruflichen
Vorsorge. Sie haben indessen die Möglichkeit, sich bei der Vorsorgeeinrichtung ihres
Berufs oder ihrer Arbeitnehmer anzuschliessen (Art. 44 Abs. 2, Art. 60 Abs. 2 lit. c des
Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung
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1 DB.2013.13 1 ST.2013.13
vom 25. Juni 1982, BVG; Jürg Brühwiler, in: Soziale Sicherheit, 2. A., 2007, S. 2024).
Teilhaber von Kollektivgesellschaften können als Selbstständigerwerbende gleich wie
Arbeitnehmer versichert werden (H. P. Conrad in: Carl Helbling, Personalvorsorge und
BVG, 8. A., 2006, S. 335). Der in der beruflichen Vorsorge versicherbare Lohn oder
das versicherbare Einkommen der Selbstständigerwerbenden darf das AHV-beitrags-
pflichtige Einkommen nicht übersteigen (Art. 1 Abs. 2 BVG).
Die vorliegend streitigen ordentlichen BVG-Beiträge beziehen sich auf das
selbstständige Erwerbseinkommen. Gemäss den vorliegenden Unterlagen erfolgt die
berufliche Vorsorge der Anwaltskanzlei in zwei Teilen: Als Basis besteht ein An-
schlussvertrag der Anwaltskanzlei beii der Vorsorgestiftung des Züricher Anwaltsver-
bands, bei welchem ein Jahreslohn bis Fr. 110'500.- versichert ist. Zusätzlich wurde
ein Anschlussvertrag mit der Sammelstiftung einer schweizerischen Lebensversiche-
rungsgesellschaft abgeschlossen, welcher sich auf einen gemeldeten Jahreslohn von
Fr. 774'000.- bzw. versicherten Jahreslohn von Fr. 663'500.- bezieht. Das Verwaltungs-
ratshonorar von der C SA ist indessen nach dem Gesagten nicht dem selbstständigem
Erwerbseinkommen aus der Tätigkeit bei der Anwaltskanzlei zuzurechnen, sondern ist
sozialversicherungsrechtlich und steuerrechtlich separat zu betrachten. Es kann des-
halb von vornherein nicht im Rahmen der Erwerbstätigkeit für die Anwaltskanzlei mit-
versichert werden. Das selbstständige Jahreseinkommen des Pflichtigen liegt zudem
auch ohne das streitige Verwaltungsratshonorar erheblich über dem gemeldeten Jah-
reslohn von Fr. 774'000.-. Damit besteht aber auch keine Rechtfertigung, die gestützt
auf diese Verträge geleisteten Beiträge an die 2. Säule auf das luxemburgische Ver-
waltungsratshonorar zu verlegen. Dieses ist vielmehr nicht anders zu behandeln als die
anderen Verwaltungsratshonorare des Pflichtigen. Auch in diesem Punkt sind daher
Beschwerde und Rekurs gutzuheissen.
f) Bei der beruflichen Selbstvorsorge ist nach dem erwähnten Präjudiz
VGr, 21. September 2011, SB.2011.00037, www.vgrzh.ch, der gesamte Beitrag auf die
schweizerischen Einkommensbestandteile zu verlegen. Dies führt diesbezüglich ohne
Weiteres zur Gutheissung von Beschwerde und Rekurs.
g) Die Aufteilung der allgemeinen Abzüge nach Massgabe der Nettoeinkom-
mensanteile (Bruttoeinkommen abzüglich Gewinnungskosten, weitere objektmässig
zuzuteilende Abzüge und Schuldzinsen) entspricht konstanter Praxis und Rechtspre-
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1 DB.2013.13 1 ST.2013.13
chung, weshalb die Rechtsmittel diesbezüglich im Grundsatz abzuweisen sind, die
Ausscheidungsberechnungen indessen anzupassen sind.
4. Gestützt auf diese Erwägungen sind Beschwerde und Rekurs teilweise gut-
zuheissen. Aufgrund des nahezu vollständigen Obsiegens der Pflichtigen sind die Kos-
ten vollumfänglich der Beschwerdegegnerin/dem Rekursgegner aufzuerlegen (Art. 144
Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). Den Pflichtigen ist aufgrund ihres weit überwie-
genden Obsiegens eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 144
Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren
vom 20. Dezember 1968 bzw. § 152 StG i. V. m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechts-
pflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,013 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
3a3b1dd5-9ee4-40de-b0e4-98eea5287b02 | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend die Pflichtigen) erwarben Ende November 2010
800 Anteile des Anlagefonds C zum Preis von 800'000.- australischen Dollars (AUD).
Diesen Kauf finanzierten sie zum Teil mit einem Darlehen von AUD 680'000.- der D, E,
Australien. Sowohl die C als auch die D gehören zu der F Bank G-Gruppe. In ihrer
Steuererklärung 2011 deklarierten die Pflichtigen in diesem Zusammenhang Schuld-
zinsen von Fr. 51'527.- auf einer Schuld von Fr. 707'927.-.
Mit Einschätzungsvorschlag vom 3. Dezember 2013 sah der Steuerkommissär
vor, die genannten Schuldzinsen nicht zum Abzug zuzulassen, mit Verweis auf ein
nicht bei den Akten liegendes Schreiben vom 22. März 2013. Am 24. Januar 2014
schätzte der Steuerkommissär sie entsprechend dem Vorschlag für die direkte Bun-
dessteuer 2011 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 453'300.- und für die
Staats- und Gemeindesteuern 2011 mit einem steuerbaren Einkommen von
Fr. 709'700.- (davon Ertrag aus qualifizierter Beteiligung Fr. 625'000.-) und einem
steuerbaren Vermögen von Fr. 11'149'000.- ein.
B. Hiergegen erhoben die Pflichtigen am 18. Februar 2014 Einsprache mit
dem Antrag, den Schuldzinsenabzug zu gewähren. Die Darlehensgeberin sei von dem
Anlageprodukt unabhängig; die Darlehensaufnahme sei erfolgt, um das Währungsrisi-
ko abzudecken, das durch die Investition in den C Anlagefonds in AUD entstanden sei.
Am 10. März 2014 verlangte der Steuerkommissär den Darlehensvertrag ein,
welcher Aufforderung die Pflichtigen am 18. März 2014 nachkamen. Am 24. März 2014
wies das kantonale Steueramt die Einsprachen ab.
C. Am 9. April 2014 erhoben die Pflichtigen Beschwerde bzw. Rekurs, unter
Wiederholung von Einspracheantrag und –begründung. Das kantonale Steueramt be-
antragte am 6. Juni 2014, die angefochtenen Entscheide zu bestätigen. Dem schloss
sich die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) am 8. Juli 2014 mit Bezug auf die
direkte Bundessteuer an. Die Pflichtigen hielten mit Replik vom 26. August 2014 an
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1 DB.2014.79 1 ST.2014.93
ihrer Auffassung fest, ebenso das kantonale Steueramt mit Duplik vom 11. Septem-
ber 2014 und die ESTV am 18. September 2014. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Von den Einkünften werden die privaten Schuldzinsen im Umfang der
steuerbaren Vermögenserträge und weiterer Fr. 50'000.- abgezogen. Nicht abzugsfä-
hig sind Schuldzinsen für Darlehen, die eine Kapitalgesellschaft einer an ihrem Kapital
massgeblich beteiligten oder ihr sonst wie nahe stehenden natürlichen Person zu Be-
dingungen gewährt, die erheblich von den im Geschäftsverkehr unter Dritten üblichen
Bedingungen abweichen (Art. 33 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über die direkte
Bundessteuer vom 14. Dezember 1990, DBG). Für das kantonale Recht schreibt Art. 9
Abs. 2 lit. a des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der
Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG) ebenfalls den Abzug der
privaten Schuldzinsen im Umfang des steuerbaren Vermögensertrags und weiterer
Fr. 50'000.- vor. In Ausführung dieser Bestimmung sieht § 31 Abs. 1 lit. a des Steuer-
gesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) vor, dass die privaten Schuldzinsen im Umfang der
steuerbaren Vermögenserträge und weiterer Fr. 50'000.- abgezogen werden können.
Ein zweiter Satz entsprechend Art. 33 Abs. 1 lit. a DBG fehlt in den für die Staats- und
Gemeindesteuern geltenden Bestimmungen.
b) Mit Entscheid BGr, 26. Oktober 2012, 2C_565/2011, hat das Bundesgericht
über die Frage der Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen bei kreditfinanzierten Anlagepro-
dukten einen Leitentscheid gefällt. Dabei stützte es sich auf Art. 34 Abs. 1 lit. a des
Gesetzes des Kantons Freiburg vom 6. Juni 2000 über die direkten Kantonssteuern
(DStG), welcher mit Art. 33 Abs. 1 lit. a DBG identisch ist und insbesondere auch den
zweiten Satz enthält. Zur Auslegung der kantonalen Bestimmung zog das Bundesge-
richt deshalb Art. 33 Abs. 1 lit. a DBG heran. Daraus ist zu schliessen, dass die Erwä-
gungen des Bundesgerichts ohne Weiteres auch mit Bezug auf Art. 33 Abs. 1 lit. a
zweiter Satz DBG selbst Geltung haben.
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1 DB.2014.79 1 ST.2014.93
Demnach bezieht sich diese Bestimmung von Wortlaut und Inhalt her auf die
allgemeine Praxis zu geldwerten Leistungen und auf den dafür massgeblichen so ge-
nannten Drittvergleich. Dabei geht es nicht so sehr um bevorzugte Zinskonditionen,
sondern um Fälle, in denen die Darlehensgewährung als solche dem Drittvergleich
nicht standhält (Peter Locher, Kommentar zum DBG, Teil I, 2001, Rz 11 zu Art. 33;
Zigerlig/Jud, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A., 2008,
Rz 6 zu Art. 33 DBG). Das gilt namentlich gegenüber Schuldzinsen, die für ertragslose,
nur auf die Erzielung von steuerfreien privaten Kapitalgewinnen (vgl. Art. 7 Abs. 4 lit. b
StHG) ausgerichtete Investitionen aufgewendet werden und dem Pflichtigen bei unein-
geschränkter Abzugsgewährung einen doppelten Steuervorteil verschaffen würden
(Markus Reich, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A.,
2002, Rz 32 zu Art. 9 StHG; Zigerlig/Jud, Rz 8 zu Art. 33 DBG). Gegenüber einer dop-
pelten Inanspruchnahme von Steuervorteilen im Privatvermögensbereich kann die Be-
grenzung des Schuldzinsenabzugs auf Fr. 50'000.- bestenfalls besonders krasse Aus-
wüchse unterbinden (vgl. Reich, Rz 32 zu Art. 9 StHG; Zigerlig/Jud, Rz 8 zu Art. 33
DBG). Diese Regelung stellt aber nur eine erste äussere Grenze dar, innerhalb derer
zwei weitere und strengere Einschränkungen zum Tragen kommen müssen: Zum ei-
nen der Ausschluss rechtsmissbräuchlicher Schuldzinsenabzüge unter dem Gesichts-
punkt der Steuerumgehung, zum anderen eben die in der genannten Bestimmung
festgehaltene Verweigerung des Zinsenabzugs bei Darlehen, welche gegenüber Betei-
ligten oder Nahestehenden unter erheblicher Abweichung von zwischen unabhängigen
Dritten üblichen Geschäftsbedingungen gewährt worden sind. Der Ausschluss der Ab-
zugsfähigkeit soll aber keineswegs nur gegenüber direkten Anteilsinhabern der Darle-
hensgeberin gelten, sondern auch bei Krediten an nahestehende Personen, d.h. sol-
che, zu denen wirtschaftliche oder persönliche (u.a. verwandtschaftliche) Verbind-
ungen bestehen, welche nach den gesamten Umständen als eigentlicher Grund der zu
besteuernden Leistung betrachtet werden müssen. Nahestehend sind auch Personen,
denen der Aktionär erlaubt, die Gesellschaft wie eine eigene zu benutzen.
Im Folgenden hat das Bundesgericht diese Bestimmung auf eine Vermögens-
anlage angewandt, bei welcher die Investoren in eine australische Limited Partnership
eintraten, als deren unbeschränkt haftender General Partner eine australische Bank
figurierte. Die Limited Partnership investierte das verfügbare Kapital unter Leitung der
Bank in zwei Anlagegesellschaften, wo die Erträge thesauriert wurden. Zugleich nahm
die Limited Partnership zur Erhöhung des verfügbaren Kapitals für jeden von den An-
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1 DB.2014.79 1 ST.2014.93
legern eingebrachten AUD einen Kredit von weiteren 9 AUD auf, welche von einer an-
deren Gruppengesellschaft verzinslich gewährt wurde. Nach Beurteilung des Bundes-
gerichts zielte dieses Produkt im Wesentlichen auf Ausnutzung von steuerfreien Kapi-
talgewinnen und steuerlich abziehbaren Schuldzinsen ab und fiel deshalb in den
Anwendungsbereich von Art. 34 Abs. 1 lit. a DStG (und damit wohl auch von Art. 33
Abs. 1 lit. a DBG). Es prüfte darauf die dort genannten Voraussetzungen und erachtete
diese als erfüllt. Das Darlehen war demnach im Geschäftsverkehr unter Dritten unüb-
lich, da die Investoren nur beschränkt hafteten und die Darlehensgeberin auf das sons-
tige Vermögen der Anleger keinen Rückgriff nehmen konnte, sowie der Einsatz von
erheblichen Fremdmitteln in der privaten Vermögensverwaltung unüblich sei. Weiter
erachtete es die Investoren als nahestehend, da der General Partner ihnen in der Form
des Darlehens, welches von den Marktbedingungen erheblich abwich, geldwerte Vor-
teile zukommen liess.
c) Die vom Bundesgericht als wesentlich erachteten Merkmale liegen auch
hier vor:
Wie das vom Bundesgericht beurteilte Produkt zielt der C Anlagefonds auf
einen Kapitalgewinn ab, welcher in der Schweiz steuerfrei ist. Dies wird im "Confidenti-
al H Sheet" in Abs. 6 von S. 1 ausdrücklich festgehalten, gemäss welchem der Anlage-
fonds bezweckt, einen "Target Base Return" zu erreichen. Im Anhang wird dement-
sprechend ein Rücknahmepreis von AUD 1'170.- bis AUD 1'190.- pro Anteil in Aussicht
gestellt, aber keinerlei Absicht auf Erzielung von laufenden Erträgen kundgetan. Ge-
mäss Bestätigung vom ... Februar 2012 betrug der zu deklarierende Ertrag denn auch
nur AUD 2'216.- bzw. Fr. 1'960.- und spielte damit eine sehr untergeordnete Rolle.
Dem steht allein für die Steuerperiode 2011 ein Zinsaufwand von Fr. 51'527.- gegen-
über. Offenkundig sollte das Produkt von der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Schuld-
zinsen und gleichzeitigen Steuerfreiheit von Kapitalgewinnen profitieren. Damit sind die
weiteren Voraussetzungen von Art. 33 Abs. 1 lit. a DBG zu prüfen.
Von der ursprünglichen Investition von AUD 800'000.- wurden AUD 680'000.-
mit Kredit finanziert; mithin beträgt die Fremdfinanzierung damit anfänglich 85%. Ge-
mäss § 1 Ziff. 1 des Darlehensvertrags vom ... November 2010 wurde das Darlehen
ausschliesslich zum Zweck der Finanzierung des Erwerbs von Anteilen am C Anlage-
fonds gewährt. Der Zinssatz belief sich auf 7,85% pro Jahr. Die Schuldzinsen mussten
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1 DB.2014.79 1 ST.2014.93
nicht bezahlt werden, sondern wurden laufend vorgetragen und erst am Endfälligkeits-
tag abgerechnet (§ 3 Ziff. 1 des Darlehensvertrags). Die aufgelaufenen Zinsen wurden
jeweils per 31. Dezember dem Darlehen hinzu geschlagen und mussten ebenfalls zum
gleichen Satz verzinst werden (§ 2 Ziff. 1 i.V.m. § 3 Ziff. 2 des Darlehensvertrags). Die
Höhe der Rückzahlung ist auf die Fondsanteile beschränkt, an welchen die Darlehens-
geberin ein Pfandrecht erhält; eine weitergehende persönliche Haftung der Darlehens-
nehmer ist ausgeschlossen (§ 1 Ziff. 3 des Darlehensvertrags). Unklar ist, ob auch der
von den Pflichtigen aus eigenen Mitteln erworbene Anteil der Haftung unterworfen ist.
Der Wortlaut des Darlehensvertrags ist diesbezüglich nicht klar, lässt es aber vermu-
ten, indem nirgends die Haftung auf die mit dem Darlehen erworbenen Anteile be-
schränkt wird, sondern sich erstreckt auf "alle vom Darlehensnehmer gehaltenen
Fondsanteile, seien sie vor oder nach dem Datum dieses Vertrags erworben" (§ 5
Ziff. 2 lit. a des Darlehensvertrags). In diesem Fall wäre das Geschäft mit einem Lom-
bardkredit von anfänglich 85% und ohne Nachdeckungspflicht der Kreditnehmer zu
vergleichen. Eine solch hohe Belastung der erworbenen Wertschriften mit zusätzlichem
Haftungsausschluss ist gemäss dem Leitentscheid als aussergewöhnlich zu bezeich-
nen, insbesondere da es sich um eine Investition in "Emerging Markets" mit entspre-
chend erhöhtem Risiko handelt (vgl. hierzu die Belehnungssätze im vom kantonalen
Steueramt als Beilage eingereichte Artikel von Urs Bürgi, Lombardkredit und Margin
Call, S. 67, sowie allgemein zum Lombardkredit Boemle/Gsell/Jetzer/Nyffeler/Thal-
mann, Geld-, Bank- und Finanzmarkt-Lexikon der Schweiz, 2002, S. 1110 f.). Die Situ-
ation entspricht somit derjenigen im bundesgerichtlichen Präjudiz.
Nach den vom Bundesgericht verwendeten Kriterien sind die Pflichtigen zu-
dem als nahestehend zu bezeichnen. Federführend war die C. Gestützt auf die vor-
handenen Unterlagen steht es ausser Zweifel, dass diese und die D beide zur
F-Firmengruppe gehören und unter einheitlicher Leitung stehen. Dies wird auf der
Zinsbestätigung vom ... Februar 2012 der D sogar ausdrücklich bestätigt. Zudem er-
folgte die Kundenbeziehung zur D über eine Gesellschaft der F Gruppe. Offenkundig
ist die Gewährung des Kredits Teil eines Gesamtpakets, falls dies vom Investor ge-
wünscht wird. Damit entspricht die Situation auch in dieser Beziehung derjenigen im
bundesgerichtlichem Leitentscheid. Die F-Gruppe stellte mithin den Pflichtigen nur we-
gen ihrer Eigenschaft als Investoren ein Darlehen zur Verfügung, welches sie einer
anderen Person in dieser Form nicht gewährt hätte. Dass die Kreditaufnahme im Er-
messen der Investoren lag, ändert daran nichts.
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1 DB.2014.79 1 ST.2014.93
Damit sind aber die Kriterien von Art. 33 Abs. 1 lit. a Satz 2 DBG erfüllt, und
hat das kantonale Steueramt – zumindest in Bezug auf die direkte Bundessteuer kraft
der besonderen Vorschrift – den Schuldzinsenabzug zu Recht verweigert.
d) Was die Pflichtigen dagegen vorbringen, dringt nicht durch: Sie begründen
die Kreditaufnahme mit der Absicherung gegenüber Währungsschwankungen. Gegen
solche Risiken hat die Finanzwirtschaft indessen spezielle Produkte entwickelt (Hed-
ginggeschäft). Es erscheint als ungewöhnlich, dass die F Gruppe nicht solche anbietet,
wenn sie denn schon als australische Gesellschaft um Schweizer Kunden wirbt. Die
Aufnahme eines Darlehens in derselben Währung im Umfang von 85% der investierten
Summe erscheint demgegenüber als schwerfällig und zudem bei einem Zins von
7,85% pro Jahr als teuer und nur sinnvoll, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht,
dass bei einer Direktinvestition ohne Beanspruchung von Fremdmitteln der zu befürch-
tende Wertverlust des AUD die kumulierten Zinsen übertreffen könnte. Geht man zu-
sätzlich davon aus, dass sich die Haftung auf "alle vom Darlehensnehmer gehaltenen
Fondsanteile, seien sie vor oder nach dem Datum dieses Vertrags erworben" erstreckt
(§ 5 Ziff. 2 lit. a des Darlehensvertrags), erhöht die Darlehensaufnahme das finanzielle
Risiko der Pflichtigen sogar, indem sie u.U. bei schlechter Entwicklung des Anlage-
fonds ihr gesamtes investiertes Kapital verlieren könnten. Mitunter erscheint es als
widersprüchlich, wenn sie mit dem Darlehen das eigene investierte Kapital gefährden,
nur um sich vor Währungsschwankungen zu sichern.
2. Nachdem das kantonale Recht keine Korrekturnorm entsprechend Art. 33
Abs. 1 lit. a Satz 2 DBG enthält, ist der Sachverhalt auch noch unter dem Gesichts-
punkt der Steuerumgehung zu prüfen.
a) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BGE 138 II 239 E. 4.1
S. 243 f.; BGE 131 II 627 E. 5.2 S. 635 f.; BGr, 14. Juni 2012, 2C_1027/2011 bzw.
2C_1028/2011 E. 4.2, mit Hinweisen) wird eine Steuerumgehung angenommen, wenn
- eine von den Beteiligten gewählte Rechtsgestaltung als ungewöhnlich, sachwidrig
oder absonderlich, jedenfalls den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unange-
messen erscheint,
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- anzunehmen ist, dass die gewählte Rechtsgestaltung missbräuchlich lediglich des-
halb getroffen wurde, um Steuern einzusparen, die bei sachgemässer Ordnung der
Verhältnisse geschuldet wären, und
- das gewählte Vorgehen tatsächlich zu einer erheblichen Steuerersparnis führen
würde, sofern es von den Steuerbehörden hingenommen würde.
b) Wie bereits festgehalten, hält die Darlehenshingabe nach der Rechtspre-
chung dem Drittvergleich nicht stand und ist bereits deshalb ungewöhnlich. Aber auch
bei einer gesamthaften Betrachtung der gesamten Anlage erscheint das Vorgehen –
unter Weglassung der steuerlichen Aspekte – als wirtschaftlich nicht gerechtfertigt.
Der Anlagefonds hatte eine feste Laufzeit vom 26. November 2010 bis zum
31. März 2014. Er zielte gemäss der Präsentation der C auf einen Endwert von
AUD 1'170.- bis 1'190.- pro Anteil ab, was einem Wertzuwachs von 17% bis 19% ent-
spricht. Nach den Feststellungen des kantonalen Steueramts betrug der tatsächliche
Endwert am 31. März 2014 AUD 1'172.- pro Anteil, somit der Wertzuwachs 17,2%. Der
Kredit wurde am ... November 2010 ausbezahlt (Schreiben vom 14. Dezember 2010
sowie Anhang zum Darlehensvertrag). Bei einem Darlehenszins von 7,85% auf
AUD 680'000.- ergibt sich unter Einbezug des Zinseszinses per 31. Dezember jeden
Jahres folgende zurückzuzahlende Endsumme:
Darlehenssumme Jahreszins Zins total
AUD AUD AUD
29.11.2010 680'000.- - -
31.12.2010 (32 Tage) 684'680.- 4'680.- 4'680.-
31.12.2011 738'427.- 53'747.- 58'427.-
31.12.2012 796'394.- 57'967.- 116'394.-
31.12.2013 858'911.- 62'517.- 178'911.-
31.03.2014 (90 Tage) 875'536.- 16'625.- 195'536.-.
In der vereinbarten Rückzahlung war demnach ein aufgelaufener Zins von
AUD 195'536.- bzw. rund 28,76% der aufgenommenen Darlehenssumme von
AUD 680'000.- enthalten. Mithin mussten die damit erworbenen Anteile am Anlage-
fonds eine Wertsteigerung von mehr als 28,76% erfahren, um insgesamt ein positives
Ergebnis abzuwerfen. Auch wenn einzuräumen ist, dass die Erfolgsaussichten der In-
vestition im Zeitpunkt des Abschlusses zu beurteilen ist, und deshalb die effektive Per-
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formance von 17,2% ausser Acht zu bleiben ist, ist doch festzuhalten, dass eine Inves-
torenerwartung einer Wertsteigerung von über 28,76% bei einer vom Anlageprodukt
selber in Aussicht gestellten Wertsteigerung von 17% bis 19% als nicht mehr begründ-
bar erscheint. Dies lässt vermuten, dass die Erwartung eines Überschussanteils bei
Abschluss des Darlehensvertrags nicht von Bedeutung war, sondern dass andere
Überlegungen mitgespielt haben.
Soweit die Pflichtigen dagegen als Vergleich die angeblich höheren Renditen
anderer Anlagefonds der F-Gruppe ins Feld führen, vermögen ihre Argumente nicht zu
überzeugen. Die höheren Renditen bei Umrechnung in CHF sind nicht relevant, da die
Währungsgewinne ja durch die Darlehensaufnahme in AUD weitgehend zunichte ge-
macht wurden. Stellt man auf die Werte in AUD ab, ergeben sich keine Hinweise, wel-
che die Pflichtigen hätten zur Annahme verleiten können, dass die Wertsteigerung er-
heblich über dem Darlehenszins von 7,85% zu liegen kommen werde. Vorab ist mit
dem kantonalen Steueramt festzuhalten, dass auf die Situation im Zeitpunkt der Fäl-
lung des Anlageentscheids im November abzustellen ist. Massgebend sind demnach
die Oktober-Werte, welche eine Rendite für den C I (Lancierung 1. Januar 2010) von
6% (hochgerechnet auf 12 Monate 7,2%) ergeben. Bei der von den Pflichtigen vorge-
brachte Rendite von 8,3% handelt es sich demgegenüber um den Wert per 31. De-
zember 2010, welcher noch nicht bekannt war und damit nicht massgebend ist. In Be-
zug auf den Anlagefonds C II (Lancierung 30. Juni 2010) ergeben sich sowohl für den
Oktober (2,5%, hochgerechnet 7,5%) als auch per 31. Dezember 2010 (3,6%, hochge-
rechnet 7,2%) Werte unter dem Darlehenszins von 7,85%. Gestützt auf diese Angaben
musste von einem Verlustgeschäft ausgegangen werden.
Vor diesem Hintergrund ist das Geschäft als ungewöhnlich und den wirtschaft-
lichen Gegebenheiten nicht angemessen zu beurteilen.
c) Auch die weitere Voraussetzung, dass die gewählte Rechtsgestaltung des-
halb getroffen wurde, um Steuern einzusparen, ist erfüllt.
Da das Geschäft in der gewählten Form wirtschaftlich betrachtet keinen Sinn
ergibt, muss zwangsläufig nach anderen Beweggründen geforscht werden. Der
Schluss auf die Ausnützung des Schuldzinsenabzugs als elementare Komponente des
Produkts liegt auf der Hand. Bezeichnenderweise liegt die erwartete Wertsteigerung
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der Anlage von 17% bis 19% denn auch in etwa im Bereich des Betrags, welcher man
erhält, wenn man vom Darlehenszins die durch den Schuldzinsenabzug resultierende
Steuererleichterung im Umfang von 35% bis 40% in Anrechnung bringt. Selbst nach
den bei Lancierung des Produkts getroffenen Annahmen war demnach zu erwarten,
dass dieses nur bei Gewährung des Steuerabzugs einmal einen Ertrag abwerfen wür-
de.
Weiter ist festzuhalten, dass es schwer fällt, einen Vergleich mit einem Pro-
dukt zu ziehen, wie es bei sachgerechter Gestaltung der Verhältnisse ausgefallen wä-
re, da die Nutzbarmachung des Schuldzinsenabzugs wesentliches Element des C An-
lagefonds war. Soweit es darum ging, den Pflichtigen einen allfälligen Überschussanteil
(Endwert der Anlage über dem Rückzahlungsbetrag des Darlehensbetrags) zukommen
zu lassen, hätte sich die gleiche Wirkung etwa mit einem Verkauf einer entsprechen-
den Option mit Barausgleich erzielen lassen; dass diesfalls keine abziehbaren Schuld-
zinsen angefallen wären, liegt auf der Hand.
d) Wie sich aus dem bereits Gesagten ergibt, würde das gewählte Vorgehen
tatsächlich zu einer erheblichen Steuerersparnis führen, sofern es von den Steuerbe-
hörden hingenommen würde. In diesem Zusammenhang ist insbesondere von Bedeu-
tung, dass der Anlagefonds auf Wertsteigerung und damit auf einen steuerfreien Kapi-
talgewinn ausgelegt war. Wie bereits festgehalten, sind die laufend zu versteuernden
Vermögenserträge sehr gering. Damit lässt sich nicht sagen, dass dem Schuldzinsen-
abzug etwa zusätzliche steuerbare Vermögenserträge gegenüber stünden, welche
ohne Kreditaufnahme nicht angefallen wären und welche das Geschäft steuerlich neut-
ralisierten.
3. Diese Erwägungen führen zur Abweisung von Beschwerde und Rekurs.
Ausgangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens den unterliegenden Pflichtigen auf-
zuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG, § 151 Abs. 1 StG) und bleibt ihnen die Zusprechung
einer Parteientschädigung verwehrt (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des
Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968; § 152 StG
i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtpflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Ju-
ni 1997).
- 11 -
1 DB.2014.79 1 ST.2014.93 | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
3a4234b5-5f28-4d22-adff-f5a8a973d40c | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) machte in seiner Steuererklärung 2010 unter
anderem Krankheitskosten von Fr. 3'650.- (bzw. Fr. 544.- nach Abzug des Selbstbe-
halts von 5% des Reineinkommens) geltend, welche gemäss separater Aufstellung
einen Betrag von Fr. 2'500.- unter dem Titel "Diabetes Typ 1, Pauschale, wie Vorjahre"
beinhalteten. Mit Einschätzungsentscheid vom 31. Oktober 2011 setzte das Steueramt
der Stadt B das steuerbare Einkommen des Pflichtigen für die Staats- und Gemeinde-
steuern 2010 auf Fr. 61'800.- fest, wobei es die abzugsfähigen Krankheitskosten unter
Streichung des besagten Pauschalabzugs auf Fr. 0.- herabsetzte. Das steuerbare
Vermögen wurde deklarationsgemäss auf Fr. 8'000.- festgesetzt.
B. Hiergegen liess der Pflichtige am 4. November 2011 Einsprache erheben
mit dem Antrag, den Pauschalabzug von Fr. 2'500.- für Diabetes Typ 1 zu gewähren,
da aufgrund dieser Krankheit eine andauernde, lebensnotwendige Diät im Sinn des
Merkblatts des kantonalen Steueramts für Krankheits-, Unfall- und behinderungsbe-
dingte Kosten notwendig sei. Das kantonale Steueramt wies die Einsprache am
3. Januar 2012 ab.
C. Mit Rekurs vom 3./6. Februar 2012 liess der Pflichtige seinen Einsprache-
antrag erneuern und ausserdem eine angemessene Parteientschädigung beantragen.
Das kantonale Steueramt schloss am 21. Februar 2012 auf kostenfällige Abweisung
des Rekurses.
Auf die weiteren Parteivorbringen wird – soweit rechtserheblich – in den nach-
folgenden Erwägungen eingegangen.
- 3 -
1 ST.2012.43 | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Von den Einkünften werden gemäss § 32 lit. a des Steuergesetzes vom
8. Juni 1997 (StG) die Krankheits- und Unfallkosten des Steuerpflichtigen und der von
ihm unterhaltenen Personen abgezogen, soweit der Steuerpflichtige die Kosten selber
trägt und diese 5% der um die Aufwendungen gemäss §§ 26 - 31 StG verminderten
steuerbaren Einkünfte übersteigen. Das Steuergesetz berücksichtigt damit die Kosten
für die Erhaltung und Wiederherstellung der körperlichen und psychischen Gesundheit
ausnahmsweise steuermindernd, obschon sie grundsätzlich zu den nicht abziehbaren
Lebenshaltungskosten gehören. Als abzugsfähige Kosten gelten alle Kosten zur Erhal-
tung und Wiederherstellung der körperlichen oder psychischen Gesundheit, bei wel-
chen ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen den Kosten und einer gesund-
heitlichen Beeinträchtigung besteht (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum
harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 32 N 12).
b) Laut Merkblatt des kantonalen Steueramts zu den Abzügen der Krankheits-
und Unfallkosten sowie der behinderungsbedingten Kosten vom 19. Juli 2005 (ZStB I
Nr. 19/000; Merkblatt) sind als Krankheitskosten insbesondere Auslagen für Arzt und
von diesem verordnete Medikamente, Zahnarzt, Pflegepersonal, Aufenthalt in Spitälern
und Heilstätten etc., ärztlich verordnete Therapien, Kuraufenthalte etc. sowie medizini-
sche Apparate, Korrekturgläser etc. abzugsfähig. Ausserdem können auch die Mehr-
kosten einer ärztlich angeordneten Diät oder Spezialnahrung abgezogen werden, wo-
bei im Fall einer andauernden, lebensnotwendigen Diät anstelle der tatsächlichen
Mehrkosten auch eine Pauschale von Fr 2'500.- geltend gemacht werden kann.
c) Krankheitskosten im Sinn von § 32 lit. a StG stellen steuermindernde Tat-
sachen dar, welche gemäss den allgemeinen Beweislastregeln vom Steuerpflichtigen
darzutun und nachzuweisen sind (vgl. VGr, 4. November 1992, SB 92/0026; RB 1987
Nr. 35, auch zum Folgenden). Der Steuerpflichtige hat bis zum Ablauf der Rekursfrist
die zum Beweis für seine Darstellung erforderlichen Beweismittel einzureichen oder
zumindest anzubieten (RB 1975 Nr. 55, 1986 Nr. 49). Fehlt es an einer hinreichenden
Sachdarstellung oder Beweismittelofferte, trifft das Steuerrekursgericht keine weitere
Untersuchungspflicht. Es hat den Steuerpflichtigen weder zur Ergänzung seiner man-
gelhaften Sachdarstellung noch zur Beibringung besserer Beweismittel anzuhalten.
- 4 -
1 ST.2012.43
2. a) Der an Diabetes mellitus Typ 1 leidende Pflichtige macht geltend, er sei
aufgrund seiner Krankheit nicht nur auf eine lebenslängliche Insulintherapie, sondern
auch auf eine speziell für Diabetiker zusammengestellte Spezialernährung angewie-
sen. Dementsprechend erfülle er alle Voraussetzungen für den Pauschalabzug von
Fr. 2'500.- für eine andauernde, lebensnotwendige Diät im Sinn des Merkblatts. Das
kantonale Steueramt hält dem entgegen, der Pflichtige als Diabetiker müsse nicht Diät
halten, sondern sich lediglich entsprechend seiner Insulintherapie ernähren, wodurch
ihm gar keine Mehrkosten entstünden.
b) Anders als das Kreisschreiben Nr. 11 der Eidgenössischen Steuerverwal-
tung zum Abzug von Krankheits- und Unfallkosten sowie von behinderungsbedingten
Kosten vom 31. August 2005 (Kreisschreiben), welches bei andauernden, lebensnot-
wendigen Diäten ebenfalls einen Pauschalabzug vorsieht, diesen jedoch bei Diabetes
explizit ausschliesst und nur die effektiven Mehrkosten zum Abzug zulässt, gewährt
das Merkblatt die Diätpauschale ohne entsprechende Einschränkung. Nachdem das
Kreisschreiben nur für den Bereich der direkten Bundessteuer Geltung beanspruchen
kann, müssen somit im Bereich der Staats- und Gemeindesteuern auch Diabetiker,
welche auf eine andauernde, lebensnotwendige Diät angewiesen sind, nach dem Wort-
laut des Merkblatts den Pauschalabzug grundsätzlich beanspruchen können. Insofern
stellt der blosse Verweis auf das Kreisschreiben im Einspracheentscheid des kantona-
len Steueramts keine hinreichende Begründung für die Verweigerung des Pauschalab-
zugs bei den Staats- und Gemeindesteuern dar; in der Rekursantwort wird dieses Ar-
gument vom kantonalen Steueramt denn auch nicht mehr vorgebracht.
Dessen ungeachtet ist aber der Abzug von – effektiven oder pauschalen –
Diätkosten gemäss Merkblatt in jedem Fall nur gerechtfertigt, wenn der betroffene
Steuerpflichtige auf ärztliche Anordnung hin eine besondere Diät einhalten muss und
ihm dadurch tatsächlich Mehrkosten entstehen, wobei er diese steuermindernden Tat-
sachen darzutun und nachzuweisen hat. Diese Voraussetzungen sind beim Pflichtigen
offensichtlich nicht gegeben. So macht er nicht einmal geltend, dass ihm durch seine
(angebliche) Spezialernährung tatsächlich Mehrkosten entstehen, geschweige denn
legt er diesbezüglich irgendwelche Belege vor. Sodann fehlt es auch an einer entspre-
chenden Verschreibung oder Bestätigung des Arztes, aus der hervorginge, dass der
Pflichtige tatsächlich auf eine besondere Diät oder Spezialnahrung angewiesen ist.
Dies ist denn bei Diabetikern in aller Regel auch gar nicht der Fall, gelten doch für sie
- 5 -
1 ST.2012.43
heutzutage im Allgemeinen dieselben Grundsätze einer gesunden und ausgewogenen
Ernährung wie für gesunde Menschen (vgl. Broschüre "Ernährung bei Diabetes" der
Schweizerischen Diabetes-Gesellschaft, www.diabetesgesellschaft.ch). Von einer an-
dauernden, lebensnotwendigen Diät im Sinn des Merkblatts kann daher mangels
Nachweis nicht die Rede sein. Mithin hat der Pflichtige in keinster Weise dargetan,
dass er in der streitigen Steuerperiode Mehrkosten aufgrund einer ärztlich angeordne-
ten Diät oder Spezialnahrung zu tragen hatte, und kann er somit auch keinen Abzug für
solche Kosten beanspruchen. Demzufolge hat das kantonale Steueramt den Pau-
schalabzug von Fr. 2'500.- zu Recht nicht gewährt.
c) Soweit der Pflichtige darauf hinweist, dass ihm der fragliche Pauschalabzug
in den Vorjahren immer gewährt wurde, kann er daraus nichts zu seinen Gunsten ab-
leiten. Denn Einschätzungen erwachsen allein im Dispositiv in Rechtskraft und frühere
Veranlagungen sind für die Steuerbehörden in den nachfolgenden Steuerperioden
grundsätzlich nicht verbindlich. Die Steuerbehörde kann und muss die rechtliche Wür-
digung gleicher Sachverhalte für jede Periode neu prüfen (BGr, 17. April 2007,
2A.400/2006).
3. Diese Erwägungen führen zur Abweisung des Rekurses. Bei diesem Ver-
fahrensausgang sind die Kosten dem Pflichtigen aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG) und
steht diesem keine Parteientschädigung zu (§ 152 StG i. V. m. § 17 Abs. 2 des Verwal-
tungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
3a6fe59c-ab85-46a4-8d41-79ef897ed17e | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend die Pflichtigen) sind Eigentümer einer Eigentums-
wohnung an der ...strasse ... 16 in C. In der Steuererklärung 2012 deklarierten sie
Liegenschaftenunterhalt von insgesamt Fr. 27'004.-, wovon Fr. 17'531.- auf Zahlungen
in den Erneuerungsfonds aus den Jahren 2008 - 2011 entfielen. Mit Veranlagungsver-
fügung und Einschätzungsentscheid vom 7. April 2014 bezeichnete die Steuerkommis-
särin die letztgenannte Position als periodenfremd und verweigerte deren Abzug.
Dementsprechend wurden die Pflichtigen mit einem Einkommen von Fr. 140'600.- (di-
rekte Bundessteuer) bzw. Fr. 140'700.- (Staats- und Gemeindesteuern) veranlagt; das
steuerbare Vermögen belief sich auf Fr. 810'000.-.
B. Eine Einsprache der Pflichtigen hiess das kantonale Steueramt am
23. Mai 2014 teilweise gut und ermässigte das steuerbare Einkommen auf
Fr. 132'200.- (direkte Bundessteuer sowie Staats- und Gemeindesteuern); das steuer-
bare Vermögen blieb unverändert bei Fr. 810'000.-. Dabei liess die Amtsstelle die für
das Jahr 2012 in den Erneuerungsfonds geleistete Zahlung zum Abzug zu; hingegen
beharrte sie auf der Nichtberücksichtigung der Beiträge für die früheren Jahre.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 16. Juni 2014 erneuerten die Pflichtigen
vor Steuerrekursgericht das mit der Einsprache gestellte Begehren, wonach auch die
Zahlungen von Fr. 17'531.- für die Jahre 2008 - 2011 als Unterhalt anzurechnen seien.
In seiner Beschwerde-/Rekursantwort vom 26. Juni 2014 schloss das kanto-
nale Steueramt auf Abweisung der Rechtsmittel.
Auf die Erwägungen der Einspracheentscheide und die Parteivorbringen wird,
soweit wesentlich, in den nachfolgenden Urteilsgründen zurückgekommen.
- 3 -
2 DB.2014.121 2 ST.2014.145 | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Gegenstand des Beschwerde-/Rekursverfahrens bildet einzig die Steuerpe-
riode 2012. Soweit die Pflichtigen beantragen, die von ihnen verfochtene Anerkennung
der Einzahlungen in den Erneuerungsfonds sei auf dem Weg der Revision der Veran-
lagungen für die Jahre 2008 - 2011 zu berücksichtigen, ist auf das Rechtsmittel daher
nicht einzutreten.
2. a) Gemäss Art. 25 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom
14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 25 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) wer-
den zur Ermittlung des Reineinkommens von den gesamten steuerbaren Einkünften
die zu ihrer Erzielung notwendigen Aufwendungen und die allgemeinen Abzüge abge-
zogen. Dazu gehören nach Art. 32 Abs. 2 Satz 1 DBG bzw. § 30 Abs. 2 Satz 1 StG bei
Liegenschaften im Privatvermögen die Unterhaltskosten, die Versicherungsprämien
und die Kosten der Verwaltung durch Dritte. Darunter sind Aufwendungen zu verste-
hen, deren Ziel nicht die Schaffung neuer, sondern die Erhaltung bisheriger Werte ist
und die in längeren oder kürzeren Zeitabständen wiederkehren (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 32 N 35 ff. DBG, sowie
Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 30 N 36 ff. StG).
b) Zu den abzugsfähigen Unterhaltskosten zählen auch Einlagen in den Repa-
ratur- und Erneuerungsfonds von Stockwerkeigentümergemeinschaften, soweit mit den
geäufneten Mitteln ausschliesslich der Unterhalt von Gemeinschaftsanlagen bestritten
wird (Art. 1 Abs. 1 lit. a Ziff. 2 der Verordnung der Eidgenössischen Steuerverwaltung
über die abziehbaren Kosten von Liegenschaften des Privatvermögens bei der direkten
Bundessteuer vom 24. August 1992, ZStB II Nr. 63/655; Richner/Frei/Kaufmann/Meu-
ter, Art. 32 N 87 DBG und § 30 N 74 StG). Diese Rechtslage galt bereits unter der
Herrschaft des früheren Steuergesetzes vom 8. Juli 1951 ab Steuerjahr 1995. Zuvor
waren Einlagen in den Erneuerungsfonds nicht abzugsfähig; vielmehr konnte jeder
Miteigentümer im Umfang seiner Quote erst dann Unterhaltskosten geltend machen,
wenn solche aus dem Fonds bezahlt wurden.
- 4 -
2 DB.2014.121 2 ST.2014.145
c) Das steuerbare Einkommen bemisst sich nach den Einkünften in der Steu-
erperiode (Art. 210 Abs. 1 DBG, § 50 Abs. 1 StG). Aufgrund des Periodizitätsprinzips
wird dasjenige Einkommen besteuert, das in einer Steuerperiode von einem Kalender-
jahr gemäss Art. 209 Abs. 2 DBG bzw. § 49 Abs. 2 StG erzielt wird (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Art. 210 N 9 DBG und § 50 N 10 StG). Das Periodizitätsprinzip kommt
nicht nur beim Einkommenszufluss, sondern auch beim Einkommensabfluss zum Tra-
gen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 210 N 97 DBG bzw. § 50 N 79 StG). Grund-
sätzlich fliessen Einkünfte dem Steuerpflichtigen in dem Zeitpunkt zu, in welchem der
Rechtserwerb vollendet ist; dann hat er einen festen Anspruch auf das Vermögens-
recht erworben (sog. Soll-Methode; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 210 N 22 DBG
bzw. § 50 N 23 StG). Ist hingegen die Erfüllung der Forderung besonders unsicher,
wird auf den Zeitpunkt der Erfüllung abgestellt (sog. Ist-Methode; Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Art. 210 N 33 DBG bzw. § 50 N 28 StG). Laut dem Merkblatt des kanto-
nalen Steueramts über die steuerliche Abzugsfähigkeit von Kosten für den Unterhalt
und die Verwaltung von Liegenschaften vom 13. November 2009 (gültig ab Steuerperi-
ode 2010; ZStB I Nr. 18/821; www.steueramt.zh.ch) hat der Abzug bei Liegenschaften
im Privatvermögen entweder im Zeitpunkt der Fälligkeit oder im Zeitpunkt der Zahlung
der Schuld zu erfolgen; an der einmal getroffenen Wahl ist festzuhalten (Rz. 39).
3. a) Das kantonale Steueramt erwog in den Einspracheentscheiden, dass die
Einlagen in den Reparatur- und Erneuerungsfonds ausschliesslich im Jahr der Einzah-
lung abgezogen werden könnten. Dass die Pflichtigen diese Regelung nicht gekannt
hätten, tue nichts zur Sache. Ebenso wenig spiele es eine Rolle, dass die Pflichtigen
den Steuererklärungen jeweils die Verwaltungsabrechnungen beigelegt hätten. Mithin
könnten die in den Jahren 2008 - 2011 getätigten Einlagen in der Steuererklärung 2012
nicht mehr berücksichtigt werden. Anrechenbar sei indessen die Einlage im Jahr 2012,
weshalb die Einsprache insoweit gutzuheissen sei. An diesem Standpunkt hält die
Amtsstelle in der Beschwerde-/Rekursantwort fest. Weil die Einlage mit der Einzahlung
in den ausschliesslich zweckgebundenen Erneuerungsfonds der Verfügungsmacht des
einzelnen Stockwerkeigentümers entzogen sei, trete der Vermögensabfluss in jenem
Zeitpunkt ein. Der von den Pflichtigen erwähnte Entscheid des Steuergerichts des Kan-
tons Basel-Landschaft vermöge nicht zu überzeugen.
- 5 -
2 DB.2014.121 2 ST.2014.145
In Beschwerde und Rekurs machen die Pflichtigen geltend, sie hätten nach
Errichtung des Erneuerungsfonds im Jahr 2008 angenommen, dass die Unterhaltskos-
ten erst im Zeitpunkt der Rechnungsstellung abgezogen werden könnten. Die anschei-
nend ab Steuerjahr 1993 geltende zürcherische Praxis, wonach schon die Einlage in
den Erneuerungsfonds als abzugsfähiger Unterhalt gelte, sei weder gesamtschweize-
risch einheitlich noch in der Lehre unumstritten. Die Wegleitung zur Steuererklärung
äussere sich nicht dazu, sondern verweise bloss auf ein Merkblatt des kantonalen
Steueramts. Die Pflichtigen hätten keineswegs einen ungebührlichen steuerlichen Vor-
teil angestrebt. Der streitbetroffene Abzug sei ihnen daher aufgrund von Treu und
Glauben zu gewähren. Im Übrigen hätte die Veranlagungsbehörde der Zusammenstel-
lung der Liegenschaftskosten, die den Steuererklärungen beigelegen habe, entnehmen
können, dass die Pflichtigen Zahlungen an den Erneuerungsfonds geleistet hätten.
Schliesslich sei auf einen Entscheid des Steuergerichts Basel-Landschaft vom 15. Ap-
ril 2005 hinzuweisen, worin in einem nahezu identisch gelagerten Sachverhalt der an-
begehrte Abzug gewährt worden sei.
b) Es steht fest, dass die Pflichtigen die Leistung für den Erneuerungsfonds
der Liegenschaft ...strasse ... 16 von insgesamt Fr. 17'531.- für die Jahre 2008 - 2011
erst in der Steuererklärung 2012 geltend gemacht haben. Die in E. 2b skizzierte Praxis,
wonach Einlagen eines Stockwerkeigentümers in den Erneuerungsfonds als Liegen-
schaftenunterhalt abgezogen werden können, darf entgegen der Auffassung der Pflich-
tigen als allgemein bekannt gelten. Wie sie selbst einräumen, verweist die Wegleitung
zur Steuererklärung – seit Jahren – auf das Merkblatt des kantonalen Steueramts über
die steuerliche Abzugsfähigkeit von Kosten für den Unterhalt und die Verwaltung von
Liegenschaften (ab Steuerperiode 2010 gilt die Fassung vom 13. November 2009
[ZStB I Nr. 18/821]; in den hier ebenfalls interessierenden Steuerperioden 2008 und
2009 war die Fassung vom 31. August 2006 massgebend [ZStB I Nr. 18/820]). Sämtli-
che Weisungen des kantonalen Steueramts sind auch im Internet publiziert
(www.steueramt.zh.ch). Anzumerken ist, dass das Steuerrekursgericht diese Praxis
wiederholt bestätigt hat; der Entscheid ST.2009.21 + DB.2009.13 vom 23. September
2009 ist ebenfalls im Internet veröffentlicht (www.strgzh.ch). Im Übrigen entspricht es
einem allgemeinen Grundsatz, dass sich ein Bürger nicht auf die eigene Rechtsun-
kenntnis berufen kann; diese Regel ist von der Rechtsprechung auch auf dem Gebiet
des Steuerrechts wiederholt bestätigt worden (statt vieler StRG,
23. August 2013, DB.2012.230 + ST.2012.255, E. 4c/bb mit Hinweis auf BGr, 25. Ju-
- 6 -
2 DB.2014.121 2 ST.2014.145
li 2006, 2P.191/2006, E. 2.2; BGE 124 V 215, E. 2b/aa [www.strgzh.ch]). Die zürcheri-
sche Praxis, wonach bereits die Zahlung in den Erneuerungsfonds und nicht erst die
spätere Verwendung der Mittel als abzugsfähiger Unterhalt gilt, ist deswegen sachge-
recht, weil der einzelne Stockwerkeigentümer mit der Einlage über seine Mittel verfügt
hat. Wie in E. 2b festgehalten, gilt die nämliche Rechtslage auch bei der direkten Bun-
dessteuer. Sodann ist diese Lösung wesentlich praktikabler als die Gewährung des
Abzugs erst im späteren Zeitpunkt der Mittelverwendung. Dies gilt insbesondere auch
deswegen, weil sich Unterhalts- und Renovationsarbeiten oft über mehr als eine Steu-
erperiode erstrecken. Weder der von den Pflichtigen ins Recht gelegte Entscheid des
Steuergerichts Basel-Landschaft vom 15. April 2005, der einen anderen Sachverhalt
betrifft, noch die abweichende Lehrmeinung von Dieter Egloff (in: Kommentar zum
Aargauer Steuergesetz, Band 1, 3. A., 2009, § 39 N 47 f.) geben Anlass, diese Praxis
zu ändern. Wie Egloff einräumt, stellt die Praxis im Kanton Aargau ebenfalls auf die
Einlage in den Erneuerungsfonds ab (AGVE 1999, 402), was sich "aus Gründen der
Praktikabilität sowie der Sicherung der Zahlungsfähigkeit der Stockwerkeigentümer-
gemeinschaften" vertreten lasse. Die Behauptung der Pflichtigen, dass gesamtschwei-
zerisch eine uneinheitliche Praxis bestehe, wird nicht näher dargelegt. Sodann ist dem
kantonalen Steueramt beizupflichten, dass es für die vorliegend zu beurteilende
Rechtsfrage nicht darauf ankommt, ob mit Bezug auf den Vermögensabfluss auf den
Zeitpunkt der Verpflichtung (Soll-Methode) oder der Zahlung (Ist-Methode) abgestellt
wird. Schliesslich ist der von den Pflichtigen erhobene Vorwurf zurückzuweisen, dass
das kantonale Steueramt den Grundsatz von Treu und Glauben missachtet habe.
Denn es war Sache der Pflichtigen, in der Steuererklärung einkommensmindernde
Tatsachen wie den Liegenschaftenunterhalt geltend zu machen. Wenn sie dies ver-
säumt haben, war die zuständige Steuerkommissärin nicht gehalten, aus den Beilagen
zur Steuerklärung nach solchen Abzugsmöglichkeiten zu forschen.
Diese Erwägungen führen zur Abweisung von Beschwerde und Rekurs.
4. Wie in E. 1 festgehalten, darf sich das Steuerrekursgericht nicht zu der aus-
serhalb des Streitgegenstands liegenden Frage äussern, ob auf die – offenbar rechts-
kräftigen – Veranlagungen für die Steuerperioden 2008 - 2011 zurückgekommen wer-
den könne. Ein solches Begehren hätten die Pflichtigen an das kantonale Steueramt zu
richten.
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2 DB.2014.121 2 ST.2014.145
5. Bei diesem Prozessausgang sind die Verfahrenskosten den Pflichtigen auf-
zuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG, § 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
3a8b6275-fd0b-40ed-8096-e761e5de882a | hat sich ergeben:
A. Die im Bereich C und D tätige A AG (nachfolgend die Pflichtige) erwarb mit
Kaufvertrag vom ... April/... Mai 2007 rückwirkend per ... April 2007 sämtliche Aktien
der in der gleichen Branche tätigen E AG zum Preis von Fr. 2'811'508.-. Mit Fusions-
vertrag vom ... September 2007 übernahm sie in der Folge die Aktiven und Passiven
dieser neuen Tochtergesellschaft per Bilanzstichtag ... März 2007; dies bei einem Akti-
venüberschuss von Fr. 334'796.-. Im Zusammenhang mit dieser Geschäftsübernahme
verbuchte sie in der Jahresrechnung 2007 aufwandseitig eine "Abschreibung Beteili-
gung E" (vor Fusion) in der Höhe von Fr. 561'508.- sowie eine "Abschreibung Good-
will/Fusionsverlust E AG" von Fr. 360'204.49; sodann aktivierte sie "Goodwill aus Fusi-
on E AG" in der Höhe von Fr. 1'555'000.- in ihrer Bilanz.
Im Rahmen einer steueramtlichen Buchprüfung untersuchte der Revisor diese
(und weitere) Geschäftsvorfälle und stellte sich dabei auf den Standpunkt, im Umfang
der Differenz zwischen dem Kaufpreis (Fr. 2'811'508.-) und dem Aktivenüberschuss
der übernommenen E AG (Fr. 334'796.-) habe ein Fusionsverlust resultiert, welcher
aufgrund von vorhandenen stillen Reserven als unecht qualifiziere. Aus diesem Grund
seien die verbuchte Beteiligungsabschreibung (Fr. 561'508.-) sowie die Goodwillab-
schreibung (Fr. 360'204.-) gewinnseitig aufzurechnen und sei der aktivierte Restgood-
will von Fr. 1'555'000.- (Fr. 2'811'508.- ./. Fr. 561'508.- ./. Fr. 360'508.- ./.
Fr. 334'796.-) als Negativreserve zu betrachten. Die Pflichtige stimmte dieser Sichtwei-
se zu, mit Ausnahme der Beteiligungsabschreibung vor der Fusion, welche geschäfts-
mässig begründet sei; eine Einigung in diesem letzteren Punkt kam trotz mehreren
Besprechungen nicht zustande.
Mit Veranlagungsverfügung bzw. Einschätzungsentscheid vom 3. Novem-
ber 2011 hielt der Steuerkommissär an der Aufrechnung der Beteiligungsabschreibung
vor Fusion fest und eröffnete der Pflichtigen für die Steuerperiode 1.1. – 31.12.2007 die
folgenden Steuerfaktoren:
- 3 -
1 DB.2014.193 1 ST.2014.243
Direkte Bundessteuer Fr.
Steuerbarer Reingewinn 1'358'400.-
Steuersatz 8.5%
Eigenkapital per 30.9.2008 1'603'203.-
Staats- und Gemeindesteuer Fr.
Steuerbarer Reingewinn ZH 665'500.-
Steuersatz 8%
Steuerbares Eigenkapital ZH 1'537'000.-
Steuersatz 0.75‰.
B. Die hiergegen am 7. Dezember 2011 erhobenen Einsprachen wurden vom
kantonalen Steueramt nach Durchführung einer ergänzenden Untersuchung und wei-
teren Schriftenwechseln am 1. September 2014 abgewiesen.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 26. September 2014 liess die Pflichtige
erneut die geschäftsmässige Begründetheit der Beteiligungsabschreibung vor Fusion
verfechten und beantragen, den steuerbaren Reingewinn für die direkte Bundessteuer
auf Fr. 796'900.- sowie für die Staats- und Gemeindesteuern auf Fr. 390'400.-. (satz-
bestimmend ebenfalls Fr. 796'900.-) festzusetzen. Zudem sei ihr eine Parteientschädi-
gung zuzusprechen.
Das kantonale Steueramt schloss mit Stellungnahme vom 27. Oktober 2014
auf Beschwerde- bzw. Rekursabweisung. Die Eidgenössische Steuerverwaltung
(ESTV) liess sich nicht vernehmen.
Auf die Ausführungen der Parteien in ihren Rechtsschriften ist, soweit erfor-
derlich, in den nachfolgenden Erwägungen einzugehen.
- 4 -
1 DB.2014.193 1 ST.2014.243 | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Der steuerbare Reingewinn einer Aktiengesellschaft berechnet sich nach
Art. 58 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezem-
ber 1990 (DBG) bzw. § 64 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) aufgrund
des Saldos der Erfolgsrechnung (lit. a bzw. Ziff. 1), erhöht um die der Rechnung be-
lasteten, geschäftsmässig nicht begründeten Aufwendungen, wie beispielsweise ge-
schäftsmässig nicht begründete Abschreibungen (lit. b bzw. Ziff. 2 lit. b).
b) Streitig ist im vorliegenden Fall, ob die von der Pflichtigen in der Erfolgs-
rechnung 2007 aufgeführte "Abschreibung Beteiligung E" in der Höhe von Fr. 561'508"
geschäftsmässig begründet war und damit gewinnsteuerrechtlich zum Abzug zuzulas-
sen ist oder nicht.
Entscheidrelevanter Hintergrund bildet dabei der Kauf dieser Beteiligung
durch die Pflichtige in Verbindung mit der anschliessenden Tochterabsorption (soge-
nannter Up-Stream Merger) bzw. der damit verbundene Fusionsverlust, weshalb diese
Vorgänge vorgängig auszuleuchten sind.
2. a) Bei der zu Buchwerten erfolgenden Übernahme der Aktiven und Passi-
ven einer Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft mittels Absorptionsfusion
kann in der Differenz zwischen dem übernommenen buchmässigen Aktivenüberschuss
und dem bisherigen Buchwert der Beteiligung an der Tochtergesellschaft eine soge-
nannte negative Übernahmedifferenz entstehen. Dies ist dann der Fall, wenn der
Buchwert der Beteiligung höher ist als der buchmässige Aktivenüberschuss der Toch-
tergesellschaft (Markus Weidmann: Keine Umdeutung des aktivierten Fusionsverlustes
in eine Aufwertung übernommener Aktiven, in: StR 2009, 2 ff., auch zum Folgenden).
Ein Fusionsverlust ergibt sich oft, wenn die fusionsweise Übernahme der Akti-
ven und Passiven – wie im vorliegenden Fall – kurz nach dem Erwerb der Beteiligung
erfolgt, weil die Tochtergesellschaft über stille Reserven und Goodwill verfügt, die na-
turgemäss nicht in ihrer Bilanz erscheinen.
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Die negative Übernahmedifferenz wird in der handelsrechtlichen Bilanz als
Goodwill aufgeführt; hierbei handelt es sich letztlich um die Fortführung der Anschaf-
fungskosten, welche aus Sicht der erwerbenden Muttergesellschaft den zu erwarten-
den künftigen Nutzen verkörpern. Handelsrechtlich muss dieser Goodwill über eine
bestimmte Dauer abgeschrieben werden. Steuerlich wird diese Abschreibung indes
nicht erfolgswirksam anerkannt: Gemäss Art. 61 Abs. 5 DBG bzw. § 67 Abs. 5 StG
kann ein Buchverlust auf einer Beteiligung, deren Aktiven und Passiven übernommen
worden sind, steuerlich nicht abgezogen werden.
Zu unterscheiden sind in diesem Zusammenhang jedoch der echte und der
unechte Fusionsverlust.
aa) Ein echter Fusionsverlust liegt vor, wenn auch die Beteiligung hätte abge-
schrieben werden müssen; diesfalls kann eine entsprechende Wertkorrektur geltend
gemacht werden, auch wenn die Beteiligung durch Fusion übernommen wird.
bb) Beim unechten Fusionsverlust stehen dem verschwindenden Buchwert
der Beteiligung Aktiven und Passiven zu Verkehrswerten gegenüber, welche diesen
Beteiligungsbuchwert mindestens erreichen. Der Verlust ist insofern nur buchmässig.
Art. 61 Abs. 5 DBG bzw. § 67 Abs. 5 StG erfasst deshalb nur diesen unechten Fusi-
onsverlust. Hintergrund der Nichtabzugsfähigkeit des unechten Fusionsverlustes ist die
Überlegung, dass die Fusion, wenn sie zu Buchwerten abgewickelt wird, einen steuer-
neutralen Vorgang bildet (vgl. Art. 61 Abs. 1 lit. c DBG bzw. § 67 Abs. 1 lit. c StG). Die
in der Tochtergesellschaft vorhandenen stillen Reserven werden demnach steuerneut-
ral ins Vermögen der Muttergesellschaft überführt. Die Übertragung bildet mit anderen
Worten keinen Realisationstatbestand. Die Abschreibung erscheint deshalb als ge-
schäftsmässig nicht begründet, nachdem die stillen Reserven weiterhin vorhanden
sind. Die steuerliche Abzugsfähigkeit des unechten Fusionsverlustes würde es gestat-
ten, die stillen Reserven im Vermögen der Tochtergesellschaft im Ergebnis steuerneut-
ral zu realisieren, indem die Vermögenswerte veräussert würden und der dabei entste-
hende Gewinn mit der Abschreibung des unechten Fusionsverlustes verrechnet würde.
b) Im vorliegenden Fall bezahlte die Pflichtige für die Übernahme sämtlicher
Aktien der E AG gemäss Kaufvertrag vom ... April/... Mai 2007 den Betrag von
Fr. 2'800'000.-; weil die Übernahme rückwirkend erfolgte, wurde der Kaufpreis verzinst
(für die Zeit vom ... April bis zum vereinbarten Zahlungsdatum ... Mai 2007), was zu
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einem Zuschlag von Fr. 11'508.- führte; letztlich wurden damit für die Beteiligung per
Ende Mai 2007 Fr. 2'811'508.- bezahlt und mit diesem Wert stellte die Pflichtige die
"Beteiligung E AG" denn auch in ihre Bilanz. Anschliessend hat sie auf dieser Beteili-
gung die streitbetroffene Abschreibung von Fr. 561'508.- vorgenommen, sodass diese
mit einem Wert von Fr. 2'250'000.- in den Büchern verblieb. Ein genaues Buchungsda-
tum ist nicht dokumentiert; sachlogisch konnte die Abschreibung indes nur vor der
Tochterabsorption (vgl. nachfolgend) vorgenommen werden.
Mit Fusionsvertrag vom ... September 2007 absorbierte die Pflichtige gemäss
Handelsregisterauszug die neue Tochtergesellschaft rückwirkend per ... März 2007.
Ausgehend vom Aktivenüberschuss der E AG per Bilanzstichtag ... März 2007 von
Fr. 334'796.- und dem vorgenannten Buchwert der Beteiligung nach Abschreibung von
Fr. 2'250'000.- errechnete die Pflichtige einen Fusionsverlust von Fr. 1'915'508.-, wel-
chen sie – den beschriebenen handelsrechtlichen Vorgaben folgend – als Goodwill
aktivierte; auf diesem Goodwill schrieb sie alsdann weitere Fr. 360'204.49 ab, so dass
per Ende 2007 ein Restgoodwill im Betrag von Fr. 1'555'000.- in der Bilanz verblieb.
c) Unbestritten ist, dass es sich beim verbuchten Fusionsverlust um einen
unechten Fusionsverlust handelt; steuerlich konnte die Pflichtige nach dem Gesagten
deshalb keinen Goodwill aktivieren, sondern hatte sie diesen als sogenannte Minusre-
serve auszuweisen und war damit die Goodwillabschreibung auch nicht steuerwirksam.
Grund für die Betrachtung des Fusionsverlusts als unechten Verlust war gemäss Revi-
sionsbericht die nachvollziehbare Tatsache, dass die Pflichtige für die Übernahme der
E AG nicht Fr. 2,8 Mio. bezahlt hätte, wenn bei dieser neben dem Aktivenüberschuss
von gut Fr. 300'000.- nicht entsprechende stille Reserven und Goodwill vorhanden
gewesen wären.
Die Pflichtige ist mit dieser Betrachtungsweise mit folgender Einschränkung
einverstanden: Sie geht davon aus, dass sie für die E AG wohl Fr. 2,8 Mio. bezahlt
habe, deren Verkehrswert beim Kauf indes lediglich knapp Fr. 2,3 Mio. betragen habe.
Dass sie dennoch bereit war, gut Fr. 0,5 Mio. mehr zu bezahlen, begründet sie mit
Synergieeffekten, welche für sie mit Blick auf die Übernahme der E AG verbunden
gewesen seien; bei der Preisfindung habe sie daher entsprechende Synergiegewinne
mit einkalkuliert. Vor diesem Hintergrund habe sie die gekaufte Beteiligung nach dem
Kauf auf den tatsächlichen Wert von Fr. 2,25 Mio. abschreiben müssen. Der nicht
steuerwirksame unechte Fusionsverlust beschränke sich damit auf die Differenz zwi-
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schen diesem letzterem Wert und dem Aktivenüberschuss der absorbierten E AG,
während die Abschreibung vor Fusion steuerlich zulässig sei.
d) Die beschriebenen Buchungsvorgänge werfen zunächst in zeitlicher Hin-
sicht Fragen auf. Die Pflichtige kaufte die Aktien der E AG im April/Mai 2007 rückwir-
kend per ... April 2007; die Fusion erfolgte im September 2007 rückwirkend schon auf
den ... März 2007. Eine Abschreibung der Beteiligung vor Fusion war damit eigentlich
nicht möglich, weil vor dem Fusionsdatum die Beteiligung noch gar nicht gekauft bzw.
bilanziert war. Diesen Unstimmigkeiten ist indes aus folgenden Gründen nicht weiter
nachzugehen: Auszugehen ist davon, dass Erwerb und Absorption gleichzeitig per
Quartalsabschluss ... März/... April 2007 stattgefunden haben. Wenn die E AG gemäss
Dafürhalten der Pflichtigen zu diesem Zeitpunkt (ungeachtet des bezahlten Preises von
Fr. 2,8 Mio.) tatsächlich nur den Wert von knapp Fr. 2,3 Mio. gehabt hätte, dann ist es
einerlei, ob die Abschreibung von gut Fr. 0,5 Mio. (eine logische Sekunde) vor der Fu-
sion auf der Beteiligung vorgenommen wurde oder ob es ohne vorgängige Beteili-
gungsabschreibung im Rahmen der Fusion zu einem um gut Fr. 0,5 Mio. höheren Fu-
sionsverlust gekommen wäre, denn im letzteren Fall wäre nach dem vorstehend
Gesagten insoweit von einem echten und somit steuerwirksamen Fusionsverlust aus-
zugehen.
Bei dieser Lage der Dinge ist nachfolgend der Frage nachzugehen, ob die
Beteiligung E AG unmittelbar nach dem Kauf lediglich noch den von der Pflichtigen
verfochtenen Verkehrswert von Fr. 2'250'000.- hatte und deshalb (im Umfang der Diffe-
renz zum Kaufpreis von Fr. 2'811'508.-) sogleich um den Betrag von Fr. 561'508.- ab-
zuschreiben war bzw. ob im Rahmen einer alternativen Betrachtung ein entsprechen-
der echter Fusionsverlust resultierte.
3. a) Der Wert eines Aktivpostens in der Bilanz kann mittels Abschreibungen
oder Wertberichtigungen herabgesetzt werden. In beiden Fällen wird die Verbuchung
erfolgswirksam über die Gewinn- und Verlustrechnung vorgenommen, wodurch der
ausgewiesene Gewinn vermindert wird (Art. 28 DBG bzw. § 27 Abs. 2 lit. a StG).
Unter einer Abschreibung ist die gewinnmindernde Herabsetzung des Er-
tragssteuerwerts eines Aktivums auf den massgebenden Bilanzwert zu verstehen
(RB 1986 Nr. 40 = StE 1987 B 23.43.2 Nr. 4). Sie ist dazu bestimmt, Wertminderungen
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auszugleichen, wobei angenommen wird, die Entwertung sei bis zum Bilanzstichtag
tatsächlich eingetreten; damit hat sie definitiven Charakter (Peter Locher, Kommentar
zum DBG, I. Teil, 2001, Art. 28 N 3, auch zum Folgenden). Mit der Wertberichtigung
wird demgegenüber lediglich vorübergehenden Wertveränderungen auf Anlage- und
Umlaufvermögen Rechnung getragen (VGr, 25. Juni 2008, SB.2007.00084). Wegen
ihres vorübergehenden Charakters werden Wertberichtigungen in der steuergesetzli-
chen Terminologie zu den Rückstellungen gezählt (vgl. Art. 29 Abs. 1 lit. b und c DBG;
Locher, Art. 29 N 25 ff.; Reich/Züger, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuer-
recht, Band I/2a, 2. A., 2008, Art. 28 N 44; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkom-
mentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 28 N 17 DBG).
b) Laut Art. 29 Abs. 1 DBG sind Rückstellungen zulasten der Erfolgsrechnung
zulässig für im Geschäftsjahr bestehende Verpflichtungen, deren Höhe noch unbe-
stimmt ist (lit. a), für Verlustrisiken, die mit Aktiven des Umlaufvermögens, insbesonde-
re mit Waren und Debitoren, verbunden sind (lit. b), für andere unmittelbar drohende
Verlustrisiken, die im Geschäftsjahr bestehen (lit. c) und – unter gewissen Bedingun-
gen – für künftige Forschungs- und Entwicklungsaufträge (lit. d). Der Rückstellungs-
begriff von Art. 29 DBG erfasst damit neben eigentlichen Rückstellungen (vgl. Art. 669
OR) zusätzlich auch Wertberichtigungen und Rücklagen zu Sonderzwecken (vgl. zur
steuerlichen Terminologie: Reich/Züger, Art. 29 N 4). Die Rückstellungen gemäss die-
ser Bestimmung unterscheiden sich von den Abschreibungen nach Art. 28 DBG eben
dadurch, dass Erstere eine vorübergehende und Letztere eine endgültige Wertkorrek-
tur eines Aktivums betreffen (vgl. Locher, Art. 29 N 2 f.; Reich/Züger, Art. 29 N 4; Mar-
kus Reich, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002,
Art. 10 N 18 StHG). Die steuerlich anzuerkennenden geschäftsmässig begründeten
Rückstellungen bilden die natürliche und notwendige Ergänzung zu den geschäfts-
mässig begründeten Abschreibungen (BGr, 23. August 2010, 2C_392/2010,
www.bger.ch). Für das kantonale Recht sind die Rückstellungen in § 27 Abs. 2 lit. b
StG gleich geregelt.
c) Gemäss der zitierten Rechtsprechung umfasst der steuerrechtliche Begriff
der Rückstellung u.a. nicht nur vorübergehende Wertberichtigungen auf Aktiven des
Umlaufvermögens, sondern auch auf Aktiven jedweder Art (Locher, Art. 28 N 3 und
Art. 25). Somit können Beteiligungen ebenfalls davon betroffen sein. Abschreibungen
auf Wertschriften und Beteiligungen sind steuerlich nur zulässig, wenn ein tieferer Ver-
kehrswert nachgewiesen und der Wertverlust mutmasslich von Dauer ist (Reich/Züger,
http://www.bger.ch/
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Art. 28 N 54). Rückstellungen und vorübergehende Wertberichtigungen sind steuerlich
dann zulässig, wenn sie der Abdeckung unmittelbar drohender Verlustgefahren bzw.
mit Bestimmtheit eingetretener Entwertungen dienen, deren Ursache im Geschäftsjahr
liegt (Reich/Züger, Art. 29 N 10, auch zum Folgenden).
d) Grundlage für die Gewinnermittlung bilden die nach den handelsrechtlichen
Vorschriften ordnungsgemäss geführten Bücher (sogenannte Massgeblichkeit der
Handelsbilanz; Karl Käfer, in: Berner Kommentar, 1976, Grundlagen N 5.53; Markus
Reich, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A., 2008,
Art. 18 N 22 DBG; Reich, Art. 8 N 23 ff. StHG). Die Handelsbilanz bleibt für die Steuer-
behörden massgebend, solange sie nicht gegen zwingende Bestimmungen des Han-
dels- oder Steuerrechts verstösst (BGE 119 Ib 111 E. 2c; BGr, 21. Juni 2004,
2P.184/2003, E. 2.2, www.bger.ch; Peter Locher, Kommentar zum DBG, II. Teil, 2004,
Art. 57 N 82 und Art. 58 N 11 ff.).
Die Buchhaltung dient gemäss Art. 957 OR dazu, die Vermögenslage des
Geschäfts und die mit diesem zusammenhängenden Schuld- und Forderungsverhält-
nisse sowie die Ergebnisse der einzelnen Geschäftsjahre festzustellen. Art. 959 OR
schreibt diesbezüglich vor, dass die Buchhaltung nach allgemein anerkannten kauf-
männischen Grundsätzen vollständig, klar und übersichtlich aufzustellen ist, damit die
Beteiligten einen möglichst sicheren Einblick in die wirtschaftliche Lage des Geschäfts
erhalten (sogenannte Bilanzwahrheit und -klarheit). Bilanz und Jahresrechnung haben
demnach vollständig zu sein (formelle Wahrheit), wobei die ausgewiesenen Positionen
angemessen bewertet sein müssen (materielle Wahrheit; vgl. Neuhaus/Blättler, in:
Basler Kommentar, 3. A., 2008, Art. 959 N 13 OR). Eingeschränkt wird das Gebot der
materiellen Bilanzwahrheit durch den kaufmännischen Buchhaltungsgrundsatz der
Vorsicht (vgl. Karl Käfer, in: Berner Kommentar, 1981, Art. 959 N 131), gemäss dem
Aktiven und Erträge eher tiefer zu bewerten sind, während Verbindlichkeiten und Auf-
wendungen tendenziell höher anzusetzen sind (Käfer, Art. 959 N 428; vgl. auch Ernst
Bosshard, in: Zürcher Kommentar, 1984, Teilband V/6/3b, Vorbemerkungen N 60). Ob
auch das aus dem Vorsichtsprinzip abgeleitete Imparitätsprinzip – nach dem Verluste
schon vor, Gewinne dagegen erst nach ihrer Realisierung zu verbuchen sind – zu den
allgemein anerkannten kaufmännischen Grundsätzen im Sinn von Art. 959 OR zählt,
ist umstritten (bejahend: Bosshard, Art. 957 N 244; Cagianut/Höhn, Unternehmungs-
steuerrecht, 3. A., 1993, § 4 N 50 f.; verneinend: Käfer, Art. 959 N 77).
http://relevancy.bger.ch/php/aza/http/index.php?lang=de&type=highlight_simple_query&page=2&from_date=&to_date=&sort=relevance&insertion_date=&top_subcollection_aza=suv&query_words=Wertberichtigung&rank=0&azaclir=aza&highlight_docid=atf%3A%2F%2F119-IB-111%3Ade&number_of_ranks=0#page111
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Art. 960 Abs. 2 OR (in der ursprünglichen Fassung, ersetzt mit Fassung vom
23. Dezember 2011, in Kraft seit 1. Januar 2013) enthält eine allgemeine Bewertungs-
regel für die Aktiven der Bilanz, welche allerdings nur das zulässige Maximum vor-
schreibt: Die Aktiven dürfen höchstens zum Wert bilanziert werden, der ihnen am Bi-
lanzstichtag für das Geschäft zukommt. Mangels Sondervorschriften sind auch
Beteiligungen nach dieser allgemeinen Regel zu bewerten. Mithin sind Beteiligungen
höchstens zu jenem Ansatz zu bilanzieren, der ihrem mutmasslichen Wert am Bilanz-
stichtag zukommt. Die Bewertung am Stichtag setzt deshalb eine Abschätzung des
Risikos voraus, dass die Beteiligung an Wert eingebüsst hat. Im Rahmen dieser Be-
wertung sind allenfalls Einzelabklärungen vorzunehmen und ist alsdann über eine
Wertberichtigung dem vorsichtig geschätzten Minderwert Rechnung zu tragen
(vgl. Bosshard, Art. 957 N 230, Art. 958 N 79 und Art. 960 N 62 ff.; Käfer, Art. 958 N
545 f. und Art. 960 N 211 ff.). Dergestalt wird eine korrekte und periodengerechte Beur-
teilung des Aufwands sichergestellt (vgl. Bosshard, Art. 958 N 143).
e) Wertberichtigungen, welche handelsrechtlich geboten sind, qualifizieren
sich als geschäftsmässig notwendig und sind steuerlich zu beachten. Dies gebietet das
Massgeblichkeitsprinzip. Der steuergesetzliche Begriff der geschäftsmässigen Begrün-
detheit geht darüber hinaus; nicht allein das, was handelsrechtlich als notwendig er-
scheint, ist von steuerlicher Relevanz. Allerdings heisst dies nicht, dass das Steuer-
recht alles übernimmt, was das Handelsrecht noch zulässt; insofern beinhalten die
fiskalischen Rückstellungsvorschriften steuergesetzliche Korrekturnormen, welche das
handelsrechtliche Ergebnis unter Umständen korrigieren (müssen). Eine solche han-
delsrechtlich (noch) zulässige Korrektur erweist sich steuerlich eben nur dann als ge-
schäftsmässig begründet, wenn sie der bis zum Bilanzstichtag eingetretenen Entwer-
tung entspricht (StE 2005 B.23.43.2 Nr. 11; Reich/Züger, Art. 28 N 13).
f) Tatsachen, die Abschreibungen bzw. Wertberichtigungen als geschäftsmäs-
sig begründet erscheinen lassen, sind steuermindernd und deshalb vom Steuerpflichti-
gen nachzuweisen (RB 1975 Nr. 55). Um die Beurteilung der geschäftsmässigen Be-
gründetheit von geltend gemachten Abschreibungen oder Wertberichtigungen zu
ermöglichen, ist der Steuerpflichtige kraft der ihn treffenden gesetzlichen Obliegenhei-
ten gehalten, an der Abklärung der solchen Aufwendungen zu Grunde liegenden Tat-
sachen mitzuwirken, wobei er für deren Verwirklichung beweisbelastet ist (vgl.
RB 1987 Nr. 35). Insbesondere hat er spätestens vor dem Rekursgericht binnen der
Beschwerde-/Rekursfrist eine substanziierte Sachdarstellung vorzutragen und die Be-
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weismittel für deren Richtigkeit beizubringen oder zumindest unter genauer Bezeich-
nung anzubieten. Substanziiert ist die Sachdarstellung dann, wenn aus ihr Art, Motiv
und Rechtsgrund der geltend gemachten Aufwendungen oder des Verzichts auf Ein-
künfte in der Weise hervorgehen, dass bereits gestützt darauf – aber unter Vorbehalt
der Beweiserhebung – die rechtliche Beurteilung der geschäftsmässigen Begründetheit
möglich ist (vgl. RB 1992 Nr. 32). Fehlt es an einer in diesem Sinn genügenden Sub-
stanziierung, so hat das Rekursgericht von sich aus keine Untersuchung zu führen, um
sich die erforderlichen Grundlagen zu beschaffen (RB 1987 Nr. 35, RB 1981 Nr. 90).
Solchenfalls hat eine Beweisabnahme zu unterbleiben mit der Wirkung, dass der
Nachweis der geschäftsmässigen Begründetheit von Aufwendungen zu Ungunsten des
hierfür beweisbelasteten Steuerpflichtigen als misslungen zu betrachten ist (VGr,
30. September 2009, SB.2009.00038, E. 2.4.2, www.vgrzh.ch; vgl. z.B. RB 1980
Nr. 72). Namentlich kann eine solche Darstellung nicht im Beweisverfahren nachgeholt
werden. Nur ausnahmsweise kann sich der beweisbelastete Steuerpflichtige, wenn ihm
die Substanziierung und/oder Beweisleistung aus Gründen, die nicht er zu vertreten
hat, unmöglich oder unzumutbar ist, auf Schätzungen berufen, sofern seine Sachdar-
stellung wenigstens hinreichende Schätzungsgrundlagen enthält (RB 1975 Nr. 54).
4. a) Die Pflichtige lässt beschwerde- bzw. rekursweise ausführen, vor dem
Kauf der E AG einen Wirtschaftsprüfer für die Durchführung einer "Due Diligence" (=
sorgfältige Analyse, Prüfung und Bewertung eines Kaufgegenstandes, wie hier einer
Beteiligung) beauftragt zu haben. Der Wirtschaftsprüfer habe dabei den "wirklichen
(objektiven) Verkehrswert" der E AG unter Berücksichtigung sämtlicher stiller Reserven
bei rund Fr. 2,3 Mio. angesetzt, was in etwa dem doppelten Substanzwert entsprochen
habe. Vorgegangen sei er bei seiner Berechnung nach der in der Bewertungspraxis
häufig angewendeten Praktikermethode, wobei er den Ertragswert praxisgemäss auf-
grund des in Zukunft zu erwartenden Gewinns ermittelt habe.
Im Rahmen von eigenen Berechnungen habe ihre Unternehmensleitung fest-
gestellt, dass der Erwerb der E AG auch verschiedene Synergiegewinne mit sich brin-
ge; zu nennen seien in diesem Zusammenhang insbesondere: Erhöhung von Umsatz-
prämien beim Wareneinkauf, Umsatz-Kickback, Effiziensteigerungen des
Kundendienstes, Einsparungen bei IT, Finanz- und Rechnungswesen sowie Administ-
ration und generell "Economies of Scale". Mit diesen Synergieeffekten habe die Pflich-
tige aber lediglich aufgrund von sehr spezifischen Konstellationen (ähnlicher Tätig-
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keitsbereich, Status als Generalimporteur, Infrastruktur, Branchen Knowhow, etc.)
rechnen können. Vor diesen Hintergrund habe sich die Unternehmensleitung ent-
schlossen, mit Fr. 2'811'508.- einen Kaufpreis zu bezahlen, welcher den wirklichen
Verkehrswert der E AG auf "stand alone-Basis" um gut Fr. 0,5 Mio. übertroffen habe.
Ein unabhängiger Dritter hätte nicht mit den gleichen Synergieeffekten rechnen können
und wäre deshalb nicht bereit gewesen, einen über dem effektiven Wert liegenden
Preis zu bezahlen. Folglich habe sie die erworbene Beteiligung in der Bilanz auf deren
effektiven, der eigenen Ertragskraft entsprechenden Wert bzw. auf den wirklichen Ver-
kehrswert abschreiben müssen. Sei die vorgenommene Abschreibung damit aus han-
delsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, so sei sie aufgrund des Massgeblichkeits-
prinzips grundsätzlich auch steuerlich zu beachten.
Mit dieser Abschreibung sei letztlich der "Übergewinn" eliminiert worden, wel-
cher bei der Pflichtigen aufgrund von künftigen Kostenersparnissen aus Synergieeffek-
ten zusätzlich zu den Gewinnen der E AG entstehe. Der Wert dieser Synergieeffekte
sei gemäss den besagten Berechnungen der Unternehmensleitung auf
Fr. 1,13 Mio. zu beziffern; zumindest hälftig sei dieser Wert der Pflichtigen anzurech-
nen und deshalb zur steuerwirksamen Abschreibung zuzulassen, ansonsten eine
Überbesteuerung bzw. Doppelbesteuerung bei der Realisierung der Synergieeffekte
resultiere. Hätte die Pflichtige die E AG nicht absorbiert, sondern in der bisherigen
Form als selbstständiges Fachhandels-Unternehmen weitergeführt, wären die meisten
aufgrund von Synergieeffekten möglichen Optimierungen nämlich allein bei der Pflich-
tigen angefallen; dies insbesondere mit Blick auf den Grundsatz des "Dealing at arms's
length". So hätte etwa die E AG anstelle eigener "Raum-, Personal-, Marketing- Logis-
tik und ICT-Kosten" der Pflichtigen eine marktgerechte Entschädigung für die Erbrin-
gung dieser Dienstleistungen bezahlen müssen; auch die Einkaufspreise wären für die
E AG dieselben geblieben und die Generalimporteur-Marge wäre ebenfalls bei der
Pflichtigen verblieben. Die Gewinnsituation hätte sich für die E AG damit kaum verän-
dert, während die Gewinne der Pflichtigen erheblich angestiegen wären.
Die Steuerbehörde verkenne, dass der Verkaufspreis nicht immer den für die
Beurteilung der Zulässigkeit von Abschreibungen massgeblichen objektiven Verkehrs-
wert darstelle. Der insoweit massgebliche Verkehrswert definiere sich als der Preis, der
bei der Veräusserung eines Vermögensobjekts im gewöhnlichen Geschäftsverkehr
mutmasslich zu erzielen wäre. Der Verkaufspreis sei folglich nur dann massgebend,
wenn tatsächlich ein Marktpreis gebildet werde und nicht andere Umstände – wie hier
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vorhandene Synergieeffekte – die freie Preisbildung beeinflussen würden; in diesem
Zusammenhang sei auf den Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 14. Mai 2008
(SB.2007.00097) zu verweisen. Mithin könne vorliegend der Kaufpreis nicht die Unter-
grenze für die Abschreibung der Beteiligung bilden.
In der erwähnten Unternehmensbewertung (Due Dilligence) seien sämtliche
vorhandenen stillen Reserven der E AG berücksichtigt worden; der höhere Kaufpreis
sei damit eindeutig nicht für stille Reserven/Goodwill bezahlt worden, sondern für die
bei der Pflichtigen in der Zukunft zu erwartenden wirtschaftlichen Vorteile. Folglich ge-
he es hier auch nicht um praxisgemäss nicht abschreibungsfähigen Goodwill bzw. ei-
nen unechten Fusionsverlust, sondern um "Synergiegoodwill", welcher der Pflichtigen
zustehe und entgeltlich erworben worden sei; die Abschreibung dieses Goodwills müs-
se somit steuerlich zulässig sein bzw. sei insoweit von einem echten Fusionsverlust
auszugehen.
b) Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass nicht ein Kauf unter Nahestehen-
den, sondern ein solcher unter unbeteiligten Dritten stattgefunden hat. Gekauft hat die
Pflichtige sodann eine ganze Gesellschaft (100% aller Aktien) und nicht etwa eine Min-
derheitsbeteiligung. Nicht weiterhelfen kann der Pflichtigen damit der angerufene Ver-
waltungsgerichtsentscheid, ging es bei diesem doch um die Bewertung einer im Nahe-
stehendenverhältnis unter besonderen Umständen gekaufte Minderheitsbeteiligung,
weshalb der bezahlte Kaufpreis nicht Grundlage für die Verkehrswertbestimmung sein
konnte. Hat die Pflichtige 100% aller Aktien der E AG von einem unbeteiligten Dritten
erworben, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der bezahlte Preis den Wert wi-
derspiegelt, welchen die Verkäufer beim Verkauf ihrer Gesellschaft im gewöhnlichen
Geschäftsverkehrswert haben erzielen können, was (auch im Sinn der Pflichtigen) mit-
hin den Verkehrswert definiert.
c) Die vorgelegte Unternehmensbewertung vom 4. Oktober 2006, welche die
Pflichtige im Vorfeld des Kaufs hat erstellen lassen, vermag daran nichts zu ändern; im
Gegenteil: Der beauftragte Wirtschaftsprüfer kommt in seiner Bewertung zum Schluss,
dass "rein rechnerisch" aufgrund der Praktikermethode für die E AG ein Unterneh-
menswert von 2,3 Mio. resultiere. Bei Annahme eines "Goodwills für zu erwartende
Synergiegewinne sowie für Marktanteil, Kundenstamm usw." lasse sich ein um rund
0,25 Mio. höherer Kaufpreis verantworten. Für allfällige Kaufsverhandlungen empfehle
er auf Basis der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen und der
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Erkenntnisse seiner Due Dilligence eine rechnerische Obergrenze von maximal
Fr. 2,7 Mio. nicht zu überschreiten.
Daraus folgt zunächst, dass der von der Pflichtigen beauftragte Wirtschafts-
prüfer den Wert der E AG (aus Käufersicht) ein halbes Jahr vor dem Kauf in einer
Schätzungsbandbreite von Fr. 2,3 bis 2,7 Mio. ansetzte. Damit ist der Schluss der
Pflichtigen, der effektive Verkehrswert habe Fr. 2,3 Mio. betragen, nicht einmal gestützt
auf die von ihr selber in Auftrag gegebene Unternehmensbewertung haltbar. Von ei-
nem tatsächlichen Verkehrswert von Fr. 2,3 Mio. wäre nur dann auszugehen, wenn die
Pflichtige die E AG letztlich zu diesem (am unteren Ende der vorerwähnten Schät-
zungsbandbreite liegenden) Preis hätte erwerben können. War dies nicht der Fall,
muss dies daran gelegen haben, dass einerseits die Verkäuferschaft gestützt auf eige-
ne Erhebungen ihre Unternehmung höher bewertet hat als der von der Pflichtigen bei-
gezogene Wirtschaftsprüfer (dies beispielsweise in der Annahme höherer zukünftiger
Gewinne bzw. höherer Ertragswerte sowie allgemein im Rahmen einer Verkäuferoptik)
und andrerseits eben auch Mitbewerber mit höheren Preisangeboten vorhanden wa-
ren. Tatsächlich hat die Pflichtige im steueramtlichen Revisionsverfahren denn auch
selbst darauf hingewiesen, dass der "geforderte Kaufpreis" von mindestens Fr. 2,8 Mio.
auch von Mitbewerbern offeriert worden sei. Waren Mitbewerber demnach ebenfalls
bereit, Fr. 2,8 Mio. für die E AG zu bezahlen, so folgt daraus, dass der in dieser Höhe
bezahlte Preis exakt den Preis definiert, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr beim
Verkauf der E AG zu erzielen war. Dieser bezahlte Preis entspricht damit dem Ver-
kehrswert und nicht die Fr. 2,3 Mio., welche im Rahmen der von der Pflichtigen in Auf-
trag gegebenen Due Dilligence aus Käufersicht als Preisuntergrenze ermittelt worden
sind.
Die Pflichtige lässt einwenden, die Tatsache, dass Mitbewerber ebenfalls be-
reit gewesen seien, einen über dem wirklichen "stand alone-Wert" der E AG liegenden
Kaufpreis zu bezahlen, unterstütze gerade ihre Sichtweise. Bei diesen Mitbewerbern
habe es sich nämlich ebenfalls um Unternehmen aus ihrer Branche gehandelt; diese
Unternehmen seien folglich ebenfalls lediglich aufgrund von bei ihnen auftretenden
Synergieeffekten bereit gewesen, einen höheren Preis zu bezahlen. Mithin sei auch
insoweit von "spezifischen Situationen" und nicht von "normalen Umständen" auszu-
gehen.
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Dieser Einwand überzeugt indes nicht. Fest steht gestützt auf diese Ausfüh-
rungen lediglich, dass die Übernahme der E AG offenbar für verschiedene bestehende
Unternehmungen der gleichen Branche interessant war; im erwähnten Schreiben weist
die Pflichtige denn auch darauf hin, dass der Kauf der E "aus verschiedenen Gründen
als strategisch wichtig" erachtet worden sei. Damit ist auch gesagt, dass bei der Preis-
bestimmung der auch in der vorgelegten Due Dilligence erwähnte Goodwill der E AG
(für Synergiegewinne, Marktanteile und Kundenstamm etc.) eine wichtige Rolle spielte.
War die E AG für verschiedene branchengleiche Unternehmungen ein interessantes
Übernahmeobjekt, so definiert gerade dieser Hintergrund die "normalen Umstände";
mit anderen Worten liegen keine "spezifischen Umstände" im Sinn der Pflichtigen vor,
sondern wäre es gerade nicht "normal" gewesen, wenn die E AG von einer branchen-
fremden Gesellschaft oder einem privaten Investor gekauft worden wäre. Auch in sol-
chen Fällen hätte aber der letztlich tatsächlich bezahlte Preis den Verkehrswert vorge-
geben und nicht ein im Rahmen einer Käuferbewertung ermittelter bzw. geschätzter
Minimalpreis.
d) Wenn die Pflichtige – im Sinn ihrer weiteren Begründung – die E AG nicht
absorbiert, sondern als eigenständiges Fachhandelsunternehmen weitergeführt hätte,
wäre deren Wert sodann nicht unmittelbar nach dem Kauf um gut Fr. 500'000.- ein-
gebrochen. Nach dem Gesagten gab es unbestrittenermassen einen Markt mit mehre-
ren Interessenten aus der Branche, welche ebenfalls bereit waren, für die E AG den
Preis von Fr. 2,8 Mio. zu bezahlen. Mithin hätte die Pflichtige die mit diesem Kaufpreis
in die Bilanz gestellte Beteiligung zum gleichen Preis auch wieder veräussern können.
Eine unmittelbar nach dem Kauf eingetretene Wertverminderung wäre damit auch in
dieser Konstellation nicht nachgewiesen, was folglich einer steuerwirksamen Ab-
schreibung ebenfalls entgegenstünde.
e) Was die Pflichtige aus dem weiteren Vorbringen, wonach bei einer Nichtfu-
sion die in ihre Kaufpreiskalkulation einbezogenen Synergieeffekte allein bei ihr ange-
fallen wären, ableiten will, ist unklar.
Im der Beschwerde bzw. dem Rekurs beiliegenden "erläuternden Kommentar
zur Berechnung der Synergiewerte" weist die Unternehmensleitung der Pflichtigen in
diesem Zusammenhang beispielhaft darauf hin, dass die Übernahme der E AG in den
Bereichen "ICT, Logistik, Buchhaltung, Administration etc." zu Kostenreduktionen ge-
führt habe, weil die Pflichtige diese Arbeiten mit den bereits vorhandenen Kapazitäten
- 16 -
1 DB.2014.193 1 ST.2014.243
kostenneutral erbringen könne. Der E AG wären die entsprechenden "Services" in
Form von Management Fees in Rechnung gestellt worden. All dies wäre für die E AG
also kostenneutral gewesen, während die Pflichtige ihren Gewinn hätte steigern kön-
nen.
Ob dem so ist, kann offen bleiben, wenngleich zu bemerken ist, dass die E AG
als eigenständiges, gewinnstrebiges Unternehmen wohl auch von synergiebedingten
Kosteneinsparungen hätte profitieren wollen; es hätte für sie wenig Sinn gemacht, Inf-
rastruktur und allenfalls auch Personal abzubauen, um via Einkauf von entsprechen-
den Dienstleistungen bei der Muttergesellschaft letztlich den gleich hohen Ge-
schäftsaufwand zu generieren. Der Umstand, dass der Kauf der E AG für die Pflichtige
mit der Erwartung der eigenen Gewinnsteigerung verbunden war (z.B. auch mit Blick
auf höhere Einkaufsvolumen und Umsatz-Kickbacks von Lieferanten), dokumentiert
dies lediglich, dass bei der E AG eben ein entsprechender werthaltiger (nicht bilanzier-
ter) Goodwill vorhanden war, welcher den Anschaffungspreis mitbestimmt hat.
Nicht verständlich ist bei alledem, wieso die Pflichtige die bei ihr anfallende
Gewinne aus Synergieeffekten, welche zusätzlich zu den Gewinnen der E entstünden,
als "Übergewinne" bezeichnet, welche mit der streitigen Abschreibung zu eliminieren
seien, ansonsten eine Doppelbesteuerung resultiere. Hätte die E AG als eigenständige
Tochtergesellschaft in den Jahren nach der Übernahme weiterhin jedenfalls den bishe-
rigen Gewinn generiert, hätte sich deren Verkehrswert kaum verändert (höchstens er-
höht, falls sie auch von Synergieeffekten profitiert hätte) und damit weiterhin kein
Grund bestanden, die Beteiligung abzuschreiben. Hätte sodann die Pflichtige fortan
aufgrund der erworbenen Beteiligung ihren Gewinn steigern können, so ist nicht einzu-
sehen, wieso die Besteuerung der durch die Übernahme ausgelösten Zusatzerträge
(z.B. die besagten Management Fees der Tochtergesellschaft oder Umsatz-Kickbacks)
eine Doppelbesteuerung bewirken könnte. In dieser Konstellation wäre ein Wertverlust
der Beteiligung ebenfalls nicht ausgewiesen und mithin kein entsprechender Abschrei-
bungsgrund erkennbar.
f) Verlässt man das von der Pflichtigen vergleichsweise angeführte Szenario
der Nichtfusion bzw. kehrt man zum tatsächlichen Szenario des vorliegenden Falls
zurück (= Kauf einer Beteiligung mit unmittelbar anschliessender Absorption) zurück,
so qualifiziert nach dem Gesagten der gesamte aufgrund der negativen Übernahmedif-
ferenz entstehende Fusionsverlust als unecht. Dem sinngemässen Ansatz der Pflichti-
- 17 -
1 DB.2014.193 1 ST.2014.243
gen, von der aktivierten negativen Übernahmedifferenz einen Anteil als Synergie-
Goodwill abzutrennen und insoweit von einem echten Fusionsverlust auszugehen, ist
nicht zu folgen. Hat vor der Fusion kein Grund für eine Abschreibung der Beteiligung
bestanden, so ist der Fusionsverlust unechter Natur. Die im Rahmen der Fusion steu-
erneutral von der E AG übernommenen stillen Reserven/Goodwill bleiben mit der
Pflichtigen verhaftet und können nicht deren Erfolgsrechnung belastet werden. Letzte-
res auch nicht anteilig im Umfang eines "Synergiegoodwills", denn letzterer entstammt
ebenfalls der steuerneutral (und unentgeltlich) absorbierten Tochtergesellschaft und
qualifiziert damit entgegen der Auffassung der Pflichtigen nicht als entgeltlich erworbe-
ner abschreibungsfähiger Goodwill (sogenannter derivativer Goodwill).
g) Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Vorinstanz die Beteili-
gungsabschreibung vor Fusion in der Höhe von Fr. 561'508.- zu Recht nicht zugelas-
sen hat und erweist sich die diesbezügliche steueramtliche Gewinnaufrechnung damit
als rechtens.
5. Diese Erwägungen führen zur Abweisung der Beschwerde und des Rekur-
ses.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten der Pflichtigen aufzuer-
legen (Art. 144 Abs. 1 DBG; § 152 Abs. 1 StG). Die Zusprechung von Parteientschädi-
gungen entfällt (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über
das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968).
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1 DB.2014.193 1 ST.2014.243 | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
3ae9bae4-15d9-4948-9db6-f801d5fce898 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) arbeitete im Jahr 2008 vom 1. Januar bis
31. Juli bei der B (neu: C). Auf dem Lohnausweis 2008 figurierte unter Ziffer 2.1 (Ver-
pflegung, Unterkunft) ein Betrag von Fr. 19'974.-. Diesen Betrag deklarierte der Pflich-
tige in der Steuererklärung 2008 als Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit,
machte jedoch gleichzeitig denselben Betrag als Berufsauslagen unter dem Titel "Übri-
ge für die Ausübung des Berufs erforderliche Kosten" geltend. Im Einschätzungsent-
scheid vom 27. Juli 2009 betreffend Staats- und Gemeindesteuern 2008 betrachtete
der Steuersekretär der Gemeinde D die Fr. 19'974.- als steuerbares Einkommen, liess
jedoch anstelle der Fr. 19'974.- lediglich die Pauschale von Fr. 1'900.- zum Abzug zu.
Entsprechend ergaben sich ein steuerbares Einkommen von Fr. 27'300.- und ein steu-
erbares Vermögen von Fr. 0.-.
Am gleichen Tag zeigte der Steuersekretär dem Pflichtigen eine analoge Kor-
rektur bei der direkten Bundessteuer 2008 und ein gestützt darauf errechnetes steuer-
bares Einkommen von Fr. 28'000.- an. Die Veranlagungsverfügung eröffnete das kan-
tonale Steueramt, Dienstabteilung Bundessteuer, dem Pflichtigen mit Rechnung vom
15. Juni 2010.
B. Mit zwei analogen Schreiben vom 15. September 2009 erhob der Pflichtige
Einspruch gegen den Einschätzungs- und Veranlagungsentscheid und beantragte
sinngemäss die Zulassung des in der Steuererklärung geltend gemachten Abzugs von
Fr. 19'974.-. Nachdem das kantonale Steueramt dem Pflichtigen am 12. Oktober 2009
zwei Formulare für einen Rückzug der Einsprache zugestellt hatte, hielt der Pflichtige
in seiner Eingabe vom 25. November 2009 an seinen Einspracheanträgen fest.
Eine erste Beweisauflage vom 1. Dezember 2009 erfüllte der Pflichtige am
29. Januar 2010, worauf das kantonale Steueramt am 4. Februar 2010 eine zweite
Auflage erliess, welche am 29. März 2010 erfüllt wurde. Mit Einspracheentscheiden
vom 11. Mai 2010 wies das kantonale Steueramt die Einsprachen ab.
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3 ST.2010.169 3 DB.2010.123
C. Am 10. Juni 2010 reichte der Pflichtige Rekurs und Beschwerde ein und
beantragte, ihn bei den Staats- und Gemeindesteuern 2008 mit einem steuerbaren
Einkommen von Fr. 7'300.-, eventualiter von Fr. 9'200.-, bzw. bei der direkten Bundes-
steuer 2008 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 8'000.-, eventualiter Fr. 9'900.-,
einzuschätzen bzw. zu veranlagen. Zur Begründung dieser Anträge brachte der Pflich-
tige vor, er habe Ende 2007 die Mittelschule mit der Matur abgeschlossen und am
19. November 2007 ein Praktikum bei der B begonnen. Im Rahmen dieser Anstellung
sei er vom 1. April 2008 bis 31. Juli 2008 für ein Traineeship nach Hongkong versetzt
worden. Dabei habe ihm die Bank eine kleine möblierte Wohnung zur Verfügung ge-
stellt. Mieterin der Wohnung sei die Bank gewesen, welche den Mietzins auch direkt an
den Vermieter überwiesen habe. Da er nur für eine beschränkte, kurze Zeit nach
Hongkong versetzt worden sei und da die Mietkosten im Zusammenhang mit einer
dienstlichen Verrichtung ständen, lägen Spesen vor. Selbst wenn die Kosten für die
Wohnung zu den steuerbaren Einkünften zählen würden, wären sie als Gewinnungs-
kosten wieder abziehbar.
In der Rekurs- und Beschwerdeantwort vom 6. Juli 2010 machte das kantona-
le Steueramt geltend, Wohnungskosten stellten nur ausnahmsweise, bei Expatriates
oder Wochenaufenthaltern, Gewinnungskosten bzw. Berufsauslagen dar. Der Pflichtige
sei jedoch weder Expatriate noch Wochenaufenthalter. Wohn- und Verpflegungskos-
ten, welche ein Arbeitgeber während eines Traineeprogramms im Ausland übernehme,
seien als Ausbildungs- oder Weiterbildungskosten zu qualifizieren. Da der Pflichtige
über keine Erstausbildung verfüge, stellten die fraglichen Aufwendungen nicht abzugs-
fähige Ausbildungskosten dar.
Mit Beweisauflage vom 20. Juli 2010 ersuchte der zuständige Einzelrichter der
Steuerrekurskommission III den Pflichtigen, substanziiert darzulegen und nachzuwei-
sen, welche Tätigkeiten er im Einzelnen während seines Aufenthalts in Hongkong aus-
übte. Der Pflichtige erfüllte die Auflage mit Eingabe vom 30. August 2010, worauf das
kantonale Steueramt am 20. September 2010 zum Beweisergebnis Stellung nahm.
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3 ST.2010.169 3 DB.2010.123 | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Nach Art. 16 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer
vom 14. Dezember 1990 (DBG) und § 16 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997
(StG) unterliegen alle wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte der Einkommens-
steuer. Dazu gehören bei unselbstständiger Erwerbstätigkeit alle Einkünfte aus dem
Arbeitsverhältnis mit Einschluss der Nebeneinkünfte, wie Entschädigungen für Sonder-
leistungen, Provisionen, Zulagen, Dienstalters- und Jubiläumsgeschenke, Gratifikatio-
nen, Trinkgelder, Tantiemen und andere geldwerte Vorteile (Art. 17 Abs. 1 DBG bzw.
§ 17 Abs. 1 StG). Einkünfte im Sinn dieser Bestimmung sind damit alle Leistungen, die
der Steuerpflichtige für seine Dienste vom Arbeitgeber erhält, gleichgültig, unter wel-
cher Bezeichnung sie entrichtet werden (Richner/Frei/Kaufmann, Handkommentar zum
DBG, 2. A., 2009, Art. 17 N 28 und Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuerge-
setz, 2. A., 2006, § 17 N 28). Darunter fallen folglich auch sämtliche dem Steuerpflich-
tigen ausgerichteten Spesenentschädigungen, und zwar unabhängig davon, ob sie
vom Arbeitgeber pauschal oder effektiv vergütet werden (RB 1980 Nr. 35). Im Ergebnis
führen solche Spesenvergütungen des Arbeitgebers freilich nur dann zu einem höhe-
ren steuerbaren Einkommen, wenn und soweit die Vergütung des Arbeitgebers die
tatsächlich entstandenen und nachgewiesenen beruflichen Unkosten übersteigen.
Spesen sind Auslagen, welche dem Arbeitnehmer im Rahmen eines Arbeits-
vertrags im Sinn von Art. 319 ff. OR bei der Vornahme einzelner dienstlicher Verrich-
tungen erwachsen und grundsätzlich während der Arbeitszeit anfallen. Solche Leistun-
gen, zu deren Erbringung der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer verpflichtet ist
(Art. 327a ff. OR), müssen vom Arbeitgeber nicht zum Bruttolohn addiert werden.
Als Beispiel lassen sich hier Entschädigungen für Reisekosten im Rahmen
eines Dienstauftrags, für auswärtige Verpflegung mit Kunden, Entschädigungen für
auswärtige Übernachtungskosten im Hotel, welche einem Arbeitnehmer im Rahmen
eines konkreten Auftrags entstehen (Erich Bosshard, Die steuerliche Behandlung von
Spesenvergütungen im Lohnausweis und im Veranlagungsverfahren, StR 51, 562 ff.,
Erich Bosshard/Simone Mösli, Der neue Lohnausweis, 2007, S. 93; Erich Boss-
hard/Philip Funk, Steueroptimierte Gehaltsnebenleistungen, 2000, S. 37; Peter Locher,
Kommentar zum DBG, I. Teil, 2001, Art. 26 N 5).
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3 ST.2010.169 3 DB.2010.123
Einen Sonderfall stellen die sogenannten Repräsentationsspesen dar, die sich
an der Schnittstelle zwischen Berufsauslagen und Spesen befinden (Bosshard, 562 ff.,
auch zum Folgenden). Diese lassen sich als Ersatz von notwendigen bzw. üblichen
Auslagen bezeichnen, welche (in der Regel) leitenden Angestellten aufgrund ihrer be-
sonderen Stellung im Verkehr mit Kunden bzw. Mitarbeitern erwachsen und für die ein
belegmässiger Nachweis nur mit grossem Aufwand möglich ist. Es sind dies Auslagen,
die sowohl während eines konkreten Auftrags anfallen können, als auch Auslagen, die
vor oder nach Abschluss der eigentlichen Arbeitstätigkeit entstehen. Oft handelt es sich
auch um Auslagen, die sich gleichermassen zwischen beruflich notwendigen Aufwen-
dungen und Lebenshaltungskosten bewegen (z.B. Mitgliedskosten für Verbände).
Demgegenüber handelt es sich bei Berufsauslagen im Sinn von Art. 26 DBG
und § 26 StG um Unkosten, welche dem Arbeitnehmer allgemein für die Verrichtung
seiner dienstlichen Tätigkeit erwachsen und grundsätzlich vor oder nach eigentlichem
Arbeitsbeginn anfallen (Auslagen für den Arbeitsweg, die Mehrkosten der auswärtigen
Verpflegung, die übrigen für die Ausübung des Berufs erforderlichen Aufwendungen
sowie die mit dem Beruf zusammenhängenden Weiterbildungs- und Umschulungskos-
ten).
b) Die Arbeitgeber sind gegenüber dem Steuerpflichtigen bzw. Arbeitnehmer
verpflichtet, eine schriftliche Bescheinigung auszustellen (Lohnausweis) über ihre Leis-
tungen an den Arbeitnehmer sowie über Art und Höhe der vom Lohn abgezogenen
Beiträge an Einrichtungen der beruflichen Vorsorge (Art. 127 Abs. 1 lit. a DBG, § 136
Abs. 1 lit. a StG). Auf dem neuen Lohnausweis werden Spesenvergütungen unter Ziffer
13 erfasst (Wegleitung zum Ausfüllen des Lohnausweises bzw. der Rentenbescheini-
gung, Herausgeber: Schweizerische Steuerkonferenz [SSK], Eidgenössische Steuer-
verwaltung [ESTV], Ziffer 13, N 49 ff.).
c) Vorliegend bestätigte die B Ltd. Hong Kong im Arbeitszeugnis vom 31. Juli
2008, dass der Pflichtige in der Logistik der Bank mitarbeitete (Eingabe von Handels-
transaktionen, Kontoeröffnungen etc.). Zudem erledigte er tägliche Routinearbeiten
des Investment Advisory Teams (Erstellen von Berichten über Handelsaktivitäten und
Aufbereitung von Forschungsmaterial). Darüber hinaus war er verantwortlich für ein
Ad-Hoc-Projekt im Zusammenhang mit dem Capital Investment Entrant Scheme. Im
Schreiben vom 30. August 2010 weist der Pflichtige im Zusammenhang mit letzterem
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3 ST.2010.169 3 DB.2010.123
Punkt darauf hin, dass dieses Projekt auf eine Initiative der Hongkonger Regierung
zurückgeht, Ausländern zu einer Niederlassungsbewilligung zu verhelfen. Als Auslän-
der sei er, der Pflichtige, für diese Arbeit prädestiniert gewesen, weshalb die B ein Inte-
resse gehabt habe, ihn nach Hongkong zu schicken. Schliesslich weist der Pflichtige
im Schreiben vom 30. August 2010 darauf hin, dass von Anfang an klar gewesen sei,
dass mit der Tätigkeit bei der B die Zeit zwischen der Matur und der Aufnahme des
Studiums überbrückt werden sollte.
d) Die Behauptung des kantonalen Steueramts, der Pflichtige habe bloss in
verschiedenen Abteilungen Eindrücke über Abläufe und Vorgehensweisen sammeln
und bei gewissen Tätigkeiten assistieren können, entbehrt bei dieser Aktenlage der
Grundlage. Doch selbst wenn der Pflichtige ausschliesslich Assistenztätigkeiten ausge-
führt haben sollte, so würde dies nichts daran ändern, dass er im Rahmen eines Ar-
beitsvertrags in einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation in den Arbeitsprozess ein-
gebunden war. Für die Bank, welche sich über die Befristung des Arbeitsverhältnisses
bewusst sein musste, machte die nur kurzfristige Anstellung nur dann einen Sinn,
wenn sie den Pflichtigen ohne übermässig teure Investitionen in die Ausbildung in den
normalen Arbeitsprozess integrieren konnte. Damit stehen die fraglichen Wohnkosten
im Zusammenhang mit einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit, weshalb sie als Spe-
sen im Sinn von Art. 327a OR zu qualifizieren sind. Die Höhe der von der B aufgewen-
deten Kosten entspricht den tatsächlichen Mietkosten für die Wohnung. Sodann ist
festzuhalten, dass der Pflichtige während seines Auslandaufenthalts sein Zimmer bei
den Eltern nicht aufgab, für welches er monatlich Fr. 300.- bezahlte. Obwohl die Ar-
beitgeberin die Wohnkosten des Auslandaufenthalts übernahm, ist dem Pflichtigen
deshalb kein Vorteil erwachsen.
2. a) Aus vorstehenden Erwägungen folgt, dass der Rekurs und die Be-
schwerde gutzuheissen sind. Das steuerbare Einkommen ist wie folgt neu zu berech-
nen:
Staats- und Gemeindesteuern 2008
Steuerbares Einkommen laut Einspracheentscheid 27'311.00
Spesen -19'974.00
Steuerbares Einkommen neu 7'337.00
Abgerundet 7'300.00
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3 ST.2010.169 3 DB.2010.123
Direkte Bundessteuer 2008
Steuerbares Einkommen laut Einspracheentscheid 28'011.00
Spesen -19'974.00
Steuerbares Einkommen neu 8'037.00
Abgerundet 8'000.00
b) Die Verfahrenskosten sind dem unterliegenden Rekursgegner bzw. der
unterliegenden Beschwerdegegnerin entsprechend dem Ausgang des Verfahrens auf-
zuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). Der Rekursgegner und die
Beschwerdegegnerin sind zudem zu verpflichten, dem Pflichtigen eine angemessene
Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 144 Abs. 4 DBG in Verbindung mit Art. 64
Abs. 1-3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968; § 152 StG
i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni
1997). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
3b005416-6329-4555-822d-e5023d732fa7 | hat sich ergeben:
A. Der am ... 1978 geborene A (nachfolgend der Rekurrent) ist ledig und seit
Mitte ... 2010 zum zweiten Mal in B als Wochenaufenthalter gemeldet, heute an der C
.... Nach eigenen Angaben wohnt er in einer Einlieger-Eigentumswohnung im Einfami-
lienhaus seiner Eltern am D ... in E, F.
Auf Ersuchen des Steueramts der Stadt B füllte der Rekurrent am
10. Oktober 2010 den "Fragebogen zur Feststellung des steuerrechtlichen Wohnsitzes"
aus. Am 11. November 2010 führte das Steueramt der Stadt B im selben Zusammen-
hang eine persönliche Befragung des Rekurrenten durch.
In Gutheissung eines entsprechenden Antrags des kommunalen Steueramts
beanspruchte das kantonale Steueramt mit Vorentscheid vom 11. Februar 2011 ab
1. Januar 2010 die Steuerhoheit über den Rekurrenten für den Kanton Zürich bzw. die
Stadt B.
B. Auf Einsprache des Rekurrenten hin forderte das kantonale Steueramt von
ihm mit Verfügung vom 25. März 2011 verschiedene Auskünfte und Unterlagen ein.
Nachdem dieser am 17. April 2011 Stellung genommen hatte, mahnte die Amtsstelle
am 6. Mai 2011 die Erfüllung der Auflage und wies auf die gesetzlichen Säumnisfolgen
hin. Dazu äusserte sich der Rekurrent mit Eingabe vom 20. Mai 2011. In der Folge
wies das kantonale Steueramt die Einsprache am 17. Juni 2011 ab.
C. Mit Rekurs vom 14. Juli 2011 beantragte A dem Steuerrekursgericht die
Aufhebung des Einspracheentscheids. Ausserdem verlangte er eine Parteientschädi-
gung.
In seiner Rekursantwort vom 27. Juli 2011 schloss das kantonale Steueramt
auf Abweisung des Rechtsmittels.
Mit Replik vom 30. August/1. September 2011 hielt der Rekurrent an seinen
Anträgen fest.
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2 ST.2011.179
Auf die Erwägungen des Einspracheentscheids und auf die Parteivorbringen
wird, soweit wesentlich, in den nachfolgenden Urteilsgründen zurückgekommen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Gemäss Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der
direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG) sowie
§ 3 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) sind natürliche Personen im
Kanton Zürich aufgrund persönlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig, wenn sie ihren
steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt im Kanton haben. Der steuerrechtliche
Wohnsitz befindet sich laut Art. 3 Abs. 2 StHG und § 3 Abs. 2 StG dort, wo die Person
sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält. In diesem Fall ist die Steuerpflicht
kraft § 5 Abs. 1 StG unbeschränkt, d.h. sie erstreckt sich grundsätzlich auf das gesam-
te Einkommen und Vermögen des Rekurrenten.
b) Aufgabe des interkantonalen Steuerrechts ist es, die Kollision von konkur-
rierenden Besteuerungsansprüchen zweier oder mehrerer Kantone zu vermeiden. Eine
solche Kollision besteht namentlich dann, wenn zwei Kantone die unbeschränkte Steu-
erhoheit über dieselbe Person während der nämlichen Steuerperiode beanspruchen.
Dies kommt häufig dann vor, wenn sowohl der Arbeitsortkanton, in welchem eine na-
türliche Person während der Woche übernachtet, als auch der Kanton des zivilrechtli-
chen Wohnorts, in welchen sie am Wochenende zurückkehrt, zur unbeschränkten Be-
steuerung schreiten. Art. 3 StHG enthält eine Regel zur Schlichtung eines solchen
Streits. Diese bestimmt, dass sich das Hauptsteuerdomizil an jenem Ort befindet, in
welchem sich die Person mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält, wobei der
steuerrechtliche Wohnsitz dem qualifizierten Aufenthalt (im Sinn von Art. 3 Abs. 1
Halbsatz 2 StHG) vorgeht (Bauer-Balmelli/Nyffenegger, in: Kommentar zum Schweize-
rischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002, Art. 3 N 11 StHG). Dergestalt liegt eine bun-
desrechtliche Kollisionsnorm zum interkantonalen Steuerrecht vor (Höhn/Mäusli, Inter-
kantonales Steuerrecht, 4. A., 2000, S. 16 f.; a.M. Bauer-Balmelli/Nyffenegger, Art. 3 N
15 StHG). Somit bildet Art. 3 Abs. 1 und 2 StHG die Grundlage für die Abgrenzung der
unbeschränkten Steuerhoheit. Die langjährige bundesgerichtliche Rechtsprechung,
welche sich gestützt auf Art. 46 Abs. 2 der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 (aBV)
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2 ST.2011.179
sowie später Art. 127 Abs. 3 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV) entwickelt
hat, dient weiterhin als Auslegungshilfe. Jedoch vermag sie nur insoweit zu greifen, als
sie nicht der erwähnten StHG-Norm widerspricht (so auch Höhn/Mäusli, S. 17).
c) Nach Art. 68 Abs. 1 StHG (in der ab 1. Januar 2001 gültigen Fassung) be-
steht die Steuerpflicht aufgrund persönlicher Zugehörigkeit bei Wechsel des steuer-
rechtlichen Wohnsitzes innerhalb der Schweiz für die laufende Steuerperiode im Kan-
ton, in welchem der Steuerpflichtige am Ende dieser Periode wohnt. Mithin kommt es
für die Bestimmung des steuerrechtlichen Wohnsitzes im interkantonalen Verhältnis
auf die tatsächlichen Umstände am Ende der jeweiligen Steuerperiode an. Für die Be-
anspruchung der Steuerhoheit ab 1. Januar 2010 sind daher die Verhältnisse am Stich-
tag des 31. Dezember 2010 massgebend.
d) Nach der massgeblichen Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Dop-
pelbesteuerungsverbot gemäss Art. 127 Abs. 3 BV bzw. Art. 46 Abs. 2 aBV steht die
Besteuerung des Einkommens und beweglichen Vermögens unselbstständig erwer-
bender Personen dem Kanton zu, in welchem sie ihren Wohnsitz haben. Unter Wohn-
sitz ist dabei in der Regel der zivilrechtliche Wohnsitz zu verstehen, d.h. der Ort, an
welchem sich die Person in der Absicht dauernden Verbleibens aufhält (Art. 23 Abs. 1
ZGB; so auch Art. 3 Abs. 2 StHG und § 3 Abs. 2 StG), wo sich der Mittelpunkt der Le-
bensinteressen befindet (BGr, 25. Januar 2006, 2P.171/2005, E. 2.2; 17. Juni 2004,
2P.180/2003, E. 2.1; 7. Januar 2004, 2P.2/2003, E. 2.2; BGE 123 I 289, E. 2a, 293;
StR 1994, 580 ff.; ASA 63, 836). Dem polizeilichen Domizil, wo die Schriften hinterlegt
sind und die politischen Rechte ausgeübt werden, kommt dagegen keine entscheiden-
de Bedeutung zu. Beides sind bloss äussere Merkmale, die ein Indiz für den steuer-
rechtlichen Wohnsitz bilden können, wenn auch das übrige Verhalten der Person dafür
spricht (BGE 125 I 54 E. 2; StE 1998 A 24.21 Nr. 11 E. 2a, mit Hinweisen).
e) Hält sich eine Person abwechslungsweise an zwei oder mehreren Orten
auf, namentlich wenn Arbeits- und sonstiger Aufenthaltsort auseinander fallen, ist für
die Bestimmung des Steuerwohnsitzes darauf abzustellen, zu welchem Ort die Person
die stärkeren Beziehungen unterhält (BGE 125 I 54, E. 2). Der Lebensmittelpunkt
bestimmt sich dabei nach der Gesamtheit der äusseren Umstände, aus denen sich die
Lebensinteressen erkennen lassen, und nicht bloss nach den erklärten Wünschen der
steuerpflichtigen Person (BGE 125 I 54, E. 2; 123 I 289, E. 2b). Auf die gefühlsmässige
Bevorzugung eines Ortes kommt es nicht an; der steuerliche Wohnsitz ist nicht unge-
- 5 -
2 ST.2011.179
achtet der tatsächlichen Verhältnisse frei wählbar (BGE 123 I 289, E. 2b; 113 Ia 465,
E. 3). Die Frage, zu welchem Aufenthaltsort der Steuerpflichtige die stärkeren Bezie-
hungen unterhält, ist jeweils aufgrund der Gesamtheit der Umstände des Einzelfalls zu
beurteilen (BGr, 7. Januar 2004, 2P.2/2003, E. 2.2; StE 1998 A 24.21 Nr. 11 E. 2b, mit
Hinweisen). Bei der Bestimmung des Steuerdomizils kann neben den Verhältnissen in
der Bemessungsperiode auf die weiteren, bis zum letztinstanzlichen Entscheid einge-
tretenen Entwicklungen abgestellt werden (BGr, 1. Oktober 1996, 2P.242/1994, E. 1b).
f) Bei unverheirateten Steuerpflichtigen, die unselbstständig erwerbstätig sind,
liegt das Steuerdomizil gewöhnlich am Arbeitsort, genauer am Ort, von wo aus sie für
längere oder unbestimmte Zeit der täglichen Erwerbstätigkeit nachgehen (BGr,
20. Januar 1994 = StE 1994 A 24.21 Nr. 7 = ASA 63, 836; BGE 125 I 54 E. 2b, auch
zum Folgenden; neuestens BGr, 6. Dezember 2010, 2C_397/2010 = ZStP 2011, 134 =
StE A 24.21 Nr. 22). Denn der Zweck des Erwerbs für den Lebensunterhalt ist dauern-
der Natur. Eine Ausnahme besteht dann, wenn sie regelmässig an den Familienort
zurückkehren und ihre persönlichen und gesellschaftlichen Beziehungen zum Familie-
nort diejenigen zum Arbeitsort klar überwiegen. Das Bundesgericht nimmt dabei an,
dass die beruflichen Interessen nicht über die affektiven Beziehungen gestellt werden
dürfen. Daran vermöge, so das Gericht, der Umstand, dass eine Person ledig sei,
nichts zu ändern. Als Familienort gilt auch der Wohnort der elterlichen Familie und der
Geschwister (BGr, 28. April 2005, 2P.260/2004). Die Kontakte müssen sich aber auf
einen bestimmten Ort beziehen; es genügt nicht, dass die Beziehungen zu einer gan-
zen Region bestehen, mit der sich der Steuerpflichtige verbunden fühlt (StRK II, 8.
September 2004, 2 ST.2004.381). Werden am Wochenende und in der Freizeit Bezie-
hungen zu mehreren Orten gepflegt, ist eher anzunehmen, dass der Wochenaufent-
haltsort der Lebensmittelpunkt und damit der steuerrechtliche Wohnsitz ist.
g) Generell ist gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nur mit Zu-
rückhaltung anzunehmen, die Beziehungen zum Familien- bzw. Wochenendaufent-
haltsort seien stärker als diejenigen zum Arbeitsort. Sinn und Zweck der direkten Steu-
ern ist es, die allgemeinen Leistungen abzugelten, die das Gemeinwesen für seine
Mitglieder erbringt. Der ledige Steuerpflichtige ohne Familie beansprucht die öffentliche
Infrastruktur und die Leistungen des Gemeinwesens stärker am Ort, an dem er seiner
Erwerbstätigkeit nachgeht und sich demzufolge mehrheitlich aufhält, als am Ort, wo er
seine Freizeit verbringt.
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2 ST.2011.179
Dementsprechend sind bei ledigen Steuerpflichtigen auch die weiteren Erfor-
dernisse für einen Wohnsitz am Ort, wo sie die Wochenenden verbringen, namentlich
hinsichtlich der regelmässigen Rückkehr, besonders streng zu handhaben (BGr,
25. Januar 2006, 2P.171/2005, E. 2.2, auch zum Folgenden). Von ganz besonderem
Gewicht sind die Dauer der Anstellung am Arbeitsort und das Alter des Steuerpflichti-
gen. Mit Berücksichtigung der Dauer des Aufenthalts am Arbeitsort trägt das Bundes-
gericht dem Umstand Rechnung, dass sich mit dessen zunehmender Dauer die Bin-
dungen zur Familie erfahrungsgemäss lockern, während sich diejenigen zum Arbeitsort
verdichten (BGr, 26. Januar 1994 = StE 1994 A 24.21 Nr. 7 = ASA 63, 836, auch zum
Folgenden). Die ständige regelmässige Rückkehr an den elterlichen Wohnort vermag
deshalb nach einer gewissen Dauer des Aufenthalts am Arbeitsort das Steuerdomizil
am Ort der Familie nicht mehr ohne weiteres zu begründen, wenn nicht weitere Um-
stände schlüssig darauf hinweisen, dass die Beziehungen zum Familienort diejenigen
zum Arbeitsort überwiegen.
h) Die Umstände, welche die unbeschränkte Steuerhoheit über eine Person
begründen, stellen eine steuerbegründende Tatsache dar und müssen daher vom ent-
sprechenden Gemeinwesen bzw. von der zuständigen Steuerbehörde bewiesen wer-
den (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuer-
gesetz, 2. A., 2006, § 3 N 83).
Bei unverheirateten, unselbstständig Erwerbstätigen besteht indessen nach
der Rechtsprechung des Bundesgerichts eine besondere Beweislastregel: Der Um-
stand, dass der unverheiratete Steuerpflichtige am Ort, wo er sich während der Woche
aufhält, eine unselbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, begründet nach der Rechtspre-
chung die natürliche Vermutung, dass der Steuerpflichtige dort sein Steuerdomizil hat.
Diese Vermutung lässt sich nur entkräften, wenn er regelmässig, mindestens ein Mal
pro Woche oder zumindest (bei unregelmässiger Arbeitszeit) an den arbeitsfreien Ta-
gen, an den Ort zurückkehrt, wo seine Familie lebt, mit welcher er aus bestimmten
Gründen besonders eng verbunden ist, und wo er andere persönliche und gesellschaft-
liche Beziehungen pflegt (BGr, 28. April 2005, 2P.260/2004; BGE 125 I 54, E. 3a; Peter
Locher, Die Praxis der Bundessteuern, III. Teil: Das interkantonale Doppelbesteue-
rungsrecht, § 3, I B, 2b Nrn. 32 und 27; Martin Arnold, Der steuerrechtliche Wohnsitz
natürlicher Personen im interkantonalen Verhältnis nach der neueren bundesgerichtli-
chen Rechtsprechung, ASA 68, 462 ff.). Die Anforderungen an die Überzeugungskraft
der für die Kontakte zum Wochenendort geltend gemachten Umstände werden dabei
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2 ST.2011.179
mit zunehmender Dauer des Aufenthalts am Arbeitsort höher, geht doch mit zuneh-
mender Dauer des Wochenaufenthalts regelmässig eine Lockerung der Bindungen zur
elterlichen Familie einher (StE 1994 A 24.21 Nr. 7 E. 3b).
2. a) Die Befragung des Rekurrenten durch das Steueramt der Stadt B vom
11. November 2011 ergab Folgendes: Der damals knapp 33-jährige Rekurrent war von
September 2006 bis September 2009 sowie ab ... 2010 als Wochenaufenthalter in der
Stadt B gemeldet. In der Zwischenzeit hielt er sich zu Studienzwecken in G auf. Er
wohnt allein in einer Dreizimmerwohnung an der C ..., B; früher belegte er eine Zwei-
einhalbzimmerwohnung an der H ..., B. Einen Telefonanschluss habe er nicht. Seit Mai
2006 arbeitet er als I bei der J SA in B. Nach eigenen Angaben unterhält er in B wenig
Kontakt zu Studienkollegen; seine Freizeit verbringe er in der Wohnung. Die Geschwis-
ter lebten in B. Er habe keine feste Partnerbeziehung und gehöre keinem Verein an. Im
Elternhaus in E belege er eine Einlieger-Eigentumswohnung mit zwei Zimmern, wofür
er einen Unkostenbeitrag bezahle. Die Wochenenden verbringe er allesamt im Eltern-
haus; die Freizeitaktivitäten bestünden aus Lesen, Arbeiten am Computer, Ausgang
und Sport. Neben seinen Eltern könnten verschiedene Dienstleister in F über seinen
Aufenthalt Auskunft erteilen. Der Wochenaufenthalt in B sei durch die Arbeit bedingt
und diene der Bequemlichkeit; er beabsichtige nicht, sich in B anzumelden.
b) Im Einspracheentscheid erwog das kantonale Steueramt, dass das Alter
des ledigen Rekurrenten, die Wohnsituation in B sowie das langjährige Arbeitsverhält-
nis für die Steuerpflicht im Kanton Zürich sprächen. Die zugunsten des Arbeitsorts
sprechende natürliche Domizilvermutung habe der Rekurrent nicht entkräftet. Weder in
der Einsprache noch im Anschluss an die Akteneinforderung und Mahnung habe er
eine substanziierte Sachdarstellung abgegeben; ebenso wenig habe er Beweismittel
und Indizien für den Wochenendaufenthaltsort eingereicht. Es gehe nicht an, dass der
Rekurrent lediglich eines von mehreren einverlangten Beweismitteln unter der Bedin-
gung angeboten habe, dass die Steuerbehörden auf die übrigen verzichteten. Der Re-
kurrent habe nicht einmal ansatzweise Anhaltspunkte nachgewiesen, die für den Wo-
chenendort als Hauptsteuerdomizil sprächen.
c) Zur Begründung seines Rechtsmittels bringt der Rekurrent zunächst vor,
das kantonale Steueramt habe "keinen Einspracheentscheid im eigentlichen Sinne"
gefällt, sondern einzig die Steuerhoheit beansprucht. Die mit der Einsprache vorgetra-
genen Argumente seien nicht berücksichtigt worden, was eine Missachtung des recht-
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2 ST.2011.179
lichen Gehörs bedeute. Er wohne seit jeher in E, Gemeinde F. Den Wochenaufenthalt
in B habe er bequemlichkeitshalber begründet. Entgegen der Annahme des Rekurs-
gegners habe er auch während des Studiums in G in B gearbeitet und sei täglich von E
aus zum Arbeitsplatz gefahren. Zwar verfüge er am Arbeitsort über eine Luxuswoh-
nung, "jedoch ohne Konkubinats- oder ähnliches Verhältnis, und ohne besonderen
Bekanntenkreis". Seine Wohnsituation führe dazu, dass er "stärker als üblich" die Bin-
dung zu seiner Familie pflege. So treffe sich jeweils am Sonntag die ganze Familie.
Einen "positiven Beweis", dass er jeweils das Wochenende in E verbringe, könne er
nicht leisten; eine lückenlose Überwachung durch Nachbarn finde weder dort noch in B
statt. Indessen gebe es objektive Indizien, die für seine Sachdarstellung sprächen. Zu-
nächst nehme er verschiedene Dienstleistungen in der Umgebung seines Wohnsitzes
in Anspruch. Sodann lagerten seine Sportgeräte in E. Das Auto und der Roller hätten
ein auf den Kanton K lautendes Polizeikennzeichen. Die mit dem Rekurs eingereichten
Stromrechnungen des EWZ ab 2008 belegten einen unterdurchschnittlichen Strom-
verbrauch, was für einen seltenen Aufenthalt in B spreche. Wie er schon in der Befra-
gung erklärt habe, benütze er die "Gemeinde-Infrastruktur" wie Theater, Oper oder
Sportanlagen nicht. Seine Postadresse befinde sich in E. Die Wohnung in B verfüge
weder über einen Telefon- noch über einen Fernseh- oder einen Internet-Anschluss. Er
habe sich für E und nicht für B als Wohnort entschieden. Das kantonale Steueramt
habe seine Aufforderung ignoriert, die "Exklusivität der Ansprüche" darzulegen. Diese
Unterlassung könne jedoch zu einer Verletzung des Verbots der Doppelbesteuerung
führen. Die Aufforderung des Steueramts zur Einreichung bestimmter Akten verstosse
teilweise gegen übergeordnetes Recht; einzelne davon gebe es überhaupt nicht und
andere seien für die Behandlung der Einsprache nicht nötig gewesen. Es dränge sich
der Verdacht auf, dass es sich bei der Akteneinforderung um eine "Fishing Expedition"
handle. Ein Fahrtenbuch, das die Benützung seines Autos dokumentiere, führe er
nicht; im Übrigen dürfe ihm dies auch nicht zugemutet werden. Mit Ausnahme der
Stromrechnung gingen die Auskunftsbegehren weit über das Sachnotwendige hinaus
und kämen einem "massiven, ungerechtfertigten und unbegründeten Eingriff in (s)eine
Privatsphäre" gleich. Dies stehe im Widerspruch zur Bundesverfassung und zur Euro-
päischen Menschenrechtskonvention. Wegen der Zentrumsfunktion von B treffe er hier
zwar Studienkollegen, allerdings nur wenig. Den Kontakt zu seinen in B wohnhaften
Schwestern pflege er in E. Es treffe nicht zu, dass er seine Mitwirkungspflichten ver-
letzt habe; er habe einzig darauf verzichtet, "nicht beantwortbare oder unverhältnis-
mässige, rechtsverletzende Fragen zu beantworten". Erst mit dem Einspracheent-
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2 ST.2011.179
scheid habe das kantonale Steueramt den ihm obliegenden "Hauptbeweis" erbracht,
der mit dem im Rekurs geleisteten "Gegenbeweis" entkräftet worden sei.
3. a) Gegenstand des vorliegenden Rekursverfahrens bildet der mit dem an-
gefochtenen Einspracheentscheid bestätigte Vorentscheid des kantonalen Steueramts
vom 11. Februar 2011 über die Beanspruchung der Steuerhoheit. Haltlos ist der Ein-
wand des Rekurrenten, dass es sich beim Vorentscheid überhaupt nicht um einen sol-
chen handle. Vor Erlass des Vorentscheids konnte sich der Rekurrent im "Fragebogen
zur Feststellung des steuerrechtlichen Wohnsitzes" sowie in der persönlichen Befra-
gung äussern. Der Vorentscheid enthält eine vergleichsweise ausführliche Begrün-
dung, weshalb ab 1. Januar 2010 die Steuerhoheit für den Kanton und die Stadt B be-
ansprucht wird. Im Einspracheverfahren erliess das kantonale Steueramt am
25. März 2011 eine Beweisauflage, worin der Rekurrent um die Beantwortung der fol-
genden Fragen bzw. die Einreichung der erwähnten Unterlagen ersucht wurde:
"1. Detaillierte Darlegung, an welchen Tagen Sie sich in der Zeit vom ... 2009 bis ... 2009 und vom ... 2010 bis ... 2010 am 'Wochenendort' und an anderen Orten des Kantons Zürich aufgehalten haben sowie entsprechender Nachweis mittels zweckdienlicher Unterlagen, wie Kopien Ihrer Agenden für die Zeit vom ... 2009 bis ... 2009 und vom ... 2010 bis ... 2010, Zugsbillete, Tankstellenquittungen etc.
Falls Sie jeweils mit dem Auto an den 'Wochenendort' zurückkehren, benötigen wir zusätzlich: Nachweis anhand von beweiskräftigen Unterlagen (Servicebuch, etc.) der in der Zeit vom ... 2009 bis ... 2009 und vom ... 2010 bis ...2010
1. total gefahrenen Kilometer 2. davon für den Arbeitsweg gefahrenen Kilometer 3. davon privat gefahrenen Kilometer 4. Kopie Fahrzeugausweis
2. Stromrechungen für die Wohnungen am 'Wochenaufenthaltsort' für die Zeit vom ... 2009 bis ... 2009 und vom ... 2010 bis ... 2010.
3. Detaillierter Beschrieb der persönlichen und sozialen Beziehungen, der kulturellen und sportlichen und übrigen Freizeittätigkeiten am 'Wochenaufenthaltsort' und am '', insbesondere Verwandt-, Freund- und Bekanntschaften, , inklusive Zusammenstellung, wann in der Zeit vom ... 2009 bis ... 2009 und vom ... 2010 bis ... 2010 welche Anlässe besucht wurden und Bestätigungen der Aktivitäten durch z.B. Bescheinigungen der Vereinspräsidenten, wann welche Anlässe besucht wurden; Auszüge aus Bankkonten und , aus welchen entsprechende Barbezüge, Einkäufe und Konsumationen sind.
4. Liste sämtlicher Ihrer benutzten Bank-, Post-, maestro (ec)- und Kreditkarten.
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5. Monatsauszüge der Bank- und/oder Postkonti, auf denen sämtliche Barbezüge, Einkäufe und Konsumationen mit den vorgängig erwähnten Karten für die Zeit vom ... 2009 bis ... 2009 und vom ... 2010 bis ... 2010 ersichtlich sind sowie über Kreditkartenbezüge für sämtliche Kreditkarten für die Zeit vom ... 2009 bis ... 2009 und vom ... 2010 bis ... 2010 (falls diese nicht mehr vorhanden sind, sind diese von Ihnen bei der Bank, Post bzw. der Kreditkartenherausgeberin )."
Auf das ablehnende Schreiben des Rekurrenten vom 17. April 2011 hin mahn-
te das kantonale Steueramt am 6. Mai 2011 die Auflage und wies auf die gesetzlichen
Säumnisfolgen hin. Daraufhin äusserte sich der Rekurrent am 20. Mai 2011 wie folgt:
"... Aus all diesen Gründen sehe ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt von der Ihrer Fragen ab und sehe einem richterlichen Urteil mit präjudizierendem zur Akteneingabe gelassen entgegen. Um jedoch den Rekurs nicht durch die unnötig zu blockieren, biete ich Ihnen freiwillig folgenden Vorschlag an: Sollten Sie entscheiden, auf die Einforderung der Unterlagen gemäss Punkt 1, 3, 4 und 5 zu verzichten, und mir diesen Entscheid bis 17.06. an oben genannte Adresse , so verpflichte ich mich hiermit freiwillig, Ihnen sämtliche Unterlagen nach Punkt 2, d.h. alle Stromrechnungen für die Wohnungen in B seit ... 2008, bis am ... zuzustellen."
Der Einspracheentscheid gibt die von Rechtsprechung und Lehre für die Beur-
teilung des steuerrechtlichen Wohnsitzes entwickelten Grundsätze umfassend wieder
und kommt in einer ausführlichen Würdigung der konkreten Verhältnisse zum Schluss,
dass Kanton und Stadt B die Steuerhoheit über den Rekurrenten ab 1. Januar 2010 zu
Recht beansprucht hätten. Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz den Sachverhalt
eingehend ermittelt bzw. diesbezügliche Anstrengungen unternommen und den Rekur-
renten gehörig zur Mitwirkung aufgefordert. Ferner hat sie den Einspracheentscheid
umfassend begründet. Die – im Übrigen nicht näher spezifizierte – Rüge einer Verlet-
zung des rechtlichen Gehörs ist daher unbegründet.
b) aa) Der Rekurrent arbeitete am Stichtag des 31. Dezember 2010 seit über
4 1⁄2 Jahren (Mai 2006) als I in B. Unweit seines Arbeitsplatzes hat er eine Dreizimmer-
wohnung für sich allein gemietet. Dort hält er sich nach eigenen Angaben unter der
Woche auf, während er die Wochenenden in E verbringe. Ob er dies allein "aus Be-
quemlichkeit" tut oder ob andere Gründe mitspielen, tut nichts zur Sache. Massgebend
ins Gewicht fällt der ausgewiesene Umstand, dass sich der Rekurrent an den Ar-
beitstagen in einer Wohnung in B aufhält und von dort aus den Arbeitsplatz aufsucht.
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2 ST.2011.179
bb) Wie vorne dargelegt, begründet der Umstand, dass der unverheiratete
Rekurrent am Ort, wo er sich während der Woche aufhält, eine unselbstständige Er-
werbstätigkeit ausübt, nach der Rechtsprechung die natürliche Vermutung, dass er dort
sein Steuerdomizil hat. Durch den Erlass der Beweisauflage vom 25. März 2011 wurde
dem Rekurrenten Gelegenheit geboten, den Gegenbeweis anzutreten und diese Ver-
mutung umzustossen, wofür die verlangten Auskünfte offensichtlich geeignet und not-
wendig waren. Diese waren dem Rekurrenten ausserdem durchaus zumutbar, sodass
die Beweisauflage ohne Weiteres dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit entsprach
(Zweifel, Art. 42 N 37 StHG). Es kann dahingestellt bleiben, wie umfassend und detail-
liert die Fragen hätten beantwortet wie viele Belege der Rekurrent hätte einreichen
müssen. Indem er sich – unter nicht näher begründetem und unzutreffendem Hinweis
auf verschiedene Bestimmungen – weigerte, die Auflage zu erfüllen, verzichtete er auf
sein Recht. Geradezu trölerisch erscheint in diesem Zusammenhang der Vorwurf des
Rekurrenten, die Klärung seines steuerrechtlichen Wohnsitzes laufe auf eine "Fishing
Expedition" hinaus. Nachdem das kantonale Steueramt die Erfüllung der Auflage am
6. Mai 2011 gehörig gemahnt und auf die gesetzlichen Säumnisfolgen hingewiesen,
der Rekurrent die Mitwirkung jedoch in der Folge am 20. Mai 2011 abgelehnt hat, ist
der Einspracheentscheid zu Recht aufgrund der Akten ergangen. Wie der Rekursgeg-
ner richtig festgehalten hat, musste er nicht auf die vom Rekurrenten einzig angebote-
ne Präsentation der Stromrechnung für die Wohnung in B eingehen, während die übri-
gen Auskunftsbegehren fallen zu lassen seien. Anzumerken bleibt, dass gerade dem
Stromverbrauch nur eine bescheidene Aussagekraft zukommt. Es erscheint durchaus
naheliegend, dass ein alleinstehender und gut verdienender Steuerpflichtiger sich
auswärts verpflegt und seine Wäsche nicht selbst besorgt und so wenig Strom konsu-
miert. Von geringer Bedeutung ist ferner, dass der Rekurrent in seiner Wohnung über
keinen Telefon- und Internetanschluss verfügt; denn in den letzten Jahren gehen Fest-
netzanschlüsse zugunsten von mobilen Verbindungen laufend zurück. Aufgrund des
Aufenthalts während der Arbeitswoche benützt der Rekurrent hier zumindest Wasser,
Elektrizität sowie das Strassennetz und somit die Infrastruktur der Stadt B.
cc) Die vom Rekurrenten zugunsten des Wohnsitzes in E, F, aufgeführten
Argumente sind sehr allgemein gehalten, kaum substanziiert und werden auch in kei-
ner Weise belegt. Die Beweisauflage des kantonalen Steueramts im Einspracheverfah-
ren diente – entgegen der Meinung des Rekurrenten – nicht dazu, seine Privatsphäre
zu erforschen. Vielmehr sollte er Gelegenheit erhalten, die vorstehend erwähnte, zu-
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2 ST.2011.179
gunsten des Aufenthaltsorts am Arbeitsplatz bestehende natürliche Vermutung des
Wohnsitzes zu entkräften. Diese Mitwirkung hat der Rekurrent weitestgehend verwei-
gert. Ob er in B tatsächlich wenig persönliche Kontakte pflegt und sogar seine in der
Stadt wohnenden Geschwister nicht hier, sondern im Elternhaus trifft, erscheint zwar
ungewöhnlich, lässt sich aber nicht schlüssig widerlegen. Dass ein über 30-jähriger
Mann eine derart intensive Beziehung zu seinen Eltern pflegt, dass er die Wochenen-
den bei ihnen verbringt, kommt nicht allzu häufig vor. Wenn ihm im Elternhaus eine
eigene Wohnung zur Verfügung steht, mag dies eher dafür sprechen, die Wochenen-
den dort zu verbringen; nach allgemeiner Lebenserfahrung halten sich erwachsene
Kinder an den Wochenenden jedoch auch dann nicht durchwegs bei den Eltern auf,
wenn komfortable räumliche Verhältnisse dies begünstigen würden. Unerheblich mit
Bezug auf den Wohnsitz ist, wo eine Person Sportgeräte und andere Utensilien lagert.
Dass der Rekurrent jedes Wochenende in E verbringt, hätten Nachbarn ohne Weiteres
bestätigen können. Nicht behauptet werden Aktivitäten des Rekurrenten in Vereinen
oder Behörden. Ebenso wenig macht er geltend, dass er in E irgendwelche Freund-
schaften intensiv pflege. Schliesslich hat der Rekurrent trotz Auflage und Mahnung
nicht nachgewiesen, dass er verschiedene Dienstleistungen in der näheren Umgebung
von E tatsächlich beansprucht hat. So wie gemäss Rechtsprechung der Hinterlegung
der Schriften für die Beurteilung des steuerlichen Wohnsitzes nur geringe Bedeutung
zukommt, muss dies auch für die Postadresse gelten. Abgesehen davon, dass die Be-
deutung der Briefpost in Anbetracht der modernen Kommunikationsformen schwindet,
besteht die Möglichkeit, dass gewisse Postsendungen postlagernd adressiert oder an
den Arbeitsplatz zugestellt werden.
Aus diesen Gründen hat das kantonale Steueramt den steuerrechtlichen
Wohnsitz für den Rekurrenten ab 1. Januar 2010 zu Recht in Anspruch genommen.
Der Rekurs ist daher abzuweisen.
4. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Rekur-
renten aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG) und muss ihm eine Parteientschädigung ver-
sagt bleiben (§ 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/
8. Juni 1987).
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2 ST.2011.179 | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
3b893e1b-1a86-49ba-b30a-4447393a01f2 | hat sich ergeben:
A. Mit Kaufvertrag vom ... 1999 erwarb A (nachfolgend der Pflichtige) die Lie-
genschaft Kat.Nr. ... (708 m2 Grundstücksfläche, Wohnhaus Vers.Nr. ..., ...str. 144, C)
zum Preis von Fr. 540'000.- zu Alleineigentum. Nach der Vornahme von umfangrei-
chen baulichen Investitionen bewohnte der Pflichtige die Liegenschaft zusammen mit
seiner damaligen Ehefrau D.
Mit Urteil des Bezirksgerichts E vom ... 2012 wurde die Ehe des Pflichtigen
geschieden. Laut Scheidungskonvention verpflichtete sich dieser, die in seinem Allein-
eigentum verbliebene Liegenschaft bestmöglich zu verkaufen und die geschiedene
Ehefrau am Erlös zu beteiligen.
Mit Kaufvertrag vom ... 2012 erwarb die geschiedene Ehefrau die Eigentums-
wohnung GBBL ... an der ...str. 27b in F zum Preis von Fr. 626'100.-. Der Pflichtige
seinerseits erwarb am ... 2012 die Eigentumswohnung GBBL ... an der ...str. 29 in C
zum Preis von Fr. 1'870'000.-.
Am ... 2012 verkaufte der Pflichtige schliesslich die Liegenschaft an der
...str. 144 in C zum Preis Fr. 2'520'000.- an G und H.
Im Veranlagungsentscheid für die Grundstückgewinnsteuer vom 28. Mai 2013
gewährte der Finanzausschuss der Gemeinde C, ausgehend von einem Gesamtge-
winn von Fr. 895'105.-, für einen Teilgewinn von Fr. 247'527.- einen Aufschub der
Grundstückgewinnsteuer infolge Ersatzbeschaffung von selbstgenutztem Wohneigen-
tum im Sinn von § 216 Abs. 3 lit. i des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG). Für den
Differenzbetrag von Fr. 647'500.- (abgerundet) ermittelte der Finanzausschuss eine
Grundstückgewinnsteuer von Fr. 176'364.-, welche er dem Pflichtigen auferlegte. Bei
der Berechnung des Steueraufschubs berücksichtigte der Finanzausschuss nur den
Erwerbspreis des vom Pflichtigen erworbenen Ersatzobjekts in C, nicht jedoch den
Erwerbspreis der von der geschiedenen Ehefrau erworbenen Eigentumswohnung in F.
B. In der Einsprache vom 18. Juni 2013 liess der Pflichtige beantragen, es sei
der Erwerbspreis der von der geschiedenen Ehefrau erworbenen Eigentumswohnung
2 GR.2013.33
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in F bei der Berechnung des Steueraufschubs zu berücksichtigen. Am 27. August 2013
wies der Finanzausschuss die Einsprache ab.
C. Am 10. September 2013 erhob der Pflichtige Rekurs gegen den Einspra-
cheentscheid und erneuerte seinen im Einspracheverfahren gestellten Antrag.
In der Rekursantwort vom 12. November 2013 beantragte der Finanzaus-
schuss der Gemeinde C die Abweisung des Rekurses. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Die Grundstückgewinnsteuer wird erhoben von den Gewinnen, welche sich
bei Handänderungen an Grundstücken oder Anteilen von solchen ergeben (zivil-
rechtliche Handänderungen, § 216 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 [StG]).
Bei zivilrechtlichen Handänderungen ist die Person steuerpflichtig, welche im Grund-
buch als Eigentümerin eingetragen ist und das zivilrechtliche Eigentum am betreffen-
den Grundstück auf einen anderen Rechtsträger überträgt (Richner/Frei/Kaufmann/
Meuter, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A. 2013, § 217 N 2 f.).
Nach Art. 12 Abs. 3 lit. e des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der
direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG) und
den analogen §§ 216 Abs. 3 lit. i und 226a Abs. 1 StG wird die Besteuerung aufge-
schoben bei Veräusserung einer dauernd und ausschliesslich selbstgenutzten Wohn-
liegenschaft (Einfamilienhaus oder Eigentumswohnung), soweit der dabei erzielte Erlös
innert angemessener Frist zum Erwerb oder zum Bau einer gleichgenutzten Ersatzlie-
genschaft im Kanton Zürich oder in der übrigen Schweiz verwendet wird.
Damit von einer Ersatzbeschaffung gesprochen werden kann, muss die steu-
erpflichtige Person sowohl Eigentümerin des veräusserten Objekts als auch des Er-
satzobjekts, in welches der Erlös investiert wird, sein. Der Veräusserer des ursprüngli-
chen Grundstücks und der Erwerber des Ersatzgrundstücks müssen somit identisch
sein (Grundsatz der Subjektidentität, Felix Richner, Ersatzbeschaffung von selbstge-
2 GR.2013.33
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nutztem Wohneigentum [Teil I], ZStP 2010, 193 ff. vgl. die verschiedenen kantonalen
Regelungen: Bastien Verrey, L'imposition différée du gain immobilier: harmonisation
fédérale et droit cantonal comparé, 2011, S. 205 ff.).
Im Sinne einer Ausnahmeregelung steht der Anwendung von § 216 Abs. 3 lit. i
StG nicht entgegen, wenn die steuerpflichtige Person Alleineigentümerin und somit
allein Veräusserin war, das Ersatzobjekt jedoch von ihr und ihrem (alten oder neuen)
Ehegatten je zu hälftigem Miteigentum erworben wurde, sofern der Kaufpreis für das
funktionell gleichartige Ersatzobjekt nicht aus andern Mitteln als aus dem Erlös des
veräusserten Eigenheims aufgebracht wurde (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 216
N 336; StRK III, 27. Januar 2006, 3 GR.2005.13+14 = ZStP 2006, 270, RB 1995
Nr. 53). Diese Ausnahmeregelung wurde vom Bundesgericht als mögliche Lösung be-
trachtet (BGr, 17. Oktober 2011, 2C_277/2011, StE 2012 B 42.38 Nr. 34 = StR 2012,
351).
War der steuerpflichtige Ehegatte dagegen Alleineigentümer des veräusserten
Grundstücks und der andere Ehegatte alleiniger Erwerber des Ersatzobjekts, liegt kei-
ne steuerprivilegierte Ersatzbeschaffung vor (Felix Richner, S. 195).
Die vorstehend erwähnte zürcherische Ausnahmeregelung, wonach die Re-
duktion von Alleineigentum zu Miteigentum für einen vollständigen Steueraufschub
nicht schädlich ist, gilt zudem nur für Ehepaare bzw. eingetragene Partnerschaften
(Richner, S. 195).
2. a) Zur Begründung macht der Pflichtige geltend, er und seine Frau hätten
sich am ... 2008 aussergerichtlich getrennt und seien mit Urteil vom ... 2012 geschie-
den worden. Gemäss Ziffer 4.1 des Urteils habe er sich verpflichtet, seiner geschiede-
nen Frau zur Abgeltung sämtlicher Ansprüche aus dem Ehe- und Güterrecht einen
Betrag in Höhe von Fr. ....- zu bezahlen. Darin enthalten seien Ansprüche aus dem
Verkauf der Liegenschaft in Höhe von Fr. 400'000.-. Gemäss dem Kommentar zum
Zürcher Steuergesetz (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 216 N 336) liege eine steuer-
privilegierte Ersatzbeschaffung nur vor, wenn der Veräusserer mindestens teilweise mit
dem Erwerber des Ersatzgrundstückes identisch sei. Der Anwendung von § 216 Abs. 3
lit. i StG stehe somit nichts entgegen, wenn er Alleineigentümer des ersetzten Objekts
gewesen sei, das Ersatzobjekt jedoch von ihm und seinem Ehegatten je zu hälftigem
2 GR.2013.33
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Miteigentum erworben worden sei, sofern der Kaufpreis für das funktionell gleichartige
Ersatzobjekt nicht aus anderen Mitteln als aus dem Erlös des veräusserten Eigenheims
aufgebracht worden sei. Im vorliegenden Fall seien nun nicht ein Ersatzobjekt, sondern
aufgrund der Scheidung zwei Ersatzobjekte aus dem Veräusserungserlös erworben
worden, was jedoch der Idee, welche der vorstehenden Kommentarstelle zugrunde
liege, gleichkomme. Er sei verpflichtet gewesen, seiner geschiedenen Ehefrau einen
Anteil von Fr. 400'000.- am Verkaufserlös abzutreten. Da diese Vereinbarung noch vor
der Rechtskraft der Scheidung getroffen worden sei (... 2012), sei vom Entschluss bei-
der Ehegatten auszugehen. Weiter sei zu bemerken, dass es sich bei der veräusserten
Liegenschaft um das Elternhaus der Ehefrau gehandelt habe. Der Eintrag ins Grund-
buch sei ursprünglich aus diesem Grund auch zu je hälftigem Miteigentum vorgesehen
gewesen. Da jedoch die Finanzierung teilweise über den Bezug aus seiner Pensions-
kasse erfolgt sei, habe die Pensionskasse darauf bestanden, dass er als Alleineigen-
tümer ins Grundbuch eingetragen werde. Da zudem die Grundstückgewinnsteuer ge-
mäss § 216 Abs. 3 lit. b StG aufgeschoben werde bei Handänderungen unter
Ehegatten im Zusammenhang mit dem Güterrecht sowie zur Abgeltung ausserordentli-
cher Beiträge eines Ehegatten an den Unterhalt der Familie und scheidungsrechtlicher
Ansprüche, sofern beide Ehegatten einverstanden seien, müsse auch die neu erwor-
bene Liegenschaft der geschiedenen Ehefrau in der Berechnung der aufgeschobenen
Grundstückgewinnsteuer berücksichtigt werden. Gemäss dem Scheidungsurteil hätten
sich beide Ehegatten auf den Verkauf der Liegenschaft, welche von ihnen bewohnt
worden sei, verständigt. Beide Ersatzliegenschaften seien zudem durch den Veräusse-
rungserlös finanziert worden. Es wäre äussert stossend, wenn nicht beide Ersatzobjek-
te bei der Berechnung des Steueraufschubs berücksichtigen würden. Falls die Ehegat-
ten sich im Rahmen der Ehescheidung für eine Aufteilung der Liegenschaft (z.B. zu
einem hälftigen Miteigentum) entschieden hätten, wäre die Grundstückgewinnsteuer
gemäss § 216 Abs. 3 lit. b StG aufgeschoben worden. Beim Weiterverkauf wäre die
Steuer ein weiteres Mal aufgrund von § 216 Abs. 3 lit. i StG aufgeschoben worden. Zu
bemerken bleibe, dass er sich am 21. Juni 2012 mit einer Anfrage an das Gemeinde-
steueramt C gewandt, jedoch von der Amtsstelle keine abschliessende Antwort auf
diese Anfrage erhalten habe.
Die aufgeführten Voraussetzungen eines Steueraufschubs und insbesondere
auch der zürcherischen Ausnahmeregelung sind vorliegend, was den Erwerb der Ei-
gentumswohnung durch die geschiedene Ehefrau betrifft, in mehrfacher Hinsicht nicht
erfüllt:
2 GR.2013.33
- 6 -
b) Der Pflichtige beantragt den Einbezug von zwei Ersatzobjekten, von denen
er naturgemäss nur eines bewohnen kann. Die Tatsache, dass das von seiner ge-
schiedenen Ehefrau erworbene Wohnobjekt von dieser bewohnt wird, ist unerheblich.
Denn die Voraussetzungen für eine steuerprivilegierte Ersatzbeschaffung müssen,
unter Vorbehalt der geschilderten Ausnahmeregelung, immer in der Person des steu-
erpflichtigen Veräusserers – und nicht etwa allfälliger Gewinnempfänger oder sonstiger
Personen – erfüllt sein (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 217 N 13).
Beim Betrag von Fr. 400'000.-, welchen der Pflichtige an seine geschiedene
Ehefrau in Abgeltung sämtlicher Ansprüche aus dem Ehe und Güterrecht zahlte (Ziffer
4.1 des Urteils des Bezirksgerichts E vom ... 2012) handelt es sich um eine grundsteu-
erlich unbeachtliche Gewinnverwendung (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 217 N 12).
Unerheblich ist somit die Frage, ob die geschiedene Ehefrau ihrerseits die
Fr. 400'000.- für den Erwerb der Eigentumswohnung in F verwendete. Denn wie darge-
legt müssen die Voraussetzungen eines Steueraufschubs, unter Vorbehalt der geschil-
derten Ausnahmeregelung, in der Person des steuerpflichtigen Verkäufers erfüllt sein.
Die Ausnahmeregelung kommt auch deshalb nicht zum Zug, weil die Ehe des
Pflichtigen mit der Scheidung vom ... 2012 aufgelöst wurde und weil jeder der ge-
schiedenen Ehegatten je einen getrennten Entschluss zum Erwerb des betreffenden
Wohnobjekts fasste. Letzteres ist bei der Ausnahmeregelung gerade nicht der Fall.
Erwerben zwei Ehegatten als hälftige Miteigentümer ein Ersatzobjekt, welches in der
Folge von ihnen gemeinsam bewohnt wird, so basiert dieser Erwerb auf einem ge-
meinsamen Entschluss. Bei einem späteren Verkauf des Ersatzobjekts dürften in der
Regel beide Ehegatten ins Veranlagungsverfahren einbezogen werden (Richner/Frei/
Kaufmann/Meuter, § 217 N 15), so dass diesbezüglich keine erhebungstechnischen
Probleme auftreten dürften (Felix Richner, S. 195 f.).
Würde man den Betrag von Fr. 626'100.-, welchen die geschiedene Ehefrau
für den Erwerb der Eigentumswohnung aufwendete, bei der Berechnung des Steuer-
aufschubs berücksichtigen, so würde dies nicht zuletzt erhebliche praktische Probleme
verursachen. Denn die geschiedene Ehefrau müsste den aufgeschobenen Gewinn auf
dem ersetzten Objekt bei einem Weiterverkauf ihrer Wohnung zumindest teilweise ver-
steuern, obwohl sie nie Eigentümerin des ersetzten Objekts war und am vorliegenden
Verfahren nicht beteiligt ist.
2 GR.2013.33
- 7 -
Festzuhalten ist, dass der Pflichtige, ungeachtet des Scheidungsverfahrens,
während der gesamten Besitzesdauer Alleineigentümer der veräusserten Liegenschaft
in C war, was sich auf Ziffer 4.2 des Scheidungsurteils ergibt. Immerhin ist einzuräu-
men, dass der Steueraufschub anders berechnet würde, hätte die geschiedene Ehe-
frau bei der Scheidung einen hälftigen Miteigentumsanteil am ersetzten Objekt über-
nommen und wäre dieses von beiden geschiedenen Ehegatten gemeinsam verkauft
worden (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 216 N 339). Grundlage für die rechtliche
Beurteilung bildet im Steuerrecht jedoch der tatsächliche existierende Sachverhalt. Der
rechtlichen Beurteilung ist demgemäss nicht ein hypothetischer Sachverhalt zugrunde
zu legen, sondern der Sachverhalt, welcher sich tatsächlich verwirklichte.
3. a) Aufgrund der vorstehenden Erwägungen erweisen sich die Vorbringen
des Pflichtigen als unbegründet. Der Rekurs ist demgemäss abzuweisen.
b) Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten dem unterliegenden Pflichti-
gen aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG) und steht ihm keine Parteientschädigung zu
(§ 152 StG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom
24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
3c45348b-4daf-42cc-a7aa-a9cc40268f08 | hat sich ergeben:
A. 1. A (nachfolgend der Pflichtige) trat als Kadermitarbeiter der B AG per En-
de März 2012 im Alter von 61 Jahren in den vorzeitigen Ruhestand. Einen Monat spä-
ter wurde ihm aus einer vorsorgerechtlichen Kaderversicherung eine Kapitalleistung
von Fr. 70'426.- ausbezahlt. Diese wurde mit Veranlagungsverfügung bzw. Einschät-
zungsentscheid vom 20. September 2012 zunächst nach Massgabe von Art. 38 des
Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw.
§ 37 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) getrennt vom übrigen Einkommen
besteuert. Später erfolgte eine Berichtigung, indem mit Veranlagungsverfügung bzw.
Einschätzungsentscheid vom 11. September 2013 die separate Besteuerung der Kapi-
talleistung zurückgenommen wurde (bzw. Festsetzung der Leistung auf Fr. 0.-). Grund
dafür war das Ergebnis des ordentlichen Veranlagungs- bzw. Eischätzungsverfahren
der Steuerperiode 2012, welches hier im Streit liegt und nachfolgend zu beurteilen ist.
2. In der im Februar 2013 eingereichten Steuererklärung 2012 deklarierte der
Pflichtige einkommensseitig neben den ab dem 1. April 2012 erhaltenen Renten einen
letzten Lohn der B für die Zeit vom 1. Januar - 31. März 2012 in der Höhe von
Fr. 103'507.- (netto). Dem Lohnausweis war dabei auch zu entnehmen, dass die Ar-
beitgeberin per 2012 eine Einmaleinlage von Fr. 180'000.- in die berufliche Vorsorge
des Pflichtigen geleistet hatte. Diese war dabei zunächst dem Bruttolohn hinzugerech-
net und alsdann bei der Ermittlung des Nettolohns unter dem Titel eines Einkaufs in die
berufliche Vorsorge wieder zum Abzug gebracht worden.
Mit Veranlagungsverfügung (Direkte Bundessteuer 2012) bzw. Einschät-
zungsentscheid (Staats- und Gemeindesteuern 2012) vom 27. August 2013 rechnete
der Steuerkommissär u.a. den vorerwähnten Einkauf im Umfang der bezogenen Kapi-
talleistung von Fr. 70'426.- einkommensseitig auf; zudem strich er die vom Pflichtigen
steuermindernd deklarierte Einzahlung in die Säule 3a im Betrag von Fr. 6'682.- wegen
fehlenden Nachweises.
B. Mit Einsprachen vom 2. September 2013 reichte der Pflichtige zunächst
die Steuerbescheinigung der C für seine Einzahlung 2012 in die Säule 3a ein und be-
antragte die Gewährung des entsprechenden Steuerabzugs. Zudem verlangte er eine
1 DB.2013.249 1 ST.2013.294
- 3 -
geringfügige Korrektur im Zusammenhang mit als Einkommen deklarierten Mitarbeiter-
rabatten auf Krankenkassenprämien.
Mit weiterer Eingabe vom 22. September 2013 wandte sich der Pflichtige in-
nerhalb der Einsprachefrist auch gegen die einkommensseitige Aufrechnung des Ein-
kaufs in die 2. Säule im Umfang der bezogenen Kapitalleistung von Fr. 70'426.-. Zur
Begründung machte er geltend, die Kapitalzahlung entstamme einer speziellen Kader-
versicherung; diesbezüglich hätten weder er noch seine Arbeitgeberin Einkäufe getä-
tigt. Auch in die "normale Pensionskasse (Basisvorsorge)" habe er keine Einkäufe ge-
tätigt; indes habe seine Arbeitgeberin im Sinn einer teilweisen Ausfinanzierung der
durch die vorzeitige Pensionierung entstandenen Vorsorgelücke eine Einmaleinlage
von Fr. 180'000.- geleistet; hierdurch habe sich seine monatliche Rente entsprechend
verbessert. Ein Zusammenhang zwischen dieser arbeitgeberseitigen Einlage in die
Basisvorsorge und der Auszahlung aus der Kaderversicherung bestehe nicht.
Mit Entscheiden vom 20. November 2013 liess das kantonale Steueramt die
nachgewiesenen Einzahlungen in die Säule 3a zum Abzug zu; stattgegeben wurde
zudem auch dem Antrag betreffend die Mitarbeiterrabatte. An der einkommensseitigen
Aufrechnung des Einkaufs in die 2. Säule im Umfang der bezogenen Kapitalleistung
von Fr. 70'426.- wurde demgegenüber festgehalten. Dies mit folgender Begründung:
Nachdem der Einkauf gemäss Lohnausweis im 1. Quartal 2012 erfolgt sei, verstosse
die Auszahlung der Kapitalauszahlung per 30. April 2012 gegen die Sperrfristregelung
von Art. 79b Abs. 3 Satz 1 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlas-
senen- und Invalidenvorsorge vom 25. Juni 1982 (BVG). Dieser gemäss dürften die
aus einem Einkauf in die berufliche Vorsorge getätigten Leistungen innerhalb der
nächsten 3 Jahre nicht aus dem Vorsorgekreislauf zurückgezogen werden. Diese Re-
gelung gelte dabei über verschiedene Versicherungsverhältnisse (z.B. obligatorische
Versicherung und Kaderversicherung) hinweg.
Gestützt auf diese teilweise Gutheissung der Einsprachen wurden die Steuer-
faktoren für die Steuerperiode 2012 wie folgt festgesetzt:
1 DB.2013.249 1 ST.2013.294
- 4 -
Direkte Bundessteuer Staats- und Gemeindesteuer Fr. Fr.
Steuerbares Einkommen 261'600.- 260'700.-
Steuerbares Vermögen 697'000.-.
C. Hiergegen erhob der Pflichtige am 17. Dezember 2013 Beschwerde bzw.
Rekurs mit den Anträgen,
• die Arbeitgeber-Einlage in die berufliche Vorsorge von Fr. 180'000.- als Ab-
gangsentschädigung mit Vorsorgecharakter zu qualifizieren,
• deshalb die Auszahlung von Fr. 70'400.- nicht als ordentliches Einkommen
zu besteuern, sondern gesondert als Kapitalleistung zum reduzierten Tarif;
und
• die in den Einspracheentscheiden festgesetzten steuerbaren Einkommen
jeweils um Fr. 70'400.- herabzusetzen.
In der Begründung stellte er die Sperrfristregelung von Art. 79b Abs. 3 BVG
nicht in Abrede, machte aber geltend, dass der besonderen Konstellation seines Falls
Rechnung zu tragen sei. Weil die Einlage der B von Fr. 180'000.- dazu gedient habe,
die mit der vorzeitigen Pensionierung verbundene Vorsorgelücke auszufinanzieren,
qualifiziere diese Einlage als Abgangsentschädigung mit Vorsorgecharakter. Demzu-
folge sei der aufgerechnete Betrag von Fr. 70'400.- nicht als ordentliches Einkommen
zu versteuern, sondern habe eine gesonderte Besteuerung zum reduzierten Vorsorge-
tarif zu erfolgen. In diesem Sinn habe denn auch die Schweizerische Steuerkonferenz
(SSK) im Rahmen ihrer publizierten vorsorgerechtlichen Anwendungsfälle einen
gleichgelagerten Fall gelöst.
Das kantonale Steueramt schloss am 13. Januar 2014 auf Abweisung der
Rechtsmittel. Den gleichen Antrag stellte die ESTV in ihrer Stellungnahme vom
29. Januar 2014 in Bezug auf die ihren Steuerbereich betreffende Beschwerde.
1 DB.2013.249 1 ST.2013.294
- 5 - | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Von den Einkünften werden laut Art. 33 Abs. 1 lit. d DBG bzw. § 31
Abs. 1 lit. d StG die gemäss Gesetz, Statut oder Reglement geleisteten Einlagen, Prä-
mien und Beiträge zum Erwerb von Ansprüchen aus Einrichtungen der beruflichen
Vorsorge abgezogen. Diese Bestimmungen vollziehen die bundesrechtliche Vorschrift
von Art. 81 Abs. 2 BVG, wonach die von den Arbeitnehmern und Selbstständigerwer-
benden nach Gesetz oder reglementarischen Bestimmungen geleisteten Beiträge an
Vorsorgeeinrichtungen bei den direkten Steuern des Bundes, der Kantone und Ge-
meinden abziehbar sind. Abzugsfähig sind dabei nicht nur die ordentlichen Beiträge an
die Vorsorgeeinrichtung, sondern auch die Beiträge für den Einkauf von Lohnerhöhun-
gen, von Beitragsjahren, von Vorfinanzierungen für Frühpensionierungen oder
von im Rahmen einer Scheidung übertragenen Austrittsleistungen (Richner/Frei/
Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 33 N 81 DBG und
Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 31 N 79 StG; RB 1996 Nr. 48;
VGr, 23. Januar 2002 = StE 2002 B 27.1 Nr. 26).
b) Zu beachten sind hingegen die Einkaufsbeschränkungen von Art. 79b
Abs. 3 BVG, in der Fassung vom 3. Oktober 2003, in Kraft seit 1. Januar 2006. Dem-
nach dürfen bei getätigten Einkäufen die daraus resultierenden Leistungen innerhalb
der nächsten drei Jahre nicht in Kapitalform aus der Vorsorge zurückgezogen werden.
aa) Die bundesgerichtliche Rechtsprechung liess den Abzug von Vorsorgebei-
trägen schon vor Inkrafttreten von Art. 79b BVG dann nicht zu, wenn eine Steuerum-
gehung vorlag (zu diesem Begriff vgl. u.a. BGE 131 II 627 E. 5.2 S. 635 f.; ASA 78 289
E. 5.1; StE 2004 A 21.13 Nr. 6 E. 3.1), insbesondere bei missbräuchlich steuerminimie-
renden, zeitlich nahen Einkäufen und Kapitalbezügen in/von Vorsorgeeinrichtungen,
d.h. im Fall von gezielt vorübergehenden und steuerlich motivierten Geldverschiebun-
gen in die 2. Säule, mit denen nicht die Schliessung von Beitragslücken angestrebt,
sondern die Pensionskasse als steuerbegünstigtes Kontokorrent zweckentfremdet
wird. Denn das Ziel eines Einkaufs von Beitragsjahren besteht im Aufbau bzw. der
Verbesserung der beruflichen Vorsorge. Dieses Ziel wird namentlich dann offensicht-
lich verfehlt, wenn die gleichen Mittel kurze Zeit später – bei kaum verbessertem Versi-
cherungsschutz – der Vorsorgeeinrichtung wieder entnommen werden (vgl. zum Gan-
zen BGE 131 II 627 E. 4.2 u. 5.2 S. 633 ff.; BGE 131 II 593 E. 4 S. 603 ff.; ASA 78,
1 DB.2013.249 1 ST.2013.294
- 6 -
289 E. 5; RDAF 2009 II 9 E. 4 u. 5; StE 2004 A 21.13 Nr. 6 E. 3; StR 2007, 636 E. 4.1;
StR 2003, 879 E. 3.2; BGr, 3. März 2008, 2C_555/2007, E. 3 u. 4, sowie 13. Ap-
ril 2006, 2A.705/2005, E. 5).
bb) Diese Praxis ist auch Grundlage der Bestimmung von Art. 79b Abs. 3 BVG
(BGr, 12. März 2010, 2C_658/2009 = ASA 79, 685 = StR 2010, 860, E 2.2.1). In letzte-
rem Entscheid erwog das Bundesgericht, Art. 79b Abs. 3 BVG sei zwar eine primär
vorsorgerechtliche Norm, beruhe aber klar auf steuerrechtlichen Motiven. Dem Wort-
laut nach regle sie zwar nur das Problem der Zulässigkeit einer Kapitalauszahlung in-
nert drei Jahren seit der Einzahlung und äussere sich scheinbar nicht direkt zur Frage,
ob diese Einzahlung vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden dürfe. Die par-
lamentarischen Beratungen zu Art. 79b Abs. 3 BVG liessen jedoch unmissverständlich
erkennen, dass mit der Sperrfrist dieselben Missbräuche der Steuerminimierung be-
kämpft werden sollten, welche schon die bundesgerichtliche Praxis zur Verweigerung
der Abzugsberechtigung wegen Steuerumgehung veranlasst hätten. Aus Entstehungs-
geschichte, Wortlaut und Systematik ergebe sich deshalb mit Blick auf die steuerrecht-
liche Problematik Folgendes: Art. 79b Abs. 3 BVG übernehme und konkretisiere die
bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Verweigerung der Abzugsberechtigung wegen
Steuerumgehung im Sinn einer einheitlichen und verbindlichen Gesetzesregelung.
Wenn diese Vorschrift die getätigten Einkäufe für die "daraus resultierenden Leistun-
gen" einer dreijährigen Kapitalrückzugssperre unterwerfe, so sei das sodann nicht –
wie sich aus dem Wortlaut zu ergeben scheine – als eine notwendigerweise direkte
Verknüpfung zwischen dem Einkauf und der Leistung zu verstehen. Einer solchen Ver-
knüpfung müsse ohnehin entgegengehalten werden, dass die einbezahlten Beträge
nicht ausgesondert und die Leistungen aus Vorsorgeeinrichtungen nicht aus bestimm-
ten Mitteln, sondern aus dem Vorsorgekapital der versicherten Person insgesamt fi-
nanziert werden. Diesen Gesichtspunkten werde eine Praxis gerecht, welche Art. 79b
Abs. 3 BVG so auslege, dass jegliche Kapitalauszahlung in der Dreijahresfrist miss-
bräuchlich sei und jede während der Sperrfrist erfolgte Einzahlung vom Einkommens-
abzug somit ausgeschlossen werden müsse. Zusammenfassend hielt das Bundesge-
richt fest, gestützt auf Art. 79b Abs. 3 BVG seien Kapitalauszahlungen in der
Dreijahresfrist konsequent und grundsätzlich ausnahmslos mit missbräuchlicher Steu-
erminimierung gleichzusetzen.
1 DB.2013.249 1 ST.2013.294
- 7 -
2. a) Bis zu seiner Frühpensionierung Ende März 2012 verfügte der Pflichtige
bei der Personalvorsorgestiftung der B über eine den obligatorischen Bereich erfas-
sende Basisversicherung sowie eine Kaderversicherung ("Vorsorgeplan variable Lohn-
bestandteile"). Aus der Letzteren wurde ihm am 30. April 2012, d.h. 30 Tage nach sei-
ner Pensionierung, eine Kapitalleistung von Fr. 70'426.- ausbezahlt. Die ausbezahlte
Summe entsprach dem Sparkapital, welches mit dem erwähnten (Kader-) Vorsorge-
plan geäufnet worden war.
Erhielt der Pflichtige per Ende April 2012 eine Kapitalauszahlung aus seiner
beruflichen Vorsorge in der vorerwähnten Höhe, so sind gestützt auf die Sperrfristrege-
lung von Art. 79b Abs. 3 BVG und die diesbezügliche bundesgerichtliche Rechtspre-
chung in den drei vorausgehenden Jahren getätigte Einkäufe in die berufliche Vorsorge
– in welchen Vorsorgeplan auch immer – missbräuchlich und damit einkommensseitig
nicht absetzbar im Sinn von Art. 33 Abs. 1 lit. d DBG bzw. § 31 Abs. 1 lit. d StG.
b) Im vorliegenden Fall hat kurz vor dem Kapitalbezug und damit innerhalb der
Sperrfrist ein Einkauf in die berufliche Vorsorge (Basisversicherung) in der Höhe von
Fr. 180'000.- stattgefunden. Getätigt hat diesen aber nicht der Pflichtige, sondern in
Form einer Einmaleinlage dessen Arbeitgeberin, was zur Frage führt, ob in einer sol-
chen Konstellation die Sperrfristregelung differenziert zu handhaben ist:
aa) Hätte der Pflichtige den Vorsorgeeinkauf aus eigenen Mitteln selbst getä-
tigt, so wäre diesem aufgrund der Sperrfristregelung die steuerliche Abzugsfähigkeit im
Umfang der praktisch zeitgleichen Kapitalauszahlung von Fr. 70'426.- ohne weiteres
abzusprechen. Als Folge davon resultierte einerseits eine einkommensseitige Aufrech-
nung in diesem Betrag (Zulassung eines Abzugs für Vorsorgeeinkauf von Fr. 109'574.-
statt Fr. 180'000.-); anderseits wäre auf die Besteuerung der ausbezahlten Kapitalleis-
tung von Fr. 70'426.- zu verzichten, weil die Auszahlung unter diesen Umständen
durch die nicht zulässige, aber gleichwohl getätigte Einzahlung neutralisiert würde
(vgl. zu diesem klassischen Fall der Verletzung der Sperrfristregelung etwa: StRG,
27. Mai 2013, 1 DB.2013.10 + 1 ST.2013.10).
bb) Vorliegend wurde der Vorsorgeeinkauf nun aber nicht vom Pflichtigen,
sondern von dessen Arbeitgeberin finanziert; dies im Hinblick auf die Frühpensionie-
rung. In Frage steht damit eine arbeitgeberseitige Kapitalabfindung, welche nicht an
den Pflichtigen ausbezahlt wurde, sondern zu dessen Gunsten in die Vorsorgeeinrich-
1 DB.2013.249 1 ST.2013.294
- 8 -
tung der B einbezahlt worden ist. Die ESTV spricht in diesem Zusammenhang von ei-
ner "Kapitalabfindung des Arbeitgebers, welche direkt in die Vorsorgeeinrichtung sei-
nes Betriebs einbezahlt wird" und beschreibt diese Form der arbeitgeberseitigen Kapi-
talabfindung unter steuerlichen Aspekten wie folgt (vgl. deren Kreisschreiben Nr. 1 vom
3. Oktober 2002: Die Abgangsentschädigung resp. Kapitalabfindung des Arbeitgebers,
Ziff. 3.3):
" In der Praxis kommt es vor, dass der Arbeitgeber eine Kapitalabfindung
(d.h. eine Einlage) zugunsten des Arbeitnehmers direkt in die Vorsorgeeinrich-
tung seines Betriebes einbezahlt, um damit - unter anderem - bestehende und
allenfalls künftige Vorsorgelücken des ausscheidenden Arbeitnehmers
schliessen zu können. Auch eine so verwendete Kapitalabfindung ist als
Lohnbestandteil im Lohnausweis aufzuführen.
Eine solche Direkteinzahlung in die Vorsorgeeinrichtung ist nur zulässig, wenn
• ein Arbeitsverhältnis noch besteht;
• das Vorsorgereglement einen solchen Einkauf vorsieht;
• eine entsprechende Vorsorgelücke im Zeitpunkt des Austritts aus der Firma bereits bestanden hat;
• infolge des Austritts aus dem Unternehmen und dessen Vorsorgeeinrichtung eine Vorsorgelücke entsteht (...)
Vom Arbeitgeber nach Gutdünken erbrachte Einlagen gehören grundsätzlich
zum massgebenden Lohn. Dasselbe gilt für reglementarisch vorgesehene
Sonderzuwendungen, mit denen einzelne Arbeitnehmer individuell begünstigt
werden. Sofern der Arbeitgeber Arbeitnehmer-Einlagen für den Einkauf in die
Vorsorgeeinrichtung übernimmt, sind solche Einlagen als Bestandteil des
massgebenden Bruttolohns im Lohnausweis (separat) aufzuführen. Damit der
Arbeitnehmer den Einkauf steuerlich geltend machen kann, muss die geleiste-
te Einkaufssumme im Lohnausweis separat (Rubrik "Versicherungsbeiträge")
ausgewiesen werden (Beispiel 4 im Anhang)."
cc) Die B hat diese Vorgaben der ESTV exakt umgesetzt, indem sie im Lohn-
ausweis 2012 einerseits eine Kapitalleistung von Fr. 180'000.- als Teil der Bruttoein-
künfte aufführte (Ziff. 4) und andererseits Beiträge für den Einkauf in die berufliche
Vorsorge in gleicher Höhe wieder vom Bruttolohn in Abzug brachte (Ziff. 10.2). Im Zu-
1 DB.2013.249 1 ST.2013.294
- 9 -
satzblatt zum Lohnausweis hat sie sodann die unter Ziff. 4 aufgeführte Kapitalleistung
als "Einmaleinlage PVS Verr." bezeichnet. Weiter hat sie dem Pflichtigen mit Schreiben
vom 14. Januar 2013 mitgeteilt, dass auf dieser "Einmaleinlage in die Pensionskasse"
die Sozialleistungen abgezogen worden seien. Mit zwei weiteren Schreiben vom
10. Dezember 2013 bescheinigte sie ihm zudem, dass sein vorzeitiger Austritt per
31. März 2012 eine Vorsorgelücke von Fr. 195'279.- bewirkt habe (wobei die diesbe-
zügliche Berechnung auf dem zuletzt versicherten Lohn basiere und die fehlenden Bei-
tragsjahre zwischen dem 1. April 2012 bis zum Erreichen des ordentlichen Terminal-
ters 65 umfasse) und dass ihre Zahlung über Fr. 180'000.- ausschliesslich dazu
gedient habe, diese Lücke in der Altersvorsorge teilweise auszugleichen bzw. zu
schliessen.
Bei dieser Sachlage ist mithin davon auszugehen, dass dem Pflichtigen per
März 2012 im Umfang einer arbeitgeberseitigen Kapitalabfindung von Fr. 180'000.-
Lohn zugeflossen ist, welcher sogleich und direkt für einen Einkauf in die berufliche
Vorsorge verwendet worden ist. Damit ist steuerlich nicht nur ein Einkommensabfluss
(Einkauf), sondern auch ein Einkommenszufluss (Kapitalabfindung) zu beurteilen.
dd) Was zunächst den Einkauf anbelangt, kann dieser im Umfang des an-
schliessenden Kapitalbezugs von Fr. 70'426.- aufgrund der Sperrfristregelung von
Art. 79b Abs. 3 BVG einkommensseitig nicht zum Abzug gebracht werden. Wie sich
aus dem bereits erwähnten Bundesgerichtsentscheid ableitet (vgl. E. 1.b.bb), handelt
es sich bei der Sperrfrist nämlich um eine verobjektivierte Frist, die keine Ausnahmen
erlaubt und bei der es auf die subjektiven Beweggründe der steuerpflichtigen Person
nicht ankommt (VGr Basel-Stadt, 12. August 2013, VD.2012.219/240). Der Pflichtige
stellt dies beschwerde- und rekursweise denn auch nicht in Abrede. Kann der Pflichtige
die per 2012 erhaltene Kapitalabfindung von Fr. 180'000.- infolgedessen nur im Um-
fang eines Einkaufs von Fr. 109'574.- (Fr. 180'000.- ./. Kapitalbezug innert der Sperr-
frist) in die berufliche Vorsorge einbringen, so verbleibt eine Restkapitalabfindung von
Fr. 70'426.- und stellt sich damit noch die Frage, wie diese zu versteuern ist. Während
die Vorinstanz sowie die ESTV diesbezüglich ohne weiteres von der ordentlichen Be-
steuerung im Sinn Art. 17 Abs. 1 DBG bzw. § 17 Abs. 1 StG ausgehen, verlangt der
Pflichtige die gesonderte Besteuerung als "Kapitalleistung aus Vorsorge" zum reduzier-
ten Tarif im Sinn von Art. 17 Abs. 2 DBG i.V.m. Art. 38 DBG bzw. § 17 Abs. 2 StG
i.V.m. § 37 StG.
1 DB.2013.249 1 ST.2013.294
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ee) Der Pflichtige stützt sich bei seiner Auffassung auf den Anwendungsfall
A.3.1.12, welchen die SSK im Rahmen ihrer Loseblattsammlung "Vorsorge und Steu-
ern: Anwendungsfälle zur beruflichen Vorsorge und Selbstvorsorge" publiziert hat. Die-
ser Musterfall steht unter dem Titel "Arbeitgeberfinanzierter Einkauf bei Frühpensionie-
rung und nachfolgender Kapitalbezug" und betrifft damit exakt den hier vorliegenden
Sachverhalt.
Die SSK kommt bei der Lösung dieses Musterfalls zunächst ebenfalls zum
Schluss, dass ein arbeitgeberfinanzierter Vorsorgeeinkauf im Umfang eines anschlies-
senden Kapitalbezugs des Begünstigten innerhalb der Sperrfrist steuerlich nicht ab-
setzbar ist.
In einem 2. Schritt gibt sie vor, dass die vom Arbeitgeber ausgerichtete Leis-
tung zu qualifizieren bzw. zu prüfen sei, ob ordentlicher Lohn oder eine Kapitalabfin-
dung mit Vorsorgecharakter vorliege. Von letzterem sei gemäss (vorstehend in
E. 2.b.bb erwähntem) Kreisschreiben der ESTV auszugehen, wenn die Leistung aus-
schliesslich und unwiderruflich dazu diene, die mit den Risiken Alter, Invalidität und
Tod verbundenen finanziellen Folgen zu mildern. Dazu gehörten auch freiwillig geleis-
tete Entschädigungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, um die durch den vor-
zeitigen Austritt (Frühpensionierung) entstandenen Lücken in dessen beruflicher Vor-
sorge zu schliessen. Damit Abgangsentschädigungen steuerlich als Vorsorgeleistun-
gen qualifiziert werden könnten, seien kumulativ folgende Voraussetzungen zu erfüllen:
• die steuerpflichtige Person verlässt das Unternehmen ab dem vollendeten
55. Altersjahr;
• die (Haupt-) Erwerbstätigkeit wird definitiv aufgegeben oder muss aufgegeben
werden;
• durch den Austritt aus dem Unternehmen und dessen Vorsorgeeinrichtung
entsteht eine (künftige) Vorsorgelücke.
Nachdem diese Voraussetzungen in der Konstellation des Musterfalls (Varian-
te 1) erfüllt waren, schloss die SSK darauf, dass die Abgangsentschädigung – soweit
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aufgrund des späteren Kapitalbezugs innert Sperrfrist nicht als Vorsorgeeinkauf ab-
setzbar – gesondert zum Vorsorgetarif steuerbar sei.
Die Lösung der SSK führt damit letztlich zum gleichen steuerlichen Ergebnis,
wie wenn keine Sperrfristkorrektur vorgenommen würde, indem anstelle der (späteren)
Kapitalauszahlung die (frühere) Abgangsentschädigung in gleichem Umfang gesondert
zum Rentensatz besteuert wird.
ff) Festzuhalten ist dazu zunächst, dass Lösungsvorschläge der SSK im Rah-
men von Musterfällen für die kantonalen Steuerverwaltungen und die Gerichte nicht
verbindlich sind; die rechtliche Prüfung im konkreten Anwendungsfall kann ohne weite-
res zu einem anderen Resultat führen.
gg) Im vorliegenden Fall ist mit dem Pflichtigen davon auszugehen, dass die
oben angeführten Voraussetzungen betreffend eine mögliche Qualifikation der Ab-
gangsentschädigung als arbeitgeberseitige Vorsorgeleistung grundsätzlich ebenfalls
eingehalten sind: Die B liess ihm die Kapitalabfindung von Fr. 180'000.- per März 2012
mit Blick auf seine Frühpensionierung zukommen; dabei war er zu diesem Zeitpunkt
über 55 Jahre alt, gab er seine Erwerbstätigkeit definitiv auf und entstand ihm aufgrund
der Frühpensionierung mit Blick auf das ordentliche Pensionsalter von
65 Jahren eine (künftige) Vorsorgelücke von rund Fr. 195'000.-. Auch die Vorinstanz
bestreitet dies in der Beschwerde- und Rekursantwort nicht, wobei sie auf die Proble-
matik der Leistungsqualifikation bzw. den vom Pflichtigen in diesem Zusammenhang
angerufenen Anwendungsfall der SSK allerdings mit keinem Wort eingeht. Damit steht
aber erst fest, dass die B dem Pflichtigen den Betrag von Fr. 180'000.- grundsätzlich
als vorsorgerechtliche Kapitalabfindung im Sinn von Art. 17 Abs. 2 DBG bzw.
§ 17 Abs. 2 StG hätte ausrichten können. Dies hat sie aber nicht getan.
hh) Auszugehen ist bei der rechtlichen Beurteilung eines Sachverhalts von
den tatsächlichen Dispositionen der Beteiligten:
aaa) Nur wenn die B dem Pflichtigen mit Blick auf die Frühpensionierung, die
definitive Einstellung der Erwerbstätigkeit und die Tatsache einer (künftigen) Vorsorge-
lücke die Abgangsentschädigung von Fr. 180'000.- direkt ausbezahlt hätte, qualifizier-
te diese als Vorsorgeleistung bzw. "gleichartige Kapitalabfindung des Arbeitgebers" im
Sinn von Art. 17 Abs. 2 DBG bzw. § 17 Abs. 2 StG; diesfalls hätte der Pflichtige die
1 DB.2013.249 1 ST.2013.294
- 12 -
Kapitalabfindung von Fr. 180'000.- folglich bereits per 2012 getrennt vom übrigen Ein-
kommen zum Rentensatz versteuern müssen. Hinzugekommen wäre im Rahmen die-
ser gesonderten Besteuerung per 2012 die im gleichen Jahr bezogene Kapitalauszah-
lung aus der Kaderversicherung (Fr. 70'426.-). Insgesamt wäre mithin im Steuerjahr
2012 eine Kapitalleistung von rund Fr. 250'000.- gesondert vom übrigen Einkommen
zum privilegierten Rentensatz zu versteuern gewesen. Das Zusammenzählen der bei-
den Kapitalleistungen im gleichen Steuerjahr hätte sich bei der Staats- und Gemeinde-
steuer im Rahmen des reduzierten Rentensatzes ausgewirkt (der diesbezügliche Steu-
ersatz nimmt Mass an einem Zehntel der Kapitalleistung). Zu beachten ist sodann,
dass der Pflichtige die im Alter 61 (vom Arbeitgeber bzw. aus dem Kaderplan) bezoge-
nen Vorsorgeleistungen selbstredend nicht wieder – mit Blick auf eine Rentenverbes-
serung – in die Vorsorgekreislauf hätte einbringen können. Tritt im Rahmen einer
Frühpensionierung der Vorsorgefall ein, sind dabei (vom Arbeitgeber oder aus den
Vorsorgeplänen) bezogene Kapitalleistungen dem Vorsorgekreislauf definitiv entzogen
und deshalb im Auszahlungsjahr gesondert zu besteuern. Das nicht bezogene Kapital
bildet alsdann das verbleibende Rentensubstrat.
bbb) Im vorliegenden Fall wurde nun aber nicht so vorgegangen. Die Einbrin-
gung der Abgangsentschädigung in den Vorsorgekreislauf zur Schliessung der durch
die Frühpensionierung bis zum ordentlichen Pensionsalter entstehenden Vorsorgelü-
cke zielte darauf ab, dem Pflichtigen im Alter 65 die gleichen (Renten-)Verhältnisse zu
sichern, wie wenn er sich nicht vorzeitig hätte pensionieren lassen. Dergestalt liegt
keine (Vorsorgecharakter aufweisende und sofort zum Rentensatz steuerbare) Kapital-
auszahlung an den Pflichtigen vor, sondern ein klassischer Vorsorgeeinkauf zur
Schliessung von Lücken bzw. zur Verbesserung der Vorsorgesituation, welcher aus
diesem Grund – vorbehältlich der Sperrfristregelung – steuerlich absetzbar ist. Mit dem
Ziel der Verbesserung der Vorsorgesituation ist es alsdann aber nicht vereinbar, wenn
die getätigte Einzahlung von Fr. 180'000.- in Form des gleich anschliessenden Kapital-
bezugs von Fr. 70'426.- der beruflichen Vorsorge wieder entzogen wird, denn im ent-
sprechenden Umfang verbessert sich die Vorsorgesituation nicht. Bei der gewählten
Vorgehensweise wurden die sich im Vorsorgekreislauf befindlichen Sparbeiträge ledig-
lich im Umfang der Differenz zwischen der Einzahlung und dem anschliessenden Be-
zug (= Fr. 109'574.-) erhöht; nur in diesem Umfang wurde damit im Ergebnis eine Ver-
besserung der Vorsorgesituation erreicht, weshalb der darüber hinaus getätigte
Einkauf aufgrund der Sperrfristregelung steuerlich nicht abgesetzt werden kann.
1 DB.2013.249 1 ST.2013.294
- 13 -
Hat nach dem Gesagten die B dem Pflichtigen eine Abgangsentschädigung
von Fr. 180'000.- (zwecks Einzahlung in die berufliche Vorsorge) gewährt und hat die-
ser diese Leistung (aufgrund des gleichzeitigen Kapitalbezugs aus der Kaderversiche-
rung) letztlich aber lediglich im Nettobetreffnis von Fr. 109'574.- seiner beruflichen Vor-
sorge zugeführt, so verbleibt ein Restanteil von Fr. 70'426.-, welcher mit beruflicher
Vorsorge bzw. deren Verbesserung nichts zu tun hat und deshalb als ordentlicher Lohn
qualifiziert. Als solche wurde die (ganze) Abgangsentschädigung denn auch auf dem
Lohnausweis aufgeführt und auf dieser die Sozialversicherungsbeiträge abgeführt.
Eine auf den Restanteil von Fr. 70'426.- beschränkte Umqualifikation der Ab-
gangsentschädigung in eine "gleichartige Kapitalabfindung" im Sinn von Art. 17 Abs. 2
DBG bzw. § 17 Abs. 2 StG führte im Ergebnis zu den Steuerfolgen, welche die Sperr-
fristregelung gerade verhindern will: Anstelle der Kapitalleistung aus der Kaderversi-
cherung würde dergestalt eine gleich hohe arbeitgeberseitige Kapitalleistung gesondert
zum Rentensatz von Art. 38 DBG bzw. § 37 StG besteuert. Eine solche Umqualifikation
muss indes daran scheitern, dass die B dem Pflichtigen eben gerade keine solche vor-
sorgerechtliche Kapitalleistung ausgerichtet hat. Hätte sie dies getan, so wäre nach
dem bereits Gesagten die Leistung als Ganzes zusammen mit der Kapitalleistung aus
der Kaderversicherung im Jahr der Auszahlung gesondert zum Rentensatz zu versteu-
ern gewesen und hätte der Pflichtige danach auch keine Möglichkeit mehr gehabt,
durch neuerliche Einkäufe eine Rentenverbesserung zu erreichen.
Unter diesen Umständen lässt sich der Lösungsvorschlag der SSK im Anwen-
dungsfall A.3.1.12 nicht halten und ist mit dem kantonalen Steueramt und der ESTV
davon auszugehen, dass die Abgangsentschädigung, welche die B dem Vorsorgekon-
to des Pflichtigen hat gutschreiben lassen, im Umfang des anschliessenden Kapitalbe-
zugs durch den Pflichtigen als ordentlich zu versteuerndes Einkommen im Sinn von
Art. 17 Abs. 1 DBG bzw. § 17 Abs. 1 StG qualifiziert.
3. Gestützt auf diese Erwägungen sind die Rechtsmittel abzuweisen. Aus-
gangsgemäss sind die Beschwerde- und Rekurskosten dem Pflichtigen aufzuerlegen
(Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG).
1 DB.2013.249 1 ST.2013.294
- 14 - | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
3d0d6a71-4445-4b63-b5c4-de09c51378b2 | hat sich ergeben:
A. Der 1940 geborene A (nachfolgend der Pflichtige) betreibt als Selbststän-
digerwerbender seit Jahrzehnten den Handel mit Mal- und Zeichenartikeln; dies zuletzt
in Form einer Kollektivgesellschaft (Kollektivgesellschaft B), an welcher er zu 90% und
sein Sohn C zu 10% beteiligt sind. Der Pflichtige ist sodann Eigentümer eines Mehrfa-
milienhauses in der Gemeinde D. Diese Liegenschaft dient ihm sowohl für die Aus-
übung seiner Geschäftstätigkeit als auch für das eigene Wohnen.
Am 13. - 15. Februar 2012 wurde am Domizil des Pflichtigen eine steuer-
amtliche Buchprüfung betreffend die Geschäftsjahre 1.7.2008 - 30.6.2009 und
1.7.2009 - 30.6.2010 der Kollektivgesellschaft B durchgeführt. Nachdem dabei die Bü-
cherrevisorin diversen Korrekturbedarf ermittelt hatte, unterbreitete sie dem Pflichtigen
Veranlagungs- bzw. Einschätzungsvorschläge, welcher dieser jedoch ablehnte. Nach
Durchführung eines zusätzlichen Auflageverfahrens (betreffend insbesondere Reise-
und Repräsentationsspesen sowie die Zuordnung der Liegenschaft zum Privat- oder
Geschäftsvermögen) verfasste sie am 22. November 2012 den abschliessenden Revi-
sionsbericht, in welchem sie den festgestellten Korrekturbedarf zusammenfasste. Sich
darauf abstützend erliess die Steuerkommissärin am 24. Mai 2013 die Veranlagungs-
verfügungen bzw. Einschätzungsentscheide mit den folgenden Steuerfaktoren:
Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
Fr. Fr.
Steuerperiode 2009
Steuerbares Einkommen 102'700.- 100'400.-
davon aus qualifizierter Beteiligung 8'400.-
Steuerbares Vermögen 1'849'000.-
Steuerperiode 2010
Steuerbares Einkommen 186'000.- 182'000.-
davon aus qualifizierter Beteiligung 12'600.-
Steuerbares Vermögen 1'886'000.-.
- 3 -
1 DB.2014.12 1 ST.2014.17
Gegenüber den Selbstdeklarationen des Pflichtigen erhöhte sie damit lediglich
die einkommensseitigen Faktoren um wenige Fr. 1'000.-. Ausschlaggebend dafür war
insbesondere die Kürzung der über die Kollektivgesellschaft B verbuchten Pauschal-
spesen des Pflichtigen auf einen nach pflichtgemässem Ermessen geschätzten Betrag
von Fr. 3'000.- (statt Fr. 7'200.-). In der Begründung wies die Steuerkommissärin auch
darauf hin, dass es sich bei der Liegenschaft in der Gemeinde D aufgrund der über-
wiegenden geschäftlichen Nutzung um eine Geschäftsliegenschaft handle; der diesbe-
züglich deklarierte Steuerwert von Fr. 1'070'000.- stelle deshalb Geschäftsvermögen
dar und die diesbezüglichen Nettoeinahmen qualifizierten nicht (wie deklariert) als Lie-
genschaften-ertrag, sondern ebenfalls als Einkommen aus selbstständiger Erwerbstä-
tigkeit. Weiter ermittelte sie beim Wertschriftenertrag einen Anteil aus qualifizierter Be-
teiligung, was sich aufgrund der privilegierten Besteuerung solcher Erträge zugunsten
des Pflichtigen auswirkte.
B. Hiergegen liess der Pflichtige am 26. Juni 2013 Einsprache erheben und
beantragen, bei den Einkünften aus selbstständiger Erwerbstätigkeit seien die jährlich
in der Buchhaltung geltend gemachten "Reisespesen" von Fr. 7'200.- zu berücksichti-
gen. Sodann sei die Liegenschaft in der Gemeinde D wie bis anhin als Privatvermögen
zu qualifizieren; dies auch in Bezug auf die Erträge.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen mit Entscheiden vom 16. De-
zember 2013 ab, soweit es auf diese eintrat. In den Erwägungen hielt es fest, dass die
geschäftsmässige Begründetheit der verbuchten Reisespesen auch im Rahmen der
Einsprache nicht substanziiert nachgewiesen worden sei; die diesbezüglich von der
Steuerbehörde getroffene Schätzung von Fr. 3'000.- habe damit weiterhin Bestand und
erweise sich auch nicht als offensichtlich unrichtig. Auf den Antrag betreffend die Quali-
fikation der Liegenschaft als Privatvermögen statt Geschäftsvermögen sei sodann nicht
einzutreten, weil diese Frage gar nicht Gegenstand des Dispositivs der angefochtenen
Veranlagungen bzw. Entscheide gebildet habe. In den Einspracheverfahren betreffend
die Staats- und Gemeindesteuren wurden dem Pflichtigen sodann Verfahrenskosten
von je Fr. 150.- auferlegt.
C. Hiergegen liess der Pflichtige am 16. Januar 2014 Beschwerde bzw. Re-
kurs erheben mit dem Antrag, das steuerbare Einkommen bei der direkten Bundes-
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1 DB.2014.12 1 ST.2014.17
steuer auf Fr. 33'600.- (2009) bzw. Fr. 111'900.- (2010) und bei den Staats- und Ge-
meindesteuern auf Fr. 33'600.- (2009) bzw. Fr. 115'900.- (2010) festzulegen. Im letzte-
ren Bereich sei sodann das steuerbare Vermögen "unter Berücksichtigung der Privat-
einlage der Liegenschaft in der Gemeinde D ins Geschäftsvermögen zum
Verkehrswert festzusetzen". Zudem seien dem Pflichtigen Parteientschädigungen zu-
zusprechen. In der Begründung wurde ausgeführt, dass allein noch die Umwidmung
der Liegenschaft in der Gemeinde D per 2009 vom Privat- ins Geschäftsvermögen und
die daraus resultierenden Folgen umstritten seien; alle übrigen Korrekturen würden
anerkannt. Mit der Umwidmung sei der Pflichtige grundsätzlich nicht einverstanden.
Folge man gleichwohl "aus formellen Gründen" der Argumentation der Steuerbehörde
bzw. werde die Liegenschaft ab 2009 als Geschäftsvermögen betrachtet, so sei ver-
mögensseitig nicht auf den deklarierten Formelwert, sondern auf den Verkehrswert
2009 abzustellen. Dieser sei mittels Gutachtens zu bestimmen; eine entsprechende
Bewertung werde nachgereicht. Stelle die Liegenschaft Geschäftsvermögen dar, könn-
ten sodann die von der Kollektivgesellschaft B bezahlten Mieten (abzüglich Unterhalts-
kosten) nicht gleichzeitig als selbstständiges Erwerbseinkommen qualifizieren; der ent-
sprechende Betrag von Fr. 69'034.- (2009) bzw. Fr. 70'059.- (2010) sei damit aus der
Einkommensberechnung zu streichen.
Während sich die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) hierzu nicht ver-
nehmen liess, schloss das kantonale Steueramt mit Stellungnahme vom 18. Febru-
ar 2014 auf Abweisung der Rechtsmittel; dies u.a. unter Hinweis darauf, dass das
steuerbare Einkommen aufgrund der Qualifikation der Liegenschaft als Geschäftsver-
mögen gar keine Änderungen erfahren habe und deshalb auch nicht zu korrigieren sei.
Hierauf Bezug nehmend liess der Pflichtige mit Replik vom 9. Mai 2014 die
Beschwerde- und Rekursanträge betreffend die Reduktion des steuerbaren Einkom-
mens im Vergleich zu den Einspracheentscheiden zurückziehen; diese Anträge seien
irrtümlich erfolgt. Hingegen bleibe betreffend Staats- und Gemeindesteuer der Antrag
auf Korrektur des steuerbaren Vermögens infolge Aktivierung der Liegenschaft zum
Verkehrswert bestehen, denn der Pflichtige wolle nicht riskieren, bei einer späteren
Privatentnahme auf einem fiktiven Gewinn Steuern bezahlen zu müssen. Neu wurde
sodann geltend gemacht, die Steuerbehörde habe übersehen, dass die auf der Ge-
schäftsliegenschaft liegenden Hypotheken als Geschäftsschulden qualifizierten und
mithin die drauf bezahlten Schuldzinsen bei der Festsetzung des Einkommens aus
selbstständiger Erwerbstätigkeit ebenfalls zu berücksichtigen seien. Weil das Einkom-
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1 DB.2014.12 1 ST.2014.17
men aus selbstständiger Erwerbstätigkeit für die Festsetzung der AHV-Beiträge rele-
vant sei, habe der Pflichtige ein Rechtsschutzinteresse an der korrekten steuerbehörd-
lichen Feststellung des Erwerbseinkommens.
Mit Duplik vom 26. Mai 2014 entgegnete das kantonale Steueramt, dass die
beantragten Korrekturen betreffend das Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätig-
keit letztendlich keine Änderung des steuerbaren Einkommens herbeiführten könnten;
über die Berechnung der AHV-Beiträge sei sodann nicht im Steuerverfahren zu befin-
den. Weiter berechne sich gemäss regierungsrätlicher Weisung der Vermögenssteu-
erwert von Geschäftshäusern zu Geschäftszwecken nach dem in der Wegleitung zur
Steuererklärung formelmässig festgesetzten Vermögenssteuerwert bzw. Ertragswert
und nicht nach dem Verkehrswert.
Am 23. Juli 2014 empfahl der Referent dem Vertreter des Pflichtigen telefo-
nisch, die Rechtsmittel vollumfänglich zurückzuziehen, worauf dieser mit der Bitte um
Bedenkzeit reagierte. Nach Gewährung und mehrmaliger Verlängerung einer solchen
bis Ende 2014 blieb eine Antwort aus und wurde damit an den Rechtsmitteln im Um-
fang der nach dem 2. Schriftenwechsel verbliebenen Anträge festgehalten. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Umstritten waren im Einspracheverfahren einerseits die Höhe von ge-
schäftlich verbuchten Reisespesen des Pflichtigen sowie die Zuordnung der Liegen-
schaft in der Gemeinde D zu dessen Privat- oder Geschäftsvermögen. Was die Rei-
sespesen anbelangt, ist die Einsprachebehörde auf die Einsprachen eingetreten, hat
sie die diesbezügliche steuerbehördliche Kürzung bestätigt und hat der Pflichtige in der
Folge die entsprechenden Korrekturen beschwerde- und rekursweise ausdrücklich
anerkannt. Streitig ist im vorliegenden Beschwerde- und Rekursverfahren damit allein
noch die liegenschaftenbezogene Problematik. Diesbezüglich ist die Vorinstanz indes
auf die Einsprachen gar nicht eingetreten. Zu beurteilen sind insoweit folglich ange-
fochtene Nichteintretensentscheide.
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1 DB.2014.12 1 ST.2014.17
b) Erhebt ein Steuerpflichtiger gegen einen Nichteintretensentscheid der Ein-
sprachebehörde Beschwerde bzw. Rekurs, so ist dem Steuerrekursgericht die mate-
rielle Prüfung des Rechtsmittels auf die Einschätzung hin verwehrt. Es darf nur unter-
suchen, ob die Einsprachebehörde zu Recht auf die Einsprache nicht eingetreten ist
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 140 N 44
DBG und Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 147 N 43 StG). Würde
sich der Nichteintretensentscheid der Vorinstanz als gesetzwidrig erweisen, wären die
Akten zwecks Wahrung des gesetzlichen Instanzenzugs zur materiellen Überprüfung
der Einschätzung an jene zurückzuweisen (RB 1979 Nr. 57).
Dementsprechend ist auf die Beschwerde bzw. den Rekurs nur insofern ein-
zutreten, als der Pflichtige mit Bezug auf den liegenschaftenbezogenen Streit sinnge-
mäss die Aufhebung der vorinstanzlichen Nichteintretensentscheide verlangt. Nicht zu
behandeln sind demgegenüber seine materiellen Anträge und Einwendungen in die-
sem Zusammenhang.
2. Voraussetzung zur Einsprache-, Rekurs und Beschwerdeerhebung in Steu-
ersachen ist ein rechtliches Interesse (RB 2001 Nr. 106, auch zum Folgenden;
RB 1996 Nr. 44, RB 1980 Nr. 86). Fehlt es an einem schutzwürdigen Anfechtungsinte-
resse, so ist auf das Rechtsmittel nicht einzutreten. Mithin ist zur Einsprache nur be-
rechtigt, wer durch einen mit diesem Rechtsmittel anfechtbaren Entscheid beschwert
ist, d.h. in seinen Rechten betroffen wird. Dabei kommt es allein auf die Auswirkungen
des Entscheiddispositivs an. Allein dieses enthält nämlich den rechtsverbindlichen und
der Rechtskraft teilhaftigen materiellen Entscheid, nicht die hierzu gegebene Begrün-
dung (RB 1996 Nr. 44, RB 1960 Nr. 33). Davon ausgenommen sind Rückweisungsent-
scheide, welche naturgemäss in der Begründung Anweisungen an die Vorinstanz ent-
halten, die kraft der Beifügung "im Sinn der Erwägungen" im Dispositiv an der
Rechtskraft teilhaben und somit von der Vorinstanz zu befolgen sind (RB 1968 Nr. 6).
Aus diesem Grund können Entscheide nach ständiger Rechtsprechung nur bezüglich
ihres Dispositivs (einschliesslich der Kosten- und Entschädigungsregelung) angefoch-
ten werden. Die Motive des Entscheids können nicht selbstständig als falsch gerügt
werden, sondern lediglich in Verbindung mit einem Begehren auf Änderung des Dispo-
sitivs (RB 1996 Nr. 44, Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 132 N 36 f. DBG und
§ 140 N 12 ff. StG).
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1 DB.2014.12 1 ST.2014.17
3. a) In den Begründungen zu den Einschätzungsentscheiden vom 24. Mai
2013 betreffend die Staats- und Gemeindesteuern 2009 und 2010 wies die Steuer-
kommissärin u.a. darauf hin, dass die Liegenschaft in der Gemeinde D überwiegend
geschäftlich genutzt werde; der deklarierte Steuerwert von Fr. 1'070'000.- stelle des-
halb Geschäftsvermögen dar und die mit der Liegenschaft erzielten (Netto-)Einnahmen
qualifizierten als Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit. In den Veranla-
gungsverfügungen gleichen Datums betreffend die direkte Bundessteuer 2000 und
2010 verwies sie auf die Begründungen der parallelen Einschätzungsentscheide.
b) Der Pflichtige liess in seinen Einsprachen gegen die vorgenannten Veran-
lagungen bzw. Einschätzungen beantragen, "die Liegenschaft in der Gemeinde D, so-
wie deren Erträge seien wie bis anhin als Privatvermögen zu qualifizieren". Zur Be-
gründung wurde angeführt, es sei nicht nachvollziehbar, "weshalb nach 17 Jahren
Präponderanzmethode und kurz vor dem Rückzug des Pflichtigen aus dem Geschäfts-
leben nun die Einschätzung der Liegenschaft geändert werden sollte". Zudem sei wi-
dersprüchlich, dass zwar die Qualifikation der Liegenschaft geändert, die damit ver-
bundenen Schulden und Schuldzinsen aber weiterhin als private Schulden betrachtet
würden, womit das Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit künstlich hochge-
trieben werde. Die Liegenschaft sei deshalb im Privatvermögen zu belassen wie auch
die damit verbundenen Schuldzinsen.
c) Die Einsprachebehörde trat hierauf nicht ein mit der Begründung, dass die
Qualifikation der Liegenschaft als "vorwiegend geschäftlich genutzte Liegenschaft"
nicht Gegenstand des Dispositivs sei.
Letzteres ist zutreffend: Die liegenschaftenbezogenen Hinweise der Steuer-
kommissärin (vgl. vorstehend lit. a) wirkten sich auf das Dispositiv der Veranlagungs-
verfügungen bzw. Einschätzungsentscheide nicht aus. Dies erklärt sich damit, dass es
in Bezug auf das steuerbare Einkommen einerlei ist, unter welchem Titel die mit der
Liegenschaft erzielten Erträge (vermindert um die Unterhaltskosten) letztendlich zu
versteuern sind. Gehört die Liegenschaft ins Privatvermögen, liegt – wie deklariert –
gewöhnlicher Liegenschaftenertrag vor; gehört sie ins Geschäftsvermögen, ist im ent-
sprechenden Umfang von Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit auszuge-
hen. Auch die liegenschaftenbezogenen Schuldzinsen sind in einem wie im andern Fall
abziehbar. Gleiches gilt sodann auch in Bezug auf das steuerbare Vermögen. Diesbe-
züglich ist bei Mehrfamilien- und Geschäftshäusern für die Vermögenssteuer vom Er-
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1 DB.2014.12 1 ST.2014.17
tragswert auszugehen; ermittelt wird dieser Ertragswert, indem der erzielte Ertrag kapi-
talisiert wird, wobei der Kapitalisierungsfaktor 7.05% beträgt (vgl. Weisung des Regie-
rungsrats an die Steuerbehörden vom 12. August 2009 über die Bewertung von Lie-
genschaften und die Festsetzung der Eigenmietwerte ab Steuerperiode 2009: Ziff. 36
ff.; ZStB I Nr. 15/502). Für die streitbetroffene Liegenschaft führt diese Formelbewer-
tung zu einem Vermögenssteuerwert von Fr. 1'070'000.- (vgl. Neubewertung 2009,
T-act. 4/7). Den Letzteren hat der Pflichtige denn auch deklariert und die Steuerkom-
missärin hat daran nichts geändert.
Der Hinweis der Steuerkommissärin auf die Zugehörigkeit der Liegenschaft
zum Geschäftsvermögen hatte damit weder einkommens- noch vermögensseitige Kor-
rekturen zur Folge. Demzufolge vermochten die Dispositive der Veranlagungsverfü-
gungen bzw. Einschätzungsentscheide auch nichts über die Zuordnung der Liegen-
schaft zum Privat- oder Geschäftsvermögen auszusagen. Damit steht aber fest, dass
der Pflichtige in Bezug auf blosse steuerbehördliche Hinweise betreffend die Zuord-
nung seiner Liegenschaft zum Privat- oder Geschäftsvermögen gar nicht beschwert
sein konnte bzw. ihm in diesem Zusammenhang ein Rechtsschutzinteresse an der
Anfechtung der Veranlagungen bzw. Einschätzungen fehlte. Zurecht ist damit die Ein-
sprachebehörde insoweit auf die Einsprachen nicht eingetreten.
d) Soweit der Pflichtige zur Untermauerung eines Rechtsschutzinteresse
replicando nachschieben lässt, dass die Festsetzung des Einkommens aus selbststän-
diger Erwerbstätigkeit für die Festsetzung der AHV-Beiträge relevant sei, hilft ihm dies
nicht weiter. Wie erwähnt liess zunächst das angefochtene Dispositiv nicht auf die Hö-
he des Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit und damit auch nicht auf die
Höhe der damit verbundenen Sozialversicherungsbeiträge schliessen. Im Übrigen
vermögen Feststellungen der Steuerbehörde betreffend Höhe des Einkommens aus
selbstständiger Erwerbstätigkeit die Höhe der damit einhergehenden Sozialversiche-
rungsbeiträge aber ohnehin nicht zu präjudizieren; ein Streit im letzteren Bereich wäre
mithin im Rahmen der in der AHV-Gesetzgebung vorgegeben Verfahren auszutragen
und kann nicht ins Steuerverfahren verlagert werden (BGE 98 V 186 S. 189).
e) In Abkehr zu seinen Einsprachen, mit welchen der Pflichtige die Zugehörig-
keit seiner Liegenschaft zum Privatvermögen verfechten liess, lässt er beschwerde-
und rekursweise nun geltend machen, die Umwidmung seiner Liegenschaft ins Ge-
schäftsvermögen per 2009 müsse zur Folge haben, dass diese vermögensseitig mit
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1 DB.2014.12 1 ST.2014.17
dem (per Gutachten zu bestimmenden) Verkehrswert zu aktivieren sei. In der Replik
lässt er diesen Antrag und das dahinter stehende Rechtschutzinteresse damit unter-
mauern, nicht riskieren zu wollen, bei einer späteren Privatentnahme auf einem fiktiven
Gewinn Steuer bezahlen zu müssen.
Darauf ist indes nicht einzutreten. Im vorliegenden Verfahren war – wie ein-
gangs erwähnt – allein darüber zu befinden, ob die Vorinstanz auf die liegenschaften-
bezogenen Einspracheanträge zu Recht nicht eingetreten ist. Nachdem dies zutrifft,
kann der Pflichtige die liegenschaftenbezogene Thematik im Beschwerde- und Re-
kursverfahren materiell nicht mehr öffnen, indem er neue rechtliche Betrachtungswei-
sen einbringt und damit einhergehend nunmehr andere Steuerfolgen bzw. eine vermö-
gensseitige Höhertaxation verficht. Im Übrigen trifft es gar nicht zu, dass eine
Umwidmung per 2009 stattgefunden hat; die Steuerbehörde geht vielmehr davon aus,
dass die Liegenschaft schon länger dem Geschäftsvermögen angehört hat (vgl. etwa
Bericht zur steueramtlichen Buchprüfung, S. 4; T-act. 9). Wenn dereinst tatsächlich
eine Überführung der Liegenschaft ins Privatvermögen stattfinden würde, wäre dann-
zumal über die mit der Privatentnahme verbundenen Steuerfolgen zu befinden und
gegebenenfalls ein Gutachten zur Frage des Verkehrswert der Liegenschaft im noch
zu eruierenden Jahr der Einbringung ins Geschäftsvermögen einzuholen.
f) Bemerkungsweise ist darauf hinzuweisen, dass in den Einspracheentschei-
den betreffend die Staats- und Gemeindesteuern die Erträge aus qualifizierter Beteili-
gung irrtümlich nicht aufgeführt worden sind, was steuerbehördlich zu berichtigen ist.
4. a) Diese Erwägungen führen zur Abweisung der Rechtsmittel, soweit darauf
einzutreten ist. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens dem Pflichtigen
aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG bzw. § 151 Abs. 1 StG) und ist ihm keine Parteient-
schädigung zuzusprechen (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 - 3 des
Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 sowie
§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/
8. Juni 1997).
b) Zu Recht sind dem Pflichtigen im Bereich der Staats- und Gemeindesteu-
ern sodann auch Einsprachekosten auferlegt worden, da er die diesbezüglichen Ein-
spracheverfahren (betreffend Reisespesen) durch schuldhafte Verletzung von Verfah-
- 10 -
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renspflichten veranlasst hatte (§ 142 Abs. 2 Satz 2 StG i.V.m. § 18 der Verordnung
zum Steuergesetz vom 1. April 1998, VO StG). Die Kostenfestsetzung ist mit je
Fr. 150.- auch in betraglicher Hinsicht nicht zu beanstanden (Ziff. 2.1. des Protokolls
der Sitzung vom 18. Januar 2007 der Fachkommission Steuerrecht des kantonalen
Steueramts i.V.m. § 21 Abs. 2 VO StG). | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
3d183ec9-e73a-4fa1-8c15-3dc79c662f03 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) erwarb im Juni 2008 von der konkursiten C
AG die beiden Grundstücke alt Kat.Nrn. ...... (1'703 m 2 Bauland mit Abbruchobjekt am
....weg in der Gemeinde B) zum Preis von Fr. 1'850'000.-. Im Kaufpreis inbegriffen war
ein bewilligtes Überbauungsprojekt im Wert von Fr. 300'000.-. In der Folge realisierte
der Pflichtige das bewilligte Projekt und veräusserte nach Begründung von Stockwerk-
eigentum zwischen 2009 und 2011 sämtliche Stockwerkeigentumseinheiten an ver-
schiedene Erwerber. Mit Einschätzungsentscheid vom 8. November 2012 auferlegte
der Ausschuss für Grundsteuern der Gemeinde B dem Pflichtigen gesondert ermittelte
Grundstückgewinnsteuern von Fr. 667'705.- bei einem steuerbaren Gesamtgewinn von
Fr. 1'591'929.33. Dabei rechnete er u.a. Erschliessungskosten und diverse im Vorge-
schäft bereits berücksichtigte Aufwendungen nicht vollumfänglich bei den Anlagekos-
ten an. Ferner korrigierte er diverse Eigenhonorare für die von der Einzelfirma D des
Pflichtigen erbrachten Verkaufs-, Architektur- und Generalunternehmerleistungen.
B. Eine dagegen erhobene Einsprache hiess die kommunale Steuerbehörde
am 14. März 2013 teilweise gut und reduzierte die Grundstückgewinnsteuern auf
Fr. 665'256.25 bei einem steuerbaren Gesamtgewinn von Fr. 1'587'104.63.
C. Mit Rekurs vom 18. April 2013 liess der Pflichtige dem Steuerrekursgericht
beantragen, die vollständigen Akten zu seinen Handen zu edieren, den Einspracheent-
scheid vom 14. März 2013 aufzuheben und die Sache zum Neuentscheid an die Re-
kursgegnerin zurückzuweisen, wobei diese sämtliche in der Bauabrechnung enthalte-
nen Anlagekosten zu anerkennen habe. Eventualiter sei der steuerbare Grundstück-
gewinn auf Fr. 64'295.- festzusetzen. Weiter habe der teilamtliche Steuerrichter E in
den Ausstand zu treten und sei dieser anzuweisen, von Steuer- und Rechtsberatung in
Bezug auf den vorliegenden Rekurs Abstand zu nehmen. Ausserdem beantragte er
eine Parteientschädigung.
In der Rekursantwort vom 16. Juli 2013 schloss der Ausschuss für Grund-
steuern der Gemeinde B auf Abweisung des Rekurses und ersuchte um Zusprechung
einer Parteientschädigung. Mit Replik vom 4. September 2013 hielt der Pflichtige an
- 3 -
1 GR.2013.24
seinen Rekursanträgen fest. Ausserdem beantragte er erstmals, Verluste der damali-
gen ausserkantonalen Einzelfirma des Pflichtigen an den Grundstückgewinn anzu-
rechnen und den Grundstückgewinn auf Fr. 0.- festzusetzen. Mit Duplik vom 27. Sep-
tember 2013 hielt die Rekursgegnerin an ihren Anträgen und Ausführungen in der
Rekursantwort fest. Ferner beantragte sie sinngemäss, auf den Antrag, ausserkantona-
le Betriebsverluste mit dem Grundstückgewinn zu verrechnen, infolge verspäteter Gel-
tendmachung nicht einzutreten. In der Triplik vom 9. Oktober 2013 hielt der Pflichtige
an seinen früher vertretenen Standpunkten fest. Die Rekursgegnerin verzichtete auf
eine Quadruplik.
Mit Verfügung vom 13. Oktober 2014 wurde der Pflichtige aufgefordert, den
belegmässigen Nachweis für eine Reihe von Anlagekosten (Handänderungskosten,
Erschliessungskosten [BPK 160, in der Bauabrechnung als Übergangsposition be-
zeichnet], Garantieleistungen und nachträgliche Kosten) zu erbringen und den unver-
ändert hohen Rückstellungsbedarf von Fr. 55'000.- zu begründen. Ferner wurde er
aufgefordert, detaillierte Aufstellungen über seine Eigenleistungen "Übriges"
(Fr. 300'000.-), Projektleitung (Fr. 340'897.35), Baumanagement (Fr. 280'000.-), Gene-
ralunternehmerleistungen (Fr. 807'000.-), Dokumentationen, Verkaufsunterlagen
(Fr. 16'000.-) und Verkaufskosten (Fr. 123'202.-) einzureichen. Der Pflichtige verfasste
am 6. November 2014 eine umfangreiche Stellungnahme zur Beweisauflage des Refe-
renten und beantragte, diese umgehend aufzuheben und die Sache zum Neuentscheid
an die Vorinstanz zurückzuweisen. Dennoch reichte er gleichzeitig einen (bereits im
Veranlagungsverfahren vorgelegten) Belegordner sowie weitere Aufstellungen und
Rechnungen ein. Weitere eingeforderte Beweismittel lieferte er innert erstreckter Frist
am 15. Januar 2015 zu den Akten. Die Rekursgegnerin erhielt am 10. November 2014
und 20. Mai 2015 Gelegenheit, sich zu den eingereichten Unterlagen zu äussern.
Am 20. Mai 2015 stellte der Referent den Parteien eine Erhöhung der Grund-
stückgewinnsteuer in Aussicht. Während die Rekursgegnerin nur zu einzelnen vom
Pflichtigen eingereichten Beweismitteln Stellung nahm, erhob Letzterer am 23. Juli und
31. August 2015 gegen die in Aussicht gestellte Heraufsetzung der Grundstückge-
winnsteuer umfangreiche Einwendungen und beantragte, Eigenhonorare inkl. Spesen
von Fr. 2'980'239.75 anzurechnen. Die Rekursgegnerin verzichtete auf eine weitere
Stellungnahme.
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1 GR.2013.24
Auf die Parteivorbringen wird, soweit rechtserheblich, in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Mit dem Rekurs können laut § 147 Abs. 3 des Steuergesetzes vom 8. Juni
1997 (StG) i.V.m. § 212 StG alle Mängel des angefochtenen Entscheids und des vo-
rangegangenen Verfahrens gerügt werden. Dabei sind neue tatsächliche Behauptun-
gen und Beweismittel zulässig (RB 1952 Nr. 56). Das Steuerrekursgericht hat damit die
gleiche umfassende Prüfungsbefugnis wie die zuständige Grundsteuerbehörde. Dabei
kann eine durch die Vorinstanz begangene Gehörsverweigerung geheilt werden
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013,
§ 212 N 21). Einzig besonders schwere Verfahrensmängel lassen sich im Rekursver-
fahren nicht heilen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 124 N 11 ff.). In diesem Fall ist
die Sache zur Behebung der Gehörsverweigerung oder anderer schwerer Mängel an
die Einsprachebehörde zurückzuweisen.
2. Da der Pflichtige geltend macht, dass der angefochtene Einspracheent-
scheid an schwerwiegenden Verfahrensmängeln leide und aus diesem Grund aufzu-
heben sei, ist vorab auf die verfahrensrechtlichen Beanstandungen und Anträge einzu-
gehen.
a) Der Pflichtige beantragt, dass der teilamtliche Steuerrekursrichter E, der im
Veranlagungs- und Einspracheverfahren die Rekursgegnerin beraten habe, in den
Ausstand zu treten habe, da er befangen sei. Dieser Antrag ist unbestritten. E hat das
Steuerrekursgericht bereits vor Einreichung des Rekurses über ein entsprechendes
Mandatsverhältnis orientiert. Er gehört dem Spruchkörper dementsprechend nicht an.
Somit erweist sich der entsprechende Antrag als gegenstandslos.
b) Da gemäss § 113a Abs. 1 StG das Amt eines Mitglieds des Steuerrekurs-
gerichts mit der berufsmässigen Vertretung Dritter vor dem Steuerrekursgericht und
dem Verwaltungsgericht unvereinbar ist, ergibt sich daraus, dass der teilamtliche Rich-
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1 GR.2013.24
ter E die Gemeinde B im vorliegenden Rekurs- und Beschwerdeverfahren vor den ge-
nannten Gerichten nicht vertreten und beraten darf. Dabei spielt es keine Rolle, ob
dieser nach aussen hin als Vertreter auftritt oder nur im Hintergrund agiert. Auch das
diesbezügliche Anliegen des Pflichtigen ist berechtigt und unbestritten. Konkret ist dar-
auf jedoch nicht weiter einzugehen, da es sich um Fragen aufsichtsrechtlicher Natur
handelt, für deren Beantwortung das Verwaltungsgericht zuständig ist (vgl. § 116 Abs.
2 StG).
c) Weiter beantragt der Pflichtige, von der Rekursgegnerin die vollständigen
Akten herauszuverlangen und ihm diese zur Einsicht vorzulegen. Dem ersten Begeh-
ren kam das Steuerrekursgericht mit Verfügung vom 25. April 2013 nach. Hierauf reich-
te die Rekursgegnerin am 16. Juli 2013 ihre Einschätzungs- und Einspracheakten ein.
In der Duplik behauptete der Pflichtige, dass die eingereichten Akten, die er schon im
vorinstanzlichen Verfahren einsehen konnte, unvollständig seien. Er vermochte jedoch
kein relevantes Dokument zu benennen, das direkt in die Entscheidung einfloss, ihm
jedoch vorenthalten wurde. Unter diesen Umständen besteht für das Steuerrekursge-
richt kein Anlass, an der Vollständigkeit der Akten zu zweifeln. Zudem ist anzumerken,
dass zum Umfang der Akten, welche der Pflichtige einsehen darf, i.d.R. nur jene Akten
gehören, die geeignet sind, Grundlage des Entscheids zu bilden (BGE 132 II 485).
Amtsinterne Akten (Notizen bzw. "handschriftliche Referenzen", Entwürfe, Rapporte
und Anträge des Gemeindesteueramts an den Grundsteuerausschuss, Handakten und
dergleichen), die ausschliesslich der internen Meinungsbildung dienen und denen kein
Beweischarakter zukommt, gehören nicht zum Umfang der einsehbaren Akten (RB
1975 Nr. 58; BGE 125 II 473). Somit ist dem Antrag des Pflichtigen, auch sämtliche
amtsinterne Akten zu edieren und ihm zur Einsichtnahme vorzulegen, nicht statt-
zugeben.
d) Ferner rügt der Pflichtige, dass die Mitglieder des Ausschusses nicht sämt-
liche Unterlagen geprüft hätten, sondern nur diejenigen, die ihnen vorgelegt worden
seien. Dies allein führe bereits zur Aufhebung des Einspracheentscheids.
Dieser Schlussfolgerung kann nicht beigetreten werden. Die kommunale
Grundsteuerbehörde ist eine Milizbehörde, deren Mitglieder ihr Amt in der Regel ne-
benamtlich, d.h. neben einer anderen hauptberuflichen Tätigkeit ausüben. Der Ge-
meinderat oder die von ihm gewählte Kommission ist laut § 210 Abs. 1 StG für die Ver-
anlagung der Grundstückgewinnsteuer zuständig, entscheidet aber gemäss § 211 StG
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1 GR.2013.24
auch über Einsprachen. Die Vorbereitung der Einschätzung wie auch des Einsprache-
entscheids obliegt dem Gemeindesteueramt (§ 209 Abs. 1 StG). Eine Milizbehörde ist
schon aus zeitlichen Gründen nicht in der Lage, eine eigene Untersuchung und eine
ausgedehnte Prüfung der Akten vorzunehmen. Aufgrund dieser gesetzlichen Regelung
ist die kommunale Grundsteuerbehörde nicht verpflichtet, die eingereichten Unterlagen
im selben Mass wie das Gemeindesteueramt zu prüfen. Sie darf sich vielmehr auf die
Vorarbeiten und Anträge des Gemeindesteueramts (samt allfälliger externer Berater)
verlassen, sodass nur mehr zu befinden ist, ob das Gemeindesteueramt seiner Unter-
suchungspflicht nachgekommen ist bzw. der vorgelegte Entscheidantrag rechtmässig
erscheint und allfällig vorhandene fiskalpolitische Richtlinien befolgt.
Dass die in mehrfacher Ausführung eingereichte Einsprache samt Ergänzung
und die dazugehörigen Beweismittel nicht jedem Mitglied des Grundsteuerausschus-
ses persönlich ausgehändigt wurden, stellt entgegen der Auffassung des Pflichtigen
keinen Mangel dar, der die Nichtigkeit des Einspracheentscheids zur Folge hat. Es
genügt, wenn diese Unterlagen bei den Akten lagen und für die Mitglieder einsehbar
waren. Im Übrigen wären allfällige damit zusammenhängende Verfahrensmängel spä-
testens am 14. März 2013, nämlich mit der mündlichen Vertretung der Einsprache vor
dem Ausschuss geheilt worden.
e) Weiter rügt der Pflichtige, dass der Einspracheentscheid unbegründet sei,
weil die Berechnung des Grundstückgewinns nicht nachvollziehbar sei. Im Gegensatz
zum Einschätzungsentscheid vom 8. November 2012 enthalte der Einspracheent-
scheid die Berechnungsblätter zu den Anlagekosten nicht. Damit sei die Höhe der Po-
sition "restliche Anlagekosten" auch i.V.m. dem Textteil des Einspracheentscheids
nicht nachvollziehbar und der Einspracheentscheid insgesamt wegen unvollständiger
Begründung aufzuheben.
Mit dieser Argumentation verkennt der Pflichtige, dass Begründungsmängel
nicht in jedem Fall die Aufhebung des Einspracheentscheids zur Folge haben. Gemäss
Steuerpraxis stellt eine fehlende oder unvollständige Begründung zwar eine Verletzung
des rechtlichen Gehörs dar. Diese hat aber nur dann die Aufhebung des angefochte-
nen Entscheids zur Folge, wenn die Begründung im Entscheid vollständig fehlt (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 142 N 12; VGr, 30. Januar 1991, SR 90/0032). Ist eine
Begründung dagegen vorhanden, aber unvollständig, ist dieser Mangel grundsätzlich
im Rekursverfahren heilbar.
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1 GR.2013.24
Geht es – wie hier – um die Veranlagung von mehreren Teilveräusserungen,
gehört zu einer ordentlichen Begründung grundsätzlich eine Steuerberechnungs-
tabelle, eine Aufstellung über die Anlagekosten, woraus die Abweichungen zur Steuer-
erklärung ersichtlich sind, und eine kurze Begründung, aus der sich ergibt, aus wel-
chem Grund von der Deklaration abgewichen wurde. All diese Unterlagen erstellte das
Steueramt der Gemeinde B. Diese wurden aber gemäss bestrittener Sachdarstellung
des Pflichtigen nicht vollständig dem Einspracheentscheid beigelegt. Offenbar fehlte
die Tabelle "Anlagekosten". Sollte diese Tabelle versehentlich dem Einsprache-
entscheid nicht beigelegt worden sein, läge zwar formell eine unvollständige Begrün-
dung vor. Materiell bestand aber kein Begründungsmangel. Denn der Einschätzungs-
entscheid vom 8. November 2012 enthielt diese Tabelle und hat der Pflichtige sie
erhalten. Daraus war ersichtlich, welche Anlagekosten in welcher Höhe und mit wel-
chem Verteilschlüssel bei der gesonderten Gewinnermittlung berücksichtigt bzw. nicht
berücksichtigt wurden. Aus dem Textteil des Einspracheentscheids geht hervor, dass
es dabei mit Ausnahme zweier Rechnungen des Notariats der Gemeinde B vom
28. Dezember 2007 (Fr. 1'884.40) und 23. Juni 2008 (Fr. 2'940.30) – insgesamt also im
Umfang von Fr. 4'824.70 – keine Veränderungen bei den Anlagekosten mehr gab.
Aufgrund der im Einspracheentscheid zusätzlich berücksichtigten Anlagekosten erhöh-
ten sich die "restlichen Anlagekosten" von Fr. 9'089'090.27 auf Fr. 9'093'914.97, also
genau um Fr. 4'824.70. Dieses veränderte Total war aus der Steuerberechnungstabel-
le, welche dem Einspracheentscheid beilag, ersichtlich. Weitere Korrekturen gab es
nicht. Somit hätte der Pflichtige bei etwas gutem Willen ohne grossen Aufwand erken-
nen können, welche Aufwendungen die Rekursgegnerin im Einspracheentscheid (zu-
sätzlich) anerkannte bzw. weiterhin nicht berücksichtigte. Bei dieser Sachlage bestand
die Möglichkeit, gegen die nicht berücksichtigten Anlagekosten im Rekursverfahren
anzutreten. Der Zweck der Begründung war damit ausreichend erfüllt.
Ungeachtet dessen ist anzumerken, dass Begründungsmängel der vorliegen-
den Art im Rekursverfahren heilbar sind. Dementsprechend wurde dem Pflichtigen das
fehlende Beiblatt "Anlagekosten" auf sein Gesuch hin am 27. August 2013 ausgehän-
digt. Ferner erhielt er Gelegenheit, hierzu in der Replik Stellung zu nehmen. Damit
wurde ein allfälliger Begründungsmangel entgegen der Auffassung des Pflichtigen in
der Replik geheilt.
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1 GR.2013.24
f) Sodann rügt der Pflichtige in der Replik, dass aus der Tabelle "Anlage-
kosten" nicht erkennbar sei, welche Aufwendungen, die von der Einzelfirma des Pflich-
tigen in Rechnung gestellt und als Ertrag verbucht worden seien, "für die Grundstück-
gewinnsteuer" nicht oder nur teilweise anerkannt worden seien.
Hierin liegt kein Begründungsmangel, der die Aufhebung des Einspracheent-
scheids zur Folge hätte. Befindet die Rekursgegnerin, dass die über mehrere Kalen-
derjahre (2008 und 2009) hinweg in Rechnung gestellten und bei den Staats- und Ge-
meindesteuern versteuerten Eigenhonorare einem Drittvergleich nicht standhalten und
aus diesem Grund bei der Grundstückgewinnsteuer zu kürzen sind, muss sie hinsicht-
lich der anerkannten und gekürzten Honorare keine zeitliche Abgrenzung in Bezug auf
die streitbetroffenen Einkommens-Steuerperioden vornehmen.
g) Weiter rügt der Pflichtige eine Rechtsverweigerung, weil die Rekursgegne-
rin die zur Überprüfung der Marktkonformität der geltend gemachten Architektur- und
Generalunternehmerhonorare eingereichten Unterlagen nicht oder nur teilweise geprüft
habe. Ausserdem habe sie sich bei der Beurteilung einzig auf die im Einspracheverfah-
ren neu vorgebrachten Tatsachen beschränkt.
Eine Rechtsverweigerung liegt vor, wenn eine in der Sache zuständige Be-
hörde die Sache nicht an die Hand nimmt und behandelt, wenn sie es also zu Unrecht
unterlässt, einen Entscheid zu fällen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 139 N 17). Da-
von kann vorliegend keine Rede sein, weil das kommunale Steueramt die Steuererklä-
rung unter Beizug eines externen Beraters gründlich prüfte. Es erliess eine Mitwir-
kungsaufforderung mit 17 Auflagepunkten, empfing den Pflichtigen zu einer
Besprechung, schritt anschliessend zu einer Mahnung in drei Auflagepunkten und wie-
derholte Auflage- und Mahnverfahren, weil die früher ergangenen Mitwirkungsaufforde-
rungen vom nicht zeichnungsberechtigten externen Steuerberater unterzeichnet wur-
den. Schliesslich unterbreitete es die Sache dem Grundsteuerausschuss der
Gemeinde B zur Entscheidung, welche am 8. November 2012 erfolgte. Im Einsprache-
verfahren konnte der Pflichtige seine Anliegen vor dem Grundsteuerausschuss münd-
lich vertreten. In der Begründung des Einspracheentscheids wurde ausführlich und
unter Bezugnahme auf eingereichte Dokumente dargelegt, welche Honorare aus wel-
chem Grund nicht bei den Anlagekosten anrechenbar seien bzw. einem Drittvergleich
nicht standhielten. Die Rekursgegnerin musste sich dabei zwangsläufig mit den einge-
reichten Unterlagen befasst haben, sonst wäre eine sachbezogene rechtliche Würdi-
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gung in dieser umfassenden Weise überhaupt nicht möglich gewesen. Dass sich die
Rekursgegnerin dabei nicht mit jedem vom Pflichtigen eingereichten Dokument einzeln
auseinandersetzte, stellt keine Rechtsverweigerung bzw. Verletzung des rechtlichen
Gehörs dar. Dem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 der Bundesver-
fassung vom 18. April 1999 (BV) wird Genüge getan, wenn sich der Entscheid auf die
für den Ausgang des Einspracheverfahrens wesentlichen Punkte beschränkt (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 142 N 10). Nachdem bereits der Veranlagungsentscheid
eine Begründung hinsichtlich der Bemessung der streitigen Honorare enthielt, durfte
sich die Rekursgegnerin im Einspracheentscheid auf die im Einspracheverfahren neu
vorgebrachten Punkte beschränken. Ob sich die Nichtberücksichtigung oder Kürzung
einzelner Honorare als rechtmässig erweist, ist eine Frage der materiellen Würdigung
und nicht ein Tatbestandsmerkmal der Rechtsverweigerung bzw. Verweigerung des
rechtlichen Gehörs. Inhaltliche Mängel rechtfertigen die beantragte Rückweisung der
Sache an die Vorinstanz nicht. Gemäss § 149 Abs. 3 StG darf eine Rückweisung nur
ausnahmsweise erfolgen, namentlich wenn zu Unrecht noch kein materieller Entscheid
getroffen wurde oder dieser an einem schwerwiegenden Verfahrensmangel leidet. Bei-
de Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall hinsichtlich der vom Pflichtigen vorge-
brachten Rügen nicht erfüllt.
h) Entgegen der Auffassung des Pflichtigen bestand im gesamten vorinstanz-
lichen Verfahren kein Anlass, den Pflichtigen zur Wahrung des rechtlichen Gehörs zu
einer Stellungnahme zum Ergebnis des Beweisverfahrens aufzufordern. Denn bezüg-
lich der Festsetzung der streitigen Honorare wurden keine externen Sachverständige
beigezogen. Sämtliche Beweisauflagen richteten sich direkt an den Pflichtigen. Dies-
bezüglich konnte der Pflichtige das Ergebnis des Beweisverfahrens selber gestalten
und war demzufolge nicht mehr zusätzlich zu einer Stellungnahme zu seinen selbst
eingereichten Unterlagen einzuladen. Ferner erhielt er im gesamten Verfahren ausrei-
chend Gelegenheit, bezüglich der grundsteuerlich anzurechnenden Anlagekosten sei-
nen eigenen Standpunkt zu vertreten. Selbst die Nichtanordnung eines Gutachtens zur
Festsetzung der streitigen Architektur- und GU-Honorare stellt keine Gehörsverweige-
rung dar, da einer Gemeinde im Allgemeinen die Sachkunde zuerkannt werden kann,
die Marktüblichkeit solcher Honorare zu beurteilen und gegebenenfalls mittels im Inter-
net zugänglichen Honorarrechner (z.B. www.archobau.ch) SIA-konform festzusetzen.
Hinzu kommt, dass der Pflichtige an der gutachterlichen Abklärung der Eigenhonorare
mittlerweile kein Interesse mehr hat, weil er mit der Replik beantragte, den Grund-
stückgewinn mit dem Verlust seiner ausserkantonalen Einzelfirma zu verrechnen. Da
http://www.archobau.ch/
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die Einzelfirma die betreffenden Honorare erfolgswirksam verbuchte, hätte jede Hono-
rarkorrektur zu Ungunsten des Pflichtigen eine entsprechende Erhöhung des ausser-
kantonalen Verlusts zur Folge. Unter diesen Umständen waren und sind gutachterliche
Abklärungen zur Überprüfung der Honorare nicht geboten.
i) Auch die Summe aller vom Pflichtigen gerügten formellen Mängel rechtfer-
tigt die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz nicht, weil keine gravierenden Ver-
fahrensmängel vorliegen bzw. – soweit sie bestanden (z.B. die vom nicht zeichnungs-
berechtigten E unterzeichneten Mitwirkungsaufforderungen und die fehlerhafte
Zustellung des Veranlagungsentscheids) – rechtzeitig und in korrekter Form behoben
wurden.
3. Die Grundstückgewinnsteuer wird gemäss § 216 Abs. 1 StG von den Ge-
winnen erhoben, die sich bei Handänderungen an Grundstücken oder Anteilen von
solchen ergeben. Grundstückgewinn ist laut § 219 Abs. 1 StG der Betrag, um welchen
der Erlös die Anlagekosten (Erwerbspreis und Aufwendungen) übersteigt. Die anre-
chenbaren Aufwendungen sind in § 221 Abs. 1 StG abschliessend aufgezählt (RB
1990 Nr. 51, 1982 Nr. 105; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 3). Dazu gehören
wertvermehrende Aufwendungen, Grundeigentümerbeiträge, übliche Mäklerprovi-
sionen und Insertionskosten, mit der Handänderung verbundene Abgaben sowie Bau-
kreditzinsen bei Liegenschaften im Geschäftsvermögen. Liegenschaftenhändler kön-
nen weitere mit der Liegenschaft zusammenhängende Aufwendungen geltend
machen, soweit sie auf deren Berücksichtigung bei der Einkommens- oder Ge-
winnsteuer ausdrücklich verzichtet haben (§ 221 Abs. 2 StG). Bei Teilveräusserungen
ist der Gewinn und die dafür geschuldete Steuer für jedes veräusserte Objekt geson-
dert zu ermitteln (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 224 N 2). Dabei können nur Er-
werbskosten und Aufwendungen angerechnet werden, welche das veräusserte Grund-
stück betreffen (§ 224 Abs. 1 und 2 StG). Unausscheidbare Aufwendungen sind
anteilsmässig anzurechnen (§ 224 Abs. 2 StG). Bei der Veräusserung von Stockwerk-
einheiten erfolgt die Aufteilung der unausscheidbaren Anlagekosten in der Regel nach
Wertquoten (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 224 N 7).
Anrechenbar sind im Übrigen nur die in der massgebenden Besitzesdauer,
d.h. während der Eigentumsdauer gemachten Aufwendungen (§ 221 Abs. 3 StG; Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 219 N 23). Aufwendungen des früheren Eigentümers, die
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im Kaufpreis ihren Niederschlag gefunden haben, sind ungeachtet dessen, ob der da-
für vereinbarte Preis angemessen war, Bestandteil des Erwerbspreises und können
vom neuen Eigentümer beim Weiterverkauf des Grundstücks nicht ein weiteres Mal bei
der Grundstückgewinnsteuer zur Anrechnung gebracht werden.
Unabhängig von der Ausgestaltung des kantonalen Rechts sind die gesetzes-
vertretenden Regeln des Bundesgerichts zum Doppelbesteuerungsverbot im interkan-
tonalen Verhältnis zu beachten. Namentlich sind aufgrund der seit 2004 stufenweise
geänderten bundesgerichtlichen Rechtsprechung Ausscheidungsverluste in sämtlichen
Fallkonstellationen zu vermeiden und ausserkantonale Verluste sofort und nicht erst
später (in der Zeit) auszugleichen, sofern am Haupt- resp. an den Spezialsteuerdomizi-
len verrechenbares Substrat vorhanden ist (vgl. Kreisschreiben 27 der Schweizeri-
schen Steuerkonferenz vom 15. März 2007 zur Vermeidung von Ausscheidungsverlus-
ten).
4. Streitig ist die Anrechenbarkeit von Erschliessungskosten (nachfolgend a),
diverser Kosten und Zinsen, die bereits im Vorgeschäft angerechnet wurden (b), diver-
ser Honorare für Architektur- und Generalunternehmerleistungen, Verkauf, Leerstands-
risiko (c und d), Rückstellungen (e) und Handänderungskosten beim Verkauf (f).
a) Erschliessungskosten (BKP 160), streitiger (aufgerechneter) Betrag
Fr. 67'266.10:
Obwohl der Pflichtige im Veranlagungsverfahren am 16. April 2012 ausdrück-
lich zugestand, dass die geltend gemachten, d.h. in der Bauabrechnung unter dem
Titel "Übergangsposition" (BKP 160) ausgewiesenen Erschliessungskosten von
Fr. 300'881.45 zu hoch seien, weil sich die tatsächlichen Kosten lediglich auf
Fr. 233'615.35 (= Fr. 204'621.95 + mutmasslich noch zu erwartende Kosten von
Fr. 28'993.40) belaufen würden, welche Kosten die Rekursgegnerin bei den Anlage-
kosten berücksichtigte, verlangt er im Rekursverfahren wiederum die Anrechnung der
in der Bauabrechnung ausgewiesenen Kosten von Fr. 300'881.45. Beweismittel und
eine Begründung für diesen Antrag liefert er nicht. Er erhielt deshalb am 13. Oktober
2014 Gelegenheit, den belegmässigen Nachweis für die entsprechenden Kosten zu
erbringen, falls er an seinem früheren Zugeständnis nicht mehr festhalten wolle. Mit
Eingabe vom 15. Januar 2015 reichte er den Schlussbericht der F AG vom 1. Februar
2012 samt Belegen ein. Daraus ergibt sich, dass die gesamten Erschliessungskosten
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lediglich Fr. 210'863.90 betragen. Da die Rekursgegnerin ihrer Veranlagung Gesamt-
kosten von Fr. 233'615.35 zugrunde legte, ist die Gewinnaufrechnung um Fr. 22'751.45
von Fr. 67'266.10 auf Fr. 90'017.55 (Fr. 300'881.45 – Fr. 210'863.90) zu erhöhen. In
der Stellungnahme zur angedrohten Heraufsetzung der Grundstückgewinnsteuer äus-
serte sich der Pflichtige zu dieser Aufrechnung wie auch zu den nachfolgend (E. 4.b)
erörterten Gewinnkorrekturen nicht.
b) Im Vorgeschäft bereits berücksichtigte Kosten und Zinsen, streitiger (aufge-
rechneter) Betrag: Fr. 303'275.65 (= Fr. 308'100.35 ./. im Einspracheverfahren aner-
kannte Kosten von Fr. 1'884.40 und Fr. 2'940.30):
aa) Im Vorgeschäft hat die frühere Eigentümerin, die C AG im Zusammen-
hang mit der Entwicklung des vorliegenden Überbauungsobjekts Zinsen und wertver-
mehrende Aufwendungen in Höhe von Fr. 308'100.35 bei der Grundstückgewinnsteuer
geltend gemacht, die bei der Grundstückveranlagung der C AG vom 26. März 2009 im
Umfang von Fr. 293'673.- gewinnmindernd berücksichtigt wurden (nachfolgende Tabel-
le, Spalte 4). In der Bauabrechnung sind die im Vorgeschäft geltend gemachten Auf-
wendungen wiederum enthalten (siehe nachfolgende Tabelle, Spalte 3). Die Rekurs-
gegnerin nahm diesbezüglich im Veranlagungsentscheid eine Gewinnaufrechnung von
Fr. 308'100.35 (= Kosten Fr. 293'673.32 + Zinsen Fr. 71'112.15 – Fr. 56'685.12) vor. Im
Einspracheentscheid korrigierte sie die Gewinnaufrechnung und liess die in der Tabelle
aufgeführten Positionen 31 und 32 (zusammen Fr. 1'884.40) sowie 34 und 35 (zu-
sammen Fr. 2'940.30) nachträglich zum Abzug zu.
Pos. Beleg.Nr. /BKP/ Rechnungssteller / Arbeit, Lieferung / Datum Rg. Betrag lt.
Bauabrechnung
Im be-
rücksichtigt
1 33100, 543, UBS AG, Landkreditzinsen per 30.6.2008 71'112.15
56'685.12
2 keine, div., Einzelfirma D, Planungskosten per 20.6.2008 148'930.00
148'930.00
3 32060, 561, AQD Schutz & Bewachung, Rundgänge, 31.1.2007 500.00
500.00
4 32120, 561, AQD Schutz & Bewachung, Rundgänge, 28.2.2007 1'076.00
1'076.00
5 32223, 561, AQD Schutz & Bewachung, Rundgänge, 31.3.2007 591.80 591.80
6 32264, 561, AQD Schutz & Bewachung, Rundgänge, 30.4.2007 454.70
454.70
7 32265, 561, AQD Schutz & Bewachung, Rundgänge, 30.4.2007 376.60
376.60
8 32343, 561, AQD Schutz & Bewachung, Rundgänge, 30.5.2007 269.00
269.00
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1 GR.2013.24
9 32485, 561, AQD Schutz & Bewachung, Rundgänge, 1.7.2007 322.80
322.80
10 32595, 561, AQD Schutz & Bewachung, Rundgänge, 31.7.2007 376.60
376.60
11 32696, 561, AQD Schutz & Bewachung, Rundgänge, 31.8.2007 322.80
322.80
12 32785, 561, AQD Schutz & Bewachung, Rundgänge, 30.9.2007 322.80
322.80
13 32905, 561, AQD Schutz & Bewachung, Rundgänge, 31.10.2007 376.60
376.60
14 32973, 561, AQD Schutz & Bewachung, Rundgänge, 30.11.2007 322.80
322.80
15 33008, 561, AQD Schutz & Bewachung, Rundgänge, 31.12.2007 322.80
322.80
16 33009, 561, AQD Schutz & Bewachung, Gartenzaun, 28.12.2007 194.30
194.30
17 34020, 561, AQD Schutz & Bewachung, Rundgänge, 31.1.2008 343.00
343.00
18 34121, 561, AQD Schutz & Bewachung, Rundgänge, 29.2.2008 312.00
312.00
19 34194, 561, AQD Schutz & Bewachung, Rundgänge, 31.3.2008 343.25
343.25
20 32150, 296, F AG, Vermessung, 28.2.2007 539.10
539.10
21 34195, 511.1, F AG, Vermessung, 31.3.2008 78.35
78.35
22 32150, 296, F AG, Vermessung, 28.2.2007 812.70
812.70
23 32222, 524, M AG, Plankopien, 31.3.2007 102.15
102.15
24
4239, 524, M AG, Plankopien, 31.3.2008 533.00 533.00
25 34353 524, M AG, Plankopien, 31.5.2008 160.70
160.70
26 34464, 524, M AG, Plankopien, 30.6.2008 58.00
58.00
27 34374, 524, New Copy Store, Plankopien, 19.6.2008 58.00
58.00
28 34378, 524, New Copy Store, Plankopien, 30.6.2008 45.25
45.25
29 33006, 512, Gemeinde B, Abwassergebühren, 18.12.2007 103.15
103.15
30 34309, 511, Gemeinde B, Baubewilligung, 28.5.2008 9'410.00
9'410.00
31 33007, 551, Notariat Gem. B, Grundbuchgebühr, 28.12.2007 68.00 in Pos. 32 enthalten
32 33007, 551.1, Notariat Gem. B, Grundbuchgeb., 28.12.2007 1'816.40
1'884.40
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1 GR.2013.24
33 34064, 551, Notariat Gem. B, Grundbuchgebühr, 12.2.2008 43.00
43.00
34 34515, 026, Notariat Gem. B, Beurk. Erwerb, 23.6.2008 995.30 in Pos. 35 enthalten
35
34515, 026.1, Notariat Gem. B, Handänderungskosten Erwerb, 23.6.2008 1'945.00 2'940.30
36
34516, 026, Notariat Gem. B, Grundbuchgebühr Erwerb, 23.6.2008 210.00 210.00
37 33015, 293, Zöbeli Theo, Planungskosten, 10.12.2007 1'536.00
1'536.00
38 34013, 531, GVZ, Prämienrechnung, 11.1.2008 118.50
118.50
39
34216, 299, Schumacher Baur Hürlimann, , 17.3.2008 21'520.00
21'520.00
40
34513, 299, Schumacher Baur Hürlimann, , 29.8.2008 21'791.15
21'791.15
41 31219, 511.6, Keller + Steiner AG, Baugespann, 4.4.2008 2'482.00
2'482.00
42 34536, 511.6, Keller + Steiner AG, Baugespann, 1.7.2008 664.60
664.60
43
34379, 296.11, Swiss Interactive AG, Planungskosten, 14.7.2008 16'140.00
16'140.00
Total 308'100.35 293'673.32
bb) In grundsätzlicher Hinsicht ist festzuhalten, dass gemäss § 221 Abs. 3 StG
lediglich die in der massgebenden Besitzesdauer gemachten Aufwendungen anre-
chenbar sind. Anlagekosten, die bei Grundstückgewinnsteuerveranlagungen der frühe-
ren Veräusserin gewinnmindernd berücksichtigt wurden und im Erwerbspreis (inkl.
Übernahme des Projekts in Höhe von Fr. 300'000.-) enthalten sind, können deshalb
vom Pflichtigen nicht mehr unter einem anderen Rechtstitel ein zweites Mal oder zu
einem höheren Wert (als im Kaufvertrag vereinbart) angerechnet werden. Daraus er-
gibt sich, dass dem Antrag des Pflichtigen, sämtliche in der Bauabrechnung aufgeführ-
ten Aufwendungen als Anlagekosten anzurechnen, nicht entsprochen werden kann,
soweit die nämlichen Kosten resp. Eigenhonorare bereits im früheren Verfahren bei
den Anlagekosten berücksichtigt worden sind. Dies ist, wie sich aus der nachfolgenden
Tabelle ergibt, bei einigen Positionen der Bauabrechnung der Fall. Hingegen ist die
unter diesem Titel erfolgte Gewinnaufrechnung zu korrigieren, da der Rekursgegnerin
diesbezüglich Fehler unterlaufen sind.
cc) Die Rekursgegnerin hat im Einspracheverfahren die Positionen 31 und 32
(Fr. 68.- + Fr. 1'816.40 = Fr. 1'884.40) nachträglich als Anlagekosten berücksichtigt,
weil sie glaubte, dass diese Kosten in der Bauabrechnung nicht enthalten seien. Diese
Annahme ist unzutreffend. Die Rekursgegnerin hat übersehen, dass die oben erwähn-
- 15 -
1 GR.2013.24
ten Positionen in der Bauabrechnung vom 20. Dezember 2010 enthalten sind (BKP
551 und 551.1). Somit ist die im Einspracheverfahren vorgenommene Korrektur im
Umfang von Fr. 1'884.40 wieder rückgängig zu machen.
Gleich verfuhr sie hinsichtlich der Positionen 34 und 35 (Fr. 995.30 +
Fr. 1'945.- = Fr. 2'940.30), bei welchen es sich zusammen mit Pos. 36 (Fr. 210.-) um
den hälftigen Anteil der vom Pflichtigen bezahlten Notariatskosten beim Erwerb (insge-
samt Fr. 3'150.30) handelte. Entgegen der irrtümlichen Auffassung der Rekursgegnerin
sind auch die Positionen 34 und 35 in der Bauabrechnung (BKP 026 und 026.1) enthal-
ten. Die Kosten der Positionen 34 bis 36 (insgesamt Fr. 3'150.30) sind jedoch von der
Rekursgegnerin bereits anderweitig unter dem Titel "BKP 0 laut Bauabrechnung" bei
den Anlagekosten angerechnet worden (Tabelle Anlagekosten), sodass sich eine dop-
pelte Anrechnung der nämlichen Kosten im Umfang von Fr. 2'940.30 verbietet. Die im
Einspracheverfahren erfolgte Korrektur ist somit im Umfang von Fr. 2'940.30 wieder
rückgängig zu machen.
Als fehlerhaft erweist sich zudem die Aufrechnung betreffend Zinsen. Die Re-
kursgegnerin hat übersehen, dass bei den im Vorgeschäft angerechneten Kosten von
Fr. 293'673.32 (vor Korrektur im Einspracheverfahren) die Zinsen bereits enthalten
waren, sodass die Aufrechnung um Fr. 14'427.03 (Fr. 71'112.15 – Fr. 56'685.12) zu
hoch ausfiel. Richtigerweise beläuft sich das Total der im Vorgeschäft bereits berück-
sichtigten und deshalb im vorliegenden Verfahren aufzurechnenden Anlagekosten ge-
mäss der oben aufgeführten Tabelle (rechte Spalte) auf Fr. 293'673.32 statt auf
Fr. 303'275.65 (= Fr. 308'100.35 gemäss Veranlagungsentscheid ./. Korrekturen im
Einspracheverfahren von Fr. 1'884.40 und Fr. 2'940.30).
dd) Zu den Planungskosten der Einzelfirma D im Betrag von Fr. 148'300.-
(ohne Beleg-Nr.), die im Vorgeschäft geltend gemacht und angerechnet wurden, ist
anzumerken, dass es sich hierbei offenkundig um einen Sammelposten für diverse im
Zeitpunkt des Erwerbs (Beurkundungsdatum im Juni 2008) aufgelaufene Planungsleis-
tungen handelt. Diese schliessen neben generalunternehmerischen Leistungen der
früheren Eigentümerin bzw. des Pflichtigen auch Architekturleistungen ein, was sich
einerseits aus der am 22. Mai 2008 erteilten Baubewilligung ergibt, die zwingend die
vorgängige Ausarbeitung eines Projekts voraussetzte. Andererseits hat die mit der Pro-
jektierung beauftragte L AG laut Bauabrechnung (BKP 291.1) am 1. Juli 2007 und 17.
April 2008 für erbrachte Architekturleistungen bereits vor dem Eigentumserwerb des
- 16 -
1 GR.2013.24
Pflichtigen per 23. Juni 2008 Honorarrechnungen von insgesamt Fr. 50'000.- gestellt,
die in der oben aufgeführten Tabelle nicht aufgeführt sind. Laut Leistungstabelle der
SIA Honorarordnung 201, Ausgabe 2003, umfasst die Projektphase (Vorprojekt, Bau-
projekt und Bewilligungsphase) einen Leistungsanteil von nahezu einem Drittel (32.5%)
der gesamthaft von einem Architekten zu erbringenden Grundleistungen. Unter diesen
Umständen vermag die Behauptung des Pflichtigen, dass mit den im Vorgeschäft an-
gerechneten Kosten von Fr. 148'000.- keine Architekturleistungen abgegolten worden
seien, nicht zu überzeugen. Diese Behauptung widerspricht auch den vertraglichen
Vereinbarungen im Kaufvertrag vom 23. Juni 2008 zwischen der C AG und dem Pflich-
tigen. Denn in Ziffer 4 der weiteren Bestimmungen wurde ausdrücklich vereinbart, dass
der Kaufpreis von Fr. 300'000.- sämtliche bisherigen Kosten der Verkäuferin mit dem
Projekt deckt. An der Aufrechnung von Planungskosten in Höhe von Fr. 148'000.- ist
daher festzuhalten, zumal der Pflichtige im Veranlagungsverfahren am 13. Januar
2012 den Wert seiner Eigenleistungen für die Projektentwicklung vom Erstkontakt bis
zum Baubeginn auf Fr. 327'453.70 (recte: ohne Additionsfehler Fr. 356'317.40) bezif-
ferte (Beilage "Zusammenstellung des GU-Honorars samt Nebenkosten").
c) Streitig sind ferner die Eigenhonorare des Pflichtigen bzw. seiner Einzelfir-
ma D für Projektabwicklung bis Baubeginn, Architektur-, Elektroingenieur-, Fachpla-
ner- und Generalunternehmerleistungen, Projektentwicklung/Käuferbetreuung, Ver-
kauf, Mängelbehebung und damit zusammenhängende Vervielfältigungskosten und
Spesen.
aa) In der Bauabrechnung präsentierte der Pflichtige seine Eigenhonorare wie
folgt:
BKP Arbeitsgattung Fr.
199 Projektabwicklung bis Baubeginn 300'000.00
291.3 Projektleitung (Architektur) 340'879.35
296.9 Baumanagement 280'000.00
298 Honorar GU usw. 807'000.00
524 Vervielfältigungen 3'180.00
525 Verkaufsdokumentationen 16'000.00
552 Verkaufskosten 123'202.00
553 Leerstandsrisiko 12'500.00
- 17 -
1 GR.2013.24
565 Spesen 10'000.00
568 Baureklame 1'938.50
Total 1'894'699.85
Bereits im Veranlagungsverfahren stellte er klar, dass nicht die Honorare ge-
mäss den Baukostenpositionen der Bauabrechnung, sondern die effektiv erbrachten
Leistungen zu beurteilen seien. In einer am 13. Januar 2012 eingereichten Aufstellung
bezifferte er den Marktwert der von der Einzelfirma D erbrachten Leistungen wie folgt
auf Fr. 2'302'034.58:
BKP Arbeitsgattung Fr. Fr. anerkannt
Fr.
199 Projektabwicklung bis Baubeginn 327'453.70 0.00
Planung (Architektur) 605'925.08
291.1 ./. Honorare Dritter * -336'000.00 269'925.08 0.00
Bauleitung (Architektur) 493'960.67
291.2 ./. Honorare Dritter * -295'000.00 198'960.67 0.00
291.3 Projektleitung (Architektur) 217'342.70 152'964.54
GU-Honorar
128'402.55 128'402.54
Bauingenieurleistung 199'161.14
292 ./. Honorare Dritter * -65'000.00 134'161.14 0.00
Honorar HLKS
117'444.60 0.00
Honorar Elektrisch
44'103.17 0.00
Reisespesen
36'480.00 10'000.00
524 Vervielfältigungen 121'316.00 3'180.00
Verkaufsprovision (2%) 241'034.45 241'034.44
525 Verkaufsdokumentation
23'856.00 16'000.00
298 Käuferbetreuung 348'624.00 75'734.25
565 Rückstellung für Mängelbehebung 90'992.02 55'000.00
568 Baureklame
1'938.50 1'938.50
Total
2'302'034.58 684'254.27
*) Die deklarierten Beträge stimmen nicht mit den in der Bauabrechnung eingestellten Beträge überein.
bb) Die Rekursgegnerin würdigte die geltend gemachten Eigenhonorare teil-
weise als übersetzt bzw. kam zum Schluss, dass sie überhaupt nicht anrechenbar sei-
- 18 -
1 GR.2013.24
en. Somit anerkannte sie die geltend gemachten Eigenhonorare lediglich im Umfang
von Fr. 684'254.27 (siehe Tabelle oben, letzte Spalte). Gegenüber den in der Bauab-
rechnung aufgeführten Eigenhonoraren nahm sie eine Gewinnaufrechnung von
Fr. 1'210'445.58 vor.
cc) In der Stellungnahme zur angedrohten Erhöhung der Grundstückge-
winnsteuer präsentierte der Pflichtige die anzurechnenden Honorare wiederum anders
und machte folgende Eigenhonorare und eigene Unkosten geltend:
BKP Arbeitsgattung
Fr.
199 Projektabwicklung bis Baubeginn
300'000.00
291.3 Projektleitung (Architektur)
340'879.35
Projektentwicklung/Käuferbetreuung
348'624.00
296.9 Baumanagement
280'000.00
Eigenhonorar Ingenieur
134'161.15
Eigenhonorar Elektrisch
44'103.15
Eigenhonorar HLKS
117'444.60
GU-Honorar
128'402.55
599 Risiko und Verdienst (Umbuchung von BKP 298) 339'500.00
544 Projektentwicklung (Umbuchung von BKP 298) 411'500.00
524 Vervielfältigungen (von BKP 298) 56'000.00
Weitere Vervielfältigungen (statt Fr. 3'180.-
lt. BKP 524) 121'316.00 177'316.00
Verkaufsdokumentation (statt Fr. 16'000.- lt. BKP 525) 23'856.00
Verkaufsprovision (statt Fr. 123'202.- lt. BKP 552) 241'034.45
565 Reisespesen (statt Fr. 10'000.- lt. BKP 565)
36'480.00
568 Baureklame (nicht erwähnt) 1'938.50
Rückstellung für Mängelbehebung (nicht erwähnt) 55'000.00
Total
2'980'239.75
dd) Die Einzelfirma D ist eine Einzelfirma des Pflichtigen. Da dieser Firma kei-
ne eigenständige Rechtspersönlichkeit zukommt, stellen ihre sämtlichen Leistungen
Eigenleistungen des Pflichtigen dar. Gemäss der Steuerpraxis sind Eigenhonorare für
Erschliessungs- und Überbauungsprojekte als wertvermehrende Aufwendungen anre-
chenbar, sofern sie während der massgebenden Besitzesdauer des Veräusserers aus-
- 19 -
1 GR.2013.24
geführt worden sind (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 50). Im Unterschied zu
den Honoraren für Leistungen (nicht nahestehender) Dritter, die nach dem Grundsatz
der effektiven Kostenanrechnung im effektiv bezahlten Umfang anrechenbar sind
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 8), können Eigenhonorare nur im marktübli-
chen Umfang steuermindernd berücksichtigt werden, der stets zu schätzen ist (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 68; VGr, 27. August 1997, StE 1998 B 44.13.7
Nr. 12 = ZStP 1998, 133). Massgebend ist der Marktwert der Eigenleistungen und nicht
der vom Pflichtigen resp. seiner Einzelfirma festgesetzte Preis.
ee) Zu den anrechenbaren Aufwendungen gehört auch das Generalunter-
nehmerhonorar, soweit es sich auf wertvermehrende Leistungen des Generalunter-
nehmers bezieht (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 55, auch zum Folgenden).
Als solche fallen in Betracht die Landaufteilung als Erschliessungsmassnahme, be-
stimmte Verhandlungen mit der Gemeinde, namentlich soweit sie mit der Erschlies-
sung oder Baubewilligung zusammenhängen, die genau umschriebene Koordination
der Bauführung (Oberaufsicht) und die Überwachung der Garantiearbeiten. Für Tätig-
keiten, die jeder Bau erfordert und die in der Regel dem Bauherrn obliegen, kann
grundsätzlich kein Generalunternehmerhonorar angerechnet werden, auch wenn es
einem Dritten bezahlt wird (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 56). Ausnahms-
weise kann ein Generalunternehmerhonorar dennoch zu einem angemessenen Teil
steuermindernd berücksichtigt werden, sofern die betreffenden Tätigkeiten im konkre-
ten Fall nicht von jedem Bauherrn hätten ausgeführt werden können oder wenn der
Architekt durch den Generalunternehmer derart entlastet worden ist, dass er seinen
Honoraransatz gesenkt hat (RB 1972 Nr. 44; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221
N 57). Die Steuerpraxis lässt Generalunternehmerhonorare in solchen Fällen häufig im
Umfang von 2% der Baukosten ohne weiteren detaillierten Nachweis zu (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 60). Das Generalunternehmerhonorar ist jedoch
insoweit nicht anrechenbar, als es sich auf Arbeiten bezieht, für welche bereits der pro-
jektierende und/oder bauleitende Architekt sein volles Honorar berechnet hat (Rich-
ner/Frei/ Kaufmann/Meuter, § 221 N 61). Zudem können bei GU-Eigenhonoraren kei-
nerlei Risikoprämien (z.B. für rechtzeitige und mängelfreie Werkerstellung, Einhaltung
des Kostendachs etc.) bei den Anlagekosten berücksichtigt werden (VGr, 27. August
1997, StE 1998 B 44.13.7 Nr. 12 = ZStP 1998, 133). Garantiekosten für Baumängel
und dergleichen kann der Veräusserer, der die Generalunternehmertätigkeiten selbst
ausführt oder durch eine von ihm beherrschte zivilrechtlich eigenständige Gesellschaft
ausführen lässt, nachträglich – gegebenenfalls im Revisionsverfahren – bei der Grund-
- 20 -
1 GR.2013.24
stückgewinnsteuer geltend machen. Diese Möglichkeit ist einem Dritten verwehrt. Er-
leidet er bei der Erstellung des Gebäudes infolge Baumängel oder anderer Mängel
einen Gewinnausfall, so kann er diesen nicht nachträglich bei der Grundstückge-
winnsteuer des Veräusserers geltend machen. Insofern ist die unterschiedliche steuer-
liche Behandlung von Dritt- und Eigen-Generalunternehmerhonoraren gerechtfertigt.
ff) Besondere Regeln gelten für Verkaufshonorare. Diese können – soweit es
sich nicht um Mäklerprovisionen im Sinn von § 221 Abs. 1 lit. c StG handelt – nur von
Liegenschaftenhändlern gemäss § 221 Abs. 2 StG bei der Grundstückgewinnsteuer
zur Anrechnung gebracht werden. Grundlage für die Bemessung des Honorars sind
stets die effektiven Kosten, die in Form von Personal- und Sachauslagen im Einzelun-
ternehmen des Pflichtigen anfallen. Diese können vom Pflichtigen, der als innerkanto-
naler Liegenschaftenhändler qualifiziert, im marktüblichen Umfang bei der Grundstück-
gewinnsteuer geltend gemacht werden, sofern er auf die Geltendmachung der
entsprechenden Unkosten bei der Einkommenssteuer ausdrücklich verzichtet hat
(§ 221 Abs. 2 StG, zweiter Satzteil). Im Gegensatz zum ausserkantonalen Liegen-
schaftenhändler kann der innerkantonale Liegenschaftenhändler seine Verkaufsunkos-
ten mangels Fehlens einer gesetzlichen Grundlage nicht in pauschalisierter Form gel-
tend machen (BGr, 3. November 2006 = StE 2007 B 65.4 Nr. 23).
gg) Beansprucht der Steuerpflichtige Eigenhonorare als gewinnmindernde
Aufwendungen, so hat er sie nachzuweisen. Dieser Nachweis erfordert – insbesondere
beim Generalunternehmerhonorar – genaue Angaben über die im Einzelnen geleiste-
ten Arbeiten, den damit verbunden Aufwand und dem verrechneten Stundenansatz
(VGr, 27. August 1997, StE 1998 B 44.13.7 Nr. 12 = ZStP 1998, 133). Ferner sind
auch genaue Angaben über den Zeitpunkt der Leistungen erforderlich. Eine solche
Sachdarstellung ist notwendig, um einerseits den Marktwert der Eigenleistungen über-
prüfen zu können. Andererseits muss aus der Sachdarstellung hervorgehen, ob nicht
bereits berücksichtigte Leistungen Dritter oder nicht abzugsberechtigte Eigenleistungen
der Bauherrschaft in den Eigenhonoraren enthalten sind (Richner/Frei/Kaufmann/Meu-
ter, § 221 N 60). Schliesslich ist eine genaue Sachdarstellung im vorliegenden Fall
auch deshalb von Bedeutung, um beurteilen zu können, welche Leistungen während
der Besitzesdauer des Pflichtigen erbracht worden sind. Denn nur diese sind gemäss
§ 221 Abs. 3 StG anrechenbar. Diesem Aspekt kommt vorliegend eine besondere Be-
deutung zu. Denn der Pflichtige führte ein Bauvorhaben zu Ende, welches von der frü-
heren Eigentümerin in Angriff genommen worden ist. Wesentliche Vorbereitungsarbei-
- 21 -
1 GR.2013.24
ten sind von der früheren Eigentümerin in Auftrag gegeben und mit dem Kaufpreis ab-
gegolten worden. Ziffer 4 der weiteren Bestimmungen des Kaufvertrags vom 23. Juni
2008 hält ausdrücklich fest, dass der Kaufpreis von Fr. 300'000.- für das Projekt sämt-
liche bisherigen Kosten der Verkäuferin im Zusammenhang mit dem Projekt enthält.
Folgedessen können Leistungen, die während der Besitzesdauer, d.h. während der
Eigentumsdauer der früheren Eigentümerin erbracht worden sind, vom Pflichtigen nicht
ein weiteres Mal oder zu einem höheren Wert (als im Kaufvertrag vereinbart) zur An-
rechnung gebracht werden. Andererseits hat der Pflichtige von sich aus den Beweis
dafür zu leisten, dass er die gestützt auf seine Sachdarstellung als anrechenbar zu
würdigende Aufwendungen auch tatsächlich erbracht hat.
hh) In der Replik brachte der Pflichtige erstmals vor, dass seine damalige
ausserkantonale Einzelfirma in den Jahren 2008 und 2009 Verluste von Fr. 399'884.-
und Fr. 24'472.- erlitten habe. Diese seien mit dem Grundstückgewinn zu verrechnen,
sodass kein steuerbarer Gewinn mehr resultiere. Aufgrund dessen erübrige sich eine
Überprüfung der Marktüblichkeit der streitbetroffenen Eigenhonorare, weil sämtliche
von der Rekursgegnerin unter diesem Titel vorgenommenen Gewinnaufrechnungen
den Verlust der ausserkantonalen Einzelfirma entsprechend erhöhten, was im Ergebnis
auf ein Nullsummenspiel hinauslaufe.
Zwar sind nach der geänderten bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum
Doppelbesteuerungsverbot im interkantonalen Verhältnis Ausscheidungsverluste in
sämtlichen Fallkonstellationen zu vermeiden und ausserkantonale Verluste sofort aus-
zugleichen, sofern am Haupt- resp. an den Spezialsteuerdomizilen in den betreffenden
Jahren verrechenbares Substrat vorhanden ist (siehe E. 3, dritter Absatz). Im vorlie-
genden Fall sind jedoch aufgrund einer internen Rücksprache mit dem kantonalen
Steueramt die geltend gemachten ausserkantonalen Verluste in den Jahren 2008 und
2009 nicht ausgewiesen. Im Gegenteil drohen Gewinnaufrechnungen in Millionenhöhe.
Eine definitive Einschätzung für die Staats- und Gemeindesteuern bezüglich der Steu-
erperioden 2008 ff. ist noch nicht erfolgt. Diese gedenkt das kantonale Steueramt erst
nach Abschluss des Grundstückgewinnsteuerverfahrens vorzunehmen. Solange die
ausserkantonalen Verluste, welche bei der Grundstückgewinnsteuer zur Anrechnung
gelangen sollen, betragsmässig noch nicht feststehen, darf gemäss Weisung der Fi-
nanzdirektion über die Koordination von Einkommens- bzw. Gewinnsteuereinschät-
zungen und Grundsteuereinschätzungen für Liegenschaften des Geschäftsvermögens
und von juristischen Personen vom 13. Dezember 2005 grundsätzlich noch keine Ver-
- 22 -
1 GR.2013.24
lustverrechnung erfolgen (ZStB Nr. 37/554, Rz 55d). Bei dieser Sachlage kann, da die
geltend gemachten Verluste derzeit nicht ausgewiesen sind, auf die Überprüfung und
Korrektur der streitbetroffenen Honorare nicht verzichtet werden.
ii) Da der Pflichtige aufgrund der im Veranlagungsverfahren eingereichten
"Zusammenstellung des GU-Honorars samt Nebenkosten" Leistungen erbracht haben
will, die in der Bauabrechnung vom 20. Dezember 2012 unter den einschlägigen BKP
Positionen nicht explizit aufgeführt sind (z.B. Bauingenieur-, HLKS- und Elektroingeni-
eurleistungen) und er im vorinstanzlichen Verfahren die effektiv von seiner Einzelfirma
erbrachten Leistungen nicht detailliert darlegte und mit entsprechenden Beweismitteln
dokumentierte, erhielt er am 13. Oktober 2014 Gelegenheit, eine detaillierte Aufstellung
über die geleisteten Arbeiten bzw. die konkret erbrachten Lieferungen mit Angabe des
Zeitpunkts der Verrichtung einzureichen. Dieser Aufforderung kam er nicht in der ge-
forderten Weise nach. In seiner Stellungnahme zur gerichtlichen Auflage beantragte er
vielmehr, die Auflage umgehend aufzuheben, weil er die erbrachten Leistungen und
weiteren Kosten bereits im Veranlagungsverfahren detailliert dargelegt, belegt und
auch deren Marktüblichkeit bewiesen habe. Ferner sei es nicht Aufgabe des
Steuerrekursgerichts, von der Rekursgegnerin unterlassene oder bewusst nicht an-
hand genommene Abklärungen nachzuholen. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt
werden. Denn die Rekursgegnerin hat sich ernsthaft darum bemüht, den Sachverhalt
gründlich abzuklären, was u.a. ihre 17 Ziffern umfassende Beweisauflage vom 20. April
2012 belegt. Dabei wurden u.a. substanziierte Angaben bezüglich der von der Einzel-
firma des Pflichtigen erbrachten Leistungen (Projektleitung, Baumanagement, Gene-
ralunternehmer-Leistungen und Verkauf) verlangt. Wenn das Steuerrekursgericht ein-
zelne Ziffern der Beweisauflage als zu allgemein formuliert betrachtet, weil nur eine
Substanziierung des Inhalts der erbrachten Leistungen verlangt wurde, ohne dem
Pflichtigen bekannt zu geben, welche Inhalte der Leistungsausweis enthalten muss,
kann es die Sache nicht einfach zur neuerlichen, verbesserten Untersuchung an die
Vorinstanz zurückweisen, sondern hat allfällige Lücken bei der Ermittlung des Sach-
verhalts selber zu schliessen. Im Übrigen ist das Steuerrekursgericht nicht nur berech-
tigt, sondern sogar verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen festzustellen und
seinem Entscheid nur solche Tatsachen zugrunde zu legen, von deren Vorhandensein
es sich überzeugt hat (Richner/Frei/ Kaufmann/Meuter, § 147 N 52). Diese Untersu-
chungspflicht besteht freilich nur, soweit der Pflichtige an der Sachverhaltsermittlung
gehörig mitwirkt.
- 23 -
1 GR.2013.24
d) Nachfolgend ist zu prüfen, ob die vom Pflichtigen geltend gemachten Ei-
genhonorare samt Nebenkosten überhaupt anrechenbar, hinreichend detailliert darge-
legt resp. belegt sind und im marktüblichen Rahmen liegen.
aa) Der Pflichtige behauptet, Projektentwicklungsarbeiten vom Erstkontakt
(September 2005) bis zum Baubeginn (April 2009) im Wert von Fr. 327'453.70 erbracht
zu haben, die er im Umfang des in der Bauabrechnung aufgeführten Betrags von
Fr. 300'000.- (BKP 199) als Anlagekosten geltend macht. Ein Kostenanteil von
Fr. 148'000.- sei bereits beim Vorgeschäft berücksichtigt worden.
Er reichte diesbezüglich bereits im Veranlagungsverfahren eine Kostenaufstel-
lung mit 26 Einzelpositionen ein, deren Total sich – richtig addiert – auf Fr. 356'317.40
(statt Fr. 327'453.70) beläuft. Nachfolgend ist von den richtig addierten Kosten von
Fr. 356'317.40 auszugehen. Genaue bzw. detaillierte Angaben über den Ausführungs-
zeitpunkt wie auch über den Inhalt der im Einzelnen erbrachten Tätigkeiten fehlen.
Dieser Mangel besteht auch bei allen übrigen erbrachten Leistungen. Damit erweist
sich das anzurechnende Eigenhonorar bereits aus diesem Grund als ungenügend sub-
stanziiert, weil genaue Angaben über den Ausführungspunkt im vorliegenden Fall wich-
tig sind, um eine Abgrenzung zwischen den im Vorgeschäft angerechneten (bzw. anzu-
rechnenden) und den im vorliegenden Verfahren anrechenbaren Kosten vornehmen zu
können. Dieser Umstand wirkt sich zu Ungunsten des hierfür beweisbelasteten Pflichti-
gen aus. Nicht zu überzeugen vermögen auch seine Angaben über die aufgewendete
Arbeitszeit, da die Aufstellung nicht zeitnah, sondern erst mehrere Jahre später ver-
fasst wurde und weitgehend pauschalen Charakter besitzt.
Die chronologisch aufgebaute Kostenaufstellung sowie die eingereichten Bei-
lagen deuten immerhin darauf hin, dass Eigenleistungen im Gesamtwert von mindes-
tens Fr. 170'196.30 (inkl. MWST) bereits vor dem 23. Juni 2008 (Eigentumserwerb)
erbracht wurden und im Erwerbspreis (inkl. Projekt) enthalten sind. Dazu gehören die
Verhandlungen mit den ehemaligen Verkäufern Ehegatten G (Fr. 23'887.20), die Aus-
arbeitung einer Kaufofferte (Fr. 4'976.50), die Erstellung einer demografischen Markt-
studie (Fr. 8'957.70), einer betriebswirtschaftlichen Marktanalyse (Fr. 8'957.70) und
eines Nutzungskonzepts nach PBG/BZO (Fr. 8'957.70), die Erarbeitung eines Raum-
programms (Fr. 8'957.70), Projektstudien in Varianten (Fr. 17'915.40), Ämtermarsch
(Fr. 15'924.80), privater Erschliessungsvertrag (Fr. 29'859.-), Erschliessungskonzept
(Fr. 9'953.-), Aufskizzierung eines Vorprojekts (Fr. 8'957.70), Federführung beim Archi-
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1 GR.2013.24
tekturprojekt (Fr. 17'915.40) und die Begleitung der Baueingabe (Fr. 4'976.50). Die
betreffenden Kosten sind somit in diesem Ausmass, wie bereits dargelegt (E. 3 und
4.b.bb), nicht ein weiteres Mal anrechenbar, auch nicht zu einem höheren Wert als zu
den im Vorgeschäft auf Fr. 148'000.- bezifferten Eigenhonoraren, die in Wirklichkeit nur
Fr. 98'000.- betragen, weil im Betrag von Fr. 148'000.- auch Akontozahlungen von
Fr. 50'000.- an die L AG für erbrachte Architekturleistungen enthalten sind (BKP 291.1,
siehe dazu auch die Ausführungen in E. 4.b.dd).
Hinsichtlich der übrigen Kosten von Fr. 186'121.10 handelt es sich um Kosten,
die mehrheitlich bereits unter einem anderen Titel gewinnmindernd berücksichtigt wor-
den sind. Dazu gehören die Koordination der Ausführungsplanung (Fr. 17'915.40), die
Vorsubmissionierung der Hauptarbeitsgattungen (Fr. 17'915.40), die Erstellung eines
Kostenvoranschlags inkl. Baukostenkalkulationen (Fr. 29'859.-, teilweise bereits vor
dem Eigentumserwerb ausgeführt, R-act. 23/1/12/9) und eines detaillierten Bau-
beschriebs (Fr. 29'859.-), welche Kosten von insgesamt Fr. 95'548.80 bereits im ange-
rechneten Architekturhonorar enthalten sind. Weitere Honorare von Fr. 4'976.50 und
Fr. 8'957.70 für die Eruierung der Verkaufspreise resp. die Regelung der Baufinanzie-
rung gehören zu den Aufgaben des Bauherrn resp. Generalunternehmers und sind im
pauschal angerechneten Generalunternehmerhonorar bzw. (bezüglich Eruierung der
Verkaufspreise) in den Verkaufskosten enthalten. Die Erarbeitung einer Verkaufsdo-
kumentation (Fr. 27'868.40), die Erstellung eines Mediaplans und die Schaltung von
Inseraten (Fr. 8'957.70) gehören zu den Verkaufskosten, die sich laut Bauabrechnung
(BKP 552) effektiv auf Fr. 123'202.- belaufen und in diesem Umfang ebenfalls gewinn-
mindernd berücksichtigt wurden. Zusätzlich als wertvermehrende Aufwendungen anre-
chenbar sind einzig die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Begründung von
Stockwerkeigentum (Bildung von Wertquoten, Begründungspläne und Begründungs-
akt, Nutzungs- und Verwaltungsreglement, Hausordnung, Jahresbudget der Nebenkos-
ten). Die diesbezüglich geltend gemachten Kosten von Fr. 39'812.- erweisen sich je-
doch als übersetzt, weil für Begründungsakt, Reglemente, Hausordnung und Budgets
Vorlagen bzw. Muster zur Verfügung stehen, die sich mit geringem zeitlichen Aufwand
anpassen lassen, sodass diese Leistungen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr maxi-
mal einen Marktwert von Fr. 25'000.- aufweisen. In diesem Umfang sind die unter dem
Titel Projektentwicklungskosten geltend gemachten Kosten anrechenbar.
bb) Weiter macht der Pflichtige ein Architekturhonorar von Fr. 340'879.35
(BKP 291.3) und Zusatzhonorare von Fr. 348'624.- und Fr. 411'500.- für Projektent-
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1 GR.2013.24
wicklung/Käuferbetreuung geltend. In einer früheren Phase des Verfahrens bezifferte
er den Marktwert seiner Grundleistungen (16.5%) auf Fr. 217'342.70. Ferner bean-
spruchte er Eigenhonorare von Fr. 269'925.08 für Planungsleistungen, Fr. 198'960.67
für Bauleitung und Fr. 348'624.- für Käuferbetreuung (siehe Übersicht in E. 4.c.aa).
aaa) Die Grundleistungen des Architekten wurden im Umfang von 46% von
der L AG (Projektierung), im Umfang von 37.5% von der N AG (Bauleitung) und im
restlichen Umfang von 16.5% vom Pflichtigen resp. seiner Einzelfirma erbracht. Die
von den beigezogenen Dritten zu erbringenden Teilleistungen sind in den Verträgen für
Architekturleistungen detailliert bezeichnet, tatsächlich ausgeführt und entsprechend
honoriert worden. Der Pflichtige hat nicht bewiesen, dass es sich anders verhalten hat.
Die L AG stellte ihre Teilleistungen mit einem Pauschalhonorar von Fr. 333'560.-
(inkl. MWST) in Rechnung. Die N AG bezog laut Bauabrechnung vom 20. Dezember
2010 ein Honorar von Fr. 295'487.25 (inkl. MWST). Diese Honorare der Dritten sind
von der Rekursgegnerin vollumfänglich berücksichtigt worden. Das marktübliche Hono-
rar für die übrigen Grundleistungen von 16.5% bemass die Rekursgegnerin auf
Fr. 152'964.54, zudem anerkannte sie ein Zusatzhonorar von Fr. 75'734.25 für die Be-
arbeitung der Käuferwünsche.
bbb) Vorweg ist festzuhalten, dass die früher geltend gemachten Eigenhono-
rare für Planung und Bauleitung nicht ausgewiesen sind. Der Pflichtige hat für Projek-
tierung und Bauleitung Drittpersonen beigezogen. Er hat keinen Anspruch darauf, Ho-
norare für Leistungen Dritter, die nach seiner Einschätzung einen höheren Marktwert
(als effektiv bezahlt) aufweisen, im Differenzbetrag zu den effektiv bezahlten Kosten
als Eigenhonorare in Anrechnung zu bringen. Dieses Vorgehen widerspricht dem
Grundsatz der effektiven Kostenanrechnungen bei Honoraren für Leistungen Dritter.
ccc) Für die Bemessung des marktüblichen Honorars für die von seiner Ein-
zelfirma effektiv erbrachten Teilleistungen von 16.5% bietet sich ein Drittvergleich mit
den beiden übrigen Honoraren an. Einen besseren Massstab für die Beurteilung der
Marktüblichkeit gibt es nicht. Diesbezüglich ergibt sich aus der folgenden Gegenüber-
stellung, dass das vom Pflichtigen beanspruchte Eigenhonorar von Fr. 340'879.35
(resp. von Fr. 217'342.70 gemäss früherer Sachdarstellung) einem Drittvergleich nicht
standhält, weil die beauftragten Dritten ihre Teilleistungen um über 40% unter den Ho-
noraransätzen, die der Pflichtige für marktkonform hält, angeboten und erbracht haben.
Aufgrund dieses Drittvergleichs und unter Berücksichtigung eines Zuschlags für die
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1 GR.2013.24
Teamgemeinschaft erweist sich das von der Rekursgegnerin der Gewinnberechnung
zugrunde gelegte Architekturhonorar von Fr. 152'964.54 (inkl. MWST) gar noch als
grosszügig bemessen. Würde man den Honoraranteil des Pflichtigen (Fr. 217'342.70
gemäss seiner Honorarberechnung) im gleichen Umfang von rund 40% reduzieren, wie
dies mit den beigezogenen Dritten vereinbart wurde, würde das marktübliche Honorar
des Pflichtigen für die von ihm erbrachten Teilleistungen (ohne Zuschlag) unter
Zugrundelegung von honorarberechtigten Baukosten von Fr. 5'966'661.- lediglich
Fr. 130'405.60 (inkl. MWST) betragen bzw. noch tiefer ausfallen, wenn der Honorarbe-
rechnung – wie nachfolgend dargelegt – die tatsächlichen honorarberechtigten Kosten
von Fr. 5'638'356.14 (exkl. MWST) zugrundegelegt werden.
Architekten
Honorarberechnung
des Pflichtigen
Fr.
Effektiv lt. Bauab-
rechnung
Fr.
Differenz in %
L AG 46.0% 605'925.08 333'560.00 -44.95%
N AG 37.5% 493'960.67 295'487.25 -40.18%
Total Dritte 83.5% 1'099'885.75 629'047.25 -42.81%
Einzelfirma D (Eigenleistung) 16.5% 217'342.70 340'879.35 56.84%
Gesamthonorar 100.0% 1'317'228.45 969'926.60
ddd) Von einer Verdoppelung der honorarberechtigten Baukosten zwischen
Beauftragung der Drittanbieter und der Fertigstellung, welche ein höheres Honorar
gerechtfertigt hätte, kann keine Rede sein. Im Gegenteil haben sich die honorarberech-
tigten Baukosten zwischen Offerte und Fertigstellung – richtig bemessen – eher redu-
ziert, gingen doch die L AG im Zeitpunkt der Offertstellung von honorarberechtigten
Baukosten von Fr. 6'600'000.- exkl. MWST und die N AG von honorarberechtigten
Baukosten von Fr. 5'689'000.- exkl. MWST aus. Der Pflichtige beziffert die honorarbe-
rechtigten Baukosten zwar auf Fr. 5'966'661.- exkl. MWST. Tatsächlich belaufen sich
die honorarberechtigten Baukosten ausgehend von den gesamten in der Bauabrech-
nung aufgeführten Kosten in Höhe von Fr. 9'344'210.45 (inkl. MWST) lediglich auf
Fr. 5'638'356.14 (exkl. MWST), weil Notariatskosten (BKP 0, Fr. 3'150.30), Honorare
der F AG (BKP 160.2, Fr. 37'024.65), Honorare von Spezialisten (BKP 196,
Fr. 16'231.25), diverse Honorare des Pflichtigen und von Dritten (BKP 199,
Fr. 300'000.- + BKP 29, Fr. 2'246'962.95), Baunebenkosten (BKP 5, Fr. 673'970.10)
und auf den honorarberechtigten Baukosten lastende Mehrwertsteuern von
Fr. 428'515.06 nicht honorarberechtigt sind.
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1 GR.2013.24
eee) Für die Käuferbetreuung (zur Hauptsache Umsetzung der individuellen
Käuferwünsche) macht der Pflichtige ein nicht explizit in der Bauabrechnung aufgeführ-
tes Zusatzhonorar (gemäss effektivem Aufwand) von Fr. 348'624.- geltend. In der Stel-
lungnahme zur angedrohten Erhöhung der Grundstückgewinnsteuer beantragt er zu-
dem, weitere Kosten von Fr. 411'500.- (ehemals BKP 544, später umgebucht in BKP
298) anzurechnen.
Auch diese Honorare erweisen sich als übersetzt, weil im gewöhnlichen Ge-
schäftsverkehr Honorare für solche Leistungen in der Regel mit einem durchschnittli-
chen Zuschlag von 15% auf dem Betrag der Mehrkosten honoriert werden. Letztere
belaufen sich im vorliegenden Fall auf Fr. 504'895.- (inkl. MWST). Bei dieser Sachlage
erweist sich das von der Rekursgegnerin gewährte Zusatzhonorar von Fr. 75'734.25
(inkl. MWST), entsprechend 15% der Mehrkosten, als marktüblich. Die Anrechnung
eines höheren Honorars kommt schon deshalb nicht in Frage, weil es der Pflichtige an
einer genügenden Sachdarstellung über die tatsächlich erbrachten Leistungen hat mis-
sen lassen. Er zählte im Rekursverfahren nur einzelne Tätigkeiten auf, die sein Mitar-
beiter H bei der Aufnahme und Umsetzung von Käuferwünschen üblicherweise erbringt
bzw. zu erbringen in der Lage ist. Dagegen legte er nicht dar, ob und wann H mit oder
für welchen Kunden, mit welchem zeitlichen Aufwand, welche konkreten Leistungen im
Zeitraum vom 1. September 2008 bis 1. Dezember 2010 auch tatsächlich erbracht hat.
Die Behauptung, dass die Einzelfirma D mit 308 potentiellen Käufern konkrete indivi-
duelle Änderungs- und Ausbauwünsche planerisch umsetzte, ist durch nichts belegt
und ausserdem unglaubwürdig, weil solche Planungen im üblichen Geschäftsverkehr
regelmässig erst nach Abschluss eines Reservationsvertrags durchgeführt werden.
cc) Uneinigkeit besteht zwischen den Parteien auch hinsichtlich der Bemes-
sung des Generalunternehmerhonorars, welches die gesamten administrativen Kosten
für die Organisation des Bauvorgangs abdeckt (u.a. Verhandlungen mit Ämtern, Spezi-
alisten, Lieferanten und Einzelunternehmern, Vertragsabschlüsse, Koordination und
Überwachung des Bauvorgangs, Finanzierung, Zahlungsverkehr).
Über das von der Rekursgegnerin anerkannte Pauschalhonorar von
Fr. 128'402.55 hinaus beantragt der Pflichtige die Anrechnung eines Baumanagement-
honorars von Fr. 280'000.- (BKP 296.9) und eines Honorars für Risiko und Verdienst
von Fr. 339'500.- (Bestandteil von BKP 298, ehemals BKP 599). Letzteres Honorar ist
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1 GR.2013.24
gemäss der bereits erwähnten Rechtsprechung nicht anrechenbar (E. 4.c.cc). Eine
Kumulation von pauschalen und effektiven bzw. weiteren pauschalen Kosten, die sich
auf die gleichen Leistungen beziehen, ist ebenfalls ausgeschlossen. Bezüglich des
Baumanagementhonorars von Fr. 280'000.- hat es der Pflichtige sowohl im vorinstanz-
lichen Verfahren als auch im Rekursverfahren an einer substanziierten Sachdarstellung
missen lassen. Das betreffende Honorar wird in der von ihm erstellten Liste "Zusam-
menstellung des GU-Honorars samt Nebenkosten" nicht einmal erwähnt. Unter diesen
Umständen muss es bei den pauschal angerechneten Kosten von Fr. 128'402.55 sein
Bewenden haben.
dd) Da nach der Steuerpraxis GU-Honorare keine Risikokomponenten enthal-
ten dürfen, erweist sich das unter einem eigenständigen Titel geltend gemachte Eigen-
honorar für das Leerstandsriko (BKP 553, Fr. 12'500.-) als nicht anrechenbar. Zu Recht
macht der Pflichtige dieses Honorar in seiner Zusammenstellung des GU-Honorars
samt Nebenkosten nicht mehr geltend.
ee) Für Bauingenieurleistungen beansprucht der Pflichtige ein Eigenhonorar
von Fr. 134'161.14 (= Fr. 199'161.14 abzüglich Honorare Dritter in Höhe von rund
Fr. 65'000.-). Diese Kosten sind in der Bauabrechnung nicht enthalten. Diesbezüglich
steht ihm jedoch kein Honoraranspruch zu, weil die betreffenden Leistungen bereits
von Dritten (O AG und R) erbracht wurden. Der Pflichtige ist nicht berechtigt, die Diffe-
renz zwischen dem nach der SIA-Honorarordnung 103 theoretisch möglichen Honorar
von Fr. 199'161.14 und den effektiv bezahlten Kosten von Fr. 65'923.55 (BKP 292) als
Eigenhonorar in Abzug zu bringen. Aufgrund dessen, dass die Ingenieure R für ihre
erbrachten Ingenieurleistungen (Teilleistung 95%) ein Honorar von Fr. 65'098.- forder-
ten, ist auch erwiesen, dass das vom Pflichtigen beanspruchte Eigenhonorar weit über
dem Marktwert liegt. Nichts deutet darauf hin, dass der Pflichtige überhaupt irgendwel-
che Bauingenieurleistungen erbracht hat. Denn ausser einer SIA-Honorarberechnung
reichte er weder beweistaugliche Dokumente (Pläne, Berechnungen etc.) ein noch
lieferte er eine substanziierte Sachdarstellung, wer wann welche konkreten Ingenieur-
leistungen mit welchem zeitlichen Aufwand erbracht hat.
ff) Gleich verhält es sich bezüglich der beanspruchten Fachplanerhonorare für
Haustechnik HLKS (Fr. 117'444.60) und Elektro (Fr. 44'103.17), welche der Pflichtige
zusätzlich zu Dritthonoraren geltend macht. Die Ingenieurleistungen für Haustechnik
wurden von der P AG erbracht und mit einem Honorar von Fr. 14'153.75 (BKP 294)
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1 GR.2013.24
abgegolten. Dieselbe Firma erstellte auch die Heizungs-, Lüftungs- und Abluftanlagen
(BKP 240, 244) und überdies einen Teil der Sanitäranlagen (BKP 250). Die Elektroin-
genieurleistungen, insbesondere die Elektropläne, werden in der Regel von Elektrikern
erbracht und sind deshalb (bei späterer Beauftragung des betreffenden Elektrikers) in
den Baukosten des Elektrikers enthalten. So verhielt es sich auch im vorliegenden Fall
hinsichtlich der beauftragten Q AG (siehe Verzeichnis der den Erwerbern übergebenen
Pläne). Der Pflichtige verfügt weder über ausgebildetes Personal, welches in der Lage
wäre, Fachplanerleistungen zu erbringen, noch reichte er irgendwelche Unterlagen wie
Pläne, Berechnungen etc. ein, welche dokumentieren, dass seine Einzelfirma auch
tatsächlich solche Leistungen erbracht hat. Eine substanziierte Sachdarstellung, die
darüber Auskunft gibt, wer wann welche konkreten Fachplanerleistungen mit welchem
zeitlichen Aufwand erbracht hat, fehlt ebenso. Unter diesen Umständen erweisen sich
die geltend gemachten Fachplanereigenhonorare als nicht hinreichend substanziiert,
geschweige denn als belegt. Anzumerken ist, dass die von Dritten in Rechnung gestell-
ten Fachplanerhonorare ausnahmslos als Anlagekosten anerkannt wurden.
gg) Für den Verkauf der Stockwerkeigentumseinheiten beansprucht der
Pflichtige neben den Kosten für die Verkaufsdokumentation (Fr. 23'856.-) eine Ver-
kaufsprovision von Fr. 241'034.45.
Die Kosten für die Verkaufsdokumentation wurden von der Rekursgegnerin im
Umfang von Fr. 16'000.-, entsprechend dem in der Bauabrechnung ausgewiesenen
Betrag (BKP 525) anerkannt. Einer Anrechnung in diesem Umfang steht nichts im
Weg. Dass dem Pflichtigen für Druck und Versand darüber hinaus Kosten erwachsen
sind, wurde nicht belegt und ist ausserdem unwahrscheinlich. Denn einerseits stellte
der Pflichtige seine Verkaufsdokumentation auf seiner früheren Homepage allen Kauf-
interessierten zur Einsicht zur Verfügung. Andererseits weist die Betriebsrechnung der
Einzelfirma des Pflichtigen pro 2008 nur einen gesamten Kopieraufwand (inkl. Mie-
te/Leasing und Wartung) von Fr. 2'237.65 und Portokosten von Fr. 1'253.- auf.
Schliesslich hat der Pflichtige für die behaupteten Materialkosten (Deckfolie, Papier,
Rückenkarton und Spiral Binder) keinerlei Belege eingereicht. Weitere externe Kosten
von Fr. 23'000.- für die Visualisierung sind in der Bauabrechnung als separate Position
ausgewiesen (BKP 296.11) und von der Rekursgegnerin anerkannt worden.
Zu Unrecht anerkannte die Rekursgegnerin eine Mäklerprovision von
Fr. 241'034.44. Denn laut § 221 lit. c StG erfordert die Anrechnung einer
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1 GR.2013.24
Mäklerprovision, dass die entscheidenden zum Vertragsabschluss führenden Nach-
weis- oder Vermittlungstätigkeiten von einer Drittperson ausgeführt werden. Hieran
mangelt es. Eigenprovisionen, d.h. Entschädigungen für eigene Verkaufsbemühungen,
sind bei den Anlagekosten folglich nicht anrechenbar (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
§ 221 N 90). Wie vorne (E. 3.c.bbb) dargelegt, können eigene Verkaufsunkosten man-
gels Fehlens einer gesetzlichen Grundlage auch nicht in pauschalisierter Form geltend
gemacht werden. Als Liegenschaftenhändler ist der Pflichtige einzig berechtigt, seine
effektiven Verkaufsaufwendungen (im marktüblichen Umfang) bei der Grundstückge-
winnsteuer in Anrechnung zu bringen. Dies erfordert aber, dass er bei der Gewinn-
steuer auf die Geltendmachung dieser Kosten ausdrücklich verzichtet hat (§ 221 Abs. 2
StG). Da der Pflichtige den von seiner Einzelfirma erbrachten Verkaufsaufwand nur im
Umfang von Fr. 123'202.- mit entsprechend bei der Gewinnsteuer verbuchten Hono-
rareinnahmen kompensiert hat, ist er einzig berechtigt, Kosten von Fr. 123'202.- bei
den Anlagekosten anzurechnen. In diesem Umfang steht einer Anrechnung nichts im
Weg.
hh) Weiter macht der Pflichtige für die Zeit vom 1. September 2005 bis Som-
mer 2012 Reisespesen von Fr. 36'480.- geltend. Die Rekursgegnerin anerkannte die in
der Bauabrechnung (BKP 565) aufgeführten Reisepesen von Fr. 10'000.-.
Ausgewiesen sind laut Aufstellung des Pflichtigen die Fahrspesen für Käufer-
betreuung (Fr. 12'312.-) und Projektleitung (Fr. 4'560.-). Hierbei handelt es sich um
Nebenkosten des Architekten, welche laut Ziffer 5.3 der Honorarordnung SIA 102/2003
im Grundhonorar des Architekten nicht enthalten sind, sondern ausserhalb eines Lokal-
rayons von 10 km gesondert zu vergüten sind. Weitere Fahrspesen von Fr. 9'804.-
fielen bei der Projektentwicklung an. In dieser Phase wurden ebenfalls Architekturleis-
tungen erbracht (s. vorne E. 4.d.aa), sodass damit zusammenhängende Fahrspesen
von (geschätzt) Fr. 5'450.- ebenfalls anzurechnen sind. Ferner rechtfertigt es sich,
auch die im Zusammenhang mit dem Verkauf angefallenen Fahrspesen von Fr. 4'560.-
bei den Anlagekosten zu berücksichtigen, da die vorliegend berücksichtigten Verkaufs-
kosten keine Fahrkostenanteile enthalten. Insgesamt sind somit Fahrspesen von
Fr. 26'882.- bei den Anlagekosten zu berücksichtigen.
Die übrigen geltend gemachten Fahrspesen von Fr. 10'448.- (= Fr. 36'480.-
abzüglich Fr. 26'032.-) betreffen einerseits Tätigkeiten, die bereits vor dem Eigentums-
erwerb erbracht wurden und aus diesem Grund nicht anrechenbar sind (siehe E.
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1 GR.2013.24
4.d.aa). Andererseits fielen die Fahrspesen im Zusammenhang mit Generalunterneh-
mertätigkeiten an, deren Kosten im vorliegenden Fall pauschal berücksichtigt wurden.
ii) Ferner macht der Pflichtige für die Zeit vom Erstkontakt im Herbst 2005 bis
zur letzten Objektübergabe im Herbst 2010 für die Entwicklung des Projekts, Verkauf,
Betreuung der Käufer, Dokumentationen, Projektleitung, Überwachung, Controlling,
Fotodokumentation, Administration und diverser Korrespondenz Kopierkosten von
Fr. 121'316.- geltend. In der Stellungnahme zur angedrohten Erhöhung der Grund-
stückgewinnsteuer macht er weitere Kosten von Fr. 56'000.- geltend. All diese Kosten
(abzüglich den eigenen Kopierkosten von Fr. 3'180.- laut Bauabrechnung, BKP 524)
macht er zusätzlich zu den in der Bauabrechnung verbuchten Fremdkosten von
Fr. 24'330.30 (BKP 524) und den Kopierkosten für die Verkaufsdokumentation (rund
Fr. 20'000.-) geltend. Indessen hat er den Nachweis, dass ihm allein für dieses Projekt
Kosten in der behaupteten Höhe entstanden sind, nicht erbracht, weshalb eine An-
rechnung der Kosten in der beantragten Höhe bereits aus diesem Grund ausser Be-
tracht fällt. Die Jahresrechnungen der Einzelfirma des Pflichtigen weisen pro 2008 und
2009 nur einen jährlichen Kopieraufwand zwischen Fr. 2'237.65 und Fr. 9'869.90 aus,
wobei anzumerken ist, dass die Einzelfirma in den Jahren 2008 und 2009 auch noch
für andere – ausserkantonale – Überbauungsprojekte tätig war. Anzumerken ist aus-
serdem, dass ein Teil des Kopieraufwands vor dem Eigentumserwerb des Pflichtigen
entstanden ist und somit gemäss § 221 Abs. 3 StG nicht anrechenbar ist. Weitere Ko-
pieraufwendungen für die Projektentwicklung, Controlling/QM, Fotodokumentation,
Administration und Korrespondenz sind ausserdem Bestandteile des pauschal berück-
sichtigten Generalunternehmerhonorars und folgedessen nicht mehr zusätzlich anre-
chenbar.
e) Weiter macht der Pflichtige für die Mängelbehebung im Zeitraum vom
1. Juli 2010 bis 30. Juni 2015 eine pauschale Rückstellung von Fr. 90'992.02 geltend.
Der Betrag setzt sich laut Aufstellung vom 13. Januar 2012 zusammen aus Personal-
aufwendungen in Höhe von Fr. 26'790.75 und aus externen Kosten für die Mängelbe-
hebung im Betrag von Fr. 64'201.27 (1% von Fr. 6'420'127.10). Mit Verfügung vom 13.
Oktober 2014 wurde er aufgefordert, eine detaillierte Aufstellung über sämtliche nach-
träglich aufgelaufenen Garantiekosten einzureichen und einen darüber hinausgehen-
den Rückstellungsbedarf zu begründen. Dieser Aufforderung kam er nicht nach. Er
reichte zwar umfangreiche per Post oder E-Mail eingegangene Mängellisten der Er-
werber ein. Indessen legte er keine einzige Rechnung vor und begründete den Rück-
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1 GR.2013.24
stellungsbedarf nicht, sodass der von der Rekursgegnerin gewährte Rückstellungsbe-
trag von Fr. 55'000.- grosszügig bemessen wurde. In der Stellungnahme zur angedroh-
ten Erhöhung der Grundstückgewinnsteuer erhob der Pflichtige gegen die Herabset-
zung der Rückstellungspauschale keine Einwendungen.
f) Streitig sind schliesslich die anrechenbaren Handänderungskosten beim
Verkauf der vier letzten Parkplätze an verschiedene Erwerber und an die Stockwerkei-
gentümergemeinschaft. Diesbezüglich wies der Pflichtige im Rekursverfahren Notari-
atskosten von insgesamt Fr. 652.10 nach, die anstelle der geschätzten Kosten von Fr.
157.25 anrechenbar sind.
5. Die vorstehenden Erwägungen führen zu folgender neuer Steuerberech-
nung: (.................)
6. Diese Erwägungen führen zur Abweisung des Rekurses (Höherein-
schätzung). Bei diesem Verfahrensausgang sind die Kosten des Rekursverfahrens
dem Pflichtigen aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG i.V.m. § 212 StG) und steht ihm die
beantragte Parteientschädigung nicht zu (§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwal-
tungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997 und § 212 StG). Auch der
obsiegenden Rekursgegnerin ist keine Parteientschädigung zuzusprechen, da es einer
Grossgemeinde zuzumuten ist, sich so zu organisieren, dass sie die Beantwortung des
Rekurses selbst, d.h. ohne Beizug eines Rechtsbeistands vornehmen kann (RB 1981
Nr. 5, vgl. Kaspar Plüss, in: Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kan-
tons Zürich, 3. A., 2014, § 17 N 53 VRG). Im Übrigen beschränkte sich ihr Aufwand
weitgehend auf unnötige Wiederholungen von Vorbringen des Pflichtigen, zu denen sie
bereits im vorinstanzlichen Verfahren ausführlich Stellung nahm. | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
3dc3cab7-529a-404d-a6d4-aeeddf0c0d0e | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) deklarierte in seiner Steuererklärung 2006
unter anderem ein Renteneinkommen (Berufliche Vorsorge) in der Höhe von
Fr. 97'116.- sowie einen Ertrag aus unverteilter Erbschaft (Liegenschaft im Kanton B)
von Fr. 1079.-. Das Renteneinkommen ergab sich aus einer Basisrente von
Fr. 101'176.20 sowie einer Kaderrente von Fr. 123'060.-, wobei der Pflichtige vom Ge-
samtbetrag nur den Anteil deklarierte, der gemäss einer Vereinbarung mit der getrennt
lebenden Ehefrau betreffend Aufteilung der Rente ihm zustand (12 x Fr. 8'093.- =
Fr. 97'116.-) Bei den Abzügen machte er insbesondere Schuldzinsen von Fr. 12'926.-
sowie behinderungsbedingte Kosten von Fr. 9'600.- geltend. Nachdem die Steuer-
kommissärin eine Untersuchung durchgeführt hatte, veranlagte sie den Pflichtigen am
13. November 2008 für die direkte Bundessteuer 2006 mit einem steuerbaren Ein-
kommen von Fr. 137'000.-. In Abweichung von der Steuererklärung hatte sie als Lie-
genschaftenertrag den Eigenmietwert einer Ferienwohnung in C, an welcher der Pflich-
tige laut einer Meldung des Kantons B ein Wohnrecht besass, in der Höhe von
Fr. 13'904.- aufgerechnet und zudem den Ertrag aus unverteilter Erbschaft "gemäss
Meldung Kanton B" auf Fr. 3'055.- erhöht. Weiter hatte sie sowohl den Abzug für
Schuldzinsen als auch denjenigen der behinderungsbedingten Kosten gestrichen, da
Erstere effektiv von der Ehefrau bezahlt würden und es sich bei Letzteren um Aufwen-
dungen infolge Alters und nicht infolge einer Behinderung handle.
Die Veranlagung der direkten Bundessteuer 2006 wurde mit Steuerrechnung
vom 9. Januar 2009 formell eröffnet.
B. Mit der hiergegen am 19. Januar 2009 erhobenen Einsprache beantragte
der Pflichtige, den Ertrag aus der unverteilten Erbschaft von Fr. 3055.- auf Fr. 1080.-
herabzusetzen, während er die Veranlagung im Übrigen unangefochten liess. Diesem
Einspracheantrag entsprach die Steuerkommissärin in einem Veranlagungsvorschlag
vom 7. August 2009, den der Pflichtige am 9. August 2009 unterschriftlich anerkannte.
Das steuerbare Einkommen wurde damit neu auf Fr. 135'000.- festgesetzt.
Die definitive Veranlagung der direkten Bundessteuer 2006 aufgrund des Ein-
spracheverfahrens wurde mit Steuerrechnung vom 29. März 2010 formell eröffnet.
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1 DB.2011.186
C. Hiergegen liess der Pflichtige am 23. April 2010 Beschwerde erheben mit
dem Antrag, er sei für die direkte Bundessteuer 2006 mit einem steuerbaren Einkom-
men von maximal Fr. 89'300.- zu veranlagen. Namentlich sei beim Renteneinkommen
zu berücksichtigen, dass die Basisrente aus beruflicher Vorsorge von Fr. 101'176.20
lediglich im Umfang von 80% steuerbar sei, und sei der Eigenmietwert des Ferienhau-
ses in C, an welchem er ein als Mitbenützungsrecht ausgestaltetes Wohnrecht habe,
bei ihm höchstens im Umfang von 50% zu besteuern. Weiter seien Hypothekarzinsen
in Höhe von Fr. 12'926.- sowie behinderungsbedingte Kosten von Fr. 5'621.- zum Ab-
zug zuzulassen. Eventualiter sei die Verfügung vom 29. März 2010 aufzuheben und
die Sache zur Neubeurteilung an das kantonale Steueramt zurückzuweisen. Zur Be-
gründung liess er im Wesentlichen vorbringen, die Veranlagung beruhe auf offensicht-
lich unrichtigen Bemessungsgrundlagen und müsse trotz der unterschriftlichen Aner-
kennung der Steuerfaktoren nachträglich korrigiert werden.
Die Steuerrekurskommission I (seit dem 1. Januar 2011: Steuerrekursgericht)
kam im Beschwerdeverfahren zum Schluss, die Voraussetzungen für einen erfolgrei-
chen Widerruf der im Einspracheverfahren unterzeichneten Zustimmungserklärung
seien vorliegend nicht erfüllt, da diese nicht auf einem Willensmangel des Pflichtigen
beruhe. Entsprechend verzichtete die Steuerrekurskommission I auf eine materielle
Überprüfung der angefochtenen Veranlagung und wies die Beschwerde mit Urteil vom
18. August 2010 ab.
D. Die hiergegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht mit
Urteil vom 20. April 2011 teilweise gut und wies die Sache zur allfälligen weiteren Un-
tersuchung und zum Neuentscheid im Sinn der Erwägungen an das Steuerrekursge-
richt zurück. In seinem Entscheid erwog das Verwaltungsgericht im Wesentlichen, die
Unterzeichnung des Veranlagungsvorschlags im Einspracheverfahren könne nicht dem
Verzicht auf Erhebung eines Rechtsmittels oder dem Rückzug eines erhobenen
Rechtmittels gleichgestellt werden, der nur unter eingeschränkten Voraussetzungen
widerrufen werden könne. Demzufolge könne die aufgrund des Veranlagungsvor-
schlags erfolgte Veranlagung im Einspracheverfahren ohne Weiteres auf dem Rechts-
mittelweg weitergezogen werden, weshalb sich die Rekurskommission zu Unrecht mit
der Prüfung des Vorliegens der Widerrufsvoraussetzungen begnügt und sich nicht wei-
ter mit der Beschwerde auseinandergesetzt habe.
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1 DB.2011.186
E. Nachdem sich das kantonale Steueramt in seiner Beschwerdeantwort vom
25. Mai 2010 (1. Rechtsgang) hauptsächlich mit der Problematik des Widerrufs der
Zustimmungserklärung zum Veranlagungsvorschlag, nicht aber mit den materiellen
Begehren des Pflichtigen auseinandergesetzt hatte, wurde ihm mit Verfügung vom
20. Oktober 2011 erneut Frist angesetzt, um zur Beschwerde vom 23. April 2010 –
nunmehr im Hinblick auf deren materielle Beurteilung – Stellung zu nehmen.
Mit Beschwerdeantwort vom 24. Oktober 2011 schloss das kantonale Steuer-
amt auf teilweise Gutheissung der Beschwerde, unter Kostenfolge zulasten des Pflich-
tigen. Dabei anerkannte es dessen Anträge hinsichtlich der Besteuerung der Basisren-
te aus beruflicher Vorsorge sowie des Eigenmietwerts des Ferienhauses in C
vollumfänglich, während es die Abzugsfähigkeit der Hypothekarzinsen sowie der be-
hinderungsbedingten Kosten verneinte.
Am 31. Oktober 2011 wurde ein zweiter Schriftenwechsel angeordnet. Darauf
liess der Pflichtige am 20. Dezember 2011 replizieren, er halte an seinen Anträgen
vollumfänglich fest, mit Ausnahme des Abzugs für behinderungsbedingte Kosten, den
er gänzlich fallen lasse. Folglich sei das steuerbare Einkommen für die direkte Bun-
dessteuer 2006 auf maximal Fr. 94'900.- festzusetzen. Zudem liess er beantragen,
sämtliche Kosten der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen und ihm eine angemessene
Parteientschädigung zuzusprechen. Mit Duplik vom 4. Januar 2012 hielt das kantonale
Steueramt an seinen Anträgen hinsichtlich des Schuldzinsenabzugs sowie der Kosten-
folgen fest.
Die Eidgenössische Steuerverwaltung verzichtete – wie schon im ersten
Rechtsgang – auf Vernehmlassung.
Auf die weiteren Parteivorbringen wird – soweit rechtserheblich – in den nach-
folgenden Erwägungen eingegangen.
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1 DB.2011.186 | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Nachdem das kantonale Steueramt die Anträge des Pflichtigen hinsichtlich
der Besteuerung der Basisrente aus beruflicher Vorsorge sowie des Eigenmietwerts
des Ferienhauses in C mit Beschwerdeantwort vom 24. Oktober 2011 anerkannt und
der Pflichtige seinerseits mit Replik vom 20. Dezember 2011 den Antrag auf Abzug der
behinderungsbedingten Kosten fallen gelassen hat, ist vorliegend einzig noch der
Schuldzinsenabzug in der Höhe von Fr. 12'926.- streitig.
2. a) Gemäss Art. 33 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über die direkte Bun-
dessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) werden von den Einkünften die privaten
Schuldzinsen (in beschränktem Umfang) abgezogen. Dabei handelt es sich um Vergü-
tungen, welche ein Steuerpflichtiger einer Drittperson für die Gewährung einer Geld-
summe oder das ihm zur Verfügung gestellte Kapital zu leisten hat, sofern dieses Ent-
gelt nach der Zeit und als Quote des Kapitals in Prozenten berechnet wird. (Richner/
Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 33 N 8). In diesem
Sinn sind namentlich Hypothekarzinsen abzugsfähig. Zum Abzug der Schuldzinsen ist
immer nur der Schuldner berechtigt, da sich in seiner Person die gesetzlichen Voraus-
setzungen des Abzugs verwirklichen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 25 N 21 f.
mit Hinweisen, auch zum Folgenden). Wer dagegen für eine Drittperson die Zahlung
von Schuldzinsen übernimmt, wird nicht zum Schuldner und kann die Zahlungen dem-
entsprechend nicht als Schuldzinsen (möglicherweise aber als Unterhalts- oder Unter-
stützungsbeiträge) abziehen. Wegen ihrer steuermindernden Natur sind Schuldzinsen
vom Steuerpflichtigen darzutun und nachzuweisen.
b) Vorliegend macht der Pflichtige pro 2006 Schuldzinsen im Betrag von
Fr. 12'926.- im Zusammenhang mit einer Hypothek bei der Bank D in Höhe von
Fr. 390'000.- geltend. Nach seinen eigenen Angaben wurden diese Schuldzinsen zwar
von seiner getrennt lebender Ehefrau bezahlt, indes sei dessen ungeachtet er als allei-
niger Schuldner der Hypothek (vgl. Kapital- und Zinsausweis) zum Abzug der Schuld-
zinsen berechtigt. Seine Ehefrau habe sich mit Erbvorbezugsvertrag vom 18. April
1992, mit welchem er das als Sicherheit für die fragliche Hypothek dienende Ferien-
haus in C an sie abgetreten habe, verpflichtet, die Hypothek in der damaligen Höhe
von Fr. 600'000.- mit alleiniger Schuld- und Zinspflicht per Datum der Eigentumsüber-
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1 DB.2011.186
tragung zu übernehmen. Dieser Verpflichtung sei sie jedoch nicht nachgekommen,
weshalb er die Hypothek bis Ende 2006 aus eigenen Mitteln im Betrag von
Fr. 210'000.- amortisiert habe und Schuldner der Restschuld von Fr. 390'000.- geblie-
ben sei. Indem nun seine Ehefrau im Jahr 2006 die Schuldzinsen von Fr. 12'926.- be-
zahlt habe, habe sie letztlich einfach einen Teil ihrer nach wie vor bestehenden Schuld
von Fr. 600'000.- aus dem Erbvorbezugsvertrag getilgt, weshalb ihm dadurch auch
kein (steuerbares) Einkommen zugeflossen sei. Das kantonale Steueramt hält dem
entgegen, die Ehefrau sei mit der Bezahlung der Schuldzinsen lediglich ihrer Verpflich-
tung aus dem Erbvorbezugsvertrag zur alleinigen Tragung der Zinspflicht nachgekom-
men. Dass es sich hierbei um eine Schuldentilgung an den Pflichtigen aus Erbvorbe-
zugsvertrag handeln soll, sei weder ersichtlich noch nachgewiesen, zumal der
Pflichtige nie ein entsprechendes Guthaben gegenüber seiner Ehefrau deklariert habe.
Im Übrigen hätten der Pflichtige und seine Ehefrau in der Vereinbarung betreffend Auf-
teilung der Rente vom 1. Juni 2004 festgehalten, dass der Pflichtige für sämtliche Kos-
ten der Liegenschaft in C, so insbesondere die Hypothekarzinsen und die jährliche
Amortisation, aufkommen solle, was mit den Verpflichtungen der Ehefrau aus dem
Erbvorbezugsvertrag und der tatsächlichen Bezahlung der Hypothekarzinsen durch sie
nicht vereinbar sei. Aufgrund dieser Sachlage sei ein gangbarer Weg, dass auf die
tatsächlichen Zahlungen abgestellt werde, entspreche dies doch auch der wirtschaftli-
chen Leistungsfähigkeit der Beteiligten.
c) Formell betrachtet war der Pflichtige im Jahr 2006 gemäss dem eingereich-
ten Kapital- und Zinsausweis zweifelsfrei Schuldner der Hypothek bei der Bank D und
damit auch der diesbezüglichen Hypothekarzinsen. Eine formelle, nur mit Zustimmung
der Gläubigerin mögliche Schuldübernahme durch die Ehefrau im Sinn von Art. 175 ff.
OR hatte demnach trotz entsprechender Vereinbarung im Erbvorbezugsvertrag vom
18. April 1992 offenbar nicht stattgefunden. Bei solcher Lage der Dinge kann aber ent-
sprechend den obigen Ausführungen entgegen der Ansicht des kantonalen Steueramts
nur der Pflichtige als alleiniger Schuldner zum Abzug der Schuldzinsen berechtigt sein,
selbst wenn diese erwiesenermassen von seiner getrennt lebenden Ehefrau bezahlt
wurden. Letztere wiederum wird durch die Bezahlung der Schuldzinsen nicht zur
Schuldnerin und kann somit hierfür auch keinen Schuldzinsenabzug geltend machen.
Mithin ist dem Pflichtigen der beantragte Schuldzinsenabzug grundsätzlich ohne weite-
res zu gewähren. Allerdings stellt sich damit die Frage, wie unter diesen Umständen
die Bezahlung der Schuldzinsen durch die Ehefrau zu würdigen ist bzw. welche steuer-
lichen Konsequenzen sich daraus gegebenenfalls aus Sicht des Pflichtigen ergeben.
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1 DB.2011.186
aa) Wie bereits erwähnt, sieht der Pflichtige in der Bezahlung der Schuldzin-
sen durch seine Ehefrau eine teilweise Tilgung ihrer – mangels Vollzugs der vereinbar-
ten Schuldübernahme nach wie vor bestehenden – Schuld von Fr. 600'000.- zu seinen
Gunsten aus dem Erbvorbezugsvertrag. Er macht namentlich geltend, er habe die Zah-
lung der Ehefrau mit ihrer Schuld verrechnet bzw. es liege der Zahlung eine Anweisung
auf Schuld im Sinn von Art. 468 Abs. 2 OR zugrunde, weshalb dadurch gleichzeitig
zwei Schulden (die Zinsschuld des Pflichtigen gegenüber der Bank D sowie ein Teil der
Schuld der Ehefrau gegenüber dem Pflichtigen aus dem Erbvorbezugsvertrag) getilgt
worden seien. Dieser Sichtweise steht jedoch entgegen, dass nach dem klaren Wort-
laut der Vereinbarung zwischen dem Pflichtigen und seiner Ehefrau betreffend Auftei-
lung der Rente vom 1. Juni 2004 der Pflichtige für sämtliche Kosten der Liegenschaft in
C, so insbesondere die Hypothekarzinsen und die jährliche Amortisation, aufkommt,
was der Übernahme der Hypothek mit alleiniger Schuld- und Zinspflicht durch die Ehe-
frau gemäss Erbvorbezugsvertrag klar widerspricht. Weshalb der Pflichtige dieser Re-
gelung zustimmte, wenngleich seine Forderung aus dem Erbvorbezugsvertrag noch
nicht beglichen war und er nach wie vor daran festhalten wollte, ist nicht nachvollzieh-
bar und der Pflichtige äussert sich hierzu mit keinem Wort. Gegen das Vorliegen einer
Anweisung auf Schuld spricht im Übrigen auch, dass die Ehefrau nach eigenen Anga-
ben des Pflichtigen ihre Schuld aus dem Erbvorbezugsvertrag bestreitet, womit aber
aus ihrer Sicht auch kein Grund zu deren Tilgung bestand. Daran ändert auch die (nota
bene nicht belegte) Tatsache nichts, dass die Ehefrau per 30. September 2008 die
dannzumal noch bestehende Hypothekarschuld von Fr. 380'000.- getilgt haben soll,
denn selbst wenn dem so ist, sagt dies über den Bestand allfälliger Forderungen pro
2006 und über die Grundlage für die Bezahlung der Hypothekarzinsen durch die Ehe-
frau letztlich nichts aus. Schliesslich lässt auch der Umstand, dass der Pflichtige nie
eine Forderung gegenüber seiner Ehefrau als Guthaben deklarierte, zumindest gewis-
se Zweifel an seiner Sachdarstellung aufkommen.
Unter diesen Umständen bleibt letztlich völlig unklar, welche zivilrechtlichen
Ansprüche gegebenenfalls pro 2006 zwischen dem Pflichtigen und seiner Ehefrau be-
standen und ist jedenfalls nicht dargetan, geschweige denn hinreichend belegt, dass
mit Bezahlung der Hypothekarzinsen durch die Ehefrau eine Forderung des Pflichtigen
unter den Eheleuten getilgt wurde.
bb) Wenn die Übernahme der Schuldzinsen durch die Ehefrau nicht auf einer
Forderung des Pflichtigen beruhte, so hat dieser hierdurch ein Einkommen erzielt.
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1 DB.2011.186
Denn wie bereits ausgeführt, war der Pflichtige formell betrachtet pro 2006 alleiniger
Schuldner der Hypothek bei der D, sodass die Bezahlung der Schuldzinsen durch sei-
ne Ehefrau bei ihm eine Abnahme der Passiven ohne gleichzeitige Abnahme der Akti-
ven zur Folge hatte, er also im Ergebnis bereichert war. Es ist zwar grundsätzlich
denkbar, dass die Ehefrau – trotz nie vollzogener Schuldübernahme und gegenteiliger
Regelung in der Vereinbarung vom 1. Juni 2004 – die Schuldzinsen in Erfüllung ihrer
Zinspflicht gemäss dem Erbvorbezugsvertrag vom 18. April 1992 bezahlt halt, indes
ändert dies nichts am Ergebnis, dass damit formell betrachtet eine Schuld des Pflichti-
gen gegenüber der Hypothekarbank getilgt wurde (nota bene wurde eben diese formel-
le Betrachtungsweise herangezogen, um den Schuldzinsenabzug seitens des Pflichti-
gen zu rechtfertigen). Mithin bleibt es dabei, dass der Pflichtige mit Bezahlung der
Schuldzinsen durch seine Ehefrau bereichert wurde und stellt sich nur noch die Frage,
wie dieser Vermögenszufluss steuerlich zu behandeln ist. Nachdem eine Schenkungs-
absicht der Ehefrau unter den gegebenen Umständen (zerrüttete Ehe, Streitigkeiten
über gegenseitige finanzielle Ansprüche, Ehefrau lebt von der Rente des Pflichtigen)
ohne weiteres ausgeschlossen werden kann und die übrigen von Gesetzes wegen
steuerbefreiten Vermögensanfälle allesamt augenscheinlich nicht in Frage kommen
(vgl. Art. 16 Abs. 3 und Art. 24 DBG), muss es sich letztlich im Sinn der Generalklausel
von Art. 16 Abs. 1 DBG um steuerbares Einkommen des Pflichtigen handeln. Dabei ist
im Übrigen weder die genaue zivilrechtliche Qualifikation des Einkommens aus Sicht
des Pflichtigen noch die Frage, ob bei der Ehefrau allenfalls ein entsprechender steuer-
licher Abzug möglich gewesen wäre (namentlich als Unterstützungs- oder Unterhalts-
beitrag) von Bedeutung, weshalb auf Ausführungen hierzu vorliegend verzichtet wer-
den kann.
d) Nach dem Gesagten kann zwar der Pflichtige in der Steuerperiode 2006 die
Schuldzinsen betreffend die Hypothekarschuld bei der Bank D in der Höhe von
Fr. 12'926.- zum Abzug bringen, muss aber gleichzeitig ein zusätzliches Einkommen in
der gleichen Höhe versteuern. Da dies unter dem Strich zum gleichen Resultat führt
wie die Nichtgewährung des Schuldzinsenabzugs, ist im Ergebnis die Beschwerde in
diesem Punkt abzuweisen.
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1 DB.2011.186
3. Entsprechend den obigen Erwägungen ist die Veranlagungsverfügung auf-
grund des Einspracheverfahrens vom 29. März 2010 aufzuheben und das steuerbare
Einkommen des Pflichtigen für die direkte Bundessteuer, Steuerperiode 2006, auf-
grund der nachfolgenden Berechnung neu auf Fr. 107'800.- festzusetzen:
Steuerbares Einkommen gemäss Veranlagung (ungerundet) Fr. 135'050.-
./. Korrektur Besteuerung Basisrente gemäss Antrag ./. Fr. 20'231.-
./. Korrektur Eigenmietwert C gemäss Antrag ./. Fr. 6'952.-
Steuerbares Einkommen neu Fr. 107'867.-
Steuerbares Einkommen neu (gerundet) Fr.107'800.-.
4. Diese Erwägungen führen zur teilweisen Gutheissung der Beschwerde. Die
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind dem Pflichtigen trotz seines mehrheitlichen
Obsiegens vollständig aufzuerlegen, da er die in diesem Verfahren zu seinen Gunsten
vorgenommenen Korrekturen bei Anwendung der nötigen Sorgfalt bereits im Veranla-
gungs- oder spätestens im Einspracheverfahren hätte erwirken können (Art. 144 Abs. 2
DBG). Eine Parteientschädigung steht ihm unter diesen Umständen nicht zu (Art. 144
Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren
vom 20. Dezember 1968). | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
3e0a44a0-ecbc-4860-9b5d-fed41b02dcbe | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend die Rekurrentin) ist seit dem 1. September 1999 in C (ZH)
als Wochenaufenthalterin gemeldet, während sich ihr Wohnsitz nach eigenen Angaben
in D befindet.
Auf Ersuchen des Steueramts C füllte die Rekurrentin am 25. Februar 2009
den "Fragebogen zur Feststellung des steuerrechtlichen Wohnsitzes" aus. Am 17. Juni
2009 führte das Steueramt C sodann im selben Zusammenhang eine persönliche Be-
fragung der Rekurrentin durch.
Nachdem das Steueramt C einen entsprechenden Antrag beim kantonalen
Steueramt gestellt hatte, erliess dieses am 23. Februar 2010 einen Vorentscheid über
die Beanspruchung der Steuerhoheit ab 1.1.2009.
B. Hiergegen erhob die Rekurrentin am 20/22. März 2010 Einsprache und
beantragte sinngemäss, es sei auf die Beanspruchung der Steuerhoheit zu verzichten.
Der Einsprache beigelegt waren insbesondere mehrere Bestätigungen bezüglich der
Tätigkeiten der Rekurrentin in D. Am 10. November 2010 erliess das kantonale Steu-
eramt eine Beweisauflage, welche die Rekurrentin am 30. November 2010 beantworte-
te. Dabei reichte sie die folgenden Unterlagen ein:
Kontoauszug PostFinance
Kreditkartenabrechnung MasterCard Gold per 24.11.2010
Kopie der Quittungen für SBB Generalabonnement und Park+Rail in E vom
24.10.2010
Eine Akontorechnung für Elektrizität in C (4. Aktontorechnung 2010)
Das kantonale Steueramt wies die Einsprache am 18. März 2011 ab.
C. Mit Rekurs vom 20. April 2011 liess die Rekurrentin beantragen, den Ein-
spracheentscheid vom 18. März 2011 aufzuheben und festzustellen, dass sich ihr
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1 ST.2011.103
steuerrechtlicher Wohnsitz per 1. Januar 2009 in D und nicht in C befinde. Ausserdem
beantragte sie die einer Zusprechung angemessenen Parteientschädigung.
Das kantonale Steueramt schloss am 17. Mai 2011 auf kostenfällige Abwei-
sung des Rekurses.
Auf die Vorbringen der Parteien wird – soweit rechtserheblich – in den nach-
folgenden Erwägungen eingegangen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Gemäss Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der
direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG) sowie
§ 3 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) sind natürliche Personen im
Kanton Zürich aufgrund persönlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig, wenn sie ihren
steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt im Kanton haben. Der steuerrechtliche
Wohnsitz befindet sich laut Art. 3 Abs. 2 StHG und § 3 Abs. 2 StG dort, wo die Person
sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält. In diesem Fall ist die Steuerpflicht
kraft § 5 Abs. 1 StG unbeschränkt, d.h. sie erstreckt sich grundsätzlich auf das gesam-
te Einkommen und Vermögen der Rekurrentin.
b) Aufgabe des interkantonalen Steuerrechts ist es, die Kollision von konkur-
rierenden Besteuerungsansprüchen zweier oder mehrerer Kantone zu vermeiden. Eine
solche Kollision besteht namentlich dann, wenn zwei Kantone die unbeschränkte Steu-
erhoheit über dieselbe Person während der nämlichen Steuerperiode beanspruchen.
Dies kommt häufig dann vor, wenn sowohl der Arbeitsortkanton, in welchem eine na-
türliche Person während der Woche übernachtet, als auch der Kanton des zivilrechtli-
chen Wohnorts, in welchen sie am Wochenende zurückkehrt, zur unbeschränkten Be-
steuerung schreiten. Art. 3 StHG enthält eine Regel zur Schlichtung eines solchen
Streits. Diese bestimmt, dass sich das Hauptsteuerdomizil an jenem Ort befindet, in
welchem sich die Person mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält, wobei der
steuerrechtliche Wohnsitz dem qualifizierten Aufenthalt (im Sinn von Art. 3 Abs. 1
Halbsatz 2 StHG) vorgeht (Bauer-Balmelli/Nyffenegger, in: Kommentar zum Schweize-
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1 ST.2011.103
rischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002, Art. 3 N 11 StHG). Dergestalt liegt eine bun-
desrechtliche Kollisionsnorm zum interkantonalen Steuerrecht vor (Höhn/Mäusli, Inter-
kantonales Steuerrecht, 4. A., 2000, S. 16 f.; a.M.: Bauer-Balmelli/Nyffenegger, Art. 3 N
15 StHG). Somit bildet Art. 3 Abs. 1 und 2 StHG die Grundlage für die Abgrenzung der
unbeschränkten Steuerhoheit. Die langjährige bundesgerichtliche Rechtsprechung,
welche sich gestützt auf Art. 46 Abs. 2 der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 (aBV)
sowie später Art. 127 Abs. 3 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV) entwickelt
hat, dient weiterhin als Auslegungshilfe. Jedoch vermag sie nur insoweit zu greifen, als
sie nicht der erwähnten StHG-Norm widerspricht (so auch Höhn/Mäusli, S. 17).
c) Nach Art. 68 Abs. 1 StHG (in der ab 1. Januar 2001 gültigen Fassung) be-
steht die Steuerpflicht aufgrund persönlicher Zugehörigkeit bei Wechsel des steuer-
rechtlichen Wohnsitzes innerhalb der Schweiz für die laufende Steuerperiode im Kan-
ton, in welchem der Steuerpflichtige am Ende dieser Periode wohnt. Mithin kommt es
für die Bestimmung des steuerrechtlichen Wohnsitzes im interkantonalen Verhältnis
auf die tatsächlichen Umstände am Ende der jeweiligen Steuerperiode an.
d) Nach der massgeblichen Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Dop-
pelbesteuerungsverbot gemäss Art. 127 Abs. 3 BV bzw. Art. 46 Abs. 2 aBV steht die
Besteuerung des Einkommens und beweglichen Vermögens unselbstständig erwer-
bender Personen dem Kanton zu, in welchem sie ihren Wohnsitz haben. Unter Wohn-
sitz ist dabei in der Regel der zivilrechtliche Wohnsitz zu verstehen, d.h. der Ort, an
welchem sich die Person in der Absicht dauernden Verbleibens aufhält (Art. 23 Abs. 1
ZGB; so auch Art. 3 Abs. 2 StHG und § 3 Abs. 2 StG), wo sich der Mittelpunkt der Le-
bensinteressen befindet (BGr, 25. Januar 2006, 2P.171/2005, E. 2.2; 17. Juni 2004,
2P.180/2003, E. 2.1; 7. Januar 2004, 2P.2/2003, E. 2.2; BGE 123 I 289, E. 2a, 293;
StR 1994, 580 ff.; ASA 63, 836). Dem polizeilichen Domizil, wo die Schriften hinterlegt
sind und die politischen Rechte ausgeübt werden, kommt dagegen keine entscheiden-
de Bedeutung zu. Beides sind bloss äussere Merkmale, die ein Indiz für den steuer-
rechtlichen Wohnsitz bilden können, wenn auch das übrige Verhalten der Person dafür
spricht (BGE 125 I 54 E. 2; StE 1998 A 24.21 Nr. 11 E. 2a, mit Hinweisen).
e) Hält sich eine Person abwechslungsweise an zwei oder mehreren Orten
auf, namentlich wenn Arbeits- und sonstiger Aufenthaltsort auseinander fallen, ist für
die Bestimmung des Steuerwohnsitzes darauf abzustellen, zu welchem Ort die Person
die stärkeren Beziehungen unterhält (BGE 125 I 54, E. 2). Der Lebensmittelpunkt
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1 ST.2011.103
bestimmt sich dabei nach der Gesamtheit der äusseren Umstände, aus denen sich die
Lebensinteressen erkennen lassen, und nicht bloss nach den erklärten Wünschen der
steuerpflichtigen Person (BGE 125 I 54, E. 2; 123 I 289, E. 2b). Auf die gefühlsmässige
Bevorzugung eines Ortes kommt es nicht an; der steuerliche Wohnsitz ist nicht unge-
achtet der tatsächlichen Verhältnisse frei wählbar (BGE 123 I 289, E. 2b; 113 Ia 465,
E. 3). Die Frage, zu welchem Aufenthaltsort der Steuerpflichtige die stärkeren Bezie-
hungen unterhält, ist jeweils aufgrund der Gesamtheit der Umstände des Einzelfalls zu
beurteilen (BGr, 7. Januar 2004, 2P.2/2003, E. 2.2; StE 1998 A 24.21 Nr. 11 E. 2b, mit
Hinweisen). Bei der Bestimmung des Steuerdomizils kann neben den Verhältnissen in
der Bemessungsperiode auf die weiteren, bis zum letztinstanzlichen Entscheid einge-
tretenen Entwicklungen abgestellt werden (BGr, 1. Oktober 1996, 2P.242/1994, E. 1b).
f) Bei unverheirateten Steuerpflichtigen, die unselbstständig erwerbstätig sind,
liegt das Steuerdomizil gewöhnlich am Arbeitsort, genauer am Ort, von wo aus sie für
längere oder unbestimmte Zeit der täglichen Erwerbstätigkeit nachgehen (BGr,
20. Januar 1994 = StE 1994 A 24.21 Nr. 7 = ASA 63, 836; BGE 125 I 54, E. 2b, auch
zum Folgenden). Denn der Zweck des Erwerbs für den Lebensunterhalt ist dauernder
Natur. Eine Ausnahme besteht dann, wenn sie regelmässig an den Familienort zurück-
kehren und ihre persönlichen und gesellschaftlichen Beziehungen zum Familienort
diejenigen zum Arbeitsort klar überwiegen. Das Bundesgericht nimmt dabei an, dass
die beruflichen Interessen nicht über die affektiven Beziehungen gestellt werden dür-
fen. Daran vermöge, so das Gericht, der Umstand, dass eine Person ledig sei, nichts
zu ändern. Als Familienort gilt auch der Wohnort der elterlichen Familie und der Ge-
schwister (BGr, 28. April 2005, 2P.260/2004). Die Kontakte müssen sich aber auf einen
bestimmten Ort beziehen; es genügt nicht, dass die Beziehungen zu einer ganzen Re-
gion bestehen, mit der sich der Steuerpflichtige verbunden fühlt (StRK II, 8. September
2004, 2 ST.2004.381). Werden am Wochenende und in der Freizeit Beziehungen zu
mehreren Orten gepflegt, ist eher anzunehmen, dass der Wochenaufenthaltsort der
Lebensmittelpunkt und damit der steuerrechtliche Wohnsitz ist.
g) Generell ist gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nur mit Zu-
rückhaltung anzunehmen, die Beziehungen zum Familien- bzw. Wochenendaufent-
haltsort seien stärker als diejenigen zum Arbeitsort. Sinn und Zweck der direkten Steu-
ern ist es, die allgemeinen Leistungen abzugelten, die das Gemeinwesen für seine
Mitglieder erbringt. Der ledige Steuerpflichtige ohne Familie beansprucht die öffentliche
Infrastruktur und die Leistungen des Gemeinwesens stärker am Ort, an dem er seiner
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1 ST.2011.103
Erwerbstätigkeit nachgeht und sich demzufolge mehrheitlich aufhält, als am Ort, wo er
seine Freizeit verbringt.
Dementsprechend sind bei ledigen Steuerpflichtigen auch die weiteren Erfor-
dernisse für einen Wohnsitz am Ort, wo sie die Wochenenden verbringen, namentlich
hinsichtlich der regelmässigen Rückkehr, besonders streng zu handhaben (BGr,
25. Januar 2006, 2P.171/2005, E. 2.2, auch zum Folgenden). Von ganz besonderem
Gewicht sind die Dauer der Anstellung am Arbeitsort und das Alter des Steuerpflichti-
gen. Mit Berücksichtigung der Dauer des Aufenthalts am Arbeitsort trägt das Bundes-
gericht dem Umstand Rechnung, dass sich mit dessen zunehmender Dauer die Bin-
dungen zur Familie erfahrungsgemäss lockern, während sich diejenigen zum Arbeitsort
verdichten (BGr, 26. Januar 1994 = StE 1994 A 24.21 Nr. 7 = ASA 63, 836, auch zum
Folgenden). Die ständige regelmässige Rückkehr an den elterlichen Wohnort vermag
deshalb nach einer gewissen Dauer des Aufenthalts am Arbeitsort das Steuerdomizil
am Ort der Familie nicht mehr ohne weiteres zu begründen, wenn nicht weitere Um-
stände schlüssig darauf hinweisen, dass die Beziehungen zum Familienort diejenigen
zum Arbeitsort überwiegen.
2. a) Die Rekurrentin bewohnt in C seit dem 1. Januar 2000 eine
3-Zimmerwohnung, von der sie ein Zimmer an F untervermietet. Sie arbeitet seit dem
Jahr 1999 als Lehrerin in C mit einem schwankenden Beschäftigungsgrad, im Jahr
2009 von knapp 86%.
b) In früheren schriftlichen Befragungen vom 28. November 2005 sowie vom
25. Juni 2006 erklärte die Rekurrentin, sie verbringe jedes Wochenende, jeweils von
Freitagabend bis Dienstagmorgen, in D und halte sich lediglich von Dienstag- bis Frei-
tagmittag in C auf um zu arbeiten. In D arbeite sie mit auf einem Landwirtschaftsbe-
trieb, in dessen Wohngebäude ihr ein Zimmer zur Verfügung stehe. In D habe sie
Freunde und Kollegen und sei Mitglied des Gemeinderats, während sie in C nur wenig
Kontakt zu Bekannten, Arbeitskollegen und Freunden pflege und ihre Freizeit zu Hause
oder mit Vorbereiten für die Schule verbringe. Zweck ihres Aufenthalts in C sei einer-
seits die Lebensunterhaltssicherung, da der Landwirtschaftsbetrieb in D zu wenig ab-
werfe und andrerseits wolle sie den "Faden zum 1. Beruf nicht verlieren".
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1 ST.2011.103
c) In einer weiteren schriftlichen Befragung vom 25. Februar 2009 erklärte die
Rekurrentin sodann, sie wolle den Wochenaufenthaltsstatus beibehalten, da sie im
Gemeinderat von D sei und ihr soziales Leben dort stattfinde. Als persönliche Bezie-
hung zum Wohnort gab sie ihre Arbeit auf dem dortigen Bauernhof an. Hinsichtlich der
Wohnverhältnisse am Wohnort kreuzte sie die Felder "mit anderen Personen" und
"möbliertes Zimmer" an, wobei sie unter letzterem den Vermerk "Wohnwagen" an-
brachte.
d) Anlässlich einer mündlichen Befragung vom 17. Juni 2009 gab die Rekur-
rentin zu Protokoll, dass sie in D in einem Wohnwagen vor einem Bauernhof wohne
und dafür keine Miete bezahle. Stattdessen arbeite sie an den Wochenenden und in
den Ferien auf dem Bauernhof mit. Einen Telefonanschluss habe sie dort nicht. In C
wohne sie in einer 3-Zimmerwohnung, seit dem 1. Juli 2001 zusammen mit F. Der
Mietvertrag laute auf sie, die Wohnung sei mit eigenen Möbeln eingerichtet und sie
habe dort einen Telefonanschluss. Sie arbeite in C seit dem Jahr 2000 als Lehrerin,
davor habe sie in D gearbeitet. In C unterhalte sie keinen Kontakt mit Bekannten und
Freunden und besuche keine gesellschaftlichen Anlässe. Ihre Freizeit verbringe sie in
der Schule und zu Hause. In D verbringe sie im Durchschnitt 4 Wochenenden pro Mo-
nat, was zwei bis zweieinhalb Tage die Woche ausmache. Die übrigen vier bis vierein-
halb Tage verbringe sie in C. Für die Rückkehr benütze sie jeweils bis E die öffentli-
chen Verkehrsmittel und ab dort ihr Auto. In D verbringe sie die Zeit mit Arbeiten in der
Landwirtschaft, sei Mitglied in der G (Genossenschaft mit dem Ziel, kulturelle und tou-
ristische Aktivitäten im Tal auszubauen) und organisiere Frauenabende etc. Ausser-
dem sei sie Ersatzmitglied des Gemeinderats. Sie sei in H aufgewachsen, wo ihre El-
tern nach wie vor wohnten, und habe eine Schwester in I. Sie habe keine feste
Partnerbeziehung und sei nicht in Vereinen tätig.
e) In der Einsprache machte die Rekurrentin geltend, sie wohne in C in einer
Wohngemeinschaft und sei Hauptmieterin, weil sich das so ergeben habe. Aus diesem
Grund laufe auch der Telefonanschluss über sie. Eigentlich bewohne sie in der Woh-
nung aber nur ein Zimmer, das sie vor allem als Schlafgelegenheit nütze. Die Möbel in
der Wohnung stammten hauptsächlich vom Vormieter und von F, sie selber besitze ein
Bett, einen Tisch einen Schrank und ein Regal. In C arbeite sie nur, weil J (Besitzerin
des Bauernhofs in D) sie nicht weiterhin als Angestellte habe bezahlen können. Sie
verbringe aber jede freie Minute in D (Donnerstagabend bis Sonntagabend), wo sie mit
der Familie von J lebe. In C bleibe ihr gar keine Zeit für ein kulturelles und soziales
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1 ST.2011.103
Leben, da sie sehr intensiv für die Schule arbeite. Ihr Leben finde in D statt, wo sie
nicht nur auf dem Hof arbeite, sondern auch sonst viel ehrenamtlich tätig sei (Organi-
sieren von Frauenabenden, Unterstützung von Kindern bei Hausaufgaben, Mithilfe in
Ferienwochen für Kinder, Gründungsmitglied der Genossenschaft G). Sie habe sich
auch von Anfang an bemüht, die dortige Sprache zu sprechen und habe den Dialekt
der Region gelernt, weshalb sie sich mit allen Leuten ohne Schwierigkeiten unterhalten
könne. Bei den Bewohnern von D sei sie als "eine von ihnen" anerkannt, weshalb sie
auch als Ersatzmitglied in den Gemeinderat gewählt worden sei. Sie habe zwei Esel
auf dem Hof, welche im Sommer als Transporttiere auf einer Alp genutzt würden und
sie helfe auf dem Hof nicht nur mit ihrer Arbeitskraft sondern beteilige sich auch immer
wieder finanziell. Sie habe sich ausserdem an der landwirtschaftlichen Schule in K wei-
tergebildet und sei nun gut verankert in der Landwirtschaft. Schliesslich nannte die
Rekurrentin auch ihren Hausarzt, ihren Automechaniker und ihre Coiffeuse, die sich
allesamt in der Region von D befinden.
f) Das kantonale Steueramt stellte sich im Einspracheentscheid auf den
Standpunkt, das Alter der Rekurrentin (im streitbetroffenen Jahr 42) und die Dauer des
Aufenthalts in Zürich (seit 1999), wo sie in einer eigenen Wohnung lebe und während
der Woche ihrem Broterwerb nachgehe, würden nach der Rechtsprechung schon aus-
reichen, um im Sinn einer natürlichen Vermutung in C eine unbeschränkte Steuerpflicht
zu begründen. Der Rekurrentin sei es nicht gelungen nachzuweisen, dass sich ihr Le-
bensmittelpunkt tatsächlich nicht in C, sondern in D befinde.
g) Mit Rekurs lässt die Rekurrentin im Wesentlichen vorbringen, das kantonale
Steueramt habe den Sachverhalt nicht korrekt festgestellt und wesentliche Beweisele-
mente ausser Acht gelassen. Die Annahme, ihr Lebensmittelpunkt befinde sich in C,
sei willkürlich.
3. a) Die Umstände, welche die unbeschränkte Steuerhoheit über eine Person
begründen, stellen eine steuerbegründende Tatsache dar und müssen daher vom ent-
sprechenden Gemeinwesen bzw. von der zuständigen Steuerbehörde bewiesen wer-
den (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuer-
gesetz, 2. A., 2006, § 3 N 83). Bei unverheirateten, unselbstständig Erwerbstätigen gilt
in diesem Zusammenhang laut Rechtsprechung die natürliche Vermutung, dass sich
ihr Steuerdomizil an dem Ort befindet, an dem sie sich während der Woche aufhalten
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1 ST.2011.103
um von dort aus zur Arbeit zu gehen (BGr, 28. April 2005, 2P.260/2004; BGE 125 I 54,
E. 3a; Peter Locher, Die Praxis der Bundessteuern, III. Teil: Das interkantonale Dop-
pelbesteuerungsrechts, § 3, I B, 2b Nrn. 32 und 27; Martin Arnold, Der steuerrechtliche
Wohnsitz natürlicher Personen im interkantonalen Verhältnis nach der neueren bun-
desgerichtlichen Rechtsprechung, ASA 68, 462 ff.). In einem Entscheid vom
6. Dezember 2010 hielt das Bundesgericht ausdrücklich fest, dass diese natürliche
Vermutung nicht eine Beweislastregel, sondern lediglich ein Element der Beweiswürdi-
gung darstelle und bereits als entkräftet gelten müsse, wenn aufgrund beweismässiger
Anhaltspunkte begründete Zweifel an der Richtigkeit der Vermutung bestehen (BGr,
6. Dezember 2010, 2C_397/2010, E. 2.4.2, auch zum Folgenden). Mit Bezug auf die
natürliche Vermutung des Hauptsteuerdomizils einer ledigen Person an dem Ort, an
dem sie sich während der Woche aufhält um von dort aus zur Arbeit zu gehen (Wo-
chenaufenthaltsort), bedeutet dies, dass deren Zerstörung nicht den lückenlosen
Nachweis klar definierter abweichender Indizien voraussetzt, sondern es genügen
muss, wenn Anhaltspunkte für den Wochenendwohnort in einer Weise nachgewiesen
werden, die so gewichtig und überzeugend sind, dass sie geeignet sind, die Domizil-
vermutung zu entkräften. Dies gilt auch für ledige Steuerpflichtige, die keine nahen
Familienangehörigen mehr haben: Sie begründen zwar nur ausnahmsweise dort ein
Steuerdomizil, wo sie sich in ihrer Freizeit aufhalten und müssen den Nachweis eines
vom Arbeitsort abweichenden Lebensmittelpunktes erbringen, indes muss es auch in
diesem Fall möglich sein, mittels gewichtiger Indizien die Vermutung des Wohnsitzes
am Wochenaufenthaltsort zu entkräften und Indizien für den Wochenendaufenthaltsort
in ausreichender Qualität nachzuweisen, sodass in der Folge die Steuerbehörde ihrer-
seits Umstände, welche für die Annahme des Lebensmittelpunkts am Wochenaufent-
haltsort sprechen, aufzuzeigen hat.
b) Die heute 44-jährige Rekurrentin ist ledig und wohnt seit dem Jahr 1999 als
Wochenaufenthalterin in C, wo sie als Lehrerin mit Teilzeitpensum arbeitet. Gemäss
der zitierten Rechtsprechung unterliegt sie somit der natürlichen Vermutung, dass sich
ihr Steuerdomizil in C befindet. Diese Vermutung kann sie jedoch durch den Nachweis
gewichtiger und überzeugender Anhaltspunkte für den Wohnsitz am Wochenendwohn-
ort D entkräften mit der Folge, dass das kantonale Steueramt seinerseits aufzuzeigen
hat, inwiefern die konkreten Umstände dennoch die Annahme des Lebensmittelpunkts
am Wochenaufenthaltsort Zürich rechtfertigen.
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1 ST.2011.103
aa) Vorliegend hat die Rekurrentin mehrfach erklärt, dass sie die Tätigkeit als
Lehrerin in C nur aufgenommen habe, weil eine Anstellung auf dem Bauernhof von J in
D aus finanziellen Gründen nicht mehr möglich gewesen sei, dass sie aber weiterhin
so viel Zeit wie möglich in D – unter anderem mit Arbeiten auf besagtem Bauernhof –
verbringe. Diese Aussage wird bestätigt in einem Schreiben von J, das die Rekurrentin
mit der Einsprache einreichte. Die Besitzerin des Bauernhofs erklärt darin auch, dass
die Rekurrentin mit ihr und ihren drei Töchtern lebe, diese habe aufwachsen sehen und
somit zur Familie gehöre. Die Rekurrentin engagiere sich auch sonst aktiv in D und der
Region, spreche die Sprache der Einheimischen und pflege zu diesen gute Kontakte.
Ähnliches lässt sich auch den ebenfalls der Einsprache beigelegten Schreiben der
Bürgermeister von D und von L entnehmen. Letzterer gibt insbesondere an, die Rekur-
rentin sei in D in kultureller, sozialer und politischer Hinsicht integriert und akzeptiert
und er habe sie immer als primär diesem Ort verbundene Person erlebt, die unzweifel-
haft ihren wichtigsten Lebensmittelpunkt dort habe. Dass die Rekurrentin in D sowohl
sozial, als auch politisch und kulturell stark verankert ist, ergibt sich im Weiteren auch
aus der Tatsache, dass sie Ersatz-Mitglied des Gemeinderats von D sowie Grün-
dungsmitglied der Genossenschaft G ist und zudem nachweislich verschiedene land-
wirtschaftliche Weiterbildungen absolviert hat, um auf dem Bauernhof und in der Ge-
meinde entsprechende Arbeit leisten zu können.
bb) Mit dem Rekurs reichte die Rekurrentin zwei weitere Schreiben von Be-
wohnern von D ein, die bestätigen, dass sie jeweils von Freitag bis Sonntag und in den
Schulferien in D weile, dass sie dort auf dem Betrieb von J mitarbeite und sich ander-
weitig freiwillig engagiere sowie dass sie in D gut integriert sei. Schliesslich bestätigt
auch die Untermieterin F in einem Begleitschreiben zum Rekurs, dass die Rekurrentin
jeweils von Sonntagabend spät bis Donnerstagmorgen sowie höchstens ein bis zwei
Wochenenden im Jahr in C weile und den Rest der Zeit sowie 13 Wochen Schulferien
in D verbringe. Die Wohnung in C sei vor allem von ihr (F) eingerichtet, der Rekurrentin
stehe ein Zimmer zur Verfügung.
cc) Unter diesen Umständen lässt sich die Vermutung des Steuerdomizils in C
vorliegend nicht aufrechterhalten, da die Rekurrentin gewichtige Anhaltspunkte für den
Wohnsitz in D nachgewiesen hat: Sie verbringt ihre Freizeit, inklusive Ferien, fast aus-
schliesslich in D, wo sie eine sehr enge, ja familiäre Beziehung zu J und ihrer Familie
unterhält; sie leistet bedeutende Mithilfe auf dem Betrieb von J, wobei sie sich zu die-
sem Zweck sogar verschiedentlich weitergebildet hat, und unterstützt den Betrieb auch
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1 ST.2011.103
finanziell; sie bekleidet in der Gemeinde D ein politisches Amt und engagiert sich in
verschiedenen gemeinnützigen Projekten der Region (u.a. Pfadfinderinnen-Stiftung)
und sie ist als Bewohnerin von D akzeptiert, geschätzt und integriert. Mithin liegen ein-
deutig gewichtige Indizien dafür vor, dass die Rekurrentin ihren Lebensmittelpunkt in D
und nicht in C hat und ist die natürliche Vermutung des Steuerdomizils am Arbeitsort
entkräftet. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Eltern und die Schwester
der Rekurrentin im Kanton Zürich leben. Wie die Rekurrentin in ihrer Eingabe vom
30. November 2011 erklärte, sieht sie ihre Eltern und ihre Schwester nur anlässlich von
Familientreffen zu Geburtstagen und zu Weihnachten, was darauf schliessen lässt,
dass die familiären Bande nicht besonders eng sind. Dagegen unterhält die Rekurren-
tin offensichtlich zur Familie von J in D ein sehr enges, quasi-familiäres Verhältnis. Un-
ter diesen besonderen Umständen vermag die Tatsache, dass die Rekurrentin an ih-
rem Wochenaufenthaltsort nahe Familienangehörige hat, die erwähnten gewichtigen
Anhaltspunkte für den Wohnsitz in D nicht zu entkräften.
c) Nach dem Gesagten wäre es vorliegend am kantonalen Steueramt, konkre-
te Umstände aufzuzeigen, welche trotz der engen Beziehung der Rekurrentin zu D die
Annahme des Lebensmittelpunkts an ihrem Wochenaufenthaltsort C rechtfertigen. Sol-
che Umstände sind jedoch nicht auszumachen:
aa) Die vom kantonalen Steueramt angeführte Tatsache, dass die Rekurrentin
den grössten Teil ihrer Einkäufe in C tätigt, ist für die Bestimmung ihres Lebensmittel-
punkts nicht aussagekräftig. Da die Rekurrentin den überwiegenden Teil der Woche in
C verbringt, ist nicht weiter erstaunlich, dass sie hier auch die meisten Einkäufe tätigt,
zumal sie oft in einer bei der Schule gelegenen Coop-Filiale einkaufte. Zu berücksichti-
gen sind zudem die begrenzten Einkaufsmöglichkeiten in D sowie der Umstand, dass
sich die Rekurrentin auf dem Landwirtschaftsbetrieb mit Lebensmitteln eindecken
kann. Aus dem Einkaufsverhalten lässt sich somit nichts zu Gunsten des Lebensmittel-
punkts in C ableiten.
bb) Ebenso unzutreffend ist der Hinweis des kantonalen Steueramts, die Re-
kurrentin müsse aufgrund des verhältnismässig hohen Stromverbrauchs in ihrer Woh-
nung in C öfters in C geweilt haben. Denn ein Stromverbrauch von 3'858 kWh in einem
Jahr in einem Zweipersonenhaushalt erweist sich nicht als so aussergewöhnlich hoch,
dass er zwingend eine Anwesenheit der Rekurrentin von mehr als vier bis viereinhalb
Tagen die Woche voraussetzt. In diesem Zusammenhang sei auch angemerkt, dass
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1 ST.2011.103
die Untermieterin F gemäss Kontoauszug der Rekurrentin entgegen der Behauptung
des kantonalen Steueramts pro 2009 nicht neun, sondern elf Mal Miete bezahlt hat,
wobei daraus so oder anders weder mit Bezug auf die Anwesenheit der Untermieterin
noch auf den Lebensmittelpunkt der Rekurrentin irgendwelche Schlüsse gezogen wer-
den können.
cc) Auch aus dem Vergleich der Wohnverhältnisse der Rekurrentin in C und in
D kann vorliegend nichts zugunsten des Lebensmittelpunkts in C abgeleitet werden.
Zwar lebt die Rekurrentin in D lediglich in einem Wohnwagen und somit sicher in einfa-
cheren Verhältnissen als in der 3-Zimmerwohnung, indes teilt sie die Wohnung in C mit
einer Untermieterin, sodass ihr auch hier letztlich nur ein Zimmer zur freien Verfügung
steht. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Rekurrentin in D nicht irgendwo in einem
Wohnwagen lebt, sondern auf dem Grundstück von J, an deren Familienleben sie
schon seit Jahren aktiv teilnimmt. Unter diesen Umständen stellt die Tatsache, dass
die Rekurrentin in D in einem Wohnwagen wohnt, kein geeignetes Kriterium für die
Annahme des Lebensmittelpunkts in C dar.
dd) Ebenso verhält es sich mit der Tatsache, dass die Rekurrentin in früheren
Jahren offenbar mehr Zeit in D verbrachte als im Jahr 2009, da die Rekurrentin die
Dauer ihrer Aufenthalte in D offensichtlich ihrem Stundenplan als Lehrerin anpassen
muss, was jedoch die dargelegten gewichtigen Indizien für die Annahme des Lebens-
mittelpunkts in D nicht zu entkräften vermag. Was die Behauptung des kantonalen
Steueramts angeht, die Rekurrentin habe nicht mitgeteilt, wo sie sich an den Sonnta-
gen aufhalte, sei angemerkt, dass der Rekurrentin in der Auflageantwort vom 30. No-
vember 2010 offensichtlich ein Flüchtigkeitsfehler unterlaufen ist, indem sie auf dem
Beiblatt "Aufenthalt 2009 von A" angab, sie halte sich von Freitag bis Samstag in D auf.
Bei allen anderen Gelegenheiten erklärte die Rekurrentin stets, sie sei von Freitag bis
Sonntag in D, was auch von mehreren Personen so bestätigt wurde und den Angaben
über die Örtlichkeiten der Bargeldbezüge und Wareneinkäufe der Postfinance ent-
spricht.
ee) Schliesslich ist nicht nachvollziehbar, inwiefern die Tatsache, dass die
Rekurrentin von Januar bis Mitte Februar 2009 einen Sprachaufenthalt in Guadeloupe
absolvierte für die Annahme des Lebensmittelpunkts in C sprechen soll. Die Argumen-
tation des kantonalen Steueramts, die Rekurrentin hätte auch in der Schweiz Franzö-
sisch lernen und somit auch während dieser Zeit an den Wochenenden nach D zu-
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1 ST.2011.103
rückkehren können, ist nicht zielführend, da die Rekurrentin während ihres Ausland-
aufenthalts ebenso wenig in C wie in D weilte und folglich nach Ansicht des kantonalen
Steueramts an keinem der beiden Orte ihren Lebensmittelpunkt haben könnte. Die
Tatsache, dass die Rekurrentin einige Wochen im Jahr weder in C noch in D verbrach-
te, kann somit für die Bestimmung des Lebensmittelpunkts nicht ins Gewicht fallen.
ee) Aufgrund des Gesagten ist es dem kantonalen Steueramt nicht gelungen
darzutun, inwiefern die konkreten Umstände für die Annahme des Lebensmittelpunkts
der Rekurrentin in C sprechen. Folglich hatte die Rekurrentin ihren Lebensmittelpunkt
und damit ihr Steuerdomizil in der Steuerperiode 2009 in D und bleibt dem Kanton Zü-
rich die Beanspruchung der Steuerhoheit versagt.
5. Diese Erwägungen führen zur Gutheissung des Rekurses. Die Kosten des
Rekursverfahrens sind ausgangsgemäss dem Rekursgegner aufzuerlegen (§ 151
Abs. 1 StG). Der anwaltlich vertretenen Rekurrentin ist eine angemessene Parteient-
schädigung zuzusprechen (§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflege-
gesetzes von 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
3e1015c0-1c7d-4594-bac3-d49957023890 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) war seit 1. Januar 2009 bei der C Ltd in der
Gemeinde B in leitender Funktion angestellt. Seinen Wohnsitz hat er in Deutschland,
wo er über ein Einfamilienhaus verfügt und zusammen mit seiner Familie (Ehefrau und
zwei Kinder) lebt. An der ........strasse in der Gemeinde B bewohnte er unter der Wo-
che eine 3-Zimmerwohnung und kehrte an den Wochenenden zu seiner Familie nach
Deutschland zurück. Als internationaler Wochenaufenthalter unterliegt er hier für sein
Salär von der C Ltd. der Quellenbesteuerung.
Mit Eingabe vom 8. März 2010 verlangte der Pflichtige die Rückerstattung von
zu viel bezahlten Quellensteuern der Steuerperiode 2009. Nach Einforderung von Un-
terlagen verfügte das kantonale Steueramt am 26. Mai 2011 jedoch die Ablieferung
zusätzlicher Quellensteuern im Umfang von Fr. 12'028.85. Dabei rechnete es zum
Bruttolohn des Pflichtigen die nach gesetzlicher Vorschrift berechneten, von diesem
aber nicht geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge für AHV/IV etc. auf und zog da-
von die von ihm in Deutschland für die dortigen Sozialversicherungswerke entrichteten
Beiträge ab. Einkommensmindernd berücksichtigte es sodann auch die Reisekosten
für die regelmässige Rückkehr nach Hause sowie einen Anteil der hiesigen Mietkosten.
B. Hiergegen liess der Pflichtige am 30. Juni 2011 Einsprache erheben und
um Reduktion der Quellensteuern gemäss Eingabe vom 8. März 2010 ersuchen. Das
kantonale Steueramt hiess die Einsprache am 20. August 2012 teilweise gut, indem es
die zurückzuerstattenden Quellensteuern auf Fr. 5'019.05 festsetzte. Dieser Betrag
ergab sich aus der Anwendung eines tieferen Steuertarifs (ohne Kirchensteuer, zwei
Kinder). An der (Netto-)Aufrechnung für nicht geschuldete schweizerische Sozialversi-
cherungsbeiträge hielt es jedoch fest.
C. Mit Rekurs vom 12. September 2012 liess der Pflichtige beantragen, auf
die Aufrechnung der schweizerischen Sozialversicherungsbeiträge zu verzichten,
eventualiter die Aufrechnung nur für das satzbestimmende Einkommen vorzunehmen.
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1 QS.2012.4
Das kantonale Steueramt schloss am 25. September 2012 auf Abweisung des
Rekurses.
Der vom Pflichtigen verlangte Kostenvorschuss wurde geleistet. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Vorliegend ist nicht streitig, dass der Pflichtige als internationaler Wochen-
aufenthalter mit ausländischem Wohnsitz für sein im Kanton Zürich von der C Ltd. er-
zieltes Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit nach Art. 91 des Bundesge-
setzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 94 des
Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) der Quellensteuerbesteuerung unterliegt.
Die Quellensteuer von solchen Personen wird gemäss diesen Bestimmungen
nach den Art. 83 - 86 DBG bzw. §§ 88 - 90 StG ermittelt.
2. a) Laut Art. 84 Abs. 1 DBG bzw. § 88 Abs. 1 StG wird die Quellensteuer
von den Bruttoeinkünften berechnet. Dies erfolgt aus Praktikabilitätsüberlegungen,
wobei keinerlei Abzüge für AHV/IV, ALV, UVG und BVG zulässig sind (Richner/Frei/
Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009 Art. 84 N 4 DBG und Kom-
mentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 88 N 5 StG, beide
auch zum Folgenden).
Die Gewinnungskosten und andere Abzüge werden jedoch im Tarif berück-
sichtigt. Damit wird dem in Art. 85 Abs. 1 DBG bzw. § 89 Abs. 1 StG verankerten
Grundsatz Rechnung getragen, dass die Belastung eines Ansässigen mit einer Quel-
lensteuer, die entsprechend deren Ausgestaltung als echte Quellensteuer grundsätz-
lich definitiver Natur ist, nicht wesentlich anders ausfallen darf, als diejenige einer im
ordentlichen Verfahren veranlagten steuerpflichtigen Person (Gleichbehandlungsgebot
gemäss Art. 8 Abs. 1 und 127 Abs. 2 der Bundesverfassung vom 18. April 1999, BV).
Wird daher die Quellensteuer von den Bruttoeinkünften berechnet, ist den Abzügen,
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1 QS.2012.4
wie sie den ordentlich veranlagten Steuerpflichtigen zustehen, bei Berechnung der
Quellensteuer angemessen Rechnung zu tragen. Es sind daher unterschiedliche Tarife
für Alleinstehende, Verheiratete etc. vorzusehen.
b) Art. 86 Abs. 1 DBG und § 90 Abs. 1 StG schreiben vor, dass bei Festset-
zung der Steuertarife Pauschalen für Berufskosten (Art. 26 DBG, § 26 StG) und Versi-
cherungsprämien (Art. 33 Abs. 1 lit. d, f und g DBG, § 31 Abs. 1 lit. d, f und g StG) so-
wie Abzüge für Familienlasten (Art. 35 und 36 DBG, § 34 und 35 StG) zu berück-
sichtigen sind. Auch ist dem Abzug von Zweiverdienerehepaaren (Art. 33 Abs. 2 DBG,
§ 31 Abs. 2 StG) pauschal Rechnung zu tragen (Art. 86 Abs. 2 DBG, § 90 Abs. 2 StG).
Diese gesetzliche Regelung hat seine Grundlage in Art. 33 des Bundesgesetzes über
die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. De-
zember 1990 (StHG), wonach Berufskosten, Versicherungsprämien sowie der Abzug
für Familienlasten und bei Erwerbstätigkeit beider Ehegatten pauschal berücksichtigt
werden.
Diese Vorgaben des Gesetzgebers hat die beauftragte Eidgenössische Steu-
erverwaltung bzw. die Finanzdirektion (vgl. Art. 85 Abs. 1 DBG, § 89 Abs. 1 StG) zur
Bildung von vier Tarifen geführt, und zwar für Alleinstehende (Tarif A), Verheiratete
(Tarif B), verheiratete Zweiverdiener (Tarif C) und im Nebenerwerb Erwerbstätige (Ta-
rif D). Die Tarife sind in den Quellensteuerverordnungen des Bundes und des Kantons
bzw. den Anhängen dazu enthalten (Verordnung über die Quellensteuer bei der direk-
ten Bundessteuer vom 19. Oktober 1993, SR 642.118.2 und kantonale Verordnung
über die Quellensteuer für ausländische Arbeitnehmer vom 2. Februar 1994, ZStB I
Nr. 28/011). Bei den Tarifen A - C wird der Umstand, dass die quellensteuerpflichtige
Person mit Kindern und Unterstützungsbedürftigen zusammen lebt, durch entspre-
chende Tarifstufen berücksichtigt.
c) Der individuellen Situation der quellensteuerpflichtigen Person ist aber nicht
nur mittels der Tarife und der entsprechenden Tarifstufen Rechnung zu tragen, son-
dern analog den Verhältnissen bei der ordentlichen Besteuerung auch damit, dass die
quellensteuerpflichtige Person Aufwendungen und Auslagen hat, die ihr steuerbares
Einkommen beeinflussen.
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1 QS.2012.4
aa) Ein Teil der Aufwendungen werden aber nicht durch entsprechende Abzü-
ge berücksichtigt, sondern – da die Quellenbesteuerung an die Bruttoeinkünfte an-
knüpft – wiederum nur in den Tarifen selber. Zu diesem Zweck werden die betroffenen
abzugsfähigen Aufwendungen in pauschalierter Form in die Quellensteuertarife einge-
rechnet (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 86 N 10 DBG, § 90 N 6 StG). In den Tari-
fen A - C sind dabei aufgrund der abschliessenden Aufzählung in Art. 86 Abs. 1 DBG
bzw. § 90 Abs. 1 StG folgende Kosten und Abzüge pauschal berücksichtigt: Die Be-
rufskosten nach Art. 26 DBG bzw. § 26 StG, die Versicherungsprämien gemäss Art. 33
Abs. lit. d, f, g DBG bzw. § 31 Abs. 1 lit. d, f, g StG, der Kinder-, Unterstützungs- und
Verheiratetenabzug nach Art. 213 Abs. 1 DBG bzw. § 34 Abs. 1 StG sowie der Grund-/
Verheiratetentarif gemäss Art. 214 DBG bzw. § 35 StG. In den Versicherungsprämien
sind auch die Sozialversicherungsbeiträge für AHV/IV, ALV, UVG und BVG enthalten,
da die Quellensteuer vom Bruttolohn und nicht wie bei der ordentlichen Besteuerung
vom Nettolohn berechnet wird (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 86 N 12 DBG und
§ 90 N 7 StG). Im Tarif C ist sodann der Zweiverdienerabzug laut Art. 212 Abs. 2 DBG
bzw. § 31 Abs. 2 StG eingebaut.
All diese Abzüge können grundsätzlich individuell nicht mehr in Abzug ge-
bracht werden, da sie vorschriftsgemäss in den Tarifen eingebaut sind (Art. 87 DBG,
§ 91 StG). Immerhin sind noch Tarifkorrekturen möglich. Bei unüblich grossen Ausla-
gen der steuerpflichtigen Person muss daher allenfalls eine Speziallösung getroffen
werden, so z.B. bei Einkäufen in die berufliche Vorsorge (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 86 N 14 DBG, § 90 N 9 StG). Die pauschalierte Be-
rücksichtigung der im Gesetz ausdrücklich genannten Kosten, u.a. die Berufsauslagen
und die Versicherungsprämien, hat aber auf der andern Seite auch zur Konsequenz,
dass sie mittels Tarif einer quellensteuerpflichtigen Person auch dann zu gewähren ist,
wenn sie gar keine entsprechenden Aufwendungen gehabt hat. Dies ist vor allem bei
Vorsorgebeiträgen, die vollständig der Arbeitgeber trägt, d.h. bei patronaler Finanzie-
rung, aber auch bei weitern Abzügen, bei denen keine entsprechenden Kosten ange-
fallen sind, zu beachten. In einem solchen Fall darf keine Aufrechnung beim Bruttolohn
erfolgen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 86 N 14 DBG). Dies entspricht dem We-
sen einer jeden Pauschale, die der Steuerpflichtige beanspruchen kann, ohne entspre-
chende tatsächliche Kosten nachweisen zu müssen, so z.B. bei den übrigen Be-
rufsauslagen nach Art. 26 Abs. 1 lit. c DBG bzw. § 26 Abs. 1 lit. c StG oder den
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1 QS.2012.4
Liegenschaftsunterhaltskosten bei Objekten des Privatvermögens gemäss Art. 32
Abs. 2 DBG bzw. § 30 Abs. 2 StG und weiteren pauschalierten Abzügen.
bb) Alle andern Abzüge sind jedoch zusätzlich abzugsfähig, da sie in den Tari-
fen nicht enthalten sind. Es handelt sich dabei um Schuldzinsen, Alimente, Krankheits-,
Unfall-, Behindertenkosten, und Zuwendungen oder Beiträge an die gebundene
Selbstvorsorge (Säule 3a; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 86 N 15 DBG, § 90
N 10 StG).
cc) Zu berücksichtigen ist schliesslich auch die Konfessionszugehörigkeit ei-
ner quellensteuerpflichtigen Person; im Kanton Zürich gelangt ein tieferer Tarif ohne
Kirchensteueranteil zur Anwendung (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 90 N 12 StG).
3. a) Der Pflichtige erzielte bei der C Ltd. im Jahr 2009 ein Bruttosalär gemäss
Lohnausweis von Fr. 353'190.-. Beiträge für die AHV/IV, ALV, UVG und das BVG wur-
den ihm nicht abgezogen, da er dem hiesigen Sozialversicherungsrecht unstreitig nicht
unterstand. Die Vorinstanz nahm dies zum Anlass, um den Bruttolohn um die entspre-
chenden (geschätzten) Beiträge von Fr. 58'099.75 zu erhöhen, lediglich reduziert um
die in Deutschland an die dortigen Sozialversicherungseinrichtungen entrichteten Be-
träge von Fr. 11'106.25. Netto verblieb so eine Erhöhung des Bruttolohns von
Fr. 46'993.50.
b) Für die Berechnung der vom Pflichtigen zu entrichtenden Quellensteuer ist
der Tarif B für Verheiratete (ohne Kirchensteuer) anwendbar. Dem Umstand, dass er
zwei Kinder mit den Jahrgängen 1989 und 1992 hat, wovon das ältere noch in Ausbil-
dung ist, ist mit der Einordnung in die Stufe zwei dieses Tarifs Rechnung zu tragen.
Dies ist nicht streitig.
In diesen Tarif ist gleich wie bei den andern Tarifen einkommensmindernd und
pauschal eingebaut, dass der Quellensteuerpflichtige an die hiesigen Institutionen des
Sozialversicherungsrechts entsprechende Beiträge zu entrichten hat. Dies rechtfertigt
sich aufgrund der Erfahrungstatsache, dass auch Quellensteuerpflichtige bei Ausübung
einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit hierorts regelmässig dem schweizerischen
Sozialversicherungsrecht unterstehen und sich den Abzug diesbezüglicher Beiträge
- 7 -
1 QS.2012.4
von ihrem Bruttolohn gefallen lassen müssen. Dieser Umstand ist übereinstimmend mit
den Intentionen des Gesetzgebers bei Festlegung der Tarife in pauschalierter Form
berücksichtigt worden.
Nun entspricht es aber nach dem Gesagten dieser Pauschalierung, dass der
derart gestaltete Tarif auch von einer quellensteuerpflichtigen Person beansprucht
werden kann, die ausnahmsweise keine Sozialversicherungsbeiträge an die hiesigen
Institutionen abzuführen hat. Die betroffene Person fährt derart zwar besser als ein
Quellensteuerpflichtiger mit hiesigen Sozialversicherungsbeiträgen, aber auch besser
als eine der ordentlichen Einkommensbesteuerung unterliegende Person mit solchen
Beiträgen. Indessen ist dies hinzunehmen: Jede Pauschalierung nimmt Unschärfen
und Vereinfachungen in Kauf, die nicht nur vom Steuerpflichtigen, sondern auch vom
Fiskus zu tragen sind. Beiden gereicht wohl zum Vorteil, dass ihnen bei der Veranla-
gung durch die Pauschalierung nur ein reduzierter Aufwand erwächst. Sofern ein Steu-
erpflichtiger aufgrund der Pauschalregelung Aufwendungen abziehen kann, die ihm gar
nicht erwachsen sind, hat sich der Fiskus aber mit diesem Vorteil zu begnügen. Eine
Aufrechnung von nicht entrichteten Sozialbeiträgen beim Bruttolohn fällt als Ausfluss
der von Gesetzes wegen bloss pauschal berücksichtigten Sozialversicherungsbeiträge
zwingend ausser Betracht. Demnach ist die vom kantonalen Steueramt vorgenomme-
ne Aufrechnung der Differenz zwischen den nach schweizerischen und deutschen So-
zialversicherungsrecht berechneten Beiträgen fallen zu lassen.
c) Was das kantonale Steueramt dagegen vorbringt, überzeugt nicht. So trifft
es zwar zu, dass mit der gesetzlichen Ordnung der Quellenbesteuerung letztlich auf
die einkommensteuerliche Erfassung nur des Nettolohns abgezielt wird, um die
Gleichbehandlung mit den im ordentlichen Verfahren veranlagten Steuerpflichtigen zu
garantieren. Indessen knüpft die Quellenbesteuerung bei Personen ohne steuerrechtli-
chen Wohnsitz in der Schweiz kraft gesetzlicher Vorschrift in DBG und StG bzw. StHG
(Art. 35 Abs. 1 lit. a) eben am Bruttolohn an und ist den Abzügen der im ordentlichen
Verfahren veranlagten Steuerpflichtigen jedenfalls bei den Versicherungsprämien ge-
stützt auf weitere Vorschrift nur in pauschalierter Form und damit losgelöst von den im
jeweiligen Fall tatsächlichen Prämien bzw. Beiträgen Rechnung zu tragen. Derart ist
der Vorteil von Quellensteuerpflichtigen, die – wie hier – keine schweizerischen Sozial-
versicherungsbeiträge entrichten müssen, vom Gesetzgeber gewollt bzw. geduldet und
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1 QS.2012.4
daher von den rechtsanwendenden Behörden – weil in Bundesgesetzen (StHG und
DBG) verankert – hinzunehmen (vgl. Art. 190 BV).
4. Der quellensteuerpflichtige Lohn ist demnach um die aufgerechneten Sozi-
alversicherungsbeiträge von netto Fr. 46'993.50 zu reduzieren. Daraus resultiert eine
verminderte Quellensteuer von Fr. 64'993.59. Der Arbeitgeber des Pflichtigen hat je-
doch Fr. 86'924.50 abgeliefert, sodass sich der Betrag, welcher dem Pflichtigen zu-
rückzuerstatten ist, auf Fr. 21'930.91 beläuft.
5. Diese Erwägungen führen zur Gutheissung des Rekurses. Ausgangsge-
mäss sind die Kosten des Verfahrens dem Rekursgegner aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1
StG). Eine Parteientschädigung ist dem Pflichtigen nicht zuzusprechen, da er keine
verlangt hat (§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom
24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
3f435747-84b2-442c-9679-5703133aaa1c | hat sich ergeben:
A. Die Erben der am ... März 2008 verstorbenen I, nämlich A, B, C, D, E, F
und G (nachfolgend die Pflichtigen) veräusserten am ... November 2009 das Bau-
grundstück Kat.Nr. ... für (... m2 x Fr. 665.-/m2 =) Fr. ... an die J, K.
Daraufhin veranlagte das kantonale Steueramt die Pflichtigen am 22. Novem-
ber 2010 für die Staats- und Gemeindesteuern, Steuerperiode 2009, für ein steuerba-
res Vermögen von insgesamt Fr. ... mit einer ergänzenden Vermögenssteuer. Dabei
legte es der Steuerberechnung den während 20 Jahren versteuerten Ertragswert von
Fr. 11'409.-, den Verkehrswert vor 20 Jahren von Fr. .... (Fr. 430.-/m2) und den Ver-
kehrswert im Jahr des Verkaufs von Fr. .... (Fr. 300.-/m2) zugrunde.
B. Eine von der Gemeinde L hiergegen erhobene Einsprache, die sich gegen
den Verkehrswert im Jahr des Verkaufs gerichtet hatte, hiess das kantonale Steueramt
am 25. August 2011 gut und erhöhte das steuerbare Vermögen auf insgesamt Fr. ...
Dabei wurde der Verkehrswert des Grundstücks im Jahr des Verkaufs entsprechend
dem erzielten Erlös auf Fr. 665.-/m2 festgesetzt.
C. Mit Rekurs vom 29. September 2011 liessen die Pflichtigen dem Steuerre-
kursgericht beantragen, den Einspracheentscheid aufzuheben. Der ergänzenden Ver-
mögensbesteuerung sei ein steuerbares Vermögen von Fr. ..., eventuell ein solches
von Fr. ... und subeventuell ein solches von Fr. ... zugrunde zu legen. Ausserdem ver-
langten sie eine Parteientschädigung.
In seiner Rekursantwort vom 26. Oktober 2011 beantragte das kantonale
Steueramt Abweisung des Rekurses sowie eine Parteientschädigung. Hierzu nahmen
die Pflichtigen mit Replik vom 29. November 2011 Stellung und ergänzten diese mit
Eingabe vom 7. Dezember 2011, wobei sie an ihren Anträgen festhielten. Mit Duplik
vom 19. Dezember 2011 hielt auch das kantonale Steueramt an seinem Standpunkt
fest.
- 3 -
2 ST.2011.281
Auf die Erwägungen des Einspracheentscheids und die Parteivorbringen wird,
soweit wesentlich, in den nachfolgenden Urteilsgründen zurückgekommen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Das Vermögen wird nach § 39 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997
(StG) grundsätzlich zum Verkehrswert bewertet. Für land- oder forstwirtschaftlich ge-
nutzte Liegenschaften ist demgegenüber der Ertragswert massgebend (§ 40 StG).
Wird ein zum Ertragswert bewertetes Grundstück ganz oder teilweise veräussert oder
der bisherigen land- oder forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung entfremdet, so wird ge-
mäss § 41 StG vom Eigentümer eine ergänzende Vermögenssteuer erhoben, und zwar
entsprechend der Besitzesdauer, jedoch höchstens für 20 Jahre (§ 43 Abs. 1 StG).
Das steuerbare Vermögen berechnet sich nach der Differenz zwischen dem Mittel der
Ertragswerte und dem Mittel der tatsächlichen Verkehrswerte des Grundstücks je am
Anfang und am Ende der massgebenden Besitzesdauer (§ 43 Abs. 2 StG). Die Steuer
wird zu einem Steuersatz von einem Promille erhoben und zum Steuerfuss, der im
Jahr der Veräusserung oder der Beendigung der land- oder forstwirtschaftlichen Nut-
zung gilt (§ 43 Abs. 3 StG). Vorliegend ist das Grundstück Kat.Nr. ... am ... Novem-
ber 2009 veräussert worden; für den Beginn der Besitzesdauer vor 20 Jahren ist daher
auf die Steuerperiode 1989 und für das Ende auf die Steuerperiode 2008 abzustellen
(vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuer-
gesetz, 2. A., 2006, § 43 N. 3).
Die Verkehrswerte je am Anfang und am Ende der massgebenden Besitzes-
dauer bestimmen sich nicht nach typisierten Bewertungen (im Sinn von Formelwerten,
wie sie bei periodisch zu erhebenden Steuern anzutreffen sind), sondern – wie allge-
mein bei einmaligen und aperiodischen Steuern – nach dem Preis, der für ein Vermö-
gensrecht bei einer Veräusserung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr mutmasslich zu
erzielen wäre bzw. gewesen wäre (RB 1991 Nr. 25, RB 1984 Nr. 44 = StE 1985
B 52.22 Nr. 2; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 43 N. 6, auch zum Folgenden). Der
Verkehrswert am Ende der massgebenden Besitzesdauer bestimmt sich bei der Ver-
äusserung in der Regel nach dem erzielten Nettoerlös (RB 1991 Nr. 25) und nicht nach
dem Zonenpreis, wie er bei der Ermittlung der (Formel-)Vermögenssteuerwerte von
- 4 -
2 ST.2011.281
Grundstücken nach § 39 StG zur Anwendung kommt. Dasselbe gilt auch für den Er-
werbspreis (StRK, 11. Juli 1990, StE 1991 B 52.22 Nr. 5).
2. Vorliegend sind die Voraussetzungen für die Erhebung einer ergänzenden
Vermögenssteuer erfüllt, weil das streitbetroffene, ehemals landwirtschaftlich genutzte
Grundstück bis zur Veräusserung immer zum Ertragswert von Fr. 11'409.- versteuert
worden ist. Die Erhebung einer ergänzenden Vermögenssteuer ist denn auch grund-
sätzlich unbestritten; der Rekurs richtet sich ausschliesslich gegen die Bemessung der
Steuer. Dabei stellen die Pflichtigen sowohl den Verkehrswert vor 20 Jahren wie auch
jenen im Zeitpunkt der Veräusserung in Frage.
3. a) Im Einschätzungsentscheid legte das kantonale Steueramt den Ver-
kehrswert im Jahr des Verkaufs auf Fr. 300.-/m2 und jenen am Stichtag vor 20 Jahren
auf Fr. 430.-/m2 fest. Auf Einsprache der Gemeinde L hin erhöhte das kantonale Steu-
eramt den Verkehrswert im Jahr des Verkaufs auf Fr. 665.-/m2. Zur Begründung hielt
die Amtsstelle fest, dass der korrigierte Wert dem tatsächlich erzielten Erlös entspre-
che. Dieser sei auf dem freien Markt erzielt worden und stelle keinen Liebhaberwert
dar. Zum Erwerbspreis äusserte sich der Einspracheentscheid nicht.
b) Zur Begründung ihres Rekurses machen die Pflichtigen geltend, dass das
kantonale Steueramt den massgebenden Sachverhalt unrichtig und unvollständig fest-
gestellt habe. Wenn bei der Veranlagung der ergänzenden Vermögenssteuer auf die
Verkehrswerte und nicht auf Formelwerte abgestellt werde, dürfe diese Praxis den
Pflichtigen nicht schlechter stellen, als wenn die Vermögenssteuer stets aufgrund des
tieferen Formelwerts von § 39 StG bemessen worden wäre. Weil das Institut der er-
gänzenden Vermögensbesteuerung einen Ausgleich zu der auf Zusehen hin gewähr-
ten Besteuerung zum Ertragswert anstrebe, dürfe daraus keine höhere Steuerbelas-
tung resultieren, als wenn das Grundstück stets zum Verkehrswert besteuert worden
wäre. Bis zum Inkrafttreten des revidierten § 39 Abs. 3 StG per 1. Januar 2003 hätten
die Pflichtigen gemäss der ursprünglichen Fassung sogar von einer auf 60% des
Marktwertes beschränkten Vermögenssteuer profitiert. Wie § 39 StG spreche auch
§ 43 StG von demselben Verkehrswert. Weil die Heranziehung des Marktwerts den
Grundsatz der Rechtsgleichheit missachte, komme es auf die in den massgebenden
Jahren geltenden Formelwerte an. Im Jahr 1988 sei die Weisung des Regierungsrates
- 5 -
2 ST.2011.281
an die Steuerbehörden über die Bewertung von Liegenschaften und die Festsetzung
der Eigenmietwerte vom 8. September 1982 (Weisung 1982) massgebend gewesen.
Diese habe für unerschlossenes, sog. Rohbauland einen Wert von Fr. 250.-/m2 vorge-
sehen. Der genannte Ansatz entspreche denn auch zwei Handänderungen in einem
1999 durchgeführten Quartierplanverfahren. Die Bestimmung des Verkehrswerts im
Jahr 2008 richte sich nach der gleichnamigen Weisung aus dem Jahr 2003.
Danach belaufe sich der Wert unbebauter Grundstücke für Industriebauten in L auf
Fr. 570.-/m2; angesichts der vorzunehmenden Reduktion auf 70% ergebe sich ein An-
satz von Fr. 399.-/m2. Die ergänzende Vermögenssteuer habe von diesen beiden Wer-
ten auszugehen. Im Eventualstandpunkt könnten sich die Pflichtigen mit den Werten
von Fr. 300.-/m2 und Fr. 430.-/m2 gemäss Einschätzungsentscheid abfinden. Nach
ihren eigenen Erhebungen belaufe sich das Mittel aus Angeboten und Verkäufen in
den Jahren 2009 und 2010 für unbebautes Industrie- und Gewerbeland in L auf
Fr. 485.-/m2. Weil der für Kat.Nr. ... tatsächlich erzielte Erlös mit Fr. 665.-/m2 deutlich
höher liege, könne es sich hierbei nicht um den Verkehrswert handeln. Die Käuferin J
als Dachgesellschaft habe denn auch die M AG als mitbietende Gesellschaft um
Fr. 180.-/m2 überboten, was gegen objektive Wirtschaftlichkeitsüberlegungen spreche.
c) Dem hält das kantonale Steueramt in der Rekursantwort entgegen, dass die
Erhebung der ergänzenden Vermögenssteuer gegenüber der ordentlichen Vermö-
gensbesteuerung für einen Pflichtigen regelmässig vorteilhafter sei. Gemäss ausdrück-
licher Grundlage in § 43 Abs. 2 StG müsse auf den tatsächlichen Verkehrswerts eines
Grundstücks und nicht auf den Formelwert abgestellt werden, was nach Rechtspre-
chung und Lehre sachgerecht sei. Hinsichtlich des Verkehrswerts am Ende der Besit-
zesdauer sei hier der tatsächliche Erlös massgebend. Entgegen der Auffassung der
Pflichtigen habe die J keineswegs einen Liebhaberpreis bezahlt. So seien bei zwei
ungünstiger gelegenen Parzellen Preise von Fr. 657.-/m2 bzw. Fr. 500.-/m2 gehandelt
worden. Auch die von den Pflichtigen erwähnten Kat.Nrn. ... und ... seien bezüglich
Lage und Form deutlich schlechter einzustufen und erwiesen sich daher nicht als ver-
gleichstauglich. Lediglich offerierte Preise fielen von vornherein ausser Betracht. Es
bestehe kein Anlass, den tatsächlich erzielten Erlös für das veräusserte Grundstück
Kat.Nr. ... von Fr. 665.-/m2 als unangemessen zu würdigen, zumal die Lage für Ge-
werbebauten geradezu ideal sei. Hinsichtlich des Verkehrswerts vor 20 Jahren habe
das kantonale Steueramt auf die Veranlagung der Grundstückgewinnsteuer abgestellt.
Der von der Grundsteuerbehörde ermittelte, auf verschiedene Vergleichshandände-
- 6 -
2 ST.2011.281
rungen in den Jahren 1987 und 1988 abgestützte Wert von Fr. 430.-/m2 sei von den
Veräusserern nicht bestritten worden.
d) In ihrer Replik weisen die Pflichtigen darauf hin, dass drei Transaktionen in
den Jahren 1987 und 1988 weniger als Fr. 400.-/m2 abgeworfen hätten. Erfahrungs-
gemäss ergebe die Veräusserung einer wesentlich grösseren Fläche einen geringeren
Erlös. Die Gemeinde L habe im Jahr 1999 Baulandpreise von Fr. 300.-/m2 vergütet; in
einem Quartierplanverfahren habe Bauland für Fr. 245.-/m2 die Hand gewechselt. All-
gemein gelte es zu beachten, dass nur Handänderungen herangezogen würden, die
wie das streitbetroffene Grundstück unerschlossene Flächen in der Industriezone be-
träfen.
4. a) Wie in E. 1 festgehalten, ist die ergänzende Vermögenssteuer nach dem
klaren Wortlaut von § 43 Abs. 2 StG aufgrund der tatsächlichen Verkehrswerte zu er-
mitteln. Von dieser Rechtslage gehen auch Rechtsprechung und Lehre aus. Entgegen
der Ansicht der Pflichtigen lässt sich nicht sagen, dass die Regelung des zürcherischen
Rechts eine den Grundsatz der Rechtsgleichheit gemäss Art. 8 der Bundesverfassung
vom 18. April 1999 missachtende Rechtsungleichheit bewirke. Gemäss herrschender
Lehre fällt die Steuerbelastung unter dem Regime der Vorzugsbewertung mit nachträg-
licher ergänzender Vermögenssteuer in aller Regel milder aus, als wenn das (Bau-)
Land zum Verkehrswert besteuert würde (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 43 N. 2;
Martin Baumgartner, Vermögensbesteuerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstü-
cke im Kanton Zürich, 2002, S. 175 f.). Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die
Besitzesdauer mehr als 20 Jahre beträgt (Baumgartner, S. 175 Fn. 670). Die Pflichti-
gen haben nicht dargetan, dass es sich vorliegend aufgrund eines aussergewöhnlichen
Sachverhalts anders verhalten sollte.
b) Mit Bezug auf den Verkehrswert des Grundstücks Kat.Nr. ... im Zeitpunkt
vor 20 Jahren hat das kantonale Steueramt auf den rechtskräftigen Grundstückge-
winnsteuer-Veranlagungsentscheid der Gemeinde L vom ... Januar 2010 abgestellt.
Darin ist der Verkehrswert am Stichtag des ... November 1989 auf (Fr. ... : ... m2 =)
Fr. 430.-/m2 bemessen worden. In der Rekursschrift haben die Pflichtigen den Wert
von Fr. 430.-/m2 für den – gemäss E. 4a zutreffenden – Eventualfall akzeptiert, dass
der Marktwert und nicht ein Formelwert heranzuziehen sei. Nachdem das kantonale
Steueramt diesen Wert in der Rekursantwort anhand von verschiedenen Vergleichs-
- 7 -
2 ST.2011.281
preisen bestätigt hat, erheben die Pflichtigen in der Replik jedoch verschiedene Ein-
wände gegen diese Vergleichshandänderungen.
Soweit aus den Akten ersichtlich, handelt es sich bei den genannten Ver-
gleichshandänderungen durchwegs um Grundstücke in der Industriezone, die ebenfalls
nicht rechtsgenügend erschlossen und insoweit daher vergleichstauglich sind. Entge-
gen der Auffassung der Pflichtigen wirkt sich der Umstand, dass das veräusserte
Grundstück mit einer Fläche von ... m2 wesentlich grösser ist als die Vergleichsparzel-
len nicht wertmindernd, sondern vielmehr wertsteigernd aus. Denn gerade bei indus-
triell und gewerblich genutzten Grundstücken nehmen mögliche Verwendungszwecke
mit wachsender Fläche zu; umgekehrt lassen sich bei grossen Parzellen nicht benötig-
te Teilflächen ohne Weiteres abparzellieren. Der Spitzenpreis von Fr. 500.-/m2 wurde
denn für das mit ... m2 grösste Vergleichsgrundstück Kat.Nr. ... erzielt. Hinzu kommt,
dass die Landpreise in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre in den meisten
zürcherischen Gemeinden markant anstiegen; dies gilt namentlich auch in L (vgl.
www.statistik.zh.ch). Wenn das zweitgrösste Vergleichsgrundstück Kat.Nr. ... im Halte
von ... m2 im Dezember 1987 einen Erlös von Fr. 420.-/m2 abwarf, wäre dieser im
massgebenden Jahr 1989 sehr wahrscheinlich noch höher ausgefallen. Insgesamt
erscheint der dem angefochtenen Einspracheentscheid wie auch der Grundsteuerver-
anlagung zugrunde liegende Wert von Fr. 430.-/m2 als angemessen.
Nichts zur Sache tun Preise, die zwischen dem Anfang und dem Ende der
massgebenden Besitzesdauer erzielt worden sind. Aus den von den Pflichtigen er-
wähnten, im Jahr 1999 getätigten Landgeschäften lässt sich daher für den vorliegen-
den Fall nichts ableiten. Hinzu kommt, dass bei Ausgleichszahlungen für Minderzutei-
lungen in einem Quartierplanverfahren nicht der volle Verkehrswert, sondern regel-
mässig nur ein reduzierter Ansatz vergütet wird (VGr, 30. Juni 2009, VB.2008.00288,
www.vgrzh.ch).
c) Den Verkehrswert in der Steuerperiode 2008 vor der Veräusserung hat der
Einspracheentscheid mit dem Verkaufspreis von Fr. 665.-/m2 gleichgesetzt. Die Pflich-
tigen stellen grundsätzlich zu Recht nicht in Abrede, dass ein auf dem freien Markt er-
zielter Preis gewöhnlich als Verkehrswert gilt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 220 N
154 f.). Der Umstand, dass die Dachgesellschaft J als Erwerberin beim Kaufpreisange-
bot ein eigenes Genossenschaftsmitglied überbot, lässt nicht den Schluss auf die Be-
zahlung eines Liebhaberwerts zu. Auch gegenüber dem vorstehend bestätigten Ver-
- 8 -
2 ST.2011.281
kehrswert 20 Jahre zuvor kann der zwischenzeitliche Anstieg um knapp einen Drittel
nicht als übermässig bezeichnet werden. Zwar ist einzuräumen, dass die vom Rekurs-
gegner erhobenen Vergleichshandänderungen aus den Jahren 2010 und 2011 mehr-
heitlich geringere Erlöse abwarfen, doch handelte es sich hierbei um kleinere Flächen
an deutlich schlechterer Lage. Demgegenüber liegt das streitbetroffene Grundstück in
unmittelbarer Nähe der Zufahrt zur ...strasse und somit für industrielle Zwecke gerade-
zu ideal.
d) Zusammenfassend erweisen sich die Einwendungen gegen die Ermittlung
des Verkehrswerts des veräusserten Grundstücks Kat.Nr. ... am Anfang und Ende der
massgebenden Besitzesdauer als unbegründet. Im Übrigen ist die Steuerberechnung
nicht angefochten worden und erweist sich nach den Akten als zutreffend. Der Rekurs
ist daher abzuweisen.
5. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten den Rekurrenten
zu überbinden (§ 151 Abs. 1 StG) und muss ihnen eine Parteientschädigung versagt
bleiben (§ 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni
1987). Auch dem obsiegenden Rekursgegner steht keine solche Vergütung zu, denn
seine Bemühungen vor Steuerrekursgericht haben sich im Wesentlichen auf die Ver-
teidigung des Einspracheentscheids beschränkt. | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
40553b8c-2b84-43d4-b9c3-6d395e2c2852 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) ist bei der B AG in der Gemeinde C als Ver-
käufer mit einem jährlichen Bruttolohn von Fr. 114'200.- beschäftigt und gleichzeitig in
der Betriebsfeuerwehr tätig. Gemäss Lohnausweis 2013 erhielt er für letztere Tätigkeit
eine Entschädigung von Fr. 3'360.-. In der Steuererklärung 2013 deklarierte er diese
Entschädigung als solche aus einer Nebenerwerbstätigkeit und zog davon den ganzen
Betrag als Berufsauslagen ab.
Mit Entscheiden vom 5. Januar 2015 veranlagte der Steuerkommissär den
Pflichtigen für die direkte Bundessteuer 2013 mit einem steuerbaren Einkommen von
Fr. 134'600.- bzw. schätzte ihn für die Staats- und Gemeindesteuern 2013 mit einem
solchen von Fr. 133'700.- ein. Dabei rechnete er die Entschädigung für die Tätigkeit bei
der Betriebsfeuerwehr dem Haupterwerb zu und strich den gleich hohen Abzug für
Berufsauslagen. Das steuerbare Vermögen setzte er gemäss Steuererklärung auf
Fr. 1'144'000.- fest.
B. Hiergegen erhob der Pflichtige am 3./4. Februar 2015 Einsprache mit dem
Antrag, den Abzug für Berufsauslagen der Feuerwehrtätigkeit von Fr. 3'360.- zu ge-
währen. Das kantonale Steueramt wies die Einsprache am 23. Februar 2015 ab.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 17./19. März 2015 wiederholte der
Pflichtige sinngemäss den Einspracheantrag. Das kantonale Steueramt schloss am
16. April 2015 auf Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung
liess sich nicht vernehmen.
Auf Auflage reichte der Pflichtige am 15. Juni 2015 eine detaillierte Be-
scheinigung der B AG über die ausgerichtete Feuerwehrentschädigung ein. Das kan-
tonale Steueramt liess sich dazu nicht vernehmen.
1 DB.2015.54 1 ST.2015.71
- 3 - | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Gemäss Art. 17 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundes-
steuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 17 Abs. 1 des Steuergesetzes vom
8. Juni 1997 (StG) sind alle Einkünfte aus privatrechtlichem oder öffentlich-rechtlichem
Arbeitsverhältnis steuerbar mit Einschluss der Nebeneinkünfte wie Entschädigungen
für Sonderleistungen, Provisionen, Zulagen, Dienstalters- und Jubiläumsgeschenke,
Gratifikationen, Trinkgelder, Tantiemen, geldwerte Vorteile aus Mitarbeiterbeteiligun-
gen und andere geldwerte Vorteile.
Steuerbar ist das Arbeitsentgelt, das der steuerpflichtigen Person unmittelbar
zufliesst, samt allen Nebeneinkünften. Der Charakter der Tätigkeit und die Ausgestal-
tung des Arbeitsverhältnisses sind unmassgeblich, namentlich ob das Entgelt für den
Haupterwerb oder eine Nebentätigkeit der steuerpflichtigen Person ausgerichtet wird,
wie es benannt wird und in welcher Form die Entschädigung für die erbrachte Leistung
erfolgt. Es genügt, wenn zwischen der unselbstständigen Erwerbstätigkeit und den
daraus fliessenden Einkünften ein kausaler Zusammenhang besteht. Der Zusammen-
hang muss in der Weise wirtschaftlicher Natur sein, dass die Leistung, welche die
steuerpflichtige Person erhält, eine Folge ihrer Tätigkeit darstellt und diese Tätigkeit
gestützt auf ein Arbeitsverhältnis ausgeübt wird (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 17 N 28 f. DBG und Kommentar zum Zür-
cher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 17 N 28 f. StG, je mit zahlreichen Hinweisen).
b) Der Pflichtige erhielt von seiner Arbeitgeberin, der B AG, im Jahr 2013 eine
Entschädigung für seine Tätigkeit in der Betriebsfeuerwehr. Diese Entschädigung übte
er als Angestellter der Arbeitgeberin bzw. vor dem Hintergrund des diesbezüglichen
Arbeitsverhältnisses aus, sodass der geforderte wirtschaftliche Zusammenhang zwi-
schen der Entschädigung und der unselbstständigen Erwerbstätigkeit des Pflichtigen
ohne weiteres gegeben ist. Ob die Tätigkeit neben der Haupttätigkeit ausgeübt wurde,
spielt dabei keine Rolle. Mithin hat das kantonale Steueramt die fragliche Entschädi-
gung von Fr. 3'360.- an sich korrekt der Einkommensbesteuerung nach Art. 17 Abs. 1
DBG bzw. § 17 Abs. 1 StG unterworfen.
1 DB.2015.54 1 ST.2015.71
- 4 -
Allerdings ist zu prüfen, ob sich daran etwas ändert, weil es sich bei der Ent-
schädigung um ein Entgelt für die Tätigkeit in einer Feuerwehr handelt.
2. a) Im Recht der direkten Bundessteuer ist der Sold der Milizfeuerwehrleute
bis zum Betrag von jährlich Fr. 5'000.- ab der Steuerperiode 2013 neu steuerfrei, so-
fern er für Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Erfüllung der Kernaufgaben der
Feuerwehr (Übungen, Pikettdienste, Kurse, Inspektionen und Ernstfalleinsätze zur Ret-
tung, Brandbekämpfung, allgemeinen Schadenwehr, Elementarschadenbewältigung
und dergleichen) ausgerichtet wird (Art. 24 lit. fbis 1. Halbsatz DBG, in der Fassung vom
17. Juni 2011, in Kraft seit 1. Januar 2013). Ausgenommen und der Einkommenssteuer
nach wie vor unterworfen sind Pauschalzulagen für Kader, Funktionszulagen sowie
Entschädigungen für administrative Arbeiten und für Dienstleistungen, welche die Feu-
erwehr freiwillig erbringt (2. Halbsatz).
b) Diese neue Bestimmung entspricht der identischen Vorschrift von Art. 7
Abs. 4 lit. hbis des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der
Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990/17. Juni 2011 (StHG), welche eben-
falls auf den 1. Januar 2013 in Kraft gesetzt wurde. Die Kantone haben ihre Gesetzge-
bung der Vorschrift innert zwei Jahren anzupassen (Art. 72n StHG). Der Kanton Zürich
hat dies mit einer Neufassung von § 24 lit. g StG bewerkstelligt, jedoch erst mit Geset-
zesnovelle vom 28. Oktober 2013 und mit in Kraftsetzung per 1. Januar 2015. Mithin ist
bei den Staats- und Gemeindesteuern der Sold der Milizfeuerwehrleute anders als bei
der direkten Bundessteuer erst ab der Steuerperiode 2015 steuerbefreit. In der vorlie-
gend streitbetroffenen Periode 2013 unterliegt er daher gestützt auf § 17 Abs. 1 StG
noch der Einkommenssteuer.
Der Kanton Zürich hat die Besteuerung der Feuerwehrentschädigungen aller-
dings stark gemildert, indem die Finanzdirektion mit Verfügung vom 1. Oktober 1998
(ZStB I Nr. 13/140) grosszügige Abzüge für Berufsauslagen festgesetzt hat. Gemäss
Ziff. II dieser Verfügung können nämlich als Berufsauslagen von den ausgerichteten
Feuerwehrentschädigungen ohne besonderen Nachweis die ersten Fr. 5'000.- und
darüber zusätzlich 20% der Entschädigungen abgezogen werden.
1 DB.2015.54 1 ST.2015.71
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3. a) Bei der direkten Bundessteuer 2013 unterliegt somit vorliegend die dem
Pflichtigen ausgerichtete Entschädigung für die Tätigkeit in der Betriebsfeuerwehr der
B AG trotz der Qualifikation als Einkunft aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit nicht
der Einkommenssteuer. Voraussetzung bildet allerdings, dass sie als "Sold der Miliz-
feuerwehrleute" gemäss Art. 24 lit. fbis 1. Halbsatz DBG gilt. Zudem darf sie nicht als
sonstige (Pauschal-)Vergütung für die Feuerwehrtätigkeit qualifizieren.
Art. 24 lit. fbis 1. Halbsatz DBG erwähnt zwar nur den Sold der Milizfeuerwehr-
leute und nicht den Sold der Angehörigen von Betriebsfeuerwehren. Indessen kann der
Sold von Letzteren – unabhängig davon, ob er als solcher bezeichnet wird – demjeni-
gen von Milizfeuerwehrleuten (z.B. einer Ortsfeuerwehr) gleichgesetzt werden. So
handelt es sich bei den im Milizsystem tätigen Feuerwehrpersonen um solche, welche
diese Tätigkeit nicht berufsmässig bzw. nicht im Sinn einer Haupterwerbstätigkeit, son-
dern bloss neben einer solchen ausüben, und verhält es sich in der Regel gleich bei
Angehörigen von Betriebsfeuerwehren. Diese Angehörigen üben im Betrieb ebenfalls
eine bestimmte, ihrer Berufsausbildung entsprechende (Haupt-)Erwerbstätigkeit aus
und versehen den Dienst in der Betriebsfeuerwehr nur nebenbei. Bei beiden Arten von
Feuerwehren ist die Zugehörigkeit zudem in der Regel freiwilliger Natur, so auch bei
der Betriebsfeuerwehr der B AG, welche ihre Übungen in der Freizeit nach Feierabend
abhält (vgl. Internet-Ausdruck der Betriebsfeuerwehr der B AG). Die für den jeweiligen
Feuerwehrdienst ausgerichtete Entschädigung ist dementsprechend gering und nicht
mit dem Salär der Haupterwerbstätigkeit vergleichbar. Milizfeuerwehren im Sinn von
Art. 24 lit. fbis 1. Halbsatz DBG sind denn auch vor allem als Gegensatz zu den Berufs-
feuerwehren zu verstehen.
Betriebsfeuerwehren unterstehen zudem der gleichen Gesetzgebung wie die
von den Gemeinden meist im Milizsystem geführten freiwilligen Ortsfeuerwehren, d.h.
dem Gesetz über die Feuerpolizei und das Feuerwehrwesen vom 24. September 1978
(FFG, LS 861.1). Dabei sind die Betriebsfeuerwehren ab einer gewissen Betriebsgrös-
se obligatorisch aufzustellen und nicht nur für das Feuerwehrwesen im Betrieb zustän-
dig, sondern haben vorschriftsgemäss auch Hilfe ausserhalb des Betriebsareals zu
leisten (§ 21 Abs. 1 FFG). Sie müssen sich sodann gleich wie die Ortsfeuerwehren so
organisieren, dass die Einsatzbereitschaft gemäss Leistungsvorgaben der Gebäude-
versicherungsanstalt gewährleistet ist (§ 22 FFG), und werden vom Statthalter gleich
wie die andern Feuerwehren mindestens alle drei Jahre unter Beizug von Feuerwehr-
1 DB.2015.54 1 ST.2015.71
- 6 -
experten inspiziert (§ 23 Abs. 2 FFG). Die Betriebsfeuerwehr der B AG stellt zudem
eine gemäss § 21 Abs. 2 FFG selbstständige Feuerwehr dar, hat einen Mindestbe-
stand von 55 Feuerwehrleuten und verfügt über ein von der kantonalen Feuerwehr
genehmigtes Pflichtenheft. Als solche Feuerwehr erhält sie gleich wie die andern Feu-
erwehren von der Gebäudeversicherungsanstalt auch Subventionen für Bauten und
Anschaffungen (§ 31 Abs. 1 FFG sowie Ziff. 5 des Reglements). Betriebsfeuerwehren
unterscheiden sich dergestalt nicht massgeblich von Ortsfeuerwehren.
Damit ist die dem Pflichtigen von seiner Arbeitgeberin für den Betriebsfeuer-
wehrdienst ausgerichtete Entschädigung gleich wie die in Art. 24 lit. fbis DBG erwähnten
Entgelte (Sold, Pauschal-/Funktionszulagen etc.) zu behandeln.
b) aa) Von der Einkommenssteuer befreit ist gemäss letzterer Bestimmung –
wie erwähnt – nur der Sold, soweit mit ihm die Erfüllung der Kernaufgaben der Feuer-
wehr abgegolten wird. Einkommenssteuerpflichtig sind dagegen weiterhin die Pau-
schalzulagen für Kader sowie Funktionszulagen und Entschädigungen für administrati-
ve Arbeiten und Dienstleistungen, welche die Feuerwehr freiwillig erbringt.
bb) Welcher Art die dem Pflichtigen ausgerichtete Entschädigung von
Fr. 3'360.- ist, ergibt sich aus dem Zusatzblatt zum Lohnausweis 2013 nicht. Zwar glie-
dern sich dort die Fr. 3'360.- in eine "Feuerwehr Entschädigung" von Fr. 600.- sowie in
eine "Feuerwehrentschädigung netto" von Fr. 2'760.-, jedoch erschliesst sich daraus
nicht, ob es sich dabei allenfalls auch um Zulagen der fraglichen, von der Einkom-
mensbesteuerung nicht befreiten Art handelt.
cc) Auf Auflage hin reichte der Pflichtige eine Bescheinigung der B AG ein,
wonach die "Feuerwehrentschädigung netto" im Umfang von Fr. 1'710.- für Übungen
und von Fr. 1'050.- für Einsätze (Pikett, Pflichtfahrtraining intern, Brandschutzkurse)
ausgerichtet wurde. Mithin liegen insofern Entschädigungen für die Erfüllung der Kern-
aufgaben der Feuerwehr vor, sodass diese von der Einkommenssteuer auszunehmen
sind.
Demgegenüber erhielt der Pflichtige die weiteren Fr. 600.- "Feuerwehr Ent-
schädigung" gemäss Bescheinigung als Kaderpauschale bzw. Funktionszulage, wes-
halb diese nach Art. 24 lit. fbis 2. Halbsatz DBG der Einkommenssteuer unterliegt.
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c) Der somit allein der Einkommenssteuer zu unterwerfende Betrag von
Fr. 600.- ist noch um allfällige Berufsauslagen zu kürzen. Dabei stellt sich die Frage, ob
die Tätigkeit bei der Feuerwehr der Haupterwerbstätigkeit des Pflichtigen bei der B AG
zuzuordnen ist mit der Folge, dass als Berufsauslagen nur 3% der Entschädigung ab-
gezogen werden kann, oder ob es sich um eine Nebenbeschäftigung handelt, bei wel-
cher der ganze Betrag von Fr. 600.- abzugsfähig ist (vgl. hierzu Art. 3, 7 und Anhang
der Verordnung des EFD über den Abzug von Berufskosten der unselbstständigen
Erwerbstätigkeit bei der direkten Bundessteuer vom 10. Februar 1993 [Berufskosten-
verordnung], SR 642.118.1).
Nebenerwerb ist ein Erwerb, der in zeitlicher und finanzieller Hinsicht von un-
tergeordneter Bedeutung ist, in der Regel – aber nicht zwingend – neben einer Haupt-
beschäftigung ausgeübt wird und bei dem die steuerpflichtige Person ihren Lebensun-
terhalt zur Hauptsache aus andern Quellen bestreitet (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Art. 17 N 14 DBG, auch zum Folgenden). Eine Nebenbeschäftigung kann auch beim
gleichen Arbeitgeber wie demjenigen der Haupttätigkeit ausgeübt werden, sofern sie
ausserhalb des Aufgabenbereichs der Hauptbeschäftigung liegt und z.B. mit einem
andern Arbeitsort, der Benutzung anderer Hilfsmittel oder besonderer Berufskleider
etc. verbunden ist.
Diese Voraussetzungen sind beim Pflichtigen hinsichtlich seiner Tätigkeit bei
der Betriebsfeuerwehr ganz offenkundig erfüllt, auch wenn die entsprechende Ent-
schädigung vom Arbeitgeber der Haupterwerbstätigkeit stammt. So ist der Pflichtige
bei der B AG hauptberuflich als Verkäufer, d.h. in einem völlig andern Berufsumfeld,
tätig und in keiner Art in der Lage, mit der geringen Feuerwehrentschädigung seinen
Lebensunterhalt zur Hauptsache zu bestreiten. Demnach kann er für Berufslagen der
Feuerwehrtätigkeit als Nebenbeschäftigung den Abzug in Höhe der ganzen Entschädi-
gung von Fr. 600.- geltend machen, da diese den zulässigen Mindestabzug bei Ne-
benbeschäftigung von Fr. 800.- nicht erreicht.
d) Damit ergibt sich das steuerbare Einkommen neu wie folgt:
Einkünfte Fr. Fr. Fr.
Gemäss Veranlagung 155'519.-
./. Feuerwehrentschädigung 2'760.- 152'759.-
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Abzüge
Gemäss Veranlagung 20'889.-
Korrektur übrige Berufsauslagen:
3% von Fr. 114'283.- 3'429.-
Abzug Nebenerwerb 600.-
Total 4'029.-
Statt Total gemäss Veranlagung 3'530.- 499.- 21'388.-
Steuerbares Einkommen 131'371.-
Steuerbares Einkommen gerundet 131'300.-.
4. a) Bei den Staats- und Gemeindesteuern 2013 unterliegt die dem Pflichti-
gen ausgerichtete Entschädigung von total Fr. 3'360.- in Anwendung von § 17 Abs. 1
StG zwar (noch) vollumfänglich der Einkommenssteuer, jedoch wird sie durch den Ab-
zug von Berufsauslagen in gleicher Höhe gestützt auf die erwähnte separate Verfü-
gung der Finanzdirektion vollständig kompensiert.
Dass die Entschädigung vom Arbeitgeber stammt und daher als Einkommen
aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit gilt, ändert hieran nichts, da die spezielle Rege-
lung über die erhöhten Berufsauslagen von Feuerwehrleuten auch für den Pflichtigen
als Angehörigen einer Betriebsfeuerwehr gilt. So ist die Verfügung der Finanzdirektion
gemäss ihrem Wortlaut auf alle Angehörigen von Feuerwehren anwendbar und daher –
entgegen der Auffassung des kantonalen Steueramts im Einspracheentscheid – auch
auf solche von Betriebsfeuerwehren. Eine Einschränkung für Angehörige einer be-
stimmten Art von Feuerwehr wie sie Art. 24 lit. fbis 1. Halbsatz DBG für Milizfeuerweh-
ren aufweist, enthält die Verfügung nicht. Selbst wenn sie aber nur für Milizfeuerweh-
ren bzw. freiwillige (Orts-)Feuerwehren vorgesehen wäre (vgl. Einspracheentscheid
S. 4), könnten Angehörige von Betriebsfeuerwehren die entsprechenden Abzüge aus
Gründen der Gleichbehandlung nach dem Gesagten gleichwohl beanspruchen, da sie
– wie erwähnt – im Wesentlichen gleich funktionieren, auf Freiwilligkeit ihrer Angehöri-
gen basieren und keine Berufsfeuerwehr bilden.
Dergestalt spielt der Umstand, dass die Angehörigen einer Betriebsfeuerwehr
beim gleichen Arbeitgeber regelmässig einer (Haupt-)Erwerbstätigkeit nachgehen und
von diesem für die Feuerwehrtätigkeit eine (separate) Entschädigung erhalten, keine
1 DB.2015.54 1 ST.2015.71
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Rolle. Mithin müssen sich diese entgegen der Auffassung des kantonalen Steueramts
nicht mit dem Berufsauslagenabzug im Umfang der allgemeinen Pauschale für die üb-
rigen Berufsauslagen gemäss Verfügung der Finanzdirektion über die Pauschalierung
von Berufsauslagen Unselbstständigerwerbender bei der Steuereinschätzung vom
27. Oktober 2008 von 3% des Nettolohns (ZStB I Nr. 17/203) begnügen.
b) Demnach ist das steuerbare Einkommen neu wie folgt festzusetzen:
Einkünfte Fr. Fr. Fr.
Gemäss Einschätzung 155'519.-
Abzüge
Gemäss Einschätzung 21'789.-
Berufsauslagen:
Pauschale für Feuerwehr 3'360.-
Korrektur übrige Berufsauslagen
3% von Fr. 114'283.- 3'429.-
Statt: Abzug gemäss Einschätzung 3'530.- - 101.- 25'048.-
Steuerbares Einkommen 130'471.-
Steuerbares Einkommen gerundet 130'400.-.
5. Diese Erwägungen führen zur Gutheissung der Rechtsmittel. Ausgangsge-
mäss sind die Kosten des Verfahrens dem kantonalen Steueramt aufzuerlegen
(Art. 144 Abs. 1 DBG, § 151 Abs. 1 StG). Eine Parteientschädigung ist dem Pflichtigen
nicht zuzusprechen, da er keine solche verlangt hat bzw. ihm mangels Vertretung kei-
ne erheblichen Auslagen entstanden sind (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1
des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 sowie
§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/
6. September 1987).
1 DB.2015.54 1 ST.2015.71
- 10 - | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
408a46bc-18f4-4a03-ae57-b19979404efb | hat sich ergeben:
A. Am ... ... 2013 starb B, wohnhaft gewesen in C, D. In ihrem Testament
vermachte sie verschiedenen Personen Barlegate, darunter ihrem Neffen A (nachfol-
gend der Pflichtige) ein solches von Fr. 50'000.-. In der Folge auferlegte das kantonale
Steueramt, Dienstabteilung Inventarkontrolle/Erbschaftssteuer, dem Pflichtigen am
13. Oktober 2014 eine Erbschaftssteuer von Fr. 6'000.-.
B. Eine hiergegen erhobene Einsprache wies das kantonale Steueramt am
16. Februar 2015 ab.
C. Mit Rekurs vom 3. März 2015 beantragte der Pflichtige dem Steuerrekurs-
gericht, ihm sei als Patenkind der gesetzliche Freibetrag von Fr. 15'000.- zu gewähren
und die Steuer daher auf Fr. 3'750.- zu ermässigen. Sodann sei ihm der zuviel bezahl-
te Steuerbetrag von Fr. 2'250.- zurückzuerstatten. Im Weiteren habe das Steuerre-
kursgericht die rechtsetzenden und rechtsanwendenden Behörden anzuweisen, die
verfassungsrechtlich garantierte Rechtsgleichheit umzusetzen. Falls ein allgemeiner
Freibetrag statuiert werde, seien ihm die zu viel bezahlten Erbschaftssteuern samt Zin-
sen zurückzuzahlen. Ausserdem verlangte er eine Parteientschädigung.
In seiner Rekursantwort vom 7. April 2015 schloss das kantonale Steueramt
– unter Zusprechung einer Parteientschädigung – auf Abweisung des Rechtsmittels.
Auf die Parteivorbringen wird, soweit wesentlich, in den nachfolgenden Ur-
teilsgründen zurückgekommen.
- 3 -
2 ES.2015.1 | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Gegen den Einspracheentscheid kann der Steuerpflichtige nach § 43 Abs. 1
des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes vom 28. September 1986/13. Sep-
tember 2010 (ESchG) Rekurs beim Steuerrekursgericht erheben. Laut § 43 Abs. 3
ESchG sind die Bestimmungen über das Rekursverfahren bei Einschätzungen für die
Staatssteuer sinngemäss anwendbar (§§ 147 ff. des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997;
StG).
2. Nach § 3 Abs. 1 ESchG unterliegen der Erbschaftssteuer alle Vermögens-
übergänge (Erbanfälle und Zuwendungen) kraft gesetzlichen Erbrechts oder aufgrund
einer Verfügung von Todes wegen. Steuerpflichtig ist der Empfänger des übergehen-
den Vermögens (§ 8 Abs. 1 ESchG). Unter dem Randtitel "Steuerfreie Beträge" ge-
währt § 21 ESchG verschiedene Abzüge von den steuerbaren Vermögensübergängen,
so Fr. 15'000.- für das Stief-, Paten- oder Pflegekind des Erblassers (Abs. 1 lit. d).
3. a) Das kantonale Steueramt erwog im Einspracheentscheid, dass für die
Annahme einer Patenschaft keine Taufhandlung vorausgesetzt werde, wohl aber eine
Rechtsbeziehung, die im Bereich der zürcherischen Landeskirchen durch autonomes
Staatskirchenrecht, bei den übrigen staatlich anerkannten Kirchgemeinden oder den
privatrechtlich organisierten religiösen Körperschaften christlicher Konfession durch
inneres Kirchenrecht, geordnet werde. Gemäss Taufschein sei der Pflichtige am ... ...
1952 in E getauft worden; als Taufpaten seien der vorverstorbene Ehemann der
Erblasserin, F, und G aufgeführt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts
lasse die gesetzliche Regelung keinen Raum, das Patenschaftsverhältnis auf nahe
Angehörige des Paten oder andere, dem Patenkind nahestehende Personen auszu-
weiten. Eine Missachtung des verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbots sei in
dieser Ordnung nicht zu erblicken. An diesem Standpunkt hält die Amtsstelle auch in
ihrer Rekursantwort fest.
b) Zur Rekursbegründung bringt der Pflichtige vor, dass das kantonale Steu-
eramt den Begriff des Patenkindes verfassungswidrig ausgelegt habe. Angesichts der
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2 ES.2015.1
heutigen gesellschaftlichen Verhältnisse und Wertvorstellungen sei es nicht mehr zu-
lässig, einen Beleg für die Patenschaft zu verlangen, den nur Christen erfüllen könnten.
Die engherzige Gesetzesinterpretation sei auch deswegen nicht mehr zeitgemäss, weil
die früher bestehende moralische Verpflichtung, für ein verwaistes Patenkind zu sor-
gen, bedeutungslos geworden sei. Es gehe nicht an, dass die Kirche darüber befinden
könne, wer Pate sei und wer nicht. Daher müsse der steuerrechtliche Begriff des Pa-
tenkindes verfassungskonform angewendet werden. Der Kanton Zürich habe den Ent-
scheid darüber, zu welchen Kindern er ein besonders enges, als Patenkindbeziehung
geltendes Verhältnis habe, dem Erblasser übertragen. Damit sei ein objektives, diskri-
minierungsfreies Kriterium gegeben, das der Rechtssicherheit diene. Mit der im Testa-
ment gewählten Formulierung "die Göttikinder von F und Gottenkinder von mir" habe
die Erblasserin den Pflichtigen als Patenkind anerkannt, was vom Steueramt zu akzep-
tieren sei. Ferner müsse der von ihm zu Unrecht entrichtete Teilbetrag von
Fr. 2'250.- zurückerstattet werden. Schliesslich habe das Steuerrekursgericht die
rechtsetzenden und rechtsanwenden Behörden anzuweisen, für eine verfassungskon-
forme Ordnung des Patenkindabzugs zu sorgen.
4. a) Gemäss Taufschein waren der vorverstorbene Ehemann von B, F, sowie
G Taufpaten des Rekurrenten. Wie das Verwaltungsgericht im Entscheid SR 60/1972
vom 24. November 1972 (RB 1972 Nr. 55; Leitsatz) erkannt hat, ist die Patenschaft
eine höchstpersönliche Beziehung, die vom Ehegatten des verstorbenen Paten nicht
fortgesetzt werden kann. Der genannte Entscheid erging noch in Anwendung von § 8
Abs. 1 lit. b des früheren Gesetzes über die Erbschafts- und Schenkungssteuer vom
26. April 1936, welches durch das heute geltende gleichnamige Gesetz vom 28. Sep-
tember 1986 abgelöst wurde. Wie schon der frühere Erlass sieht auch § 21 Abs. 1 lit. d
ESchG einen Freibetrag für jedes Patenkind vor, und zwar von Fr. 15'000.-. Insoweit ist
das verwaltungsgerichtliche Präjudiz nach wie vor zu beachten (ebenso Felix Rich-
ner/Walter Frei, Kommentar zum Zürcher Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz,
1996, § 21 N 12). Für die Auslegung der Oberinstanz, wonach die Patenschaft nicht
vom Ehegatten des verstorbenen Paten fortgesetzt werden kann, sprechen triftige
sachliche Gründe. Denn im Regelfall verhält es sich so, dass ein Kind zu seinem Paten
in einer wesentlich engeren persönlichen Beziehung steht als zu dessen Ehegatten.
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2 ES.2015.1
b) Laut Taufschein war der Rekurrent im Zeitpunkt der Taufe noch Mitglied
einer zürcherischen Landeskirche. Wie der Rekursgegner zutreffend erkannt hat, rich-
tet sich neben der Mitgliedschaft und der Taufe auch die Frage, ob eine Patenschaft
vorliege, nach kirchlichem Recht. Entgegen der Auffassung des Rekurrenten ist darin
keine Rechtsungleichheit zu erblicken. Eine allenfalls mit der in Art. 15 der Bundesver-
fassung vom 19. April 1999 gewährleisteten Glaubens- und Gewissensfreiheit nicht zu
vereinbarende Diskriminierung käme nur dann in Betracht, wenn die Begründung eines
Patenschaftsverhältnisses im Sinn von § 21 Abs. 1 lit. d ESchG auf bestimmte Konfes-
sionen oder Glaubensgemeinschaften beschränkt würde. Ein solcher Fall liegt hier
aber wie gesagt nicht vor. Vielmehr möchte der Rekurrent die Patenschaftsbeziehung
auf den Ehegatten des Paten ausgedehnt haben, was wie erwähnt (E. 4a) von der
verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung abgelehnt worden ist. Der Standpunkt des
Rekurrenten, wonach jeder Erblasser selbst bestimmen könne, welchen Erben er als
Patenkind anerkenne, würde – durch Bezeichnung irgendwelcher Personen als Paten-
kinder, ohne dass eine persönliche Beziehung vorhanden ist – vielmehr neue Un-
gleichheiten und Rechtsunsicherheit schaffen.
c) Nach dem Gesagten steht dem Rekurrenten kein Patenkindabzug im Sinn
von § 21 Abs. 1 lit. d ESchG zu. Damit ist das Begehren um Rückerstattung von zu viel
bezahlten Erbschaftssteuern unbegründet; im übrigen erweist sich die Steuerberech-
nung gemäss § 21 Abs. 1 i.V.m. § 22 Abs. 1 und § 23 Abs. 1 lit. e ESchG als zutref-
fend. Als Gerichtsinstanz hat sich das Steuerrekursgericht auch nicht mit der Frage zu
befassen, ob der Patenkindabzug noch zeitgemäss ist oder nicht. Dies ist vielmehr
Aufgabe des Gesetzgebers; wie gesagt hat er diesen Abzug in der letzten Totalrevision
des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes von 1986 beibehalten.
5. Diese Erwägungen führen zur Abweisung des Rekurses. Bei diesem Pro-
zessausgang sind die Gerichtskosten dem Rekurrenten zu überbinden (§ 43 Abs. 3
ESchG i.V.m. § 151 Abs. 1 StG) und muss ihm eine Parteientschädigung nach § 17
Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/ 6. September 1987
versagt bleiben. Auch dem Rekursgegner steht keine solche Vergütung zu, weil die
kurzgefasste Rekursantwort nur einen geringen Aufwand verursacht hat.
- 6 -
2 ES.2015.1 | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
410c7eb6-34d4-48b3-ad8b-ec2d93174752 | hat sich ergeben:
A. Der deutsche Staatsangehörige A (nachfolgend der Pflichtige), welcher
Mitte 2005 von England her kommend nach C zugezogen ist, reichte trotz Mahnung
des Steueramts C vom 18. Februar 2008 keine Steuererklärung 2006 ein.
Mit Einschätzungsentscheid vom 19. September 2008 wurde er in der Folge
vom kantonalen Steueramt für die Steuerperiode 2006 bezüglich der Staats- und Ge-
meindesteuern nach pflichtgemässem Ermessen mit einem steuerbaren Einkommen
von Fr. 200'000.- und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 50'000.- eingeschätzt; der
Rückerstattungsanspruch für die Verrechnungssteuer 2007 (Fälligkeitsjahr 2006) wur-
de dabei auf Fr. 0.- festgesetzt. Mit Hinweis vom gleichen Tag wurde auch das steuer-
bare Einkommen für den Bereich der direkten Bundessteuer auf Fr. 200'000.- festge-
setzt; formell eröffnet wurde die Bundessteuerveranlagung 2006 mit der Schluss-
rechnung vom 31. Oktober 2008.
B. Mit Einsprachen vom 3./15. Oktober bzw. 5. Dezember 2008 wandte sich
der Pflichtige gegen diese Veranlagungen. Die ausstehende Steuererklärung reichte er
dabei nicht nach. Stattdessen verwies er auf einen beiliegenden Brief, welchen er am
26. Februar 2008 termingerecht samt Lohnausweisen 2006 der Steuerbehörde über-
mittelt habe. In diesem Brief erwähnt er die Lohnausweise 2006 und 2007 und einen
Lottogewinn. Sodann bemerkt er, dass er bezüglich Quellensteuer, welche bereits wei-
tergeleitet worden sei, keine Formulare sehe, welche noch auszufüllen wären.
Schliesslich führt er aus, dass er keine weiteren Einkünfte erzielt habe und sein ge-
samtes Vermögen auf seinem Girokonto liege; ein Sparkonto oder andere Anlagen
existierten noch nicht. Neben diesem Brief wurde mit der Einsprache noch ein Schrei-
ben vom 21. August 2008 eingereicht, in welchem das Steueramt C einen Arbeitgeber
des Pflichtigen über dessen Quellensteuerpflicht orientiert.
Mit separaten Entscheiden vom 30. Januar 2009 trat das kantonale Steueramt
auf die Einsprachen mangels genügender Begründung nicht ein; dabei auferlegte es
dem Pflichtigen bezüglich der Staats- und Gemeindesteuern die Verfahrenskosten von
Fr. 500.-.
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2 ST.2009.53 2 DB.2009.25
C. Hiergegen liess der Pflichtige am 25. Februar 2009 Rekurs bzw. Be-
schwerde erheben und beantragen, die Einschätzungen bezüglich der Staats- und
Gemeindesteuern mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 99'500.- und einem
steuerbaren Vermögen von Fr. 4'000.- vorzunehmen; zudem sei der Rückerstattungs-
anspruch für die Verrechnungssteuer 2007, Fälligkeitsjahr 2006, auf Fr. 7'009.80 fest-
zusetzen. Bei der direkten Bundessteuer sei das steuerbare Einkommen auf Fr.
100'200.- zu veranlagen. Zur Begründung wurde nunmehr die Deklaration nachgeholt
bzw. eine vollständig ausgefüllte Steuererklärung 2006 vorgelegt.
Das kantonale Steueramt schloss am 16. März 2009 auf Abweisung der
Rechtsmittel. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. Erhebt ein Steuerpflichtiger gegen einen Nichteintretensentscheid der
Einsprachebehörde Rekurs bzw. Beschwerde, so ist der Rekurskommission die mate-
rielle Prüfung des Rechtsmittels auf die Veranlagung hin verwehrt. Sie darf nur unter-
suchen, ob die Einsprachebehörde zu Recht auf die Einsprache nicht eingetreten ist
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuerge-
setz, 2.A., 2006, § 147 N 43; Richner/Frei/Kaufmann, Handkommentar zum DBG,
2002, Art. 140 N 43). Würde sich der Nichteintretensentscheid der Vorinstanz als ge-
setzwidrig erweisen, wären die Akten zwecks Wahrung des gesetzlichen Instanzen-
zugs zur materiellen Überprüfung der Taxation an jene zurückzuweisen (RB 1979
Nr. 57).
Dementsprechend ist auf die vorliegenden Rechtsmittel nur insofern einzutre-
ten, als der Pflichtige sinngemäss die Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheide ver-
langt. Nicht zu behandeln sind demgegenüber die materiellen Einschätzungsanträge.
2. a) Hat ein Steuerpflichtiger trotz Mahnung seine Verfahrenspflichten nicht
erfüllt oder können die Steuerfaktoren mangels zuverlässiger Unterlagen nicht ein-
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2 ST.2009.53 2 DB.2009.25
wandfrei ermittelt werden, nimmt das kantonale Steueramt gemäss § 139 Abs. 2
Satz 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) und Art. 130 Abs. 2 des Bundes-
gesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) die Einschät-
zung nach pflichtgemässem Ermessen vor. Diese Bestimmung setzt für eine solche
Einschätzung einen Untersuchungsnotstand voraus. Ein derartiger Notstand ist im
Regelfall dadurch verursacht, dass der Steuerpflichtige trotz formgültiger Mahnung
Verfahrenspflichten nicht oder nicht gehörig erfüllt hat, d.h. dass er seinen Mitwir-
kungspflichten mit Bezug auf die Ermittlung der massgebenden Tatsachen nicht oder
nur unvollständig nachgekommen ist.
Die elementarste Verfahrenspflicht ist die Pflicht zur Einreichung einer Steu-
ererklärung (§ 133 Abs. 2 StG; Art. 124 Abs. 2 DBG). Diese gilt auf für bereits quel-
lenbesteuerte Steuerpflichtige, weil bei diesen die Durchführung einer ordentlichen
Veranlagung vorbehalten bleibt (vgl. § 93 StG; Art. 90 DBG); dies im Hinblick auf die
Besteuerung des nicht quellenbesteuerten Einkommens und des Vermögens im Rah-
men von sog. "ergänzenden Veranlagungen" sowie in Fällen, in welchen das quellen-
besteuerte Einkommen gewisse Schwellenwerte überschreitet (sog. "nachträgliche
Veranlagungen").
b) Vorliegend steht fest, dass der Pflichtige trotz Mahnung des Steueramts C
vom 18. Februar 2008 keine Steuererklärung 2006 eingereicht hat und damit seiner
Deklarationspflicht für die Steuerperiode 2006 nicht nachgekommen ist.
Daran vermag das einspracheweise vorgelegte Schreiben an das kantonale
Steueramt vom 26. Februar 2008 nichts zu ändern: Zunächst ist nicht gesichert, dass
es seinerzeit überhaupt bei der Steuerbehörde eingegangen ist, denn ein Original aus
jener Zeit findet sich nicht in den Steuerakten. Im Übrigen geht aus dem Schreiben
zwar hervor, dass das Einkommen des Pflichtigen aus unselbständiger Erwerbstätig-
keit an der Quelle besteuert worden ist; es ist darin aber auch von einem erzielten
Lottogewinn und von Vermögen auf einem Girokonto die Rede. Mithin hatte der
Pflichtige nach dem Gesagten in jedem Fall eine Steuererklärung zur Durchführung
einer (ergänzenden oder nachträglichen) ordentlichen Veranlagung einzureichen.
Demnach steht als Zwischenergebnis fest, dass er vom kantonalen Steueramt am 19.
September bzw. 31. Oktober 2008 zu Recht nach pflichtgemässem Ermessen einge-
schätzt worden ist.
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2 ST.2009.53 2 DB.2009.25
3. a) Eine Einschätzung (Veranlagung) nach pflichtgemässem Ermessen
kann der Steuerpflichtige nach § 140 StG und Art. 132 DBG nur wegen offensichtli-
cher Unrichtigkeit anfechten (je Abs. 1). Die Einsprache ist zu begründen und muss
allfällige Beweismittel nennen (Abs. 2 bzw. Abs. 3). Mit anderen Worten obliegt es
dem Steuerpflichtigen, innert der Einsprachefrist den Nachweis zu erbringen, dass die
Ermessenseinschätzung offensichtlich unrichtig ist. Dabei muss dieser Nachweis um-
fassend sein, d.h. den gesamten von der Ermessensveranlagung betroffenen Teil um-
fassen (vgl. Martin Zweifel, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band
1/1, 2.A., 2002, Art. 48 N 49 StHG). Ist die Ermessensveranlagung Folge einer ver-
säumten Mitwirkungspflicht, so muss der Steuerpflichtige insbesondere die versäum-
ten Handlungen nachholen (Einreichung der Steuererklärung, von Unterlagen, Erteilen
von Auskünften usw.; ASA 58, 670 E. 3c; BGE 123 II 552 E. 4c = Pra 1998 Nr. 151;
BGr, 19. Juni 2002, 2A.442/2001 E. 2.2; BGr, 23. April 2004, 2A.164/2004, auch zum
Folgenden; vgl. auch Markus Berger, Voraussetzungen und Anfechtung der Ermes-
sensveranlagung, ASA 75, 204; Michael Beusch, Rechtsschutz bei den harmonisier-
ten Staats- und Gemeindesteuern und der direkten Bundessteuer – dargestellt am
Beispiel des Kantons Zürich, zsis, 2006, Ziff. 2.9.2).
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung stellt die gesetzlich geforderte
Begründung der Einsprache gegen eine Ermessensveranlagung eine Prozess-
voraussetzung dar, deren Fehlen zur Folge hat, dass auf die Einsprache nicht einge-
treten werden kann (BGE 123 II 552 E. 4c = Pra 1998 Nr. 151; BGr, 19. Juni 2002,
2A.442/2001; BGr, 23. April 2004, 2A.164/2004; BGr, 9. September 2004,
2P.234/2003; BGr, 23. Mai 2005 = ZStP 2005, 253). Auf die Einsprache eines Steuer-
pflichtigen, welcher wegen der nicht eingereichten Steuererklärung zulässigerweise
nach Ermessen veranlagt worden ist und der auch mit der Einsprache gegen die Er-
messensveranlagung seiner Deklarationspflicht nicht nachkommt, wird nicht eingetre-
ten (BGr, 23. Mai 2005, 2A.302/2005; ZStP 2005, 253; BGr, 19. Juni 2002,
2A.442/2001; BGr, 9. September 2004, 2P.234/2003 und 2A.407/2003). Denn wegen
der nicht nachgereichten Deklaration fehlt es an der notwendigen Begründung der
Einsprache. Das Nachbringen der Steuererklärung oder allgemein das Nachholen der
versäumten Mitwirkungshandlung ist nach der differenzierten höchstrichterlichen Pra-
xis indes nicht in jedem Fall eine Gültigkeitsvoraussetzung (BGr, 4. Juli 2005, StR
2005, 973, 976 f.; VGr, 27. Februar 2008, SB.2007.00082). Ausnahmsweise genügen
andere hinreichend substanziierte Vorbringen. So ist die Anfechtung einer Ermes-
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2 ST.2009.53 2 DB.2009.25
sensveranlagung auch dann möglich, und zwar ohne Nachholen der versäumten
Handlung, wenn der Steuerpflichtige aus besonderen Gründen nicht in der Lage ist,
eine vollständig ausgefüllte Steuererklärung einzureichen. Genügt die Einsprache die-
sen Erfordernissen nicht, enthält sie lediglich Beanstandungen allgemeiner Art, ist auf
die Einsprache nicht einzutreten (BGr, 19. Mai 1978, ASA 48, 195, mit weiteren Hin-
weisen; jüngst bestätigt am 5. Mai 2008, 2C 689/2007 sowie am 2. Juli 2008, StE
2009 B 95.1 Nr. 13). Allerdings dürfen die Anforderungen an die Begründung nicht
allzu hoch gestellt werden. Immerhin muss der Einsprache entnommen werden kön-
nen, was der Einsprecher an der angefochtenen Verfügung bemängelt und auf welche
tatsächlichen und rechtlichen Überlegungen er sich dabei stützt. Gemäss Recht-
sprechung muss er sich mit dieser sachbezogen befassen (VGr, 21. Januar 2009,
SB.2008.00096, auch zum Folgenden). Das bedeutet, dass die Begründung so aus-
gestaltet sein muss, dass klar wird, wo der Steuerpflichtige genau hinaus will (Zwei-
fel/Casanova, Schweizerisches Steuerverfahrensrecht, 2008, § 20 Rz. 20). Die von
ihm verfochtene Einschätzung muss nachvollziehbar und, soweit möglich, beweis-
mässig überprüfbar sein. Genügt die Einsprache diesen Anforderungen nicht, enthält
sie Beanstandungen allgemeiner Art oder ist sonst wie nicht erkennbar, wohin der
Einsprecher zielt, ist auf die Einsprache nicht einzutreten. Ob die Ermessenseinschät-
zung offensichtlich unrichtig und abzuändern ist, bleibt hingegen eine Frage der mate-
riellen Beurteilung (StE 2009 B 95.1 Nr. 13).
b) Der Pflichtige, der seit seinem Zuzug in die Schweiz Mitte 2005 offenbar
primär unselbstständig erwerbstätig war, hat es versäumt, mit der Einsprache die aus-
stehende Steuererklärung 2006 nachzureichen. Er beschränkte sich stattdessen dar-
auf, auf das erwähnte Schreiben vom 26. Februar 2008 bzw. die diesem Schreiben
angeblich beigehefteten Lohnausweise der D (Beschäftigungsdauer: 1.1.2006 -
1.10.2006) und der E (Beschäftigungsdauer: 27.11.2006 - 31.12.2006) zu verweisen.
Aus diesen Unterlagen geht – wie bereits erwähnt – hervor, dass der Pflichtige mit Be-
zug auf die erzielten Einkünfte aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit der Quel-
lensteuer unterliegt und ihm entsprechende Beträge arbeitgeberseitig auch vom Lohn
abgezogen worden sind. Dies hat ihn nach dem Gesagten indes nicht davon entbun-
den, im Hinblick auf nicht quellenbesteuertes Einkommen (z.B. solches aus selbststän-
diger Erwerbstätigkeit oder Lotteriegewinne) und Vermögen, eine vollständig ausgefüll-
te Steuererklärung samt allen notwendigen Beilagen einzureichen (vgl.
Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 93 N 6 ff.). Dass entsprechende, im ordentlichen
Verfahren zu erfassende steuerbare Komponenten vorhanden waren, steht fest, wenn
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der Pflichtige im besagten Schreiben selber einen "Lottogewinn (.. wunderbares Will-
kommensgeschenk)" sowie Vermögen auf einem Girokonto erwähnt hat.
Abgesehen von den mittels Lohnausweisen nachgewiesenen quellenbesteu-
erten Einkünften aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit (welche von der Beschäfti-
gungsdauer her nicht einmal das ganze Kalenderjahr 2006 abdecken) lagen damit die
Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Pflichtigen im Einspracheverfahren wei-
terhin völlig im Dunkeln, zumal weder der Lottogewinn noch das Vermögen quantifiziert
worden sind. Der Pflichtige hat es im Übrigen unterlassen, einen präzisen ziffernmäs-
sigen Antrag zu stellen; wohin die Einsprachen in quantitativer Hinsicht hätten zielen
sollen, war damit nicht erkennbar. Letztlich hat er nicht einmal ausdrücklich geltend
gemacht, dass die steueramtlichen Schätzungen überhöht wären; selbst aus seinem
Hinweis auf das Fehlen von weiteren "Einnahmen" (gemeint wohl solche aus Erwerbs-
tätigkeit) liess sich dies nicht ableiten, denn es verblieben noch immer die Lotterieein-
künfte in unbekannter Höhe und allfällige Vermögenserträge.
Aus alledem ergibt sich, dass von genügend begründeten und damit gültigen
Einsprachen keine Rede sein kann. Damit ist die Vorinstanz zu Recht auf die Einspra-
chen nicht eingetreten. Die angefochtenen Einspracheentscheide erweisen sich dem-
nach als rechtsbeständig.
c) Rekurs- bzw. beschwerdeweise hat der Pflichtige die Steuererklärung 2006
samt Beilagen nunmehr durch einen Vertreter beibringen lassen. Nach dem bereits
Gesagten ist es der Rekurskommission indes verwehrt, sich mit den angefochtenen
Taxationen materiell auseinander zu setzen. Soweit der Vertreter geltend macht, als im
Jahr 2005 in die Schweiz Eingereister habe der Pflichtige vom hiesigen Steuersystem
keine Ahnung gehabt, kann dies Letzterem nicht weiterhelfen, weil Rechtsunkenntnis
von vornherein kein Grund für eine Fristwiederherstellung bzw. eine Wiederherstellung
der nicht richtig genutzten Einsprachefrist sein kann (RB ORK 1957 Nr. 65 m.H.).
4. a) Mit dem Rekurs stellt der Pflichtige Antrag auf Rückerstattung der Ver-
rechnungssteuer von Fr. 7'009.80. Darauf ist aus folgenden Gründen nicht einzutreten:
b) Wird der Rückerstattungsanspruch zusammen mit der Einschätzung fest-
gesetzt, so gelten für das Verfahren einschliesslich eines Einsprache- und Rekursver-
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2 ST.2009.53 2 DB.2009.25
fahrens die Bestimmungen des StG sinngemäss (§ 13 der Verordnung über die Rück-
erstattung der Verrechnungssteuer vom 17. Dezember 1997). Damit unterliegt die An-
fechtung des Rückerstattungsanspruchs den Bestimmungen über die Einsprachefrist
(§ 140 Abs. 1 StG). Auf eine verspätete Einsprache darf die Einsprachebehörde –
Fristwiederherstellung vorbehalten – nicht eintreten.
c) Mit der Einsprache vom 5. Oktober 2008 hat der Pflichtige den vom Steuer-
amt im Einschätzungsentscheid vom 19. September 2008 auf Fr. 0.- festgesetzten
Rückerstattungsanspruch nicht angefochten. Damit ist die Rekurskommission für die
Behandlung des Antrags auf Rückerstattung nicht zuständig, sondern wäre dieser an
die Vorinstanz zur Behandlung als Einsprache zu überweisen. Indessen steht fest,
dass im Rekurszeitpunkt (25. Februar 2009) der Einschätzungsentscheid in Bezug auf
den Rückerstattungsanspruch längst in Rechtskraft erwachsen war, womit sich eine
diesbezügliche Einsprache als verspätet erweist. Bei dieser Lage der Dinge ist von
einer Überweisung abzusehen.
5. a) Nach alledem sind die Rechtsmittel abzuweisen, soweit auf diese einzu-
treten ist.
b) Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten dem Pflichtigen aufzuerlegen
(§ 151 Abs. 1 StG; Art. 144 Abs. 1 DBG).
c) Die Kostenauflage im Einspracheverfahren von Fr. 500.- ist zu bestätigen,
da der Pflichtige zu Recht nach pflichtgemässem Ermessen eingeschätzt worden ist
(vgl. § 142 Abs. 2 Satz 2 StG i.V.m. § 18 VO StG). Die Kostenhöhe ist angemessen
(Ziffer 7.1. des Protokolls der Sitzung vom 16. Dezember 1998 der Kommission für
kaufmännisches Steuerrecht i.V.m. § 21 Abs. 2 VO StG). | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
411cedf0-dbf1-4c43-831f-49373b26871f | hat sich ergeben:
A. Der pensionierte A (nachfolgend der Pflichtige) ist als Verwaltungsratsprä-
sident und in der Geschäftsleitung der C AG, D, tätig. In diesen Funktionen bezog er
2009 ein Verwaltungsratshonorar von Fr. 18'000.-, einen Lohn von Fr. 4'000.- sowie
eine pauschale Spesenvergütung von Fr. 4'000.-. In der Steuererklärung 2009 dekla-
rierten der Pflichtige und seine Frau B (nachfolgend zusammen die Pflichtigen) den
Lohn als Einkommen aus unselbstständiger Haupterwerbstätigkeit, während sie das
Verwaltungsratshonorar als Einkommen aus Nebenerwerb auswiesen. Die Pauschal-
spesen deklarierten sie nicht. Bei den Abzügen machten sie u.a. Berufsauslagen von
insgesamt Fr. 4'900.- geltend, zusammengesetzt aus den Pauschalen von Fr. 2'000.-
für übrige Berufskosten und Fr. 500.- für Weiterbildungs- und Umschulungskosten im
Zusammenhang mit der Haupterwerbstätigkeit sowie von Fr. 2'400.- im Zusammen-
hang mit der Nebenerwerbstätigkeit. Zudem deklarierten sie "weitere Abzüge" (ohne
nähere Bezeichnung) von Fr. 500.-.
Am 10. September 2010 schätzte der Steuerkommissär die Pflichtigen für die
Staats- und Gemeindesteuern 2009 mit einem steuerbaren Einkommen von
Fr. 206'100.- (satzbestimmend Fr. 220'400.-) und einem steuerbaren Vermögen von
Fr. 2'503'000.- (satzbestimmend Fr. 2'995'000.-) ein und stellte ihnen für die direkte
Bundessteuer 2009 die Veranlagung mit einem steuerbaren Einkommen von
Fr. 220'200.- in Aussicht. Dabei hatte er sowohl das Verwaltungsratshonorar des
Pflichtigen von Fr. 18'000.- als auch seinen Lohn von Fr. 4'000.- als Einkommen aus
unselbstständigem Nebenerwerb qualifiziert und diesem ausserdem die Pauschalspe-
sen von Fr. 4'000.- aufgerechnet. Entsprechend hatte er bei den Berufsauslagen man-
gels Vorliegen einer Haupterwerbstätigkeit lediglich die Pauschale für Auslagen bei
Nebenerwerb von Fr. 2'400.- gewährt. Darüber hinaus hatte er auch die "weiteren Ab-
züge" von Fr. 500.- nicht zugelassen.
Die Veranlagung der direkten Bundessteuer 2009 wurde den Pflichtigen mit
Verfügung (Steuerrechnung) der Dienstabteilung Bundessteuer des kantonalen Steu-
eramts vom 20. September 2010 formell eröffnet.
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B. Hiergegen erhoben die Pflichtigen am 29. September 2010 je Einsprache
mit dem Antrag, sie gemäss der eingereichten Steuererklärung einzuschätzen bzw. zu
veranlagen. Mit Auflage vom 20. Oktober 2010 verlangte der Steuerkommissär von
den Pflichtigen eine substanziierte Begründung für die Aufteilung der Tätigkeit des
Pflichtigen in Haupt- und Nebenerwerb, den belegten und detaillierten Nachweis über
die Verwendung der in der Steuerperiode 2009 bezogenen Spesenvergütung sowie
eine Aufstellung und Belege über die geltend gemachten "weiteren Abzüge". Am
6. November 2010 nahmen die Pflichtigen zu den in der Auflage angesprochenen
Punkten Stellung, ohne jedoch die geforderten Belege einzureichen. Folglich mahnte
der Steuerkommissär die Auflage am 29. März 2011. Nachdem die Pflichtigen darauf-
hin am 2. April 2011 erneut ihren Standpunkt kundgetan hatten, ohne entsprechende
Unterlagen einzureichen, wies der Steuerkommissär die Einsprachen am 14. Ap-
ril 2011 ab.
C. Mit Rekurs vom 12./13. Mai 2011 wiederholten die Pflichtigen ihren Ein-
spracheantrag. Das kantonale Steueramt schloss am 9. Juni 2011 auf kostenfällige
Abweisung der Rechtsmittel. Die eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht ver-
nehmen.
Auf die Parteivorbringen wird – soweit rechtserheblich – in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Die Pflichtigen brachten im Verlauf des Einspracheverfahrens mehrfach vor,
die Aufteilung der Tätigkeit des Pflichtigen in Haupt- und Nebenerwerb, wie er sie auch
in der Steuererklärung 2009 vorgenommen habe, und die entsprechenden Abzüge bei
den Berufsauslagen seien vom kantonalen Steueramt über Jahre hinweg akzeptiert
worden. Ebenso verhalte es sich mit der pauschalen Spesenvergütung, die er nie als
Einkommen deklariert habe und die vom kantonalen Steueramt nie als solches be-
trachtet worden sei. Ohne Gesetzes- oder Praxisänderung sei es nicht rechtmässig,
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1 DB.2011.85 1 ST.2011.123
bei der Einschätzung der Steuerperiode 2009 plötzlich anders zu verfahren, weshalb
sie für das Jahr 2009 gemäss ihrer (den Vorjahren entsprechenden) Deklaration einzu-
schätzen seien. Mit diesem, auch mit Beschwerde bzw. Rekurs erneut geltend ge-
machten Vorbringen dringen sie indes nicht durch. Denn Einschätzungen erwachsen
allein im Dispositiv in Rechtskraft. Frühere Veranlagungen sind für die Steuerbehörden
in den nachfolgenden Perioden grundsätzlich nicht verbindlich und stellen namentlich
auch keine individuellen, konkreten Zusicherungen an den Steuerpflichtigen dar, die
geeignet wären, bei diesem ein berechtigtes Vertrauen darauf zu erwecken, dass er
inskünftig in gleicher Weise veranlagt würde (vgl. BGr, 19. März 2003, 2P.292/2002;
BGE 88 i 240 E. 2, 81 I 5 ff; ASA 69 793 E. 2 b; StE 1997 B 93.4 Nr. 4). Eine rechtliche
Würdigung vermag darum für eine nachfolgende Taxation keine präjudizierende Wir-
kung zu entfalten (VGr, 28. Juni 2006, 2SB.2006.00005; BGr, 17. April 2007,
2A.400/2006). Die Steuerbehörde kann und muss die rechtliche Würdigung gleicher
Sachverhalte für jede Periode neu prüfen (BGr, 17. April 2007, 2A.400/2006).
Mithin können die Pflichtigen aus der Tatsache, dass die von ihnen vorge-
nommene Aufteilung der Tätigkeit des Pflichtigen in Haupt- und Nebenerwerb sowie
die Steuerneutralität der Pauschalspesen über mehrere Jahre hinweg vom kantonalen
Steueramt akzeptiert wurde, vorliegend nichts zu ihren Gunsten ableiten.
2. a) Gemäss Art. 26 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundes-
steuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 26 Abs. 1 des Steuergesetzes vom
8. Juni 1997 (StG) können unselbstständig Erwerbstätige die Berufskosten von den
Einkünften abziehen. Dazu gehören die Auslagen für den Arbeitsweg (lit. a), die Mehr-
kosten der auswärtigen Verpflegung (lit. b), die übrigen für die Ausübung des Berufs
erforderlichen Kosten (lit. c) sowie die mit dem Beruf zusammenhängenden Weiterbil-
dungs- und Umschulungskosten (lit. d). Laut Art. 26 Abs. 2 DBG bzw. § 26 Abs. 2 StG
werden für die Berufskosten gemäss § 26 Abs. 1 lit. a - c StG Pauschalansätze festge-
legt; im Fall von lit. a und c steht dem Steuerpflichtigen der Nachweis höherer Kosten
offen.
Mit Verfügung über die Pauschalierung von Berufsauslagen Unselbstständig-
erwerbender bei der Steuereinschätzung vom 16. Oktober 2000 (ZStB I Nr. 17/201, in
der hier geltenden Fassung vom 27. Oktober 2008) hat die Finanzdirektion von dieser
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Kompetenz Gebrauch gemacht. In Bezug auf die direkte Bundessteuer enthält die vom
Eidgenössischen Finanzdepartement gestützt auf Art. 26 Abs. 2 DBG erlassene Ver-
ordnung über den Abzug von Berufskosten der unselbstständigen Erwerbstätigkeit bei
der direkten Bundessteuer vom 10. Februar 1993 (SR 642.118.1, in der hier geltenden
Fassung vom 1. Januar 2009) eine analoge Regelung. Was die übrigen für die Aus-
übung des Berufs erforderlichen Kosten im Sinn von Art. 26 Abs. 1 lit. c DBG bzw. § 26
Abs. 1 lit. c StG betrifft, so sehen beide Erlasse für Auslagen wie Berufswerkzeuge
(inkl. EDV-Hard- und Software), Fachliteratur, privates Arbeitszimmer, Berufskleider
etc., jedoch ohne Weiterbildungs- und Umschulungskosten, einen Pauschalabzug von
3% des Nettolohns bzw. mind. Fr. 2'000.- und höchstens Fr. 4'000.- vor. Bei den
Staats- und Gemeindesteuern ist zudem eine Pauschale von Fr. 500.- für die Weiter-
bildungs- und Umschulungskosten gemäss § 26 Abs. 1 lit. d StG vorgesehen. Für Aus-
lagen infolge Ausübung einer Nebenbeschäftigung in unselbstständiger Stellung sind
20% der Einkünfte aus dieser, mindestens jedoch Fr. 800.- und höchstens Fr. 2'400.-
abzugsfähig. Diese Pauschale umfasst im Gegensatz zur allgemeinen Berufskosten-
pauschale sämtliche Berufskosten, also u. a. auch Fahr- und Verpflegungsmehrkosten
sowie Weiterbildungs- und Umschulungskosten (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Hand-
kommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 26 N 135 DBG und Kommentar zum harmoni-
sierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 26 N 133 StG).
b) Von einer hauptberuflichen unselbstständigen Erwerbstätigkeit (Haupter-
werbstätigkeit) wird im Allgemeinen dann gesprochen, wenn diese auf Dauer ausge-
richtet ist und wenn der Steuerpflichtige dafür den grössten Teil der für seine Erwerbs-
tätigkeit aufgewendeten Zeit und Arbeitskraft einsetzt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Art. 17 N 13 f. DBG und § 17 N 13 f StG; beide auch zum Folgenden). Die Haupter-
werbstätigkeit dient zwar in der Regel dazu, den Lebensunterhalt des Steuerpflichtigen
(und seiner Familie) zu bestreiten, doch kann aus dieser Tätigkeit auch bloss ein be-
scheidenes Einkommen erwirtschaftet werden; entscheidend ist der Umfang der auf-
gewendeten Zeit. Sie muss aber nicht zwingend einer Vollzeitbeschäftigung (zeitliche
Beanspruchung von 100% des üblichen Arbeitspensums) entsprechen. Auch eine Teil-
zeiterwerbstätigkeit kann eine Haupterwerbstätigkeit darstellen. Nebenbeschäftigung
(Nebenerwerbstätigkeit) ist eine Betätigung ausserhalb des übertragenen Aufgabenbe-
reichs, die üblicherweise dadurch gekennzeichnet ist, dass sie z.B. an einem anderen
Arbeitsort, in Benutzung anderer Hilfsmittel, ausserhalb der Arbeitszeit der Hauptbe-
schäftigung ausgeübt wird (RB 1959 Nr. 28). Sie ist in zeitlicher und finanzieller Hin-
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1 DB.2011.85 1 ST.2011.123
sicht von untergeordneter Bedeutung. In der Regel liegt eine Nebenerwerbstätigkeit
vor, wenn daneben noch eine Haupterwerbstätigkeit besteht. Trotzdem wird aber auch
dann von einer Nebenbeschäftigung gesprochen, wenn keine eigentliche hauptberufli-
che Erwerbstätigkeit (mehr) ausgeübt wird, die Erwerbstätigkeit also nur eine unterge-
ordnete Bedeutung hat und der Steuerpflichtige seinen Lebensunterhalt zur Hauptsa-
che aus andern Quellen als seiner Erwerbstätigkeit bestreitet. Dies ist häufig bei
Studenten und Rentnern der Fall.
c) aa) Die Pflichtigen sind Rentner und bezogen als solche im Jahr 2009 eine
AHV-Rente von je Fr. 20'520.- sowie eine Altersrente aus der Pensionskasse des
Pflichtigen von Fr. 159'852.-, insgesamt also Rentenleistungen von Fr. 200'892.-.
Daneben erhielt der Pflichtige aus seinen Tätigkeiten als Verwaltungsratspräsident und
in der Geschäftsleitung der C AG Entschädigungen von insgesamt Fr. 22'000.-, zuzüg-
lich einer pauschalen Spesenvergütung von Fr. 4'000.-. Wie gesehen ist – entgegen
der Ansicht der Pflichtigen – das Vorliegen einer Nebenerwerbstätigkeit auch ohne
Haupterwerbstätigkeit möglich, nämlich dann, wenn die Erwerbstätigkeit eine unterge-
ordnete Bedeutung hat und der Lebensunterhalt zur Hauptsache aus anderen Quellen
bestritten wird. Diese Situation, die gerade bei Rentnern häufig vorkommt, ist offen-
sichtlich auch beim Pflichtigen gegeben. Denn im Jahr 2009 war das Einkommen aus
der Erwerbstätigkeit des Pflichtigen (Fr. 22'000.-) gegenüber dem Renteneinkommen
(Fr. 200'892.-) völlig unbedeutend und diente Letzteres somit zur Hauptsache der
Bestreitung des Lebensunterhalts der Pflichtigen. Demnach weist die Erwerbstätigkeit
des Pflichtigen eindeutig eine untergeordnete Bedeutung auf und stellt somit gesamt-
haft (Tätigkeit im Verwaltungsrat und in der Geschäftsleitung) eine Nebenerwerbstätig-
keit im erwähnten Sinn dar. Mithin ist die Umqualifikation der Entschädigung für die
Geschäftsleitungstätigkeit des Pflichtigen von Fr. 4'000.- in Einkommen aus Nebener-
werb durch das kantonale Steueramt nicht zu beanstanden.
bb) Nach dem Gesagten erzielten die Pflichtigen neben ihrem Rentenein-
kommen im Jahr 2009 einzig ein Einkommen aus Nebenerwerb. Folglich sind sie aber
auch nur zum Abzug der damit zusammenhängenden Berufskostenpauschale von 20%
des Einkommens bzw. höchstens Fr. 2'400.- berechtigt, während sie die bei einer
Haupterwerbstätigkeit gegebenen Pauschalabzüge von Fr. 4'000.- für übrige Berufs-
kosten sowie Fr. 500.- für Weiterbildungs- und Umschulungskosten nicht geltend ma-
chen können. Ein höherer Abzug als die vorgesehene Pauschale stünde ihnen nur
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1 DB.2011.85 1 ST.2011.123
dann zu, wenn sie höhere tatsächliche Kosten nachweisen würden, was sie jedoch
nicht getan haben. Mithin hat ihnen das kantonale Steueramt zu Recht nur den Pau-
schalabzug für Auslagen bei Nebenerwerb im Höchstbetrag von Fr. 2'400.- gewährt.
d) Was den unter "weitere Abzüge" deklarierten Betrag von Fr. 500.- betrifft,
bleibt anzumerken, dass die Pflichtigen für diesen als steuermindernde Tatsache be-
weispflichtig sind. Sie erklären jedoch lediglich, es handle sich hierbei um Computer-
kosten (Abschreibung, Sicherungs- und Programmkosten) im Zusammenhang mit der
Tätigkeit des Pflichtigen für die C AG, ohne dafür entsprechende Belege vorzulegen.
Damit aber haben sie diesen Abzug weder ausreichend substanziiert noch nachgewie-
sen und hat ihn das kantonale Steueramt zu Recht nicht gewährt.
3. a) Spesenvergütungen bilden Auslagenersatz und sind daher einkommens-
seitig steuerneutral. Anders verhält es sich, wenn Beiträge an die Berufskosten wie
zum Beispiel für den Arbeitsweg ausgerichtet werden. Hier erhält der Arbeitnehmer
einen geldwerten Vorteil, der zu seinem Einkommen zählt. Ebenso handelt es sich um
Lohnbestandteil, wenn Vergütungen höher sind als die effektiven Auslagen. Dies ist
insbesondere bei Pauschalspesen der Fall. Sie sind in vollem Umfang den steuerbaren
Einkünften anzurechnen, sofern sie nicht auf einem genehmigten Spesenreglement
beruhen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 17 N 50 ff. DBG und § 17 N 49 ff. StG).
b) Der Pflichtige erhielt im Jahr 2009 von der C AG eine Pauschalspesenver-
gütung von Fr. 4'000.-, wobei diese nicht auf einem genehmigten Spesenreglement
beruhte. Folglich ist dieser Betrag zum steuerbaren Einkommen zu rechnen, es sei
denn, der Pflichtige weise dessen tatsächliche Verwendung mit entsprechenden Bele-
gen nach. Dies hat er jedoch weder im Einspracheverfahren noch mit Beschwer-
de/Rekurs getan. Der Pflichtige moniert, die Pauschalspesenvergütung sei seit der
Steuerperiode 2002 "unverändert und seitens des Steueramts genehmigt worden".
Zudem sei ein Nachweis mit Belegen bei Pauschalspesen hinfällig, weshalb er auch
keine Belege aufbewahrt habe. Mit diesen Vorbringen dringt er jedoch nicht durch. Wie
bereits erwähnt sind frühere Veranlagungen für die Steuerbehörden in den nachfol-
genden Perioden nicht verbindlich, sondern prüft die Steuerbehörde die rechtliche
Würdigung gleicher Sachverhalte für jede Periode neu. Damit kann nicht die Rede da-
von sein, das kantonale Steueramt habe die Pauschalspesenvergütung von Fr. 4'000.-
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1 DB.2011.85 1 ST.2011.123
genehmigt. Auch wenn diese während mehreren Jahren stets als Spesenvergütung
anerkannt und nicht zum steuerbaren Einkommen gerechnet wurde, so liegt doch nach
wie vor kein genehmigtes Spesenreglement vor, das die steuerneutrale Auszahlung
von Pauschalspesen ermöglicht. Somit ist nicht zu beanstanden, dass das kantonale
Steueramt die Pauschalspesenvergütung in der Steuerperiode 2009, anders als in den
Vorjahren aber in Übereinstimmung mit den geltenden Vorschriften, beim steuerbaren
Einkommen aufgerechnet hat. Wenn der Pflichtige nun geltend macht, dass mit der
Pauschalspesenvergütung tatsächlich angefallene Kosten (steuerneutral) ersetzt wur-
den, handelt es sich hierbei um eine steuermindernde Tatsache, für welche er beweis-
belastet ist. Nachdem er diesen Beweis – aus welchen Gründen auch immer – nicht
erbracht hat, muss es dabei sein Bewenden haben, dass die Pauschalspesenvergü-
tung in vollem Umfang steuerbares Einkommen darstellt.
4. Nach alledem sind die Einspracheentscheide des kantonalen Steueramts
vom 14. April 2011 zu bestätigen und die Rechtsmittel abzuweisen. Die Verfahrenskos-
ten sind ausgangsgemäss den Pflichtigen aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG und
§ 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
422d360a-bf0c-4731-af1a-f0dd505863f4 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) ist Eigentümer der C. Der Steuerkommissär
stellte fest, dass im Geschäftsjahr 1.1. - 31.12.2008 Honorar-Einkünfte von der D, der
einzigen Kundin des Pflichtigen, direkt auf ein auf den Namen des Pflichtigen lauten-
des Bankkonto einbezahlt und in der Buchhaltung der C, jeweils über das Kontokor-
rentkonto verbucht worden waren. Im Einschätzungsentscheid vom 27. Juli 2010 hielt
er fest, dass die dadurch entstandene überhöhte Forderung der C gegenüber ihrem
Gesellschafter als simuliertes Darlehen zu betrachten sei und eine verdeckte Gewinn-
ausschüttung an diesen darstelle, soweit sie die praxisgemäss anerkannte Kredit-
Obergrenze von Fr. 50'000.- übersteige. Gestützt darauf erfasste er den Endbestand
des Kontokorrents von Fr. 122'822.- abzüglich der Kreditobergrenze von Fr. 50'000.-,
somit Fr. 72'822.-, als verdeckte Gewinnausschüttung an den Pflichtigen (aus qualifi-
zierter Beteiligung). Weiter stellte der Steuerkommissär fest, dass die C einen Lohn-
aufwand von Fr. 170'000.- belastet hatte, der Lohnausweis des Pflichtigen indessen
nur auf Fr. 120'0000.- lautete und Fr. 50'000.- als transitorische Passiven verbucht
worden waren. Da kein Grund hierfür ersichtlich sei, rechnete er die Fr. 50'000.- beim
Lohn des Pflichtigen hinzu. Gestützt auf diese Erwägungen schätzte er den Pflichtigen
und dessen Ehefrau B (zusammen die Pflichtigen) für die Staats- und Gemeindesteu-
ern 2008 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 255'500.- (davon Ertrag aus quali-
fizierter Beteiligung Fr. 72'800.-) bzw. einem satzbestimmenden Einkommen von Fr.
259'200.- und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 782'000.- (satzbestimmend
Fr. 965'000.-) sowie für die direkte Bundessteuer mit einem steuerbaren Einkommen
von Fr. 247'500.- (satzbestimmend Fr. 251'100.-) ein. Die Schlussrech-
nung/Veranlagungsverfügung direkte Bundessteuer wurde am 23. August 2010 ver-
sandt.
B. Die Pflichtigen liessen am 9. September 2010 je Einsprache erheben und
beantragen, auf die Aufrechnungen zu verzichten.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen am 29. September 2010 ab.
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1 DB.2010.234 1 ST.2010.329
C. 1. Hiergegen liessen die Pflichtigen am 29. Oktober 2010 Beschwerde bzw.
Rekurs erheben und beantragen, auf die Aufrechnungen zu verzichten. Vor der Grün-
dung der C im Herbst 2007 habe der Pflichtige die Geschäfte in der Form einer Einzel-
firma geführt. Die Zahlungen eines Grosskunden seien irrtümlich weiterhin über ein
privates Fremdwährungskonto geflossen. Seit Ende 2009 würden die Zahlungen auf
das Firmenkonto der Gesellschaft geleistet. Die C habe dem Pflichtigen kein Darlehen
gewährt, sondern es habe sich um ein Kontokorrent gehandelt, welches durch falsche
Zahlungseingänge entstanden sei. Das Kontokorrent sei zudem jederzeit gedeckt ge-
wesen, und im Herbst 2009 sei es wieder ausgeglichen worden. Die praxisgemässe
Kreditgrenze von Fr. 50'000.- sei zudem zu tief. Beim ebenfalls streitigen Lohnanteil
von Fr. 50'000.- handle es sich um den Bonus 2008; dieser sei zurückgestellt und erst
nach Vorliegen des provisorischen Abschlusses Mitte 2009 gutgeschrieben worden,
sodass der Anspruch darauf erst 2009 entstanden sei. Auf die entsprechenden Ein-
wendungen in der Einsprache sei das kantonale Steueramt nicht eingegangen.
Das kantonale Steueramt schloss am 25. November 2010 auf Abweisung der
Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen.
2. Mit Verfügung vom 5. Januar 2011 wurde den Pflichtigen Frist angesetzt,
um die 2008 geltenden Verträge mit der D vorzulegen. Am 7. Februar 2011 reichten sie
eine Bestätigung des Vertragspartners ein. Das kantonale Steueramt nahm dazu am
23. Februar 2011 Stellung. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Die bisherigen Steuerrekurskommissionen sind per 1. Januar 2011 zum
Steuerrekursgericht mutiert (vgl. §§ 112 - 118a und §§ 147 - 153 des Steuergesetzes
in der alten und neuen Fassung vom 8. Juni 1997 bzw. 13. September 2010, StG). Das
vorliegende, noch bei der Steuerrekurskommission I eingegangene Geschäft ist als
Folge dieser Änderung der 1. Abteilung des Steuerrekursgerichts zugeteilt worden und
wird unter den bisherigen Geschäftsnummern weitergeführt.
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1 DB.2010.234 1 ST.2010.329
2. Umstritten ist die Aufrechnung einer verdeckten Gewinnausschüttung der C
an den Pflichtigen. Der Steuerkommissär erblickt eine solche im Zusammenhang mit
dem Stand des Kontokorrents des Pflichtigen bei der Gesellschaft per 31. Dezember
2008 von Fr. 122'821.-, welches er im Fr. 50'000.- übersteigenden Betrag als simulier-
tes Darlehen qualifiziert.
a) aa) Nach Art. 20 Abs. 1 lit. c des Bundesgesetzes über die direkte Bundes-
steuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 20 Abs. 1 lit. c des Steuergesetzes vom
8. Juni 1997 (StG) sind u.a. Einkünfte aus beweglichem Vermögen steuerbar, wie Divi-
denden, Gewinnanteile, Liquidationsüberschüsse, Kapitalrückzahlungen für Gratisakti-
en und geldwerte Vorteile aus Beteiligungen aller Art. Zu den letztgenannten Leistun-
gen gehören namentlich auch offene und verdeckte Gewinnausschüttungen sowie
Zuwendungen von Aktiengesellschaften an die Anteilsinhaber oder ihnen nahestehen-
de Dritte, die einem Aussenstehenden nicht oder zumindest nicht in gleichem Masse
gewährt würden. Geldwerte Leistungen in letzterem Sinn sind nach der Rechtspre-
chung immer dann anzunehmen, wenn (a) die Gesellschaft keine oder keine gleichwer-
tige Gegenleistung erhält, (b) der Aktionär bzw. Anteilsinhaber direkt oder indirekt (z.B.
über eine ihm nahestehende Person oder Unternehmung) einen Vorteil erhält, der ei-
nem Dritten unter gleichen Bedingungen nicht zugebilligt worden wäre, die Leistung
also insofern ungewöhnlich ist, und (c) der Charakter dieser Leistung für die Gesell-
schaftsorgane erkennbar war (vgl. BGE 119 Ib 116 E. 2; 115 Ib 274 E. 9b, je mit weite-
ren Hinweisen).
Der Grund solcher Vorteilszuwendungen liegt nicht in der Geschäftstätigkeit
der Gesellschaft, sondern im Beteiligungsverhältnis. Mit der Ausrichtung von geldwer-
ten Vorteilen kommt die Gesellschaft nicht geschäftlichen Verpflichtungen nach, son-
dern verwendet Gewinn im Interesse ihrer Aktionäre (Art. 660 OR; Markus Reich, Ver-
deckte Vorteilszuwendungen zwischen verbundenen Unternehmen, in: ASA 54, 621 f.).
Ob eine Leistung der Gesellschaft an den Anteilsinhaber gerade wegen dieser Eigen-
schaft erfolgt ist und einem Dritten nicht erbracht worden wäre, bestimmt sich danach,
ob die Leistung ungewöhnlich ist und sich mit einem sachgemässen Geschäftsgebaren
nicht vereinbaren lässt, also als geschäftsmässig nicht begründet erscheint (BGE 113
Ib 23 E. 2c). Anzustellen ist dazu ein Drittvergleich. Dabei sind in jedem Einzelfall alle
konkreten Umstände des zwischen der Gesellschaft und dem Anteilseigner abge-
schlossenen Geschäfts zu berücksichtigen und es muss davon ausgehend bestimmt
werden, ob das Geschäft in gleicher Weise mit einem der Gesellschaft nicht Verbun-
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1 DB.2010.234 1 ST.2010.329
denen auch abgeschlossen worden wäre (BGr, 10. November 2000 = StE 2001 B 24.4
Nr. 58 und ASA 66, 554 und 559).
bb) Darlehen an Aktionäre oder diesen nahestehende Personen können in
verschiedenen Konstellationen verdeckte Gewinnausschüttungen darstellen. Denkbar
ist zunächst, dass bereits die Darlehensgewährung als eine solche zu qualifizieren ist;
dann nämlich, wenn das Darlehen simuliert ist, d.h. der Darlehensgläubiger mit einer
Rückzahlung gar nie ernsthaft rechnet und der Darlehensschuldner eine solche gar nie
ernsthaft beabsichtigt. Besteht zwar zunächst ein Rückforderungs- bzw. Rückzah-
lungswille, geht indessen während der Laufzeit des Darlehens aus der Gesamtheit der
Umstände hervor, dass dieser ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr vorhanden
ist (z.B. Darlehen mit dauernder Aufsummierung der Darlehenszinsen), so erfolgt die
verdeckte Gewinnausschüttung zu jenem Zeitpunkt, an dem Rückforderungs- bzw.
Rückzahlungswille erlöschen. Schliesslich kann eine verdeckte Gewinnausschüttung
auch im Zusammenhang mit dem Erlöschen der Darlehensforderung erfolgen, nämlich
dann, wenn die Gesellschaft ohne sachlichen Grund auf die Rückzahlung des Darle-
hens verzichtet (vgl. zum Ganzen Louis Bochud, Darlehen an Aktionäre, 1991, S. 293
ff.).
Die Rechtsprechung hat verschiedene Indizien entwickelt, welche auf die Si-
mulation eines zwischen Aktiengesellschaft und Aktionär abgeschlossenen Darlehens-
geschäfts schliessen lassen (ASA 53, 54 ff.; StE 1989 B 24.4 Nr. 17; André Rouiller,
Geldwerte Leistungen in Form von Aktionärsdarlehen, ASA 55, 3 ff.; alle auch zum
Folgenden):
– fehlender schriftlicher Darlehensvertrag über Höhe und Rückzahlung des sowie über dessen Verzinsung;
– fehlende Bonität des Schuldners;
– Kumulierung von Darlehen und Novation der Zinsen in eine zusätzliche ;
– fehlende effektive Rückzahlungen;
– aussergewöhnliche Höhe des Darlehens;
– laufende Erhöhung der Schuldsumme;
– fehlende Dividendenzahlungen;
– fehlender Zusammenhang des hohen Darlehens mit dem statutarischen Zweck der Gesellschaft.
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1 DB.2010.234 1 ST.2010.329
All diese Elemente stellen bloss Teile der erforderlichen Gesamtbetrachtung
des Einzelfalls dar. Diese hat grundsätzlich aus der Sicht im Zeitpunkt des Vertragsab-
schlusses bzw. der Hingabe des Darlehensbetrags zu erfolgen; spätere Entwicklungen
können nur insoweit berücksichtigt werden, als sie zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt
oder zumindest absehbar waren (BGr, 3. Februar 1995 = ASA 64, 641 und 646).
cc) Macht die Steuerbehörde geltend, ein Darlehen sei simuliert, hat sie auf-
grund ihrer Untersuchungen den steuerbegründenden Tatbestand der Simulation auf-
zuzeigen (vgl. StE 1990 B 24.4. Nr. 25). Dabei dürfen die Anforderungen an den
Nachweis der Steuerbehörde naturgemäss nicht allzu hoch angesetzt werden. Es ge-
nügt vielmehr, dass sie den behaupteten Sachverhalt glaubhaft macht bzw. dass sich
dieser in sachgemässer Würdigung der Verhältnisse als sehr wahrscheinlich erweist
(vgl. StRK I, 16. Dezember 1991, R 148/90). Diesfalls obliegt es alsdann der steuer-
pflichtigen Gesellschaft bzw. dem begünstigten Aktionär, die Vermutung zu entkräften
und den Gegenbeweis für die geschäftsmässige Begründetheit der streitigen Leistung
zu erbringen. Die Begünstigungsabsicht des Leistungserbringers darf bei alledem in
der Regel ohne besonderen Nachweis der Steuerbehörden vorausgesetzt werden
(vgl. VGr, 24. November 1977 = ZBl 1978, 265 = ZR 1978 Nr. 59).
b) Die Annahme eines simulierten Darlehens geht nach dem Gesagten davon
aus, dass einer Gesellschaft dauerhaft Gewinn entzogen wird, indem nicht damit zu
rechnen ist, dass ein Aktionärsdarlehen je zurückbezahlt wird. Gerade diese Voraus-
setzung ist im vorliegenden Fall indessen nicht erfüllt:
Gemäss Jahresrechnung 1.1. - 31.12.2008 der C verfügte diese per 31. De-
zember 2008 über Aktiven von Fr. 148'392.-, wovon die ausstehende Kontokorrent-
schuld des Pflichtigen mit Fr. 122'821.- die weitaus wichtigste Position darstellt. Per 31.
Dezember 2009 reduzierte sich der Stand des Kontokorrents des Pflichtigen indessen
bereits wieder auf Fr. 43'334.-, wobei soweit ersichtlich sämtliche Ausgaben der C von
diesem unter Abbuchung auf dem Kontokorrent bestritten wurden. Bei einem Betrag
unter Fr. 50'000.- geht indessen auch die Vorinstanz von einer noch akzeptablen Höhe
des Aktionärskredits aus.
Wenn demnach der Kredit im folgenden Geschäftsjahr bereits wieder auf ei-
nen akzeptablen Stand reduziert wurde, kann nicht davon ausgegangen werden, dass
die Gesellschaft schon bei der Gewährung des Kredits keine Rückzahlung mehr erwar-
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tete und der Pflichtige keine solche beabsichtigte. Zwar ist die Frage der Rückzah-
lungs-Bereitschaft aufgrund der Verhältnisse bei Darlehensgewährung zu beurteilen;
es erscheint aber als überspannt, dabei die Ereignisse des unmittelbar folgenden Jah-
res vollständig ausser Acht zu lassen. Anders wäre allenfalls zu entscheiden, wenn die
Rückzahlungen 2009 erst nachträglich als Reaktion auf die steueramtlichen Vorhaltun-
gen verbucht worden wäre. Solche nachträgliche Manipulationen des Abschlusses
wären zwar noch möglich gewesen: Die Frage der Simulation stellte sich für die Pflich-
tigen erkennbar erstmals mit Auflage vom 10. März 2010 an die Gesellschaft. Zu die-
sem Zeitpunkt hätte die Buchhaltung 1.1. - 31.12.2009 an sich noch angepasst werden
können (Ausdruck am 8. September 2010). Ohne konkrete Hinweise in den Akten
rechtfertigt sich aber eine solche Annahme nicht. Dies gilt umso mehr, als die Ausrich-
tung eines Bonus an den Pflichtigen von Fr. 50'000.- bereits im Geschäftsjahr 2008
feststand (vgl. E. 3.) sowie die Ausschüttung einer Dividende – sie wurde ihm per 23.
August 2009 mit Fr. 19'500.- gutgeschrieben – aufgrund des sich schon 2008 abzeich-
nenden guten Geschäftsergebnisses wohl ebenfalls schon mit Abschluss des Ge-
schäftsjahres 2008 klar war. Dass ihm diese beiden Betreffnisse sodann auf dem Kon-
tokorrentkonto gutgeschrieben würden, lag auf der Hand. Damit war die massgebliche
Reduktion seiner Kontokorrentschuld aber sicher per Ende 2008 schon absehbar,
weshalb nicht von einer fehlenden Rückzahlungs-Bereitschaft des Pflichtigen für diese
Schuld gesprochen werden kann.
Damit fehlt es bereits an einer unerlässlichen Voraussetzung einer Darlehens-
simulation und ist der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung – ungeachtet
der weiteren Voraussetzungen – die Grundlage entzogen.
c) aa) Indessen ist einzuräumen, dass der hohe Grad gegenseitiger Verflech-
tungen zwischen dem Pflichtigen und der C Fragen aufwirft:
So war die Gesellschaft wirtschaftlich vollständig von ihm abhängig. Sie hatte
neben der besagten Kontokorrentforderung keine weiteren nennenswerten Aktiven
ausser rund Fr. 20'000.- Anlagevermögen; insbesondere wies ihr eigenes Bankkonto
einen Saldo von Fr. 0.- auf. Die Höhe des ausstehenden Kredits per 31. Dezember
2008 stellt damit ein Klumpenrisiko dar; überdies hing die Liquidität der Gesellschaft
allein von der Rückzahlungsbereitschaft des Pflichtigen ab. Diverse Umstände erwe-
cken zudem den Verdacht, dass die C keine eigene wirtschaftliche Tätigkeit entwickelt
hat. Die Kundenzahlungen von Fr. 280'200.- erfolgten ausnahmslos auf das private
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Bankkonto des Pflichtigen, wo sie in der Folge verblieben. Die Bestätigung der D vom
17. September 2007 deutet darauf hin, dass der Pflichtige Vertragspartner war. Dies
wird dadurch untermauert, dass er bereits vor der Gründung der C für dieselbe Kundin
als Selbstständigerwerbender tätig war. Mithin fragt es sich, was denn überhaupt die
wirtschaftliche Funktion der C im Zusammenhang mit den Geschäftsbeziehungen zur
D war.
All diese Umstände ändern aber nichts daran, dass die grundlegende Voraus-
setzung der Darlehenssimulation, nämlich die Absicht, der Gesellschaft dauernd Mittel
zu entziehen, nicht erfüllt war. Mithin handelt es sich hier nicht um einen Anwendungs-
fall der Praxis und Rechtsprechung zur Darlehenssimulation. Vielmehr stellt sich die
Frage, ob die Gesellschaft überhaupt über eine eigene wirtschaftliche Existenz verfüg-
te, d.h. ob sich hier nicht vielmehr ein "Durchgriff" auf den Pflichtigen aufdrängt.
bb) Die rechtliche Selbstständigkeit juristischer Personen ist grundsätzlich
zu beachten; dies gilt selbst bei atypischen Erscheinungen wie der Einmannaktien-
gesellschaft, die eine eigene Rechtspersönlichkeit hat und rechtlich nicht schlechthin
mit der beherrschenden Person identifiziert wird. Nach der bundesgerichtlichen Recht-
sprechung ist indessen ausnahmsweise über die rechtliche Selbstständigkeit der juris-
tischen Person hinwegzusehen, wenn sie im Einzelfall rechtsmissbräuchlich, gegen
Treu und Glauben geltend gemacht wird; in einem solchen Fall kann es sich rechtferti-
gen, vom beherrschten auf das beherrschende Subjekt oder umgekehrt "durchzugrei-
fen" (BGE 102 III 165 E. II; BGE 121 III 319 E. 5a/aa; BGr, 12. Februar 2002,
5C.209/2001 mit weiteren Hinweisen). Vorausgesetzt ist, dass die Gründung
und die Führung der infrage stehenden juristischen Person missbräuchlichen Zielset-
zungen dient, d.h. wenn sie im Grund einzig zum Zweck der Steuerumgehung erfolgt
(vgl. ASA 16, 213 E. 2). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung liegt eine
Steuerumgehung vor, wenn das gewählte Vorgehen dem wirtschaftlichen Sachverhalt
nicht entspricht, eine erhebliche Steuerersparnis eintreten würde und der ungewöhnli-
che Weg nur aus Gründen der Steuerersparnis gewählt wurde (ASA 64, 80, E. 3b mit
zahlreichen Hinweisen). Sind diese drei Voraussetzungen erfüllt, so ist der Besteue-
rung die Rechtsgestaltung zugrunde zu legen, die sachgemäss gewesen wäre, um den
erstrebten wirtschaftlichen Zweck zu erreichen.
cc) Es kann offen bleiben, ob die steuerliche Anerkennung der Selbstständig-
keit der C der wirtschaftlichen Situation entspricht, da bereits Hinweise auf eine erheb-
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liche Steuerersparnis fehlen. Aufgrund der Verhältnisse ist der Vergleich mit der Situa-
tion des Pflichtigen als Selbstständigerwerbender zu ziehen, wie sie ja auch vor der
Gründung der C bestanden hat. Diesfalls ist – jedenfalls bei der vorliegenden Aktenla-
ge – insgesamt kein wesentlicher Unterschied in der Steuerbelastung ersichtlich. Die
Gewinnungskosten wären in ungefähr gleichem Ausmass auch diesfalls abzugsfähig;
ein Unterschied ergibt sich indessen darin, dass die Gesellschaft die auf sie entfallen-
den direkten Steuern (vorliegend verbucht Fr. 9'900.-) zum Abzug bringen kann. Weiter
hat der Pflichtige den Gewinn der Gesellschaft von Fr. 41'864.- im Umfang von Fr.
30'000.- als Dividende bezogen und damit offenkundig keine Thesaurierung des Ge-
winns im Hinblick auf eine späteren Verkauf und privaten Kapitalgewinn angestrebt.
Eine überschlagsmässige Berechnung der Steuerfolgen – unter Einbezug der in der
nachstehenden Erwägung behandelten Aufrechnung des Lohnanteils von Fr. 50'000.-
sowie der Dividende – zeigt denn auch keine wesentlichen Unterschiede in der Steuer-
belastung zwischen den beiden Varianten.
d) Gestützt darauf ist von einer einkommensseitigen Aufrechnung der als ver-
deckte Gewinnausschüttung qualifizierten Fr. 72'822.- abzusehen und sind der Rekurs
bzw. die Beschwerde diesbezüglich gutzuheissen.
3. Der Steuerkommissär hat ferner festgestellt, dass die Gesellschaft einen
Lohnaufwand von Fr. 170'000.- verbucht hat, der Lohnausweis des Pflichtigen indes-
sen lediglich auf Fr. 120'000.- lautet, und hat die Differenz von Fr. 50'000.- beim Ein-
kommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit aufgerechnet. Die Pflichtigen wenden
ein, dass es sich dabei um den Bonus gehandelt habe, welcher zurückgestellt und erst
2009 nach Vorliegen des provisorischen Abschlusses festgestanden sowie ausbezahlt
worden und deshalb 2008 noch nicht zugeflossen sei. Dies hätten sie bereits mit der
Einsprache geltend gemacht; das kantonale Steueramt sei aber im Einspracheent-
scheid nicht darauf eingegangen.
a) Letztere Rüge trifft zu. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss
Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV) leitet sich unter anderem
eine Begründungspflicht der Behörden in Bezug auf ihre Entscheide ab. Die Begrün-
dung ist so abzufassen, dass der Steuerpflichtige dadurch in die Lage versetzt wird, die
Tragweite der Entscheidung zu erkennen und die Überlegungen nachzuvollziehen,
welche die Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat (Zweifel/Casanova,
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Schweizerisches Steuerverfahrensrecht, 2008, § 15 N 42 f.; vgl. auch BGr, 25. März
2010, 2C_514/2009, E. 3.1). Das kantonale Steueramt macht entgegen diesem Grund-
satz im Einspracheentscheid keinerlei Ausführungen zu den in der Einsprache erhobe-
nen Einwendungen bezüglich der aufgerechneten Fr. 50'000.- und hat damit seine Be-
gründungspflicht verletzt.
Verletzungen des rechtlichen Gehörs können im Verfahren vor der nachfol-
genden Rechtsmittelinstanz ausnahmsweise geheilt werden, wenn eine Rückweisung
zu einem reinen Selbstzweck und mit den Interessen an einer beförderlichen Beurtei-
lung kaum zu vereinbaren wäre und die Rechtsmittelinstanz uneingeschränkte Über-
prüfungsbefugnis besitzt und hiervon Gebrauch macht (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 114 N 13 DBG und Kommentar zum har-
monisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 124 N 12 StG). Diese Voraussetzun-
gen sind hier erfüllt. Das Steuerrekursgericht entscheidet mit voller Kognition. Das kan-
tonale Steueramt hat die Gründe für die Aufrechnung im Einschätzungsentscheid
eingehend dargelegt und in der Rekurs-/Beschwerdeantwort hierzu nochmals Ausfüh-
rungen gemacht. Die Letztere ist den Pflichtigen zugestellt worden. Sie waren deshalb
über die Gründe des kantonalen Steueramts für die Aufrechnung informiert und es
stand ihnen frei, sich hierzu zu äussern. Damit ist der Verfahrensmangel geheilt.
b) aa) Ein Unselbstständigerwerbender erzielt sein Erwerbseinkommen in der
Regel in derjenigen Periode, in der er seine Arbeitsleistung erbringt, da er damit einen
festen und frei verfügbaren Anspruch auf sein Gehalt erwirbt (RB 2006 Nr. 87 = StE
2007 B 22.1 Nr. 4; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 210 N 34 ff. DBG und § 50 N 29
ff. StG, auch zum Folgenden). Die Lohnforderung entsteht deshalb fortlaufend mit der
Erbringung der Arbeitsleistung, wird aber erst am Ende jedes Monats fällig (Art. 323
Abs. 1 OR). Am Monatsende ist daher der vertragliche Lohnanspruch gesichert und
das entsprechende Einkommen grundsätzlich realisiert. Zulagen zum Normallohn (wie
Gratifikationen, Bonus, Sondervergütungen) realisiert der Arbeitnehmer erst dann,
wenn sie ihm vom Arbeitgeber zugesichert oder tatsächlich ausgerichtet werden (StE
1997 B 64.1 Nr. 6). Sie sind jener Bemessungsperiode zuzuordnen, in welcher der
Arbeitnehmer einen festen Rechtsanspruch auf die Vergütung erworben hat, und zwar
ohne Rücksicht darauf, in welchen Zeitraum die abgegoltene Arbeitsleistung fällt. Allein
der Umstand, dass die Zahlungen gestützt auf die persönlichen Leistungen und dem
Geschäftsergebnis jeweils im Folgejahr erfolgten, belegt noch nicht unumstösslich,
dass der Zufluss auch erst im Folgejahr stattfand. Es ist nämlich auch denkbar, dass
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die Höhe des Bonus aufgrund eines Zwischenabschlusses oder anderer vor Ablauf des
Geschäftsjahr verfügbarer Kennzahlen festgesetzt oder dass aus andern Gründen
schon Ende Jahr ein fester Rechtsanspruch begründet wurde (BGr, 16. Juni 2004,
2A.471/2003). Bezüge, deren Auszahlungszeitpunkt der Unselbstständigerwerbende
dank seiner beherrschenden Stellung in der Arbeitgeberfirma frei bestimmen kann,
sind in der Periode zu erfassen, in welcher die Arbeitsleistung erbracht wurde, falls für
eine spätere Auszahlung keine unternehmerischen Gründe sprechen (BGr, 12. No-
vember 2008, 2C_144/2008).
bb) Es ist unbestritten, dass Fr. 50'000.- Lohnaufwand mit dem Gegenkonto
transitorische Passiven verbucht wurden. Implizit besteht auch Übereinstimmung unter
den Parteien, dass neben dem Pflichtigen keine weiteren Angestellten beschäftigt wa-
ren, sodass der verbuchte Lohnaufwand von Fr. 170'000.- nur den Lohn des Pflichtigen
betrifft. Weiter ist unbestritten, dass der Lohn von Fr. 170'000.- ein Entgelt für die vom
Pflichtigen 2008 erbrachte Arbeitsleistung darstellt.
Entsprechend der allgemeinen Regel des Zuflusses von unselbstständigem
Erwerbseinkommen ist demnach auch der gesamte Lohnspruch 2008 sukzessive mit
der Erbringung der Arbeitsleistung entstanden und damit in diesem Jahr zugeflossen.
Nicht weiter hilft den Pflichtigen ihr Einwand, es habe sich um einen Bonus gehandelt,
welcher erst 2009 nach Erstellung eines Zwischenabschlusses festgestanden habe.
Der Sachdarstellung des kantonalen Steueramts, dass die gesamten Honorareinkünfte
über das private Bankkonto des Pflichtigen einvernahmt worden sind und sich damit
am 31. Dezember 2008 sämtliche Geldmittel der C in seinem Herrschaftsbereich be-
fanden, wird von den Pflichtigen nicht widersprochen; damit war aber der Pflichtige per
31. Dezember 2008 bereits effektiv im Besitz der betreffenden Geldsumme und war
damit der Bonus ihm bereits ausbezahlt worden. Kommt hinzu, dass der Pflichtige als
beherrschender Anteilsinhaber den Zeitpunkt der Bezüge frei bestimmen konnte und
sich offenkundig für eine Auszahlung bereits 2008 entschieden hatte. Gründe für eine
transitorische Verbuchung sind bei dieser Gestaltung der Verhältnisse nicht erkennbar.
Insgesamt ergibt dies einen Zufluss des Betrags noch in der Steuerperiode 2008.
4. Der nach dem Gesagten zu Unrecht als verdeckte Gewinnausschüttung
aufgerechnete Kredit von Fr. 72'822.- ist ebenfalls im steuerbaren bzw. satzbestim-
- 12 -
1 DB.2010.234 1 ST.2010.329
menden Vermögen wieder als Schuld zum Abzug zuzulassen. Dies ergibt ein steuerba-
res Vermögen von Fr. 782'000.- (satzbestimmend Fr. 965'000.-).
5. Gestützt auf diese Erwägungen sind die Beschwerde und der Rekurs teil-
weise gutzuheissen. Bei diesem Ausgang sind die Kosten den Parteien anteilsmässig
aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG, § 151 Abs. 1 StG).
Die vertretenen Pflichtigen haben keine Parteientschädigung verlangt, sodass
ihnen hinsichtlich des Rekursverfahrens eine solche versagt bleiben muss (vgl. RB
1968 Nr. 4). Für das Beschwerdeverfahren wäre ihnen jedoch gleichwohl eine Partei-
entschädigung zuzusprechen, da sie darauf von Amts wegen Anspruch haben
(Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungs-
verfahren vom 20. Dezember 1968). Da sie aber nur geringfügig obsiegen, bleibt ihnen
auch in diesem Verfahren eine Parteientschädigung versagt. | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
43059fb9-cad1-47ea-93f1-d4c5b8d2a3ca | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend die Pflichtigen) führten den Landwirtschaftsbetrieb D
in E. Per ... ... 2007 verpachteten sie den Betrieb an ihren Sohn, beliessen das Grund-
stück aber ausdrücklich weiterhin in ihrem Geschäftsvermögen. Mit am ... ... 2011 be-
urkundetem Vertrag übertrugen sie auch das Betriebsgrundstück auf ihren Sohn. In der
am 12. April 2012 eingereichten Steuererklärung 2011 deklarierten sie daraus einen
Liquidationsgewinn von Fr. 120'200.- und beantragten die separate Besteuerung ge-
mäss Art. 37b des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember
1990 (DBG) bzw. Art. 11 Abs. 5 und Art. 72h des Bundesgesetzes über die Harmoni-
sierung der direkten Steuern von Kantonen und Gemeinden vom 14. Dezember 1990
(StHG).
In der Veranlagung bzw. Einschätzung 2011 vom 10. Juli 2013 rechnete der
Steuerkommissär den Erlös aus dem Verkauf der Liegenschaft dem Einkommen aus
selbstständiger Erwerbstätigkeit hinzu. Eine privilegierte Besteuerung gemäss Art. 37b
DBG bzw. Art. 11 Abs. 5 StHG lehnte er ab mit der Begründung, dass die selbstständi-
ge Erwerbstätigkeit in der Folge nicht aufgegeben worden sei.
B. Hiergegen erhoben die Pflichtigen am 7. August 2013 Einsprache mit dem
Antrag, den Liquidationsgewinn gesondert zu besteuern. Für die Beurteilung der Ge-
schäftsaufgabe seien die Einkünfte mehrerer Geschäftsjahre zu berücksichtigen. Bei
Einreichung des Gesuchs um separate Besteuerung sei absehbar gewesen, dass der
Pflichtige seine Erwerbstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen aufgeben müsse. Da-
mit seien die Voraussetzungen erfüllt. Einen Vergleichsvorschlag des kantonalen
Steueramts lehnten die Pflichtigen am 19. September 2013 ab. Am 25. Septem-
ber 2013 fand eine mündliche Besprechung statt, welche zu keiner Annäherung der
Standpunkte führte.
Mit Einspracheentscheid vom 30. September 2013 schätzte das kantonale
Steueramt die Pflichtigen für die direkte Bundessteuer 2011 mit einem steuerbaren
Einkommen von Fr. 178'600.- und für die Staats- und Gemeindesteuern 2011 mit ei-
nem steuerbaren Einkommen von Fr. 179'900.- sowie einem steuerbaren Vermögen
1 DB.2013.218 1 ST.2013.251
- 3 -
von Fr. 922'000.- ein. Darin hielt es an der Verweigerung der separaten Besteuerung
des Liquidationsgewinns fest.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 29. Oktober 2013 wiederholten die
Pflichtigen Einspracheantrag und -begründung. Das kantonale Steueramt schloss am
4. Dezember 2013 auf Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwal-
tung liess sich nicht vernehmen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Wird die selbstständige Erwerbstätigkeit nach dem vollendeten 55. Al-
tersjahr oder wegen Unfähigkeit zur Weiterführung infolge Invalidität definitiv aufgege-
ben, so ist die Summe der in den letzten zwei Geschäftsjahren realisierten stillen Re-
serven getrennt vom übrigen Einkommen zu besteuern. Einkaufsbeiträge in die
berufliche Vorsorge gemäss Art. 33 Abs. 1 lit. d DBG sind abziehbar. Werden keine
solche Einkäufe vorgenommen, so wird die Steuer auf dem Betrag der realisierten stil-
len Reserven, für den der Steuerpflichtige die Zulässigkeit eines Einkaufs gemäss
Art. 33 Abs. 1 lit. d DBG nachweist, zu einem Fünftel der Tarife nach Art. 36 berechnet.
Für die Bestimmung des auf den Restbetrag der realisierten stillen Reserven anwend-
baren Satzes ist ein Fünftel dieses Restbetrags massgebend, es wird aber in jedem
Falle eine Steuer zu einem Satz von mindestens 2 Prozent erhoben (Art. 37b Abs. 1
DBG, in der Fassung vom 23. März 2007, in Kraft seit 1. Januar 2011).
Als Ausführungsbestimmung hierzu hat der Bundesrat die Verordnung über
die Besteuerung der Liquidationsgewinne bei definitiver Aufgabe der selbstständigen
Erwerbstätigkeit vom 17. Februar 2010 (LGBV) erlassen. Weiter hat die Eidgenössi-
sche Steuerverwaltung (ESTV) das Kreisschreiben Nr. 28 Besteuerung der Liquidati-
onsgewinne bei definitiver Aufgabe der selbstständigen Erwerbstätigkeit vom 3. No-
vember 2010 (nachfolgend KS Nr. 28) vorgelegt.
Im kantonalen Recht besteht (noch) keine entsprechende Bestimmung. Für
diesen Fall ist Art. 11 Abs. 5 StHG (in der Fassung vom 23. März 2007) i.V.m. Art. 72h
1 DB.2013.218 1 ST.2013.251
- 4 -
StHG direkt anwendbar. Diese Bestimmung stimmt mit Art. 37b Abs. 1 DBG überein,
mit Ausnahme der Satzbestimmung, zu welcher auf das kantonale Recht verwiesen
wird. Zur Füllung der daraus entstandenen Gesetzeslücke mit Bezug auf den Tarif hat
der Regierungsrat des Kantons Zürich in der Verordnung über den Vollzug des Unter-
nehmenssteuerreformgesetzes II des Bundes vom 3. November 2010, in Kraft seit
1. Januar 2011, den anwendbaren Tarif näher bestimmt.
b) Die privilegierte separate Besteuerung des Liquidationsgewinns setzt dem-
nach eine Aufgabe der selbstständigen Erwerbstätigkeit voraus. Diese muss effektiv
aufgegeben werden; es reicht nicht aus, dass unmittelbar anschliessend eine anders
geartete, aber wiederum selbstständige Erwerbstätigkeit aufgenommen wird (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 37b N 4 DBG
und Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 37b N 7 StG). Nach Ziff. 2.1
des KS Nr. 28 schadet indessen die Weiterführung einer geringfügigen selbstständigen
Erwerbstätigkeit ohne feste Einrichtungen und ohne Personal nicht, sofern das mut-
massliche jährliche Nettoeinkommen aus dieser Tätigkeit nicht höher ist als der Betrag
(Eintrittsschwelle) nach Art. 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-
Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 25. Juli 1982 (BVG, 2011: Fr. 20'880.-).
Massgebend für die Bestimmung des Zeitpunkts der Aufgabe der selbststän-
digen Erwerbstätigkeit ist das Liquidationsjahr. Als solches gilt dasjenige Geschäfts-
jahr, in dem die letzte Liquidationshandlung vorgenommen wird (Art. 2 LGBV sowie
Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 37b N 8 StG). Dies ist der Fall, wenn die laufenden
Geschäfte beendet, die Aktiven verwertet, die Verpflichtungen erfüllt sind und allenfalls
die Verteilung des Vermögens vollzogen ist (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 54
N 25 DBG und § 59 N 17 StG). Die Aufgabe eines Eigenbetriebs und die Verpachtung
eines Geschäfts galten nach der früheren Praxis erst dann als einkommenswirksame
Privatentnahme, wenn sie aller Voraussicht nach als unwiderruflich und die Wiederauf-
nahme des Geschäftsbetriebs durch den Eigentümer als ausgeschlossen erschien
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 210 N 52 DBG und § 50 N 39 StG). Ab 1. Janu-
ar 2011 gilt eine gesetzliche Vermutung, dass die Verpachtung keine Aufgabe der
selbstständigen Erwerbstätigkeit mehr darstellt, es mithin für die Überführung in das
Privatvermögen eines ausdrücklichen Antrags bedarf (Art. 18a Abs. 2 DBG bzw. Art. 8
Abs. 2ter StHG).
1 DB.2013.218 1 ST.2013.251
- 5 -
c) Der 1955 geborene Pflichtige führte bis zur Verpachtung per ... ... 2007
seinen eigenen Landwirtschaftbetrieb in E. Mit Bezug auf die Verpachtung hat er in der
Folge ausdrücklich erklärt, dass der Hof weiterhin als Geschäftsvermögen zu betrach-
ten ist. Seit ... ... 2007 bezieht er eine IV-Rente, und ab ... ... 2007 war er bei ver-
schiedenen Arbeitgebern teilzeitlich unselbstständig erwerbstätig. Parallel dazu baute
er eine selbstständige Erwerbstätigkeit im Bereich Gartenunterhalt und Stahlgestaltung
auf. Daraus erzielte er folgende Umsätze bzw. Reingewinne:
2009 2010 2011 2012
Fr. Fr. Fr. Fr.
Umsatz 33'188.- 94'331.- 88'932.- 90'760.-
Reingewinn - 243.- 26'194.- 25'036.- 23'876.-.
Über das Ergebnis des Geschäftsjahres 2013 liegen noch keine Ergebnisse
vor. Nach Sachdarstellung des Pflichtigen geht er davon aus, spätestens in der ersten
Jahreshälfte 2014 seine Arbeitsleistung deutlich zu reduzieren und die Tätigkeit in zwei
Jahren gänzlich aufzugeben.
d) Aufgrund dieser Sachlage stellt sich als erstes die Frage nach dem Zeit-
punkt der Geschäftsaufgabe. Die Pflichtigen legen diesen Zeitpunkt auf den Verkauf
des landwirtschaftlichen Heimwesens 2011; diesbezüglich stellten sie zunächst auf das
Datum der angeblich am ... ... 2011 erfolgten öffentlichen Beurkundung ab; mit der
Beschwerde bzw. dem Rekurs verweisen sie auf die Hofübergabe per ... ... 2011.
Aus den Akten ergibt sich indessen, dass die selbstständige Erwerbstätigkeit
mit dem Verkauf des landwirtschaftlichen Heimwesen eben gerade nicht aufgegeben
wurde. Zum einen liquidierte er nicht alle seine Aktiven, finden sich doch in den Jah-
resabschlüssen weiterhin Maschinen und Fahrzeuge, und zwar per 31. Dezem-
ber 2011 im Buchwert von Fr. 42'830.- und per 31. Dezember 2012 von Fr. 26'690.-.
Zum anderen war der Pflichtige weiterhin selbstständig erwerbstätig, akquirierte sogar
neue Aufträge und erwirtschaftete neuen Umsatz.
Nach der Praxis der ESTV in Kreisschreiben Nr. 28 Ziff. 2.1 steht indessen die
Weiterführung einer geringfügigen selbstständigen Erwerbstätigkeit der Anwendung
von Art. 37b DBG nicht entgegen; dies lässt darauf schliessen, dass die ESTV eine
Reduktion der selbstständigen Erwerbstätigkeit auf das Mass eines blossen Nebener-
1 DB.2013.218 1 ST.2013.251
- 6 -
werbs ebenfalls als Geschäftsaufgabe betrachtet. Vorliegend überstiegen die Gewinne
2011 und 2012 indessen die von der ESTV festgesetzte Grenze von Fr. 20'880.-, wes-
halb auch unter diesem Aspekt keine Aufgabe der selbstständigen Erwerbstätigkeit
vorliegt. Dass der Grenzbetrag nur geringfügig überschritten wird, vermag dem Pflichti-
gen nicht zu helfen, da die von der ESTV verfolgte grosszügige Praxis im Wortlaut des
Gesetzes nicht erwähnt wird und deshalb eng zu interpretieren ist.
Als Schlussfolgerung ist deshalb festzuhalten, dass 2011 keine Aufgabe der
selbstständigen Erwerbstätigkeit erfolgt ist.
e) Art. 37b Abs. 1 DBG verlangt indessen auch keine Aufgabe der Geschäfts-
tätigkeit unmittelbar nach der Realisierung der stillen Reserven, sondern setzt hierfür
ausdrücklich einen Rahmen von zwei Geschäftsjahren. Mit Bezug auf den vorliegen-
den Fall ist deshalb zu schliessen, dass der Pflichtige nach dem Verkauf der Liegen-
schaft D in E seine selbstständige Erwerbstätigkeit bis zum Abschluss des unmittelbar
folgenden Geschäftsjahrs hätte weiterführen können, ohne dass ihm dies geschadet
hätte. Da der Verkauf der Liegenschaft im Geschäftsjahr 2011 erfolgt ist, hätte der
Pflichtige demnach seine selbstständige Erwerbstätigkeit bis Ende Geschäftsjahr 2012
weiterverfolgen können. Mithin schadet es ihm auch nicht, dass die Voraussetzungen
gemäss Ziff. 2.1 des KS Nr. 28 in den Geschäftsjahren 2011 und 2012 nicht erfüllt wa-
ren. Erst 2013 durfte er keine selbstständige Erwerbstätigkeit mehr ausgeübt haben.
f) Nach den Angaben des Pflichtigen war er auch 2013 noch weiter selbst-
ständig erwerbstätig, was einer separaten Besteuerung des Liquidationsgewinns 2011
an sich entgegen steht. Nachdem aber die ESTV in KS Nr. 28 Ziff. 2.1 die separate
Besteuerung trotz Weiterführung einer geringfügigen selbstständigen Erwerbstätigkeit
zulässt, kann dem Pflichtigen die separate Besteuerung des Liquidationsgewinns nicht
verweigert werden, wenn seine selbstständige Erwerbstätigkeit 2013 den von der
ESTV festgesetzten Schwellenwert nicht mehr übertrifft. Ob dies der Fall ist, geht aus
den Akten nicht hervor, da über das Jahresergebnis 2013 noch keine Kenntnisse vor-
liegen. Nachdem die Gewinne 2011 und 2012 die von der ESTV festgesetzte Grenze
von Fr. 20'880.- nur geringfügig überstiegen, lässt sich über das zu erwartende Ergeb-
nis 2013 keine eindeutige Prognose abgeben. Der Sachverhalt ist somit in einem we-
sentlichen Punkt nicht liquid.
1 DB.2013.218 1 ST.2013.251
- 7 -
g) Eine genauere Überprüfung anhand des Ergebnisses 2013 wäre indessen
unnötig, wenn die übrigen Voraussetzungen gemäss Ziff. 2.1 des KS Nr. 28 (feste Ein-
richtung/kein Personal) ohnehin nicht erfüllt wären. Auch hierüber liegen keine gesi-
cherte Informationen vor.
Was unter einer festen Einrichtung zu verstehen ist, legt das KS Nr. 28 nicht
näher dar. Es liegt nahe, hierzu den Begriff der ständigen Anlagen und Einrichtungen
als Element der Betriebstättedefinition heranzuziehen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Art. 4 N 20 DBG und § 4 N 14a StG). Darunter ist eine auf unbestimmte Zeit aufgebau-
te Infrastruktur zu verstehen, die dem Unternehmen dauernd zur Verfügung steht. Ob
der Pflichtige über eine solche verfügt, geht aus den Akten nicht hervor. Um diese Fra-
ge beurteilen zu können, sind nähere Angaben über die Tätigkeit des Pflichtigen erfor-
derlich sowie darüber, wo sich diese abspielt. Daran ändert nicht, dass im Jahresab-
schluss 2011 eine Liegenschaft in der Bilanz enthalten ist. Dabei handelt es sich um
die Wohnliegenschaft der Pflichtigen an der ...strasse in F, welche diese mit öffentlich
beurkundetem Vertrag vom ... ... 2007 erworben haben. Diese wurde in der Bilanz als
Privatliegenschaft bezeichnet und separat deklariert. Art und Umfang der geschäftli-
chen Nutzung dieser Liegenschaft ist unbekannt.
h) Das Steuerrekursgericht hat gemäss § 149 Abs. 2 StG die Steuerfaktoren
grundsätzlich nach seinen eigenen Erhebungen festzustellen (RB ORK 1958 Nr. 44).
Ausnahmsweise kann es zwecks Wahrung des gesetzlichen Instanzenzugs die Sache
mit verbindlichen Weisungen an die Vorinstanz zurückweisen, namentlich, wenn zu
Unrecht noch kein materieller Entscheid getroffen wurde oder wenn dieser an einem
schwerwiegenden Verfahrensmangel leidet (§ 149 Abs. 3 StG). Bedeutsame Verfah-
rensmängel kann das Gericht nicht heilen, da der gesetzlich vorgeschriebene Instan-
zenzug unzulässigerweise verkürzt und die untere Einschätzungs- bzw. Rechtsmittel-
behörde praktisch von der Einhaltung eines korrekten Verfahrens dispensiert würde
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 143 N 27 DBG und § 149 N 29 ff. StG, auch zum
Folgenden). Von einem bedeutsamen Verfahrensmangel ist gemäss Rechtsprechung
des Verwaltungsgerichts insbesondere dann auszugehen, wenn über ein wesentliches
Element des Sachverhalts keine Untersuchung geführt wurde (RB 2001 Nr. 93,
RB 2000 Nr. 130 = StE 2002 B 93.5 Nr. 23 = ZStP 2001, 39; ZStP 2000, 291).
Das kantonale Steueramt hat es versäumt, über die wirtschaftlichen Verhält-
nisse des Pflichtigen 2013 und damit über den entscheidwesentlichen Sachverhalt eine
1 DB.2013.218 1 ST.2013.251
- 8 -
Untersuchung durchzuführen. Eine solche dürfte zudem erst nach Abschluss dieses
Geschäftsjahres überhaupt möglich sein bzw. erst nach Eingang der Steuererklärung
2013. Dieser Verfahrensmangel rechtfertigt es, den Fall zur Vornahme der
erforderlichen Untersuchung an das kantonale Steueramt in das Veranlagungs-/
Einschätzungsverfahren zurückzuweisen.
2. Nach alledem sind Beschwerde und Rekurs teilweise gutzuheissen. Zufolge
des in der Sache noch unentschiedenen Verfahrensausgangs sind die Beschwerde-/
Rekurskosten den Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG bzw. § 151
Abs. 1 StG). Aus diesem Grund ist den Pflichtigen auch keine Parteientschädigung
zuzusprechen (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 - 3 des Bundesgesetzes über
das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 sowie § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2
des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
44fa705b-f151-44b8-b1ba-b0d1cf4afee2 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) wurde an der Rekrutierung im August 2004
durch die Untersuchungskommission (UC) für militärdienstuntauglich – jedoch schutz-
dienstpflichtig – erklärt. Auf seine Beschwerde hin bestätigte dies im November 2004
der militärärztliche Dienst des Führungsstabs der Armee. Als Ausmusterungsleiden
wurde eine frühere Oberschenkelfraktur angegeben. Darauf wurde der Pflichtige er-
satzabgabepflichtig und bezahlte für die Jahre 2004, 2005 und 2007 widerspruchslos
die definitiv veranlagte Ersatzabgabe, ebenso die provisorisch veranlagte Ersatzabga-
be 2008. Am 16. Dezember 2009 setzte die kantonale Wehrpflichtersatzverwaltung die
Ersatzabgabe für das Jahr 2006 auf Fr. 1'065.- fest.
B. Gegen letztere Veranlagung liess der Pflichtige am 27. Januar 2010 Ein-
sprache erheben und beantragen, die Veranlagung ersatzlos aufzuheben. Zur Begrün-
dung brachte er vor, die in der Kindheit erlittene Oberschenkelfraktur stelle eine leichte
Behinderung dar. Trotzdem sei er kerngesund und wolle Militärdienst leisten. Weil er
militärdienstleistungswillig sei, gehe es nicht an, ihm eine Ersatzabgabe aufzuerlegen.
Denn auch als nur leicht Behinderter sei er gemäss Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofs vor jeglicher Diskriminierung zu schützen. Dieser Schutz sei verletzt,
wenn er die Ersatzabgabe zahlen müsse, obwohl er den Militärdienst nur aufgrund
einer unverschuldeten Krankheit nicht leisten könne. Es hätte ihm die Möglichkeit ge-
geben werden müssen, den Militärdienst in anderer Form zu absolvieren. Dies gebiete
auch der Grundsatz der Gleichbehandlung, da Personen mit keiner Behinderung und
solche mit einer schweren Behinderung die Ersatzabgabe vermeiden könnten bzw.
nicht ersatzabgabepflichtig seien. Ein Angebot zur Leistung eines Ersatzdienstes sei
ihm jedoch nicht unterbreitet worden.
Der Pflichtige wurde auf ein Revisionsgesuch hin durch die UC am 1. März
2011 für militärdiensttauglich erklärt und rückte am 4. Juli 2011 in die Rekrutenschule
(RS) ein. Am 8. Juli 2011 wurde er dort jedoch wieder entlassen und anschliessend
erneut für militärdienstuntauglich, aber wiederum für schutzdienstpflichtig erklärt. Als
Grund für die militärische Ausmusterung wurden psychische Probleme angeführt.
- 3 -
1 WE.2012.1
Nach Anhörung des Pflichtigen wies die kantonale Wehrpflichtverwaltung sei-
ne Einsprache am 28. Februar 2012 ab.
C. Mit Beschwerde vom 29. März 2012 liess der Pflichtige den Einsprachean-
trag wiederholen, eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, unter
Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Beschwerdegegners.
Die kantonale Wehrpflichtersatzverwaltung und die Eidgenössische Steuer-
verwaltung (ESTV) schlossen am 3. Mai 2012 auf kostenfällige Abweisung der Be-
schwerde. Mit Replik vom 15. Juni 2012 hielt der Pflichtige an seinem Antrag fest. Die
kantonale Wehrpflichtersatzverwaltung und die ESTV verzichteten auf Duplik. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Art. 59 Abs. 1 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV) und Art. 2
Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Armee und die Militärverwaltung vom 3. Februar
1995 (MG) statuieren die allgemeine Wehrpflicht. Diese ist durch persönliche Dienst-
leistung, d.h. Militärdienst oder Zivildienst, zu erfüllen (Art. 2 Abs. 2 MG). Wer die
Wehrpflicht nicht durch Militär- und Zivildienst erfüllt, untersteht der Ersatzpflicht
(Art. 59 Abs. 3 BV). Die Ersatzpflicht wird geregelt im Bundesgesetz über den Wehr-
pflichtersatz vom 12. Juni 1959 (WPEG). Ersatzpflichtig sind gemäss Art. 2 Abs. 1 lit. a
WPEG (in der Fassung vom 6. Oktober 1995) diejenigen Wehrpflichtigen, die im Er-
satzjahr, das dem Kalenderjahr entspricht, während mehr als sechs Monaten nicht in
einer Formation der Armee eingeteilt sind und nicht der Zivildienstpflicht unterstehen.
Das Gesetz sieht sodann verschiedene Befreiungsgründe vor (Art. 4 und 4a WPEG).
b) Nach Art. 4 Abs. 1 WPEG (in den Fassungen vom 17. Juni 1994 und
21. März 2003) ist von der Ersatzpflicht namentlich befreit, wer im Ersatzjahr wegen
erheblicher körperlicher, geistiger oder psychischer Behinderung ein taxpflichtiges Ein-
kommen erzielt, das nach Abzug bestimmter Versicherungsleistungen sowie von
behinderungsbedingten Lebenshaltungskosten sein betreibungsrechtliches Existenz-
minimum um nicht mehr als 100% übersteigt (lit. a), wegen einer erheblichen Behinde-
- 4 -
1 WE.2012.1
rung als dienstuntauglich gilt sowie eine Rente oder eine Hilflosenentschädigung der
Eidgenössischen Invalidenversicherung oder der Unfallversicherung bezieht (lit. a bis
)
oder wegen einer erheblichen Behinderung als dienstuntauglich gilt und keine
Hilflosenentschädigung bezieht, jedoch dennoch eine der zwei mindestens erforderli-
chen Voraussetzungen für eine Hilflosenentschädigung erfüllt (lit. a ter
). Sodann wird die
geschuldete Ersatzabgabe nach Art. 13 Abs. 2 WPEG (in der Fassung vom 17. Juni
1994) für ersatzpflichtige Behinderte, die nach Art. 4 Abs. 1 lit. a nicht von der Ersatz-
pflicht befreit sind, um die Hälfte reduziert.
2. a) Der Pflichtige, Jahrgang 1984, ist anlässlich der Rekrutierung im Jahr
2004 für militärdienstuntauglich erklärt worden. Darum gehörte er keiner Formation der
Armee an und hatte er daraufhin keinen Militärdienst absolviert. Ebenso wenig hatte er
Zivildienst geleistet. Voraussetzung für letzteren Dienst wäre laut Art. 1 des Bundesge-
setzes über den zivilen Ersatzdienst vom 6. Oktober 1995 (ZDG) nämlich auch seine
Militärdiensttauglichkeit gewesen. In der Folge wurde er daher von Anfang an wehr-
pflichtersatzpflichtig, so auch für die rechtskräftig veranlagten Abgabejahre 2004, 2005
und 2007, aber auch für das streitbetroffene Abgabejahr 2006.
b) Diesem Schluss widersetzte sich der Pflichtige zwar, indem er am 15. Sep-
tember 2004 gegen die Untauglicherklärung durch die bei der Aushebung zuständige
UC "Rekurs" (recte: Beschwerde) erhob (Art. 39 MG) und dabei seine Dienstwilligkeit
bzw. -fähigkeit betonte. Die dabei angerufene weitere UC des militärärztlichen Dienstes
des Führungsstabs der Armee kam jedoch zum gleichen Schluss wie die erste UC
(Dienstbüchlein S. 36) und wies seine Beschwerde ab. Weil sodann der Entscheid die-
ser zweiten UC gemäss Art. 39 Satz 2 MG nicht mehr angefochten werden konnte,
blieb es bei der Untauglicherklärung und bei der Ersatzabgabepflicht des Pflichtigen ab
dem Jahr 2004.
Dies mag aus heutiger Sicht insofern unbefriedigend erscheinen, als das ur-
sprüngliche Ausmusterungsleiden (Oberschenkelfraktur) im vom Pflichtigen ange-
strengten späteren Revisionsverfahren des Jahres 2011 offenbar nicht mehr existierte,
hätte er doch sonst am 3. März 2011 nicht für militärdiensttauglich erklärt werden kön-
nen. Indessen erfolgte dieser Entscheid rund sieben Jahre nach der Untauglich–
erklärung im Jahr 2004, sodass in dieser Zeit eine Heilung vom Ausmusterungsleiden
oder zumindest ein Abklingen der damit verbundenen gesundheitlichen Beeinträchti-
- 5 -
1 WE.2012.1
gung möglich war. Zudem war der Entscheid der UC über die Dienstuntauglichkeit des
Pflichtigen im Jahr 2004 in Rechtskraft erwachsen und bildete somit die gesetzliche
Grundlage für die Erhebung der Ersatzabgabe ab 2004.
c) Der Pflichtige verlangt sodann auch zu Recht keine Befreiung nach Art. 4
Abs. 1 WPEG und keine Reduktion der Abgabe im Sinn von Art. 13 Abs. 2 WPEG,
macht er doch nicht geltend, erheblich behindert zu sein. Doch hält er dafür, aus be-
sonderem Grund des internationalen Rechts nicht der Abgabepflicht zu unterstehen.
3. a) Das Bundesgericht hat erkannt, die unterschiedliche Behandlung von
Dienstleistenden und Dienstuntauglichen sei rechtens. Ebenso wenig sei zu beanstan-
den, dass der Gesetzgeber aus Gründen der Rechtsgleichheit auf eine generelle
Befreiung der Behinderten von der Ersatzabgabe verzichte (BGr, 9. März 2004,
2A.590/2003, www.bger.ch, auch zum Folgenden). Es sei vertretbar, dass er die Be-
freiung wegen wirtschaftlicher Bedürftigkeit davon abhängig gemacht habe, dass diese
auf eine erhebliche körperliche oder geistige Behinderung zurückgehe. Insoweit sei
keine Diskriminierung erkennbar. Keine Rolle spiele im Übrigen, ob der Dienstuntaugli-
che bereit sei, durch eine persönliche Dienstleistung seinen Pflichten nachzukommen,
da kein Anspruch darauf bestehe, den Pflichtersatz anders zu erbringen als in Form
einer Geldleistung (so auch schon das Urteil des BGr vom 19. Mai 1998, 2A.406/1997).
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat diesen Ent-
scheid teilweise korrigiert. Er hat mit Urteil vom 30. April 2009 (Rechtssache
Nr. 13444/04) im Fall Sven Glor gegen die Schweiz erkannt, eine Diskriminierung we-
gen eines physischen Handicaps sei selbst dann denkbar, wenn dieses als bloss leicht
qualifiziert werde. Das gelte auch im Bereich einer Ersatzabgabe, welche anstelle der
Militärdienstleistung geschuldet sei, sofern die Unmöglichkeit eines solchen Dienstes
auf eine Krankheit zurückzuführen sei, welche sich dem Willen des Betroffenen entzie-
he. Der Gerichtshof sah es als Verstoss gegen die Konvention zum Schutz der Men-
schenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1959 (EMRK, Art. 14 i.V.m. mit
Art. 8) an, dass das Schweizer Recht eine unterschiedliche Behandlung von Untaugli-
chen, welche von der Ersatzabgabe entlastet werden, und solchen, welche gleichwohl
eine solche Abgabe zu entrichten haben, vorsehe. Allerdings war dabei entscheidend,
dass der Rechtsuchende S. Glor sich stets bereit erklärt hatte, trotz seiner leichten
(nicht erheblichen) gesundheitlichen Beeinträchtigung, welche die Untauglichkeit ver-
- 6 -
1 WE.2012.1
ursacht hatte, Militärdienst zu leisten. Denn es hätte unter solchen Umständen an der
Schweiz gelegen, dafür zu sorgen, dass dieser als Dienstwilliger trotz seiner ange-
schlagenen Gesundheit in einer seine körperliche Verfassung berücksichtigenden
Form Militär- oder Zivildienst hätte leisten können. Der Ersatzpflichtige sei einem bür-
gerlichen Erwerb nachgegangen und vor diesem Hintergrund auch imstande gewesen,
in geeigneter Weise Leistungen im Militär- oder Zivildienst zu erbringen. Die Schweiz
hätte eine solche Möglichkeit ohne Weiteres zur Verfügung stellen können und bei der
gewählten Rechtsgestaltung auch müssen. Nur dann hätte sie eine Ersatzabgabe ver-
langen können, falls der Untaugliche gleichwohl keinen Dienst geleistet hätte.
Aus diesem Urteil hat die Eidgenossenschaft Konsequenzen gezogen. Sie ist
bereit dafür zu sorgen, dass auch Wehrpflichtige, die von der UC (bis anhin) für un-
tauglich erklärt worden sind, die Möglichkeit erhalten, eine entsprechende Dienstleis-
tung zu erbringen, sofern diese ausdrücklich und ernsthaft gewillt sind, persönlich
Dienst zu leisten (siehe Mitteilung der Eidgenössischen Steuerverwaltung [ESTV],
Wehrpflichtersatz, vom 14. Juni 2010, www.estv.admin.wehrpflichtersatz/aktuell, sowie
neuste Mitteilung vom 17. Oktober 2011, aktualisiert am 29. März 2012). Allerdings soll
für die Absolvierung eines entsprechenden Ersatzdienstes, der ab 1. Oktober 2012
vorgesehen ist, nicht nur die Untauglichkeit für den Militärdienst, sondern auch die Un-
tauglichkeit für den Zivilschutzdienst erforderlich sein. Letztere Untauglichkeit liegt
beim Pflichtigen nicht vor, da er zweimal als zivilschutzdiensttauglich erklärt wurde
(Dienstbüchlein S. 40 f.). Für solche Dienstwillige muss daher sichergestellt werden
bzw. sein, dass sie im Zivilschutzdienst die für die Vermeidung der Ersatzabgabe er-
forderlichen Anzahl Diensttage leisten können, ansonsten bei diesen Personen die
vom EGMR gerügte Diskriminierung fortbestünde. Indessen bedürfte es hierzu wenigs-
tens eines entsprechenden Gesuchs des Betroffenen (vgl. nachfolgend E. lit. b)cc),
ansonsten der Wille, persönlich Dienst zu leisten, nicht zum Ausdruck gebracht wird.
b) Der Pflichtige gibt vor, stets bereit gewesen zu sein, trotz seines Leidens,
das Ursache für die Militärdienstuntauglichkeit gebildet habe, Militärdienst zu leisten
und damit seiner Wehrpflicht nachzukommen.
aa) Dies trifft zwar insofern zu, als sich der Pflichtige gegen die erste Untaug–
licherklärung vom 24. August 2004 noch mit Beschwerde gewehrt und dabei seine
überzeugte Bereitschaft zur Militärdienstleistung geäussert hat. Indessen hat er in der
Folge gegen die Veranlagung der Ersatzabgaben für die Jahre 2004, 2005 sowie 2007
http://www.estv.admin.wehrpflichtersatz/aktuell
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1 WE.2012.1
unstreitig nichts mehr unternommen und diese Abgaben auch widerspruchslos bezahlt.
Gleiches gilt sodann auch hinsichtlich der nur provisorisch festgesetzten Abgabe für
das Jahr 2008. Erst gegen die Veranlagung der Ersatzabgabe 2006 vom 16. Dezem-
ber 2009 ist er am 27. Januar 2010 durch Erhebung der Einsprache wieder aktiv ge-
worden und hat dabei seinen Willen zur Leistung von Militärdienst erneuert. Allerdings
hat er selbst für dieses, vorliegend streitbetroffene Abgabejahr zumindest den proviso-
risch bezogenen Betrag von Fr. 459.- entrichtet.
Die in der Einsprache vom 27. Januar 2010 betätigte Willensbekundung wirkt
vor dem Hintergrund der vorausgegangenen widerspruchslosen Bezahlung von insge-
samt vier Ersatzabgaben und sogar eines Teils der streitigen Abgabe 2006 sowie des
Umstands, dass seit dem Verdikt der ersten Untauglicherklärung schon mehr als fünf
Jahre verstrichen waren, in denen der Pflichtige nichts mehr unternommen hat, in kei-
ner Weise überzeugend. Der Pflichtige begründet nicht, warum er den Willen, Militär-
dienst zu leisten, erst nach derart langer Zeit, d.h. erst nach mehr als fünf Jahren erst-
mals wieder äusserte und sich in der Zwischenzeit für die Ersatzabgabe wiederholt
rechtskräftig veranlagen liess sowie die Ersatzabgaben auch widerspruchlos bezahlte.
Zwar hält er in der Replik dafür, es habe für ihn keinen Anlass gegeben, gegen die
Veranlagungsverfügungen 2004, 2005 und 2007 Einsprache zu erheben, jedoch legt er
mit keinem Wort die Gründe für sein Nichthandeln dar. Dies wiegt umso schwerer, als
er bei Einspracheerhebung gegen die Ersatzabgabe 2006 Ende Januar 2010 schon
fast 26-jährig war (Geburtsdatum 9. Februar 1984) und die RS regulär nur noch bis
Ende dieses Jahres (2010) absolvieren konnte bzw. danach nicht mehr militärdienst-
pflichtig war (Art. 49 Abs. 2 MG, in der Fassung vom 4. Oktober 2002). Kommt hinzu,
dass er auch gegen die erneute Erklärung der Militärdienstuntauglichkeit vom 8. Juli
2011 nichts mehr unternahm.
Daher drängt sich zwangsläufig die Vermutung auf, der Pflichtige habe sich
sowohl mit der ersten als auch mit der zweiten Erklärung der Militärdienstuntauglichkeit
sowie der darauf basierenden Pflicht zur Bezahlung der Ersatzabgabe abgefunden und
sein erneutes Aktivwerden auf die Veranlagung der Ersatzabgabe 2006 Anfang 2010
hin sei auf andere Beweggründe, möglicherweise auf das Bekanntwerden des Falls
von S. Glor im Lauf des Jahres 2009, zurückzuführen.
bb) Der Pflichtige führt aus, er hätte auch nach der Entlassung aus der Armee
im Juli 2011 liebend gern noch Militärdienst geleistet. Leider habe er jedoch einsehen
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1 WE.2012.1
müssen, dass dies aufgrund seiner einschneidenden und prägenden Kindheitserleb-
nisse während des Kosovokrieges in den Neunzigerjahren nicht möglich sei. Denn die
militärischen Umgangsformen in der Rekrutenschule und die zum Teil in einer Fremd-
sprache (Französisch) erteilten Befehle hätten ihn stark an die früheren Kriegserlebnis-
se erinnert. Dies habe in der RS schon nach kurzer Zeit zu einer aussergewöhnlichen
psychischen Drucksituation geführt, der er nicht standgehalten habe. In der Folge sei
er psychisch erkrankt. Er habe die Auswirkungen der Kriegserlebnisse auf seinen psy-
chischen Zustand in der Armee total unterschätzt. Gleichwohl sei er nach wie vor
dienstwillig.
Ist der Pflichtige aber aufgrund seiner Erfahrungen in der RS selber zur Er-
kenntnis gelangt, dass er im militärischen Alltag nicht bestehen kann, wirkt seine Be-
kundung, gleichwohl noch Militärdienst leisten zu wollen, in keiner Weise überzeugend.
Vielmehr verhält er sich mit dieser Aussage geradezu widersprüchlich und erscheint
Letztere als reines Lippenbekenntnis.
cc) Selbst wenn aber dem Pflichtigen der Wille zur Leistung von Militärdienst
zugebilligt würde, gilt es Folgendes zu beachten:
Der Pflichtige wurde zwar jeweils militärdienstuntauglich, jedoch sowohl beim
ersten wie auch beim zweiten Mal zivilschutzdiensttauglich erklärt. Als Zivilschutz-
dienstpflichtiger wurde er dann in die Personalreserve versetzt und musste damit kei-
nen entsprechenden Dienst leisten (vgl. Art. 18 des Bundesgesetzes über den Bevöl-
kerungsschutz und den Zivilschutz vom 4. Oktober 2002 [BZG]). Indessen hätte er sich
zwecks Bekundung des (erweiterten) Dienstwillens zumindest um die Leistung von
Zivilschutzdienst bemühen und ein entsprechendes Gesuch stellen müssen. Dergestalt
hätte er von einer Reduktion der Militärdienstersatzabgabe pro geleisteten Tag Zivil-
schutzdienst profitieren und so bei einer genügenden Anzahl Diensttage gar die ge-
samte Ersatzabgabe tilgen können (Art. 5a der Verordnung über die Wehrpflichtersatz-
abgabe vom 30. August 1995, WPEV). Ob diesem Gesuch dann auch entsprochen
worden wäre, ist unerheblich, solange der Pflichtige nicht wenigstens durch
Gesuchseinreichung ein grundsätzliches Interesse an der Erbringung einer derartigen
Dienstleistung zu erkennen gab. Er wäre infolgedessen – im Unterschied zum Wehr-
pflichtigen S. Glor, der sowohl militärdienst- wie auch zivilschutzdienstuntauglich war –
auch nicht darauf angewiesen, einen militärischen Ersatzdienst als ab 1. Oktober 2012
neu vorgesehene Form von persönlicher Dienstleistung zu absolvieren, um die ge-
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1 WE.2012.1
schuldete Abgabe zu reduzieren bzw. gänzlich zu tilgen. In diesem Sinn hat das Bun-
desgericht einem Ersatzabgabepflichtigen, der – wie der Pflichtige – nur militärdienst-
untauglich, nicht aber zivilschutzdienstuntauglich erklärt worden war, seinen Dienstwil-
len im Rahmen der ihm offenstehenden, erweiterten Möglichkeiten abgesprochen und
dessen Beschwerde wegen Diskriminierung im Sinn von Art. 14 i.V.m. Art. 8 EMRK
abgewiesen (BGr, 1. Dezember 2011, 2C_285/2011, www.bger.ch). Der Pflichtige be-
hauptet nicht, je ein Gesuch um Leistung von Zivilschutzdienst gestellt zu haben, so-
dass es keine Veranlassung gibt, ihn unter Hinweis auf das in dieser Hinsicht nicht
vergleichbare Urteil des EMGR in Sachen S. Glor von der Abgabepflicht auszuneh-
men. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass dem Pflichtigen die Möglichkeit der Re-
duktion der Ersatzabgabe durch Leistung von Zivilschutzdienst bekannt sein musste,
weisen doch die jeweiligen Veranlagungsverfügungen auf der Rückseite darauf hin
(vgl. für das Ersatzjahr 2006 M-act. 1).
dd) Insgesamt genügt das Vorgehen des Pflichtigen damit nicht, um eine ver-
pönte Diskriminierung darzutun. Denn es obliegt nach den allgemeinen Grundsätzen
allein ihm, die notwendigen Ausführungen zur Willensbekundung des Wehrwillens zu
tätigen und die erforderlichen Beweise zu leisten (vgl. BGE 133 II 153 E. 4.3). Es reicht
nicht aus, dass er dem Staat vorwirft, er habe den aus gesundheitlichen Gründen vom
Militär- (und Zivil)dienst freigestellten Personen keine ausreichenden Möglichkeiten
geboten, welche diese von den Ersatzzahlungen befreiten. Unerlässlich ist vielmehr,
dass der Betreffende seine Bereitschaft aus- und notfalls nachdrücklich erklärt und sich
gegebenenfalls aktiv um eine derartige Betätigungsmöglichkeit bemüht. Dies trifft auf
den Pflichtigen aus den genannten Gründen nicht zu.
ee) Im Übrigen hat die Bereitschaft des Pflichtigen zur Leistung von Militär-
dienst vom Januar 2010 auf das streitbetroffene Ersatzjahr 2006 auch deshalb keinen
Einfluss, weil er sie erst nach Ablauf dieses Ersatzjahres bekundete. Ob sich die Beur-
teilung hinsichtlich des oder der folgenden Ersatzjahre (2010 ff.) ändert, kann hier offen
bleiben. Jedenfalls kann der Pflichtige aus dem EGMR-Urteil S. Glor angesichts der
konkreten Umstände, welche sich, wie gezeigt, in wesentlicher Hinsicht vom Präjudiz
unterscheiden, nichts zu seinem Vorteil ableiten.
4. a) Der Pflichtige macht des weiteren Verletzung des Diskriminierungsver-
bots im Sinn von Art. 8 Abs. 2 BV bzw. des Gleichbehandlungsgebots von Art. 8 Abs. 1
http://www.bger.ch/
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BV geltend, indem das WPEG die Militärdienstpflichtigen mit einer schweren Behinde-
rung sowie die nicht Behinderten besser behandle als die nur leicht Behinderten.
b) Wie es sich damit verhält, muss offen bleiben: Nach Art. 190 BV sind Bun-
desgesetze und Völkerrecht für das Bundesgericht und die anderen rechtsanwenden-
den Behörden massgebend. Damit kann Bundesgesetzen weder im Rahmen der abs-
trakten noch der konkreten Normenkontrolle die Anwendung versagt werden. Zwar
handelt es sich dabei um ein Anwendungsgebot und kein Prüfungsverbot (BGE 131 II
710 E. 5.4 S. 721; 129 II 249 E. 5.4 S. 263 mit Hinweisen; YVO HANGARTNER, in: Die
schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/
Vallender, 2. A. 2008, Band II, Art. 190 N 8 BV), und es kann sich rechtfertigen, vorfra-
geweise die Verfassungswidrigkeit eines Bundesgesetzes zu prüfen. Wird eine solche
festgestellt, muss das Gesetz aber angewandt werden, und das Bundesgericht kann
lediglich gegebenenfalls den Gesetzgeber einladen, die fragliche Bestimmung zu än-
dern. Freilich besteht nicht in jedem Fall die Veranlassung, die bundesgesetzliche Re-
gelung auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht hin zu prüfen (vgl. das Urteil
des Bundesgerichts 2C_61/2008 vom 28. Juli 2008 E. 1.3.2). Vielmehr hängt es von
den Umständen des Einzelfalles ab, ob sich dies rechtfertigt.
Vorliegend geht es um die Frage, ob es mit dem Diskriminierungsverbot von
Art. 8 Abs. 2 BV bzw. dem Gleichbehandlungsgebot von Art. 8 Abs. 1 BV vereinbar sei,
wenn aufgrund von Art. 4 Abs. 1 lit. a ff. WPEG von der Ersatzabgabepflicht nur Per-
sonen mit einer erheblichen Behinderung, nicht aber solche mit einer leichten Behinde-
rung befreit werden, und wenn militärdiensttaugliche Personen grundsätzlich keine
Ersatzabgabe schuldeten, Personen mit einer leichten Behinderung dagegen schon.
Das Bundesgericht hat diese Frage bereits im erwähnten Entscheid vom 9. März 2004
(2A.590/2003, www.bger.ch) negativ entschieden, sodass hierauf zu verweisen ist.
Eine Verletzung der Bundesverfassung liegt damit nicht vor. Zudem wären die fragli-
chen Bestimmungen des WPEG vom Steuerrekursgericht auch dann anzuwenden,
wenn sie sich als verfassungswidrig herausstellten.
5. a) Bei alledem kann offen bleiben, ob der Pflichtige an einer leichten Behin-
derung leidet, sei sie nun physischer oder psychischer Natur. Denn den Schutz der
EMRK kann er schon deshalb nicht beanspruchen, weil es an der erforderlichen Betä-
tigung des Willens zur Leistung von Militär- bzw. Zivilschutzdienst mangelt. Der von
http://www.bger.ch/
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1 WE.2012.1
ihm mit der vorliegenden Beschwerde gestellte Antrag, über seinen Gesundheitszu-
stand ein psychiatrisches Gutachten einzuholen, erweist sich daher als obsolet.
b) Im Quantitativen ist die Ersatzgabe 2006 nicht streitig. Sie basiert auf der
rechtskräftigen Veranlagung der direkten Bundessteuer mit einem steuerbaren Ein-
kommen von Fr. 35'500.-. Beim anzuwendenden Steuersatz von 3% ergibt sich die
festgesetzte Ersatzabgabe von Fr. 1'065.- und nach Anrechnung des provisorisch be-
zogenen Betrags von Fr. 459.- die fakturierte Summe von Fr. 606.-.
6. Der Pflichtige beantragt eventualiter, die Sache zur Neubeurteilung an die
Wehrpflichtersatzverwaltung zurückzuweisen. Indessen begründet er dies nicht näher
und ist kein Anlass für eine Neubeurteilung durch die Vorinstanz ersichtlich. Der Antrag
ist abzulehnen.
7. Nach alledem erweist sich damit der angefochtene Einspracheentscheid als
rechtsbeständig. Dies führt zur Abweisung der Beschwerde.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Pflichtige nach Art. 31 Abs. 2
WPEG kostenpflichtig. Die Zusprechung einer Parteientschädigung entfällt (Art. 31
Abs. 2 bis
WPEG i.V.m. § 152 des kantonalen Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 und
§ 17 Abs. 2 des kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8.
Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
45a03597-e3c8-4fd5-9e10-c56e115d61a8 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) lebt seit 1992 mit B in einem gemeinsamen
Haushalt (Konkubinat). In der Steuererklärung 2004 brachte er Unterhaltsbeiträge für
seinen 2001 geborenen Sohn C von Fr. 23'400.- zum Abzug.
Der Steuerkommissär versagte dem Pflichtigen die steuermindernde Berück-
sichtigung dieser Unterhaltsbeiträge, gewährte ihm dafür den tieferen (pauschalen)
Kinderabzug und setzte mit Einschätzungsentscheid bzw. Hinweis vom 21. Juli 2009
die Steuerfaktoren für die Steuerperiode 2004 wie folgt fest:
Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
(Fr.) (Fr.)
Steuerbares Einkommen 98'900.- 103'000.-
Steuerbares Vermögen 214'000.-.
Zur Begründung führte er unter Hinweis auf das Kreisschreiben Nr. 7 vom
20. Januar 2000 der Eidgenössischen Steuerverwaltung (EStV) an, dass bei gemein-
samem Haushalt der Eltern (Konkubinat) und Kindern unter gemeinsamer elterlicher
Sorge ein Abzug von Unterhaltsbeiträgen im Sinn von § 31 lit. c des Steuergesetzes
vom 8. Juni 1997 (StG) bzw. Art. 33 lit. c des Bundesgesetzes über die direkte Bun-
dessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) auch bei Leistung von Unterhaltsbeiträgen
nicht zugelassen werde; der empfangende Elternteil habe solche Unterhaltsbeiträge
daher auch nicht zu versteuern.
Die Bundessteuerveranlagung wurde mit Schlussrechnung vom 7. August
2009 formell eröffnet.
B. Die vom Pflichtigen am 20. August 2009 erhobenen Einsprachen, mit wel-
chen sich dieser gegen die Aufrechnung der Unterhaltsbeiträge wandte, wies das kan-
tonale Steueramt am 7. Juni 2010 ab.
- 3 -
2 ST.2010.207 2 DB.2010.150
C. Hiergegen erhob der Pflichtige am 5. Juli 2010 Rekurs bzw. Beschwerde
und beantragte, die deklarierten Unterhaltsbeiträge in der Höhe von Fr. 23'400.- seien
zum Abzug zuzulassen. Wie schon in der Einsprache machte er dabei geltend, das
vom Steuerkommissär angerufene Kreisschreiben der EStV sei überholt und verwies
er dabei auf diverse Gerichtsentscheide sowie ein neues Rundschreiben der EStV vom
5. Juli 2010.
Das kantonale Steueramt schloss in seiner Rekurs- und Beschwerdeantwort
vom 16. Juli 2010 auf Abweisung der Rechtsmittel. Die EStV liess sich nicht verneh-
men. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Gemäss § 31 Abs. 1 lit. c StG bzw. Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG werden von
den Einkünften die Unterhaltsbeiträge an den geschiedenen, gerichtlich oder tatsäch-
lich getrennten Ehegatten sowie die Unterhaltsbeiträge an einen Elternteil für die unter
dessen elterlicher Sorge oder Obhut stehenden Kinder abgezogen, nicht jedoch Leis-
tungen in Erfüllung anderer familienrechtlicher Unterhalts- oder Unterstützungspflich-
ten. Der Unterhaltsberechtigte hat die erhaltenen Zahlungen im Gegenzug zu versteu-
ern (§ 23 lit. f StG bzw. Art. 23 lit. f DBG).
b) Unterhaltsbeiträge (Alimente) sind regelmässig oder unregelmässig wieder-
kehrende Unterstützungen und Unterhaltsleistungen zur Deckung des laufenden Le-
bensbedarfs, die dem Empfänger keinen Vermögenszuwachs verschaffen. Angesichts
der Familienbesteuerung (§ 7 StG bzw. Art. 9 DBG) sind solche Aufwendungen für den
Unterhalt der Familie grundsätzlich nicht abzugsfähig (vgl. § 33 lit. a StG bzw. Art. 34
lit. a DBG). Damit die Unterhaltsbeiträge trotzdem abgezogen werden können, muss
die Familiengemeinschaft aufgelöst bzw. im Fall von nicht verheirateten Eltern gar nie
entstanden sein; sodann muss die steuerpflichtige Person die Unterhaltsbeiträge an
den geschiedenen, gerichtlich oder tatsächlich getrennt lebenden Ehegatten oder an
einen Elternteil für die unter dessen elterlicher Sorge stehenden Kinder leisten. Unter-
haltsbeiträge für Kinder sind nur dann abzugsfähig, wenn die Kinder unter der elterli-
chen Sorge des die Alimente erhaltenden Elternteils stehen, wobei es nicht schädlich
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2 ST.2010.207 2 DB.2010.150
ist, wenn zusätzlich auch der Alimentenleistende das Sorgerecht neben dem Alimente-
nempfänger hat (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A.,
2009, Art. 33 N 48 ff. DBG, und Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuerge-
setz, 2. A., 2006, § 31 N 48 ff. StG).
c) Diese letztere Variante trifft hier zu: Mit Beschluss Nr. 741 der Vormund-
schaftsbehörde D vom 21. Mai 2002 wurde dem Pflichtigen und B im Sinn von Art.
298a Abs. 1 ZGB die gemeinsame elterliche Sorge über deren gemeinsames Kind C
übertragen. Im gleichen Beschluss genehmigte die Vormundschaftsbehörde auch die
Vereinbarung des Pflichtigen mit B vom 17. April 2002 über die Betreuungsanteile und
die Verteilung der Unterhaltskosten. Fixe Beträge wurden in letzterem Zusammenhang
nicht festgelegt; stattdessen wurde vereinbart, dass die Kosten bezüglich Unterhalt,
Erziehung und Betreuung des Kindes von den Eltern im Verhältnis der jeweiligen Net-
toeinkommen übernommen werden. Per 2004 hat der Pflichtige nach seinen Angaben
gestützt auf diese Vereinbarung B Unterhaltsbeiträge in der Höhe von Fr. 23'400.-
ausbezahlt (Beträge von insgesamt Fr. 20'030.50 per Postkontoüberweisungen und
den Rest in bar). B hat in ihrer Steuererklärung 2004 entsprechende Alimente in der
Höhe von Fr. 23'400.- deklariert.
d) Gemäss der rechtlichen Ausgangslage (vgl. lit. a vorstehend) hat der Pflich-
tige grundsätzlich Anspruch auf Abzug der Kinderunterhaltsbeiträge, welche er an B
bezahlt hat, weil er mit dieser keine Familiengemeinschaft bildete und weil diese die
elterliche Sorge über seinen Sohn C ausübte; dass er selbst ebenfalls die elterliche
Sorge inne hatte, ändert daran gemäss der zitierten Lehrmeinung nichts.
Die Vorinstanz sieht dies anders und stützt sich dabei auf das Kreissschreiben
Nr. 7 der EStV vom 20. Januar 2000 (Titel: "Familienbesteuerung nach dem Bundes-
gesetz über die direkte Bundessteuer [DBG]; Übertragung der gemeinsamen elterli-
chen Sorge auf unverheiratete und die gemeinsame Ausübung elterlichen Sorge durch
getrennte oder geschiedene Eltern" [KS Nr. 7]. Tatsächlich lässt sich diesem Kreis-
schreiben entnehmen, dass unverheiratete Eltern mit gemeinsamer elterlicher Sorge
und gemeinsamem Haushalt (anders als getrennt lebende, geschiedene und nicht ver-
heiratete Eltern mit zwei verschiedenen Haushalten) keine Unterhaltsbeträge nach Art.
33 Abs. 1 lit. c DBG in Abzug bringen können und dementsprechend aber auch keine
Alimentenbesteuerung nach Art. 23 lit. f DBG erfolgt.
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2 ST.2010.207 2 DB.2010.150
Eine Begründung dafür lässt sich dem KS Nr. 7 nicht entnehmen (vgl. Tabelle
I in Ziff. 3). Dies erstaunt, denn es ist nicht einzusehen, wieso im Konkubinatshaushalt
mit Kind die Abzugsberechtigung für Alimentenzahlungen davon abhängen soll, ob die
elterliche Sorge einem Elternteil allein oder aber beiden Elternteilen gemeinsam zu-
steht. Wenn nämlich ein Elternteil mehr Kinderbetreuungsaufgaben übernimmt, folglich
weniger Einkommen erzielen kann und deshalb vom anderen (mehr Einkommen erzie-
lenden) Elternteil entsprechende Unterhaltsbeiträge erhält, so entspricht der damit ver-
bundene Ausgleich der Einkommen bzw. der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit den
familienrechtlichen Vorgaben bei unverheirateten Eltern und macht es insoweit keinen
Unterschied, ob der alimentenempfangende Elternteil die elterliche Sorge allein oder
zusammen mit dem alimentenleistenden Elternteil ausübt. Dementsprechend wurde
die im vorliegenden Fall von der Steuerbehörde angerufene Regel im KS Nr. 7 in der
Lehre kritisiert (vgl. P. Locher, Kommentar zum DBG, N 45 zu Art. 33 DBG, mit weite-
ren Hinweisen).
e) Kreisschreiben der ESTV stellen wie die Weisungen im kantonalen Recht
blosse Verwaltungsverordnungen zur Auslegung der Steuergesetze dar, welche für die
Steuerjustizbehörden grundsätzlich nicht verbindlich sind. Sie werden vom Richter aber
immerhin bei seiner Entscheidung mit berücksichtigt, sofern sie eine dem Einzelfall
gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmung zulassen
(BGE 121 II 473 = ASA 65, 477 = StR 51, 542 = StE 1996 B 93.1 Nr. 2).
aa) Das Bundesgericht hatte mit Urteil vom 1. September 2006 (2.A.37/2006 =
StE 2007 B 27.2 Nr. 30) einen Fall zu beurteilen, in welchem in einem Konkubinatsver-
hältnis die elterliche Sorge der Mutter zukam und die Steuerbehörde dem Vater den
Abzug von Alimenten mit der Begründung verweigerte, dass das Konkubinatspaar
durch das Zusammenleben faktisch die elterliche Sorge gemeinsam ausübe, weshalb
der Unterhalt der Familie wie bei verheirateten Eltern nicht abgezogen werden könne.
Das Bundesgericht verneinte dies mit der Begründung, dass der Begriff "elterliche Sor-
ge" ein zivilrechtlicher sei. Das Steuerrecht knüpfe hier an die zivilrechtlichen Bestim-
mungen an, schaffe also keine Disparitäten. Nach der Vorschrift von Art. 33 Abs. 1 lit. c
DBG sei es unerheblich, ob die Eltern im gemeinsamen Haushalt lebten oder nicht.
Dabei wies das Bundesgericht auch darauf hin, dass das KS Nr. 7 nur den Fall regle,
wo die elterliche Sorge auf die unverheirateten Eltern gemeinsam übertragen werde;
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2 ST.2010.207 2 DB.2010.150
nur für diesen Fall sehe das KS Nr. 7 vor, dass kein Abzug und keine Besteuerung von
Unterhaltsbeiträgen zu erfolgen habe. Letzteres sei allerdings von der Lehre kritisiert
worden, wobei geltend gemacht werde, dass auch in diesem Fall der Abzug beim ver-
pflichteten Elternteil und die Besteuerung beim berechtigten Teil zu erfolgen habe.
Hierzu sei im konkreten Fall jedoch nicht Stellung zu nehmen. Damit liess das Bundes-
gericht bereits durchblicken, dass es die Regelung im KS Nr. 7 als fragwürdig erachtet.
bb) Im Bundesgerichtsurteil vom 4. September 2007 (BGE 133 II 305 = Praxis
2008 Nr. 39) ging es sodann um geschiedene Steuerpflichtige mit einem Kind in ge-
meinsamer elterlicher Sorge bei alternierender Obhut, wobei der Abzug der Unter-
haltsbeiträge, der Sozialabzug für Kinder sowie der anwendbare Steuertarif zur Dis-
kussion standen. Das Bundesgericht nahm diesen Fall zum Anlass, sämtliche
diesbezüglichen Regelungen unter Einschluss von Konkubinatskonstellationen sowie
unter Bezugnahme auf das KS Nr. 7 der EStV näher auszuleuchten. Dabei hielt es u.a.
fest, der Bundesgesetzgeber sei stillschweigend davon ausgegangen, dass die Situa-
tion von Konkubinatspaaren derjenigen von zwei ledigen, verwitweten, geschiedenen
oder getrennt lebenden Steuerpflichtigen entspreche. Wenn also Konkubinatspaare ein
Kind hätten, für dessen Unterhalt sie sorgten, so habe einer der Partner Anspruch auf
den Sozialabzug für Kinder (und den Versicherungsabzug für das Kind); er werde so-
dann für die Alimente besteuert, welche er grundsätzlich vom anderen Partner erhalte,
und habe – vorausgesetzt dass er mit dem Kind im gleichen Haushalt lebe und die
Hauptlast seines Unterhalts trage – Anspruch auf den Steuertarif für Ehepaare. Der
andere Konkubinatspartner könne sodann von seinem Einkommen die Alimente abzie-
hen, die er für das Kind leiste, über das der Erstgenannte die elterliche Gewalt ausübe.
Konkubinatspaare würden mithin steuerlich gleich behandelt wie getrennt lebende oder
geschiedene Ehegatten; die Tatsache, dass sie zusammenlebten, sei unerheblich.
Weiter wurde festgehalten, dass der Wortlaut von Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG die gemein-
same elterliche Sorge nicht ausschliesse, weshalb der getrennt lebende oder geschie-
dene Steuerpflichtige, der Unterhaltsbeiträge für Kinder leiste, für welche er ebenfalls
die gemeinsame elterliche Sorge habe, diese Alimente von seinem Einkommen abzie-
hen könne, während sie beim anderen geschiedenen oder getrennt lebenden Elternteil,
der sie erhalte, besteuert würden. Bei unverheirateten Steuerpflichtigen, welche die
gemeinsame elterliche Sorge ausübten, unterliege die Besteuerung der Alimente bei
einem Elternteil und ihr Abzug beim anderen den gleichen Regeln, wie sie im Fall ge-
trennt lebender und geschiedener Eltern gelten würden.
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2 ST.2010.207 2 DB.2010.150
cc) Damit setzte sich das Bundesgericht also über das KS Nr. 7 hinweg, was
die EStV in der Folge zu entsprechenden Anpassungen bewogen hat. In ihrem am
19. Juli 2010 in die Vernehmlassung gegeben Entwurf für ein neues Kreisschreiben
zum Thema "Ehepaar- und Familienbesteuerung nach dem Bundesgesetz über die
direkte Bundessteuer" (abrufbar über www.estv.admin.ch) wird nunmehr in Ziff. 14.9 für
die hier in Frage stehende Konstellation die folgende Regelung vorgegeben:
14.9 Unverheiratete Eltern (gemeinsamer Haushalt), mit gemeinsamem minderjährigem Kind, mit gemeinsamer elterlicher Sorge, mit
Wird ein Abzug für die Unterhaltszahlungen für das Kind nach Artikel 33 . 1 lit. c DBG von einem Elternteil geltend gemacht, erfolgt die folgendermassen:
14.9.1 Unterhaltszahlungen:
Die Unterhaltsbeiträge für das Kind sind vom Empfänger zu versteuern. Der leistende Elternteil kann diese Alimentenleistungen in Abzug bringen.
14.9.2 Abzüge:
Der Elternteil, der die Unterhaltszahlungen erhält, kann den Kinderabzug sowie den Versicherungs- und Sparzinsenabzugabzug für das Kind geltend machen.
...
14.9.3 Tarife:
Der Elternteil, der die Unterhaltsbeiträge erhält, kann den Elterntarif geltend machen.
Der Elternteil, der die Unterhaltsbeiträge leistet, wird zum Grundtarif besteuert.
Nach dem bereits Gesagten, entspricht diese Lösung der herrschenden Lehre
und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, weshalb sie auch im vorliegenden Fall
anzuwenden ist.
3. a) In quantitativer Hinsicht sind die vom Pflichtigen in Abzug gebrachten
Unterhaltsbeiträge von Fr. 23'400.- jedoch nicht ausgewiesen:
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2 ST.2010.207 2 DB.2010.150
Die diesbezüglich im Einschätzungsverfahren eingereichte Vereinbarung, wel-
che der Pflichtige am 17. April 2002 mit B abgeschlossen hat und welche von der Vor-
mundschaftsbehörde genehmigt worden ist, nennt keine konkreten Beträge, sondern
hält lediglich fest, dass die Kosten bezüglich Unterhalt, Erziehung und Betreuung (inkl.
allfällige Fremdbetreuung) des Kindes von den Eltern im Verhältnis ihres jeweiligen
Nettoeinkommens zu übernehmen sind. Bei dieser Lage der Dinge ist vom Pflichtigen
nachzuweisen, dass er unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse beider
Eltern pro 2004 tatsächlich Alimente von Fr. 23'400.- zu leisten hatte und er den ent-
sprechenden Betrag auch an B bezahlt hat. Mit den im Einschätzungsverfahren vorge-
legten Kopien von drei Zahlungen an B (Betreff "Privat") und von Bargeldbezügen wird
dieser Nachweis nicht erbracht.
b) In dieser Ausgangslage wäre es Aufgabe der Steuerbehörde gewesen, den
Sachverhalt mit Bezug auf den quantitativen Aspekt der Unterhaltsbeiträge weiter zu
untersuchen. Ob sie dies getan hat, ist unklar. In den Steuerakten ist kein Auflagever-
fahren dokumentiert. Der Pflichtige reichte allerdings rekurs- und beschwerdeweise die
Kopie einer steuerbehördlichen Auflage vom 28. März 2006 ein, mit welcher der Unter-
haltsvertrag und der Nachweis der bezahlten Alimente verlangt worden ist. Entspre-
chende Akten eines Auflageverfahrens sind gemäss Auskunft des Steuerkommissärs
bei der Steuerbehörde jedoch nicht auffindbar.
Damit ist diese Untersuchung nachzuholen und zwar nach Massgabe von § 149
Abs. 3 StG bzw. Art. 143 Abs. 1 DBG zwecks Wahrung des gesetzlichen Instanzen-
zugs durch die Vorinstanz, weil der rechtserhebliche Sachverhalt nicht bzw. nicht voll-
ständig abgeklärt worden ist (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 143 N 26. ff.
DBG und § 149 N 29 ff. StG).
Die Vorinstanz wird in der nun vorliegenden Konstellation mit Bezug auf die
Staats- und Gemeindesteuern auch zu untersuchen haben, ob dem Pflichtigen neben
Unterhaltsbeiträgen an B der deklarierte Abzug für fremdbetreute Kinder (Fr. 3'000.-)
noch immer zugestanden werden kann. Diesbezüglich muss der Pflichtige nämlich
nachweisen, dass ihm nach Massgabe der Unterhaltsregelung entsprechende (nicht
bereits in den Alimentenzahlungen enthaltenen) Kosten angefallen sind und er (also
nicht B) diese auch bezahlt hat. Die im Einschätzungsverfahren eingereichte Aufstel-
- 9 -
2 ST.2010.207 2 DB.2010.150
lung betreffend Kosten für die Spielgruppe E und die Kinderkrippe F gibt diesbezüglich
keinen Aufschluss.
Die Vorinstanz wird sodann das Einspracheverfahren mit demjenigen von B
(welches gemäss Angaben des Pflichtigen im Rekurs bzw. in der Beschwerde noch
pendent ist) zu koordinieren haben.
4. a) Nach alledem sind die vorinstanzlichen Entscheide aufzuheben und ist die
Angelegenheit zur weiteren Sachverhaltsabklärung und zum Neuentscheid an das kan-
tonale Steueramt in das Einspracheverfahren zurückzuweisen.
b) Bei diesem in materieller Hinsicht noch unentschiedenen Verfahrensausgang
(Rückweisung) sind die Kosten den Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1
StG und Art. 144 Abs. 1 DBG). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
45c396e8-9069-40e6-9fed-0aa88085597d | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend die Pflichtigen) deklarierten im Wertschriften- und
Guthabenverzeichnis der Steuererklärung 2007 Anteile am C. Dabei handelt es sich
um einen Offshore-Fund nach dem Recht der Cayman Islands. Den Wert dieser insge-
samt 114 Anteile gaben sie mit (umgerechnet) Fr. 201'138.- und den Ertrag mit (umge-
rechnet) Fr. 15'098.- an. Das steuerbare Einkommen lautete auf Fr. 53'700.- (Staats-
und Gemeindesteuern) bzw. Fr. 56'000.- (direkte Bundessteuer) und das steuerbare
Vermögen auf Fr. 781'000.-. Mit Eingabe vom 9. Februar 2009 an das Gemeindesteu-
eramt D korrigierten sie die Deklaration des C, indem sie ausführten, beim angegebe-
nen Ertrag von Fr. 15'098.- handle es sich um steuerfreie Kapitalgewinne, da sie aus
dem Verkauf von Fondsanteilen stammten. Mithin reduziere sich das deklarierte steu-
erbare Einkommen um diesen Betrag.
Mit Auflage vom 3. April 2009 verlangte die Steuerkommissärin den Nachweis
der einzelnen Verkäufe des C mit Angabe der Valorennummer und der Anzahl Titel.
Die Pflichtigen antworteten am 7. Mai 2009, gemäss Auskunft des Fondsverwalters
seien keine Ausschüttungen erfolgt, die ausgewiesene Performance setze sich ledig-
lich aus Kursdifferenzen zusammen. Ein (revidierter) Abschluss des Fonds, wie ihn
offenbar die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) verlange, existiere nicht, da es
sich um einen geschlossenen Fonds handle und ein solcher von Gesetzes wegen kei-
nen Abschluss vorlegen müsse. Die Valorennummer und eine Aufstellung über Kauf
und Verkauf der Fondsanteile legten sie bei. Mit weiterer Auflage und Mahnung vom
25. August bzw. 14. Oktober 2009 verlangte die Steuerkommissärin die Abschlüsse
2006 und 2007 des Fonds samt Geschäftsbericht und Angabe der Anzahl der im Um-
lauf befindlichen Anteile. Die Pflichtigen liessen am 26. Oktober 2009 verlauten, sie
erhielten vom Fonds keine Abschlüsse oder dergleichen, die Steuerkommissärin solle
sich mit dem Fondsmanager in Verbindung setzen.
Die Steuerkommissärin schätzte die Pflichtigen am 5. November 2009 für die
Steuerperiode 2007 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 58'700.- (Staats- und
Gemeindesteuern) bzw. Fr. 61'000.- ein. Dabei unterwarf sie die ursprünglich als Ver-
mögensertrag deklarierten Fr. 15'098.- des C der Einkommenssteuer, weil die Pflichti-
gen den Nachweis der Steuerfreiheit dieses Ertrags nicht erbracht hätten.
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1 ST.2010.222 1 DB.2010.165
Die Veranlagung der direkten Bundessteuer wurde mit Steuerrechnung vom
27. November 2009 formell eröffnet.
B. Gegen die Einschätzung der Staats- und Gemeindesteuern erhoben die
Pflichtigen am 25. November 2009 Einsprache mit dem Antrag, von der Besteuerung
eines Fondsertrags Abstand zu nehmen, weil die verlangten Fondsunterlagen nicht
existierten. Das kantonale Steueramt nahm diese Einsprache auch als solche gegen
die Veranlagung der direkten Bundessteuer entgegen.
Nach diversen telefonischen Unterredungen mit der Steuerkommissärin reich-
ten die Pflichtigen am 12. März 2010 ein Schreiben der E ein, wonach diese Administ-
ratorin des Cs sei und bestätige, dass die Erträge des Fonds ausschliesslich aus dem
Handel mit Devisen und Derivaten stammten sowie keine Dividendenerträge enthiel-
ten.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen am 2. Juli 2010 ab.
C. Mit Rekurs bzw. Beschwerde vom 27./28. Juli 2010 erneuerten die Pflichti-
gen den Einspracheantrag.
Das kantonale Steueramt schloss am 9. September 2010 auf Abweisung der
Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen.
Auf die Ausführungen der Parteien in diesen Rechtsschriften wird – soweit
erforderlich – in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
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1 ST.2010.222 1 DB.2010.165 | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Gemäss Art. 16 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer
vom 14. Dezember 1990 (DBG) und § 16 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997
(StG) bzw. Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten
Steuern für Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG) unterliegen alle
wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte der Einkommenssteuer. Dazu gehören laut
Art. 20 Abs. 1 DBG und § 20 Abs. 1 StG namentlich die Erträge aus beweglichem
Vermögen, wie Zinsen aus Guthaben (je lit. a) und Dividenden, Gewinnanteile und Vor-
teile aus Beteiligungen aller Art (je lit. c). Steuerbar sind auch alle Einkünfte aus Antei-
len an Anlagefonds, soweit die Gesamterträge des Anlagefonds die Erträge aus direk-
tem Grundbesitz übersteigen (je lit. e). Hingegen sind Kapitalgewinne aus der
Veräusserung von Privatvermögen – mit Ausnahme von Grundstückgewinnen bei den
Gemeindesteuern – nach Art. 16 Abs. 3 DBG und § 16 Abs. 3 StG steuerfrei.
a) Ein steuerfreier Kapitalgewinn bzw. ein nicht abzugsfähiger Kapitalverlust
liegt (namentlich) dann vor, wenn der Mehr- bzw. Minderwert eines Vermögensrechts
des beweglichen Privatvermögens dadurch realisiert worden ist, dass dieses Recht
veräussert worden, das heisst wirtschaftlich betrachtet aus dem Vermögen des Steu-
erpflichtigen ausgeschieden ist. Steuerfrei sind deshalb all jene Wertzuflüsse beim
Steuerpflichtigen, welche als Gegenwert (Erlös) für das durch Veräusserung realisierte
Vermögensrecht erscheinen (RB 1987 Nr. 20 = StE 1988 B 24.4 Nr. 11). Hingegen
sind Einkünfte, die dem Steuerpflichtigen aus einem privaten beweglichen Vermögens-
recht zufliessen, ohne dass ihr Zufluss Folge einer Veräusserung im umschriebenen
Sinn ist, gemäss Art. 20 Abs. 1 DBG und § 20 Abs. 1 StG (je lit. a, ev. lit. c oder e)
steuerbarer Vermögensertrag (vgl. für die direkte Bundessteuer: BGr, 10. Juli 2001 =
StE 2001 B 21.1 Nr. 10 = ZStP 2001, 226 und 21. Oktober 1996 = ASA 66, 377 E. 2b).
b) Nach Art. 123 Abs. 1 DBG und § 132 Abs. 1 StG haben die Steuerbehörden
zusammen mit dem Steuerpflichtigen alles zu tun, um die für die vollständige und
richtige Besteuerung massgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse festzu-
stellen. Diese Behörden haben der Veranlagung bzw. Einschätzung nur jene Tatsa-
chen Grunde zu legen, von deren Vorhandensein sie sich nach durchgeführter Unter-
- 5 -
1 ST.2010.222 1 DB.2010.165
suchung selber überzeugt haben (RB 1987 Nr. 35). Im Rekurs- bzw. (erstinstanzlichen)
Beschwerdeverfahren gilt der Grundsatz, dass der Steuerpflichtige von sich aus eine
substanziierte Sachdarstellung für steueraufhebende bzw. -mindernde Tatsachen vor-
zutragen hat. Gemäss der allgemeinen Regel trägt die Steuerbehörde die Beweislast
für steuerbegründende oder -erhöhende, der Steuerpflichtige dagegen für steuermin-
dernde oder -aufhebende Tatsachen (BGr, 1. Oktober 2008, 2C_288/2008, E. 4.4 und
4. April 2008, 2C_637/2007, E. 2.4, www.bger.ch; 21. Februar 2002, StR 2002, 816 E.
2.3).
Macht der Steuerpflichtige geltend, ein Vermögenszufluss sei steuerfrei, so ist
er hierfür beweisbelastet und hat er die seiner Behauptung Grunde liegenden steuer-
mindernden Tatsachen von sich aus durch eine substanziierte Sachdarstellung darzu-
legen, aus welcher sich ohne weitere Untersuchung der Schluss auf das Vorliegen
eines einkommenssteuerfreien Vorgangs ziehen lassen muss (VGr, 6. Mai 1997,
StE 1998 B 21.3 Nr. 3; RB 1994 Nr. 33, 1987 Nr. 35, 1975 Nr. 55). Gelingt dem Steu-
erpflichtigen der Nachweis nicht, dass ein bestimmter VermögensGang aus einem be-
stimmten einkommenssteuerbefreiten Grund vorliegt, ist zu seinen Ungunsten ohne
Weiteres anzunehmen, es liege Einkommen im Sinn von Art. 16 Abs. 1 DBG bzw. § 16
Abs. 1 StG vor, da letztere Bestimmungen als Generalklausel alle Wertzuflüsse erfas-
sen, sofern sie nicht kraft besonderer gesetzlicher Bestimmung von der Einkommens-
besteuerung ausgenommen sind.
2. a) Vorliegend deklarierten die Pflichtigen im Wertschriften- und Guthaben-
verzeichnis der Steuererklärung 2007 die streitige Summe von Fr. 15'098.- vorerst als
der Einkommenssteuer unterliegenden Ertrag von 114 Anteilen des C. Mit Eingabe
vom 9. Februar 2009 an das Gemeindesteueramt D erklärten sie die Summe dann
aber als steuerfreien Kapitalgewinn. Für die Umstände, welche auf einen solchen steu-
erfreien Zufluss schliessen lassen, sind sie nach dem Gesagten beweisbelastet.
b) Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass es sich beim C um
einen ausländischen kollektiven Anlagefonds nach dem Recht der Cayman Islands
handelt, der so genannt "transparent" ist. Dies bedeutet, dass die Fondsleitung das
Fondsvermögen quasi-treuhänderisch für Rechnung ihrer Anleger verwaltet und der
Fonds selber kein Steuersubjekt (Gesellschaft) bildet. Steuerlich werden daher die Er-
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1 ST.2010.222 1 DB.2010.165
träge und das Vermögen des Anlagefonds direkt den Anlegern und nicht dem Fonds
selber Gerechnet; es liegt so genannte Transparenz vor. Das Fehlen eines eigenen
Steuersubjekts beim Fonds hat zur Folge, dass bei Rückgabe bzw. Verkauf der Anteile
an den Fonds durch die Anleger steuerlich keine (Teil-)Liquidation des Fonds ange-
nommen wird und bei den Anlegern insofern kein steuerbarer Vermögensertrag anfällt.
Steuerbarer Vermögensertrag liegt dagegen vor, wenn der Fonds den Anlegern (direkt)
entsprechende Ausschüttungen ausrichtet. Solche Ausschüttungen erfolgen entweder
während der Haltedauer der Anteile oder anlässlich der Rückgabe bzw. des Verkaufs
der Anteile.
Vorliegend ist streitig, ob die bei Veräusserung bzw. Rückgabe der Anteile des
C den Pflichtigen im Jahr 2007 zugeflossenen Beträge von insgesamt Fr. 15'098.- sol-
che aus dem Verkauf bzw. der Rückgabe der Anteile an den Fonds darstellen und da-
her als Kapitalgewinn von der Einkommenssteuer befreit sind und/oder Ausschüttun-
gen des Fonds bilden, welche als Vermögensertrag anfallen und daher von den
Pflichtigen als Einkommen zu versteuern sind.
3. a) Per 1. Januar 2007 sind das Bundesgesetz über die kollektiven Kapital-
anlagen vom 23. Juni 2006 (KAG, SR 951.31) und die dazugehörige Verordnung über
die kollektiven Kapitalanlagen vom 22. November 2006 (KKV, SR 951.311) in Kraft
getreten. Die ESTV hat aus diesem Anlass das Kreisschreiben Nr. 25 zu Direkte Bun-
dessteuer über die Besteuerung kollektiver Kapitalanlagen und ihrer Anleger vom 5.
März 2009 (KS; ASA 77, 697) erlassen. Dieses Kreisschreiben wird von den Steuerbe-
hörden auch für die Belange der Staats- und Gemeindesteuern angewandt.
Gemäss Ziff. 3.3 KS gelten für die steuerliche Behandlung kollektiver Kapital-
anlagen ohne direkten Grundbesitz bei den Anlegern folgende Regeln: Bei Anlagen im
Privatvermögen haben die Anleger sämtliche Erträge aus Anteilen an kollektiven Anla-
gen als Vermögensertrag gemäss Art. 20 Abs. 1 lit. e DBG zu versteuern, soweit sie
nicht Erträge aus deren direktem Grundbesitz vereinnahmen. Unter sämtlichen Erträ-
gen sind die ausgeschütteten oder thesaurierten (wiederangelegten) Erträge zu ver-
stehen, soweit sie steuerlich Vermögenserträgen wie Zinsen, Dividenden und derglei-
chen entsprechen. Enthalten ausgeschüttete oder thesaurierte Erträge Kapitalgewinne,
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1 ST.2010.222 1 DB.2010.165
sind diese steuerfrei, sofern sie in der Jahresrechnung separat ausgewiesen oder über
einen separaten Coupon ausgeschüttet werden (Ziff. 3.3.2 KS).
Ausländische kollektive Kapitalanlagen werden steuerlich den schweizeri-
schen kollektiven Kapitalanlagen gleichgestellt, wenn sie gewisse Bedingungen erfül-
len (Ziff. 4.6 KS). Mithin gilt auch für ausländische kollektive Kapitalanlagen gemäss
KS, dass den Anlegern ausgeschüttete Kapitalgewinne nur dann steuerfrei sind, wenn
sie in der Jahresrechnung separat ausgewiesen oder über einen separaten Coupon
ausgeschüttet werden.
b) Kreisschreiben und Wegleitungen der ESTV stellen Verwaltungsweisungen
dar und richten sich an die für die Durchführung des Gesetzes (DBG) zuständigen
(Einschätzungs-)Behörden. Sie sind für die Gerichte – Steuerrekurskommissionen,
Verwaltungs- und Bundesgericht – nicht verbindlich. Diese sollen sie bei ihren Ent-
scheidungen jedoch berücksichtigen, sofern sie eine dem Einzelfall angepasste und
gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen.
Das Gericht weicht also nicht ohne triftigen Grund von Verwaltungsweisungen ab,
wenn diese eine überzeugende Konkretisierung der rechtlichen Vorgaben darstellen.
Denn dadurch wird dem Bestreben der Verwaltung, durch interne Weisungen eine
rechtsgleiche Gesetzesanwendung zu gewährleisten, Rechnung getragen (BGE 133 V
346, 131 V 42 E. 2.3 S. 45 f. und 130 V 163 E. 4.3.1 S. 172 f., je mit Hinweisen).
Das vorliegend streitbetroffene KS der ESTV erklärt Kapitalgewinne, die von
kollektiven Kapitalanlagen den Anlegern zufliessen, nur dann als steuerfrei, wenn sie in
der Jahresrechnung des Fonds separat ausgewiesen oder über einen separaten Cou-
pon ausgeschüttet werden. Damit wird dem Abschluss des Fonds bzw. dem Ausweis in
einem separaten Coupon für die hier interessierende Frage nach dem Vorliegen eines
steuerfreien Kapitalgewinns eine erhöhte Glaubwürdigkeit gemessen. Dies erscheint
als sachgerecht: Gemäss Art. 148 KAG steht die nicht ordnungsgemässe Führung der
Geschäftsbücher bzw. die Aufnahme falscher Angaben in diesen sowie in Prospekten
und anderen Informationen durch in- oder ausländische kollektive Kapitalanlagen unter
Strafdrohung (Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe). Zudem haftet, wer
Pflichten verletzt, der Gesellschaft, den einzelnen Anlegern sowie den Gesellschafts-
gläubigern gegenüber für den daraus entstandenen Schaden (Art. 145 Abs. 1 KAG).
Zu den haftenden Personen zählt neben der Fondsleitung, der Depotbank etc. auch
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1 ST.2010.222 1 DB.2010.165
der Vertreter ausländischer kollektiver Kapitalanlagen (Art. 145 Abs. 1 lit. g KAG). Eine
kollektive Kapitalanlage wird daher Kapitalgewinne angesichts dieser Strafdrohung
bzw. Haftung – sofern sie tatsächlich solche Gewinne ausgeschüttet hat – nicht leicht-
hin falsch, d.h. zu hoch, ausweisen. Demnach ist es folgerichtig, dem separaten Aus-
weis von ausgeschütteten Kapitalgewinnen im Fondsabschluss bzw. in einem eigenen
Coupon eine erhöhte Glaubwürdigkeit bzw. Beweiskraft zuzusprechen und diese nur
dann als steuerfrei zu qualifizieren, wenn sie entsprechend ausgewiesen werden.
4. a) Gemäss den vorhandenen Unterlagen erzielten die Pflichtigen die ur-
sprünglich als Ertrag bzw. "Dividende" deklarierte Summe von Fr. 15‘098.- aus dem
Verkauf von insgesamt 9,1 Anteilen des C in drei Tranchen am 31.10., 30.11. und
31.12.2007. Dies ergibt sich aus den eingereichten Aufstellungen der Firma F, G, über
die Verkäufe von Anteilen durch die Pflichtigen in der Zeit vom 30.9.2007 - 1.6.2008
und über die Wertansätze der Anteile im Verkaufszeitpunkt ("Overview") sowie aus der
weiteren Aufstellung "Dividenden 2007 von CPP und UPC" pro Monat.
Über diese Verkäufe liegen jedoch trotz entsprechender Auflage der Steuer-
kommissärin vom 3. April 2009 keinerlei Verkaufsabrechnungen vor, da die genannten
Aufstellungen keine solchen Abrechnungen darstellen. Zudem ist nicht bekannt, wel-
che Funktion die F als Erstellerin der Aufstellungen im Zusammenhang mit dem C
ausübt. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil die Pflichtigen im Einspracheverfahren
eine Bestätigung einer andern Gesellschaft, der H, I, eingereicht haben und diese darin
ausführt, sie sei die Administratorin des Funds. Demnach ist aber schon der Verkauf
bzw. die Rückgabe der fraglichen Anteile an den C trotz diesbezüglicher Untersuchung
nicht hinreichend nachgewiesen. Unbestritten ist dagegen der Zufluss der Fr. 15'098.-
bei den Pflichtigen selber. Damit haben Letztere diesen Betrag aber als Einkommen zu
versteuern, da der Einkommenssteuer aufgrund der Generalklausel von Art. 16 Abs. 1
DBG bzw. § 16 Abs. 1 StG sämtliche einmaligen oder wiederkehrenden Zuflüsse (von
aussen) unterliegen, sofern sie nicht kraft ausdrücklicher Gesetzesbestimmung von der
Besteuerung ausgenommen sind.
b) Sollte der Betrag von Fr. 15'098.- vom C tatsächlich anlässlich der Rückga-
be von Fondsanteilen durch die Pflichtigen ausgeschüttet worden sein, verhält es sich
wie folgt:
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1 ST.2010.222 1 DB.2010.165
aa) Aus den Aufstellungen der F geht nicht hervor, wie sich die ausgeschütte-
ten Summen zusammensetzen. Zwar stellen sie das Entgelt für die Rückgabe der
Fondsanteile an den C dar und ergeben sie sich nach der in der Aufstellung "Overview"
je Anteil aufgelisteten Wertnotierung des Rückgabedatums. Das Entgelt kann jedoch
neben dem Wert der Anteile auch einen Ertrag enthalten oder überhaupt nur Ertrag
sein (z.B. dann, wenn die Anteile ihren Wert verloren haben). Denn das von den Pflich-
tigen eingereichte "Term-Sheet" des C führt einen Ertrag auf, und zwar mit "ca. netto
1,5 - 3% p.m." und dem Hinweis, dass die Fondsanteile jeden Monat um den Prozent-
wert "on a best effort Basis" stiegen. Diese Prozentwerte entsprechen einem Jahreser-
trag von 18 - 36%. Die Steuerkommissärin ging daher mit gutem Grund davon aus, die
den Pflichtigen ausgeschütteten Entgelte enthielten auch eine Ertragskomponente oder
bestünden gar nur aus einer solchen.
Die Pflichtigen haben trotz Auflage und Mahnung vom 25. August bzw.
14. Oktober 2009 im Einschätzungsverfahren den Abschluss des C 2007 nicht einge-
reicht. Damit konnte die Steuerkommissärin nicht verlässlich überprüfen, ob und inwie-
fern in den anlässlich der Rückgabe der Anteile ausgeschütteten Beträgen steuerfreie
Kapitalgewinne enthalten sind, d.h. ob und inwiefern diese auf die Rückzahlung der
Anteile entfallen. Denn Kapitalgewinne sind gemäss dem diesbezüglich zutreffenden
KS nur steuerfrei, wenn sie vom Fonds entsprechend im Abschluss ausgewiesen oder
über einen separaten Coupon ausgeschüttet werden. Mangels Vorliegen entsprechen-
der Unterlagen, kann daher nicht von (steuerfreien) Kapitalgewinnen ausgegangen
werden.
bb) Die Pflichtigen bestreiten das Fehlen von Fondsabschlüssen nicht, ma-
chen jedoch geltend, der C verfüge – weil es sich um einen geschlossenen Fonds
handle – über keine Jahresabschlüsse. Zudem vermöchten sie keine andern Doku-
mente vorzulegen, aus denen die Qualifikation der ausgeschütteten Beträge als Kapi-
talgewinne hervorgehe. Dies ist insofern nicht von Belang, als nicht die Steuerbehörde
sondern der Steuerpflichtige für das Vorliegen von Kapitalgewinnen beweisbelastet ist
und es auf ein allfälliges Verschulden desselben bei Nichtleistung dieses Nachweises
nicht ankommt. Bei mangelndem Nachweis eines steuerfreien Gangs durch den Steu-
erpflichtigen ist vielmehr ohne Weiteres, d.h. unbesehen der Gründe des fehlenden
Nachweises, anzunehmen, es liege Einkommen im Sinn von Art. 16 Abs. 1 DBG bzw.
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§ 16 Abs. 1 StG vor. Dies hat vorliegend zur Folge, dass die Pflichtigen die vom C zu-
geflossenen Fr. 15'098.- mangels Leistung dieses Nachweises vollumfänglich als Er-
trag zu versteuern haben.
cc) Im Übrigen verfängt der Einwand der Pflichtigen, der C sei ein geschlos-
sener Anlagefonds und müsse daher von Gesetzes wegen gar keinen Abschluss vor-
legen, nicht:
Ein geschlossener kollektiver Anlagefonds zeichnet sich dadurch aus, dass
die Anleger zulasten des (festen) Kollektivvermögens weder unmittelbar noch mittelbar
einen Rechtsanspruch auf Rückgabe ihrer Anteile zum Nettoinventarwert besitzen
(Art. 9 KAG). Gemäss dem "Term-Sheet" des C können die Investoren ihre Anteile
monatlich (ohne Kostenfolge) kündigen, sodass entgegen dem Dafürhalten der Pflich-
tigen kein geschlossener Anlagefonds vorliegt. Dementsprechend haben sie ihre Antei-
le am C denn auch offenbar ohne Weiteres zurückgeben können.
dd) Nicht weiter hilft den Pflichtigen sodann auch die Bestätigung der E vom
6. Januar 2009, wonach die Erträge des Cs ausschliesslich aus dem Handel mit Devi-
sen und Derivaten stammten und keine Dividendenerträge enthielten. Denn selbst
wenn dem so wäre, handelte es sich bei den Ausschüttungen an die Anleger noch kei-
neswegs um (steuerfreie) Kapitalgewinne. Solche lägen vielmehr nur vor, wenn die
Anleger an den vom Fonds gehandelten, ausschliesslich Kapitalgewinne abwerfenden
Wertpapieren oder Rechten direkt (d.h. auf eigene Rechnung und über ein eigenes
Konto) beteiligt wären und auf die Kapitalgewinne entsprechend einen individualisier-
ten Rechtsanspruch besässen (vgl. BGr, 10. Juli 2001 = StE 2001 B 21.1 Nr. 10 =
ZStP 2001, 226; VGr, 7. Dezember 1994 = ZStP 1995, 51 sowie Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 16 N 162 DBG und Kom-
mentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 16 N 130 StG). Dass
die Rechtsbeziehungen zwischen den Pflichtigen und dem C entsprechend ausgestal-
tet sind, d.h. dass Erstere an den vom Fonds gehandelten Objekten direkt beteiligt sind
und die beim Handel erzielten Kapitalgewinne vom Fonds direkt gutgeschrieben erhal-
ten, ist nicht zu vermuten und zudem auch in keiner Form nachgewiesen. Zudem wi-
derspräche eine solche Ausgestaltung der Verhältnisse völlig dem Wesen einer kollek-
tiven Kapitalanlage.
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ee) Die Pflichtigen reichten im vorliegenden Verfahren für den Nachweis eines
steuerfreien Kapitalgewinns ein "Confidential private Placement Memorandum" des C
vom April 2010 (nachfolgend Memorandum) ein. In diesem Memorandum wird zwar
übereinstimmend mit der erwähnten Bestätigung der E vom 9. Januar 2009 festgehal-
ten, dass der Fonds beabsichtige, keine Dividenden auszuschütten, sondern den Anle-
gern ihr Entgelt in Form von (höheren) Werten der Anteile bei deren Rückgabe auszu-
richten (S. 7 und 10 Memorandum). Damit ist die Frage nach dem Vorliegen eines
steuerfreien Kapitalgewinns beim Rückgabeentgelt für die Fondsanteile aber – wie
erwähnt – noch nicht beantwortet: Dies wäre nur der Fall, wenn die Anleger an den
vom Fonds gehandelten Objekten einen unmittelbaren Anspruch besässen und die
darauf anfallenden Kapitalgewinne direkt gutgeschrieben erhielten. Dies trifft bei den
Pflichtigen aber ganz offenkundig nicht zu und wird von ihnen auch gar nicht behaup-
tet. Im Übrigen enthält das Memorandum nur eine Absichtserklärung und bietet nicht
Gewähr dafür, dass die Ausschüttungen auch tatsächlich dieser Erklärung entspre-
chend ausgerichtet worden sind.
c) Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die Pflichtigen den Nachweis für
das Vorliegen von steuerfreien Kapitalgewinnen nicht geleistet haben, sodass sie die
unstreitig Geflossenen Fr. 15'098.- gemäss Art. 16 Abs. 1 DBG bzw. § 16 Abs. 1 StG
als Einkommen zu versteuern haben.
5. Diese Erwägungen führen zur Abweisung der Rechtsmittel. Ausgangs-
gemäss sind die Kosten des Verfahrens den Pflichtigen aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1
DBG, § 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
46568a2d-c58c-4cb9-92a6-da3a97226c5b | hat sich ergeben:
A. Am 2. Juni 2008 emittierte die Valartis Bank AG, Zürich, 40'000 Metall
Zug Discount Zertifikate zum Emissionspreis von Fr. 273.30 (METZI, Valor 4288.895).
Das Produkt wurde von der Emittentin wie folgt strukturiert: Der Erwerber eines Zertifi-
kates kaufte einen Zehntel einer Aktie der Metall Zug AG zum Referenzkurs von
Fr. 316.-. Der Emissionspreis des METZI betrug indessen Fr. 273.30. Die Differenz von
Fr. 42.70 entsprach der Optionsprämie. Denn gleichzeitig verkaufte der Anleger der
Emittentin eine Put-Option zum Ausübungspreis von Fr. 350.-, welcher Betrag dem
Cap-Level entsprach. Wenn der Kurs von einem Zehntel des Basiswerts bei Verfall
(18. Dezember 2009) mindestens das Cap-Level von Fr. 350.- erreichen sollte, so wer-
de dem Anleger dieser Betrag zurückbezahlt. Wenn der Kurs von einem Zehntel an der
Aktie tiefer als die Fr. 350.- falle, so sollte dem Anleger für 10 Zertifikate eine Aktie ge-
liefert werden. Die Put-Option sollte durch die Emittentin also nur ausgeübt werden
können, wenn der Aktienkurs bzw. ein Zehntel davon bei Verfall unter dem Cap-Level
liege.
Am ... 2008 erwarb A (nachfolgend der Pflichtige), verheiratet mit B (nachfol-
gend die Pflichtige), 2'000 METZI-Zertifikate zum Preis von Fr. 241.79 je Zertifikat. Am
... 2008 erwarb er weitere 4'000 METZI-Zertifikate für Fr. 234.33 je Zertifikat, worauf er
am ... 2009 alle 6'000 Zertifikate zum Preis Fr. 230.94 je Zertifikat verkaufte. Am
6. Mai 2011 erliess der Steuerkommissär die Veranlagungsverfügung für die direkte
Bundessteuer 2009 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 478'900.- (satzbestim-
mend Fr. 458'600.-). Am gleichen Tag erging der Einschätzungsentscheid für die
Staats- und Gemeindesteuern 2009, in welchem der Steuerkommissär das steuerbare
Einkommen auf Fr. 460'500.- (satzbestimmend Fr. 460'500.-) und das steuerbare Ver-
mögen auf Fr. ....- (satzbestimmend Fr. ....-) festsetzte. In beiden Entscheiden errech-
nete der Steuerkommissär einen steuerbaren Vermögensertrag in Höhe von
Fr. 24'203.- aus dem Verkauf der ersten 2'000 Zertifikate und einen Vermögensertrag
von Fr. 45'805.- aus dem Verkauf der später erworbenen 4'000 Zertifikate (total
Fr. 70'008.-).
B. Am 1. Juni 2011 erhoben die Pflichtigen Einsprache gegen diese Entschei-
de und beantragten (unter anderem), es sei auf die Besteuerung der erwähnten Beträ-
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2 DB.2011.170 2 ST.2011.243
ge zu verzichten. In den Einspracheentscheiden vom 26. Juli 2011 hiess das kantonale
Steueramt die Einsprachen teilweise gut und setzte das steuerbare Einkommen auf
Fr. 474'900.- (satzbestimmend Fr. 454'600.-, direkte Bundessteuer 2009) und
Fr. 456'500.- (auch satzbestimmend, Staats- und Gemeindesteuern 2009) herab. In-
dessen hielt es an der Besteuerung der Beträge fest, welche im Zusammenhang mit
den METZI-Zertifikaten standen.
C. Am 25. August 2011 erhoben die Pflichtigen Beschwerde und Rekurs ge-
gen diese Einspracheentscheide und erneuerten ihren bereits in den Einsprachen ge-
stellten Antrag hinsichtlich der METZI-Zertifikate. Eventualiter sei der mittlere Swapsatz
anzuwenden und seien die angefallenen Spesen von Fr. 5'036.35 als Gewinnungs-
kosten zuzulassen. Zur Begründung brachten sie vor:
Wie der Ausschreibung der Valartis Bank AG entnommen werden könne,
handle es sich beim METZI um ein Finanzprodukt, welches den Kauf einer Aktie mit
dem gleichzeitigen Verkauf einer Call-Option kombiniere. Das Bestehen eines Gutha-
bens bzw. einer Obligation und von steuerbarem Zins setze die Überlassung von Kapi-
tal durch den Darlehensgeber und die Verpflichtung zur Rückzahlung der hingegebe-
nen Summe durch den Darlehensnehmer voraus. Kapitalgewinne aus der
Veräusserung von Privatvermögen seien hingegen steuerfrei. Dies gelte namentlich für
Kapitalgewinne aus der Veräusserung von Derivaten und Optionsprämien. Nur der
Gesetzgeber sei befugt, Ausnahmen vom Grundsatz der Steuerfreiheit von privaten
Kapitalgewinnen zu statuieren. Eine solche Ausnahme bestehe etwa bei der Veräusse-
rung von Obligationen mit überwiegender Einmalverzinsung. Bei Finanzprodukten sei
entscheidend, ob sie einen steuerfreien Kapitalgewinn (Gewinn aus Derivaten) oder
einen steuerbaren Vermögensertrag erzeugten. Im Sinn einer Grobeinteilung könne
gesagt werden, dass Obligationen zu steuerbarem Vermögensertrag, Derivate zu
steuerfreiem Kapitalgewinn und kombinierte Produkte zu beidem führten. Diese Regeln
habe grundsätzlich auch die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) im Kreisschrei-
ben (KS) Nr. 15 vom 7. Februar 2007 (Obligationen und derivative Finanzinstrumente
als Gegenstand der direkten Bundessteuer, der Verrechnungssteuer sowie der Stem-
pelabgaben, KS Nr. 15) beachtet. Indessen weiche die ESTV bei den Reverse Conver-
tibles (Produkte mit Geld- oder Titellieferung) teilweise von den geschilderten
Grundsätzen ab. Selbst die Reverse Convertibles ohne Kapitalschutz würden von der
ESTV als Kombination aus Obligation und Option qualifiziert. Eine Besteuerung sei
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2 DB.2011.170 2 ST.2011.243
aber nur zulässig, wenn eine Obligation bzw. ein Guthaben bestehe. Wenn ein Produkt
keine garantierte Rückzahlung vorsehe, lägen keine Obligation und kein Zins vor. Vor-
liegend sollte die Emittentin für 10 Zertifikate eine Aktie des Basiswerts liefern, wenn
dessen Kurs bei Verfall das Cap-Level von Fr. 350.- unterschreite. Inwiefern eine Obli-
gation vorhanden sein solle, sei nicht ersichtlich. Wolle man die Praxis der ESTV
betreffend Reverse Convertibles, obwohl in ihrer Grundkonzeption unzulässig, zugrun-
de legen, so müsse man den METZI unter Ziffer 5a, Anhang III des KS Nr. 15 (unter-
jähriger Reverse Convertible) einreihen. Die Qualifikation des METZI in der Kursliste
der ESTV als IUP (intérêt unique prédominant) sei nicht korrekt, da der METZI keinen
Vermögensertrag abwerfe. In formeller Hinsicht sei festzuhalten, dass das kantonale
Steueramt die angefochtenen Entscheide ungenügend begründet und so das rechtli-
che Gehör verletzt habe. Insbesondere sei nicht erläutert worden, weshalb das Produkt
in der Kursliste als IUP qualifiziert worden sei. Zudem seien der Mindestrück-
zahlungsbetrag und die Berechnung des BondFloor durch Abzinsung des Mindestrück-
zahlungsbetrags nicht bekannt (modifizierte Differenzbesteuerung, Anhang IV zum KS
Nr. 15, Ziffer III/2).
In der Beschwerde- und Rekursantwort vom 16. September 2011 machte das
kantonale Steueramt geltend, beim vorliegenden Finanzprodukt handle es sich um
einen überjährigen Reverse Convertible auf Aktien, welcher auf Grund von Ziffer 5b/c
des Anhangs III zum KS Nr. 15 steuerlich gleich wie gewöhnliche Reverse Convertibles
behandelt werde.
Mit Auflage vom 28. September 2011 ersuchte der zuständige Referent des
Steuerrekursgerichts die ESTV um Erläuterung, wie der Bond-Floor-Wert des streitbe-
troffenen Finanzprodukts je per Erwerb und Verkauf errechnet und weshalb das Fi-
nanzprodukt auf der Liste der ESTV als "IUP" gekennzeichnet wurde. Die ESTV erfüllte
die Auflage in ihrer Eingabe vom 25. Oktober 2011, worauf die Pflichtigen am 22. No-
vember 2011 zur Sache Stellung nahmen.
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2 DB.2011.170 2 ST.2011.243 | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Vorliegend ist eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung zu beantworten.
Die Sache ist deshalb vom Steuerrekursgericht in Dreierbesetzung zu entscheiden
(§ 114 Abs. 3 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 [StG] in der Fassung vom 1. Ja-
nuar 2011).
2. a) Gemäss dem Merkblatt über die einkommenssteuerliche Behandlung
von Obligationen und derivativen Finanzinstrumenten zum Zwecke der Staats- und
Gemeindesteuern und der direkten Bundessteuer vom 16. November 2011 (ZStB I
Nr. 15/103) stellt das kantonale Steueramt in der Einschätzungspraxis auf das erwähn-
te KS Nr. 15 ab. Die Beschwerdegegnerin und der Rekursgegner leiten denn auch ihr
Besteuerungsrecht mit Bezug auf den streitbetroffenen METZI im Wesentlichen aus
dem Kreisschreiben ab.
b) Um die rechtsgleiche Behandlung der Bürger durch die Behörden sicherzu-
stellen, kann die Exekutive an Letztere gerichtete Dienstanweisungen erlassen. Bei
einem Kreisschreiben handelt es sich um eine sogenannte Verwaltungsverordnung
(Michael Beusch, Was Kreisschreiben dürfen und was nicht, ST 2005, S. 613 ff.). Sol-
che Verwaltungsverordnungen sind keine Gesetze, auf welche sich der Bürger berufen
könnte, sondern richten sich einzig an die Behörden. Jedoch kann die Missachtung
einer Verwaltungsverordnung zu einer Verletzung der Rechtsgleichheit führen, so dass
der Bürger sich unter diesem Titel auf die Verwaltungsverordnung berufen kann (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz,
2. A., 2006, § 265 N 23 StG). Der Richter soll Verwaltungsverordnungen bei seiner
Entscheidung mitberücksichtigen, sofern sie eine dem Einzelfall angepasste und ge-
recht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen
(BGE 121 II 478). Verwaltungsverordnungen können als Meinungsäusserung von
Sachverständigen über die Auslegung des Gesetzes im Interesse der rechtsgleichen
Behandlung berücksichtigt werden, sofern sie die dem Einzelfall angepasste und ge-
recht werdende Auslegung des Bundesrechts weder vereiteln noch erschweren und
nicht über eine blosse Konkretisierung der bundesrechtlich vorgeschriebenen Voraus-
setzungen hinausgehen (BGE 109 Ib 207). Die Verwaltungsverordnung stellt mit ande-
ren Worten für die Steuerjustizbehörden eine nicht verbindliche Anweisung zur Ausle-
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2 DB.2011.170 2 ST.2011.243
gung des Steuergesetzes dar. Sie wird vom Richter berücksichtigt, wenn sie im konkre-
ten Einzelfall eine sachgerechte Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestim-
mung erlaubt (Häfeli/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. A., 2010,
Rz. 128).
c) Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts obliegt es den Steuer-
behörden, den Nachweis zu leisten, dass das von der ESTV zur Verfügung gestellte
Berechnungsprogramm die ihm zugedachte Aufgabe in allen Fällen erfüllen kann. In-
soweit ihr dies nicht gelingt, läuft sie Gefahr, den geltend gemachten steuerbaren Ver-
mögensertrag nicht rechtsgenügend nachweisen zu können (VGr, 24. August 2005,
SB.2004.00077 = StE 2006 B 24.3 Nr. 7).
3. a) Gemäss Art. 16 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundes-
steuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) und § 16 Abs. 1 StG unterliegen alle wiederkeh-
renden und einmaligen Einkünfte der Einkommenssteuer. Der Besteuerung unterliegen
laut Art. 20 Abs. 1 lit. b DBG und § 20 Abs. 1 lit. b StG die Erträge aus beweglichem
Vermögen, insbesondere Einkünfte aus der Veräusserung oder Rückzahlung von Obli-
gationen mit überwiegender Einmalverzinsung (globalverzinsliche Obligationen, Dis-
kont-Obligationen). Bei diesen Produkten ist der (positive) Unterschied zwischen dem
Anschaffungs- und dem Verkaufs- bzw. Rückzahlungsbetrag steuerbar, wobei auslän-
dische Währungen zum jeweiligen Tageskurs in Schweizerfranken umzurechnen sind
(reine Differenzbesteuerung, Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum
DBG, 2. A., 2009, Art. 20 N 48 DBG; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 20 N 45 StG;
Ziffern 2.1.4 und 3.2, KS Nr. 15).
b) Derivative Finanzinstrumente sind dadurch charakterisiert, dass ihr Wert
von demjenigen eines anderen Produktes (Basiswert) abhängig ist. Als Basiswerte
kommen Aktien, Obligationen, Edelmetalle, Währungen, Zinssätze, Aktienindizes usw.
in Betracht (Ziffer 2.2.1, KS Nr. 15). Zudem zeichnen sie sich dadurch aus, dass die
Höhe der am Ende der Laufzeit zu tilgenden Geldschuld bei Begründung des Vertrags-
verhältnisses noch nicht feststeht (Andri Mengiardi, Die Besteuerung der Investition in
derivative Anlageprodukte ["strukturierte Produkte"] nach Schweizer Recht, 2008,
S. 8 f.). Sie lassen sich in zwei klassische Arten unterteilen: Termingeschäfte und Opti-
onen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 20 N 56 ff. DBG; Ziffer 2.2, KS Nr. 15; vgl.
auch Urs Kapalle/Marcel Eichler, Neuerungen im Kreisschreiben Nr. 15 der ESTV zu
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2 DB.2011.170 2 ST.2011.243
Obligationen und derivativen Finanzinstrumenten, StR 2007, S. 322; Dossier Steuerin-
formationen der ESTV, F Steuerprobleme, Die Besteuerung von Obligationen und wei-
teren Finanzinstrumenten, Mai 2009, S. 14 ff.).
c) Die Lehre (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 20 N 64 ff. DBG) und das
Kreisschreiben Nr. 15 (Ziffer 2.3 und Anhang I) unterscheiden als dritte Variante der
Finanzprodukte die kombinierten Produkte, zu welchen insbesondere die Reverse
Convertibles zählen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 20 N 80 ff. DBG; Ziffer 2.3.3,
KS Nr. 15).
d) Nach der Terminologie von Mengiardi (S. 332) stellen die Renditeoptimie-
rungs-Produkte eine Unterform der derivativen Finanzinstrumente dar. Sie zeichnen
sich dadurch aus, dass der Rückzahlungsbetrag auf einen Maximalbetrag beschränkt
ist und bei der Rückzahlung das Risiko eines Totalverlusts besteht. Sie können mit
oder ohne (fixe oder variable) Zahlungen während der Laufzeit ausgestaltet sein. Zu
den Renditeoptimierungs-Produkten zählen insbesondere die Reverse Convertibles.
e) Bei letzteren handelt es sich um eine Kombination aus Obligation und Opti-
on. Im Fall des Reverse Convertible ohne Kapitalschutz erwirbt der Anleger vorab eine
Obligation. Er tritt sodann gleichzeitig als Verkäufer/Schreiber einer Put-Option auf
und, falls er noch an einem allfälligen Anstieg des Basiswertes partizipiert, als Käufer
einer Call-Option. Aufgrund der an den Emittenten verkauften Put-Option kann der An-
leger gegebenenfalls verpflichtet sein, bei Fälligkeit der Obligation den Basiswert (in
der Regel eine Aktie) zum Ausübungspreis (in der Regel in der Höhe des Nominalwer-
tes der Obligation) zu übernehmen. Dies dürfte dann zutreffen, wenn der Basiswert am
Verfalltag unter dem Ausübungspreis liegt. Liegt hingegen der Preis des Basiswertes
am Verfalltag über dem Ausübungspreis oder entspricht er diesem, wird der Emittent
seine Put-Option nicht ausüben. Der Anleger erhält den Nominalwert seiner Obligation
zurückbezahlt (Ziffer 2.3.3.1, KS Nr. 15).
f) Bei der Besteuerung der Reverse Convertibles ist zwischen Anlage- und
Optionsgeschäft zu unterscheiden. Einkommenssteuerlich relevant sind die auf dem
Obligationenteil erzielten Zinsen, wie sie für eine vergleichbare Anlage mit der ver-
gleichbaren Laufzeit, Währung usw. vom Emittenten des Produkts zu bezahlen wären.
Die vom Emittenten dem Investor bezahlten Optionsprämien sind von einer Besteue-
rung auszunehmen (Ziffer 3.6, KS Nr. 15). Erfolgt die Verzinsung ausschliesslich oder
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2 DB.2011.170 2 ST.2011.243
überwiegend in Form einer Einmalentschädigung, wird der Obligationenteil nach den
für transparente Instrumente geltenden Regeln bei jeder Handänderung besteuert
(modifizierte Differenzbesteuerung; Ziffer 3.4.1, KS Nr. 15; Hanspeter Wohlwend/Patrik
Rüthemann/Boris Hutter, Die steuerliche Behandlung von strukturierten Produkten, StR
2004, 490; Walter Jeck, Neueste Entwicklungen bei der Besteuerung moderner Fi-
nanzinstrumente, ASA 68, 177, 205).
Modifizierte Differenzbesteuerung bei transparenten Produkten gemäss Ziffer
3.4.1, KS Nr. 15 (kapitalgarantierte Derivate und nicht klassische Options- und
Wandelanleihen): Bei den transparenten Instrumenten ist steuerlich wiederum zwi-
schen Anlage- und Optionsgeschäft zu unterscheiden. Die mit der Option erzielten
Gewinne und Verluste stellen im Privatvermögen steuerlich nicht zu berücksichtigende
Kapitalgewinne und Kapitalverluste dar (Art. 16 Abs. 3 DBG). Der Obligationenteil des
transparenten kapitalgarantierten Derivates wird beim Investor nach den für Obligatio-
nen und Diskontpapiere geltenden Regeln besteuert (Ziffer 3.4.1 i.V.m. Ziffern 3.1 und
3.2, KS Nr. 15).
Bei überwiegend einmalverzinslichen Papieren, bei denen kein separater
Handel der einzelnen Komponenten stattfindet, müssen auch die Einkünfte aus der
Veräusserung oder Rückzahlung der Obligationen bei Handänderungen analytisch
ermittelt werden, da die jeweiligen Kurse sich nicht nur auf den Obligationenteil bezie-
hen, sondern auch den Wert der Option beinhalten. Weil zudem das Zinsniveau nicht
konstant bleibt, muss die rechnerische Ermittlung der Anschaffungs- und Veräusse-
rungswerte zusätzlich modifiziert werden. Hierbei wird der Originalzinssatz für die je-
weilige Emission vierteljährlich der Entwicklung auf dem Geld- und Kapitalmarkt unter
Bezugnahme auf den 5-jährigen Swapsatz der fraglichen Währung angepasst. Diese
sog. modifizierte Differenzbesteuerung gemäss Art. 20 Abs. 1 lit. b DBG wird technisch
im BFP-System der Telekurs Finanz AG sowie im ESTV-Programm Derivate umge-
setzt (vgl. Anhang IV, KS Nr. 15). Dies ergibt die einkommenssteuerlich relevante Dif-
ferenz zwischen dem Wert der Obligation im Zeitpunkt der Veräusserung und jenem im
Zeitpunkt des Erwerbs oder zwischen dem Rückzahlungsbetrag und dem Wert der
Obligation bei Erwerb (Ziffer 3.4.1 und Anhang IV, KS Nr. 15).
Die ESTV stellt im Internet ein Programm zur Verfügung, mit dessen Hilfe der
steuerbare Ertrag des vorliegend streitbetroffenen Finanzprodukts berechnet werden
kann (http://www.ictax.admin.ch/static/de/index.html).
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g) Nach der rechtlichen Qualifikation der Beschwerdegegnerin und des Re-
kursgegners, welche sich auf sich auf das erwähnte Kreisschreiben Nr. 15 berufen,
weist der METZI einen Obligationenteil mit ausschliesslicher Einmalverzinsung auf
(vgl. auch Mengiardi, S. 342). Deshalb gelangte in den angefochtenen Einspracheent-
scheiden die modifizierte Differenzbesteuerung gemäss Ziffer 3.4.1., KS Nr. 15, zur
Anwendung.
h) Vorliegend sollte die Emittentin für 10 Zertifikate eine Aktie des Basiswerts
"Metall Zug AG" liefern, wenn dessen Kurs bzw. ein Zehntel davon bei Verfall unter das
Cap-Level von Fr. 350.- fallen sollte. Somit enthielt das Produkt keine garantierte
Rückzahlung. Inwiefern es sich bei dieser Sachlage um eine Obligation handeln soll, ist
nicht ersichtlich. Denn hätte die Aktie, welche dem Zertifikat zugrunde lag, im Laufe der
Laufzeit ihren Wert vollständig verloren, so wäre auch das Zertifikat wertlos geworden.
Wenn aber kein Obligationenteil vorliegt, kann auch keine Verzinsung angenommen
werden (vgl. Andri Mengiardi, Aktualisierung des Anhangs III zum Kreisschreiben 15
vom 7. Februar 2007 [Obligationen und derivative Finanzinstrumente] vom 11. Febru-
ar 2009, ASA 78, 139, 147, FN 26; Susan Lauber-Steinhauer/Franco Gennari, Spezial-
fälle im Bereich der modernen Finanzinstrumente, StR 2002, 510, 522). Die IUP-
Qualifikation erweist sich daher als unzutreffend. Das von der ESTV angewendete Be-
rechnungsprogramm errechnete den Vermögensertrag auf rein fiktiver Basis als Diffe-
renz der Bond-Floor-Werte bei Erwerb und Verkauf des Zertifikats. Der Bond-Floor-
Wert ist der auf das Rückzahlungsdatum bezogene, auf das Erwerbs- oder Verkaufs-
datum mit dem betreffenden Swapzinssatz abdiskontierte Barwert des Emissionsprei-
ses von Fr. 273.30. Mit dieser Berechnungsweise wird unterstellt, der METZI weise
einen kontinuierlichen Wertzuwachs auf, was jedoch nicht zutrifft. Tatsächlich hängt die
Wertentwicklung des METZI vom Kursverlauf der Aktie ab, welche dem Produkt
zugrunde liegt. Eine solche fiktive Besteuerung erweist sich daher als nicht sachge-
mäss (vgl. auch Mengiardi, S. 347 mit Verweisung auf S. 281 ff.). Der einzige Unter-
schied des METZI zur Aktie "Metall Zug AG", welche dem Finanzprodukt zugrunde
liegt, liegt in der Tatsache, dass ein Investor den METZI zu Fr. 273.30 und damit
Fr. 42.70 günstiger als ein Zehntel des Referenzkurses des Basiswerts (Fr. 316.-) er-
werben konnte. Auf der anderen Seite profitierte er von einem allfälligen Kursanstieg
des Basiswerts nur bis zum Cap-Level von Fr. 350.-. Im Übrigen teilte ein METZI-
Inhaber das Schicksal eines Inhabers des Basiswerts. Allein schon die vergleichbare
Risikostruktur rechtfertigt keine steuerliche Ungleichbehandlung. Hinzu kommt, dass
die Steuerbehörden unterjährige Reverse Convertible (Ziffer 5a, Anhang III des KS
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2 DB.2011.170 2 ST.2011.243
Nr. 15) von der Besteuerung ausnehmen und so eine Ungleichbehandlung schaffen,
die jeder Rechtfertigung entbehrt.
In der Eingabe vom 25. Oktober 2011 brachte die ESTV keine Argumente vor,
welche diese Erwägungen entkräften könnten. Insbesondere lässt sich dem Vorbringen
keine Begründung für die Qualifikation des METZI als "IUP" entnehmen.
i) Aus vorstehenden Erwägungen folgt, dass die Beschwerde und der Rekurs
gutzuheissen sind. Das steuerbare Einkommen ist wie folgt neu zu berechnen:
Direkte Bundessteuer 2009 total Schweiz Ausland
Einkommen laut Einspracheentscheid 454'614.00 474'955.00 -20'341.00
Korrektur METZI -70'008.00 -70'008.00 0.00
Einkommen neu 384'606.00 404'947.00 -20'341.00
Abgerundet 384'600.00 404'900.00
Staats- und Gemeindesteuern 2009 total Zürich Ausland
Einkommen laut Einspracheentscheid 456'514.00 456'514.00 0.00
Korrektur METZI -70'008.00 -70'008.00 0.00
Einkommen neu 386'506.00 386'506.00 0.00
Abgerundet 386'500.00 386'500.00
4. Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens sind die Verfahrenskosten der
Beschwerdegegnerin bzw. dem Rekursgegner aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG und
§ 151 Abs. 1 StG). Diese sind zu verpflichten, den Pflichtigen eine angemessene Par-
teientschädigung zu entrichten (Art. 144 Abs. 4 DBG in Verbindung mit Art. 64 Abs. 1 -
3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968; § 152 StG i.V.m. § 17
Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997).
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2 DB.2011.170 2 ST.2011.243 | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
47056cd8-92ae-4570-bbeb-2965bd5b39f5 | hat sich ergeben:
A. Die Baugenossenschaft A (nachfolgend die Pflichtige) ist Eigentümerin von
drei Mehrfamilienhäusern mit Mietwohnungen in der Gemeinde B. Diese gehören zu
einer 1998 in Flachdachbauweise erstellten Wohnüberbauung, welche auch eine Un-
terniveaugarage und zwei Unterstände (ebenfalls Eigentum der Pflichtigen) sowie wei-
tere Mehrfamilienhäuser mit Eigentumswohnungen (Stockwerkeigentum von Dritten)
umfasst. Bis und mit Geschäftsjahr 2011 verbuchte die Pflichtige kontinuierlich Rück-
stellungen für Renovationen (zuletzt Fr. 55'000.- per 2010 bzw. Fr. 85'000.- per 2011)
und bildete sie dergestalt einen Erneuerungsfonds, welcher per Ende 2011 mit
Fr. 865'000.- bilanziert war. Im Geschäftsjahr 2012 verbuchte sie keine solche Rück-
stellung mehr. Die Erfolgsrechnung 2012 enthielt hingegen eine Aufwandposition "Sa-
nierung Flachdach" im Betrag von Fr. 158'821.-.
Vor diesem Hintergrund stellte die Steuerkommissärin der Pflichtigen im Ve-
ranlagungs- bzw. Einschätzungsverfahren für die Steuerperiode 1.1. - 31.12.2012 mit
Auflage vom 27. Februar 2014 die Frage, weshalb die Sanierung des Flachdachs nicht
über das Konto "Rückstellung Renovation/Erneuerungsfonds" abgebucht worden sei
bzw. verlangte sie eine entsprechende Begründung samt beweiskräftigen Unterlagen.
Die Pflichtige antwortete am 25. März 2014, die Sanierung des Flachdachs sei
unvorhergesehen gewesen. Zunächst sei sie davon ausgegangen, es liege ein noch
unter die Baugarantie fallender Schaden vor, was sich dann aber als falsch erwiesen
habe. Weil bei ihren Liegenschaften altersbedingt in den kommenden Jahren grössere
Erneuerungsarbeiten anfielen und deshalb weitere Rückstellungen zu bilden seien,
habe sie die Flachdachsanierung "direkt abgeschrieben"; im Gegenzug sei auf die Bil-
dung einer Rückstellung verzichtet worden. Im Nachhinein betrachtet sei diese Verbu-
chung wohl nicht korrekt erfolgt. Inskünftig werde sie das Konto "Rückstellung Renova-
tion/Erneuerungsfonds" aktiv bewirtschaften.
Mit Veranlagungsverfügung bzw. Einschätzungsentscheid vom 28. März 2014
setzte die Steuerkommissärin darauf hin die Steuerfaktoren für die Steuerperiode 1.1.-
31.12.2012 wie folgt fest:
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1 DB.2014.254 1 ST.2014.314
Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
Fr. Fr.
Steuerbarer Reingewinn 194'500.- 194'500.-
Steuerbares Eigenkapital 1'187'000.-
Eigenkapital per 31.12.2012 1'187'383.-.
Gegenüber der Selbstdeklaration wurden damit die verbuchten Kosten der
Flachdachsanierung gewinn- und kapitalseitig aufgerechnet. Zur Begründung wurde
angeführt, die Flachdachsanierung qualifiziere als "Grossreparatur (Erneuerung)"; die
diesbezüglichen Kosten hätten deshalb nicht der Erfolgsrechnung belastet werden dür-
fen, sondern wären zulasten des Erneuerungsfonds zu verbuchen gewesen. Ein allfäl-
liges Nachholen von Rückstellungen zugunsten des Erneuerungsfonds sei per 2012
nicht möglich, denn eine steuerpflichtige Person habe sich bei einer im Rahmen der
handelsrechtlichen Vorschriften ordnungsgemäss aufgestellten und den Steuerbehör-
den vorgelegten Bilanz behaften zu lassen.
B. Hiergegen liess die Pflichtige am 17. April 2014 Einsprache erheben und
beantragen, die Steuerfaktoren unter Berücksichtigung der verbuchten Dachsanie-
rungskosten deklarationsgemäss auf Fr. 35'700.- (steuerbarer Gewinn, beide Steuerar-
ten) bzw. Fr. 1'028'000.- (steuerbares Eigenkapital Staats- und Gemeindesteuer) fest-
zusetzen. Zur Begründung liess sie vorbringen, sie habe bis anhin Rückstellungen
nach Massgabe der einschlägigen steueramtlichen Weisung gebildet. Eine gesetzliche
Bestimmung, welche besage, dass eine unvorhergesehene Dachsanierung infolge
Wasserschadens über die Rückstellungen abgebucht werden müsse, sei ihr nicht be-
kannt. Fakt sei, dass einerseits per 2012 Kosten für eine Dachreparatur angefallen
seien, welche abzugsfähigen Aufwand darstellten, und andrerseits per 2012 keine
Rückstellungen gebildet worden seien, weil diesbezügliche Mittel gefehlt hätten; hierauf
lasse sie sich ohne weiteres behaften. Um für die anstehenden Renovationen gewapp-
net zu sein, werde sie bei nächster Gelegenheit wieder Rückstellungen tätigen.
Mit Auflage vom 20. Juni 2014 führte die Steuerkommissärin eine ergänzende
Untersuchung im Einspracheverfahren durch. Dabei stellte sie verschiedene Fragen
rund um die Dachsanierung (insb. betreffend Baugarantie und Wasserschaden) und
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1 DB.2014.254 1 ST.2014.314
verlangte sie auch die diesbezüglichen Buchhaltungsauszüge samt Buchungsbelegen,
Handwerkerrechnungen und allfälligen Versicherungsabrechnungen.
Mit Antwort vom 23. Juli 2014 liess die Pflichtige die verlangten Unterlagen
einreichen und die folgenden Erklärungen abgeben: Baufachmännische Abklärungen
hätten ergeben, dass beim Flachdach die Dachpappenbahnen nicht korrekt ver-
schweisst worden seien; ob diesbezüglich ein Unternehmerfehler vorliege, habe man
offen lassen müssen, weil aufgrund der langen Zeitspanne seit Erstellung der Bauten
eine Schadenskausalität nicht mehr nachzuweisen gewesen wäre. Die im Zusammen-
hang mit dem Wasserschaden stehenden Handwerkerrechnungen und Versicherungs-
leistungen hätten keinen Eingang in die Buchhaltung gefunden; diesbezüglich sei alles
direkt zwischen der Verwaltung, der Versicherung und den betroffenen Mietern abge-
handelt worden.
Gestützt auf dieses Untersuchungsergebnis hielt die Einsprachebehörde mit
Veranlagungs- bzw. Einschätzungsvorschlag vom 10. September 2014 daran fest,
dass es sich bei der infolge Wasserschadens vorgenommen Dachsanierung um eine
Grossreparatur handle, welche über den Erneuerungsfonds hätte abgebucht werden
müssen.
Die Pflichtige liess die auf unveränderten Steuerfaktoren basierenden Vor-
schläge mit Schreiben vom 8. Oktober 2014 ablehnen und dazu bemerken, dass die
steuerliche Abzugsfähigkeit der Sanierungskosten nicht in Frage stehe; wie diese zu
verbuchen seien, liege alsdann in ihrem freien Ermessen.
Mit Entscheiden vom 10. November 2014 wies das kantonale Steueramt die
Einsprachen ab. Erneut wurde erwogen, dass es sich bei der Dachsanierung um eine
Grossreparatur gehandelt habe, welche über den Reparaturfonds hätte verbucht wer-
den müssen. Daran ändere nichts, dass diese aufgrund eines Wasserschadens früher
als geplant habe vorgenommen werden müssen.
C. Hiergegen liess die Pflichtige am 8. Dezember 2014 Beschwerde und Re-
kurs erheben und beantragen, die Steuerfaktoren unter steuermindernder Berücksich-
tigung der Dachsanierungskosten deklarationsgemäss festzusetzen; eventualiter sei
zumindest ein 40%-Anteil dieser Kosten steuermindernd zu berücksichtigen. Zur Be-
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gründung des Hauptantrags wurden die bereits vorgebrachten Argumente wiederholt.
Der Eventualantrag wurde damit begründet, dass wenn nur der Wasserschaden beho-
ben bzw. nur die Stelle mit dem Wassereintritt saniert worden wäre, der Aufwand für
die Schadensbehebung schätzungsweise 40% der Gesamtkosten ausgemacht hätte;
zumindest insoweit liege damit ordentlicher Aufwand vor.
Das kantonale Steueramt schloss am 5. Januar 2015 auf Abweisung der
Rechtsmittel; die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) liess sich nicht vernehmen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Der steuerbare Reingewinn einer juristischen Person (hier Genossen-
schaft) berechnet sich nach Art. 58 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bun-
dessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 64 Abs. 1 des Steuergesetzes vom
8. Juni 1997 (StG) aufgrund des Saldos der Erfolgsrechnung (lit. a bzw. Ziff. 1), erhöht
um die der Rechnung belasteten, geschäftsmässig nicht begründeten Aufwendungen,
wie beispielsweise auch nicht begründete Abschreibungen und Rückstellungen (lit. b
bzw. Ziff. 2 lit. b).
b) Mit der Rückstellung wird nach ständiger Rechtsprechung dem laufenden
Geschäftsjahr ein tatsächlich oder mindestens wahrscheinlich verursachter, in seiner
Höhe aber noch nicht bekannter Aufwand oder Verlust gewinnmindernd angerechnet,
der erst im nächsten oder in einem der folgenden Geschäftsjahre geldmässig verwirk-
licht wird (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009,
Art. 29 N 2 DBG und Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 64 N 116
StG).
Die Rückstellung darf denjenigen Betrag nicht übersteigen, mit dessen Bean-
spruchung nach allen Umständen und pflichtgemässer Schätzung gerechnet werden
muss und der bereits im fraglichen Geschäftsjahr eine entsprechende Belastung des
Geschäftsergebnisses bewirkt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 29 N 6 DBG und
§ 64 N 120 und 122 StG). Massgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist dabei grundsätzlich
der Bilanzstichtag (Art. 958 Abs. 1 i.V.m. Art. 960 Abs. 2 OR, in der bis am
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31. Dezember 2012 geltenden Fassung), wobei aber alle bis zum Zeitpunkt der Bilanz-
errichtung erhaltenen Informationen in den Jahresrechnungen verwertet werden dürfen
(Karl Käfer, in: Berner Kommentar, 1981, Art. 960 N 332).
Aufgrund des provisorischen Charakters von Rückstellungen bedarf es einer
Abrechnung im Zeitpunkt, in dem sich die erwartete Vermögenseinbusse tatsächlich
verwirklicht oder die Verlustgefahr ganz oder teilweise wegfällt. Bestehende Rückstel-
lungen sind deshalb an jedem Bilanzstichtag einer Neubeurteilung zu unterziehen und
gestützt darauf beizubehalten, zu erhöhen oder aber aufzulösen (vgl. Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 29 N 22 f. DBG und § 64 N 132 f. StG).
c) In der Praxis seit längerem anerkannt werden bei Liegenschaften im Ge-
schäftsvermögen auch Rückstellungen für Grossreparaturen, die mit Gewissheit in
grösseren Zeitabständen vorzunehmen sind, wie Fassadenrenovationen, Ersatz von
Heizungs- und Lüftungsanlagen etc.; für laufend vorzunehmende Unterhaltsarbeiten
oder aktivierungspflichtige wertvermehrende Investitionen sind dagegen keine Rück-
stellungen zulässig. Für die direkte Bundessteuer können für solche Grossreparaturen
im Sinn einer Pauschale jährlich 0.5% des Buchwerts der Liegenschaften zurückge-
stellt werden, bis die Rückstellung den Umfang von 3% des Liegenschaftenwerts er-
reicht hat (Reich/Züger in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2.
A., 2008, Art. 29 N 36 DBG mit Hinweisen).
Auf Ebene der kantonalen Steuern werden zum Teil höhere pauschale Rück-
stellungen für solche Grossreparaturen akzeptiert. Im Kanton Zürich existiert dazu eine
steueramtliche Weisung mit folgendem Inhalt (Weisung des kantonalen Steueramtes
zur steuerlichen Behandlung von Rückstellungen für Grossreparaturen [Erneuerungs-
fonds] und Abschreibungen bei Liegenschaften des Geschäftsvermögens vom 20. Juni
2005):
Für Grossreparaturkosten von Liegenschaften, welche naturgemäss nur in
längeren Zeitabschnitten anfallen, können Rückstellungen (Erneuerungsfonds) gebildet
werden. Als Grossreparaturen gelten umfassende Erneuerungsarbeiten. Die Anfangs-
und Schlussbestände sowie die Bildungen und Verwendungen der Rückstellungen sind
im jeweiligen Geschäftsjahr in der Regel pro einzelne Liegenschaft oder pro Siedlung
auszuweisen. Ausnahmsweise kann die Rückstellung global für sämtliche Liegenschaf-
ten gebildet werden. Ohne besonderen Nachweis darf jährlich eine Rückstellung von
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maximal 1% der am Ende des Geschäftsjahres gültigen Gebäudeversicherungssumme
der jeweiligen Liegenschaft gebildet werden. Der Rückstellungsbestand der jeweiligen
Liegenschaft darf 15% der Gebäudeversicherungssumme nicht übersteigen. Werden
diese Limiten überschritten, wird der überschiessende Teil als Gewinn und Kapital be-
steuert, es sei denn, der Steuerpflichtige weise in gehöriger Form nach, dass höhere
Rückstellungen geschäftsmässig begründet sind. Kosten für Grossreparaturen einer
Liegenschaft sind der entsprechenden Rückstellung zu belasten. Werden Grossrepara-
turen zweckwidrig nicht der hierfür gebildeten Rückstellung belastet oder wird die
Rückstellung für geschäftsmässig unbegründete Kosten verwendet, ist der entspre-
chende Teil der Rückstellung als Gewinn und Kapital zu besteuern.
d) Tatsachen, die Rückstellungen als geschäftsmässig begründet erscheinen
lassen, sind steuermindernd und deshalb nach der allgemeinen Beweislastregel im
Steuerrecht vom Steuerpflichtigen nachzuweisen. Gleiches gilt für den Fall, dass der
Steuerpflichtige behauptet, gewisse Liegenschaftenkosten seien dem Aufwand zu be-
lasten und müssten nicht erfolgsneutral über das bestehende Rückstellungskonto bzw.
den Erneuerungsfonds abgerechnet werden.
2. a) Die Pflichtige weist in der Bilanz 2012 eine gegenüber dem Vorjahr un-
veränderte Position "Rückstellung Renovation/Erneuerungsfonds" in der Höhe von
Fr. 865'000.- aus. Es ist nicht streitig, dass mit diesem Betrag die maximal zulässige
Rückstellungsquote noch lange nicht erreicht wird und infolgedessen per 2012 eine
weitere Äufnung des Erneuerungsfonds durchaus möglich gewesen wäre. Indes ver-
buchte die Pflichtige keine entsprechende Rückstellung, nachdem sie in den Vorjahren
2010 und 2011 noch Einzahlungen in den Erneuerungsfonds von
Fr. 55'000.- bzw. Fr. 85'000.- getätigt hatte (vgl. Bilanz 2011). Hingegen belastete sie
dem Geschäftsaufwand 2012 Kosten für eine Flachdachsanierung in der Höhe von
Fr. 158'821.-. Das Steueramt hält dafür, dass diese Kosten erfolgsneutral über das
Konto "Renovationen/Erneuerungsfonds" zu verbuchen gewesen wären; der entspre-
chende Betrag sei damit ertrag- und kapitalseitig aufzurechnen.
b) Das kantonale Steueramt folgt damit seiner vorwähnten Weisung, welche
besagt, dass Grossreparaturen, welche zweckwidrig nicht der hierfür gebildeten Rück-
stellung bzw. dem Erneuerungsfonds belastet werden, gewinn- und kapitalseitig zu
besteuern sind. Letzteres ist korrekt, weil ansonsten eine Vermögenseinbusse zweimal
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der Erfolgsrechnung belastet würde, nämlich einmal bei Bildung der Rückstellung und
ein zweites Mal bei Verbuchung über den Aufwand. Entscheidend ist damit im vorlie-
genden Fall, ob die streitbetroffene Dachsanierung als Grossreparatur qualifiziert.
c) Nach dem Gesagten handelt es sich beim Erneuerungsfonds um eine Pau-
schalrückstellung für eine Bandbreite von Kostenrisiken im Zusammenhang mit Gross-
reparaturen; mithin muss anhand seines Zwecks im Einzelfall entschieden werden,
welche Ausgaben über ihn abzurechnen sind.
aa) Als über den Erneuerungsfonds abzurechnende Grossreparaturen bzw.
Erneuerungen qualifizieren bauliche Massnahmen und Investitionen, die erfahrungs-
gemäss nur in relativ langem zeitlichen Abstand zu tätigen sind. Zudem verursachen
sie regelmässig grössere Kosten, weshalb betraglich kleinere Positionen als Gegen-
stand solcher Vermögenseinbussen von vornherein ausscheiden. Neuanschaffungen
fallen ebenfalls nicht darunter, weil Grossreparaturen und Erneuerungen naturgemäss
nur die bestehende Substanz betreffen. Solche Kosten sind vielmehr zu aktivieren und
danach abzuschreiben.
bb) Geht es demgegenüber um Ausgaben des laufenden Liegenschaftenun-
terhalts, mithin um Kosten für kleinere Reparaturen und Wartungsarbeiten, die regel-
mässig anfallen und von den Beträgen im üblichen Jahresbudgetrahmen liegen, so
sind diese ausserhalb des Erneuerungsfonds aufwandwirksam zu verbuchen.
cc) Entscheidend ist eine genaue Betrachtung des Einzelfalls, denn inhaltlich
kann eine Reparaturausgabe in beide der vorgenannten Kategorien fallen. So ist etwa
beim Ersatz eines einzelnen defekten Kochherds in einer grösseren Überbauung
(= Kosten von rund Fr. 2'000.-) von laufendem Unterhalt auszugehen; wenn jedoch in
einer Überbauung mit 210 Wohnungen sämtliche in die Jahre gekommenen Kochherde
ersetzt werden (= Kosten von rund Fr. 400'000.-), geht es um Erneuerung (vgl. zu Letz-
terem: StRK I, 20. Dezember 2002, 1 ST.2002.336, bestätigt mit VGr, 21. Mai 2003,
SB.2003.00011). Den Grossreparaturen zugeordnet wurden im Rahmen der vorge-
nannten Entscheide beispielsweise auch Fassadenrenovationen mit Kosten von
Fr. 150'000.-, der Ersatz von Frischwasserzuleitungen mit Kosten von gut Fr. 250'000.-
, die Innenbeschichtung von Wasserleitungen mit Kosten von gegen Fr. 250'000.- oder
Aufwendungen betreffend die "Liftsteuerung" von gegen Fr. 70'000.-.
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d) Bei dieser Lage der Dinge ist die hier in Frage stehende Flachdachsanie-
rung mit Kosten von Fr. 158'821.- klarerweise den Grossreparaturen zuzuordnen.
Flachdächer sind geradezu das klassische Beispiel von Bauteilen, welche in periodi-
schen Abständen mit (oftmals gefürchteten) hohen Kosten zu sanieren sind. Die
durchschnittliche Lebensdauer eines Flachdachs liegt dabei bei 20 bis 30 Jahren (vgl.
etwa Bundesamt für Konjunkturfragen, Impulsprogramm IP Bau: Alterungsverhalten
von Bauteilen und Unterhaltskosten, S. 39 [www.bbase.ch/fileadmin/PDF/
Tipps/441_Alterungsverhalten.pdf.]; Credit Suisse: Die durchschnittliche Lebensdauer
von Bauteilen, S. 1 [www.credit-suisse.com/media/sites/hypotheken/doc/lebensdauer-
bauteile-de.pdf.]). Damit lässt sich sagen, dass die Äufnung des Erneuerungsfonds bei
in Flachdachbauweise erstellten Wohnüberbauungen immer auch mit Blick auf die frü-
her oder später anfallenden hohen Ausgaben der Flachdachsanierung geschieht.
e) Der Einwand der Pflichtigen, wonach die Flachdachsanierung in ihrem Fall
unvorhergesehen gewesen sei bzw. im Zusammenhang mit einem Wasserschaden
gestanden habe, hilft ihr nicht weiter. Bei Flachdächern besteht das Problem bekann-
termassen regelmässig darin, dass sie mit den Jahren undicht werden. Zeigen sich in
den Räumlichkeiten unterhalb des Flachdachs (Wohnungen, Nebenräume, Treppen-
haus) Wasserschäden, deutet dies darauf hin, dass es womöglich soweit ist, das
Flachdach also undicht geworden und deshalb fachmännisch zu kontrollieren und ge-
gebenenfalls zu sanieren ist. Entsprechende fachmännische Abklärungen wurden auch
hier vorgenommen und führten zur Erkenntnis, dass bei einem der drei Mehrfamilien-
häuser der Pflichtigen (Haus 17/19) sämtliche Dachflächen undicht waren. Im Budget
2012 wurde deshalb vorsorglich ein (ausserordentlicher) Betrag von Fr. 140'000.- für
die Flachdachsanierung 2012 eingestellt. Anlässlich der Verwaltungssitzung vom 3.
Juli 2012 wurden alsdann verschiedene Sanierungsvarianten diskutiert. Die Bandbreite
reichte dabei von "das Flachdach lokal an den undichten Stellen flicken" bis zur umfas-
senden Sanierung aller Flachdächer der drei Mehrfamilienhäuser. Schliesslich ent-
schied man sich dafür, beim Haus 17/19 das ganze Dach neu abzudichten, was der
Empfehlung des beigezogenen Experten entsprach (vgl. Protokoll der 78. Verwal-
tungssitzung der Baugenossenschaft A).
Der von der Pflichtigen angesprochene Wasserschaden ändert folglich nichts
daran, dass es hier um eine Grossreparatur geht, welche nur in langen Zeitabständen
erforderlich ist und mit hohen Kosten verbunden ist. Wenn eines von drei Flachdächern
der 1998 erstellten Mehrfamilienhäuser bereits nach 14 Jahren undicht wurde, ist das
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zwar relativ früh; die Lebensdauer von Bauteilen lässt sich indes nie exakt abschätzen.
So kann ein Flachdach je nach Bauweise und verwendeten Materialien schon nach 10
Jahren undicht werden oder aber auch einmal 40 Jahre lang keine Probleme bereiten;
die irgendwann notwendig werdende umfassende Sanierung ist jedoch im einem wie
im andern Fall eine Grossreparatur im Sinn der steueramtlichen Weisung und niemals
laufender Liegenschaftenunterhalt. Nur wenn ein Flachdach schon kurze Zeit nach der
Erstellung aufgrund von Baumängeln undicht würde, ginge es dabei nicht um perio-
disch anfallende Erneuerung von altersbedingt entwerteten Bauteilen. In einem sol-
chen Fall, der hier unbestrittenermassen nicht gegeben ist, müsste eine Baugenossen-
schaft die ihr entstehenden (ausserordentlichen) Kosten mangels bereits getätigter
Renovationsrückstellungen selbstredend der Erfolgsrechnung belasten; letztlich blie-
ben jedoch wohl gar keine Kosten an ihr hängen, weil die Handwerker entsprechende
Arbeiten unentgeltlich erbringen müssten (Garantiearbeiten) oder allenfalls schadener-
satzpflichtig würden.
f) Im Rahmen eines Eventualantrags macht die Pflichtige beschwerde- und
rekursweise noch geltend, dass alternativ auch "nur der Wasserschaden" bzw. "die
Stelle mit dem Wassereintritt im Dach" hätte behoben bzw. repariert werden können.
Der diesbezügliche Aufwand hätte schätzungsweise 40% der Gesamtkosten ausge-
macht; zumindest in diesem Umfang sei deshalb von ordentlichem Aufwand auszuge-
hen, welcher also der Jahresrechnung belastet werden dürfe.
Kostenintensive Grossreparaturen bzw. Erneuerungen von Bauteilen mit be-
schränkter Lebensdauer lassen sich mitunter hinauszögern, indem etwa statt umfas-
send saniert, zunächst notdürftig geflickt wird. Wird also beispielsweise feuchtes Mau-
erwerk unterhalb eines undicht gewordenen Flachdachs getrocknet, neu verputzt und
übermalt, entstehen dadurch vergleichsweise geringfügige Kosten, welche in die Kate-
gorie des laufenden Unterhalts fallen und nicht über den Erneuerungsfonds verbucht
werden müssen; die Erneuerung wird in diesem Fall ja nicht vollzogen, sondern ledig-
lich aufgeschoben, weshalb die dafür bereit stehenden Mittel im Erneuerungsfonds
nicht anzutasten sind. Von einer solchen "Pinselrenovation" könnte indes keine Rede
sein, wenn im vorliegenden Fall anstelle des ganzes Dachs "nur" die undichte Stelle
(dies aber umfassend und nicht bloss kosmetisch) saniert worden wäre und dies ge-
schätzte Kosten in noch immer beträchtlicher Höhe von Fr. 64'000.- (40% von
Fr. 158'821.-) verursacht hätte. Es läge damit noch immer eine Grossreparatur vor,
welche über das Rückstellungskonto abzuwickeln wäre.
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Im Übrigen ist der Sachverhalt aber ohnehin so zu beurteilen, wie er sich zu-
getragen hat und nicht so, wie er sich im Fall eines alternativen Sanierungsszenarios
auch zugetragen haben könnte. Hat sich die Pflichtige nach Einholung einer Exper-
tenmeinung für die umfassende Sanierung des Flachdachs, d.h. die Durchführung ei-
ner Grossreparatur bzw. Erneuerung entschieden, so musste ihr bei diesem Entscheid
auch klar sein, dass die insoweit anfallenden hohen Kosten im vollen Umfang dem
solchen Zwecken dienenden Erneuerungsfonds zu belasten sind.
g) Zusammenfassend ist demnach festzuhalten, dass die Pflichtige die im Ge-
schäftsjahr 2012 getätigten Ausgaben für die Flachdachsanierung in der Höhe von
Fr. 158'821.- dem bestehenden Erneuerungsfonds hätte belasten müssen, was einer
aufwandwirksamen Verbuchung entgegensteht (stattdessen Auflösung der in der Ver-
gangenheit erfolgswirksam gebildeten Rückstellungen in diesem Umfang). Zu Recht
hat damit die Steuerbehörde die verbuchten Sanierungskosten im vollen Umfang ge-
winn- und kapitalseitig aufgerechnet.
Dass bei diesem Ergebnis die unzulässige Aufwandbuchung nicht nachträg-
lich in eine Einlage in den Erneuerungsfonds umgewandelt werden kann, ist unbestrit-
ten.
3. Nach alledem sind die Beschwerde und der Rekurs abzuweisen.
Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten der Pflichtigen aufzuerlegen
(Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
4725bf53-5158-400d-bf8a-c59bb6fbfb61 | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend der bzw. die Pflichtige, zusammen die Pflichtigen)
wurden im Rahmen der Steuerperiode 2011 für die direkte Bundessteuer und für die
Staats- und Gemeindesteuern betreffend das Erwerbseinkommen des Pflichtigen bei
der D AG von Fr. 166‘069.- am 3. August 2012 deklarationsgemäss veranlagt bzw.
eingeschätzt. Namentlich wurden diese Einkünfte vollumfänglich dem steuerbaren Ein-
kommen von insgesamt Fr. 175'300.- (direkte Bundessteuer) bzw. Fr. 184'100.-
(Staats- und Gemeindesteuern) zugerechnet.
B. Am 25. Oktober 2012 ersuchten die Pflichtigen um Revision des Veranla-
gungs- bzw. Einschätzungsentscheids und beantragten die Besteuerung der im dekla-
rierten Erwerbseinkommen von Fr. 166'069.- enthaltenen Entschädigung von
Fr. 75'000.- als Abgangsentschädigung mit Vorsorgecharakter.
Am 13. Februar 2013 wies das kantonale Steueramt das Revisionsbegehren
ab, da die von den Pflichtigen geltend gemachten Einwände bereits im ordentlichen
(Rechtsmittel-)Verfahren hätten vorgebracht werden können und zudem lediglich die
rechtliche Würdigung des fraglichen Erwerbseinkommens beträfen.
C. Gegen die Revisionsentscheide liessen die Pflichtigen am 7. März 2013
Einsprache erheben mit dem Antrag, das Revisionsbegehren gutzuheissen. Eventuali-
ter sei die Abgangsentschädigung von Fr. 75'000.- als Kapitalabfindung für wiederkeh-
rende Leistungen zu besteuern.
Am 21. Mai 2013 wies das kantonale Steueramt die Einsprache ab.
D. Mit hiergegen erhobener Beschwerde bzw. Rekurs vom 21. Juni 2013 er-
neuerten die Pflichtigen ihre Anträge und ersuchten um Zusprechung einer Parteient-
schädigung. Das kantonale Steueramt schloss mit Beschwerde- und Rekursantwort
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1 DB.2013.143 1 ST.2013.154
vom 12. Juli 2013 auf Abweisung der Rechtsmittel. Die eidgenössische Steuerverwal-
tung liess sich nicht vernehmen.
Auf die weiteren Vorbringen der Parteien wird – soweit rechtserheblich – in
den nachfolgenden Erwägungen eingegangen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Ein rechtskräftiger Entscheid kann gemäss Art. 147 des Bundesgesetzes
über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 155 Abs. 1 des
Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) auf Antrag oder von Amts wegen zugunsten
des Steuerpflichtigen revidiert werden, wenn erhebliche Tatsachen oder entscheidende
Beweismittel entdeckt werden (je lit. a), die erkennende Behörde erhebliche Tatsachen
oder entscheidende Beweismittel, die ihr bekannt waren oder bekannt sein mussten,
ausser Acht gelassen oder in anderer Weise wesentliche Verfahrensgrundsätze ver-
letzt hat (je lit. b) oder wenn ein Verbrechen oder ein Vergehen den Entscheid beein-
flusst hat (je lit. c). Die Revision ist indes ausgeschlossen, wenn der Antragsteller et-
was als Revisionsgrund vorbringt, was er bei der ihm zumutbaren Sorgfalt schon im
ordentlichen Verfahren hätte geltend machen können (je Abs. 2). Kraft Art. 148 DBG
bzw. § 156 StG muss das Revisionsbegehren innert 90 Tagen nach Entdeckung des
Revisionsgrundes, spätestens aber innert zehn Jahren nach Mitteilung des Entscheids
gestellt werden. Das Revisionsbegehren ist nach § 157 StG schriftlich der Behörde
einzureichen, die den Entscheid getroffen hat (Abs. 1). Es muss die genaue Bezeich-
nung der einzelnen Revisionsgründe sowie einen Antrag enthalten, in welchem Um-
fang der frühere Entscheid aufzuheben und wie neu zu entscheiden sei (Abs. 2). Die
Beweismittel für die Revisionsgründe sowie für die Behauptung, dass seit Entdeckung
der Revisionsgründe noch nicht 90 Tage verflossen sind, sollen dem Revisionsbegeh-
ren beigelegt oder, sofern dies nicht möglich ist, genau bezeichnet werden (Abs. 3).
Betreffend die direkte Bundessteuer regelt Art. 149 DBG das Verfahren.
b) Als "neue Tatsachen" – bzw. in dieser Hinsicht gleich zu behandelnde "neue
Beweismittel" – gelten grundsätzlich nur solche, die zur Zeit der Fällung des zu revidie-
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renden Entscheids bereits vorhanden waren, aber erst nachträglich entdeckt wurden.
Ausser Betracht fallen deshalb Tatsachen, die nach der fraglichen Einschätzung bzw.
nach der Fällung des zu revidierenden Entscheids eintraten. Solche sind nur – aber
immerhin – dann zu berücksichtigen, wenn und soweit sie auf den Bemessungszeit-
punkt zurückwirken, mithin im ordentlichen Einschätzungsverfahren, hätten sie damals
schon bestanden, hätten beachtet werden müssen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 147 N 18 DBG und Kommentar zum Zür-
cher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 155 N 24 StG, je mit Hinweisen). Gemeint sind mit
Letzteren insbesondere Tatsachen, welche unmittelbar am Bemessungsobjekt anknüp-
fen, wie z.B. die nachträgliche Verwirklichung des Ersatzbeschaffungstatbestands bei
einer Handänderung von Grundstücken nach bereits rechtskräftiger Veranlagung der
Grundstückgewinnsteuer (vgl. RB 1992 Nr. 42 = StE 1992 B 42.38 Nr. 11). Inhaltliche
Fehler begründen für sich allein die Abänderbarkeit eines Entscheids nicht. Nach ab-
geschlossenem Veranlagungsverfahren bildet die grundsätzlich unanfechtbar gewor-
dene Veranlagungsverfügung und nicht mehr das Gesetz den Massstab für die Rich-
tigkeit der Steuerforderung (Klaus A. Vallender in: Kommentar zum Schweizerischen
Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002, Vorbemerkungen zu Art. 51-53 N 6 StHG, mit Hin-
weisen).
c) Erheblich ist eine Tatsache dann, wenn sie geeignet ist, den von der rechts-
anwendenden Behörde dem angefochtenen Entscheid seinerzeit zugrunde gelegten
Sachverhalt dergestalt zu verändern, dass Anlass zu einem anderen Entscheid be-
steht. Eine solche Erheblichkeit wird von der Praxis verneint bei einer falschen rechtli-
chen Beurteilung eines an sich bekannten Sachverhalts durch die steuerpflichtige
Person oder die Steuerbehörde (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 147 N 17 und
22 DBG sowie § 155 N 23 und 28 StG).
d) Wie erwähnt ist die Revision ausgeschlossen, wenn der Antragsteller das
nunmehr als Revisionsgrund Vorgebrachte bei der ihm zumutbaren Sorgfalt schon im
ordentlichen Verfahren hätte geltend machen können. Die Revision dient nicht dem
Zweck, vermeidbare Unterlassungen während des ordentlichen Verfahrens im Rahmen
des Revisionsverfahrens nachholen zu können (Vallender/Looser in: Kommentar zum
Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2b, 2. A., 2008, Art. 147 N 24 DBG). Deshalb
dürfen nach der Rechtsprechung an den Steuerpflichtigen hohe Anforderungen an das
Mass der Sorgfalt bei der Wahrung seiner Rechte im Veranlagungsverfahren gestellt
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1 DB.2013.143 1 ST.2013.154
werden. Der Steuerpflichtige darf nicht erwarten, dass eigene Unsorgfalt durch Fehler
der Steuerbehörde (z.B. mangelhafte Sachverhaltsabklärung) kompensiert wird (Rich-
ner/ Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 147 N 37 DBG und § 155 N 40 StG). Das zumutbare
Mass der anzulegenden Sorgfalt hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls
ab. Als Richtschnur bieten sich dabei die gleichen Kriterien an, welche die Gerichtspra-
xis von den Steuerbehörden hinsichtlich der Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der
Besteuerung im Nachsteuerverfahren verlangt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Art. 147 N 38 DBG und § 155 N 42 StG). Auch hier können Veranlagungsfehler als
Folge unterbliebener Untersuchungshandlungen oder rechtlicher Abklärungen, die
nach den Umständen des Einzelfalls geboten gewesen wären, nicht nach Belieben im
Nachsteuerverfahren korrigiert werden (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 151 N 30
DBG und § 160 N 32 StG). Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Pflichtige
seine eigenen finanziellen Verhältnisse kennt, diese nach Erhalt der Veranlagungsver-
fügung überprüft und allfällige Mängel rechtzeitig rügt (BGr, 21. Mai 1997 = StE 1998
B 97.11 Nr. 14). Dasselbe muss zwangsläufig bereits für die Deklaration selbst gelten.
Mit andern Worten muss der Steuerpflichtige beim Ausfüllen der Steuererklärung selbst
Rechenschaft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse in der betreffen-
den Steuer- bzw. Bemessungsperiode ablegen. Mangelnde Rechtskenntnis oder
Rechtsirrtum der steuerpflichtigen Person können grundsätzlich nicht zu ihren Gunsten
berücksichtigt werden, weil es dem Zweck der Revision widersprechen würde, eine
Rechtskontrolle zu gestatten, auf die durch Nichteinlegen eines ordentlichen Rechts-
mittels gerade verzichtet wurde (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 147 N 24 DBG
sowie § 155 N 30 StG). Der Steuerpflichtige darf sich somit nicht darauf verlassen,
dass die Steuerbehörden seine Deklarationsfehler richtigstellen, denn er kennt seine
finanziellen Verhältnisse selbst am besten. Umgekehrt braucht sich die Veranlagungs-
behörde auf die Richtigkeit der Steuererklärung nicht zu verlassen, darf es aber tun.
Denn das System der Selbstveranlagung beruht auf einem Vertrauensprinzip zuguns-
ten des Gemeinwesens (StGr AG, 31.05.1989 = StE 1990 B 97.11 Nr. 7).
e) Weil das Revisionsverfahren als ausserordentliches Rechtsmittel ein selb-
ständiges Verfahren darstellt, sind nur klar und detailliert erhobene Rügen zu prüfen.
Der Antragsteller hat daher nicht nur die behaupteten Revisionsgründe zu nennen,
sondern auch substanziiert darzulegen, inwiefern solche vorliegen. Beweismittel sind
im Revisionsgesuch wenigstens zu nennen. Fehlt es an einer hinreichenden Sachdar-
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1 DB.2013.143 1 ST.2013.154
stellung oder Beweismittelofferte, trifft die Revisionsbehörde keine Untersuchungs-
pflicht (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 149 N 4 f. DBG sowie § 157 N 4 f. StG).
2. a) Die Pflichtigen führen aus, sie hätten die Steuererklärung 2011 mit An-
gabe sämtlicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse eingereicht. Das Einkom-
men sei dabei gemäss Lohnausweis deklariert worden. Während der Pflichtige keine
Unterscheidung der Einkünfte nach Quelle vorgenommen habe, habe das Steueramt E
die Vergütungen der Arbeitslosenkasse getrennt vom übrigen Einkommen aufgeführt.
Der Sachbearbeiter könne dabei kaum übersehen haben, dass der Lohnausweis des
Pflichtigen eine Abgangsentschädigung von Fr. 75'000.- enthalte. Dabei habe es sich
um eine erhebliche sowie aktenkundige Tatsache im Sinn von § 155 Abs. 1 lit. b StG
gehandelt. Somit hätte der Sachbearbeiter die Pflicht gehabt, abzuklären, worin diese
Abgangsentschädigung bestehe. Da er das allerdings unterlassen habe, habe er seine
Abklärungspflicht verletzt und damit einen Revisionsgrund im Sinn von § 155 Abs. 1 lit.
b StG gesetzt. Aus den persönlichen Angaben des Pflichtigen in der Steuererklärung
2011 sei klar ersichtlich, dass er zu jener Zeit bereits das 62. Altersjahr erreicht habe.
Somit sei es offensichtlich gewesen, dass die Abgangsentschädigung Fürsorgecharak-
ter aufweise. Es gehe somit weder um eine falsche Beweiswürdigung noch um eine
falsche Rechtsanwendung seitens der Steuerbehörde. Wenn den Pflichtigen aufgebür-
det werde, den Einschätzungsentscheid fristgerecht zu überprüfen und mit den ordent-
lichen Rechtsmitteln anzufechten, so werde eine übermässige Sorgfaltspflicht verlangt.
Mit dem Einreichen der Steuererklärung hätten die Pflichtigen lediglich bescheinigt,
dass sie diese vollständig und wahrheitsgetreu ausgefüllt hätten. Wenn ihnen dabei ein
Fehler in der Rechtsanwendung unterlaufen sei, dürfe das nicht zu ihrem Nachteil ge-
reichen. Schliesslich sei die Rechtsanwendung ausschliesslich Sache der Behörden
und nicht der Steuerpflichtigen.
b) Gemäss Auffassung des kantonalen Steueramts ist es Aufgabe der Pflichti-
gen, den Einschätzungsentscheid innert der 30-tägigen Einsprachefrist auf seine
Rechtmässigkeit zu überprüfen. Der im vorliegenden Revisionsverfahren von den
Pflichtigen vorgebrachte Grund sei im ordentlichen Verfahren bereits bekannt gewesen
und somit nicht geeignet, eine für die Revision notwendige neue Tatsache zu begrün-
den. Allfällige falsche Beweiswürdigungen oder Rechtsanwendungen könnten keine
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1 DB.2013.143 1 ST.2013.154
Revision begründen, weswegen die Frage, ob die Entscheide der Veranlagungsbehör-
de richtig gewesen seien, offen bleiben könne.
3. a) Dem Lohnausweis des Pflichtigen für das Jahr 2011 ist zu entnehmen,
dass sein Arbeitsverhältnis mit der D AG am 30. September 2011 endete und er eine
Abgangsentschädigung von Fr. 75'000.- erhielt. Weitere Details sind weder in der
Steuererklärung noch in den Beilagen dazu enthalten.
b) Die Pflichtigen machen das Vorliegen eines Revisionsgrunds im Sinn von
Art. 147 Abs. 1 lit. b DBG bzw. § 155 Abs. 1 lit. b StG geltend. Nach der Systematik
des Gesetzes ist eine Revision indes selbst bei Vorliegen eines solchen Grunds aus-
geschlossen, wenn der Antragsteller diesen bei zumutbarer Sorgfalt schon im ordentli-
chen Verfahren hätte geltend machen können (Art. 147 Abs. 2 DBG, § 155 Abs. 2
StG).
Der Steuerpflichtige hat im Revisionsgesuch den Nachweis zu erbringen, dass
er vom Revisionsgrund keine Kenntnis hatte und bei Anwendung der pflichtgemässen
Sorgfalt auch keine Kenntnis haben konnte (Vallender/Looser, Art. 149 N 1b DBG).
Dieser Nachweis wurde vorliegend nicht erbracht, führen doch die Pflichtigen in ihrem
Revisionsbegehren vom 25. Oktober 2012 lediglich aus, bei (nachträglichen) Abklärun-
gen auf das Kreisschreiben Nr. 1 der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 3. Okto-
ber 2002 gestossen zu sein. Genannte Abklärungen hätten problemlos innert der
30-tägigen Einsprachefrist erfolgen können, ist doch das Kreisschreiben Jedermann
übers Internet zugänglich. Aus den Akten ergibt sich zudem, dass die Pflichtigen be-
reits mit Veranlagungsverfügung bzw. Einschätzungsentscheid vom 20. Januar 2012
für eine Kapitalleistung mit Vorsorgecharakter unter Erwähnung der einschlägigen Ge-
setzesartikel (Art. 38 DBG, § 37 StG) besteuert worden waren, weswegen ihnen die
diesbezügliche Rechtslage durchaus vertraut war. Unter diesen Umständen muss da-
von ausgegangen werden, dass der Revisionsgrund schon im ordentlichen Verfahren
hätte vorgebracht werden können, weswegen eine Revision ausgeschlossen ist. Somit
kann offen gelassen werden, ob das Steueramt E aufgrund des Alters des Pflichtigen
weitere Abklärungen zur Abgangsentschädigung hätte treffen sollen.
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1 DB.2013.143 1 ST.2013.154
Der Vollständigkeit wegen sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass die Pflichti-
gen es auch systematisch versäumt haben, die behaupteten Revisionsgründe sub-
stanziiert darzulegen und Beweismittel einzureichen/anzubieten. Namentlich fehlen
jegliche Angaben über den genauen Grund der Auszahlung der Abgangsentschädi-
gung von Fr. 75'000.-. Die Pflichtigen behaupten weder, die Summe habe eine Vorsor-
gelücke gedeckt, die durch den Austritt des Pflichtigen aus der D AG entstanden sei,
noch machen sie geltend, die Abgangsentschädigung habe der Abgeltung wiederkeh-
render Leistungen gedient. Selbst wenn somit den Pflichtigen der Nachweis gelungen
wäre, dass sie vom Revisionsgrund auch bei pflichtgemässer Sorgfalt keine Kenntnis
haben konnten, wäre die Revision abzuweisen, da der Sachverhalt weder hinreichend
substanziiert noch nachgewiesen wurde.
4. Diese Erwägungen führen zur Abweisung von Beschwerde und Rekurs.
Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten den Pflichtigen aufzuerlegen (Art. 144
Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). Parteientschädigungen sind nicht zuzusprechen
(Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1-3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom
20. Dezember 1968; § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegeset-
zes vom 24. Mai 1959/22. März 2010). | Public | Tax | de | 2,013 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
47668300-b68a-4c3c-929a-dc4ac50c587a | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend der bzw. die Pflichtige, zusammen die Pflichtigen)
reichten am 7. April 2008 die Steuererklärung 2007 ein. Darin deklarierten sie unter
dem Titel "Kapitalleistungen im Jahr 2007" einen Betrag von Fr. 150'000.- und gaben
an, es handle sich um einen von den Eltern der Ehefrau (wohnhaft in C) am 1. Janu-
ar 2007 gewährten Erbvorbezug. Insgesamt deklarierten die Pflichtigen ein steuerbares
Einkommen von Fr. 42'255.- (Staats- und Gemeindesteuern) bzw. Fr. 45'955.- (direkte
Bundessteuer) und ein steuerbares Vermögen von Fr. 223'364.-.
Mit Auflagen vom 19. März und 24. April 2009 ersuchte der Steuerkommissär
die Pflichtigen um Einreichung eines belegmässigen Nachweises über die Schenkung
von Fr. 150'000.- einschliesslich Angaben zum Schenker. Zudem forderte er sie auf,
die über die Schenkung hinausgehende Vermögensvermehrung von Fr. 52'094.- pro
2007 zu begründen und anhand des dafür vorgesehenen Hilfsblatts zu erklären, aus
welchen Mitteln in diesem Jahr der Lebensaufwand bestritten wurde. Daraufhin erklär-
ten die Pflichtigen am 25. April 2009, sie hätten ihren Lebensunterhalt teils durch Ar-
beitsentschädigungen, teils durch die Unterstützung der Eltern finanziert, wobei letztere
Unterstützung ausschliesslich in nicht nachweisbaren Naturalleistungen bestanden
habe. Die Eingabe der Pflichtigen enthielt zudem eine Zusammenstellung ihrer Le-
benshaltungskosten, die sich auf Fr. 3'880.- pro Monat beliefen.
Am 18. Mai 2009 mahnte der Steuerkommissär die Auflage. Mit Schreiben
vom 26. Juni 2009 erklärte D von der E, Zug, Letztere sei von den Pflichtigen beauf-
tragt worden, die Mahnung vom 18. Mai 2009 zu beantworten. Diesbezüglich hielt er
fest, über die Schenkung von Fr. 150'000.- bestehe keine schriftliche Vereinbarung,
deren Besteuerung unterliege aber nicht der Steuerhoheit der Schweiz sondern derje-
nigen des Wohnsitzstaats der Eltern. Im Übrigen bat er um eine mündliche Bespre-
chung mit dem Steuerkommissär. Anlässlich dieser Besprechung vom 7. August 2009,
orientierte der Vertreter über die Verwicklung der Pflichtigen in so genannte "Karus-
sellgeschäfte" (Mehrwertsteuerbetrug) und erklärte zudem, bei den Fr. 150'000.- hand-
le es sich wahrscheinlich nicht um eine Schenkung der Eltern, sondern um Zahlungen
von Geschäftspartnern aus F.
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1 ST.2010.213 1 DB.2010.154
Am 26. März 2010 schätzte der Steuerkommissär die Pflichtigen für die
Staats- und Gemeindesteuern 2007 mit einem steuerbaren Einkommen von
Fr. 192'200.- und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 223'000.- ein und stellte ihnen
für die direkte Bundessteuer 2007 die Veranlagung mit einem steuerbaren Einkommen
von Fr. 195'900.- in Aussicht. Dabei rechnete er jeweils den Betrag von Fr. 150'000.-
als steuerbares Einkommen auf, da die Pflichtigen nicht nachgewiesen hätten, dass es
sich um eine (einkommenssteuerbefreite) Schenkung handle.
Die Veranlagung der direkten Bundessteuer wurde den Pflichtigen mit Verfü-
gung (Steuerrechnung) vom 12. April 2010 durch die Dienstabteilung Bundessteuer
des kantonalen Steueramts formell eröffnet.
B. Hiergegen erhoben die Pflichtigen am 6./7. Mai 2010 Einsprache, wobei sie
verschiedene formelle Mängel mit Bezug auf die Sachverhaltsermittlung, die Begrün-
dung der Entscheide sowie deren Zustellung geltend machten. In diesem Zusammen-
hang erwähnten sie auch, der Vertreter D habe das Mandat mit Schreiben vom
12. Februar 2010 niedergelegt. Weitere, insbesondere materielle Einwände gegen die
Einschätzung brachten sie indes nicht vor.
Da das Schreiben vom 12. Februar 2010 beim kantonalen Steueramt nicht
aktenkundig war, ersuchte der Steuerkommissär die Pflichtigen am 1. Juni 2010 um
Erbringung des Nachweises für dessen Zustellung. Daraufhin ging beim kantonalen
Steueramt ein vom 12. Februar 2010 datiertes, nicht unterzeichnetes Schreiben von D
mit besagtem Inhalt (Niederlegung des Mandats) ein, jedoch ohne jeglichen Hinweis
darauf, dass dieses dem kantonalen Steueramt bereits im Februar zugestellt worden
war.
Mit Entscheiden vom 17. Juni 2010 trat das kantonale Steueramt auf die Ein-
sprachen ein und wies sie ab.
C. Mit Rekurs bzw. Beschwerde vom 16. Juli 2010 beantragten die Pflichtigen,
die Einspracheentscheide aufzuheben und sie gemäss Steuererklärung einzuschätzen.
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1 ST.2010.213 1 DB.2010.154
Das kantonale Steueramt schloss am 29. Juli 2010 auf kostenfällige Abwei-
sung der Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht verneh-
men.
Auf die Vorbringen der Parteien wird – soweit rechtserheblich – in den nach-
folgenden Erwägungen eingegangen. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. a) Sowohl das Bundes- als auch das kantonale Steuerrecht verwirklichen
den Grundsatz der Gesamtreineinkommenssteuer mit der Einkommensgeneralklausel
und einem exemplifikativen Einkünftekatalog. Gemäss Art. 16 Abs. 1 des Bundesge-
setzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) und § 16 Abs. 1
des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) unterliegen so alle wiederkehrenden und
einmaligen Einkünfte der Einkommenssteuer. Sämtliche Einkünfte sind grundsätzlich
ohne Rücksicht auf ihre Quellen steuerbar. Unter Einkünften sind dabei alle von aus-
sen zufliessenden Vermögensrechte zu verstehen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 16 N 7 DBG und Kommentar zum harmo-
nisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 16 N 9 StG). Hiervon kann nur abgewi-
chen werden, wenn das Gesetz bestimmte Einkünfte ausdrücklich von der Besteue-
rung ausnimmt oder einer anderen Besteuerungsordnung (z.B. der Grundstückge-
winnsteuer oder der Erbschafts- und Schenkungssteuer) unterwirft (RB 1997 Nr. 32 =
ZStP 1997, 197 = StE 1997 B 24.4 Nr. 45). Die in Art. 17 – 23 DBG bzw. §§ 17 – 23
StG beispielhaft aufgezählten Wertzuflüsse konkretisieren zwar den Grundsatz der
Einkommensgeneralklausel, stellen aber keine abschliessende Aufzählung der steuer-
baren Einkünfte dar; vielmehr bilden Art. 16 Abs. 1 DBG und § 16 Abs. 1 StG einen
Auffangtatbestand, unter den alle Einkünfte fallen, die nicht von Art. 17 – 23 DBG bzw.
§§ 17 – 23 StG erfasst werden, aber auch nicht zu den ausdrücklichen Ausnahmen
von der Besteuerung im Rahmen der Einkommenssteuer zählen.
b) Nach Art. 123 ff. DBG bzw. § 132 ff. StG haben die Steuerbehörden zu-
sammen mit dem Steuerpflichtigen die für eine vollständige und gerechte Besteuerung
massgebenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse festzustellen. Dabei haben
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1 ST.2010.213 1 DB.2010.154
sie in sinngemässer Anwendung von Art. 8 ZGB die steuerbegründenden Tatsachen
nachzuweisen, der Steuerpflichtige dagegen jene Tatsachen, welche die Steuerschuld
mindern oder aufheben (statt vieler: RB 1994 Nr. 33).
Gelingt dem Steuerpflichtigen der Nachweis nicht, dass ein bestimmter Ver-
mögenszugang aus Erbschaft, Vermächtnis, Schenkung oder einem andern bestimm-
ten einkommenssteuerbefreiten Grund vorliegt, ist zu seinen Ungunsten ohne Weiteres
anzunehmen, es liege Einkommen im Sinn von Art. 16 Abs. 1 DBG bzw. § 16 Abs. 1
StG vor, da letztere Bestimmungen – wie erwähnt – als Generalklausel alle Wert-
zuflüsse erfassen, sofern sie nicht kraft besonderer gesetzlicher Bestimmung von der
Einkommensbesteuerung ausgenommen sind.
2. a) Vorliegend haben die Pflichtigen in der Steuererklärung 2007 einen Be-
trag von Fr. 150'000.- als Schenkung bzw. Erbvorbezug deklariert, ohne jedoch ge-
nauere Angaben dazu zu machen. Insbesondere reichten sie keinen belegmässigen
Nachweis über die Schenkung bzw. den Erbvorbezug ein, auch nicht, nachdem sie der
Steuerkommissär mit Auflagen vom 19. März/24. April 2009 bzw. Mahnung vom
18. Mai 2009 wiederholt dazu aufgefordert hatte. Auch mit der Einsprache und mit dem
Rekurs reichten die Pflichtigen keine entsprechenden Belege ein. Mithin haben sie
nicht nachgewiesen, dass der unbestrittene Vermögenszugang von Fr. 150'000.- aus
einem von der Einkommenssteuer befreiten Grund erfolgte, sodass der besagte Betrag
schon allein deswegen nach den obengenannten Grundsätzen als steuerbares Ein-
kommen im Sinn von Art. 16 Abs. 1 DBG bzw. § 16 Abs. 1 StG zu betrachten ist. Hinzu
kommt, dass der Vertreter der Pflichtigen anlässlich der Besprechung mit dem Steuer-
kommissär vom 7. August 2009 offenbar ausdrücklich erklärte, dass es sich beim frag-
lichen Betrag "wahrscheinlich" nicht um eine Schenkung der Eltern, sondern eher um
Zahlungen aus F im Zusammenhang mit unlauteren Geschäften handle. Damit ist erst
recht davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für eine Einkommenssteuerbe-
freiung nicht gegeben sind. Schliesslich ist auch noch anzumerken, dass die Aussagen
der Pflichtigen insofern widersprüchlich sind, als sie in der Rekurs-/Beschwerdeschrift
erstmals behaupten, die Fr. 150'000.- seien ihnen während Jahren teils in bar, teils
durch Hinterlegung in einem Banksafe zur Verfügung gestellt worden, während bis
dahin stets von einer einmaligen Zahlung von Fr. 150'000.- im Jahr 2007 die Rede war
(so auch die Angaben in der Steuererklärung 2007).
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1 ST.2010.213 1 DB.2010.154
b) Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Herkunft der Fr. 150'000.-, welche
die Pflichtigen gemäss Selbstdeklaration im Jahr 2007 erhalten haben, weder im Ein-
sprache- noch im vorliegenden Rechtsmittelverfahren geklärt werden konnte. Folglich
hat das kantonale Steueramt den Betrag zu Recht als Einkommen im Sinn von Art. 16
Abs. 1 DBG bzw. § 16 Abs. 1 StG erfasst. Ob es sich beim aufgerechneten Betrag um
Einkünfte aus Erwerbstätigkeit oder aus anderer Quelle handelt, spielt keine Rolle und
mag daher offenbleiben.
Mithin muss es bei der Aufrechnung der Fr. 150'000.- als steuerbares Ein-
kommen der Pflichtigen sein Bewenden haben.
c) An dieser Stelle sei noch darauf hingewiesen, dass die Pflichtigen die in der
Einsprache gerügten formellen Mängel der Einschätzung mit dem Rekurs bzw. der
Beschwerde im Wesentlichen nicht wiederholt haben, sodass sich Ausführungen dazu
erübrigen. Sie machen einzig noch geltend, der Steuerkommissär hätte ihnen nach der
Besprechung mit dem Vertreter eine weitere Gelegenheit zur Stellungnahme in Aus-
sicht gestellt, was jedoch bis heute ausgeblieben sei. Ob sie damit implizit eine Verlet-
zung des rechtlichen Gehörs rügen ist fraglich, kann aber vorliegend offen bleiben, da
diese Rüge ohnehin nicht stichhaltig wäre. So hatten die Pflichtigen im Einschätzungs-
wie auch im Einspracheverfahren mehrmals Gelegenheit, ausführliche Angaben zur
angeblichen Schenkung zu machen und Beweismittel vorzulegen, wobei sogar eine
mündliche Besprechung stattfand. Somit kann von einer Gehörsverletzung nicht die
Rede sein, selbst wenn die Vorinstanz den Pflichtigen tatsächlich eine erneute Gele-
genheit zur Stellungnahme in Aussicht gestellt haben sollte.
Mithin haben die Pflichtigen auch in formeller Hinsicht nichts vorgebracht, was
die Aufhebung der Einspracheentscheide rechtfertigte.
3. Diese Erwägungen führen zur Abweisung des Rekurses bzw. der Be-
schwerde. Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten den Pflichtigen aufzuerlegen
(Art. 144 Abs. 1 DBG, § 151 Abs. 1 StG).
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1 ST.2010.213 1 DB.2010.154 | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
47a58afb-b20c-4af4-9c2c-7bb90ea4a46c | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend die Pflichtigen) deklarierten in der Steuererklärung
2011 mit Bezug auf die ihnen gehörende Liegenschaft ...strasse 171, D, Mietzins-
einnahmen für eine vermietete Wohnung sowie (Brutto-)Eigenmietwerte für drei weitere
Stockwerkeigentumseinheiten von (Fr. 34'700.- + Fr. 9'200.- + Fr. 1'900.- =)
Fr. 45'800.-. Von diesem Betrag zogen sie einen Unternutzungsabzug von (Fr. 45'800.-
x 2/9 =) Fr. 10'178.- ab.
Mit Veranlagungsverfügung und Einschätzungsentscheid vom 4. März 2013
lehnte der Steuerkommissär den Unternutzungsabzug ab und setzte das steuerbare
Einkommen der Pflichtigen auf Fr. 362'700.- (direkte Bundessteuer) bzw. Fr. 363'400.-
(Staats- und Gemeindesteuern) fest; das steuerbare Vermögen belief sich auf
Fr. 3'228'000.-.
B. Die von den Pflichtigen gegen die Ablehnung des Unternutzungsabzugs
erhobenen Einsprachen wies das kantonale Steueramt am 6. Januar 2014 ab.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 4. Februar 2014 liessen die Pflichtigen
dem Steuerrekursgericht beantragen, die Einsprachentscheide seien aufzuheben und
das steuerbare Einkommen sei auf Fr. 345'989.- (direkte Bundessteuer) bzw.
Fr. 355'689.- (Staats- und Gemeindesteuern) festzusetzen. Ausserdem verlangten sie
eine Parteientschädigung.
Mit Beschwerde- und Rekursantwort vom 18. Februar 2014 schloss das kan-
tonale Steueramt auf Abweisung der Rechtsmittel.
D. Am 14. April 2014 führten der Einzelrichter und die Gerichtsschreiberin mit
den Parteien einen Augenschein im Erdgeschoss der Liegenschaft ...strasse 171
durch.
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2 DB.2014.21 2 ST.2014.27
Auf die Erwägungen des Einspracheentscheids, die Parteivorbringen und die
Feststellungen am Augenschein wird, soweit wesentlich, in den nachfolgenden Erwä-
gungen zurückgekommen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Zu den steuerbaren Einkünften gehören nach § 21 des Steuergesetzes
vom 8. Juni 1997 (StG) alle Erträge aus unbeweglichem Vermögen, darunter auch "der
Mietwert von Liegenschaften oder Liegenschaftsteilen, die dem Steuerpflichtigen auf-
grund von Eigentum oder eines unentgeltlichen Nutzungsrechts für den Eigengebrauch
zur Verfügung stehen" (Abs. 1 lit. b). Der Regierungsrat erlässt die für die durchschnitt-
lich gleichmässige Bemessung des Eigenmietwerts selbstbewohnter Liegenschaften
oder Liegenschaftsteile notwendigen Dienstanweisungen. Dabei kann – unter Beach-
tung näher bezeichneter Leitlinien – eine schematische, formelmässige Bewertung der
Eigenmietwerte vorgesehen werden (Abs. 2). Inhaltlich die gleiche Regelung statuiert
Art. 21 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. De-
zember 1990 (DBG) i.V.m. Abs. 2 derselben Vorschrift. Der nach zürcherischem Recht
ermittelte Eigenmietwert ist auch für die direkte Bundessteuer massgebend (vgl. EStV,
Hauptabteilung Direkte Bundessteuer, Liste der Kantone mit unterschiedlichen Eigen-
mietwerten für die kantonalen Steuern und die direkte Bundessteuer ab Steuerperiode
2007 vom 21. Februar 2008).
b) Gestützt auf §§ 21 Abs. 2, 39 Abs. 3 und 40 StG hat der Regierungsrat am
12. August 2009 die Weisung an die Steuerbehörden über die Bewertung von Liegen-
schaften und die Festsetzung der Eigenmietwerte ab Steuerperiode 2009 (Weisung
2009) erlassen (ZStB I Nr. 15/502). Laut Rz. 62 derselben kann auf dem Eigenmietwert
ein angemessener Einschlag gewährt werden, wenn der Eigentümer eines Einfamili-
enhauses oder Stockwerkeigentums wegen Verminderung des Wohnbedürfnisses sei-
ner Familie (wie Wegzug der Kinder) nur noch einen Teil seines Wohneigentums nutzt
oder wenn ein Härtefall vorliegt. Dabei werden nur die räumlichen, nicht aber die zeitli-
chen Verhältnisse berücksichtigt; die zeitliche Unternutzung bei Zweit- oder Ferien-
wohnungen berechtigt nicht zum Abzug (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar
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2 DB.2014.21 2 ST.2014.27
zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 21 N 88, auch zum Folgenden). Die Unter-
nutzung setzt voraus, dass gewisse Räume dauernd keine Verwendung finden. Dienen
sie nur gelegentlich, etwa als Gästezimmer, Arbeitszimmer oder Bastelraum, so liegt
keine Unternutzung vor (Zuppinger/Schärrer/Fessler/Reich, Kommentar zum Zürcher
Steuergesetz, Ergänzungsband, 2. A., 1983, § 20 N 21c). Eine solche wird in der Regel
von vornherein abgelehnt, wenn eine Person in mittleren bis guten wirtschaftlichen
Verhältnissen wenigstens vier Zimmer bzw. zwei (oder mehr) Personen vier bis sechs
Zimmer bewohnen, wobei über 30 m 2 grosse Räume als zwei Zimmer gelten (StRK I,
6. Mai 1999, 1.ST.1995.148, E. 6b). Für Nebenräume sind bei Einfamilienhäusern zwei
Zimmer bei der Berechnung des Unternutzungsabzugs zu berücksichtigen (BGr,
1. Juli 2005, 2P.302/2004).
c) Eine ähnliche Bestimmung über die Unternutzung enthält Art. 21 Abs. 2
DBG, wonach die Festsetzung des Eigenmietwerts unter Berücksichtigung der ortsüb-
lichen Verhältnisse und der tatsächlichen Nutzung der am Wohnsitz selbstbewohnten
Liegenschaft erfolgt. Dabei ist der Gesetzgeber dem – grundsätzlich richtigen – dog-
matischen Prinzip gefolgt, dass nur Nutzung zu Einkommen führen kann, die auch
wirklich vorliegt (Bernhard Zwahlen, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht,
Band I/2a, 2. A., 2008, Art. 21 Nr. 27 DBG, auch zum Folgenden; Richner/Frei/
Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 21 N 86 f.). Zu grosse
Nutzungsmöglichkeiten, die objektiv zwar vorliegen, subjektiv aufgrund der Verhältnis-
se der steuerpflichtigen Person aber gar nicht wahrgenommen werden, sind nicht in die
kalkulatorische Eigenmiete einzubeziehen. Darunter fallen beispielsweise Fälle, in de-
nen selbstgenutzte Häuser aufgrund der Entwicklung in der Familie des Steuerpflichti-
gen übergrosse Räume umfassen, welche die Bedürfnisse der Bewohner übersteigen.
Die Gewährung eines Unternutzugsabzugs führt in der Praxis zu Abgrenzungsschwie-
rigkeiten. Gästezimmer, Arbeitszimmer, Bastelräume, Abstellflächen und Ähnliches
gelten nach wie vor als vom Steuerpflichtigen beansprucht (Zwahlen, Art. 21 N 28
DBG; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 21 N 100 f. DBG). Somit hat der Steuer-
pflichtige nachzuweisen, inwieweit er einzelne Raumeinheiten nicht mehr nutzt. Im In-
teresse einer gleichmässigen Anwendung von Art. 21 Abs. 2 DBG hat die Eidgenössi-
sche Steuerverwaltung am 7. Juli 1994 ein Rundschreiben an die kantonale
Verwaltung erlassen (im Folgenden: Rundschreiben).
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2 DB.2014.21 2 ST.2014.27
d) In Anwendung der genannten Vorschriften hat die Finanzdirektion am
21. Juni 1999 die Weisung betreffend Festsetzung des Eigenmietwertes bei tatsächli-
cher Unternutzung erlassen (Weisung Unternutzung; ZStB I Nr. 15/700). Die Voraus-
setzungen für einen Einschlag wegen tatsächlicher Unternutzung werden wie folgt um-
schrieben:
Rz. 4: Ein Abzug wegen tatsächlicher Unternutzung setzt voraus, dass Räume tatsächlich nicht genutzt werden.
Rz. 5: Eine nur weniger intensive Nutzung berechtigt nicht zu einem . Werden Räume – wenn auch nur gelegentlich – zum Beispiel als , Arbeitszimmer oder Bastelraum genutzt, liegt keine Unternutzung vor. Wie bei einem wenig genutzten Ferienhaus ist in solchen Fällen der Mietwert steuerbar.
Rz. 6: Nicht erforderlich ist, dass die Einrichtungen aus den sonst ungenutzten Räumen entfernt worden sind. Räume, in denen die vorhandenen Möbel – im Sinne einer Einlagerung – stehen gelassen werden, gelten, wenn keine Nutzung besteht, als ungenutzt.
Unter dem Titel "Grundsätze der Beweiswürdigung" bestimmt Rz. 15, dass auf-
grund einer objektiven Würdigung der massgebenden Verhältnisse zu entscheiden sei,
ob eine behauptete tatsächliche Unternutzung glaubhaft sei oder nicht. Bei Verkleine-
rung des Haushalts dehne sich der Wohnbedarf der verbliebenen Personen oft auf die
frei gewordenen Räume aus (Rz. 17; ebenso Rundschreiben lit. c). Indessen erscheine
eine Unternutzung nach der Lebenserfahrung dann als glaubhaft, wenn ein Einfamili-
enhaus oder eine Wohnung mit fünf oder mehr Zimmern nur von einer Person bewohnt
werde und Anhaltspunkte für einen überdurchschnittlich hohen Wohnbedarf fehlten
(Rz. 18). Schliesslich besteht "in der Regel" auch dann kein Anlass für einen Ein-
schlag, "wenn der Steuerpflichtige die selbstgenutzte Liegenschaft käuflich erworben
und sich seine Wohnbedürfnisse seither nicht geändert haben" (Rz. 20).
2. a) Das kantonale Steueramt erwog im Einspracheentscheid, dass sich die
Pflichtigen im gleichen Haus zwei Stockwerkeigentumseinheiten zur Verfügung hielten.
Ein Unternutzungsabzug falle ausser Betracht, wenn gleichzeitig eine zweite Wohnung
benötigt werde.
Zur Begründung von Beschwerde und Rekurs bringen die Pflichtigen vor, dass
der Unternutzungsabzug nur noch für die selbst genutzte Wohnung geltend gemacht
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2 DB.2014.21 2 ST.2014.27
werde und nicht mehr für die gelegentlich als Gästewohnung genutzte Einliegerwoh-
nung sowie die Garage. Die Pflichtigen nutzten zwei von acht Räumen wegen ihres
altershalber verminderten Wohnbedürfnisses nicht mehr. Angesichts der Grösse der
Wohnung spielten die wirtschaftlichen Verhältnisse der Pflichtigen keine Rolle. Entge-
gen der Auffassung des kantonalen Steueramts tue die Einliegerwohnung für die Frage
der Unternutzung der Familienwohnung nichts zur Sache.
b) Mit den Pflichtigen ist davon auszugehen, dass die von ihnen als Gäste-
zimmer verwendete Einliegerwohnung dem beantragten Unternutzungsabzug grund-
sätzlich nicht im Wege steht. Denn in Anbetracht der unterschiedlichen Zweckbestim-
mung kann es durchaus Sinn machen, dass sich ein Pflichtiger – etwa für Gäste oder
eine Haushalthilfe – eine Wohnung zur Verfügung hält und gleichzeitig die von ihm
selbst benutzte nur noch in vermindertem Umfang bewohnt. Der im Grundrissplan als
"Wohnzimmer" und "Wohndiele" bezeichnete Raum von insgesamt 66.5 m2 wird un-
bestrittenermassen bewohnt. Dasselbe gilt für das Schlafzimmer (22 m2), das zu einem
Büro mit Bibliothek umgewandelte Kinderzimmer (15.5 m2) sowie die Küche, das Bad
und das WC (insgesamt 17 m2). Die Unternutzung wird für die im Plan als Arbeitszim-
mer (8 m2) und Kinderzimmer (10.5 m2) bezeichneten Räume geltend gemacht. Nach
den Feststellungen am Augenschein sind die beiden letztgenannten Räume verbunden
worden; von einer Trennwand war nichts zu sehen. Anzumerken bleibt in diesem Zu-
sammenhang, dass ein Wohn-, Schlaf- oder Arbeitszwecken dienender Raum von le-
diglich 8 m2 die in § 303 Abs. 1 des Planungs- und Baugesetzes vom 7. Septem-
ber 1975 statuierte Mindestgrösse von 10 m2 unterschreitet und wegen seiner
Baurechtswidrigkeit nicht als separater Raum berücksichtigt werden dürfte. Wie die
Gerichtsdelegation am Lokaltermin festgestellt hat, macht dieser Raum keineswegs
einen unbenutzten Eindruck. Vielmehr befinden sich dort ein Schreibtisch mit zahlrei-
chen Schriftstücken und weiteren Gegenständen, ein Kleiderschrank, ein mobiler Klei-
derständer samt Kleidungsstücken, ein – am Augenschein als Ablagefläche dienendes
– Bett sowie ein Hometrainer. Auch hinsichtlich des baulichen Zustands und Unterhalts
wirkt der Raum offensichtlich als bewohnt. Schliesslich sprechen die Lage der beiden
Zimmer mit dem attraktiven Ausblick auf die D sowie die aufgrund der Südwest-
Ausrichtung optimale Besonnung aller Erfahrung nach für eine Nutzung dieses Raums.
Die Pflichtigen machen nicht geltend, dass sich die Feststellungen am Augenschein
von jenen in der massgebenden Steuerperiode 2011 unterschieden hätten. Wenn sie
ihr hohes Alter als Grund für das abnehmende Wohnbedürfnis anführen, so bean-
- 7 -
2 DB.2014.21 2 ST.2014.27
spruchten sie im Jahr 2011 jedenfalls nicht weniger Wohnraum als heute. Mit einer
Gesamtfläche von rund 140 m2 weist die Wohnung zwar eine stattliche Grösse auf, ist
aber trotzdem noch kleiner als die meisten Einfamilienhäuser. Hinzu kommt, dass alle
Räume im gleichen Geschoss liegen und über das zentrale Wohnzimmer erschlossen
sind. Die beantragte Unternutzung fällt nach dem Gesagten schon aufgrund der tat-
sächlichen Verhältnisse ausser Betracht.
Anzumerken bleibt, dass entgegen der Auffassung der Pflichtigen nicht von
acht Räumen ausgegangen werden kann. Wie gesagt handelt es sich beim sog. Ar-
beitszimmer von 8 m2 und dem Kinderzimmer von 10.5 m2 tatsächlich um einen einzi-
gen Raum. Ferner werden die Nebenräume (Küche, Bad, WC) bei Stockwerkeigentum
in der Regel nur als ein Raum und nicht als deren zwei gezählt (Rz. 11 Weisung Un-
ternutzung). Von dieser Regel abzuweichen, besteht angesichts einer Gesamtfläche
dieser Nebenräume von 17 m2 kein Anlass. Mithin umfasst die streitbetroffene Woh-
nung sechs Zimmer im Sinne der Weisung Unternutzung, was nach deren Ziffer 19 bei
in zumindest mittleren finanziellen Verhältnissen lebenden Pflichtigen nicht den
Schluss auf eine Unternutzung rechtfertigt.
Diese Erwägungen führen zur Abweisung von Beschwerde und Rekurs.
3. Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten den Pflichtigen aufzuerlegen
(Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG) und bleibt ihnen eine Parteientschädigung
versagt (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Ver-
waltungsverfahren vom 20. Dezember 1968; § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwal-
tungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/6. September 1987). | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
4804fa85-21dd-47e3-82ff-0d6c6120108a | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) war bis 2008 Mitglied (...) des Verwaltungs-
rats der C AG. Mit Termination Agreement vom 2. Oktober 2008 wurde der Arbeitsver-
trag per 30. September 2009 aufgelöst; zugleich trat der Pflichtige mit sofortiger Wir-
kung aus dem Verwaltungsrat zurück. Als Entschädigung (Bonus bzw.
Abgangsentschädigung) für die Aufgabe dieses Amts war ein Betrag von brutto Fr. X
vereinbart, welcher ihm am 20. Oktober 2008 in bar ausbezahlt wurde. Am 13. Novem-
ber 2008 erklärte er sich zur Rückvergütung von brutto Fr. X (Fr. X.- nach Abzug von
5,05% AHV/IV/EO) einverstanden; diese erfolgte durch Rückgabe von C-Aktien im
entsprechendem Wert. Die Einzelheiten wurden mit Schreiben vom 25. November
2008 noch schriftlich bestätigt.
Der Steuererklärung 2008 legte der Pflichtige einen Lohnausweis mit einem
Nettolohn von Fr. X.- bei, deklarierte davon aber nur Fr. X.- als Einkünfte aus unselbst-
ständiger Erwerbstätigkeit. Er begründete dies damit, dass die Rückgabe der Aktien
vom Einkommen in Abzug zu bringen sei.
Am 21. Juni 2011 wurde der Pflichtige und dessen Ehefrau B (nachfolgend
zusammen die Pflichtigen) für die direkte Bundessteuer 2008 sowie die Staats- und
Gemeindesteuern 2008 eingeschätzt. Darin stellte sich der Steuerkommissär auf den
Standpunkt, dass es sich bei der Rückzahlung an die C AG um steuerlich unbeachtli-
che Einkommensverwendung gehandelt habe. Eine weitere Korrektur betraf die selbst-
bewohnte Liegenschaft, da der Pflichtige das betreffende Grundstück 2008 im Zusam-
menhang mit dem Wechsel des Güterstandes von der Errungenschaftsbeteiligung zur
Gütertrennung auf die Pflichtige übertragen hatte und das kantonale Steueramt nun-
mehr für den Vermögenssteuerwert sowie den Eigenmietwert auf den dabei vereinbar-
ten und beurkundeten Übernahmepreis abstellte.
B. Mit Einsprache vom 18. Juli 2011 liessen die Pflichtigen u.a. beantragen,
die Einkünfte aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit gemäss Selbstdeklaration festzu-
setzen, eventualiter den rückerstatteten Betrag als Gewinnungskosten zum Abzug zu-
zulassen, und den Vermögenssteuerwert sowie den Eigenmietwert der selbstbewohn-
ten Liegenschaft gemäss amtlicher Neubewertung 2005 zu belassen.
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1 DB.2011.208 1 ST.2011.285
Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen am 1. September 2011 in den
vorliegend noch streitigen Punkten ab und schätzte die Pflichtigen für die Steuerperio-
de 2008 folgendermassen ein:
Direkte Bundessteuer Staats- und Gemeindesteuern
Einkommen Einkommen Vermögen
Fr. Fr. Fr.
steuerbar X.- X.- X.-
satzbestimmend X.- X.- X.-.
C. Hiergegen liessen die Pflichtigen am 3. Oktober 2011 Beschwerde bzw.
Rekurs erheben und die Einspracheanträge wiederholen, unter Kosten- und Entschä-
digungsfolgen.
Das kantonale Steueramt beantragte am 31. Oktober 2011 die Abweisung der
Rechtmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung schloss sich diesem Antrag am
7. Dezember 2011 hinsichtlich der direkten Bundessteuer an. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Zu den steuerbaren Einkünften aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit
gehören gemäss Art. 17 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer
vom 14. Dezember 1990 (DBG) und § 17 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997
(StG) alle Einkünfte aus privatrechtlichem oder öffentlich-rechtlichem Arbeitsverhältnis
mit Einschluss der Nebeneinkünfte wie Entschädigungen für Sonderleistungen, Provi-
sionen, Zulagen, Dienstalters- und Jubiläumsgeschenke, Gratifikationen, Trinkgelder,
Tantiemen und andere geldwerte Vorteile.
Das Gesetz enthält keine Vorschriften darüber, wann und unter welchen Vor-
aussetzungen Einkünfte als zugeflossen gelten. Nach der Praxis und der Rechtspre-
chung fliessen sie dem Steuerpflichtigen im Zeitpunkt zu, in welchem der Rechtser-
werb vollendet ist; erst dann wird ein fester Rechtsanspruch auf das Vermögensrecht
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1 DB.2011.208 1 ST.2011.285
erworben (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009,
Art. 210 N 22 DBG, und Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A.,
2006, § 50 N 23 StG, je mit Verweisungen, auch zum Folgenden). Voraussetzung des
Zuflusses ist somit ein abgeschlossener Rechtserwerb, der Forderungs- oder Eigen-
tumserwerb sein kann, wobei der Forderungserwerb in der Regel die Vorstufe des
Eigentumserwerbs darstellt. Massgeblich ist der Zeitpunkt, in welchem der Steuer-
pflichtige einen festen Rechtsanspruch auf eine Leistung erwirbt, über den er tatsäch-
lich verfügen kann (StE 2009 B 22.1 Nr. 6). Der Einkommenszufluss ist ein faktischer
Vorgang, der damit abgeschlossen ist, dass der Steuerpflichtige die wirtschaftliche
Verfügungsmacht über die zugeflossenen Vermögenswerte innehat (StE 2003 B 21.2
Nr. 16). Die Fälligkeit des Rechtsanspruchs ist für die Bestimmung des Zeitpunkts des
steuerlich massgeblichen Zuflusses – von hier nicht relevanten Ausnahmen (Kapital-
zinsen, Mietzinsen) abgesehen – in der Regel nicht erforderlich (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Art. 210 N 32 DBG und § 50 N 27 StG). Die Bedeutung des Zuflussprin-
zips liegt in der periodengerechten Einkommensabgrenzung (RB 1988 Nr. 29).
In Literatur und Rechtsprechung findet der dargelegte Grundsatz der Ein-
kommensrealisation mit dem Forderungserwerb indessen dann eine Einschränkung,
wenn die Erfüllung der Forderung besonders unsicher ist (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Art. 210 N 6 DBG und § 50 N 24 StG). In diesen Fällen wird auf den
Zeitpunkt der Erfüllung des Anspruchs abgestellt. Selbst nach Auszahlung wird bei
ungerechtfertigten Vermögenszugängen indessen ein steuerrechtlicher Zufluss abge-
lehnt, wenn eine Rückerstattungspflicht vorliegt, mit deren Durchsetzung ernsthaft ge-
rechnet werden muss, und somit bereits im Zeitpunkt des Zuflusses ein liquider An-
spruch auf Ablieferung besteht (BGr, 6. Juli 2011, 2C_351/2010, sowie Markus Reich,
Rückerstattung von übersetzten Boni und anderen Lohnzahlungen, ASA 80, 109 ff.,
120).
b) Dem Pflichtigen stand gemäss Ziff. 4 der Vereinbarung vom 10. Febru-
ar 2008 eine Entschädigung von brutto Fr. X. in bar zu, welche ihm in der Folge am 20.
Oktober 2008 ausbezahlt wurde. Die Auszahlung erfolgte nach der Sachdarstellung
der Pflichtigen ohne Vorbehalte; erst im November 2008 stellte sich die Frage der
Rückzahlung. Nach den dargelegten steuerrechtlichen Grundlagen ist dem Pflichtigen
dieser Betrag damit am 20. Oktober 2008 endgültig zugeflossen. Insbesondere liegt
auch kein Fall einer unsicheren Erfüllung einer Forderung vor, entsprach die Auszah-
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1 DB.2011.208 1 ST.2011.285
lung doch einer vertraglichen Regelung und war ein allfälliger Rückerstattungsan-
spruch auch nach Auffassung der Pflichtigen in keiner Weise liquid.
c) Eine nachfolgende Rückzahlung macht diesen Zufluss nicht ungeschehen:
aa) Die Pflichtigen fordern unter Berufung auf das von ihnen bei Prof. Markus
Reich in Auftrag gegebene Rechtsgutachten (wie erwähnt publiziert in ASA 80, 109 ff.)
die Berücksichtigung von korrelierenden Vermögensabgängen, bevor ein Vermögens-
zugang als (steuerlich relevanter) Reinvermögenszugang qualifiziert werden kann. Sie
leiten dies aus dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfä-
higkeit und dem damit verbundenen Nettoprinzip ab. Nach dem letzteren ist nicht die
Summe der in den Steuergesetzen aufgeführten Bruttoeinkünfte Gegenstand der Ein-
kommensbesteuerung, sondern das Nettoeinkommen; dieses ist definiert als das Ein-
kommen, das resultiert, wenn von den Bruttoeinkünften sämtliche damit in qualifizierter
Art und Weise zusammenhängenden Aufwendungen, die sogenannten Gewinnungs-
kosten, abgezogen werden (Reich, S. 115).
Dem ist indessen entgegen zu halten, dass der Pflichtige ab dem 20. Oktober
2008 über die Entschädigung von Fr. X uneingeschränkt und im vollen Umfang verfü-
gen konnte und sich damit seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit spätestens ab die-
sem Zeitpunkt entsprechend erhöht hat. Der Einkommenszufluss als faktischer Vor-
gang war damit abgeschlossen. Die Berücksichtigung von nachfolgenden
Rückleistungen widerspricht dieser - nach herrschender Lehre und Rechtsprechung
massgebenden - zeitpunktbezogenen Betrachtungsweise. Eine Aufweichung des Beg-
riffs des Zuflusses durch Einbezug von nachfolgenden Abflüssen ist nach Auffassung
des Gerichts indessen auch nicht erforderlich. Wie bereits die Pflichtigen selber geltend
machen, sind Vermögensabgänge daraufhin zu prüfen, ob sie als Gewinnungskosten
abgezogen werden können. Entsprechend wurde in der Vergangenheit im Zusammen-
hang mit der Rückgabe von bereits bei Zuteilung besteuerten Mitarbeiteraktien das
kausale Gewinnungskostenprinzip zur Lösung herangezogen (StRK II, 17. Mai 2002,
2 ST.2002.5 = ZStP 2002, 302). Aus Sicht des Gerichts besteht deshalb keine Veran-
lassung, darüber hinaus noch eine weitere Kategorie von steuermindernden bzw. den
Zufluss hemmenden Umständen einzuführen.
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1 DB.2011.208 1 ST.2011.285
2. a) Nach Art. 25 DBG bzw. § 25 StG werden zur Ermittlung des Reinein-
kommens von den gesamten steuerbaren Einkünften die zur Erzielung notwendigen
Aufwendungen abgezogen. Abzugsfähig im Bereich der unselbstständigen Erwerbstä-
tigkeit sind (neben den Auslagen für den Arbeitsweg, den Mehrkosten der auswärtigen
Verpflegung und den mit dem Beruf zusammenhängenden Weiterbildungs- und Um-
schulungskosten) die "übrigen für die Ausübung des Berufes erforderlichen Kosten"
(Art. 26 Abs. 1 lit. c DBG bzw. § 26 Abs. 1 lit. c StG).
Art. 25 DBG bzw. § 25 StG stellen in Bezug auf die abzugsfähigen Gewin-
nungskosten Generalklauseln dar; alle mit der Einkommenserzielung zusammenhän-
genden Aufwendungen sind abzugsfähig, auch wenn sie nicht ausdrücklich genannt
werden (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 25 N 4 ff DBG und § 25 N 4 ff StG; auch
zum Folgenden). Eine betragsmässige Beschränkung wäre unstatthaft (BGE 128 II
66). Besteuert werden also nicht die als steuerbar erklärten Bruttoeinkünfte, sondern
die um die Gewinnungskosten gekürzten Zuflüsse aus allen Einkommensarten; dieses
Resultat stellt die objektive Leistungsfähigkeit einer Person dar. Das Gesetz verwirk-
licht damit das objektive Nettoprinzip.
Abzugsfähig sind aber nicht alle Aufwendungen, die in irgendeiner Beziehung
zur Einkommenserzielung stehen, sondern nur solche, die dadurch verursacht werden.
Diese umfassen nicht nur Aufwendungen, die zu diesem Zweck gemacht werden (fina-
le Gewinnungskosten), sondern auch solche, die Folge der Einkommenserzielung sind
und daher durch die Erzielung von Einkommen verursacht bzw. veranlasst werden
(kausale Gewinnungskosten). Gewinnungskosten liegen demnach vor, wenn sie einen
inneren wirtschaftlichen Bezug zur Sphäre der Einkommenserzielung aufweisen, wobei
ein qualifiziert enger Konnex zwischen den getätigten Ausgaben und den erzielten Ein-
künften bestehen muss. Der Begriff des qualifiziert engen Zusammenhangs darf dabei
aber nicht überspannt werden: ein solcher ist gegeben, wenn ein rechtlich erheblicher
(wesentlicher) Zusammenhang zwischen Art, Grund und Zweck der Ausgabe einerseits
und der Natur der Tätigkeit anderseits besteht. Als Gewinnungskosten gelten deshalb
jene Aufwendungen, die für die Erzielung des Einkommens nützlich sind und nach der
Verkehrsauffassung im Rahmen des Üblichen liegen.
Abzugrenzen sind die Gewinnungskosten vor allem von den (nicht abzugsfä-
higen) Lebenshaltungskosten (Art. 34 lit. a DBG bzw. § 33 lit. a StG), die nicht mit der
Einkommenserzielung, sondern der Einkommensverwendung zusammenhängen; die-
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1 DB.2011.208 1 ST.2011.285
se sind nicht abzugsfähig (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 25 N 9 DBG, und § 26
N 5 StG, auch zum Folgenden). Aus diesem Grund sind Auslagen, die wohl im Zu-
sammenhang mit der Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen stehen, die er aber ledig-
lich wegen eines persönlichen Bedürfnisses oder aus grösserer Bequemlichkeit getä-
tigt hat, den privaten Lebenshaltungskosten zuzuordnen. Dementsprechend sind
Kosten für Hauspersonal und sonstige Angestellte reine Lebenshaltungskosten, und
zwar auch dann, wenn die Kosten verursacht werden, um ungehindert der beruflichen
Tätigkeit nachgehen zu können. Auch wenn gewisse Kosten unerlässliche Vorausset-
zung für das Erzielen eines Erwerbseinkommens sind (wie z. B. Verpflegungskosten,
Wohnkosten), gehören sie nicht zu den Gewinnungskosten, wenn ein qualifiziert enger
Konnex zur Einkommenserzielung fehlt.
Das Vorliegen von Gewinnungskosten im Zusammenhang mit der Berufstätig-
keit wurde wie bereits erwähnt bejaht bei Mitarbeiteraktien, welche infolge eines Stel-
lenwechsels vor Ablauf der Sperrfrist zurückzugeben waren (StRK II, 17. Mai 2002,
2 ST.2002.5 = ZStP 2002, 302; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 26 N 45 ff. DBG).
Unter die übrigen erforderlichen Berufskosten können ferner auch erwerbsbezogene
Schadenersatzleistungen fallen (BGr, 16. Dezember 2008, 2C_566 + 567/2008, auch
zum Folgenden). Diesfalls geht es um willensunabhängige Ausgaben infolge Eintritts
eines mit der Erwerbstätigkeit verbundenen, nicht ohne weiteres vermeidbaren Risikos.
Diese Voraussetzungen können nicht nur bei Kausalhaftungen erfüllt sein, sondern
auch in Fällen der Verschuldenshaftung (z. B. bei der Organhaftung des Verwaltungs-
rats). Als genügend enger Zusammenhang verlangt die Praxis ein Betriebsrisiko, das
derart eng mit der Erwerbstätigkeit verbunden ist, dass es bei deren Ausübung in Kauf
genommen werden muss. Das Herbeiführen des ersatzpflichtigen Schadens bildet
somit einen Teil des Risikos, welches die Einkommenserzielung gewöhnlich mit sich
bringt, und erscheint als eine nicht ohne weiteres vermeidbare Begleiterscheinung da-
von. Nicht abzugsfähig sind hingegen Zahlungen, deren Ursache diesen Rahmen
sprengt, z. B. wenn eine Haftung auf einem krassen Fehlverhalten beruht, welches
grobfahrlässig oder sogar absichtlich herbeigeführt worden ist. Indessen bildet nach
der präzisierenden Rechtsprechung des Bundesgerichts das Verschulden nur einen
von verschiedenen Aspekten (BGr, 16. Dezember 2008, 2C_566 + 567/2008 = StE
2009 B 22.3 Nr. 99 = StR 2009, 561 = ZStP 2009, 223).
b) Entscheidend ist demnach, aus welchen Gründen der Pflichtige die rund
Fr. X seiner Arbeitgeberin zurückbezahlt hat. In Anlehnung an die zitierte Rechtspre-
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1 DB.2011.208 1 ST.2011.285
chung ist deshalb zu prüfen, ob die Rückleistung in dem Sinn unabhängig vom Willen
des Pflichtigen erbracht worden war, als ein mit der Erwerbstätigkeit verbundenes,
nicht ohne weiteres vermeidbaren Risikos eingetreten war.
aa) Den damals erstellten Vereinbarungen lässt sich auf den ersten Blick
diesbezüglich wenig Konkretes entnehmen:
In der Rückerstattungsvereinbarung vom 25. November 2008 wird festgehal-
ten, dass es sich um eine freiwillige Rückzahlung des "special payments" vom 20. Ok-
tober 2008 handle. Im Gegenzug bestätigte die C AG, dass die Rückzahlung nicht als
Anerkennung einer Verpflichtung ("liability") betrachtet werde, während umgekehrt sie
auch nicht auf die Geltendmachung von Ansprüchen aus vergangenen Handlungen
oder Unterlassungen verzichte. Sie bestätigte indessen, dass für sie aufgrund der be-
stehenden Situationen keine Hinweise vorliegen, welche auf eine erfolgreiche Verant-
wortlichkeitsklage gegen frühere Direktoren oder sonstige Kaderleute hindeuten wür-
den. Der Präsident des Verwaltungsrats der C würde sich deshalb in der anstehenden
ausserordentlichen Generalversammlung der C AG gemäss dem Annex A entspre-
chend äussern.
Im Annex A wird auszugsweise das Referat des Präsidenten des Verwal-
tungsrats der C an der ausserordentlichen Generalversammlung wiedergegeben. Darin
wird zum Thema der Rückzahlung von bereits geleisteten Boni festgestellt, dass keine
Hinweise auf Pflichtverletzungen von Führungskräften vorlägen, die Abklärungen aber
noch nicht abgeschlossen seien. Unabhängig davon werde aber die Rückzahlungen
von Boni begrüsst und gefordert. Darauf erwähnte er die Rückleistung u.a. des Pflichti-
gen.
bb) Hierzu führten die Pflichtigen aus, dass der Pflichtige bei den Vergleichs-
verhandlungen unter massivstem Druck gestanden habe. Zweck der Vereinbarung sei
es gewesen, die Wahrscheinlichkeit der klageweisen Geltendmachung von Rückforde-
rungsansprüchen herabzusetzen. Die Vereinbarung enthalte denn auch eine Zusiche-
rung der C AG in Form einer Bestätigung, dass eine Klageerhebung nicht ihrer gegen-
wärtigen Absicht entspreche. Weitergehende Zugeständnisse seien von der C AG nicht
zu erwarten gewesen, da sie selbst unter erheblichem Druck gestanden habe, Schritte
gegen ehemalige Verwaltungsrats- und Geschäftsleitungsmitglieder einzuleiten. Die
Äusserungen des Präsidenten des Verwaltungsrats der C AG anlässlich der General-
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1 DB.2011.208 1 ST.2011.285
versammlung, wonach keine individuellen Pflichtverletzungen der Führungskräfte be-
kannt seien und für die freiwilligen Rückzahlungen gedankt werde, seien im Licht der
Zusagen der Bank im Rahmen des Vergleichs zu sehen. Die Wortwahl in der Vereinba-
rung, worin die Freiwilligkeit betont werde, sei nicht als Ausdruck des freien Willens des
Pflichtigen zu verstehen, sondern in Abgrenzung zur befürchteten klageweisen Durch-
setzung. Es habe von ihm jedenfalls nicht ernsthaft erwartet werden können, dass er
im Rahmen der Vergleichsverhandlung ein Schuldeingeständnis abgebe, hätte ein sol-
ches doch die C AG umso mehr unter Druck gesetzt, gegen ihn Klage zu erheben.
Dass es sich bei der Rückerstattung zudem nicht um Imagepflege gehandelt habe, sei
schon daraus ersichtlich, dass sie das Resultat harter Verhandlungen unter Beizug von
Anwälten gewesen sei; für die Imagepflege hätte es dessen nicht bedurft.
cc) Aus den Umständen ergeben sich tatsächlich eine Reihe von Anhaltspunk-
ten, dass die Rückleistung nicht mehr als privat bzw. freiwillig motiviert zu betrachten
ist, sondern die Verwirklichung eines Risikos darstellt, welches sich aus der besondere
Situation der C AG sowie der früheren Stellung des Pflichtigen im Verwaltungsrat er-
gab:
Dem starken öffentlichen Druck, welcher sowohl auf dem Pflichtigen als auch
der C AG lastete, kommt hier hohe Bedeutung zu. Die C AG war nach einer turbulen-
ten Entwicklung in ihrer Existenz gefährdet und stand im Mittelpunkt des öffentlichen
Interesses und stark in der Kritik (...). Im Zentrum der öffentlichen Kritik standen auch
die hohen Bezüge der Topkader. Gerade der Pflichtige (...) war davon besonders be-
troffen. Vor diesem Hintergrund erscheint die am 20. Oktober 2008 (...) erfolgte Aus-
zahlung der Fr. X an den Pflichtigen als geradezu provozierend. Wenn er sich deshalb
bereit erklärte, durch Rückzahlung seiner Bezüge dem öffentlichen Druck vor allem
auch auf der C AG zu begegnen, kann der berufliche Zusammenhang nicht verneint
werden.
Kommt hinzu, dass er noch bis 30. September 2009 bei der C AG angestellt
war, er von ihr weiterhin einen Lohn bezog und ihm deshalb ihr weiteres Schicksal als
Einkommensquelle nicht gleichgültig sein konnte. Zwar ist der zurückbezahlte Betrag
im Zusammenhang der damaligen finanziellen Probleme der C AG wohl kaum als we-
sentlich zu bezeichnen. Von höherem Gewicht für die C war aber die Wirkung eines
solchen Verzichts ihrer ehemaligen Topkader in der Öffentlichkeit; in dem Sinn hat der
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1 DB.2011.208 1 ST.2011.285
Pflichtige durch die Rückleistung durchaus zur Erhaltung seiner Einkommensquelle
beigetragen.
Ein Fehlverhalten des Pflichtigen, welches die C AG zur Rückforderung be-
rechtigt hätte, geht weder aus den Rechtsschriften noch den Vereinbarung hervor, ist
doch nicht einmal dargelegt, welches sein Verantwortungsbereich war. Daraus lässt
sich aber nicht ohne Weiteres schliessen, dass das Einverständnis nicht im Zusam-
menhang mit Rückforderungsansprüchen der C AG stand. Vielmehr bestehen Anzei-
chen, dass der Pflichtige in der Vereinbarung nicht einseitig ein Leistungsversprechen
abgab, sondern dass er dafür auch etwas erhielt. Entgegen der Auffassung des Steu-
eramts enthält die Vereinbarung nämlich eine Gegenleistung der C AG, indem eine
Zusicherung abgegeben wurde, dass unter der gegebenen Situation keine Klage aus
Verantwortlichkeit geplant sei. Das Steueramt interpretiert diese Passage zwar in dem
Sinn, dass auch die C AG keine Grundlage für die Rückzahlung erkennen könne. Die-
se Lesart trifft indessen den Kern der Sache nicht; vielmehr ist dies als eine Zusiche-
rung der C an die Adresse des Pflichtigen als Gegenleistung für seine Rückzahlung zu
interpretieren. Mitunter hat sich der Pflichtige ein einstweiliges Stillhalten der C AG und
eine positive Würdigung durch diese in der Öffentlichkeit "erkauft". Dem Pflichtigen ist
zudem zuzustimmen, dass von ihm ein Schuldeingeständnis tatsächlich nicht erwartet
werden konnte, bzw. dass die Vereinbarung wohl letztlich dazu diente, diesen ganzen
Fragenkomplex vorderhand zu bereinigen, ohne dass die Frage der Verantwortlichkeit
im Detail ausgebreitet werden musste. Eine einverständliche Leistung zu diesem
Zweck steht aber nicht weniger in einem engen Zusammenhang mit der beruflichen
Tätigkeit als etwa ein Vergleich über konkrete Verantwortlichkeitsansprüche selbst. Im
Weiteren ist nicht davon auszugehen, dass der Rückzahlung ein grobfährlässiges oder
sogar absichtliches Fehlverhalten des Pflichtigen zugrunde lag, da die C AG ansonsten
wohl keine öffentliche Bekanntmachungen über nicht erkennbares Fehlverhalten abge-
geben hätte. Insgesamt hat sich hier somit ein mit der Erwerbstätigkeit im Verwaltungs-
rat verbundenes Risiko verwirklicht, welches nicht von seinem Willen abhing.
Die Bezeichnung der Rückzahlung als freiwillig im Wortlaut der Vereinbarung
steht zudem einer Qualifizierung als kausale Gewinnungskosten nicht entgegen.
Auch wenn für eine Auslage keine rechtliche Verpflichtung im eigentlichen Sinn be-
steht, kann diese dennoch willensunabhängig sein, weil sie einer beruflichen Notwen-
digkeit entspricht. So anerkennt die Rechtsprechung auch Anwaltskosten zur Abwehr
von Verantwortlichkeitsklagen als kausale Gewinnungskosten (Richner/Frei/Kauf-
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mann/Meuter, Art. 26 N 46 DBG); der Beizug des Anwalts beruht dabei nicht auf einer
rechtlichen Verpflichtung, sondern einem Erfordernis aus der gegebenen Situation.
Anzufügen ist zudem, dass der Abschluss einer Vereinbarung der Annahme einer un-
freiwilligen Leistung nicht entgegen stehen muss, d.h. es kann von einem Steuerpflich-
tigen nicht verlangt werden, dass er sich zwecks späterer steuerlicher Geltendma-
chung immer auf ein gerichtliches Klageverfahren einlassen muss. Auch eine ausser-
gerichtliche Lösung kann abziehbare Gewinnungskosten zur Folge haben, sofern der
berufliche Grund der Leistung aus den Umständen mit hinreichender Klarheit hervor-
geht.
Zweifellos diente die Vereinbarung auch der Imagepflege des Pflichtigen, da –
wie aus der Aufnahme von Annex A in die Vereinbarung zu schliessen ist – offenkun-
dig auch Wert darauf gelegt wurde, dass die C AG den Pflichtigen als freiwillig zur
Rückleistung bereit präsentierte. Diesbezüglich ist der berufliche Bezug weniger klar;
grundsätzlich können aber auch Kosten zur beruflichen Imagepflege im Zusammen-
hang mit beruflicher Tätigkeit stehen. Insbesondere bei Personen in hoher leitender
Stellung ist der Ruf von hoher Bedeutung. Von daher ist nicht von der Hand zu weisen,
dass eine öffentliche positive Äusserung durch die C AG für die zukünftige berufliche
Tätigkeit des Pflichtigen von hoher Bedeutung war. Gemildert wird dies dadurch, dass
er sich bereits dem Ruhestand näherte, und das Interesse an einem intakten Ruf auch
einem starken privaten Bedürfnis entspricht. Hier dürften sich berufliche und private
Interesse getroffen haben.
Insgesamt ist der berufliche Bezug überwiegend zu bejahen und wird durch
die vorliegenden Unterlagen auch untermauert. Dies führt dazu, dass die Rückzahlung
als Berufskosten zum Abzug gebracht werden kann.
c) Bei den zurückgezahlten Mitarbeiteraktien handelt es sich um X nicht ge-
sperrte C-Aktien, X gesperrte C-Aktien (vested) sowie X gesperrte C-Aktien (unvested).
Alle diese Titel sind in den vorangehenden Steuerperioden jeweils bei Zuteilung ver-
steuert worden, insbesondere auch die C-Aktien, welche noch nicht "vested" waren.
Dies zeigt sich daraus, dass die Anzahl der in den Beilagen zu den jeweiligen Lohn-
ausweisen aufgeführten Mitarbeiter-Aktien gemäss Plantyp (...) mit den Angaben in
den Aufstellungen der zurückgegebenen Aktien übereinstimmen, wobei die jeweiligen
Tranchen gemäss Plan immer im folgenden Jahr deklariert wurden. Da demnach sämt-
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liche Aktien zuvor steuerlich als zugeflossen behandelt worden waren, steht der Quali-
fikation der Rückgabe als steuerlicher Abfluss nichts entgegen.
Im Übrigen bestreitet das kantonale Steueramt nicht, dass der Bewertungs-
stichtag auf den 13. November 2008 (Tag der Verzichtserklärung) anzusetzen ist und
die zurückgegebenen Aktien damals einen Wert von Fr. X.- aufwiesen.
d) Die Beschwerde und der Rekurs sind daher in Bezug auf diese Frage gut-
zuheissen.
3. Streitig sind weiter der Eigenmietwert und der Vermögenssteuerwert der
selbstbewohnten Liegenschaft der Pflichtigen (...).
a) Das Vermögen wird zum Verkehrswert bewertet (§ 39 Abs. 1 StG). Für die
gleichmässige Bewertung von Grundstücken erlässt der Regierungsrat die notwendi-
gen Dienstanweisungen. Er kann eine schematische, formelmässige Bewertung vorse-
hen, wobei jedoch den Qualitätsmerkmalen der Grundstücke, die im Fall der Veräusse-
rung auch den Kaufpreis massgeblich beeinflussen würden, angemessen Rechnung zu
tragen ist. Die Formel ist so zu wählen, dass die am oberen Rand der Bandbreite lie-
genden Schätzungen nicht über dem effektiven Marktwert liegen (Abs. 3). Der Formel-
wert soll in eine Bandbreite von 70 - 100% des Verkehrswerts zu liegen kommen
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 39 N 56 StG).
Gestützt auf die genannte Bestimmung hat der Regierungsrat am 19. März
2003 die Weisung an die Steuerbehörden über die Bewertung von Liegenschaften und
die Festsetzung der Eigenmietwerte ab Steuerperiode 2003 (Weisung 2003; ZStB I
Nr. 15/501) erlassen, welche für die Steuerperiode 2008 noch Geltung hat. In Randzif-
fer (Rz.) 20 ff. der Weisung 2003 wird die Festsetzung des Verkehrswerts von Einfami-
lienhäusern geregelt. Massgebende Grössen für die Festlegung des Vermögenssteu-
erwerts sind der Landwert und der Zeitbauwert (Rz. 20 und 59). Zu deren Bestimmung
enthält die Weisung konkrete Vorschriften.
Führt die schematische, formelmässige Ermittlung zu einem Vermögenssteu-
erwert, der über 100% des Verkehrswerts oder unter 70% desselben liegt, so ist eine
individuelle Schätzung des Vermögenssteuerwerts vorzunehmen (Rz. 79).
- 13 -
1 DB.2011.208 1 ST.2011.285
Bei der individuellen Schätzung des Verkehrswerts ist in einem ersten Schritt
auf folgende Grundlagen abzustellen:
- auf den zeitnahen Kaufpreis der Liegenschaft,
- auf den zeitnahen Anlagewert der Liegenschaft,
- auf ein nach anerkannten Bewertungsgrundsätzen erstelltes Privatgutachten (Rz. 80).
Wird der Verkehrswert auf Grund einer individuellen Schätzung ermittelt, ist
der Vermögenssteuerwert
- auf 70% des ermittelten Verkehrswerts festzusetzen, wenn der Formelwert weniger
als 70% des Verkehrswerts beträgt,
- auf 90% des ermittelten Verkehrswerts, wenn der Formelwert mehr als 100% des
Verkehrswerts beträgt (Rz. 82).
b) Zu den steuerbaren Einkünften gehören nach Art. 21 Abs. 1 lit. b DBG bzw.
§ 21 Abs. 1 lit. b StG alle Erträge aus unbeweglichem Vermögen, darunter auch "der
Mietwert von Liegenschaften oder Liegenschaftsteilen, die dem Steuerpflichtigen auf-
grund von Eigentum oder eines unentgeltlichen Nutzungsrechts für den Eigengebrauch
zur Verfügung stehen". Nach § 21 Abs. 2 StG erlässt der Regierungsrat die für die
durchschnittlich gleichmässige Bemessung des Eigenmietwerts selbstbewohnter Lie-
genschaften oder Liegenschaftsteile notwendigen Dienstanweisungen. Dabei kann
eine schematische, formelmässige Bewertung der Eigenmietwerte vorgesehen werden,
allerdings unter Beachtung bestimmter Leitlinien. Der Regierungsrat hat dies mit der
erwähnten Weisung 2003 getan.
Die Eigenmietwerte von durch den Pflichtigen und von zu seinem Haushalt
gehörenden Personen genutzten Einfamilienhäusern betragen 3,75% des Land- und
Zeitbauwerts (Rz. 59 der Weisung 2003).
Führt die schematische, formelmässige Ermittlung zu einem Eigenmietwert,
der über 70% der Marktmiete oder unter 60% derselben liegt, so ist eine individuelle
Schätzung des Eigenmietwerts vorzunehmen (Rz. 83). Bei einer individuellen Schät-
zung des Eigenmietwerts ist in einem ersten Schritt auf folgende Grundlagen abzustel-
len:
- auf für vergleichbare Objekte an ähnlicher Lage bezahlte Mietpreise,
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1 DB.2011.208 1 ST.2011.285
- auf ein nach anerkannten Bewertungsgrundsätzen erstelltes Privatgutachten über die
erzielbare Marktmiete (Rz. 84).
In einem zweiten Schritt kann sodann auf die hedonische Methode abgestellt
werden, in einem dritten Schritt auf ein amtliches Gutachten (Rz. 85).
Wurde bei Einfamilienhäusern (...) der Vermögenssteuerwert auf Grund einer
individuellen Schätzung des Verkehrswerts ermittelt, ist der Eigenmietwert auf Grund
des so ermittelten Vermögenssteuerwerts zu bestimmen. Rz. 59 ist sinngemäss an-
wendbar (Rz. 87).
c) aa) Die amtliche Neubewertung 2005 ergab für die Steuerperiode 2008
einen Verkehrswert der Liegenschaft der Pflichtigen von Fr. X.-. Mit am 8. Februar
2008 beurkundetem und vollzogenem Vertrag übertrug der Pflichtige indessen das
Grundstück aus seinem Alleineigentum an die Pflichtige zu einem Preis von Fr. X.-.
Gemäss den Bemerkungen auf dem Auszug sollten damit güterrechtliche Ansprüche
getilgt werden. Nach der Sachdarstellung der Pflichtigen stand diese Transaktion im
Zusammenhang mit dem Wechsel des Güterstands von der Errungenschaftsbeteili-
gung zur Gütertrennung.
Diese Handänderung bietet einerseits begründete Veranlassung dafür, dass
der formelmässig ermittelte Vermögenssteuerwert nicht dem Verkehrswert entspricht,
und dient andrerseits zugleich als taugliche Grundlage für die individuelle Schätzung
dieses Werts nach Rz. 80 der Weisung 2003. Es besteht kein Grund zur Annahme,
dass es sich beim vereinbarten Preis nicht um den Marktpreis handeln soll. Die Über-
tragung der Liegenschaft war zwar Teil einer güterrechtlichen Auseinandersetzung.
Dabei ist aber aufgrund der Interessenlage der Parteien von der natürlichen Vermutung
auszugehen, dass sie auf den effektiven Wert abstellten, wie sie auch auf dem freien
Markt erzielt worden wären, ist doch nicht einzusehen, weshalb die Regeln des Mark-
tes, wonach jeder Vertragspartner in erster Linie seine eigenen ökonomischen Interes-
sen verfolgt, hier nicht gelten sollen. Falls das hier dennoch nicht der Fall gewesen
sein sollte, hätte es an den Pflichtigen gelegen, dies im Einzelnen darzulegen. Solche
Umstände werden aber keine genannt, betreffen doch die Einwände der Pflichtigen
lediglich formelle Fragen zur Anwendung der Weisung 2003. Damit erweist sich sowohl
die betreffende Bestimmung als auch ihre Anwendung durch das kantonale Steueramt
- 15 -
1 DB.2011.208 1 ST.2011.285
als im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben. Mithin kann der genannte Wert ohne
Weiteres als Vergleichsbasis gemäss Rz. 80 der Weisung 2003 herangezogen werden.
Davon ausgehend ergibt sich bei Anwendung von Rz. 79 der Weisung 2003
ein unterer Grenzwert (70%) von Fr. X.-. Der bisherige formelmässige Vermögens-
steuerwert von Fr. X.- unterschreitet diesen Grenzwert erheblich, weshalb in Anwen-
dung von Rz. 82 auf den neu ermittelten Wert abzustellen ist.
bb) Hinsichtlich des Eigenmietwerts kommt Rz. 87 der Weisung 2003 zum
Zug, d.h. der Eigenmietwert ist nach Rz. 59 zu bestimmen. Die Vorinstanz hat den Ei-
genmietwert auf Fr. X festgesetzt, was 3,75% von Fr. X.- ausmacht. Diese Berechnung
entspricht daher den Vorgaben der Weisung.
d) Die Pflichtigen wenden dagegen ein, dass eine güterrechtliche Auseinan-
dersetzung zwischen Ehegatten keinen Grund für eine Neufestsetzung des Vermö-
genssteuerwerts sei, da sie unverändert in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe
lebten und sich deshalb wirtschaftlich nichts geändert habe. Zudem werde in solchen
Fällen die Grundstücksgewinnsteuer aufgeschoben (§ 216 Abs. 3 StG) und würden
Schenkungen unter Ehegatten auch von der Schenkungssteuer befreit (§ 11 des Erb-
schafts- und Schenkungssteuergesetzes vom 28. September 1986). Änderungen im
zivilrechtlichen Eigentum wirkten sich demnach steuerlich nicht aus, wenn sich wirt-
schaftlich keine Veränderungen ergäben.
Dem ist entgegen zu halten, dass Rz. 79 der Weisung 2003 bezweckt, der
Vorschrift von § 39 Abs. 1 StG, wonach das Vermögen zum Verkehrswert besteuert
wird, Geltung zu verschaffen. Eine Privilegierung von Ehegatten ist in § 39 Abs. 1 StG
nicht vorgesehen. Eine analoge Anwendung der Aufschubgründe bei der Grundstück-
gewinnsteuer ist zudem auch sachlich nicht gerechtfertigt. Es handelt sich bei Rz. 79
um eine Korrekturnorm zum formelmässig ermittelten Vermögenssteuerwert, welche
jeweils unmittelbar zur Anwendung gelangt, wenn die dort angeführten Umstände
sichtbar werden. Mithin ist die Handänderung lediglich ein Vorgang, bei welchem sich
der wahre Verkehrswert der Liegenschaft offenbart. Es geht demnach um die Feststel-
lung von Tatsachen, nicht um einen steuerauslösenden Tatbestand wie bei der Grund-
stückgewinn- und Schenkungssteuer.
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1 DB.2011.208 1 ST.2011.285
Die Pflichtigen sind ferner darauf zu behaften, dass sie lediglich die Zulässig-
keit einer individuellen Schätzung bestreiten, nicht aber geltend machen, der neu fest-
gesetzte Vermögenssteuerwert bzw. Eigenmietwert verletzten ihrerseits den Rahmen
von Rz. 79 bzw. 83 der Weisung 2003. Es besteht deshalb keine Veranlassung zu wei-
teren Untersuchungsmassnahmen in Bezug auf die Wertbestimmung (Gutachten).
e) Die Beschwerde und der Rekurs sind daher in Bezug auf diese Positionen
abzuweisen.
4. Gestützt auf diese Erwägungen sind der Rekurs bzw. die Beschwerde teil-
weise gutzuheissen. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens den Parteien
anteilsmässig aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). Den Pflichti-
gen ist aufgrund ihres weit überwiegenden Obsiegens eine Parteientschädigung zuzu-
sprechen (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das
Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 bzw. § 152 StG i. V. m. § 17 Abs. 2
des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997, VRG). | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
489d99f6-71cf-4558-b5cf-dcbb7de65767 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) deklarierte in seiner Steuererklärung 2007
ein steuerbares Einkommen von Fr. 57'453.- (Staats- und Gemeindesteuern) sowie ein
steuerbares Vermögen von Fr. 0.-. Das kantonale Steueramt forderte den Pflichtigen
mittels Auflage am 4. Februar 2009 auf, unter anderem weitere Angaben betreffend die
Zuwendung an den Verein B zu machen (hinsichtlich der Verfolgung gemeinnütziger
Zwecke und Befreiung von der Steuerpflicht), und wies ihn im Weitern darauf hin, dass
Rückzahlungen von empfangenen Sozialhilfegeldern nicht abzugsfähig seien.
Nach Erhalt der entsprechenden Unterlagen schätzte das kantonale Steuer-
amt den Pflichtigen mit Entscheid vom 17. Februar 2009 für die Staats- und
Gemeindesteuern 2007 unter Aufrechung eines Abzugs für gemeinnützige Zuwendun-
gen im Betrag von Fr. 24'018.85 (Zuwendung an den Verein B von Fr. 11'018.85 und
freiwillige Rückzahlung von Sozialhilfegeldern von Fr. 13'000.-) mit einem steuerbaren
Einkommen von Fr. 81'500.- (satzbestimmend Fr. 82'300.-) und einem steuerbarem
Vermögen von Fr. 0.- (satzbestimmend Fr. 44'000.-) ein.
B. Gegen die Einschätzung erhob der Pflichtige am 24. Februar 2009 Ein-
sprache mit dem sinngemässen Antrag, die Zuwendung an den Verein B sowie die
Rückzahlung von empfangenen Sozialhilfegeldern seien zum Abzug zuzulassen.
Mit Entscheid vom 30. April 2009 wies das kantonale Steueramt die Einspra-
che ab und hielt an den im Einschätzungsentscheid vom 17. Februar 2009 eröffneten
Steuerfaktoren fest.
C. Mit Rekurs vom 4./5. Mai 2009 beantragte der Pflichtige erneut, den Abzug
für die Zuwendung an der Verein B sowie jenen für die freiwillig zurückbezahlten Sozi-
alhilfegelder anzuerkennen. Auf die Begründung wird, soweit erforderlich, in den nach-
folgenden Erwägungen eingegangen.
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1 ST.2009.121
Das kantonale Steueramt schloss in seiner Rekursantwort vom 19. Mai 2009
auf Abweisung des Rechtsmittels unter Kostenfolge zulasten des Pflichtigen und ver-
wies zur Begründung auf den Einspracheentscheid vom 30. April 2009
Mit Verfügung vom 11. Juni 2009 wurde der Pflichtige aufgefordert, zum Inhalt
eines Telefonats vom 8. Juni 2009 Stellung zu nehmen. Der Pflichtige kam dieser Auf-
forderung mit Schreiben vom 12. Juli 2009 nach. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Nach § 32 lit. b des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) sind freiwillige
Geldleistungen (...) an juristische Personen mit Sitz in der Schweiz abzugsfähig, wel-
che im Hinblick auf öffentliche oder ausschliesslich gemeinnützige Zwecke von der
Steuerpflicht befreit sind (vgl. § 61 lit. f StG), wenn die Zuwendungen in der Steuer-
periode Fr. 100.- erreichen und insgesamt 20% der um die Aufwendungen gemäss
§§ 26 - 31 StG verminderten steuerbaren Einkünfte nicht übersteigen. Der Begriff der
Gemeinnützigkeit ist im Steuerrecht enger gefasst als im allgemeinen Sprachgebrauch
(RB 1982 Nr. 120). Gemeinnützig im steuerrechtlichen Sinn ist die – statutengemässe
und tatsächliche – Betätigung zur Förderung der öffentlichen Wohlfahrt, durch die zu-
gunsten einer unbeschränkten Vielzahl Dritter uneigennützig und auf Dauer Opfer er-
bracht werden (RB 1994 Nr. 33 = ZStP 1994, 273; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 61 N 65). Ver-
mag die empfangende juristische Person diesen Merkmalen nicht zu genügen, sind
auch die freiwilligen Zuwendungen an sie steuerlich nicht abzugsfähig.
2. a) Nachfolgend zu prüfen ist, ob die vom Pflichtigen geltend gemachten
freiwilligen Zuwendungen an den Verein B im Umfang von Fr. 11'018.85 als gemein-
nützig einzustufen und deshalb steuermindernd zum Abzug zuzulassen sind.
b) Beim Verein B handelt es sich um eine Institution, welche "..." bezweckt.
Die Zweckumschreibung ist sehr allgemein gehalten und lässt keine konkrete gemein-
nützige Tätigkeit erkennen. Es ist aus der Umschreibung "..." nicht einmal erkenntlich,
- 4 -
1 ST.2009.121
welches die genaue Zielsetzung des Vereins ist. Dies ergibt sich auch nicht aus den
Vorbringen des Pflichtigen, der seit dem Jahr 2007 als Präsident des Vereins amtet.
Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass die Verbreitung und das Studium von "..."
in einem öffentlichen Interesse lägen, genügte dies jedoch nicht für die Annahme einer
gemeinnützigen Tätigkeit im steuerrechtlichen Sinn, ist hierfür doch auch eine entspre-
chende tatsächliche Betätigung der Institution erforderlich.
c) Gemäss Statuten des Vereins B werden zur Verfolgung des Zwecks Veran-
staltungen, Seminare und Kongresse sowie weitere Aktivitäten organisiert. Die um-
schriebene Tätigkeit, stellt jedoch keine gemeinnützige dar, zumindest erweist sich die
Teilnahme an Veranstaltungen nicht als gemeinnützig, selbst wenn während der Ver-
anstaltungen durchaus dem Gemeinwohl dienende Themen diskutiert werden. Ge-
meinnützigkeit ist vielmehr erst dann anzunehmen, wenn auch die zur Verfügung ste-
henden Mittel (zumindest teilweise) entsprechend eingesetzt werden. Bloss nützliche
oder ideelle – d. h. nicht wirtschaftliche – Tätigkeit reicht nicht aus (Richner/
Frei/Kaufmann/Meuter, § 61 N 69). Nach dem Zweckartikel der Statuten erbringt B
weder Leistungen an Dritte noch kann sonst von irgendeiner das Gemeinwohl direkt
fördernden Tätigkeit ausgegangen werden.
d) Auch aus den Einwendungen des Pflichtigen lässt sich nichts anderes ab-
leiten. Zwar hat er im Einschätzungsverfahren mit Schreiben vom 12. Februar 2009 die
Statuten des Vereins B eingereicht, doch nicht weiter dargelegt, inwiefern es sich beim
Verein um eine gemeinnützige Organisation handelt. Entgegen seiner Ansicht ergibt
sich dies nicht ohne weiteres aus den Statuten oder der umschriebenen Tätigkeit. Auch
mit dem weiteren Vorbringen in der Einsprache vom 24. Februar 2009 stösst der Pflich-
tige ins Leere. Der Verweis auf eine Veranstaltung mit dem C hilft nicht weiter, ebenso
wenig der Umstand, dass der Verein regelmässig Spenden von der D erhält, ist damit
doch keineswegs der Nachweis erbracht, dass es sich bei B um eine gemeinnützige
Organisation handelt, dass diese von der Steuer befreit ist oder dass die Zuwendung
an den Verein gemeinnützigen Zwecken dient. Soweit der Pflichtige mit Rekurs vom
4. Mai 2009 sodann geltend macht, er habe im Jahr 2007 unentgeltlich 100-200 Ar-
beitsstunden für den Verein erbracht, ist auch dies irrelevant, weil ohnehin nur Geld-
leistungen abzugsfähig sind.
- 5 -
1 ST.2009.121
e) Schliesslich wurde vom Pflichtigen auch nicht dargetan, dass es sich beim
Verein B um eine juristische Person handelt, die von der Steuerpflicht befreit ist. Der
Entscheid über die subjektive Steuerbefreiung ist für den Entscheid der Einschät-
zungsbehörden über die Abzugsfähigkeit von freiwilligen Leistungen bindend, da so-
wohl für die Steuerbefreiung als auch für die Einschätzung das kantonale Steueramt
zuständig ist (vgl. § 170 Abs. 1 bzw. § 139 Abs. 1 StG sowie Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, § 32 N 36). Der Steuerpflichtige trägt dabei die Beweislast dafür, dass
die Institution die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung erfüllt (VGr FR,
20. Dezember 1996 = StE 1997 B 27.4 Nr. 15 sowie E. 1.d nachstehend). Sinngemäss
brachte der Pflichtige im Schreiben vom 12. Februar 2009 vor, der Verein verfolge ei-
nen nichtwirtschaftlichen Zweck und sei schon daher von der Steuerpflicht befreit. Dem
kann nicht ohne weiteres gefolgt werden. Die allgemeinen Regeln der Gewinnermitt-
lung gelten auch für Vereine. Einzig die Beiträge der Vereinsmitglieder werden nicht als
Gewinn besteuert (§ 69 Abs. 1 StG). Soweit sich ein Verein ausschliesslich über die
Beiträge seiner Mitglieder finanziert, unterliegen diese keiner Steuer. Davon zu unter-
scheiden ist die Befreiung von der Steuerpflicht gemäss § 61 lit. g StG. Danach sind
juristischen Personen, die öffentliche oder gemeinnützige Zwecke verfolgen, für den
Gewinn und das Kapital, die ausschliesslich und unwiderruflich diesen Zwecken ge-
widmet sind, von der Steuerpflicht befreit. Der Pflichtige hat weder behauptet noch be-
legt, dass der Verein B von der Steuerpflicht befreit wurde. Vielmehr forderte er den
Steuerkommissär mit Schreiben vom 12. Februar 2009 nur auf, ihn diesbezüglich zu
"belehren". Bis jetzt hat der Pflichtige es unterlassen, selbst Abklärungen zu treffen und
entsprechende Nachweise einer Steuerbefreiung beizubringen. Es ist nicht Sache der
Steuerrekurskommission, diesen Fragen nachzugehen, hatte der Pflichtigen doch vom
negativen Einschätzungsentscheid schon lange Kenntnis, sodass er Anlass genug
gehabt hätte, die erwähnten Fragen im Hinblick auf die Rekurserhebung (und nicht
zuletzt auch aus Sicht des von ihm präsidierten Vereins) zu klären.
f) Damit ist die Abzugsfähigkeit der Zuwendung an den Verein B im vorliegen-
den Fall mangels (nachgewiesener) Steuerbefreiung des Vereins, gemeinnütziger
Zwecksetzung und ebensolcher Verwendung der Zuwendungen zu versagen. Die Vor-
instanz hat den entsprechenden Abzug deshalb zu Recht verweigert.
- 6 -
1 ST.2009.121
3. a) Weiter verlangt der Pflichtige für die freiwillige Rückzahlung von erhalte-
nen Sozialhilfegeldern einen Abzug von Fr. 13'000.-.
Das kantonale Steueramt hat diesen Abzug verweigert, weil der Pflichtige an
einer unverteilten Erbschaft beteiligt und dadurch in finanziell günstigere Verhältnisse
gelangt sei. Die Sozialen Dienste der Stadt Zürich hätten gemäss § 27 des Sozialhilfe-
gesetz (SHG) einen Anspruch auf Rückerstattung der wirtschaftlichen Hilfe gehabt,
womit es an der Freiwilligkeit der Leistung fehle.
b) Wie hiervor unter E. 1. bereits dargelegt sind freiwillige Geldleistungen an
den Bund und seine Anstalten, an Kantone und ihre Anstalten, an Gemeinden und ihre
Anstalten abzugsfähig, welche im Hinblick auf öffentliche oder ausschliesslich gemein-
nützige Zwecke von der Steuerpflicht befreit sind (vgl. § 61 lit. f StG). Zuwendungen
sind dann freiwillige Geldleistungen, wenn sie weder in Erfüllung einer Schuldverpflich-
tung noch zum Erwerb eines Anspruchs auf eine Gegenleistung erbracht werden
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 32 N 41). Bei der Rückzahlung der empfangenen
wirtschaftlichen Hilfe handelt es sich zwar zweifelsohne um eine Geldleistung. Diese
wurde jedoch nicht freiwillig im vorstehenden Sinn erbracht. Die Rückzahlung ist nicht
ohne (frühere) Gegenleistung erfolgt und hat beim Empfänger (Soziale Dienste der
Stadt Zürich) keinen Mehrwert erzeugt. Vielmehr hat der Pflichtige den entsprechenden
Betrag in den Vorjahren als wirtschaftliche Unterstützung erhalten und spricht er denn
bezeichnenderweise auch selbst von einer Rückzahlung. Damit legt er hinreichend dar,
dass es sich bei der streitigen Zahlung nicht um eine voraussetzungslose Leistung à
fonds perdu handelte, sondern um eine Gegenleistung für früher empfangene wirt-
schaftliche Hilfe. Der Pflichtige hat überhaupt nur deshalb, weil er diese Hilfe zuvor
erhalten hat, eine Einzahlung an die Sozialen Dienste getätigt, und zwar nur im Um-
fang der vormals bezogenen Hilfe. Der Rückzahlung von Sozialhilfegeldern fehlt es
damit am Erfordernis der Freiwilligkeit, weshalb ein Abzug von vornherein ausser
Betracht fällt.
c) Schliesslich bleibt darauf hinzuweisen, dass die Sozialen Dienste einen An-
spruch auf Rückerstattung der wirtschaftlichen Hilfe hätten, soweit der Hilfeempfänger
aus Erbschaft, Lotteriegewinn oder anderen nicht auf eigene Arbeitsleistung zurückzu-
führenden Gründen in finanziell günstige Verhältnisse gelangt (§ 27 Abs. 1 lit. b SHG).
Die Rückzahlung ist nach Angaben des Pflichtigen und der Sozialen Dienste der Stadt
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1 ST.2009.121
Zürich ohne vorgängige Aufforderung oder Ankündigung erfolgt. Von einer Beteiligung
des Pflichtigen an einer unverteilten Erbschaft habe man bei den Sozialen Diensten
bislang keine Kenntnis gehabt. Soweit sie jedoch von einer solchen Erbschaft erfahren
und der Pflichtige sich nach deren Verteilung in günstigen Verhältnissen befunden hät-
te, hätten die Sozialen Dienste die erbrachten Leistungen von sich aus zurückgefor-
dert. Diesfalls wäre die Rückzahlung als Erfüllung einer Schuldverpflichtung zu qualifi-
zieren gewesen und wäre erneut nicht freiwillig erfolgt. Die Frage, ob die Rückzahlung
in Zukunft tatsächlich gefordert worden wäre, kann hier nicht beantwortet werden, darf
letztlich aber auch offenbleiben, da es der Rückzahlung, wie hiervor dargelegt (vgl.
Erw. 2. b), bereits aufgrund der vorangegangenen wirtschaftlichen Hilfe der Sozialen
Dienste an der Freiwilligkeit fehlt.
4. a) Diese Erwägungen führen zur Abweisung des Rekurses.
b) Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Rekurskosten dem Pflichtigen
aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG und Art. 144 Abs. 1 DBG). | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
49983671-7a7f-42a7-85b3-9fb9197d3a86 | hat sich ergeben:
A. Die A AG mit Sitz in Gemeinde B (nachfolgend die Pflichtige) bezweckt die
Erbringung von Dienstleistungen im Bereich Vermögensverwaltung, Finanzberatung,
Risikomanagement und Derivate, und die Entwicklung von Finanzprodukten aller Art.
Sie wurde am 1. September 2009 im Handelsregister eingetragen. Die Aktien sind im
Eigentum der C Ltd. (C AG), Gemeinde B, deren Inhaber zugleich Geschäftsführer der
Pflichtigen ist. Mit der Steuererklärung 1.9.2009 - 31.12.2010 (überjähriges erstes Ge-
schäftsjahr) stellte die Pflichtige den Antrag auf Besteuerung als gemischte Gesell-
schaft gemäss § 74 Abs. 2 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG).
Das kantonale Steueramt nahm am 25./26. September 2013 eine Buchprü-
fung der beiden ersten Geschäftsjahre vor. Im Revisionsbericht vom 27. Mai 2014 stell-
te der steueramtliche Revisor der Pflichtigen diverse Aufrechnungen in Aussicht und
verweigerte ihr den Status einer gemischten Gesellschaft.
In der Folge einigten sich die Parteien auf die Steuerfaktoren, hingegen be-
stand die Pflichtige auf dem Status als gemischte Gesellschaft. Am 10. Juni 2014
schätzte das kantonale Steueramt sie für die Steuerperiode 1.1.2010 - 31.12.2010 mit
einem steuerbaren Reingewinn von Fr. 265'700.- und einem steuerbaren Kapital von
Fr. 134'000.- und für die Steuerperiode 1.1. - 31.12.2011 mit einem steuerbaren Rein-
gewinn von Fr. 910'500.- sowie einem steuerbaren Kapital von Fr. 636'000.- ein. Es
erwog, dass die Gesellschaft Dienstleistungen ins Ausland exportiere, welche am Sitz
in Gemeinde B erarbeitet würden; eine solche Konstellation berechtige nicht zum privi-
legierten Status als gemischte Gesellschaft.
B. Hiergegen erhob die Pflichtige am 23. Juni 2014 Einsprache mit dem An-
trag, ihr den Status als gemischte Gesellschaft zu gewähren. Sie erfülle aufgrund ihrer
extrem auslandsorientierten Tätigkeit sämtliche Kriterien. Am 4. Juli 2014 korrigierte
das kantonale Steueramt die Bezeichnung der ersten Steuerperiode auf 1.9.2009 -
31.12.2010 und gab der Pflichtigen Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu. Am
24. September 2014 wies es die Einsprache ab.
- 3 -
1 ST.2014.265
C. Am 23. Oktober 2014 erhob die Pflichtige Rekurs, unter Wiederholung des
Einspracheantrags; eventualiter sei der resultierende zusätzliche Steueraufwand zu
berücksichtigen. Das kantonale Steueramt schloss am 12. November 2014 auf Abwei-
sung des Rechtsmittels. Mit Replik vom 17. November 2014 hielt die Pflichtige und mit
Duplik vom 11. Dezember 2014 die Vorinstanz an den bisherigen Anträgen fest. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Laut verbindlicher bundesrechtlicher Vorgabe im Bundesgesetz über die
Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezem-
ber 1990 (StHG) haben die Kantone Kapitalgesellschaften, Genossenschaften und
Stiftungen, welche in der Schweiz keine Geschäftstätigkeit, sondern bloss eine Verwal-
tungstätigkeit ausüben, gewinnsteuerlich zu entlasten (Art. 28 Abs. 3). Qualifizierte
Beteiligungserträge sowie entsprechende Kapital- und Aufwertungsgewinne bleiben
steuerfrei (lit. a); übrige Einkünfte aus der Schweiz unterliegen der ordentlichen Be-
steuerung (lit. b) und übrige Einkünfte aus dem Ausland werden nach der Bedeutung
der Verwaltungstätigkeit in der Schweiz besteuert (lit. c). Ähnlich sind gemäss Geset-
zesnovelle vom 10. Oktober 1997 (gültig ab 1. Januar 1998; Unternehmenssteuerre-
form 1997) Kapitalgesellschaften und Genossenschaften zu behandeln, deren Ge-
schäftstätigkeit überwiegend auslandsbezogen ist und die in der Schweiz nur eine
untergeordnete Geschäftstätigkeit entfalten (Abs. 4).
Gestützt darauf hat der kantonale Gesetzgeber die spezielle Besteuerungsre-
gel von § 74 StG erlassen:
1
Kapitalgesellschaften, Genossenschaften und Stiftungen, die in der Schweiz
eine Verwaltungstätigkeit, aber keine Geschäftstätigkeit ausüben, entrichten
die Gewinnsteuer wie folgt:
a. Erträge aus Beteiligungen gemäss § 72 sowie Kapital- und Aufwertungs-
gewinne auf solchen Beteiligungen sind steuerfrei;
b. die übrigen Einkünfte aus der Schweiz werden ordentlich besteuert;
- 4 -
1 ST.2014.265
c. die übrigen Einkünfte aus dem Ausland werden nach der Bedeutung der
Verwaltungstätigkeit in der Schweiz ordentlich besteuert;
d. der geschäftsmässig begründete Aufwand, der mit bestimmten Einkünften
in wirtschaftlichem Zusammenhang steht, wird von diesen vorweg abgezo-
gen. Verluste auf Beteiligungen im Sinn von lit. a können nur mit Erträgen
gemäss lit. a verrechnet werden.
2
Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, deren Geschäftstätigkeit über-
wiegend auslandsbezogen ist und die in der Schweiz nur eine untergeordnete
Geschäftstätigkeit ausüben, entrichten die Gewinnsteuer gemäss Abs. 1. Die
übrigen Einkünfte aus dem Ausland gemäss Abs. 1 lit. c werden nach Mass-
gabe des Umfangs der Geschäftstätigkeit in der Schweiz besteuert.
Beim Begriffspaar Geschäftstätigkeit – Verwaltungstätigkeit sowie der Frage,
wann eine Tätigkeit überwiegend auslandsbezogen ist, handelt es sich um unbestimm-
te Rechtsbegriffe, bei deren Auslegung den Kantonen ein grosser Gestaltungsspiel-
raum verbleibt (Duss/von Ah/Rutishauser, in: Kommentar zum schweizerischen Steuer-
recht, Band I/1, 2. A., 2002, Art. 28 N 128 StHG). Allgemein versteht man unter
Geschäftstätigkeit eine industrielle, gewerbliche oder kommerzielle Tätigkeit, die als
aktive Teilnahme am Wirtschaftsverkehr durch Angebot, Einkauf und Produktion von
Gütern und Dienstleistungen erscheint (Duss/von Ah/Rutishauser, Art. 28 N 137 StHG,
mit Verweis auf die Botschaft Steuerharmonisierung). Entscheidende Bedeutung
kommt der Lokalisierung der Geschäftstätigkeit zu. Dabei stellt sich die Frage, ob aus
der Formulierung "in der Schweiz" ein Ursprungsraum- oder ein Wirkungsraumprinzip
abzuleiten ist (Duss/von Ah/Rutishauser, Art. 28 N 140 StHG). Auch hier wird den Kan-
tonen ein Spielraum zugestanden.
b) aa) Zu diesen Fragen hat die Finanzdirektion die Weisung über die Besteu-
erung von Beteiligungs-, Holding-, Domizil- und gemischten Gesellschaften erlassen (in
der Fassung vom 17. Oktober 2000, ZStB Nr. 26/051; ab 2011 in der Fassung vom
12. November 2010, ZStB Nr. 26/052, nachfolgend Weisung).
Als Verwaltungstätigkeit gilt gemäss Ziff. 42 der Weisung zunächst die Verwal-
tung des eigenen Vermögens, d.h. des Vermögens, welches die Gesellschaft bereits
besitzt und welches sie ohne aktive kommerzielle Tätigkeit dazu erwirbt. Hilfstätigkei-
ten wie die Verwertung immaterieller Rechte, Vermittlung von Know-How sowie Faktu-
- 5 -
1 ST.2014.265
rierung und Inkasso, gelten ebenfalls als Verwaltungstätigkeit, sofern sie keinen eigent-
lichen Bürobetrieb und keinen grösseren Personaleinsatz in der Schweiz erfordern.
Dagegen erscheinen Akquisitionen, Marktuntersuchungen, Handels- und Agententätig-
keiten sowie die Ausübung von Beratungs- und Werbefunktionen in der Schweiz als
Geschäftstätigkeit.
Auf eine Geschäftstätigkeit im Ausland bzw. auf eine Verwaltungstätigkeit in
der Schweiz ist jedoch auch dann zu schliessen, wenn im Rahmen von Anweisungen
aus dem Ausland und ohne wesentlichen Bezug zum schweizerischen Markt so ge-
nannte Ausland-Ausland-Geschäfte (Handelstätigkeit mit Einkauf und Verkauf im Aus-
land) getätigt werden (Ziff. 43 der Weisung).
Als Anweisungen im Sinn des vorstehenden Absatzes gelten allgemeine
Handlungsanweisungen oder konkrete Weisungen der geschäftsleitenden Organe oder
übergeordneter Leitungsorgane bei Konzerngesellschaften (Ziff. 44 der Weisung).
Gemäss Ziff. 64 der Weisung ist im Gegensatz zu den Domizilgesellschaften,
welche in der Schweiz keine Geschäftstätigkeit ausüben, für gemischte Gesellschaften
eine untergeordnete Geschäftstätigkeit in der Schweiz zulässig. Die Geschäftstätigkeit
muss aber überwiegend auslandsbezogen sein. Dies ist grundsätzlich dann der Fall,
wenn mindestens 80 Prozent des Bruttoertrags aus ausländischen Quellen stammen
und 80 Prozent des Aufwands für die eigene oder durch Dritte erfolgte Leistungserstel-
lung im Ausland anfällt. Dabei wird auf den Sitz oder Wohnsitz des Rechnungsstellers
abgestellt. Die ertrags- und aufwandseitigen Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt
sein.
bb) Diese Festlegungen in der Weisung sind soweit ersichtlich in Überein-
stimmung mit den bundesrechtlichen Vorgaben, weshalb auf sie abzustellen ist. Dabei
ist davon auszugehen, dass Ziff. 64 der Weisung an Ziff. 42 der Weisung anknüpft,
mithin die dort enthaltenen Definitionen der Geschäfts- und Verwaltungstätigkeit eben-
falls gelten. Damit reicht es für die Qualifikation als gemischte Gesellschaft nicht aus,
wenn die quantitativen Voraussetzungen nach Ziff. 64 der Weisung erfüllt sind, son-
dern muss es sich bei der auslandsbezogenen Geschäftstätigkeit auch qualitativ um
eine solche nach Ziff. 42 und 43 der Weisung handeln.
- 6 -
1 ST.2014.265
Mit Bezug auf die letztgenannten Bestimmungen ist zu unterstreichen, dass
nach zürcherischer Praxis nur bei reinen Ausland-Ausland-Geschäften keine Ge-
schäftstätigkeit in der Schweiz vorliegt. Dies wird durch Ziff. 64 der Weisung gemildert,
vorausgesetzt, dass nicht nur mehr als 80% des Ertrags, sondern auch des Aufwands
im Ausland anfällt. Wenn aber nach der Zürcher Praxis bereits allein in der Schweiz
angefallener Aufwand über einer gewissen Höhe ausreicht, um den Status als ge-
mischte Gesellschaft hinfällig werden zu lassen, ist zu schliessen, dass für die Lokali-
sierung einer Aktivität auf den Ort abgestellt wird, wo der Aufwand generiert wird, somit
auf den Arbeitsort. Mithin gelangt das Ursprungsortsprinzip zur Anwendung und nicht
das in der Literatur bevorzugte Wirkungsraumprinzip (Duss/von Ah/Rutishauser, Art. 28
N 140 StHG). Betreffen die Vergütungen aus dem Ausland demnach im Wesentlichen
in der Schweiz erbrachte Dienstleistungen, liegt eine Dienstleistungsgesellschaft vor,
für welche das ordentliche Besteuerungssystem greift. Werden hingegen Dienstleis-
tungen abgegolten, welche Wertschöpfungen im Ausland enthalten, spielt die Privile-
gierung für Verwaltungsgesellschaften (StRK II, 11. Februar 2005, 2 ST.2004.518, bes-
tätigt mit VGr, 16. November 2005, SB.2005.00029; StRK I, 30. August 2002,
1 ST.2001.89). Auch im letzteren Fall ist indessen – wie aus Ziff. 43 der Weisung klar
hervorgeht – zusätzlich vorausgesetzt, dass die Tätigkeit im Rahmen von Anweisun-
gen aus dem Ausland erfolgt.
2. a) aa) Gemäss den nicht bestrittenen Feststellungen des kantonalen Steu-
eramts entwickelte die Pflichtige massgeschneiderte strukturierte Produkte für Anlage-
fonds institutioneller Kunden und für vermögende Privatkunden. Der Marktzugang er-
folgte über einen unabhängigen Dritten. Die Vermittlungsprovisionen für die Kunden-
akquisitionen gingen an zwei ausländische Gesellschaften. Die Emission erfolgte über
ausländische Banken, die Zeichnung/Abwicklung für Direktkunden über die Pflichtige
und für indirekte Kunden über Vertriebspartner. Die Pflichtige beschäftigte ihren Ge-
schäftsführer sowie einen angestellten Finanzmathematiker, welche beide im Kanton
Zürich wohnhaft waren. Während die Problemstellung durch den Geschäftsführer mit
dem Kunden vor Ort im Ausland analysiert wurde, erfolgte die Problemlösung sowie
die Spezifikation der Derivate in den Räumen der Pflichtigen in Gemeinde B durch die
beiden Angestellten. In den beiden ersten Geschäftsperioden benutzte sie vier Zimmer
in der Privatliegenschaft des Geschäftsführers, ab 2012 mietete sie in der Nachbarlie-
genschaft Büroräumlichkeiten.
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1 ST.2014.265
bb) Die Pflichtige hat zur Begründung des Status als gemischte Gesellschaft
für die Steuerperiode 1.1. - 31.12.2011 eine Spartenrechnung vorgelegt. Darin wies sie
den gesamten Ertrag von Fr. 5'992'042.- dem Ausland zu. Beim Aufwand schied sie
dem Ausland einen Dienstleistungsaufwand von Fr. 4'013'364.- zu; den übrigen Auf-
wand teilte sie auf in einen Inlandanteil von Fr. 97'018.- und einen ausländischen Anteil
von Fr. 685'784.-. Weiter macht sie geltend, dass sie die Voraussetzungen für eine
Besteuerung als gemischte Gesellschaft in geradezu idealtypischer Weise erfülle:
Praktisch der gesamte Bruttoertrag stamme aus dem Ausland, und mehr als 80% der
Leistungserstellung entfalle auf ausländische Parteien. Die von ihr konstruierten Fi-
nanzprodukte würden von nicht-schweizerischen Interessenten gezeichnet. Zwischen
den ausländischen Kunden und Zahlungsempfängern würden keine direkten wirtschaft-
lichen Beziehungen bestehen, welche es rechtfertigen würden, eine Verrechnung vor-
zunehmen. Die gesamte Tätigkeit aller involvierten Parteien (Emittenten, Investoren,
Endkunden, ausländische Depotbanken, ausländische Anwälte und Spezialisten) sei
extrem international orientiert. Diese internationale Ausrichtung komme auch in der
Spartenrechnung und der sehr intensiven Reisetätigkeit des Geschäftsführers zum
Ausdruck. Zudem hätten auch die dem Inland zuzuordnenden Aufwendungen durch
die intensive Reisetätigkeit des Geschäftsführers ebenfalls eine starke Auslandorientie-
rung. Die in der Schweiz erfolgte Verarbeitung der Aufträge habe den Charakter einer
Hilfstätigkeit, die im Jahr 2010 noch von einer Gruppengesellschaft eingekauft worden
sei; 2011 sei der betreffende Mitarbeiter direkt von der Pflichtigen angestellt worden zu
einem Salär von Fr. 150'000.-.
b) Als erstes ist festzustellen, dass die Aktivitäten der Pflichtigen für sich –
ungeachtet der Frage der Lokalisierung – eine Geschäftstätigkeit und nicht eine Ver-
waltungstätigkeit darstellen. Im Kern handelt es sich um die Entwicklung und den Ver-
trieb von spezialisierten Finanzprodukten an Kunden. Damit ist auch ein Marktauftritt
verbunden, indem Kunden mit hohem Provisionseinsatz akquiriert werden. Die Finanz-
produkte selbst werden durch Analyse von Kundenbedürfnissen und unter Einsatz von
spezialisiertem finanzmathematischem Fachwissen entwickelt, sodass die Aktivitäten
auch eine Beratungskomponente enthalten. All dies geht weit über den Rahmen von
Hilfstätigkeiten wie die Verwertung immaterieller Rechte, Vermittlung von Know-How
sowie Fakturierung und Inkasso hinaus.
Selbst wenn man unterstellt, dass diese Aktivitäten ohne jeden Bezug zum
schweizerischen Markt entfaltet wurden, stellen sie nach der zürcherischen Praxis ge-
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1 ST.2014.265
mäss Ziff. 43 der Weisung von vornherein nur dann Geschäftstätigkeiten im Ausland
dar, wenn sie im Rahmen von Anweisungen aus dem Ausland erfolgten. Als solche
gelten nach Ziff. 44 der Weisung allgemeine oder konkrete Weisungen der geschäfts-
leitenden Organe. Der Geschäftsführer der Pflichtigen hielt sich nun zwar nach ihren
Ausführungen aufgrund seiner intensiven Reisetätigkeit 2009/2010 95 Arbeitstage und
2011 180 Arbeitstage im Ausland auf. Dies reicht indessen – weil in keiner Art und
Weise überwiegend – nicht aus, um als Leitung aus dem Ausland zu qualifizieren, zu-
mal der Geschäftsführer selbst seinen Wohnsitz in Gemeinde B hatte und die Pflichtige
zumindest im ersten Geschäftsjahr dort und später in der Nachbarliegenschaft über
Büroräume verfügte. Nicht zum Tragen kommt auch der zweite in Ziff. 44 der Weisung
erwähnte Fall der sich im Ausland befindenden übergeordneten Leitungsorgane bei
Konzerngesellschaften. Die Pflichtige gehört einer Holding, welche ebenfalls Sitz in
Gemeinde B hat und dem Geschäftsführer gehört.
Fehlt es damit bereits am Tätigwerden aufgrund von Anweisungen aus dem
Ausland, stellen die Aktivitäten der Pflichtigen von vornherein keine Verwaltungstätig-
keiten in der Schweiz dar und sind die Voraussetzungen für die Gewährung des Status
als gemischte Gesellschaft nicht erfüllt.
3. Für den damit eingetretenen Fall beantragt die Pflichtige, es sei für die zu-
sätzlichen Steuern aufwandmindernd eine Steuerrückstellung zuzulassen.
Zum geschäftsmässig begründeten Aufwand juristischer Personen gehören
gemäss § 65 Abs. 1 lit. a StG auch Steuern. Abzugsberechtigt sind die bezahlten
und/oder geschuldeten Steuern von Bund und Kanton sowie des Auslands (Steuerbus-
sen ausgenommen). Nach dem Imparitätsprinzip dürfen Gewinne erst im Zeitpunkt der
Realisation erfasst werden, während Vermögensabgänge ohne Gegenleistung bereits
im Zeitpunkt, in dem sie erkennbar sind, bzw. spätestens bei der folgenden Bilanzer-
stellung berücksichtigt werden müssen. Für im Zeitpunkt der Bilanzerstellung noch
nicht veranlagte, aber gleichwohl geschuldete Steuern sind daher Rückstellungen zu
bilden.
Nach einem neuen Entscheid des Bundesgerichts (19. Dezember 2014,
2C_1218/2013 bzw. 2C_1219/2013 E. 5.5) haben bei Aufrechnungen die Steuerbehör-
den die Steuerrückstellung von Amtes wegen zu erhöhen. Damit ist die abweichende
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1 ST.2014.265
frühere Praxis im Kanton Zürich überholt (RB 1999 Nr. 141 = ZStP 2000, 31; Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 65
N 6 StG). Gestützt auf diese neue höchstrichterliche Vorschrift ist die beantragte Steu-
errückstellung zu gewähren.
Gemäss dem Berechnungstool auf der Webseite des kantonalen Steueramts
(www.steueramt.zh.ch) ergibt sich für die Steuerperiode 1.9.2009 - 31.12.2010 eine
Steuerrückstellung von Fr. 50'496.- und für die Steuerperiode 1.1.2011 - 31.12.2011
von Fr. 173'232.-. Dies ergibt folgende Korrekturen:
Steuerperiode 1.9.2009 - 31.12.2010 1.1.2011 - 31.12.2011
Reingewinn Eigenkapital Reingewinn Eigenkapital
Fr. Fr. Fr. Fr.
gemäss Einschätzung 265'735.- 134'735.- 910'509.- 636'572.-
Steuerrückstellung 50'496.- 50'496.- 173'232.- 173'232.-
neu 215'239.- 84'239.- 737'277.- 463'340.-
gerundet 215'200.- 84'000.- 737'200.- 463'000.-.
4. Gestützt auf diese Erwägungen ist der Rekurs teilweise gutzuheissen. Bei
diesem Ausgang sind die Kosten den Parteien anteilsmässig aufzuerlegen (§ 151
Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
49e13ddc-fbff-4603-9f86-a5194527055c | hat sich ergeben:
A. Die A AG (nachfolgend die Pflichtige) ist eine Tochtergesellschaft der im
Ausland domizilierten B AG und bezweckt die Entwicklung von Software sowie deren
Nutzungsüberlassung an Dritte auf dem Schweizer Markt, verbunden mit der Organisa-
tions- und Einsatzberatung; bezweckt wird zudem der Vertrieb, die Verpachtung, die
Vermietung und sonstige Nutzungsmöglichkeiten von EDV-Anlagen. Der Sitz der Ge-
sellschaft befindet sind im Kanton Bern); im Kanton Zürich, Waadt und Thurgau beste-
hen Betriebsstätten sowie in Grossbritannien ein Liegenschaftenbezug. Die Betriebs-
stätte im Kanton Thurgau fungierte unter der Firma C AG bis zum 1. Juli 2011 als
eigenständige Schwestergesellschaft der Pflichtigen; per letzterem Datum war die C
AG von der Pflichtigen im Rahmen einer von der ausländischen Konzernmutter vorge-
gebenen Fusion absorbiert worden. Aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung der hiesi-
gen Betriebsstätte im Kanton Zürich steht dem Kanton Zürich im Rahmen der interkan-
tonalen Steuerausscheidung jeweils der Hauptteil des sogenannten Vorausanteils zu,
nämlich 15% von 20%; die Kompetenz zur Veranlagung der direkten Bundessteuer
liegt gleichwohl beim Sitzkanton Bern.
Am 17./18. Dezember 2012 führte das Revisoriat des kantonalen Steueramts
am Ort der Zweigniederlassung im Kanton Zürich eine Buchprüfung betreffend das
Geschäftsjahr 2011 durch. Näher untersucht wurden dabei einerseits die augenfällig
tiefe Verzinsung von Darlehen, welche die Pflichtige im Rahmen eines "Cashpooling-
Systems" via Muttergesellschaft den Konzerngesellschaften zur Verfügung gestellt
hatte. Anderseits richtete der steueramtliche Revisor sein Augenmerk insbesondere
auf die interkantonale Gewinnsteuerausscheidung; dies im Zusammenhang mit der
vorerwähnten Fusion. In letzterem Zusammenhang stellte er fest, von der C AG er-
schaffene Immaterialgüterrechte seien per 31. Dezember 2011 (und damit nach dem
Fusionsstichtag 30. Juni 2011) für rund Fr. 25 Mio. an eine weitere Konzerngesell-
schaft verkauft worden. Ohne Absprache mit dem Kanton Zürich habe die Pflichtige
kurz zuvor per Ruling mit dem Kanton Thurgau vereinbart, den Veräusserungserlös
noch der per 30. Juni 2011 endenden Steuerperiode der C AG zur Besteuerung zuzu-
weisen, obwohl Letztere den Ertrag nicht in ihren Büchern ausgewiesen habe; zudem
sei vereinbart worden, dass der an sich steuerbare Verkaufsgewinn von netto Fr.
20'566'265.- zulasten des Steuersubstrats der Pflichtigen entsteuert werden könne,
- 3 -
1 ST.2014.153
obwohl die Thurgauer Steuerverwaltung letztlich nur Fr. 12'370'612.- als Gewinn be-
steuert habe.
In der Folge ortete der steueramtliche Revisor erheblichen Korrekturbedarf
gegenüber der Selbstdeklaration der Pflichtigen, was zu mehreren Gesprächs- und
Verhandlungsrunden zwischen Vertretern der Pflichtigen und dem kantonalen Steuer-
amt führte. Die beidseitigen Bemühungen der Parteien um eine Einigung blieben indes
insbesondere aufgrund gegensätzlicher Auffassungen betreffend die Besteuerung des
Gewinns aus dem Immaterialgüterverkauf erfolglos, so dass der Steuerkommissär am
10. Januar 2014 den Einschätzungsentscheid für die Steuerperiode 1.1. - 31.12.2011
erliess. Den Vorgaben des steueramtlichen Revisors in dessen Revisionsbericht fol-
gend rechnete er dabei eine verdeckte Gewinnausschüttung in der Höhe von
Fr. 3'240'753.- infolge zu niedriger Darlehensverzinsung auf. Zur Begründung führte er
an, dass die Guthaben, welche der Konzernmutter zur Verfügung gestellt würden, ent-
gegen dem Dafürhalten der Pflichtigen nicht kurzfristigen, sondern langfristigen Cha-
rakter hätten, denn diese bestünden schon mehrere Jahre und würden auch noch
mehrere Jahre weiter bestehen. Infolgedessen seien für deren Verzinsung die von der
Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) publizierten Zinssätze von 2.25% (Fran-
kendarlehen) bzw. 3% (EURdarlehen) massgebend, was ausgehend vom verbuchten
Zins von lediglich Fr. 100'247.- zur besagten Aufrechnung führe. Als weitere Korrektur
erfasste der Steuerkommissär den Gewinn von Fr. 20'566'265.- aus dem Verkauf von
Immaterialgüterrechten bei der Pflichtigen (anstatt bei der C AG gemäss Thurgauer
Ruling) bzw. verweigerte er die in diesem Betrag deklarierte Entsteuerung von im Kan-
ton Thurgau versteuerten stillen Reserven. Schliesslich rechnete er auch noch eine
geschäftsmässig nicht begründete Rückstellung "embedded derivative" im Betrag von
Fr. 1'778'707.- auf; gleiche Rückstellungen hatte das Steueramt im Einvernehmen mit
der Pflichtigen schon in den Vorjahren aufgerechnet. Unter Berücksichtigung der quo-
tenmässigen indirekten Steuerausscheidungsmethode (nach Umsätzen) resultierte
dergestalt im Kanton Zürich ein steuerbarer Gewinn von Fr. 80'303'200.- (Beteiligungs-
abzug 0.711%) und ein steuerbares Kapital von Fr. 5'105'000.-.
B. Mit Einsprache 3. Februar 2014 wandte sich die Pflichtige gegen die Auf-
rechnungen im Zusammenhang mit der Verzinsung ihrer Guthaben bei der Konzern-
mutter und dem Gewinn aus dem Verkauf von Immaterialgütern. Rechnerisch umge-
setzt führte dies zum Antrag, den im Kanton Zürich steuerbaren Gewinn auf
Fr. 62'192'600.- (Beteiligungsabzug 0.897%) festzusetzen; die gewinnseitige Aufrech-
- 4 -
1 ST.2014.153
nung der Rückstellung (embedded derivative) sowie das hierorts steuerbare Kapital
blieben unbestritten.
Im Rahmen einer detaillierten Begründung liess die Pflichtige zunächst ihre
schon im Einschätzungsverfahren geäusserte Auffassung wiederholen, wonach ihre
dem Konzern-Cashpool zur Verfügung gestellten Guthaben als kurzfristige Anlage qua-
lifizierten, weshalb die auf die langfristige Verzinsung ausgerichteten ESTV-Richtsätze
nicht massgebend seien bzw. ihre deklarierten Zinseinnahmen dem gebotenen Dritt-
vergleich durchaus stand hielten. Weiter liess sie vertreten, den Kapitalgewinn aus
dem Verkauf von Immaterialgüterrechten von netto Fr. 22'566'265.- dem Kanton Thur-
gau zur Besteuerung zuzuweisen, dies nach folgender Methode: Im Rahmen der inter-
kantonalen Steuerausscheidung sei dieser ausserordentliche Gewinn auf Basis der
separaten Buchhaltung der (neuen) Betriebsstätte im Kanton Thurgau nach der direk-
ten Methode dem Kanton Thurgau zuzuweisen; das restliche Buchungsergebnis sei
alsdann wie bis anhin nach Umsatz auf die verschiedenen Kantone aufzuteilen.
Im Anschluss an eine Auflage der Einsprachebehörde vom 19. März 2014
liess die Pflichtige mit Eingabe vom 16. April 2014 verschiedene Fragen beantworten
und weitere Unterlagen einreichen. Mit Entscheid vom 23. Mai 2014 wies das kantona-
le Steueramt daraufhin die Einsprache ab.
C. Hiergegen liess die Pflichtige am 24. Juni 2014 Rekurs erheben und den
Antrag der Einsprache mit vertiefter Begründung erneuern.
Das kantonale Steueramt schloss mit ausführlich begründeter Vernehmlas-
sung vom 24. Juli 2014 auf Rekursabweisung.
Dazu liess sich die Pflichtige (ausserhalb eines angeordneten 2. Schriften-
wechsels) mit Replik vom 15. August 2014 erneut vernehmen. Das kantonale Steuer-
amt verzichtete in der Folge auf die Eingabe einer Duplik.
Auf die Parteivorbringen wird, soweit rechtserheblich, in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen.
- 5 -
1 ST.2014.153 | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Im Streit liegt zunächst die Frage, ob die Pflichtige ihrer ausländischen
Konzernmutter Guthaben unter zu günstigen bzw. nicht fremdvergleichskonformen
Zinskonditionen zur Verfügung gestellt hat, was sich entsprechend auf den steuerbaren
Gesamtgewinn auswirkte (Aufrechnung einer verdeckten Gewinnausschüttung).
Was alsdann den im Kanton Thurgau bereits versteuerten Kapitalgewinn aus
dem Verkauf von Immaterialgütern anbelangt, ist streitig, ob diesbezüglich im Rahmen
der interkantonalen Steuerausscheidung auch dem Kanton Zürich ein anteiliges Be-
steuerungsrecht zusteht.
2. Guthabenverzinsung:
a) Der steuerbare Reingewinn der juristischen Personen setzt sich gemäss
§ 64 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) zusammen aus dem Saldo der
Erfolgsrechnung unter Berücksichtigung des Saldovortrags des Vorjahres (Ziff. 1) so-
wie allen vor Berechnung des Saldos der Erfolgsrechnung ausgeschiedenen Teilen
des Geschäftsergebnisses, die nicht zur Deckung von geschäftsmässig begründetem
Aufwand verwendet werden (Ziff. 2). Zum steuerbaren Reingewinn gehören namentlich
offene und verdeckte Gewinnausschüttungen an die Anteilsinhaber oder ihnen nahe-
stehende Dritte, die einem Aussenstehenden nicht oder zumindest nicht im gleichen
Masse gewährt würden (Ziff. 2 lit. e).
b) Verdeckte Gewinnausschüttungen sind nach der Rechtsprechung immer
dann anzunehmen, wenn (kumulativ) die Gesellschaft keine oder keine gleichwertige
Gegenleistung erhält, der Aktionär direkt oder indirekt (z.B. über eine ihm nahe ste-
hende Person oder Unternehmung) einen Vorteil erhält, der einem Dritten unter glei-
chen Bedingungen nicht zugebilligt worden wäre, die Leistung also insofern ungewöhn-
lich ist, und der Charakter dieser Leistung für die Gesellschaftsorgane erkennbar war
(BGr, 1. September 2009, 2C_265/2009; BGE 131 II 593; BGr, 22. Juni 2007,
2A.204/2006; 19. November 2003, 2A.204/2006, auch zum Folgenden). Als geldwerte
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1 ST.2014.153
Leistungen gelten insbesondere Ertragsverzichte zugunsten des Aktionärs oder einer
ihm nahe stehenden Person. Diese Form der geldwerten Leistung wird als "Gewinn-
vorwegnahme" bezeichnet und liegt vor, wenn die Gesellschaft auf ihr zustehende Ein-
nahmen ganz oder teilweise verzichtet und die entsprechenden Erträge direkt dem
Aktionär oder diesem nahestehenden Personen zufliessen bzw. wenn diese nicht jene
Gegenleistung erbringen, welche die Gesellschaft von einem unbeteiligten Dritten for-
dern würde (BGr, 13. Oktober 2008, 2C_335/2008).
c) Ob eine Leistung der Gesellschaft an den Inhaber von Beteiligungsrechten
gerade wegen seiner Eigenschaft als Beteiligter erfolgt ist und einem Dritten nicht er-
bracht worden wäre, sodass sie als eine für jenen steuerbare Zuwendung gelten muss,
bestimmt sich anhand eines Drittvergleichs. Dabei sind alle konkreten Umstände des
zwischen der Gesellschaft und dem Anteilseigner abgeschlossenen Geschäfts zu be-
rücksichtigen, und es muss davon ausgehend bestimmt werden, ob das Geschäft in
gleicher Weise mit einem der Gesellschaft nicht Verbundenen auch abgeschlossen
worden wäre (BGr, 10. November 2000 = StE 2001 B 24.4 Nr. 58 sowie ASA 66, 554
und 559). Rechtsgeschäfte zwischen Gesellschafter und Gesellschaft führen in der
Regel nur dann zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, wenn zwischen Leistung
und Gegenleistung ein offenkundiges Missverhältnis zugunsten des Gesellschafters
und zulasten der Gesellschaft besteht. Bloss ungeschickte Dispositionen, denen das
Merkmal der bewussten Vorteilszuwendung fehlt, können zwar für die Unternehmung
nachteilig sein, ja eine Entreicherung derselben darstellen. Sie sind indessen steuerlich
nicht zu erfassen, denn die Gesellschaft darf nur für wirklich erzielte Gewinne und nicht
für geschäftliche Ungeschicktheiten ihrer Leitung besteuert werden (Reimann/Zup-
pinger/Schärrer, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, Band 3, 1969, § 45 N 75). Die
Gegenleistung muss der Leistung der Gesellschaft in einem solchen Ausmass nicht
entsprechen, dass die Gesellschaft von unbeteiligten Dritten in jedem Fall eine höhere
Gegenleistung verlangen würde und dies nach den Marktverhältnissen auch tun könnte
(Brülisauer/Poltera, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A.,
2008, Art. 58 N 99 DBG mit Hinweis auf BGr, 26. November 1981 = ASA 51, 538 =
StR 1983, 285).
d) Eine geldwerte Leistung im vorstehenden Sinn liegt nach dem Gesagten
also auch vor, wenn die Pflichtige einer nahestehenden Gesellschaft ein Darlehen ge-
währt hat, ohne dabei eine im Drittvergleich übliche und damit marktgerechte Verzin-
sung zu verlangen.
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1 ST.2014.153
e) Zur Vereinfachung des Drittvergleichs hat die ESTV in verschiedenen Be-
reichen Richtlinien aufgestellt, so auch in Bezug auf Zinsen für Darlehen an Beteiligte
und von Beteiligten. Diesbezüglich publiziert sie alljährlich anfangs Jahr ein Rund-
schreiben betreffend steuerlich anerkannter Zinssätze für Darlehen in Schweizer Fran-
ken und Mitte Jahr auch ein solches für Darlehen in Fremdwährungen.
aa) Beide Rundschreiben unterscheiden zwischen Darlehen an Beteiligte so-
wie Darlehen von Beteiligten. Während das Rundschreiben betreffend Zinssätze für
Darlehen in Schweizer Franken zwischen Mindest- und Höchstzinssätzen unterschei-
det, verwendet das Rundschreiben bei den Zinssätzen im Zusammenhang mit Darle-
hen in Fremdwährungen lediglich die Formulierung, dass die publizierten Zinssätze
unter dem Aspekt einer "angemessenen Verzinsung" anzusehen seien. Weitere mate-
rielle Unterschiede zwischen den beiden Rundschreiben bestehen darin, dass nur im
Rundschreiben für Darlehen in Fremdwährungen explizit darauf hingewiesen wird,
dass es sich bei den Zinssätzen um eine "Save Haven"-Lösung handle und der ent-
sprechende Nachweis des Drittvergleichs durch den Steuerpflichtigen vorbehalten
bleibe.
bb) Diese jährlichen Rundschreiben der ESTV haben keinen Gesetzescharak-
ter, sondern gelten als Verwaltungsverordnungen bzw. administrative Weisung an die
kantonalen Steuerverwaltungen für die Veranlagung der direkten Bundessteuer. In der
Einschätzungspraxis betreffend die Staats- und Gemeindesteuern stellen die Steuer-
behörden ebenfalls darauf ab (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar
zum DBG, 2. A., 2009, Art. 58 N 124 DBG und Kommentar zum Zürcher Steuergesetz,
3. A., 2013, § 64 N 217 StG).
Für die im vorliegenden Fall betroffenen Darlehen schreiben die ESTV-
Rundschreiben 2011 einen Mindestzins von 2.25% (CHF) bzw. 3% (EUR) vor, soweit
die darlehensgebende Gesellschaft die Darlehen aus Eigenkapital finanziert. Bei aus
Fremdkapital finanzierten Darlehen gelten diese Zinssätze als Mindestansatz; im Übri-
gen errechnen sich die Mindestzinssätze aus den Selbstkosten und einem Zuschlag
von 0.50% (Darlehen bis Fr. 10 Mio.) bzw. 0.25% (Darlehen über Fr. 10 Mio.).
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1 ST.2014.153
cc) Wird die von der ESTV vorgegebene Verzinsung von Darlehen an Beteilig-
te unterschritten, qualifiziert gemäss Rundschreiben die Differenz zwischen dem effek-
tiven Zinsertrag und dem höheren Minimalzinsertrag als geldwerte Leistung.
Wie bereits erwähnt, lässt dabei lediglich das Rundschreiben zu den Darlehen
in Fremdwährungen die Möglichkeit des Nachweises eines anders lautenden Drittver-
gleichs explizit zu; gelingt der Nachweis, sind abweichende Zinssätze möglich. Das
Rundschreiben zu den Darlehen in Schweizer Franken äussert sich demgegenüber zur
Möglichkeit des Drittvergleichs bzw. der Abweichung von den publizierten Zinssätzen
nicht. Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden ging jedoch in einem Ent-
scheid vom 28. August 2002 (GRU A 02 38, publiziert in ZGRG 22, 2003, H.1, 32-34)
generell davon aus, dass beide Rundschreiben nicht schematisch angewendet werden
dürfen, sondern dass eine einzelfallbezogene Anwendung der Richtlinie zu erfolgen
hat, d.h. dass im konkreten Fall ein individueller Drittvergleich vorgenommen werden
soll, sofern sich eine zu überprüfende Leistung nicht innerhalb der Richtlinien bewege.
Dabei unterschied das Gericht nicht zwischen Darlehen in Fremdwährungen und sol-
chen in Schweizer Franken. Ähnlich argumentierte das Bundesgericht in einem Ent-
scheid vom 20. Juni 2005 (2A.355/2004), in welchem es generell auf den Drittvergleich
im Rahmen von Konzernverhältnissen pochte und dabei die Anwendung der publizier-
ten Zinssätze zwar keiner Würdigung unterzog, indes auch darauf hinwies, dass einer
gewissen Bandbreite bei der Festlegung der Verzinsung (allein schon aufgrund des
Spreads zwischen Aktiv- und Passivzinssätzen) Rechnung zu tragen sei. Auch in der
Lehre wird unter Verweis auf die vorerwähnten Urteile die Ansicht vertreten, dass eine
einzelfallbezogene Anwendung der ESTV-Richtlinien zu erfolgen hat; wenn sich also
eine zu überprüfende Leistung nicht innerhalb der ESTV-Richtlinien bewegt, muss im
konkreten Fall ein individueller Drittvergleich vorgenommen werden (vgl. zum Ganzen;
Vock/Nef, Die Problematik der Bestimmungen von Zinssätzen im Konzernverhältnis –
national und international; StR 2008, 269; Brülisauer/Poltera, Art. 58 N 104).
Insgesamt ist mithin davon auszugehen, dass der Nachweis eines marktmäs-
sigen Verhaltens auch im Fall von Darlehen an Beteiligte in Schweizer Franken zuläs-
sig ist. Demzufolge handelt es sich bei den diesbezüglich von der ESTV vorgegeben
Mindest- bzw. Höchstzinssätzen ebenfalls um "Save Haven"-Zinssätze (so schon:
StRK I, 21. Dezember 2012, 1 DB.2012.238 + 1 ST.2012.263/264, bestätigt mit VGr,
25. Juni 2014, SB.2013.00008; beide auch zum Folgenden)
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1 ST.2014.153
dd) Damit stellt sich die Frage, wie der Nachweis des Steuerpflichtigen einer
gegenüber den ESTV-Zinssätzen abweichenden Festlegung der Zinssätze auszuse-
hen hat.
Mit Blick auf das Fehlen von entsprechenden Hinweisen in den Gesetzesnor-
men und den Verwaltungsanweisungen der ESTV werden in der Praxis die von der
OECD aufgestellten allgemeinen Grundsätze des Drittvergleichs entsprechend ange-
wendet (Brülisauer/Poltera, Art. 58 N 98). Geht es dabei um Zinsen, kann der Drittver-
gleich beispielsweise mittels einer unabhängigen und konkreten Bankofferte erbracht
werden (Vock/Nef, 270 f. mit Hinweisen, auch zum Folgenden). Beim Nachweis der
Marktkonformität der angewandten Zinssätze kann sodann die Höhe der Zinssätze
nicht losgelöst bzw. ohne Einbezug der Darlehensgewährung als solche betrachtet
werden. Regelmässig stellt sich im Zeitpunkt der Darlehensgewährung zwischen betei-
ligten Gesellschaften eine ganze Reihe von Fragen – etwa ob die Darlehensgewäh-
rung durch den statutarischen Zweck abgedeckt ist, ob die Gesellschaft ein zu grosses
Klumpenrisiko eingeht oder ob die Darlehenshingabe im Zusammenhang mit der Ver-
wendung des Darlehens in einem weiteren Sinn im Interesse der Gesellschaft liegt, die
Bonität des Schuldners wie auch die Rückzahlung (Liquidität, Laufzeit des Darlehens)
gewährleistet ist, und weitere mehr. Die Beantwortung dieser Fragen und einherge-
hend der Darlehensentscheid der Gesellschaft an sich stellt aus Sicht der gewähren-
den Gesellschaft immer auch einen unternehmerischen Entscheid dar, der von den
Steuerbehörden mit Zurückhaltung zu überprüfen ist (VGr, 10. Mai 2006,
SB.2006.00008; Brülisauer/Poltera, Art 58 N 51).
Greift man im Drittvergleich auf die Prozesse der Kreditgewährung bei Banken
zurück, erfolgt eine erste Triage über die Laufzeit (kurzfristige Kredite zur Finanzierung
des Umlaufvermögens/langfristige Investitionskredite zur Finanzierung des Anlagever-
mögens), was sich sodann ebenfalls in der Zinshöhe der Angebote niederschlägt (BGr,
20. Juni 2005, 2A.355/2004). Die Höhe des Zinssatzes hängt sodann vom zugrunde
liegenden Marktzins zur Refinanzierung risikoarmer Kredite ab, so etwa von den
LIBOR-Sätzen (LIBOR = London Interbank Offered Rate = Marktzinssatz, zu dem sich
erstklassige Banken in London gegenseitig kurzfristige Gelder ausleihen) für Laufzeiten
unter 12 Monaten oder von Swap-Sätzen (Interbanken-Zinssatz) für Laufzeiten von
mehr als 1 Jahr (Vock/Nef, 272, auch zum Folgenden). Das Bundesgericht stellte im
vorgenannten Entscheid vom 20. Juni 2005 bei der Festlegung des Zinssatzes für
langfristige Darlehen in USD auf die Zinssätze von US-Obligationen ab. Für die Be-
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1 ST.2014.153
stimmung des von ihm angewendeten Zinssatzes für die Berechnung der geldwerten
Leistung im zu beurteilenden Fall stützte es sich auf die im Wall Street Journal publi-
zierten Zinssätze zu Beginn des Jahres. Aus letzterem Entscheid leiten Vock/Nef ab,
dass einerseits an den Nachweis des Drittvergleichs keine allzu grossen Anforderun-
gen gestellt werden dürften und andrerseits bei der Zinssatzbestimmung durchaus auf
die allgemein publizierten Finanzinformationen von renommierten Fachzeitungen/-
zeitschriften abgestellt werden dürfe; mitunter reichten solche Referenzierungen für
den Drittvergleich demnach bereits aus.
Banken kalkulieren bei der Kreditvergabe an Unternehmen auf den Marktzins-
satz (LIBOR/Swap) einen Zuschlag für Risiko-, Eigenkapital- und Betriebskosten sowie
die Gewinnmarge. Dieser Zuschlag wird in Basispunkten (1 Basispunkt = 0,01%) oder
landläufig in Prozenten angegeben. Er hängt primär vom Risiko des Schuldners (Boni-
tätsrating), der Kredithöhe und von den gebotenen Sicherheiten ab. Als Basis nehmen
die Banken dazu finanzielle und nichtfinanzielle Faktoren des Unternehmens und stu-
fen die Risiken danach mittels Rating ab (Vock/Nef, 272).
f) Die Pflichtige gehört als Schweizer Niederlassung zum einen weltweit täti-
gen Konzern. Das ausländische Mutterhaus stellt den Gruppenmitgliedern einen soge-
nannten Cashpool für das Finanzmanagement zur Verfügung. Der "Zero Balancing
Cashpool" wird dabei in EUR geführt; für Fremdwährungen wie CHF (aus Sicht des
ausländischen Mutterhauses) wird sodann ein "manueller Cashpool" geführt. Die
Pflichtige ist gemäss den vorgelegten Agreements beiden Cashpools beigetreten (vgl.
Treasury Inter Company Dealing Agreement sowie Treasury Management Agreement).
aa) Der steueramtliche Revisor stellte fest, die Pflichtige habe per 2011 in den
beiden Cashpools durchschnittliche Guthabenbestände von Fr. 16'206'220.- (Euro-
Cashpool) bzw. Fr. 126'902'374.- (Franken-Cashpool) aufgewiesen, wobei deren inter-
ne Revisionsstelle insoweit von kurzfristigen Forderungen ausgehe. Gemäss Praxis
der ESTV könne indes nur dann von kurzfristigen Forderungen ausgegangen werden,
wenn der Forderungsbestand innerhalb eines Jahres mindestens einmal auf null ge-
setzt werde; bleibe dieser konstant oder wachse er stetig an, sei auf ein langfristiges
Darlehen zu schliessen. Vorliegend habe die Buchprüfung ergeben, dass die Cash-
pool-Forderungen der Pflichtigen nie auf null gesetzt worden seien; entgegen der Bi-
lanzierung sei deshalb von einer langfristigen Forderung auszugehen und seien als
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1 ST.2014.153
Konsequenz die Zinssätze gemäss Rundschreiben der ESTV anzuwenden. Dies führe
zu folgender Aufrechnung:
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1 ST.2014.153
Fr. Fr.
Durchschnittliche Forderung in EUR 16'206'229.-
Zins 3% gem. ESTV-Richtsatz 486'187.-
Durchschnittliche Forderung in CHF 126'902'374.-
Zins 2.25% gemäss ESTV-Richtsatz 2'855'303.-
Zins verbucht -100'247.-
Aufrechnung 3'240'753.-.
bb) In quantitativer Hinsicht bestreitet die Pflichtige diese Berechnung nicht,
jedoch hält sie im Sinn der nachfolgenden Begründung dafür, dass die von ihr verbuch-
ten Zinsen dem Drittvergleich durchaus standhielten und die Aufrechnung deshalb
nicht gerechtfertigt sei.
aaa) Nach ihren Sachverhaltsangaben handelt es sich beim Cashpool um das
"Treasury Center" des Konzerns, welches als "in house bank" agiere und als solche
konzerninterne Finanzierungdienstleistungen erbringe; primäres Ziel sei es, innerhalb
des Konzerns die Liquidität sowie die operative und strategische finanzielle Flexibilität
sicherzustellen. Aufgrund dieser Zielsetzung verfolge das Treasury Center eine kurz-
fristige (in der Regel höchstens auf 3 Monate ausgerichtete) Anlagestrategie, sei doch
die Zahlungsfähigkeit jederzeit zu gewährleisten. Gemäss Agreement könne das Gut-
haben der Pflichtigen im manuellen Cashpool innerhalb von zwei Arbeitstagen zurück-
gezogen werden. Beim Zero Balancing Cashpool sei sogar jederzeit ein Rückzug mög-
lich, wobei eine tägliche Bezugsgrenze von EUR 20 Mio. bestehe; die Letztere könnte
dabei auch erhöht werden. In letzterem Pool verfüge die Pflichtige sodann neben der
Möglichkeit des Rückzugs eines allfälligen Guthabens über eine Kreditlimite von
EUR 1 Mio.; im manuellen Pool verfüge sie aufgrund des aktuellen Guthabens über
keine Kreditlimite, doch könnte sie jederzeit eine solche beantragen. Die Agreements
seien auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, könnten aber grundsätzlich innerhalb von
30 Tagen gekündigt werden. Ein Mittelbezug im Umfang des Guthabens zuzüglich ei-
ner allfälligen Kreditlimite führe nicht zu einer Kündigung des Agreements; für solche
Bezüge müssten demzufolge auch keine Kündigungsfristen beachtet werden.
Das Treasury Center werde von den Gruppengesellschaften für die erbrach-
ten Finanzdienstleistungen marktgerecht entschädigt. Der Marktwert der Dienstleistun-
gen werde dabei nach der CPU-Methode (Comparable Uncontrolled Price Method)
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1 ST.2014.153
bestimmt. So werde beim EUR-Cashpooling vom EONIA (Monatsdurchschnitt) und
beim CHF-Cashpooling vom 1-Monats-LIBOR oder (bei Geldanlagen der Tochterge-
sellschaften > 12 Monate) 12-Monats-LIBOR ausgegangen. Die Marge des Treasury
Centers betrage 0.15% und werde bei Guthabenzinsen in dieser Höhe aber nur ver-
rechnet, wenn die erwähnten Zinssätze darüber lägen. Die diesbezüglichen Verrech-
nungspreise würden als Basis für alle gruppeninternen Verrechnungen gelten.
Der EONIA (= EUR Overnight Index Average) habe sich per 2011 in einer
Bandbreite von 0.618% - 1.116% bewegt. Die CHF-LIBOR-Zinssätze seien per 2011
zwischen 0.097% (overnight) und 0.517 (12 month) gelegen. Schweizer Banken wür-
den die Verzinsung von Deposit-Guthaben in der Regel nicht an einen Leitindex wie
den EONIA oder den LIBOR knüpfen; gleichwohl hätten die diesbezüglichen Zinssätze
aber in einem ähnlichen Rahmen gelegen. So seien etwa die Zinssätze für Kundengut-
haben bei der UBS AG im Verlauf des Jahres 2011 von anfänglich 0.4% zunächst auf
0% gesenkt worden und danach sogar in den negativen Bereich gefallen. Auch die
Credit Suisse (CS) habe die Kundenguthaben in den meisten Fällen per 2011 mit 0%
verzinst. Zu bemerken sei in diesem Zusammenhang, dass – gemessen am Kreditaus-
fallrisiko gemäss Bewertung der Ratingagentur Bloomberg – die Geldanlage beim
Cashpool des Konzerns weitaus sicherer sei, als dies bei einer Schweizer Grossbank
der Fall wäre.
Mit Blick auf die steuerbehördlich vertretene Langfristigkeit der Anlagen im
Cashpool sei sodann festzuhalten, dass die Zinssätze für zwei bzw. fünfjährige Bun-
desobligationen im Jahr 2011 mit rund 0.35% bzw. 0.64% nur geringfügig höher gewe-
sen seien. Gleiches gelte in Bezug auf die Zinssätze für langfristige Bankguthaben;
diesbezüglich seien per 2011 für fünfjährige Anlagen Zinsen von 0.1 bis 1.4% bezahlt
worden.
Schliesslich sei darauf hinzuweisen, dass der Zinsmechanismus des konzern-
internen Cashpools in anderen Ländern (z.B. in Belgien und den Niederlanden) auch
schon steuerbehördlich untersucht worden sei; in keinem Land sei es danach zu Kor-
rekturen oder Aufrechnungen gekommen.
bbb) In rechtlicher Hinsicht stellt die Pflichtige mit Blick auf die Frage, ob die
von ihr verbuchten Guthabenzinsen dem gebotenen Drittvergleich standhalten, das
grundsätzliche Abstellen auf die Zins-Richtsätze der ESTV nicht in Abrede. Dabei weist
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1 ST.2014.153
sie (nach dem Gesagten zu Recht) darauf hin, dass diese Richtsätze aber nur im Sinn
von "Save Haven Rates" zu verstehen seien; sollten sich im Einzelfall höhere Schuld-
oder tiefere Guthabenzinsen als die von der ESTV publizierten als Drittpreis heraus-
stellen, seien vom Rundschreiben abweichende Zinsen steuerlich massgebend. Letzte-
res sei in Bezug auf kurzfristige Guthaben gegenüber dem Aktionär aufgrund der im
Jahr 2011 kritischen Zinssituation der Fall; bei fehlender Verzinsung solcher Guthaben
könne von vornherein keine geldwerte Leistung vorliegen.
Um solche kurzfristigen Anlagen gehe es aus den folgenden Gründen auch
bei den streitigen Cashpool-Guthaben: Nach der Schweizer Rechnungslegungspraxis
werde die Abgrenzung der Fristigkeit bei einem Jahr angesetzt. Kurzfristige Vermö-
genswerte seien entsprechend im Umlaufvermögen und langfristige im Anlagevermö-
gen zu bilanzieren. Zu Unrecht negiere das Steueramt, dass die streitbetroffenen
Cashpool-Guthaben handelsrechtskonform im Umlaufvermögen ausgewiesen würden
und deshalb kurzfristiger Natur seien. Entscheidend für die Zuordnung zum Umlauf-
vermögen sei, dass die Guthaben rasch bezogen werden könnten, was bei beiden
Cashpools gemäss den Bestimmungen in den Agreements der Fall sei. Ein allfälliger
Mittelbezug der Pflichtigen – etwa zur Finanzierung von Akquisitionen oder Investitio-
nen – läge im Übrigen auch im Konzerninteresse. Nötigenfalls könnte die Pflichtige bei
Liquiditätsbedarf die Guthaben deshalb innert zwei Tagen abrufen.
Das Vorliegen einer kurzfristigen Anlage, die zwingend im Umlaufvermögen
auszuweisen sei, werde dadurch bestärkt, dass nach der goldenen Bilanzregel in der
Bilanz zwischen der Aktiv- und Passivseite die Fristenkongruenz zu wahren sei; kurz-
fristige Verbindlichkeiten einer Unternehmung sollten demnach ausschliesslich mit
kurzfristig verfügbaren Anlagen beglichen werden können. Dieser Regel entsprechend
weise die Pflichtige per Ende 2011 ein (effektives) Fremdkapital von rund Fr. 443 Mio.
aus, was in etwa dem bilanzierten Umlaufvermögen von knapp Fr. 434 Mio. entspre-
che. Das Steueramt gehe in diesem Zusammenhang zu Unrecht davon aus, dass es
sich bei den im Fremdkapital ausgewiesenen Steuerrückstellungen von rund
Fr. 36 Mio. sowie den Rückstellungen für Währungsrisiken ("embedded derivatives")
von rund Fr. 111 Mio. um langfristige Rückstellungen handle. Beide Rückstellungen
seien zur Zeit der Bilanzerstellung als kurzfristig zu betrachten gewesen. Daraus folge,
dass aufgrund des bei der Finanzplanung zu berücksichtigenden Grundsatzes der
fristengerechten Finanzierung ausschliesslich eine kurzfristige Anlage in Frage ge-
kommen wäre, auch wenn die liquiden Mittel nicht konzernintern mittels Cashpooling,
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1 ST.2014.153
sondern bei einer Drittpartei angelegt worden wären. Damit stehe fest, dass die Han-
delsbilanz zivilrechtskonform sei, was von der Revisionsstelle denn auch bestätigt wor-
den sei. Das Steueramt könnte von dieser folglich nur abweichen, wenn eine steuerli-
che Korrekturvorschrift existierte, was hier jedoch nicht der Fall sei. Folglich seien die
Cashpool-Guthaben auch aus steuerlicher Sicht als kurzfristig zu behandeln.
Kurzfristige Anlagen wären per 2011 von Drittparteien kaum verzinst worden;
bei der UBS AG und der CS hätten sich die kurzfristigen Zinssätze um 0% bewegt. Ein
Aufschlag gegenüber diesen Bankzinsen sei nicht begründbar, verfüge doch das Trea-
sury Center über eine wesentlich bessere Bonität als die beiden Grossbanken. Soweit
das Steueramt den Vergleich mit dem Bankkonto hinterfrage, weil die Bank die Liquidi-
tät nach Weisung des Kontoinhabers anzulegen habe, treffe Letzteres allenfalls bei
Anlageprodukten zu, nicht aber bei gewöhnlichen Kontobeziehungen, wo kein Wei-
sungsrecht des Kontoinhabers bestehe. Auch mit Bezug auf Kündigungsfristen bzw.
den Rückruf der Gelder sei die Pflichtige keinem höheren Risiko ausgesetzt, als bei
einer gewöhnlichen Anlage bei einer Bank. Gegen die kurzfristige Anlage der (momen-
tan) überschüssigen Liquidität spreche sodann auch nicht, dass die Pflichtige in der
Vergangenheit regelmässig Jahresgewinne von rund Fr. 100 Mio. erzielt und deshalb
ihren Finanzbedarf problemlos aus dem Geschäftsgang habe decken können. Es liege
in der Natur der Sache, dass die künftige Gewinnentwicklung nicht verlässlich voraus-
gesagt werden könne. Von daher sei nicht zu beanstanden, wenn die Geschäftsleitung
der Pflichtigen vorhandene Liquidität nicht ohne weiteres langfristig binden wolle, um
bei künftigen Investitionen oder einem unerfreulichen Geschäftsgang nicht auf Fremd-
mittel angewiesen zu sein.
Das Treasury Center verfolge schliesslich absichtlich eine zurückhaltende und
kurzfristige Anlagestrategie, um die nötige Liquidität jederzeit sicherstellen zu können.
Die Gefahr, dass die Mittel des Cashpools mit langfristigen Anlagen gebunden würden,
was bei Bezügen der Tochtergesellschaften zu Liquiditätsengpässen beim Treasury
Center führen könnte, bestehe folglich nicht.
Zu Unrecht gehe schliesslich das Steueramt davon aus, dass es sich beim
Cashpool um eine Beziehung handle, aus welcher sie, die Pflichtige, keinen Nutzen
ziehe, weil sie gegenüber dem Cashpool keine Verbindlichkeiten eingehen dürfe. Zwar
habe sie tatsächlich im manuellen Cashpool über keine Kreditlimite verfügt, doch sei
dies aufgrund der zu diesem Zeitpunkt überschüssigen Liquidität auch nicht nötig ge-
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1 ST.2014.153
wesen. Im Übrigen sei es ihr unbenommen, beim Treasury Center eine Kreditlimite zu
beantragen, wobei ein solcher Antrag gemäss Agreement nur abgelehnt werden könn-
te, wenn der Kredit gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen verstossen würde.
Zudem verfüge sie im Zero Balancing Cashpool bereits über ein Kreditlimite von
EUR 1 Mio. und könnte sie sich bei Bedarf – auch kurzfristig – über diesen Pool finan-
zieren. Beim Cashpool handle es sich mithin nicht um eine einseitige Geldanlage, son-
dern um ein Mittel, die Liquidität sowie die operative und strategische finanzielle Flexi-
bilität der Konzerngesellschaften sicherzustellen, was wiederum auch im Interesse der
einzelnen Gesellschaften sei.
Aus all diesen Gründen sei ersichtlich, dass für die Verzinsung der Cashpool
Guthaben die von Grossbanken gewährten Zinsen auf Einlagen durchaus einen ver-
gleichbaren Drittpreis darstellten. Weil sich dieser Zins bei 0% bewegt habe, bestehe
folglich weder ein Anlass noch eine rechtliche Grundlage zur Aufrechnung eines fikti-
ven Zinseinkommens.
Die Zinsaufrechnung wäre im Übrigen selbst dann unzulässig, wenn nach
Auffassung des Steueramts nicht von einem kurzfristigen Guthaben ausgegangen
würde, weil das Guthaben über längere Zeit bzw. seit 2009 nicht bezogen worden sei.
Den Steuerbehörden stehe es nicht zu, vom Steuersubjekt eine möglichst gewinnbrin-
gende Anlage der Vermögenswerte zu fordern. Vielmehr liege es in der Kompetenz der
lokalen Geschäftsleitung zu entscheiden, wie die Mittel eingesetzt und allfällige Liquidi-
tät angelegt werden solle. Entscheide sich diese – aus welchen Gründen auch immer –
für eine kurzfristige Anlage mit tiefer Rendite, sei dieser Entscheid auch für die Steuer-
behörden massgebend. Der Fiskus dürfe keine Zielrendite vorschreiben; das Besteu-
ern einer Minimalrendite unabhängig vom Geschäftsgang widerspräche dem Prinzip
der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Schliesslich erschienen
die vom Steueramt angewandten Zinsen für langfristige Anlage aber auch als überris-
sen, hätten doch die Zinssätze von zwei- bzw. fünfjährigen Bundesobligationen per
2011 lediglich bei rund 0.35% bzw. 0.65% gelegen. Die angefochtene Zinsaufrechnung
wäre damit auch aufzuheben, wenn entgegen der Auffassung der Pflichtigen bei den
Cashpool-Guthaben von einer langfristen Anlage ausgegangen würde.
g) Der Begriff "Cashpooling" (auch Liquiditätsbündelung genannt) bezeichnet
allgemein einen konzerninternen Liquiditätsausgleich durch ein zentrales, meist von
der Konzernobergesellschaft übernommenes Finanzmanagement, das den Konzernun-
http://de.wikipedia.org/wiki/Konzern http://de.wikipedia.org/wiki/Liquidit%C3%A4t
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1 ST.2014.153
ternehmen überschüssige Liquidität entzieht bzw. Liquiditätsunterdeckungen durch
Kredite ausgleicht. Es handelt sich damit um ein Element des Cash Managements.
Wegen des Fremdvergleichsgrundsatzes ("Arm's-length"-Prinzip) werden für die kon-
zerninternen Geldanlagen bzw. Kreditaufnahmen geldmarktangenäherte Zinsen (aller-
dings ohne die Gewinnmargen der Banken) berechnet. Technisch wird hierzu bei der
Obergesellschaft ein zentraler "Master Account" geführt, der sowohl die Geldanlagen
als auch die Kreditaufnahmen der Tochtergesellschaften verwaltet. Erst wenn der kon-
zerninterne Liquiditätsausgleich zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit nicht ausreicht,
erfolgt ein Zugriff auf externe Geld- und Kapitalmärkte etwa bei Banken (vgl.
http://de.wikipedia.org/wiki/Cashpooling).
Das besondere "Cashpooling im Konzern" wurde von Lukas Handschin unter
handelsrechtlichen bzw. rechnungslegungsbezogenen Gesichtspunkten näher ausge-
leuchtet (Lukas Handschin: Einige Überlegungen zum Cashpooling im Konzern, in:
Bohnet/Wessner [Hrsg.]: Droit des société, Mélanges en l'honneur de Roland Ruedin,
2006, S. 273 ff.). Zum besseren Verständnis des konzernbezogenen Cashpoolings im
vorliegenden steuerrechtlichen Zusammenhang ist dieser Aufsatz nachfolgend leicht
gekürzt wiederzugeben:
aa) Ein Cashpool bewirkt, dass rechnerisch oder effektiv die Liquiditätsgutha-
ben der Kornzerngesellschaften regelmässig, in der Regel täglich, saldiert und zentral
verwaltet werden. Betrieben wird er in zwei Formen:
Beim "Notional Cashpool" verbleiben die Guthaben der einzelnen Gesellschaf-
ten auf den eigenen Bankkonten und die Soll- und Habenbestände werden lediglich
rechnerisch zusammengeführt. Die teilnehmenden Gesellschaften bleiben direkt ge-
genüber der Bank berechtigt. Sie geben ihre Liquidität nicht weg, sondern behalten sie.
Im Falle des Konkurses einzelner Konzerngesellschaften verbleibt die Liquidität bei der
überlebenden Konzerngesellschaft oder ihrer Konkursmasse. Beim sogenannten "Zero
Balancing" werden die Mittel auf ein zentrales Konto überführt, das auf den Namen
derjenigen Gesellschaft lautet, welche im Cashpool die Rolle des Pool Leaders über-
nimmt. Das kann die Konzernmutter sein oder auch eine speziell zu diesem Zweck
gegründete Finanzgesellschaft. In der praktischen Handhabung wird der Notional
Cashpool mittels Sicherungen und Verpfändungen dem Zero Balancing in seiner Wir-
kung oft angeglichen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Kredit http://de.wikipedia.org/wiki/Cash_Management http://de.wikipedia.org/wiki/Fremdvergleichsgrundsatz http://de.wikipedia.org/wiki/Kapitalmarkt
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1 ST.2014.153
bb) Der Zweck des Cashpools liegt darin, im Konzern generierte Liquiditäts-
überschüsse einzelner Konzernglieder zugunsten der Liquiditätsbedürfnisse anderer
Konzernmitglieder zu nutzen und damit die Finanzierungskosten des Konzerns insge-
samt zu senken. Statt dass sich einzelne Konzerngesellschaften ihre Liquidität durch
Banken beschaffen, wenden sie sich an den Cashpool respektive an diejenigen Kon-
zernmitglieder, die Liquiditätsüberschüsse in den Cashpool einzahlen.
Für die teilnehmenden Konzernmitglieder wirkt sich der Cashpool je nachdem
positiv und negativ aus; er kann ihnen Liquidität verschaffen oder entziehen. Solange
der Konzern fortgeführt und die dem Cashpool überlassene Liquidität schliesslich zu-
rückgeführt wird, wirkt sich der Cashpool durch die Senkung der Finanzierungskosten
meistens positiv aus. Ein ganz anderes Bild ergibt sich demgegenüber, wenn einzelne
oder alle Konzernmitglieder zwangsvollstreckt werden. In diesem Falle sind die im
Cashpool gebundenen Liquiditätsreserven der einzelnen Gesellschaften in der Regel
verloren.
cc) Es stellt sich (handelsrechtlich) die Frage, ob die laufende Übertragung
der Liquidität auf den Cashpool respektive auf die Konzerngesellschaft, auf deren Na-
men der Cashpool geführt wird, als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren ist.
Dabei frägt sich insbesondere auch, inwieweit die diesbezüglichen Grundsätze im
Konzernverhältnis unter zu 100% beherrschten Konzerngesellschaften gelten; dies
insbesondere, wenn die unausgewogene Leistung an den Aktionär durch den Gesell-
schaftszweck gefordert oder zugelassen ist, also wenn die Gesellschaft ihre Ge-
winnstrebigkeit zu Gunsten einer anderen Konzerngesellschaft aufgegeben hat.
dd) Die Leistung von Liquidität an einen Cashpool ist formal keine einseitige
Leistung der einen an die andere Gesellschaft, denn mit der Leistung in den Cashpool
entsteht ein Gegenanspruch in gleicher Höhe: An die Stelle des Aktivums "liquide Mit-
tel" tritt das Aktivum "Forderung gegenüber anderer Konzerngesellschaft". Soweit fest-
steht, dass der Aktionär respektive die den Cash Pool führende andere Konzerngesell-
schaft fähig und willens ist, das Darlehen jederzeit zurückzubezahlen, und wenn
aufgrund der Konditionen anzunehmen ist, dass auch Dritte dem Aktionär im Umfang
der übergebenen Beträge ungesicherte Darlehen gewährt hätten, ist der Vorgang
grundsätzlich unbedenklich.
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1 ST.2014.153
Sind die in Frage stehenden Beträge im Vergleich zur wirtschaftlichen Leis-
tungskraft der zur Rückzahlung verpflichteten Konzerngesellschaft verhältnismässig
gering und steht aufgrund der Struktur des Darlehens fest, dass dieses grundsätzlich
zurückbezahlt werden soll und kann, bereitet die Einrichtung eines Cashpools aus der
Sicht des Verbots der verdeckten Gewinnausschüttung keine besonderen Probleme.
Heikel wird dieses Vorgehen unter dem Aspekt des Verbotes verdeckter Gewinnaus-
schüttungen aber dann, wenn aufgrund der Grösse der in Frage stehenden Beträge
und der Bonität der anderen Konzerngesellschaft anzunehmen ist, dass Dritte ungesi-
cherte Darlehen in gleicher Höhe nicht gewährt hätten, wenn also der sogenannte
Drittmannstest misslingt. Hier fehlt es an der Ausgewogenheit von Leistung und Ge-
genleistung, allerdings betragsmässig nicht im Umfang der gewährten Darlehen, son-
dern im Umfang der Kosten, die der Aktionär dadurch erspart hat, dass er sich das
Geld billig aus dem Konzern hat borgen können und nicht risikogerecht teurer auf dem
Kapitalmarkt. Erst wenn feststeht, dass entsprechende Summen bei Dritten gar nicht
mehr erhältlich gewesen wären, kann der Umfang der Unausgewogenheit in ihrer Höhe
dem Umfang der gewährten Darlehen entsprechen.
ee) Massstab für das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung ist die
fehlende Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung. Die Frage stellt sich zwei-
fach: Zum einen ist zu prüfen, ob in Bezug auf den Cashpool selber Leistung und Ge-
genleistung in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Das ist der Fall,
wenn der Regress- oder Ausgleichsanspruch werthaltig ist oder wenn die gegenüber
der Liquidität zwangsläufigen Nachteile dieses Regressanspruchs durch die Vorteile
des Cashpools aufgewogen werden. Zum anderen stellt sich im Konzern die Frage der
Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung nicht nur transaktions- oder cash-
poolbezogen, sondern ganz generell. Bei der Würdigung der Frage, ob Leistung und
Gegenleistung in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen, sind nicht nur
die Vorschriften und die Umsetzung des Cashpools zu prüfen, sondern die Beziehung
der betroffenen Konzerngesellschaft zum Konzern ganz allgemein. Konzernvorteile, die
unmittelbar mit dem Cashpool nichts zu tun haben, können im Rahmen dieser Ge-
samtschau von Leistung und Gegenleistung ebenfalls berücksichtigt werden. Günstige
Mieten oder gesicherte Absatzmöglichkeiten für Produkte können beispielsweise Kon-
zernvorteile darstellen, die bei der Prüfung der Ausgewogenheit von Leistung und Ge-
genleistung im Zusammenhang mit einem Cashpool ebenso relevant sein können, wie
die unmittelbaren Vorteile aus dem Cashpool selber. Dem Klumpenrisiko, das darin
liegt, dass die Gesellschaft beispielsweise nur einen Kunden hat oder eben von einem
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1 ST.2014.153
Cashpool abhängig ist, kann eine "Klumpenchance" gegenüberstehen, welche die
Nachteile ausgleichen kann. Die Berücksichtigung von Konzernvorteilen bei der Beur-
teilung der Pflichtwidrigkeit einer Vertragsbeziehung oder einer Vermögensverschie-
bung unter Konzerngliedern ist nach herrschender Auffassung in Lehre und Recht-
sprechung zulässig.
Art. 678 Abs. 2 OR beschreibt nicht jede Leistung an einen Aktionär, die un-
ausgewogen ist, als verdeckte Gewinnausschüttung, sondern nur diejenigen Leistun-
gen der Gesellschaft, die zur Gegenleistung in einem offensichtlichen Missverhältnis
stehen. Ferner liegt nach dem Wortlaut des Gesetzes eine verdeckte Gewinnausschüt-
tung nur vor, wenn diese auch zur wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft in einem of-
fensichtlichen Missverhältnis steht. Bei der Frage der Offensichtlichkeit des Missver-
hältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung muss damit auch die wirtschaftliche
Lage der Gesellschaft geprüft werden. Ist diese gut, sind die Voraussetzungen an die
Annahme der Unausgewogenheit eher streng, ist die wirtschaftliche Lage des Unter-
nehmens aber schlecht, dürfte die Offensichtlichkeit der Unausgewogenheit von Leis-
tung und Gegenleistung eher anzunehmen sein.
Das Erfordernis der Offensichtlichkeit der Unausgewogenheit von Leistung
und Gegenleistung soll ferner bewirken, dass nicht jede im Nachhinein feststellbare
Unausgewogenheit automatisch als verdeckte Gewinnausschüttung qualifiziert wird,
sondern dass unter Vermeidung einer kleinlichen Betrachtungsweise nur klare Fälle
erfasst werden. Das Zusammenspiel der Faktoren Unausgewogenheit von Leistung
und Gegenleistung, Offensichtlichkeit und wirtschaftliche Lage der Gesellschaft führt im
Ergebnis zu einem grossen Handlungsspielraum der betroffenen Gesellschaften re-
spektive im Streitfall zu einem grossen Ermessen des Richters, der prüfen muss, ob im
Cashpool eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt. Die Frage der Unausgewogenheit
von Leistung und Gegenleistung ist im Zeitpunkt der Einrichtung des Cashpools zu
prüfen und in der Folge fortlaufend zu überwachen.
ff) Durch den Cashpool geraten die beteiligten Gesellschaften in eine Abhän-
gigkeit von der zentralen Liquiditätsversorgung, so dass Zahlungsschwierigkeiten im
Konzern auf sie durchschlagen können. Bei der Überwachung der finanziellen Lage im
Cashpool muss der Verwaltungsrat jeder beteiligten Gesellschaft regelmässig sowohl
die Zahlungsfähigkeit der eigenen Gesellschaft als auch die Zahlungsfähigkeit des
Konzerns überwachen. Der Verwaltungsrat muss einschätzen können, ob die Forde-
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1 ST.2014.153
rung gegenüber dem Cashpool sicher ist. Mit der Pflicht zur fortdauernden Überwa-
chung der Beziehung von Leistung und Gegenleistung eng verbunden ist die Pflicht,
den Cashpool so auszugestalten, dass die einzelnen Konzernmitglieder auch die Mög-
lichkeit haben, bei veränderten Umständen effektiv aus dem Cashpool auszusteigen,
oder dass der Konzern insgesamt den Cashpool beenden kann.
Beim Zero Balancing liegt die Umsetzung und die Beendigung des Cashpools
ausschliesslich in den Händen des Konzerns. Der Konzern kann jederzeit den Cash-
pool beenden und die Cashsaldi vollständig oder teilweise an die beteiligten Konzern-
unternehmen ausschütten. Strukturell (ob auch faktisch ist wegen der Leistungsmacht
der Muttergesellschaft eine andere Frage) ist auch jedes einzelne Konzernmitglied in
der Lage, den Liquiditätsabfluss in den Cashpool einzustellen und die Liquidität selber
zu verwalten. Beim Notional Cashpool mit gegenseitiger Besicherung ist eine solche
Konzernautonome Beendigung oft nicht möglich, sondern nur dann, wenn alle Negativ-
saldi vorerst ausgeglichen werden.
gg) Der Zweck des Cashpools ist die Versorgung der Konzerngesellschaften
mit Liquidität zur Finanzierung der laufenden Kosten. Cashpool-GeId ist damit Umlauf-
vermögen und nicht Anlagevermögen. Die Grösse des Pools und damit auch die Höhe
der Beiträge der einzelnen Gesellschaften richten sich nach den Liquiditätsbedürfnis-
sen des Konzerns und der Gesellschaften, welche die Einzahlungen in den Cashpool
vornehmen. Das führt dazu, dass die Mittel des Cashpools nur zur Finanzierung der
laufenden Geschäftstätigkeit verwendet werden sollten, nicht aber zur Finanzierung
von Investitionen und schon gar nicht zur Ablösung von alten Finanzierungen oder zum
Ausgleichen von Verlusten. Die Verwendung von Cashpoolvermögen für Investitionen
im Anlagevermögen ist nur zulässig, wenn dadurch die Erfüllung der Pflichten aus dem
Cashpool nicht vereitelt wird. Das ist freilich meistens der Fall, da Anlagevermögen in
der Regel nicht kurzfristig liquidiert werden kann und die Liquidität dann nicht mehr
vorhanden ist, um die nötigen Zahlungen an andere Cashpool-Gesellschaften vorzu-
nehmen.
hh) Verwendet eine Gesellschaft Cashpool-Vermögen sachwidrig, liegt darin
eine Pflichtverletzung der Gesellschaft gegenüber den anderen Teilnehmern des
Cashpools. Erkennt demgegenüber eine Konzerngesellschaft, dass eine andere Kon-
zerngesellschaft Cashpool-Vermögen zum Erwerb von Anlagevermögen braucht und
dadurch die Rückführungsfähigkeit beeinträchtigt wird, darf sie den Cashpool nicht
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mehr fortführen oder muss wenigstens sicherstellen, dass zukünftige Liquiditätsabflüs-
se in den Cashpool nicht mehr für die Finanzierung von Anlagevermögen verwendet
werden.
ii) Es wird teilweise vertreten, den Zweck der Tochtergesellschaft auf das
Konzerninteresse auszurichten mit der Folge, dass die im Interesse des Konzerns vor-
genommenen Geschäfte auch im Interesse der Tochtergesellschaft sind. Es stellt sich
deshalb die Frage, inwieweit solche Zweckänderungen auf der Ebene der Tochterge-
sellschaft unausgewogene Leistungen an die Muttergesellschaft rechtfertigen können.
Dabei ist wie folgt zu differenzieren:
Richtet sich der Zweck der Tochter nur auf die Verfolgung des Konzerninte-
resses, dann ändert dieser an der Frage nichts, ob verdeckte Gewinnausschüttungen
zulässig sind. Eine Zweckbestimmung in den Statuten der Tochtergesellschaft, den
Konzernzweck zu verfolgen, kann verdeckte Gewinnausschüttungen nicht zulässig
machen. Immerhin können solche Zweckbestimmungen bei der Frage der Beurteilung
von Leistung und Gegenleistung relevant sein. Ist die Tochtergesellschaft verpflichtet,
den Konzernzweck zu verfolgen, ist eine Berücksichtigung von Konzernvorteilen, die
mit dem Cashpool unmittelbar nichts zu tun haben, eher gerechtfertigt.
Handelsrechtlich (nicht aber steuerrechtlich) denkbar ist aber auch, dass der
Zweck der Tochtergesellschaft nicht nur die Verfolgung des Konzerninteresses vor-
sieht, sondern ausdrücklich auch die Aufgabe der Gewinnstrebigkeit zu Gunsten ande-
rer Konzerngesellschaften oder der Konzernmutter. Leistungen, die im Rahmen einer
solchen Zweckverfolgung stattfinden, sind, auch wenn sie unausgewogen sind, zweck-
konform und zulässig.
kk) Die Liquidität ist das Blut in den Adern jeder Gesellschaft. Es stellt sich die
Frage, ob die Konzerngesellschaft, welche ihre Liquidität in fremde Hände legt, ihre
Pflicht zur Finanzplanung und -kontrolle verletzt, ganz allgemein, ob in der Aufgabe der
Verfügungsmacht über die Liquidität eine unzulässige Preisgabe der unternehmeri-
schen Handlungsfähigkeit liegt. Diese Frage stellt sich auch dann, wenn keine verdeck-
te Gewinnausschüttung vorliegt, wenn also die Prüfung von Leistung und Gegenleis-
tung eine ausgewogene Vertragsbeziehung zeigt.
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1 ST.2014.153
Auf den ersten Blick unterscheidet sich die Liquidität, die als Forderung ge-
genüber einem Cashpool besteht, nicht von der Liquidität, die sich aus der Forderung
gegenüber einer Bank ergibt, welche das Kontokorrent führt. Liquidität besteht prak-
tisch immer aus obligatorischen Ansprüchen. Steht aufgrund der vertraglichen Verein-
barungen im Rahmen des Cashpools fest, dass die Konzerngesellschaften auf die Li-
quidität im Cashpool greifen können wie auf ein Kontokorrent einer Bank, besteht
zwischen dem Bankkonto und dem Cashpool kein struktureller Unterschied und es
sieht so aus, dass in der Begründung des Cashpools keine Pflichtverletzung liegt,
wenn gestützt auf die Überlegungen zur verdeckten Gewinnausschüttung von einer
Ausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung ausgegangen werden kann.
Es gibt aber Unterschiede: Besteht der Anspruch auf Liquidität gegenüber
einer Bank (ohne das Vorliegen eines Cashpools), ist jene durch vertragliche und ge-
setzliche Vorschriften verpflichtet, die Liquidität nach Weisung des Unternehmens zu
verwenden. Besteht demgegenüber der Anspruch gegenüber einem anderen Kon-
zernunternehmen oder dem Mutterunternehmen, besteht die Gefahr, dass dieses die
Weisungen der Tochter entgegen deren vertraglichen Rechte an der Liquidität nicht
befolgt und der berechtigten Tochter die Liquidität nicht zur Verfügung stellt. Die Weg-
gabe der Liquidität an eine Bank ist daher nicht das Gleiche, wie die Weggabe der Li-
quidität an eine andere Konzerngesellschaft.
Juristische Personen haben keinen Kernbereich der Persönlichkeit: Massge-
bend für die Beurteilung, ob eine bestimmte Bindung zulässig ist, ist allein der Gesell-
schaftszweck. Eine Tochtergesellschaft kann sich dem Mutterunternehmen unterord-
nen, wenn sie dies durch ihren Zweck zum Ausdruck bringt. Sie darf deshalb an einem
Cashpool teilnehmen, auch wenn dieser zu einer Beschränkung oder Aufhebung ihrer
unternehmerischen Entscheidungsspielräume und zu einer Unterwerfung unter den
Konzernzweck führt, wenn diese Unterwerfung unter den Konzernzweck ihrem eigenen
Zweck entspricht. Solche Abhängigkeitsverhältnisse von Tochtergesellschaften gegen-
über dem Konzern gibt es übrigens auch in vielfältiger Art ausserhalb von Cashpool-
Konstellationen, ohne dass die Frage nach ihrer Zulässigkeit gestellt wird. Zu denken
ist die Ausgliederung bestimmter Unternehmensfunktionen an den Konzern oder ande-
re Konzerngesellschaften, wie beispielsweise Vertrieb, Informatik, Marketing etc. Auch
in diesen Fällen gliedert das Unternehmen eine überlebenswichtige Funktion an den
Konzern aus und beraubt sich dadurch ihrer Fähigkeit, als selbständiges Unternehmen
unabhängig vom Konzern zu bestehen. Solche Eingliederungen in den Konzern re-
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1 ST.2014.153
spektive faktische Unterwerfungen unter den Konzernzweck sind unter den genannten
Voraussetzungen zulässig.
ll) Zusammenfassend gelten bei der Beurteilung der Zulässigkeit eines Cash-
pools die gleichen Überlegungen wie bei der Beurteilung von Vermögensverschiebun-
gen innerhalb eines Konzerns ganz allgemein. Die Vielfalt der in der Praxis anzutref-
fenden Strukturen ist gross und folgerichtig ist es nicht einfach, in Bezug auf den
konzerninternen Vorteilsausgleich klare Kriterien zu formulieren. Sicherlich ist falsch,
Konzerngesellschaften so zu behandeln, wie wenn sie nicht in den Konzern eingebun-
den wären. Eine "at-arm‘s-length"-Betrachtung, welche die Konzerntatsache ignoriert,
führt nicht weiter. Die Frage lautet also nicht, ob die Tatsache, dass ein Unternehmen
in einen Konzern eingebunden ist, relevant ist, sondern wie weit eine solche "Konzern-
privilegierung" geht. Ist die Konzerntochtergesellschaft gewinnstrebig, ist die Teilnah-
me an einem Cashpool nur zulässig, wenn darin keine verdeckte Gewinnausschüttung
liegt, wenn also der nach der Einbezahlung der Liquidität entstehende Rückforde-
rungsanspruch werthaltig ist. Die Werthaltigkeit des Rückforderungsanspruchs muss
dabei regelmässig überwacht werden: geht sie verloren, darf der Cashpool nicht fortge-
führt werden. Zur pflichtgemässen Ausgestaltung eines Cashpools gehört daher auch
die Sicherstellung der strukturellen Möglichkeit, die Gefährdung des Rückforderungs-
anspruchs zu erkennen und den Cashpool nötigenfalls zu beenden. Das setzt in der
Regel auch voraus, dass die in den Cashpool einbezahlte Liquidität ausschliesslich für
das Umlaufvermögen verwendet wird, nicht aber für Anlagevermögen und schon gar
nicht für die Bezahlung alter Schulden, da durch diese Vorgänge die Rückzahlungsfä-
higkeit gefährdet wird.
h) aa) Aus dieser rein handelsrechtlichen (nicht steuerrechtlichen!) Betrach-
tungsweise folgt zunächst, dass die Pflichtige ihre Cash Pool-Guthaben grundsätzlich
zu Recht im Umlaufvermögen bilanziert hat, denn bei Cash Pool-Guthaben steht mit
Blick auf die jederzeit zu gewährende Liquidität der Teilnehmer der (sehr) kurzfristige
Anlagehorizont im Vordergrund. Daraus leitet sich ab, dass mit Bezug auf Cash Pool-
Guthaben die Zinsrichtsätze der ESTV in ihren jährlichen Rundschreiben von vornher-
ein keine taugliche Referenzgrösse sein können, basieren diese doch auf den
5-jährigen SWAP-Sätzen und der Rendite von langfristigen Anlagen wie Industrieobli-
gationen; zumindest gilt dies dann, wenn die kurz- und langfristigen Zinssätze erheb-
lich auseinanderklaffen. Wenn sich nach den vorgelegten Agreements die Verzinsung
der Guthaben in den Cash Pools am EONIA und dem CH-Libor orientieren, ist dage-
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1 ST.2014.153
gen steuerlich nichts einzuwenden, qualifizieren doch diese Zinssätze für kurzfristige
Anlagen als geeignete Referenzgrössen. Im Kalenderjahr 2011 tendierten diese Zins-
sätze sodann tatsächlich gegen null (vgl. die von der Pflichtigen eingereichten Zinsta-
bellen oder auch im Internet allgemein zugängliche Informationen zu den historischen
Zinssätzen), womit tatsächlich kein Raum für verdeckte Gewinnausschüttungen als
Folge zu niedriger Guthabenverzinsung verbleibt. Fragen liesse sich höchstens, ob
ausgehend von den gegen null tendierenden Referenzzinsen auch bei kurzfristen An-
lagen noch eine Gewinnmarge zu berücksichtigen sei. Gemäss den von den Pflichtigen
vorgelegten Schreiben der UBS AG und CS, tendierte allerdings die Verzinsung von
Guthaben auf entsprechenden Depositenkonti ebenfalls gegen null, womit im Fall der
Parkierung der Guthaben bei der Muttergesellschaft im Drittvergleich auch keine höhe-
re Rendite verlangt werden kann. In den Agreements wird die Marktkonformität der
Verzinsung denn auch ausdrücklich vorgegeben. Hinzu kommt, dass nach dem Gesag-
ten mit Blick auf die Konzernsituation sämtliche Vor- und Nachteile des Zuführens der
Liquidität in den Cash Pool abzuwägen wären und von daher ein Gewinnmargenauf-
schlag als kompensierbar erscheint. Zu bemerken ist in diesem Zusammenhang etwa,
dass das "treasury inter company dealing agreement" auch den Handel von Fremd-
währungen unter den Konzerngesellschaften regelt.
bb) Mit Bezug auf diese Vor- und Nachteile im Rahmen der Konzernbetrach-
tung geht die Vorinstanz in ihren Erwägungen vom Gegenteil aus, indem sie ausführt,
aus Sicht der Pflichtigen habe es sich bei deren Eintritt in den Cash Pool nicht um eine
homogene, wechselseitige Beziehung gehandelt. Letztlich habe sie daraus keinen Nut-
zen gezogen; dies insbesondere, weil die Guthaben trotz eines erheblichen Klumpenri-
sikos sehr tief verzinst worden seien. Für die Pflichtige seien mit dem Cashpool im Ge-
genteil Nachteile entstanden, indem sie höhere Risiken eingegangen sei als andere
Teilnehmer, weil sie nur als Gläubigerin und nie als Schuldnerin gegenüber der Kon-
zernmutter aufgetreten sei. Auch habe sie verschiedene Risiken in Kauf genommen
und habe die Gefahr bestanden, dass die Konzernmutter die vertraglichen Rechte an
der Liquidität nicht befolge oder dass die 30tägige Kündigungsfrist einem rechtzeitigen
Reagieren bei finanziellen Engpässen der Mutter entgegengestanden hätte.
cc) Die vorgelegten Agreements und Geschäftsunterlagen betreffend die fi-
nanzielle Situation der Muttergesellschaft stützen diese Bedenken der Vorinstanz nicht.
Es ist unbestritten, dass einerseits das ausländische Mutterhaus bzw. der ganze inter-
nationale Konzern über eine erstklassige Bonität verfügt und andrerseits die Pflichtige
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1 ST.2014.153
ihre Cash Pool-Guthaben jederzeit zurückrufen kann. An Letzterem ändert auch die
Tageslimite von EUR 20 Mio. im Zero-Balancing-Cashpool nichts, zumal der durch-
schnittliche diesbezügliche Forderungsbestand der Pflichtigen unter dieser Limite lag.
Damit ist auch glaubhaft, wenn die Pflichtige anführt, dass ausländische Steuerbehör-
den das Cash Pool-System im Konzern schon geprüft und nicht beanstandet hätten.
Auch wenn Letzteres die hiesigen Steuerbehörden in keiner Art und Weise zu binden
vermöchte, fehlen in den Akten Hinweise darauf, dass dieses System – als solches –
unter dem Aspekt des marktkonformen Leistungsaustausches dem Drittvergleich nicht
standhält.
dd) Eine noch tiefere Auseinandersetzung mit der Frage, ob das Anlegen von
liquiden Mitteln der Pflichtigen im Cashpool der Konzernmutter unter Berücksichtigung
der konkreten Agreements und der Bonität der ganzen SAP-Gruppe dem Drittvergleich
standhält, erübrigt sich indes aus den folgenden Gründen:
Das soeben Gesagte kann nur unter dem Vorbehalt gelten, dass es sich bei
den streitbetroffenen Guthaben um solche handelt, welche dem dargelegten Sinn und
Zweck eines Cashpools (Liquiditätsbündelung, Liquiditätsausgleich etc.) überhaupt
entsprechen. Naheliegend ist von daher zunächst, dass etwa die Liquidität aus dem
Tagesgeschäft im Cashpool "parkiert" wird. Von der anderen Seite her betrachtet ist
sodann davon auszugehen, dass Gesellschaften nicht benötigte Liquidität an die Akti-
onäre ausschütten. Im Cashpool "parkiert" verbleiben damit letztlich nur die Geldmittel,
welche im Rahmen der Liquidität kurzfristig auch wieder benötigt werden. Die Agree-
ments enthalten denn auch keinerlei Hinweise darauf, dass die beiden Cash Pools
auch für langfristige Anlagen gedacht sind; die Vorgabe der marktkonformen Verzin-
sung in Verbindung mit den vereinbarten Zinssätzen (EONIA, CH-LIBOR) spricht im
Gegenteil klar für Kurzfristigkeit.
Im Einklang mit der von der Pflichtigen zu Recht ins Feld geführten "goldenen
Bilanzregel", ist damit aber zu prüfen, ob die von ihr im Umlaufvermögen verbuchten
Cashpool-Guthaben, also ihre kurzfristigen Aktiven, den verbuchten kurzfristigen Pas-
siven (d.h. dem kurzfristigen Bedarf an liquiden Mitteln) entsprechen.
ee) Die Pflichtige ist zu Unrecht der Auffassung, Letzteres sei bei ihr der Fall.
Deren vergangenheitsbezogenen Bilanzen zeigen nämlich folgendes Bild bei den kurz-
fristigen Aktiven (Forderungen gegenüber Aktionär = Cash Pool-Guthaben):
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1 ST.2014.153
CHF in Mio.
2006 2
2007 100
2008 113
2009 153
2010 151
2011 253
2012 251
Bei solchen Zahlen in dreistelliger Millionenhöhe stellt sich allein schon auf-
grund der Beträge die Frage, welche Gründe hier die kurzfristige Anlage in einem Cash
Pool ohne Zinsertrag als geschäftsmässig begründet erscheinen lassen könnten.
Schlüssig erklären liesse sich dies nur mit dem Bedarf an entsprechender kurzfristiger
Liquidität. Es liegt damit an der Pflichtigen, das Pendant in den kurzfristigen Passiven
nachzuweisen, was sie indes nicht getan hat. Rein rechnerisch ist bei ihr die goldene
Bilanzregel zwar eingehalten. Der steueramtliche Revisor ermittelte jedoch zwei Positi-
onen innerhalb der kurzfristigen Passiven, welchen er den Charakter der Kurzfristigkeit
zu Recht abgesprochen hat:
aaa) Zum einen sind dies Rückstellungen von Fr. 36 Mio. im Zusammenhang
mit Steuererleichterungen, welche der Pflichtigen mit Regierungsratsbeschluss vom
Januar 2000 mit Blick auf die Erweiterung der zürcherischen Betriebsstätte für die Zeit
von 1999 bis 2009 gewährt worden sind. In diesem Beschluss wurde die Pflichtige an-
gehalten, wegen der Möglichkeit von Nachzahlungen insbesondere infolge Wegzugs
im Umfang der Steuererleichterung eine Rückstellung zu bilden; dabei wurde auch
statuiert, dass die nicht bezogenen Steuern vollständig nachzuzahlen seien, wenn die
Steuerpflicht im Kanton während oder fünf Jahre nach Ablauf der gewährten Steuerer-
leichterung endet. Aus Letzterem leitet sich ab, dass die Rückstellung, umfassend die
Steuereinsparung aus 10 Steuerperioden, mindestens bis Ende 2014 aufrecht zu er-
halten ist bzw. die (versteuerte) Rückstellung erst am 1. Januar 2015 steuerneutral
aufgelöst werden kann. Damit sind aber keine Gründe ersichtlich, welche dafür sprä-
chen, das immerhin den Betrag von 36 Mio. erreichende Guthaben aus Steuererspar-
nissen einem Cash Pool mit Tages- oder Monatsverzinsung zuzuführen. Wenn die
Pflichtige geltend macht, dass Steuernachzahlungen per 2011 nicht auszuschliessen
gewesen seien, genügt dies nicht zur Begründung der Erforderlichkeit, den eingespar-
ten, jedoch noch nicht ausschüttbaren Betrag von Fr. 36 Mio. über Jahre hinweg statt
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1 ST.2014.153
langfristig mit guter Rendite anzulegen, lediglich in einem konzerninternen Cash Pool
zu parkieren. Im hier streitbetroffenen Kalenderjahr 2011 war die Pflichtige bereits über
10 Jahre im Kanton Zürich steuerpflichtig und hatte sie hier die weitaus umsatzstärkste
Betriebsstätte in der Schweiz aufgebaut. Auch betonte sie im Einschätzungsverfahren
verschiedentlich die Wichtigkeit des hiesigen Standorts. Dass sie per 2011 Wegzugs-
gedanken hegte, machte sie denn auch nicht geltend und selbst wenn solche vorhan-
den gewesen wären, ist davon auszugehen, dass sie zumindest mit der vollständigen
Aufgabe der hiesigen Betriebsstätte diesfalls noch bis Ende 2014 zugewartet hätte, um
den stattlichen Betrag von Fr. 36 Mio. nicht zu verlieren. Im Umfang dieser Steuerrück-
stellungen, welche wirtschaftlich als versteuerte, aber erst 2015 als ausschüttbare Re-
serven qualifizieren, ist auf der Aktivseite mithin von langfristigem Anlagevermögen
auszugehen.
bbb) Langfristigen Charakter spricht das Steueramt sodann auch der Rück-
stellung "embedded derivative" zu; diese erreichte per Ende 2011 einen Stand von
Fr. 111'066'448.- (Vorjahre Fr. 109'287'741.- [2010] bzw. Fr. 38'881'135.- [2009]). Hin-
tergrund dieser Rückstellung bildete folgender im Revisionsbericht festgehaltener (un-
bestrittener) Sachverhalt:
Im Dezember 2007 hatte die Pflichtige mit einem schweizerischen Drittkon-
zern einen mehrjährigen Wartungs- und Softwarevertrag abgeschlossen, welcher die
Pflichtige berechtigte, bis 2020 total EUR 481 Mio. verteilt auf 12 Jahre bzw. in 24 Ra-
ten in Rechnung zu stellen. Der Umstand, dass der Vertrag von zwei CH-Parteien in
einer fremden Währung abgeschlossen worden war, hatte zur Folge, dass der Geld-
fluss Währungsschwankungen ausgesetzt ist. Gemäss Analyse der Pflichtigen qualifi-
zierte sich der Vertrag deshalb so, wie wenn zwei Einzelverträge mit dem schweizeri-
schen Drittkonzern abgeschlossen worden wären, nämlich einerseits als Verpflichtung
zur Lieferung von Software und Wartung, wobei die Vergütung fiktiv in CHF erfolgt, und
andrerseits als Vorgabe, jede einzelne Rechnung als Devisentermingeschäft zu be-
handeln, um die fiktiven CHF-Vergütungen in EUR zu tauschen. Soweit sich der EUR-
Kurs inskünftig zwischen Fr. 1.25 und 1.30 bewege, bleibe die gebildete Rückstellung
für nicht realisierte Währungsverluste im selben Umfang wie heute bestehen. Falls der
EUR-Kurs bis 2020 linear auf ein Niveau zwischen Fr. 1.50 bis 1.60 ansteige, sei vor-
gesehen, die Rückstellung für nicht realisierte Währungsverluste erfolgswirksam aufzu-
lösen.
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1 ST.2014.153
Der Revisor stellte in der Folge fest, dass die Pflichtige gemäss Transferpreis-
dokumentation keinen signifikanten Fremdwährungsrisiken exponiert sein dürfe, wes-
halb die Rückstellung – wie in den Vorjahren – steuerlich nicht zu akzeptieren sei;
die Pflichtige hat die Aufrechnung dieser Rückstellung (bzw. des Anstiegs von
Fr. 109'287'741.- auf Fr. 111'066'448.-) im Rahmen der Zürcher Veranlagung akzep-
tiert.
Die Vorinstanz erwog, sofern sich der EUR-Kurs im Jahr 2020 zwischen
Fr. 1.25 und 1.30 bewege, gelte der Verlust als eingetreten. Dass der Kurs gegenüber
dem CHF weitersinke, mithin die Rückstellung noch signifikant erhöht werden müsste,
sei aufgrund der von der Nationalbank verteidigten Kursuntergrenze von Fr. 1.20 wohl
auszuschliessen. Andrerseits sei auch eine Kurs-Erholung und damit eine Reduktion
der Rückstellung aufgrund der faktischen Frankenanbindung an den Euro und der ex-
pansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank auszuschliessen. Daraus folge,
dass die Rückstellung noch längerfristig Bestand haben werde. Ferner sei sie gar nicht
geldwirksam; wenn sie nämlich im Jahr 2020 aufgelöst werden müsste, hätte dies auf
den tatsächlichen Geldbestand der Pflichtigen keinen Einfluss, denn der tatsächliche
Mittelabfluss sei bereits im Zeitpunkt der Begleichung der Rechnung durch die Kunden
effektiv eingetreten. Würde das Fremdwährungsrisiko wegfallen, wäre die Pflichtige
nicht gezwungen, sofort erhebliche liquide Mittel abzurufen. Indem die Pflichtige einer
Grosskundin Rechnung in EUR gestellt habe, habe sie gegen die Konzernvorgaben
verstossen. Wenn sie aufgrund des Fremdwährungsrisikos alsdann gehalten gewesen
sei, erfolgswirksam eine Rückstellung zu verbuchen, welche sie nun verpflichte, länger-
fristig Geldanlagen zur Verfügung zu halten, könne sie deswegen die zurückgestellte
Liquidität nicht im Sinn der Konzernvorgabe an die Muttergesellschaft ausschütten.
Die Pflichtige lässt bestreiten, mit dem Vertragsabschluss in EUR gegen die
Konzernvorgaben verstossen zu haben; diesbezügliche klare Anhaltspunkte sind in
den Akten tatsächlich nicht auszumachen. Weiter hält sie – und dies ebenfalls zu
Recht – dafür, dass per Bilanzabschluss 2011 nicht mit ausreichender Sicherheit vor-
aussehbar gewesen sei, wie sich die Wechselkurse entwickeln würden; auf die heuti-
gen diesbezüglichen Kenntnisse habe man sich am Bilanzstichtag nicht abstützen
können. Nicht gefolgt werden kann der Pflichtigen indes, wenn sie daran anknüpfend
ausführen lässt, dass die kurzfristige Verwendung der gebildeten Rückstellung vertret-
barer gewesen sei als deren langfristiger Bestand:
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1 ST.2014.153
Wie erwähnt hat die Steuerbehörde diese Rückstellung für Fremdwährungsri-
siken (welche die Pflichtige nach eigenen Angaben mit Blick auf die Regeln des inter-
nationalen Rechnungslegungsstandards IFRS aufgrund zu erwartender Mindererträge
habe bilden müssen) steuerlich gar nicht zugelassen, wogegen die Pflichtige auch
nicht opponiert hat. Nachvollziehbar ist dies aus folgenden Gründen: Sind die Entgelte
für jahrelange Leistungen aus einem Wartungsvertrag in EUR abgemacht, liegt auf der
Hand, dass die danach über die Jahre in CHF zu verbuchenden Einnahmen schwan-
ken werden. Wenn diese Einnahmen – nachdem der Vertrag per 2009 abgeschlossen
wurde – aufgrund der Eurokursentwicklung ab 2010 rückläufig waren, wirkte sich dies
ertragsseitig sofort aus (Mindereinnahmen); würde der Eurokurs wieder ansteigen,
stiegen auch die Erträge (in CHF) sofort wieder an. Wenn sodann der Eurokurs bei
Vertragsablauf 2020 wieder den Ausgangskurs per Vertragsabschluss 2009 erreichte,
folgte daraus keineswegs, dass damit die besagten Minderträge während der Vertrags-
laufzeit wieder ausgeglichen sind. Soweit also die Pflichtige – ausgehend vom Euro-
kurs bei Vertragsabschluss – mit den streitbetroffenen Rückstellungen gewissermas-
sen den Ausgleich für Mindererträge zufolge Kursschwankungen über die ganze
Vertragsdauer hinweg bereit halten will (bzw. nach ihren intern zu beachtenden inter-
nationalen Rechnungslegungsstandards offenbar "muss"), so ändert dies nichts daran,
dass es sich hierbei nicht um eine Rückstellung im eigentlichen Sinn handelt (= Rück-
stellung für eine möglicherweise kurzfristig zu begleichende Forderung), sondern um
aus Gewinn gebildete Reserven, welche im Kanton Zürich bereits versteuert sind,
nachdem das Steueramt die Rückstellungen stets aufgerechnet hat. Die nach diesem
Verständnis dergestalt gebildeten versteuerten Reserven kann die Pflichtige folglich
jederzeit steuerneutral wieder auflösen und alsdann ihren Aktionären ausschütten.
Wenn sie dies mit Blick auf die für sie als international ausgerichteten Konzern gelten-
den Rechnungslegungsstandards über Jahre hinweg nicht tut, sondern die Reserven
über Jahre hinweg beibehält, so ist kein Grund ersichtlich, in diesem Umfang liquide
Mittel bereizuhalten, welche sich nur für die kurzfristige Anlage in einem tages- oder
monatsverzinsten Cash Pool eignen. Im Drittvergleich würde eine Gesellschaft solche
Mittel im dreistelligen Millionenbereich der langfristigen Anlage mit bestmöglicher Ren-
dite zuführen.
ff) Insgesamt sind damit in den von der Pflichtigen bilanzierten Passiven
Rückstellungen von Fr. 147 Mio. enthalten, welche als versteuerte Reserven qualifizie-
ren und welche sich mit Blick auf die für Jahre blockierte Ausschüttung im Drittver-
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1 ST.2014.153
gleich nur für die langfristige Anlage eignen bzw. die Bereitstellung von entsprechen-
den liquiden Mitteln auf der Aktivseite nicht zu begründen vermögen.
gg) Als Zwischenergebnis steht damit fest, dass für die von der Steuerbehörde
per 2011 ermittelten durchschnittlichen Cash Pool-Guthaben von rund Fr. 143 Mio. die
"Save Haven"-Zinssätze der ESTV grundsätzlich anwendbar sind, weil insoweit von
langfristigen Darlehen an die Konzernmutter (d.h. die Aktionärin) auszugehen ist. Der
Einwand der Pflichtigen, dass die Steuerbehörde die Anlagepolitik einer steuerpflichti-
gen Gesellschaft nicht zu hinterfragen habe und steuerliche Korrekturvorschriften
betreffend die bilanzierte Fristigkeit fehlten, sticht nicht. Legt eine Gesellschaft nicht
benötigte bzw. nicht ausschüttbare liquide Mittel in dreistelliger Millionenhöhe über Jah-
re hinweg in Form eines Cashpool-Guthabens bei der Konzernmutter an, so sind die
auf längerfristige Anlagen ausgerichteten "Save Haven"-Zinssätze der ESTV grund-
sätzlich die geeignete Referenzgrösse für den Drittvergleich. Für den Nachweis, dass
im konkreten Einzelfall gleichwohl an den kurzfristigen Marktzinsen Mass zu nehmen
war, hätten die Gründe für das im Drittvergleich nicht übliche jahrelangen Parkieren der
hohen Liquidität in kaum verzinsten Cashpools offengelegt werden müssen. Solche
Gründe wurden indes nicht vorgebracht und sind auch aus den Akten nicht ersichtlich.
i) Zu prüfen bleibt damit noch der Eventualantrag der Pflichtigen, welcher da-
hin geht, dass die sich an den Zinsrichtsätzen der ESTV von 2.25% (CHF) bzw. 3%
(EUR) orientierende Aufrechnung einer verdeckten Gewinnausschüttung an die Aktio-
närin zu reduzieren sei, weil die effektiven Zinssätze per 2011 auch für langfristige An-
lagen viel tiefer gelegen hätten; für zwei- bzw. fünfjährige Obligationen der Eidgenos-
senschaft beispielsweise bei lediglich rund 0.35% bzw. 0.6%.
aa) Wie bereits ausgeführt, bilden im Rahmen des Drittvergleichs die Markt-
zinsen zur Refinanzierung risikoarmer Kredite, wie etwa der SWAP für Laufzeiten von
mehr als 1 Jahr durchaus sachgerechte Referenzgrössen, dient letzterer Satz bekann-
termassen doch auch als Basis für langfristige Hypotheken, welche mit Blick auf die
Grundpfandverschreibung ebenfalls dem risikoarmen Anlagebereich zuzuordnen sind.
Die ESTV weist im Rundschreiben betreffend die Zinssätze für Darlehen an Beteiligte
in Fremdwährungen denn auch explizit darauf hin, dass die publizierten Zinssätze auf
den 5-jährigen SWAP-Sätzen sowie den Renditen von langfristigen Anlagen wie In-
dustrieobligationen basierten. Im knapper gefassten, auf die Darlehen in Schweizer
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1 ST.2014.153
Franken bezogenen Rundschreiben fehlt ein entsprechender expliziter Hinweis, doch
ist evident, dass auch die diesbezüglich publizierten Zinssätze die gleiche Basis haben.
Gemäss einem im Internet zugänglichen Zins-Chart bewegte sich der
5-Jahres-CHF-Swapsatz per 2011 in einer Bandbreite von rund 1.3% bis 2% und der
5-Jahres-EUR-Swapsatz in einer solchen von rund 2.5% bis 3.6%. Die Schweizerische
Steuerkonferenz hat sodann in ihrer Wegleitung zur Bewertung von Wertpapieren ohne
Kurswert für die Vermögenssteuer (vgl. Kreisschreiben Nr. 28 vom 28. August 2008,
Kommentar 2012) im Zusammenhang mit der sich dort stellenden Drittvergleichsfrage,
was unter einer "angemessenen Dividende" zu verstehen ist, die vergangenheitsbezo-
genen durchschnittlichen 5-Jahres-Swapsätze (welche für diese Frage ebenfalls den
Referenzzins bilden) ebenfalls publiziert; danach betrugen per 2011 die gerundeten
5-Jahres-SWAP-Sätze 1.5% (CHF) bzw. 3% (EUR).
Lagen die Referenzsätze der ESTV für Darlehen an Beteiligte per 2011 bei
2.25% (CHF) und bzw. 3% (EUR), so zeigt sich, dass dies in letzterem Fall dem durch-
schnittlichen 5-Jahres-SWAP-Satz entspricht, während beim CHF-Satz ein Zuschlag
von 0.75% (= 2,25% statt die gerundeten 1,5%) auszumachen ist.
bb) Daraus folgt zunächst, dass, soweit es wie vorliegend um den längerfristi-
gen Geldverleih unter Beteiligten geht, der Fremdwährung-Referenzzinssatz der ESTV
nicht mit dem Verweis auf langfristig ausgerichtete Marktzinssätze umgestossen wer-
den kann, denn der Zinsvergleich zeigt, dass der ESTV-Referenzsatz exakt dem im
Geschäft unter Banken massgeblichen Marktzins entspricht. Die von der Pflichtigen ins
Feld geführte Rendite von Schweizer Bundesobligationen ist mit Blick auf den Fremd-
währungszinssatz von vornherein keine taugliche Vergleichsbasis. Damit ergibt sich,
dass die Vorinstanz in Bezug auf das durchschnittliche Guthaben im EUR-Cashpool
von (umgerechnet) Fr. 16'206'229.- zurecht nach Massgabe des ESTV-Zinsrichtsatzes
von 3% einen drittvergleichskonformen Zinsertrag von Fr. 486'187.- ermittelt hat.
cc) Leicht anders präsentiert sich die Lage beim Guthaben im CHF-Cashpool.
Diesbezüglich liegt der Richtzinssatz der ESTV mit 2.25% rund 0.9% höher als der
exakte 5-Jahres-SWAP-Satz von 1.36% (gerundet = 1,5%) und sogar gut 1.25% höher
als die Rendite, welche per 2011 mit den von der Pflichtigen vergleichsweise beigezo-
genen Obligationen der Eidgenossenschaft mit fünfjähriger Laufzeit zu erzielen war
(diese betrug gemäss der von der Pflichtigen vorgelegten Zinstabelle 0.84% und nicht
- 33 -
1 ST.2014.153
wie behauptet 0.66%, wobei die weitere Tabelle im Anhang zeigt, dass Industrieanlei-
hen deutlich höher rendierten [bei 8 jähriger Laufzeit mit 2.29% gegenüber 1.28% bei
Anleihen der Eidgenossenschaft]).
Im bereits erwähnten Fall, welchen das Rekursgericht am 21. Dezember 2012
beurteilt hatte, ging es um die diesbezüglichen ESTV-Richtsätze per 2008 und 2009,
welche rund 0.25% über den SWAP-Sätzen lagen. Das Rekursgericht stellte fest, dass
sich ein solcher Aufschlag gegenüber den bankinternen Marktzinssätzen vorab damit
erklären lasse, dass im Drittvergleich die Bank das Geld ihren Kunden nicht zu Markt-
zinsen abgebe, sondern einen Zuschlag berechne. Bei einer Bank hätte die Gruppenfi-
nanzierungsgesellschaft das Darlehen mithin nicht zum SWAP-Zinssatz beschaffen
können; wenn eine nahestehende Gesellschaft die Rolle der Bank übernommen habe,
hätte diese im Drittvergleich – sofern auf den Swap-Zinssatz abstellend – ebenfalls
einen Aufschlag einkalkulieren müssen; das Verwaltungsgericht schützte diese Auffas-
sung im anschliessenden Rechtsmittelverfahren. Im vorliegenden, das Jahr 2011
betreffenden Fall, liegt der Richtzinssatz der ESTV nun aber nicht mehr 0.25%, son-
dern um beinahe 1% über dem besagten SWAP-Referenzzinssatz. Dies lässt sich im
Rahmen des anzustellenden Drittvergleichs nicht mehr begründen, weshalb am
(auf)gerundeten 5-Jahres-SWAP-Satz von 1.5% Mass zu nehmen ist, welchen Refe-
renzzins die ESTV und die Schweizerische Steuerkonferenz (SSK) nach dem vorste-
hend Gesagten denn auch als Vergleichsbasis im Zusammenhang mit der angemes-
senen Rendite aus Beteiligungen verwendet.
Damit ist der von der Vorinstanz in Bezug auf das durchschnittliche Guthaben
im CHF-Cashpool von Fr. 126'902'374.- ermittelte Zinsertrag von Fr. 2'855'303.- (Zins
2.25%) auf Fr. 1'903'535.- (Zins 1.5%) zu reduzieren.
k) Nach alledem ist die angefochtene Zinsaufrechnung wie folgt zu korrigieren:
- 34 -
1 ST.2014.153
Fr. Fr.
Durchschnittliche Forderung in EUR 16'206'229.-
Drittvergleichszins 3% 486'187.-
Durchschnittliche Forderung in CHF 126'902'374.-
Drittvergleichszins 1.5% 1'903'535.-
Zins verbucht -100'247.-
Aufrechnung 2'289'475.-.
3. Steuerausscheidung
a) Mit Fusionsvertrag vom 24. August 2011 absorbierte die Pflichtige rückwir-
kend auf den 1. Juli 2011 ihre im Kanton Thurgau domizilierte Schwestergesellschaft C
AG. Als Folge dieser Fusion entstand im Kanton Thurgau eine neue Betriebsstätte.
aa) In der Fusionsbilanz der C AG per 30. Juni 2011 waren "Immaterielle
Vermögensgegenstände" mit einem Buchwert von Fr. 2'322'605.82 aktiviert. Am 31.
Dezember 2011, also 6 Monate nach der Fusion, veräusserte die Pflichtige diese Im-
materialgüterrechte für Fr. 25'271'037.- an die ausländische Konzernmutter. Kurz zuvor
hatte sie sich im Rahmen eines Rulings mit der Thurgauer Steuerbehörde dahinge-
hend geeinigt, dass der (ausserordentliche) Gewinn aus diesem Immaterialgüterver-
kauf per 2011 noch durch die C AG zu versteuern sei; der besteuerte Nettokapitalge-
winn könne danach als versteuerte stille Reserve in der fusionierten C AG ausge-
wiesen werden. Die Thurgauer Steuerbehörde besteuerte in der Folge den
Kapitalgewinn im Rahmen einer "Sondersteuer" für die Steuerperiode 1.1. - 30.6.2011
im Nettoumfang von Fr. 12'370'612.-, wobei sie gewinnmindernd millionenschwere
"Differenzen aus funktionalen Währungsumrechnungen 2010 und 2011" berücksichtig-
te. Derweil brachte die Pflichtige im Rahmen ihrer hiesigen Gewinndeklaration 2011
den besagten Kapitalgewinn in der Höhe von Fr. 20'566'265.- unter dem Titel "Auflö-
sung versteuerte Reserven aus Verkauf IP Kt. TG (netto)" in Abzug (vgl. zum Ganzen
das von der Thurgauer Steuerverwaltung am 23. Dezember 2011 unterzeichnete Ru-
ling mit Anhängen sowie Steuererklärung ZH 2011).
bb) Der steueramtliche Revisor stellte im Revisionsbericht zunächst fest, dass
Verluste aus funktionalen Währungsumrechnungen nach der bundesgerichtlichen
- 35 -
1 ST.2014.153
Rechtsprechung steuerlich nicht abzugsfähig seien. Habe der Kanton Thurgau solche
Verluste unrechtmässig zum Abzug zugelassen und in der Folge nur Fr. 12'370'612.-
besteuert, könne die Pflichtige nicht im Kanton Zürich versteuerte stille Reserven von
Fr. 20'566'265.- auflösen. Indes sei die Auflösung von versteuerten Reserven ohnehin
ganz zu verweigern. Der Kanton Thurgau habe nämlich den Kapitalgewinn per 30. Ju-
ni 2011, also vor der Fusion, besteuert, obwohl dieser im handelsrechtlichen Abschluss
der C AG per 30. Juni 2011 nicht enthalten gewesen sei; aufgrund des Verkaufs erst
per 31. Dezember 2011, also nach der Fusion, werde der Gewinn in der Erfolgsrech-
nung 2011 der Pflichtigen ausgewiesen. Faktisch habe der Kanton Thurgau damit eine
unzulässige Wegzugsbesteuerung vorgenommen. Im Ergebnis kam der Revisor zum
Schluss, der Kapitalgewinn sei im ausgewiesenen Reingewinn der Pflichtigen zu be-
lassen und alsdann sei dieser im Rahmen der interkantonalen Steuerausscheidung in
Anwendung der indirekten Methode nach Umsätzen auf die verschiedenen Betriebs-
stätten zu verteilen; eine objektmässige Ausscheidung des Kapitalgewinns zugunsten
des Kantons Thurgau komme nicht in Frage. Im Ergebnis errechne sich damit ein im
Kanton Zürich steuerbarer Reingewinn von Fr. 80'303'231.- (statt deklariert
Fr. 62'192'623.-; vgl. Revisionsbericht S. 9).
Im Einschätzungsentscheid folgte der Steuerkommissär diesen Vorgaben des
Revisors; ebenso die Vorinstanz im Einspracheentscheid.
b) Die Pflichtige lässt rekursweise zunächst geltend machen, die Gewinnauf-
rechnung im Kanton Zürich führe zu einem unzulässigen Verstoss gegen das Verbot
aktueller Doppelbesteuerung, nachdem der Kanton Thurgau den streitbetroffenen Ka-
pitalgewinn im Rahmen der letzten eigenständigen Veranlagung der C AG bereits be-
steuert habe.
Dem ist Folgendes entgegenzuhalten: Es ist unbestritten, dass der Verkauf
der Immaterialgüterrechte (auch IP-Rechte; IP = "intellectual property") erst Monate
nach der Fusion erfolgte und deshalb der dabei erzielte Kapitalgewinn handelsrechtlich
korrekterweise nicht mehr in den Büchern der zum Verkaufszeitpunkt bereits aufgelös-
ten C AG, sondern in denjenigen der Pflichtigen ausgewiesen worden ist; letzteres
ausdrücklich unter dem Titel eines "ausserordentlichen Gewinns". Die Thurgauer Steu-
erbehörde hätte demzufolge nicht dazu Hand bieten dürfen, im Rahmen eines nach der
Fusion abgeschlossenen Rulings den Ende 2011 realisierten Kapitalgewinn nachträg-
lich noch dem Steuersubjekt C AG zuzuweisen, um dergestalt die Besteuerung im Ein-
- 36 -
1 ST.2014.153
vernehmen mit der Pflichtigen vornehmen zu können bzw. ohne Steuerausscheidung
zum entsprechenden Steuersubstrat zu gelangen. Die Steuerpflicht der C AG endete
per 30. Juni 2011. Damit hatte die Thurgauer Steuerbehörde eine "letzte Veranlagung"
der C AG für die Steuerperiode 1.1. - 30.6.2011 (180 Tage) vorzunehmen und zwar
gestützt auf das entsprechende handelsrechtliche Ergebnis, welches den Kapitalge-
winn aus dem Immaterialgüterrechtsverkauf noch nicht enthielt. Letzteres hat sie zwar
getan, jedoch hat sie – dem besagten Ruling folgend – zusätzlich den Kapitalgewinn im
Rahmen einer "Sondersteuer" für die Steuerperiode 1.1. - 30.6.2011 besteuert (vgl. die
Veranlagungen 2011 im Anhang zum erwähnten Ruling). Dies war nicht gesetzmässig,
denn stille Reserven (hier enthalten in den IP-Rechten der C AG von rund Fr. 2,3 Mio.
per Fusionsbilanz) werden bei Umstrukturierungen gemäss § 67 Abs. 1 StG (bzw. § 79
Abs. 1 des Thurgauer Gesetzes über die Staats- und Gemeindesteuern vom 14. Sep-
tember 1992) nicht besteuert, soweit die Steuerpflicht in der Schweiz fortbesteht und
die bisher für die Gewinnsteuer massgeblichen Werte übernommen werden, welche
letzteren Bedingungen hier unbestrittenermassen erfüllt sind. Diese Umstrukturierungs-
regel ist sodann an keinerlei Sperrfristen gebunden, weshalb die Realisation steuer-
neutral übertragener stiller Reserven nach der Umstrukturierung (hier Verkauf der IP-
Rechte für rund Fr. 25 Mio.) auch keine Nachbesteuerung im Rahmen einer "Sonder-
steuer" nach sich ziehen kann (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 67 N 45 f. StG).
Selbstredend hat der Kanton Zürich in interkantonalen Besteuerungskonstellationen
nur Rulings zu beachten, welchen er selber die Zustimmung erteilt hat; ansonsten hat
er die Besteuerung für seine Belange nach den steuergesetzlichen Vorgaben und Re-
geln der interkantonalen Ausscheidungsregeln vorzunehmen. Kommt es in diesem
Zusammenhang zur Doppelbesteuerung, löst sich der Konflikt nicht dadurch, indem der
zweitveranlagende Kanton auf sein Besteuerungsrecht verzichtet, sondern hat gege-
benenfalls letztlich das Bundesgericht zu entscheiden, wem dieses Recht zusteht.
c) Ist der Kapitalgewinn aus dem Verkauf von IP-Rechten nach Auflösung der
C AG von der Pflichtigen (als Steuersubjekt mit Betriebsstätten in den Kantonen BE,
ZH, VD und neu TG) erzielt worden, kann sich im Rahmen der durchzuführenden inter-
kantonalen Steuerausscheidung gleichwohl die Frage stellen, ob Gründe dafür spre-
chen, diesen dem Kanton Thurgau zuzuweisen.
d) Nach einem feststehenden Grundsatz des interkantonalen Doppelbesteue-
rungsrechts sind bei interkantonalen Unternehmungen stets der Gesamtgewinn und
das Gesamtkapital nach Quoten auf die Betriebsstättenkantone und den Hauptsitzkan-
- 37 -
1 ST.2014.153
ton aufzuteilen. Das bedeutet, dass die beteiligten Kantone insgesamt nicht mehr als
100% des Gesamtgewinns und -kapitals besteuern dürfen (Höhn/Mäusli, Interkantona-
les Steuerrecht, 4. A., 2000, § 26 N 3 mit Hinweisen).
aa) Die den einzelnen Kantonen zustehenden Quoten können aufgrund der
Buchhaltungen der einzelnen Betriebsstätten (direkte Methode) oder aufgrund von
Hilfskriterien (indirekte Methode), d.h. nach Massgabe äusserer betrieblicher Merkmale
wie Umsatz, Erwerbsfaktoren etc., bestimmt werden. Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichts verdient die direkt-quotenmässige Ermittlung aufgrund der Buchhal-
tungsergebnisse grundsätzlich den Vorzug gegenüber den indirekten Aufteilungsme-
thoden. Die direkte Methode muss immer dann angewandt werden, wenn sie "in bes-
serer und sicherer Weise als jene das Mass anzeigt, in welchem eine Betriebsstätte an
der Erzielung des Gesamtgewinns mitgewirkt hat" (vgl. Höhn/Mäusli, § 26 N 12 mit
Hinweisen). Notwendige Voraussetzung für die Anwendung der direkten Methode ist
das Vorhandensein von getrennten Buchhaltungen der einzelnen Betriebsstätten. Sie
verdient nach der Rechtsprechung dann den Vorzug, wenn die einzelnen Betriebe wie
unabhängige Geschäfte arbeiten und der Erfolg der Betriebsstätten weniger von der
Zentralleitung als von der örtlichen Leitung und den örtlichen Verhältnissen abhängt
(vgl. etwa: BGr, 31. August 2004, StE 2005 A 24.44.3 Nr. 1 = StR 2005, 107). Diese
letzteren Voraussetzungen sind häufig nicht erfüllt, weshalb in der Praxis die (subsidiä-
re) Quotenermittlung nach Hilfsfaktoren sehr oft zur Anwendung kommt. Diese muss
jedenfalls immer dann angewandt werden, wenn keine getrennten Buchhaltungen ge-
führt werden, die als Grundlage für die direkte Methode geeignet sind. Ferner ist sie –
auch bei vorhandenen getrennten Buchhaltungen – dann zu wählen, wenn die Be-
triebsstätten nicht wie selbstständige Geschäfte arbeiten oder ihr Erfolg massgeblich
durch die Tätigkeit der Zentralleitung beeinflusst wird (vgl. Höhn/Mäusli, § 26 N 13).
bb) Die Grundregel der Gewinnausscheidung geht dahin, den Gesamtgewinn
der Unternehmung nach der Bedeutung, welche den einzelnen Betriebsstätten
(inkl. Hauptsitz) für die Erzielung dieses Gewinns zukommt, auf die Betriebsstätten
(inkl. Hauptsitz) aufzuteilen (Höhn/Mäusli, § 26 N 23). Ziel ist, unter Berücksichtigung
der Verhältnisse des Einzelfalls einen Massstab zu finden, welcher die Bedeutung der
Betriebsstätten im Rahmen des Gesamtunternehmens, d.h. ihren Anteil an der Erzie-
lung des Gesamtertrags, am zuverlässigsten zum Ausdruck bringt (BGE 93 I 422 =
Pra 57 Nr. 25 = StR 1968, 273).
- 38 -
1 ST.2014.153
cc) Wird die Bedeutung der einzelnen Betriebsstätten nach der indirekten Me-
thode ermittelt, so kommen je nach Unternehmensart unterschiedliche Hilfsfaktoren zur
Anwendung. Die am meisten verbreiteten Hilfsfaktoren sind der Umsatz und die Er-
werbsfaktoren. Bei bestimmten Unternehmensarten sind andere Hilfsfaktoren massge-
bend, welche der Bedeutung der Betriebsstätten besser Rechnung tragen (Höhn/
Mäusli, § 26 N 25).
aaa) Bei Handels- und Dienstleistungsunternehmen dient der in den Betriebs-
stätten und am Hauptsitz erzielte Umsatz als Schlüssel für die Ermittlung der Ge-
winnsteuerquoten (Höhn/Mäusli, § 26 N 35).
bbb) Bei Fabrikationsunternehmen wird der Gesamtgewinn im Verhältnis der
Erwerbsfaktoren (Produktionsfaktoren) auf die Betriebsstätten aufgeteilt. Die Erwerbs-
faktoren sind die Summe der Faktoren Kapital und Arbeit. Dabei besteht der Erwerbs-
faktor Kapital aus den Betriebsstätten bei der Kapitalausscheidung zugewiesenen Akti-
ven (einschliesslich Beteiligungen) zuzüglich der mit 6% kapitalisierten Miete für
gemietete Anlagen. Der Produktionsfaktor Arbeit ergibt sich daraus, dass die Saläre
und Löhne für die in den einzelnen Betriebsstätten verrichtete Arbeit mit 10% kapitali-
siert werden (Höhn/Mäusli, § 26 N 25 ff.).
ccc) Bei gemischten Unternehmen (Handel/Dienstleistungen sowie Fabrikati-
on; z.B. Kleiderfabrik mit Detailhandelsgeschäften) ist dem Gesagten entsprechend
auch bei der Gewinnaufteilung grundsätzlich eine Mischform anzuwenden und bei-
spielsweise sowohl den Erwerbsfaktoren als auch dem Umsatz Rechnung zu tragen
(vgl. Höhn/Mäusli, § 26 N 76 ff.).
ddd) Die Quotenermittlung nach der direkten oder indirekten Methode kann zu
einem Ergebnis führen, welches der Tätigkeit der Zentralleitung und deren Einfluss auf
das Geschäftsergebnis zu wenig Rechnung trägt, indem die für den Hauptsitz rechne-
risch ermittelte Quote, gemessen an dessen Bedeutung für das Gesamtunternehmen,
zu niedrig ausfällt. Das trifft namentlich bei der (indirekten) Aufteilung nach Umsätzen
zu, weniger dagegen bei der Ausscheidung nach Erwerbsfaktoren. In den Fällen, in
denen die Bedeutung des Hauptsitzes bei der Quotenermittlung zu wenig Berücksichti-
gung findet, ist dieser Bedeutung nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung durch
Zuweisung eines Vorausanteils (Präzipuums) am Gewinn an den Hauptsitz Rechnung
zu tragen. Der Vorausanteil ist somit "ein Korrekturfaktor, der dazu bestimmt ist, einen
- 39 -
1 ST.2014.153
Ausgleich zu schaffen, wo besondere Verhältnisse bei der ordentlichen Ausscheidung
nicht genügend zur Geltung kommen" (BGr, 23. März 1955, in Locher/Locher, Die Pra-
xis der Bundessteuern, III. Teil: Das interkantonale Doppelbesteuerungsrecht, Syste-
matische Entscheidsammlung, § 8, II C, 6 Nr. 27). Daraus folgt, dass die Zuweisung
eines Vorausanteils stets eine Ermessensfrage ist, die nach Ermittlung der Quoten zu
entscheiden ist, wobei das Ermessen in zweierlei Hinsicht zu betätigen ist. Erstens ist
zu entscheiden, ob überhaupt ein Vorausanteil gerechtfertigt ist; zweitens ist die Höhe
des Vorausanteils zu bestimmen.
e) aa) Die Pflichtige lässt rekursweise ausführen, die Besteuerung des Kapi-
talgewinns aus den Verkauf von IP-Rechten durch den Kanton Zürich laufe dem
Grundsatz, wonach die interkantonale Steuerausscheidung so vorzunehmen sei, dass
die Bedeutung der Nebensteuerdomizile im Rahmen des Gesamtunternehmens mög-
lichst zuverlässig abgebildet werde, diametral entgegen. Entscheidend sei in diesem
Zusammenhang, dass sämtliche Aufwendungen, wie z.B. Personal- und Entwicklungs-
kosten, welche sich im Verkehrswert der veräusserten IP-Rechte niedergeschlagen
hätten, einzig im Kanton Thurgau angefallen seien. Es sei deshalb nicht nachvollzieh-
bar, weshalb der nun angefallene Kapitalgewinn quotal nach Umsätzen auch auf die
übrigen Kantone ausgeschieden werden sollte, obwohl an den dortigen Standorten für
die besagten IP-Rechte keine Mehrwerte erwirtschaftet worden seien. Damit würde die
wirtschaftliche Bedeutung der Betriebsstätte der Pflichtigen im Kanton Thurgau nur
ungenügend berücksichtigt, während den übrigen Steuerdomizilen überproportional
viel Steuersubstrat zugewiesen würde. Ein sachgerechtes Ergebnis könne nur erzielt
werden, wenn im Rahmen der Quotenermittlung zunächst der Kapitalgewinn aus der
Veräusserung der IP-Rechte nach der direkten Methode der (neuen) Betriebsstätte im
Kanton Thurgau zugeordnet werde und alsdann das restliche Betriebsergebnis – wie
bis anhin – nach der indirekten Methode umsatzproportional auf die verschiedenen
Kantone aufgeteilt werde. Im Ergebnis entspreche eine solche "gemischte Methode"
denn auch ihrer Deklaration.
bb) Das kantonale Steueramt hält dem in der Rekursantwort entgegen, dass
die Pflichtige seit ihrer Gründung bis und mit Steuerperiode 2010 immer den Gewinn-
ausscheidungsmechanismus nach Umsatzanteilen gewählt habe. Auch in der Steuer-
periode 2012 wolle sie diese Methode nach eigenen Angaben wieder anwenden. Wenn
sie demzufolge einzig für die hier betroffene Steuerperiode 2011 die bisherige Methode
"sistieren" wolle, sei dies systematisch kaum erklärbar. Unberücksichtigt bliebe etwa,
- 40 -
1 ST.2014.153
dass die C AG im letzten Geschäftsjahr vor der Fusion einen betrieblichen Verlust von
2,5 Mio. erwirtschaftet habe. Bei gleichbleibenden Umsatzzahlen werde aber der Kan-
ton Thurgau aufgrund der aus der C AG hervorgegangenen Betriebsstätte künftig mit
einem erheblichen Gewinn abgegolten (so mit rund Fr. 1 Mio. per 2012 bzw. 2,3 Mio.
per 2013) und erhalte damit mehr Steuersubstrat als in früheren Jahren. Über die Zeit
betrachtet sei die Anwendung der bisherigen Ausscheidungsmodalitäten für den Kan-
ton Thurgau also durchaus vorteilhaft. Eine steuerpflichtige Person, welche eine Me-
thodik selbst vorgeschlagen habe, müsse sich im Übrigen bei dieser Wahl behaften
lassen. Ein ständiger Wechsel zwischen zwei Methoden, der offensichtlich nur darin
gründe, Steuersubstrat zu verkürzen, lasse sich nicht rechtfertigen.
Die Anwendung der von der Pflichtigen verfochtenen gemischten Methode
scheitere schliesslich auch daran, dass die Betriebsstätte im Kanton Thurgau nicht
eine derartig andere Tätigkeit betreibe als die anderen Betriebsstandorte. In allen Ge-
schäftsstellen würden letztlich Dienstleistungen erbracht, die – abstellend auf die ak-
tenkundigen Erfolgsrechnungen 2011 – bezüglich ihrer Wertschöpfungsfaktoren (Arbeit
und Kapital) absolut vergleichbar seien. Auch aus dieser Optik rechtfertige sich die
Anwendung der "gemischten Ausscheidungsmethode" nur ein einziges Jahr nicht. Eine
andere Betrachtung würde den Kanton Zürich benachteiligen. Der verfochtene Metho-
denwechsel beruhe im Übrigen nicht auf einer bewusst geplanten Massnahme, son-
dern stelle einen Versuch der Pflichtigen dar, nachträglich die nicht korrekte Zuteilung
eines Steuerobjekts in den Kanton Thurgau zu rechtfertigen. Der Pflichtigen sei denn
auch bekannt, dass ein Wechsel der Steuerausscheidungsmodalitäten – auch wenn
nur für ein Jahr – mit den involvierten Kantonen abzusprechen gewesen wäre.
cc) Die Pflichtige lässt dazu replicando ausführen, es treffe zu, dass in der
Vergangenheit die Steuerausscheidung im Einvernehmen mit allen beteiligten Kanto-
nen basierend auf der indirekten Methode nach Umsätzen vorgenommen worden sei.
Die Integration der C AG habe indes zu einem Sondereffekt geführt, welchem im Rah-
men der Steuerdeklaration 2011 bzw. der Steuerausscheidung 2011 mit Blick auf die
Herbeiführung einer sachgerechten Steuerteilung Rechnung zu tragen sei. Von einem
ständigen Methodenwechsel könne nicht die Rede sein, denn bei der gemischten Me-
thode handle es sich gar nicht um eine eigenständige Methode; vielmehr gehe es da-
bei um ein zweistufiges Vorgehen bei der Gewinnermittlung. Nicht haltbar sei sodann,
der Anwendung der gemischten Methode entgegenzuhalten, dass die Betriebsstätte im
Kanton Thurgau nicht eine derartig andere Tätigkeit wie die anderen Betriebsstätten
- 41 -
1 ST.2014.153
betreiben würde. Im vorinstanzlichen Auflageverfahren sei bereits dargelegt worden,
dass die Thurgauer Betriebsstätte eine andere Geschäftstätigkeit als die übrigen Be-
triebsstätten ausübe. Namentlich sei im Schreiben vom 16. April 2014 ausgeführt wor-
den, dass sich der Standort im Kanton Thurgau nach der Fusion der C AG mit der
Pflichtigen vornehmlich zu einem Software Forschungs- und Entwicklungszentrum
entwickelt habe, welcher für den internationalen Konzern gruppeninterne Dienstleis-
tungen erbringe, womit ein von der Pflichtigen in weiten Teilen unabhängiger Standort
vorliege. Eine Benachteiligung des Kantons Zürich sei nicht erkennbar.
f) aa) Unbestritten ist zunächst, dass die interkantonale Steuerausscheidung
hier nicht über alle Betriebsstätten hinweg nach der direkten Methode vorgenommen
werden kann, weil die Pflichtige nicht für alle Betriebsstätten eine separate Buchhal-
tung geführt hat. Allerdings erstellte sie für den Betriebsstandort im Kanton Thurgau
sowie für den Gesamtbetrieb ohne diesen Betriebsstandort jeweils eine separate Jah-
resrechnung 2011.
bb) Unbestritten ist weiter, dass bis und mit Steuerperiode 2010 stets die indi-
rekte Ausscheidungsmethode nach Umsätzen angewandt worden ist; dies offenbar im
Einvernehmen mit den beteiligten Kantonen, wobei das Einvernehmen auch dahin
ging, dass dem Sitzkanton Bern ein Präzipuum von 5% und dem umsatzstärksten Kan-
ton Zürich ein solches von 15% zugewiesen wird. Die Anwendung dieser Ausschei-
dungsmethode leuchtet (vergangenheitsbezogen) ein, weil die Pflichtige offenbar an
den verschiedenen Standorten die gleiche Geschäftstätigkeit ausübte, welche schwer-
wiegend im Bereich IT-Dienstleistungen und IT-Vertrieb einzuordnen ist (gemäss ihrer
Zweckbestimmung: Entwicklung von Software und deren Nutzungsüberlassung an
Dritte auf dem Schweizer Markt, verbunden mit der Organisations- und Einsatzbera-
tung sowie Vertrieb, Verpachtung und Vermietung von EDV-Anlagen), wobei sie
letztlich als CH-Niederlassung der ausländischen Konzernmutter vorab deren eigene
Softwarelösungen in der Schweiz implementiert, vertrieben und gewartet hat (vgl.
nachfolgend lit. dd.ccc).
Tatsächlich ist nun per 2011 durch die Absorption der C AG aber eine Ände-
rung der bestehenden Verhältnisse eingetreten, weshalb ohne weiteres auch die Frage
nach der Änderung der Ausscheidungsmodalitäten gestellt werden darf. Wenn auch
der Kapitalgewinn aus dem Verkauf von (aus der C AG stammenden) IP-Rechten
durch den Kanton Thurgau zu Unrecht noch bei der C AG besteuert worden ist, so liegt
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1 ST.2014.153
es gleichwohl auf der Hand, dass die Pflichtige die interkantonale Steuerausscheidung
aufgrund der aufzulösenden versteuerten Reserven im Ergebnis auf den Restgewinn
beschränkte, womit kein Raum für die Anwendung der von ihr nunmehr verfochtenen
"gemischten Methode" verblieb. Ergab sich alsdann im Einschätzungsverfahren, dass
der Kapitalgewinn im aufzuteilenden Gesamtgewinn der Pflichtigen zu verbleiben hat,
kann der Letzteren nicht entgegengehalten werden, sie sei bei der gewählten Methode
der Umsatzausscheidungsmethode zu behaften, betraf diese in der deklarierten Kons-
tellation doch nur den besagten Restgewinn.
cc) Klarzustellen ist weiter, dass es sich bei der von der Pflichtigen verfochte-
nen "gemischten Ausscheidungsmethode" tatsächlich nicht um eine eigenständige
Methode handelt, sondern um ein mehrstufiges oder mehrgleisiges Vorgehen, indem
bei der Gewinnausscheidung verschiedene Methoden oder verschiedene Hilfsfaktoren
zur Anwendung kommen. Gerechtfertigt ist ein solches Vorgehen seit jeher bei inter-
kantonalen Unternehmungen, deren Steuerausscheidung nicht nach einem einzigen
der üblichen Hilfskriterien erfolgen kann, weil etwa die einzelnen Betriebsteile einen
wesentlich verschiedenen Charakter aufweisen. Ein typischer Anwendungsfall ist die
gemischte Fabrikations- und Handelsunternehmung, welche die selbsthergestellten
Produkte der gleichen Branche in Detailverkaufsstellen absetzt. In der (schon etwas
älteren Literatur) werden in diesem Zusammenhang etwa die Beispiele der Kleiderfab-
rik mit Bekleidungsverkaufsgeschäften, der Schuhfabrik mit Schuhverkaufsläden oder
der Möbelfabrik mit Möbelverkaufsgeschäften genannt (vgl. Höhn/Mäusli, § 26 N 71).
Heutzutage sind Beispiele aus dem IT-Bereich ebenso naheliegend. Zu denken ist et-
wa an ein IT-Unternehmen, welches Software entwickelt, vertreibt und zudem wartet.
Es liegt auf der Hand, dass – soweit diese Bereiche auf verschiedene Standorte verteilt
sind (z.B. Entwicklungszentrum am Sitz, Vertrieb über Verkaufsfilialen, Wartung an
einem Hotline-Standort) – eine Ausscheidung nicht allein nach dem Umsatz vorge-
nommen werden kann, wenn ein solcher nur an den Vertriebsstandorten generiert wird.
Zu beurteilen hatte das Rekursgericht sodann auch schon ein Handelsunternehmen
mit zahlreichen umsatzgenerierenden Verkaufsstellen und weiteren nicht umsatzgene-
rierenden Betriebseinheiten wie Produktionsstätten und Lager-/Logistikzentralen; dabei
wurde ein gemischter Ausscheidungsschlüssel, welcher (nach der indirekten Methode)
einerseits auf die Erwerbsfaktoren (Kapital und Arbeit) und andrerseits auf den Umsatz
abstellt, als sachgerecht eingestuft (vgl. StRK I, 31. August 2007, 1 ST.2007.161 + 162
= StE 2008 A 24.4 Nr. 2 = ZStP 2008, 1).
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In der Praxis oft angewandt wird auch das Mischen der direkten und indirekten
Methode, wenn beispielsweise Betriebsstätten in verschiedenen Sparten tätig sind und
deshalb zunächst auf Basis der Betriebstättenbuchhaltungen die Gewinne im Rahmen
einer Grobausscheidung spartenmässig verteilt werden, ehe danach auf Basis der indi-
rekten Methode eine weitere Verteilung der Spartengewinne z.B. nach Umsatz auf die
spartenspezifischen Betriebsstätten erfolgt. Das Bundesgericht hat die Zulässigkeit
einer solchen "gemischten Methode" schon mehrfach bestätigt; dies allerdings unter
der Bedingung, dass im Rahmen der ersten Grobausscheidung nicht eine Betriebsstät-
te mit Verlust erfasst wird (vgl. zusammenfassend: BGer, 31. August 2004, StE 2005
A 24.44.3 Nr. 1, StR 2005 107).
Zu beantworten ist damit die Frage, ob in der hier streitigen Steuerperiode
2011 aufgrund der aus einer Umstrukturierung hervorgegangenen neuen Betriebstätte
im Kanton Thurgau Verhältnisse geschaffen worden sind, welche im soeben beschrie-
benen Sinn die Abkehr vom bisher rein umsatzbezogenen Ausscheidungsmodus nahe-
legen und wie – bejahendenfalls – eine sachgerechte Ausscheidung auszugestalten
ist.
dd) Hervorgegangen ist die Betriebsstätte im Kanton Thurgau aus der C AG,
deren statutarischer Zweck wie folgt lautete:
Entwicklung, Vertrieb und Wartung von Verfahrenskonzepten und Software,
insbesondere zum Zwecke der Automatisierung und Optimierung der Nachschubpla-
nung für Handel, Industrie- und Dienstleistungsunternehmen und generell zum Zwecke
der Prognostizierung im Hinblick auf die Bedarfsplanung, sowie Erbringung von damit
zusammenhängenden Dienstleistungen.
Allzu grosse Unterschiede zum bereits dargelegten statutarischen Zweck der
Pflichtigen sind damit nicht auszumachen.
aaa) Im vorinstanzlichen Auflageverfahren, in welchem die Einsprachebehör-
de die verschiedenen Tätigkeiten der Betriebsstätte untersuchte, liess die Pflichtige im
erwähnten Schreiben vom 16. April 2014 ausführen, dass die C AG zur Erfüllung des
statutarischen Zwecks nicht nur über eine eigenständige Rechtsform (Aktiengesell-
schaft) verfügt habe, sondern ebenso über ein eigenes Management. Mit der Über-
nahme der C AG durch die Pflichtige seien alsdann die Managementfunktionen im
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1 ST.2014.153
Kanton Thurgau sukzessive abgebaut worden. Nach der Fusion habe sich der Standort
im Kanton Thurgau vornehmlich zu einem Forschungs- und Entwicklungszentrum ent-
wickelt, welches nun für den internationalen Konzern gruppeninterne Dienstleistungen
erbringe. Die Geschäftstätigkeit im Kanton Thurgau unterscheide sich damit von den-
jenigen der übrigen Standorte. Basierend auf diesem "Business Case" verfüge der
thurgauer Standort über eine vom schweizerischen Stammhaus mehr oder weniger
losgelöste Organisation. Dementsprechend rapportiere der Standort auch nicht an das
schweizerische Stammhaus, sondern an die globale Konzern-Organisation, wobei die
Rapportierungslinie von der konkreten Aufgabe abhängig sei. Selbstverständlich wür-
den die Umsätze aus den Dienstleistungen an die globale Konzern-Organisation sowie
die entsprechenden Kosten in das Jahresergebnis der Pflichtigen einfliessen. Telefo-
nisch liess die Pflichtige im Rahmen der Auflagebeantwortung der Steuerbehörde so-
dann noch mitteilen, dass die aus der C AG hervorgegangene Betriebsstätte im Kanton
Thurgau nicht in ihrem Interesse betrieben werde; diese erbringe Dienstleistungen für
ausländische Kunden und für Konzerngesellschaften. Mit der Fusion sei der Mutter-
konzern einer Richtlinie gefolgt, welche besage, dass es in einem Land jeweils nur eine
Ländergesellschaft geben dürfe. Die Betriebsstätte im Kanton Thurgau entwickle im
Übrigen Software-Produkte, welche mit dem schweizerischen Stammhaus nichts ge-
mein hätten. Der Einfluss der Geschäftsleitung der Pflichtigen auf den thurgauer
Standort sei aus all diesen Gründen nur marginal (vgl. Telefonnotiz vom 20. März
2014).
bbb) Etwas mehr Angaben zur Geschäftstätigkeit der früheren C AG finden
sich in der aktenkundigen C AG-Unternehmensbewertung, welche im Zusammenhang
mit der Fusion erstellt worden ist (vgl. Anhang zum Software/IP Purchasing Agreement
zwischen der Pflichtigen und der ausländischen Konzernmutter). In dieser wird fest-
gehalten, dass die 1996 gegründete und seit 2006 an der Frankfurter Wertpapierbörse
kotierte C AG, welche mit Tochter- bzw. Vertriebsgesellschaften in Deutschland, in der
Slowakei und in den Vereinigten Staaten über 100 Mitarbeitende beschäftige, auf die
Entwicklung von Bestell- und Prognosesoftware spezialisiert sei. Als Technologieführer
entwickle sie innovative Softwaresysteme für ein hocheffizientes IT-gesteuertes Wa-
rennachschubmanagement in Handel und Industrie. Mit automatischen Prognose- und
Bestellsystemen würden Lagerbestände optimiert und somit Lagerkosten gesenkt; wei-
ter würden Präsenzlücken nach kurzer Zeit verringert und der Umsatz gesteigert. Der
Unternehmensbewertung lässt sich weiter entnehmen, dass die C AG ihre Umsätze in
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den Sparten Lizenzen (30.6%), Wartung (57.1%) und Dienstleistungen (12.3%) erzielte
(Prozentangaben per 2010).
ccc) Ein weiteres im Zusammenhang mit der Fusion erstelltes aktenkundiges
Dokument betreffend die Bewertung der C AG-Aktien enthält sodann aufschlussreiche
Aussagen zur von der ausländischen Konzernmutter vorgegebenen Eingliederung der
C AG in die schweizerischen bzw. internationale Konzernstruktur ("Report prepared by
corporate development on the evaluation of the assets of former C AG AG in the con-
text of their transfer from A AG, Switzerland to various companies of the Group as of
December 31, 2011 and January 1, 2012").
Einleitend wird darin erwähnt, die C AG entwickle, verkaufe und implementiere
Softwarelösungen im Bereich des automatisierten Bestellwesens ("software solutions
for automated ordering that optimize a wider range of logistics processes"). Daran an-
schliessend wird auf die Besonderheit der C AG-Softwarelösungen sowie insbesonde-
re auch des diesbezüglichen Vertriebs hingewiesen, indem die C AG einerseits Dauer-
lizenzen (perpetual licenses) selber verkaufe und andrerseits zwischen C AG und dem
ausländischen Mutterhaus ein weltweites OEM-Agreement (Original – Equipment –
Manufacturer – Agreement) bestehe, welches dem Mutterhaus das Recht gebe, die C
AG-Produkte und C AG-IP-Rechte gegen entsprechende Nutzungshonorare (royalty
fees) in die hauseigenen Softwarelösungen zu integrieren.
Weiter wird festgehalten, dass die Eingliederung der C AG in den internationa-
len Konzern den Verkauf der drei ausländischen (C AG-)Tochtergesellschaften an die
entsprechenden Ländergesellschaften des internationalen Konzerns, den Verkauf von
(C AG-)Support-Verträgen an verschiedene Konzerngesellschaften sowie den Verkauf
von (C AG-)IP-Rechten und des (C AG-)OEM-Vertrags an die ausländische Konzern-
mutter umfasse. Der Wert der IP-Rechte und des OEM-Vertrags wird dabei gesamthaft
auf Fr. 25'271'037.- beziffert; es handelt sich dabei also um den hier streitigen Erlös
aus Immaterialgüterrechtsverkauf.
Dem Dokument lässt sich schliesslich auch entnehmen, dass die ausländi-
sche Konzernmutter ihre hauseigenen Software-Produkte über das weltweite Netzwerk
von lokalen Tochtergesellschaften (wie also die Pflichtige) vertreibt. Dabei wird auch
darauf hingewiesen, dass die ausländische Konzernmutter Eigentümerin der Software-
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1 ST.2014.153
technologie und des geistigen Eigentums bleibe und verantwortlich dafür sei, beste-
hende Software zu erweitern/verbessern und neue Software zu entwickeln.
ddd) Aus alledem lässt sich für den vorliegenden Fall Folgendes ableiten:
aaaa) Das Geschäftsjahr 2011 war für die Pflichtige ein spezielles Jahr, indem
sie im Rahmen der von der ausländischen Konzernmutter vorgegebenen Zielvorgabe
(nur eine Tochtergesellschaft pro Land; vollständige Eingliederung der seit 2009 be-
herrschten C AG) die C AG zu absorbieren hatte. Weil jene Tochtergesellschaft eigen-
ständige hochspezialisierte Softwarelösungen im Bereich Warennachschubmanage-
ment entwickelt hatte und für deren Produkte auch eine eigene Vertriebslösung galt,
beabsichtigte das ausländische Mutterhaus diese "Besonderheiten" (IP-Rechte an der
C AG-Software und Wert des OEM-Agreements) mit Blick auf die vollständige Einglie-
derung dieser ehemaligen Schweizer Gesellschaft in den internationalen Konzern käuf-
lich zu erwerben. All dies deutet darauf hin, dass nach Umsetzung dieser Absichten
per Ende 2011 (also nach dem Verkauf der Immaterialgüterrechte an das ausländische
Mutterhaus) dem Standort im Kanton Thurgau in Bezug auf die von der C AG entwi-
ckelte Software im Spezialbereich des Warennachschubmanagement und den damit in
Zusammenhang stehenden Einnahmequellen (Verkauf von Dauerlizenzen und Nut-
zungshonorare aus dem OEM-Agreement) kaum mehr Bedeutung zukam; mit dem
Verkauf wurden die besagten C AG-Besonderheiten gewissermassen ins ausländische
Mutterhaus bzw. in deren Software-Umgebung überführt. Im Internet finden sich denn
auch Berichte aus dem Zeitraum Ende 2011/Anfang 2012, wonach die der ausländi-
sche Konzern die thurgauer C AG nach dem Kauf der Aktienmehrheit per 2009 nun-
mehr ganz übernommen habe und das gesamte Spektrum der ehemaligen C AG-
Lösungen in ihre hauseigene Software einbinden wolle. Auszugehen ist deshalb zu-
nächst davon, dass die Betriebsstätte im Kanton Thurgau ab 2012 nicht mehr die glei-
che Geschäftstätigkeit ausübte wie zuvor die C AG.
bbbb) Den Details der Geschäftstätigkeit der Betriebsstätte im Kanton Thur-
gau nach dem Verkauf der aus der C AG stammenden IP-Rechte an das ausländische
Mutterhaus per 31. Dezember 2011 ist hier allerdings nicht weiter nachzugehen, denn
hier geht es allein um das Fusionsjahr 2011; die Frage, ob die neue Geschäftstätigkeit
inskünftig im Rahmen der interkantonalen Steuerausscheidung mit der indirekten Aus-
scheidungsmethode über den Umsatz vereinbar ist, wovon die Pflichtige ausgeht (dies
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1 ST.2014.153
wohl zu Recht; vgl. nachfolgend lit. eeee), wird in der Steuerperiode 2012 zu beantwor-
ten sein.
cccc) Die IP-Rechte (einschliesslich Wert des OEM-Vertrags), welche das
ausländische Mutterhaus per Ende 2011 von der Pflichtigen erworben hat, entstam-
men nach dem Gesagten der C AG bzw. den von dieser bei der Fusion in die Pflichtige
übertragenen immateriellen Vermögenswerten. Ein Bezug der Pflichtigen zu diesen
Vermögenswerten besteht unter dem Aspekt der Wertschöpfung folglich nicht; ihr Be-
zug ist letztlich allein buchhalterischer Natur. So hat die Pflichtige die (C AG)-
Vermögenswerte im Rahmen der Fusion zum Buchwert von rund Fr. 2,3 Mio. in ihre
Bilanz gestellt; beim Verkauf per Ende Jahr für rund Fr. 25 Mio. wurden damit von der
C AG steuerneutral in die Pflichtige übertragene stille Reserven von rund Fr. 23 Mio.
realisiert.
Die frühere Geschäftstätigkeit der C AG wurde im Kanton Thurgau in jedem
Fall bis Ende August 2011 aufrecht erhalten, wurde doch der Fusionsvertrag erst zu
diesem Zeitpunkt abgeschlossen (rückwirkend auf den 30. Juni). Naheliegend ist so-
dann, dass auch nach Abschluss des Fusionsvertrags am neuen Betriebsstandort im
Kanton Thurgau die C AG-Geschäfte noch bis Ende Jahr fortgeführt worden sind, d.h.
bis zur Übertragung der IP-Rechte an das ausländische Mutterhaus; dies unter Beibe-
haltung der C AG-Infrastruktur und mit dem von der C AG übernommenen Personal.
Letztlich ging es bei dieser Geschäftstätigkeit bis Ende Jahr vorab um die Umsetzung
der vollständigen Eingliederung des ehemaligen Thurgauer Technologieunternehmens
C AG in den internationalen Konzern, welche mit dem Verkauf der IP-Rechte an das
ausländische Mutterhaus ihren Abschluss fand (vgl. Organigramm "Situation after IP
transfer" auf Seite 5 des erwähnten Reports).
Damit ergibt sich, dass sich die Geschäftstätigkeit der Betriebsstätte im Kan-
ton Thurgau im hier allein massgeblichen 2. Halbjahr 2011 von der angestammten, auf
die hauseigene Software des ausländischen Mutterhauses ausgerichteten Geschäfts-
tätigkeit der Pflichtigen unterschieden hat. Mit der Letzteren hatte die Betriebsstätte im
Kanton Thurgau zu dieser Zeit kaum noch etwas zu tun. Umgekehrt übernahm die
Pflichtige auch nicht die angestammten Geschäftstätigkeiten der C AG; diese sind –
diktiert vom ausländischen Mutterhaus und begleitet durch die Betriebsstätte im Kanton
Thurgau – vielmehr ausgelaufen, bis schliesslich Ende Jahr der IP-Transfer vollzogen
wurde.
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1 ST.2014.153
dddd) Bei dieser Sachlage sprechen tatsächlich gute Gründe dafür, im spe-
ziellen Geschäftsjahr 2011 den ausserordentlichen Kapitalgewinn aus dem IP-Transfer
von der Betriebsstätte im Kanton Thurgau zur ausländischen Konzernmutter dem Kan-
ton Thurgau zuzuweisen. Dabei geht es nicht um eine objektmässige Ausscheidung,
sondern vielmehr darum, dass die verkauften C AG-spezifischen IP-Rechte allein mit
der Geschäftstätigkeit am thurgauer Standort in Zusammenhang stehen und dort auch
generiert worden sind. Wären diese IP-Rechte nicht an das ausländische Mutterhaus
verkauft worden, wären sie in den kommenden Jahren wohl weiterhin im Kanton Thur-
gau genutzt worden, womit dort auch weiterhin entsprechende Einnahmen (ausserhalb
der angestammten Geschäftstätigkeit der Pflichtigen) generiert worden wären; gewis-
sermassen wurde der künftige Nutzwert der von der C AG erschaffenen IP-Rechte nun
mit einer Einmalentschädigung des ausländischen Mutterhauses abgegolten, weshalb
es nicht sachgerecht erscheint, die übrigen Betriebsstättenstandorte im Rahmen der
Steuerausscheidung im Fusionsjahr an diesem "ausserordentlichen Gewinn" partizipie-
ren zu lassen.
Sachgerecht erscheint damit zunächst eine Ausscheidung, bei welcher der
Gesamtgewinn der Pflichtigen vorab in den (ausserordentlichen) Gewinn aus dem Ver-
kauf der IP-Rechte und den Restgewinn aus dem üblichen Geschäftsgang unterteilt
wird. Damit gilt es noch den gerechten Verteilschlüssel für die beiden Teilgewinne zu
finden.
eeee) Der Kapitalgewinn aus dem Verkauf der C AG-spezifischen IP-Rechte
ist nach dem Gesagten allein dem Kanton Thurgau zuzuteilen; weil die Betriebsstand-
orte in Bern, Waadt und Zürich mit diesem nichts zu tun haben, sind die entsprechen-
den Betriebsstättenkantone daran nicht zu beteiligen und zwar auch nicht im Rahmen
des Präzipuums.
ffff) Was den Restgewinn betrifft, will die Pflichtige diesen nach dem Umsatz
der einzelnen Betriebsstätten auf alle Betriebsstättenkantone verteilt wissen; dies unter
Zuweisung eines 5%-Präzipuums an den Sitzkanton Bern und eines 15%-Präzipuums
an den Kanton Zürich. Diese Methode gelangte vor dem Hintergrund der angestamm-
ten Geschäftstätigkeit der Pflichtigen (also ohne C AG-Bereich) im Einvernehmen mit
den beteiligten Kantonen schon bisher zur Anwendung.
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1 ST.2014.153
Hiergegen lässt sich nun einwenden, dass nach dem Gesagten der Standort
im Kanton Thurgau mit dem angestammten Geschäft der Schweizer Niederlassung
des internationalen Konzerns zumindest im 2. Halbjahr ebenfalls noch kaum etwas zu
tun hatte und er mithin aus Gründen der Konsequenz am Restgewinn auch nicht parti-
zipieren sollte.
In diese Richtung geht zumindest teilweise auch das Argument der Vorin-
stanz, wonach der Kanton Thurgau inskünftig nunmehr auch am Gewinn der Pflichti-
gen partizipiere, nachdem am thurgauer Standort in der Vergangenheit vorab Verluste
geschrieben worden seien. Was freilich den Ausgleich dieser vergangenheits-
bezogenen Verluste am Standort Thurgau anbelangt, erfolgt dieser mit der gefundenen
Lösung durch Belassen des Kapitalgewinns aus dem IP-Rechte-Verkauf im Kanton
Thurgau; dieser Verkauf brachte nachträglich den Ertrag der in den Verlustjahren erar-
beiteten, jedoch noch nicht realisierten IP-Rechte und gehört infolgedessen sachge-
recht zum Standort im Kanton Thurgau. Nichts damit zu tun hat demgegenüber die
Frage, ob es sich ausscheidungsrechtlich rechtfertigen lässt, den thurgauer Standort
schon per 2011 (und in den Folgejahren) umsatzproportional am Gesamtgewinn der
Pflichtigen aus herkömmlichem Geschäftsgang partizipieren zu lassen. In Bezug auf
die Folgejahre ist – wie erwähnt – hier darüber nicht zu befinden, wenngleich erkenn-
bar ist, dass in der thurgauer Betriebsstätte auch Dienstleistungsertrag erzielt wird
(gemäss der Pflichtigen für konzernintern erbrachte Leistungen) und von daher prima
vista gute Gründe für eine umsatzproportionale Ausscheidung sprechen. Das hier strei-
tige Fusionsjahr 2011 ist jedoch auch unter diesem Blickwinkel ein spezielles:
Der allein für den thurgauer Standort erstellten separaten Betriebsstätten-
Jahresrechnung 2011 ist zu entnehmen, dass dort im Rahmen von ordentlichen Erträ-
gen (also ohne die ausserordentlichen Erträge insb. aus dem Verkauf der IP-Rechte)
Nettoverkaufserlöse von rund Fr. 12 Mio. verbucht worden sind; mit diesem Umsatz
bzw. dem daraus resultierenden Ausscheidungsschlüssel (entsprechend 1.73% des
Gesamtumsatzes der Pflichtigen) will die Pflichtige den Kanton Thurgau am Restge-
winn beteiligt wissen, was mit einem Gewinnanteil von gut Fr. 1 Mio. verbunden wäre.
Der Blick in die separate Jahresrechnung zeigt nun aber, dass am Standort Thurgau
der ordentliche Aufwand den ordentlichen Ertrag überstiegen hat; ohne die ausseror-
dentlichen Erträge (insb. aus dem Verkauf der IP-Rechte) resultierte im Geschäftsjahr
2011 (Halbjahr) ein Betriebsverlust von gegen Fr. 1 Mio. Dies ist bei den übrigen
Standorten nicht der Fall, indem dort dem ordentlichen Betriebsertrag von rund
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1 ST.2014.153
Fr. 694 Mio. ein ordentlicher Betriebsaufwand von rund Fr. 555 Mio. gegenübersteht
und so ein Betriebsgewinn von rund Fr. 130 Mio. verbleibt. Dass am thurgauer Stand-
ort per 2011 aus dem ordentlichen Geschäft ein Betriebsverlust resultiert, hängt nahe-
liegenderweise damit zusammen, dass nach dem Gesagten dort vorab noch der aus-
laufenden Geschäftstätigkeit der C AG bzw. der Umsetzung der Eingliederung der C
AG in den internationalen Konzern nachzugehen war und der diesbezügliche Ertrag
dann eben ausserordentlicher Natur war. Aus diesem Grund erscheint es aber gerecht-
fertigt, den thurgauer Standort nicht umsatzproportional am Restgewinn partizipieren
zu lassen, würde doch dabei dem Aufwand dieses Steuerorts nicht Rechnung getra-
gen, welcher diesen Umsatz überstiegen hat und sachlogisch aber grösstenteils den
ausserordentlichen Erträgen zuzuordnen ist. Im Restgewinn sind damit konsequenter-
weise aber auch die Nettoerträge der Betriebsstätte im Kanton Thurgau ausserhalb
des streitigen Kapitalgewinns zu eliminieren bzw. ist letztlich das gesamte im Kanton
Thurgau ausgewiesene Jahresergebnis (Verlust aus ordentlichem Geschäft von rund
Fr. 800'000.- + Finanzertrag rund 1,7 Mio. + Gewinne aus Verkauf von Anlagevermö-
gen, Beteiligungen und IP-Rechten von rund Fr. 26 Mio. = Gewinn von rund Fr. 22,6
Mio.) im Kanton Thurgau zu belassen.
Im Ergebnis führt dies dazu, dass der von der Pflichtigen ausgewiesene Ge-
samtgewinn zunächst nach der direkten Methode auf den Standortkanton Thurgau
einerseits und die Standortkantone Bern, Waadt und Zürich andrerseits aufzuteilen ist;
abzustellen ist dabei auf die separaten Jahresrechnungen 2011 für den Standort im
Kanton Thurgau und die Standorte in der Restschweiz. Der Gewinnanteil der Kantone
Bern, Waadt und Zürich ist alsdann nach der indirekten Methode auf Basis des Stand-
ortumsatzes zu bestimmen.
4. a) Unter Berücksichtigung der anzupassenden Gewinnaufrechnung wegen
ungenügender Darlehensverzinsung (Ziff. 2) sowie der anzupassenden interkantonalen
Gewinnausscheidung (Ziff. 3), errechnet sich der im Kanton Zürich steuerbare Gewinn
wie folgt:
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1 ST.2014.153
(Fr.)
Gewinn gemäss Erfolgsrechnung ohne TG
79'722'728.- Aufrechnung "embedded derivative" (unbestritten)
1'778'707.-
Aufrechnung Zinserträge korrigiert
2'289'475.-
Gewinn ohne TG korrigiert
83'790'911.- Immobiliengewinn UK (unbestritten)
-1'853'185.-
Gewinn BE/VD/ZH
81'937'726.-
Präzipuum ZH 15%
-12'290'659.- Präzipuum BE 5%
-4'096'886.-
Gewinn ohne Präzipuum
65'550'181.-
Anteil ZH (77.6896%)
50'925'675.- Präzipuum ZH
12'290'659.-
steuerbarer Gewinn ZH
63'216'332.-
Steuersatz
8%
b) Ein Beteiligungsabzug im Sinn von § 72 StG ist der Pflichtigen bei diesem
Ergebnis nicht zuzugestehen. Der deklarierte Beteiligungsertrag von Fr. 750'310.- ent-
stammt den C AG-Tochtergesellschaften im Ausland, welche im Rahmen der Einglie-
derung der C AG in den internationalen Konzern per Ende 2011 an die entsprechen-
den Ländergesellschaften veräussert worden sind (vgl. Steuererklärung BE 2011,
Einlageblatt 13). Die diesbezüglich per 2011 noch vereinnahmten Beteiligungserträge
sind dementsprechend der Betriebsstätte im Kanton Thurgau zuzurechnen, weshalb
ein Beteiligungsabzug in Bezug auf die Besteuerung des Restgewinns durch die Kan-
tone Bern, Waadt und Zürich nicht in Frage kommt bzw. der Kanton Thurgau den Be-
teiligungsabzug zu berücksichtigen hat.
5. Nach alledem ist der Rekurs teilweise gutzuheissen. Ausgangsgemäss sind
die Verfahrenskosten den Parteien anteilsmässig aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG).
Eine Parteientschädigung wurde von der Pflichtigen nicht verlangt.
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1 ST.2014.153 | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
4b148a6f-5233-4ac2-9beb-4f532933bd6a | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend die Pflichtigen) reichten für die Steuerperioden 2001,
2002 und 2003 trotz öffentlicher Aufforderungen und Mahnungen des Steueramts C
vom 15. Januar/7. Februar 2003 (Steuerperiode 2001), 29. Januar/19. Februar 2004
(Steuerperiode 2002) und 17. Dezember 2004/17. Januar 2005 (Steuerperiode 2003)
keine Steuererklärungen, sondern nur diverse Aufstellungen bezüglich ihres Liegen-
schaftenbestands sowie Lohnausweise ein.
Am 14. September 2005 unterzeichneten die Pflichtigen gegenüber dem kan-
tonalen Steueramt einen Revers, welcher u.a. die voraussichtlichen Grundstückgewin-
ne aus den 1995 und 1996 erfolgten Verkäufen von Liegenschaften in D und E betraf;
diese Gewinne waren zu jenem Zeitpunkt noch nicht definitiv veranlagt. Sie erklärten
sich damit einverstanden, dass die Gewinne als Erträge aus selbstständiger Tätigkeit
als Liegenschaftenhändler besteuert und erst nach Vorliegen der definitiven Abrech-
nungen in einer späteren Steuerperiode vollumfänglich erfasst würden. In Bezug auf
die Liegenschaft D erging am 7. April 2006 gestützt auf einen Vergleich die definitive
Veranlagung, welche auf einen Grundstücksgewinn von Fr. 2'827'483.- lautete.
Am 19. Mai 2006 erliess der Steuerkommissär in Bezug auf die Steuerperiode
2001 eine Auflage, worin er Auskunft verlangte hinsichtlich der Grundstückgewinnsteu-
erveranlagungen der erwähnten Liegenschaften. Die Auflage wurde am 5. September
2006 gemahnt. Die Pflichtigen reagierten darauf nicht; erst am 30. März 2007 stellten
sie – nach Erhalt eines Einschätzungsvorschlags – ein weiteres Fristerstreckungsge-
such zur Einreichung der Steuererklärungen bis Ende April, worauf sie allerdings wie-
derum nichts mehr von sich hören liessen.
Am 14. Mai 2007 traf der Steuerkommissär gestützt auf Art. 130 Abs. 2 des
Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw.
§ 139 Abs. 2 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) nach pflichtgemässem Er-
messen folgende Einschätzungsentscheide bzw. stellte folgende Veranlagungen in
Aussicht:
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Staats- und Gemeindesteuern direkte Bundessteuer
Steuerperiode Einkommen Vermögen Einkommen
Fr. Fr. Fr.
2001 steuerbar 383'300.- 3'943'000.- 3'238'200.-
satzbestimmend 502'200.- 8'409'000.-.
2002 steuerbar 413'800.- 2'160'000.- 582'100.-
satzbestimmend 582'400.- 4'614'000.-
2003 steuerbar 490'900.- 2'214'000.- 709'100.-
satzbestimmend 709'400.- 4'714'000.-.
Dabei ging er davon aus, dass es sich bei den Pflichtigen um gewerbsmässige
Liegenschaftenhändler handle. Die Bundessteuerrechnungen/Veranlagungsverfügung-
en wurden am 29. Mai/11. Juni 2007 versandt.
B. Mit Einsprachen vom 14./15. Juni bzw. 3. Juli 2007 reichten die Pflichtigen
die Steuererklärungen 2001, 2002 und 2003 samt Beilagen ein.
Am 22. Oktober 2008 fand eine Besprechung statt, in welcher der Vertreter
der Pflichtigen die Nachreichung einer Buchhaltung ankündigte. Mit Schreiben vom
30. November 2008 reichten die Pflichtigen weitere Unterlagen ein, aber keine Buch-
haltungen. Mit Auflage vom 8. Januar 2009 verlangte der Steuerkommissär von ihnen
diverse Unterlagen in Bezug auf die selbstständige Erwerbstätigkeit als Liegenschaf-
tenhändler sowie die Aufteilung der gemeinsamen Schuld zwischen den Pflichtigen
und der ihnen gehörenden F gegenüber der Darlehensgeberin. Am 22. Januar 2009
reichten die Pflichtigen umfangreiche Unterlagen ein.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen am 6. Januar 2010 ab und
auferlegte den Pflichtigen hinsichtlich der Staats- und Gemeindesteuern die Verfah-
renskosten von Fr. 2'500.-. Es erwog im Wesentlichen, die Pflichtigen hätten die ver-
säumte Handlung nur unzureichend nachgeholt, weshalb an den Ermessenseinschät-
zungen festgehalten werde.
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1 DB.2010.41 - 43 1 ST.2010.47, 50, 51
C. Mit Rekurs vom 10./11. Februar 2010 stellten die Pflichtigen den Antrag,
die angefochtenen Entscheide aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an
die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter seien sie für die Staats- und Gemeinde-
steuern – vor Steuerausscheidung – mit einem steuerbaren Einkommen von
Fr. 244'200.- (2001), Fr. 0.- (2002) bzw. Fr. 65'200.- (2003), subeventualiter mit einem
solchen von Fr. 254'900.- (2001), Fr. 120'500.- (2002) bzw. Fr. 662'400.- (2003) einzu-
schätzen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. Das steuerbare bzw. satzbestim-
mende Vermögen wurde ausdrücklich nicht angefochten. In ihrer Rechtschrift widerleg-
ten sie vorab im Einzelnen die vom Steuerkommissär an der Ordnungsmässigkeit der
Selbstdeklarationen gerügten Punkte. Die nachgereichten Steuererklärungen seien
demnach vollständig und korrekt gewesen, weshalb der Steuerkommissär diese hätte
entgegennehmen und im ordentlichen Verfahren überprüfen müssen. Da er dies nicht
getan habe, seien die angefochtenen Entscheide aufzuheben. Zur Begründung der
Eventualanträge machten sie eingehende Ausführungen zu den einzelnen Einkom-
menspositionen.
Bei der direkten Bundessteuer beantragten die Pflichtigen mit Beschwerde
vom 10. Februar 2010 ebenfalls, die angefochtenen Entscheide aufzuheben und die
Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen; eventualiter seien sie
mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 243'900.- (2001), Fr. 0.- (2002) bzw.
Fr. 64'900.- (2003), subeventualiter mit einem solchen von Fr. 234'600.- (2001),
Fr. 158'200.- (2002) bzw. Fr. 607'800.- (2003) zu veranlagen. In der Beschwerdeschrift
wiederholen sie im Wesentlichen die bereits im Rekurs gemachten Ausführungen. Zu-
sätzlich rügen sie die gestützt auf den 2005 unterzeichneten Revers erfolgte Besteue-
rung von Gewinnen aus den Veräusserungen von Liegenschaften in D und E in den
Jahren 1995 und 1996 sowie das diesbezügliche Vorgehen des Steuerkommissärs.
Die Aufrechnungen seien periodenfremd und offensichtlich unrichtig. Zudem habe der
Steuerkommissär die Pflichtigen als Liegenschaftenhändler betrachtet, ohne diese
Frage zu untersuchen und seinen Entscheid zu begründen. Dadurch sei das rechtliche
Gehör der Pflichtigen verletzt worden. Sie seien zudem nicht Liegenschaftenhändler
und auch nie als solche behandelt worden. Insbesondere sei die Übernahme von Ver-
lusten des Pflichtigen aus Grundstücksverkäufen in den neunziger Jahren vom kanto-
nalen Steueramt abgelehnt worden, weshalb die Qualifikation als Liegenschaftenhänd-
ler widersprüchlich sei. Hätte der Pflichtige zudem gewusst, dass er als Liegen-
schaftenhändler gelte, hätte er bei der Grundstückgewinnsteuerveranlagung jeweils die
Pauschale als Liegenschaftenhändler geltend gemacht, was er aber unterlassen habe.
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1 DB.2010.41 - 43 1 ST.2010.47, 50, 51
Das kantonale Steueramt schloss in seiner Beschwerde-/Rekursantwort vom
9. April 2010 auf Abweisung der Rechtsmittel.
Mit Verfügung vom 19. Mai 2010 wurde ein zweiter Schriftenwechsel ange-
ordnet. Die Pflichtigen liessen sich trotz zweimal erstreckter Frist nicht vernehmen.
Am 8. September 2010 wurde den Pflichtigen für die Staats- und Gemeinde-
steuern 2003 sowie die direkte Bundessteuer 2003 eine mögliche Höhertaxation ange-
zeigt und ihnen Gelegenheit eingeräumt, hierzu Stellung zu nehmen. Die Pflichtigen
liessen sich – nach wiederholten Fristerstreckungen – am 6. Dezember 2010 verneh-
men und das kantonale Steueramt nahm am 4. Januar 2011 dazu Stellung. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Die bisherigen Steuerrekurskommissionen sind per 1. Januar 2011 zum
Steuerrekursgericht mutiert (vgl. §§ 112 - 118a und §§ 147 - 153 StG in der alten und
neuen Fassung vom 8. Juni 1997 bzw. 13. September 2010). Die vorliegenden, noch
bei der Steuerrekurskommission I eingegangenen Geschäfte sind als Folge dieser Än-
derung der 1. Abteilung des Steuerrekursgerichts zugeteilt worden und werden unter
den bisherigen Geschäftsnummern weitergeführt.
2. a) Die Pflichtigen rügen in ihren Rechtsschriften wiederholt eine Verletzung
des rechtlichen Gehörs. Diese Rügen sind formeller Natur und daher vorweg zu prüfen
(BGr, 20. Mai 2009, 5A_23/2009, E. 2, www.bger.ch, mit Hinweisen).
Zunächst machen die Pflichtigen beschwerdeweise geltend, der Steuerkom-
missär habe die Qualifikation als Liegenschaftenhändler im Einspracheentscheid nicht
begründet und dadurch ihr rechtliches Gehör verletzt. Diese Rüge dringt jedoch nicht
durch. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 der Bundesver-
fassung vom 18. April 1999 (BV) leitet sich unter anderem eine Begründungspflicht der
Behörden in Bezug auf ihre Entscheide ab. Die Begründung ist dabei so abzufassen,
dass der Steuerpflichtige dadurch in die Lage versetzt wird, die Tragweite der Ent-
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scheidung zu erkennen und die Überlegungen, welche die Behörde ihrer Entscheidung
zugrunde gelegt hat, nachzuvollziehen. Auf diese Weise soll der Steuerpflichtige beur-
teilen können, ob und mit welchen Argumenten er den Entscheid auf dem Rechtsmit-
telweg weiterziehen will. Es ist indes nicht ersichtlich, inwiefern das kantonale Steuer-
amt vorliegend gegen diese Begründungspflicht verstossen haben soll. Die Gründe für
die Qualifikation der Pflichtigen als Liegenschaftenhändler wurden im Einspracheent-
scheid betreffend die direkte Bundessteuer unter Ziff. 1.1 zwar knapp, aber dennoch
ausreichend dargelegt. Jedenfalls kann nicht behauptet werden, sie seien über die
Gründe so weit im Unklaren gelassen worden, dass es ihnen unmöglich gewesen wä-
re, sich mit Beschwerde dagegen zu wehren.
Eine weitere Gehörsverletzung sehen die Pflichtigen in der Tatsache, dass der
Steuerkommissär mit Bezug auf die Mietzinseinnahmen keine Abgrenzung zwischen
Unterhalt und Anlagekosten vorgenommen habe und dass es offensichtlich willkürlich
sei, die geltend gemachten Positionen vollumfänglich nicht zum Abzug zuzulassen.
Jedoch ist nicht nachvollziehbar, inwiefern hier das rechtliche Gehör der Pflichtigen
überhaupt berührt, geschweige denn verletzt sein soll, was sie im Übrigen auch nicht
weiter substanziieren. Mithin dringen die Pflichtigen mit ihrer Rüge auch in diesem
Punkt nicht durch.
b) An dieser Stelle sei zudem darauf hingewiesen, dass auch dem Argument
der Pflichtigen, der Steuerkommissär habe gegen den Grundsatz von Treu und Glau-
ben verstossen, kein Erfolg beschieden ist. Die Pflichtigen wollen ein treuwidriges Ver-
halten des Steuerkommissärs darin erkennen, dass er im Einspracheverfahren entge-
gen seinen eigenen vorgängigen Aussagen keine Einschätzungsvorschläge erlassen,
sondern die Einsprachen wider Erwarten direkt abgewiesen habe. Indes ist nicht er-
sichtlich, inwiefern dieses Verhalten einen Verstoss gegen den Grundsatz von Treu
und Glauben begründen soll. Die Entscheidung, einem Steuerpflichtigen einen Ein-
schätzungsvorschlag zu unterbreiten, anstatt das Einschätzungs- oder Einsprachever-
fahren direkt durch einen formellen Entscheid abzuschliessen, liegt stets im Ermessen
des Steuerkommissärs. Die Pflichtigen hatten somit keinen Anspruch auf den Erlass
von Einschätzungsvorschlägen im Einspracheverfahren, selbst wenn der Steuerkom-
missär tatsächlich solche in Aussicht gestellt haben sollte. Im Übrigen kann hier der im
Grundsatz von Treu und Glauben begründete und bisweilen bei Zusicherungen einer
Behörde greifende Vertrauensschutz schon allein deshalb nicht greifen, weil den Pflich-
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tigen aus dem Erlass der Einspracheentscheide ohne vorgängigen Einschätzungsvor-
schläge kein Nachteil erwachsen ist.
3. Hat der Steuerpflichtige trotz Mahnung seine Verfahrenspflichten nicht er-
füllt oder können die Steuerfaktoren mangels zuverlässiger Unterlagen nicht einwand-
frei ermittelt werden, so nimmt die Steuerbehörde die Einschätzung nach pflichtgemäs-
sem Ermessen vor (Art. 130 Abs. 2 DBG, § 139 Abs. 2 Satz 1 StG).
Die Pflichtigen haben für die Steuerperioden 2001, 2002 und 2003 trotz öffent-
lichen Aufforderungen und individuellen Mahnungen des Steueramts C vom
15. Januar/7. Februar 2003 (Steuerperiode 2001), 29. Januar/19. Februar 2004 (Steu-
erperiode 2002) und 17. Dezember 2004/17. Januar 2005 (Steuerperiode 2003) keine
Steuererklärungen eingereicht. Das kantonale Steueramt hat sie deshalb zu Recht
nach pflichtgemässem Ermessen eingeschätzt, sind sie doch zur Einreichung der voll-
ständigen und unterzeichneten Steuererklärung samt den vorgeschriebenen Hilfsblät-
tern und Beilagen verpflichtet (Art. 124 Abs. 1 und 2 sowie Art. 125 DBG; §§133 und
134 StG).
4. Eine zu Recht ergangene Ermessensveranlagung kann der Steuerpflichtige
gemäss Art. 132 Abs. 3 DBG bzw. § 140 Abs. 2 StG nur wegen offensichtlicher Unrich-
tigkeit anfechten. Diese Normen enthalten eine Kognitionsbeschränkung der Prüfungs-
instanzen, welche eine zu Recht getroffene Ermessensveranlagung nur aufheben kön-
nen, wenn sie sich als offensichtlich falsch erweist. Den entsprechenden Nachweis
kann der Steuerpflichtige auf zwei Arten erbringen (Martin Zweifel, in: Kommentar zum
Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002, Art. 48 N 46 ff. StHG, auch zum
Folgenden):
a) Er kann den tatsächlichen Sachverhalt dartun und den entsprechenden
Nachweis leisten, mit der Folge, dass die Ermessensveranlagung durch eine ordentli-
che Veranlagung ersetzt wird und die Steuerfaktoren nach den für "gewöhnliche" Ver-
anlagungen geltenden Regeln ermittelt werden. Hierzu hat er innerhalb der Rechtsmit-
telfrist die versäumten Verfahrenspflichten zu erfüllen, eine zur Beseitigung der Un-
gewissheit über die tatsächlichen Verhältnisse erforderliche substanziierte Sach-
darstellung zu geben und hierfür notwendige Beweismittel beizubringen oder
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zumindest anzubieten (RB 1999 Nr. 150). Reicht der Steuerpflichtige erst mit der Ein-
sprache die Steuererklärung ein, so hat er zusätzlich zu den Hilfsblättern und Fragebo-
gen, die Bestandteile des amtlichen Steuererklärungsformulars bilden, noch weitere
Beilagen beizufügen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG,
2. A., 2009, Art. 125 N 1 DBG und Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuerge-
setz, 2. A., 2006, § 134 N 2 StG). Diese werden zum Teil im Gesetz aufgezählt; zusätz-
lich ergeben sich weitere notwendige, der Steuererklärung beizulegende Beilagen aus
der Steuererklärung und der Wegleitung dazu (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 125
N 7 DBG und § 134 N 8 StG). Hierzu gehören insbesondere Aufstellungen über den
effektiven Liegenschaftsunterhalt (enthaltend Datum, Art der Leistung, Empfänger,
Beträge) sowie beim Schuldenverzeichnis die geordneten Belege).
Die geforderte Sachdarstellung darf sich nicht in blossen Behauptungen oder
in vagen Andeutungen erschöpfen, sondern hat so beschaffen zu sein, dass sie den
rechtserheblichen Sachverhalt vollständig wiedergibt (BGr, 29. März 2005 = StE 2005
B 95.1 Nr. 9 = ASA 75, 329). Sie muss mit andern Worten hinreichend substanziiert
sein. Dies ist sie dann, wenn sie all jene Tatsachenbehauptungen enthält, welche –
ohne weitere Untersuchung, aber unter dem Vorbehalt der Beweiserhebung – die ein-
wandfreie Ermittlung der Steuerfaktoren erlauben (Zweifel/Casanova, Schweizerisches
Steuerverfahrensrecht, Direkte Steuern, 2008, S. 265 f.).
Teilnachweise genügen grundsätzlich nicht; vielmehr hat der Nachweis um-
fassend zu sein (RB 1994 Nr. 45). Den Steuerpflichtigen treffen beim Unrichtigkeits-
nachweis unter Umständen höhere Anforderungen hinsichtlich der Mitwirkungspflich-
ten, als sie vor der Säumnis an ihn gestellt wurden (RB 1976 Nr. 55).
b) Ist die Nachholung der versäumten Handlung nicht möglich oder misslingt
sie, kann der Steuerpflichtige noch darlegen und nachweisen, dass die angefochtene
Veranlagung offensichtlich unrichtig ist. Als offensichtlich unrichtig erweist sich eine
Schätzung dann, wenn sie sachlich nicht begründbar (z.B. erkennbar pönal oder fiska-
lisch begründet) ist, sich auf sachwidrige Schätzungsgrundlagen, -methoden oder -
hilfsmittel stützt oder sonst wie mit den konkreten aktenkundigen Verhältnissen auf-
grund der Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht vereinbar ist (Zweifel, Art. 48 N 59
StHG, mit Hinweisen). Leistet er diesen Nachweis, bleibt es zwar bei einer Ermessens-
veranlagung, doch wird die angefochtene durch eine neue (tiefere) Schätzung der
Rechtsmittelinstanz ersetzt (vgl. RB 1994 Nr. 45 mit Hinweisen; Richner/Frei/Kauf-
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mann/Meuter, Art. 132 N 67 DBG und § 140 N 79 f. StG; Zweifel, Art. 132 N 51 f. DBG
und Art. 48 N 58 ff. StHG).
c) Dem Steuerrekursgericht sind weitere Untersuchungen verwehrt. Es hat bei
seiner eingeschränkten Überprüfung des angefochtenen Entscheids auf offensichtliche
Unrichtigkeit hin nur jene im Zeitpunkt der Entscheidfällung vorhandenen Schriftstücke
zu berücksichtigen, welche den behaupteten Sachverhalt sofort beweisen oder zumin-
dest als sehr wahrscheinlich erscheinen lassen (VGr, 27. Mai 1986, SB 10/1986 und
11. September 1986, SB 38/1986; Martin Zweifel, Die Sachverhaltsermittlung im Steu-
erveranlagungsverfahren, 1989, S. 144).
5. Die Pflichtigen haben mit den Einsprachen jeweils ausgefüllte und unter-
zeichnete Steuererklärungen samt Beilagen eingereicht, ferner liegen früher einge-
reichte Lohnausweise und Liegenschaftsabrechnungen vor. Dennoch haben sie damit
die versäumte Handlung nicht vollständig nachgeholt:
a) Steuerperiode 2001
aa) Einsprache
In der Steuererklärung 2001 haben die Pflichtigen ein Einkommen des Pflich-
tigen aus selbstständigem Erwerb von Fr. 90'000.- deklariert; hingegen haben sie dazu
weder ein Hilfsblatt A noch die Jahresrechnung bzw. Aufstellungen eingereicht und
damit diesbezüglich die versäumte Handlung nicht nachgeholt (Art. 125 Abs. 2 DBG,
§ 134 Abs. 2 StG).
Gemäss den Erläuterungen zum Liegenschaftsverzeichnis sind für jede Lie-
genschaft eine Ertragsaufstellung (Mieterspiegel) einzureichen oder das entsprechen-
de Beiblatt zum Liegenschaftsverzeichnis ausgefüllt einzureichen. Die Pflichtigen ha-
ben in die betreffenden Beiblätter aber jeweils nur den Saldo der Mieten eingetragen
und im Übrigen auf eine Beilage verwiesen. In diesen Beilagen finden sich indessen
auch keine Detailaufstellungen. In der "Zusammenfassung Liegenschaften" sind so-
dann ebenfalls nur die Gesamterträge pro Liegenschaft eingetragen. Im mit der Ein-
sprache eingereichten grünen Ordner finden sich im hinteren Teil zwar Zusammenstel-
lungen über die Mietzinseinnahmen; diese sind indessen nach Monaten saldiert, ein
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eigentlicher Mieterspiegel fehlt. Einzig in Bezug auf eine Liegenschaft in E liegt ein
Mieterspiegel vor. Damit haben die Pflichtigen ihre Verfahrenspflichten nicht vollständig
erfüllt.
Allgemein rügt der Steuerkommissär ferner, dass die Unterlagen nur rudimen-
tär geordnet in einem Ordner ohne Unterteilung und Inhaltsverzeichnis vorgelegt wor-
den seien. Diese Rüge ist berechtigt, denn bei einem derart umfangreichen Liegen-
schaftenbestand wie bei den Pflichtigen ist für die Steuerdeklaration und erst recht für
die Erbringung des Unrichtigkeitsnachweises von Ermessenseinschätzungen erforder-
lich, dass ein Prüfpfad von den einzelnen deklarierten Werten zu den detaillierten Auf-
zeichnungen führt, andernfalls die Unterlagen schlechterdings nicht mehr bewältigt
werden können. Der Ordner enthält indessen weder ein Inhaltsverzeichnis noch sind
die Belege akturiert, sodass er für die Überprüfung jedes deklarierten Werts neu durch-
forstet werden muss, ohne zu wissen, ob man darin überhaupt etwas dazu finden
kann; daran ändert die Grobeinteilung des Ordners nichts.
Die im Rahmen des Unrichtigkeitsnachweises geltenden erhöhten Anforde-
rungen an die Erfüllung der Verfahrenspflichten sind damit nicht erfüllt. Der Hauptan-
trag der Pflichtigen auf Rückweisung des Verfahrens an die Vorinstanz wegen Nachho-
lens der versäumten Handlung im Einspracheverfahren ist damit abzuweisen.
bb) Rekurs bzw. Beschwerde
Die Pflichtigen beantragen neu, sie für die Staats- und Gemeindesteuern mit
einem steuerbaren Einkommen von Fr. 244'200.- (unter Vorbehalt der Steuerausschei-
dung) bzw. eventualiter Fr. 254'900.- und für die direkte Bundessteuer von
Fr. 243'900.- bzw. eventualiter Fr. 234'600.- einzuschätzen. Dabei stellen sie auf die
bereits mit der Einsprache eingereichte Steuererklärung ab, bringen hierzu aber eine
Reihe von Änderungen an. Insbesondere begründen sie die Abweichung gegenüber
der Selbstdeklaration mit folgenden Positionen:
Lohnausweise: Die Pflichtigen machen geltend, die Selbstdeklaration mit ei-
nem Lohn der pflichtigen Ehefrau von Fr. 67'851.- (= Fr. 20'228.- von der G und
Fr. 47'623.- von der H) sei falsch gewesen; korrekt seien stattdessen ein Verwaltungs-
ratshonorar/Löhne H von Fr. 122'307.-. Hierzu reichten sie einen neuen Lohnausweis
ein. Gestrichen haben wollen sie sodann einen ursprünglich deklarierten Betrag "H"
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von Fr. 90'000.-, welcher allerdings in der Steuererklärung unter dem unselbst-
ständigen Einkommen nicht zu finden ist; zu vermuten ist, dass die Pflichtigen damit
das deklarierte Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit des Pflichtigen mei-
nen. Damit räumen sie nachträglich ein, dass die ursprüngliche Lohndeklaration in der
Steuererklärung 2001 falsch war, was den Schluss untermauert, dass die versäumte
Handlung mit der Einsprache nicht korrekt nachgeholt worden war. In Bezug auf den
Rekurs bzw. Beschwerde werden die Hintergründe, welche zur Falschdeklaration ge-
führt haben, nicht ausgeführt; ferner ist unklar, auf welcher Grundlage der neue Lohn-
ausweis erstellt worden ist und weshalb dieser nun korrekt sein soll. Dies trifft in erhöh-
tem Mass auf die ursprünglich deklarierten Fr. 90'000.- zu, wozu sich die Pflichtigen
vollständig ausschweigen. Bei dieser Situation vermag die Selbstdeklaration im Rekurs
bzw. der Beschwerde beim Steuerrekursgericht nicht das Vertrauen erwecken, damit
seien die Verhältnisse nun korrekt dargestellt worden.
Schuldzinsen: In Bezug auf die Hypothek der Liegenschaften strasse in C
machen die Pflichtigen Zinsen von insgesamt Fr. 428'680.- geltend; hierzu liegen Ab-
rechnungen der Bank über einen Darlehensbetrag von Fr. 12'400'000.- (1. Hypothek,
Zinsen Fr. 271'250.- + Fr. 257'140.- = Fr. 528'390.-) bzw. Fr. 600'000.- (2. Hypothek,
Zinsen Fr. 15'005.- + Fr. 13'122.- = Fr. 28'127.-) vor. Darin werden indessen sowohl
der Pflichtige als auch die H als Darlehensnehmer genannt; die Aufteilung des Darle-
hens geht daraus aber nicht hervor, sodass diesbezüglich eine Unklarheit verbleibt.
In Bezug auf die übrigen im Einspracheverfahren festgestellten Mängel sind
nunmehr die Beilagen in den eingereichten Ordnern akturiert worden, weshalb insoweit
die Mängel behoben wurden. Hingegen fehlen die Mieterspiegel weiterhin.
Insgesamt ist damit die versäumte Handlung auch mit dem Rekurs bzw. der
Beschwerde nicht vollständig nachgeholt worden.
b) Steuerperiode 2002
aa) Einsprache
Auch für die Steuerperiode 2002 haben die Pflichtigen mit der Einsprache eine
Steuererklärung eingereicht. Darin deklarieren sie unter den weiteren Einkünften einen
Betrag von Fr. 75'800.- mit dem Vermerk "F"; hierzu liegen keinerlei Belege vor, so-
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dass der Hintergrund völlig im Dunkeln liegt; jedenfalls hätten je nach Rechtsnatur der
Zahlung (Gewinnausschüttung? Provision?) entsprechende Unterlagen (Hilfsblatt A)
eingereicht werden müssen. Hinsichtlich der Liegenschaften gilt das bereits in Bezug
auf die Steuerperiode 2001 Ausgeführte. Wohl haben die Pflichtigen die Formulare
Liegenschaftsverzeichnis eingereicht; hingegen fehlen die notwendigen Detailangaben.
Betreffend die Mietzinseinnahmen fehlen die Mieterspiegel, und aufgrund der groben
Einteilung der Belege im erwähnten Ordner ohne Inhaltsverzeichnis und Akturierung
lassen sich die ebenfalls erforderlichen detaillierten Aufstellungen der tatsächlichen
Unterhaltskosten sowie Schulden und Schuldzinsen samt Belege ohne unverhältnis-
mässigen Aufwand nicht auffinden bzw. ist unklar, ob sie überhaupt vorliegen.
Die Pflichtigen machen ferner einen Teil der Kosten des Wiederaufbaus
der Liegenschaft strasse 25/27 in I, welche 2002 einem Brand zum Opfer fiel, als
abziehbare Unterhaltskosten geltend. Sie beziffern die Wiederaufbaukosten auf
Fr. 2'436'367.-; davon seien Fr. 1'650'000.- durch Leistungen der Gebäudeversiche-
rung gedeckt. Die Differenz von Fr. 786'367.- betrachten sie als Gebäudeunterhalt,
wovon sie Fr. 200'000.- in der Steuerperiode 2002 und den Rest von Fr. 586'367.- in
der Steuerperiode 2003 abziehen. Zur Begründung haben sie mit der Einsprache ledig-
lich ausgeführt, dass die Gebäudeversicherung einen Teil der Renovationskosten als
Unterhalt qualifiziert und deshalb nicht bezahlt habe. Damit haben sie indessen die
versäumte Handlung nicht nachgeholt. Wie bereits ausgeführt, verlangt der Unrichtig-
keitsnachweis insbesondere eine substanziierte Sachdarstellung, welche die einwand-
freie Ermittlung der Steuerfaktoren erlaubt, und gelten gegenüber dem Einschätzungs-
verfahren erweiterte Mitwirkungspflichten. Bei baulichen Veränderungen an bestehen-
den Bauten lassen sich Unterhalt und wertvermehrende Aufwendungen naturgemäss
nicht bis in alle Einzelheiten auseinanderhalten. Die entsprechenden Anteile können
nur schätzungsweise bestimmt werden; dabei ist es Sache des Steuerpflichtigen, die
Schätzungsgrundlagen zu beschaffen. Dazu sind vor allem auch Angaben über den
Zustand und die Ausrüstung des Objekts vor und nach den betreffenden Aufwendun-
gen erforderlich (VGr, 22. April 1986 = StE 1987 B 44.13.1 Nr. 1). Solche substanziier-
te Ausführungen fehlen hier. Der (unbelegte) Hinweis, dass die Gebäudeversiche-
rungsanstalt einen Teil der Kosten nicht gedeckt habe, reicht hierzu nicht aus.
Die versäumte Handlung wurde demnach mit der Einsprache nicht nachge-
holt, weshalb der Hauptantrag auf Rückweisung auch hier abzuweisen ist.
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bb) Rekurs bzw. Beschwerde
Die Pflichtigen haben die Unterlagen nunmehr akturiert und geordnet einge-
reicht, sodass der diesbezügliche Mangel behoben ist. Neu deklarieren sie einen Net-
tolohn der Pflichtigen von Fr. 114'787.- statt Fr. 40'862.-; der unbelegte Betrag von
Fr. 75'800.- gemäss Steuererklärung soll entfallen. Eine Erklärung hierfür wird nicht
geliefert, sodass nicht ersichtlich ist, weshalb die Neudeklaration korrekter sein soll als
die ursprüngliche.
In Bezug auf die Liegenschaften fehlen die Unterlagen zum Objekt strasse in I
(Ertrag/Schuldzinsen) sowie die Abrechnungen zu den Liegenschaften in E; bei den
Liegenschaften Strasse in C ist wiederum die Abgrenzung der Schulden zwischen der
H und den Pflichtigen nicht transparent. Zwar haben letztere neu eine Vereinbarung
datierend vom 31. Dezember 2002 eingereicht, wonach vom Total der Hypothekar-
schulden von Fr. 12'400'000.- ein Anteil von Fr. 9'900'000.- auf sie und der Rest auf die
Gesellschaft entfalle. Aus der Übereinstimmung mit der Kreditsumme in den Abrech-
nungen ist zu schliessen, dass sich diese Schulden von Fr. 12‘400‘000.- auf die 1. Hy-
pothek beziehen. Damit ist aber immer noch offen, auf welcher Grundlage die Zinsan-
teile der Pflichtigen und der Gesellschaft für die 1. Hypothek berechnet wurden, da die
in der Abrechnung enthaltenen Anteile mit denjenigen gemäss Aufteilungsschlüssel
nach der Vereinbarung nicht übereinstimmen. Überdies haben die Pflichtigen die ge-
samten Zinsen für die 2. Hypothek bei sich selber eingesetzt, obschon die diesbezügli-
chen Abrechnungen ebenfalls an die Gesellschaft adressiert sind.
In Bezug auf die beanspruchten Unterhaltskosten im Zusammenhang mit dem
Brandfall Liegenschaft strasse 25/27 in I fehlt auch hier eine substanziierte Sachdar-
stellung, aus welcher die Qualifikation als Unterhaltskosten hervorginge. Aus der Bau-
abrechnung allein lässt sich jedenfalls nicht erkennen, ob sich darunter auch bauliche
Massnahmen mit blossem Unterhaltscharakter befinden.
Damit ist die versäumte Handlung auch in Bezug auf die Steuerperiode 2002
nicht nachgeholt worden.
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c) Steuerperiode 2003
aa) Einsprache
In der mit der Einsprache eingereichten Steuererklärung 2003 haben die
Pflichtigen ein Einkommen aus selbstständigem Erwerb des Pflichtigen von
Fr. 315'000.- sowie unter den weiteren Einkünften Fr. 64'500.- deklariert; hingegen
haben sie dazu weder ein Hilfsblatt A noch die Jahresrechnung bzw. Aufstellungen
noch sonst irgendwelche Belege eingereicht.
Im Übrigen liegen auch hier die bereits bei den vorangehenden Steuerperio-
den festgestellten Mängel vor. Bezüglich den Erträgen aus den Liegenschaften fehlen,
mit Ausnahme einer Liegenschaft in E, die Mieterspiegel. Die Einzelaufstellungen und
Belege befinden sich in einem Ordner ohne Inhaltsverzeichnis und Akturierung. Weiter
mangelt es wiederum an einer substanziierten Sachdarstellung in Bezug auf die Unter-
haltskosten im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau der strasse 25/27 in I nach dem
Brandfall.
Diesbezüglich ist deshalb die versäumte Handlung erneut nicht nachgeholt
worden und demnach der Antrag auf Rückweisung an die Vorinstanz ebenfalls abzu-
weisen.
bb) Rekurs bzw. Beschwerde
Wiederum ändern die Pflichtigen die ursprüngliche Deklaration in Bezug auf
die Erwerbseinkünfte ab. Statt des – ursprünglich nicht näher substanziierten – Betrags
von Fr. 64'500.- gemäss Steuererklärung wird neu ein Erwerbseinkommen des Pflichti-
gen gemäss Lohnausweis der "F" von Fr. 73'976.- angegeben. Die Hintergründe der
Korrektur werden nicht offen gelegt. Zu den deklarierten selbstständigen Erwerbsein-
künften von Fr. 315'000.- fehlt immer noch das Hilfsblatt A. Weiter besteht auch jetzt
noch Unklarheit über die Aufteilung der Schuldzinsen in Bezug auf die Liegenschaften
Strasse in C zwischen den Pflichtigen und der H bzw. darüber, auf welcher tatsächli-
chen Grundlage die vorgenommene Aufteilung basiert. Ferner wurden keine Zinsbele-
ge hinsichtlich der Liegenschaften strasse in I, J und K eingereicht; für letztere werden
immerhin Fr. 444'000.- geltend gemacht (die Bestätigung der S bezieht sich nur auf
2001 und 2002). Weiter fehlt eine substanziierte Sachdarstellung in Bezug auf die Un-
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terhaltskosten im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau nach dem erwähnten Brand-
fall.
d) Damit ist die versäumte Handlung bezüglich aller Steuerperioden nicht kor-
rekt nachgeholt worden, weshalb die Ermessenseinschätzungen weiterhin Bestand
haben und lediglich in Bezug auf ihre Höhe einer auf offensichtliche Unrichtigkeit be-
schränkten Überprüfung unterliegen.
6. Steuerperiode 2001
a) Staats- und Gemeindesteuern 2001
aa) Der Steuerkommissär hat gestützt auf die ihm vorliegenden Unterlagen
eine detaillierte Einschätzung vorgenommen und das steuerbare Einkommen insge-
samt auf Fr. 383'300.- sowie das satzbestimmende Einkommen auf Fr. 502'200.- ge-
schätzt. Wenn die Pflichtigen die Unrichtigkeit einzelner Elemente der Schätzung
nachweisen und dadurch die Schätzung insgesamt als offensichtlich unrichtig er-
scheint, ist sie zu korrigieren. Mithin sind die einzelnen Elemente auf entsprechende
Korrekturen zu prüfen.
bb) Liegenschaftsertrag: Der Steuerkommissär hat diesen (inkl. Eigenmiet-
wert) auf Fr. 1'740'000.- geschätzt. Die Pflichtigen deklarierten einen solchen von
Fr. 1'711'181.- (= Fr. 1'679'181.- + Eigenmietwert netto Fr. 32'000.-). Die Korrektheit
der Selbstdeklaration ist indessen fraglich, da die Mieterspiegel fehlen; zudem sind bei
der Liegenschaft strasse 40 ohne Angabe von Gründen keine Mieteinnahmen für den
Monat Dezember verzeichnet worden. Damit ist die steueramtliche Schätzung nicht
offensichtlich unrichtig.
cc) Der Steuerkommissär hat ferner einen Wertschriftenertrag von Fr. 20'000.-
angenommen, während die Pflichtigen einen solchen von Fr. 24'396.- deklarieren; dar-
auf sind sie zu behaften.
dd) Schuldzinsen: Der Steuerkommissär hat Hypothekarschuldzinsen von
Fr. 1'500'000.- akzeptiert; die Aufteilung auf die einzelnen Kantone geht aus der – of-
fenkundig objektmässigen – Ausscheidung hervor. Die Pflichtigen machen Hypothe-
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karzinsen von Fr. 1'680'110.- geltend, an welchen sie auch im Rekurs- bzw. Be-
schwerdeverfahren festhalten; hinzu kommen neu Schuldzinsen auf den Kontokorrent-
schulden des Pflichtigen bei der H und der L von zusammen Fr. 87'430.- (= Fr. 77'768.-
+ Fr. 9'662.-).
Liegenschaften Zürich: Wie bereits ausgeführt, besteht in Bezug auf die Hypo-
theken auf den Liegenschaften strasse in C Unklarheit über die Aufteilung der Schuld-
zinsen zwischen den Pflichtigen und der H. Gemäss Sachdarstellung in der Rekurs-
/Beschwerdeschrift habe der Pflichtige die gesamte Hypothek übernommen, in Bezug
auf einen Schuldanteil von Fr. 3'600'000.- habe ihm aber die H den Zins auf dem Kon-
tokorrent rückvergütet (Fr. 78'750.- für das 1. Semester und Fr. 74'250.- für das 2. Se-
mester, insgesamt Fr. 153'000.-). Irgendwelche Unterlagen, worin der Aufteilungs-
schlüssel begründet wird, fehlen; strenggenommen ist nicht einmal belegt, dass die
Gutschriften mit der Hypothek überhaupt in Zusammenhang stehen. Weiter fehlen be-
züglich der Liegenschaft strasse in I Belege für die geltend gemachten Hypothekarzin-
sen von Fr. 25'055.-. Damit ist der im Kanton Zürich angefallene geschätzte Hypothe-
karzinsanteil von Fr. 700'000.- nicht als offensichtlich unrichtig nachgewiesen.
Folgende geltend gemachte Hypothekarzinsen sind demgegenüber belegt und
damit anstelle der geschätzten Beträge zum Abzug zuzulassen:
- Liegenschaften E Fr. 231'194.-
- Liegenschaften O Fr. 169'151.-
- Liegenschaften D Fr. 446'750.-
- Liegenschaft J Fr. 18‘170.-
Die neu geltend gemachten Schuldzinsen auf den Kontokorrentschulden des
Pflichtigen bei der H (Fr. 77'768.-) und der L (Fr. 9'662.-) von zusammen Fr. 87'430.-
sind von den Gesellschaften jeweils auf dem Konto Darlehen Aktionär auch verbucht
worden und sind deshalb zum Abzug zuzulassen. Insgesamt erscheint deshalb die
Schätzung des Steuerkommissärs in Bezug auf die Schuldzinsen als zu tief. Die Hypo-
thekarzinsen sind deshalb auf Fr. 1'565‘265.- zu erhöhen und zusätzlich weitere
Schuldzinsen von Fr. 87'430.- zu gewähren, was insgesamt knapp Fr. 1'653'000.- er-
gibt.
Entsprechend ist die Steuerausscheidung anzupassen. Der Steuerkommissär
hat die Hypothekarschuldzinsen objektmässig ausgeschieden, wie es nach der frühe-
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ren Praxis bei interkantonalen Liegenschaftenhändlern üblich war. Nach neuer bun-
desgerichtlicher Rechtsprechung sind indessen Schuldzinsen auch hier proportional
nach Lage der Aktiven zu verteilen (BGr, 3. November 2006, 2P.84/2006
E. 6). Die Ausscheidung ist damit entsprechend zu korrigieren.
ee) Erwerbseinkünfte: Der Steuerkommissär hat unselbstständige Erwerbs-
einkünfte des Pflichtigen von Fr. 160'414.- und der Pflichtigen von Fr. 67'851.- sowie
ein Verwaltungsrats-Honorar "F" von Fr. 30'000.- angenommen, was insgesamt
Fr. 258'265.- ergab. Die Pflichtigen anerkennen die Erwerbseinkünfte des Pflichtigen,
machen in Bezug auf die Pflichtige hingegen einen Lohn von Fr. 122'307.- von der H
sowie weitere Fr. 20'228.- von der L geltend. Ein Verwaltungsrats-Honorar sei nicht
geflossen. Dies ergibt insgesamt Fr. 302'949.-; damit machen sie selbst höhere Ein-
künfte geltend als sie der Steuerkommissär geschätzt hat, worauf sie zu behaften sind.
Die Berufsauslagen (Pauschale für übrige Berufskosten und Weiterbildung) sind an
das geänderte unselbstständige Erwerbseinkommen der Pflichtigen anzupassen.
ff) Damit ergeben sich für die Staats- und Gemeindesteuern 2001 neu ein
steuerbares Einkommen von Fr. 344'000.- und ein satzbestimmendes Einkommen von
Fr. 396'300.-. Die ursprüngliche Schätzung erweist sich demnach als offensichtlich zu
hoch. Es ist auf die korrigierten Beträge abzustellen.
b) Direkte Bundessteuer 2001
aa) Bei seiner Einschätzung stellte der Steuerkommissär auf die Einschätzung
für die Staats- und Gemeindesteuern ab, weshalb insoweit auf die vorstehenden Erwä-
gungen verwiesen werden kann. Zusätzlich hat er zu diesem Betrag noch einen Ge-
winn aus der 1996 erfolgten Veräusserung einer Liegenschaft in D gemäss Veranla-
gungsentscheid über die Grundstückgewinnsteuer von Fr. 2'827'483.- hinzugezählt
sowie einen weiteren Gewinn von Fr. 200'000.- aus der 1995 erfolgten Veräusserung
einer Liegenschaft E, welchen er geschätzt hat. Diese Gewinne hat er um eine Rück-
stellung für darauf anfallende AHV-Beiträge von Fr. 291‘197.- reduziert. Die Korrektu-
ren beruhen auf der Annahme, bei den Pflichtigen handle es sich um gewerbsmässige
Liegenschaftenhändler im Sinn der bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Die Pflichti-
gen bestreiten dies.
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bb) Der direkten Bundessteuer unterliegen gemäss Art. 16 Abs. 1 DBG alle
wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte; Kapitalgewinne aus der Veräusserung von
Privatvermögen sind hingegen nach Art. 16 Abs. 3 DBG steuerfrei. Art. 18 DBG um-
schreibt die steuerbaren Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit. Dazu gehören
gemäss Abs. 2 auch alle Kapitalgewinne aus Veräusserung, Verwertung oder buch-
mässiger Aufwertung von Geschäftsvermögen. Als Geschäftsvermögen gelten alle
Vermögenswerte, die ganz oder vorwiegend der selbstständigen Erwerbstätigkeit die-
nen (Abs. 2 Satz 3).
Gemäss bundesgerichtlicher Praxis liegt steuerbarer Liegenschaftenhandel
vor, wenn der Steuerpflichtige An- und Verkäufe von Liegenschaften nicht nur im Rah-
men der privaten Vermögensverwaltung bei zufällig sich bietender Gelegenheit tätigt,
sondern wenn er dies systematisch und mit der Absicht der Gewinnerzielung tut, d.h.
wenn er eine Tätigkeit entfaltet, die in ihrer Gesamtheit auf Erwerb gerichtet ist (BGE
104 Ib 164; BGE 112 Ib 79; BGE 125 II 113 = StE 1999 B 23.1 Nr. 41 = ASA 67, 644 =
ZStP 1999, 70, auch zum Folgenden). Zur Abgrenzung zwischen privater Vermögens-
verwaltung und (selbstständiger) Erwerbstätigkeit haben Lehre und Rechtsprechung
verschiedene Kriterien entwickelt. Ob eine Erwerbstätigkeit vorliegt, ist immer nach der
Gesamtheit der Umstände zu beurteilen. Als Indizien für eine selbstständige Erwerbs-
tätigkeit können bei Liegenschaftengewinnen etwa die (systematische bzw. planmässi-
ge) Art und Weise des Vorgehens, die Häufigkeit der Liegenschaftengeschäfte, der
enge Zusammenhang eines Geschäfts mit der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichti-
gen, der Einsatz spezieller Fachkenntnisse, die Besitzesdauer, der Einsatz erheblicher
fremder Mittel zur Finanzierung der Geschäfte oder die Realisierung im Rahmen einer
Personengesellschaft in Betracht kommen. Jedes dieser Indizien kann zusammen mit
andern, im Einzelfall jedoch unter Umständen auch bereits allein zur Annahme einer
Erwerbstätigkeit ausreichen (vgl. BGE 122 II 446). Liegt eine Erwerbstätigkeit in die-
sem Sinn vor, gehört nach konstanter Rechtsprechung lediglich das selbstbewohnte
Eigenheim eines Liegenschaftenhändlers – jedenfalls im Regelfall – nicht zu dessen
Geschäftsvermögen (vgl. BSt-RK, 21. August 2003, 4 DB.1999.72).
cc) Folgende Indizien sprechen für einen gewerbsmässigen Liegenschaften-
handel der Pflichtigen:
Der Pflichtige gibt als Berufsbezeichnung Architekt an und ist gemäss Han-
delsregisterauszug Präsident des Verwaltungsrats der L. Die Pflichtige ist ebenfalls
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Mitglied des Verwaltungsrats dieser Gesellschaft. Letztere ging aus einer 1995 erfolg-
ten Sacheinlage/Sachübernahme der Einzelfirma M hervor. Zudem sind die Pflichtigen
Präsident bzw. Mitglied des Verwaltungsrats der H, welche den Erwerb, den Verkauf,
die Überbauung und die Verwaltung von Immobilien bezweckt. Damit besteht bei bei-
den ein enger Zusammenhang zwischen dem Liegenschaftenhandel und ihrer (un-
selbstständigen) Erwerbstätigkeit.
Per Ende 2001 verfügten die Pflichtigen über einen Liegenschaftenbestand
von mehreren Mehrfamilienhäusern (strasse I; strasse/weg E; strasse N; strasse D;
strasse C; strasse C; O) sowie einer Stockwerkeigentumseinheit (J). Der Pflichtige war
überdies Mitglied der einfachen Gesellschaft "P", welche Liegenschaften in I erstellte
und am 17. Dezember 1998 verkaufte. Bei den Akten finden sich zudem Meldungen
über den Verkauf von mehreren Stockwerkeigentumseinheiten im Jahre 1994 in O so-
wie ein öffentlich beurkundeter Verkaufsvertrag vom 22. März 1996 bezüglich einer
Gewerbeliegenschaft in D. Weiter sind 1995 erfolgte Verkäufe von vier Stockwerksei-
gentumseinheiten der Pflichtigen in E aktenkundig. In der Steuerperiode 1999 ist zu-
dem eine Kommission aus dem Verkauf einer "Q" aufgeführt. Mithin wurde in der zwei-
ten Hälfte der 1990-er Jahre eine Vielzahl von Liegenschaftstransaktionen vorge-
nommen, wovon gemäss den Akten zum Teil von den Pflichtigen neu erstellte Liegen-
schaften betroffen waren. Damit ist das Kriterium der Häufigkeit von Liegenschaftenge-
schäften ohne Weiteres erfüllt.
Zudem ist die Fremdfinanzierung der Liegenschaften sehr hoch, bestanden
doch per 31. Dezember 2001 gemäss Steuerdeklaration Hypothekarschulden von rund
Fr. Mio. bei einem Liegenschaftenbestand von rund Fr. Mio.
Aufgrund der Aktenlage zeigt sich weiter, dass auch die Pflichtige in den Lie-
genschaftenhandel eng involviert war, ist sie doch bei beiden im Immobilienbereich
tätigen Gesellschaften im Verwaltungsrat und hat sie selber ebenfalls Liegenschaften
verkauft.
Schliesslich zeigten sich die Pflichtigen selber mit der Besteuerung der zwei
streitigen Liegenschaftengewinne an sich einverstanden, indem sie am 14. September
2005 einen entsprechenden Revers unterzeichneten.
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Bei dieser Sachlage kann daher auch keinem Zweifel unterliegen, dass die
Pflichtigen als Liegenschaftenhändler tätig waren.
dd) Was die Pflichtigen dagegen vorbringen, dringt nicht durch. Für ihre Be-
hauptung, sie hätten mit der Überbauung im Kanton O nur Verluste erlitten und das
kantonale Steueramt habe die Übernahme der Verluste in den neunziger Jahren abge-
lehnt, legen sie keinerlei Beweise vor. Das kantonale Steueramt verfügt denn auch
über keine entsprechenden Hinweise und stellt in der Beschwerde-/Rekursantwort in
Abrede, dass je solche Verluste geltend gemacht worden seien. Nachdem die Pflichti-
gen auf die Einreichung einer Replik verzichtet haben, ist diese Behauptung unwider-
sprochen geblieben. Hinzuweisen ist zudem darauf, dass in der Einschätzung für die
Steuerperiode 1999 mit ihrem Einverständnis eine "Rückstellung" für allfällige Verluste
aus dem Rechtsstreit "R" im Zusammenhang mit der einfachen Gesellschaft in I steu-
erlich berücksichtigt wurde und ihnen damit aus der Qualifikation als Liegenschaften-
händler sogar ein steuerlicher Vorteil erwuchs. Soweit sich die Pflichtigen darauf beru-
fen, es seien bisher die Unterhaltspauschalen gewährt worden, was bei der Quali-
fikation als Liegenschaftenhändler nicht zulässig gewesen sei, können sie daraus
nichts ableiten. Zum Einen ist aus den Akten nicht ersichtlich, dass ihnen Unterhalts-
pauschalen gewährt worden wären; sie machen denn auch keine konkreten Angaben.
Insbesondere kann aber weder die Anerkennung von pauschalen Unterhaltskosten
noch die quotenmässige Schuldzinsenverlegung (welche bei gewerbsmässigen Lie-
genschaftenhändlern gemäss früherer Praxis nicht vorgenommen wurde) in eine still-
schweigende Zustimmung der Steuerbehörden zur Zuweisung der Liegenschaften zum
Privatvermögen umgedeutet werden (StRK II, 6. Juli 2005, 2 DB.2003.27).
ee) Der Steuerkommissär hat den Gewinn von Fr. 2'827'483.- aus der am
22. März 1996 erfolgten Veräusserung einer Liegenschaft in D gemäss Veranlagungs-
entscheid der Grundstücksgewinnsteuer-Kommission D vom 7. April 2006 aufgerech-
net. Weiter stützte er sich auf einen von den Pflichtigen am 14. September 2005 unter-
zeichneten Revers, gemäss welchem sie sich "unwiderruflich" einverstanden erklärten,
dass diese Gewinne nach Vorliegen der definitiven Abrechnungen in einer späteren
bzw. folgenden Steuerperiode vollumfänglich erfasst würden.
Die Pflichtigen wollen diesen Revers nicht mehr gelten lassen. Dieser sei ei-
nerseits ungültig gewesen und andererseits könne die Formulierung "spätere resp.
folgende Steuerperiode" nur bedeuten, dass es sich um eine Periode nach 2005 hand-
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le; die Besteuerung dürfe frühestens in derjenigen Bundessteuerperiode erfolgen, in
welcher die Grundstücksgewinnsteuerveranlagung rechtskräftig werde.
Die Parteien sind sich insofern einig, als die steuerliche Erfassung des Grund-
stückgewinns aus dem Verkauf der Liegenschaft in D dem Bemessungsjahr 1996
zuzuordnen ist und deshalb ordnungsgemäss in der Steuerperiode 1997/1998 hätte
erfolgen müssen. Dies wäre im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Revers am
14. September 2005 noch möglich gewesen, da die Einschätzung für die direkte Bun-
dessteuer 1997/98 erst mit Zustimmungserklärung im Einspracheverfahren vom selben
Tag erfolgte, worin der Revers im Übrigen ausdrücklich als integrierender Bestandteil
erwähnt wurde.
Wenn sich die Pflichtigen nun nicht mehr an diesen Revers gebunden be-
trachten, handeln sie gegen den verfassungsmässigen Grundsatz von Treu und Glau-
ben bzw. gegen das daraus fliessende Verbot des widersprüchlichen Verhaltens. So-
wohl die Steuerbehörden als auch die steuerpflichtige Person dürfen sich zu ihrem
früheren Verhalten nicht in Widerspruch setzen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, VB zu
Art. 109 - 212, N 73 ff. DBG). Ohne die Unterzeichnung des Revers wäre es dem kan-
tonalen Steueramt ohne Weiteres möglich gewesen, den fraglichen Grundstückgewinn
in der ordentlichen Steuerperiode 1997/1998 noch zu erfassen, indem es entweder
weiter zugewartet hätte bis die Grundstückgewinnsteuer rechtskräftig veranlagt war,
oder das Verfahren auf dem Weg der Einschätzung nach pflichtgemässem Ermessen
abgeschlossen hätte. Indem die Pflichtigen ausdrücklich ihr Einverständnis mit einer
späteren Besteuerung erklärt haben, haben sie eine vorteilhaftere Einschätzung
1997/98 erwirkt; ihr nachfolgendes Bestehen auf periodengerechter Besteuerung er-
weist sich unter diesen Umständen als treuwidrig und verdient keinen Rechtsschutz.
Entgegen der Auffassung der Pflichtigen war die Veranlagung 1997/98 damals
zudem keinesfalls verjährungsbedroht. Gemäss Art. 120 Abs. 1 DBG verjährt das
Recht, eine Steuer zu veranlagen, innert fünf Jahren nach Ablauf der Steuerperiode;
die Frist steht während eines Einspracheverfahrens still (Art. 120 Abs. 2 lit. a DBG).
Die absolute Verjährung tritt nach 15 Jahren ein (Art. 120 Abs. 4 DBG). Die Einschät-
zungsakten für die Steuerperiode 1997/98 liegen dem Steuerrekursgericht zwar nicht
vor; aus diversen Aktennotizen (Telefonnotiz vom 20. August 2001, Notiz Inspektorat)
ergibt sich indessen, dass bereits am 13. Juni 2000 eine Einsprache in Bezug auf die
direkte Bundessteuer 1997/98 hängig war. Damit stand die Verjährung still. Abwegig ist
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der Einwand der Pflichtigen, dies gelte nicht in Bezug auf den Grundstückgewinn, da
sie diesen mit der damaligen Einsprache nicht selbst deklariert hätten; ein solcher "se-
lektiver" Stillstand der Veranlagungsverjährung ist der gesetzlichen Regelung fremd.
Nichts ableiten können sie zudem aus dem Umstand, dass sie im Zeitpunkt der Unter-
zeichnung des Revers nicht fachkundig vertreten waren, hätte es ihnen doch frei ge-
standen, einen solchen Vertreter beizuziehen. Zudem war ihnen gemäss einer Proto-
kollnotiz vom 30. März 2004 der Verfahrensstand bekannt.
Nicht gefolgt werden kann ihnen ferner in ihrer Auslegung des Revers, dass
die Besteuerung – wegen der erst am 7. April 2006 getroffenen Veranlagung der
Grundstückgewinnsteuer – erst in der Steuerperiode 2006 erfolgen dürfe. Der Schluss
des Steuerkommissärs, dass die Veranlagung in der ältesten bei Rechtskraft des
Grundstückgewinnsteuerentscheids noch offenen Steuerperiode erfolgen soll, wird
durch den umfassenden Wortlaut des Revers ohne weiteres gedeckt und ist auch
sachgerecht. Bei Kenntnisnahme des Veranlagungsentscheids der Grundstücksge-
winnsteuer-Kommission D vom 7. April 2006 war die vorliegend streitbetroffene Steu-
erperiode 2001 die älteste noch offene Steuerperiode.
ff) Der Steuerkommissär hat einen weiteren Gewinn aus der Veräusserung
der Liegenschaften in E von Fr. 200'000.- besteuert. Dabei handelt es sich um den
Verkauf von vier Stockwerkeigentumseinheiten, welche alle 1995 erfolgten; Verkäuferin
war die Pflichtige. Eine Grundstückgewinnsteuerveranlagung hat indessen noch nicht
stattgefunden. Nachdem der Revers gemäss seinem Wortlaut eine steuerliche Erfas-
sung "nach Vorliegen der definitiven Abrechnungen" zum Inhalt hat, fehlt es damit an
der Grundlage für die Besteuerung der Gewinne in der Steuerperiode 2001.
gg) Für die direkte Bundessteuer 2001 ergibt sich damit folgende Veranla-
gung:
Fr. steuerbares Einkommen gemäss Einschätzung Staats- und Gemeindesteuern 396‘345.-
Differenz Versicherungsabzüge und Sonderabzug - 300.-
Grundstückgewinn D 2'827'483.-
./. AHV-Rückstellung auf Grundstückgewinn - 271'960.-
Total 2'951‘568.-
gerundet 2'951‘500.-.
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Die Differenz zum geschätzten steuerbaren Einkommen von Fr. 3'238'200.- ist
beträchtlich, sodass die Ermessenseinschätzung offenkundig als unrichtig erscheint
und der korrigierte Wert zu übernehmen ist.
7. Steuerperiode 2002
a) Mietertrag
Der Steuerkommissär hat die Netto-Liegenschaftserträge auf Fr. 1'740'000.-
geschätzt, während die Pflichtigen solche von Fr. 1'299'201.- vertreten. Die Schätzung
des Steuerkommissärs entspricht derjenigen des Vorjahres und damit im Wesentlichen
auch der Selbstdeklaration der Pflichtigen für dieses Jahr; sie wäre demnach nur dann
zu hoch, wenn die Pflichtigen Umstände geltend machen können, welche eine Abnah-
me des Nettoertrags im Vergleich zum Vorjahr erklären.
aa) In Betracht fällt vorab der Brandfall bezüglich der Liegenschaft strasse
25/27 in I, in Bezug auf welche die Pflichtigen Unterhaltskosten von Fr. 200'000.- im
Zusammenhang mit dem Wiederaufbau geltend machen. Die Kosten für einen Ersatz-
bau nach einem Brand gelten grundsätzlich nicht als Unterhaltskosten, sondern als
wertvermehrende Aufwendungen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 32 N 57 DBG
und § 30 N 50 StG). Die Pflichtigen haben weder substanziiert dargetan noch belegt,
dass die baulichen Massnahmen entgegen diesem Grundsatz Unterhalt darstellen. Die
Faktenlage spricht klar gegen eine solche Annahme. Aus den Akten ergibt sich, dass
die Pflichtigen für die Liegenschaft (inkl. Boden) vor dem Brand einen Wert (inkl. Land)
von Fr. 2'027'000.- deklariert haben. Der Wiederaufbau kostete Fr. 2'436'367.-, und die
Gebäudeversicherung hat Fr. 1'650'000.- an den Schaden geleistet. Diese hohen Be-
träge lassen einen totalen Abbruch und eine vollständige Neuerstellung eines erweiter-
ten Ersatzbaus vermuten. Unter diesen Umständen hätte es umso mehr an den Pflich-
tigen gelegen, bauliche Massnahmen mit Unterhaltscharakter darzutun und zu
belegen. Dies haben sie nicht getan; die Bauabrechnung allein enthält jedenfalls keine
Anhaltspunkte für das Vorliegen von Unterhaltsaufwendungen. Im Übrigen bietet der
Brandfall auch keine Begründung für eine Abnahme des Liegenschaftsertrags im Ver-
gleich zum Vorjahr, da gemäss der Zusammenstellung der Pflichtigen zu den Steuer-
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erklärungen der Einbruch der Mieterträge sowohl durch Versicherungszahlungen als
auch durch eine starke Abnahme der übrigen Unterhaltskosten kompensiert wurde.
bb) In Bezug auf die übrigen Liegenschaftserträge zeigen sich zum Teil erheb-
liche Schwankungen im Vergleich zum Vorjahr, ohne dass von den Pflichtigen hierfür
irgendwelche Erklärungen geliefert würden. Insbesondere bei der Liegenschaft in E
fällt auf, dass der Ertrag im Vergleich zum Vorjahr um rund 30% zurückgegangen ist;
da aber die Abrechnungen 2002 fehlen, lassen sich die Gründe für diesen Rückgang
nicht überprüfen. Auffallend sind zudem die massiven Schwankungen in den Mietein-
nahmen bei der Liegenschaft strasse 34/36 in I, welche sowohl innerhalb des Jahres
als auch im Vergleich zum Vorjahr bei den Monatsbetreffnissen zum Teil bis gegen
100% betragen (z. B. Monat März). Hier fehlen Mieterspiegel, welche Erklärungen für
diese Schwankungen liefern könnten. Mangels Detailangaben zu den Mieterträgen ist
es auch nicht möglich, aus den Unterlagen entsprechende Gründe zu eruieren.
cc) Damit besteht aber keine Veranlassung, von der steueramtlichen Schät-
zung abzuweichen.
b) Wertschriftenertrag
Die Pflichtigen deklarieren einen solchen von Fr. 17'594.-, während der Steu-
erkommissär Fr. 20'000.- geschätzt hat. Die Deklaration ist belegt, was eine Korrektur
von Fr. 2'406.- zugunsten der Pflichtigen ergibt.
c) Schuldzinsen
Der Steuerkommissär hat die Schuldzinsen auf Fr. 1'400'000.- geschätzt und
Fr. 650‘000.- davon auf den Kanton Zürich verlegt. Die Pflichtigen verfechten einen
Betrag von total Fr. 1'634'512.- (ohne Verlegung auf die Kantone).
Liegenschaften Zürich: Bezüglich der Hypothekarzinsen strasse in I von
Fr. 14'826.- fehlen die Belege. Wie bereits ausgeführt, besteht weiter eine Unklarheit
über die Aufteilung der Hypothekarschuldzinsen in Bezug auf die Liegenschaften
strasse in C. Aus den Unterlagen ist zu schliessen, dass der Pflichtige nur einen Teil
davon zu tragen hatte. Dies ergibt sich daraus, dass sich die Verfallanzeigen für die
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Hypothekarzinsen jeweils auf Mehrfamilienhäuser "str." bezogen und an den Pflichti-
gen sowie die H als Darlehensnehmer adressiert waren, sich unter seinen Liegen-
schaften aber keine an der strasse befinden. Die Grundlagen für die Aufteilung der
Zinsen mit der H sind nicht ersichtlich. Die vorgenommene Aufteilung ist zudem nicht
schlüssig. Die ausstehende Hypothekarschuld betrug per 31. Dezember 2002
Fr. 12'400'000.- für die 1. Hypothek und Fr. 400'000.- für die 2. Hypothek, und die Zin-
sen für die 1. Hypothek beliefen sich auf Fr. 499'875.- (= Fr. 255'750.- + Fr. 244'125.-,
R-act. 7/120, 121, 122 und 123), diejenigen für die 2. Hypothek auf Fr. 21'834.- (=
Fr. 11'745.- + Fr. 10'089.-). Die Pflichtigen machen mit Bezug auf die 1. Hypothek
Fr. 378'937.- (75,8%), in Bezug auf die 2. Hypothek hingegen den gesamten Betrag
geltend. Diese Aufteilung widerspricht den Verfallanzeigen, da ja auch diejenige für die
2. Hypothek an beide Darlehensnehmer gerichtet war. Erst per 31. Dezember 2002
wurde eine Vereinbarung getroffen, wonach von der Hypothek von Fr. 12'400'000.- ein
Betrag von Fr. 9'900'000.- (79,8%) auf den Pflichtigen und der Rest von Fr. 2'500'000.-
auf die H entfallen. Daraus geht indessen die Aufteilung für den Zeitraum vor dem
31. Dezember 2002 nicht hervor; überdies bezieht sie sich – wie sich aus dem Totalbe-
trag der Hypothek ergibt – nur auf die 1. Hypothek, und stimmt der prozentuale Anteil
nicht mit dem effektiv geltend gemachten Betrag überein. In Anbetracht dieser Unklar-
heiten erscheint die steueramtliche Schätzung der im Kanton Zürich angefallenen Hy-
pothekarzinsen mit Fr. 650'000.- nicht als offensichtlich unrichtig.
Folgende übrige Hypothekarzinsen sind demgegenüber belegt und damit zum
Abzug zuzulassen:
- Liegenschaften E Fr. 214'725.-
- Liegenschaften O Fr. 169'852.-
- Liegenschaften D Fr. 444'000.-
- Liegenschaft J Fr. 18'083.-
Neu geltend gemacht werden Schuldzinsen auf den Kontokorrentkonti des
Pflichtigen bei der H und der L von zusammen Fr. 60'062.- (= Fr. 41'917.- + Fr. 18'145.-
). Diese sind jeweils auf dem Konto Darlehen Aktionär auch verbucht worden und sind
deshalb zu gewähren.
Insgesamt ergibt dies Schuldzinsen von rund Fr. 1'556'000.-, welche interkan-
tonal proportional (nach Lage der Aktiven) zu verlegen sind.
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d) Erwerbseinkünfte
Der Steuerkommissär hat diese auf insgesamt Fr. 238'469.- (Fr. 167'607.- +
Fr. 40'862.- + Fr. 30'000.-) geschätzt. Mit dem Rekurs bzw. der Beschwerde hielten die
Pflichtigen am Lohn des Pflichtigen von Fr. 167'607.- von der L fest, deklarierten aber
anstelle der übrigen Beträge neu ein Lohn der Pflichtigen von Fr. 114'787.- aus ihrer
Erwerbstätigkeit für die H, was insgesamt Fr. 282'394.- ergibt. Darauf sind sie zu be-
haften, sodass sich die unselbstständigen Erwerbseinkünfte um Fr. 43'925.- erhöhen.
Entsprechend sind die Berufsauslagen anzupassen.
e) Mit diesen Korrekturen ergibt sich für die Staats- und Gemeindesteuern
2002 ein steuerbares Einkommen von Fr. 288'300.- und ein satzbestimmendes Ein-
kommen von Fr. 466'300.-. Die Einschätzung erweist sich damit als offensichtlich un-
richtig, weshalb das steuerbare Einkommen entsprechend herabzusetzen ist. Die Kor-
rekturen sind sodann auch für die direkte Bundessteuer 2002 zu übernehmen, sodass
dort ein steuerbares Einkommen von Fr. 466'000.- resultiert.
8. Steuerperiode 2003
a) Liegenschaftsertrag
Der Steuerkommissär hat diesen wie für die Vorjahre auf Fr. 1'740'000.- fest-
gesetzt. Die Pflichtigen deklarierten in ihrer Zusammenfassung 2003 einen solchen von
Fr. 850'371.- (= Fr. 2'078'115.- ./. Fr. 1'227'744.-) bzw. (inkl. Eigenmietwert) von
Fr. 882'371.-. Mit dem Rekurs bzw. der Beschwerde korrigierten sie diesen Betrag,
indem sie den ursprünglich beanspruchten Unterhalt der Liegenschaft O um
Fr. 90'000.- reduzierten.
Gemäss Aufstellung hat der Ertrag der vom Brand betroffenen Liegenschaft in
I gegenüber dem Vorjahr um rund Fr. 87'000.- abgenommen, was als plausibel er-
scheint und zu übernehmen ist. Bezüglich dieser Liegenschaft wird indessen wiederum
ein Anteil der Wiederaufbaukosten geltend gemacht, und zwar im Betrag von
Fr. 586'367.-. Die Ausführungen der Pflichtigen hierzu entsprechen denjenigen zur
Steuerperiode 2002, weshalb auf das bereits dort Gesagte verwiesen werden kann.
Diese Kosten sind demnach nicht abzugsfähig. Im Übrigen zeigt sich, dass die Brutto-
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erträge der einzelnen Liegenschaften im Wesentlichen gleich geblieben sind, mit Aus-
nahme der Liegenschaft in K (Abnahme im Vergleich zu 2001 um rund Fr. 20'000.-)
und vor allem E (Abnahme seit 2001 um rund Fr. 85'000.-). Auffallend ist hier, dass die
Abrechnungen 2001 sich jeweils auf die Liegenschaften "strasse 6 / weg 2 + 4" bezo-
gen, 2003 aber nur noch auf die Liegenschaften "strasse 6 / weg 2". Weshalb die Lie-
genschaft weg 4 nicht mehr erwähnt wird, ist nicht ersichtlich, es liegen keine Anhalts-
punkte auf einen Verkauf derselben vor. Es kann sich aber auch nicht um einen
blossen Verschrieb handeln, da die Mietzinseinnahmen um rund 40% eingebrochen
sind, was darauf schliessen lässt, dass die Erträge dieser Liegenschaft in den Abrech-
nungen nicht mehr enthalten sind. In Widerspruch dazu erscheint die Liegenschaft weg
4 unverändert in den Hypothekarzinsrechnungen. Aufgrund der fehlenden Detailanga-
ben besteht auch hier letztlich eine Unklarheit über die effektiven Beträge und Grund
zur Annahme, dass nicht sämtliche Erträge deklariert wurden. Damit ist ohne Weiteres
davon auszugehen, dass sich diese im Rahmen von 2001 bewegt haben.
Insgesamt ist deshalb die steueramtliche Schätzung von Fr. 1'740'000.- um
Fr. 87'000.- (Brandfall Liegenschaft I) zu kürzen, was neu einen Netto-Liegenschafts-
ertrag von gerundet Fr. 1'653'000.- ergibt.
b) Wertschriftenertrag
Die Pflichtigen haben einen Wertschriftenertrag von Fr. 15'458.- anstelle der
vom Steuerkommissär geschätzten Fr. 20'000.- deklariert. Die Deklaration ist auch hier
belegt, sodass der Wert zu übernehmen ist.
c) Schuldzinsen
Liegenschaften Zürich: Wiederum besteht Unklarheit über die Aufteilung der
Hypothekarzinsen in Bezug auf die Liegenschaften strasse 34/36 und 40 in C zwischen
den Pflichtigen und der H bzw. auf welcher tatsächlichen Grundlage die vorgenomme-
ne Aufteilung basiert, stimmen doch die geltend gemachten Zinsen nicht mit dem hypo-
thetischen Anteil gemäss der Vereinbarung vom 31. Dezember 2001 überein. Ferner
fehlen Zinsbelege in Bezug auf die Liegenschaften strasse in I. Damit ist die Unrichtig-
keit der steueramtlichen Schätzung nicht nachgewiesen worden und bleibt es bei den
geschätzten Fr. 600'000.-.
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In Bezug auf die Liegenschaften in J und K fehlen die Belege; in Bezug auf
letztere werden immerhin Fr. 444'000.- geltend gemacht (die Bestätigung der S bezieht
sich nur auf 2001 und 2002). Diesbezüglich ist die offensichtliche Unrichtigkeit der
steueramtlichen Schätzung (Fr. 10'000.- bzw. Fr. 400'000.-) nicht nachgewiesen.
Belegt und damit zum Abzug zuzulassen sind folgende geltend gemachte Hy-
pothekarzinsen: Fr.
- Liegenschaften E 164'642.-
- Liegenschaften O 170'180.-.
Schuldzinsen: In der ursprünglichen Schätzung nicht berücksichtigt sind die
neu deklarierten Schuldzinsen auf den Kontokorrentschulden des Pflichtigen bei der H
und der L von zusammen Fr. 46'390.- (= Fr. 30'677.-+ Fr. 15'713.-). Diese sind jeweils
wiederum auf dem Konto Darlehen Aktionär verbucht worden und deshalb zu gewäh-
ren.
Dies ergibt insgesamt Schuldzinsen von rund Fr. 1'390'000.-, welche proporti-
onal (nach Lage der Aktiven) zu verlegen sind.
d) Erwerbseinkünfte
Der Steuerkommissär hat ein Erwerbseinkommen von total Fr. 265'499.-
(= Fr. 167'134.- + Fr. 68'365.- + Fr. 30'000.-) angenommen. Die Pflichtigen anerkennen
den Lohn des Pflichtigen von Fr. 167'134.- von der L sowie der Pflichtigen von
Fr. 68'365.- von der H und deklarieren zusätzlich einen Lohn des Pflichtigen von
Fr. 73'976.- von letzterer; hingegen entfällt das Verwaltungsrats-Honorar von
Fr. 30'000.-. Zu all diesen Löhnen liegen Lohnausweise vor. Hinzu kommen die in der
Steuererklärung 2003 deklarierten Einkünfte (Provisionen) von Fr. 315'000.-; diese
werden von den Pflichtigen ausdrücklich anerkannt. Mithin beträgt das Total der Er-
werbseinkünfte sogar Fr. 624'475.- und damit Fr. 358'976.- mehr als ursprünglich ge-
schätzt. Dieser Wert ist zu übernehmen; die Berufsauslagen sind entsprechend anzu-
passen.
e) Fasst man diese Korrekturen zusammen, ergibt sich für die Staats- und
Gemeindesteuern 2003 ein steuerbares Einkommen von Fr. 630'200.- bzw. ein satz-
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bestimmendes Einkommen von Fr. 886'500.- und für die direkte Bundessteuer 2003
ein steuerbares Einkommen von Fr. 886'200.-.
f) Die daraus für die Steuerperiode 2003 folgende Höhereinschätzung wurde
den Pflichtigen mit Verfügung vom 8. September 2010 angezeigt und ihnen Gelegen-
heit eingeräumt, sich hierzu zu äussern. In ihrer Stellungnahme vom 6. Dezember
2010 machten sie sinngemäss geltend, es gehe nicht an, die Schätzungen des Steuer-
kommissärs mit den zugestandenen Einkommen der Pflichtigen zu kombinieren, zu-
dem seien Abschreibungen auf den von den Steuerbehörden behaupteten Geschäfts-
vermögen zu akzeptieren. Diesen Einwendungen ist indessen nicht zu folgen. Die
rechtskundig vertretenen Pflichtigen legen in keiner Weise dar, inwiefern das von ihnen
anerkannte Erwerbseinkommen von Fr. 315'000.- auch bereits bei anderen Positionen
berücksichtigte Einkommensbestandteile enthalten würde. Es besteht deshalb kein
Grund zur Annahme, dass Einkünfte doppelt erfasst worden sind. Für die Gewährung
von Abschreibungen auf den im Geschäftsvermögen befindlichen Liegenschaften fehlt
es bereits an den notwendigen Buchhaltungen.
9. Die Kostenauflage im Einspracheverfahren von Fr. 2'500.- ist zu bestätigen,
da die Pflichtigen zu Recht nach pflichtgemässem Ermessen eingeschätzt worden sind
(vgl. § 142 Abs. 2 Satz 2 StG i.V.m. § 18 der Verordnung zum Steuergesetz vom
1. April 1998, VO StG). Die Kostenhöhe ist angemessen (§ 21 Abs. 2 VO StG).
10. Diese Erwägungen führen zur teilweisen Gutheissung der Rechtsmittel.
Trotz diesem Ausgang des Verfahrens sind die Beschwerde-/Rekurskosten vollständig
den Pflichtigen aufzuerlegen, da sie bei pflichtgemässem Verhalten schon im Einspra-
cheverfahren zu ihrem Recht gekommen wären (Art. 144 Abs. 2 DBG, § 151 Abs. 2
StG). Die Zusprechung der beantragten Parteientschädigung an sie kommt aufgrund
ihres mehrheitlichen Unterliegens nicht in Betracht (§ 152 StG i. V. m. § 17 Abs. 2 des
Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997 bzw. Art. 144 Abs. 4
DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom
20. Dezember 1968).
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1 DB.2010.41 - 43 1 ST.2010.47, 50, 51 | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
4b7cfbd5-687c-46d4-957e-d32f444085f8 | hat sich ergeben:
A. Die 19.. geborene A (nachfolgend die Pflichtige) erwarb mit Verträgen vom
17. August 2000 bzw. 25. Mai 2001 (Ergänzung) von ihrer Mutter B 340 Inhaberaktien
der C zum Preis von Fr. 1'020'000.-. Die Mittel zur Bezahlung des Kaufpreises erhielt
die damalige Musikstudentin von ihrer Mutter in Form eines Darlehens in der nämli-
chen Höhe; dabei verpflichtete sie sich, das Darlehen jährlich soweit zu amortisieren,
dass Zins und Amortisation zusammen mindestens Fr. 100'000.- erreichen.
Diesem Aktienkauf ging Folgendes voraus:
Mit Schreiben vom 13. Dezember 1999 hatte der Steuervertreter der C und
der Familie D die Steuerbehörde um einen Vorbescheid ersucht. Den zu prüfenden
Sachverhalt schilderte er dahingehend, dass es sich bei der C um eine ehemalige Im-
mobiliengesellschaft handle, welche seit vielen Jahren nur noch ihr eigenes Vermögen
verwalte. Dabei schütte sie regelmässig eine Dividende von 100% des Aktienkapitals
(= Fr. 200'000.-) an ihre Aktionäre (= B mit 340 Aktien sowie deren Kinder A und E mit
je 30 Aktien) aus. B beabsichtige nun, ihre 340 Aktien zum aktuellen Wert an ihre Kin-
der zu verkaufen, weil sie per 2000 die Schweiz in Richtung G (= Heimatland ihres
Gatten) verlassen werde. Der Kaufpreis solle mit marktgerecht verzinslichen und zu
amortisierenden Darlehen finanziert werden. Vor diesem Hintergrund werde um Be-
antwortung der folgenden Fragen ersucht:
1) Trifft es zu, dass der Verkauf der 340 Aktien bei Frau B keine Steuerfol-
gen auslöst?
2) Trifft es zu, dass die Deklaration der Dividende in den Wertschriftenver-
zeichnissen von E und A ohne weiteres zur Rückerstattung der Verrech-
nungssteuern an die Genannten führt?
3) Trifft es zu, dass für E und A die Schuldzinsen, welche sie auf dem Dar-
lehen an ihre Mutter zahlen müssen, steuerlich abzugsfähig sind (im
Rahmen der gegenwärtigen, aber auch künftigen Regelung mit Plafond);
ebenso die Darlehensschuld vom übrigen Vermögen?
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1 DB.2011.95, 1 ST.2011.145, 1 VS.2011.1
Weiter ersuchte der Vertreter um "Bemerkungen/Hinweise, was allenfalls zu
beachten wäre".
Der Steuerkommissär verlangte in der Folge telefonisch zunächst die Vorlage
eines Vertragsentwurfs. Ein solcher wurde ihm vom Steuervertreter mit Schreiben vom
13. April 2000 zugesandt; dies mit dem Hinweis, der Aktienverkauf werde nunmehr
allein noch zwischen der Mutter und der Tochter abgewickelt. Im Vertragsentwurf war
neben dem eingangs dargestellten Inhalt noch vorgesehen, dass die Aktien treuhände-
risch beim Steuervertreter hinterlegt und der Käuferin erst nach vollständiger Amortisie-
rung des Darlehens ausgehändigt werden dürften.
Mit Schreiben vom 20. Juli 2000 beantwortete der Steuerkommissär das Vor-
bescheidsgesuch wie folgt:
1) Sowohl bei Frau B (Verkäuferin) als auch bei Frau A (Käuferin) handelt
es sich um Aktien, welche im Privatvermögen gehalten werden. Ein all-
fälliger Kapitalgewinn bei Frau B ist somit einkommenssteuerfrei.
2) Sämtliche Reserven der C [..] bleiben fiskalisch verhaftet, womit kein
Realisierungstatbestand vorliegt. Allfällige spätere Ausschüttungen (al-
lenfalls Substanzdividenden) bilden bei Frau A steuerpflichtiges Ein-
kommen.
3) Die von Frau A an Frau B nachweislich bezahlten Schuldzinsen können
steuermindernd geltend gemacht werden. Bezüglich der Höhe des Zins-
satzes ist das Merkblatt der ESTV über Zinssätze [..] zu berücksichtigen.
Im weiteren verweisen wir auf die durch das Stabilisierungsprogramm
1998 neu eingeführte Begrenzung des Schuldzinsenabzugs [..].
4) Sofern Frau A die Voraussetzungen nach Art. 21 und 22 des VStG er-
füllt, hat sie Anspruch auf die Rückerstattung der Verrechnungssteuer.
5) Von einer Sicherstellung des Darlehens durch die Verpfändung bzw.
Hinterlegung der Aktien raten wir Ihnen ab. Die neue Eigentümerin muss
unseres Erachtens auch wirtschaftlich frei über die erworbenen Titel ver-
fügen können, um dem Drittvergleich standzuhalten. Diesbezüglich ge-
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1 DB.2011.95, 1 ST.2011.145, 1 VS.2011.1
hen wir auch davon aus, dass die bisherige Eigentümerin aus dem Ver-
waltungsrat ausscheiden wird.
In der Folge wurde der Vertrag gemäss den Vorgaben des Steuerkommissärs
umgesetzt und erfolgte die Besteuerung der Pflichtigen in den Steuerperioden bis und
mit 2004 nach Massgabe dieses Vorbescheids; d.h. sie hatte die Dividende der C zu
versteuern, konnte dafür aber das Darlehen gegenüber der Mutter und die Darlehens-
zinsen steuermindernd geltend machen und es wurde ihr jeweils auch der Anspruch
auf Rückerstattung der dividendenbezogenen Verrechnungssteuern zugesprochen.
B. Im Einschätzungs- und Veranlagungsverfahren 2005 nahm der Steuer-
kommissär zunächst ergänzende Untersuchungshandlungen betreffend den Sachver-
halt rund um den familieninternen Transfer der 340 C-Aktien vor. Mit Einschätzungs-
vorschlag vom 15. Oktober 2009 wies er alsdann den Steuervertreter der Pflichtigen
darauf hin, dass in Bezug auf diese Aktienübertragung eine klassische Steuerumge-
hung vorliege, weshalb die Darlehenszinsen nicht zum Abzug zugelassen würden, die
von der C ausbezahlte Bruttodividende nicht steuerwirksam erfasst werde und keine
Rückforderungsmöglichkeit betreffend der dividendenbezogenen Verrechnungssteuer
bestehe.
Der Steuervertreter hielt dem anlässlich einer Besprechung vom 13. Januar
2010 den seines Erachtens verbindlichen Vorbescheid der Steuerbehörde vom 20. Juli
2000 entgegen. Nach einer Rücksprache mit der Eidgenössischen Steuerverwaltung
kündigte daraufhin der Steuerkommissär mit Schreiben an den Steuervertreter der
Pflichtigen vom 26. Februar 2010 "alle vermeintlichen Vereinbarungen und Abspra-
chen" und hielt dabei insbesondere fest, dass die Verrechnungssteuer infolge Steuer-
umgehung nicht zurückerstattet werden könne.
Mit Stellungnahme vom 12. März 2010 entgegnete der Steuervertreter, dass
nicht gegen den Vorbescheid bzw. das Ruling vom 20. Juli 2000 verstossen worden
sei. Das Ruling müsse sodann bis zur Liquidation der C Gültigkeit haben.
Mit Einschätzungsentscheid für die Staats- und Gemeindesteuern 2005 vom
9. April 2010 bzw. Hinweis für die direkte Bundessteuer 2005 gleichen Datums hielt der
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1 DB.2011.95, 1 ST.2011.145, 1 VS.2011.1
Steuerkommissär am Vorliegen einer Steuerumgehung fest, wobei er einen geringfügi-
gen Anteil der Darlehenszinsen zum Abzug zuliess. Es resultierten die folgenden Steu-
erfaktoren:
Staats- und Gemeindesteuern Direkte Bundessteuer
Fr. Fr.
Steuerbares Einkommen 24'500.- 25'700.-
Satzbestimmendes Einkommen 25'800.- 27'000.-
Steuerbares Vermögen 0.-.
Der Rückerstattungsanspruch für die Verrechnungsteuer 2006 (Fälligkeitsjahr
2005) wurde im Einschätzungsentscheid mit Fr. 3'168.85 beziffert.
Die Bundessteuerveranlagung wurde mit Schlussrechnung vom 26. April 2010
formell eröffnet.
B. Hiergegen liess die Pflichtige am 11. bzw. 13. Mai 2010 Einsprache erhe-
ben und beantragen, die Einschätzung, die Veranlagung sowie die Festsetzung des
Verrechnungssteuer-Rückerstattungsanspruchs seien deklarationsgemäss vorzuneh-
men. Zur Begründung wurde auf das Ruling vom 20. Juli 2000 verwiesen, an welches
sich die Steuerbehörde zu halten habe. Dabei wurde auch der Antrag gestellt, dass
dieses bis zur definitiven Abwicklung der Liquidation der C in Kraft bleiben solle.
Das kantonale Steueramt hiess die Einsprachen mit Entscheiden vom 4. Mai
2011 teilweise gut. Dabei hielt es am Vorliegen einer Steuerumgehung fest, wobei die
steuermindernd deklarierten Darlehenszinsen nunmehr vollumfänglich aufgerechnet
wurden. Zudem wurde neu die deklarierte Ausscheidung von Einkünften von Fr. 1'300.-
ins Ausland mit Hinweis auf das Fehlen von entsprechenden Belegen nicht zugelas-
sen. Die Dividende auf den 340 von der Mutter gekauften C-Aktien wurde bei der
Pflichtigen weiterhin nicht als Einkommen erfasst und dementsprechend diesbezüglich
auch der Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer verweigert. Dies führte
zu folgender Höhertaxation:
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1 DB.2011.95, 1 ST.2011.145, 1 VS.2011.1
Staats- und Gemeindesteuern Direkte Bundessteuer
Fr. Fr.
Steuerbares Einkommen 32'300.- 33'500.-
Steuerbares Vermögen 0.-.
Der Rückerstattungsanspruch für die Verrechnungsteuer 2006 (Fälligkeitsjahr
2005) wurde unverändert auf Fr. 3'168.85 festgelegt.
C. Hiergegen liess die Pflichtige am 3. Juni 2011 Beschwerde (betreffend die
direkte Bundessteuer) bzw. Rekurse (betreffend die Staats- und Gemeindesteuern
sowie die Verrechnungssteuer) einreichen und dabei die Anträge ihrer Einsprache
samt Begründung erneuern. Zudem wurde die Zusprechung einer angemessenen Par-
teientschädigung verlangt.
Das kantonale Steueramt beantragte mit Vernehmlassung vom 30. Juni 2011
die Abweisung aller Rechtsmittel. Dieselben Anträge stellte die Eidgenössische Steu-
erverwaltung (ESTV) mit Stellungnahme vom 5. August 2011 in Bezug auf die Be-
schwerde und den Rekurs hinsichtlich der Verrechnungssteuer. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Die Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV) statuiert den Grundsatz
von Treu und Glauben in Art. 5 Abs. 3 einerseits als Regel für das Verhalten von Staat
und Privaten sowie andererseits in Art. 9 als grundrechtlichen Anspruch des Privaten
gegenüber dem Staat auf Schutz des berechtigten Vertrauens in behördliche Zusiche-
rungen oder sonstiges, bestimmte Erwartung begründendes Verhalten der Behörden
(BGE 126 II 377 E.3a mit Hinweisen).
b) Zwar verlangt das Gesetzmässigkeitsprinzip, dass die Verwaltungsbehör-
den nach Massgabe des Gesetzes und nicht nach Massgabe der vom Gesetz abwei-
chenden Auskunft entscheiden. Indessen kann eine unrichtige behördliche Auskunft
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1 DB.2011.95, 1 ST.2011.145, 1 VS.2011.1
unter gewissen Umständen eine Vertrauensgrundlage bilden. Dies gilt auch für das
Steuerrecht, wenn auch in geringerem Masse. Voraussetzung dafür bildet, dass sich
die Auskunft der Behörde auf eine konkrete, den betreffenden Bürger berührende An-
gelegenheit bezieht, dass die Amtsstelle, welche die Auskunft gegeben hat, hierfür
zuständig war oder der Bürger sie aus zureichenden Gründen als zuständig betrachten
durfte, dass der Bürger die Unrichtigkeit der Auskunft nicht ohne weiteres hat erkennen
können, dass er im Vertrauen hierauf nicht ohne Nachteil rückgängig zu machende
Dispositionen getroffen hat und dass die Rechtslage zur Zeit der Verwirklichung des
Tatbestands noch die gleiche ist wie im Zeitpunkt der Auskunftserteilung (BGr, 4. Mai
2010, 2C_45/2010, www.bger.ch, mit Hinweisen). Das kantonale Steueramt hat diese
Praxis im Merkblatt betreffend Begehren um amtliche Auskünfte und Vorbescheide
vom 13. Oktober 2008 (ZStB I Nr. 30/500, nachfolgend Merkblatt) festgehalten und
führt übereinstimmend damit aus, wenn diese Voraussetzungen kumulativ erfüllt seien,
werde die mit dem Vorentscheid festgelegte steuerliche Beurteilung im Einschätzungs-
verfahren nicht mehr in Wiedererwägung gezogen, auch wenn sich die Auskunft im
Nachhinein als unrichtig herausstellen sollte (Ziff. C. IV. Abs. 2). Eine Auskunft bzw. ein
diesbezüglicher Vorentscheid entfaltet seine Wirkung erst im nachfolgenden Veranla-
gungsverfahren. Er erlangt Rechtswirkungen, wenn und soweit dies durch den Grund-
satz von Treu und Glauben geboten ist.
c) Der Sachverhalt, auf den sich die (vorbehaltslose) Auskunft der Steuerbe-
hörde – auch Steuerruling bzw. Verständigung zwischen Steuerpflichtigen und Steuer-
behörden genannt – bezieht, muss konkret, korrekt und vollständig dargelegt werden
(Behnisch/Cadosch, Die Bedeutung von vorgängigen Auskünften von Steuerbehörden
im Recht der direkten Bundessteuer, Jusletter vom 23. April 2001, Rz 1 f.; Peter Eisen-
ring, Vorgängige Auskünfte von Steuerbehörden in der Schweiz in: ASA 68, 115 f.).
Alles, was auf die Beurteilung Einfluss hat, muss offen gelegt werden, d.h. es dürfen
keine gezielten Unterlassungen erfolgen. Sachverhaltslücken, die für die Beurteilung
von Rulinganträgen nicht relevant sind, sind dagegen nicht schädlich. Bei schriftlichen
Rulinganfragen obliegt es aber auch der Steuerbehörde, zu beurteilen, ob der Sach-
verhalt ausreichend geschildert ist, um die Anträge zu behandeln. Denn mit der Unter-
zeichnung des Rulings bekräftigen die Steuerbehörden grundsätzlich nicht nur, dass
sie mit der steuerlichen Qualifikation und den Anträgen einverstanden sind, sondern
auch, dass der geschilderte Sachverhalt für die Beurteilung der Anträge ausreichend
war. Folglich können die Steuerbehörden bei ausführlichen, schriftlichen Rulinganfra-
gen in der Regel nicht im Nachhinein argumentieren, dass der Sachverhalt zu wenig
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1 DB.2011.95, 1 ST.2011.145, 1 VS.2011.1
ausführlich war (Morf/Müller/Amstutz, Schweizer Steuerruling - Erfolgsmodell und
Werthaltigkeit, in: ST 2008, 813 ff.).
d) Selbst wenn all diese Voraussetzungen einer vorgängigen Auskunftsertei-
lung erfüllt sind, müssen gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung noch das Inte-
resse an der richtigen Durchsetzung des objektiven Rechts und dasjenige des Vertrau-
ensschutzes gegeneinander abgewogen werden. Überwiegt das öffentliche Interesse
an der Anwendung des positiven Rechts, muss sich der Bürger diesem unterziehen
(vgl. zum Ganzen Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. A., 2010,
N 696 mit Hinweisen).
2. a) Die 19.. geborene Pflichtige war per 2005 noch Musikstudentin (vgl. Be-
rufsbezeichnung auf der Steuererklärung 2005). Ihre Erwerbseinkünfte betrugen ge-
mäss Deklaration rund Fr. 30'000.- und stammten aus einer Teilzeitanstellung bei F,
einzelnen Honoraren für Auftritte und Unterricht sowie dem Verwaltungsratshonorar
der C. Auf diesen vergleichsweise bescheidenen Einkünften basiert im Wesentlichen
das von der Steuerbehörde gemäss Einspracheentscheid ermittelte steuerbare Ein-
kommen von Fr. 32'300.- (Staats- und Gemeindesteuern) bzw. Fr. 33'500.- (direkte
Bundessteuer).
b) Die Pflichtige stellt Antrag auf ein ihrer Deklaration entsprechendes
steuerbares Einkommen von Fr. 106'600.- (Staats- und Gemeindesteuern [satzbe-
stimmend Fr. 107'900.-]) bzw. Fr. 107'800.- (Direkte Bundessteuer [satzbestimmend
Fr. 109'100.-]). Die Differenz zu den steuerbehördlich festgelegten Einkommensfakto-
ren gründet vorab darin, dass sie die Dividende auf ihren 370 C-Aktien (enthaltend die
340 von der Mutter gekauften Aktien) von insgesamt Fr. 111'440.- vollumfänglich ver-
steuern will. Die dadurch entstehende Höhertaxation nimmt sie in Kauf, weil sie die
35%ige Verrechnungssteuer auf dieser Dividende ebenfalls vollumfänglich zurücker-
stattet haben will.
Der Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer bildet damit den
eigentlichen Ausgangspunkt der vorliegenden Streitsache und ist deshalb als erstes zu
prüfen.
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1 DB.2011.95, 1 ST.2011.145, 1 VS.2011.1
3. a) Natürliche Personen haben Anspruch auf Rückerstattung der Verrech-
nungssteuer, wenn sie bei Fälligkeit der steuerbaren Leistung im Inland Wohnsitz
haben (Art. 22 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer vom
13. Oktober 1965 [VStG]). Für im Ausland wohnhafte Bezüger von Kapitalerträgen und
Lotteriegewinnen aus schweizerischen Quellen ist die Verrechnungssteuer mithin keine
Sicherungssteuer, sondern stellt sie (jedenfalls bei Fehlen von Doppelbesteuerungs-
abkommen) eine endgültige schweizerische Fiskalbelastung dar.
b) Gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. a VStG setzt der Anspruch auf Rückerstattung
der Verrechnungssteuer das Recht zur Nutzung des den steuerbaren Ertrag abwerfen-
den Vermögenswerts voraus. Überdies ist die Rückerstattung gemäss der ausdrückli-
chen gesetzlichen Regel von Art. 21 Abs. 2 VStG in allen Fällen unzulässig, in denen
sie zu einer Steuerumgehung führen würde.
aa) Das in Art. 21 Abs. 1 lit. a VStG für die Rückerstattung vorausgesetzte
Recht zur Nutzung ist das Zuordnungselement im Rückerstattungsrecht und dient da-
mit der Identifikation des Rückerstattungsberechtigten. Dieses Zuordnungselement hat
im Hinblick auf den Sicherungszweck, dem primären Zweck der Verrechnungssteuer,
eine besondere Bedeutung, soll es doch – ähnlich dem Vorbehalt der Steuerumgehung
bei der Rückerstattung – sicherstellen, dass die Rückerstattung dem effektiven Leis-
tungsempfänger zugute kommt und dass sie nur einmal gewährt wird (vgl. Maja Bauer-
Balmelli, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band II/2, 2005, Art. 21 N 7
f. VStG; auch zum Folgenden).
Die verwendete Formel "Recht zur Nutzung" ist keine zivilrechtliche, sondern
eine wirtschaftliche, deren Bedeutung nicht per se klar ist und die deshalb der sorgfäl-
tigen Auslegung bedarf. Bereits im Verrechnungssteuerbeschluss 1943 (VStB) wurde
mit dessen erster Revision per 1. Januar 1945 dieses Rückerstattungskriterium einge-
führt. Dies, weil die ursprüngliche Regelung, welche auf den Wehrsteuerbeschluss
1940 (WStB) verwies resp. sich an diesen anlehnte – "... nachweisen, dass der
vom Steuerabzug betroffene Betrag für ihre eigene Rechnung ausbezahlt ... wurde ..."
(Art. 7 Abs. 1 VStB i.V.m. Art. 147 Abs. 1 WStB); "...nachweisbar zu ihren Lasten an
der Quelle abgezogene Verrechnungssteuer" (Art. 8 Abs. 1 VStB) – als für die Verhin-
derung von missbräuchlichen Rückforderungen ungenügend erachtet wurde. Sachge-
recht interpretiert ist das Recht zur Nutzung jedoch eine von der Missbrauchsproble-
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1 DB.2011.95, 1 ST.2011.145, 1 VS.2011.1
matik befreite, positiv zu erfüllende Anspruchsvoraussetzung; der Bekämpfung von
Missbräuchen dient der explizite Steuerumgehungsvorbehalt von Art. 21 Abs. 2 VStG.
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung hat derjenige das Recht zur
Nutzung des den steuerbaren Ertrag abwerfenden Vermögenswerts, dem auf Grund
von Eigentum (Art. 641 ff. ZGB), Nutzniessung (Art. 745 ff. ZGB) oder auf Grund eines
obligationenrechtlichen Anspruchs, jedenfalls auf Grund eines gültigen Rechts, der
Nutzen unbelastet und effektiv zukommt, wer mit anderen Worten über diesen aus-
schliesslich und frei verfügungsberechtigt ist (BGr, 23. Februar 1979, ASA 48, 267).
Massgebend sind die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse, welche auf Grund der
Gesamtheit der Umstände zu ermitteln sind (BGr 25. Januar 1985, ASA 54, 386). Dem
zivilrechtlichen Eigentümer ist das Nutzungsrecht folglich dann abzusprechen, wenn
ihm der Kapitalertrag letztlich nicht verbleibt.
bb) Art. 21 Abs. 2 VStG enthält eine Generalklausel zur Bekämpfung der
Steuerumgehung bei der Rückerstattung. Dieser Steuerumgehungsvorbehalt bezieht
sich nur auf die Umgehung bzw. auf die Erschleichung der materiellen Rückerstat-
tungsbedingungen. Er ist Korrekturvorbehalt zu den kombinierten Anspruchsvoraus-
setzungen "steuerehrlicher Inländer (oder besonders Berechtigter) mit Recht zur
Nutzung resp. Eigentum". Der Vorbehalt soll verhindern, dass die Wohltat der Rücker-
stattung letztlich einem inländischen Defraudanten oder einem Ausländer zugute
kommt. Alle anderen Leistungsempfänger sind grundsätzlich rückerstattungsberechtigt,
denn der Katalog der positiv zu erfüllenden Anspruchsvoraussetzungen sieht dies so
vor. Die Rückerstattung soll nur dann wegen Steuerumgehung verweigert werden,
wenn der originäre Leistungsempfänger entweder ein im Ausland Steuerpflichtiger oder
ein inländischer Defraudant ist und die ursprünglichen Verhältnisse im Hinblick auf den
verrechnungssteuerbelasteten Leistungsfluss missbräuchlich, im Sinn der Steuerum-
gehungskriterien, dergestalt arrangiert worden sind, dass nunmehr formell ein vorge-
schobener steuerehrlicher Inländer als Rückerstattungsberechtigter erscheint, die
Rückerstattung wirtschaftlich aber einem Ausländer oder einem inländischen Defrau-
danten zugute kommt. Der Steuerumgehungsvorbehalt bei der Rückerstattung der Ver-
rechnungssteuer dient letztlich unmittelbar der Durchsetzung eines der Zwecke der
Verrechnungssteuer, nämlich der fiskalischen Belastung des inländischen Defraudan-
ten und des ausländischen Leistungsempfängers. Die Steuerrückerstattung darf ent-
sprechend nur verweigert werden, wenn ein inländischer Defraudant oder ein ausländi-
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1 DB.2011.95, 1 ST.2011.145, 1 VS.2011.1
scher Leistungsempfänger indirekt in deren Genuss käme (Bauer-Balmelli, Art. 21 N 39
ff. VStG mit Hinweisen).
cc) Die Grenzziehung zwischen dem Steuerumgehungsvorbehalt und der
Aberkennung des Anspruchskriteriums Recht zur Nutzung liegt letztlich beim miss-
bräuchlichen Vorgehen. In der bundesgerichtlichen Rechtsprechung erfolgt diese
Abgrenzung nicht nach klaren Kriterien, sondern es besteht die Tendenz, die Rücker-
stattungsberechtigung in den kritischen Fällen unter dem einen oder anderen Kriterium
zu verneinen und alsdann festzustellen, auch unter dem anderen Kriterium hätte
die Rückerstattung verweigert werden können. Die beiden Kriterien überschneiden
sich inhaltlich: Mit beiden soll verhindert werden, dass die Rückerstattung der Verrech-
nungssteuer einem nicht anspruchsberechtigten Ausländer oder inländischen Defrau-
danten zukommt. Wird das Recht zur Nutzung als Zuordnungskriterium eng zivilrecht-
lich als dingliches Nutzungsrecht verstanden, bleibt für die Überprüfung auf Steuer-
umgehung viel Raum – wird das Recht zur Nutzung dagegen wirtschaftlich interpretiert,
hat der Steuerumgehungstatbestand praktisch weniger Bedeutung. Sachgerecht ist es,
das Recht zur Nutzung als positives, d.h. den Rückerstattungsanspruch beim unmittel-
baren Empfänger begründetes Kriterium wirtschaftlich weit zu verstehen, d.h. als ding-
lich basiertes, vertraglich eingeräumtes oder rein faktisches, jedenfalls aber unbelaste-
tes Nutzungsrecht. Dinglich oder vertraglich begründete Weiterleitungen belasten das
Nutzungsrecht und führen zu dessen Aberkennung. Die Aberkennung des unbelastet
behaupteten Rechts zur Nutzung ist alsdann nur auf Grund einer Überprüfung auf
Steuerumgehung möglich. Erster und unabdingbarer Anhaltspunkt für das mögliche
Vorliegen einer Steuerumgehung ist eine irgendwie geartete Weiterleitung an einen
Ausländer oder einen inländischen Defraudanten, die Gesamtumstände sind aber an-
hand aller Steuerumgehungskriterien sorgfältig zu prüfen. Damit kommt auch dem
Missbrauchsmoment die ihm entsprechende sachgerechte Rolle zu (Bauer-Balmelli,
Art. 21 N 53 f. VStG mit Hinweisen).
c) Die Vorinstanz geht davon aus, dass der Pflichtigen als Eigentümerin der
Aktien das Nutzungsrecht im Sinn von Art. 21 Abs. 1 lit. a VStG mit Bezug auf die 340
von der Mutter gekauften C-Aktien zukommt. Die Verweigerung der Rückerstattung der
Verrechnungssteuer rechtfertigt sie allein mit dem Vorliegen einer Steuerumgehung
gemäss Art. 21 Abs. 2 VStG. Zur Begründung macht die Steuerbehörde geltend, der
familieninterne Transfer der 340 C-Aktien per 2000/2001 sei letztlich allein deshalb
erfolgt, weil die Mutter der Pflichtigen nach dem Wegzug nach G (mit welchem Land
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1 DB.2011.95, 1 ST.2011.145, 1 VS.2011.1
die Schweiz damals noch kein Doppelbesteuerungsabkommen hatte) die Verrech-
nungssteuern, welche auf den von der C jährlich ausgeschütteten Dividenden abzufüh-
ren waren, anders als ihre weiterhin in der Schweiz lebende Tochter nicht mehr hätte
zurückfordern können. Die Pflichtige habe sodann die erhaltene Dividende vollständig
für die Schuldzinsen bzw. für die Darlehensamortisation verwenden müssen und des-
halb aus der Transaktion gar keinen ökonomischen Erfolg erzielt. Faktisch habe sie
ihrer Mutter geholfen, die Dividenden in Schuldzinsen und Amortisationszahlungen
umzuwandeln. Wirtschaftlich betrachtet kämen die ausgeschütteten Dividenden des-
halb ausschliesslich der in G lebenden Mutter zu.
d) Im Sinn dieser letzteren Argumentation hätte das kantonale Steueramt
nach dem vorstehend Gesagten der Pflichtigen den Anspruch wohl auch wegen feh-
lender Nutzungsberechtigung im Sinn vor Art. 21 Abs. 1 VStG absprechen müssen:
Die Steuerakten lassen keine Zweifel daran, dass der familieninterne Aktien-
transfer tatsächlich von der Absicht der Mutter der Pflichtigen getragen war, den An-
spruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer auf den Dividendenausschüttungen
der C nach der Wohnsitzverlegung nach G nicht zu verlieren und gleichwohl in den
Genuss der Dividende zu kommen. Ersteres wurde durch den Wechsel der Dividen-
denberechtigung auf die im Inland lebende Pflichtige bewerkstelligt und Letzteres
durch das Weiterreichen der Dividende von der Pflichtigen an ihre Mutter in Form von
Darlehenszins und -amortisation. Mithin spricht gestützt auf die vorstehenden allge-
meinen Erwägungen alles dafür, dass der Pflichtigen die Rückerstattung wohl schon
wegen fehlender Nutzungsberechtigung und jedenfalls aber wegen Steuerumgehung
grundsätzlich zu verweigern wäre.
e) Die Pflichtige beruft sich nun aber auf das Ruling mit der Steuerbehörde
bzw. deren Schreiben vom 20. Juli 2000. In Letzterem wurde in Würdigung des damals
präsentierten Sachverhalts festgehalten, dass ihr der Anspruch auf die Rückerstattung
der Verrechnungssteuer zustehe, sofern die Voraussetzungen nach Art. 21 und 22 des
VStG erfüllt seien.
aa) An diesen letzteren Vorbehalt anknüpfend halten die Vorinstanz und die
ESTV dafür, dass im Ruling der Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer
auf den streitbetroffenen 340 C-Aktien eben nur unter dem Vorbehalt einer Steuerum-
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1 DB.2011.95, 1 ST.2011.145, 1 VS.2011.1
gehung anerkannt worden sei, weshalb sich die Pflichtige nicht auf den Vertrauens-
schutz berufen könne.
bb) Dem kann nicht beigepflichtet werden:
Bei der Rulinganfrage ging es dem Steuervertreter letztlich gerade um die
Frage, ob die geplante, im Einzelnen offengelegte Transaktion von der Steuerbehörde
als Steuerumgehung qualifiziert würde. Dabei war dem damals Auskunft gebenden
Steuerkommissär gestützt auf den ihm dargelegten Sachverhalt bekannt, dass die vor
dem Aktienverkauf dividendenberechtigte Mutter durch die Wohnsitzverlegung nach G
ihren Anspruch auf Rückerstattung der dividendenbezogenen Verrechnungssteuer
verlieren würde. Ebenfalls wusste er, dass die Pflichtige keine eigenen Mittel hatte, um
die millionenschwere C zu kaufen. Wenn in dieser Situation gleichwohl ein Verkauf der
Aktien von der Mutter an die weiterhin in der Schweiz wohnhafte Tochter erfolgen soll-
te, so konnte es dabei im Rahmen einer familienbezogenen Betrachtung letztlich nur
darum gehen, den Verrechnungssteuer-Rückerstattungsanspruch zu erhalten. Wenn
alsdann der mittellosen Pflichtigen für den Kauf ein verzinsliches und zu amortisieren-
des Darlehen der Mutter zur Verfügung gestellt wurde, so war damit auch offensicht-
lich, dass für die Erfüllung der Zins- und Amortisationspflicht die vom Steuervertreter
erwähnten jährlichen Dividendenausschüttungen der C verwendet würden. Schon da-
mals konnten mithin keine Zweifel daran bestehen, dass im Ergebnis die Dividenden
auf den familienintern übertragenen 340 C-Aktien zwar der Pflichtigen ausbezahlt,
letztlich aber in Form von Zins- und Amortisationszahlungen doch wieder zur Mutter
nach G gelangen würden; letzteres zumindest im Umfang der im Vertrag erwähnten
jährlichen Beträge von Fr. 100‘000.-.
Wenn nun der Steuerkommissär diese detailliert beschriebene Transaktion als
steuerlich zulässig qualifizierte und dabei dem Steuervertreter noch Vorgaben betref-
fend die Umsetzung machte (vgl. seine Forderung im Schreiben vom 20. Juli 2000, es
sei auf die Hinterlegung der Aktien der Pflichtigen zur Sicherstellung des Darlehens zu
verzichten, weil diese "wirtschaftlich frei" über die Titel müsse verfügen können), so
ging er mit Bezug auf den Anspruch der Pflichtigen auf Rückerstattung der dividenden-
bezogenen Verrechnungssteuer weder von einer fehlenden Nutzungsberechtigung
noch von einer Steuerumgehung aus, obwohl die Annahme des Letzteren naheliegend
gewesen wäre. Wenn im Ruling festgehalten wurde, die Pflichtige habe in der geschil-
derten Konstellation Anspruch auf die Rückerstattung der Verrechnungssteuer, "sofern
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die Voraussetzungen nach Art. 21 und 22 des VStG erfüllt sind", kann darin folglich
kein Vorbehalt betreffend dem Vorliegen einer Steuerumgehung liegen, denn in seiner
Kernaussage schliesst das Ruling solches ja gerade aus. Damit kann entgegen der
Vorinstanz auch nicht gesagt werden, der Steuerkommissär habe sich durch Anbrin-
gung des fraglichen Hinweises nicht festlegen wollen und es liege gar kein Ruling vor.
Wenn der Steuerkommissär das Ruling mit dem Hinweis auf die besagten Artikel absi-
cherte, so konnte sich sein Vorbehalt sachlogisch allein noch auf Anspruchsvorausset-
zungen ausserhalb der eigentlich vorhanden gewesenen Steuerumgehung bezogen
haben. So hätte beispielsweise die Pflichtige ihren Rückerstattungsanspruch gestützt
auf Art. 22 Abs. 1 VStG trotz Ruling verlieren können, wenn sie ihrer Mutter nach G
gefolgt wäre.
f) Als Zwischenergebnis steht damit fest, dass das Ruling vom 20. Juli 2000
aus Gründen des Vertrauensschutzes der Verweigerung des Anspruchs der Pflichtigen
auf Rückerstattung der dividendenbezogenen Verrechnungssteuer entgegensteht.
4. a) Wurde mit dem Ruling die familieninterne Transaktion der C-Aktien für
steuerlich zulässig befunden, so liegt auf der Hand, dass die Pflichtige als Dividenden-
berechtigte rulinggemäss auch die von der C erhaltene Dividende als Einkommen zu
versteuern hat. Dies entspricht denn auch ihrer Deklaration bzw. ihrem Beschwerde-
und Rekursantrag.
b) Zu prüfen bleibt damit noch, ob sie die Zinsen auf dem Darlehen der Mutter
steuerlich zum Abzug bringen kann. Das Ruling hält dazu fest, dass die von der Pflich-
tigen "nachweislich bezahlten" Schuldzinsen (in Höhe des Zinssatzes gemäss Merk-
blatt der ESTV über Zinssätze) steuermindernd geltend gemacht werden können.
aa) Die Vorinstanz verweigert den Zinsabzug nunmehr u.a. mit der Begrün-
dung, dass die Zinsen nicht im Sinn des Ruling "nachweislich bezahlt" worden seien.
Unter "Bezahlen" verstehe man im Allgemeinen nämlich einen Geldtransfer. Vorliegend
seien die Zinsen indes nicht physisch geleistet, sondern lediglich der Darlehensschuld
hinzu geschlagen worden.
bb) Zu Recht lässt dem die Pflichtige beschwerde- und rekursweise entge-
genhalten, dass ein Bezahlen der Zinsen mit Bargeld nicht verlangt werden kann bzw.
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1 DB.2011.95, 1 ST.2011.145, 1 VS.2011.1
dass es genügt, wenn sie den Darlehenszins 2005 dem Kontokorrent ihrer Mutter bei
der C hat gutschreiben lassen (vgl. Buchhaltung 2005 der C, Kto. 2021). Die Mutter
konnte – wie der vorerwähnte Kontoauszug aufzeigt – über die entsprechenden Gut-
schriften verfügen und das Darlehen erhöhte sich damit nicht im Umfang von hinzuge-
schlagenen Zinsen.
cc) Weiter will die Vorinstanz der Pflichtigen den Zinsabzug (trotz Ruling) aus
folgenden Gründen verweigern: Die C verwalte nur noch ihr eigenes Vermögen und sei
bei genauer Betrachtung wirtschaftlich liquidiert. Das Kaufpreisdarlehen von
Fr. 1'020'000.- könne deshalb nicht durch künftige Reingewinne der C getilgt werden,
sondern die Letztere müsse stets Substanzdividenden an die Pflichtige ausschütten,
damit diese den Schulden- und Zinsendienst leisten könne. Das vertraglich festgehal-
tene Dividendenziel von Fr. 100'000.- habe wegen Liquiditätsengpässen ab 2007 nicht
mehr eingehalten werden können. Nach vollständiger Liquidation der C werde demzu-
folge ein Restdarlehen verbleiben, auf welches die Darlehensgeberin dannzumal wer-
de verzichten müssen, weil die Pflichtige über keine nennenswerten Vermögenswerte
verfüge. Dieses Restdarlehen entspreche wirtschaftlich betrachtet den über die Jahre
kumulierten Darlehenszinsen, welche die Pflichtige jeweils steuerlich zum Abzug brin-
gen wolle. Ein Darlehensverzicht im verwandtschaftlichen Verhältnis stelle gemäss
bundesgerichtlicher Rechtsprechung regelmässig eine für die Einkommenssteuer
steuerfreie Schenkung dar. Wenn im vorliegenden Fall die Schuldzinsen auf dem Dar-
lehen zum Abzug zugelassen würden, hätte dies zur Folge, dass die Pflichtige beim
späteren Forderungsverzicht die in der Vergangenheit steuerwirksam geltend gemach-
ten Schuldzinsen nicht versteuern müsste, was aus fiskalischer Sicht stossend wäre.
dd) Mit dieser Begründung kann die Steuerbehörde ihrem Ruling nicht den
Boden entziehen. Wie sie selbst geltend macht, traten Liquiditätsengpässe erst per
2007 auf und wurde also im hier betroffenen Steuerjahr noch die dem Ruling zugrunde
liegende Dividende von Fr. 100'000.- ausgeschüttet, sodass die Pflichtige aus diesen
Mitteln ihre Zinsschuld problemlos hat begleichen können. Damit haben sich die dem
Ruling zugrunde liegenden Verhältnisse per 2005 nicht verändert. Im Übrigen trifft es
aber auch nicht zu, dass ein nach der Liquidation der C verbleibendes Restdarlehen
den kumulierten Darlehenszinsen entspricht, denn die C erwirtschaftet auch Erträge
auf ihren Vermögensanlagen. Sodann ist in der hier betroffenen Steuerperiode 2005
auch nicht darüber zu spekulieren, ob die Pflichtige dereinst nicht über die Mittel verfü-
gen wird, um ein nach dem Substanzverzehr verbleibendes Restdarlehen an ihre Mut-
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1 DB.2011.95, 1 ST.2011.145, 1 VS.2011.1
ter zurückzuzahlen und ob deshalb irgendwann ein Darlehensverzicht erfolgen wird.
Falls diese Konstellation eintreffen sollte, wäre dannzumal über die steuerlichen Kon-
sequenzen zu befinden.
5. a) Nach alledem steht fest, dass sich die Pflichtige gestützt auf den Ver-
trauensschutz bei ihrer Deklaration 2005 auf das Ruling vom 20. Juli 2000 berufen
kann.
b) Das öffentliche Interesse an der Anwendung des positiven Rechts ist im
vorliegenden Fall nicht stärker zu gewichten, denn immerhin ist zu berücksichtigen,
dass die von der Steuerbehörde seinerzeit akzeptierte Konstruktion auch zur Folge hat,
dass die Dividende auf den fraglichen Aktien hierorts versteuert wird.
c) Dass die Kündigung/Aufhebung des Rulings vom 26. Februar 2010 mit
Blick auf den Vertrauensschutz nicht auf die hier betroffene Steuerperiode 2005 zu-
rückwirken kann, ist unbestritten. Ob allerdings das Ruling, wie beschwerde- und re-
kursweise ausdrücklich beantragt, noch bis zur Liquidation der C Gültigkeit entfalten
wird, ist in den vorliegenden, die Steuerperiode 2005 betreffenden Rechtsmittel-
verfahren, nicht zu prüfen. Insoweit ist auf die Rechtsmittel folglich nicht einzutreten.
6. a) Die Pflichtige schied in ihrer Deklaration Einkommensanteile von
Fr. 1'300.- ins Ausland aus. Gemäss Aufstellung zur Steuererklärung 2005 handelt es
sich dabei um "2 Auftritte in B (dort quellenbesteuert)". Die Vorinstanz verweigerte die
damit verbundene, bloss satzbestimmende Berücksichtigung dieser Einkommensantei-
le mit der Begründung, dass befreiungsberechtigte Einkünfte im Ausland nicht nach-
gewiesen seien.
b) Die rechtskundig vertretene Pflichtige lässt dem beschwerde- und rekurs-
weise entgegenhalten, es sei doch klar, dass Künstlergagen überall mit der Quel-
lensteuer erfasst würden. Den ihr obliegenden Nachweis für eine steuermindernde
Ausscheidung von Auslandeinkommen hat sie mit dieser allgemeinen Behauptung je-
doch nicht erbracht, weshalb mit der Vorinstanz vom Einbezug der fraglichen Gagen im
Betrag von Fr. 1'300.- ins hierorts steuerbare Einkommen auszugehen ist.
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1 DB.2011.95, 1 ST.2011.145, 1 VS.2011.1
7. a) Zusammenfassend ergibt sich, dass der Pflichtigen gestützt auf das
vorhandene Ruling der Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer im bean-
tragten Umfang von Fr. 38'868.85 zuzusprechen ist. Die Einschätzung bzw. Veranla-
gung des steuerbaren Einkommens ist sodann nach Massgabe des deklarierten
satzbestimmenden Einkommens mit Fr. 109'100.- (direkte Bundessteuer) bzw.
Fr. 107'900.- (Staats- und Gemeindesteuern) vorzunehmen; die Vermögenseinschät-
zung im letzteren Steuerbereich ist unbestritten (steuerbares Vermögen = Fr. 0.-).
Über die Frage, ob das Ruling, wie von der Pflichtigen beantragt, auch für
künftige Steuerperioden noch Gültigkeit haben wird, ist im vorliegenden Verfahren nicht
zu entscheiden.
b) Nach alledem ist der Rekurs betreffend dem Verrechnungssteuer-
Rückerstattungsanspruch gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist. Die Beschwerde
gegen die Veranlagung und der Rekurs gegen die Einschätzung sind teilweise gutzu-
heissen, soweit darauf einzutreten ist.
c) Nachdem die Pflichtige grossmehrheitlich obsiegt, sind die Verfahrenskos-
ten sämtlicher Rechtsmittelverfahren der Beschwerdegegnerin bzw. dem Rekursgeg-
ner aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG bzw. § 151 Abs. 1 StG sowie § 13 der Verord-
nung über die Rückerstattung der Verrechnungssteuer vom 17. Dezember 1997 [VO
VStG]). Der Pflichtigen sind sodann angemessene Parteientschädigungen zuzuspre-
chen (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwal-
tungsverfahren vom 20. Dezember 1968 und § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwal-
tungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997 sowie § 13 VO VStG). | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
4bd21c2d-ad2a-43bb-90f2-8bbe516658e7 | hat sich ergeben:
A. Die 19... geborene, ledige sowie kinderlose A (nachfolgend die Rekurren-
tin) ist seit anfangs 2008 in der Gemeinde C, wo sie über eine 3-Zimmerwohnung ver-
fügt, als Wochenaufenthalterin angemeldet und arbeitet als Büroangestellte in E. Ihre
Schriften und damit ihr Steuerdomizil verlegte sie, der Familie von B folgend, per ...
April 2010 von F nach D. In der Wohnung der Familie B in D verfügt sie über einen
eigenen Wohnbereich.
Mit Entscheid vom 29. Oktober 2012 nahm das Steueramt der Gemeinde C
die unbeschränkte kommunale Steuerpflicht über die Rekurrentin ab 1. Januar 2012 in
Anspruch.
B. Eine hiergegen erhobene Einsprache wies das Steueramt der Gemeinde C
am 28. Februar 2013 ab.
C. Am 27./28. März 2013 liess die Rekurrentin dagegen Rekurs erheben und
beantragte, es sei als Wohnsitz sowie Steuerdomizil wie bis anhin die Gemeinde D
anzuerkennen. Das Steueramt der Gemeinde C schloss am 25. April 2013 auf Abwei-
sung des Rekurses. Das Gemeindesteueramt D liess sich nicht vernehmen.
Auf die weiteren Vorbringen der Parteien wird – soweit rechtserheblich – in
den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
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1 GS.2013.1 | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Die Rekurrentin bemängelt in ihrer Rekursschrift, die Rekursgegnerin
habe im Einspracheentscheid ihre Ausführungen vollkommen übergangen und damit
ihr rechtliches Gehör verletzt.
b) Die aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör abgeleitete Begründungs-
pflicht verlangt keineswegs, dass sich die rechtsanwendende Behörde mit jeder tat-
beständlichen Behauptung und jedem rechtlichen Einwand im Einzelnen auseinander-
setzen muss. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen
Gesichtspunkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich der
Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller
Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinn müssen
wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat
leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 130 II 530 E. 4.3; BGE 136 I
229 E. 5.2, je mit Hinweisen). Dieser Pflicht ist das Steueramt der Gemeinde C im Ein-
spracheentscheid vom 28. Februar 2013 nachgekommen, indem es knapp auf die aus
seiner Sicht wesentlichen Punkte verwies, namentlich auf die Tatsache, dass die al-
leinstehende, nicht mit der Familie B verwandte Rekurrentin seit 4 Jahren eine
3-Zimmerwohnung in C bewohnt und in E arbeitet sowie auf die natürliche Vermutung,
der steuerrechtliche Wohnsitz einer alleinstehenden Person befinde sich dort, wo sie
sich für längere oder unbestimmte Zeit zum Erwerb des Lebensunterhalts aufhält, so-
mit für die Rekurrentin in der Gemeinde C. Aus der Abweisung der Einsprache lässt
sich ebenfalls folgern, dass es der Rekurrentin aus Sicht des Steueramts der Gemein-
de C nicht gelungen ist, diese natürliche Vermutung umzustossen. Damit ist das Steu-
eramt – wenn auch in knapper Form – seiner Pflicht nachgekommen, die Überlegun-
gen zu nennen, auf die es den Entscheid stützt. Den Ausführungen im Rekurs ist zu
entnehmen, dass die Rekurrentin in voller Kenntnis der Sache den Einspracheent-
scheid anfechten konnte, ist sie doch offensichtlich bemüht, die natürliche Vermutung
umzustossen. Inwiefern der angefochtene Einspracheentscheid ungenügend begrün-
det sein soll, ist somit nicht ersichtlich.
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1 GS.2013.1
2. a) Gemäss § 189 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) gelten
die Bestimmungen über die Steuerpflicht für die Staatssteuern unter Vorbehalt abwei-
chender Bestimmungen in den §§ 190 – 204 StG auch für die allgemeinen Gemeinde-
steuern. Ob eine natürliche Person der uneingeschränkten Steuerhoheit einer Ge-
meinde untersteht, bestimmt sich deshalb nach § 3 StG: Die Gemeindesteuerhoheit
über eine natürliche Person kommt darnach jener Gemeinde zu, in welcher sich der
steuerrechtliche Wohnsitz, d.h. der Mittelpunkt der Lebensverhältnisse dieser Person
befindet (VGr, 28. April 1986 = StE 1987 B 11.1 Nr. 7, auch zum Folgenden). Ist die
Gemeindesteuerhoheit streitig, sind insbesondere die sich aus dem Verbot der Dop-
pelbesteuerung im interkantonalen Verhältnis ergebenden bundesgerichtlichen Grund-
sätze für das interkommunale Verhältnis sinngemäss heranzuziehen. Die unbe-
schränkte Gemeindesteuerpflicht beginnt in sinngemässer Anwendung von § 10 Abs. 1
StG mit dem Zeitpunkt, in welchem der Steuerpflichtige in einer Gemeinde steuerrecht-
lichen Wohnsitz nimmt. Endet die Anwesenheit in der Gemeinde, indem der Steuer-
pflichtige seinen steuerrechtlichen Wohnsitz aufgibt, hört damit die unbeschränkte
Steuerpflicht in der Gemeinde grundsätzlich auf. Für den Fall der Verlegung des steu-
errechtlichen Wohnsitzes innerhalb des Kantons ist diesfalls aber zu beachten, dass
gemäss § 190 StG die Steuerhoheit der Wegzugsgemeinde für die laufende Steuerpe-
riode unverändert fortdauert. Massgeblich für die Bestimmung des steuerrechtlichen
Wohnsitzes für die Steuerperiode 2012 sind demnach die Verhältnisse, wie sie am
1. Januar 2012 geherrscht haben.
b) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum Verbot der interkanto-
nalen Doppelbesteuerung (Art. 127 Abs. 3 der Bundesverfassung vom 18. April 1999
[BV]) ist der steuerrechtliche Wohnsitz (das Steuerdomizil) einer unselbstständig er-
werbenden Person derjenige Ort, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens
aufhält (vgl. auch Art. 23 Abs. 1 ZGB und Art. 3 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom
14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG]) bzw. wo sich der Mittelpunkt
ihrer Lebensinteressen befindet (BGr, 20. Januar 1994 = ASA 63, 836 ff.). Dieser Mit-
telpunkt der Lebensinteressen bestimmt sich nach der Gesamtheit der objektiven, äus-
seren Umstände, aus denen sich diese Interessen erkennen lassen, nicht nach den
bloss erklärten Wünschen der steuerpflichtigen Person. Auf die gefühlsmässige Bevor-
zugung eines Ortes kommt es nicht an; der steuerrechtliche Wohnsitz ist insofern nicht
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1 GS.2013.1
frei wählbar. Dem polizeilichen Domizil, wo die Schriften hinterlegt sind oder die politi-
schen Rechte ausgeübt werden, kommt dagegen in steuerlicher Hinsicht keine ent-
scheidende Bedeutung zu, da es sich hierbei bloss um äussere Merkmale handelt,
welche aber immerhin ein Indiz für den steuerrechtlichen Wohnsitz bilden können,
wenn auch das übrige Verhalten der Person dafür spricht (BGr, 2. November 2011,
2C_178/2011 E. 2.2; BGE 125 I 54 E. 2; BGE 123 I 293 E. 2a, mit Hinweisen;
StE 1998 A 24.21 Nr. 11 E. 2a).
c) aa) Das Bundesgericht misst in seiner Praxis zur interkantonalen Doppel-
besteuerung den wirtschaftlichen Gegebenheiten ein etwas grösseres Gewicht bei, als
sie es bei der Bestimmung des zivilrechtlichen Wohnsitzes haben (BGE 121 I 14 E. 4a
= StE 1995 A 24.24.3 Nr. 1). Das Steuerdomizil von unselbstständig erwerbenden
Steuerpflichtigen befindet sich grundsätzlich am Ort, an dem sie für längere oder unbe-
stimmte Zeit Aufenthalt nehmen, um von dort aus der täglichen Arbeit nachzugehen, ist
doch der Zweck des Lebensunterhalts dauernder Natur (BGr, 2. November 2011,
2C_178/2011 E. 2.2; BGE 125 I 54 E. 2b). Dies gilt auch, wenn der Steuerpflichtige die
Absicht hat, später wieder wegzuziehen und seinen Lebensunterhalt andernorts zu
verdienen (VGr, 16. April 2008, SB.2008.00006 E. 2.2). In allen Fällen setzt die Festle-
gung des Steuerdomizils sodann voraus, dass der Steuerpflichtige am fraglichen Ort
eine Wohnung oder ein Zimmer unterhält (Martin Arnold, Der steuerrechtliche Wohnsitz
natürlicher Personen im interkantonalen Verhältnis, in: ASA 68, 449 ff., 478). Wenn
sich eine Person nicht bloss gelegentlich, sondern abwechslungsweise an zwei oder
mehreren Orten aufhält, namentlich wenn Arbeitsort [nachfolgend: Arbeitsort = Arbeits-
ort i.e.S. sowie Ort an dem eine Person für längere oder unbestimmte Zeit Aufenthalt
genommen hat, um von dort aus der täglichen Arbeit nachzugehen] und sonstiger Auf-
enthaltsort auseinander fallen, ist für die Bestimmung des Steuerwohnsitzes darauf
abzustellen, zu welchem Ort die Person die stärkeren Beziehungen unterhält (BGE 123
I 289 ff. E. 2b).
bb) Übernachtet ein Steuerpflichtiger nicht bloss sporadisch und berufsbedingt
am Arbeitsort, so ist Voraussetzung für die Situierung des Steuerdomizils am Familien-
oder Wohnort (mithin regelmässig dem polizeilichen Domizil), dass die persönlichen
und gesellschaftlichen Beziehungen zum Familien- oder Wohnort diejenigen zum Ar-
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1 GS.2013.1
beitsort überwiegen (BGE 125 I 54 E. 2b, auch zum Folgenden). Als Familie gelten
auch die elterliche Familie und Geschwister. Bei ledigen Steuerpflichtigen erhält der
Grundsatz, wonach das Hauptsteuerdomizil von unselbstständig Erwerbstätigen am
Arbeitsort liegt, grösseres Gewicht als bei Verheirateten: Selbst wenn ledige Steuer-
pflichtige allwöchentlich zu den Eltern oder Geschwistern zurückkehren, können die
Beziehungen zum Arbeitsort überwiegen. Dies kann namentlich zutreffen, wenn sie
sich am Arbeitsort eine Wohnung eingerichtet haben oder über einen besonderen
Freundes- und Bekanntenkreis verfügen (BGr, 2. November 2011, 2C_178/2011
E. 2.2; VGr, 16. April 2008, SB.2008.00006 E. 2.3). Von ganz besonderem Gewicht
sind auch die Dauer der Anstellung am Arbeitsort und das Alter des Steuerpflichtigen.
Mit der Berücksichtigung der Dauer des Aufenthalts am Arbeitsort trägt das Bundesge-
richt dem Umstand Rechnung, dass sich mit zunehmender Dauer die Bindungen zur
Familie erfahrungsgemäss lockern, während sich diejenigen zum Arbeitsort verdichten
(StE 1994 A 24.21 Nr. 7 E. 3b, auch zum Folgenden). Die ständige regelmässige
Rückkehr an den elterlichen Wohnort vermag deshalb nach einer bestimmter Dauer
des Aufenthalts am Arbeitsort das Steuerdomizil am Ort der Familie nicht mehr ohne
Weiteres zu begründen, wenn nicht weitere Umstände schlüssig darauf hinweisen,
dass die Beziehungen zum Familienort diejenigen zum Arbeitsort überwiegen.
3. In Bezug auf die Beweisführung sind folgende Grundsätze massgebend
(BGr, 2. November 2011, 2C_178/2011 E. 2.3, auch zum Folgenden): Der Umstand,
dass ein unverheirateter Steuerpflichtiger vom Ort aus, wo er sich während der Woche
aufhält, einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit nachgeht, begründet nach der Recht-
sprechung eine natürliche Vermutung, dass er dort seinen Lebensmittelpunkt und – als
rechtliche Folge davon – sein Hauptsteuerdomizil hat. Diese Vermutung lässt sich nur
entkräften, wenn er regelmässig, mindestens einmal pro Woche, an den Ort zurück-
kehrt, wo seine Familie lebt, mit welcher er aus bestimmten Gründen besonders eng
verbunden ist, und wo er andere persönliche und gesellschaftliche Beziehungen pflegt.
Wenn der steuerpflichtigen Person der Nachweis solcher familiärer und gesellschaftli-
cher Beziehungen am Ort, wo die Familie wohnt, gelingt, obliegt es der Gemeinde des
Wochenaufenthalts- oder Arbeitsorts nachzuweisen, dass die Person gewichtige wirt-
schaftliche und allenfalls persönliche Beziehungen zu diesem Ort unterhält.
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1 GS.2013.1
4. a) Aus den erwähnten Grundsätzen ergibt sich zunächst die natürliche
Vermutung, dass sich der Lebensmittelpunkt der Rekurrentin in der Steuerperiode
2012 in C befand: Die über 50-jährige ist seit 2008 in C als Wochenaufenthalterin ge-
meldet, wo sie allein eine gemietete 3-Zimmerwohnung bewohnt. Sie arbeitet in E. Bei
dieser Ausgangslage obliegt es der Rekurrentin nachzuweisen, dass sich ihr Lebens-
mittelpunkt nach der erwähnten Rechtsprechung in D befindet.
b) Die Rekurrentin führt aus, sie habe 19... nach dem Tod der Ehefrau ihres
Vertreters B bei diesem eine 100% Stelle als Kinder- und Haushaltsbetreuerin ange-
nommen. Sie habe von 19... bis 20... im Haushalt der Familie B (bestehend aus dem
Vater und drei Söhnen, der jüngste davon 19... ... Monate alt) in G gelebt und sei für
die Kinder eine Ersatzmutter gewesen. 20... bis 20... habe sie nur noch zu 50% als
Kinder- und Haushaltsbetreuerin bei der Familie B gearbeitet. Seit anfangs 20... arbei-
te sie in E, indessen sei ihre Rolle als Ersatzmutter für die drei Kinder nach wie vor
sehr wichtig. Da die drei Kinder noch bei ihrem Vater wohnten und nach wie vor eine
Mutter bräuchten, stünde der Rekurrentin in der 7-Zimmerwohnung der Familie B in D
ein ganzer Wohnbereich in der oberen Etage zur Verfügung. Zwischen der Rekurrentin
und ihrem Vertreter B habe jedoch nie eine private Beziehung bestanden. Sie habe die
3-Zimmerwohnung in C gemietet, damit sie sich immer wieder zurückziehen und ge-
wisse Auszeiten/Ferien nehmen könne.
c) Die von der Rekurrentin vorgebrachten persönlichen Verhältnisse vermö-
gen die natürliche Vermutung eines steuerrechtlichen Wohnsitzes in der Gemeinde C
nicht umzustossen. Insbesondere erscheint fragwürdig, weswegen die Rekurrentin
überhaupt eine Wohnung in C braucht, wenn sie, wie sie ausführt, eine mutterähnliche
emotionale Bindung zur Familie B hat, ja gar zur Familie gehört. Während sie im Fra-
gebogen für Wochenaufenthalt der Gemeinde C aufführte, sie habe die Wohnung in C
aufgrund des [kürzeren] Arbeitswegs nach E gemietet, gab sie in der Einsprache- und
in der Rekursschrift an, die Wohnung diene nur dem gelegentlichen Rückzug. Mit öf-
fentlichen Verkehrsmitteln sei der Arbeitsweg von C nach E sogar länger als von D
nach E. Letzteres trifft nicht zu. Während man mit dem Auto von D zu E etwa doppelt
so lang hat wie von C aus, beträgt die Zeitersparnis von E zur Wohnadresse der Re-
kurrentin in C mit öffentlichen Verkehrsmitteln etwa 13 Minuten, mithin mehr als ein
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1 GS.2013.1
Drittel der Reisezeit von insgesamt ca. 32 Min. Dass die Rekurrentin in der Rekurs-
schrift auf ganz andere Reisezeiten kommt, liegt daran, dass nur die Fahrten von
Bahnhof zu Bahnhof berücksichtigt, die Strecken zu Fuss oder mit dem Bus dagegen
weggelassen wurden. So muss für die Fahrt von E nach D zunächst die Strecke bis
zum Bahnhof E zurückgelegt werden, dann geht es mit der S-Bahn zum Bahnhof D
weiter. Von dort aus fährt der Bus Nr. ... bis zur Haltestelle D, H. Die Mindestdauer der
Fahrt wird mit 45 Minuten angegeben (Quelle: fahrplan.search.ch). Hingegen dauert
die Fahrt von der E zur Wohnadresse der Rekurrentin in C wie erwähnt 32 Minuten (ca.
2 Min. Fussweg, Bus Nr. ..., dann Bus Nr. ... und schliesslich ca. 4 Min. Fussweg).
Somit ist der Arbeitsweg von C nach E nachweisbar kürzer als der von D nach E.
Notwendig wäre die Wohnung in C allerdings bloss aufgrund der (geringfügi-
gen) Zeitersparnis des Arbeitswegs nicht. Es wäre für die Rekurrentin durchaus zu-
mutbar, täglich von D nach E zu fahren. Nach dem Gesagten kann davon ausgegan-
gen werden, dass die Wohnung in C der Rekurrentin sowohl einen kürzeren
Arbeitsweg als auch die von ihr erwähnten Rückzugsmöglichkeiten bietet.
Offen bleibt indessen noch die Frage, weswegen die Rekurrentin für gelegent-
liche Rückzugsmöglichkeiten eine 3-Zimmerwohnung braucht, steht ihr doch nach ei-
gener Angabe ein ganzer Wohnbereich in der oberen Etage der Maisonettewohnung
von Familie B zur Verfügung. Sie hat somit genügend Rückzugsmöglichkeiten im
Haushalt der Familie B. Selbst wenn Letzteres allerdings nicht der Fall wäre, würde ein
einziges Zimmer für diesen Zweck genügen. Sinn einer Wohnung mit drei Zimmern
kann nur sein, ein eigenes Leben, getrennt von der Familie B, zu führen. Dies schliesst
selbstverständlich nicht aus, dass sich die Rekurrentin aufgrund ihrer emotionalen Bin-
dung zu den Kindern öfters bei der Familie B aufhält. Ähnliches ist allerdings bei nahen
Familienfreunden und Verwandten regelmässig der Fall, ohne dass solche Besuche zu
einer Verlagerung des Lebensmittelpunktes führen würden. Die Rekurrentin hat sich
bewusst von der Familie B räumlich getrennt, um einen eigenen Haushalt bzw. ein ei-
genes Leben zu führen. Gewichtiges Indiz dafür ist ebenfalls die Tatsache, dass sie
wohl mit ihrer Adresse in C im Telefonbuch eingetragen ist, nicht aber mit der Adresse
in D (Quelle: local.ch). Die Behauptung, ihr Lebensmittelpunkt befinde sich in D, er-
scheint unter diesen Umständen als nicht glaubhaft.
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1 GS.2013.1
d) Gemäss Fragebogen für Wochenaufenthalt der Gemeinde C will die Rekur-
rentin jedes Wochenende bei Familie B verbracht haben. In ihrer Einsprache und in
ihrem Rekurs wiederholt sie dies nicht mehr. Vielmehr macht sie geltend, sie erledige
für die Familie die dringenden Haushaltsarbeiten (Einkaufen, Kochen, Wäsche etc.)
während der Auslandsabwesenheiten von B. Weder behauptet sie, je (geschweige
denn regelmässig) in D zu übernachten, noch erbringt sie einen Beweis dafür. Eine
regelmässige Rückkehr an den Wohnort (mindestens einmal pro Woche) ist indessen
Grundvoraussetzung für Annahme eines Hauptsteuerdomizils dort (vgl. dazu E. 3).
Mangels Behauptung in der Einsprache und im Rekurs trifft die Steuerbehörden auch
keine Pflicht, ein Beweisverfahren zu führen, setzt dieses doch eine substanziierte
Sachdarstellung voraus. Eine Auflage mit der Aufforderung, den Sachverhalt hinrei-
chend darzulegen, wäre unzulässig: Eine solche Darstellung kann nicht im Beweisver-
fahren nachgeholt werden, da dieses einzig die Richtigkeit eines hinreichend behaup-
teten Sachverhalts zu erforschen erlaubt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar
zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 132 N 14 ff.).
5. Die Rekurrentin vermag somit durchaus eine gewisse Verbundenheit zu D
darzutun. Diese erscheint jedoch nicht derart aussergewöhnlich, dass sie die natürliche
Vermutung umstossen kann, wonach sich der Lebensmittelpunkt einer unselbstständig
erwerbstätigen, unverheirateten und über 50-jährigen Steuerpflichtigen am Ort befin-
det, an dem sich diese aufgrund der Nähe zum Arbeitsort seit mehreren Jahren unun-
terbrochen aufhält. Es ist demnach festzustellen, dass die Rekurrentin ab 1. Janu-
ar 2012 in der Gemeinde C steuerpflichtig ist (womit nicht gesagt ist, dass sie der
Steuerhoheit der Gemeinde C nicht schon vorher unterstanden wäre).
Diese Erwägungen führen zur Abweisung des Rekurses. Ausgangsgemäss
sind die Kosten des Verfahrens der Rekurrentin aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG).
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1 GS.2013.1 | Public | Tax | de | 2,013 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
4d9b2f65-edf4-4b26-8d0e-6af19bdbc58c | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) ist deutscher Staatsangehöriger. Er wohnt im
Kanton Zürich und geht ausschliesslich hier zwei unselbstständigen Erwerbstätigkeiten
nach. In der Steuererklärung 2009 machte er unter dem Titel "Beiträge an anerkannte
Formen der gebundenen Selbstvorsorge (3. Säule a)" einen Abzug von Fr. 1'481.- gel-
tend. Es handelte sich dabei gemäss beigelegter Bescheinigung um den jährlichen
freiwilligen Beitrag des Pflichtigen an die Deutsche Rentenversicherung Bund in Berlin.
Der Steuerkommissär schätzte den Pflichtigen am 3. November 2010 unter
Aufrechnung des genannten Abzugs mit einem steuerbaren Einkommen von
Fr. 133'800.- und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 387'000.- ein. Gleichentags
erliess er den Hinweis für die direkte Bundessteuer mit einem steuerbaren Einkommen
von Fr. 134'500.-. Das kantonale Steueramt eröffnete die entsprechende Bundessteu-
er-Veranlagung formell mit Verfügung vom 15. November 2010.
B. Die hiergegen erhobenen Einsprachen wies das kantonale Steueramt mit
Einspracheentscheiden vom 26. Januar 2011 ab.
C. Am 13./15. Februar 2011 legte der Pflichtige Beschwerde und Rekurs ein
mit dem Antrag, es sei auf die Aufrechnung seines Beitrags an die ausländische Ren-
tenversicherung von Fr. 1'481.- zu verzichten. Das kantonale Steueramt schloss in der
Beschwerde-/Rekursantwort vom 25. Februar 2011 auf Abweisung der Rechtsmittel.
Die in der Folge unternommenen Einigungsversuche endeten ohne Ergebnis.
Mit Verfügung vom 11. August 2011 holte der Einzelrichter bei der Eidgenös-
sischen Steuerverwaltung (ESTV) einen Amtsbericht über Auslegung und Anwendung
von Art. 1 Abs. 4 der bundesrätlichen Verordnung über die steuerliche Abzugsberech-
tigung für Beiträge an anerkannte Vorsorgeformen vom 13. November 1985 (BVV 3)
ein.
- 3 -
1 DB.2011.24 1 ST.2011.36
Die Parteien nahmen zum Amtsbericht vom 14. September 2011 am 2. bzw.
6. Oktober 2011 Stellung. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Bei der Deutschen Rentenversicherung handelt es sich – soweit ersicht-
lich – um eine in Deutschland staatlich organisierte, allgemeine, gesetzliche Sozialver-
sicherung. Sie entspricht im schweizerischen 3-Säulen System am ehesten der Alters-
und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1. Säule). Beiträge an die schweizerische AHV
sind gemäss Art. 33 Abs. 1 lit. d des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer
vom 14. Dezember 1990 (DBG) und Art. 9 Abs. 2 lit. d des Bundesgesetzes über die
Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezem-
ber 1990 (StHG) bzw. § 31 Abs. 1 lit. d des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG)
von den Einkünften abziehbar. Dabei sind ähnliche ausländische (Renten-)
Versicherungen nicht mit gemeint. Die Parteien gehen somit grundsätzlich zu Recht
(stillschweigend) davon aus, dass ein Abzug der Beiträge des Pflichtigen an die Deut-
sche Rentenversicherung unter dem Titel "AHV" aufgrund innerstaatlichen Rechts
grundsätzlich nicht in Frage kommt.
b) Nur der Vollständigkeit halber ist im Folgenden etwas vertiefter auf die
Rechtslage einzugehen.
aa) Ob durch die dargestellte Regelung des Bundesgesetzgebers verfas-
sungsmässige Grundsätze bzw. Grundrechte (wie etwa das Rechtsgleichheitsgebot)
tangiert sind, kann offen gelassen werden. Bundesgesetze – beim StHG und DBG
handelt es sich um solche – sowie Völkerrecht sind für die rechtsanwendenden Behör-
den und die Gerichte – und damit auch für das Steuerrekursgericht – massgebend
(vgl. Art. 191 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom
18. April 1999 [BV]), es sei denn sie liessen der Behörde Spielraum für eine verfas-
sungskonforme Auslegung, was hier aufgrund der klaren Formulierung jedoch ausge-
schlossen ist.
- 4 -
1 DB.2011.24 1 ST.2011.36
bb) Neben den Bundesgesetzen ist auch das Völkerrecht für die rechtsan-
wendenden Behörden massgebend. Der Sachverhalt weist insofern eine internationale
Komponente auf, als der Pflichtige deutscher Staatsangehöriger ist und die umstritte-
nen Beiträge nach Deutschland bezahlt.
aaa) Das Freizügigkeitsabkommen (Abkommen zwischen der Schweizeri-
schen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren
Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit vom 21. Juni 1999; FZA;
SR 0.142.112.681) verweist im Anhang II, Abschnitt A für die Frage, welchem Sozial-
versicherungssystem jemand untersteht, auf die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (Ver-
ordnung des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Si-
cherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die
innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern; SR 0.831.109.268.1). Nach Art. 13
Abs. 1 dieser Verordnung unterliegt eine Person immer nur den Rechtsvorschriften
eines einzigen Mitgliedstaats. Art. 13 Abs. 2 lit. a der Verordnung bestimmt, dass für
Unselbstständige grundsätzlich die Vorschriften am Erwerbsort gelten. In der vorlie-
genden Konstellation bedeutet dies, dass der Pflichtige – was die AHV betrifft – vollum-
fänglich den hiesigen Gesetzen und Institutionen unterworfen ist. Eine Zahlung von
freiwilligen Beiträgen ins Ausland ist im schweizerischen innerstaatlichen Recht nicht
vorgesehen, womit es sich verbietet, den Sachverhalt unter Art. 33 Abs. 1 lit. d DBG
bzw. Art. 9 Abs. 2 lit. d StHG zu subsumieren.
Das in Art. 2 FZA statuierte Diskriminierungsverbot ist nicht zu beachten, denn
Art. 21 FZA enthält für den Fiskalbereich weit reichende Ausnahmebestimmungen. So
darf etwa keine Bestimmung des Abkommens so ausgelegt werden, dass sie die Ver-
tragsparteien daran hindert, bei der Anwendung ihrer Steuervorschriften eine Unter-
scheidung zwischen Steuerpflichtigen zu machen, die sich – insbesondere hinsichtlich
ihres Wohnsitzes – nicht in vergleichbaren Situationen befinden (Abs. 2).
bbb) Zu prüfen bleibt, ob das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eid-
genossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbe-
steuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom
11. August 1971 (DBA-D; Stand 12. August 2003; SR 0.672.913.62) Bestimmungen
enthält, welche die innerstaatliche Regelung des DBG bzw. des StHG einschränken.
Dieses Abkommen ist vorliegend zumindest in räumlicher Hinsicht anwendbar, befindet
- 5 -
1 DB.2011.24 1 ST.2011.36
sich der Wohnsitz des Pflichtigen doch in einem der beiden Vertragsstaaten bzw. ist
der Pflichtige dort ansässig (Art. 1 DBA-D). Darüber, in welchem der Vertragsstaaten
steuerliche Abzüge gemacht werden können, enthält das DBA-D keine konkreten – von
der Art einer Einkunft losgelöste – Bestimmungen. Eine Inanspruchnahme des DBA-D
käme damit höchstens überhaupt in Frage, wenn Abzüge mit gewissen Einkünften in
einem Zusammenhang stünden.
Der Pflichtige verfügt indes über keinerlei Einkünfte, auf deren Besteuerung
Deutschland gemäss DBA-D Anspruch erheben könnte. Die aktenkundigen unselbst-
ständigen Erwerbseinkünfte (und damit unter Umständen auch die damit zusammen-
hängenden Abzüge) des hier ansässigen Pflichtigen unterliegen gemäss Art. 15 Abs. 1
DBA-D der ausschliesslichen Besteuerung durch die Schweiz; die Höhe von damit ver-
knüpften Abzügen richtete sich damit uneingeschränkt nach schweizerischem Recht.
Es ist allerdings ohnehin zweifelhaft, ob die umstrittenen freiwilligen Beiträge überhaupt
eine genügende Nähe zum hier erzielten Erwerbseinkommen aufweisen (was an die-
ser Stelle nicht weiter zu prüfen ist).
Schliesslich ist in der hier strittigen Verweigerung des Abzugs der (freiwilligen)
Beiträge an die deutsche Rentenversicherung keine Diskriminierung aufgrund der
Staatsangehörigkeit im Sinn von Art. 25 Abs. 1 DBA-D zu erkennen, denn das schwei-
zerische Gesetz trifft keine Unterscheidung aufgrund der Nationalität. Einem hier unbe-
schränkt steuerpflichtigen, unselbstständig erwerbenden Schweizer Bürger, der freiwil-
lige Zahlungen an eine ausländische Sozialversicherung geltend machte, wäre der
Abzug nach dem klaren Wortlaut von Art. 33 Abs. 1 lit. d DBG bzw. Art. 9 Abs. 2 lit. d
StHG ebenfalls zu verweigern.
2. a) Die Parteien streiten sich vornehmlich darüber, ob es sich bei den Zah-
lungen des Pflichtigen um Beiträge an eine gebundene Selbstvorsorge handelt, welche
unter Art. 33 Abs. 1 lit. e DBG bzw. § 31 Abs. 1 lit. e StG zu subsumieren wären.
Nach diesen beiden Gesetzesbestimmungen sind Einlagen, Prämien und Bei-
träge zum Erwerb von vertraglichen Ansprüchen aus anerkannten Formen der gebun-
denen Selbstvorsorge im Sinn und im Umfang von Art. 82 des Bundesgesetzes über
die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 25. Juni 1982 (BVG)
- 6 -
1 DB.2011.24 1 ST.2011.36
von den Einkünften abzuziehen. Arbeitnehmer und Selbstständigerwerbende können
demnach Beiträge für ausschliesslich und unwiderruflich der beruflichen Vorsorge die-
nende, anerkannte Vorsorgeformen abziehen (Art. 82 Abs. 1 BVG). Die Festlegung der
Ausgestaltung solcher Vorsorgeformen hat der Gesetzgeber in umfassender Weise an
den Bundesrat delegiert (Abs. 2). Letzterer hat gestützt darauf am 13. November 1985
die eingangs erwähnte Verordnung über die steuerliche Abzugsberechtigung für Bei-
träge an anerkannte Vorsorgeformen erlassen (BVV 3).
Als anerkannte Vorsorgeformen gelten die gebundene Vorsorgeversicherung
bei Versicherungseinrichtungen und die gebundene Vorsorgevereinbarung mit Bank-
stiftungen (Art. 1 Abs. 1 lit. a und b BVV 3). Die einzelnen Kriterien, die erfüllt sein
müssen, sind in Art. 1 Abs. 2 und 3 BVV 3 festgehalten. Für alle Vertragsmodelle gilt,
dass sie zur Prüfung der ESTV einzureichen sind, welche untersucht, ob Form und
Inhalt den gesetzlichen Vorschriften entsprechen, und das Ergebnis der Prüfung an-
schliessend mitteilt (Art. 1 Abs. 4 BVV 3). Verweigert die ESTV die Zulassung, so ist
der Gesuchsteller befugt, hierüber eine anfechtbare Feststellungsverfügung zu verlan-
gen (BGE 124 II 383).
Diese bundesrechtliche Regelung ist sinnvoll und beruht auf einer zulässigen
Gesetzesdelegation an die Exekutive (Bundesrat). Sie führt dazu, dass eine einzige,
fachkompetente Verwaltungsstelle die entsprechenden Verträge für die ganze Schweiz
prüft und genehmigt, und es so in der Praxis der kantonalen bzw. kommunalen Steuer-
ämter nicht zu einer unterschiedlichen Beurteilung ein- und desselben Vertragsmodells
kommt. Nicht nur mit Blick auf das Rechtsgleichheitsgebot ist die Prüfung durch eine
zentrale Instanz sachgerecht, denn es lässt sich damit auch erheblicher Verwaltungs-
aufwand vermeiden. Prozessual bedeutet dies, dass eine Steuerverwaltung (bzw. die
Rechtsmittelinstanz und damit auch das Steuerrekursgericht) einen Vorsorgevertrag,
der von der ESTV (noch) nicht genehmigt worden ist, nicht in eigener Kompetenz auf
seine gesetzliche Zulässigkeit hin überprüfen darf. Sie ist vielmehr gehalten, den Ab-
zug entsprechend deklarierter Beiträge im ordentlichen Einschätzungs-/Veranlagungs-
verfahren ohne Weiteres zu verweigern (bzw. falls die Genehmigung vorliegt, aus
Gründen der Rechtsgleichheit bzw. Rechtssicherheit zu akzeptieren).
b) aa) Der Pflichtige behauptet nicht, die ESTV habe die Abzugsfähigkeit von
Beiträgen an die Deutsche Rentenversicherung Bund im dafür gesetzlich vorgesehe-
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1 DB.2011.24 1 ST.2011.36
nen Verfahren (schon) genehmigt. Eine solche Genehmigung liegt denn auch nicht vor.
Damit aber besteht im vorliegenden, die konkrete Einschätzung bzw. die Veranlagung
des Pflichtigen betreffenden Verfahren im Rahmen der gebundenen Selbstvorsorge
(Säule 3a) kein Raum für den Abzug der Beiträge an die Deutsche Rentenversicherung
Bund.
bb) Der Pflichtige wendet ein, das Prüfverfahren der ESTV gelte nicht für von
schweizerischen öffentlichrechtlichen Pensionskassen auf dem Markt angebotene Vor-
sorgeverträge. Bei der Deutschen Rentenversicherung Bund handle es sich um eine
vergleichbare öffentlichrechtliche Institution, weshalb das Steuerrekursgericht sehr
wohl über die Zulässigkeit des Abzugs zu entscheiden habe, obwohl von der ESTV
keine Genehmigung vorliege. Er untermauerte seine Behauptung mit einem Schreiben
und dem Ausdruck einer Internet-Seite der öffentlichrechtlichen Pensionskasse "Retrai-
tes Populaires", woraus hervorgeht, dass diese unter der Bezeichnung "Säule 3a" ein
Produkt (RP Duo primes périodiques) anpreist. Dieses Produkt wurde von der ESTV
nach deren eigenem Bekunden nicht genehmigt.
Das Vorbringen des Pflichtigen findet zunächst in der bundesrätlichen Verord-
nung keine Stütze, vielmehr unterstellt Art. 1 Abs. 4 BVV 3 alle Vertragsmodelle, auch
diejenigen der öffentlichrechtlichen Pensionskassen, der Prüfungspflicht. Dieser An-
sicht ist auch die ESTV, wie diese im Amtsbericht vom 14. September 2011 festhält.
Nach deren Aussage besteht weder in den Kantonen noch beim Bund eine Praxis,
nach welcher Säule 3a-Beiträge an öffentlichrechtliche Institutionen ohne vorgängige
Genehmigung der entsprechenden Verträge durch die ESTV zum Abzug zugelassen
werden. Eine solche Praxis wäre auch klar rechtswidrig. Soweit alsdann der Pflichtige
eine Gleichbehandlung im Unrecht verlangt, wäre er gehalten gewesen, konkrete Bei-
spiele aufzuführen, bei denen es (insbesondere im Fall des erwähnten Produkts der
Retraites Populaires) tatsächlich zu fehlerhaften Veranlagungen von Steuerpflichtigen
gekommen ist. Auch hätten die involvierten Ämter (kantonales Steueramt bzw. ESTV)
ihren Willen zum Ausdruck bringen müssen, an einer diesbezüglich rechtswidrigen
Praxis festhalten zu wollen. Nun ist aber gerade das Gegenteil der Fall, denn sowohl
die ESTV als auch das kantonale Steueramt erklären beide übereinstimmend, dem
Gesetz vollumfänglich Nachachtung verschaffen und nur Beiträge an anerkannte Vor-
sorgeformen zum Abzug zulassen zu wollen.
- 8 -
1 DB.2011.24 1 ST.2011.36
c) Auf die Argumentation des Pflichtigen, die von ihm gewählte Vorsorgeform
entspreche exakt den Vorgaben von Art. 1 Abs. 2 BVV 3, und diese sei deshalb anzu-
erkennen, ist damit – mangels Überprüfungsbefugnis durch das Steuerrekursgericht –
an dieser Stelle nicht weiter einzugehen. Der Pflichtige ist auf das hierfür vorgesehene
Verfahren zu verweisen.
Immerhin erscheint es bemerkenswert, dass weder aus dem Wortlaut der ge-
nannten BVV 3-Bestimmung noch aus Art. 82 BVG eindeutig hervorgeht, dass nur Ver-
träge der Steuerpflichtigen mit inländischen (schweizerischen) Institutionen, welche die
Kriterien erfüllen, für eine Genehmigung in Frage kommen. Auch scheint Art. 1 Abs. 4
BVV 3 – jedenfalls auf den ersten Blick – keineswegs auszuschliessen, dass neben
den Institutionen, die Säule 3a-Produkte anbieten, auch die Steuerpflichtigen selber um
Genehmigung nachsuchen könnten. Zwar scheint sich die ESTV auf diesen Stand-
punkt zu stellen (vgl. S. 2 Ziff. 2 des Kreisschreibens Nr. 18 über die steuerliche Be-
handlung von Vorsorgebeiträgen und -leistungen der Säule 3a vom 17. Juli 2008), in-
dem sie als anspruchsberechtigt nur die Vorsorgeträger selber aufführt. Ob die in einer
für die Gerichte nicht verbindlichen, verwaltungsinternen Weisung enthaltene Formulie-
rung dem Verordnungswortlaut stand hält, ist zumindest fraglich, und müsste im Streit-
fall durch die zuständigen Behörden bzw. Gerichte geprüft werden.
3. Nach dem Gesagten sind sowohl Beschwerde als auch Rekurs vollumfäng-
lich abzuweisen. Die Kosten sind dem unterliegenden Pflichtigen aufzuerlegen
(Art. 144 Abs. 1 DBG; § 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
4e30869f-6baf-4c09-bafa-052f46b4ed55 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) ist deutscher Staatsangehöriger. Er wohnt im
Kanton Zürich und geht ausschliesslich hier zwei unselbstständigen Erwerbstätigkeiten
nach. In der Steuererklärung 2011 machte er unter dem Titel "Beiträge an anerkannte
Formen der gebundenen Selbstvorsorge (3. Säule a)" einen Abzug von Fr. 6'682.- gel-
tend. Es handelte sich dabei gemäss beigelegter Bescheinigung um einen freiwilligen
Beitrag des Pflichtigen an die Deutsche Rentenversicherung Bund in Berlin.
Das Steueramt der Stadt B schätzte den Pflichtigen am 27. August 2012 unter
Aufrechnung des genannten Abzugs mit einem steuerbaren Einkommen von
Fr. 139'900.- und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 482'000.- ein. Gleichentags
erging die Bundessteuer-Veranlagung mit einem steuerbaren Einkommen von
Fr. 140'600.-.
B. Die hiergegen erhobenen Einsprachen wies das kantonale Steueramt mit
Einspracheentscheiden vom 15. Februar 2013 ab.
C. Am 3. März 2013 legte der Pflichtige Beschwerde und Rekurs ein mit dem
Antrag, es sei auf die Aufrechnung seines Beitrags an die ausländische Rentenversi-
cherung von Fr. 6'682.- zu verzichten. Er begründete seinen Antrag einerseits damit,
dass die Einspracheentscheide eine ungenügende Begründung enthielten. Sie seien
deswegen ungültig, was dazu führen müsse, dass die strittigen Beiträge abzugsfähig
seien. Andererseits berief er sich in materieller Hinsicht darauf, die Zahlungen an die
Deutsche Rentenversicherung Bund erfüllten die Voraussetzungen der gebundenen
Selbstvorsorge (Säule 3a) gemäss Art. 33 Abs. 1 lit. e des Bundesgesetzes über die
direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 31 Abs. 1 lit. e des Steu-
ergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) und müssten deshalb zum Abzug zugelassen wer-
den.
Das kantonale Steueramt schloss in der Beschwerde-/Rekursantwort vom
26. März 2013 auf Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung
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1 DB.2013.49 1 ST.2013.51
(ESTV) beantragte mit Eingabe vom 15. Mai 2013 die Abweisung der Beschwerde. Der
Pflichtige reichte am 2./3. Juni 2013 eine Stellungnahme ein.
D. Der Pflichtige hatte bereits in der Steuererklärung 2009 einen Beitrag an
die Deutsche Rentenversicherung Bund aufgeführt, den der Steuerkommissär im Ein-
schätzungs- bzw. Veranlagungsverfahren mit Entscheiden vom 3. November bzw.
15. November 2010 aufgerechnet hatte. Die hiergegen erhobenen Einsprachen wies
der Steuerkommissär am 26. Januar 2011 ab.
Daraufhin strengte der Pflichtige schon damals ein Beschwerde- bzw. Rekurs-
verfahren an mit dem Antrag, es sei auf die Aufrechung des Beitrags an die ausländi-
sche Rentenversicherung zu verzichten. Im Laufe des Verfahrens holte der Einzelrich-
ter bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) einen Amtsbericht über
Auslegung und Anwendung von Art. 1 Abs. 4 der bundesrätlichen Verordnung über die
steuerliche Abzugsberechtigung für Beiträge an anerkannte Vorsorgeformen vom
13. November 1985 (BVV 3) ein, zu welchem die Parteien am 2. bzw. 6. Oktober 2011
Stellung nahmen.
Der ausführlich begründete Entscheid des Einzelrichters lautete im damaligen
Verfahren betreffend die Steuerperiode 2009 auf Abweisung (StRG, 2. Dezem-
ber 2011, 1 DB.2011.24/1 ST.2011.36, www.strgzh.ch, Rubrik "Leitentscheide") und
erwuchs in Rechtskraft. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Bei der Deutschen Rentenversicherung handelt es sich – soweit ersicht-
lich – um eine in Deutschland staatlich organisierte, allgemeine, gesetzliche Sozialver-
sicherung. Sie entspricht im schweizerischen 3-Säulen System am ehesten der Alters-
und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1. Säule). Beiträge an die schweizerische AHV
sind gemäss Art. 33 Abs. 1 lit. d DBG und Art. 9 Abs. 2 lit. d des Bundesgesetzes über
die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. De-
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1 DB.2013.49 1 ST.2013.51
zember 1990 (StHG) bzw. § 31 Abs. 1 lit. d StG von den Einkünften abziehbar. Dabei
sind ähnliche ausländische (Renten-)Versicherungen nicht mitgemeint. Die Parteien
gehen somit grundsätzlich zu Recht (stillschweigend) davon aus, dass ein Abzug der
Beiträge des Pflichtigen an die Deutsche Rentenversicherung unter dem Titel "AHV"
aufgrund innerstaatlichen Rechts grundsätzlich nicht in Frage kommt.
b) Nur der Vollständigkeit halber ist im Folgenden etwas vertiefter auf die
Rechtslage einzugehen.
aa) Ob durch die dargestellte Regelung des Bundesgesetzgebers verfas-
sungsmässige Grundsätze bzw. Grundrechte (wie etwa das Rechtsgleichheitsgebot)
tangiert sind, kann offen gelassen werden. Bundesgesetze – beim StHG und DBG
handelt es sich um solche – sowie Völkerrecht sind für die rechtsanwendenden Behör-
den und die Gerichte – und damit auch für das Steuerrekursgericht – massgebend
(vgl. Art. 191 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom
18. April 1999 [BV]), es sei denn sie liessen der Behörde Spielraum für eine verfas-
sungskonforme Auslegung, was hier aufgrund der klaren Formulierung jedoch ausge-
schlossen ist.
bb) Neben den Bundesgesetzen ist auch das Völkerrecht für die rechtsan-
wendenden Behörden massgebend. Der Sachverhalt weist insofern eine internationale
Komponente auf, als der Pflichtige deutscher Staatsangehöriger ist und die umstritte-
nen Beiträge nach Deutschland bezahlt.
aaa) Das Freizügigkeitsabkommen (Abkommen zwischen der Schweizeri-
schen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren
Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit vom 21. Juni 1999; FZA;
SR 0.142.112.681) verweist im Anhang II, Abschnitt A für die Frage, welchem Sozial-
versicherungssystem jemand untersteht, auf die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (Ver-
ordnung des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Si-
cherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die
innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern; SR 0.831.109.268.1). Nach Art. 13
Abs. 1 dieser Verordnung unterliegt eine Person immer nur den Rechtsvorschriften
eines einzigen Mitgliedstaats. Art. 13 Abs. 2 lit. a der Verordnung bestimmt, dass für
Unselbstständige grundsätzlich die Vorschriften am Erwerbsort gelten. In der vorlie-
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1 DB.2013.49 1 ST.2013.51
genden Konstellation bedeutet dies, dass der Pflichtige – was die AHV betrifft – vollum-
fänglich den hiesigen Gesetzen und Institutionen unterworfen ist. Eine Zahlung von
freiwilligen Beiträgen ins Ausland ist im schweizerischen innerstaatlichen Recht nicht
vorgesehen, womit es sich verbietet, den Sachverhalt unter Art. 33 Abs. 1 lit. d DBG
bzw. Art. 9 Abs. 2 lit. d StHG zu subsumieren.
bbb) Zu prüfen ist weiter, ob das Abkommen zwischen der Schweizerischen
Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppel-
besteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom
11. August 1971 (DBA-D; Stand 12. August 2003; SR 0.672.913.62) Bestimmungen
enthält, welche die innerstaatliche Regelung des DBG bzw. des StHG einschränken.
Dieses Abkommen ist vorliegend zumindest in räumlicher Hinsicht anwendbar, befindet
sich der Wohnsitz des Pflichtigen doch in einem der beiden Vertragsstaaten bzw. ist
der Pflichtige dort ansässig (Art. 1 DBA-D). Darüber, in welchem der Vertragsstaaten
steuerliche Abzüge gemacht werden können, enthält das DBA-D keine konkreten – von
der Art einer Einkunft losgelöste – Bestimmungen. Eine Inanspruchnahme des DBA-D
käme damit höchstens überhaupt in Frage, wenn Abzüge mit gewissen Einkünften in
einem Zusammenhang stünden.
Der Pflichtige verfügt indes über keinerlei Einkünfte, auf deren Besteuerung
Deutschland gemäss DBA-D Anspruch erheben könnte. Die aktenkundigen unselbst-
ständigen Erwerbseinkünfte (und damit unter Umständen auch die damit zusammen-
hängenden Abzüge) des hier ansässigen Pflichtigen unterliegen gemäss Art. 15 Abs. 1
DBA-D der ausschliesslichen Besteuerung durch die Schweiz; die Höhe von damit ver-
knüpften Abzügen richtete sich damit uneingeschränkt nach schweizerischem Recht.
Es ist allerdings ohnehin zweifelhaft, ob die umstrittenen freiwilligen Beiträge überhaupt
eine genügende Nähe zum hier erzielten Erwerbseinkommen aufweisen (was an die-
ser Stelle nicht weiter zu prüfen ist).
ccc) Schliesslich ist in der hier strittigen Verweigerung des Abzugs der (freiwil-
ligen) Beiträge an die deutsche Rentenversicherung keine Diskriminierung aufgrund
der Staatsangehörigkeit im Sinn von Art. 2 FZA (vgl. BGr, 26. Januar 2010,
2C_319/2009, 2C_321/2009) bzw. Art. 25 Abs. 1 DBA-D zu erkennen, denn das
schweizerische Gesetz trifft keine Unterscheidung aufgrund der Nationalität. Einem
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1 DB.2013.49 1 ST.2013.51
hier unbeschränkt steuerpflichtigen, unselbstständig erwerbenden Schweizer Bürger,
der freiwillige Zahlungen an eine ausländische Sozialversicherung geltend machte,
wäre der Abzug nach dem klaren Wortlaut von Art. 33 Abs. 1 lit. d DBG bzw. Art. 9
Abs. 2 lit. d StHG ebenfalls zu verweigern.
2. a) Die Parteien streiten sich vornehmlich darüber, ob es sich bei den Zah-
lungen des Pflichtigen um Beiträge an eine gebundene Selbstvorsorge handelt, welche
unter Art. 33 Abs. 1 lit. e DBG bzw. § 31 Abs. 1 lit. e StG zu subsumieren wären.
Nach diesen beiden Gesetzesbestimmungen sind Einlagen, Prämien und Bei-
träge zum Erwerb von vertraglichen Ansprüchen aus anerkannten Formen der gebun-
denen Selbstvorsorge im Sinn und im Umfang von Art. 82 des Bundesgesetzes über
die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 25. Juni 1982 (BVG)
von den Einkünften abzuziehen. Arbeitnehmer und Selbstständigerwerbende können
demnach Beiträge für ausschliesslich und unwiderruflich der beruflichen Vorsorge die-
nende, anerkannte Vorsorgeformen abziehen (Art. 82 Abs. 1 BVG). Die Festlegung der
Ausgestaltung solcher Vorsorgeformen hat der Gesetzgeber in umfassender Weise an
den Bundesrat delegiert (Abs. 2). Letzterer hat gestützt darauf am 13. November 1985
die eingangs erwähnte Verordnung über die steuerliche Abzugsberechtigung für Bei-
träge an anerkannte Vorsorgeformen erlassen (BVV 3).
Als anerkannte Vorsorgeformen gelten die gebundene Vorsorgeversicherung
bei Versicherungseinrichtungen und die gebundene Vorsorgevereinbarung mit Bank-
stiftungen (Art. 1 Abs. 1 lit. a und b BVV 3). Die einzelnen Kriterien, die erfüllt sein
müssen, sind in Art. 1 Abs. 2 und 3 BVV 3 festgehalten. Für alle Vertragsmodelle gilt,
dass sie zur Prüfung der ESTV einzureichen sind, welche untersucht, ob Form und
Inhalt den gesetzlichen Vorschriften entsprechen, und das Ergebnis der Prüfung an-
schliessend mitteilt (Art. 1 Abs. 4 BVV 3). Verweigert die ESTV die Zulassung, so ist
der Gesuchsteller befugt, hierüber eine anfechtbare Feststellungsverfügung zu verlan-
gen (BGE 124 II 383).
Diese bundesrechtliche Regelung ist sinnvoll und beruht auf einer zulässigen
Gesetzesdelegation an die Exekutive (Bundesrat). Sie führt dazu, dass eine einzige,
fachkompetente Verwaltungsstelle die entsprechenden Verträge für die ganze Schweiz
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1 DB.2013.49 1 ST.2013.51
prüft und genehmigt, und es so in der Praxis der kantonalen bzw. kommunalen Steuer-
ämter nicht zu einer unterschiedlichen Beurteilung ein- und desselben Vertragsmodells
kommt. Nicht nur mit Blick auf das Rechtsgleichheitsgebot ist die Prüfung durch eine
zentrale Instanz sachgerecht, denn es lässt sich damit auch erheblicher Verwaltungs-
aufwand vermeiden. Prozessual bedeutet dies, dass eine Steuerverwaltung (bzw. die
Rechtsmittelinstanz und damit auch das Steuerrekursgericht) einen Vorsorgevertrag,
der von der ESTV (noch) nicht genehmigt worden ist, nicht in eigener Kompetenz auf
seine gesetzliche Zulässigkeit hin überprüfen darf. Sie ist vielmehr gehalten, den Ab-
zug entsprechend deklarierter Beiträge im ordentlichen Einschätzungs-/
Veranlagungsverfahren ohne Weiteres zu verweigern (bzw. falls die Genehmigung
vorliegt, aus Gründen der Rechtsgleichheit bzw. Rechtssicherheit zu akzeptieren).
b) Der Pflichtige behauptet nicht, die ESTV habe die Abzugsfähigkeit von Bei-
trägen an die Deutsche Rentenversicherung Bund im dafür gesetzlich vorgesehenen
Verfahren genehmigt. Eine solche Genehmigung liegt denn auch nicht vor.
Damit aber besteht im vorliegenden, die konkrete Einschätzung bzw. die Ver-
anlagung des Pflichtigen betreffenden Verfahren im Rahmen der gebundenen Selbst-
vorsorge (Säule 3a) kein Raum für den Abzug der Beiträge an die Deutsche Renten-
versicherung Bund. Dies führt zur Abweisung von Beschwerde und Rekurs.
c) Auf die Argumentation des Pflichtigen, die von ihm gewählte Vorsorgeform
entspreche exakt den Vorgaben von Art. 1 Abs. 2 BVV 3, und sei deshalb anzuerken-
nen, ist – mangels Überprüfungsbefugnis durch das Steuerrekursgericht – an dieser
Stelle nicht weiter einzugehen. Der Pflichtige ist auf das hierfür vorgesehene Verfahren
zu verweisen.
d) aa) Die ESTV scheint sich mit dem Pflichtigen (implizit) auf den Standpunkt
zu stellen, dass die Frage, ob Beiträge an ausländische Pensionskassen oder an ande-
re Anbieter von gebundenen Vorsorgeprodukten aufgrund des Gleichbehandlungsge-
bots abzugsfähig sind, trotz vorstehender Ausführungen im ordentlichen Veranlagungs-
bzw. im anschliessenden Rechtsmittelverfahren vor Steuerrekursgericht zu entschei-
den sei. Demnach hätte vorliegend der Einzelrichter darüber zu befinden, ob die vom
Pflichtigen im Ausland gewählte Vorsorgeform den Vorgaben von Art. 1 Abs. 2 BVV 3
entspreche.
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1 DB.2013.49 1 ST.2013.51
Diese Prüfungbefugnis steht dem Steuerrekursgericht aufgrund der gesetzli-
chen Ordnung indes gerade nicht zu. Weder aus dem Wortlaut der genannten BVV
3-Bestimmung noch aus Art. 82 BVG geht hervor, dass nur Verträge der Steuerpflichti-
gen mit inländischen (schweizerischen) Institutionen, welche die Kriterien erfüllen, für
eine Genehmigung in Frage kommen. Auch schliesst Art. 1 Abs. 4 BVV 3 keineswegs
aus, dass neben den Institutionen, die Säule 3a-Produkte anbieten, auch die Steuer-
pflichtigen selber um Genehmigung nachsuchen könnten. Zwar scheint die ESTV die-
sen Standpunkt einzunehmen (vgl. S. 2 Ziff. 2 des Kreisschreibens Nr. 18 über die
steuerliche Behandlung von Vorsorgebeiträgen und -leistungen der Säule 3a vom
17. Juli 2008), indem sie als anspruchsberechtigt nur die Vorsorgeträger selber auf-
führt. Ob die in einer für die Gerichte nicht verbindlichen, verwaltungsinternen Weisung
enthaltene Formulierung dem Verordnungswortlaut stand hält, ist fraglich, und müsste
im Streitfall durch die zuständigen Behörden bzw. Gerichte geprüft werden.
Der Pflichtige hätte sich hierfür zunächst mit einem entsprechenden Gesuch
um Genehmigung an die ESTV wenden müssen und einen allfälligen abschlägigen
Bescheid auf dem dafür vorgesehenen Rechtsweg anfechten können. Dass er dies bis
jetzt unterlassen hat, ist seiner eigenen Nachlässigkeit zuzuschreiben, denn er wurde
im Entscheid des Einzelrichters vom 2. Dezember 2011 betreffend die Steuerperio-
de 2009 auf diese richtige Vorgehensweise aufmerksam gemacht.
bb) aaa) Im vorliegenden Verfahren ist – im Gegensatz zum Verfahren betref-
fend die Steuerperiode 2009 – im Grundsatz nicht mehr strittig, dass das Prüfverfahren
der ESTV auch für von schweizerischen öffentlichrechtlichen Pensionskassen auf dem
Markt angebotene Vorsorgeverträge gilt. Dies zu Recht, denn die Prüfungspflicht gilt
gemäss Art. 1 Abs. 4 BVV 3 für alle Vertragsmodelle, auch diejenigen der öffentlich-
rechtlichen Pensionskassen. Dieser Ansicht ist auch die ESTV, wie sie im Amtsbericht
vom 14. September 2011 festhält.
bbb) aaaa) Der Pflichtige stellt sich (sinngemäss) auf den Standpunkt, die
Steuerbehörden des Kantons Waadt (Administration Cantonale des Impôts, Lausanne
[ACI]) liessen das von der öffentlichrechtlichen Pensionskasse "Retraites Populaires"
unter der Bezeichnung "Säule 3a" angebotene Produkt "RP Duo primes périodiques"
praxisgemäss bei einer grossen Anzahl von Steuerpflichtigen in rechtswidriger Weise
zum Abzug zu, obwohl es von der ESTV nicht genehmigt worden sei. Bei der Deut-
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1 DB.2013.49 1 ST.2013.51
schen Rentenversicherung Bund handle es sich um eine vergleichbare öffentlichrecht-
liche Institution wie die Pensionskasse "Retraites Populaires", weshalb das Steuerre-
kursgericht – getreu dem Grundsatz der Gleichbehandlung im Unrecht – sehr wohl
über die Zulässigkeit des Abzugs zu entscheiden habe, obwohl von der ESTV keine
Genehmigung vorliege.
bbbb) Der Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung (Legalitätsprinzip)
verlangt eine Übereinstimmung der Entscheidung mit dem Gesetz; er geht der Rück-
sichtnahme auf eine gleichmässige Rechtsanwendung vor (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009 und Kommentar zum Zürcher
Steuergesetz, 3. A., 2013, VB zu Art. 109 - 121 N 102 ff. DBG und VB zu §§ 119 - 131
N 111 ff. StG). Wenn aber die Behörde die Aufgabe der auch in gleich gelagerten Fäl-
len geübten gesetzeswidrigen Praxis ablehnt, kann der Bürger verlangen, dass die
gesetzeswidrige Begünstigung, die dem Dritten zuteil wird, auch ihm gewährt wird
(Gleichbehandlung im Unrecht, spezielle Rechtsgleichheit; vgl. hierzu Häfe-
lin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. A., 2010, Rz 518). Derjenige, der
eine rechtsungleiche Behandlung geltend macht, hat zu beweisen, dass und inwiefern
die Behörde, die den angefochenen Entscheid gefällt hat, in konkreten tatsächlich und
rechtlich gleich liegenden Fällen anders entschieden habe (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, VB zu Art. 109 - 121 N 103 DBG und VB zu §§ 119 - 131 N 112 StG).
cccc) Was die Staats- und Gemeindsteuern betrifft, ist rechtsanwendende
Behörde im Kanton Zürich ausschliesslich das kantonale Steueramt des Kantons Zü-
rich. Dass dieses den Abzug in einer Vielzahl von Fällen regelmässig gewähre, wird
vom Pflichtigen nicht behauptet, geschweige denn bewiesen. Die zürcherische Steuer-
behörde hat vielmehr unmissverständlich klar gemacht, dass es eine solche rechtswid-
rige Praxis nicht kennt. Ob ein anderer Kanton wie behauptet eine anderslautende
Praxis befolgt, ist belanglos. Von Bedeutung ist einzig, wie die hiesigen Steuerbehör-
den den Sachverhalt bzw. die Rechtslage beurteilen. Andere Kantone sind nicht be-
fugt, auf dem Staatsgebiet des Kantons Zürich in Belangen der direkten Steuern ho-
heitlich tätig zu werden, weshalb folgerichtig auch die (anderslautende)
Einschätzungspraxis einer ausserkantonalen Steuerbehörde, welche einzig die dort
Steuerpflichtigen betrifft, nicht massgebend sein kann.
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1 DB.2013.49 1 ST.2013.51
Auch auf dem Gebiet der direkten Bundessteuer ist allein das kantonale Steu-
eramt für die Veranlagung zuständig (vgl. Art. 104 DBG). Die Steuererhebung beruht
auf dem Prinzip des Vollzugsföderalismus (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Art. 104 N 1 DBG). Die ESTV ist dagegen Aufsichtsbehörde (Art. 103 DBG). Ihre kon-
krete Aufsichtstätigkeit konzentriert sich dabei in erster Linie auf das Kontrollieren in
Form des blossen Beobachtens (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 103 N 4 DBG).
Aus dieser Kompetenzordnung ergibt sich, dass das kantonale Steueramt auch auf
dem Gebiet der direkten Bundessteuer in der Festlegung ihrer Praxis frei ist, es sei
denn, die ESTV treffe in ihrer Funktion als Aufsichtsbehörde anderslautende Anord-
nungen, was vorliegend nicht der Fall ist. Es ist dem Pflichtigen damit auch – was die
Veranlagung der direkten Bundessteuer betrifft – verwehrt, sich auf eine rechtswidrige
Praxis eines anderen Kantons bzw. auf den Grundsatz der speziellen Rechtsgleichheit
zu berufen. Dies wäre höchstens dann anders zu beurteilen, wenn eine Vielzahl ande-
rer Kantone sich wiederholt und ausdrücklich weigerten, den Vorgaben der ESTV zu
folgen und die Bundesbehörde untätig bliebe, was wiederum der Pflichtige zu behaup-
ten und auch zu beweisen hätte, was nicht geschehen ist.
dddd) Abgesehen davon ist ohnehin nicht erwiesen, dass die Steuerbehörden
des Kantons Waadt Zahlungen im Zusammenhang mit dem Produkt "RP Duo primes
périodiques" bei einer Vielzahl von Steuerpflichtigen wiederholt zum Abzug zulassen.
Der Pflichtige richtete am 14. Oktober 2012 ein Schreiben an die waadtländische Steu-
erbehörde, mit welchem er diese aufforderte ihm bis zum 9. November 2012 schriftlich
zu bestätigen, dass sie die erwähnten Abzüge in der Vergangenheit nicht gewährt ha-
be und in Zukunft nicht zu gewähren gedenke, ansonst er vom Gegenteil ausgehe. Es
liegt auf der Hand und ist nicht weiter zu erörtern, dass das Ausbleiben einer Antwort
nicht den Beweis für die Verwirklichung des durch den Pflichtigen behaupteten Sach-
verhalts darstellen kann. Andere Indizien oder Hinweise auf eine rechtswidrige Praxis
sind nicht aktenkundig, weshalb der Sachverhalt zuungunsten des beweisbelasteten
Pflichtigen nach wie vor im Dunkeln bleibt.
3. Der Pflichtige rügt weiter, die Einspracheentscheide enthielten eine unge-
nügende Begründung, denn der Steuerkommissär sei nicht näher auf die Ausführun-
gen im Zusammenhang mit dem Stillschweigen der waadtländischen Steuerbehörde
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1 DB.2013.49 1 ST.2013.51
auf das Schreiben vom 14. Oktober 2012 eingegangen (vgl. oben unter
E. 2/d/bb/bbb/dddd). Damit sei das rechtliche Gehör verletzt worden.
Der Steuerkommissär hat sich jedoch im Einspracheentscheid mit diesem
Streitthema durchaus befasst. So führte er unter Verweis auf den Einschätzungsvor-
schlag im Einspracheverfahren vom 29. November 2012 aus, dass das kantonale
Steueramt das Ausbleiben einer Antwort der waadtländischen Steuerbehörde nicht als
Bestätigung der Sachverhaltsschilderung des Pflichtigen wertete. Schliesslich bestätig-
te der Steuerkommissär die Ansicht der ESTV und des kantonalen Steueramts, dass
keine gegenteilige Praxis der (kantonalen) Behörden bestehe.
Ob bzw. dass die vom kantonalen Steueramt angeführten Gründe im Wider-
spruch zu zuvor ergangenen Urteilen und Urteilsbegründungen stehen, beschlägt –
entgegen der Ansicht des Pflichtigen – den materiellen Inhalt der vorinstanzlichen Aus-
führungen und nicht die Begründungspflicht bzw. den Anspruch auf rechtliches Gehör.
Von einer Verletzung des rechtlichen Gehörs kann somit keine Rede sein.
Falls eine solche vorgelegen hätte, wäre sie ohnehin geheilt, denn das kantonale
Steueramt hat sich in der Beschwerde- bzw. Rekursantwort vom 26. März 2013 wie-
derum eingehend mit der Frage befasst, wie das Stillschweigen der waadtländischen
Steuerbehörde rechtlich einzuordnen sei. Der Pflichtige hat dazu am 2./3. Juni 2013
Stellung genommen (vgl. zum Ganzen Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 135 N 11
DBG und § 142 N 12 StG). Wie gesehen ist die Praxis im Kanton Waadt ohnehin nicht
entscheidrelevant, weshalb der Steuerkommissär von vornherein erst gar nicht gehal-
ten gewesen wäre, eine eingehende Begründung abzugeben.
4. Nach dem Gesagten sind sowohl Beschwerde als auch Rekurs vollumfäng-
lich abzuweisen. Die Kosten sind dem unterliegenden Pflichtigen aufzuerlegen
(Art. 144 Abs. 1 DBG; § 151 Abs. 1 StG).
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1 DB.2013.49 1 ST.2013.51 | Public | Tax | de | 2,013 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
4e77f6cb-1d76-4dec-b767-ddad43fd1a2e | hat sich ergeben:
A. 1) Mit Kaufvertrag vom 28. Juli 1993 erwarben A und B (nachfolgend die
Pflichtigen) von der 1908 geborenen C die Liegenschaft D in E zum Preis von
Fr. 900'000.-, wobei Fr. 200'000.- durch Einräumung eines Wohnrechts zugunsten der
Verkäuferin getilgt wurden. Der Kapitalwert des Wohnrechts basierte auf einem jährli-
chen Nutzwert von Fr. 33'000.-. Diesen letzteren Betrag brachten die Pflichtigen in der
Steuererklärung 1995 einkommensseitig zum Abzug. Gleich verfuhren sie damals mit
Bezug auf ein weiteres Wohnrecht mit einem jährlichen Nutzwert von Fr. 30'000.-; die-
ses betraf die heute von den Pflichtigen selbstbewohnte Liegenschaft F in G, welche
der pflichtige Ehemann 1991 erworben hatte.
Bei der Einschätzung für das Steuerjahr 1995 verweigerte die Steuerbehörde
im Ergebnis die steuermindernde Berücksichtigung der beiden Wohnrechtsbelastungen
und im anschliessenden Rechtsmittelverfahren liessen auch die Steuerrekurskommis-
sionen keine entsprechenden Abzüge zu (StRK III, 7. Mai 1998, R 63/1997 bzw. im
2. Rechtsgang StRK II vom 3. November 1999, 2 ST.1999.368); demgegenüber bejah-
te das Verwaltungsgericht mit Entscheid vom 4. Oktober 2000 (SB.1999.00093) die
Abzugsfähigkeit der deklarierten Wohnrechtsbelastungen, wobei es als obiter dictum
anfügte, es könne die Auffassung vertreten werden, beim Wegfall der Wohnrechte ha-
be deren Gesamtwert als zugeflossen zu gelten und sei in diesem Moment als aperio-
dische Einkunft der entsprechenden Besteuerung zuzuführen.
Nachdem das Wohnrecht betreffend die Liegenschaft F im Kalenderjahr 1995
wegfallen war, erfasste das kantonale Steueramt den Kapitalwert jenes Wohnrechts im
Rahmen der Einschätzung 1996; dies jedoch erst auf eine Einsprache der Gemeinde E
hin. Weil die Letztere verspätet erfolgt war, hob die Steuerrekurskommission II den
Einsprachentscheid auf Rekurs hin auf und stellte fest, der ursprüngliche Einschät-
zungsentscheid, welche keine solche Einkommenserfassung vorgesehen hatte, sei in
Rechtskraft erwachsen.
In den folgenden Steuerjahren brachten die Pflichtigen jeweils den Nutzwert
der wohnrechtsbelasteten Liegenschaft D in E einkommensseitig zum Abzug.
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2 ST.2009.126 + 127 2 DB.2009.67 + 68
Mit Kaufvertrag vom 18. April 2005 erwarb der Pflichtige von einer Erben-
gemeinschaft die Liegenschaft H in I zum Preis von Fr. 425'000.-; dabei wurde verein-
bart, dass der Kaufpreis im Umfang von Fr. 251'568.- durch Einräumung eines lebens-
länglichen Nutzniessungsrechts im Wert von Fr. 14'400.- pro Jahr zugunsten eines
Miterben entrichtet werde. Ab der Steuerperiode 2005 deklarierten die Pflichtigen in der
Folge auch diese Nutzniessungsbelastung unter den Einkommensabzügen.
2) Mit Auflage vom 8. Mai 2006 betreffend die Steuerperiode 2004 untersuch-
te der Steuerkommissär insbesondere die deklarierten Liegenschaftenunterhalts-
kosten. Dabei wies er auch darauf hin, dass kein Abzug für das die Liegenschaft D in E
betreffende Wohnrecht geltend gemacht werden könne. Diesbezüglich entgegneten die
Pflichtigen in ihrer Auflageantwort vom 30. Mai 2006, dass der Gegenwert des Wohn-
rechts seit Jahren als abzugsfähig anerkannt worden sei; dabei verwiesen sie auch auf
den vorerwähnten Verwaltungsgerichtsentscheid.
3) Mit Einschätzungsentscheiden bzw. Hinweisen vom 17. September 2008
setzte der Steuerkommissär die Steuerfaktoren für die Steuerperioden 2004 und 2005
wie folgt fest:
Steuerperiode 2004 Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
Steuerbares Einkommen Fr. 121'400.- Fr. 132'500.-
Satzbestimmendes Einkommen Fr. 122'600.-
Steuerbares Vermögen Fr. 3'606'000.-
Satzbestimmendes Vermögen Fr. 3'693'000.-
Steuerperiode 2005 Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
Steuerbares Einkommen Fr. 72'900.- Fr. 81'400.-
Satzbestimmendes Einkommen Fr. 72'900.-
Steuerbares Vermögen Fr. 4'615'000.-
Satzbestimmendes Vermögen Fr. 4'707'000.-
Im Rahmen dieser von den Selbstdeklarationen der Pflichtigen in mehreren
Punkten abweichenden Einschätzungen liess er keine Einkommensabzüge im Zu-
sammenhang mit den wohnrechts- bzw. nutzniessungsbelasteten Liegenschaften in E
und I zu.
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2 ST.2009.126 + 127 2 DB.2009.67 + 68
Die Bundessteuerveranlagungen wurden am 3. Oktober bzw. 7. November
2008 formell eröffnet.
B. Die gegen diese Veranlagungen fristgerecht erhobenen Einsprachen wies
das kantonale Steueramt mit Entscheiden vom 25. März 2009 grossmehrheitlich ab.
Stattgegeben wurde lediglich dem Antrag auf eine Einkommensreduktion im Betrag
von Fr. 7'825.- in der Steuerperiode 2005 im Zusammenhang mit Liegenschaftenun-
terhaltskosten. Festgehalten wurde demgegenüber an der Nichtabzugsfähigkeit der
Grundeigentumsbelastungen.
C. Hiergegen erhoben die Pflichtigen am 4. Mai 2009 Rekurse bzw. Be-
schwerden mit den Anträgen, die deklarierten Werte für das Wohnrecht (Fr. 33'000.- in
beiden Steuerperioden) und die Nutzniessung (Fr. 10'800.- in der Steuerperiode 2005)
einkommensseitig zum Abzug zuzulassen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht wurde be-
antragt, die Verfahren betreffend die Steuerperiode 2005 zu sistieren, bis diejenigen
betreffend die Steuerperiode 2004 rechtskräftig erledigt seien.
Das kantonale Steueramt schloss in seiner Rekurs-/Beschwerdeantwort vom
10. Juni 2009 auf Abweisung der Rechtsmittel.
Auf die Vorbringen der Parteien ist, soweit erforderlich, in den nachfolgenden
Erwägungen einzugehen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. In den vorliegenden, die Steuerperioden 2004 und 2005 betreffenden
Rechtsmittelverfahren geht es in gleicher Sachverhaltskonstellation um die gleiche
- 5 -
2 ST.2009.126 + 127 2 DB.2009.67 + 68
Rechtsfrage. Zu Recht wurden folglich die Verfahren aus prozessökonomischen Grün-
den vereinigt, können diese doch ohne weiteres in einem gemeinsamen Grundsatzent-
scheid erledigt werden. Ein Grund für die von Seiten der Pflichtigen beantragte Sistie-
rung der die spätere Steuerperiode betreffenden Verfahren ist damit nicht ersichtlich;
ein gesetzlicher Anspruch auf Verfahrenssistierung besteht im Übrigen nicht (vgl. Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz,
2. A., 2006, § 148 N 18 mit Verweis auf § 141 N 17). Dem Sistierungsgesuch ist daher
nicht zu entsprechen.
2. a) Die Pflichtigen berufen sich auf den Rechtsstreit betreffend das Steuer-
jahr 1995, welcher ebenfalls die Abzugsfähigkeit der Wohnrechtsbelastung der Liegen-
schaft D in E betraf und damals vom Verwaltungsgericht zu ihren Gunsten entschieden
worden ist. In diesem Zusammenhang machen sie geltend, es fehlten sachliche Grün-
de für die Kehrtwendung der Steuerbehörde. Die Letztere verhalte sich deshalb wider-
sprüchlich und willkürlich; die angefochtenen Entscheide widersprächen dem Grund-
satz von Treu und Glauben bzw. dem Vertrauensschutz und dem
Rechtssicherheitsgebot. Dabei sei auch zu beachten, dass sie – im Vertrauen auf die
früheren Entscheide und die langjährige Praxis der Steuerbehörde – mit der Liegen-
schaft in I neue Verpflichtungen übernommen bzw. entsprechende finanzielle Disposi-
tionen getroffen hätten.
b) Aus dem Umstand, dass das Verwaltungsgericht im Jahr 2000 in gleicher
Sache zugunsten der Pflichtigen entschieden hat und insoweit ein Präjudiz vorliegt,
lässt sich nicht ableiten, es bestehe im Hinblick auf den Vertrauensschutz eine nicht
mehr abänderbare Praxis. Das Erfordernis der richtigen Rechtsanwendung gebietet es
nämlich, dass eine als unrichtig erkannte Praxis geändert wird. Wohl erfordern auf der
anderen Seite das Rechtsgleichheitsgebot, das Vertrauensschutzprinzip sowie die
Rechtssicherheit, dass eine einmal begründete Praxis beibehalten wird und dass sich
der Bürger auf die Auslegung einer Norm gemäss der bisherigen Praxis verlassen darf.
In diesem Sinn kollidieren mithin grundlegende Interessen miteinander und sind diese
gegenseitig abzuwägen (vgl. Häfelin/Haller/Keller, Schweizerisches Bundesstaatsrecht,
7. A., 2008, N 768). Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtssprechung ist eine Pra-
xisänderungen zulässig, wenn ernsthafte und sachliche Gründe dafür vorliegen; diese
müssen umso gewichtiger sein, je länger die als nicht richtig erkannte Praxis befolgt
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2 ST.2009.126 + 127 2 DB.2009.67 + 68
worden ist (BGE 127 I 49, 52). Nachfolgend wird mithin zu prüfen sein, ob solche
Gründe gegeben sind.
3. a) Gesetzlicher Anknüpfungspunkt für die streitigen Abzüge bilden § 31 des
Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) und Art. 33 des Bundesgesetzes über die di-
rekte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG). Diese Bestimmungen regeln ein-
kommensseitig die allgemeinen Abzüge. Als abzugsfähig werden dabei auch die "dau-
ernden Lasten" erklärt (jeweils Abs. 1 lit. b). Abzugsfähig waren diese auch gemäss
§ 25 Abs. 1 lit. d des Steuergesetzes vom 8. Juni 1951 (aStG), welche altrechtliche
Bestimmung im Rechtsstreit betreffend das Steuerjahr 1995 noch massgebend war.
aa) Die (damalige) Steuerrekurskommission III hielt in ihren Entscheiderwä-
gungen fest, dass zu den in § 25 Abs. 1 lit. d aStG aufgeführten dauernden Lasten
auch das Wohnrecht gehöre. Als dauernde Last könne der Steuerpflichtige dabei jenen
Betrag von den steuerbaren Einkünften in Abzug bringen, welchen er tatsächlich
erbringen müsse. Habe er die dauernde Last bereits bei der Ermittlung des Rohein-
kommens in Abzug gebracht, entfalle das Abzugsrecht, ansonsten eine zweifache Be-
rücksichtigung Platz greife. Die besagte Bestimmung sei im Übrigen auszulegen. Dabei
sei zu beachten, dass die Pflichtigen als Käufer mit dem Wohnrecht eine Verpflichtung
eingegangen seien, welche im Zeitpunkt des Erwerbs der Liegenschaft einen kapitali-
sierten Wert von Fr. 200'000.- erreicht habe. Diese rechtliche Verpflichtung, welche
teilweise Gegenleistung für die Grundeigentumsübertragung bilde, belaste wirtschaft-
lich als Passivum ihr Vermögen. Die Last verkleinere sich indes mit der Dauer des
Laufs des Wohnrechts und verschwinde mit dessen Beendigung gänzlich. Daraus fol-
ge, dass der Genuss des Wohnrechts gleichsam die fortlaufende Abtragung der Schuld
durch die wohnrechtsbelasteten Pflichtigen bedeute. Weil die Schuldentilgung nicht
einkommenswirksam sein könne, sei das Wohnrecht insofern nicht von den Einkünften
absetzbar. Nur eine solche Auslegung vermöge dem Sinn des Gesetzes zu entspre-
chen; das von den Pflichtigen verfochtene wörtliche Verständnis von § 25 Abs. 1 lit. d
aStG würde demgegenüber zu ungerechtfertigten, sachlich in keiner Weise begründba-
ren Steuervorteilen führen. Eine dauernde Last im Sinn der letzteren Bestimmung liege
damit gar nicht vor; vielmehr gehe es um die partielle Rückzahlung einer Schuld.
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2 ST.2009.126 + 127 2 DB.2009.67 + 68
bb) Das Verwaltungsgericht hielt dem entgegen, das Gesetz nehme keine
Rücksicht darauf, dass eine durch ein Wohnrecht begründete Last fortlaufend abneh-
me und mit dem Erlöschen des Wohnrechts ende. Es komme also – wie bei den
Schuldzinsen – nicht darauf an, ob dauernde Lasten den Charakter von Gewinnungs-
kosten hätten oder ob sie der Anschaffung von Vermögenswerten dienten oder – wie
bei Renten – zur Schuldentilgung führten. Diese Betrachtungsweise folge aus der Ge-
setzessystematik. Anders als § 19 aStG, welche Bestimmung eine Generalklausel
(Ingress) und Beispiele von steuerbaren Einkünften enthalte, sehe § 25 Abs. 1 aStG
eine abschliessende Aufzählung der einzelnen Abzüge (lit. a-o) vor, ohne in einer ein-
leitenden allgemeinen Umschreibung gemeinsame Voraussetzungen der Abzugsfähig-
keit festzuhalten. So fänden sich die Gewinnungskosten in drei gesonderten Vorschrif-
ten (lit. a - c), deren Wortlauf auf den Kostencharakter hinweise (Berufskosten,
Liegenschaftenunterhaltskosten, Vermögensverwaltungskosten). Sei aber der Gewin-
nungskostencharakter nicht allgemeine Voraussetzung der Abzüge von § 25 Abs. 1
aStG und enthalte lit. d im Gegensatz zu lit. a - c keinen Hinweis auf ein derartiges
Erfordernis, so müssten (wie Schuldzinsen und Renten) dauernde Lasten jeglicher Art
zum Abzug zugelassen werden. Insofern erleide der das zürcherische Steuergesetz
beherrschende Grundsatz der Gesamtreineinkommensbesteuerung einen – vom Ge-
setzgeber selbst gewollten – erheblichen Durchbruch.
cc) Die Vorinstanz macht nun geltend, dass der Abzug der dauernden Last
entweder dadurch erfolge, dass dem Eigentümer der Ertrag des belasteten Vermö-
gensgegenstands zugerechnet werde und nachfolgend die aufgrund der dauernden
Last an den Berechtigten erfolgten Leistungen abgezogen würden, oder dadurch, dass
dem Eigentümer nur der um die dauernde Last verminderte Ertrag zugerechnet werde.
Beim Wohnrecht wie bei der Nutzniessung bestehe die Verminderung des Ertrags für
den Eigentümer darin, dass er die Liegenschaft nicht selber nutzen oder entgeltlich
durch einen Dritten nutzen lassen könne. Der Abzug der dauernden Last geschehe
dadurch, dass der Nutzwert des Grundstückteils nicht dem Eigentümer, sondern direkt
dem Wohnrechtsberechtigten bzw. dem Nutzniesser zugerechnet werde. Ein doppelter
Abzug des Nutzungswerts beim Eigentümer (keine Zurechnung des Ertrags plus Ab-
zug des entgangenen Ertrags) sei unzulässig.
b) Gewinnungskosten sind Aufwendungen, die in einem unmittelbaren (kausa-
len) Zusammenhang zur Einkommenserzielung stehen. Wenn der Gesetzgeber für die
- 8 -
2 ST.2009.126 + 127 2 DB.2009.67 + 68
Abzugsfähigkeit von dauernden Lasten keinen Gewinnungskostencharakter voraus-
setzt, so folgt daraus noch nicht, dass dauernde Lasten in jedem Fall einkommens-
steuermindernd zu berücksichtigen sind. Ist ein Zusammenhang zur Einkommenserzie-
lung zwar nicht erforderlich, so muss die in Frage stehende dauernde Last doch
zumindest einen konkreten Vermögenswert des Steuerpflichtigen beeinträchtigen;
auch der Abzug der vom Verwaltungsgericht vergleichsweise herangezogenen Schuld-
zinsen erheischt das Vorliegen einer konkreten Schuld des Steuerpflichtigen. Ob bei
einer Nutzniessung oder bei einem Wohnrecht ein Zusammenhang in diesem letzteren
Sinn vorhanden ist, erheischt aufgrund der Besonderheiten dieser Personalservituten
eine vertiefte Prüfung:
c) Die steuerliche Behandlung von Wohnrechten und Nutzniessungen ist um-
stritten, weil die wirtschaftlichen Vorgänge, die sich bei der Einräumung bzw. Aus-
übung solcher beschränkter dinglichen Rechte abspielen, nicht leicht durchschaubar
sind. Peter Locher hat sich mit der Problematik ausführlich auseinandergesetzt und in
einem neueren Aufsatz (Einkommenssteuerrechtliche Behandlung von Wohnrechten,
Nutzniessungen und obligatorischen Nutzungsrechten im privaten Bereich; ZStP 2006,
1 ff.) Folgendes festgehalten:
aa) Nutzniessungen (an Liegenschaften) und Wohnrechte können entgeltlich
oder unentgeltlich eingeräumt werden. Dabei gibt es jeweils zwei Untervarianten: Bei
der entgeltlichen Rechtseinräumung kann die Gegenleistung durch periodische Zah-
lungen oder in Form einer Einmalleistung erfolgen. Bei der unentgeltlichen Begründung
sind sodann die Zuwendungs- und die Vorbehaltsnutzung auseinander zu halten.
Dieser Nutzungsvorbehalt kann wiederum im Rahmen eines entgeltlichen oder eines
unentgeltlichen Rechtsgeschäfts erfolgen. Was die entgeltliche Einräumung von Nutz-
niessung und Wohnrecht anbelangt, erfolgt diese höchst selten gegen wiederkehrende
Zahlungen; vielmehr in der Regel gegen eine Einmalleistung. Die Unterscheidung zwi-
schen periodischer und einmaliger Zahlung ist aus wirtschaftlicher Sicht fundamental:
Mit der Einmalleistung wird dem Nutzungsrecht nämlich ein wirtschaftlicher Wert attes-
tiert; auf der anderen Seite geht der Wert des belasteten Grundstücks vorübergehend
entsprechend zurück, indem das "nackte Eigentum" (nuda proprietas) verbleibt. Der
objektive Wert des Grundstücks bleibt zwar unverändert, er wird jedoch gewissermas-
sen auf zwei Subjekte, nämlich den Grundeigentümer und die nutzungsberechtigte
Person aufgeteilt. Anders verhält es sich bei den in wiederkehrenden Zahlungen ge-
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2 ST.2009.126 + 127 2 DB.2009.67 + 68
leisteten Entgelten: Hier stempelt ein marktkonformes Entgelt das nutzniessungs- oder
wohnrechtsbelastete Grundstück zu einem zinstragenden Objekt, das keineswegs
wertmässig einbricht, sondern im Gegenteil dank sicherer Ertragsaussichten tenden-
ziell im Wert steigt.
bb) Bei der Einräumung von Nutzniessungen und Wohnrechten ohne Entgelt
wird im Rahmen einer Zuwendungsnutzung die Personalservitut einer bislang nicht
berechtigten Person unentgeltlich zugeeignet. Das belastete Grundstück als solches
ändert hier nicht gleichzeitig die Hand. Demgegenüber behält sich bei der Vorbehalts-
nutzung der frühere Eigentümer das Nutzungsrecht im Rahmen einer – entgeltlichen
oder unentgeltlichen – Grundstücksübereignung zurück. Weil die berechtigte Person
bei einer Zuwendungsnutzung definitionsgemäss nichts leistet, ist die Unentgeltlichkeit
der Rechtseinräumung offensichtlich. Aber ebenso handelt es sich bei der Vorbehalts-
nutzung nach der heute herrschenden Auffassung – und zwar sowohl bei einem Nut-
zungsvorbehalt im Rahmen eines entgeltlichen wie auch eine unentgeltlichen Rechts-
geschäfts – um einen unentgeltlichen Entstehungsgrund. Das Grundstück als solches
ändert nämlich nicht zunächst unbelastet die Hand, worauf die erwerbende Person das
Nutzungsrecht als Gegenleistung – unter Verrechnung mit der Gegenforderung des
Veräusserers – einräumt (Bruttomethode), denn das Wohn- bzw. Nutzniessungsrecht
stand gar nie in deren rechtlichen Verfügungsmacht. Vielmehr wird also das Grund-
stück mit der dinglichen Last übertragen; der Erwerber ersteht ein bereits dienstbar-
keitsbelastetes Grundstück (Nettomethode). Was die Werteinbusse anbelangt, so gilt
auch hier, dass ausser bei wiederkehrenden Zahlungen das dingliche Nutzungsrecht
anfänglich wertvoll, das belastete Grundstück selbst dagegen vorübergehend minder-
wertig ist. Gerade hier setzt das Unverständnis vieler an, gehört es doch zum Wesen
solcher Nutzungsrechte, dass sie unter Schonung der Substanz ("salva rerum substan-
tia") begründet werden. Objektiv trifft dies denn auch zu, weshalb konsequenterweise
solche Personalservituten bei der amtlichen Bewertung unberücksichtigt bleiben. Aus
der Optik der Beteiligten steht der nutzungsberechtigten Person je nach Lebenserwar-
tung ein mehr oder weniger wertvolles Recht zu, und das belastete Grundstück (und
damit das Vermögen des jeweiligen Eigentümers) hat entsprechend vorübergehend
weniger Wert. Diese wirtschaftlichen Zusammenhänge gilt es im Hinblick auf sachge-
rechte steuerrechtliche Konsequenzen vor Augen zu halten.
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2 ST.2009.126 + 127 2 DB.2009.67 + 68
cc) Was die steuerrechtlichen Konsequenzen auf der Seite der Einkünfte an-
belangt, folgt das Steuerrecht dem Praktikabilitätskonzept. Dieses beruht auf der Idee
der steuerrechtlichen Gleichstellung von nutzungsberechtigter Person und Grundeigen-
tümer. Weil letztlich die Möglichkeit der Nutzung eines Vermögensgegenstands im
Vordergrund steht, geht es davon aus, dass das nutzungsbelastete Vermögen und
dessen Ertrag voll der berechtigten Person zuzurechnen sind. Der Eigentümer wird der
Einfachheit halber vernachlässigt. Entsprechend ist während der Dauer des Nutzungs-
verhältnisses unerheblich, wie dieses zustande gekommen ist. Bei der Begründung
des Nutzungsverhältnisses folgt dieses Konzept indes einer wirtschaftlichen Betrach-
tungsweise. Durch die Belastung eines Grundstücks mit einer Nutzniessung oder mit
einem Wohnrecht geht das Nutzungsrecht für eine gewisse Zeit auf einen Dritten über,
während dem Eigentümer insoweit nur noch das nackte Eigentum verbleibt. Objektiv
betrachtet ist zwar das Grundstück nach wie vor vollständig intakt ("salva rerum sub-
stantia"), allein, dessen Wert ist für den jeweiligen Eigentümer geringer, weil eben der
Nutzen vorübergehend einer anderen Person zusteht. Das Nutzungsrecht selbst ist für
die berechtigte Person wertvoll, d.h. es verkörpert einen wirtschaftlichen Wert. Der bis-
herige Wert der Liegenschaft wird also gewissermassen auf zwei Rechtssubjekte auf-
geteilt, nämlich den Grundeigentümer und den Dienstbarkeitsberechtigten.
Wird ein entgeltliches Nutzungsrecht gegen wiederkehrende Zahlungen einge-
räumt, die marktkonform sind, liegen Einkünfte für die Nutzungsübertragung vor, die
der Empfänger bzw. Eigentümer gemäss § 21 Abs. 1 lit. a StG bzw. Art. 21 Abs. 1 lit. a
DBG zu deklarieren hat. Dabei spielt die die Art des Nutzungsrechts (Wohnrecht,
Nutzniessung, Miete oder Pacht) keine Rolle. Auf der anderen Seite kann die nut-
zungsberechtigte Person ihre wiederkehrenden Zahlungen nicht vom rohen Einkom-
men absetzen.
Wird ein entgeltliches Nutzungsrecht gegen eine Einmalleistung eingeräumt,
ist diese im Einräumungsjahr beim Wohnrecht bzw. bei der Nutzniessung nicht steuer-
bar, weil mit der Begründung der Personaldienstbarkeit der Wert des belasteten
Grundstücks (vorübergehend) einbricht. Es liegt mithin eine blosse Vermögensum-
schichtung vor (BGr, 9. Februar 2000, STE 2000 B 26.26 Nr. 3 = ASA 70/581 sowie
9. Juni 2000, 2.A.139/2000, NStP 54, 69). Für die laufende Einkommensermittlung gilt
bei einem durch Einmalleistung entgeltlich eingeräumten Wohn- bzw. Nutzniessungs-
recht, dass die nutzungsberechtigte Person nach Massgabe von § 21 Abs. 1 lit. b StG
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bzw. Art. 21 Abs. 1 lit. b DBG den Mietwert des belasteten Objekts zu deklarieren hat,
denn bei der Ausübung ist dieses Nutzungsrecht nunmehr unentgeltlich (vgl. auch
Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 21 N 68; Richner/Frei/Kaufmann, Handkommentar
zum DBG, 2003, Art. 21 N 75). Das Praktikabilitätsmodell erlaubt es nicht, auf die Art
des Zustandekommens Rücksicht zu nehmen und den sukzessiven Wertverzehr ein-
kommensmindernd zu berücksichtigen. Diesem Umstand ist bei der Festsetzung der
Einmalleistung als Reduktionsfaktor Rechnung zu tragen.
Die meisten Wohnrechts- bzw. Nutzniessungsreinräumungen erfolgen indes
unentgeltlich, nämlich im Rahmen von Zuwendungs- bzw. Vorbehaltsnutzungen. Auf
diesen Fall sind die Bestimmungen von Art. 21 Abs. 1 lit. b StG und Art. 21 Abs. 1 lit. b
DBG zugeschnitten (neben der Eigennutzung durch den Eigentümer selbst); d.h. die
nutzungsberechtigte Person hat den Mietwert des belasteten Objekts zu deklarieren.
d) Aus dem Gesagten ergibt sich zunächst, dass die vorliegend im Streit lie-
genden Wohnrechts- bzw. Nutzniessungsbegründungen im Rahmen von Vorbehalts-
nutzungen erfolgt sind:
aa) Das Grundstück D in E erwarben die Pflichtigen von C mit Kaufvertrag
vom 28. Juli 1993 inklusive Wohnrecht; d.h. die Letztere hat sich beim Liegenschaften-
verkauf das Wohnrecht bis zu ihrem Lebensende vorbehalten. Im Kaufvertrag wurde
zwar die Bruttomethode dargestellt (Kaufpreis = Fr. 900'000.- ./. Fr. 200'000.- für das
eingeräumte Wohnrecht). Die Grundstücksübereignung und die Einräumung des Nut-
zungsrechts erfolgten jedoch "uno acto" (vgl. BGr, 9. Februar 2000, StE 2000 B 26.26
Nr. 3 = ASA 70, 581 ff.); es wechselte also ein mit einem Wohnrecht belastetes Grund-
stück die Hand und die Pflichtigen hatten für dieses im Sinn der Nettomethode einen
dem herabgesetzten Verkehrswert entsprechenden reduzierten Kaufpreis von
Fr. 700'000.- zu bezahlen. Gleich verhält es sich im Wesentlichen beim Grundstück H
in I; dieses wurde vom Pflichtigen am 18. April 2005 von einer Erbengemeinschaft er-
worben, wobei die lebenslange Nutzniessung zugunsten eines Erben vorbehalten
blieb. Im Sinn der Nettomethode reduzierte sich dadurch der Kaufpreis auf
Fr. 173'432.- (Fr. 425'000.- ./. Fr. 251'568.- für die Nutzniessung).
bb) In dieser Konstellation hatten und haben die Pflichtigen gemäss der vor-
stehend dargelegten Regelung die beiden Liegenschaften weder vermögensseitig zu
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deklarieren, noch haben sie deren Nutz- bzw. Mietwerte als Einkommen zu versteuern.
Der Verkehrswert der Liegenschaft in E sowie deren Mietwert wurden in der Vergan-
genheit denn auch stets von der Nutzungsberechtigten versteuert; gleich verhält es
sich mit Bezug auf die Liegenschaft in I (vgl. die diesbezüglichen Angaben in der Steu-
ererklärung 2005).
cc) Im vorliegenden Fall geht es nun aber nur indirekt um die Frage, wer ein-
kommensseitig den jährlichen Nutzwert der beiden Grundstücke in E und I zu versteu-
ern hat. Zu prüfen ist, ob die mit diesen Grundstücken verbundenen Personaldienst-
barkeiten als dauernde Lasten im Sinn von § 31 Abs. 1 lit. b StG bzw. Art. 33 Abs. 1
lit. b DBG zu qualifizieren sind und dergestalt vom Einkommen des Grundeigentümers
in Abzug gebracht werden können. Auch dabei ist indes den dargelegten speziellen
Verhältnissen bei wohnrechts- bzw. nutzniessungsbelasteten Grundstücken Rechnung
zu tragen. Alsdann zeigt sich Folgendes:
Die Pflichtigen haben in beiden Fällen Grundstücke erworben, welche bereits
mit einem Wohnrecht bzw. einer Nutzniessung belastet waren. Sie kauften mithin
"nacktes Eigentum" bzw. Liegenschaften, welche sie einstweilen nicht nutzen konnten.
Die Nutzungsrechte mit Kapitalwerten von Fr. 200'000.- bzw. Fr. 251'568.- verblieben
bei den weiterhin nutzungsberechtigten Verkäufern, was den Verkehrswert der Liegen-
schaften entsprechend herabsetzte und bei der Kaufpreisfindung frankengenau be-
rücksichtigt worden ist; auch bezahlt wurde also lediglich für das nackte Eigentum.
Wenn dementsprechend die von den Pflichtigen nicht erworbenen Nutzungsrechte
während der gesamten Laufzeit wirtschaftlich und steuerrechtlich nicht als deren Ver-
mögen zugehörig zu qualifizieren sind, so können diese auch keine dauernde Belas-
tung ihres Vermögens bewirken. Mit anderen Worten scheitert der Abzug einer dau-
ernden Last im Sinn von § 31 Abs. 1 lit. b StG bzw. Art. 33 Abs. 1 lit. b DBG schon
daran, dass die dem fraglichen Wohnrecht bzw. der fraglichen Nutzniessung zukom-
menden Vermögenswerte den Pflichtigen gar nicht zugeordnet werden können. Erst
bei Beendigung des Wohnrechts- bzw. der Nutzniessung fallen auch die Nutzungs-
rechte in ihr Vermögen, so dass sie ab diesem Zeitpunkt die Liegenschaften sowohl
vermögens- als auch ertragsseitig zu versteuern haben.
e) Die Einwände der Pflichtigen in den Rekurs- und Beschwerdeschriften ver-
mögen an alledem nichts zu ändern:
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aa) Soweit sie geltend machen, es liege keine Vorbehaltsnutzung vor, weil die
Nutzungsrechte gegen Entgelt eingeräumt worden seien, trifft dies nach dem bereits
Gesagten nicht zu. Und selbst wenn im Übrigen von einer entgeltlichen Einräumung
ausgegangen würde, so läge dabei die Variante der Einmalzahlung vor, was wiederum
bedeutete, dass jedenfalls die Ausübung der Nutzungsrechte unentgeltlich erfolgt ist
(vgl. vorstehend lit. c). Auch in dieser Konstellation stünde der Vermögenswert der
Nutzungsrechte also nicht den Pflichtigen zu und hätte dies folglich die gleichen Kon-
sequenzen.
bb) Wenn die Pflichtigen weiter erwähnen, bei der Liegenschaft D in E sei der
Betrag von Fr. 200'000.- auch bei der Grundstückgewinnsteuer berücksichtigt worden,
lässt sich daraus nichts zu ihren Gunsten ableiten. Bei der Grundstückgewinnsteuer
müssen für die Gewinnberechnung vergleichbare Verhältnisse hergestellt werden,
weshalb in Konstellationen wie der hier vorliegenden der Kapitalwert des Nutzungs-
rechts zum Erlös hinzugerechnet wird, um dem so korrigierten Erlös den Erwerbspreis
des unbelasteten Grundstücks gegenüberzustellen (sog. Bruttomethode) oder der Ka-
pitalwert des Nutzungsrechts beim Erwerbspreis abgesetzt und dieser Grösse das tat-
sächlich bezahlte Entgelt entgegengesetzt wird (sog. Nettomethode; vgl. Locher,
S. 15).
cc) Wie sich gezeigt hat, führen die Pflichtigen zu Unrecht aus, in ihrem Fall
liege eine nach Massgabe des Gesetzgebers abziehbare dauernde Belastung vor, weil
die fraglichen Personalservitute bei ihnen eine Vermögensschmälerung zur Folge hät-
ten. Ihre Vermögensinvestition beschränkte sich auf den Kaufpreis für das nackte Ei-
gentum, so dass eine Vermögensschmälerung im Zusammenhang mit dem nicht er-
worbenen Nutzrecht gar nicht eintreten konnte.
dd) Soweit die Pflichtigen vorbringen, es sei (ausserhalb des vorliegend zu
beurteilenden Sachverhalts) nicht einsehbar, auf welche anderen Fälle von Wohnrecht
oder Nutzniessung die Bestimmung von § 31 Abs. 1 lit. b StG bzw. Art. 33 Abs. 1 lit. b
DBG angewendet werden könnten, ist ihnen Folgendes entgegen zu halten: Denkbar
wäre etwa ein Wohnrecht, welches sich auf ein Zimmer oder einen Hausteil einer vom
Grundeigentümer selbst bewohnten Liegenschaft beschränkte. Hätte in einem solchen
Fall der Grundeigentümer den Verkehrswert seiner Liegenschaft und den Eigenmiet-
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wert zu versteuern, wäre ihm für die dauernde Last des Wohnrechts ein entsprechen-
der Einschlag zu gewähren
ee) Wenn schliesslich geltend gemacht wird, im Fall der Liegenschaft in E sei
der Kapitalwert des Wohnrechts von Fr. 200'000.- bereits im Jahr 1999 aufgezehrt ge-
wesen, hilft das den Pflichtigen auch nicht weiter. Auf den Umstand, dass bei der Kapi-
talwertbestimmung (abstellend auf die durchschnittliche Lebenserwartung) von einer
gut sechsjährigen Nutzungsdauer ausgegangen worden ist und C die Liegenschaft
alsdann aber noch bedeutend länger bewohnen konnte, kann es nicht ankommen. So-
lange der Vermögenswert des nicht erworbenen Nutzrechts beim Berechtigten ver-
bleibt, so lange fehlt auch die Anknüpfungsbasis für eine dauernde Last beim Grundei-
gentümer, welcher eben ein mit einem bestehenden Wohnrecht belastetes Grundstück
erworben hat. Wer ein mit einem Personalservitut belastetes Grundstück kauft, ist sich
im Übrigen bewusst, dass der Wegfall der Dienstbarkeit nicht exakt mit der theoreti-
schen Lebenserwartung des Berechtigten einhergehen muss; dies kann im Hinblick auf
den für das nackte Eigentum bezahlten Preis zum Vorteil der einen oder anderen Ver-
tragspartei gereichen, wobei vertraglich auch entsprechende Ausgleiche vereinbart
werden können.
f) Nach alledem sprechen ernsthafte und sachliche Gründe dafür, dem in glei-
cher Sache ergangenen Verwaltungsgerichtsentscheid vom 4. Oktober 2000 nicht
mehr zu folgen. Dem Interesse der Pflichtigen, den Steuervorteil, welcher ihnen nun
über Jahre zu Unrecht zugekommen ist, weiterhin in Anspruch nehmen zu können, ist
demgegenüber kein Gewicht beizumessen. Dass die Pflichtigen die Liegenschaft in I
nur wegen solchen Steuervorteil erworben hätten, ist im Übrigen nicht vorstellbar.
Damit ergibt sich, dass die Vorinstanz die Nutzwerte der Liegenschaften in E
und I, welche Wohnobjekte zwar den Pflichtigen gehören, ihnen aber mit Bezug auf
das Nutzrecht gar nicht zuzuordnen sind, zu Recht nicht zum Abzug zugelassen hat.
g) Bemerkungsweise bleibt anzufügen, dass bei diesem Ergebnis wohl kein
Raum verbleibt, um in der Steuerperiode 2006, in welcher das Wohnrecht betreffend
die Liegenschaft D in E endete, den Kapitalwert des Letzteren (Fr. 200'000.-) bei den
Pflichtigen als Einkommen zu erfassen.
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2 ST.2009.126 + 127 2 DB.2009.67 + 68
4. a) Diese Erwägungen führen zur Abweisung der Rekurse und der Be-
schwerden.
b) Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten den Pflichtigen aufzuerlegen
(§ 151 Abs. 1 StG und Art. 144 Abs. 1 DBG). Die Zusprechung der beantragten Partei-
entschädigung an die Pflichtigen kommt bei diesem Ausgang nicht in Betracht (§ 152
StG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai
1959/8. Juni 1997 (VRG) bzw. Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundes-
gesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968). | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
4e8dc978-096b-4b86-ace0-5ead47c5001a | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) reichte am 4. Februar 2009 die Steuererklä-
rung 2008 ein. Darin deklarierte er bei den Berufsauslagen u.a. Autofahrkosten in der
Höhe von Fr. 11'544.-, entsprechend 240 Tage x 74 km (2 x 37 km) x Fr. -.65. Am
3. März 2009 schätzte ihn das Gemeindesteueramt B für die Staats- und Gemeinde-
steuern 2008 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 148'000.- und einem steuer-
baren Vermögen von Fr. 197'000.- ein und stellte ihm für die direkte Bundessteuer
2008 die Veranlagung mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 148'700.- in Aus-
sicht. Dabei hatte es für die Autofahrten zwischen Wohn- und Arbeitsort lediglich Kos-
ten von Fr. 8'736.- zum Abzug zugelassen, entsprechend 240 Tage x 56 km (2 x 28
km, schnellster Weg gemäss Twixroute) x Fr. -.65.
B. Gegen den Einschätzungsentscheid der Staats- und Gemeindesteuern
erhob der Pflichtige am 17. März 2009 Einsprache mit dem Antrag, die Fahrkosten
gemäss Steuererklärung vollumfänglich zum Abzug zuzulassen. Mit Einschätzungsvor-
schlag vom 27. August 2009 erhöhte das kantonale Steueramt das steuerbare Ein-
kommen für die Staats- und Gemeindesteuern 2008 auf Fr. 154'100.-, indem es neu
die Autofahrkosten gar nicht mehr berücksichtigte, sondern lediglich die Abonnements-
kosten der 2. Klasse des öffentlichen Verkehrs zum Abzug zuliess. Diesen Vorschlag
lehnte der Pflichtige am 28. August 2009 ab. Ebenfalls am 27. August 2009 stellte das
kantonale Steueramt dem Pflichtigen für die direkte Bundessteuer 2008 neu die Veran-
lagung mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 154'800.- in Aussicht. Diese Veran-
lagung wurde dem Pflichtigen sodann mit Verfügung (Steuerrechnung) der Dienstabtei-
lung Bundessteuer des kantonalen Steueramts vom 31. August 2009 formell eröffnet,
worauf der Pflichtige hiergegen am 3. September 2009 ebenfalls Einsprache erhob.
Mit Einspracheentscheiden vom 1. bzw. 14. Oktober 2009 (zwei Zustellungen)
setzte das kantonale Steueramt das steuerbare Einkommen des Pflichtigen auf
Fr. 154'100.- (Staats- und Gemeindesteuern) bzw. Fr. 154'800.- (direkte Bundessteuer)
sowie das steuerbare Vermögen auf Fr. 197'000.- fest. Nachdem diese Entscheide in
einem vorangehenden Verfahren (1 DB.2011.51) letztinstanzlich als nicht zugestellt
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1 DB.2011.102 1 ST.2011.156
erachtet worden waren, versandte das kantonale Steueramt am 16. Mai 2011 neue
Einspracheentscheide mit den vorerwähnten Steuerfaktoren.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 16. Juni 2011 liess der Pflichtige seinen
Einspracheantrag wiederholen und eventualiter beantragen, es seien zumindest die
Abonnementskosten der 1. Klasse des öffentlichen Verkehrs zum Abzug zuzulassen.
Zudem liess er eine Parteientschädigung beantragen.
Das kantonale Steueramt schloss am 1. Juli 2011 auf kostenfällige Abweisung
der Rechtsmittel. Die eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen.
Nachdem die Beschwerde-/Rekursantwort dem Pflichtigen am 18. August
2011 zur Kenntnisnahme zugestellt worden war, nahm er hierzu am 14. September
2011 Stellung.
Auf die Vorbringen der Parteien wird – soweit rechtserheblich – in den nach-
folgenden Erwägungen eingegangen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Gemäss Art. 26 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundes-
steuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 26 Abs. 1 lit. a des Steuergesetzes vom
8. Juni 1997 (StG) können unselbstständig Erwerbstätige u.a. die notwendigen Kosten
für Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte von den steuerbaren Einkünften abzie-
hen. Laut Art. 26 Abs. 2 DBG werden für die Berufskosten gemäss Art. 26 Abs. 1 lit. a -
c DBG Pauschalansätze festgelegt; im Fall von lit. a und c steht dem Steuerpflichtigen
der Nachweis höherer Kosten offen. Eine analoge Regelung sieht § 26 Abs. 2 StG vor.
b) In Bezug auf die Staats- und Gemeindesteuern enthält die Verfügung der
Finanzdirektion vom 23. Oktober 2006 über die Pauschalierung von Berufsauslagen
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1 DB.2011.102 1 ST.2011.156
Unselbstständigerwerbender bei der Steuereinschätzung (ZStB I Nr. 17/202) folgende
Regelung:
I. Unselbstständigerwerbende können als notwendige Berufsauslagen im Sinn von § 26 StG ohne besondere Nachweise geltend machen:
1. Für Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte:
a) bei ständiger Benützung öffentlicher Verkehrsmittel (Bahn, Schiff, , Autobus) die notwendigen Abonnementskosten
b) (...)
c) bei ständiger Benützung eines Motorrades oder Autos die des öffentlichen Verkehrsmittels
Die Kosten für das private Motorfahrzeug können nur ausnahmsweise geltend gemacht werden:
wenn ein öffentliches Verkehrsmittel fehlt, d.h. wenn die Wohn- oder von der nächsten Haltestelle mindestens 1 km entfernt ist oder bei Arbeitsbeginn oder -ende kein öffentliches Verkehrsmittel fährt;
wenn sich mit dem privaten Motorfahrzeug eine Zeitersparnis von über einer Stunde (gemessen von der Haustüre zum Arbeitsplatz und zurück) ergibt;
soweit der Steuerpflichtige auf Verlangen und gegen Entschädigung des Arbeitgebers das private Motorfahrzeug ständig während der Arbeitszeit benützt und für die Fahrten zwischen der Wohn- und Arbeitsstätte keine Entschädigung erhält;
(...)
In diesen Fällen können zum Abzug geltend gemacht werden: (...) für Auto 65 Rp. pro Fahrkilometer.
c) Betreffend die direkte Bundessteuer hat das Eidgenössische Finanzdepar-
tement gestützt auf Art. 26 Abs. 2 DBG die Verordnung über den Abzug von Berufs-
kosten der unselbstständigen Erwerbstätigkeit bei der direkten Bundessteuer vom
10. Februar 1993 (in der für die Steuerperiode 2008 geltenden Fassung vom 3. No-
vember 2006, nachfolgend Berufskostenverordnung) erlassen. Gemäss Art. 5 Abs. 2
Berufskostenverordnung sind bei Benützung privater Fahrzeuge als notwendige Kos-
ten die Auslagen abziehbar, die bei Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel anfallen
würden. Steht kein öffentliches Verkehrsmittel zur Verfügung oder ist dessen Benüt-
zung objektiv nicht zumutbar, so können die Kosten des privaten Fahrzeugs gemäss
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den Pauschalen nach Art. 3 bzw. gemäss Anhang abgezogen werden (Abs. 3). Objek-
tive Unzumutbarkeit im Sinn dieser Bestimmung wird namentlich angenommen bei
einer markanten Zeitersparnis durch Benutzung des Privatfahrzeugs, wobei eine
solche in der Regel mindestens eine Stunde im Tag beträgt (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 26 N 123 mit Hinweisen).
Im Anhang der Berufskostenverordnung sind die pauschalierten Kosten bei Benützung
privater Fahrzeuge auf Fr. -.65 pro Fahrkilometer festgesetzt worden. Damit entspricht
die Regelung bei der direkten Bundessteuer im Wesentlichen derjenigen gemäss Ver-
fügung der Finanzdirektion bei den Staats- und Gemeindesteuern.
d) Um den Abzug der privaten Fahrkosten wegen markanter Zeitersparnis bei
Benützung des Privatfahrzeugs zu rechtfertigen, genügt es nicht, wenn zu bestimmten
Saison- oder Tageszeiten, d.h. bei besonders günstigen Fahrbedingungen auf den
Strassen, rund eine Stunde eingespart werden kann. Notwendig ist vielmehr, dass der
Steuerpflichtige mit dem Privatfahrzeug regelmässig über eine Stunde Fahrzeit
einspart (StRK II, 27. Januar 2000, ST.1999.424).
e) Bei der Berufskostenverordnung und der Verfügung der Finanzdirektion han-
delt es sich um Verwaltungsverordnungen. Als solche stellen sie für die Steuerjustiz-
behörden eine nicht verbindliche Anweisung zur Auslegung des Steuergesetzes dar.
Sie werden vom Richter jedoch berücksichtigt, wenn sie im konkreten Einzelfall eine
sachgerechte Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmung erlauben (StRK
II, 26. September 2000, ST.2000.209 mit Hinweis auf BGE 121 II 473 = ASA 65, 477 =
StR 51, 542 = StE 1996 B93.1 Nr. 2).
2. a) Der Pflichtige macht geltend, er habe aufgrund einer Zeitersparnis
von über einer Stunde bei Benützung des Privatfahrzeugs Anspruch auf den Abzug
der entsprechenden Fahrkosten. Er gibt an, für die Fahrt mit dem Auto von seinem
Wohnort in B zu seinem Arbeitsplatz in C 36 - 38 Minuten zu benötigen, wobei die
schnellere Route 35.75 km und die langsamere 24.75 km betrage. Dies belegt er mit
entsprechenden Ausdrucken von Map24 (www.ch.map24.com). Dagegen betrage die
Fahrzeit mit dem öffentlichen Verkehr gemäss Angaben im Einspracheentscheid zwi-
schen 67 und 80 Minuten, woraus sich eine Zeitersparnis von 31 - 44 Minuten pro Weg
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1 DB.2011.102 1 ST.2011.156
und somit von mehr als einer Stunde pro Tag ergebe. Diese Behauptungen vermögen
indes bei genauerer Betrachtung nicht zu überzeugen:
aa) Sucht man auf Map24 (www.ch.map24.com) eine Route mit dem Abfahrt-
sort "Wohnadresse, B" und dem Ziel "Arbeitsplatzadresse, C", so ergibt sich eine
"schnellste Route" von 36.33 km, Fahrdauer 38 Minuten, und eine "kürzeste Route"
von 26.59 km, Fahrdauer 41 min. Wie der Pflichtige mit demselben Routenplaner auf
die obgenannten und in den eingereichten Ausdrucken festgehaltenen Zahlen kommt,
ist nicht ersichtlich. Des Weiteren ergibt sich bei einer Suche mit dem Routenplaner
des TCS (www.tcs.ch) eine "schnellste Route" von 36 km, Fahrdauer 40 Minuten, und
eine "kürzeste Route" von 25 km, Fahrdauer 46 Minuten. Gemäss Google Maps
(www.maps.google.ch) schliesslich beträgt die Fahrzeit je nach Route 42 oder 43 Mi-
nuten bei Strecken zwischen 27.3 und 36.9 km. Zusammengefasst ergibt sich somit
auf der schnellsten Route eine Fahrzeit zwischen 38 und 42 Minuten pro Weg, bzw. 76
bis 84 Minuten pro Tag. Zu berücksichtigen ist zudem die Zeit von der Haustür bis zum
Auto und vom Parkplatz an der Arbeitsstelle bis zu dieser. Es rechtfertigt sich ein Zu-
schlag von mindestens drei Minuten, was eine Wegzeit von total 79 bis 87 Minuten
ergibt.
bb) Mit dem öffentlichen Verkehr benötigt der Pflichtige gemäss Google Maps
(www.maps.google.ch) 58 Minuten von Tür zu Tür, wobei er zunächst zu Fuss zum
Bahnhof B gehen und dort die S-Bahn nehmen soll. Der Routenplaner von "search.ch"
(www.route.search.ch) gibt für die gleiche Verbindung eine Dauer von 63 Minuten an.
Fährt der Pflichtige mit dem Bus ab der Haltestelle "D" zum Bahnhof B, so benötigt er
laut SBB Fahrplan (www.sbb.ch) mit der schnellsten Verbindung 62 Minuten bis nach
"E". Hinzu kommen Fusswege von ca. 4 Minuten bis zur Haltestelle "D" sowie von
ca. 2 Minuten ab der Haltestelle "E". Somit beträgt die Reisezeit mit dieser Verbindung
insgesamt ca. 68 Minuten pro Weg. Im Ergebnis resultiert aus den genannten Quellen
für den Arbeitsweg des Pflichtigen eine Reisezeit mit dem öffentlichen Verkehr von 58 -
68 Minuten pro Weg, bzw. 116 - 136 Minuten pro Tag. Wie der Pflichtige auf eine Rei-
sezeit von 78 Minuten pro Weg kommt (vgl. Einsprache) legt er nicht substanziiert dar
und ist daher nicht nachvollziehbar.
cc) Aus dem Gesagten ergibt sich für den Pflichtigen eine Reisezeit von
79 - 87 Minuten pro Tag mit dem Privatfahrzeug (schnellste Route) gegenüber einer
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solchen von 116 - 136 Minuten mit dem öffentlichen Verkehr, mithin eine Zeitersparnis
von wenigstens 29 und höchstens 57 Minuten. Im Durchschnitt der verwendeten Rou-
tenplaner resultiert damit eine Zeitersparnis von 43 Minuten, d.h. deutlich weniger als
eine Stunde. Kommt hinzu, dass die Fahrzeit mit dem Privatfahrzeug aufgrund von
Verkehrsüberlastungen zu Stosszeiten regelmässig über dem tiefsten Wert von 38
Minuten pro Weg liegen dürfte. Mithin fehlt es vorliegend an einer markanten, regel-
mässig zu erzielenden Zeitersparnis von mindestens einer Stunde bei Benützung des
Privatfahrzeugs gegenüber dem öffentlichen Verkehr, womit die Voraussetzungen für
den Abzug der privaten Fahrkosten nicht erfüllt sind. Der Pflichtige hat sich demnach
mit dem Abzug der Abonnementskosten des öffentlichen Verkehrs zu begnügen.
b) An diesem Ergebnis vermag auch die Eingabe des Pflichtigen vom
14. September 2011 nichts zu ändern:
aa) Zunächst ist ohnehin fraglich, ob die Eingabe überhaupt zu berücksichti-
gen ist. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung reicht es zur Wahrung des rechtli-
chen Gehörs aus, die Beschwerde-/Rekursantwort der Steuerverwaltung der Gegen-
partei ohne ausdrücklichen Hinweis auf allfällige weitere Äusserungsmöglichkeiten zur
Kenntnisnahme zuzustellen (BGE 133 I 98 E. 2.2., auch zum Folgenden). Der Gegen-
partei steht es in diesem Fall frei, von sich aus eine Replik einzureichen, sofern sie es
für nötig hält, wobei dies nach Treu und Glauben umgehend zu erfolgen hat. Das Bun-
desgericht wartet bei der letztgenannten Vorgehensweise mit der Entscheidfällung zu,
bis es annehmen darf, der Adressat habe auf eine weitere Eingabe verzichtet. Vorlie-
gend wurde die Beschwerde-/Rekursantwort des kantonalen Steueramts vom 1. Juli
2011 dem Pflichtigen am 18. August 2011 zur Kenntnisnahme zugesandt und von die-
sem nach eigenen Angaben am 19. August 2011 in Empfang genommen. Somit sind
zwischen der Zustellung der Beschwerde-/Rekursantwort und der Stellungnahme des
Pflichtigen ganze 26 Tage verstrichen, sodass nicht mehr von einer umgehenden Rep-
lik im Sinn der bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Rede sein kann und die Ein-
gabe vom 14. September 2011 aus dem Recht zu weisen ist.
bb) Selbst unter Berücksichtigung der Stellungnahme vom 14. September
2011 lässt sich jedoch aus den darin erstmals vorgebrachten Einwendungen des
Pflichtigen nichts zu dessen Gunsten ableiten. So macht dieser nun geltend, er sei
regelmässig um 06.00 Uhr an seinem Arbeitsplatz und verlasse diesen in aller Regel
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1 DB.2011.102 1 ST.2011.156
um 16.00 Uhr, weshalb er nie zu Stosszeiten mit dem Auto unterwegs sei. Ausserdem
sei es ihm mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gar nicht möglich, so früh am Arbeits-
platz zu erscheinen und benötige er mit der frühesten Verbindung (Ankunft 06.09 Uhr)
gemäss SBB Fahrplan ganze 84 Minuten. Einen Nachweis für seine Behauptung, wo-
nach er regelmässig um 06.00 Uhr am Arbeitsplatz sei, reichte der Pflichtige indes
nicht ein. Zudem ist anzumerken, dass die vom Steuerrekursgericht ermittelten Reise-
zeiten mit dem Privatfahrzeug eben gerade nicht zu Stosszeiten sondern bei normalen
Verkehrsverhältnissen gelten und dass die früheste Verbindung mit den öffentlichen
Verkehrsmitteln gemäss Google Maps (www.maps.google.ch) lediglich 70 und nicht 84
Minuten in Anspruch nimmt. Wenn man nun aber davon ausgeht, dass der Pflichtige
für die Hinfahrt tatsächlich die erste morgendliche Verbindung des öffentlichen Ver-
kehrs nutzt und als Reisezeit mit einem Mittelwert von 77 Minuten rechnet (Durch-
schnitt aus 84 und 70 Minuten), so beläuft sich die tägliche Reisezeit mit dem öffentli-
chen Verkehr neu auf 135 - 145 Minuten (77 Minuten am Morgen + 58 bzw. 68 Minuten
am Abend) und somit die tägliche Zeitersparnis mit dem Privatfahrzeug auf wenigstens
48 und höchstens 66 Minuten (135 - 87 und 145 - 79 Minuten). Im Durchschnitt ergibt
sich sodann auch bei dieser Sachlage eine Zeitersparnis von lediglich 57 Minuten, mit-
hin weniger als einer Stunde pro Tag. Unter diesen Umständen dringt der Pflichtige mit
seinen Vorbringen nicht durch, muss die Zeitersparnis doch über eine Stunde betragen
und darf – entgegen dem Dafürhalten des Pflichtigen in der Eingabe vom 14. Septem-
ber 2011 – nicht darunter liegen. Das Gleiche gilt im Übrigen hinsichtlich des Ein-
wands, im Jahr 2008 seien die Verbindungen mit dem öffentlichen Verkehr noch
schlechter gewesen, weil es damals die Buslinie F noch nicht gegeben habe. Denn
gemäss Google Maps (www.maps.google.ch) führt die schnellste Verbindung mit dem
öffentlichen Verkehr ohnehin zu Fuss zum Bahnhof B und von dort weiter mit der
S-Bahn. Somit benötigt der Pflichtige die Buslinie F (bzw. früher G) gar nicht zwingend.
Der Fussmarsch von der Wohnadresse zum Bahnhof B, der gemäss Google Maps ca.
14 Minuten dauert, ist dem Pflichtigen im Übrigen durchaus zuzumuten.
cc) Nach dem Gesagten muss es auch unter Berücksichtigung der Eingabe
vom 14. September 2011 dabei sein Bewenden haben, dass der Pflichtige lediglich die
Abonnementskosten des öffentlichen Verkehrs zum Abzug bringen kann.
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1 DB.2011.102 1 ST.2011.156
c) Was den Eventualantrag des Pflichtigen angeht, es seien wenigstens die
Abonnementskosten der ersten Klasse des öffentlichen Verkehrs zum Abzug zuzulas-
sen, ist festzuhalten, dass grundsätzlich immer nur die Abonnementskosten der zwei-
ten Klasse abzugsfähig sind, es sei denn, die steuerpflichtige Person benütze die erste
Klasse aus einem in der Berufsausübung liegenden Grund und erbringe den entspre-
chenden Nachweis (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 26 N 121 DBG und Kommen-
tar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 26 N 119). Demnach ist
vorliegend ein Abzug der Abonnementskosten der ersten Klasse von vornherein aus-
geschlossen, da sie mangels tatsächlicher Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel
weder berufsnotwendig sind noch vom Pflichtigen überhaupt bezahlt wurden. Die für
die Benützung der ersten Klasse geltend gemachten Gründe wären zudem ohnehin
der Bequemlichkeit des Pflichtigen zuzuordnen und rechtfertigten die höheren Kosten
daher nicht.
Nichts daran zu ändern vermag der vom Pflichtigen in der Eingabe vom
14. September 2011 zitierte Entscheid des Bundesgerichts vom 24. März 2011
(2C_586/2010), da sich dieser Entscheid zur Frage des Abzugs der Abonnementskos-
ten der ersten Klasse gar nicht äussert.
d) Unter diesen Umständen bleibt es dabei, dass der Pflichtige als Fahrkosten
lediglich die Abonnementskosten der 2. Klasse in der Höhe von Fr. 2'676.- zum Abzug
bringen kann.
3. Nach alledem sind die Einspracheentscheide des kantonalen Steueramts
vom 16. Mai 2011 zu bestätigen und die Rechtsmittel abzuweisen. Ausgangsgemäss
sind die Verfahrenskosten dem Pflichtigen aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG und
§ 151 Abs. 1 StG) und steht diesem keine Parteientschädigung zu (Art. 144 Abs. 4
DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom
20. Dezember 1968; § 152 StG i. V. m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflege-
gesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997).
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1 DB.2011.102 1 ST.2011.156 | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
4ee0b766-315b-47cb-b4c5-63e4cc7ee183 | hat sich ergeben:
A. A und B (im Folgenden der/die Pflichtige bzw. die Pflichtigen) machten in
der Steuererklärung 2007 bei Einkünften von insgesamt Fr. 305'786.- unter anderem
einen Abzug für Einzahlungen an die berufliche Vorsorge (Einkauf) in Höhe von
Fr. 220'000.- geltend. Die Steuerkommissärin schätzte die Pflichtigen mit Entscheid
vom 11. Januar 2010 für die Steuerperiode 2007 mit einem steuerbaren Einkommen
von Fr. 196'300.- (satzbestimmend: Fr. 203'300.-) und einem steuerbaren Vermögen
von Fr. 1'809'000.- (satzbestimmend: Fr. 2'059'000.-) ein und setzte den Rückerstat-
tungsanspruch für die Verrechnungssteuer 2008 (Fälligkeitsjahr 2007) auf Fr. 3'932.25
fest. Dabei rechnete sie insbesondere den erwähnten Betrag von Fr. 220'000.- teilwei-
se auf und begrenzte den Abzug für den Einkauf in die Pensionskasse auf Fr. 65'600.-
(20 % des versicherten Jahreslohnes). Mit Verfügung vom 26. März 2010 wurden die
Pflichtigen für die Bundessteuerperiode 2007 zudem mit einem steuerbaren Einkom-
men von Fr. 192'300.- (satzbestimmend: Fr. 199'200.-) veranlagt.
B. Die Pflichtigen liessen dagegen am 26. Januar bzw. 7. April 2010 Einspra-
chen erheben, welche das kantonale Steueramt mit separaten Entscheiden vom
18. Mai 2010 abwies.
C. Mit Eingaben vom 9./8. Juni 2010 liessen die Pflichtigen Rekurs und Be-
schwerde erheben und beantragen, das steuerbare Einkommen auf Fr. 41'916.-
(Staats- und Gemeindesteuer) bzw. Fr. 37'900.- (Bundessteuer) festzusetzen.
Das kantonale Steueramt beantragte mit Rekurs-/Beschwerdeantwort vom
2. Juli 2010 Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung
(ESTV) schloss in ihrer Vernehmlassung vom 9. August 2010 auf kostenfällige Abwei-
sung der Beschwerde.
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2 ST.2010.167 2 DB.2010.121 | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. a) Von den Einkünften werden laut § 31 Abs. 1 lit. d des Steuergesetzes
vom 8. Juni 1997 (StG) bzw. Art. 33 Abs. 1 lit. d des Bundesgesetzes über die direkte
Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) die gemäss Gesetz, Statut oder Regle-
ment geleisteten Einlagen, Prämien und Beiträge zum Erwerb von Ansprüchen aus
Einrichtungen der beruflichen Vorsorge abgezogen. Diese Bestimmungen vollziehen
die bundesrechtliche Vorschrift von Art. 81 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die beruf-
liche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 25. Juni 1982 (BVG), wonach
die von den Arbeitnehmern und Selbstständigerwerbenden nach Gesetz oder regle-
mentarischen Bestimmungen geleisteten Beiträge an Vorsorgeeinrichtungen bei den
direkten Steuern des Bundes, der Kantone und Gemeinden abziehbar sind. Abzugsfä-
hig sind dabei nicht nur die ordentlichen Beiträge an die Vorsorgeeinrichtung, sondern
auch die Beiträge für den Einkauf von Lohnerhöhungen, von Beitragsjahren, von Vorfi-
nanzierungen für Frühpensionierungen oder von im Rahmen einer Scheidung übertra-
genen Austrittsleistungen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Vorsorge auf dem
Leistungs- oder dem Beitragsprimat beruht oder den obligatorischen oder überobligato-
rischen Bereich betrifft (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisier-
ten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 31 N 79 StG und Handkommentar zum DBG,
2. A., 2009, Art. 33 N 81 DBG; RB 1996 Nr. 48; VGr, 23. Januar 2002 = StE 2002
B 27.1 Nr. 26).
Zu beachten sind hingegen die Einkaufsbeschränkungen von Art. 79b BVG
(Fassung vom 3. Oktober 2003, in Kraft seit 1. Januar 2006); so darf etwa die Vorsor-
geeinrichtung den Einkauf höchstens bis zur Höhe der reglementarischen Leistungen
ermöglichen (Ziff. 1) und dürfen bei getätigten Einkäufen die daraus resultierenden
Leistungen innerhalb der nächsten drei Jahre nicht in Kapitalform aus der Vorsorge
zurückgezogen werden (Ziff. 3).
b) Bei Freizügigkeitsleistungen gilt – mit Ausnahmen – ein Barauszahlungs-
verbot. Grundsätzlich ist die Austrittsleistung, sowohl der obligatorische als auch der
überobligatorische Teil, vollumfänglich in die Vorsorgeeinrichtung des neuen Arbeitge-
bers einzubringen (Art. 3 Abs. 1 des Freizügigkeitsgesetzes vom 17. Dezember 1993
[FZG]). Gemäss Art. 5 Abs. 1 FZG können Versicherte die Barauszahlung der Austritts-
leistung verlangen, wenn sie die Schweiz endgültig verlassen (lit. a), eine selbstständi-
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2 ST.2010.167 2 DB.2010.121
ge Erwerbstätigkeit aufnehmen und der obligatorischen beruflichen Vorsorge nicht
mehr unterstehen (lit. b) oder die Austrittsleistung weniger als ihr Jahresbeitrag beträgt
(lit. c). Diese Aufzählung ist abschliessend (vgl. zum Ganzen Carl Helbling [Hrsg.],
Personalvorsorge und BVG, 8. A., 2006, S. 265 ff.).
Bei Barauszahlungen gestützt auf Art. 5 Abs. 1 lit. a FZG hat die versicherte
Person damit zwei Bedingungen zu erfüllen: Erstens muss sie die Schweiz verlassen
und zweitens hat diese Abreise endgültig zu sein. Laut Bundesgericht ist es Sache der
Vorsorgeeinrichtungen und der für die berufliche Vorsorge zuständigen Behörden, zu
prüfen, ob die Voraussetzungen für die Barauszahlung erfüllt sind. Gemäss Bundesamt
für Sozialversicherungen kommt es vor, dass Ausländer die Schweiz verlassen, Bar-
auszahlungen beziehen und kurz nach ihrer "endgültigen" Ausreise wieder in die
Schweiz zurückkehren, wonach sie sich erneut in die berufliche Vorsorge einkaufen. In
gewissen Fällen seien so erhebliche steuerliche Vorteile erzielt worden. Seit dem
1. Juni 2007 ist die Barauszahlung des obligatorischen Teils der Freizügigkeitsleistun-
gen an Personen aus dem EU/EFTA-Raum zudem an die weitere Bedingung geknüpft,
dass die betreffende Person nicht der obligatorischen Rentenversicherung eines EU-
oder EFTA-Staats unterstellt ist (vgl. zum Ganzen Mitteilungen des Bundesamts für
Sozialversicherungen Nr. 1 Rz 4, Mitteilungen Nr. 78 Rz 463, Mitteilungen Nr. 96 Rz 2
[alles unter www.bsv.admin.ch]).
2. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts liegt eine Steuerumge-
hung vor, wenn das gewählte Vorgehen ungewöhnlich, unangemessen oder seltsam
erscheint, jedenfalls aber nicht dem verfolgten wirtschaftlichen Ziel entspricht, dieser
ungewöhnliche Weg nur aus Gründen der Steuerersparnis gewählt wurde und eine
erhebliche Steuerersparnis eintreten würde, falls die Aktion erfolgreich wäre. Bei einer
Steuerumgehung muss die Veranlagung das von den Pflichtigen angestrebte wirt-
schaftliche Ziel berücksichtigen, nicht aber die Angaben der Pflichtigen (vgl. BGE 131 II
627 E. 5.2 sowie statt vieler BGr, 9. November 2001, ASA 72, 413 ff.; Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, VB zu §§ 119-131 N 36 ff. StG und VB zu Art. 109–121 N
37 ff. DBG; Höhn/Waldburger, Steuerrecht, Band I, 2001, § 5 N 74). Zur Beurteilung,
ob das gewählte Vorgehen absonderlich ist, sind stets die gesamten Umstände zu be-
rücksichtigen.
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2 ST.2010.167 2 DB.2010.121
b) Geltend gemachte Abzüge im Zusammenhang mit Beiträgen an Einrichtun-
gen der beruflichen Vorsorge (wie vorstehend in E. 1a ausgeführt) werden nach bun-
desgerichtlicher Rechtsprechung nicht zugelassen, wenn eine Steuerumgehung vor-
liegt, insbesondere bei missbräuchlich steuerminimierenden, zeitlich nahen Einkäufen
und Kapitalbezügen in/von Vorsorgeeinrichtungen, d.h. im Fall von gezielt vorüberge-
henden und steuerlich motivierten Geldverschiebungen in die 2. Säule, mit denen nicht
die Schliessung von Beitragslücken angestrebt, sondern die Pensionskasse als steu-
erbegünstigtes Kontokorrent zweckentfremdet wird (BGr, 12. März 2010,
2C_658/2009, E. 2.1, www.bger.ch).
3. a) aa) Der Pflichtige arbeitete nach eigenen Angaben vom 1. Oktober 1991
bis 31. Dezember 1996 bei der D bzw. E in F. Von 1997 bis 2006 sei er in Deutschland
beruflich tätig gewesen. Konkrete Angaben oder Belege dazu hat der Pflichtige trotz
entsprechenden Aufforderungen des Steueramts im Einschätzungsverfahren nicht ein-
gereicht.
bb) Am 30. September 2006 unterzeichnete der Pflichtige mit der in G ansäs-
sigen H einen Arbeitsvertrag. Demgemäss wurde er als Leiter der in I zu gründenden
Zweigniederlassung und "Head of Swiss Operations" angestellt. Der Stellenantritt wur-
de per 1. Januar 2007 vereinbart, mit Arbeitsort I. Gemäss Ziff. 8 der Vereinbarung war
festgelegt, dass der Arbeitnehmer den gesetzlich vorgesehenen Pensionsbeitrag erhal-
ten sollte, und zwar nach den in der "Schweizer Industrie" üblichen Massstäben. Für
die genauen Beträge wurde auf denjenigen Zeitpunkt verwiesen, in dem der konkrete
Vertrag zwischen J und der entsprechenden Pensionskasse bekannt sein würde.
cc) Im November 2006 beantragte der Pflichtige nach eigenen Angaben die
Auszahlung seines während der Anstellung bei der D/E geäufneten Freizügigkeitsgut-
habens. Gemäss Austrittsabrechnung der Freizügigkeitsstiftung K vom 14. Dezember
2006 hatte er per 4. Dezember 2006 eine Austrittsleistung von Fr. 148'994.75 einge-
bracht. Davon wurde ein Betrag von Fr. 6'936.25 in Abzug gebracht (Quellensteuer
und Gebühren). Die K überwies dem Pflichtigen per Valuta 18. Dezember 2006 den
Betrag von netto Fr. 142'058.50 auf ein Privatkonto einer schweizerischen Bank in Zü-
rich.
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2 ST.2010.167 2 DB.2010.121
dd) Am 19. Dezember 2006 reiste der Pflichtige in die Schweiz ein. Die Grün-
dung der schweizerischen Zweigniederlassung J erfolgte am 2. Februar 2007. Das
entsprechende Pensionskassenreglement der Swisscanto Sammelstiftung der Kanto-
nalbanken (im Folgenden Swisscanto) lag – nach Angaben des Pflichtigen – im April
2007 vor.
ee) Die maximal mögliche Einkaufssumme für das Jahr 2007 belief sich nach
Berechnungen der Swisscanto auf Fr. 1'172'030.-. Der Pflichtige hatte keine Freizügig-
keitsleistungen aus anderen bzw. früheren Pensionskassenansprüchen eingebracht.
Per 21. Dezember 2007 nahm der Pflichtige bei der Swisscanto einen Einkauf von Bei-
tragsjahren gemäss Art. 9 Abs. 2 FZG in Höhe von Fr. 220'000.- vor.
b) Sowohl die Vorinstanz als auch die ESTV sehen im dargestellten Vorgehen
eine Steuerumgehung. Die Pflichtigen wenden sich gegen diese Betrachtung, insbe-
sondere mit den im Folgenden zu prüfenden Vorbringen:
aa) Als sich der Pflichtige das Freizügigkeitsguthaben habe auszahlen lassen,
sei noch kein Reglement vorgelegen, das die Überweisung der bisherigen Vorsorge-
gelder in die neue BVG-Vorsorgeeinrichtung hätte vorschreiben können.
Dieser Punkt verfängt bereits deshalb nicht, weil mit Art. 3 Abs. 1 FZG von
Gesetzes wegen bei einem Stellenwechsel die Pflicht besteht, Freizügigkeitsleistungen
vollumfänglich in die Vorsorgeeinrichtung des neuen Arbeitgebers einzubringen. Der
Pflichtige wusste bereits bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrages am 30. September
2009, dass er zu einem späteren, nicht in weiter Ferne liegenden Zeitpunkt mit seinem
künftigen Arbeitgeber eine vorsorgerechtliche Regelung treffen würde (Ziff. 8 des Ver-
trags). Dies war ihm auch bewusst, als er im November 2006 die Auszahlung seines
Freizügigkeitsguthabens beantragte. Selbst wenn er den Stellenantritt damals – aus
welchen Gründen auch immer – noch für unsicher gehalten haben sollte, gab es kei-
nen Grund, die Austrittsleistung vorzeitig auszahlen zu lassen. Der Pflichtige hätte die-
ses Guthaben ohne Weiteres weiterhin – wie in den zehn Jahren zuvor – bei der K
belassen und den Anschluss an die Pensionskasse des neuen Arbeitgebers abwarten
können bzw. müssen.
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2 ST.2010.167 2 DB.2010.121
bb) Weiter führen die Pflichtigen aus, sie könnten nicht "ersehen, was die
Auszahlung des BVG-Guthabens im Dezember 2006 mit dem Einkauf von Beitragsjah-
ren im Dezember 2007" zu tun habe. Der Pflichtige habe per Ende 2006 über ein Ver-
mögen aus Wertschriften und Guthaben von rund Fr. 1,6 Mio verfügt. Für den Einkauf
von Beitragsjahren im Umfang von Fr. 220'000.- sei der Pflichtige nicht darauf ange-
wiesen gewesen, das im Dezember 2006 bestehende BVG-Guthaben von rund
Fr. 142'000.- zu beziehen. Der Einkauf von Beitragsjahren im Umfang von Fr. 220'000.-
sei weder mit der Ende 2006 ausbezahlten Freizügigkeitsleistung, mit Fremdkapital
noch auf andere Weise absonderlich finanziert worden, so dass in diesem Zusammen-
hang nicht von einem absonderlichen oder ungewöhnlichen Vorgehen gesprochen
werden könne.
Ob der Pflichtige im streitbetroffenen Zusammenhang auf das Freizügigkeits-
guthaben angewiesen war oder nicht, ist unerheblich. Fest steht jedenfalls, dass er
sich dieses Guthaben (wie noch zu erörtern sein wird, zu Unrecht) auszahlen liess, und
zwar auf ein Privatkonto. Damit konnte er über den Betrag grundsätzlich frei verfügen,
anders, als wenn die Überweisung auf ein Vorsorgekonto erfolgt wäre. Fest steht eben-
falls, dass er verpflichtet gewesen wäre, die Austrittsleistung der Freizügigkeitseinrich-
tung an die neue Einrichtung der beruflichen Vorsorge zu übertragen, was steuerneut-
ral möglich gewesen wäre.
cc) Der Bezug von Fr. 142'000.- im Jahre 2006, so der Pflichtige weiter, stelle
keinen "Missbrauch von BVG-Geldern" dar. Bei einer Deckungslücke von insgesamt
Fr. 1'172'000.- wäre auch bei einer Einzahlung von Fr. 142'000.- noch eine genügend
grosse Deckungslücke vorhanden gewesen, um den Betrag von Fr. 220'000.- als Ein-
kaufsbetrag zu verwenden. Es stehe unter gewissen Bedingungen jedem BVG-
Versicherten zu, Kapital zu beziehen. Dabei spiele es keine Rolle, ob solche Bezüge
von Inländern oder Ausländern getätigt würden. Der Bezug von Kapital könne per se
nicht als absonderlich oder ungewöhnlich bezeichnet werden.
Auch diese Argumente vermögen den Pflichtigen nicht zu helfen. Die Freizü-
gigkeitsleistung wurde dem Pflichtigen zweifellos und unbestrittenermassen in Anwen-
dung von Art. 5 Abs. 1 lit. a FZG (endgültiger Wegzug ins Ausland) ausbezahlt. Zwar
trifft es zu, dass der Pflichtige am Tag der Barauszahlung noch im Ausland wohnhaft
war. Bereits einen Tag später reiste er aber für einen unbeschränkten Zeitraum wieder
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2 ST.2010.167 2 DB.2010.121
in die Schweiz ein, wo gemäss vertraglicher Abmachung auch sein Arbeitsort ab An-
fang 2007 liegen sollte. Unter diesen Umständen kann keine Rede davon sein, dass
der Pflichtige sich die Austrittsleistung der K aufgrund des "endgültigen" Wegzugs ins
Ausland ausbezahlen liess. Im konkreten Fall erweist sich deshalb die Kapitalauszah-
lung nicht nur als ungewöhnlich bzw. absonderlich, sondern sie erfolgte gar zu Un-
recht, zumal der Pflichtige zur Einbringung der Vorsorgegelder in die neue Vorsorge-
einrichtung gemäss Art. 3 Abs. 1 FZG verpflichtet war. Als steuerlich abzugsfähige
Einkaufsbeiträge – maximal bis zur Höhe der Deckungslücke – können damit von
vornherein lediglich Summen anerkannt werden, die über das ehemals bei der K ge-
äufnete Freizügigkeitsguthaben hinausgehen.
dd) Schliesslich bringt der Pflichtige vor, er habe aus einer persönlichen Risi-
kobeurteilung heraus entschieden, die bei der K vorhandenen BVG-Gelder zu bezie-
hen, da die Niederlassung in der Schweiz bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrages
noch nicht gegründet gewesen sei und er sich (aufgrund der amerikanischen "hire and
fire"-Politik) nicht habe darauf verlassen können, dass die Niederlassung tatsächlich
gegründet werde.
Auch dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Wie bereits erwähnt, hätte der Pflich-
tige das Freizügigkeitsguthaben bis zur Klärung der vorsorgerechtlichen Verhältnisse
unter dem neuen Arbeitgeber bei der K belassen können bzw. müssen.
c) Mit dem gewählten Vorgehen wurde somit nicht in erster Linie die Schlies-
sung einer Beitragslücke angestrebt. Bei einer Vorsorgelücke von Fr. 1'172'000.- per
2007 und einem Vermögen aus Wertschriften und Guthaben von rund Fr. 1,6 Mio per
Ende 2006 muss die zu Unrecht erfolgte Auszahlung des Freizügigkeitsbetrags von der
K und die Wiedereinzahlung nach etwas mehr als einem Jahr insgesamt als unge-
wöhnlich und sachwidrig beurteilt werden. Sie lässt ohne Weiteres auf eine Absicht der
missbräuchlichen Steuerminimierung schliessen und nicht auf eine zulässige Vorsor-
geoptimierung. Wenn die gewählte Gestaltung zugelassen würde, führte sie zu einer
(sofortigen) tatsächlichen Steuerersparnis von insgesamt rund Fr. 40'000.- (Staats- und
Gemeindesteuern sowie direkte Bundessteuern. Ein solcher Betrag ist auch angesichts
der komfortablen finanziellen Verhältnisse der Pflichtigen bedeutend und jedenfalls
nicht vernachlässigbar.
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2 ST.2010.167 2 DB.2010.121
d) Nach dem Gesagten ist mit der Vorinstanz eine Steuerumgehung zu beja-
hen; auf die entsprechenden Erwägungen im vorinstanzlichen Entscheid kann im Übri-
gen verwiesen werden (§ 19 Abs. 2 der Verordnung über die Organisation und das
Verfahren der Steuerrekurskommissionen vom 29. April 1998).
4. Allerdings hat das Steueramt im vorliegenden Fall zu Unrecht Art. 60b der
Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom
18. April 1984 (BVV 2, SR 831.441.1) für anwendbar erachtet. Diese Bestimmung lau-
tet wie folgt: "Für Personen, die aus dem Ausland zuziehen und die noch nie einer
Vorsorgeeinrichtung in der Schweiz angehört haben, darf in den ersten fünf Jahren
nach Eintritt in eine schweizerische Vorsorgeeinrichtung die jährliche Einkaufssumme
20 Prozent des reglementarischen versicherten Lohnes nicht überschreiten. [...]". Der
Pflichtige war zwischen 1991 und 1996 in der Schweiz tätig und hat in dieser Zeit ein
entsprechendes Freizügigkeitsguthaben bei der K angehäuft. Damit sind bei ihm die
Voraussetzungen für die Anwendbarkeit von Art. 60b BVV 2 klarerweise nicht gegeben
und es fehlt an einer Grundlage, die zulässige Einkaufssumme in diesem Sinn zu be-
grenzen.
5. Nachdem eine Steuerumgehung zu bejahen ist, muss sich der Pflichtige
von den Fr. 220'000.- einen Anteil von Fr. 148'994.75 als Wiedereinbringung der zu
Unrecht ausbezahlten Freizügigkeitsleistung anrechnen lassen, womit sich der abzieh-
bare Einkauf auf Fr. 71'005.25 reduziert. Da die Steuerkommissärin aufgrund der An-
wendung von Art. 60b BVV 2 einen Betrag von Fr. 65'600.- zum Abzug zuliess, sind
die Rechtsmittel der Pflichtigen teilweise gutzuheissen (Differenz: Fr. 5'405.25). Das
steuerbare Einkommen für die Steuerperiode 2007 ist folglich bei den Staats- und Ge-
meindesteuern auf Fr. 190'900.- (Zürich bzw. Fr. 197'900.- satzbestimmend) und für
die Bundessteuerperiode 2007 auf Fr. 186'900.- (steuerbar bzw. Fr. 193'800.- satzbe-
stimmend) festzusetzen.
6. Die Pflichtigen vermögen mit ihren Anliegen nur zu einem sehr geringen
Teil durchzudringen (betragsmässig zu ca. 3.5 % [Herabsetzung des steuerbaren Ein-
kommens um Fr. 5'405.25 statt Fr. 154'384.- bzw. Fr. 154'400.-]). Bei diesem Ausgang
des Verfahrens rechtfertigt es sich, den Pflichtigen trotz teilweiser Gutheissung der
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2 ST.2010.167 2 DB.2010.121
Rechtsmittel die gesamten Verfahrenskosten aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG, Art. 144
Abs. 1 DBG). Eine Parteientschädigung ist den grossmehrheitlich unterliegenden
Pflichtigen nicht zuzugestehen (§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechts-
pflegegesetzes vom 24. Mai 1959/6. September 1987, Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m.
Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember
1968). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
4ff5ebd8-094a-4104-abe2-a5ef0f73b613 | hat sich ergeben:
A. Am ... ... 2003 erwarb A (nachfolgend der Pflichtige) das Grundstück alt
Kat.Nr. ... (G [Vers.Nr. ...] an der ...strasse 6/...strasse 1/...stasse. 150-152, ... E,
3502 m 2 Grundstücksfläche) zum Preis von Fr. 29 Mio. und am ... ... 2003 das Nach-
bargrundstück alt Kat.Nr. ... (H [Vers.Nr. ...] an der ...strasse 156, ... E,
1452 m 2 Grundstücksfläche) zum Preis von Fr. 3'250'000.-. Danach vereinigte der
Pflichtige die beiden Grundstücke zu neu Kat.Nr. .../GBBL ... (4913 m 2 Grundstückflä-
che) und begründete mit Begründungserklärung vom ... ... 2007 Stockwerkeigentum
daran.
In der Folge erstellte er auf dem Grundstück alt Kat.Nr. ... einen Neubau bzw.
Anbau an das bestehende G.
Am ... ... 2007 verkaufte der Pflichtige die beiden Stockwerkeinheiten GBBL
... (390/1000 Miteigentum an GBBL ... mit Sonderrecht am Ladenlokal Niveau 3 und 4
mit Nebenraum 1.3 auf Niveau 2 und 3) und GBBL ... (188/255 Miteigentum an GBBL
... [122/1000 an GBBL ... mit Sonderrecht an der Tiefgarage im Garagengeschoss 1
[Niveau 2] und Garagengeschoss 2 [Niveau 1] nebst Zu- und Wegfahrt und weiteren
Räumen]) zum Preis von Fr. 51'756'403.- (inkl. MWST) bzw. Fr. 49'320'000.- (exkl.
MWST) an die I AG, J. Insgesamt veräusserte der Pflichtige damit eine Wertquote von
47,99% an GBBL ....
Nach einem umfangreichen Einschätzungsverfahren für die Grundstückge-
winnsteuer (vgl. die Zusammenfassung in der Rekursantwort vom 23. Februar 2012,
verfügte die Kommission für die Grundsteuern der Gemeinde E am 20. Juni 2011, aus-
gehend von einem steuerbaren Grundstückgewinn von Fr. 22'572'300.-, eine Grund-
stückgewinnsteuer von Fr. 9'018'320.-.
B. Am 21. Juli 2011 liess der Pflichtige Einsprache gegen diesen Einschät-
zungsentscheid erheben und beantragte, die Grundstückgewinnsteuer sei, unter Vor-
behalt des Ausgleichszinses, auf Fr. 1'602'531.85 festzusetzen. Nachdem der Vertreter
des Pflichtigen die Einsprache am 29. August 2011 mündlich vor der Kommission für
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2 GR.2011.55
die Grundsteuern vertreten hatte, wies die Kommission die Einsprache am 26. Sep-
tember 2011 ab.
C. Am 11. November 2011 liess der Pflichtige Rekurs gegen diesen
Einspracheentscheid erheben und beantragte, die Grundstückgewinnsteuer auf
Fr. 1'592'598.85 festzusetzen. Unter Berücksichtigung des geleisteten Depositums von
Fr. 3'800'000.- sei dem Pflichtigen auf sein Guthaben ein Vergütungszins von 2% ab
29. März 2007 bis zur Rückzahlung zu vergüten.
In der Rekursantwort vom 23. Februar 2012 beantragte die Gemeinde E die
Abweisung des Rekurses. In der Stellungnahme zur Rekursantwort vom 13. April 2012
wurde neu der Antrag gestellt, es sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Der in der Rekursschrift gestellte Hauptantrag wurde gleichzeitig zum
Eventualantrag modifiziert und in der Höhe unverändert belassen, obwohl die Anrech-
nung von zusätzlichen Anlagekosten beantragt wurde. Am 21. Juni 2012 nahm die
Rekursgegnerin hierzu Stellung.
Mit Verfügung vom 30. April 2012 hatte der zuständige Referent des Steuer-
rekursgerichts ein Gutachten zur Schätzung der anteiligen Anlagekosten angeordnet.
Gleichzeitig schlug er den Parteien vor, K, dipl. Arch. ETH, Immobilienschätzerin mit
eidg. FA, L, mit der Erstellung des Gutachtens zu betrauen. Nachdem die Parteien
keine Einwendungen gegen die Person der vorgeschlagenen Expertin und die Abfas-
sung der Expertenfrage erhoben hatten, war die Sachverständige am 13. Juni 2012 mit
der Erstellung des Gutachtens betraut worden.
Da die Expertin K am 27. November 2012 den Wunsch äusserte, vom Auftrag
entbunden zu werden, schlug der Referent den Parteien am 28. November 2012 vor,
stattdessen den Experten M mit der Erstellung zu betrauen. In der Stellungnahme des
Pflichtigen zum vorgeschlagenen Experten vom 21. Dezember 2012 erneuerte der
Pflichtige den Rückweisungsantrag und beantragte eventualiter, N anstelle von M als
Experten zu ernennen. Am 14. Januar 2013 wurde M vom Gericht zum Experten be-
stellt.
Am Augenschein vom ... ... 2013 besichtigten die Parteien und Parteienver-
treter die streitbetroffene Liegenschaft, worauf der Experte das Ergebnis seiner Abklä-
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2 GR.2011.55
rungen an der nachfolgenden Referentenaudienz erläuterte. Gegen das in der Folge
vom Experten ausgearbeitete Gutachten ... ... 2013 erhoben beide Parteien am
5. und 7. August 2013 Einwendungen. Im Rahmen eines Ergänzungsgutachtens äus-
serte sich der Experte am ... ... 2013 zu den Eingaben der Parteien. Diese wiederum
verzichteten in der Folge auf eine Stellungnahme zum Ergänzungsgutachten. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) aa) Die Grundstückgewinnsteuer wird gemäss § 216 Abs. 1 des Steuer-
gesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) von den Gewinnen erhoben, die sich bei Handände-
rungen an Grundstücken oder Anteilen von solchen ergeben. Grundstückgewinn ist
laut § 219 Abs. 1 StG der Betrag, um welchen der Erlös die Anlagekosten (Erwerbs-
preis und wertvermehrende Aufwendungen) übersteigt. Als Erwerbspreis gilt der Kauf-
preis mit Einschluss aller weiteren Leistungen des Erwerbers (§ 220 Abs. 1 StG).
Bei parzellenweiser Veräusserung, wozu die Veräusserung von Stockwerkei-
gentum zählt (RB 1978 Nr. 78), ist der Gesamterwerbspreis nach dem Wertverhältnis
im Zeitpunkt des Erwerbs anteilmässig anzurechnen. Aufwendungen sind anrechen-
bar, soweit sie die veräusserte Parzelle betreffen; unausscheidbare Aufwendungen
sind anteilmässig anrechenbar (§ 224 Abs. 1 und 2 StG). Grundlage für die Verlegung
der unausscheidbaren Aufwendungen ist das Wertverhältnis der Anteile im Zeitpunkt
der Handänderung, da diese den steuerbegründenden Tatbestand für die Erhebung
der Grundstückgewinnsteuer bildet.
Bei der Veräusserung von Stockwerkeinheiten sind die Wertquoten i. S. von
Art. 712e ZGB für die Zerlegung des Erwerbspreises und der unausscheidbaren Auf-
wendungen grundsätzlich massgebend (RB 1973 Nr. 43). Hierzu ist aber Folgendes
anzumerken: die Wertquoten werden von den Stockwerkeigentümern frei nach grund-
sätzlich beliebigen Kriterien festgelegt, die objektiver (Fläche, Rauminhalt usw.) oder
subjektiver Natur (Aussicht, Zugang, Immissionen usw.) sein können. Gerade subjekti-
ve Kriterien eignen sich aber nicht für die Wertzerlegung. Die Wertquoten können in
der Praxis richtigerweise nur dann für die Zerlegung des Erwerbspreises und der
unausscheidbaren Aufwendungen massgebend sein, wenn keine besseren Kriterien
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2 GR.2011.55
für solche Zerlegungen bekannt sind. Diese Betrachtungsweise wird auch durch die
jüngere Rechtsprechung geteilt: Die Wertquoten stellen nur (aber immerhin) natürliche
Vermutungen dar, dass sie die wirtschaftlichen Wertverhältnisse, welche für die Wert-
zerlegung massgebend sind, im Zeitpunkt der Veräusserung wiedergeben (VGr,
12. Mai 2010, SB.2009.00113 = StE 2011 B 44.13.2 Nr. 4 = ZStP 2011, 86; Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 224
N 7 mit Hinweisen).
bb) Ein im Rekurs eingeholtes Gutachten unterliegt als Beweismittel grund-
sätzlich der freien Beweiswürdigung. Dabei kann sich jedoch die Prüfung der Rechts-
mittelbehörde auf die Frage beschränken, ob das Gutachten auf zutreffender Rechts-
grundlage beruht, namentlich ob die Bewertungsmethoden und -massstäbe mit dem
Gesetz vereinbar ist (RB 1964 Nr. 127). Daneben erstreckt sich die Kognition der
Rechtsmittelbehörde darauf, ob das Gutachten vollständig und klar, gehörig begründet
und widerspruchsfrei ist und ob der Gutachter hinreichende Sachkenntnis und die nöti-
ge Unbefangenheit bewiesen hat (RB ORK 1957 Nr. 62; RB 1964 Nr. 127, 1982 Nr. 35;
1984 Nr. 65 = StE 1984 B 44.12.3 Nr. 1; RB 1985 Nr. 47 mit Hinweisen; Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 132 N 42).
b) aa) Im Einspracheentscheid liess die Rekursgegnerin beim Erwerbspreis
(Fr. 29'000'000.- und Fr. 3'250.000.-), bei den Erwerbskosten (Fr. 289'286.-), bei den
wertvermehrenden Aufwendungen (Fr. 17'957'472.-) und bei den Baukreditzinsen
(Fr. 417'714.-) einen nach Massgabe der verkauften Wertquoten errechneten Anteil
(47,9945%) zu.
In der Rekursschrift beantragt der Pflichtige, es sei anstelle der Wertquoten
auf das Kriterium der Verkehrswerte der verkauften und der zurückbehaltenen Stock-
werkeigentumseinheiten abzustellen. In Ergänzung zum Verkehrswert sei zudem das
Kriterium des Gebäudevolumens zu beachten. Deshalb seien insgesamt mindestens
67,33 % der nicht direkt zurechenbaren Anlagekosten zuzulassen.
bb) In seinem Gutachten vom ... ... 2013 erläutert der Experte das wirtschaft-
liche und konjunkturelle Umfeld 2003, beschreibt das Untersuchungsobjekt und erklärt
das Bewertungskonzept. Bei der Bestimmung des Kapitalisierungszinssatzes differen-
ziert der Experte nach den Kriterien Alt-/Neubau und Verkaufsfläche/Wohnfläche, wor-
aus 4 Zinssätze resultieren. Bei der Bestimmung des anteiligen Erwerbspreises ermit-
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2 GR.2011.55
telt der Experte bei den verkauften Flächen einen nachhaltig erzielbaren Bruttomieter-
trag von Fr. 2'770'552.-, den er mit 6,5% kapitalisiert, was einen Ertragswert von
Fr. 42'641'587.- ergibt. Bei den nicht verkauften Flächen beläuft sich der Bruttomieter-
trag auf Fr. 1'337'937.-, welcher, kapitalisiert mit 6,1%, einen Ertragswert von
Fr. 21'926'198.- ergibt. Die Fr. 42'641'587.- machen einen Anteil von 66% an der
Summe von Fr. 42'641'587.- und Fr. 21'926'198.- aus. Bei einem gesamten
Erwerbspreis von Fr. 32'250'000.- ergibt sich bei einer Quote von 66 % ein anteiliger
Erwerbspreis von Fr. 21'298'410.-. Für die Verteilung der wertvermehrenden Aufwen-
dungen nimmt der Experte eine analoge Rechnung vor. Da diese Aufwendungen allein
den Neubau betreffen, beschränkt sich die Rechnung auf die diesbezüglichen Kenn-
zahlen. Der nachhaltig erzielbare Mietertrag bei den verkauften Flächen in Höhe von
Fr. 608'494.- ergibt bei einem Kapitalisierungszinssatz von 6,11% einen Ertragswert
von Fr. 9'952'476.-. Bei den nicht verkauften Flächen beläuft sich der Bruttomietertrag
auf Fr. 809'718.-, welcher, kapitalisiert mit 5,6%, einen Ertragswert von Fr. 14'454'079.-
ergibt. Die Fr. 9'952'476.- machen einen Anteil von 40,8% an der Summe von
Fr. 9'952'476.- und Fr. 14'454'079.- aus. Bei wertvermehrenden Aufwendungen von
Fr. 17'957'472.- ergibt sich bei einer Quote von 40,8% ein Anteil von Fr. 7'322'677.-.
Unter Ziffer 4.4 plausibilisiert der Experte diese Ergebnisse anhand der Realwertme-
thode. Dabei ermittelt er die Anteile mittels der Rauminhalte der verschiedenen Ge-
bäudeteile und mittels eines angemessenen Kubikmeterpreises. Im Einzelnen belaufen
sich die Anteile auf 54% (Erwerbspreis) und 28,5% (wertvermehrende Aufwendungen).
cc) In ihrer Stellungnahme vom 5. August 2013 rügt die Rekursgegnerin, der
Experte begründe nicht, weshalb die Ertrags- und die Realwertmethode vorliegend
derart unterschiedliche Ergebnisse liefere.
Es entspricht anerkannter Schätzungslehre, bei der Schätzung von Rendite-
objekten vorwiegend oder sogar ausschliesslich auf den Ertragswert abzustellen
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 220 N 180). Der Ertragswert eines Objekts ist der
Barwert aller zukünftigen Erträgnisse. Wie der Experte unter Ziffer 4.3 des Gutachtens
erläutert, kann die Methode in verschiedenen Modellen erfolgen: bei der statischen
Methode wird ein Bruttoertrag direkt kapitalisiert (Barwert einer ewigen Rente), bei der
dynamischen DCF-Methode werden zukünftige Erträge auf den Bewertungszeitpunkt
abgezinst. Der Experte erachtet die statische Ertragswertmethode vorliegend als die
"fairste" Methode. Zudem weist er darauf hin, dass bei der Anwendung verschiedener
Schätzungsmethoden grössere Schätzungsdifferenzen entstehen könnten, was in Kauf
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2 GR.2011.55
genommen werden müsse und nichts Aussergewöhnliches sei (Ziffer 4.3 des Gutach-
tens). Diese Einschätzung deckt sich mit den Erfahrungen des Steuerrekursgerichts.
Der Experte musste daher die deutlich divergierenden Ergebnisse der Ertrags- und der
Realwertmethode nicht erläutern. Sodann erscheint es korrekt und folgerichtig, wenn
der Experte die bei der Aufteilung der Erwerbspreise gewählte Methode auch bei der
Aufteilung der wertvermehrenden Aufwendungen anwendete.
dd) Im Ergänzungsgutachten vom ... ... 2013 nahm der Experte neu und in
Abweichung zum ersten Gutachten eine Erwerbspreisaufteilung je getrennt für beide
Erwerbspreise von Fr. 29'000'000.- (Altbau) und Fr. 3'250'000.- (Neubau) vor. Beim
Altbau ermittelte er eine Quote des verkauften Anteils von 79,1% und beim Neubau
eine entsprechende Quote von 40,8%.
ee) In seiner Stellungnahme vom 7. August 2013 zum ersten Gutachten be-
schränkte sich der Pflichtige auf eine Kritik an der vom Experten vorgenommenen Er-
werbspreisaufteilung. Dieser Punkt wurde, wie dargelegt, im Ergänzungsgutachten
korrigiert, zu welchem der Pflichtige in der Folge keine Einwendungen erhob. Es ist
daher davon auszugehen, dass der Pflichtige das erste Gutachten mit Bezug auf die
Aufteilung der wertvermehrenden Aufwendungen und das Ergänzungsgutachten mit
Bezug auf die Erwerbspreisaufteilung anerkennt. Auch die Rekursgegnerin verzichtete
auf Einwendungen gegen das Ergänzungsgutachten.
ff) Insgesamt beruhen die beiden Gutachten auf zutreffender Rechtsgrundla-
ge, sind vollständig und klar, gehörig begründet und widerspruchsfrei. Es ist daher dar-
auf abzustellen.
2. a) Am ... ... 2006 leistete die Käuferin I AG eine unverzinsliche Kaufpreis-
anzahlung von Fr. 750'000.-, worauf die Käuferin den Restkaufpreis von
Fr. 48'570.000.- (ohne MWST) am Datum des Besitzesantritts vom ... ... 2007 leistete.
Infolge der vereinbarten Mietzinsgarantie zahlte der Pflichtige am ... ... 2007 und am
... ... 2008 je Fr. 645'000.- unverzinst an die Käuferin zurück. Die Rekursgegnerin er-
blickte in den drei Zahlungen, welche vor bzw. nach dem Besitzesantritt erfolgten, eine
weitere Leistung der Käuferin und errechnete auf der Basis eines Zinses von 3% eine
weitere Leistung der Käuferin in Höhe von Fr. 57'561.25 (vgl. Berechnung im Einschät-
zungsentscheid).
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2 GR.2011.55
b) In der Rekursschrift bestreitet der Pflichtige, dass die Mietzinsgarantie von
total Fr. 1'290'000.- nach der zürcherischen Praxis eine Vorauszahlung darstelle, wel-
che zu einer Korrektur des Kaufpreises berechtigen würde. Auch wenn nicht der reale
Zinsertrag, sondern lediglich ein rechnerischer Diskont aufgerechnet werde, so dürften
die tatsächlichen Verhältnisse nicht unberücksichtigt bleiben. Gemäss Beschluss des
Regierungsrates über die Festsetzung und Berechnung von Zinsen für die Staats- und
Gemeindesteuern vom 11. Juli 2007 (ZStB 33/402) würden der Vergütungszins zu-
gunsten des Steuerpflichtigen wie auch der Ausgleichszins zulasten des Steuerpflichti-
gen ab 1. Januar 2008 2% betragen. Nur Verzugszinsen, welchen ein pönales Element
innewohnen würden, seien mit 4,5% höher. Insgesamt ergebe sich bei einem Zinssatz
von 2% ein Betrag von höchstens Fr. 13'541.65.
c) aa) Als Erlös gilt nach § 222 StG der Kaufpreis mit Einschluss aller weiteren
Leistungen des Erwerbers. Unverzinsliche Vorauszahlungen des Grundstückspreises
vor der Eigentumsübertragung stellen eine weitere Leistung dar, wenn dem Veräusse-
rer die Nutzungsbefugnis am Grundstück einstweilen noch verbleibt (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 220 N 48; Felix Richner, Die Grundstückgewinnsteuer
und die Handänderungssteuer im Kanton Zürich (Teil 6), ZStP 1993, 101). Diese
Rechtsprechung wurde durch das Bundesgericht in einem neueren Entscheid bestätigt
(BGr, 15. November 2011, 2C_603/2010). Die innere Rechtfertigung für diese Recht-
sprechung besteht in der Tatsache, dass der Verkäufer einen wirtschaftlichen Vorteil
geniesst, wenn er den Kaufpreis ganz oder teilweise erhält, bevor er den Nutzen am
Grundstück aufgeben muss. Den gleichen wirtschaftlichen Vorteil geniesst aber auch
der Steuerpflichtige, der wie vorliegend einen Teil des Kaufpreises auf Grund einer
Kaufpreisminderung unverzinst erst nach dem Übergang des Nutzens an den Käufer
zurückbezahlt. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die züricherische Praxis
die Auf- und Abzinsung der Kaufpreiszahlungen auf den Zeitpunkt des Übergangs des
Nutzens am Grundstück beinhaltet.
bb) Die Höhe des anwendbaren Zinssatzes bestimmt sich nach dem durch-
schnittlich üblichen Zinsniveau, weshalb er grundsätzlich mit dem Referenzzinssatz
(hypothekarischer Durchschnittszinssatz der Banken) gleichgesetzt werden kann, wie
er seit dem 10. September 2008 vierteljährlich durch das Bundesamt für Wohnungs-
wesen ermittelt wird (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 220 N 49). Die vorliegend zu
beurteilende Zinsperiode (... ... 2006 – ... ... 2008) liegt fast vollständig noch vor dem
ersten Referenzzinssatz von 3,5% per ... ... 2008. Der Zinssatz für variable Hypothe-
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ken (Wohnbauten Altbestand) der Zürcher Kantonalbank betrug am 3. Mai 2006 3%,
worauf er am 1. Oktober 2007 auf 3,25% und am 1. April 2008 auf 3,5% erhöht wurde
(www.zkb.ch). Insgesamt erscheint der von der Rekursgegnerin angewandte Zinssatz
von 3% als angemessen. Der Einspracheentscheid erweist sich daher in diesem Punkt
als rechtmässig.
3. a) Gleichzeitig mit dem Veranlagungsentscheid vom 20. Juni 2011 erliess
das Gemeindesteueramt E eine Zinsabrechnung für die Grundstückgewinnsteuer. In
der Einsprache vom 21. Juli 2011 machte der Pflichtige in diesem Zusammenhang
geltend, dass sich das Einschätzungsverfahren aufgrund der schleppenden Verfah-
rensführung durch das Steueramt verzögert habe, weshalb die Zinsforderung auf der
Grundstückgewinnsteuer nicht gerechtfertigt sei. Im angefochtenen Einspracheent-
scheid bestätigte die Kommission für die Grundsteuern die Zinsabrechnung und wies
demgemäss die Einsprache diesbezüglich ab. Mit dem Rekurs vom 11. Novem-
ber 2011 wiederholte der Pflichtige im Wesentlichen sein Vorbringen in der Einsprache.
b) Die Fragen der Verzinsung der Steuerforderung und der Steuerrückforde-
rung betreffen den Steuerbezug, für welchen die Entscheidungsbefugnis beim
Gemeindesteueramt liegt (§ 178 StG in Verbindung mit § 206 StG; Richner/
Frei/Kaufmann/Meuter, § 209 N 20). Gegen die Zinsrechnung kann Einsprache und
Rekurs erhoben werden, wobei Rekursinstanz nicht das Steuerrekursgericht, sondern
das kantonale Steueramt ist (§ 178 Abs. 1 StG; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 209
N 31, § 178 N 9). Der Rekursentscheid ist sodann mit Beschwerde ans Verwaltungsge-
richt anfechtbar (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 178 N 9). Infolge sachlicher Unzu-
ständigkeit ist somit hinsichtlich der Zinsabrechnung auf den Rekurs nicht einzutreten.
Nach Eintritt der Rechtskraft der vorliegenden Steuerforderung wird dereinst das
Gemeindesteueramt die definitive Schlussrechnung erlassen (vgl. Richner/Frei/
Kaufmann/Meuter, § 173 N 27), gegen welche die erwähnten Rechtsmittel offenstehen.
4. a) In der Stellungnahme zur Rekursantwort vom 13. April 2012 und damit
nach Ablauf der Rekursfrist beantragte der Pflichtige neu und in Ergänzung bzw. Ab-
weichung zur Rekursschrift, es sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Was die Rechtsvertretung der Vorinstanz betreffe, sei festzustellen,
dass die F bzw. die Herren O und P im Veranlagungs- und Einspracheverfahren als
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Sachverständige beigezogen worden seien, ohne dass die dafür zu beachtenden Ver-
fahrenspflichten erfüllt und die Mitwirkungsrechte des Pflichtigen respektiert worden
seien. Vor diesem Hintergrund dürften die Arbeitsergebnisse der F nicht verwendet
werden, weshalb der Einspracheentscheid aufzuheben und die Sache an die Vorin-
stanz zurückzuweisen sei.
b) Die Rekursanträge müssen innerhalb der 30-tägigen Rekursfrist gestellt
werden. Verspätete Eingaben sind im Sinn einer ordnungsgemässen Prozessführung
aus dem Recht zu weisen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 147 N 24). Eine Ausnah-
me besteht nur insofern, als neue tatsächliche Behauptungen und Beweismittel der
Gegenpartei im Laufe des Rekursverfahrens veranlasst wurden (Richner/Frei/
Kaufmann/Meuter, § 147 N 38).
Die Tatsachen, welche den Pflichtigen dazu veranlassten, den Rückwei-
sungsantrag zu stellen, waren ihm bereits im Einschätzungs- und Einspracheverfahren
bekannt. Der Antrag wurde insbesondere nicht durch die Rekursantwort veranlasst. Auf
den Rückweisungsantrag ist daher nicht einzutreten. Doch selbst wenn auf den Antrag
einzutreten wäre, müsste er aus folgenden Gründen abgewiesen werden:
Die Delegation von Verwaltungsaufgaben an aussenstehende Dritte ist nicht
zu beanstanden, solange diese insbesondere vorbereitende und beratende Tätigkeiten
ausüben und keine verfahrensleitenden Zwischenverfügungen wie Auflagen und Mah-
nungen unterzeichnen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 209 N 3 mit Hinweisen auf
die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung). In der vorliegenden Delegation an die F
kann auch kein Beizug eines Sachverständigen im Sinn von § 132 Abs. 2 StG erblickt
werden. Denn ein Sachverständiger darf nicht zur Klärung von Rechtsfragen beigezo-
gen werden. Dies schliesst aber nicht aus, dass sich eine Behörde rechtlich beraten
lässt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 132 N 30). Ein Haupttätigkeitsgebiet der F
dürfte denn auch in der Rechtsberatung gelegen haben, weshalb die formellen Verfah-
rensregeln des Beizugs eines Sachverständigen nicht beachtet werden mussten.
5. a) Im Eventualstandpunkt macht der Pflichtige in der Stellungnahme zur
Rekursantwort vom 13. April 2012 und damit nach Ablauf der Rekursfrist neu und in
Ergänzung zur Rekursschrift die Anrechnung einer Händlerpauschale des
interkantonalen Liegenschaftenhändlers in Höhe von 5% des Verkaufspreises, der
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AHV-Beiträge auf der Grundstücksveräusserung und der Anwalts- und Prozesskosten
geltend. Diese drei Punkte bildeten, soweit ersichtlich, im Einschätzungs- und Einspra-
cheverfahren keinen Bestandteil des Verfahrens, nachdem der Pflichtige keine
entsprechenden Anträge stellte und die Rekursgegnerin auch keine diesbezügliche
Untersuchung führte. Der Pflichtige rügt in diesem Zusammenhang, dass die Rekurs-
gegnerin von Amtes wegen den rechtserheblichen Sachverhalt hätte abklären müssen,
nachdem ihr bekannt gewesen sei, dass er ein hauptberuflich tätiger, gewerbsmässiger
Liegenschaftenhändler sei, welcher im Jahr 2007 seinen Wohnsitz im Kanton Q gehabt
habe.
b) Wie oben dargelegt (E. 4b), müssen Rekursanträge innerhalb der Rekurs-
frist gestellt werden. Das Verfahren vor Steuerrekursgericht zeichnet sich zudem durch
eine Erweiterung der Mitwirkung in dem Sinn aus, dass der Steuerpflichtige den Nach-
weis für das Bestehen von steuermindernden oder steueraufhebenden Tatsachen, für
welche er die Beweislast trägt, in der Rekursschrift mit einer substanziierten Sachdar-
stellung und durch Beschaffung oder Bezeichnung von Beweismitteln anzutreten hat.
Fehlt es daran, trifft das Steuerrekursgericht keine weitere Untersuchungspflicht. Als-
dann wird zu Ungunsten des Steuerpflichtigen angenommen, der betreffende Sachver-
halt habe sich nicht verwirklicht (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 147 N 53 mit Hin-
weisen).
Das Steuerrekursgericht ist zur Überprüfung des angefochtenen Einsprache-
entscheid nur hinsichtlich des Streitgegenstands verpflichtet. Dieser wiederum definiert
sich grundsätzlich durch die Rekursschrift und die Rekursantwort und kann zu einem
späteren Zeitpunkt nicht mehr erweitert werden (vgl. hierzu Patrick Müller, Berner Bei-
träge zum Steuer- und Wirtschaftsrecht, Heft 19, 2006, Aspekte der Verwaltungs-
rechtspflege, dargestellt am Beispiel von Staatssteuerrekurs und Bundessteuerbe-
schwerde nach Zürcher Recht, S. 378). Innerhalb des Streitgegenstands ist das
Steuerrekursgericht nur gehalten, allfällige Mängel der Untersuchung zu beheben und
den Sachverhalt, soweit notwendig zu ergänzen. Insbesondere ist das Gericht nicht
verpflichtet, im Einspracheentscheid getroffene Tatsachenfeststellungen, welche vom
Rekurrenten nicht bestritten wurden, von Amtes wegen abzuklären (Richner/Frei/
Kaufmann/Meuter, § 148 N 13).
Die Steuerbehörden dürfen generell davon ausgehen, dass die Steuer-
pflichtigen die zu ihren Gunsten sprechenden Umstände darlegen (Richner/Frei/
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Kaufmann/Meuter, § 138 N 21). Dies muss umso mehr gelten, wenn der Steuerpflichti-
ge, wie vorliegend, fachmännisch vertreten ist. Ob und welche Anhaltspunkte die Re-
kursgegnerin hatte, dass es sich beim Pflichtigen um einen Liegenschaftenhändler mit
ausserkantonalem Wohnsitz und ohne Betriebsstätte im J handelte, lässt sich dem
Vorbringen des Pflichtigen nicht entnehmen. Dieser beschränkt sich diesbezüglich auf
eine pauschale Behauptung. Es kann daher auch nicht gesagt werden, die Rekursgeg-
nerin hätte ihre Untersuchungspflicht im Einschätzungs- und Einspracheverfahren ver-
letzt.
Aus diesen Gründen können die geltend gemachten Aufwendungen nicht zu-
gelassen werden.
6. a) In der am 3. November 2008 eingereichten Steuererklärung beantragte
der Pflichtige die Anrechnung der Einbauten der Mieterin R in Höhe von mindestens
Fr. 7'400'000.-. Wie dem beiliegenden Schreiben zu entnehmen ist, konnte der Pflichti-
ge die exakte Höhe der Investitionen nicht nennen, da zum damaligen Zeitpunkt die
definitive Bauabrechnung noch nicht vorlag. Im Schreiben vom 31. August 2009 bezif-
ferte der Pflichtige die Baukosten gemäss der Bauabrechnung der R S vom ... ... 2008
auf Fr. 9'595'606.55.-, von denen er einen Teilbetrag von Fr. 8'335'590.- geltend mach-
te. Mit Schreiben vom 2. Februar 2010 reichte der Pflichtige ein Kurzgutachten von
Prof. Dr. T zur Frage der grundsteuerlichen Anrechenbarkeit von Mietereinbauten ein.
Im Zusammenhang mit den Mietereinbauten erliess das Gemeindesteueramt am
25. November 2010 eine Beweisauflage, zu welcher der Pflichtige am 22. März 2011
Stellung nahm und insbesondere einen Ordner einreichte. Der Ordner enthielt Zah-
lungsbestätigungen der Unternehmen, welche im Rahmen der Mietereinbauten Leis-
tungen erbracht hatten. Da das Gemeindesteueramt die Erfüllung der Auflage als un-
genügend erachtete, erliess es am 13. April 2011 eine Mahnung, welche der Pflichtige
am 20. April 2011 beantwortete und neu einen anzurechnenden Betrag von
Fr. 8'677'791.45 beantragte. Im Einschätzungsentscheid vom 20. Juni 2011 liess die
Rekursgegnerin die geltend gemachten Mietereinbauten nicht zu, worauf der Pflichtige
deren Anrechnung in der Einsprache vom 21. Juli 2011 erneut beantragte. Im Einspra-
cheentscheid hielt die Rekursgegnerin an der Nichtanrechnung fest.
In der Rekursschrift erneuert der Pflichtige den Antrag auf Anrechnung der
Mietereinbauten und beruft sich auf die einschlägige Rechtsprechung des Verwal-
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tungsgerichts. Nach dieser Rechtsprechung müssten die Aufwendungen ohne Rück-
sicht darauf, von wem sie getragen worden seien, berücksichtigt werden. Eine andere
Ordnung schreibe das Gesetz nur vor, soweit Aufwendungen durch Versicherungsleis-
tungen und Beiträge von Bund, Kanton oder Gemeinde gedeckt worden seien. Diese
Aufzählung der Ausnahmen, welche ihren guten Grund hätten, sei abschliessend. Für
das vom Kommentar zum Zürcher Steuergesetz stipulierte Erfordernis einer Geldleis-
tung an einen Dritten (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 14 und 5) fehle die ge-
setzliche Grundlage. Auch bei Eigenleistungen fehle das Element der Geldleistung an
einen Dritten. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Freiburg (VGr Fr,
28. Juni 2001, StR 2002, 753 = FZR 2001, 406) basiere auf einer Rechtsgrundlage,
welche im Entscheidzeitpunkt, nicht aber bereits im Zeitpunkt der Handänderung im
Kanton Freiburg gegolten habe. Der Entscheid sei daher vorliegend nicht relevant. Bei
der Grundstückgewinnsteuer spiele die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des steuer-
pflichtigen Veräusserers keine Rolle. Eine Korrelation der geschäftsmässigen Begrün-
detheit von Aufwendungen für die Zwecke der Gewinnsteuer und der Qualifikation als
Anlagekosten für die Zwecke der Grundstückgewinnsteuer sei gesetzlich nicht vorge-
sehen. Die Investitionen der Mieterin R seien objektiv dazu geeignet gewesen, den
Wert der verkauften Grundstücke zu erhöhen.
b) Bei der Grundstückgewinnsteuer sind Aufwendungen für Bauten, Umbau-
ten, Meliorationen und andere dauernde Verbesserungen des Grundstücks anrechen-
bar, nach Abzug allfälliger Versicherungsleistungen und Beiträge von Bund, Kanton
oder Gemeinde (§ 221 Abs. 1 lit. a StG). Wertvermehrende Aufwendungen sind grund-
sätzlich auch dann anrechenbar, wenn sie von einem Dritten erbracht wurden. Nach
der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts gilt dies auch, wenn der Veräusserer
diese Aufwendungen nicht tragen musste (RB 2004 Nr. 90 = ZStP 2005, 46; RB 1972
Nr. 43, 1970 Nr. 51, 1960 Nr. 85; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 14 mit Kritik
an dieser Rechtsprechung).
c) aa) Mit der Grundstückgewinnsteuer beabsichtigt der Gesetzgeber,
alle unverdienten Wertzuwächse abschöpfen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, VB zu
§§ 216-226a, N 9). Die Steuer erfasst alle mit der Handänderung an Grundstücken
verbundenen Gewinne, getrennt vom übrigen Einkommen, was der Konzeption als
Objektsteuer entspricht. Insofern spielt die (allgemeine) wirtschaftliche Leistungsfähig-
keit der steuerpflichtigen Person im Grundsatz keine oder nur eine untergeordnete Rol-
le. Immerhin wird dem Grundsatz aber dennoch Rechnung getragen, als die Höhe der
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2 GR.2011.55
Steuer von der Besitzesdauer und der Höhe des Gewinns abhängt. Im interkantonalen
Verhältnis besteht zudem nach der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung die
Möglichkeit, Verluste bei der Einkommens- und Gewinnsteuer zur Verrechnung zu
bringen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, VB zu §§ 216-226a, N 21), so dass diesbe-
züglich dennoch auf die allgemeine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abgestellt wird.
Insgesamt kann festgehalten werden, dass der Grundsatz der Besteuerung nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bei der Grundstückgewinnsteuer durchaus eine ge-
wisse Bedeutung hat.
bb) Zwar werden Mietereinbauten, welche fest mit dem betreffenden Grund-
stück verbunden sind, auf Grund des sachenrechtlichen Akzessionsprinzips Bestand-
teil des Grundstücks (Art. 642 Abs. 2, 667 Abs. 2 und 671 Abs. 1 ZGB). Falls es sich
dabei um Neuinvestitionen handelt, stellen die Einbauten nach der im Kanton Zürich
geltenden technischen bzw. rein rechtlich-objektiven Betrachtungsweise wertvermeh-
rende Aufwendungen dar. Dieses objektiv-technische Kriterium dient jedoch in erster
Linie der Abgrenzung der wertvermehrenden von den werterhaltenden Aufwendungen
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 31). Hinsichtlich der Frage, ob eine Mie-
tereinbaute grundsteuerlich anrechenbar ist, lässt sich aus dem Kriterium nichts ablei-
ten.
cc) Aus dem zweiten Halbsatz von § 221 Abs. 1 lit. a StG, wonach wertver-
mehrende Aufwendungen nur nach Abzug allfälliger Versicherungsleistungen und Bei-
träge anrechenbar seien, lässt sich nicht ableiten, dass nur solche Abzüge vorgenom-
men werden könnten. Dieser zweite Halbsatz betrifft Aufwendungen, welche ein
Grundeigentümer tatsächlich hatte, welche ihm aber von einer Versicherung etc. er-
stattet wurden. Vorliegend stehen jedoch Aufwendungen des Mieters und damit eines
Dritten zur Debatte, welche wirtschaftlich dem Mieter zuzurechnen sind und allein we-
gen des sachenrechtlichen Akzessionsprinzips Bestandteil des Grundstücks wurden.
Aus diesen Gründen ist anzunehmen, dass der zweite Halbsatz von § 221 Abs. 1 lit. a
StG keine abschliessende Aufzählung enthält.
dd) Wertvermehrende Aufwendungen sind nicht nur bei Geldleistungen an
Dritte anrechenbar. Insbesondere berechtigen auch Eigenleistungen, den entspre-
chenden Marktwert zur Anrechnung zu bringen. Indessen erbringt der Steuerpflichtige
auch bei der Eigenleistung eine Leistung, welche einem Geldbetrag entspricht und
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2 GR.2011.55
welche der Einkommenssteuer unterliegt. Bei den Mietereinbauten erbringt der Vermie-
ter jedoch keine Leistung, wenn er dem Mieter dessen Auslagen nicht erstattet.
ee) Gerade ein Mehrwert wird durch eine Mietereinbaute zumindest während
laufender Mietdauer nicht erzielt. Denn der Wert eines vermieteten Grundstücks (Ren-
diteobjekt) wird in erster Linie durch den Barwert der zukünftigen Mieteinnahmen be-
stimmt. Diese sind ihrerseits von dem vom Vermieter finanzierten Ausbaustandard des
Mietobjekts abhängig. Bei einer reinen Rohbaumiete, bei welcher der Mieter den In-
nenausbau nach seinen spezifischen Bedürfnissen vornimmt, wird der Mietzins diesem
Umstand angepasst. Er ist daher naturgemäss tiefer als bei einer Vollmiete. Mieterein-
bauten, welche vom Mieter finanziert wurden, führen daher, mindestens während des
bestehenden Mietverhältnisses, nicht zu einer Erhöhung des Werts eines Grundstücks.
Für die Beendigung des Mietverhältnisses enthalten die Mietverträge regelmässig Be-
stimmungen, die es dem Mieter erlauben, die Einbauten nach eigenem Gutdünken zu
verwenden. Die sich bei den Akten befindlichen Mietverträge lassen auch keinen ande-
ren Schluss zu. Wohlgemerkt macht der Pflichtige vorliegend nichts Gegenteiliges gel-
tend.
Insgesamt steht damit fest, dass Mietereinbauten bei Rohbaumieten zwar zu
einer Erhöhung des Substanz-, nicht aber des Ertragswerts des Mietobjekts führen
können.
Allfällige Leistungen des Vermieters bei Beendigung des Mietverhältnisses mit
R fallen im Übrigen nicht in die Besitzesdauer des Pflichtigen und können daher schon
deswegen nicht angerechnet werden (§ 221 Abs. 3 StG).
ff) Der Verkaufspreis von Fr. 49'320'000.- (zuzüglich MWST) basierte auf ei-
nem jährlichen Nettomietzinsertrag von Fr. 2'939'200.- (zuzüglich allfällige MWST),
entsprechend einer Rendite von 5,96%.
Der Grundsatz der vergleichbaren Verhältnisse gebietet, dass sich Anlagewert
und Erlös umfänglich und inhaltlich auf das gleiche Grundstück zu beziehen haben
(vgl. dazu Richner/Frei/Kaufmann, § 219 N 8 mit Hinweisen).
Wenn aber der auf dem Ausbaustandard basierende Mietzins die Grundlage
für die Kaufpreiserrechnung bildet, so muss auch beim Anlagewert diesem Umstand in
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2 GR.2011.55
der Weise Rechnung getragen werden, dass die Mietereinbauten, welche bei der Miet-
preisgestaltung und damit beim Verkaufspreis unberücksichtigt bleiben, auch bei den
Anlagekosten nicht angerechnet werden können.
gg) Die von der Mieterin R finanzierten Einbauten dürfen von dieser bilanziert
und abgeschrieben werden, obwohl sich das Grundstück nicht im zivilrechtlichen Ei-
gentum der Mieterin befindet (BGr, 17. November 2006, 2A.44/2006 = StR 2007, 116;
vgl. auch Karl Blumer, Die kaufmännische Bilanz, 10. A. 1989, S. 95). Der Begriff des
Geschäftsvermögens stellt denn auch keinen zivilrechtlichen, sondern einen wirtschaft-
lichen Begriff dar (Madeleine Simonek, Die Abgrenzung des Geschäfts- vom Privat-
vermögen zwischen Ehegatten, in: ASA 65, 525). Die Aktivierungsfähigkeit beurteilt
sich rein wirtschaftlich nach der Frage, ob eine Mietereinbaute dem Unternehmen ei-
nen Nutzen vermittelt. Demgegenüber lässt das Verwaltungsgericht die grundsteuerli-
che Anrechnung von Mietereinbauten nach der zivilrechtlichen Betrachtungsweise auf
Grund des sachenrechtlichen Akzessionsprinzips zu, obwohl die betreffende Aufwen-
dung damit zweimal steuerlich geltend gemacht werden kann. Wenngleich an
dieser Konstellation zwei Personen beteiligt sind, ist von einem Verstoss gegen das
Verbot des Methodendualismus auszugehen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, VB zu
§§ 119-131, N 91; vgl. auch die Konstellation, an welcher eine einzige Person beteiligt
ist: Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, VB zu §§ 216-226a, N 23).
Auch das Verwaltungsgericht des Kantons Freiburg hielt in seinem Entscheid
vom 28. Juni 2001 fest, dass eine doppelte steuerliche Berücksichtigung zu vermeiden
sei (VGr Fr, 28. Juni 2001, StR 2002, 753 = FZR 2001, 406). Dieser Entscheid basiert
auf einer anderen Rechtsgrundlage (§ 49 Abs. 3 des Gesetzes über die direkten Kan-
tonssteuern [DStG FR]) und ist für den Kanton Zürich nicht verbindlich. Immerhin ist er
insofern von Bedeutung, als er bedenkenswerte Argumente enthält. Sodann ist festzu-
halten, dass auch der Kanton Bern eine Praxis kennt, welche derjenigen des Kantons
Freiburg entspricht (StR 1991, 139). Nach dem Verfasser des Praxiskommentars zum
Berner Steuergesetz ergibt sich bereits aus der Konzeption der Grundstückge-
winnsteuer, dass nur Aufwendungen angerechnet werden können, welche von der
steuerpflichtigen Person getragen wurden (Markus Langenegger, in Leuch/Kästli/
Langenegger, Praxiskommentar zum Berner Steuergesetz, Band 2, 2011, Art. 142 N 8;
vgl. auch die den Kantonen Freiburg und Bern entsprechende Praxis im Kanton
Schwyz: Xaver Mettler, Die Grundstückgewinnsteuer des Kantons Schwyz, 1990,
S. 175).
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2 GR.2011.55
hh) So wenig das Vertrauen in den Fortbestand der Gesetze eine Schranke
für Gesetzesänderungen bildet, so wenig ist den rechtsanwendenden Behörden eine
Änderung oder Präzisierung ihrer Praxis untersagt, wenn ernsthafte sachliche Gründe
dafür sprechen (RB 1979 Nr. 34, BGE 126 I 122 = StE 2000 A 25 Nr. 8 = StR 2000,
715, 720, ZStP 2000, 27, BGE 125 I 458, 471 = Pra 2000 Nr. 178 = ASA 70. 779,
791 = StR 2000, 198, 207 f., BGE 122 I 57, 59, StR 1987, 90, 91). Eine auf sachlichen
Gründen beruhende Praxisänderung oder Praxispräzisierung ist deshalb stets zulässig
(BGE 126 I 122, 129 = ASA 69, 905, 911 = StE 2000 A 25 Nr. 8 = StR 2000, 715, 720).
Eine Praxis muss sogar geändert werden, wenn die Behörde zur Einsicht gelangt, dass
das Recht bisher unrichtig angewendet wurde oder eine andere Rechtsanwendung
dem Sinn des Gesetzes oder geänderten Verhältnissen besser entspricht (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, VB zu §§ 119-131, N 95 mit zahlreichen Hinweisen).
Insgesamt konnte der Pflichtige kein gewichtiges Argument nennen, welches
für die Beibehaltung der verwaltungsgerichtlichen Praxis und damit für die Anrechnung
der geltend gemachten Aufwendungen sprechen würde. Anderseits sprechen die vor-
stehend dargelegten, gewichtigen Argumente für eine Änderung der Praxis. Demge-
mäss können die vom Pflichtigen geltend gemachten Aufwendungen für die Mieterein-
bauten nicht grundsteuerlich angerechnet werden. Der angefochtene Einsprache-
entscheid ist somit in diesem Punkt zu bestätigen.
ii) Rückblickend betrachtet mag das Beweisverfahren der Rekursgegnerin zur
Abklärung der Mietereinbauten als unnötig erscheinen. Indessen ist zu beachten, dass
das Gemeindesteueramt, welchem die Vorbereitung der Einschätzung oblag (§ 209
Abs. 1 StG), seine Rechtsauffassung im Laufe des Verfahrens ändern kann. Zudem
setzt eine breite und fundierte Abklärung des Sachverhalts die Einschätzungsbehörde
in die Lage, den Entscheid auf breiter Basis zu fällen, was der Qualität des Entscheids
förderlich ist.
7. a) Aus vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass der Rekurs teilweise
gutzuheissen ist. Bei der Neuberechnung der Grundstückgewinnsteuer ist zu beachten,
dass die Handänderungskosten beim Erwerb nach Massstab der Erwerbspreisauftei-
lung (gewogener Durchschnitt) und die Baukreditzinsen nach Massstab der Aufteilung
der wertvermehrenden Aufwendungen aufzuteilen sind. Die Mieterentschädigung von
Fr. 40'000.- wurde von der Rekursgegnerin im Einspracheentscheid zugelassen, so
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2 GR.2011.55
dass diesbezüglich keine Korrektur anzubringen ist. Im Einzelnen ist die Steuer wie
folgt neu zu berechnen:
Erwerbspreis vom ... ... 2003 29'000'000.00 Anteil laut Ergänzungsgutachten relativ 79.06% Erwerbspreisanteil absolut 22'926'723.28 Erwerbspreis vom ... ... 2003 3'250'000.00 Anteil laut Ergänzungsgutachten relativ 40.78% Erwerbspreisanteil absolut 1'325'281.14 Erwerbspreisanteil total absolut
24'252'004.42
Erwerbspreisanteil total relativ 75.20% Wertvermehrende Aufwendungen total 17'957'472.00 Anteil laut Gutachten relativ 40.78% Anteil wertvermehrende Aufwendungen absolut
7'322'676.60
Mietereinbauten R
0.00
Mäklerprovision beim Verkauf
920'696.00
Handänderungskosten beim Erwerb 289'286.00 Anteil der Handänderungskosten beim Erwerb rela-
tiv 75.20% Anteil der Handänderungskosten beim Erwerb absolut 217'543.11
Handänderungskosten beim Verkauf
158'363.00
Baukreditzinsen 417'714.00 Anteil der Baukreditzinsen relativ 40.78% Anteil der Baukreditzinsen relativ
170'334.92
Anlagekosten total
33'041'618.05
Verkaufspreis 49'320'000.00 Zinsvorteil 57'561.00 Mietzinsgarantie -1'290'000.00 Massgebender Erlös
48'087'561.00
Steuerpflichtiger Grundstückgewinn
15'045'942.95
Steuerpflichtiger Grundstückgewinn abgerundet
15'045'900.00
Grundstückgewinnsteuer laut § 225 Abs.1 StG
6'007'760.00
Besitzesdauer 4 Jahr(e) Zuschlag/Ermässigung relativ 0% Zuschlag/Ermässigung absolut
0.00
Reiner Steuerbetrag
6'007'760.00
b) Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten zu 60% dem Pflich-
tigen und zu 40% der Rekursgegnerin aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG). Parteientschä-
digungen sind nicht zuzusprechen (§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 lit. a des Verwaltungs-
rechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959).
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2 GR.2011.55 | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
50c250c6-027b-4ee8-9d86-d5ac8d65a36a | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige bzw. zusammen mit seiner Ehefrau B) führt
seit Jahren – zunächst als Gesellschafter einer Personengesellschaft, ab 1997 als
Einzelfirma – einen Baumschul- und Gartenbaubetrieb, der Bäume, Stauden, Pflanzen
und Blumen produziert. Die Produktion wird primär an lokale Gartenbaubetriebe ver-
kauft. Daneben führen die Pflichtigen eine personalbediente Boutique für Blumen, de-
ren Bareinnahmen mittels Registrierkasse aufgezeichnet werden. Im Hinblick auf die
Entwicklung und Erweiterung seines Betriebs erwarb er im Juli 1989 (Datum der Hand-
änderung) die angrenzenden landwirtschaftlichen Grundstücke Kat.Nrn. 1 (21‘807 m 2
Acker und Wiese) und 2 (Wohnhaus mit Scheunenanbau Vers.-Nr. 1276, Scheune mit
Stall Vers.-Nr. 1278, Feldscheune Vers.-Nr. 1277 und 73‘076 m 2 Gebäudegrundfläche,
Acker und Wiese) zum Preis von Fr. 2‘700‘000.-. Während das Wohnhaus stets priva-
ten Wohnbedürfnissen seiner Familie diente, nutzte er die übrigen Gebäude (ohne die
im Jahr 1993 abgebrochene Feldscheune Vers.-Nr. 1277) und das Landwirtschaftsland
– nach Ablauf der Pachtdauer – ab 1997 für seinen Geschäftsbetrieb. Im Jahr 1993/94
nahm er am privat genutzten Wohnhaus einen Umbau mit Anbau vor. Im Jahr 2002
bewilligte die Wohngemeinde nachträglich den Bau eines Schwimmbassins beim
Wohnhaus. Zudem tätigte er von 2002 bis 2004 bezüglich der geschäftlich genutzten
Teile seiner Grundstücke verschiedene bauliche Investitionen. U.a. erstellte er einen
Bewässerungsteich, eine Pflanzenproduktionsstätte mit Folientunnel und ein Baum-
schulwerkgebäude mit Gewächshaus (wie Scheune sub Vers.Nr. 1278). Im Jahr 2007
liess er im Altbau des Gebäudes Vers.Nr. 1278 ein Büro einbauen. Die den Geschäfts-
bereich betreffenden Aufwendungen verbuchte er in den Steuerbilanzen ab 2002 als
Geschäftsvermögen und tätigte Abschreibungen. Dagegen beliess er bis und mit Steu-
erbilanz 2006 das im Jahre 1989 erworbene Grundeigentum und ein weiteres zum Er-
tragswert versteuertes Grundstück in einer Nachbargemeinde weiterhin im Privatver-
mögen.
In der Steuererklärung 2006 vom 1. Februar 2008 machten die Pflichtigen
geltend, dass die Grundstücke in der Wohngemeinde Geschäftsvermögen darstellten
und zu Unrecht in der Buchhaltung nicht enthalten seien. Somit sei die Bilanz per 31.
Dezember 2006 zu korrigieren und seien die Liegenschaften Kat.Nrn. 1 und 2 mit ei-
nem Wert von Fr. 2‘200‘000.- in die Bilanz aufzunehmen. Auf dem Wohnhaus und dem
Ökonomiegebäude mit anteiligen Werten von Fr. 650‘000.- und Fr. 600‘000.- seien
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2 DB.2011.122 + 123 2 ST.2011.188 + 189
ordentliche Abschreibungen von Fr. 49‘000.- (2% von Fr. 650‘000.- und 6% von Fr.
600‘000.-) pro 2006 erfolgsmindernd zu berücksichtigen.
Am 20. August 2007 erwarb der Pflichtige in der Wohngemeinde die Liegen-
schaft Kat.Nr. 3, 15‘694 m 2 Landwirtschaftsland mit Feldscheune Vers. Nr. 1138 zum
Preis von Fr. 162‘000.-. Die neu erworbene Liegenschaft wies er in der Jahresrech-
nung 2007 dem Geschäftsvermögen zu und nahm auf den anteiligen Buchwerten der
Gebäude (Wohnhaus und Ökonomiegebäude auf Kat.Nr. 2) weitere Abschreibungen
von Fr. 46‘581.- vor. Daneben tätigte er in den Jahren 2006 und 2007 auch (nicht strei-
tige) Abschreibungen von Fr. 24‘765.- und Fr. 22‘760.- auf den Anlagekosten der nach
2002 errichteten geschäftlichen Anlagen. Am 24. Februar 2009 trat er sämtliche
Grundstücke in der Wohngemeinde (Kat.Nrn. 3, 1 und 2) zum Ertragswert von
Fr. 621‘000.- seinem Sohn ab.
Vom 20. bis 22. Juli 2010 führte das kantonale Steueramt in Bezug auf die
Geschäftsjahre 2006 und 2007 eine Bücherrevision durch. Dabei wurden Mängel in der
Kassabuchführung entdeckt. Zudem würdigte der Revisor die im Jahr 2008 rückwir-
kend per 1. Januar 2006 ins Geschäftsvermögen überführten Grundstücke als treuwid-
riges und offensichtlich steuermotiviertes Verhalten, weil diese Änderung im Wissen
um den zeitnahen Weiterverkauf per 1. Januar 2009 an seinen Sohn in erster Linie
deshalb erfolgte, um seit dem Erwerb erlittene Werteinbussen nachträglich steuerwirk-
sam geltend machen zu können. Zuvor habe der Pflichtige verschiedene Gelegenhei-
ten zur Umqualifizierung seiner gemischt genutzten Liegenschaften ausgelassen. Fol-
gedessen schlug er neben einer Einkommenskorrektur von rund Fr. 10‘000.- pro
Geschäftsjahr wegen mangelhafter Kassabuchführung vor, die in den Jahren 2006 und
2007 geltend gemachten Abschreibungen auf den Buchwerten der nachträglich ins
Geschäftsvermögen überführten Grundstücke nicht zum Abzug zuzulassen. Entspre-
chend abgefasste Einschätzungsvorschläge für die Steuerperioden 2006 und 2007
anerkannten die Pflichtigen nicht vorbehaltlos. In der Folge forderte der Revisor die
Pflichtigen mit Auflage vom 10. Januar 2011 und Mahnung vom 4. Februar 2011 zwei-
mal erfolglos auf, tagfertige Kassenaufzeichnungen über den Barverkehr in den Jahren
2006 und 2007 einzureichen.
Dem Revisionsbericht folgend schätzte das kantonale Steueramt die Pflichti-
gen am 18. April 2011 und gleichzeitig erfolgten Hinweisen über die Veranlagung der
direkten Bundessteuer, die formell am 17. Mai 2011 eröffnet wurden, für die Staats-
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2 DB.2011.122 + 123 2 ST.2011.188 + 189
und Gemeindesteuern mit steuerbaren Einkommen von Fr. 170‘600.- (Steuerperiode
2006) und Fr. 190‘500.- (Steuerperiode 2007) und steuerbaren Vermögen von
Fr. 1‘393‘000.- (Steuerperiode 2006) und Fr. 1‘159‘000.- (Steuerperiode 2007) ein. Für
die direkte Bundessteuer wurde das steuerbare Einkommen auf Fr. 170‘000.- (Steuer-
periode 2006) und Fr. 189‘900.- (Steuerperiode 2007) festgesetzt. Dabei schätzte es
die Erwerbseinkünfte des Pflichtigen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit – abwei-
chend vom deklarierten Einkommen von Fr. 100‘135.- (Jahr 2006) und Fr. 126‘748.-
(Jahr 2007) – nach pflichtgemässem Ermessen gemäss Art. 130 Abs. 2 des Bundes-
gesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) und § 139
Abs. 2 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) auf Fr. 150‘000.- (Jahr 2006) und
Fr. 170‘000.- (Jahr 2007). Zur Begründung verwies es auf die vom Revisor festgestellte
nicht ordnungsgemässe Kassabuchführung und die damit einhergehende Notwendig-
keit, die Gewinne nach pflichtgemässem Ermessen zu schätzen. Im Rahmen der Er-
messenseinschätzungen blieben die nachträglich vorgenommenen Abschreibungen
von Fr. 49‘000.- und Fr. 46‘581.- auf dem Einbuchungswert unberücksichtigt.
B. Dagegen erhobene Einsprachen wies das kantonale Steueramt am
22. Juni 2011 ab.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 21. Juli 2011 liessen die Pflichtigen dem
Steuerrekursgericht beantragen, die angefochtenen Einspracheentscheide aufzuhe-
ben. Das selbständige Erwerbseinkommen sei aufgrund der eingereichten Steuererklä-
rungen auf Fr. 100‘135.- (2006) und Fr. 126‘748.- (2007) festzusetzen. Die landwirt-
schaftliche Liegenschaft in der Wohngemeinde sei als Geschäftsvermögen zu
qualifizieren. Demnach seien die verbuchten Abschreibungen zu gewähren. Ferner
beantragten sie eine Parteientschädigung.
In der Rekurs- und Beschwerdeantwort vom 17. August 2011, welche den
Pflichtigen zur Kenntnisnahme zugestellt wurde, schloss das kantonale Steueramt auf
Abweisung der Rechtsmittel.
Auf die Parteivorbringen wird, soweit rechtserheblich, in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen.
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2 DB.2011.122 + 123 2 ST.2011.188 + 189 | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Hat ein Steuerpflichtiger trotz Mahnung seine Verfahrenspflichten nicht er-
füllt oder können die Steuerfaktoren mangels zuverlässiger Unterlagen nicht einwand-
frei ermittelt werden, nimmt das kantonale Steueramt gemäss Art. 130 Abs. 2 DBG und
§ 139 Abs. 2 Satz 1 StG die Einschätzung nach pflichtgemässem Ermessen vor. Diese
Bestimmung setzt für eine Einschätzung nach pflichtgemässem Ermessen einen Un-
tersuchungsnotstand voraus. Dieser ist im Regelfall dadurch verursacht, dass der
Steuerpflichtige trotz formgültiger Mahnung Verfahrenspflichten nicht oder nicht gehö-
rig erfüllt hat, d.h. dass er seinen Mitwirkungspflichten mit Bezug auf die Ermittlung der
für die Einschätzung massgeblichen Tatsachen nicht oder nur unvollständig nachge-
kommen ist.
b) Im vorliegenden Fall schätzte das kantonale Steueramt die Einkünfte aus
selbstständiger Erwerbstätigkeit des Pflichtigen nach pflichtgemässem Ermessen, weil
dieser trotz Aufforderung und Mahnung kein tagfertig geführtes Kassabuch beizubrin-
gen vermochte. Die Pflichtigen halten dieses Vorgehen für nicht gerechtfertigt, da sie
im Rahmen des Veranlagungsverfahrens dem Revisor alle nötigen Unterlagen (u.a.
Registrierkassenstreifen) zur Einsicht unterbreitet und ihm auch sämtliche Auskünfte
erteilt hätten. Die nachträglich erfolgte Aufforderung, dem Steueramt tagfertige Kas-
senaufzeichnungen über den Barverkehr einzureichen, wirke unter diesen Umständen
irritierend und schikanös. Der Bargeldverkehr nehme im Rahmen der gesamten Ge-
schäftstätigkeit nur einen geringfügigen Umfang ein. Zudem seien die Barverkäufe mit-
tels Registrierkasse erfasst worden. Die Buchführung sei nach bestem Wissen und
Gewissen erfolgt. Atypische Ergebnisse in der Buchhaltung (z.B. die negativen Brutto-
gewinne beim personalbedienten Laden) könnten aus verschiedenen Gründen ent-
standen sein. Selbst wenn aus formaler Sicht einzelne Mängel bei der Kassabuchfüh-
rung vorliegen sollten, dürfe die Jahresrechnung nicht aberkannt werden. Somit seien
die Voraussetzungen für eine Ermessenseinschätzung nicht gegeben.
c) Dieser Auffassung kann aus den folgenden Gründen nicht beigetreten wer-
den.
aa) Eine ordnungsmässige Buchhaltung erheischt die Führung von Erfolgs-
konten, in welchen der Aufwand und der Ertrag des Unternehmens zum Ausdruck
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2 DB.2011.122 + 123 2 ST.2011.188 + 189
kommen. Welche Bücher im konkreten Einzelfall zu führen sind, bestimmt sich nach
Art und Umfang des betriebenen Gewerbes (Art. 957 OR). Bei Geschäften mit Bar-
geldverkehr ist die Führung eines Kassabuchs notwendig. Darin sind die gesamten
Bareinnahmen – und ausgaben fortlaufend, lückenlos, wahrheitsgetreu und täglich
aufzuzeichnen (RB 1994 Nr. 44, auch zum Folgenden). Werden Vorjournale oder Vor-
bücher, wie z.B. Registrierkassenstreifen, verwendet, so sind die Aufzeichnungen in
solchen Hilfsbüchern zeitnah in das Kassabuch zu übertragen. Das Kassabuch hat
sodann für jeden Geschäftsvorfall einen klaren, auf den wahren Inhalt der Eintragung
hinweisenden Text zu enthalten. Ausserdem ist es periodisch – je nach Intensität des
Bargeldverkehrs, täglich, ein- oder zweiwöchentlich oder monatlich – zu saldieren und
mit dem tatsächlichen Bargeldbestand (durch so genannten Kassensturz) zu verglei-
chen, wobei allfällige Differenzen sofort zu buchen sind (VGr, 10. Juni 2006,
SB.2008.00127, www.vgrzh.ch). Eine Kassabuchführung, die den genannten Anforde-
rungen nicht entspricht, bewirkt die Vermutung der Unrichtigkeit der gesamten Buch-
haltung, indem sie eine nicht zu beseitigende Ungewissheit über Höhe von Ertrag und
Aufwand sowie von Aktiven und Passiven schafft (vgl. VGr, 27. Oktober 2010,
SB.2010.00021, www.vgrzh.ch; RB 1994 Nr. 44).
bb) Gemäss dem Abschlussbericht des Revisors hat der Pflichtige in den Jah-
ren 2006 und 2007 rund 20% des Umsatzes von Fr. 1‘121‘741.- resp. Fr. 1‘171‘194.-,
d. h. einen Umsatzanteil von über Fr. 200‘000.- pro Jahr bar vereinnahmt. Bei dieser
Grössenordnung liegt ein umfangreicher Bargeldverkehr vor, so dass der Pflichtige
verpflichtet gewesen wäre, seine Einnahmen und Ausgaben täglich in ein Kassenbuch
im dargelegten Sinn einzutragen. Dies hat der Pflichtige jedoch in den Jahren 2006
und 2007 nach den Feststellungen des Revisors nicht getan. Dabei ist festzuhalten,
dass es einer ordnungsgemässen Kassabuchführung widerspricht, wenn der Pflichtige
nur die Registrierkassenstreifen aufbewahrt. Erforderlich ist vielmehr die tägliche Über-
tragung dieser Daten in ein Kassabuch und – zumindest während umsatzstarker Ge-
schäftsperioden – die tägliche Überprüfung des daraus sich ergebenden Saldos durch
Kassensturz (VGr, 10. Juni 2009, SB.2008.00127, www.vgrzh.ch). Dies unterblieb. Es
hilft dem Pflichtigen auch nicht weiter, dass die Hauptabteilung Mehrwertsteuer anläss-
lich einer Prüfung vor Ort keine Mängel hinsichtlich der Jahresrechnungen 2002 bis
2006 festgestellt hat. Entscheidend für die Veranlagung ist allein der gegenteilige Be-
fund des kantonalen Revisors.
http://www.vgrzh.ch/ http://www.vgrzh.ch/
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cc) Da die Pflichtigen die Auffassung vertreten, dass die in der Wohngemein-
de bewirtschafteten Grundstücke nach der Präponderanzmethode seit 1997 (Beginn
der Selbstbewirtschaftung nach Ablauf der Pacht) zum Geschäftsvermögen gehören,
erweist es sich aus ihrer Sicht auch als Mangel, dass diese Grundstücke nicht bereits
viel früher in die Bilanz aufgenommen wurden. Insbesondere die Buchführung ab 2002,
gemäss welcher nur ein Teil des Grundvermögens, nämlich die geschäftlichen Investi-
tionen (Gewächshaus) als Geschäftsvermögen verbucht wurden, verstösst gegen
Art. 18 Abs. 2 DBG und § 18 Abs. 3 StG (näheres dazu in E.4.a).
dd) Wie erwähnt bewirkt eine mit formellen Mängeln behaftete Buchhaltung
die Vermutung der Unrichtigkeit, sofern die festgestellten Mängel dergestalt sind, dass
sie die inhaltliche Richtigkeit der Bücher als unwahrscheinlich erscheinen lassen
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 123
N 55). Diese Vermutung besteht unabhängig davon, ob konkrete materielle Mängel
nachgewiesen sind oder nicht (RB 1994 Nr. 44). Vorliegend deuten aber bereits die
negativen Bruttogewinne des Ladens beim Warenein- und -verkauf (Fr. 14‘149.- resp.
Fr. 130.-) auf inhaltliche Mängel der Buchführung (d.h. Nichterfassung von Einnahmen)
hin, weil der Pflichtige dafür nicht ansatzweise eine Erklärung vorzubringen vermochte.
Obschon der Bargeldumsatz nur 20% des verbuchten Gesamtumsatzes beträgt und
der gesamte Geschäftserfolg nicht allein davon abhängt, erreicht er jährliche Anteile
von über Fr. 200‘000.-. Bei dieser Grössenordnung liegt entgegen der Auffassung des
Pflichtigen ein bargeldintensiver Geschäftsverkehr vor, weshalb die festgestellten
Mängel bei der Kassabuchführung nicht bloss von untergeordneter oder nebensächli-
cher Bedeutung sind. Eine dergestalt fehlerhafte Buchführung ist nicht verbesserungs-
fähig (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 123 N 55 DBG). Sie ist als Veranlagungs-
grundlage vielmehr abzulehnen, was zur Folge hat, dass das unteilbare Einkommen
aus selbstständiger Erwerbstätigkeit nach pflichtgemässem Ermessen zu schätzen ist.
Dem Umstand, dass neben Bareinkünften im überwiegenden Ausmass noch weitere
Einkünfte erzielt wurden und bei dieser Sachlage nicht das gesamte Geschäftsergeb-
nis vom Barumsatz abhängt, ist im Rahmen der Schätzung Rechnung zu tragen.
ee) Eine Einschätzung nach pflichtgemässem Ermessen wegen Nichterfüllung
der Verfahrenspflichten setzt in formeller Hinsicht zwingend voraus, dass der Pflichtige
von der zuständigen Instanz zulässigerweise formell zur Erfüllung seiner Verfahrens-
pflichten aufgefordert und gemahnt worden ist (Art. 130 DBG, § 139 Abs. 2 StG, Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 130 N 46 und 47 DBG). Diese Formalitäten sind selbst
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dann erforderlich, wenn sie aufgrund der Umstände oder nach dem bisherigen Verhal-
ten des Pflichtigen als nutzlos erscheinen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 130
N 52 DBG). Mithin erweisen sich die Aufforderungen des kantonalen Steueramts, “tag-
fertige Kassenaufzeichnungen über den Barverkehr pro 2006 und 2007“ einzureichen,
nicht als reine Schikane, nachdem die Pflichtigen die vom Revisor vorgeschlagene
Einkommensaufrechnung von pauschal Fr. 10‘000.- pro Jahr wegen Mängel in der
Kassabuchführung nicht vorbehaltlos anerkannt hatten. Auch die weiteren formellen
und materiellen Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Pflichtigen sind ord-
nungsgemäss auf die mit der Nichterfüllung der Mitwirkungsaufforderungen verbunde-
nen Rechtsnachteile, wie Einschätzung nach pflichtgemässem Ermessen, Auflage ei-
ner Busse und die gesetzlichen Anfechtungserschwernisse hingewiesen worden und
konnten somit den Ernst der Lage erkennen. Überdies erwiesen sich die verlangten
Mitwirkungshandlungen als zulässig. Denn sie waren klar definiert, grundsätzlich erfüll-
bar und verhältnismässig. Fest steht auch, dass die Pflichtigen ihre Mitwirkungspflich-
ten nicht erfüllt haben.
Aus diesen Gründen sind die angefochtenen Ermessenseinschätzungen zu
Recht erfolgt.
2. a) Eine zu Recht ergangene Ermessensveranlagung kann der Steuerpflich-
tige gemäss Art. 132 Abs. 3 DBG bzw. § 140 Abs. 2 StG nur wegen offensichtlicher
Unrichtigkeit anfechten. Diese Normen enthalten eine Kognitionsbeschränkung der
Prüfungsinstanzen, welche eine zu Recht getroffene Ermessensveranlagung nur auf-
heben können, wenn sie sich als offensichtlich falsch erweist. Den entsprechenden
Nachweis kann der Steuerpflichtige auf zwei Arten erbringen (Martin Zweifel, in: Kom-
mentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002, Art. 48 N 46 ff. StHG,
auch zum Folgenden): Er kann den tatsächlichen Sachverhalt dartun und den entspre-
chenden Nachweis leisten, mit der Folge, dass die Ermessensveranlagung durch eine
ordentliche Veranlagung ersetzt wird und die Steuerfaktoren nach den für "gewöhnli-
che" Veranlagungen geltenden Regeln ermittelt werden. Ist das nicht möglich oder
misslingt dies, kann der Steuerpflichtige darlegen und nachweisen, dass die angefoch-
tene Veranlagung offensichtlich unrichtig ist. Leistet er diesen Nachweis, bleibt es zwar
bei einer Ermessensveranlagung, doch wird die angefochtene durch eine neue (tiefere)
Schätzung der Rechtsmittelinstanz ersetzt.
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Dem Steuerrekursgericht sind weitere Untersuchungen verwehrt. Es hat viel-
mehr bei seiner eingeschränkten Überprüfung des angefochtenen Entscheids auf of-
fensichtliche Unrichtigkeit hin nur jene im Zeitpunkt der Entscheidfällung vorhandenen
Schriftstücke zu berücksichtigen, welche den behaupteten Sachverhalt sofort beweisen
oder zumindest als sehr wahrscheinlich erscheinen lassen (VGr, 27. Oktober 2010,
SB.2010.00021, www.vgrzh.ch; Martin Zweifel, Die Sachverhaltsermittlung im Steuer-
veranlagungsverfahren, 1989, S. 144).
b) Ein Nachholen der verletzten Mitwirkungspflicht scheidet hier – soweit es
um die ungenügende Kassabuchführung geht – von vornherein aus. Es kann sich
diesbezüglich folglich nur noch fragen, ob die steuerbehördlichen Schätzungen in
quantitativer Hinsicht offensichtlich unrichtig sind. Offensichtlich unrichtig ist eine
Schätzung dann, wenn sie nach den Akten sachlich nicht begründbar ist, insbesondere
erkennbar pönal oder fiskalisch motiviert ist, sich auf sachwidrige Schätzungsgrundla-
gen, -methoden oder -hilfsmittel stützt oder sonst mit den aktenkundigen Verhältnissen
des Einzelfalls aufgrund der Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht vereinbart wer-
den kann (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 133 N 68 DBG).
3. Die Pflichtigen machen geltend, dass die Schätzungen allein schon deshalb
offensichtlich unrichtig seien, weil das kantonale Steueramt die Zugehörigkeit der
Grundstücke in der Wohngemeinde zum Geschäftsvermögen für nicht gegeben erach-
tete und somit im Rahmen der Schätzungen keine Abschreibungen auf den Geschäfts-
liegenschaften zugelassen habe. Dieser Einwand trifft insoweit zu, als dass das kanto-
nale Steueramt bei seinen Schätzungen unstreitig die von den Pflichtigen geltend
gemachten Abschreibungen nicht berücksichtigt hat. Im Verhältnis zur Einkommens-
aufrechnung wegen mangelhafter Kassabuchführung in der Grössenordnung von rund
Fr. 10‘000.- pro Geschäftsjahr erweisen sich die Abschreibungen von Fr. 49‘000.- (Jahr
2006) und Fr. 46‘581.- (Jahr 2007) betragsmässig als erheblich. Da Abschreibungen
nur auf dem Geschäftsvermögen zulässig sind (Art. 27 Abs. 2 lit. a DBG, § 27 Abs. 2
lit. a StG), ist somit im Rahmen der Angemessenheitsprüfung vorerst zu klären, ob die
streitbetroffenen Grundstücke überhaupt zum Geschäftsvermögen gehören und nach-
trägliche Korrekturen in der Jahresrechnung 2006 bzw. die nachweislich erst im Jahr
2008 erfolgte Einbuchung in die Jahresrechnung 2007 – und dies kurz vor der Abtre-
tung der betreffenden Grundstücke an den Sohn per 1. Januar 2009 – überhaupt recht-
lich noch zulässig und zu berücksichtigen sind. Wäre dies alles zu verneinen, dann
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müssen die Abschreibungen im Rahmen der Angemessenheitsprüfung ausser Betracht
fallen, ansonsten ein Steuerpflichtiger aus seinem Versäumnis, eine ordentliche Buch-
haltung zu führen, noch einen Vorteil ziehen würde.
4. a) Als Geschäftsvermögen gelten laut Art. 18 Abs. 2 DBG und § 18
Abs. 3 StG alle Vermögenswerte, die ganz oder vorwiegend der selbstständigen Er-
werbstätigkeit dienen. Dient ein Wirtschaftsgut seinem Wesen oder seiner Funktion
nach sowohl geschäftlichen als auch privaten Zwecken, richtet sich die Zugehörigkeit
zum Privat- oder Geschäftsvermögen nach der Präponderanzmethode, welche die bis
Ende 1994 geltende Wertzerlegungsmethode abgelöst hat (Kreisschreiben Nr. 3 zu
Direkte Bundessteuer Steuerperiode 1995/96 über Neuerungen für die Land- und
Forstwirtschaft aufgrund des DBG vom 14. Dezember 1990, Ziff. 3; Rich-
ner/Frei/Weber/Brütsch, Zürcher Steuergesetz, Kurzkommentar, 2. A., 1997, § 19 lit. b
N 33 StG). Danach wird ein gemischt genutztes Vermögensobjekt gänzlich demjenigen
Vermögensbereich zugeordnet, dem es überwiegend, d.h. zu mehr als 50% dient. Die
Zuordnung hat nach objektiven Gesichtspunkten unter Würdigung der gesamten Um-
stände und der tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall zu erfolgen (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 18 N 96 DBG; RB 2002 Nr. 97). Neben der technisch-
wirtschaftlichen Funktion des Vermögenswerts kommen als weitere Indizien für die
Abgrenzung die Eigentumsverhältnisse, die buchmässige Behandlung – soweit sie auf
den Willen des Steuerpflichtigen hinweist, den Vermögenswert für geschäftliche bzw.
private Zwecke zu verwenden – und das Erwerbsmotiv in Betracht. Der subjektive Wille
des Steuerpflichtigen ist für sich allein genommen nicht massgebend, sondern nur,
soweit er in der Gesamtheit der tatsächlichen Gegebenheiten auch tatsächlich zum
Ausdruck gebracht und verwirklicht wird (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 18
N 100 DBG). Ansonsten kommt ihm abgesehen von Grenzfällen keine wesentliche
Bedeutung zu. Mit anderen Worten kann der Steuerpflichtige nicht frei wählen, ob ein
Wirtschaftsgut seinem Privatvermögen oder Geschäftsvermögen angehören soll.
b) Bei land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaften hat die Zuordnung zum
Geschäfts- oder Privatvermögen gemäss Ziffer 3.2 des erwähnten Kreisschreibens
Nr. 3 zu erfolgen. Dabei stehen zwei Abgrenzungsmethoden zur Verfügung. Entweder
erfolgt die Zuweisung durch Ermittlung des geschäftlichen Ertragsanteils am gesamten
Liegenschaftenertrag (Methode A) oder durch Ermittlung des Anteils Betriebseinkom-
men (Nettorohertrag) am Gesamtertrag (Liegenschaftsertrag und Betriebseinkommen;
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Methode B). Bei Betrieben in Grenzbereichen wird die Methode B favorisiert (Steuer-
kommission SZ, 11. Juli 2000, StPS 2000, 104 unter Berufung auf ein Empfehlungs-
schreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung, Hauptabteilung direkte Bundessteu-
er, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben vom 6. April 2000). Dabei ist jedoch eine
periodenübergreifende Betrachtung erforderlich, um dauernde Wechsel in der Liegen-
schaftszuordnung zu verhindern. Bei beiden Aufteilungsmethoden sind die Grundstü-
cke samt ihren Bestandteilen (Wohn-, Ökonomiegebäude, Pflanzen) als wirtschaftliche
Einheit zu erfassen. Eine Aufteilung der Grundstücke findet in der Regel nicht statt.
c) Vorliegend ist unbestritten, dass es sich bei den Grundstücken in der
Wohngemeinde in ihrer Gesamtheit um ein gemischt genutztes Wirtschaftsgut handelt,
bei welchem das darauf befindliche Wohnhaus als privat genutzt und die übrigen Teile
als geschäftlich genutzt zu betrachten sind. Uneinigkeit besteht allerdings darüber, ob
die geschäftlich genutzten Teile den privat genutzten Teil überwiegen.
aa) Diesbezüglich berufen sich die Pflichtigen auf eine erstmals im Beschwer-
de-/Rekursverfahren eingereichte Ertragswertschätzung des Zürcher Bauernverbandes
(ZBV) vom 12. März 2008, die eine Liegenschaftszuordnung nach der Methode A er-
möglicht. Darin wurden die jährlichen Mietwerte der Gebäude und Anlagen zusam-
mengefasst wie folgt ermittelt:
Fr./p.a.
Wohnhaus/Scheune Vers.Nr. 1276 (Kat.Nr. 2)
Wohnhaus (privat genutzt) 21‘600
Übrige Gebäudeteile (wie alle nachfolgend aufgeführten Güter ge
schäftlich genutzt: Motorfahrzeuggarage, Heizräume, Werkstätten
Lagerräume, Blumenladen, Binderaum)
4‘843
Betriebsgebäude Vers.Nr. 1278 (Kat.Nr. 2) 13‘240
Gewächshaus sub Vers.Nr. 1278 (Kat.Nr. 2) 5‘835
Folientunnel (Kat.Nr. 1) 1‘719
Wasserbassin (Kat.Nr. 2) 1‘688
Feldschopf Vers.Nr. 1138 (Kat.Nr. 3) 150
Total 49‘075
Rechnet man den Pachtwert des Kulturlandes hinzu, der von den Pflichtigen
auf Fr. 6‘426.- (1‘071 Aren à Fr. 6.-/Are und Jahr) bewertet wird, ergibt sich bezüglich
der Miet- resp. Pachtwerte ein Gesamttotal von Fr. 55‘501.-, wovon im Jahr 2008 ein
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Anteil von Fr. 33‘901.- (61,1%) geschäftlich und ein Anteil von Fr. 21‘600.- (38,9%)
privat genutzt wird. Allenfalls verschiebt sich dieses Wertverhältnis noch um ca. 1,7%
zu Gunsten des Privatvermögens, weil zum Wohnhaus noch ein Schwimmbassin mit
einem geschätzten Mietwert von Fr. 1‘600.- p.a. gehört, das in der Ertragswertschät-
zung des ZBV nicht aufgeführt ist und deshalb im Mietwert des Wohnhauses mutmass-
lich nicht enthalten ist.
bb) Das kantonale Steueramt bestreitet die vom ZBV nach der eidgenössi-
schen Schätzungsanleitung berechneten Mietwerte nicht in grundsätzlicher Weise. Es
wendet aber zu Recht ein, dass sich diese Werte auf die Verhältnisse im Jahr 2008
beziehen, die mit den Verhältnissen in früheren Jahren nicht übereinstimmen, weil der
Pflichtige zwischen 1993 und 2007 sowohl im privaten als auch im geschäftlichen Be-
reich verschiedene bauliche Investitionen tätigte und überdies seinen Grundbesitz ver-
grösserte. Somit muss zur Beantwortung der Frage, ob und seit wann die in den Jah-
ren 1989 und 2007 erworbenen Grundstücke gesamthaft betrachtet überwiegend dem
Privat- oder Geschäftsvermögen angehörten, die eingereichte Ertragswertschätzung
korrigiert werden.
cc) Per 31. Dezember 2007 waren die Verhältnisse gleich wie am
12. März 2008 (Datum der Besichtigung durch den Schätzer des ZBV), weil in der Zwi-
schenzeit laut Auskunft des Bauamts der Wohngemeinde vom 14. November 2012
keine bewilligungspflichtigen Investitionen von grösserem Ausmass getätigt wurden.
Demnach bildeten die Grundstücke per 31. Dezember 2007 Geschäftsvermögen.
dd) Im Jahr 2007 liess der Pflichtige im Scheunenteil des Gebäudes
Vers.Nr. 1278 ein Büro einbauen. Dessen Mietwert beläuft sich laut Schätzung des
ZBV auf Fr. 2‘448.- p.a. Zudem erwarb er im Jahr 2007 das landwirtschaftliche Grund-
stück Kat.Nr. 3 (15‘694 m 2 Land mit Feldscheune). Der jährliche Pachtwert des Landes
(156,4 Aren) beträgt analog zum oben aufgeführten Bewertungsansatz Fr. 938.-. Die
Feldscheune hat einen Mietwert von Fr. 150.- p.a. In den Jahren 2004 bis 2006 erfolg-
ten – mit Ausnahme von zusätzlichen Investitionen von Fr. 33‘457.25 (Jahr 2005) und
Fr. 24‘020.80 (Jahr 2004), die laut Buchhaltung das in den Jahren 2002 und 2003 er-
richtete Baumschulwerkgebäude mit Gewächshaus betrafen – keine weiteren Investiti-
onen. Zieht man die neu hinzugekommenen Miet-/Pachtwerte für Büro, Feldscheune
und Land von insgesamt Fr. 3'536.-, die alle den geschäftlichen Bereich betreffen, vom
Gesamttotal von Fr. 55'501.- per 12. März 2008 ab, resultiert unter Annahme gleicher
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Bewertungsansätze ein Gesamttotal von Fr. 51‘965.- bzw. 53‘565.- (mit Schwimmbad).
Dabei kommt dem geschäftlichen Bereich ein Mietwertanteil von Fr. 30‘365.- (58,4%
bzw. 56.7% mit Schwimmbad) zu, der den privaten Mietwertanteil von Fr. 21‘600.-
(41,6%) bzw. 23‘200.- (43,3% mit Schwimmbad) überwiegt. Die Grundstücke sind so-
mit auch in der Zeit vom 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2006 dem Geschäftsvermö-
gen zuzuordnen, womit die Frage der Zuordnung für die im Streit liegenden Steuerpe-
rioden 2006 und 2007 beantwortet ist. An dieser Zuordnung ändert sich selbst dann
nichts, wenn mit dem kantonalen Steueramt der Umfang der tatsächlich für den Ge-
schäftsbetrieb genutzten Landflächen als im Dunkeln liegend betrachtet wird. Denn
auch bei einer nur hälftigen geschäftlichen Nutzung des Landes überwiegt die ge-
schäftliche Nutzung immer noch mit über 52%. Vorliegend bestehen jedoch keine kon-
kreten Anhaltspunkte, dass ein Teil des nutzbaren Landes anderen als geschäftlichen
Zwecken diente. Dies belegen einerseits die im Gis Browser veröffentlichten histori-
schen orthographischen Bilder für die Jahre 1998, 2002, 2005/2006 und 2008/2010,
wonach mehr als die Hälfte des Landes mit Bäumen, Stauden und dergleichen be-
pflanzt war (www.gis.zh.ch). Andererseits können bei einem Baumschulbetrieb nicht
bepflanzte kulturfähige Arealteile als betriebliche Reserve für eine künftige Nutzung
des Landes angesehen werden. In diesem Sinn stellt auch eine Landreserve Ge-
schäftsvermögen dar (Karl Käfer: in Berner Kommentar, Das Obligationenrecht, Band
VIII, 2. Abteilung, 1976, Art. 957 N 268 OR). Dass ein entsprechender betrieblich moti-
vierter Landbedarf bestand, belegt die Zupacht von 33 Aren Land und der Zukauf des
Grundstücks Kat.Nr. 3 im Jahr 2007. Ein anderes Erwerbsmotiv als die geschäftliche
Nutzung des gesamten produktiv nutzbaren Landes ist bezüglich der in der Wohnge-
meinde gelegenen Grundstücke vor dem Hintergrund der seit Jahrzehnten ausgeübten
Gartenbautätigkeit nicht ernsthaft vorstellbar.
ee) Einigermassen ausgeglichen waren die Nutzungsverhältnisse gemäss der
Methode A einzig vor Bezugsbereitschaft des Baumschulwerkgebäudes und des Fo-
lientunnels (ca. per 31. Dezember 2003). Da er die Grundstücke Kat.Nrn. 1 und 2 je-
doch seit 1997 unverändert für seinen eigenen Bauschulbetrieb nutze und in erster
Linie auch zu diesem Zweck erworben hatte, ist die Auffassung des Pflichtigen, dass
die Grundstücke bereits ab 1997 Geschäftsvermögen bildeten, nicht offensichtlich un-
haltbar.
ff) Auf eine Wertbestimmung gemäss Methode B muss im vorliegenden Fall
verzichtet werden, da diese wie erwähnt eine periodenübergreifende Betrachtungswei-
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se verlangt, die im vorliegenden Fall nicht möglich ist, da nur die Jahresrechnungen
2005 bis 2007 bei den Akten liegen und die Jahresrechnungen 2006 und 2007 hin-
sichtlich der Kassabuchführung mit formellen Mängeln behaftet sind.
5. Da in der Jahresrechnung 2006 der Grundbesitz in der Wohngemeinde
nicht enthalten ist bzw. der Pflichtige nur die nach dem Erwerb getätigten Investitionen
(hauptsächlich die Kosten für die Erstellung des Gewächshauses Vers.Nr. 1278) akti-
viert hat, stellt sich weiter die Frage, ob eine nachträgliche Korrektur der Bilanz über-
haupt noch zulässig sei.
a) Die Handelsbilanz stellt nur dann eine taugliche Grundlage für die Steuer-
erhebung dar, wenn sie nach den zwingenden handelsrechtlichen Vorschriften ord-
nungsgemäss zustande gekommen ist. Darüber, was handelsrechtskonform und han-
delsrechtswidrig ist, entscheidet das Obligationenrecht in seinen allgemeinen
Bestimmungen über die kaufmännische Buchführung (Art. 957 ff. OR) oder in den spe-
ziellen Vorschriften des Gesellschaftsrechts, insbesondere des Aktienrechts
(Art. 662 ff. OR). Nur eine mit diesen Regeln übereinstimmende, handelsrechtskonfor-
me Handelsbilanz kann überhaupt je Grundlage der Steuerveranlagung sein. Buchun-
gen jeglicher Art, die diesen Bestimmungen widersprechen, sind demzufolge auch
steuerrechtlich unbeachtlich (StRK I, 31. August 1998, I 32/1997; 15. April 2003,
1 ST.2002.56; 21. November 2006, 1 ST.2006.174, auch zum Folgenden). Die Ver-
bindlichkeit der Jahresrechnung entfällt nur insoweit, als diese gegen zwingende Vor-
schriften des Handelsrechts verstösst oder steuerrechtliche Korrekturvorschriften zu
beachten sind.
Dürfen aber eine im Steuerveranlagungsverfahren eingereichte Bilanz und
Erfolgsrechnung nach dem Gesagten nicht gegen zwingende Vorschriften des Han-
delsrechts verstossen, muss es umgekehrt auch möglich sein, handelsrechtswidrige
Ansätze durch handelsrechtskonforme zu ersetzen. Solange die Veranlagung nicht
in Rechtskraft erwachsen ist – und in beschränktem Mass auch darüber hinaus in
den Folgejahren – hat der Steuerpflichtige deshalb das Recht, den eingereichten
Geschäftsabschluss zu berichtigen, sofern es darum geht, einen Verstoss gegen
zwingende Grundsätze ordnungsgemässer Buchführung zu beseitigen (vgl. VGr,
25. September 2002 = ZStP 2002 Nr. 38; Markus Berger, Probleme der Bilanzberichti-
gung, ASA 70, 539, 548).
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Im Unterschied zu einer solchen Bilanzberichtigung liegt eine Bilanzänderung
vor, wenn handelsrechtskonforme Bewertungen durch andere, ebenfalls handelsrecht-
lich zulässige Werte ersetzt werden. Dies ist grundsätzlich bis Eintritt der Rechtskraft
einer Veranlagung möglich, sofern die Änderung handelsrechtlich zulässig und nach-
träglich auch verbucht worden ist (StE 1985 B 24.4 Nr. 4). Allerdings sind bei der steu-
errechtlichen Berücksichtigung einer Bilanzänderung Grenzen zu ziehen. Sie verlaufen
dort, wo der Grundsatz von Treu und Glauben verletzt wird. Wenn der Steuerkommis-
sär bereits umfangreiche Abklärungen getroffen hat oder sich die Einschätzung im
Rechtsmittelverfahren befindet, hat der Steuerpflichtige Jahresrechnungen, welche
wegen blosser Nachlässigkeit unrichtig – aber handelsrechtlich noch zulässig – sind,
gegen sich gelten zu lassen. Er kann nicht eine unangenehme steuerliche Aufrechnung
des Steuerkommissärs durch eine Bilanzänderung in einer neuen Jahresrechnung
neutralisieren. Bei Bilanzberichtigungstatbeständen hingegen kann diese Einschrän-
kung nicht gelten (Walter Frei, Bilanzänderung und Bilanzberichtigung im Zürcher
Steuerrecht, ZStP 1994, S. 247 f.).
b) Da die im Jahr 1989 erworbenen und ab 1997 vom Pflichtigen selber be-
wirtschafteten Grundstücke in der Wohngemeinde Geschäftsvermögen darstellen, wi-
derspricht die Buchführung des Pflichtigen zumindest ab den Jahren 2002 (Investitio-
nen für Gewächshaus etc.) den handelsrechtlichen Vorschriften, weil
Geschäftsvermögen in der Handelsbilanz ausgewiesen sein muss. Dabei ist es seit
1995 nicht mehr zulässig, bei gemischter Nutzung von Vermögensobjekten nur Teile
dieses Vermögens, im vorliegenden Fall die nach dem Erwerb getätigten geschäftli-
chen Investitionen, in die Bilanz aufzunehmen. Da der Pflichtige die Auffassung vertritt,
dass die Grundstücke Kat.Nrn. 1 und 2 bereits seit 1997 Geschäftsvermögen darstel-
len, hätte er diese bereits im Jahr 1997, spätestens aber mit der Vornahme geschäftli-
cher Investitionen in die Bilanz aufnehmen müssen. Ferner ist anzumerken, dass das
kantonale Steueramt bereits mit der Aktivierung der Erstellungskosten für das Ge-
wächshaus Gelegenheit gehabt hätte, die Buchführung des Pflichtigen zu hinterfragen,
weil in den Jahresrechnungen keine Grundstücke im Geschäftsvermögen aufgeführt
waren, obwohl der Pflichtige solche besass und bekanntermassen auch tatsächlich
geschäftlich nutzte. Unter diesen Umständen kann aus dem Deklarationsverhalten
nicht zwingend gefolgert werden, dass der Pflichtige die streitbetroffenen Grundstücke
(ohne Zusatzinvestitionen) im Privatvermögen halten wollte. Denn die Buchführung
entsprach in dieser Form nicht einmal der früher geltenden Wertzerlegungsmethode.
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Unter diesen Umständen liegt die Wahrscheinlichkeit nahe, dass sich der Pflichtige
über die Zugehörigkeit der Grundstücke zum Privat- oder Geschäftsvermögen im da-
maligen Zeitpunkt keine Gedanken machte. Dass die betreffenden Grundstücke von
1989 bis 2005 immer im Privatvermögen deklariert wurden und der Pflichtige bei der
Aufnahme seines eigenen Betriebs (1997) und bei der Betriebserweiterung (Investitio-
nen ab 2002) keine Anstalten traf, an diesem Deklarationsverhalten etwas zu ändern,
sondern dies erst zu einem Zeitpunkt tat, als sich die Betriebsübergabe an den Sohn
zum Ertragswert und damit auch ein enormer Kapitalverlust bereits abzeichneten, mag
zwar aus der Sicht der Steuerbehörde als fragwürdig erscheinen. Jedoch kann dem
Pflichtigen dabei kein treuwidriges Verhalten vorgeworfen werden, da die Zuordnung
zum Privat- oder Geschäftsvermögen nach dem Gesagten nicht nach dem freien Wil-
len des Pflichtigen erfolgen kann, wenn wie hier, zumindest ab 1. Januar 2004 die ge-
schäftliche Nutzung deutlich überwiegt. Dabei kann es keine Rolle spielen, welche
steuerlichen Interessen (z.B. Abschreibungen, künftige Geltendmachung eines Kapital-
verlusts) der Pflichtige mit der Änderung seines Deklarationsverhaltens verfolgt. Erlei-
det der Pflichtige mit dem Ausscheiden der Grundstücke aus seinem Vermögen einen
Kapitalverlust, kann es ihm für den Fall, dass tatsächlich Geschäftsvermögen vorliegt,
nicht verübelt werden, wenn er jene Abschreibungen und Werteinbussen, die ihm in
den verbleibenden Steuerperioden bis zum Ausscheiden des Wirtschaftsguts noch
zustehen, geltend macht. Immerhin hat er es versäumt, in den Steuerperioden von
1997 bis 2005 geschäftsmässig begründete Abschreibungen geltend zu machen. Ob
und inwieweit Werteinbussen und Abschreibungen nachträglich noch geltend gemacht
werden können, ist nachfolgend zu erörtern.
6. a) Gemäss Art. 960 Abs. 2 OR sind alle Aktiven höchstens nach dem Wert
anzusetzen, der ihnen im Zeitpunkt, auf welchen die Bilanz errichtet wird, für das Ge-
schäft zukommt. Sachanlagegüter, wie die hier zur Diskussion stehenden Liegenschaf-
ten, werden in der Regel nach dem so genannten Fortführungswert bilanziert. Weglei-
tend ist somit der Wert, der dem Aktivum für den Betrieb durch den weiteren Gebrauch
während der voraussichtlichen Nutzungsdauer zukommt (StE 1990 B 72.14.2 Nr. 10
und 1994 B 72.14.2 Nr. 16). Unter Abschreibung versteht man die gewinnmindernde
Herabsetzung des Ertragssteuerwerts eines Aktivums auf den massgebenden Bilanz-
wert (RB 1986 Nr. 40 = StE 1987 B 23.43.2 Nr. 4; Reimann/Zuppinger/Schärrer, Kom-
mentar zum Zürcher Steuergesetz, 2. Band, 1963, § 19 lit. b N 181 mit Hinweisen,
auch zum Folgenden). Während der Grund ordentlicher Abschreibungen in der mehr
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2 DB.2011.122 + 123 2 ST.2011.188 + 189
oder weniger planmässigen Entwertung des betreffenden Gegenstands liegt, beruhen
so genannte ausserordentliche Abschreibungen auf aussergewöhnlichen, geschäfts-
planwidrigen Ereignissen und sind dazu bestimmt, die dadurch eingetretenen Wert-
verminderungen auszugleichen (Reimann/Zuppinger/Schärrer, § 19 lit. b N 200). Letz-
tere können u.a. geboten sein, wenn eine Liegenschaft überzahlt worden ist oder wenn
ein Gebäude durch besondere Umstände den ursprünglichen Verwendungszweck ver-
liert (Reimann/Zuppinger/Schärrer, § 19 lit. b N 231). Art. 28 Abs. 1 DBG erklärt Ab-
schreibungen für zulässig, sofern sie buchmässig oder, wenn eine kaufmännische
Buchhaltung fehlt, in besonderen Abschreibungstabellen ausgewiesen sind. In der Re-
gel werden Abschreibungen nach dem tatsächlichen Wert der einzelnen Vermögenstei-
le berechnet oder nach ihrer voraussichtlichen Gebrauchsdauer angemessen verteilt
(Abs. 2). Für land- und forstwirtschaftliche Betriebe, wozu der Betrieb des Pflichtigen
gehört, gelten spezielle Abschreibungsregeln (Merkblatt A/1993 über Abschreibungen
auf dem Anlagevermögen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe). Im kantonalen
Recht bestehen keine entsprechenden Vorschriften.
b) Die Unterlassung einer dergestalt notwendigen und damit vom Gesetz ge-
forderten Abschreibung stellt einen Vorgang dar, der zu einer Bilanzberichtigung zwingt
(BGr, 16. Juni 2006, StE 2007 B 72.11 Nr. 14). In ihrer nachträglichen Berücksichti-
gung liegt demnach trotz eines möglicherweise fortgeschrittenen Verfahrensstadiums
kein Verstoss gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Entgegen der Auffassung
des kantonalen Steueramts sind deshalb Abschreibungen auf den Grundstücken des
Pflichtigen in grundsätzlicher Hinsicht zu berücksichtigen, auch wenn die Abschreibun-
gen in der Jahresrechnung 2006 nicht offen verbucht worden sind. Immerhin wurde
dieser Mangel in einem Beiblatt zur Jahresrechnung 2006, welches eine Abschrei-
bungstabelle enthielt, behoben. In der Jahresrechnung 2007 sind die Abschreibungen
offen ausgewiesen worden.
c) Fraglich erscheint jedoch, ob die vorgenommenen Abschreibungen be-
tragsmässig geschäftlich begründet sind. Diese Frage hängt einerseits vom Einbu-
chungswert, andererseits aber auch von den beanspruchten Abschreibungssätzen ab.
aa) Der Pflichtige setzte den Fortführungswert der Grundstücke Kat.Nrn. 1
und 2 (ohne die nachträglich vorgenommenen Investitionen) per 1. Januar 2006 auf Fr.
2‘200‘000.- fest, wobei er Boden- und Gebäudewerte vorschriftsgemäss gesondert
auswies. Den Bodenwert bezifferte er auf Fr. 950‘000.-. Den Wert des Wohnhauses
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2 DB.2011.122 + 123 2 ST.2011.188 + 189
schätzte er auf Fr. 650‘000.-. Den Wert des alten Ökonomiegebäudes ohne nachträgli-
che Investitionen (z.B. Büroeinbau) und ohne das erst im Jahr 2002/2003 erstellte
Baumschulwerkgebäude mit Gewächshaus setzte er auf Fr. 600‘000.- fest. Als Ab-
schreibungssatz wählte er beim Wohnhaus 2% und beim Ökonomiegebäude 6%.
bb) Demgegenüber vertritt das kantonale Steueramt für den Fall, dass die
Grundstücke wider Erwarten Geschäftsvermögen darstellen, die Auffassung, dass
überhaupt kein Abschreibungsbedarf bestehe, da die Einbuchung zum Abtretungswert
von Fr. 621‘000.- hätte erfolgen müssen. Folgedessen handle es sich bei den geltend
gemachten Abschreibungen bei richtiger Betrachtung um die aperiodische Nachholung
für längst abgelaufene Steuerperioden.
cc) Der Auffassung des kantonalen Steueramts, dass sämtliche Grundstücke
zum Ertragswert in die Eingangsbilanz hätten aufgenommen werden müssen, kann
nicht gefolgt werden, da der nach der eidgenössischen Schätzungsanleitung ermittelte
Ertragswert nicht dem Fortführungswert der Grundstücke entspricht. Als Fortführungs-
wert gilt vielmehr jener Wert, den der aktuelle Betreiber der fraglichen Liegenschaft
beifügt (Kaspar Fierz, Der Schweizer Immobilienwert, 5.A., 2005, S. 257), wobei aber
in diesem Zusammenhang zusätzlich auch noch die den Verkehrswert dämpfenden
Bestimmungen des bäuerlichen Bodenrechts zu beachten sind. Beim Fortführungswert
kommt es massgeblich auf das nachhaltige Ertragspotential der Liegenschaft an. In der
Regel liegt der Fortführungswert bzw. der nach dem bäuerlichen Bodenrecht höchstzu-
lässig erzielbare Preis erheblich über dem landwirtschaftlichen Ertragswert. Dies ergibt
sich schon aufgrund der Tatsache, dass der Pflichtige im Jahr 2007 das Grundstück
Kat.Nr. 3 zum Preis von Fr. 162‘000.- erwerben konnte, obwohl dessen Ertragswert nur
Fr. 7‘585.- betrug. Somit kommt dem Ertragswert bei der Festsetzung des Buchwerts
keine Bedeutung zu.
dd) Umgekehrt ist nicht bewiesen, dass den im Jahre 1989 erworbenen
Grundstücken Kat.Nrn. 1 und 2 (ohne nachträgliche Investitionen) per 1. Januar 2006
ein Fortführungswert von Fr. 2‘200‘000.- zukommt. Da die Grundstücke Kat.Nrn. 1 und
2 nach Auffassung des Pflichtigen schon seit Beginn der geschäftlichen Nutzung in die
Buchhaltung hätten aufgenommen werden müssen, geht es nicht an, als Einbu-
chungswert den landwirtschaftlich zu erzielenden Höchstwert der Grundstücke (ohne
nachträgliche Investitionen) per 1. Januar 2006 geltend zu machen. Zur Berechnung
des Einbuchungswerts und der ordentlichen Abschreibungsrate in den streitbetroffenen
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Geschäftsjahren 2006 und 2007 ist vielmehr von einer Abschreibung seit Beginn der
geschäftlichen Nutzung per 1. Januar 1997 auszugehen, da die Abnutzung stetig auf
die Nutzungsdauer zu verteilen ist.
ee) Diesbezüglich ergibt sich bezüglich der Grundstücke Kat.Nrn. 1 und 2 Fol-
gendes:
Der vom Pflichtigen angenommene Landwert von Fr. 950‘000.- (rund
Fr. 10.-/m 2 ) per 1. Januar 2006 erweist sich als angemessen, da der Pflichtige im Jahr
2007 in unmittelbarer Nähe der streitbetroffenen Grundstücke weiteres Land für rund
Fr. 10.-/m 2 erworben hat. Bei Beginn der geschäftlichen Nutzung per 1. Januar 1997
waren die Verhältnisse nicht wesentlich anders. Erwerbspreise von über Fr. 20.-/m 2 ,
die dem Erwerbspreis im Jahr 1989 zugrunde lagen, waren seit Inkrafttreten des Bun-
desgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht per 1. Januar 1994 nicht mehr erzielbar.
Da Grund und Boden nicht abnützbar sind, sind auf dem Landwert keine Abschreibun-
gen zu berücksichtigen.
Der Gebäudewert (Neubauwert) des Wohnhauses (Baujahr 1910, Um-
bau 1993/1994) belief sich laut Schätzung der Gebäudeversicherung vom
10. Mai 1994 per 1. Januar 1997 auf Fr. 897‘750.- (Basiswert Fr. 105‘000.-; Teilungs-
faktor per 1. Januar 1997: 855). Nach Abzug einer Altersentwertung von rund 30%
kommt dem Wohnhaus per 1. Januar 1997 ein Zeitwert von rund Fr. 628‘000.- zu. Zu
diesem Gebäudewert ist noch ein geschätzter Betrag von Fr. 60‘000.- für nicht versi-
cherte Werte sowie Umgebungs- und Erschliessungskosten hinzuzurechnen, so dass
dem Wohnhaus per 1. Januar 1997 insgesamt ein Wert von Fr. 688‘000.- zukommt.
Bei einem Abschreibungssatz von 2% und 9 Abschreibungsraten von 1997 bis 2005
(Multiplikator 0.98 9 = 0,8337478) ergibt sich auf dieser Basis per 1. Januar 2006 ein
Buchwert von Fr. 573‘618.-. Die Abschreibungen für die streitbetroffenen Steuerjahre
belaufen sich somit auf Fr. 11‘472.- (2006) und Fr. 11‘243.- (2007).
Der Gebäudewert für die Scheune (Vers.Nr. 1278) ist im baulichen Zustand
per 1. Januar 1997, d.h. ohne nachträgliche Investitionen zu ermitteln, da der Pflichtige
diese bereits aktiviert hat. Gebäudeversicherungsunterlagen liegen nicht bei den Ak-
ten. Es liegt jedoch nahe, dass die Schätzungen für die Scheune und für das Wohn-
haus am gleichen Tag, d.h. am 22. Mai 1979 erfolgten. Dabei wurde ein Versiche-
rungswert von Fr. 193‘000.- ermittelt, so dass beim damals von der
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2 DB.2011.122 + 123 2 ST.2011.188 + 189
Gebäudeversicherung verwendeten Teilungsfaktor von 530 ein Basiswert (1939) von
rund Fr. 36‘000.- resultiert. Für die nachfolgende Zeitperiode bis zum 1. Januar 1997
sind keine baulichen Veränderungen aktenkundig. Somit dürfte dieser Basiswert auch
noch am 1. Januar 1997 Bestand gehabt haben. Multipliziert mit dem Teilungsfaktor
von 855 resultiert per 1. Januar 1997 ein Neubauwert von Fr. 307‘800.-. Davon sind ein
Abzug für Altersentwertung von Fr. 92‘340.- (ca. 30%) und ein Zuschlag von
Fr. 20‘000.- für Umgebungs- und Erschliessungskosten zu erheben. Mithin beläuft sich
der geschätzte Gebäudewert für die Scheune (ohne nachträgliche Investitionen) per
1. Januar 1997 auf rund Fr. 235‘000.-. Bei einem Abschreibungssatz von 6%, der dem
Merkblatt A/1993 über Abschreibungen auf dem Anlagevermögen land- und forstwirt-
schaftlicher Betriebe entspricht, und 9 Abschreibungsraten von 1997 bis 2005 (Multipli-
kator 0.94 9 = 0,5729948) ergibt sich auf dieser Basis per 1. Januar 2006 ein Buchwert
von Fr. 134‘654.-. Die Abschreibungen für die streitbetroffenen Steuerjahre belaufen
sich somit auf Fr. 8‘079.- (2006) und Fr. 7‘594.- (2007).
ff) Die in den Jahren 1997 bis 2005 unterlassenen Abschreibungen sind nicht
von Amtes wegen nachzuholen. Aus handelsrechtlicher Sicht sind zwar zu Unrecht
unterlassene Abschreibungen nachzuholen (Berger, S. 557 ff., auch zum Folgenden).
Steuerlich kommt aber nur eine gewinnsteuerneutrale Korrektur in Frage. Anders zu
entscheiden hiesse, handelsrechtswidrige, willkürliche Aufwandverschiebungen steuer-
lich zu belohnen. Die Praxis lässt die Nachholung immerhin zu, wenn Steuerpflichtige
den Nachweis leisten, dass in früheren Jahren infolge ungünstiger Geschäftsabschlüs-
se solche nicht vorgenommen werden konnten. Solche Umstände macht der Pflichtige
jedoch nicht geltend.
gg) Da feststeht, dass in der steueramtlichen Schätzung der Einkünfte aus
selbständiger Erwerbstätigkeit die notwendigen ordentlichen Abschreibungen für das
Wohnhaus und die Scheune (ohne nachträgliche Investitionen) nicht enthalten sind
und die Abschreibungen im Verhältnis zur Gewinnaufrechnung infolge ungenügender
Kassabuchführung betragsmässig (Fr. 19‘551 im Jahr 2006; Fr. 18‘837 im Jahr 2007)
erheblich sind, erweisen sich die Schätzungen des kantonalen Steueramts als offen-
sichtlich zu hoch. Sie sind deshalb zu korrigieren, indem die Einkünfte aus selbständi-
ger Erwerbstätigkeit in der Steuerperiode 2006 von Fr. 150‘000.- auf Fr. 130‘449.- und
in der Steuerperiode 2007 von Fr. 170‘000.- auf Fr. 151‘163.- herabzusetzen sind.
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7. Weil das Wohnhaus nach dem Gesagten zum Geschäftsvermögen gehört,
sind die vom Pflichtigen geltend gemachten Pauschalabzüge von je Fr. 3‘600.- auf dem
Eigenmietwert beim steuerbaren Einkommen aufzurechnen. Ferner können pauschale
Vermögensverwaltungskosten nur auf dem Wertschriftenvermögen ohne Geldkonti
geltend gemacht werden. Da das Vermögen der Pflichtigen zur Hauptsache aus Bank-
guthaben besteht, sind dem Einschätzungsvorschlag des kantonalen Steueramts, Divi-
sion Bücherrevision, folgend die abzugsfähigen Vermögensverwaltungskosten auf je
Fr. 100.- pro 2006 und 2007 (statt Fr. 200.- pro 2006 resp. Fr. 250.- pro 2007 laut Ein-
spracheentscheiden) festzusetzen.
8. Aufgrund der vorstehenden Ausführungen sind die Rechtsmittel teilweise
gutzuheissen und die Veranlagungen resp. Einschätzungen für die Steuerperio-
den 2006 und 2007 wie folgt abzuändern:
Direkte Bundessteuer 2006
steuerbares Einkommen lt. Einspracheentscheid 170‘059
Selbständige Erwerbseinkünfte, geschätzt nach pflichtge-
mässem Ermessen gemäss Art. 130 Abs. 2 DGB
130‘449
statt gemäss Einspracheentscheid -150‘000 -19‘551
Aufrechnung Pauschalabzug auf Eigenmietwert Wohnhaus 3‘600
Abzugsfähige Vermögensverwaltungskosten 100
statt gemäss Einspracheentscheid -200 100
steuerbares Einkommen 154‘208
steuerbares Einkommen abgerundet 154‘200
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2 DB.2011.122 + 123 2 ST.2011.188 + 189
Staats- und Gemeindesteuern 2006
steuerbares Einkommen lt. Einspracheentscheid 170‘659
Selbständige Erwerbseinkünfte, geschätzt nach pflichtge-
mässem Ermessen gemäss § 139 Abs. 2 StG
130‘449
statt gemäss Einspracheentscheid -150‘000 -19‘551
Aufrechnung Pauschalabzug auf Eigenmietwert Wohnhaus 3‘600
Abzugsfähige Vermögensverwaltungskosten 100
statt gemäss Einspracheentscheid -200 100
steuerbares Einkommen 154‘808
steuerbares Einkommen abgerundet 154‘800
steuerbares Vermögen laut Einspracheentscheid 1‘393‘000
Direkte Bundessteuer 2007
Steuerbares Einkommen lt. Einspracheentscheid 189‘904
Selbständige Erwerbseinkünfte, geschätzt nach pflichtge-
mässem Ermessen gemäss Art. 130 Abs. 2 DGB
151‘163
statt gemäss Einspracheentscheid -170‘000 -18‘837
Aufrechnung Pauschalabzug auf Eigenmietwert Wohnhaus 3‘600
Abzugsfähige Vermögensverwaltungskosten 100
statt gemäss Einspracheentscheid -250 150
steuerbares Einkommen 174‘817
steuerbares Einkommen abgerundet 174‘800
Staats- und Gemeindesteuern 2007
Steuerbares Einkommen lt. Einspracheentscheid 190‘504
Selbständige Erwerbseinkünfte, geschätzt nach pflichtge-
mässem Ermessen gemäss § 139 Abs. 2 StG
151‘163
statt gemäss Einspracheentscheid -170‘000 -18‘837
Aufrechnung Pauschalabzug auf Eigenmietwert Wohnhaus 3‘600
Abzugsfähige Vermögensverwaltungskosten 100
statt gemäss Einspracheentscheid -250 150
steuerbares Einkommen 175‘417
steuerbares Einkommen abgerundet 175‘400
steuerbares Vermögen laut Einspracheentscheid 1‘159‘000
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2 DB.2011.122 + 123 2 ST.2011.188 + 189
9. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens zu 3/4 den Pflichtigen
und zu 1/4 der Beschwerdegegnerin/Rekursgegner aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG,
§ 151 Abs. 1 StG). Dass die entscheidenden Unterlagen (Ertragswertschätzung des
ZBV), die zur teilweisen Gutheissung der Rechtsmittel führten, erst im Beschwerde-/
Rekursverfahren eingereicht wurden, wirkt sich bei der Kostenverteilung schon deshalb
nicht aus, weil das kantonale Steueramt im Beschwerde-/Rekursverfahren nach
Kenntnisnahme davon keine Veranlassung hatte, seine Einschätzungen zu revidieren.
Mithin wäre es, wollte man den Pflichtigen in dieser Hinsicht ein pflichtwidriges Verhal-
ten unterstellen, weil sie diese Unterlagen nicht bereits früher eingereicht hatten, ohne-
hin zum vorliegenden Rechtsmittelverfahren gekommen.
Da die Pflichtigen mit ihren Anträgen zu rund 75% unterlagen, rechtfertigt es
sich nicht, den Pflichtigen eine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 144
Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren
vom 20. Dezember 1968; § 152 StG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 des Verwaltungs-
rechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
50c5940e-6c7e-4f92-8ddf-34bd981af7ce | hat sich ergeben:
A. 1. C war Inhaber der D, E, und verstarb am 27. November 2005. Er hinter-
liess als gesetzliche Erbinnen seine beiden Töchter A (nachfolgend die Pflichtige) so-
wie F. Mit der Pflichtigen hatte er im Jahr 1999 einen Erbverzichtsvertrag abgeschlos-
sen und ihr dabei für den Erbverzicht verschiedene Gegenleistungen zugesichert.
Nach seinem Ableben ergab sich, dass er noch kurz vor seinem Tod sein Testament
derart geändert hatte, dass die Pflichtige einen Teil dieser Gegenleistungen gefährdet
sah. In der Folge kam es zwischen der Pflichtigen und ihrer Schwester zu Differenzen
über die Gültigkeit des Erbverzichtsvertrags. Mit dem Abschluss eines Erbteilungsver-
trags am 1. November 2006 konnten diese Differenzen bereinigt werden.
In der Steuererklärung 2006 deklarierte die Pflichtige ein steuerbares Ein-
kommen von Fr. 81'200.- (Staats- und Gemeindesteuern) bzw. Fr. 91'000.- (direkte
Bundessteuer). Darin enthalten war ein Ertrag aus der unverteilten Erbschaft ihres Va-
ters von Fr. 107'185.-. Bei diesem Betrag handelte es sich um Zinsen von Fr. 190'000.-
aus Nachlasswerten, reduziert um Fr. 82'814.- Anwalts- und Treuhandkosten, welche
im Zusammenhang mit den Differenzen zwischen ihr und ihrer Schwester angefallen
waren.
2. Am 23. Juni 2008 schätzte sie der Steuerkommissär für die Steuerperiode
2006 wie folgt ein:
Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
Fr. Fr.
steuerbares Einkommen 189'600.- 217'000.-
satzbest. Einkommen 205'900.-
steuerbares Vermögen ...
satzbest. Vermögen ...
Dabei erhöhte er das steuerbare Einkommen u.a. um Fr. 30'000.- zusätzlichen
Zinsertrag aus dem Nachlass und liess die Anwalts- und Treuhandkosten von
Fr. 82'814.- nicht zum Abzug zu. Zudem erhöhte er den Eigenmietwert einer Liegen-
schaft in G.
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1 ST.2008.377 1 DB.2008.229
Die Veranlagung der direkten Bundessteuer wurde mit Steuerrechnung vom
25. Juli 2008 formell eröffnet.
B. Hiergegen liess die Pflichtige am 21. Juli bzw. 8. August 2008 Einsprache
erheben mit dem Antrag, die Nachlasskosten zum Abzug zuzulassen sowie den Miet-
wert für die Liegenschaft in G gemäss Steuererklärung festzusetzen.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen am 29. Oktober 2008 ab. Es
erwog u.a., die geltend gemachten Anwalts- und Treuhandkosten seien unter keinem
Titel abzugsfähig, insbesondere auch nicht als Vermögensverwaltungskosten, da es
beim Erbschaftsstreit nicht um die Verwaltung des Nachlasses, sondern um dessen
Vermehrung gegangen sei. Der deklarierte Eigenmietwert der Liegenschaft in G sei um
den Eigenmietwert der dazugehörigen zwei Autoabstellplätze zu erhöhen und daher
korrekt festgesetzt worden.
C. Mit Rekurs bzw. Beschwerde vom 20./21. November 2008 liess die Pflichti-
ge folgende Einschätzungen beantragen:
Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
Fr. Fr.
steuerbares Einkommen 83'960.- 93'836.-
satzbest. Einkommen 93'060.-
steuerbares Vermögen ...
satzbest. Vermögen ...
In der Begründung legte sie ausführlich die Bemühungen dar, welche die strei-
tigen Anwaltskosten verursacht und in den Abschluss des Teilvertrags vom
1. November 2006 gemündet hatten. Der Abzug dieser Aufwendungen als Gewin-
nungskosten sei gesetzmässig und daher zuzulassen. Zudem verlangte sie die Durch-
führung einer mündlichen Anhörung ihres Vertreters und die Zusprechung einer Partei-
entschädigung.
Das kantonale Steueramt schloss am 16. Januar 2009 auf Abweisung der
Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen.
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1 ST.2008.377 1 DB.2008.229 | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. a) Die Pflichtige verlangt die mündliche Anhörung ihres Vertreters durch die
Steuerrekurskommission.
Das Rekurs-/Beschwerdeverfahren ist grundsätzlich schriftlich (§ 147 f. des
Steuergesetzes vom 8. Juni 1997, StG sowie Art. 140 ff. des Bundesgesetzes über die
direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990, DBG). Ein Anspruch auf Durchführung
einer mündlichen Verhandlung besteht nur anstelle eines zweiten Schriftenwechsels
zur Wahrung des rechtlichen Gehörs; ferner kann eine solche zur schnelleren und bes-
seren Abklärung des Sachverhalts in Frage kommen. Dabei steht es im Ermessen der
Rekurs-/Beschwerdeinstanz, ob sie eine mündliche Verhandlung anordnen oder wei-
terhin auf schriftlichem Weg verkehren will. Vorliegend sind die Voraussetzungen für
einen zweiten Schriftenwechsel nicht erfüllt und auch sonst keine Umstände für eine
Vorsprache der Pflichtigen ersichtlich, weshalb der entsprechende Antrag abzuweisen
ist.
b) Die Pflichtige ficht mit dem Rekurs den Einspracheentscheid (formell) nicht
nur bezüglich des steuerbaren Einkommens sondern auch hinsichtlich des steuerbaren
und satzbestimmenden Vermögens an, indem sie letztere Werte je um rund
Fr. 53'000.- höher festgesetzt haben will. In der Begründung äussert sie sich zu dieser
Höhereinschätzung jedoch mit keinem Wort. Da die beantragten Beträge auch nicht
der Deklaration entsprechen – die dortigen Werte sind nochmals höher als mit dem
Rekurs verlangt –, ist nicht ersichtlich, worauf sie damit im Rekurs hinaus will.
Die Vermögenswerte wurden von der Vorinstanz korrekt ermittelt. Insbesonde-
re enthält das satzbestimmende Vermögen auch den Steuerwert der beiden Garagen-
plätze der ausserkantonalen Liegenschaft in G von Fr. 53'000.- (vgl. Hilfsblatt), sodass
eine nochmalige Berücksichtigung dieser Werte ausser Betracht fiele.
Auf den Rekurs ist daher bezüglich des steuerbaren und satzbestimmenden
Vermögens nicht weiter einzugehen.
c) Die Pflichtige bzw. ihr Vertreter beantragt hinsichtlich der Staats- und Ge-
meindesteuern Einkommensfaktoren, die um Fr. 105'738.- bzw. Fr. 112'891.- und be-
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1 ST.2008.377 1 DB.2008.229
züglich der direkten Bundessteuer um Fr. 123'245.- unter denjenigen der Einsprache-
entscheide liegen. In der Begründung beanstandet sie indessen nur die Aufrechnung
der streitigen Anwalts- und Treuhandkosten von Fr. 82'814.-, ohne auszuführen, in
welchen andern (ebenfalls korrigierten) Punkten die Einspracheentscheide ihrer Mei-
nung nach weiter zu korrigieren sind.
Sowohl die Einkünfte als auch die übrigen Abzüge wurden von der Vorinstanz
gesetzmässig festgesetzt. Die Überprüfung der Einschätzungen ist daher auf die fragli-
chen Anwalts- und Treuhandkosten von Fr. 82'814.- zu beschränken, sodass auf den
Rekurs bzw. die Beschwerde darüber hinaus nicht weiter einzugehen ist.
2. a) Die Zulässigkeit eines Abzugs ergibt sich aus den gesetzlichen Bestim-
mungen zur Ermittlung des Reineinkommens (§§ 25 ff. StG bzw. Art. 25 ff. DBG [not-
wendige Aufwendungen] und §§ 31 f. StG bzw. Art. 33 DBG [allgemeine Abzüge]).
Andere Abzüge sind für die Festlegung des Reineinkommens (Nettoeinkommen) nicht
zulässig (Art. 9 Abs. 4 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten
Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990, StHG).
Die Kosten für Rechtsstreitigkeiten, z.B. Anwalts- oder sonstige Beratungs-
und Vertreterkosten, die in den privaten Bereich fallen, gehören grundsätzlich zu den
nicht abzugsfähigen Lebenshaltungskosten (StRK III, 4. November 1998, 59/1997).
Ausnahmsweise werden sie zu den Kosten der Verwaltung von Privatvermögen ge-
mäss § 30 bzw. Art. 32 DBG gerechnet, wie zum Beispiel entsprechende Liegen-
schaftsverwaltungskosten. Als Unterhalts- und Verwaltungskosten sind Prozess- und
Anwaltskosten nur abzugsfähig, wenn sie der Erhaltung des bisherigen Rechtszu-
stands und damit des Werts eines Vermögensgegenstands dienen (RB 1988 Nr. 31,
auch zum Folgenden). Diese Konstellation liegt nicht vor bei Kosten, die ein Steuer-
pflichtiger aufwendet, um im Prozess gegen Miterben seine Erbunwürdigkeit abzuwen-
den und dadurch seinen Erbanteil zu erhalten. Denn es geht dabei nicht um den Erhalt
des Werts der Erbschaft, sondern um den Erhalt des Besitzes bzw. Eigentums an der-
selben. Solche Kosten – wie solche bei Verlust und Kraftloserklärung von Wertpapie-
ren oder der Sperrung ausländischer Vermögenswerte – gelten als Anlagekosten, wel-
che gemäss ausdrücklicher Vorschrift von § 33 lit. d StG bzw. Art. 34 lit. d DBG nicht
abzugsfähig sind.
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1 ST.2008.377 1 DB.2008.229
b) Vermögensverwaltungskosten sind als steuermindernde Umstände vom
Steuerpflichtigen darzutun und nachzuweisen (RB 1975 Nr. 64, auch zum Folgenden).
Dieser hat mithin nicht bloss die Kosten als solche, sondern auch deren Abzugsfähig-
keit aufgrund der obgenannten Kriterien zu beweisen. Dazu muss er spätestens im
Rekurs-/Beschwerdeverfahren die Abzüge durch eine substanziierte Sachdarstellung
darlegen und hierfür beweiskräftige Unterlagen einreichen oder zumindest entspre-
chende Beweismittel anbieten.
3. a) Nach dem Tod ihres Vaters sind der Pflichtigen Kosten für Anwälte und
Treuhänder im Umfang von Fr. 82'814.- entstanden (vgl. detaillierte Aufstellung in den
Einspracheentscheiden). Gemäss den vorhandenen Schreiben ging es dabei um Dar-
legung und Bewältigung der Situation, welche durch die erst nach dem Tod bekannt
gewordene Testamentsänderung des Erblassers zu Ungunsten der Pflichtigen ent-
standen war und mit Abschluss des Teilungsvertrags vom 1. November 2006 mit ihrer
Schwester bereinigt werden konnte. Hinterfragt wurde insbesondere die Gültigkeit des
Erbauskaufvertrags mit dem Vater vom 8. Juni 1999, womit die Pflichtige für sich und
ihre Rechtsnachfolger auf jegliche Erbansprüche unwiderruflich verzichtet sowie im
Gegenzug die Summe von Fr. ... und (ab Todestag) eine lebenslängliche Tantième am
jährlichen Reingewinn der D von 15% zugesprochen erhalten hatte.
Daraus erhellt klar, dass es bei den Beratungen und Dienstleistungen, welche
zu den streitigen Kosten geführt haben, um die Stellung der Pflichtigen als Erbverzich-
tende und die damit verbundenen Ansprüche ging. Demnach bildeten Erhalt und Si-
cherung von Besitz und Eigentum an diesen Ansprüchen Gegenstand der Auseinan-
dersetzungen, nicht aber der Erhalt des Werts dieser Ansprüche. Damit stellen die
Aufwendungen nach dem Gesagten aber Anlagekosten im Sinn von § 33 lit. d StG
bzw. Art. 34 lit. d DBG dar, welche nicht abzugsfähig sind.
b) Die Pflichtigen wenden ein, § 25 StG und Art. 25 DBG bildeten eine Gene-
ralklausel, die alle Gewinnungskosten als abzugsfähig erkläre. Sofern die streitigen
Anwaltskosten daher nicht unter die speziellen Gewinnungskosten im Sinn von §§ 26 -
32 StG bzw. Art. 26 - 33 DBG fielen, müssten sie aufgrund dieser Klausel einkom-
mensmindernd berücksichtigt werden.
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1 ST.2008.377 1 DB.2008.229
Zwar trifft es zu, dass gestützt auf § 25 StG bzw. Art. 25 DBG generell alle
Gewinnungskosten abzugsfähig sind, auch wenn sie in den §§ 26 - 32 StG bzw. Art. 26
- 33 DBG nicht ausdrücklich erwähnt sind (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar
zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 25 N 4 und Richner/
Frei/Kaufmann, Handkommentar zum DBG, 2003 Art. 25 N 4). Indessen setzt auch die
Anwendung der Generalklausel voraus, dass der Abzug von in den Spezialbestimmun-
gen nicht erwähnten Aufwendungen nur dann zulässig ist, wenn ihnen der Charakter
von Gewinnungskosten zukommt. Dies ist bei den streitbetroffenen Anwalts- und Treu-
handkosten – wie erwähnt – nicht der Fall, weshalb die Berufung auf die Generalklau-
sel der Pflichtigen nicht weiter hilft.
4. Diese Erwägungen führen zur Abweisung der Rechtsmittel. Ausgangsge-
mäss sind die Verfahrenskosten der Pflichtigen aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG,
Art. 144 Abs. 1 DBG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (§ 152 StG
i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni
1997, Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwal-
tungsverfahren vom 20. Dezember 1968). | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
50cd50a0-7a74-4d84-8ebe-2c1cb66f5cf9 | hat sich ergeben:
A. A deklarierte in der Steuererklärung 2005 nebst Einkünften aus seiner Tä-
tigkeit als Partner einer grossen Wirtschaftsanwaltskanzlei von Fr. ..........- sowie ei-
nem unselbstständigen Nebenerwerb von Fr. ...........- aus Honoraren als Verwal-
tungsrat einen Verlust seiner Einzelunternehmung "C" in der Höhe von Fr. 384'607.-.
Mit Auflage vom 27. März 2009 forderte der Steuerkommissär vom Pflichtigen
einen vollständigen Businessplan der "C" (inkl. Planungserfolgsrechnung, erwartete
Einnahmen mit Angabe der dafür getroffenen Annahme, Planbilanzen, Liquiditäts- und
Investitionsplan, Kapitalbedarf und -verwendung, Kapitalherkunft, erwartete Rendite)
ein. Sodann ersuchte er um einen detaillierten Bericht sowie eine Zeittabelle für die
Darlegung des zeitlichen Aufwands der Einzelunternehmung. Weiter verlangte er eine
detaillierte schriftliche Aufzeichnung der Marketing-Strategie. Der Pflichtige liess hierzu
am 15. April 2009 Stellung nehmen und verschiedene Unterlagen, darunter zahlreiche
CD's, einreichen.
Am 11. November 2009 liess der Steuerkommissär dem Pflichtigen einen Ver-
anlagungs- und einen Einschätzungsvorschlag für die Steuerperiode 2005 zukommen,
wobei er den Verlust der Einzelunternehmung aufrechnete. In einem Begleitschreiben
begründete er die Aufrechnung. Der Pflichtige liess hierauf erklären, dass er an der
steuerlichen Anerkennung der selbstständigen Erwerbstätigkeit festhalte. Zudem bat er
um einen Besprechungstermin. Am 3. Februar 2010 fand eine Besprechung zwischen
dem Pflichtigen, dessen Vertreter und dem Steuerkommissär statt. Am 19. Febru-
ar 2010 bat der Steuerkommissär den Pflichtigen um die Beantwortung weiterer Fra-
gen. Mit Eingabe vom 29. März 2010 liess dieser dazu Stellung nehmen und weitere
Unterlagen einreichen.
Mit Einschätzungsentscheid vom 27. August 2010 betreffend Staats- und Ge-
meindesteuern 2005 und Hinweis des gleichen Tages bzw. Veranlagungsverfügung
vom 13. September 2010 betreffend direkte Bundessteuer 2005 eröffnete der Steuer-
kommissär dem Pflichtigen ein steuerbares Einkommen von Fr. .........- (satzbestim-
mend Fr. ...........-; Staats- und Gemeindesteuern) bzw. Fr. ...........- (satzbestimmend
Fr. ..........-; direkte Bundessteuer). Hierbei verwehrte er erneut die Verrechnung des
Verlusts aus der "C" mit dem übrigen Einkommen. Den Entscheiden legte er wiederum
- 3 -
1 DB.2011.59 1 ST.2011.89
ein Begleitschreiben mit einer Begründung für die Aberkennung der selbstständigen
Nebenerwerbstätigkeit bei.
B. Am 27. September 2010 liess der Pflichtige hiergegen Einsprache erheben
und die Einschätzung bzw. Veranlagung mit einem steuerbaren Einkommen von
Fr. .............- (satzbestimmend Fr. ...........-; Staats- und Gemeindesteuern) bzw.
Fr. .............- (satzbestimmend Fr. ..............-; direkte Bundessteuer) beantragen. Der
Verlust aus seiner selbstständigen Nebenerwerbstätigkeit sei vollumfänglich zu be-
rücksichtigen. Mit Entscheiden vom 7. März 2011 wies das kantonale Steueramt die
Einsprachen ab.
C. Dagegen liess der Pflichtige am 6. April 2011 Beschwerde und Rekurs er-
heben und an seinen Anträgen gemäss Einsprache festhalten. Zudem beantragte er
eine Prozessentschädigung. Das kantonale Steueramt schloss mit Beschwerde-/
Rekursantwort vom 29. April 2011 auf kostenfällige Abweisung der Rechtsmittel. Am
20. Juni 2011 liess der Pflichtige dazu Stellung nehmen und weitere Unterlagen einrei-
chen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Nach Art. 18 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer
vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 18 Abs. 1 des Steuergesetzes vom
8. Juni 1997 (StG) sind alle Einkünfte aus einem Handels-, Industrie-, Gewerbe-, Land-
und Forstwirtschaftsbetrieb, aus einem freien Beruf sowie aus jeder anderen selbst-
ständigen Erwerbstätigkeit steuerbar. Bei selbstständiger Erwerbstätigkeit werden von
diesen Einkünften gemäss Art. 27 Abs. 1 DBG bzw. § 27 Abs. 1 StG die geschäfts-
oder berufsmässig begründeten Kosten abgezogen. Verluste aus einer solchen Tätig-
keit können mit übrigen Einkünften verrechnet werden (vgl. zum sogenannten Netto-
prinzip: Markus Reich, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a,
2. A., 2008, Art. 25 N 5 DBG).
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1 DB.2011.59 1 ST.2011.89
Abzugsfähig ist der gesamte Aufwand, der für die selbstständige Erwerbstä-
tigkeit notwendig ist. Die Beschränkung der Abzugsfähigkeit auf die notwendigen Aus-
gaben soll lediglich bewirken, dass der Abzug nur für jene Auslagen gestattet wird, die
einen geschäftlichen Grund haben, und dass alle Aufwendungen unberücksichtigt blei-
ben, die vorwiegend mit der allgemeinen Lebenshaltung eines Selbstständigerwerben-
den zusammenhängen. In der Einschätzungspraxis wird weniger auf die Zumutbarkeit
der Vermeidung abgestellt, sondern vielmehr darauf, ob der Aufwand geschäftsmässig
begründet ist (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009,
Art. 27 N 4 und Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006,
§ 27 N 3 StG).
In jedem Fall erfordert der Abzug, dass die Tätigkeit, welcher der betreffende
Aufwand zuzurechnen ist, überhaupt eine selbstständige Erwerbstätigkeit im Sinn von
Art. 18 DBG bzw. § 18 StG darstellt (StRK I, 18. März 1993 = StE 1995 B 23. 1 Nr. 30
= ZStP 1993, 107).
b) Die Rechtsprechung umschreibt die selbstständige Erwerbstätigkeit zu-
sammenfassend wie folgt: aa) Die Tätigkeit des Steuerpflichtigen hat auf eigenes Risi-
ko zu erfolgen; bb) Der Steuerpflichtige hat in seiner Tätigkeit Arbeitskraft und Kapital
einzusetzen; cc) Die Tätigkeit des Steuerpflichtigen hat in einer von ihm selber frei be-
stimmten Organisation zu erfolgen; dd) Jedes Streben im wirtschaftlichen Bereich zielt
auf die Erzielung eines Gewinns und auf die Vermeidung eines Verlusts ab (Merkmal
der Gewinnerzielungsabsicht); ee) Eine selbstständige Erwerbstätigkeit liegt schliess-
lich nur vor, wenn der Steuerpflichtige in einer qualifizierten, d .h. planmässigen und
anhaltenden (nachhaltigen), Weise am wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt.
Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist selbstständige Erwerbstätig-
keit unter Umständen bereits aufgrund eines einzigen Kriteriums zu bejahen
(BGr, 29. Juli 2011, 2C_766/2010 und BGE 125 II 113; anderer Meinung bislang das
Verwaltungsgericht, VGr, 25. August 2010, SB.2010.00056, www.vgrzh.ch, E. 2.4 f.).
c) Abzugrenzen ist die selbstständige Erwerbstätigkeit insbesondere von der
Liebhaberei bzw. dem Hobby. Die steuerrechtliche Qualifikation einer Tätigkeit als
selbstständiger Erwerb im dargelegten Sinn oder als Liebhaberei hängt grundsätzlich
davon ab, ob sie ausschliesslich oder vorwiegend im Hinblick auf die Erzielung eines
Erwerbseinkommens ausgeübt wird (BGr, 2. Oktober 1992, NStP 1993, 7, E. 2b; Raoul
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1 DB.2011.59 1 ST.2011.89
Oberson, Les pertes commerciales fiscalement déductibles, ASA 48, 113). Unterschei-
dungskriterium ist also der Beweggrund für die Ausübung der Tätigkeit. Es handelt sich
dabei um ein subjektives Kriterium, auf dessen Vorhandensein nur durch Indizien
(nämlich erkennbare Umstände) geschlossen werden kann (StE 1999 B 23.1 Nr. 42).
Eine zusätzliche Erschwernis liegt darin, dass es Grenzfälle gibt, bei denen sich Lieb-
haberei und Erwerbstätigkeit verbinden, wobei das Schwergewicht auf der einen oder
anderen Seite liegen kann.
Eine fehlende Gewinnstrebigkeit kann sich zum einen aus der betreffenden
Tätigkeit als solcher ergeben, weil diese als Basis für eine rentable Erwerbsquelle un-
geeignet erscheint, zum anderen kann sie aus der Art des Vorgehens abgeleitet wer-
den, indem dieses nicht auf kommerzieller Methode beruht. Gerade bei künstlerischen
Tätigkeiten steht vielfach nicht die Erzielung eines kalkulierbaren Ertrags, sondern die
Liebe zur Kunst im Vordergrund (StE 2006 B 23.1 Nr. 61).
Wer eine Tätigkeit ausübt, welche auf die Dauer nichts einbringt oder dauernd
einen finanziellen Aufwandüberschuss erfordert, betreibt diese nicht als Erwerbstätig-
keit, sondern eben als Liebhaberei oder aus einem andern nicht kommerziellen Grund.
Denn wer eine unrentable Aktivität wirklich als Erwerbstätigkeit ausübt, wird sich in der
Regel durch das andauernde Fehlen eines finanziellen Erfolgs von der Zwecklosigkeit
seines Unterfangens überzeugen lassen und die betreffende Tätigkeit aufgeben (Ro-
man Blöchliger, Steuerliche Probleme des Abzuges geschäftlicher Verluste, StR 1981,
236). Allerdings muss nicht jedes einzelne mit einem Verlust abgeschlossene Jahr
oder selbst die Tatsache, dass während mehrerer Jahre Verlust erzielt worden ist, zum
Schluss zwingen, es handle sich um eine Liebhaberei (Höhn/Waldburger, Steuerrecht,
Band I, 9. A., 2001, § 14 Rz 45; vgl. BGr, 4. Juni 2004, 2A.68/2004, Erw. 1.3; Peter
Locher, Kommentar zum DBG, I. Teil, 2001, Art. 18 N. 22). Ob sich nämlich eine Tätig-
keit lohnt, lässt sich methodisch richtig nur nach Betrachtung des Gewinns aus der
gesamten Betriebstätigkeit von deren Aufnahme bis zu ihrer Beendigung beurteilen
(sogenannter Totalgewinn, vgl. Manuel René Theisen, Die Liebhaberei – ein Problem
des Steuerrechts und der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, Steuer und Wirtschaft
[StuW], 1999, 259; StRK II, 17. Februar 2000, 2 ST.1999.419, E. 6a). Der Entscheid
über den steuerlichen Charakter einer Tätigkeit hängt deshalb von einer Prognose über
den zu erwartenden Totalgewinn ab. Ergibt die Prognose ein positives Gesamtergeb-
nis, ist dies ein gewichtiges Indiz für die Gewinnstrebigkeit. Anderseits liegt bei negati-
ver Prognose die Schlussfolgerung nahe, dass ein Steuerpflichtiger, dem es tatsächlich
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1 DB.2011.59 1 ST.2011.89
um die Erzielung eines Erwerbseinkommens gegangen wäre, sich wegen des in Aus-
sicht stehenden finanziellen Misserfolgs von der Weiterführung des Betriebs abbringen
lassen würde. Die steuerrechtliche Qualifikation der Tätigkeit ist eine Frage, die grund-
sätzlich für jede Veranlagungsperiode neu überprüft werden kann, wobei unter Um-
ständen die Verhältnisse in den Vorjahren bzw. in den auf das Steuerjahr folgenden
Jahren gewisse Anhaltspunkte liefern können (BGr, 31. August 2005, 2A.46/2005,
E. 2.2.2, www.bger.ch, mit Hinweisen zum Ganzen). Wie lange die wirtschaftliche Be-
tätigung verlustreich sein darf, bis eine natürliche Vermutung dafür spricht, dass der
finanzielle Erfolg auf Dauer ausbleiben wird, kann nicht allgemein gesagt werden. Im
Sinn einer Faustregel wird in der Literatur die Auffassung vertreten, der Umstand, dass
innerhalb von fünf bis zehn Jahren kein nennenswerter Gewinn erzielt werde, bilde ein
gewichtiges Indiz für das Fehlen der Gewinnstrebigkeit. Dem Steuerpflichtigen steht
aber der Gegenbeweis offen, dass auch in diesem Fall eine Gewinnstrebigkeit vorliegt
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 18 N 48 DBG und § 18 N 38 StG). Im Einzelfall
kommt es namentlich auf die Art der Tätigkeit und die konkreten Verhältnisse an (RB
2000 Nr. 118). Die Verhältnisse in den Vor- und Nachperioden können zur Beurteilung
grundsätzlich herangezogen werden (StE 2006 B 23.1 Nr. 59).
Qualifiziert die Aktivität des Steuerpflichtigen in der unter den erwähnten Krite-
rien vorzunehmenden Prüfung als Liebhaberei oder produziert sie reine Lebenshal-
tungskosten (vgl. Art. 34 lit. a DBG und § 33 lit. a StG), können die entstandenen Ver-
luste nicht mit übrigen Einkünften verrechnet werden.
d) Nach Art. 123 Abs. 1 DBG bzw. § 132 Abs. 1 StG stellen die Steuerbe-
hörden zusammen mit dem Steuerpflichtigen die für eine vollständige und richtige Be-
steuerung massgebenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse fest. Dabei gilt
die allgemeine Regel der Beweislastverteilung, dass die Steuerbehörde die steuerbe-
gründenden oder -erhöhenden Tatsachen nachzuweisen hat, der Steuerpflichtige da-
gegen jene Umstände, welche die Steuerschuld mindern oder aufheben (Blumen-
stein/Locher, System des schweizerischen Steuerrechts, 6. A., 2002, S. 416 [mit
Verweisungen] und 454). Dementsprechend obliegt der Nachweis, dass eine selbst-
ständige Erwerbstätigkeit vorliegt, grundsätzlich der Steuerbehörde. Ist dagegen strei-
tig, ob eine bestimmte verlustbringende Betätigung (überhaupt) eine selbstständige
Erwerbstätigkeit darstellt (oder ob nicht z.B. eine Liebhaberei vorliegt), ist hierfür der
Steuerpflichtige beweispflichtig (vgl. StRK I, 18. März 1993 = StE 1995 B 23.1 Nr. 30
ZStP 1993, 107). Denn er leitet hieraus die steuermindernde Verrechnung dieses Ver-
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1 DB.2011.59 1 ST.2011.89
lusts mit übrigen Einkünften ab. Zur Beweisleistung gehört in erster Linie und in jedem
Fall, dass eine substanziierte Sachdarstellung gegeben wird, die ohne weitere Unter-
suchung, aber unter dem Vorbehalt der Beweiserhebung, die Beurteilung der massge-
benden Qualifikationsfrage ermöglicht. Für die von ihm verfochtene, hinreichend sub-
stanziierte Sachdarstellung hat der Steuerpflichtige beweiskräftige Unterlagen
einzureichen oder zumindest unter genauer Bezeichnung Beweise anzubieten.
2. Der Pflichtige arbeitet hauptberuflich als Partneranwalt in einer grossen
Wirtschaftsanwaltskanzlei in D. Die streitbetroffene, mit dieser Tätigkeit in keinem Zu-
sammenhang stehende, behauptete selbstständige Nebenerwerbstätigkeit des Pflichti-
gen ist aufgrund der Akten wie folgt zusammenzufassen:
a) Gemäss Beschwerde- bzw. Rekursschrift tritt der Pflichtige neben seiner
Anwaltstätigkeit als Musikproduzent auf. Er komponiert und textet Songs (dies seine
Kernkompetenz) und versucht, diese erfolgreich zu vermarkten. Er lässt seine Stücke
durch die Sängerin E singen. Für die Einspielung (fast ausnahmslos) seiner Musik so-
wie die Promotion und den Vertrieb der CD's trägt er das volle Risiko. Über die Koope-
ration mit andern Marktteilnehmern begrenze er sein Risiko. Er arbeite mit einem Ar-
rangeur (F), einem Musikverleger (G), einem Distributor (H) und einem
Konzertveranstalter (I) zusammen. Hierbei handle es sich allesamt um erfahrene Part-
ner. Insbesondere die G trage erhebliche Investitionen mit. Der Pflichtige arbeite so-
dann mit weiteren renommierten Partnern zusammen. Die Rolle des Musikproduzenten
bedeute, dass der Pflichtige in der Produktionskette die kapitalintensivste Tätigkeit
wahrnehme. Aufgrund der begrenzten finanziellen Möglichkeiten könne er nicht belie-
big viele Künstler produzieren. Er habe sich deshalb vernünftigerweise einstweilen auf
eine Künstlerin konzentriert. Sein Erfolg im Markt stehe und falle mit dem Erfolg die-
ser/seiner Sängerin E. Potentielle Kunden würden ihn später auffinden, sobald er einen
kommerziellen Erfolg vorweisen könne.
Während der Pflichtige betonen lässt, dass er die Sängerin nicht bei ihrer Tä-
tigkeit betreue, sondern erst die Voraussetzungen für deren Tätigkeit schaffe, lässt er
an anderer Stelle genau das Gegenteil ausführen: "Zudem betreut er die von ihm pro-
duzierten Künstler.". Was er vom einen oder anderen ableiten will, ist nicht klar. So
oder anders steht die Person von E und deren musikalischer Erfolg bei der "C" deutlich
im Vordergrund, sodass sich die Frage nach der Nähe des Pflichtigen zu E aufdrängt.
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1 DB.2011.59 1 ST.2011.89
Der Pflichtige mochte sich zu seiner Beziehung zu ihr anlässlich der steueramtlichen
Besprechung nicht äussern. Er gab lediglich bekannt, dass er die Sängerin an einem
Festival kennengelernt habe. Diese Frage ist insoweit relevant, als sie Hinweis auf die
Motivierung der Musikproduzententätigkeit des Pflichtigen sein kann. Insbesondere
beim Support von künstlerischen oder kulturellen Projekten ist fraglich, ob die Unter-
stützung aus gewinnorientierten Gesichtspunkten oder nicht vielmehr aus Leidenschaft
zur Musik und Kunst oder gar zum/zur Künstler/in und damit unter weitgehender Aus-
blendung ökonomischer Kriterien erfolgt. Je höher die eingesetzten Beträge und die
erwirtschafteten Verluste, desto mehr drängt sich diese Frage auf. Aufgrund der ihn
treffenden Beweislast müsste sich das diesbezügliche Schweigen des Pflichtigen zu
seinen Ungunsten auswirken. Letztlich kann der Sachverhalt in diesem Punkt jedoch
offenbleiben, wie zu zeigen sein wird.
b) Die für die Annahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit erforderlichen
Kriterien der Übernahme eigenen Risikos, des Einsatzes von Arbeitskraft und Kapital
und der freien Organisation scheinen vorliegend ohne Weiteres erfüllt. Der Pflichtige
komponiert und textet für die Sängerin E. Die musikalische Zusammenarbeit mit ihr ist
aus den zahlreichen eingereichten CD's ersichtlich, wo er jeweils als Komponist/Texter
und/oder Produzent erscheint. Er investiert sodann in die Produktion von CD's und ihre
Vermarktung (privates) Vermögen. In der Organisation seiner Tätigkeit ist er frei und
unabhängig. Zu entscheiden bleibt, ob er diese Tätigkeit in der erkennbaren Absicht
der Gewinnerzielung und mit einem planmässigen und anhaltenden Auftritt am Wirt-
schaftsverkehr ausübt. Die Behauptung der Gewinnerzielungsabsicht allein reicht für
deren Nachweis nicht aus. Vielmehr muss sich diese in objektiver Weise manifestieren.
Sie kann sich insbesondere aus der Art des Vorgehens und der Prognose des realisti-
scherweise zu erwartenden Totalgewinns ergeben.
c) aa) Der Pflichtige hat seine Einzelunternehmung "C" am 23. Oktober 2003
in das Handelsregister eintragen lassen. Eine Planungserfolgsrechnung und -bilanz für
die Musikproduzententätigkeit hat er nicht vorgelegt, ebensowenig eine Liquiditätspla-
nung. Den notwendigen Kapitalbedarf entnimmt er laufend seinen privaten Ersparnis-
sen. Er geht davon aus, dass jederzeit der Durchbruch seiner Sängerin E geschehen
könne. Sie ist sein eigentliches "Produkt". Sein Ziel ist es, sie als Weltstar zu vermark-
ten. Diesfalls rechnet er mit vermehrten CD-Verkäufen, sowohl neuer als auch alter
Aufnahmen, und damit, dass einzelne Konzerte alsdann mit einem Gewinn von
EUR 5'000.- bis 7'000.- veranstaltet werden können.
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bb) In der Steuerperiode 2005 steht einem Betriebsertrag von Fr. 152'783.- ein
Aufwand von Fr. 537'882.56 gegenüber. Der Ertrag setzt sich wie folgt zusammen:
CD-Verkauf Italy Fr. 29'227.- Autor-Ertrag Fr. 29'537.- Konzertertrag Italy Fr. 4'683.- Auflösung Wertberichtigung Vorjahr Fr. 89'336.- Total erwirtschafteter Ertrag Fr. 152'783.-
Der Aufwand gestaltet sich wie folgt:
Aufnahmen Fr. 41'475.80 Produktion und Promotion Fr. 240'610.25 Konzerte Italy 2. Album Fr. 186'614.50 Sängerin Fr. 40'000.00 Drittproduktionen Fr. 4'699.20 Aufwand Material, Waren, Drittaufwand Fr. 513'399.75 sonstiger Betriebsaufwand Fr. 24'482.81 Total Aufwand Fr. 537'882.56
Betrachtet man den Konzertaufwand, so betrug allein der Posten "Konzerte
Italy" rund das 40ig-Fache des erzielten Konzertertrags. Wieviele Konzerte im Jahr
2005 abgehalten wurden, ist dabei nicht bekannt. Bemerkenswert ist aber, dass von
vornherein keine Verträge oder Abmachungen bei den Akten liegen, die dem Pflichti-
gen einen substantiellen Anteil an Konzerterträgen von E zusichern würden. Der Auf-
wand von gegen Fr. 200'000.- steht damit keinem realistischerweise zu erwartenden
Ertrag gegenüber. Jedenfalls ist ein Rückfluss seiner Investitionen in die Konzerte,
soweit ersichtlich, vertraglich nicht abgesichert. So ist es überhaupt völlig unklar und in
keiner Art und Weise nachvollziehbar, wie der Pflichtige dereinst auf Konzertgewinne
(= Erlös aus dem "Verkauf" des Konzerts ./. Kosten) von bis zu EUR 7'000.- pro Kon-
zert kommen will. Selbst ausgehend von solchen Zahlen wäre sodann angesichts des
hohen Konzertaufwands gänzlich offen, wie der Pflichtige eine gesamthaft ausgegli-
chene Rechnung erzielen möchte.
In den Folgejahren entwickelten sich die Zahlen der Konzerte wie folgt: 2006
wird weder ein Konzertertrag noch -aufwand ausgewiesen, 2007 bloss ein Konzertauf-
wand "Konzerte Italy 2. Album" von Fr. 35'822.83 aber keinerlei Ertrag. Im Jahr 2008
betrug der Konzertaufwand "Konzerte Italy 2. Album" sodann Fr. 102'824.50, welchem
immerhin ein "Konzertertrag Italy" von Fr. 73'977.- gegenüberstand. Insgesamt beträgt
der Konzertaufwand seit Beginn der Tätigkeit bis Ende 2008 rund Fr. 325'000.-, der
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1 DB.2011.59 1 ST.2011.89
Konzertertrag jedoch nur rund Fr. 80'000.-; dies jeweils ohne Berücksichtigung weiterer
Kosten wie Anteil am Honorar der Sängerin und Promotionskosten. Bemerkenswert ist
insbesondere, dass selbst in der Zeit reger Konzerttätigkeit (über 80 Konzerte zwi-
schen Herbst 2007 und Herbst 2008) der Konzertaufwand ein Vielfaches des erzielten
und nach Massgabe der Akten je realistischerweise erzielbaren Konzertertrags aus-
macht. Dieser Umstand spricht nicht für eine gewinnorientierte Ausübung der Tätigkeit.
cc) Weiter ist festzuhalten, dass mit der Hauptperson, E, kein Vertrag besteht,
obwohl sie seine einzige Sängerin darstellt, eine professionelle Sängerin ist und der
Erfolg des Pflichtigen gänzlich von ihrem Erfolg abhängt. Dies lässt jede Art von Pro-
fessionalität vermissen. Der Pflichtige richtet ihr überdies Honorare aus, in der Steuer-
periode z.B. im Betrag von Fr. 40'000.-. Die Interessen liegen damit offenbar auf Seiten
des Pflichtigen und es drängt sich der Schluss auf, dass es dem Pflichtigen nicht
hauptsächlich um die (eigene) Gewinnerzielung geht, sondern vielmehr darum, dass
seine Songs aufgenommen und aufgeführt werden und im Speziellen, dass die von
ihm geförderte Sängerin E Erfolg hat. Sein eigenes Fortkommen strebt er dagegen
ganz offenkundig nicht an.
dd) Betreffend Geldrückfluss substanziiert vorgebracht und aktenkundig sind
Gewinnbeteiligungen aus CD-Verkäufen und Song-Downloads im Internet (Verkaufs-
anteil und Autorenertrag). Die Produktionsverträge mit der G sahen jeweils vor, dass
der Pflichtige sämtliche Kosten für die CD-Aufnahmen trug (Musiker, Studiokosten,
Mastering) und im Gegenzug sämtliche Rechte am Master übertragen erhielt. Die G
ihrerseits verpflichtete sich jeweils, die CD's zu pressen und in Umlauf zu bringen, so-
wie die Siae-(Abgabe) zu bezahlen. Im Vertrag vom 26. März 2003 betreffend die CD
"..." und im Vertrag vom 15. Oktober 2004 betreffend die CD "..." vereinbarte der
Pflichtige mit der G zudem jeweils eine hälftige Beteiligung an den Promotionskosten
von insgesamt EUR 200'000.-. Aufgrund der Produktionsverträge konnte er mit EUR
1.56 (bzw. für die CD "..." EUR 1.67;) pro verkaufte CD "als return on investment"
rechnen. Mit Vertrag vom 14. April 2007 sicherte er sich sodann eine Entschädigung
von maximal 26% des Handelspreises des Albums "..." zu.
Anlässlich der Besprechung mit dem Steuerkommissär gab der Pflichtige zu
Protokoll, dass das erste Album ("...") ca. 80'000 mal und das zweite ca. 40'000 mal
habe verkauft werden können. Das erste Album erzielte denn auch die "Disco d'oro".
Diese CD-Produktion bezeichnet der Pflichtige damit zu Recht als beachtlichen Erfolg.
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Damit liegen ansehnliche Verkaufszahlen seiner CD-Produktionen vor. In der
Beschwerde- bzw. Rekursschrift legt er seinen Leistungsausweis dar. Er hebt dabei
ausführlich hervor, wie erfolgreich die von ihm portierte Sängerin E sei. So habe er
bereits zwei Goldene Schallplatten entgegennehmen dürfen für den Erfolg nicht nur der
ersten ("...", über 80'000 mal verkauft) sondern auch der zweiten CD ("...", über 40'000
mal verkauft). Im Jahr 2006 sei eine Single ("...") in Italien in der italienischen Online
Hitparade bis auf Rang ... vorgestossen und bei iTunes habe dieser Song in der Hitpa-
rade mehr als vier Wochen lang einen Podestplatz belegt. Das nächste Album sei auf-
grund dieser Erfolge in Zusammenarbeit mit Warner Music aufgenommen worden. An-
gesichts der schwierigen Umstände im Musikgeschäft sei der Vertriebsvertrag mit
Warner Music ein ganz ausserordentlicher Erfolg. Die erwähnte Konzertreihe zwischen
Herbst 2007 und Herbst 2008 mündete im dritten Album ("...", über 40'000 mal ver-
kauft). Auch dafür erhielt der Pflichtige wiederum eine Goldene Schallplatte. Das neus-
te 2010 produzierte Album ("...") sei auf Englisch in den USA aufgenommen und eben-
falls bereits mehr als 40'000 mal verkauft worden. Er werde daher demnächst die vierte
Goldene Schallplatte erhalten. Im Dezember 2010 sei er auch in den Online Musikver-
trieb eingestiegen. Seine Künstlerin habe sodann auch eine bemerkenswerte Medien-
präsenz.
Nach Kenntnisnahme dieser Erfolge erstaunt es umso mehr, dass der Pflichti-
ge seit Beginn seiner Tätigkeit bis Ende 2005 aus dem ersten Album dennoch bloss
Erträge von rund Fr. 191'000.- erzielte (Fr. 179'700.- gemäss Erfolgsrechnung 2003,
und Fr. 11'193.- gemäss Erfolgsrechnung 2005). Die Herstellungs- und Promotionskos-
ten für dieses Album betrugen demgegenüber gemäss Erfolgsrechnung 2003 und 2004
insgesamt rund Fr. 634'000.- (Herstellung Fr. 90'257.40 + Fr. 11'290.30 sowie Produk-
tion und Promotion [gemäss Erfolgsrechnung 2003] Fr. 532'943.94). Für die zweite CD
machten die gesamten Herstellungs- und Promotionskosten bis Ende 2005 rund
Fr. 418'000.- aus (Aufnahme/Promo-Tour 2. Album Fr. 63'703.85 und Promotion [ge-
mäss Erfolgsrechnung 2004] Fr. 354'327.32), während die entsprechenden Erträge
rund Fr. 137'000.- betrugen (Fr. 89'336.- + Fr. 29'227.- + Fr. 18'344.-).
Auch über die Jahre betrachtet steht die Erfolgsgeschichte seiner Sängerin in
keinem Verhältnis zum wirtschaftlichen Erfolg (oder eben Misserfolg) des Pflichtigen
selber. Die Jahresergebnisse seiner "C" entwickelten sich seit Anfang seiner Tätigkeit
wie folgt:
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1 DB.2011.59 1 ST.2011.89
2003 - Fr. 471'037.-
2004 - Fr. 501'192.-
2005 - Fr. 384'607.-
2006 - Fr. 424'078.-
2007 - Fr. 562'616.-
2008 - Fr. 395'435.-
2009 Fr. 3'892.-.
Bei Verlusten von gesamthaft rund Fr. 2'739'000.- in der Zeit bis Ende 2008
bzw. von einem minimal kleineren Gesamtverlust bis Ende 2009 schlägt sich der Erfolg
der Sängerin E in der Buchhaltung des Pflichtigen damit in keiner Weise nieder. Das
Argument der sinkenden Ladenpreise für CD's verfängt dabei nicht, nachdem der
Pflichtige über Produktionsverträge mit einem fest vereinbarten Anteil pro verkaufte CD
verfügte und dieser nur beim Album "..." vom Ladenverkaufspreis abhing. Es ist dem
Pflichtigen nicht zu unterstellen, dass er nicht lieber einen Gewinn als einen Verlust
hinnehmen möchte. In den obgenannten Zahlen kommt aber überwiegend zum Aus-
druck, dass er nicht seinen, sondern primär den Erfolg von E anstrebt. Dies mehr oder
weniger nach dem Prinzip, "koste es was es wolle", was sich u.a. auch in der fehlen-
den Liquiditätsplanung zeigt. Er ist denn auch gar nicht auf Einkünfte aus seiner Mu-
sikproduzententätigkeit angewiesen, da er seine Existenz ausreichend aus seinen Ein-
künften als Anwalt sichern kann. So ungewiss und schwer kalkulierbar der finanzielle
Erfolg seiner Musikproduzententätigkeit zugestandenermassen ist, so unerheblich
scheint die Gewinnerzielungskomponente aber auch für ihn selber zu sein. Wenn E die
– aufgrund beschränkter zeitlicher Ressourcen des Pflichtigen – einzige von ihm "pro-
duzierte" Künstlerin ist, er seinen eigenen Erfolg gänzlich von ihrem Erfolg abhängig
macht, E schliesslich mit der Aufnahme und Wiedergabe seiner Songs beachtliche
Erfolge ausweist und sich bei ihm dennoch massive Verluste einstellen, so ist eine
wirtschaftliche Ausrichtung seiner Tätigkeit nicht zu erkennen. Es bleibt nur der
Schluss, dass er sich von anderen, nicht überwiegend ökonomischen Gesichtspunkten
leiten lässt. Ins Bild passt dabei, dass er im Dezember 2009 ein Angebot der WARNER
Music Italia von EUR 500'000.- für die Vermarktung der ersten vier Alben ausschlug.
d) Wer seine Tätigkeit darauf aufbaut, dass das von ihm lancierte "Produkt"
ein Jahrhunderterfolg – oder wie es der Pflichtige formuliert ein "Super-Hit" – wird, an-
sonsten seine Investitionen niemals, auch nicht bei doch recht ansehnlichem Erfolg,
wiedereingebracht werden können, übt seine Tätigkeit nicht nach ökonomischen Ge-
- 13 -
1 DB.2011.59 1 ST.2011.89
sichtspunkten aus. Mit dem kühlen Kopf eines Geschäftsmannes, der aus der Tätigkeit
ein Einkommen generieren will bzw. muss, hätte der Pflichtige das Projekt mit Sicher-
heit anders aufgezogen. Das Musikbusiness kann sehr wohl eine (rentable) Erwerbs-
quelle sein. Die Vorgehensweise des Pflichtigen ist jedoch nicht zur Hauptsache darauf
ausgelegt, mit der nötigen Planungssicherheit geschäftlichen Erfolg und Gewinn zu
erzielen. Damit überwiegt die Komponente der Liebhaberei, weshalb das Vorliegen
einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nach steuerlichen Gesichtspunkten zu vernei-
nen ist und für eine Verlustverrechnung kein Raum besteht. Das fehlende Erwerbsmo-
tiv zeigt sich vorliegend in der Art des Wirtschaftens seit Anbeginn der Tätigkeit. Dass
in der Steuerperiode 2009 offenbar ein geringfügiger Gewinn ausgewiesen wurde,
vermag an der Beurteilung nichts zu ändern. Dieser Gewinn verwandelte sich zudem
wieder in einen Verlust, hätte er der Sängerin wie in den Vorjahren ein Entgelt entrich-
tet.
3. Diese Erwägungen führen zur Abweisung der Rechtsmittel. Ausgangsge-
mäss sind die Kosten des Verfahrens dem Pflichtigen aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1
DBG, § 151 Abs. 1 StG) und entfällt die Zusprechung einer Parteientschädigung
(Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungs-
verfahren vom 20. Dezember 1968, § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungs-
rechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
5126777d-8f4b-4d5d-a64e-ca6bcb4b3783 | hat sich ergeben:
A. Die 1925 geborene A deklarierte in der Steuererklärung 2011 wie schon in
den Vorjahren eine Rente von Fr. 110'274.-, steuerbar zu 40% (= Fr. 44'109.-). Ausbe-
zahlt wurde ihr diese gemäss beigelegter Rentenbescheinigung von der "PK der
C AG". In der Bescheinigung wurde die Rente als Leibrente bezeichnet.
Mit Veranlagungs- bzw. Einschätzungsvorschlag vom 8. November 2012 teil-
te die Steuerkommissärin der Pflichtigen mit, diese Rente sei nicht zu 40%, sondern zu
80% steuerbar. Zur Begründung fügte sie an, entgegen der vorgelegten Rentenbe-
scheinigung qualifiziere die Rente nicht als Leibrente, sondern als reguläre Rente der
Pensionskasse; weil diese erstmals bereits vor dem 1. Januar 2002 ausbezahlt worden
sei, erfolge die Besteuerung zu 80%.
Die Pflichtige reichte mit Antwort vom 28. November 2012 einen von ihr mit
Dr. D am ... ... 1996 abgeschlossenen Vergleich ein. Dieser hält im Hauptpunkt fest,
dass die der Pflichtigen durch die "Personalstiftung der C" ausgerichtete Rente ab dem
... ... 1996 auf den Betrag von Fr. 110'274.- erhöht werde. Hierauf Bezug nehmend
machte die Pflichtige sodann geltend, die "E Sammelstiftung" könne als Nachfolgerin
der "Personalwohlfahrtsstiftung der C AG" die Bestätigung einer Leibrente erwartungs-
gemäss nicht mehr erbringen. Dass die Besteuerung der Rente als Leibrente gerecht-
fertigt sei, habe ihr jedoch seinerzeit der zuständige Steuerkommissär bestätigt; dies
gestützt auf anlässlich ihrer damaligen Vorsprache vorgelegte Akten, welche auch ko-
piert worden seien. Ohne die steuerbehördliche Zusicherung hätte sie damals zum
Vergleich niemals Hand geboten. Sie bitte deshalb, die bereits 1996 vorgelegten Akten
einzusehen und die Rente weiterhin als zu 40% steuerbare Leibrente zu qualifizieren.
Mit Veranlagungsverfügung bzw. Einschätzungsentscheid vom 30. Novem-
ber 2012 hielt die Steuerkommissärin an ihrer Qualifikation der Rente fest (reguläre
Rente der Pensionskasse, steuerbar zu 80%); dabei wies sie darauf hin, dass die
Pflichtige aus früheren Veranlagungen bzw. Einschätzungen nichts für die Folgejahre
ableiten könne. Unter Aufrechnung der entsprechenden Rentendifferenz resultierten für
die Steuerperiode 2011 die folgenden Steuerfaktoren:
- 3 -
1 DB.2014.154 1 ST.2014.193
Direkte Bundessteuer Staats- u. Gemeindesteuern
Fr. Fr.
Steuerbares Einkommen 174'000.- 184'900.-
Satzbestimmendes Einkommen 183'900.-
Steuerbares Vermögen 5'683'000.-
Satzbestimmendes Vermögen 6'027'000.-.
B. Hiergegen liess die Pflichtige am 29. Dezember 2012 Einsprache erheben
und beantragen, die Rente weiterhin als Leibrente und damit zu 40% zu besteuern. Zur
Begründung wurde insbesondere die zuvor bereits angesprochene Bestätigung des
kantonalen Steueramts vom 24. Oktober 1996 vorgelegt. In dieser hält der damals zu-
ständige Steuerkommissär unter Bezugnahme auf eine mit der Pflichtigen gleichentags
durchgeführte Besprechung und dabei eingereichte Unterlagen fest, dass die "Rente
der C AG" ab dem Steuerjahr 1997 zu 60% (= damaliger Satz für Leibrenten) zu ver-
steuern sei; zudem werde steuerbehördlich anerkannt, dass die Rente "aus eigenen
Mitteln (Aktienverkauf 1975)" finanziert sei.
Mit Auflage im Einspracheverfahren vom 23. Mai bzw. 12. Juni 2013 forderte
die Einsprachebehörde die Pflichtige auf, von der E Sammelstiftung, welche die Versi-
cherungsnehmer der Pensionskasse der C AG übernommen habe, eine Bescheinigung
einzureichen, mit Angaben zum Datum der 1. Rentenauszahlung, zur Rentenhöhe so-
wie zum Anstellungsverhältnis, welches den Rentenanspruch und die Rentenhöhe be-
gründet habe.
Die Pflichtige liess am 4. Juli 2013 ein vom ... ... 2013 datierendes Schreiben
der E Sammelstiftung einreichen. Darin wird festgehalten, der Pflichtigen sei am ... ...
1987 (im Alter 62) erstmals eine Rente in der Höhe von Fr. 6'208.50 ausbezahlt wor-
den. Gemäss vorhandenen Unterlagen sei sie seit Gründung der Firma als Arbeitneh-
merin angestellt gewesen; auf den Unterlagen der "Personalvorsorgestiftung der C AG
sei als Eintrittsdatum der ... ... 1955 vermerkt. Weitere Unterlagen zum Arbeitsverhält-
nis zwischen der Pflichtigen und der C AG müssten bei der Firma eingeholt werden.
Auf dieses Schreiben Bezug nehmend liess die Pflichtige weiter mitteilen, dass die
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1 DB.2014.154 1 ST.2014.193
Leibrente durch einen Aktienverkauf selbstfinanziert worden sei und die Firma der
C vor dem BVG-Obligatorium das Kaderpersonal nicht pensionskassenversichert habe.
Gestützt auf dieses Untersuchungsergebnis wies das kantonale Steueramt die
Einsprachen mit Entscheiden vom 15. Juli 2014 ab. Es erwog, dass die vorgelegte
steuerbehördliche Bestätigung aus dem Jahr 1996 der Pflichtigen nicht weiterhelfen
könne, weil der Steuerkommissär damals offensichtlich davon ausgegangen sei, Ren-
tenschuldnerin aufgrund eines Aktienverkaufs sei die C AG und nicht deren Pensions-
kasse. Unter letzterem Aspekt sei damit die Bestätigung zu Recht erfolgt, jedoch sei
nicht der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt bestätigt worden. Weil sich nicht mehr
eruieren lasse, weshalb letztlich eine Verpflichtung der Pensionskasse der C AG resul-
tiert habe, werde entgegenkommenderweise auf den verwirklichten Sachverhalt bzw.
auf eine Rentenleistung aus beruflicher Vorsorge abgestellt; damit müsse es bei der
privilegierten Besteuerung zu 80% sein Bewenden haben.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 12. August 2014 liess die Pflichtige
abermals die Besteuerung der streitbetroffenen Rente zu 40% verfechten und beantra-
gen, dergestalt das steuerbare Einkommen auf Fr. 139'800.- (direkte Bundessteuer)
bzw. Fr. 130'300.- (Staats- und Gemeindesteuern; satzbestimmend ebenfalls
Fr. 139'800.-) festzusetzen.
Zur Begründung wurde angeführt, es treffe wohl zu, dass Leiberenten nicht
aus einer Vorsorgestiftung der 2. Säule ausbezahlt werden könnten; indes habe die
Pflichtige die Zahlstelle der Rentenschuldnerin ja nicht wählen können. Letzeres vor
folgendem Hintergrund:
Der 1969 verstorbene Ehemann der Pflichtigen habe 1/3 der Aktien der C AG
gehalten. Bei der Nachlassteilung seien diese Aktien der Pflichtigen übertragen wor-
den. Die Letztere sei danach weiter bei der nunmehr zu 1/3 von ihr kontrollierten Ge-
sellschaft angestellt gewesen. Nachdem sie 1975 versucht habe, ihr Aktienpaket an
aussenstehende Personen zu verkaufen, hätten auch die beiden Mitaktionäre entspre-
chendes Kaufinteresse bekundet und sei eine Aktienbewertung erstellt worden. Den
dabei für das Aktienpaket der Pflichtigen ermittelten Wert von rund Fr. 2 Mio. hätten die
beiden Mitaktionäre nicht in bar bezahlen wollen. Stattdessen hätten sie der Pflichtigen
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1 DB.2014.154 1 ST.2014.193
ein Mischgeschäft angeboten mit dem Inhalt, für die Aktien und den Rückzug der
Pflichtigen aus der Firma neben einer Barvergütung von Fr. 1.2 Mio. eine dem Lohnin-
dex angepasste lebenslängliche Rente von anfangs Fr. 60'000.- pro Jahr zu bezahlen.
Die Pflichtige habe dieses Angebot angenommen, worauf die beiden Käufer einen Teil
der Kaufpreissumme über die Fürsorgestiftung der C AG finanziert hätten, ohne jedoch
dieser die anteiligen Aktien auszuliefern oder zu überschreiben. 1992 sei die C AG von
den verbliebenen Aktionären an eine F Gesellschaft veräussert worden und 1994 habe
ein weiterer Wechsel zu einer G Gesellschaft stattgefunden. In diesem Zusammen-
hang sei die Personalvorsorgestiftung der C AG von der E Sammelstiftung übernom-
men worden. Vor diesem Hintergrund könne festgestellt werden, dass die Pflichtige
keinen Einfluss auf die wechselnden Rentenschuldner/innen gehabt habe. Aus ihrer
Sicht habe sodann der Steuerkommissär damals eine korrekte Auskunft in Bezug auf
die Herkunft der Leibrente erteilt und liege damit ein verbindlicher steueramtlicher Vor-
bescheid vor. Dem Einwand des Steueramts, wonach nicht der tatsächlich verwirklichte
Sachverhalt bestätigt worden sei, müsse entgegengehalten werden, dass es für die
Besteuerung letztlich irrelevant sei, ob die Rente aus einer BVG-Einrichtung oder aus
einer Aktiengesellschaft stamme, denn wirtschaftlich betrachtet seien beide Zahlstellen
nicht Schuldnerinnen der fraglichen Leibrente.
Das kantonale Steueramt schloss mit Vernehmlassung vom 2. Septem-
ber 2014 auf Abweisung der Rechtsmittel.
Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich mit Eingabe vom 5. Novem-
ber 2014 ebenfalls vernehmen, verzichtete dabei jedoch auf die Stellung eines explizi-
ten Antrags; dies "aufgrund der nicht gänzlich klar mehr feststehenden Sachverhaltsla-
ge". Die Stellungnahme beschränkte sich dementsprechend auf allgemeine Fest-
stellungen betreffend Inhalt und Besteuerung von Leibrenten.
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1 DB.2014.154 1 ST.2014.193 | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Die Besteuerung von Einkünften aus Vorsorge ist in Art. 22 des Bundes-
gesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 22 des
Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) geregelt.
Steuerbar sind gemäss Abs. 1 dieser Bestimmungen alle Einkünfte aus der
Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, aus Einrichtungen der beruflichen
Vorsorge und aus anerkannten Formen der gebundenen Selbstvorsorge, mit Ein-
schluss von Kapitalabfindungen und Rückzahlungen von Einlagen, Prämien und Bei-
trägen.
Als Einkünfte aus der beruflichen Vorsorge gelten insbesondere Leistungen
aus Vorsorgekassen, aus Spar- und Gruppenversicherungen sowie aus Freizügig-
keitspolicen (jeweils Abs. 2).
Leibrenten sowie Einkünfte aus Verpfründung sind zu 40% steuerbar (jeweils
Abs. 3).
b) Einkünfte aus der beruflichen Vorsorge unterliegend damit grundsätzlich
der vollständigen Besteuerung. Art. 204 Abs. 1 DBG und § 270 Abs. 1 StG statuierten
indessen Ausnahmen in Bezug auf ältere Vorsorgeverhältnisse:
Bei der direkten Bundessteuer sind gemäss Art. 204 Abs. 1 DBG Renten und
Kapitalabfindungen aus beruflicher Vorsorge, die vor dem 1. Januar 2002 zu laufen
beginnen oder fällig werden und auf einem Vorsorgeverhältnis beruhen, das am
31. Dezember 1986 bereits bestand, nur zu 60% steuerbar, wenn die Leistungen (wie
Einlagen, Beiträge, Prämienzahlungen), auf denen der Anspruch des Steuerpflichtigen
beruht, ausschliesslich vom Steuerpflichtigen erbracht worden sind (lit. a) bzw. nur zu
80% steuerbar, wenn die Leistungen, auf denen der Anspruch des Steuerpflichtigen
beruht, nur zum Teil, mindestens aber zu 20 Prozent vom Steuerpflichtigen erbracht
worden sind. Laut § 270 Abs. 1 StG werden sodann bei den Staats- und Gemeinde-
steuern Renten und Kapitalzahlungen aus Einrichtungen der beruflichen Vorsorge, die
vor dem 1. Januar 2002 zu laufen beginnen oder fällig werden und auf einem Vorsor-
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1 DB.2014.154 1 ST.2014.193
geverhältnis beruhen, das am 31. Dezember 1985 bereits bestanden hat, zu 80% be-
steuert, wenn sie teilweise, mindestens aber zu 20% aus eigenen Mitteln erworben
worden sind.
Diese Ausnahmebestimmungen sind historisch begründet (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009 und Kommentar zum Zürcher
Steuergesetz, 3. A., 2013, Art. 204 N 2 ff. DBG bzw. § 270 N 3 ff. StG). Im Hinblick auf
das Inkrafttreten der wesentlichen steuerlichen Bestimmungen des BVG am 1. Janu-
ar 1987 wechselten sowohl der Bund als auch der Kanton Zürich von ihrem bisherigen
System der Besteuerung der beruflichen Vorsorge (beschränkte Abzugsfähigkeit der
Beiträge - beschränkte Besteuerung der Leistungen) zum so genannten Waadtländer
Modell (vollumfänglicher Abzug der Beiträge - vollumfängliche Besteuerung der Leis-
tungen). Art. 204 Abs. 1 DBG bzw. § 270 Abs. 1 StG schaffen den Ausgleich dafür,
dass die Vorsorgenehmer ihre Beiträge an Vorsorgeeinrichtungen bis zum Steuerjahr
1986 nur in beschränktem Umfang abziehen konnten (im Rahmen des allgemeinen
Versicherungsabzugs). Die Bestimmungen bieten eine schematische Lösung, die den
Übergang zum Waadtländer Modell ermöglicht und somit nur für die Übergangsgenera-
tion gilt. Deshalb wird die Anwendung dieser Vorschrift auf jene Vorsorgeverhältnisse
beschränkt, die am 31. Dezember 1985 bzw. 1986 bereits bestanden haben.
c) Unter einer Leibrente im Sinn von Art. 516 ff. OR versteht man die vom Le-
ben einer Person abhängige Verpflichtung des Rentenschuldners, dem Rentengläubi-
ger zeitlich wiederkehrende Leistungen in Form von Geld (oder ausnahmsweise in
Gestalt von anderen vertretbaren Sachen) zu erbringen. Dabei ist zwischen dem ein-
heitlichen und unteilbaren Stammrecht einerseits und den daraus fliessenden periodi-
schen Forderungsrechten andrerseits zu unterscheiden. Im Gegensatz zu den Einzel-
ansprüchen ist das Stammrecht weder abtretbar noch pfändbar. Bei Leibrenten mit
Rückgewähr wird das bei vorzeitigem Ableben unverbrauchte Kapital der im Leibren-
tenvertrag begünstigten Person ausgerichtet (vgl. Peter Locher, Kommentar zum DBG,
2001, Art. 22 N 51 mit Hinweisen).
Bei der Besteuerung von Leibrenten und Einkünften aus Verpfründung wird
vom vorerwähnten Waadtländer System abgewichen (BGr, 13. Februar 2004, ASA 74,
161 = StE 2004 B 26.21 Nr. 4 = StR 2004, 346): Diese Einkünfte werden entgegen
diesem System nicht voll besteuert, da auch die Beiträge nur beschränkt abzugsfähig
- 8 -
1 DB.2014.154 1 ST.2014.193
sind. Vielmehr werden Leibrenten und Einkünfte aus Verpfründung nur zu 40% be-
steuert. Die gesetzliche Konzeption geht dabei von der Überlegung aus, dass sich eine
Leibrente aus einem Kapital- und einem Ertragsteil zusammensetzt. Steuerbar ist beim
Empfänger einzig die Ertragskomponente, welche aus Gründen der Vereinfachung und
Praktikabilität bewusst schematisch festgelegt wurde.
Die 40%-Besteuerung wurde erst im Rahmen des Bundesgesetzes über das
Stabilisierungsprogramm 1998 vom 19. März 1999 (StabG) eingeführt. Vorher waren
Leibrenten und Einkünfte aus Verpfründung mit 60% oder 100% besteuert worden,
wobei es für den Besteuerungsumfang auf die Art der Finanzierung ankam (selbstfi-
nanzierte Renten wurden zu 60% besteuert).
2. a) Im vorliegenden Fall ist allein streitig, ob die der Pflichtigen per 2011
ausbezahlte Rente in der Höhe von Fr. 110'274.- unter die Einkünfte aus beruflicher
Vorsorge fällt oder als Leibrente qualifiziert. Nicht umstritten ist, dass im ersteren Fall,
von welchem die Steuerbehörde ausgeht, die erwähnte Übergangsregelung zur An-
wendung gelangt bzw. die Besteuerung der Vorsorgeleistung zu 80% zu erfolgen hat
(vgl. dazu indes nachfolgend lit. d/ff), während im Fall der von der Pflichtigen verfoch-
tenen Leibrente der Besteuerungsansatz bei 40% liegt.
b) Der Pflichtigen wird die streitbetroffene Rente betraglich unverändert seit
dem ... ... 1996 ausbezahlt. Dies lässt sich dem Vergleich entnehmen, welchen sie
am ... ... 1996 mit Dr. D abgeschlossen hatte. Letzterer war gemäss Handelsregister-
recherchen bis Ende 1994 Delegierter des Verwaltungsrates der C AG (später H AG),
was – wenn auch nur ansatzweise – den Umstand erklärt, dass Dr. D den Vergleich
wohl im eigenen Namen unterzeichnet hat, dabei aber nicht sich selber, sondern die
"Personalstiftung der C" verpflichtet hat. So ist in Ziff. 1 festgehalten, dass die der
Pflichtigen von der Letzteren ausgerichtete Rente ab ... ... 1996 auf den Betrag von
Fr. 110'274.- erhöht werde, wobei ab diesem Datum jeder künftige Teuerungsausgleich
entfalle.
In Ziff. 2 des Vergleichs ist sodann festgehalten, dass die Pflichtige das Risi-
ko, zu welchem Satz die Steuerbehörden diese Rente besteuern werde – nämlich
60%, 80% oder 100% – selber trage; die Auseinandersetzung mit den Steuerbehörden
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1 DB.2014.154 1 ST.2014.193
sei ausschliesslich ihre Angelegenheit. Naheliegenderweise muss diese steuermoti-
vierte Vergleichsbestimmung der Auslöser dafür gewesen sein, dass die Pflichtige am
24. Oktober 1996 beim Steuerkommissär in Sachen "Besteuerung der C AG" vor-
sprach. Dabei orientierte sie ihn über den Hintergrund dieser Rente und gab sie ihm
insbesondere auch diverse Unterlagen ab. Noch gleichentags bestätigte ihr nämlich
der Steuerkommissär unter Bezugnahme auf die Besprechung und die eingereichten
Unterlagen, dass die "Rente der C AG" ab dem Steuerjahr 1997 zu 60% steuerbar sei,
was dem damaligen Satz für die Besteuerung von Leibrenten entsprach; ebenfalls hielt
er fest, steuerbehördlich werde anerkannt, dass die Rente aus eigenen Mitteln finan-
ziert sei, wobei er in einer Klammerbemerkung auf einen "Aktienverkauf 1975" hinwies.
Noch am Tag dieser Vorsprache bzw. dieser steuerbehördlichen Bestätigung unter-
zeichnete die Pflichtige in der Folge den besagten Vergleich, welchen Dr. D (mit dem
erwähnten Hinweis auf die von der Pflichtigen zu regelnden Steuerfolgen) schon eine
Woche zuvor unterzeichnet hatte. Wenn die Pflichtige geltend macht, sie hätte den
Vergleich ohne die damalige steuerbehördliche Bestätigung nicht unterschrieben, ist
dies demnach glaubhaft.
In der Folge hat die Pflichtige die Rente unbestrittenermassen über Jahre
hinweg, d.h. bis und mit Steuerperiode 2010, stets als Leibrente zu 40% versteuert
(vgl. für die Steuerperiode 2010 die aktenkundige Veranlagung bzw. Einschätzung).
c) Im hier betroffenen Veranlagungs- bzw. Einschätzungsverfahren 2011 be-
merkte die Steuerkommissärin, dass der Pflichtigen die streitbetroffene Rente von ei-
ner Pensionskasse ausbezahlt wird. Daraus schloss sie, dass keine Leibrente, sondern
eine "reguläre Rente der Pensionskasse" vorliege; Renten aus Pensionskassen re-
spektive aus der 2. Säule könnten in keinem Fall als Leibrenten behandelt und besteu-
ert werden (vgl. Einschätzungsentscheid). Auf den Hinweis der Pflichtigen, dass die
ganze Angelegenheit bereits 1996 steueramtlich geprüft worden sei, weshalb sie dar-
um ersuche, die schon damals eingereichten Akten einzusehen, ging die Steuerkom-
missärin nicht ein bzw. bemerkte sie dazu lediglich, dass aus früheren Einschätzungen
nichts für die Folgejahre abgeleitet werden könne.
Nachdem einspracheweise eine steuerbehördliche Bestätigung aus dem
Jahr 1996 betreffend die "Besteuerung der Rente der C AG" beigebracht worden war,
erwog die Vorinstanz in den angefochtenen Einspracheentscheiden, dass die Pflichtige
- 10 -
1 DB.2014.154 1 ST.2014.193
aus dieser Bestätigung nichts zu ihren Gunsten und insbesondere keinen Anspruch
aus Treu und Glauben ableiten könne, weil nicht der tatsächlich verwirklichte Sachver-
halt bestätigt worden sei. Der Steuerkommissär sei bei seiner Bestätigung offensicht-
lich davon ausgegangen, dass "die Leibrente aus Aktienverkauf" von der C AG entrich-
tet werde und nicht etwa von der Pensionskasse dieser Gesellschaft. Dies wohl auch
deshalb, weil es gar nicht möglich gewesen wäre, dass die Pflichtige per 1996 und
damit neun Jahre nach ihrer Pensionierung noch Einkäufe in die Pensionskasse getä-
tigt hätte; nach Eintritt des Vorsorgefalls sei die Äufnung von Vorsorgegeldern zwangs-
läufig abgeschlossen. Unter diesem Blickwinkel sei die Bestätigung einer selbstfinan-
zierten Leibrente steuerbar zu (damals) 60% korrekt gewesen. Wieso der Vergleich der
Pflichtigen mit Dr. D neun Jahre nach Eintritt des Vorsorgefalls zu einer massiven Ren-
tenerhöhung zulasten der Vorsorgestiftung habe führen können, entziehe sich den
Kenntnissen des Steueramts. Weil sich nicht mehr eruieren lasse, weshalb letztlich
eine Verpflichtung der Pensionskasse der C AG resultiert habe, werde "entgegenkom-
menderweise" auf den sich verwirklichten Sachverhalt und damit auf eine Rentenleis-
tung aus beruflicher Vorsorge abgestellt.
d) Grundsätzlich sind steuermindernde Umstände vom Steuerpflichtigen
nachzuweisen; dies gilt folglich auch für die Umstände, welche dazu führen, dass eine
ausbezahlte Rente nicht gemäss Regelfall zu 100%, sondern zu 80%, 60% oder 40%
steuerbar ist. Grundsätzlich hat damit die Pflichtige nachzuweisen, dass die ihr per
2011 ausbezahlte Rente als Leibrente qualifiziert, welche zu 40% steuerbar ist.
aa) Für das Vorliegen einer Leibrente spricht zunächst der Umstand, dass die
Rente in der förmlichen Rentenbescheinigung der "PK der C AG" als solche bezeichnet
wird (vgl. Rentenbescheinigung). Für eine Rente aus beruflicher Vorsorge spricht dem-
gegenüber der Umstand, dass die Rente von einer Pensionskasse (der "PK der C AG")
ausbezahlt wird. Dies ist gleichzeitig aber auch der einzige Umstand, welcher die steu-
eramtliche Rentenqualifikation zu stützen vermag. Das Auszahlen einer Rente durch
eine Pensionskasse muss jedoch nicht zwingend bedeuten, dass tatsächlich eine Ren-
te aus beruflicher Vorsorge vorliegt. So ist durchaus denkbar, dass die Pensionskasse
bloss als Zahlstelle eingesetzt worden ist; dies etwa mit Blick darauf, dass die monatli-
che Auszahlung einer im Umfeld des Arbeitsverhältnisses anzusiedelnden Leibrente
letztlich irgendwie administrativ umgesetzt werden musste und von daher die Auszah-
- 11 -
1 DB.2014.154 1 ST.2014.193
lung via die Pensionskasse, welche ohnehin allen Pensionären der C AG die monatli-
chen Renten auszuzahlen hat, zumindest nicht abwegig erscheint.
bb) Bei dieser Lage der Dinge müssten an sich die Hintergründe dieser Rente
zwecks deren Qualifikation als Leibrente oder Rente aus beruflicher Vorsorge genauer
untersucht werden. Offensichtlich verfügt die 1925 geborene Pflichtige jedoch nicht
mehr über alle Unterlagen aus der Zeit, weshalb sie grundsätzlich die Folgen der Be-
weislosigkeit zu tragen hätte.
cc) Vom Grundsatzfall ist hier jedoch nicht auszugehen, weil die Steuerbehör-
de die "Besteuerung der Rente C AG" bereits im Kalenderjahr 1996 prüfte und dabei
der Pflichtigen im Rahmen eines sogenannten Vorbescheids bestätigte, es liege eine
(aus Aktienverkauf) selbstfinanzierte Rente vor, welche nach dem für Leibrenten gel-
tenden Satz steuerbar sei (vgl. Bestätigung vom ... ... 1996).
Ein solcher Vorbescheid entfaltet für die nachfolgenden Einschätzungsverfah-
ren Wirkung, soweit dies im Rahmen des Grundsatzes von Treu und Glauben geboten
ist (BGE 121 II 479; Gr, 7. Juni 2006, StE 2006 B 25.6 Nr. 54, E. 3.1.3). Dies ist der
Fall, wenn
• die Behörde ohne Vorbehalt einer bestimmten Person eine Auskunft in Be-
zug auf einen konkreten, korrekt und vollständig dargelegten Sachverhalt
erteilt hat,
• die Behörde für die Erteilung der betreffenden Auskunft zuständig war oder
wenn sie die steuerpflichtige Person aus zureichenden Gründen als zu-
ständig betrachten konnte,
• die steuerpflichtige Person die Unrichtigkeit der Auskunft nicht ohne weite-
res erkennen konnte,
• die steuerpflichtige Person im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft
Dispositionen getroffen hat, die nicht ohne Nachteil rückgängig gemacht
werden können, und
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• wenn die gesetzliche Ordnung seit der Auskunftserteilung keine Änderung
erfahren hat.
Sind diese Voraussetzungen kumulativ erfüllt, und hat sich der Sachverhalt im
Zeitpunkt der Anfrage nicht bereits verwirklicht, wird die mit dem steueramtlichen Vor-
bescheid festgelegte steuerliche Beurteilung im Einschätzungsverfahren grundsätzlich
nicht mehr in Wiedererwägung gezogen, selbst wenn sich die Auskunft im Nachhinein
als unrichtig erweisen sollte. Hingegen muss die Einschätzung bei Abweichungen vom
dargestellten Sachverhalt oder bei Änderungen der gesetzlichen Grundlagen und
Rechtsprechung, welche der Beurteilung zugrunde liegen, aufgrund der im Zeitpunkt
der Einschätzung anwendbaren Rechtsgrundlagen vorgenommen werden (vgl. das
Merkblatt des Kantonalen Steueramtes betreffend Begehren um amtliche Auskünfte
und Vorbescheide vom 13. Oktober 2008; ZStB Nr. 30/500).
dd) In Bezug auf die vorstehend aufgeführten Voraussetzungen für die Inan-
spruchnahme des Vertrauensschutzes fehlt es gemäss Vorinstanz lediglich an einer
solchen Voraussetzung. Ihrem Dafürhalten, der Steuerkommissär sei bei seiner Bestä-
tigung nicht vom Sachverhalt ausgegangen, wie er sich danach verwirklicht habe, kann
indes nicht zugestimmt werden. Nach dem bereits Gesagten hat die Pflichtige die da-
malige steuerbehördliche Abklärung betreffend die Rentenbesteuerung im Zusammen-
hang mit dem ihr von Dr. D vorgeschlagenen Vergleich vorgenommen; diesen Ver-
gleich wird sie also neben anderen Dokumenten damals vorgelegt haben. Im Vergleich
ist nun aber in Ziff. 1 eindeutig davon die Rede, dass die der Pflichtigen von der "Per-
sonalstiftung der C AG" ausgerichtete Rente auf Fr. 110'274.- angehoben werde. Ent-
gegen der vorinstanzlichen Auffassung konnte also der damals zuständige Steuer-
kommissär nicht davon ausgehen, es handle sich um eine von der C AG ausgerichtete
(Leib-)Rente, sondern war ihm bekannt, dass die zu beurteilende Rente von deren
Personalvorsorgestiftung ausbezahlt wird. Dass die Pflichtige dem Steuerkommissär
damals noch andere Dokumente vorlegte, ergibt sich aus dem Hinweis des Letzteren,
wonach steuerbehördlich anerkannt werde, dass die Rente aus eigenen Mitteln im Zu-
sammenhang mit dem "Aktienverkauf 1975" finanziert sei. Auszugehen ist mithin da-
von, dass der Steuerkommissär mit Blick auf sämtliche ihm vorgelegte Unterlagen zum
Schluss kam, bei der fraglichen Rente handle es sich um eine von der Pflichtigen
selbst finanzierte Leibrente (wobei die Mittel zur Selbstfinanzierung einem Aktienver-
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1 DB.2014.154 1 ST.2014.193
kauf aus dem Jahr 1975 entstammen), welche ihr letztlich (aus welchen Gründen auch
immer) von der Personalvorsorgestiftung der C AG ausbezahlt wird.
In der Folge wurde der Pflichtigen diese Rente gemäss den erwähnten Ren-
tenbescheinigungen denn auch immer von der "PK der C AG" ausbezahlt und wurde
diese von der Steuerbehörde – dem Vermerk auf den Bescheinigungen entsprechend
– auch immer als Leibrente besteuert. Unter diesen Umständen musste die Pflichtige
mit Blick auf den Vertrauensschutz nicht damit rechnen, dass die Qualifikation der Ren-
te als Leibrente 15 Jahre später wieder in Frage gestellt würde und deshalb sämtliche
der Steuerbehörde bereits abgegebenen Unterlagen dereinst wieder von Bedeutung
sein könnten. In letzterem Zusammenhang durfte sie zudem davon ausgehen, dass
das Steueramt die für die Prüfung der Rentenbesteuerung bereits abgegeben Unterla-
gen aufbewahren würde; dies insbesondere mit Blick auf die steuerbehördliche Akten-
führungspflicht (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 124 N 42 StG), welche bei lang-
jährigen Sachverhalten (hier lebenslang laufende Rente) eine entsprechend lange
Aufbewahrung von eingereichten wichtigen Unterlagen in den sogenannten "Dauerak-
ten" erheischt.
ee) Die Vorinstanz äussert sich nicht zum Umstand, dass die von der Pflichti-
gen seinerzeit vorgelegten Unterlangen bei der Steuerbehörde offensichtlich nicht
mehr vorhanden sind. Ohne diese Unterlagen kann aber nicht geprüft werden, ob die
damalige Bestätigung des Steuerkommissärs betreffend das Vorliegen einer zu 40%
steuerbaren Leibrente womöglich falsch war. Aus dem blossen Umstand, dass die
Leibrente von der "PK der C" ausbezahlt wurde, folgt dies jedenfalls nicht. Zu beden-
ken ist bei alledem, dass die 1925 geborene Pflichtige seit 1955 bei der C AG ange-
stellt war und dort im Kalenderjahr 1987 (im Alter von 62 Jahren) auch pensioniert
worden ist. Der auch in der steuerbehördlichen Bestätigung erwähnte Aktienverkauf,
aus welchem die streitige Rente letztlich finanziert worden ist, fand sodann 1975 und
damit rund 10 Jahre vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-,
Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) statt. Weil sodann gemäss Angaben der
Pflichtigen das Kaderpersonal der C AG in der Zeit vor dem BVG-Obligatorium nicht
versichert war, ist gut vorstellbar, dass die Pflichtige beim Verkauf ihrer Drittelsbeteili-
gung der C AG der offenbar von den Erwerbern (Mitaktionären) vorgeschlagenen Teil-
abgeltung des Kaufpreises in Rentenform zustimmte, um dergestalt private Altersvor-
sorge zu betreiben. Der Einwand der Vorinstanz, die erstmalige Rente per 1987 von
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1 DB.2014.154 1 ST.2014.193
monatlich Fr. 6'208.- spreche gegen eine Kaderfunktion der Pflichtigen (bzw. gegen
deren Nichtversicherung), überzeugt nicht; eine solche Rentenhöhe per 1987 konnte
von einer Angestellten ohne Kaderfunktion im Rahmen damaliger Versicherungsmög-
lichkeiten kaum erreicht werden. Im Übrigen wird im Vergleich von 1996 auf eine be-
reits laufende Rente Bezug genommen; auszugehen ist deshalb davon, dass die Rente
nicht auf eine altrechtliche Pensionskassenversicherung mit paritätischen Beiträgen
zurückgeht, sondern allein auf den Aktienverkauf 1975, wobei es nach der Pensionie-
rung der Pflichtigen dann offenbar zu Auseinandersetzungen betreffend die Kaufpreis-
abgeltung in Rentenform bzw. betreffend die Rentenhöhe kam, welche schliesslich mit
dem besagten Vergleich erledigt worden sind. Dafür spricht zudem, dass im Vergleich
unter Ziff. 3 auch umstrittene "frühere Ausgleichszahlungen" an die Pflichtige geregelt
worden sind. Dass im Einklang mit diesen Mutmassungen in jedem Fall eine vollstän-
dig selbstfinanzierte Rente vorlag, wurde denn auch steueramtlich bestätigt.
Gemäss den vorstehenden Erwägungen spielte sich der nicht mehr genau
eruierbare Sachverhalt in einem Zeitraum ab, in welchem das BVG-Obligatorium noch
nicht eingeführt war und mit Blick auf die freiwillige berufliche Vorsorge und diesbezüg-
liche Personalvorsorgeeinrichtungen andere rechtliche Grundlagen galten. Auch von
daher ist keineswegs auszuschliessen, dass der hier in Frage stehende unvollständige
Sachverhalt (Verkauf einer Drittelsbeteiligung einer Gesellschaft an die beiden Mitakti-
onäre u.a. gegen eine Leibrente, welche danach von der Pensionskasse der Gesell-
schaft ausbezahlt wird) bei Kenntnis des detaillierten Sachverhalts und der damaligen
Rechtslage auch heute noch so zu würdigen wäre, wie es der Steuerkommissär im
Rahmen des 1996 abgegebenen Vorbescheids getan hat.
Wäre dies nicht der Fall und hätte der Steuerkommissär seinerzeit eine fal-
sche Auskunft erteilt, so wäre der Pflichtigen die weitere Besteuerung der Rente als
Leibrente zu 40% gleichwohl gestützt auf den Grundsatz von Treu und Glauben zuzu-
gestehen. Nach dem bereits Gesagten stimmte sie dem damaligen Vergleich offen-
sichtlich nur zu, weil ihr der Steuerkommissär die entsprechende Zusicherungen (voll-
ständig selbstfinanzierte Rente, steuerbar zum Satz für Leibrenten) abgegeben hatte.
Damit traf sie damals gestützt auf den erhaltenen Vorbescheid Dispositionen, welche
ohne Nachteil nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Auch die anderen Vor-
aussetzungen für die Inanspruchnahme des Vertrauensschutzes sind nach dem Ge-
sagten erfüllt.
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1 DB.2014.154 1 ST.2014.193
ff) Bemerkungsweise bleibt anzufügen, dass gemäss steueramtlicher Be-
scheinigung aus dem Jahr 1996 in jedem Fall von einer vollständig selbstfinanzierten
Rente auszugehen ist. Im Bereich der direkten Bundessteuer hätte damit bei Qualifika-
tion der Rente als solche aus regulärer beruflicher Vorsorge gestützt auf die eingangs
erwähnte Übergangsregelung die Besteuerung zu 60% und nicht – wie veranlagt – zu
80% zu erfolgen (vgl. E. 1b).
e) Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die streitbetroffene Rente von
der Steuerbehörde zu Unrecht neu im Umfang von 80% besteuert worden ist bzw. wei-
terhin die für Leibrenten geltende 40%-Besteuerung anwendbar bleibt. Damit sind die
Einkommenssteuerfaktoren antragsgemäss zu korrigieren.
3. a) Nach alledem sind die Beschwerde und der Rekurs gutzuheissen.
b) Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten der Beschwerdegeg-
nerin bzw. dem Rekursgegner aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG bzw. § 151 Abs. 1
StG).
c) Eine Parteientschädigung ist von den obsiegenden Pflichtigen nicht bean-
tragt worden, steht ihr im Bereich der direkten Bundessteuer jedoch von Amts wegen
zuzusprechen (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 - 3 des Bundesgesetzes über
das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968). | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
515daf21-321e-4707-96ec-11afdb3a1572 | hat sich ergeben:
A. 1. A (nachfolgend die Pflichtige) war verheiratet mit C, welcher im August
2005 verstarb. Mit Erbvertrag vom 8. Juni 2004 hatten die Eheleute noch zu Lebzeiten
für den Fall des Vorversterbens von C u.a. vereinbart, dass eine Stiftung, die C und A
Stiftung, gegründet werde. In die Stiftung sollte ausser ein paar Vermächtnissen und
einer Liegenschaft für die Pflichtige der gesamte Nachlass von C eingebracht werden.
Es wurde folgender Stiftungszweck festgelegt: Vorerst, d.h. bis zum Tod der Pflichti-
gen, hätte die Stiftung einzig den Zweck gehabt, der Letzteren lebenslänglich eine mo-
natliche Rente von Fr. 6'000.- auszuzahlen. Nach dem Tod der Pflichtigen sollte sie mit
den dannzumal noch zur Verfügung stehenden Mitteln bestimmt umschriebene wohltä-
tige Zwecke erfüllen.
Im Januar 2006 beschied die Eidgenössische Stiftungsaufsicht dem Willens-
vollstrecker, dass sie die Aufsicht über die C und A Stiftung nicht übernehmen könne
und diese auch nicht in das Handelsregister eingetragen werden dürfe. Denn es handle
sich bei ihr aktuell um einen Familienfideikommiss, der nach schweizerischer Gesetz-
gebung nicht zulässig sei. Erst nach dem Tod der Pflichtigen liege eine Stiftung mit
einem gesetzmässigen Zweck (Gemeinnützigkeit) vor, sodass erst in jenem Zeitpunkt
ein Eintrag ins Handelsregister möglich sei. In der Folge wurde mit Erbteilungsvertrag
über den Nachlass von C vom 17. April 2008 u.a. vereinbart, dass der Pflichtigen an-
stelle der vorgesehenen Rente ein Kapital von Fr. 1'786'304.- zu freiem Eigentum aus-
gerichtet werde. Am ... wurde die Stiftung nach vorgängiger Errichtung ins Handelsre-
gister eingetragen, wobei als Zweck nurmehr die gemeinnützigen Aktivitäten
ausgewiesen wurden.
Im Einschätzungsverfahren für die Steuerperiode 2005 (xx.8. - 31.12.) erfass-
te der Steuerkommissär das Rentenkapital abzüglich der bereits ausgerichteten Rente,
d.h. insgesamt Fr. 1'948'304.-, bei der Pflichtigen als steuerbares Vermögen aus Erb-
schaft. Die Einschätzung bzw. Veranlagung für diese Steuerperiode ist in Rechtskraft
erwachsen.
2. Im Einschätzungs-/Veranlagungsverfahren für die Steuerperiode 2006 ver-
trat die neu zuständige Steuerkommissärin die Auffassung, dass die Pflichtige Alleiner-
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1 ST.2009.312 1 DB.2009.188
bin sei, weil ihr wegen Ungültigkeit der C und A Stiftung sämtliches Nachlassvermögen
des verstorbenen Ehemanns samt Ertrag und nicht nur die kapitalisierte Rente zuzu-
ordnen sei. Nach Durchführung eines den Umfang des Nachlassvermögens betreffen-
den Auflage- und Mahnverfahrens schätzte sie die Pflichtige am 9. März 2009 wie folgt
ein:
Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
Fr. Fr.
steuerbares Einkommen 46'400.- 46'200.-
satzbestimmendes Einkommen 46'400.-
steuerbares Vermögen 3'448'000.-
satzbestimmendes Vermögen 3'595'000.-
Rückerstattungsanspruch für die Verrechnungssteuer 2007 (Fälligkeiten 2006) 5'754.80.
Dabei ermittelte sie das Nachlassvermögen mit Fr. 3'048'307.- und den Ertrag
darauf mit Fr. 15'904.-.
B. Hiergegen liess die Pflichtige am 9. April 2009 Einsprache erheben und
beantragen, das steuerbare Einkommen um den Nachlassertrag von Fr. 15'904.- und
das steuerbare Vermögen um den die kapitalisierte Rente überschiessenden Teil des
Nachlasses von Fr. 1'172'003.- zu reduzieren. Zur Begründung wurde vorgebracht, die
Stiftung sei bereits im Zeitpunkt des Todes des Erblassers entstanden und nicht erst
mit Eintrag im Handelsregister im Jahr 2008, da der Eintrag nur deklaratorischer Natur
sei. Mithin sei die Stiftung ab diesem Zeitpunkt für die ihr zugeflossenen Vermögens-
werte des Nachlasses steuerpflichtig. Dank des nunmehr einzigen, gemeinnützigen
Zwecks sei der Stiftung im Frühsommer 2008 die Steuerbefreiung zuerkannt worden.
Die Pflichtige sei damit nicht Alleinerbin, sondern bilde zusammen mit der Stiftung eine
Erbengemeinschaft. Diese Qualifikation liege auch der Einschätzung 2005 zugrunde,
sodass die Pflichtige in der vorliegend streitigen Steuerperiode schon gestützt auf den
Grundsatz von Treu und Glauben gleich einzuschätzen sei.
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Mit Eingabe vom 27. August 2009 liess die Pflichtige um Erhöhung des steu-
erbaren Vermögens um ein nicht deklariertes Bankkonto und Erhöhung des steuerba-
ren Einkommens um den damit erzielten Ertrag nachsuchen.
Das kantonale Steueramt nahm die Einsprache auch als solche gegen die
Veranlagung der direkten Bundessteuer entgegen und wies beide Rechtsmittel am
9. Oktober 2009 ab. Gleichzeitig schätzte es die Pflichtige der Nachdeklaration des
Bankkontos entsprechend wie folgt höher ein:
Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
Fr. Fr.
steuerbares Einkommen 46'600.- 46'400.-
satzbestimmendes Einkommen 46'600.-
steuerbares Vermögen 3'522'000.-
satzbestimmendes Vermögen 3'670'000.-
. Rückerstattungsanspruch für die Verrechnungssteuer 2007 (Fälligkeiten 2006) 5'823.65.
Es erwog, die gemäss ursprünglichem Erbvertrag vorgesehene Stiftung sei
nichtig und habe die Rechtspersönlichkeit nicht erlangt. Erst am ... sei sie gültig errich-
tet und am ... ins Handelsregister eingetragen worden. Dementsprechend sei die
Pflichtige Alleinerbin des verstorbenen Ehemanns, was auch aus der neuen Erbbe-
scheinigung des Bezirksgerichts Meilen hervorgehe. Ein diesen Umstand berücksichti-
gender Erbteilungsvertrag habe die Pflichtige zudem am 17. April 2008 geschlossen,
sodass ihr zivil- und steuerrechtlich ab dem Todestag das ganze eheliche Vermögen
angewachsen sei. Erst mit der Widmung des Vermögens an die mittlerweile errichtete
Stiftung sei dieses Vermögen teilweise wieder abgeflossen. Die anderslautende Ein-
schätzung 2005 ändere daran nichts.
C. Mit Rekurs bzw. Beschwerde vom 11. November 2009 liess die Pflichtige
Einspracheantrag und -begründung wiederholen und die Zusprechung einer Parteient-
schädigung verlangen. Der Rückerstattungsanspruch für die Verrechnungssteuer blieb
unbestritten.
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1 ST.2009.312 1 DB.2009.188
Das kantonale Steueramt schloss am 25. November 2009 auf kostenfällige
Abweisung der Rechtsmittel, ebenso die Eidgenössische Steuerverwaltung am
30. Dezember 2009 hinsichtlich der Beschwerde. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Der Erblasser ist gemäss Art. 493 ZGB befugt, den verfügbaren Teil sei-
nes Vermögens ganz oder teilweise für irgendeinen Zweck als Stiftung zu widmen
(Abs. 1). Die Stiftung ist jedoch nur dann gültig, wenn sie den gesetzlichen Vorschriften
entspricht (Abs. 2). Die Frage der Gültigkeit stellt sich insbesondere bei Familienstif-
tungen:
b) Ein Vermögen kann nach Art. 335 ZGB mit einer Familie dergestalt verbun-
den werden, dass zur Bestreitung der Kosten der Erziehung, Ausstattung oder Unter-
stützung von Familienangehörigen oder zu ähnlichen Zwecken nach den Regeln des
Personenrechts oder des Erbrechts eine Familienstiftung errichtet wird (Abs. 1). Die
Errichtung von Familienfideikommissen ist nicht mehr gestattet (Abs. 2). Eine nach
Art. 335 Abs. 1 ZGB zulässige Familienstiftung muss somit einem in dieser Bestim-
mung aufgezählten Zweck entsprechen (Harold Grüninger in: Basler Kommentar, 3. A.,
2006, Art. 335 N 6 ZGB). Der gemeinsame Nenner dieser Zwecke liegt darin, dass den
zum Kreis der Begünstigten gehörenden Familienangehörigen in bestimmten Lebens-
lagen (im Jugendalter, bei Gründung eines eigenen Hausstands oder einer eigenen
Existenz, im Fall von Not) zur Befriedigung der daraus sich ergebenden besonderen
Bedürfnisse Hilfe geleistet werden soll (BGE 108 II 394, auch zum Folgenden). Auch
die vom Gesetz ausdrücklich erwähnten "ähnlichen Zwecke" setzen stets eine beson-
dere Bedürfnissituation seitens der Destinatäre voraus, indem Familienmitgliedern in
bestimmten Lebenslagen materielle Hilfe geleistet wird. Die Rechtsprechung hat na-
mentlich Stiftungen zur voraussetzungslosen Bestreitung des allgemeinen Lebensun-
terhalts einer Familie oder einzelner ihrer Angehörigen unter dem Stichwort der reinen
Unterhalts- oder Genussstiftungen als unzulässig erklärt (BGE 71 II 86 ff. und 108 II
393 ff. mit Verweisungen). Stiftungen dürfen also Familienangehörigen ohne besonde-
re Voraussetzungen weder den Genuss des Stiftungsvermögens, noch der Erträgnisse
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1 ST.2009.312 1 DB.2009.188
hieraus zur schlichten Verbesserung ihres Lebensniveaus ohne Bedarfssituation ver-
schaffen (Grüninger, Art. 335 N 9 ZGB).
Stiftungen, welche den gesetzlichen Rahmen von Art. 335 Abs. 1
ZGB sprengen, gelten als Familienfideikommisse und sind in der Regel nichtig (Grü-
ninger, Art. 335 N 13 ZGB, auch zum Folgenden). Sie verfügen über keine Rechtsper-
sönlichkeit, sondern bilden lediglich ein Sondervermögen des jeweiligen Inhabers bzw.
Nutzniessungsberechtigten. Sind jedoch bloss einzelne Teile der Stiftung als Fidei-
kommiss ausgestaltet, kann es sich rechtfertigen, nur diesen Teil als nichtig zu be-
trachten und damit nur Teilnichtigkeit anzunehmen mit der Folge, die Stiftung mit dem
zulässigen Teil aufrecht zu erhalten. Davon abzusehen ist jedoch dann, wenn anzu-
nehmen ist, der Stifter hätte die Stiftung ohne den nichtigen Teilzweck gar nicht ins
Leben gerufen, in welchem Fall auf gänzliche Nichtigkeit zu schliessen ist (Grüninger,
Art. 335 N 7 ZGB). Möglich ist zudem das Gebilde durch Konversion z.B. in eine klas-
sische bzw. gewöhnliche Stiftung mit einem zulässigen Zweck umzudeuten (BGE 93 II
444).
c) Die Errichtung einer Stiftung durch den Erblasser – auch Erbstiftung ge-
nannt – richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen des Stiftungsrechts in Art. 81
ZGB. Danach erfolgt die Errichtung durch Verfügung von Todes wegen (Abs. 1, in der
revidierten Fassung vom 8. Oktober 2004), d.h. in der Regel durch letztwillige Verfü-
gung oder durch Erbvertrag. Durch letztere Form ist die Errichtung allerdings erst auf-
grund der Teilrevision des Stiftungsrechts u.a. in Art. 81 Abs. 1 ZGB und damit erst ab
1. Januar 2006 möglich (= Datum der Inkraftsetzung der Teilrevision). Bis zu diesem
Zeitpunkt war die Errichtung mittels Erbvertrag unzulässig (BGE 96 II 273 bestätigt in
105 II 253). Sofern die Errichtung allerdings nur formell in einem Erbvertrag, materiell
jedoch in einer frei widerrufbaren letztwilligen Verfügung erfolgte, war sie aber auch
unter dem alten Recht zulässig und durchsetzbar (Grüninger, Art. 81 N 12 ZGB).
Privatrechtliche Stiftungen – ausgenommen die rein kirchlichen und Familien-
stiftungen – sind eintragungsbedürftig (Grüninger, Art. 81 N 14 ZGB). Sie sind nach
ihrer Errichtung gehalten, sich im Handelsregister eintragen zu lassen, und erwerben
die Rechtspersönlichkeit erst, d.h. konstitutiv mit dem Eintrag. Kirchliche und Familien-
stiftungen unterliegen demgegenüber dem System der Errichtungsfreiheit, sind aber
eintragungsfähig, d.h. sie sind zur – in ihrem Fall nicht konstitutiv, sondern lediglich
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1 ST.2009.312 1 DB.2009.188
deklaratorisch wirkenden – Eintragung im Handelsregister berechtigt, nicht aber ver-
pflichtet.
Eine in gehöriger Form errichtete, eintragungsbedürftige Stiftung ist jedoch
gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts und herrschender Lehre ab Errichtung
bis zum Eintrag einem Kind vor der Geburt (nasciturus) gemäss Art. 31 Abs. 2
ZGB vergleichbar, d.h. sie ist trotz der konstitutiven Wirkung des Handelsregisterein-
trags bedingt rechtsfähig (BGE 99 I1 265 f.; 81 I1 583). Als solche kann sie unter dem
Vorbehalt der Eintragung Vermögen erwerben und ist entsprechend partei- sowie pro-
zessfähig (BGE 103 Ib 8). Hans Michael Riemer (in: Berner Kommentar, 1981, Art. 80
N 4 und 11 ff., Art. 81 N 77 f. ZGB) teilt diese Auffassung des Bundesgerichts bezüg-
lich bedingter Rechtsfähigkeit zumindest für Stiftungserrichtungen von Todes wegen,
weil ansonsten diese Stiftungen gar nicht unmittelbare Rechtsnachfolger des Stifters
sein könnten (anders derselbe dagegen für die unter Lebenden errichteten Stiftungen).
Unter der Voraussetzung, dass die Erbstiftung ihre Rechtsfähigkeit mit dem
Handelsregistereintrag erlangt, erwirbt sie ihr Vermögen direkt vom Erblasser und da-
mit rückwirkend von diesem. Ein Umweg über die gesetzlichen Erben braucht es nicht
(Grüninger, Art. 493 N 4 ZGB).
2. a) Vorliegend hat C die Errichtung der streitigen C und A Stiftung für den
Fall seines Vorversterbens in einem Erbvertrag mit der Pflichtigen vom 8. Juni 2004
veranlasst. In diesem Zeitpunkt war die Errichtung einer Erbstiftung mittels Erbvertrag
gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts allerdings nicht zulässig; die Legitimation
hierzu wurde erst mit der am 1. Januar 2006 in Kraft gesetzten Teilrevision des Stif-
tungsrechts in Art. 81 Abs. 1 ZGB geschaffen (Ersatz der zulässigen Errichtungsform
der letztwilligen Verfügung durch die allgemeine Form der Verfügung von Todes we-
gen). Die Errichtung durch C erfolgte jedoch zumindest materiell in der Form einer
letztwilligen Verfügung (Testament). So wurde in Ziff. I.6. Abs. 2 des Erbvertrags aus-
drücklich festgehalten, den Parteien sei bewusst, dass eine Stiftung nach schweizeri-
schem Recht nicht mittels Erbvertrag errichtet werden könne, weshalb sie erklärten,
dass diese Bestimmung (Ziff. I.6.) nicht vertraglicher, sondern testamentarischer Natur
sei und von C jederzeit frei widerrufen werden könne. Die Errichtung der Stiftung war
daher nur formell in der Form des Erbvertrags, materiell dagegen in der Form des Tes-
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1 ST.2009.312 1 DB.2009.188
taments erfolgt, weshalb die Errichtung nach dem Gesagten auch unter Geltung des
alten Stiftungsrechts gleichwohl insofern gültig ist.
b) Als erster Zweck der Stiftung war für den Fall des Vorversterbens von C
einzig vorgesehen, der Pflichtigen bis zum Tod jeden Monat eine (indexierte) Rente
von Fr. 6'000.- auszurichten (Ziff. I.6. Abs. 1 lit. c Abs. 1 des Erbvertrags). Die Rente
war an keinen irgendwie gearteten Verwendungszweck gebunden, sodass die Pflichti-
ge über sie völlig frei hätte verfügen können. Damit handelte es sich aber bis zum Tod
der Pflichtigen um eine reine Genussstiftung. Diese Art der Stiftung fällt unter das Ver-
bot des Fideikommiss von Art. 335 Abs. 2 ZGB, sodass die Stiftung insofern nichtig ist.
Dies hat denn auch die Eidgenössische Stiftungsaufsicht dem Willensvollstrecker am
25. Januar 2006 zu Recht mitgeteilt und zutreffend festgehalten, dass eine Eintragung
der Stiftung im Handelsregister unter diesen Umständen daher (vorerst) nicht möglich
sei.
Als zweiter Stiftungszweck wurde festgelegt, dass die Stiftung nach dem Tod
der Pflichtigen arme, hungernde, kriegsversehrte Kinder in sowie die medizinischen
Forschung in der Schweiz unterstütze (Ziff. I.6. lit. c Abs. 2 des Erbvertrags). Dieser
Zweck ist stiftungsrechtlich ohne Zweifel zulässig, weshalb die Stiftung insofern gültig
ist. Ein Eintrag der Stiftung im Handelsregister wäre nach dem Tod der Pflichtigen da-
her in Übereinstimmung mit der Auffassung der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht oh-
ne weiteres möglich.
Damit handelt es sich um eine Stiftung, die hinsichtlich ihres ersten Zwecks
ungültig bzw. nichtig, bezüglich ihres zeitlich nachfolgenden zweiten Zwecks jedoch
gültig ist. Es liegt Teilnichtigkeit der Stiftung vor. Die Annahme, C hätte die Stiftung
ohne den nichtigen Teil nicht ins Leben gerufen, drängt sich nicht auf. Denn er hat die
Errichtung der Stiftung nur mit dem zweiten Zweck auch für den Fall des Vorverster-
bens der Pflichtigen vorgesehen (Ziff. III.1. des Erbvertrags). Demnach ist nicht von
einer in ihrer Gesamtheit nichtigen, sondern nur von einer bezüglich der Rentenaus-
zahlung an die Pflichtige bzw. hinsichtlich des zeitlich ersten Zwecks nichtigen Erbstif-
tung auszugehen.
Der Stiftungszweck wurde in der Folge diesen Erkenntnissen entsprechend
angepasst, indem in der Stiftungsurkunde vom ... als einziger Zweck nurmehr die Un-
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terstützung von armen, hungernden, kriegsversehrten Kindern in sowie der medizini-
sche Forschung in der Schweiz statuiert wurde. Dies stimmt mit der ursprünglichen
Umschreibung des zeitlich zweiten Zwecks der Stiftung im Erbvertrag vom 6. Juni 2004
überein. Mit diesem (modifizierten) Zweck wurde die Stiftung am ... im Handelsregister
eingetragen.
c) Nach dem Gesagten erwirbt eine Erbstiftung die Rechtspersönlichkeit zwar
erst mit dem Handelsregistereintrag, sie kann aber in der Zeit davor, d.h. ab Errichtung
bis Eintrag als nasciturus unter dem Vorbehalt der Eintragung gleichwohl schon Ver-
mögen erwerben.
Die C und A Stiftung wurde, soweit es ihren zweiten, gemeinnützigen Zweck
betrifft, schon gültig im Erbvertrag auf den Tod des Erblassers hin am 13. August 2005
errichtet. Die nochmalige Errichtung am ... mit der nämlichen Zweckumschreibung
wirkt sich nur deklaratorisch aus. Demnach konnte die Stiftung aber ab dem Todestag
diesen – nur diesen – Zweck betreffend schon Vermögen erwerben, da sie mit dem
entsprechenden Zweck am ... im Handelsregister eingetragen wurde und der Vorbe-
halt der Eintragung damit erfüllt war. Den auf diesen Zweck entfallenden Teil des
Nachlasses hat damit nicht die Pflichtige, sondern (rückwirkend und direkt) die Stiftung
erworben. Dieser Teil des Nachlasses samt Ertrag ist daher von Letzterer und nicht
von der Pflichtigen zu versteuern.
Anders verhält es sich dagegen mit dem auf die Rente entfallenden Teil des
Nachlasses. Diesbezüglich erweist sich die Stiftung als nichtig mit der Folge, dass sie
insofern nicht ins Handelsregister eingetragen werden und daher auch kein Vermögen
aus dem Nachlass erwerben konnte. Der entsprechende Teil des Nachlasses samt
Ertrag ist daher zivil- und steuerrechtlich der Pflichtigen zuzuordnen (§§ 20 Abs. 1 lit. a
und 38 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997, StG sowie Art. 20 Abs. 1 lit. a des
Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990, DBG).
d) Dass die zweite Erbbescheinigung vom 1. April 2008 nunmehr auf die
Pflichtige als Alleinerbin lautet, wogegen diese Stellung in der ersten Erbbescheinigung
vom 13. Februar 2006 noch der Stiftung zukam, ändert daran nichts. Denn die Erbbe-
scheinigung ist lediglich ein provisorischer Ausweis und vermag kein materielles Recht
zu schaffen. Sie hat vielmehr nur praktische Bedeutung für die Regelung der Nach-
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lassangelegenheiten durch die Erben im Umgang mit Behörden, Ämtern, Banken etc.
(Martin Karrer, in: Basler Kommentar, 3. A., 2007, Art. 559 N 3 ZGB).
e) Im Ergebnis ist damit die Besteuerung der Pflichtigen in der Steuerperiode
2006 analog der Einschätzung/Veranlagung für die Vorperiode 2005 durchzuführen.
Erwägungen zum Einwand der Pflichtigen, sie habe auf eine solche Einschät-
zung/Veranlagung schon gestützt auf den Grundsatz von Treu und Glauben Anspruch,
erübrigen sich daher.
3. Der Nachlass von C beträgt per 31. Dezember 2006 gemäss unbestrittener
Aufstellung des kantonalen Steueramts Fr. 3'048'307.- und der damit erzielte Ertrag
Fr. 15'904.-.
Der auf die Rente und daher auf die Pflichtige entfallende Teil beträgt unstrei-
tig Fr. 1'972'304.-. Bis Ende 2006 wurden der Pflichtigen davon bereits Rentenbetreff-
nisse von Fr. 96'000.- ausbezahlt, sodass ihr per diesen Stichtag noch ein Vermö-
gensbetreffnis von Fr. 1'876'304.- zuzuordnen ist. Demnach ergibt sich eine
Herabsetzung des von ihr zu versteuernden Nachlassvermögens per Ende 2006 wie
beantragt von (Fr. 3'048'307.- ./. Fr. 1'876'304.- =) Fr. 1'172'003.-. Das satzbestimmen-
de Vermögen reduziert sich um diesen Betrag auf Fr. 2'498'000.- und das steuerbare
Vermögen auf Fr. 2'367'000.-.
Den auf dem Nachlass angefallenen Ertrag von Fr. 15'904.- will die Pflichtige
vollständig der Stiftung zugewiesen haben mit der Begründung, dass keine Verzinsung
vorgesehen gewesen und ihr von der Stiftung auch keine solche ausgerichtet worden
sei. Dem ist jedoch nicht zu folgen. So hat die Pflichtige den im Umfang des Rentenka-
pitals auf sie entfallenden Teil des Nachlasses (rückwirkend) per Todestag erworben,
sodass ihr der damit erzielte Ertrag ebenfalls ab diesem Datum zuzurechnen ist. Der
Verzicht auf eine Vergütung des Ertrags zugunsten der Stiftung stellt Einkommensver-
wendung zugunsten der Letzteren dar und vermag den Zufluss bei der Pflichtigen nicht
zu verhindern. Vom Nachlassertrag von Fr. 15'904.- entfallen auf sie demnach im Ver-
hältnis Fr. 9'789.- (= 61,55%). Das ergibt eine Reduktion des steuerbaren und satzbe-
stimmenden Einkommens von Fr. 6'115.- auf Fr. 40'500.- (Staats- und Gemeindesteu-
ern) bzw. Fr. 40'300.- (direkte Bundessteuer).
- 11 -
1 ST.2009.312 1 DB.2009.188
4. Dem von der Pflichtigen geringer zu versteuernden Ertrag des Nachlasses
entsprechend ist auch ihr Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer auf
diesem Ertrag zu reduzieren und zwar um Fr. 2'140.25 (= 35% von Fr. 6'115.-) auf
Fr. 3'683.40.
Dieser Korrektur steht nicht entgegen, dass die Pflichtige den Rückerstat-
tungsanspruch im Rekurs nicht bestritten hat, da die Steuerrekurskommission in ihrem
Entscheid nicht an die Anträge der Parteien gebunden ist (Art. 143 Abs. 1 DBG, § 149
Abs. 2 StG).
5. Diese Erwägungen führen zur teilweisen Gutheissung der Rechtsmittel.
Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten den Parteien anteilsmässig aufzuerlegen
(Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). Der Pflichtigen ist überdies eine –
angesichts des Obsiegens nur zu 3/5 – stark reduzierte Parteientschädigung zuzu-
sprechen (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das
Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 und § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des
Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
523146c9-2501-4bcc-9639-f5a6df8ef5f4 | hat sich ergeben:
A. 1. A (nachfolgend der Pflichtige) ist hauptberuflich als Ingenieur und Pa-
tentanwalt bei der C angestellt. Daneben ist er als Patentanwalt auch selbstständig
erwerbstätig. Weiter engagierte er sich zusammen mit anderen Personen in der Ende
2002 gegründeten D, welches Unternehmen sich im Medizinalbereich mit dem Erstel-
len und Vertrieb von diesbezüglichen Materialien und Geräten samt Software betätigt.
Im Oktober 2005 veräusserte er 33 Aktien der D für Fr. 525'000.- an einen Aktionär der
Gesellschaft.
In der Steuererklärung 2005 deklarierte der Pflichtige ein Salär der C von net-
to Fr. 193'480.- sowie Einkünfte der selbstständigen Anwaltstätigkeit von Fr. 6'500.-.
Unter Einbezug der übrigen Einkünfte und der Abzüge resultierte ein steuerbares Ein-
kommen von Fr. 155'800.- (Staats- und Gemeindesteuern) bzw. Fr. 156'200.- (direkte
Bundessteuer).
2. Im Einschätzungsverfahren für die Steuerperiode 2005 stellte der Steuer-
kommissär fest, dass der Pflichtige nicht zu den Gründern der D gehörte und unter-
suchte daher mit Auflage und Mahnung vom 27. Mai bzw. 18. August 2008, wann und
wie der Pflichtige Aktionär der D geworden war. Zudem verlangte er die Darstellung
seiner Rolle bei der D, Unterlagen über die Preisgestaltung bei der Aktienveräusserung
sowie den Nachweis der Betriebskosten der anwaltschaftlichen Tätigkeit. Der Pflichtige
antwortete am 25. Juli und 8. September 2008, der Hauptaktionär der D habe für ihn
bei der Gesellschaftsgründung treuhänderisch 20 Aktien gezeichnet und 13 Aktien sei-
en bei einer Kapitalerhöhung im Herbst 2003 dazugekommen. Als Patentanwalt habe
er für die Gesellschaft gegen Entgelt ein Patent angemeldet, sei damit aber bis heute
nicht erfolgreich gewesen. Unterlagen zur Preisgestaltung beim Aktienverkauf existier-
ten nicht, er habe einfach das bessere Angebot des Erwerbers angenommen. Die Be-
triebskosten der anwaltlichen Tätigkeit könne er nur zum Teil belegen.
Nach Durchführung einer Besprechung und Unterbreitung eines Einschät-
zungsvorschlags schätzte der Steuerkommissär den Pflichtigen und seine Ehefrau
(nachfolgend zusammen die Pflichtigen) am 8. Dezember 2008 mit einem steuerbaren
Einkommen von Fr. 698'400.- (Staats- und Gemeindesteuern) bzw. Fr. 698'800.- (di-
rekte Bundessteuer) ein. Dabei erfasste er den bei Veräusserung der Aktien der D er-
- 3 -
1 ST.2009.340
zielten Erlös von Fr. 525'000.- als Einkommen im Sinn von Art. 16 Abs. 1 des Bundes-
gesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 16
Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) und unter Anwendung einer Schät-
zung nach pflichtgemässem Ermessen. Zur Begründung fügte er an, der Pflichtige ha-
be den rechtsgültigen Erwerb der Aktien zu Eigentum nicht nachgewiesen, sodass sich
die Frage nach der Steuerfreiheit eines bei der Veräusserung dieser Aktien erzielten
Kapitalgewinns gar nicht erst stelle, sondern der gesamte Erlös als sonstiger Einkom-
menszufluss zu erfassen sei. Sodann korrigierte er die Auslagen der selbstständigen
Erwerbstätigkeit als Patentanwalt, indem er einzelne davon nicht zum Abzug zuliess
und andere nur in reduziertem Umfang, wobei er den aufzurechnenden Teil ebenfalls
nach pflichtgemässem Ermessen schätzte. Das steuerbare Vermögen übernahm er
gemäss Deklaration mit Fr. 1'037'000.-.
Die Veranlagung der direkten Bundessteuer wurde mit Steuerrechnung vom
9. Januar 2009 formell eröffnet.
B. Hiergegen liessen die Pflichtigen am 9. bzw. 22. Januar 2009 Einsprache
erheben mit dem Antrag, von der Besteuerung des Gewinns aus dem Aktienverkauf als
Einkommen abzusehen, weil es sich um einen steuerfreien Kapitalgewinn handle, und
die Aufrechnung von Kosten der selbstständigen Anwaltstätigkeit teilweise fallen zu
lassen.
Das kantonale Steueramt hiess die Einsprachen am 11. November 2009 teil-
weise gut, indem es Fr. 3'120.- der Unkosten zum Abzug zuliess und das steuerbare
Einkommen dementsprechend auf Fr. 695'200.- bzw. Fr. 695'600.- reduzierte. An der
Besteuerung des Erlöses aus dem Verkauf von 33 Aktien der D hielt es fest und fügte
an, selbst wenn die Titel vom Pflichtigen bei der Gründung bzw. Kapitalerhöhung
rechtmässig erworben worden wären, liege bei der Veräusserung im Jahr 2005 kein
steuerfreier Kapitalgewinn vor, weil die Aktien zum Geschäftsvermögen der nebenbe-
ruflichen selbstständigen Anwaltstätigkeit des Pflichtigen gehörten und Gewinne auf
solchem Vermögen der Einkommenssteuer unterlägen.
- 4 -
1 ST.2009.340
C. Mit Rekurs bzw. Beschwerde vom 14. Dezember 2009 liessen die Pflichti-
gen die Einspracheanträge erneuern und die Zusprechung einer Parteientschädigung
beantragen.
Das kantonale Steueramt schloss am 12. Januar 2010 auf Abweisung der
Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen.
Mit Verfügung vom 12. Februar 2010 wurde das Verfahren bis zur rechtskräf-
tigen Erledigung des Verfahrens hinsichtlich eines andern Aktionärs der D sistiert. Mit
Eingabe vom 23. Februar 2010 wandten sich die Pflichtigen gegen die Sistierung und
behielten sich die Stellung eines Ausstandsbegehrens vor.
Am 14. Juli 2010 wurde das Verfahren wieder aufgenommen, nachdem eine
Beschwerde des andern Aktionärs im eigenen Verfahren vom Verwaltungsgericht ab-
gewiesen worden war.
Auf die Ausführungen der Parteien in diesen Rechtsschriften und die Begrün-
dung der Einspracheentscheide wird – soweit erforderlich – in den nachfolgenden Er-
wägungen eingegangen. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. a) Ob ein Rekurs-/Beschwerdeverfahren zu sistieren ist, entscheidet die
Steuerrekurskommission nach eigenem Ermessen. Eine Sistierung drängt sich auf,
wenn der Entscheid vom Ausgang eines andern Verfahrens abhängt bzw. der Ent-
scheid in jenem Verfahren das zu fällende Urteil im pendenten Verfahren präjudiziert.
Das vorliegende Verfahren wurde am 12. Februar 2010 sistiert, um den Aus-
gang des Rechtsmittelverfahrens von E, dem Hauptaktionär der D, abzuwarten. Es
ging in jenem Verfahren – gleich wie hier – um die Frage, ob der Gewinn aus der Ver-
äusserung von Aktien der D als Einkommen zu erfassen sei. Somit war es sachge-
recht, den Ausgang jenes Verfahrens abzuwarten, da dem vorliegenden Verfahren
zwar nicht der gleiche, jedoch ein ähnlicher bzw. analoger Sachverhalt zugrunde liegt.
- 5 -
1 ST.2009.340
Das Verwaltungsgericht hat die Beschwerde von E gegen den Entscheid der
Steuerrekurskommission I vom 28. September 2009, womit die Besteuerung des Ge-
winns aus der Veräusserung der Aktien der D bejaht wurde, mit Urteil vom 2. Juni 2010
abgewiesen. Das vorliegende Verfahren ist daher am 14. Juli 2010 wieder aufgenom-
men worden.
b) Die Pflichtigen liessen in der Eingabe vom 23. Februar 2010 die Einrei-
chung eines Ausstandsbegehrens in Aussicht stellen. Indessen ist bis heute von ihrem
anwaltlichen Vertreter kein solches Begehren eingegangen. Da im Übrigen im Um-
stand, dass das Verfahren im Hinblick auf das Verfahren von E sistiert wurde, kein
Grund der Befangenheit zu erblicken ist, ist auf die diesbezüglichen Ausführungen der
Pflichtigen bzw. ihres Vertreters auch sonst nicht weiter einzugehen.
2. a) Bund und Kantone erfassen dem Grundsatz nach das gesamte Einkom-
men der Steuerpflichtigen mit der Einkommenssteuer (Grundsatz der Gesamtreinein-
kommenssteuer; Markus Reich, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht,
Band I/1, 2. A., 2002, Art. 7 N 22 StHG, auch zum Folgenden). Es werden sämtliche
geldwerten Vorteile, die dem Steuerpflichtigen während des Jahres netto zufliessen, in
einer einheitlichen Bemessungsgrundlage berücksichtigt.
Sowohl das DBG als auch das StG verwirklicht den Grundsatz der Gesamt-
reineinkommenssteuer mit der Einkommensgeneralklausel und einem exemplifikativen
Einkünftekatalog. Gemäss Art. 16 Abs. 1 DBG und § 16 Abs. 1 StG unterliegen so
alle wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte der Einkommenssteuer. Sämtliche
Einkünfte sind grundsätzlich ohne Rücksicht auf ihre Quellen steuerbar. Unter Einkünf-
ten sind dabei alle von aussen zufliessenden Vermögensrechte zu verstehen (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 16 N 7 und
Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 16 N 9). Hiervon
kann nur dann abgewichen werden, wenn das Gesetz bestimmte Einkünfte ausdrück-
lich von der Besteuerung ausnimmt – so sind z.B. laut Art. 16 Abs. 3 DBG bzw. § 16
Abs. 3 StG Kapitalgewinne aus der Veräusserung von Privatvermögen steuerfrei –
oder einer anderen Besteuerungsordnung (z.B. der Grundstückgewinnsteuer oder der
Erbschafts- und Schenkungssteuer) unterworfen (RB 1997 Nr. 32 = ZStP 1997, 197 =
StE 1997 B 24.4 Nr. 45). Die in den Art. 17 - 23 DBG bzw. §§ 17 - 23 StG beispielhaft
aufgezählten Wertzuflüsse konkretisieren zwar den Grundsatz der Einkommensgene-
- 6 -
1 ST.2009.340
ralklausel, stellen aber keine abschliessende Aufzählung der steuerbaren Einkünfte
dar; vielmehr bilden Art. 16 Abs. 1 DBG und § 16 Abs. 1 StG einen Auffangtatbestand,
unter den alle Einkünfte fallen, die nicht von den Art. 17 -23 DBG bzw. §§ 17 - 23 StG
erfasst werden, aber auch nicht zu den ausdrücklichen Ausnahmen von der Besteue-
rung im Rahmen der Einkommenssteuer zählen.
b) Macht der Steuerpflichtige geltend, ein Vermögenszufluss sei aufgrund ei-
ner ausdrücklichen Gesetzesbestimmung von der Einkommenssteuer ausgenommen,
so ist er hierfür beweisbelastet. Er hat die seiner Behauptung zugrunde liegenden
steuermindernden Tatsachen von sich aus durch eine substanziierte Sachdarstellung
darzulegen, aus welcher sich ohne weitere Untersuchung der Schluss auf das Vorlie-
gen eines steuerbefreiten Zuflusses ziehen lassen muss (VGr, 6. Mai 1997 = StE 1998
B 21.3 Nr. 3; RB 1994 Nr. 33, 1987 Nr. 35, 1975 Nr. 55). Auch hat er für die von ihm
gegebene Sachdarstellung von sich aus beweiskräftige Unterlagen einzureichen oder
die Beweismittel wenigstens unter genauer Bezeichnung anzubieten (vgl. RB 1975
Nr. 55).
Gelingt dem Steuerpflichtigen der Nachweis nicht, dass ein Vermögenszu-
gang aus einem bestimmten einkommenssteuerbefreiten Grund vorliegt, ist zu seinen
Ungunsten ohne weiteres anzunehmen, es liege Einkommen im Sinn von Art. 16
Abs. 1 DBG bzw. § 16 Abs. 1 StG vor, da letztere Bestimmungen – wie erwähnt – als
Generalklausel alle Wertzuflüsse erfasst, sofern sie nicht kraft besonderer gesetzlicher
Bestimmung von der Einkommensbesteuerung ausgenommen sind.
3. Vorliegend hat der Pflichtige anlässlich der Veräusserung von 33 Aktien der
D an F einen Betrag von Fr. 525'000.- (Fr. 15'909.10 je Aktie) als Kaufpreis erhalten,
der ihm am 6. Oktober 2005 mittels Check zugeflossen ist. Diese Summe unterliegt
gestützt auf Art. 16 Abs. 1 DBG bzw. § 16 Abs. 1 StG der Einkommenssteuer, es sei
denn, sie sei kraft ausdrücklicher Gesetzesbestimmung davon ausgenommen.
Die Pflichtigen halten dafür, es liege ein Kapitalgewinn auf Privatvermögen
vor, welcher gemäss Art. 16 Abs. 3 DBG bzw. § 16 Abs. 3 StG von der Einkommens-
besteuerung ausgenommen sei. Hierfür sind sie nach dem Gesagten beweisbelastet.
- 7 -
1 ST.2009.340
4. Zwischen den Parteien ist vorab streitig, ob der Pflichtige überhaupt (recht-
mässiger) Eigentümer der veräusserten Aktien war und nur bejahendenfalls die Titel an
einen Mitaktionär veräussern konnte.
a) aa) Es ist unbestritten und erstellt, dass der Pflichtige nicht zu den Grün-
dungsaktionären der D gehörte, da diese gemäss Gründungsurkunde aus dem Jahr
2002 aus E, G und F bestanden. Diese zeichneten denn auch sämtliche 200 Namen-
aktien, wobei auf E 122 Titel, auf G 60 und auf F 18 Aktien entfielen. 20 Aktien will E
jedoch gemäss Bestätigung vom 2. September 2008 treuhänderisch für den Pflichtigen
gezeichnet und Letzteren noch am Gründungstag als Aktionär ins Aktienbuch einge-
tragen sowie die Titel im September 2003 dem Pflichtigen übergeben haben. Dies ist
gemäss den Angaben des Pflichtigen geschehen, weil er aus Rücksicht auf seinen
Arbeitgeber nicht als Gründungsmitglied der D in Erscheinung treten wollte.
Bereits 2002 hatte der Pflichtige der D den Betrag von Fr. 22'000.- auf das
"Kapitaleinzahlungskonto" der in Gründung befindlichen Gesellschaft überwiesen. Mit
nachfolgender Vereinbarung vom ......... 2002 beschlossen sodann der Pflichtige und
die drei genannten Aktienzeichner die Gründung der D. Abredegemäss sollten dabei
auf den Pflichtigen 10% der Aktien, entsprechend 20 Titel, entfallen (Ziff. 3 der Verein-
barung).
bb) Daraus ergibt sich, dass der Pflichtige die fraglichen 20 Aktien entgegen
der Absicht in letzterer Vereinbarung bei der Gründung nicht zeichnete, die Titel dann
aber von E trotzdem übertragen erhielt. Der Eintrag des Pflichtigen ins Aktienbuch er-
folgte nachweislich noch am (Nachmitt-)Tag der Gründung (Blatt des Aktienbuchs als
Beilage zur Einsprache). Gemäss Art. 686 Abs. 4 OR galt nun aber der Pflichtige mit
diesem Eintrag zumindest im Verhältnis zur Gesellschaft als rechtmässiger Aktionär.
Dies insbesondere deshalb, weil die Gesellschaft mit dem Eintrag ganz offenkundig auf
die Möglichkeit verzichtet hat, den Pflichtigen als Aktionär wegen nicht erfolgtem Er-
werb der Aktien auf eigenen Namen und eigene Rechnung abzulehnen. Damit verzich-
tete sie auf die Anwendung der so genannten Treuhandklausel von Art. 685b Abs. 3
OR. Gemäss dieser Klausel kann nämlich die Gesellschaft die Eintragung ins Aktien-
buch verweigern, wenn der Erwerber nicht ausdrücklich erklärt, dass er die Aktien im
eigenen Namen und auf eigene Rechnung erworben hat.
- 8 -
1 ST.2009.340
Diesem vorbehaltlosen Eintrag entsprechend behandelte die D den Pflichtigen
fortan als Aktionär, indem sie ihn im Aktienbuch weiterhin als solchen sowie im Proto-
koll der ausserordentlichen Generalversammlung vom Mai 2003 über eine Kapitaler-
höhung unter Zuordnung der fraglichen 20 Aktien ebenfalls entsprechend aufführte.
Damit übereinstimmend wurden für E schon am Nachmittag des Gründungstags im
Jahr 2002 nur 102 Titel im Aktienbuch eingetragen und nicht mehr die anlässlich der
Gründung gezeichneten 122 Stück (Blätter des Aktienbuchs vom .......... 2002). Zu-
dem deklarierte der Pflichtige seine 20 Aktien – zusammen mit den später erworbenen
Titeln – in den Steuererklärungen 2003 und 2004, d.h. in einem noch unverdächtigen
Zeitpunkt, denn auch als seine Aktiven (Wertschriftenverzeichnisse).
cc) Damit war der Pflichtige rein sachen- bzw. wertpapierrechtlich betrachtet
wohl nicht Eigentümer der fraglichen 20 Aktien geworden, fehlte es hierzu doch an der
Zeichnung bzw. Liberierung bei der Gründung bzw. an der späteren gültigen Übertra-
gung als vinkuliertes Namen- bzw. Ordrepapier durch Indossament von E auf den
Pflichtigen (vgl. hierzu Art. 4 der Statuten, sowie Art. 967 Abs. 2 OR). Gleichwohl recht-
fertigt es sich, den Letzteren als solchen zu behandeln. Denn E handelte bei der
Zeichnung als dessen indirekter Stellvertreter, d.h. auf eigenen Namen, aber auf
Rechnung des Pflichtigen, und galt der Pflichtige gegenüber der Gesellschaft nach
dem Gesagten kraft Eintrag ins Aktienbuch praktisch von Beginn an als Aktionär. Zu-
dem waren auch die drei (offiziellen) Gründungsaktionäre mit seiner Stellung als Mitak-
tionär ganz offenkundig einverstanden. So übertrug ihm E, der Hauptaktionär, die 20
Titel selber und hätte ihm der weitere Aktionär F – wenn er den Pflichtigen nicht als
Eigentümer betrachtete – die 33 Aktien wohl nicht abgekauft. G schliesslich war so-
dann an der ausserordentlichen Generalversammlung im Mai 2003 durch F vertreten,
an welcher Versammlung der Pflichtige bei der Kapitalerhöhung als bisheriger Aktionär
auftrat und Letztere rechtsgültig, d.h. ohne Anfechtung durch G, zustande kam. Auch G
war daher die Stellung des Pflichtigen als Aktionär im Umfang von 20 Titeln bekannt,
ohne dass er sich dagegen wandte. Dergestalt waren sich sowohl die Gesellschaft als
auch alle Mitaktionäre einig, dass der Pflichtige – wie in der Vereinbarung 2002 unmit-
telbar vor der Gründung beschlossen – mit 20 Titeln Namenaktionär war. Schliesslich
wird aber in der Lehre durchaus die Meinung vertreten, dass bei vinkulierten Namenak-
tien durch die Eintragung im Aktienbuch der Übergang des Eigentums am Titel auf die
eingetragene Person als anerkannt gilt und das Aktienbuch – im Gegensatz zur alten
Regelung im OR – neu so auch Aufschluss über die tatsächlichen sachenrechtlichen
Verhältnisse am Aktientitel gibt (Oertle/du Pasquier, in: Basler Kommentar, 3. A., 2008,
- 9 -
1 ST.2009.340
Art. 686 N 5 OR). Auf die Frage, ob die Titel rein sachen- bzw. wertpapierrechtlich be-
trachtet effektiv Eigentum der eingetragenen Person geworden sind, kommt es dem-
nach aus Sicht der Gesellschaft und der Aktionäre gar nicht an, sondern nur darauf, ob
die Person ins Aktienbuch aufgenommen worden ist.
dd) In den Einspracheentscheiden zweifelt die Vorinstanz die Ordnungsmäs-
sigkeit der Eintragungen im Aktienbuch der D an. Indessen existieren keine Vorschrif-
ten über die formelle Führung des Aktienbuchs, sodass die Eintragungen insbesondere
keiner Unterschrift des Verwaltungsrats bedürfen. Sodann sind die Aktientitel bei der D
zwar nicht mit ihren Nummern eingetragen, jedoch ist die Anzahl der Aktien, gesondert
nach Einzeltiteln und 10er-Zertifikaten, den Aktionären jeweils zugeordnet und wurde
für jede Mutation ein neues Blatt erstellt, unter Angabe des Mutationsdatums (Blätter
des Aktienbuchs als Beilagen zur Einsprache). Für das Jahr 2005 besteht immerhin ein
Blatt mit allen Aktiennummern und zugehörigen Eigentümern (Beilage 25 der Einspra-
che). Es fehlt bei den Aktionären allerdings die Adressangabe, welche gemäss Art. 686
Abs. 1 OR vorgeschrieben ist. Anhaltspunkte, wonach die erfolgten Eintragungen im
Aktienbuch deswegen tatsachenwidrig sind, liegen jedoch nicht vor. Es ist daher darauf
abzustellen.
ee) Schliesslich ist auch noch zu beachten, dass E in dessen eigenen Verfah-
ren in Übereinstimmung mit dieser Betrachtungsweise die streitbetroffenen Aktien des
Pflichtigen nicht zugerechnet wurden mit der Wirkung, dass nur der mit dem Verkauf
der eigenen 186 Titel erzielte Gewinn der Einkommenssteuer erfasst wurde, nicht aber
auch derjenige aus dem auf den Pflichtigen entfallenden 20 Aktien der Gründung (Ent-
scheid StRK I, 28. September 2009, 1 ST.2009.175 und 1 DB.2009.95).
b) Die restlichen 13 Aktien zeichnete der Pflichtige anlässlich der Kapitalerhö-
hung 2003. Bei diesen Titeln stellt sich die Frage des Eigentumerwerbs durch den
Pflichtigen nicht, auch wenn Letzterer bis dahin nicht Aktionär gewesen sein sollte.
Denn für die gültige Zeichnung von Aktien bei einer Kapitalerhöhung ist nicht erforder-
lich, dass diese allein durch bisherige Aktionäre bewerkstelligt wird.
c) Insgesamt ist daher mit gutem Grund davon auszugehen, dass der Pflichti-
ge rechtmässiger Eigentümer von 33 Aktien der D war, als er diese im Oktober 2005
an F veräusserte.
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1 ST.2009.340
Der dabei erzielte Gewinn unterliegt der Einkommenssteuer, wenn die Titel
dem Geschäftsvermögen angehörten. Handelt es sich um Privatvermögen, ist der Ver-
äusserungsgewinn dagegen steuerfrei (Art. 16 Abs. 3 DBG bzw. § 16 Abs. 3 StG).
5. a) Bei Wertschriften bzw. Aktien handelt es sich um Alternativgüter, die so-
wohl dem Geschäft wie auch privaten Zwecken dienen können. Nach ständiger Recht-
sprechung ist die Zuteilung eines alternativen Wirtschaftguts nach objektiven Gesichts-
punkten unter Würdigung der Gesamtheit der Umstände und der tatsächlichen
Verhältnisse des Einzellfalls vorzunehmen. Dabei kommt der Mittelherkunft für die An-
schaffung und der buchmässigen Behandlung des betreffenden Aktivums geringeres
Gewicht zu als seiner Zweckbestimmung im Betrieb, d.h. der technisch-wirtschaftlichen
Funktion (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 18 N 96 DBG und § 18 N 80 StG, je mit
Hinweisen). Gemäss Bundesgericht gehören Aktien dann zum Geschäftsvermögen
des Steuerpflichtigen, wenn eine enge wirtschaftliche Beziehung zwischen der Beteili-
gung an der Aktiengesellschaft und dem Geschäft des Steuerpflichtigen besteht. Ge-
mäss Urteil vom 22. April 2005 (= StE 2006 B 23.2 Nr. 31) ist dabei für die Zuteilung
zum Geschäftsvermögen – im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung – nicht mehr
erforderlich, dass es sich bei der Beteiligung um eine Mehrheitsbeteiligung handelt,
vielmehr genügt auch eine Minderheitsbeteiligung (so auch VGr, 19. November 2008,
SB.2007.00089, www.vgrzh.ch). Darüber hinaus hat das oberste Gericht in diesem
Entscheid die für die Annahme von Geschäftsvermögen erforderliche enge wirtschaftli-
che Beziehung zwischen der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft und dem Steuer-
pflichtigen in der Weise verallgemeinernd definiert, dass eine solche Beziehung letzt-
lich schon als gegeben erscheint, wenn der Steuerpflichtige die Beteiligung konkret
dazu einsetzt, um das Geschäftsergebnis seines eigenen Unternehmens bzw. dessen
Gewinnchancen zu verbessern.
b) aa) Der Pflichtige hat mit seinen 33 Namenaktien der D (= 11% von insge-
samt 300 Aktien nach der Kapitalerhöhung) eine Minderheitsbeteiligung veräussert.
Gemäss der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts hindert dieser Umstand
jedoch nicht, Geschäftsvermögen anzunehmen. Zusätzliche Voraussetzung bildet in-
dessen, dass der Pflichtige diese Beteiligung u.a. für seine Tätigkeit als selbstständig
Erwerbender erworben und sie ihm in der Folge in diesem Zusammenhang auch tat-
sächlich gedient hat.
- 11 -
1 ST.2009.340
bb) Der Pflichtige übte als Patentanwalt im Jahr 2005 – wie schon in den vo-
rangegangenen Jahren – unstreitig eine selbstständige Erwerbstätigkeit aus. Dass er
diese Tätigkeit nebenberuflich betrieb – hauptberuflich war bzw. ist er bei der C be-
schäftigt – spielt keine Rolle (RB 1984 Nr. 31 sowie Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Art. 18 N 10 DBG und § 18 N 10 StG). Dementsprechend legte er den aktenkundigen
Steuererklärungen 2003 - 2005 stets das Hilfsblatt für selbstständigerwerbende Anwäl-
te bei und deklarierte diesbezügliche Einnahmen.
Diese Einnahmen beliefen sich in den Jahren 2004 und 2005 gemäss Dekla-
ration auf Fr. 51'359.- und Fr. 79'568.-. Davon steuerte die D gemäss Aufstellung des
Pflichtigen Honorareinnahmen von Fr. 9'339.- und Fr. 32'333.- bei. Die daneben von F
vereinnahmten Gelder von Fr. 8'107.- bzw. Fr. 3'926.- können nicht dazu gezählt wer-
den, da sie nicht von der D, sondern von einem Mitaktionär stammen und nicht nach-
gewiesen ist, dass sie von diesem für die Gesellschaft geleistet worden sind. Trotzdem
hat der Pflichtige damit in den Jahren 2004 und 2005 aufgrund der genannten Beträge
immerhin 18% bzw. 41% der gesamten Einnahmen mit Aufträgen der D erzielt. Auch
wenn diese Quoten tiefer sind als diejenigen Es – dieser realisierte mit Aufträgen der
Gesellschaft fast alle Einnahmen seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit – hat er damit
seine Beteiligung an der D gleichwohl dazu genutzt, um das Geschäftsergebnis seiner
(nebenberuflichen) Anwaltstätigkeit zu verbessern.
Der bundesgerichtlichen Rechtsprechung lässt sich nicht entnehmen, wie
hoch der Anteil der mit der Beteiligung erzielten Gelder am Gesamtumsatz der selbst-
ständigen Erwerbstätigkeit sein muss, um auf die erforderliche enge wirtschaftliche
Beziehung zwischen der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft und dem Steuerpflichti-
gen schliessen zu können. Aus der Erwägung, die Beteiligung müsse zu einer Verbes-
serung des Geschäftsergebnisses desselben beigetragen haben, ist jedoch zu folgern,
dass der Beitrag – nicht wie z.B. bei E – fast 100% auszumachen hat, sondern auch
tiefer sein kann. Auf der anderen Seite dürfen die entsprechenden Einnahmen aber
auch nicht gerade unerheblich sein, wenn daraus eine Verbesserung des Geschäftser-
gebnisses resultieren und sich gestützt darauf die Zuordnung zum Geschäftsvermögen
noch rechtfertigen soll. Ein solcher Sachverhalt liegt jedoch hier nicht vor. Zwar handelt
es sich betragsmässig bei den von der D vereinnahmten Honoraren mit Fr. 9'339.-
bzw. Fr. 32'333.- eher um bescheidene Entgelte, indessen liegt dies daran, dass auch
die Einnahmen des Pflichtigen insgesamt entsprechend tief sind bzw. dass der Pflichti-
ge die Anwaltstätigkeit nur nebenberuflich ausübt. Dergestalt kann keine Rede davon
- 12 -
1 ST.2009.340
sein, der Beitrag an die Honorareinnahmen bzw. deren Steigerung sei im vorliegenden
Zusammenhang unerheblich ausgefallen.
Bei alledem spielt sodann ebenfalls keine Rolle, ob die abgegoltenen Leistun-
gen des Pflichtigen für die D operativer Natur waren. Letzterer bestreitet diese Art der
Leistung in Rekurs und Beschwerde, da sich seine Arbeiten ausschliesslich auf das
Verfassen einer Patentanmeldung für die Gesellschaft beschränkt hätten. Es genügt
vielmehr, dass er aus diesem Auftrag Einnahmen im erwähnten Umfang generiert und
damit das Ergebnis seiner Anwaltstätigkeit in nicht unerheblichem Umfang verbessert
hat.
c) Demnach sind die 33 Aktien der D dem Geschäftsvermögen des Pflichtigen
zuzuordnen. Der bei deren Verkauf am 6. Oktober 2005 erzielte Kapitalgewinn ist da-
her als Einkommen aus selbstständiger Anwaltstätigkeit zu qualifizieren.
Für die Ermittlung des Veräusserungsgewinns ist der erzielte Verkaufserlös
von Fr. 525'000.- um das einbezahlte Aktienkapital von Fr. 33'000.- und allfällig weite-
rer Anlagekosten zu kürzen. Als solche Anlagekosten können die anlässlich des Er-
werbs der ersten 20 Aktien über den Nennwert aufgebrachten Fr. 2'000.- für Grün-
dungskosten etc. betrachtet werden, welche der Pflichtige zusammen mit den
Fr. 20'000.- für das Aktienkapital in einem Betrag auf das Aktienkapitaleinzahlungskon-
to der in Gründung begriffenen D überwiesen hat. Weitere Anlagekosten nennt der
Pflichtige nicht. Auch macht er nicht geltend, es sei von einem späteren Überfüh-
rungswert als demjenigen der Gründung bzw. Kapitalerhöhung auszugehen und dieser
Wert übersteige den Nennwert der Aktien. Zum Aufstellen einer entsprechenden Be-
hauptung hätte er jedoch hinreichend Anlass gehabt, nachdem die Vorinstanz im Ein-
spracheentscheid die Besteuerung des Gewinns aus der Aktienveräusserung auch für
den Fall in Erwägung gezogen hatte, dass der Pflichtige die 33 Titel rechtmässig er-
worben hat. Angesichts der im Mai 2003 beschlossenen und im Herbst 2003 zwecks
Erhöhung der Liquidität erfolgten Kapitalerhöhung wäre bei den 20 Gründungsaktien
zumindest bis zu diesem Zeitpunkt ein solch höherer Wert der Gesellschaft ohnehin
nicht anzunehmen. Sodann begann der Pflichtige seine selbstständige Tätigkeit für die
D ganz offenkundig schon unmittelbar nach der Gründung, datiert seine erste Rech-
nung an die Gesellschaft über Fr. 2'933.- doch aus dem Jahr 2003 (Liste der Honorar-
eingänge pro 2004 als Anhang zum Hilfsblatt für selbstständigerwerbende Anwälte der
- 13 -
1 ST.2009.340
Steuererklärung 2004. Demnach liesse sich auch von daher kein späterer Überfüh-
rungswert als derjenigen der Gründung bzw. der Kapitalerhöhung rechtfertigen.
Mithin sind vom Verkaufserlös Fr. 35'000.- in Abzug zu bringen, was einen
Verkaufsgewinn von Fr. 490'000.- ergibt. Dieser Betrag unterliegt der Einkommens-
steuer. Das steuerbare Einkommen 2005 gemäss Einspracheentscheid reduziert sich
dadurch auf Fr. 660'200.- (Staats- und Gemeindesteuern) bzw. Fr. 660'600.- (direkte
Bundessteuer).
d) Anzumerken ist, dass für die Vornahme einer Ermessenseinschätzung in
diesem Zusammenhang kein Raum bestand. Folgte man der Ansicht der Vorinstanzen
und erfasste den Verkaufserlös von Fr. 525'000.- vollumfänglich als allgemeines Ein-
kommen im Sinn von Art. 16 Abs. 1 DBG bzw. § 16 Abs. 1 StG, stünde der Umfang
des zu besteuernden Zuflusses exakt fest und gäbe es nichts zu schätzen. Gleiches
gilt auch für den vorliegend angenommenen Gewinn auf Geschäftsvermögen, ist der
zu erfassende Betrag doch ebenfalls genau bestimmt (= Erlös ./. einbezahltes Aktien-
kapital + Anlagekosten, wobei diese Werte feststehen) und bedarf keiner Schätzung.
6. a) Bei selbstständiger Erwerbstätigkeit werden die geschäftsmässig oder
berufsmässig begründeten Kosten abgezogen (Art. 27 Abs. 1 DBG, § 26 Abs. 1 StG).
Als steuermindernde Umstände sind diese Kosten vom Steuerpflichtigen nachzuwei-
sen, was eine substanziierte Sachdarstellung sowie den Nachweis anhand von Bele-
gen voraussetzt.
Kosten der selbstständigen Erwerbstätigkeit als steuermindernde Umstände
sind ausnahmsweise dann nach pflichtgemässem Ermessen zu schätzen, wenn fest-
steht, dass sie grundsätzlich angefallen sind, der Steuerpflichtige ihren Umfang jedoch
trotz Auflage und Mahnung nicht hinreichend nachzuweisen vermag (Art. 130 Abs. 2
DBG, § 139 Abs. 2 StG sowie Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 130 N 43 DBG und
§ 139 N 62 StG, je mit Hinweisen, auch zum Folgenden). Kann der Steuerpflichtige
dagegen auch den Grundsachverhalt nicht nachweisen, d.h. dass bestimmte Gewin-
nungskosten überhaupt angefallen sind, wird zu seinen Ungunsten angenommen, die
behaupteten Tatsachen hätten sich nicht verwirklicht, was zur vollumfänglichen Auf-
rechnung der geltend gemachten Kosten führt.
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1 ST.2009.340
b) Der Pflichtige deklarierte verschiedene Unkosten seiner selbstständigen
Anwaltstätigkeit im Umfang von Fr. 57'682.-. Der Steuerkommissär rechnete davon
Fr. 17'584.- (= Fr. 6'240.- Miete + Fr. 11'344.- übrige Unkosten) auf, teils vollumfäng-
lich, weil er ihre Existenz schon grundsätzlich nicht als nachgewiesen erachtete, teils
geschätzt nach pflichtgemässem Ermessen, weil er nur ihren Umfang als nicht erstellt
qualifizierte. Bei einer Position (Mietaufwand) reduzierte die Vorinstanz die Aufrech-
nung auf den vom Pflichtigen anerkannten Betrag.
aa) Die Aufrechnung des Mietaufwands ist nach hälftiger Reduktion durch die
Vorinstanz auf Fr. 3'120.- nicht mehr streitig (Einspracheentscheide je S. 5). Die Auf-
rechnung der Mehrwertsteuerauslagen im Umfang von Fr. 1'144.- wurde sodann vom
Pflichtigen selber schon im Auflage- und Mahnverfahren beantragt. Weil sich diese
Korrekturen als gesetzmässig erweisen, sind sie zu bestätigen (Art. 143 Abs. 1 DBG
und § 149 Abs. 2 StG).
bb) Der Pflichtige anerkannte mit der Einsprache aber auch die Aufrechnung
der übrigen Unkosten im Umfang von Fr. 7'844.-, indem er sich lediglich noch gegen
die Aufrechnung der Position "Auslagen" von Fr. 3'500.- stellte (Einsprache gegen die
Staats- und Gemeindesteuern S. 4 f). Da auch die Aufrechnung der Unkosten in die-
sem Umfang von Fr. 7'844.- gesetzmässig ist, ist die Einschätzung auch insofern zu
bestätigen.
cc) Der Pflichtige deklarierte "Auslagen" von Fr. 8'760.-, welche Steuerkom-
missär und Vorinstanz nur mit Fr. 5'260.- zum Abzug zuliessen und im nach pflichtge-
mässem Ermessen geschätzten Umfang von Fr. 3'500.- aufrechneten. Dabei handelt
es sich um Spesen im Zusammenhang mit Kundenaufträgen. Nur diese Aufrechnung
ist noch streitig.
Der Steuerkommissär hat mit Auflage und Mahnung vom 27. Mai bzw.
18. August 2008 den Nachweis der Betriebskosten anhand von sämtlichen Belegen
verlangt. Der Pflichtige antwortete am 25. Juli 2008 bezüglich der fraglichen "Auslagen"
von Fr. 8'760.-, er könne sie nicht vollumfänglich mit Belegen nachweisen, sie seien
jedoch in der Aufstellung der Honorareingänge einzeln je Mandat aufgelistet. Demnach
hat der Steuerkommissär diese Kosten aber zu Recht nach pflichtgemässem Ermes-
sen geschätzt, da sie dem Grundsatz nach zwar als angefallen zu betrachten waren,
- 15 -
1 ST.2009.340
die genannte Aufstellung die fehlenden Belege jedoch nicht zu ersetzen vermag und
sie deshalb bezüglich ihrer Höhe nicht belegt wurden.
Mit der Einsprache wandte der Pflichtige nur noch ein, die "Auslagen" seien in
den deklarierten Honorareinnahmen enthalten, weil sie fakturiert und von den Klienten
bezahlt worden seien. Würden sie mit Fr. 3'500.- aufgerechnet, seien auch die Ein-
nahmen um denselben Betrag zu reduzieren (Staats- und Gemeindesteuereinsprache
S. 5). Ob diese Kosten jedoch tatsächlich in den Kundenfakturen enthalten sind, hat
der Pflichtige im Einspracheverfahren nicht – durch Einreichung der entsprechenden
Rechnungen – nachgewiesen, ebenso nicht im vorliegenden Rekurs-/Beschwer-
deverfahren. Demnach bleibt es dabei, dass die Kosten belegmässig nicht nachgewie-
sen und daher zu schätzen sind. Die Schätzung des aufzurechnenden Teils ist mit
Fr. 3'500.- nicht zu beanstanden, da sich diese Schätzung nicht als offensichtlich un-
richtig bzw. willkürlich oder sachfremd erweist (vgl. Art. 132 Abs. 3 DBG und § 140
Abs. 2 StG).
7. Diese Erwägungen führen zur teilweisen Gutheissung der Rechtsmittel.
Trotz diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten vollständig den Pflichtigen auf-
zuerlegen, da sie nur unwesentlich obsiegen (Art. 144 Abs. 1 DBG, § 151 Abs. 1 StG).
Die Zusprechung einer Parteientschädigung entfällt (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64
Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968,
§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai
1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
53153299-8044-4b9e-aab6-ea51f3a38e93 | hat sich ergeben:
A. Der 1949 geborene A (nachfolgend der Pflichtige) war per 2008 hauptberuf-
lich für die B AG, Dietlikon (nachfolgend B AG), tätig, wo er einen Nettolohn von Fr.
103'019.- erzielte. Im Nebenerwerb amtete er als Verwaltungsrat verschiedener Ge-
sellschaften; die dabei erzielten Honorare von insgesamt Fr. 81'490.- liess er bei der
Pensionskasse der B-Gruppe (nachfolgend PKB) mitversichern. In letzterem Zusam-
menhang brachte er in Pos. 16.1 der Steuerklärung 2008 Beiträge an die 2. Säule von
Fr. 12'439.- in Abzug.
Im Einschätzungsentscheid für die Staats- und Gemeindesteuern 2008 vom
19. November 2010 rechnete die Steuerkommissärin die letzteren Vorsorgebeiträge
auf. Gegenüber der Selbstdeklaration nahm sie zudem noch eine Korrektur bei den
deklarierten Verwaltungsratshonoraren vor.
Gleich verfuhr sie bei der mit Hinweis vom 19. November 2010 angezeigten
und mit Schlussrechnung vom 29. November 2010 formell eröffneten Veranlagung der
direkten Bundessteuer 2008.
B. Die gegen diese Einkommensaufrechnungen gerichteten Einsprachen
hiess das kantonale Steueramt mit Entscheiden vom 21. April 2011 teilweise gut. Da-
bei nahm es die erwähnte Korrektur bei den Verwaltungsratshonoraren nach Klärung
der Sachlage zurück; festgehalten wurde indes an der Nichtabzugsfähigkeit der dekla-
rierten zusätzlichen Vorsorgebeiträge von Fr. 12'439.-. Es resultierten die folgenden
Steuerfaktoren:
Steuerperiode 2008 Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
(Fr.) (Fr.)
Steuerbares Einkommen 343'700.- 344'400.-
Satzbestimmendes Einkommen 360'100.- 360'800.-
Steuerbares Vermögen 9'489'000.-
Satzbestimmendes Vermögen 10'317'000.-.
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1 DB.2011.92 1 ST.2011.141
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 25. Mai 2011 liess der Pflichtige beantra-
gen, die im Zusammenhang mit den externen Verwaltungsratshonoraren stehenden
BVG-Beiträge zum Abzug zuzulassen. Zudem forderte er die Zusprechung einer Par-
teientschädigung.
Das kantonale Steueramt schloss mit Vernehmlassung vom 23. Juni 2011 auf
Abweisung der Rechtsmittel. Die eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) liess sich
nicht vernehmen.
D. Mit Verfügung vom 9. August 2011 nahm der Einzelrichter des Rekursge-
richts ergänzende Untersuchungen rund um die strittigen BVG-Beträge vor. Der Pflich-
tige reichte in der Folge mit Antwort vom 29. September 2011 verschiedene Unterlagen
ein und die Vorinstanz liess sich dazu mit Eingabe vom 16. November 2011 verneh-
men.
Am 21. Dezember 2011 mahnte der Einzelrichter die vollständige Erfüllung
der Auflage; gleichzeitig stellte er die Möglichkeit einer Höhertaxation in Aussicht. Der
Pflichtige liess sich dazu sowie zur Vernehmlassung der Vorinstanz mit Eingabe vom
23. Januar 2012 vernehmen; dies unter Einreichung von weiteren Unterlagen. Die Vor-
instanz reichte hierzu am 7. Februar 2011 eine weitere Stellungnahme ein. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Von den Einkünften werden laut Art. 33 Abs. 1 lit. d DBG bzw.
§ 31 Abs. 1 lit. d StG die gemäss Gesetz, Statut oder Reglement geleisteten Einlagen,
Prämien und Beiträge zum Erwerb von Ansprüchen aus Einrichtungen der beruflichen
Vorsorge abgezogen. Diese Bestimmungen vollziehen die bundesrechtliche Vorschrift
von Art. 81 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen-
und Invalidenvorsorge vom 25. Juni 1982 (BVG), wonach die von den Arbeitnehmern
und Selbstständigerwerbenden nach Gesetz oder reglementarischen Bestimmungen
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1 DB.2011.92 1 ST.2011.141
geleisteten Beiträge an Vorsorgeeinrichtungen bei den direkten Steuern des Bundes,
der Kantone und Gemeinden abziehbar sind.
2. a) Der Pflichtige war pro 2008 hauptberuflich bei der B AG erwerbstätig und
erzielte dabei einen Grundlohn von brutto Fr. 96'900.-; zusätzlich wurden ihm eine
Treueprämie von Fr. 17'458.- sowie eine Verwaltungsratsentschädigung von
Fr. 21'288.- ausbezahlt (vgl. Lohnausweis in T-act. 6, Blatt 2). Mit diesen Einkünften
unterlag er bei der beruflichen Vorsorge der obligatorischen Versicherungspflicht, denn
diese greift ab einem Jahresslohn von Fr. 19'890.- (vgl. Art. 2 Abs. 1 BVG; Stand
2008). Versichert war der Pflichtige bei der Pensionskasse seines Hauptarbeitgebers,
der PKB.
b) Im Nebenerwerb war der Pflichtige in mehreren Drittgesellschaften als Ver-
waltungsrat tätig. Dabei erzielte er nach Abzug der AHV-Beiträge die folgenden Netto-
honorare (vgl. T-act. 6, Blatt 1 sowie Lohnausweise im Anhang):
Fr.
C AG 5'546.-
D AG 14'093.-
E AG 14'093.-
F Holding AG 28'000.-
G AG 6'000.-
H AG 10'000.-
I AG 3'758.-
Total 81'490.-
Diese nebenberuflichen Einkünfte liess er im Rahmen der beruflichen Vorsor-
ge bei der PKB mitversichern.
c) Gemäss Lohnausweis kürzte die B AG dem Pflichtigen den Bruttolohn um
arbeitnehmerseitige Vorsorgebeiträge von Fr. 22'000.-. Steuerlich berücksichtigt wur-
den diese Beiträge im Rahmen der üblichen Deklaration des Nettolohns. Mit Bezug auf
die arbeitgeberseitigen Beiträge in gleicher Höhe übernahm die B AG Fr. 9'561.-; den
Differenzbetrag von Fr. 12'439.- stellte sie dem Pflichtigen unter dem Titel "Arbeitge-
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1 DB.2011.92 1 ST.2011.141
berbeiträge für versicherte externe Lohnbezüge des Jahres 2008" in Rechnung (vgl.
deren Schreiben vom 18. Dezember 2008; T-act. 7). Den letzteren Betrag will der
Pflichtige ebenfalls steuermindernd berücksichtigt haben (vgl. Steuererklärung 2008 in
T-act. 5; Pos. 16.1).
d) Im Einschätzungs- bzw. Veranlagungsverfahren teilte die Steuerkommissä-
rin dem Pflichtigen mit, es sei nicht ersichtlich, inwiefern angesichts der Deklaration
des Nettolohns von der B AG ein weiterer Vorsorgeabzug begründet sein sollte, wes-
halb dazu Stellung zu nehmen sei (vgl. Auflage vom 23. September 2010 in T-act. 13).
Der Pflichtige liess dazu mit Schreiben vom 28. September 2010 (T-act. 14)
antworten, gemäss Lohnausweis habe er arbeitnehmerseitige Vorsorgebeiträge von
Fr. 22'000.- einbezahlt und vom entsprechenden Arbeitgeberanteil habe die B AG ei-
nen Anteil von Fr. 9'591.- übernommen. Der Restbetrag betreffe die mitversicherten
Verwaltungsratshonorare von Drittfirmen. Die diesbezüglichen Arbeitgeberanteile habe
er selber bezahlt; sie seien weder den Drittfirmen belastet, noch bereits im Lohnaus-
weis in Abzug gebracht worden.
Im Veranlagungs- bzw. Einschätzungsentscheid (T-act. 19 und 20) verweiger-
te die Steuerkommissärin die steuermindernde Berücksichtigung der deklarierten Ar-
beitgeberbeiträge alsdann mit der Begründung, es fehle eine gesetzliche Grundlage,
wonach bei einer Teilzeitanstellung der Lohn zu 100% versichert werden könne.
Dagegen liess der Pflichtige in seinen Einsprachen (T-act. 22 und 23) einwen-
den, gemäss Art. 46 Abs. 2 BVG könne sich ein Arbeitnehmer, der bei einem Arbeit-
nehmer obligatorisch versichert sei, für den Lohn von anderen Arbeitgebern zusätzlich
versichern lassen.
Diesen Einwand aufnehmend hielt die Vorinstanz in den angefochtenen Ein-
spracheentscheiden (T-act. 29 und 30) an der Nichtabzugsfähigkeit des arbeitgebersei-
tigen Anteils fest. Sie erwog, dass die besagte Regelung nur zur Anwendung gelangte,
wenn sich die anderen Arbeitgeber der PKB angeschlossen hätten und zudem eine
hälftige bzw. paritätische Bezahlung der Beiträge erfolgt wäre. Dies sei hier aber nicht
der Fall, habe doch der Pflichtige mit Bezug auf die Drittfirmen die arbeitnehmer- und
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1 DB.2011.92 1 ST.2011.141
die arbeitgeberseitigen Beiträge entrichtet. Die erbrachten Leistungen qualifizierten
damit als freiwillige Beiträge.
3. a) Art. 46 BVG steht unter dem Titel "Erwerbstätigkeit im Dienste mehrerer
Arbeitgeber" und lautet wie folgt:
1) Der nicht obligatorisch versicherte Arbeitnehmer, der im Dienste
mehrerer Arbeitgeber steht und dessen gesamter Jahreslohn 19'890 (Stand 2008) Franken übersteigt, kann sich entweder bei der Auffangeinrichtung oder bei der Vorsorgeeinrichtung, der einer seiner Arbeitgeber angeschlossen ist, freiwillig versichern lassen, sofern deren reglementarische Bestimmungen es vorsehen.
2)
Ist der Arbeitnehmer bereits bei einer Vorsorgeeinrichtung obligatorisch versichert, kann er sich bei ihr, falls ihre Bestimmungen es nicht ausschliessen, oder bei der Auffangeinrichtung für den Lohn zusätzlich versichern lassen, den er von den anderen Arbeitgebern erhält.
3)
Dem Arbeitnehmer, der Beiträge direkt an eine bezahlt, schuldet jeder Arbeitgeber jeweils die Hälfte der , die auf den bei ihm bezogenen Lohn entfallen. Die Höhe des Arbeitgeber-Beitrages ergibt sich aus einer Bescheinigung der Vorsorgeeinrichtung.
4)
Die Vorsorgeeinrichtung übernimmt auf Begehren des das Inkasso gegenüber den Arbeitgebern.
b) Zweck von Art. 46 BVG ist es, dem Arbeitnehmer das Recht einzuräumen,
unter gewissen Voraussetzungen den Arbeitgeber zwingen zu können, bei einer (frei-
willigen) Versicherung mitzuwirken. Die Bestimmung ermöglicht damit dem Arbeitneh-
mer, ohne bzw. gegen den Willen des Arbeitgebers eine solche Versicherung abzu-
schliessen. Die Norm unterscheidet dabei zwei Tatbestände. Bei beiden geht es um
Arbeitnehmer, die mehrere Arbeitsverhältnisse eingegangen sind. In Abs. 1 wird der
Fall behandelt, dass keines dieser Arbeitsverhältnisse unter das Obligatorium fällt,
während sich Abs. 2 mit jenen Fällen befasst, bei denen eines dieser Arbeitsverhältnis-
se dem Obligatorium untersteht (Geiser/Senti in: Schneider, Geiser, Gächter [Hrsg],
BVG und FZG, Bern 2010, Art. 46 N. 7f.).
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1 DB.2011.92 1 ST.2011.141
Ein Arbeitnehmer kann im letzterwähnten Fall also eine Hauptanstellung ha-
ben, bei der er genügend verdient, um obligatorisch bei der Zweiten Säule versichert
zu sein. Daneben kann er einen Nebenverdienst erzielen, bei dem er weniger als das
für das Obligatorium Notwendige verdient. Er kann im Rahmen einer freiwilligen Versi-
cherung alsdann verlangen, dass der entsprechende Lohn auch mitversichert wird.
Dieser Anspruch auf Versicherung besteht allerdings nur im Rahmen des BVG-
Minimums bzw. des sog. koordinierten Lohns, welcher gemäss Art. 8 Abs. 1 der Ver-
ordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom
18. April 1984 (BVV2; Stand 1. Januar 2008) den Teil des Jahreslohns zwischen
Fr. 23'205.- und Fr. 79'560.- ausmacht. Soweit der Verdienst darüber- oder darunter-
liegt, kann keine Versicherung nach Art. 46 BVG erfolgen (Geiser/Senti, Art. 46, N. 17).
Letzteres ergibt sich aus Art. 29 Abs. 2 BVV2, welche (die "Freiwillige Versicherung"
betreffende) Bestimmung festhält, dass bei einem Versicherten, welcher auch der obli-
gatorischen Versicherung unterstellt ist, sich der koordinierte Lohn bei der freiwilligen
Versicherung errechnet, indem der von der obligatorischen Versicherung bereits abge-
deckte Lohn vom gesamten koordinierten Lohn abgezogen wird. Es ist also das der
obligatorischen Versicherung unterstellte Einkommen vom gesamten Jahreseinkom-
men vollständig auf das BVG-Minimum anzurechnen. Nur wenn dieses Einkommen
nicht den gesamten koordinierten Lohn nach Art. 8 Abs. 1 BVG ausschöpft, fallen auch
Teile des freiwillig versicherten Nebenverdienstes unter das BVG-Minimum. Das übrige
mit dem Nebenverdienst erzielte Einkommen fällt in den überobligatorischen Bereich
und insoweit kann der Arbeitnehmer den Arbeitgeber auch nicht verpflichten, diesen
Teil zu versichern (vgl. Thomas Geiser, Versicherungspflicht für Arbeitnehmer mit häu-
fig wechselnden oder befristeten Anstellungen in: recht 2005 S. 76, 79).
c) aa) Der Pflichtige beruft sich auf Abs. 2 der vorgenannten Bestimmung,
sind doch seine Einkünfte aus dem Haupterwerb bei der B AG obligatorisch versichert
und betrifft der vorliegende Streit die Versicherung von zusätzlichen Einkünften aus
Tätigkeiten bei anderen Arbeitgebern. Die Versicherung solcher Zusatzeinkünfte ist
damit grundsätzlich möglich, soweit das Reglement der Pensionskasse dies nicht aus-
schliesst. Letzteres ist hier nicht der Fall, hält doch das Reglement der PKB in Art. 6
Abs. 2 ausdrücklich fest, dass Lohnbestandteile, welche die versicherte Person von
anderen Arbeitgebern bezieht, mit in die Versicherung einbezogen werden können (vgl.
das ab 1. Januar 2008 gültige Reglement der PKB sowie die Bescheinigung der PKB
vom 13. September 2011; R-act. 15/3+4).
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bb) Die Vorinstanz hält nun aber dafür, dass sich die Arbeitgeber des Pflichti-
gen ausserhalb der B AG nicht im Sinn der Voraussetzung von Art. 46 Abs. 3 BVG der
PKB angeschlossen hätten und damit insoweit keine paritätische bzw. hälftige Bezah-
lung der Vorsorgebeiträge erfolgt sei. Damit seien die erbrachten Pensionskassenbei-
träge nicht gesetzeskonform erfolgt.
Dem lässt der Pflichtige beschwerde- und rekursweise entgegenhalten, dass
er die fraglichen Arbeitgeberanteile geschuldet habe, weil die betreffenden Arbeitgeber
der PKB nicht angeschlossen gewesen seien. Gemäss Art. 46 Abs. 3 BVG hätte er
zwar diese Anteile von jedem Arbeitgeber zurückfordern können; hierbei handle es sich
jedoch um eine "Kann-"Vorschrift. Ausserdem sei die Bestimmung lediglich dispositiver
Natur, weil sie die freiwillige (ausserobligatorische) berufliche Vorsorge betreffe und die
Bestimmung von Art. 46 BVG in Art. 49 BVG nicht aufgeführt sei. Es stehe ihm deshalb
frei, auf sein Regressrecht zu verzichten. Dies ändere nichts daran, dass er die Arbeit-
geberbeiträge von Fr. 12'439.- gesetzes- und reglementskonform geleistet habe und er
diese damit von den Einkünften abziehen könne.
cc) Der Pflichtige erzielte im Rahmen seiner Hauptanstellung bei der B AG
einen Grundlohn von brutto Fr. 96'900.-, womit das BVG-Minimum, wie auf den nach-
folgenden Seiten 9 und 10 zu zeigen ist. bereits mehr als ausgeschöpft war. Die streit-
betroffenen Nebenverdienste fallen demzufolge in den überobligatorischen Bereich,
womit ein Recht auf deren Mitversicherung im Sinn von Art. 46 Abs. 2 BVG nach dem
vorstehend Gesagten nicht bestanden hat. Auch im überobligatorischen Bereich kann
der Einbezug von Nebenverdiensten in die den Hauptverdienst erfassende Versiche-
rung (wie hier) zwar reglementarisch zulässig sein, jedoch vom Versicherten nicht ge-
gen den Willen der Nebenverdienst-Arbeitgeber durchgesetzt werden. Nur bei tatsäch-
licher und hälftiger Beteiligung der weiteren Arbeitgeber erfolgen die zusätzlichen BVG-
Einzahlungen gesetzeskonform.
dd) Im Rahmen der rekursgerichtlichen Untersuchung hat sich gezeigt, dass
sämtliche externen Arbeitgeber, bei welchen der Pflichtige Verwaltungsratshonorare
bezogen hat, nicht über den Einbezug dieser Honorare in die Versicherung des Pflich-
tigen bei der PKB informiert waren und davon ausgegangen sind, für sie habe keine
vorsorgerechtliche Beitragspflicht bestanden (vgl. Stellungnahmen der verschiedenen
Arbeitgeber in R-act. 15/5-8). Die F Holding AG wies dabei explizit darauf hin, dass ihre
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1 DB.2011.92 1 ST.2011.141
gesellschaftsinterne Honorarordnung im überobligatorischen Bereich keine Beitrags-
zahlung an allfällige freiwillige Versicherungen gemäss Art. 46 BVG vorsehe (R-act.
15/11).
Damit steht aber fest, dass der Pflichtige die Nebenverdienste ohne Einwilli-
gung bzw. Beteiligung der diesbezüglichen Arbeitgeber bei der Pensionskasse seines
Hauptarbeitgebers (PKB) mit versichert hat. Die zusätzliche Versicherung der Verwal-
tungsratshonorare basiert damit nicht auf dem auch im überobligatorischen Bereich
geltenden Grundsatz der Beitragsparität (vgl. Jürg Brechbühl in: Schneider, Geiser,
Gächter [Hrsg], BVG und FZG, Bern 2010, Art. 66 N. 18). Damit liegen aber keine ge-
setzlichen Versicherungslösungen vor und können folglich sämtliche vom Pflichtigen in
die Vorsorge bei der PKB einbezahlten Beiträge, welche externe Verwaltungsratshono-
rare betreffen, steuerlich nicht zum Abzug gebracht werden.
e) aa) Die PKB berechnete die dem Pflichtigen in Rechnung gestellten arbeit-
geberseitigen Versicherungsbeiträge wie folgt (vgl. R-act. 15/1):
Fr. %
Versicherter Lohn 200'000.-
Koordinationsabzug 23'205.-
Jahreslohn 223'205.- 100
Jahreslohn B AG 96'900.- 43
./. Koordinationsabzug x 43% 9'978.-
86'922.-
Sparbeiträge 9% 7'823.-
Risikobeiträge 2% 1'738.-
9'561.-
Effektiver Abzug PK-Beiträge 22'000.- *
./. Anteil Beiträge B AG 9'561.-
Nachzahlung Differenz Arbeitnehmer 12'439.-
* offensichtlich also (9% + 2% =) 11% von Fr. 200'000.-
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1 DB.2011.92 1 ST.2011.141
bb) Betreffend die Zusammensetzung der arbeitnehmerseitigen Beiträge in
der Höhe von Fr. 22'000.- liess der Pflichtige im gerichtlichen Auflageverfahren auf die
vorstehende Berechnung sowie auf folgende Aufstellung verweisen (vgl. Antwort vom
23. Januar 2012, Ziff. 3; R-act. 20):
Fr.
Versicherter Grundlohn B AG 96'900.-
./. Koordinationsabzug 9'978.-
Versichertes Gehalt B AG 86'922.-
Versicherte externe Zusatzeinkünfte 113'078.-
Versicherter Lohn 200'000.-
Zum versicherten Lohn wurde dabei angeführt, der runde Betrag von
Fr. 200'000.- habe auf einer Annahme des voraussichtlich erzielbaren Einkommens
beruht, weil die Höhe der Entschädigungen aus den Verwaltungsratsmandaten nicht
festgestanden habe.
cc) Fehlt es an einer BVG-konformen Versicherung der externen VR-
Honorare, so wäre in der vorstehenden Berechnung der PKB grundsätzlich der volle
Koordinationsabzug von Fr. 23'205.- vom Grundsälär der B AG (also nicht bloss 43%)
in Abzug zu bringen gewesen, womit sich ein zu versichernder Betrag von lediglich
Fr. 73'695.- und damit ein unter dem maximalen koordinierten Lohn liegender Betrag
ergeben hätte (hiervon 11%-Beitrag = Fr. 8'106.- und nicht Fr. 9'561.-). Indes hat der
Pflichtige gemäss Lohnausweis von der B AG neben dem Grundsälär auch noch ein
VR-Honorar von Fr. 21'288.- sowie eine Treueprämie von Fr. 17'458.- bezogen. Wieso
diese internen Zusatzeinkünfte laut Berechnung nicht mitversichert worden sind, ist
nicht bekannt. Weil diese Zusatzeinkünfte den in der Berechnung zu Unrecht den Dritt-
honoraren zugewiesenen Anteil am Koordinationsabzug übersteigen, ist mit Bezug auf
die vorstehend ermittelte Differenz auf eine Korrektur zu verzichten und davon auszu-
gehen, dass im entsprechenden Umfang eine paritätische Versicherung von internen
Zusatzeinkünften vorliegt.
dd) Nicht zum Abzug zuzulassen sind jedoch die Beiträge, welche gemäss
Berechnung der PKB externe Saläre betreffen. Dies umfasst entgegen dem vo-
rinstanzlichen Entscheiden nicht nur die dem Pflichtigen von der PKB in Rechnung
- 11 -
1 DB.2011.92 1 ST.2011.141
gestellten arbeitgeberseitigen Beiträge von Fr. 12'439.-, sondern auch den gleich ho-
hen Anteil, der im Betrag von Fr. 22'000.-, welcher dem Pflichtigen gemäss Lohnaus-
weis unter dem Titel von Vorsorgebeiträgen des Arbeitnehmers vom Bruttolohn abge-
zogen worden ist, enthalten ist.
Dies führt – wie dem Pflichtigen mit Verfügung vom 21. Dezember 2011 ange-
zeigt – zu einer entsprechenden zusätzlichen einkommensseitigen Aufrechnung im
Beschwerde- bzw. Rekursverfahren, womit sich ein steuerbares/satzbestimmendes
Einkommen von Fr. 356'800.- / Fr. 373'300.- (direkte Bundessteuer bzw. Fr. 356'100.-
/ Fr. 372'600.- (Staats- und Gemeindesteuer) errechnet.
4. a) Nach alledem sind sowohl die Beschwerde als auch der Rekurs abzu-
weisen (Höhertaxationen).
b) Ausgangsgemäss sind die Rekurs- und Beschwerdekosten den Pflichtigen
aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG und Art. 144 Abs. 1 DBG) und steht diesen keine Par-
teientschädigung zu (zu (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgeset-
zes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968; § 152 StG i. V. m. § 17
Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
53557ae2-7362-4931-82bd-638b1ffd8ace | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) gründete am 23. Juni 2010 zusammen mit
fünf weiteren Personen die B Ltd. in Südafrika) und zeichnete 104 Aktien der Gesell-
schaft, entsprechend 10,4% des Nominalkapitals. Am 5. Januar 2011 verkaufte er sei-
ne Anteile bereits wieder an die C B.V. Im Wertschriftenverzeichnis 2011 deklarierte er
als Vermögenswert einen "ausstehenden Verkaufserlös B Ltd." von Fr. 632'127.-.
Auf Aufforderung des Revisors der Dienstabteilung Wertschriften des kantona-
len Steueramts reichte der Pflichtige den entsprechenden Kauf- und Verkaufsvertrag
ein. Mit Auflage vom 28. Juni bzw. 15. August 2013 verlangte der Steuerkommissär
Aufschluss bezüglich des Verkaufs sowie bezüglich der Tätigkeit bei B Ltd. und bei
anderen Gesellschaften, deren Aktien der Pflichtige deklariert hatte. Dieser nahm hier-
zu am 9. September 2013 Stellung. Am 6. November 2013 fand eine Besprechung
zwischen ihm, seinem Steuervertreter und dem Steuerkommissär statt. Dabei teilte der
Steuerkommissär mit, dass der Pflichtige nach seiner Auffassung einer selbstständigen
Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Mit Schreiben vom 17. Januar 2014 hielt er an
seiner Beurteilung fest und forderte er den Pflichtigen auf, eine Aufstellung über seine
geschäftlichen Aufwendungen einzureichen. Am 5. März 2014 liess der Pflichtige durch
seinen neu bestellten Steuervertreter Stellung nahmen und eine selbstständige Er-
werbstätigkeit ausführlich verneinen. Am 28. März 2014 verlangte der Steuerkommis-
sär Angaben über Zeitpunkt und Anzahl Aktien bei Kauf und Verkauf. Der Pflichtige
liess am 9. Mai 2014 eine entsprechende Übersicht einreichen.
Mit Veranlagung bzw. Einschätzung vom 21. Mai 2014 setzte der Steuerkom-
missär das steuerbare Einkommen auf Fr. 195'100.- (direkte Bundessteuer) bzw.
Fr. 194'400.- (Staats- und Gemeindesteuern) und das steuerbare Vermögen auf Fr. 0.-
fest. Darin rechnete er Einkünfte von netto Fr. 90'000.- aus selbstständiger Erwerbstä-
tigkeit auf.
B. Hiergegen erhob der Pflichtige am 16. Juni 2014 Einsprache mit dem An-
trag, den Veranlagungs- bzw. Einschätzungsentscheid aufzuheben. Dabei legte er an-
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1 DB.2014.152 1 ST.2014.190
hand der einschlägigen Kriterien dar, dass er keiner selbstständigen Erwerbstätigkeit
nachgegangen sei.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen am 9. Juli 2014 ab.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 6. August 2014 wiederholte der Pflichti-
ge Einspracheantrag und –begründung, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. Zu-
dem machte er geltend, der Einspracheentscheid enthalte keine ausreichende Begrün-
dung. Er behalte sich die Geltendmachung von Gewinnungskosten vor.
Das kantonale Steueramt schloss am 19. August 2014 auf Abweisung der
Rechtsmittel. Mit Replik vom 6. Oktober 2014 hielt der Pflichtige an seinem Standpunkt
fest. Das kantonale Steueramt nahm mit Duplik vom 23. Oktober 2014 nochmals Stel-
lung, und am 7. November 2014 reichte der Pflichtige noch eine Triplik ein. Die Eidge-
nössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Nach der Generalklausel von Art. 16 Abs. 1 des Bundesgesetzes über
die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) und § 16 Abs. 1 des Steuer-
gesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) unterliegen der Einkommenssteuer alle wiederkeh-
renden und einmaligen Einkünfte. Gemäss Art. 18 DBG und § 18 StG sind insbesonde-
re alle Einkünfte aus einem Handels-, Industrie-, Gewerbe-, Land- und Forstwirt-
schaftsbetrieb, aus einem freien Beruf sowie aus jeder anderen selbstständigen
Erwerbstätigkeit steuerbar (Abs. 1); zu den Einkünften aus selbstständiger Erwerbstä-
tigkeit zählen sodann auch alle Kapitalgewinne aus Veräusserung, Verwertung oder
buchmässiger Aufwertung von Geschäftsvermögen (Abs. 2). Steuerfrei sind nach
Art. 16 Abs. 3 DBG und § 16 Abs. 3 StG – bei der Staats- und Gemeindesteuer vorbe-
hältlich der Grundstückgewinnsteuer – demgegenüber Kapitalgewinne aus der Veräus-
serung von Privatvermögen.
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1 DB.2014.152 1 ST.2014.190
b) Unter selbstständiger Erwerbstätigkeit wird jede Tätigkeit verstanden, bei der
eine Person durch Einsatz von Arbeitsleistung und Kapital in einer frei gewählten Or-
ganisation auf eigenes Risiko anhaltend, planmässig und nach aussen sichtbar mit der
Absicht auf Gewinnerzielung am Wirtschaftverkehr teilnimmt (Markus Reich, in: Kom-
mentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002, Art. 8 N 13 StHG;
Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 18 N 6
DBG und Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 18 N 8 StG). Eine
selbstständige Erwerbstätigkeit kann haupt- oder nebenberuflich, dauernd oder tempo-
rär ausgeübt werden. Ob eine solche vorliegt, ist nach den gesamten Umständen des
Einzelfalls zu beurteilen. Die einzelnen Merkmale des Begriffs dürfen nicht isoliert be-
trachtet werden und können auch in unterschiedlicher Intensität auftreten (Reich, Art. 8
N 13 ff. StHG). Auch wenn der Begriff im Normalfall die oben genannten Elemente um-
fasst, bedeutet dies nicht, dass eine Tätigkeit, bei der einzelne dieser Elemente fehlen,
automatisch nicht mehr selbstständig wäre. Er ist umfassender als jener der Unter-
nehmung, des Geschäfts, Betriebs oder Gewerbes, die eine organisierte Einheit von
Arbeit und Kapital erfordern. Das zeigt sich darin, dass Art. 18 Abs. 1 DBG und § 18
Abs. 1 StG nebst den Einkünften aus einem Betrieb (aus Handel, Industrie, Gewerbe,
Land- oder Forstwirtschaft) und aus freien Berufen auch alle Einkünfte "aus jeder an-
deren selbständigen Erwerbstätigkeit" für steuerbar erklären.
Während der Einsatz von Arbeit und Kapital in freigewählter Organisation und
auf eigenes Risiko auch Merkmal einer Liebhaberei sein kann, grenzen die Erforder-
nisse der planmässigen und anhaltenden Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr zum
Zweck der Gewinnerzielung die Liebhaberei von der selbstständigen Erwerbstätigkeit
ab. Das Erfordernis der Planmässigkeit verhindert, dass eine lediglich sporadisch und
ohne Plan ausgeübte Tätigkeit als selbstständige Erwerbstätigkeit qualifiziert wird. Auf
Planmässigkeit wird insbesondere geschlossen, wenn der Steuerpflichtige nicht bloss
die zufällig sich bietenden Möglichkeiten wahrnimmt, sondern durch gezieltes Wirken
sein Einkommen zu steigern sucht. Daraus ist zu schliessen, dass, wer planmässig
handelt, dies auch mit Gewinnerzielungsabsicht tut. Eine derartige Absicht ist aufgrund
objektiver Indizien zu beurteilen.
Bei steuerpflichtigen Personen, die hauptberuflich unselbstständig erwerbstä-
tig sind, hat das Bundesgericht bisher einen nebenberuflichen Beteiligungshandel nur
vereinzelt und bei besonders gelagerten Sachverhalten angenommen. Dabei spielten
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1 DB.2014.152 1 ST.2014.190
die Berufsnähe sowie die eingesetzten Spezialkenntnisse eine Rolle. Den Ausschlag
gaben hier stets entweder die massive Fremdfinanzierung und das dadurch entstande-
ne grosse Unternehmerrisiko oder aber das besonders systematische und planmässi-
ge Vorgehen (BGr, 25. September 2012, 2C_115/2012 E 2.2 sowie BGr, 12. Septem-
ber 2011, 2C_385/2011 E. 2.2).
c) Nach Art. 123 Abs. 1 DBG bzw. § 132 Abs. 1 StG haben die Steuerbehör-
den zusammen mit dem Steuerpflichtigen die für die vollständige und gerechte Be-
steuerung massgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse festzustellen.
Dabei gilt als allgemeine Regel der (objektiven) Beweislastverteilung, dass die Steuer-
behörde die steuerbegründenden Tatsachen nachzuweisen hat, der Steuerpflichtige
dagegen diejenigen Umstände, welche die Steuerschuld mindern oder aufheben
(RB 1990 Nr. 36 = StE 1990 B 92.51 Nr. 3).
Geht es um die Frage, ob der bei einer Veräusserung erzielte Kapitalgewinn
steuerfrei ist, ist hierfür grundsätzlich der Steuerpflichtige beweisbelastet. Denn nach
der Generalklausel von Art. 16 Abs. 1 DBG bzw. § 16 Abs. 1 StG sind alle Zuflüsse
steuerbar und stellt die Steuerfreiheit von Kapitalgewinnen auf beweglichem Privat-
vermögen gemäss Art. 16 Abs. 3 DBG bzw. § 16 Abs. 3 StG eine Ausnahme davon
dar, welche die Steuerschuld mindert. Behauptet jedoch die Steuerbehörde in diesem
Zusammenhang, ein Kapitalgewinn sei nicht steuerfrei, weil der Steuerpflichtige eine
selbstständige Erwerbstätigkeit ausübe und der Kapitalgewinn auf einem zu dessen
Geschäftsvermögen gehörenden Aktivum erzielt worden sei, so ist sie für das Vorlie-
gen der selbstständigen Erwerbstätigkeit und die Zugehörigkeit des fraglichen Akti-
vums zum Geschäftsvermögen beweisbelastet. Indessen obliegt dem Steuerpflichtigen
der Gegenbeweis dafür, dass er nicht selbstständig erwerbstätig bzw. das Aktivum
dem Privatvermögen zuzuordnen ist.
Von der (objektiven) Beweislastverteilung zu unterscheiden ist der Untersu-
chungs- und Mitwirkungsgrundsatz. Danach ist es die Pflicht (und das Recht) der
Steuerbehörde, den für den Einschätzungsentscheid rechtserheblichen Sachverhalt
von Amts wegen abzuklären und ihm nur solche Tatsachen zugrunde zu legen, von
deren Vorhandensein sie sich selber überzeugt hat (RB 1987 Nr. 35, BGE 92 I 253 und
Martin Zweifel, Die Sachverhaltsermittlung im Steuerveranlagungsverfahren, 1989,
S. 11). Damit die Steuerbehörde ihrer Untersuchungspflicht nachkommen kann, ist der
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Steuerpflichtige kraft der ihm obliegenden Verfahrenspflichten allerdings gehalten, an
der Untersuchung mitzuwirken (BGr, 20. Dezember 1991 = StE 1993 B 93.3 Nr. 4).
2. a) Der Pflichtige studierte an der Universität St. Gallen. Gemäss bei den
Akten liegenden Lohnausweisen war er 2009 bis Juli bei einer Unternehmensbera-
tungsgesellschaft tätig. Anschliessend mache er in den Vereinigten Staaten eine Aus-
bildung zum MBA, welche er im Sommer 2010 abschloss. Darauf war er ca. drei Mona-
te auf Reisen. Per 1. November 2010 trat er eine Stelle im Zürcher Büro einer
internationalen Unternehmensberatung an. Am 28. Februar 2012 verliess er diese Un-
ternehmensberatung und ist seit dem 1. März 2012 für seine neugegründete Gesell-
schaft D AG tätig.
b) Das kantonale Steueramt stützt sich bei seiner Qualifikation der Aktivitäten
des Pflichtigen als selbstständige Erwerbstätigkeit auf die Ausführungen des Pflichtige
in seinem E-Mail vom 9. September 2013. Die Replik vom 6. Oktober 2014 enthält
hierzu ergänzende Angaben. Demnach bestanden seine Aktivitäten in Folgendem:
Gemäss dem E-Mail hat er jeweils beabsichtigt, Internetkonzepte aus den
USA zu "internationalisieren" und dadurch einen "first mover"-Vorteil zu erlangen. Da-
bei hat er als mehrfacher Unternehmensgründer jeweils eine Geschäftsidee einge-
bracht, die er in den USA entdeckt hatte, und dann verschiedene lokale Gründer-
Teams motiviert, ihre bisherigen Berufe zu verlassen und sich der operativen Umset-
zung seiner Idee zu widmen. Er selbst hat die Teams jeweils nicht operativ, sondern
nur strategisch durch Einsitz in den Verwaltungsrat unterstützt. Ohne seine Idee wäre
es nicht zu den jeweiligen Unternehmen gekommen, und ohne seinen Anstoss hätten
sich die Gründungsteams nicht getraut, die Idee zu verwirklichen. Auf diese Art und
Weise hat er bisher zwei grosse Konzepte "internationalisiert":
- Das C-Konzept: Dabei geht es um den Betrieb von diversen Internetseiten,
welche Rabattangebote enthalten. Hierzu hat er sich an der Gründung von Gesell-
schaften in mehreren Ländern beteiligt. Die Beteiligungen an den Gesellschaften in
zwei Ländern hält er weiterhin. Bei den Akten liegt ein Vertrag 22. März 2011 über die
Gründung einer ES.A. in Mittelarmerika, von dem anzunehmen ist, dass er in diesem
Zusammenhang steht. Gemäss Lit. A.1. des Vertrags bezeichneten sich die Investoren
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selbst als eine Gruppe von Professionellen, welche grundlegende Erfahrung im Be-
reich E-Commerce, Webseiten-Entwicklung und Group-Buying gesammelt haben, und
ihre Erfahrung und Unterstützung in die Gesellschaft einbringen wollen gegen Beteili-
gung. Ein ähnlicher Vertrag liegt vor mit Bezug auf ein afrikanisches Land (vom 1. Ok-
tober 2010). Ein weiteres Projekt ist nach den Angaben des Pflichtigen für USD 1.-
verkauft worden, die Details seien ihm trotz Nachfrage nicht bekannt.
- Das F-Konzept: Hier ging es um ein Internetseite zum Vertrieb von kosmeti-
schen Probeartikeln. Demnach hat der Pflichtige dieses Konzept unter den Namen "G"
aufgebaut, woraus ein weltweites Netzwerk entstanden sei (verschiedene Webpages in
China, Hong Kong, Australien, im Mittleren Osten, in Russland, Südafrika, in der
Schweiz und in Brasilien). Dazu führt der Pflichtige aus, dass ein Teil dieser Gesell-
schaften inzwischen verkauft bzw. liquidiert worden seien, ohne dass er etwas erhalten
habe bzw. dass er wahrscheinlich um den Erlös betrogen worden sei. Hierzu liegen
Verträge vom 3. Oktober und 9. Dezember 2011 vor.
- Weiter gründete er am 7. Oktober 2011 mit zwei weiteren Personen die H
AG, welche beabsichtigt, eine Verlinkung zwischen zwei Microsoft Office-Produkten auf
den Markt zu bringen. Hierzu ist eine Drittperson mit der Entwicklung beauftragt wor-
den; das Produkt ist in der Testphase.
- I GmbH & Co KG: Nach Sachdarstellung des Pflichtigen habe er 1% der Ge-
sellschaft erhalten als Gegenleistung für seine Mithilfe durch Einbringung seines Be-
ziehungsnetzes in Russland. Hierzu legt er zwei Verträge vom 19./20. Dezember 2011
vor, welche aber in ihrer Bedeutung und Komplexität weit über den vom Pflichtigen
behaupten Inhalt hinausgehen.
- J Holding AG: Nach den Ausführungen des Pflichtigen handelt es sich hier-
bei um sein grösstes Projekt, welches er zusammen mit einer weiteren Person umge-
setzt hat und welche Gesellschaft er in fester Anstellung operativ leitet. Diese ist als
Holding strukturiert, und beruht nach dem Pflichtigen auf einem innovativen Banking-
Konzept. Bei den Akten liegt ein Vertrag vom 23. Dezember 2011 über den Kauf von
Aktien an einer D AG durch den Pflichtigen sowie eine Partnerschaftsvereinbarung
vom 24. Januar 2012 diesbezüglich. Diese Tätigkeit hat er im März 2012, unmittelbar
nach dem Ausstieg bei der internationalen Unternehmensberatung, angetreten.
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Der Steuerkommissär hat ferner einen Internetauszug zu den Akten genom-
men, welcher eine Panel-Diskussion im Jahr 2013 zum Thema Crowd Funding in der
Schweiz ankündet, an der der Pflichtige als Referent teilgenommen hat. Darin wird er
vorgestellt. Neben den bereits erwähnten Umständen wird erwähnt, dass die in China
und Hong Kong basierten Gesellschaften im September 2012 von einer in China ba-
sierten Gesellschaft, und die in Südafrika basierte G-Konzeptgesellschaft im Oktober
2012 von der Konkurrenz aufgekauft worden seien.
c) Mit der Vorinstanz und dem Pflichtigen ist davon auszugehen, dass er nicht
als (Quasi-)Wertschriftenhändler zu betrachten ist, da sein Interesse nicht nur auf Kauf
und Verkauf von Beteiligungen, sondern auf Aufbau von Gesellschaften gestützt auf
eine eigene Geschäftsidee, mit der Hoffnung auf späteren Verkauf mit Gewinn gerich-
tet war. Die reiche Rechtsprechung zum (Quasi-)Wertschriftenhändler ist damit nicht
unmittelbar anwendbar. Es erübrigt sich daher, auf die einzelnen diesbezüglichen Kri-
terien einzugehen. Seine Tätigkeit ist vielmehr unter den einschlägigen allgemeinen
Kriterien der selbstständigen Erwerbstätigkeit zu durchleuchten.
d) Die selbstständige Erwerbstätigkeit ist durch den kombinierten Einsatz von
Arbeit und Kapital charakterisiert. Aus der Sachdarstellung sowie den vorliegenden
Verträgen geht der Einsatz von Kapital nicht im Detail hervor; indessen ist es nahelie-
gend, dass der Erwerb der Beteiligungen bzw. die Gründung von Gesellschaften welt-
weit jeweils mit dem Einsatz von Kapital, wenn hier auch nicht notwendigerweise in
hohen Masse, verbunden war.
Der Einsatz von Arbeit ist ebenfalls zu bejahen. Der Pflichtige macht zwar gel-
tend, dass er in den Gesellschaften nicht operativ tätig gewesen sei, indessen liegt in
solcher operativen Tätigkeit auch nicht der Kern der ihm vorgehaltenen Erwerbstätig-
keit. Aus der Schilderung seiner Aktivitäten geht vielmehr hervor, dass seine Arbeits-
leistung darin bestand, zusammen mit weiteren Personen Geschäftsideen zu entwi-
ckeln, ausführende Teams zu finden und die organisatorische und rechtliche Struktur
mit aufzubauen (sog. Start-Ups); die folgende Umsetzung erfolgte dann jeweils durch
die gefundenen Teams. Es ist offenkundig, dass diese Aktivitäten als Einsatz von Ar-
beit zu betrachten sind. Soweit er geltend macht, damit sei sehr wenig Aufwand ver-
bunden gewesen (wenige Telefonate mit den Mitgründern), hilft ihm dies nicht weiter,
- 9 -
1 DB.2014.152 1 ST.2014.190
ist doch davon auszugehen, dass solche Telefonate auf umfangreichen Vorarbeiten
beruhen; entsprechend sind die abgeschlossenen Verträge komplex und umfangreich.
Dass er keine eigentliche Beratertätigkeit ausübte, ändert daran nichts, ebenso der
Einwand, dass er aufgrund der hohen Belastung durch des MBA-Studium und seine
Tätigkeit bei der internationalen Unternehmensberatung keine Zeit für eine selbststän-
dige Erwerbstätigkeit gehabt habe. Wie sich aus den Akten ergibt, hat er trotz dieser
zeitlichen Belastung Gelegenheit gefunden, diverse eigene geschäftliche Projekte zu
verfolgen; im Übrigen setzt die Annahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nicht
voraus, dass der zeitliche Aufwand hierfür eine gewisse Schwelle überschreitet.
e) Auch das Kriterium des Vorgehens auf eigenes Risiko ist erfüllt. Der Pflich-
tige bezog kein festes Gehalt, sondern erhoffte sich eine Vergütung seines Aufwands
sowie einen Gewinn durch den Verkauf seiner Beteiligungen bei Erfolg, wie es im Fall
B Ltd. auch geschah. Bei einem Fehlschlag hätte ihn niemand für seine Umtriebe ent-
schädigt; mithin war er auf eigene Rechnung tätig und trug das Risiko selber.
f) Ein eigentlicher Marktauftritt des Pflichtigen, indem er etwa andere Investo-
ren zum gemeinsamen Bereitstellen von Wagniskapital gesucht oder sich als Investor
angeboten hätte, ist nicht ersichtlich. Zudem hat er keine Einzelfirma mit diesem Zweck
in das Handelsregister eintragen lassen. Anzumerken ist indessen, dass sein Engage-
ment jeweils zusammen mit zahlreichen Mitinvestoren bzw. -gründern erfolgte, was auf
eine grosse Vernetzung des Pflichtigen hindeutet. Entsprechend trat er denn auch in
Unternehmer-Tagungen als Referent auf. Das deutet darauf hin, dass er darum be-
müht ist, in den interessierten Kreisen einen gewissen Bekanntheitsgrad zu erlangen.
g) Die selbstständige Erwerbstätigkeit erfordert weiter eine Planmässigkeit
des Vorgehens, d.h. die Tätigkeit darf nicht nur sporadisch ausgeübt worden sein. Aus
der Schilderung des Pflichtigen ist eine Planmässigkeit ersichtlich, hat er doch syste-
matisch immer wieder dasselbe Vorgehen gewählt. Auffallend ist auch die hohe Fre-
quenz von Gründungen im Zeitraum 2010 und 2011, indem er sowohl für die Ge-
schäftsidee B Ltd. als auch beim G-Konzept sofort weltweit Gesellschaften zur lokalen
Umsetzung der Geschäftsidee aufzog, wofür mehr als ein Dutzend Internetseiten be-
trieben wurden. Mithin handelte es sich bei der Gründung der B Ltd. nicht um ein sin-
guläres Engagement. Der Pflichtige verkennt, dass nicht die Gründung der B Ltd. allein
zur Qualifikation als selbstständiges Erwerbseinkommen führt, sondern dass es sich
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1 DB.2014.152 1 ST.2014.190
dabei nur um eine Gründung unter vielen handelt, und all diese Engagements zusam-
mengenommen ein Muster ergeben. Mitunter ist das Kriterium der Planmässigkeit be-
sonders ausgeprägt erfüllt.
h) Weiter ist davon auszugehen, dass er bei seinem Vorgehen Fachkenntnis-
se eingesetzt hat, welche er als Ökonom erworben hat und es ihm erlaubten, eine Ge-
schäftsidee in Form eines neugegründeten Unternehmens zu realisieren. Anzufügen
ist, dass die bei den Akten liegenden Gründungs- und Zusammenarbeitsverträge aus-
gesprochen komplex sind und für ihr Verständnis einen hohen Grad der Professionali-
tät im Zusammenhang mit solchen Projekten voraussetzen.
i) Ein gewichtiges Argument für eine selbstständige Erwerbstätigkeit stellt im
Normalfall eine Fremdfinanzierung dar. Der Pflichtige deklarierte per 31. Dezem-
ber 2011 Schulden von insgesamt Fr. 242'755.-, was für hiesige Verhältnisse für Per-
sonen in seinem Alter (Jahrgang 1984, kein Grundeigentum) ungewöhnlich hoch ist.
Darunter befinden sich zwei Darlehen in der Höhe von total Fr. 163'892.- einer ameri-
kanischen Bank sowie eines "Access Group Loan Servicing", welche als "Student Lo-
an" bezeichnet werden. Es ist anzunehmen, dass diese mit dem MBA-Lehrgang in den
Vereinigten Staaten im Zusammenhang standen. Selbst wenn man berücksichtigt,
dass solche Lehrgänge in den USA gerichtsnotorisch teuer sind, erscheint der Ge-
samtbetrag der Darlehen als sehr hoch. Hinzu kommt noch ein weiterer Kredit von Fr.
68'547.- bei einer schweizerischen Bank, welcher erstmals per 31. Dezember 2011
deklariert wurde. Der Pflichtige behauptet, dieser habe dazu gedient, nach seiner
Rückkehr aus den USA seine Wohnungseinrichtung und den Umzug zu finanzieren
(vgl. aber auch die Umzugspauschale von Fr. 15'000.- gemäss Arbeitsvertrag). Auch
wenn der hohe Grad der Verschuldung eine Mitfinanzierung seiner geschäftlichen Akti-
vitäten vermuten lässt, lässt sich hier indessen kein klares Indiz auf eine selbstständige
Erwerbstätigkeit herleiten, zumal der Kapitalbedarf nicht bekannt ist.
j) Bei einer Gesamtbetrachtung aller vorliegenden Kriterien ist der Schluss zu
ziehen, dass der Pflichtige einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
die darin bestanden hat, jeweils basierend auf einer Geschäftsidee Online-Plattformen
aufzubauen, hierzu Unternehmungen zu gründen und diese nach der Einführungspha-
se zu verkaufen. Dabei ist er planmässig immer wieder nach demselben Muster
vorgegangen, zwar – soweit erkennbar – mit geringem Kapitaleinsatz, aber unter in-
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tensiver Ausnützung von Netzwerken und auf der Grundlage von komplexen Vertrags-
verhältnissen.
k) Was der Pflichtige dagegen einwendet, überzeugt nicht:
Wie bereits festgehalten, spielt es keine Rolle, dass der Pflichtigen bei der B
Ltd. weder operativ noch beratend tätig war; massgebend für die Beurteilung als
selbstständige Erwerbstätigkeit ist das mehrfache identische Vorgehen bei mehreren
Gesellschaftsgründungen innerhalb eines kurzen Zeitraums. Nicht massgebend ist
deshalb auch, dass er die B Ltd. in der Öffentlichkeit nicht repräsentierte, sondern im
Hintergrund blieb. Es erübrigt sich deshalb, die vom Pflichtigen hierzu angebotenen
Beweise abzunehmen. Mit ihm ist davon auszugehen, dass er keine eigentliche Bera-
tungstätigkeit ausgeübt hat, doch ändert dies an der Qualifikation seiner Tätigkeit
nichts.
Nochmals ist festzuhalten, dass auch der Verweis auf BGr, 25. Septem-
ber 2012, 2C_115/2012, hier nicht greift, da das Bundesgericht dort die selbstständige
Erwerbstätigkeit mit dem Argument verneinte, dass es sich um ein singuläres Enga-
gement gehandelt habe, was hier eben gerade nicht zutrifft.
Da es sich bei der Tätigkeit nicht um eine eigentliche Beratungstätigkeit han-
delt, ist die Zuteilung der Aktien auch nicht als Beratungshonorar zu betrachten, wes-
halb auf den Antrag, für die Höhe der Entschädigung auf den Wert der Aktien im Zeit-
punkt der Zuteilung und nicht des Verkaufs abzustellen, nicht weiter einzugehen ist.
3. Der Pflichtige rügt weiter, dass der Einspracheentscheid nicht ausreichend
begründet und dadurch sein rechtliches Gehör verletzt worden sei.
a) Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 der Bun-
desverfassung vom 18. April 1999 (BV) leitet sich unter anderem eine Begründungs-
pflicht der Behörden in Bezug auf ihre Entscheide ab. Welche Anforderungen an Inhalt
und Umfang zu stellen sind, hängt vom konkreten Fall ab. Die Begründung ist jeden-
falls so abzufassen, dass der Steuerpflichtige dadurch in die Lage versetzt wird, die
Tragweite der Entscheidung zu erkennen und die Überlegungen nachzuvollziehen,
welche die Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat. Auf diese Weise soll er
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1 DB.2014.152 1 ST.2014.190
beurteilen können, ob und mit welchen Argumenten er den Entscheid auf dem
Rechtsmittelweg weiterziehen will. Zudem ermöglicht die Begründung der Rechtsmit-
telbehörde die Überprüfung des angefochtenen Entscheids. Die Behörde muss sich
dabei nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes ein-
zelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen. Sie kann sich auf die für den Entscheid we-
sentlichen Gesichtspunkte beschränken (Zweifel/Casanova, Schweizerisches Steuer-
verfahrensrecht, 2008, § 15 Rz. 42 f.; vgl. auch BGr, 25. März 2010, 2C_514/2009,
E. 3.1, www.bger.ch).
b) Das kantonale Steueramt hat im Einspracheentscheid die rechtlichen
Grundlagen wiedergegeben und die vom Pflichtigen geschilderte Aktivitäten darunter
subsumiert. Der Veranlagungs- bzw. Einschätzungsentscheid enthält die Berechnung
der aufgerechneten Einkünfte. Damit war aber der Entscheid ausreichend begründet,
und war es dem Pflichtigen möglich, seine Argumente hiergegen vorzubringen, was er
mit den vorliegenden Rechtschriften denn auch umfassend getan hat. Dass er die Auf-
fassung des kantonalen Steueramts nicht teilt, führt nicht dazu, dass die Begründung
unzureichend wäre. Die Rüge der Gehörsverletzung erweist sich damit als nicht stich-
haltig.
4. Der Steuerkommissär ermittelte aus dem Verkauf der Aktien Einkünfte von
Fr. 91'520.-. Hiervor zog er mit dem Vermerk "geschätzter Aufwand und Einschuss
Nennwert" Fr. 1'520.- ab, was Nettoeinkünfte von Fr. 90'000.- ergab..
Der Pflichtige rügt, dass er nicht weitere Aufwendungen im Zusammenhang
mit der vermeintlichen selbstständigen Erwerbstätigkeit geltend machen könne. Er be-
halte sich vor, allfällige Aufwendungen gelten zu machen, sofern geklärt sei, basierend
auf welcher Tätigkeit er als selbstständiger Erwerbstätiger qualifiziert werde.
a) Bei selbstständiger Erwerbstätigkeit werden die geschäfts- oder berufs-
mässig begründeten Kosten abgezogen (Art. 27 Abs. 1 DBG; § 27 Abs. 1 StG). Natür-
liche Personen mit Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit müssen der Steu-
ererklärung die unterzeichneten Jahresrechnungen (Bilanzen, Erfolgsrechnungen) der
Steuerperiode oder, wenn eine kaufmännische Buchhaltung fehlt, Aufstellungen über
Aktiven und Passiven, Einnahmen und Ausgaben sowie Privatentnahmen und Privat-
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einlagen beilegen (Art. 125 Abs. 2 DBG; § 134 Abs. 2 StG). Die Steuerbehörden stel-
len zusammen mit dem Steuerpflichtigen die für eine vollständige und richtige Besteue-
rung massgebenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse fest (§ 132 Abs. 1 StG,
Art. 123 Abs. 1 DBG). Hat ein Steuerpflichtiger trotz Mahnung seine Verfahrenspflich-
ten nicht erfüllt oder können die Steuerfaktoren mangels zuverlässiger Unterlagen nicht
einwandfrei ermittelt werden, so nimmt die Steuerbehörde gemäss § 139 Abs. 2 Satz 1
StG bzw. Art. 130 Abs. 2 Satz 1 DBG die Einschätzung bzw. die Veranlagung nach
pflichtgemässem Ermessen vor. Nach der Rechtsprechung ist immer dann, wenn eine
Schätzung erforderlich ist, diese in der Form und unter den Voraussetzungen der Er-
messenseinschätzung vorzunehmen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 130 N 26
DBG und § 139 N 46 StG; VGr, 21. Mai 2003, SB.2002.00115, E. 3b, www.vgrzh.ch).
Dass eine solche vorliegt, muss im Einschätzungsentscheid zum Ausdruck gebracht
werden, da die daraus resultierenden formellen Erschwerungen der Anfechtbarkeit
dem Steuerpflichtigen zur Kenntnis gebracht werden müssen. Weiter stellt die Mah-
nung eine letztmalige Nachfrist dar und ist unverzichtbare Voraussetzung. Die Unter-
lassung einer Mahnung stellt einen schwerwiegenden Verfahrensmangel dar (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 139 N 67a).
b) Der Pflichtige hatte mit der Steuererklärung keine Unterlagen gemäss
Art. 125 Abs. 2 DBG bzw. § 134 Abs. 2 StG eingereicht. Mit Schreiben vom 17. Janu-
ar 2014 hat der Steuerkommissär eine Aufstellung der geschäftsmässig begründeten
und nachgewiesenen Aufwendungen verlangt. Dieses erfüllt indessen die Anforderun-
gen an eine Auflage nicht, fehlt doch die Androhung der Rechtsfolgen bei Nichterfül-
lung. Am 28. März 2014 hat der Steuerkommissär eine weitere Auflage erlassen, worin
er eine Aufstellung der Aktienkäufe und -verkäufe einforderte. Der Pflichtige hat darauf
eine solche eingereicht und damit nur die zweitgenannte Aufforderung erfüllt. Eine
Übersicht seiner weiteren Aufwendungen im Zusammenhang mit der vorstehend be-
schriebenen Geschäftstätigkeit fehlte weiterhin. Es ist nicht anzunehmen, dass neben
dem investierten Gründungskapital keine weiteren Aufwendungen angefallen sind.
Dies anerkennt auch das kantonale Steueramt, hat es doch die Kosten sowie den
Kaufpreis zusammen auf Fr. 1'520.- "geschätzt".
Nach dem Gesagten waren damit aber die Voraussetzungen für eine Schät-
zung des Aufwands nicht erfüllt, fehlten doch sowohl eine formell korrekte Auflage als
- 14 -
1 DB.2014.152 1 ST.2014.190
auch eine Mahnung überhaupt; die Schätzung erging zudem nicht in der korrekten
Form, indem sie nicht als solche nach pflichtgemässem Ermessen bezeichnet wurde.
c) Das Steuerrekursgericht hat gemäss § 149 Abs. 2 StG die Steuerfaktoren
grundsätzlich nach ihren eigenen Erhebungen festzustellen (RB ORK 1958 Nr. 44). Sie
kann die Sache ausnahmsweise zwecks Wahrung des gesetzlichen Instanzenzugs zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückweisen, namentlich wenn zu Unrecht noch
kein materieller Entscheid getroffen wurde oder dieser an einem schwerwiegenden
Verfahrensmangel leidet (§ 149 Abs. 3 StG). Ein Verfahrensmangel ist namentlich
dann schwerwiegend, wenn die Vorinstanz in Verletzung der ihr obliegenden Untersu-
chungspflicht – und somit in Missachtung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29
Abs. 2 der Bundesverfassung vom 18. April 1999) – den rechtserheblichen Sachverhalt
nicht oder unvollständig abgeklärt hat (RB 2001 Nr. 93). Wie vorliegend aufgezeigt, hat
die Vorinstanz die Untersuchungspflicht verletzt, weshalb die Sache zurückzuweisen
ist.
5. Gestützt auf diese Erwägungen sind der Rekurs bzw. die Beschwerde teil-
weise gutzuheissen. Ausgangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens den Parteien
anteilsmässig aufzuerlegen; dabei ist zu berücksichtigen, dass der Pflichtige im Haupt-
punkt vollständig unterliegt, weshalb er die Kosten zur Hauptsache zu tragen hat
(Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). Ihm ist aufgrund seines weit überwiegen-
den Unterliegens auch keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 144 Abs. 4 DBG
i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom
20. Dezember 1968 bzw. § 152 StG i. V. m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflege-
gesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997, VRG).
Soweit eine Partei den vorliegenden Entscheid einzig mit Bezug auf die
Rückweisung mit Beschwerde beim Verwaltungsgericht anfechten will, ist darauf hin-
zuweisen, dass dies nur möglich ist, soweit der Entscheid einen nicht wiedergutzuma-
chenden Nachteil bewirken könnte oder die Gutheissung der Beschwerde sofort einen
Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten
für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (§ 19a Abs. 2 VRG i.V.m. Art. 93
Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005, BGG).
- 15 -
1 DB.2014.152 1 ST.2014.190 | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
53bb8dde-c116-4799-9574-49825bff7387 | hat sich ergeben:
A. Die A AG mit Sitz in D, vormals B AG (nachfolgend die Pflichtige) ist im E-
Handel tätig. Im Jahr 2006 betrieb sie neben dem Geschäft in der eigenen Liegen-
schaft in D (ZH), Filialen in mehreren Kantonen. Die Zentralverwaltung (Geschäftslei-
tung, Einkauf und Administration etc.) befand sich in einer weiteren Liegenschaft in D
(ZH). Ausserdem hält sie in K (AG) noch eine Kapitalanlageliegenschaft. Umsatzein-
bussen erforderten in den letzten Jahren diverse Sanierungsmassnahmen, die nicht
zum gewünschten Erfolg führten. Per 31. Dezember 2005 beliefen sich die Verlustvor-
träge für die Kantonssteuern (Geschäftsjahre 2001 bis 2005) gemäss Deklaration der
Pflichtigen in der Staatssteuererklärung 2006 auf insgesamt Fr. 3'690'763.-. Im Jahr
2006 kam laut Deklaration ein weiterer Betriebsverlust von Fr. 4'322'574.- hinzu. Um
den Geschäftsbetrieb weiterhin aufrechterhalten zu können, veräusserte sie im Jahr
2006 ihre Liegenschaft in D zum Preis von Fr. 48'000'000.- an L. Mit Veranlagungsbe-
schluss vom 20. November 2007 auferlegte ihr die kommunale Grundsteuerbehörde
eine Grundstückgewinnsteuer von Fr. 3'970'820.- bei einem steuerbaren Gewinn von
Fr. 19'880'636.-.
B. Eine dagegen erhobene Einsprache, womit die Pflichtige beantragte, den
Grundstückgewinn nach Verrechnung der oben genannten Betriebsverluste auf
Fr. 11'867'299.- bzw. eventualiter – nach Ausscheidung des auf den Kanton Zürich
entfallenden Verlustanteils von 52,71% – auf Fr. 16'037'784.- herabzusetzen, wies die
kommunale Grundsteuerbehörde am 21. August 2012 ab. Sie berief sich dabei auf das
Urteil des Bundesgerichts vom 7. Oktober 2011 (2C_747/2010) und leitete daraus ab,
dass aufgrund der geltenden gesetzlichen Regelung Betriebsverluste, die gemäss in-
terkantonaler Steuerausscheidung der Kanton Zürich zu trage habe, nicht mit im Kan-
ton Zürich erzielten Grundstückgewinnen verrechenbar seien. Dies gelte nicht nur für
rein zürcherische Verluste, sondern auch für solche, die in einem anderen Kanton an-
gefallen und gemäss Ausscheidung dem Kanton Zürich zugewiesen worden seien.
Aufgrund der Zuweisung mutierten ausserkantonale Verluste zu innerkantonalen Ver-
lusten. Die nach zürcherischer Gesetzgebung nicht verrechenbaren Verluste seien
separat vorzutragen und in künftigen Perioden mit dem im Kanton Zürich erzielten
Reingewinn zu verrechnen.
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2 GR.2012.60
C. Mit Rekurs vom 28. September 2012 hielt die Pflichtige in grundsätzlicher
Hinsicht an ihrem im Einspracheverfahren vertretenen Standpunkt fest und beantragte,
den steuerpflichtigen Grundstückgewinn auf Fr. 11'758'725.- bzw. eventualiter auf
Fr. 15'599'577.- festzusetzen. Ausserdem verlangte sie eine Parteientschädigung. Zur
Begründung brachte sie im Wesentlichen vor, dass sich der vorliegende Sachverhalt
von jenem, den das Bundesgericht am 7. Oktober 2011 beurteilt habe, unterscheide.
Denn jenes Präjudiz beziehe sich auf einen rein innerkantonalen Sachverhalt. Vorlie-
gend gehe es jedoch um einen interkantonalen Sachverhalt. Denn die Pflichtige sei ein
interkantonales Unternehmen mit Sitz in D und Betriebsstätten in vier Kantonen, wel-
ches (auch) an sämtlichen Filialstandorten seit Jahren Verluste erlitten habe. Gemäss
interkantonaler Steuerausscheidung 2006 belaufe sich der Gesamtverlust inkl. Verlust-
vorträgen auf Fr. 8'121'911.- (Fr. 4'431'148.- + Fr. 3'690'763.-). Davon entfalle im Jahr
2006 auf die ausserkantonalen Betriebsstätten ein Anteil von Fr. 3'840'852.- (47,29%
von Fr. 8'121'911.-). Aufgrund der seit 2004 schrittweise geänderten bundesgerichtli-
chen Rechtsprechung seien bei interkantonalen Unternehmen die gesamten Vorjah-
resbetriebsverluste in Höhe von Fr. 3'690'763.- und der Betriebsverlust des Jahres
2006 in Höhe von Fr. 4'431'148.- vom steuerbaren Grundstückgewinn abzuziehen, so
dass lediglich noch ein steuerbarer Grundstückgewinn von Fr. 11'758'725.- verbleibe.
Aus der bisherigen Rechtsprechung ergebe sich nicht, dass ausserkantonale Betriebs-
stätteverluste, die gemäss interkantonaler Steuerausscheidung dem Kanton Zürich
zuzuweisen seien, zu innerkantonalen Verlusten mutierten. Sollte der erwähnte Bun-
desgerichtsentscheid in der Weise interpretiert werden, dass der gemäss interkantona-
ler Steuerausscheidung 2006 dem Kanton Zürich zugewiesene Betriebsverlustanteil
von Fr. 4'281'059.- (52,71% von Fr. 8'121'911.-) als innerkantonaler anzusehen sei, so
seien gemäss Eventualantrag zumindest die ausserkantonalen Betriebsstätteverluste
und Verlustvorträge in Höhe von insgesamt Fr. 3'840'852.- (47.29% Fr. 8'121'911.-)
vom Grundstückgewinn abzuziehen.
In ihrer Rekursantwort vom 21. Dezember 2012 schloss die kommunale
Grundsteuerbehörde auf Abweisung des Rekurses und beantragte ihrerseits eine Par-
teientschädigung. Die Pflichtige verzichtete auf eine Stellungnahme zur Rekursantwort.
Auf die Parteivorbringen wird, soweit rechtserheblich, in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen.
- 4 -
2 GR.2012.60 | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Im Kanton Zürich wird die Grundstückgewinnsteuer – losgelöst von den
übrigen Einkommensverhältnissen – von den Gewinnen erhoben, die sich bei Handän-
derungen an Grundstücken oder Anteilen von solchen ergeben (§ 216 Abs. 1 des
Steuergesetzes vom 8. Juni 1997; StG). Diese Besteuerung gilt sowohl für Grundstü-
cke des Privat- als auch des Geschäftsvermögens. Grundstückgewinn ist laut § 219
Abs. 1 StG der Betrag, um welchen der Erlös die Anlagekosten (Erwerbspreis und
Aufwendungen) übersteigt. Die anrechenbaren Aufwendungen sind in § 221 Abs. 1
StG abschliessend aufgezählt (RB 1990 Nr. 51, 1982 Nr. 105; Richner/Frei/-
Kaufmann/Meuter, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 221 N 3).
Dazu gehören wertvermehrende Aufwendungen, Grundeigentümerbeiträge, übliche
Mäklerprovisionen und Insertionskosten, mit der Handänderung verbundene Abgaben
sowie Baukreditzinsen bei Liegenschaften im Geschäftsvermögen. Liegenschaften-
händler können weitere mit der Liegenschaft zusammenhängende Aufwendungen gel-
tend machen, soweit sie auf deren Berücksichtigung bei der Einkommens- oder
Gewinnsteuer ausdrücklich verzichtet haben (§ 221 Abs. 2). Ausserdem sind – nach
vollständiger Veräusserung des Gesamtgrundstücks – Verluste aus Teilveräusserun-
gen verrechenbar (§ 224 Abs. 3 StG). Alle übrigen Einkommensbestandteile und
Unkosten einschliesslich die sog. wieder eingebrachten Abschreibungen (= Differenz
zwischen Buchwert und Anlagekosten) werden mit der Einkommens- resp. mit der Ge-
winnsteuer erfasst (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, VB zu §§ 216-226a, N 6). Diese
Regelung bringt es mit sich, dass Verluste aus dem Einkommens- bzw. Gewinnsteuer-
bereich nach kantonalem Recht nicht mit Grundstückgewinnen verrechnet werden
können. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung verstösst die zürcherische ge-
setzliche Regelung – vorbehältlich der Rechtsprechung zum Verbot der interkantona-
len Doppelbesteuerung und der geänderten Praxis zu den Ausscheidungsverlusten –
nicht gegen übergeordnete gesetzliche und verfassungsmässige Grundsätze (BGr,
7. Oktober 2011, 2C_747/2010, E. 5 und 6, www.bger.ch), so dass auf Rügen der ent-
sprechenden Art nicht weiter einzugehen ist.
b) Aus dem Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung gemäss Art. 127
Abs. 3 BV folgt, dass ein Steuerpflichtiger, der in mehreren Kantonen steuerpflichtig ist,
nicht mehr als sein gesamtes Reineinkommen bzw. seinen gesamten Reingewinn zu
http://www.bger.ch/
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2 GR.2012.60
versteuern hat (BGE 107 Ia 41 E. 1a). Diese Regel trat gemäss jahrzehntelanger
Rechtsprechung des Bundesgerichts vor dem Grundsatz zurück, dass das Grund-
eigentum ausschliesslich und in vollem Umfang dem Liegenschaftenkanton zur Be-
steuerung vorbehalten blieb. Der Liegenschaftenkanton musste deshalb Verluste, die
am (Wohn-)Sitz oder in anderen Kantonen angefallen waren, nicht übernehmen. Seit
dem Jahr 2004 änderte das Bundesgericht seine Rechtsprechung zur Nichtberücksich-
tigung von Ausscheidungsverlusten stufenweise. Mit Entscheid vom 19. Novem-
ber 2004 erkannte es bezüglich einer Betriebsliegenschaft einer
Liegenschaftenhändlerin und Generalunternehmerin in einem Betriebsstättekanton,
dass der Liegenschaftenkanton zwar den Wertzuwachs (= Differenz zwischen Erlös
und Anlagekosten) ausschliesslich besteuern dürfe; doch sei der Liegenschaftenkanton
verpflichtet, den Verlustüberschuss, den die Unternehmung im Sitzkanton und weiteren
Kantonen mit Betriebsstätten erlitten habe, mit dem Grundstückgewinn zu verrechnen
(BGE 131 I 249). Am 18. April 2005 wandte das Bundesgericht diese neue Regel zur
Vermeidung von Ausscheidungsverlusten auch auf Liegenschaften im Privatvermögen
an und wies den Liegenschaftenkanton an, den Gewinnungskostenüberschuss aus
einer im Privatvermögen gehaltenen Liegenschaft am Hauptsteuerdomizil zu überneh-
men (BGE 131 I 285). Am 8. Mai 2006 verpflichtete das Bundesgericht den Liegen-
schaftenkanton, in welchem ein Handelsunternehmen eine reine
Kapitalanlageliegenschaft (ohne Betriebsstätte) besass, den Betriebsverlust am aus-
serkantonalen Hauptsitz mit dem Liegenschaftenertrag im Liegenschaftenkanton zu
verrechnen (BGE 132 I 220). Am 3. November 2006 änderte das Bundesgericht
schliesslich seine bisherige Praxis zur Ausscheidung von Aufwandüberschüssen bei
(gewerbsmässigen) Liegenschaftenhändlern im interkantonalen Verhältnis und erkann-
te, dass Schuldzinsen von interkantonalen Liegenschaftenhändlern proportional zu den
Aktiven zu verlegen seien. Soweit der nach Lage der Aktiven zu übernehmende
Schuldzinsenanteil den Vermögensertrag im Liegenschaftskanton übersteigt, ist der
Schuldzinsenüberschuss fortan in erster Linie mit Netto-Vermögenserträgen der übri-
gen Kantone und in zweiter Linie mit dem übrigen Einkommen des Liegenschaften-
händlers zu verrechnen (BGE 133 I 19). Diese neue Ausscheidungsregel ermöglicht,
dass im interkantonalen Verhältnis – soweit als möglich – sämtliche Schuldzinsen ab-
gezogen werden können. Demgegenüber wurden nach bisheriger Praxis die nicht akti-
vierungsfähigen liegenschaftsbezogenen Aufwendungen, u.a. auch die Schuldzinsen,
objektmässig ausgeschieden (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 162). Dadurch
im Liegenschaftenkanton resultierende Aufwandüberschüsse mussten der Sitzkanton
und andere Liegenschaftskantone nicht übernehmen. Diese waren vielmehr zu "akti-
- 6 -
2 GR.2012.60
vieren" und konnten im Liegenschaftenkanton erst in einem späteren Zeitpunkt entwe-
der mit laufenden Liegenschaftserträgen oder einem Veräusserungsgewinn verrechnet
werden (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 175).
c) Im jüngsten Entscheid (BGr, 1. Mai 2013, 2C_243/2011, www.bger.ch), der
einen im Kanton Zürich wohnhaften und hauptsächlich in den Kantonen Zürich und
Aargau tätigen Liegenschaftenhändler betraf, welcher Vorjahresverluste mit im Kanton
Aargau erzielten Gewinnen bzw. – soweit Ersteres abgelehnt wird – mit im Kanton Zü-
rich erzielten Wertzuwachsgewinnen verrechnen wollte, verdeutlichte das Bundesge-
richt, dass sich seine neue Rechtsprechung betreffend Verlustübernahme nur auf
Ausscheidungsverluste beziehe. Ein Ausscheidungsverlust liege nicht vor, wenn im
Sitzkanton Zürich unter Einschluss der Wertzuwachsgewinne genügend Einkommens-
substrat vorhanden sei. Mithin bestand gegenüber dem Kanton Aargau kein Anlass,
über den ausscheidungsrechtlich zu tragenden Verlustanteil hinaus einen höheren Ver-
lustanteil zu übernehmen. Ferner hielt es das Bundesgericht für nicht geboten, die zür-
cherischen Gemeinden bezüglich der Grundstückgewinnsteuern zur Übernahme des
bei der Gewinnsteuer nicht vollständig verrechenbaren Vorjahresverlustes zu verpflich-
ten. Ob die dem Kanton Zürich im Rahmen der interkantonalen Steuerausscheidung
zugewiesenen Geschäftsverluste (Vorjahresverluste) mit zürcherischen Grundstück-
gewinnen verrechnet werden können oder ob sie dem Hauptsteuerdomizil definitiv ver-
haftet bleiben und die zürcherischen Grundstückgewinnsteuerveranlagungen allenfalls
in Revision gezogen werden können, sei keine Frage der interkantonalen Steueraus-
scheidung, sondern des anwendbaren internen kantonalen Rechts.
d) Damit bestätigte das Bundesgericht im Ergebnis seinen Entscheid vom
7. Oktober 2011 (2C_747/2010, www.bger.ch), bei welchem es ebenfalls um die Frage
der Verrechenbarkeit von Grundstückgewinnen mit Betriebsverlusten ging. Das Bun-
desgericht verneinte die Verrechenbarkeit im betreffenden Fall aufgrund der zürcheri-
schen Gesetzgebung. Die Erwägungen des Bundesgerichts erwecken den Eindruck,
dass es sich hierbei um einen rein innerkantonalen Sachverhalt, d.h. ohne Bezug zu
anderen Kantonen handelte. Dies trifft jedoch nicht zu, weil das betreffende Unterneh-
men mit Sitz im Kanton Zürich nebst Kapitalanlageliegenschaften im Kanton Zürich
zeitgleich auch über Kapitalanlageliegenschaften in anderen Kantonen verfügte. Damit
kann der vom Bundesgericht verwendete Begriff des "innerkantonalen Sachverhalts"
wohl nur im Sinn des oben zitierten Entscheids vom 1. Mai 2013 verstanden werden
(siehe auch E. 2.c).
http://www.bger.ch/
- 7 -
2 GR.2012.60
e) Daraus erhellt, dass das Vorhandensein interkantonaler Anknüpfungspunk-
te für sich allein nicht ausreicht, damit ein Unternehmen mit Sitz im Kanton Zürich und
Anknüpfungspunkten in anderen Kantonen Betriebsverluste am Hauptsitz mit im Kan-
ton Zürich erzielten Wertzuwachsgewinnen verrechnen kann.
2. a) Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich von den bundesgericht-
lich beurteilten Fällen vom 7. Oktober 2011 (2C_747/2010) und 1. Mai 2013
(2C_243/2011) in einem wesentlichen Punkt: Die Pflichtige ist ein interkantonales Un-
ternehmen, bei welchem Teile des Unternehmens kraft wirtschaftlicher Zugehörigkeit in
verschiedenen Kantonen steuerpflichtig sind. Ein interkantonales Unternehmen liegt
gemäss der Rechtsprechung dann vor, wenn das Unternehmen ausserhalb des Sitz-
kantons mindestens in einem anderen Kanton als dem Sitzkanton eine Betriebsstätte
unterhält (Hannes Teuscher/Frank Lobsiger, in: Kommentar zum Schweizerischen
Steuerrecht, Interkantonales Steuerrecht, 1. A., 2011, § 30 N 5). Gemäss Art. 4 Abs. 2
und 51 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezem-
ber 1990 (DBG) gelten als Betriebsstätten feste Geschäftseinrichtungen, in der die
Geschäftstätigkeit eines Unternehmens oder ein freier Beruf ganz oder teilweise aus-
geübt wird. Betriebsstätten sind insbesondere Zweigniederlassungen, Fabrikationsstät-
ten, Werkstätten, Verkaufsstellen, ständige Vertretungen, Bergwerke und andere
Stätten der Ausbeutung von Bodenschätzen sowie Bau- oder Montagegestellen von
mindestens zwölf Monaten Dauer. Diese Voraussetzung ist bei der Pflichtigen un-
bestrittenermassen erfüllt.
b) Dagegen gelten beispielsweise Versicherungsgesellschaften mit Grundstü-
cken in anderen Kantonen, sofern darin keine Betriebsstätten unterhalten werden, nicht
als interkantonale Unternehmen (Kurt Locher/Peter Locher, Die Praxis der Bundes-
steuern, III. Teil, Interkantonale Doppelbesteuerung, § 7, I B, Nr. 9 und dort zitierte Ur-
teile). Gleiches gilt für Generalunternehmungen, Liegenschaftenhändler, Immobilien-
gesellschaften, Baugenossenschaften und Finanzierungs- und Beteiligungs-
gesellschaften mit Liegenschaftenbesitz ausserhalb des Sitzkantons (Kurt Locher/Peter
Locher, § 7 I B Nr. 10 bis 12, 15 und 17 und dort zitierte Urteile). Bei solchen Unter-
nehmen, die im Kanton der Liegenschaft keine Betriebsstätte unterhalten, ist der eine
wirtschaftliche Einheit darstellende Geschäftsgewinn interkantonal nicht im Umfang
einer Quote auf die Kantone mit blossem Liegenschaftenbesitz aufzuteilen. Der Ge-
winn wird im Sitzkanton besteuert. Das Besteuerungsrecht der Liegenschaftskantone
- 8 -
2 GR.2012.60
ist auf die Liegenschaftserträge und Wertzuwachsgewinne beschränkt. Entsprechen-
des gilt – unter Vorbehalt der neuen Rechtsprechung zu den Ausscheidungsverlusten
– hinsichtlich der Betriebsverluste.
c) Bei den vom Bundesgericht am 7. Oktober 2011 und 1. Mai 2013 beurteil-
ten Fällen handelte es sich um keine interkantonale Unternehmen im erwähnten Sinn,
sondern um eine Versicherungsgesellschaft bzw. einen Liegenschaftenhändler. Beide
Unternehmen besassen ausserhalb des Kantons Zürich zwar Liegenschaften (als Kapi-
talanlage resp. Handelsware), unterhielten jedoch keine Betriebsstätten im dargelegten
Sinn. Nach dem interkantonalen Doppelbesteuerungsrecht tragen die Liegenschafts-
kantone (ohne Betriebsstätten) keine quotenmässigen Anteile am einheitlichen Unter-
nehmensgewinn oder am Verlust. Da das interkantonale Steuerrecht nur die
Steuerhoheiten verschiedener Steuerhoheiten voneinander abgrenzt, jedoch den Kan-
tonen mit monistischem System – vorbehältlich der neuen Praxis zur Vermeidung von
Ausscheidungsverlusten – nicht vorschreibt, ob ein ausscheidungsrechtlich dem Kan-
ton Zürich zugewiesener Gewinn oder Verlust bei der Einkommens- resp. Gewinnsteu-
er- oder Grundstückgewinnsteuer zu berücksichtigen sei, handelte es sich so
betrachtet bei den oben erwähnten Fällen um innerkantonale Sachverhalte, für welche
das interkantonale Doppelbesteuerungsrecht keine vom zürcherischen Recht abwei-
chenden steuerlichen Vorschriften vorsieht. Dies mit der Konsequenz, dass eine Ver-
rechnung des zürcherischen Gesamtbetriebsverlusts mit Wertzuwachsgewinnen im
Kanton Zürich zu unterbleiben hatte.
d) Weist ein im Kanton Zürich domiziliertes Unternehmen mit ausserkantona-
len Betriebsstätten verrechenbare Verlustvorträge gemäss § 70 Abs. 1 StG bzw. zu-
sätzlich einen Betriebsverlust im aktuellen Geschäftsjahr 2006 aus, so partizipieren
nebst dem Hauptsteuerdomizil auch die ausserkantonalen Betriebsstätten an diesen
Verlusten. Die Festlegung der Quoten der dem Hauptsteuerdomizil und den Betriebs-
stättekantonen zuzuweisenden Verlustanteile hat nach einem einheitlichen, für alle
Kantone gleichermassen geltenden Ausscheidungskriterium zu erfolgen. Im vorliegen-
den Fall erfolgte die interkantonale Gewinnausscheidung in der Vergangenheit nach
der indirekten Methode, nämlich nach Massgabe der Filialumsätze. Nach dieser Me-
thode kommt dem Kanton Zürich im Geschäftsjahr 2006 ein Anteil von 52,71% und den
Betriebsstättekantonen ein Anteil von 47,29% am negativen Betriebsergebnis zu. Die-
se Quote ist gemäss Kreisschreiben 24 der Schweizerischen Steuerkonferenz vom
17. Dezember 2003 betreffend Verrechnung von Vorjahresverlusten in der interkanto-
- 9 -
2 GR.2012.60
nalen Steuerausscheidung auch für die Zuweisung der Verlustvorträge massgebend.
e) Die Rekursgegnerin erhob für den Fall, dass sie mit ihrer Rechtsauffassung
nicht durchdringt, keine Einwendungen gegen diese Quoten. Sie bestreitet einzig das
Vorliegen eines "interkantonalen" Sachverhalts. Sie ist der Auffassung, dass mit der
Zuweisung von ausserkantonalen Verlustanteilen an den Kanton Zürich die interkanto-
nale Steuerausscheidung abgeschlossen sei, so dass es sich bei der in einem zweiten
Schritt zu beantwortenden Frage, ob der dem Kanton Zürich zugewiesene Verlustanteil
mit Wertzuwachsgewinnen im Kanton Zürich verrechenbar sei, um einen innerkantona-
len Sachverhalt handle. Diese Schlussfolgerung kann jedoch aus den beiden zuletzt
ergangenen Bundesgerichtsentscheiden vom 7. Oktober 2011 und 1. Mai 2013 nicht
gezogen werden, weil diese keine interkantonale Unternehmen betrafen. Die streitbe-
troffen Verluste fielen in den beiden erwähnten Fällen allein im Kanton Zürich an und
waren im Gegensatz zum vorliegenden Fall, zumal sich auch keine Ausscheidungsver-
luste im Kanton Zürich ergaben, nicht auch auf andere Kantone mit Liegenschaften
aufzuteilen. Die Auslegung der Rekursgegnerin widerspricht fundamentalen Prinzipien
der interkantonalen Steuerausscheidung: Hat der Kanton Zürich gemäss interkantona-
ler Steuerausscheidung ausserkantonale Verluste zu übernehmen, sind diese Verluste
vom Kanton Zürich von Bundesrechts wegen – ohne Rücksicht auf die innerkantonalen
Regeln, die eine Verrechnung von Betriebsverlusten mit Grundstückgewinnsteuern
nicht zulassen – sofort zu übernehmen, soweit wie hier im Kanton Zürich verrechenba-
res Substrat auf der Ebene der Grundstückgewinnsteuer vorhanden ist. Somit sind von
Bundesrechts wegen die ausserkantonalen Betriebsstätteverluste, die sich gemäss
unbestrittener Sachdarstellung auf Fr. 3'840'852 (47,29% von Fr. 8'121'911.-) belaufen,
mit dem Grundstückgewinn von Fr. 19'880'636.- zu verrechnen. Andernfalls ergäben
sich in den Betriebsstättekantonen F, G, H und M Ausscheidungsverluste, die gemäss
der neuen bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu vermeiden sind. Da im Kanton Zü-
rich genügend verrechenbares Substrat vorhanden ist, um den gesamten Verlust aus-
zugleichen, können den betreffenden Betriebsstättekantone in zukünftigen
Steuerperioden keinerlei Verlustanteile bis und mit Geschäftsjahr 2006 mehr zur Über-
nahme überbunden werden.
f) Eine hierüber hinausgehende Verrechnung des Gewinns aus der Veräusse-
rung der zürcherischen Liegenschaft auch mit dem auf den Kanton Zürich als
Hauptsteuerdomizil entfallenden Anteil an den Verlustvorträgen bzw. am Gesamtbe-
triebsverlust 2006 muss dagegen weiterhin verwehrt bleiben, da diese Konstellation als
- 10 -
2 GR.2012.60
einzig dem kantonalen Recht unterworfener innerkantonaler Sachverhalt qualifiziert
werden muss. Am Entscheid des Bundesgerichts vom 7. Oktober 2011 (2C_747/2010)
ist trotz Kritik in der Literatur (vgl. Claudia Suter, Innerkantonale Verlustverrechnung –
gerechtfertigter Sonderfall?, Zeitschrift für Schweizerisches und Internationales Steuer-
recht, zsis aktuell 1/2012, 4 ff.; Felber/Hähni, Verrechnung von Grundstückgewinnen
mit Betriebsverlusten, Der Schweizer Treuhänder 2012, 259 ff.) festzuhalten. Jeden-
falls gebieten die bisher ergangene bundesgerichtliche Rechtsprechung zum Verbot
der interkantonalen Doppelbesteuerung sowie verfassungsmässige Prinzipien wie der
von der Pflichtigen erwähnte Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit keine vom kantonalen Recht abweichende Besteuerung.
g) Da hinsichtlich der dem Kanton Zürich zugewiesenen Betriebsverlustquote
ein innerkantonaler Sachverhalt vorliegt, kommt dem Kreisschreiben Nr. 27 der SSK im
Licht der Bundesgerichtsentscheide vom 7. Oktober 2011 und 1. Mai 2013 keine Be-
deutung zu, weil sich das Kreisschreiben auf die Vermeidung von Ausscheidungsver-
lusten im interkantonalen Verhältnis bezieht. Diesem Anliegen wird bereits mit der
endgültigen Übernahme der den Betriebsstättekantonen zuzuweisenden Betriebsver-
luste (bis und mit Steuerjahr 2006) durch den Kanton Zürich Rechnung getragen. Dass
der Pflichtigen der Status eines interkantonalen Unternehmens zukommt, rechtfertigt
gegenüber Unternehmen, die gar keine ausserkantonalen Anknüpfungspunkte aufwei-
sen oder lediglich Liegenschaften in anderen Kantonen besitzen, keine Ausweitung der
Verlustverrechnung in dem Sinn, dass die zürcherischen Gemeinden mit Wertzu-
wachsgewinnen – über die im interkantonalen Verhältnis zu übernehmenden Aus-
scheidungsverluste hinaus – auch die bei der zürcherischen Einkommens- bzw. Ge-
winnsteuer bestehenden zürcherischen Betriebsverluste zu tragen hätten.
Diesbezüglich fehlt eine gesetzliche Grundlage. Die Ausweitung der Verrechenbarkeit
auch auf solche Sachverhalte kann nur durch den zürcherischen Gesetzgeber einge-
führt werden. Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat die Problematik mittlerweile
erkannt und den Entwurf einer entsprechenden Gesetzesänderung in Vernehmlassung
gesetzt (vgl. hierzu http://www.steueramt.zh.ch/internet/finanzdirektion/ksta/de/aktuell/
mitteilungen/amtsmitteilungen_2013/vernehmlassungsunterlagen_grundstueckgewinn-
steuer.html).
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2 GR.2012.60
3. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen resultiert folgende neue Steuerbe-
rechnung: ......(Reduktion des steuerbaren Gewinns um Fr. 3'840'852.-, entsprechend
47.29% von Fr. 8'121'911.-).
Somit ist der Rekurs teilweise gutzuheissen und die der Pflichtigen auferlegte
Grundstückgewinnsteuer von Fr. 3'970'820.- auf Fr. 3'202'640.- herabzusetzen.
4. Da das Verfahren im Wesentlichen unentschieden endete, sind die Kosten
den Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG) und steht beiden Parteien
keine Parteientschädigung zu (§ 152 StG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 des Verwal-
tungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,013 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
53c509d0-9232-46ea-90e1-e759d45ef1f9 | hat sich ergeben:
A. Der 19.. geborene A war von Anfang Februar 1962 bis Ende März 1989 für
die B Dänemark und danach bis zu seiner Pensionierung per 1. Oktober 1995 als C für
die B Schweiz tätig. Seine dänische Pensionskasse hatte er nach dem Wechsel von
Berufs- und Wohnort in die Schweiz beibehalten. Die ihm ab 1. Oktober 1995 zuflies-
sende Altersrente aus Dänemark besteuerte der in D wohnhafte Pflichtige jeweils zu
80%.
Im Einschätzungsverfahren für die Steuerperiode 2009 vertrat der Steuer-
kommissär die Ansicht, die Rente aus der dänischen Pensionskasse sei nicht wie de-
klariert zu 80%, sondern zu 100% steuerbar. Unter Aufrechnung der entsprechenden
Differenz setzte er mit Entscheid bzw. Hinweis vom 7. Dezember 2010 die Steuerfakto-
ren wie folgt fest:
Staats- und Gemeindesteuer Direkte Bundessteuer
(Fr.) (Fr.)
Steuerbares Einkommen 319'300.- 297'800.-
Satzbestimmendes Einkommen 464'800.- 461'400.-
Steuerbares Vermögen ....-
Satzbestimmendes Vermögen ....-.
Die Bundessteuerveranlagung wurde mit Schlussrechnung vom 4. Febru-
ar 2011 (versandt offenbar bereits Ende Januar 2011) formell eröffnet.
B. Die hiergegen am 21. Dezember 2010 bzw. 3. Februar 2011 erhobenen
Einsprachen, mit welchen der Pflichtige die Besteuerung der Altersrente aus Dänemark
zu 80% hatte beantragen lassen, wies das kantonale Steueramt am 18. März 2011 ab.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 7. April 2011 liess der Pflichtige erneut
Antrag auf Besteuerung seiner dänischen Altersrente zu 80% statt zu 100% bzw. damit
- 3 -
2 DB.2011.60 2 ST.2011.90
einhergehende Einkommensreduktionen von Fr. 53'381.- stellen. Zudem forderte er die
Zusprechung einer Parteientschädigung.
Das kantonale Steueramt schloss mit Vernehmlassung vom 20. April 2011 auf
Abweisung der Rechtsmittel. Die eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) teilte mit
Schreiben vom 24. Mai 2011 mit, auf eine Stellungnahme zu verzichten. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Der Pflichtige lässt einleitend geltend machen, es sei widersprüchlich,
dass das kantonale Steueramt die streitbetroffene Rente über Jahre zu 80% besteuert
habe und nunmehr plötzlich eine Besteuerung zu 100% vornehme.
b) Weil die Steuereinschätzung nur für die Gegenstand des Veranlagungsver-
fahrens bildende Steuerperiode in Rechtskraft erwächst, können Fragen, die in ähnli-
cher Weise schon bei früheren Einschätzungen aufgeworfen und entschieden worden
sind, neu beurteilt werden. In Rechtskraft erwächst jeweils nur die einzelne Einschät-
zung, die ausschliesslich für die betreffende Steuerperiode Rechtswirkungen entfaltet;
die späteren Einschätzungen sind daher jederzeit einer erneuten, umfassenden Über-
prüfung zugänglich (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A.,
2009, Art. 131 N 6 DBG; dies., Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz,
2. A., 2006, § 139 N 7 StG; je mit Hinweisen; BGr, 9. Mai 2005, 2A.747/2004,
www.bger.ch = Pra 2006 Nr. 16).
Der Umstand, dass die streitbetroffene Rente des Pflichtigen in früheren Steu-
erperioden zu 80% besteuert worden ist, steht nach dieser langjährigen Rechtspre-
chung einer Untersuchung des Sachverhalts bzw. einer neuen rechtlichen Beurteilung
im Rahmen der Veranlagung bzw. Einschätzung für die Steuerperiode 2009 folglich
nicht entgegen.
c) Der Grundsatz von Treu und Glauben gibt dem Bürger unter bestimmten
Voraussetzungen Anspruch auf Schutz seines berechtigten Vertrauens in die Richtig-
keit und Vollständigkeit behördlicher Auskünfte und Zusicherungen oder sonstiges,
- 4 -
2 DB.2011.60 2 ST.2011.90
bestimmte Erwartungen begründendes Verhalten der Behörde. In der Regel begründet
aber nur eine individuelle und konkrete Zusicherung der Steuerbehörde den Vertrau-
ensschutz. Allein aus dem Umstand, dass eine Steuerdeklaration genehmigt wurde,
kann für die verschiedenen in die Deklaration eingeflossenen Sachverhalte nicht abge-
leitet werden, darin liege eine Zusicherung der Veranlagungsbehörde, die verschiede-
nen Sachverhalte auch künftig gleich zu würdigen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
VB zu Art. 109 – 121 N 54 und 59 DBG; dies., VB zu §§ 119 – 131, N 57 und 62 StG).
Der Grundsatz von Treu und Glauben umfasst weiter auch das Verbot des venire cont-
ra factum proprium, des widersprüchlichen Verhaltens. Sowohl die Steuerbehörde als
auch der Steuerpflichtige dürfen sich zu ihrem früheren Verhalten nicht in Widerspruch
setzen. Kein widersprüchliches Verhalten ist aber darin zu sehen, dass die Steuerbe-
hörde Sachverhalte in späteren Veranlagungsperioden anderes beurteilt als in früheren
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, VB zu Art. 109 – 121 N 73 und 80 DBG; dies., VB zu
§§ 119 – 131, N 78 und 87 StG).
d) Der Hinweis auf ein widersprüchliches Verhalten der Steuerbehörde hilft
dem Pflichtigen somit nicht weiter. Zu prüfen ist damit allein, ob die Steuerbehörde im
Rahmen ihrer neuen Sachverhaltsbeurteilung zu Recht davon ausgeht, dass die in
Frage stehende Rente aus Dänemark zu 100% zu versteuern ist.
2. a) Steuerbar sind gemäss Art. 22 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die di-
rekte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 22 Abs. 1 des Steuerge-
setzes vom 8. Juni 1997 (StG) alle Einkünfte aus der Alters-, Hinterlassenen- und Inva-
lidenversicherung, aus Einrichtungen der beruflichen Vorsorge und aus anerkannten
Formen der gebundenen Selbstvorsorge, mit Einschluss von Kapitalabfindungen und
Rückzahlungen von Einlagen, Prämien und Beiträgen.
Ausnahmen zu diesem Grundsatz der vollständigen Besteuerung gelten mit
Bezug auf ältere Vorsorgeverhältnisse. So werden beispielsweise gemäss Art. 204
Abs. 1 lit. b DBG und § 270 Abs. 1 StG Renten und Kapitalabfindungen aus beruflicher
Vorsorge, die vor dem 1. Januar 2002 zu laufen beginnen oder fällig werden und auf
einem Vorsorgeverhältnis beruhen, das am 31. Dezember 1985 (Staats- und Gemein-
desteuer) bzw. 31. Dezember 1986 (direkte Bundessteuer) bereits bestanden hat, zu
vier Fünfteln ihres Betrags besteuert, wenn sie teilweise, mindestens aber zu 20% aus
eigenen Mitteln erworben worden sind.
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2 DB.2011.60 2 ST.2011.90
Diese Ausnahmebestimmungen sind historisch begründet. Im Hinblick auf das
Inkrafttreten der wesentlichen steuerlichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über
die berufliche Vorsorge (BVG) am 1. Januar 1987 wechselten sowohl der Bund als
auch der Kanton Zürich von ihrem bisherigen System der Besteuerung der beruflichen
Vorsorge (beschränkte Abzugsfähigkeit der Beiträge - beschränkte Besteuerung der
Leistungen) zum so genannten Waadtländer Modell (vollumfänglicher Abzug der Bei-
träge - vollumfängliche Besteuerung der Leistungen). Vor diesem Hintergrund bieten
Art. 204 Abs. 1 DBG bzw. § 270 Abs. 1 StG schematische Lösungen, welche den
Übergang zum Waadtländer Modell ermöglichen und somit nur für die Übergangsgene-
ration gelten. Sie schaffen den Ausgleich dafür, dass die Vorsorgenehmer ihre Beiträge
an Vorsorgeeinrichtungen bis zum Steuerjahr 1986 nur in beschränktem Umfang ab-
ziehen konnten (im Rahmen des allgemeinen Versicherungsabzugs). Deshalb wird die
Anwendung dieser Vorschrift auf jene Vorsorgeverhältnisse beschränkt, die am
31. Dezember 1985 bzw. 1986 bereits bestanden haben. Renten und Kapitalzahlun-
gen, welche zu einem kleineren Teil eigenfinanziert oder ganz vom Arbeitgeber aufge-
bracht worden sind, werden aber auch bei diesen vorbestandenen Vorsorgeverhältnis-
sen zu 100% besteuert (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 204 N 2 ff. DBG bzw.
dies., § 270 N 3 ff. StG).
b) Bei den Voraussetzungen, welche eine reduzierte Besteuerung der Rente
erlauben, handelt es sich um steuermindernde Umstände, welche demnach vom
Pflichtigen nachzuweisen sind.
3. a) Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass der Pflichtige per 1989 nach
seinem Zuzug in die Schweiz und der Aufnahme seiner Tätigkeit für die B Schweiz die
berufliche Vorsorge bei seiner bisherigen dänischen Vorsorgeeinrichtung, der E, wei-
terführen konnte und deshalb der hiesigen obligatorischen Vorsorgeversicherung nicht
unterstand (vgl. Art. 1j Abs. 2 der Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlasse-
nen- und Invalidenvorsorge vom 18. April 1984 [BVV 2; SR 831.441.1]; Stand am
1. August 2011). Damit ist auch bereits gesagt, dass die E mit einer Einrichtung der
hiesigen beruflichen Vorsorge (2. Säule) vergleichbar ist.
Ebenso unbestritten ist, dass die Rente, welche dem Pflichtigen seit seiner
Pensionierung im Jahr 1995 von der dänischen Vorsorgeeinrichtung ausgerichtet wird,
- 6 -
2 DB.2011.60 2 ST.2011.90
gemäss internationalem Doppelbesteuerungsrecht am hiesigen Wohnsitz zu versteu-
ern ist.
Belegt ist weiter, dass der Pflichtige während seiner gesamten Anstellung bei
B (1. Februar 1962 bis 1. Oktober 1995) mindestens 25% der seinem dänischen Vor-
sorgekonto gutgeschriebenen Beiträge selbst erbracht hat (vgl. Bestätigung der E vom
11. September 1998).
Geklärt ist der Sachverhalt schliesslich auch insoweit, als die zur Diskussion
stehende Rente aus Dänemark vor dem 1. Januar 2002 zu laufen begann und auf ei-
nem Vorsorgeverhältnis beruht, das vor dem erwähnten Systemwechsel bei der hiesi-
gen Rentenbesteuerung bereits bestanden hat.
Nach Auffassung des Pflichtigen sind damit sämtliche Voraussetzungen er-
füllt, um die Altersrente aus beruflicher Vorsorge gestützt auf die Ausnahmeregelungen
von Art. 204 Abs. 1 lit. b DBG und § 270 Abs. 1 StG zu 80% zu besteuern.
b) Dem hält die Vorinstanz in den angefochtenen Einspracheentscheiden ent-
gegen, dass es sich bei der E nicht um eine dem schweizerischen Recht unterstehen-
de Vorsorgeeinrichtung handle, weshalb die Ausnahmeregelungen nicht anwendbar
seien. Dabei verweist sie auf einen Entscheid der Steuerrekurskommission I vom
19. November 2009, ST.2009.237. In diesem Entscheid wurde mit Bezug auf einen
Steuerpflichtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit (welcher aber nie in der Schweiz
erwerbstätig war und bei welchem im Übrigen auch die 20%ige Eigenfinanzierung nicht
nachgewiesen war) festgehalten, es sei nicht einzusehen, weshalb Art. 204 DBG bzw.
§ 270 StG auch auf in Deutschland erworbene und von dort fliessende Renten ange-
wendet werden soll. Die besagten Ausnahmeregelungen seien spezifisch auf die Ände-
rung des Besteuerungssystems aufgrund der Revision des Bundesgesetzes über die
berufliche Vorsorge vom 25. Juni 1982 (BVG; SR 831.40) ausgerichtet gewesen.
Demnach bezögen sie sich auch nur auf Einkünfte aus der beruflichen Vorsorge nach
BVG. Eine durch Erwerbstätigkeit im Ausland nach den Bestimmungen des betreffen-
den Landes erworbene Rente werde von der Übergangsproblematik im Zusammen-
hang mit dem Wechsel zum Waadtländer Modell nicht berührt, weshalb eine Ausdeh-
nung des Anwendungsbereichs dieser Bestimmung auf solche Renten abzulehnen sei.
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2 DB.2011.60 2 ST.2011.90
c) Der Pflichtige lässt beschwerde- und rekursweise einwenden, dass es mit
Bezug auf die Anwendung der in Frage stehenden Ausnahmebestimmungen nicht dar-
auf ankomme, ob es sich bei der die Altersrente ausrichtenden Einrichtung um eine
solche handle, die dem BVG unterstehe. Entscheidend sei allein, dass es sich um eine
"gleichwertige Einrichtung" handle, was vorliegend erfüllt sei. Zu verweisen sei im Zu-
sammenhang mit der Frage der Gleichwertigkeit insbesondere auf das Protokoll
vom 21. August 2009 zum Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz/Dänemark
(SR 0.672.931.41), Anmerkungen zu Art. 10 Abs. 3 lit. b und zu Art. 28 Abs. 3, wonach
als Vorsorgeeinrichtungen in Dänemark jene Einrichtungen gemäss Teil I des Geset-
zes über die Besteuerung von Pensionen gelten würden (Pensionsbeskatningsloven).
Bei der E handle es sich um eine solche Einrichtung. Damit werde aber gegen das im
Freizügigkeitsabkommen mit der EU enthaltende Diskriminierungsverbot verstossen,
wenn der Pflichtige schlechter gestellt werde als ein Arbeitnehmer mit schweizerischer
Vorsorgeeinrichtung. Das Diskriminierungsverbot gemäss Freizügigkeitsabkommen sei
nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gegenüber anderslautenden Bestim-
mungen der direkten Bundessteuer und des kantonalen Steuerrechts direkt anwendbar
und gehe damit dem Landesrecht vor. Im Übrigen sei der vorliegende Sachverhalt mit
demjenigen, welcher dem von der Einsprachebehörde herangezogenen Entscheid der
Steuerrekurskommission zugrunde gelegen habe, nicht vergleichbar. Dort habe das
Diskriminierungsverbot gar nicht geprüft werden müssen, weil schon die Vorausset-
zungen betreffend die 20%ige Eigenfinanzierung und die Erwerbstätigkeit in der
Schweiz nicht gegeben gewesen seien.
d) Tatsächlich unterscheidet sich die vorliegende Sachverhaltskonstellation
von derjenigen, welche dem von der Vorinstanz zitierten Entscheid der Rekurskommis-
sion zugrunde gelegen hat. Der Pflichtige war nämlich auch in der Schweiz erwerbstä-
tig und konnte demzufolge im Rahmen der hiesigen Einkommensbesteuerung Beiträge
an die E in Abzug bringen; zudem hat er die 20%ige Eigenfinanzierung seiner Vorsor-
ge nachgewiesen. Ob in dieser Konstellation ein staatsvertragliches Diskriminierungs-
verbot der Nichtgewährung der 80%-Besteuerung entgegensteht, ist damit zu prüfen:
aa) Gemäss Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft
einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits
über die Freizügigkeit vom 21. Juni 1999 (SR 0.142.112.681) geniesst ein Arbeitneh-
mer aus dem EU-Raum in der Schweiz die gleichen steuerlichen und sozialen Ver-
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2 DB.2011.60 2 ST.2011.90
günstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen
(vgl. Anhang I, Art. 9 Abs. 2).
bb) Daraus folgt indes noch nicht, dass sich der Pflichtige mit Bezug auf die
ihm von der E ausgerichtete Altersrente auf die Ausnahmebestimmungen von Art. 204
Abs. 1 lit. b DBG und § 270 Abs. 1 StG berufen kann.
Wie erwähnt, gewähren die Letzteren mit dem 20%-Einschlag (Besteuerung
der Rente zu 80% statt zu 100%) einen Ausgleich dafür, dass eine Übergangsgenera-
tion von Vorsorgenehmern in der Schweiz ihre Beiträge an Vorsorgeeinrichtungen bis
zum Wechsel zum Waadtländer Modell (vollumfänglicher Abzug der Beiträge - vollum-
fängliche Besteuerung der Leistungen) nur in beschränktem Umfang hatten abziehen
können. Hätte der Pflichtige seine Anstellung bei der B Schweiz bereits vor dem Sys-
temwechsel aufgenommen und in der Folge die Beiträge an seine dänische Pensions-
kasse nach damals geltendem Recht bei der hiesigen Einkommenssteuer nicht bzw.
nicht vollumfänglich in Abzug bringen können, so wäre es in der Tat diskriminierend,
wenn ihm nach dem Systemwechsel bei der Rentenbesteuerung in der Schweiz die
Anwendung des 20%-Einschlags mit der Begründung verwehrt würde, die entspre-
chenden Ausnahmeregelungen bezögen sich nur auf Renten aus schweizerischen
Vorsorgeverhältnissen. Die gleiche Meinung vertrat denn auch das kantonale Steuer-
amt im Rahmen der Beantwortung einer Anfrage eines Steuerpflichtigen, welcher Bei-
träge an eine mit der 2. Säule vergleichbaren italienischen Versicherung während sei-
ner langjährigen hiesigen Erwerbstätigkeit nicht oder nicht vollständig hatte in Abzug
bringen können; der Steuerpflichtige erhielt von der Steuerbehörde die Zusicherung,
dass die Rente aus Italien analog einer Rente aus der 2. Säule bloss zu 80% zu ver-
steuern sei (vgl. das vom Pflichtigen vorgelegte Schreiben des kantonalen Steueramts
vom 14. August 2009).
Im vorliegenden Fall ist der Pflichtige nun aber erst 1989 und damit nach dem
Systemwechsel in die Schweiz zugezogen. Folglich hat er im Rahmen der hiesigen
Einkommensbesteuerung seine Pensionskassenbeiträge an die dänische Vorsorgeein-
richtung immer vollumfänglich abziehen können; etwas anderes macht er denn auch
nicht geltend. Damit war er aber im Rahmen seiner Steuerpflicht in der Schweiz vom
Wechsel zum Waadtländer Modell gar nicht betroffen bzw. sind ihm in diesem Zusam-
menhang keinerlei steuerliche Nachteile entstanden. Damit fehlt aber ein Grund für die
Anwendung der Ausnahmeregelungen von Art. 204 Abs. 1 lit. b DBG und § 270
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2 DB.2011.60 2 ST.2011.90
Abs. 1 StG. Der Pflichtige kann sich nicht mit hier ansässigen Steuerpflichtigen der
Übergangsgeneration vergleichen, welche im Rahmen der hiesigen Einkommensteuer
in den Jahren bis zum Systemwechsel Vorsorgebeiträge nicht vollumfänglich haben
abziehen können und nach dem Systemwechsel ihre Renten aus dem geäufneten Vor-
sorgekapital bei fehlenden Ausnahmeregelungen vollumfänglich zu versteuern hätten.
In seiner Konstellation bedeutet die Nichtanwendung der Ausnahmeregelungen dem-
zufolge keine Diskriminierung.
cc) Die nach dem vorgenannten Freizügigkeitsabkommen gebotene Gleich-
stellung hat lediglich – aber immerhin – zur Folge, dass in der Schweiz ansässige
Steuerpflichtige aus EU-Staaten, welche schon vor dem Systemwechsel hier erwerbs-
tätig waren und (bei der hiesigen Einkommenssteuer nicht vollumfänglich abziehbare)
Beiträge an ausländische Vorsorgeeinrichtungen geleistet haben, die Ausnahmerege-
lung betreffend die 80%-Rentenbesteuerung in gleicher Weise in Anspruch nehmen
können wie inländische Steuerpflichtige, welche den Systemwechsel mit schweizeri-
schen Vorsorgeeinrichtungen durchlaufen haben. Vorauszusetzen ist dabei im konkre-
ten Fall, dass die ausländische Vorsorgeeinrichtung mit einer Einrichtung der hiesigen
2. Säule vergleichbar ist. Über die Erkenntnisse im vorinstanzlich erwähnten Entscheid
der Steuerrekurskommission I hinausgehend, ist der Kreis der Steuerpflichtigen mit
Anspruch auf die Ausnahmeregelungen von Art. 204 Abs. 1 lit. b DBG und § 270
Abs. 1 StG entsprechend zu erweitern. Zu diesem Kreis gehört der Pflichtige nach dem
Gesagten indes nicht.
4. Gestützt auf diese Erwägungen sind die Beschwerde und der Rekurs abzu-
weisen.
Bei diesem Ausgang sind die Verfahrenskosten dem Pflichtigen aufzuerlegen
und entfällt die Zusprechung einer Parteientschädigung (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m.
Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember
1968 (VwVG; SR 172.021) sowie § 152 StG i.V.m § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechts-
pflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997).
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2 DB.2011.60 2 ST.2011.90 | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
54d25dfd-b93f-4c90-9203-2a2592c71875 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) ist Eigentümer der Liegenschaft strasse 47,
B. In der Steuererklärung 2004 deklarierte er Mietzinseinnahmen von Fr. 180'000.- für
Wohnungen/Zimmer sowie 158'400.- für gewerblich/geschäftlich genutzte Räume, ins-
gesamt Fr. 338'400.-. Davon zog er Unterhalts- und Verwaltungskosten von (pauschal)
20% (= Fr. 67'680.-) ab. Mit Einschätzungsvorschlägen vom 18. September 2006 und
24. Mai 2007 führte der Steuerkommissär aus, dass bei Privatliegenschaften, die vor-
wiegend geschäftlichen Zwecken dienten, nur der effektive Abzug zulässig sei. Auf-
grund der aktenkundigen Liegenschaftenrechnung aus dem Jahr 2001 sei daher ledig-
lich ein Abzug von Fr. 2'000.- zu gewähren. In diesem Sinn schätzte er den Pflichtigen
am 25. Oktober 2007 mit einem steuerbaren Einkommen von (rund) Fr. 161'500.-
sowie einem steuerbaren Vermögen von Fr. 1'055'000.- ein. Mit der nämlichen Be-
gründung wurde im gleichentags erlassenen Hinweis für die direkte Bundessteuer ein
steuerbares Einkommen von Fr. 163'000.- angezeigt; die Veranlagungsverfügung wur-
de dem Pflichtigen am 19. November 2007 formell eröffnet.
B. Die vom Pflichtigen hiergegen erhobenen Einsprachen wies das kantonale
Steueramt mit separaten Entscheiden vom 4. September 2008 ab.
C. Mit Rekurs und Beschwerde vom 9. Oktober 2008 liess der Pflichtige sei-
nen im Einschätzungsverfahren vertretenen Standpunkt erneuern.
In seiner Rekurs- und Beschwerdeantwort vom 6. November 2008 schloss
das kantonale Steueramt auf Abweisung der Rechtsmittel.
D. Am 23. April 2009 führten Referent und Sekretärin einen Augenschein im
Gebäude strasse 47, B, durch.
Auf die Parteivorbringen und die Feststellungen am Augenschein wird, soweit
wesentlich, in den nachfolgenden Urteilsgründen zurückgekommen.
- 3 -
3 ST.2008.335 3 DB.2008.199 | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. Gemäss Art. 32 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer
vom 14. Dezember 1990 (DBG) und § 30 Abs. 2 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997
(StG) können bei Liegenschaften im Privatvermögen die Unterhaltskosten, die Versi-
cherungsprämien und die Kosten der Verwaltung durch Dritte abgezogen werden.
Nach Art. 32 Abs. 4 DBG bzw. § 30 Abs. 5 StG kann der Steuerpflichtige bei Liegen-
schaften des Privatvermögens anstelle der tatsächlichen Kosten und Prämien einen
Pauschalabzug geltend machen (Satz 1); die Finanzdirektion regelt denselben
(Satz 2).
2. a) Zur Begründung seines Rechtsmittels bringt der Pflichtige vor, dass die
Wohnnutzung der Liegenschaft strasse 47 die geschäftliche Nutzung sowohl wert- wie
auch flächenmässig übersteige. Das Erdgeschoss werde als Nachtclub und Telefon-
shop gewerblich genutzt, die oberen Stockwerke dienten hingegen dem Wohnen. Da-
bei würden die einzelnen Zimmer meist für mehrere Monate, in Einzelfällen für Jahre
von den gleichen Mieterinnen und Mietern belegt. Eine geschäftliche Nutzung wäre
aufgrund der Bau- und Zonenordnung der Stadt B gar nicht erlaubt. Zwar sei mit der C
als Mieterin der Liegenschaft das Entgelt für die Geschäfts- und die Wohnnutzung nicht
aufgeteilt worden; die Nachkalkulation aufgrund eines für den Nachtclubbetrieb übli-
chen Geschäftsmietzinses von rund 8% des Umsatzes spreche jedoch klar für das
Überwiegen der Wohnnutzung. Wenn alle 31 Zimmer zu Fr. 1'000.- im Monat vermietet
würden, beliefe sich der Ertrag auf Fr. 31'000.- bzw. Fr. 372'000.- im Jahr. Demgegen-
über werfe die Vermietung des Nachtclubs jährlich nur Fr. 300'000.- ab. Von den im C
tätigen Tänzerinnen seien lediglich vier bis sechs in den Zimmern untergebracht; die
übrigen Mieter lebten zu Wohnzwecken in der Liegenschaft strasse 47 und hätten we-
der zum Telefonshop noch zum Cabaret einen geschäftlichen Bezug. "Vielleicht
schätz(t)en sie einfach den 'sleaze' (Verderbtheit) des Quartiers oder dessen vorhan-
dene Infrastruktur." Die Stadtteile seien Orte der Immigration; ein Grossteil der Bewoh-
ner strebe nur eine vorübergehende Niederlassung an. Der vom Bundesgericht ge-
prägte Begriff des Wohnens passe nicht auf die örtlichen Verhältnisse. Allein aufgrund
der Öffnungszeiten des Cabarets lasse sich die Wohnnutzung daher nicht ausschlies-
sen. Die Liegenschaft strasse 47 gehöre zum Privatvermögen des Pflichtigen. Dass
höchstens sechs Zimmer an die Belegschaft des Cabarets vermietet seien, ändere
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3 ST.2008.335 3 DB.2008.199
nichts daran. Weil die Liegenschaft wie gesagt überwiegend privat beworben werde,
stehe der Geltendmachung des Pauschalabzugs anstelle der tatsächlich angefallenen
Unterhaltskosten nichts entgegen.
b) Dem widerspricht das kantonale Steueramt in der Rekurs-/Beschwerde-
antwort, dass für vorwiegend geschäftlich genutzte Liegenschaften kein Pauschalab-
zug für die Unterhaltskosten gewährt werde. Darunter fielen alle Nutzungsarten, die
nicht dem privaten Wohnen dienten. Die Betreibergesellschaft des Cabarets habe die
Liegenschaft (ohne Telefonshop) pauschal für Fr. 300'000.- im Jahr gemietet; eine Auf-
teilung in geschäftliche und Wohnzwecke hätten die Vertragsparteien nicht vorgenom-
men. Nach Angaben des Pflichtigen würden vier bis sechs Zimmer für Tänzerinnen des
Cabarets gebraucht; für diese wäre somit ein Jahresmietzins von Fr. 72'000.- zu ver-
anschlagen, der als geschäftlichen Zwecken dienend zu würdigen sei. Zusammen mit
dem kalkulatorischen Mietzins von Fr. 180'000.- (10% des Umsatzes des Cabarets) für
den Barbetrieb und dem Ertrag von Fr. 48'000.- für den Telefonshop ergebe sich, dass
die Liegenschaft überwiegend geschäftlich beworben werde. Die Miete der Bar- und
Cabareträume zusammen mit den möblierten Zimmern erscheine als eine den ge-
schäftlichen Zwecken der Betreibergesellschaft, insbesondere der "körpernahen
Dienstleistung", dienende Gesamtheit. Mithin sei der gesamte Mietertrag von Fr.
300'000.- als Geschäftsmiete zu betrachten. Im Übrigen habe auch die Vermietung von
möblierten Zimmern für sich allein betrachtet als Geschäftsmiete zu gelten. Denn laut
Verkaufsdokumentation des Pflichtigen würden die einfach möblierten Räume in der
Regel monatsweise an "Artistinnen" vermietet. Von anderen Bewohnern sei in der Ver-
kaufsdokumentation nicht die Rede. Angesichts des während der ganzen Woche ge-
öffneten Bar-Cabaret-Betriebs im Erdgeschoss könne das "rein private Wohnen" im
Sinn der Rechtsprechung ausgeschlossen werden. Im Übrigen stelle auch die vertrag-
lich vorgesehene Überwälzung der Unterhaltskosten auf den Mieter ein Indiz für Ge-
schäftsmiete dar.
3. a) Gemäss Lehre und Praxis ist der von Art. 32 Abs. 4 DBG ausdrücklich
auf "Grundstücke des Privatvermögens" beschränkte Pauschalabzug nur bei solchen
Liegenschaften anwendbar, die überwiegend privat genutzt werden, d.h. in erster Linie
Wohnzwecken dienen. Laut Art. 4 der Verordnung des Bundesrats über den Abzug der
Kosten von Liegenschaften des Privatvermögens bei der direkten Bundessteuer vom
24. August 1992 fällt der Pauschalabzug ausser Betracht bei Liegenschaften, die von
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3 ST.2008.335 3 DB.2008.199
Dritten vorwiegend geschäftlich genutzt werden. Unter geschäftlicher Nutzung sind alle
Nutzungsarten zu verstehen, die nicht dem privaten Wohnen dienen. Die geschäftliche
Nutzung überwiegt, wenn die geschäftlichen Miet-/Pachteinnahmen mehr als 50% der
gesamten Mieteinnahmen (samt einem allfälligen Eigenmietwert) ausmachen; umge-
kehrt dient das Grundstück privaten Zwecken, wenn es zu mindestens 50% für Wohn-
zwecke gebraucht wird (BGr, 2. März 2005, 2A.556/2004 = ASA 75, 303, VGr LU,
3. Januar 2007, LGVE 2007 II 267, ZStB I 18/820 und M DBG 2005 Nr. 4; ebenso
StRK III, 15. Januar 2009, ST.2008.343; Richner/Frei/Kaufmann, Handkommentar zum
DBG, 2003, Art. 32 N 20).
In der Frage, inwieweit Unterhaltskosten für Liegenschaften abziehbar sind,
verbleibt den Kantonen kein Freiraum mehr. Der Begriff der Unterhaltskosten kann
unter dem Geltungsbereich des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten
Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG) nicht anders
ausgelegt werden als auf dem Gebiet der direkten Bundessteuer. Eine andere Interpre-
tation würde dem Anliegen der vertikalen Steuerharmonisierung zuwiderlaufen und die
mit dem Erlass des StHG angestrebte Vereinfachung der Rechtsanwendung vereiteln
(BGr, 2. Februar 2005 = StE 2005 [SO] A 23.1 Nr. 10). Die bisherige zürcherische Pra-
xis, wonach auch mehrheitlich geschäftlich oder gewerblich genutzte Liegenschaften
im Privatvermögen zum Pauschalabzug berechtigen (VGr, 20. November 2002, ZStP
2003, 132), ist daher überholt. Dementsprechend hat das kantonale Steueramt im
Merkblatt über die steuerliche Abzugsfähigkeit von Kosten für den Unterhalt und die
Verwaltung von Liegenschaften vom 31. August 2006 (gültig ab Steuerperiode 2007;
ZStB I Nr. 18/820) im Anwendungsbereich der direkten Bundessteuer wie auch der
Staats- und Gemeindesteuern festgehalten (Ziffer 47):
"Bei Liegenschaften des Privatvermögens, die überwiegend privat genutzt werden, kann anstelle des Abzuges der effektiven Kosten der Pauschalabzug geltend gemacht werden. Bei Liegenschaften im Geschäftsvermögen oder bei Liegenschaften im , die von Dritten überwiegend geschäftlich genutzt werden, sind nur die Kosten zum Abzug zugelassen. Die Abgrenzung dieser Liegenschaften erfolgt anhand des Verhältnisses der Mieteinnahmen (inkl. Eigenmietwert). Machen die Mieteinnahmen mehr als 50 Prozent der gesamten Mieteinnahmen aus, liegt eine geschäftliche Nutzung vor. Hingegen wird eine Liegenschaft privat genutzt, wenn mehr als 50 Prozent der gesamten Mieteinnahmen aus Wohnzweck entstammt."
b) Der Mietvertrag vom 8./11. März 2003 zwischen dem Pflichtigen als Ver-
mieter und der Betreibergesellschaft des Cabarets als Mieterin betrifft das gesamte
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3 ST.2008.335 3 DB.2008.199
Grundstück strasse 47. Neben den Büroräumlichkeiten im 1. Obergeschoss wurden die
übrigen Räume in diesem Stockwerk sowie jene im 2., 3. und 4. Obergeschoss der
Mieterin "zu freistehender Nutzung einschliesslich Untervermietung" überlassen (Ziffer
1). Der Mietzins (ohne Nebenkosten) wurde auf "pauschal Fr. 25'000.- pro Monat" fest-
gesetzt. "Unterhalt/Reparatur/Ersatz des Gross- und Kleininventars des Cabarets, des
Mobiliars (inkl. TV-Apparate) in den Wohnräumen im 1. - 4. OG sowie der Heizungs-
und Sanitäranlagen, Boden- und Wandbeläge, Fenster, Türen und Einbaumöbel der
Gesamtliegenschaft obliegen der Mieterin. Diese Reparaturen und Ersatzanschaffun-
gen gehen sofort entschädigungslos ins Eigentum des Vermieters über" (Ziffer 2). Das
bereits seit 1. Oktober 2002 laufende Mietverhältnis dauert fest bis 30. September
2012; der Mieterin steht die Option zu, den Vertrag zu gleichen Bedingungen um fünf
Jahre zu verlängern.
Zur näheren Klärung der entscheidwesentlichen Frage, ob die Liegenschaft
strasse 47 überwiegend privat oder geschäftlich genutzt wird, hat die Rekurskommissi-
on am 23. April 2009 einen Augenschein durchgeführt. Dabei ergab sich Folgendes:
Als Gesellschafterin und Geschäftsführerin leitet E den Cabaret-Betrieb im Erdge-
schoss. In den vier Obergeschossen befinden sich kleine möblierte Einzelzimmer. Die-
se werden an Tänzerinnen verschiedener Nachtlokale – namentlich genannt werden
das "F" und die "G" – vermietet; zurzeit seien acht Zimmer von Tänzerinnen des eige-
nen Cabarets C belegt. Mit den Tänzerinnen habe sie keine Untermietverträge abge-
schlossen, vielmehr bilde die Zimmermiete einen Bestandteil des Arbeitsvertrags. Sie
schliesse diese Verträge ab und hole auch die Arbeitsbewilligungen für die allesamt
aus dem osteuropäischen Raum, insbesondere Russland stammenden Tänzerinnen
ein. Gewöhnlich hielten sich die Tänzerinnen für einen oder zwei Monate hier auf; da-
nach begründeten sie meist in einer anderen Stadt ein neues Engagement. Die Zim-
mer sind durchwegs einfach ausgestattet: (Doppel-)Bett, Kleiderschrank, kleine Kom-
mode, Fernsehgerät und Bistrotisch mit Stühlen und vereinzelt ein kleiner Kühlschrank.
In all diesen Räumen finden sich private Habseligkeiten der Bewohnerinnen, wie Klei-
dung, Kosmetika, Stofftiere und Bücher. Auch Küche und Nasszelle (WC und Dusche)
sind sehr einfach gehalten und dienen mehreren Zimmern zur gemeinsamen Nutzung.
c) Der Pflichtige geht in der Steuererklärung zutreffend selbst davon aus, dass
mit Bezug auf den Barbetrieb und den Telefonshop im Erdgeschoss eine geschäftliche
Nutzung vorliegt. Der Augenschein bestätigte die Mutmassung des kantonalen Steuer-
amts nicht, wonach die Einzelzimmer in den Obergeschossen der "körpernahen
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3 ST.2008.335 3 DB.2008.199
Dienstleistung" bzw. der sexgewerblichen Nutzung dienen; um eine solche ganz aus-
zuschliessen, wären nähere Abklärungen – etwa durch Einholung eines Amtsberichts
der Sittenpolizei – durchzuführen, können aber als nicht entscheidwesentlich unterblei-
ben. Die Angaben des Pflichtigen, wonach "die einzelnen Zimmer ... meist für mehrere
Monate, in Einzelfällen für Jahre von den gleichen Mieterinnen und Mietern bewohnt"
werden, wurden am Augenschein durch die Geschäftsführerin abgeschwächt; nach
deren Darstellung beträgt die mittlere Verweildauer der Bewohnerinnen ein bis zwei
Monate. Auch insoweit braucht die Rekurskommission keine weiteren Erhebungen –
etwa bei der stadtzürcherischen Einwohnerkontrolle – vorzunehmen. Entscheidend fällt
nämlich ins Gewicht, dass der Aufenthalt der Tänzerinnen in den Zimmern – entgegen
den Angaben des Pflichtigen – untrennbar mit dem Arbeitsverhältnis verknüpft ist, sei
es mit dem eigenen Cabaret oder mit einem gleichartigen Betrieb. Von einer Wohnnut-
zung kann gewöhnlich nur dann gesprochen werden, wenn sich eine Person in den
betreffenden Räumen nicht nur – wie etwa ein Hotelgast – für eine befristete Zeitspan-
ne aufhält, sondern dort ihren Wohnsitz begründet. Laut Art. 23 Abs. 1 ZGB befindet
sich der Wohnsitz einer Person an dem Ort, wo sie sich mit der Absicht dauernden
Verbleibens aufhält. Daran gebricht es im vorliegenden Fall, wie der Pflichtige selbst
einräumt. Vielmehr beschränkt sich die Verweildauer der Tänzerinnen an der strasse
47 von vornherein auf wenige Wochen. Hinzu kommt, dass die allesamt aus dem Aus-
land, vorab aus Russland stammenden Personen, nicht ihren Lebensmittelpunkt in der
Gemeine B begründen wollen, sondern sich allein im Zusammenhang mit ihrer Berufs-
tätigkeit hier aufhalten. Sodann stehen die betreffenden Zimmer nicht für einen unbe-
stimmten Kreis von Mietinteressenten auf dem freien Markt offen, sondern nur für Ar-
beitnehmerinnen des eigenen Cabarets und bestimmter, mit dieser Gesellschaft
anscheinend verbundener weiterer Vergnügungslokale. Schliesslich erscheint es in
wohnhygienischer Hinsicht als fraglich, ob im Fall von langfristigen Mietverhältnissen
ein einziger Dusche-/WC-Raum pro Wohneinheit mit mehreren Zimmermieterinnen
ausreichend wäre. Indessen lässt sich diese Nutzweise entgegen der Meinung des
Pflichtigen mit der Bau- und Zonenordnung der Stadt B vom 23. Oktober 1991 durch-
aus vereinbaren. Zwar statuiert der Zonenplan für das in der Quartiererhaltungszone
gelegene Grundstück strasse 47 einen Wohnanteil von 60%. Weil nach der Praxis des
Verwaltungsgerichts auch Räumlichkeiten eines Hotels als Wohnflächen zählen (RB
1988 Nr. 57 [Leitsatz] = BEZ 1988 Nr. 14), gelten vorliegend die oberen Stockwerke
der streitbetroffenen Liegenschaft ebenfalls als bewohnt.
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3 ST.2008.335 3 DB.2008.199
d) Nach dem Gesagten ergibt sich, dass die Räumlichkeiten der Oberge-
schosse nicht der Wohnnutzung dienen, sondern in engem Zusammenhang mit der
Berufsausübung der Tänzerinnen zusammenhängen. Mithin ist das kantonale Steuer-
amt zutreffend von geschäftlicher Nutzung der Liegenschaft ausgegangen. Unter die-
sen Umständen kann der Pflichtige nach dem Gesagten nur die effektiven Kosten für
den Liegenschaftenunterhalt, nicht aber den Pauschalabzug geltend machen. Ein hö-
herer Betrag als vom kantonalen Steueramt zugelassen, hat der Pflichtige trotz gehöri-
ger Auflage und Mahnung nicht dargetan. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde
abzuweisen.
4. Nach dem in E. 3a Gesagten besteht aufgrund der bundesrechtlichen Re-
gelung kein Raum für eine abweichende Beurteilung auf dem Boden des kantonalen
Rechts (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher
Steuergesetz, 2. A., 2006, § 30 N 26). Mithin ist auch der Rekurs unbegründet.
5. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Rekurs- und Beschwerdekosten
dem Pflichtigen aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG; Art. 144 Abs. 1 DBG). | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
551fa1f6-19a1-4555-8f24-bc4172e581d1 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) reichte für die Steuerperioden 2010 und 2011
keine bzw. nur unvollständige Steuererklärungen ein und wurde deshalb rechtskräftig
nach pflichtgemässem Ermessen veranlagt bzw. eingeschätzt. Mit Schreiben vom 14.
Oktober 2013 erstattete der Pflichtige Selbstanzeige und reichte am 17. Dezember
2013 Nachdeklarationen für die Steuerperioden 2010 und 2011 ein. Darin gab er die
mit nicht rückforderbaren ausländischen Quellensteuern belasteten Kapitalerträge im
Bruttobetrag an; gleichzeitig stellte er mittels Formular DA-1 folgende Anträge auf pau-
schale Steueranrechnung:
Fälligkeitsjahr pauschale Steueranrechnung
2010 29'492.-
2011 24'685.-.
Das kantonale Steueramt, Dienstabteilung Wertschriften, wies die Anträge am
11. Juni 2014 ab, weil die betreffenden ausländischen Einkünfte nicht ordnungsgemäss
deklariert worden seien. Die Deklaration im Rahmen der Selbstanzeige reiche hierzu
nicht.
B. Hiergegen liess der Pflichtige am 24. Juni 2014 Einsprache erheben und
beantragen, die Anträge auf pauschale Steueranrechnung gutzuheissen und die Rück-
zahlungsbeträge entsprechend festzusetzen. Die Auffassung des kantonalen Steuer-
amts finde in den einschlägigen Bestimmungen keine Grundlage.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprache am 5. Januar 2015 ab.
C. Mit Beschwerde vom 30. Januar 2015 wiederholte der Pflichtige die Ein-
spracheanträge. Das Steuerrekursgericht legte für die Fälligkeiten 2010 und 2011 ei-
nerseits und die mit gleicher Rechtschrift vom Pflichtigen und seiner Ehefrau zusam-
men ebenfalls angefochtenen Fälligkeiten 2012 andererseits separate Verfahren an.
Das kantonale Steueramt schloss am 19. Februar 2015 auf Abweisung der Rechtsmit-
tel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) schloss sich dem am 23. April 2015
1 VS.2015.2
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an. Der Pflichtige nahm am 15. Mai 2015, und die ESTV am 4. Juni 2015 erneut Stel-
lung. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Nach der unwidersprochenen Sachdarstellung des Pflichtigen wurden die
Anträge auf pauschale Steueranrechnung im Nachgang zu einer Selbstanzeige ge-
mäss Art. 175 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom
14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 235 Abs. 3 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997
(in der Fassung vom 4. Juli 2011, StG) gestellt. Gleichzeitig reichte er die Steuererklä-
rung 2010 und 2011 ein, worin die Kapitalerträge im Bruttobetrag nachdeklariert wur-
den. In der Folge wurde ein Nachsteuerverfahren eröffnet. Damit stellt sich die Frage,
ob das Steuerrekursgericht überhaupt zuständig ist. Gemäss § 162 Abs. 3 StG ist näm-
lich gegen Einspracheentscheide des kantonalen Steueramts im Nachsteuerverfahren
Rekurs beim Verwaltungsgericht zu erheben. Dieselbe Regelung besteht bei der direk-
ten Bundessteuer (§ 14 Abs. 2 der Verordnung über die Durchführung des Bundesge-
setzes über die direkte Bundessteuer vom 4. November 1998, ZStB Nr. 45/311).
b) Das Steuerrekursgericht erachtet sich dennoch als zuständig, gestützt auf
die allgemeine Zuständigkeitsregelung, welche auch in diesem Fall zur Anwendung
gelangt:
Art. 18 der Verordnung über die pauschale Steueranrechnung vom 22. Au-
gust 1967 (VO pStA, SR 672.201) schreibt vor, dass die Entscheide über die pauscha-
le Steueranrechnung den gleichen Rechtsmitteln unterliegen wie die Entscheide über
die Rückerstattung der eidgenössischen Verrechnungssteuer durch die Kantone
(Art. 53 - 56 des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteuer vom 13. Oktober 1965,
VStG). Gemäss Art. 54 und 55 VStG kann bei der kantonalen Rekurskommission Be-
schwerde erhoben werden; der Kanton kann in seinen Vollzugvorschriften indessen
bestimmen, dass sich das Einspracheverfahren und das Verfahren vor der kantonalen
Rekurskommission nach den für Anfechtung und Überprüfung der Steuerveranlagung
massgebenden kantonalen Verfahrensvorschriften richtet, wenn der Entscheid über
den Rückerstattungsanspruch mit einer Veranlagungsverfügung verbunden worden ist.
1 VS.2015.2
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Der Kanton Zürich hat von dieser Vorschrift Gebrauch gemacht und in § 12 der Ver-
ordnung über die Rückerstattung der Verrechnungssteuer vom 17. Dezember 1997
(VO VSt, ZStB Nr. 45/412) einen gemeinsamen Entscheid zur Regel gemacht. Für das
Rechtsmittelverfahren gelten diesfalls die Bestimmungen des StG (§ 13 VO VSt). Wird
indessen ausnahmsweise ein separater Entscheid getroffen, ist eine Beschwerde ge-
gen den Einspracheentscheid beim Steuerrekursgericht einzureichen (§ 15 Abs. 2 VO
VSt in der Fassung vom 28. August 2013). Dementsprechend bezeichnet § 4 Abs. 2
der kantonalen Verordnung über die Durchführung der pauschalen Steueranrechnung
vom 7. Dezember 1967 (in der Fassung vom 28. August 2013, VO DpStA, ZStB
Nr. 45/511) das Steuerrekursgericht als Beschwerdeinstanz.
Aus § 160 Abs. 1 StG ergeben sich keine Hinweise, dass sich die Zuständig-
keit des Verwaltungsgerichts über die eigentliche Nachsteuer-Einschätzung hinaus auf
alle anderen Bereiche erstrecken würde. Die Bestimmung spricht einzig von der Ein-
schätzung, worunter die Festsetzung der Faktoren (Einkommen und Vermögen) für die
Steuerberechnung zu verstehen ist. Gestützt auf § 12 VO VSt könnte die verwaltungs-
gerichtliche Zuständigkeit – wenn überhaupt – höchstens auch die Verrechnungssteu-
er, wenn darüber in einem gemeinsamen Entscheid mit der Einschätzung befunden
wurde. Es besteht aber keine Veranlassung zur Annahme, dass darüber hinaus auch
die Zuständigkeitsordnung in den davon nicht berührten Bereichen geändert werden
sollte.
c) Die angefochtenen Entscheide wurden in einem separaten Verfahren ge-
troffen, weshalb die Zuständigkeit für die Beurteilung von Rechtsmitten nicht derjenigen
der (Nachsteuer-)Einschätzung der betreffenden Steuerperioden folgt. Das Steuerre-
kursgerichts ist damit zuständig. Auf das Rechtsmittel der Pflichtigen (Beschwerde) ist
einzutreten.
2. a) Gemäss Art. 1 des Bundesgesetzes über die Durchführung von zwi-
schenstaatlichen Abkommen des Bundes zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vom
22. Juni 1951 (DBAG; SR 672.2) ist der Bundesrat ermächtigt, Ausführungsbestim-
mungen zu Doppelbesteuerungsabkommen zu treffen. Dabei ist er insbesondere zu-
ständig, zu bestimmen, wie eine staatsvertraglich vereinbarte Anrechnung von Steuern
des anderen Vertragsstaats auf die in der Schweiz geschuldeten Steuern durchzufüh-
1 VS.2015.2
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ren ist (Art. 2 Abs. 1 lit. e DBAG). Gestützt darauf hat der Bundesrat die VO pStA er-
lassen (vgl. Ingress zu VO pStA).
In der Schweiz ansässige natürliche und juristische Personen können für die
in Übereinstimmung mit einem Doppelbesteuerungsabkommen in einem Vertragsstaat
erhobene begrenzte Steuer von aus diesem Vertragsstaat stammenden Erträgnissen
eine pauschale Steueranrechnung beantragen (Art. 2 Abs. 1 VO pStA). Diese kann nur
für Erträgnisse beansprucht werden, die den Einkommenssteuern des Bundes, der
Kantone und der Gemeinden unterliegen (Art. 3 Abs. 1 VO pStA). Erträgnisse, mit Be-
zug auf welche pauschale Steueranrechnung verlangt wird, sind ohne Abzug der Steu-
er des Vertragsstaates zu deklarieren (Art. 3 Abs. 3 VO pStA). Die pauschale Steuer-
anrechnung wird nur auf Antrag gewährt (Art. 13 Abs. 1 VO pStA). Der Anspruch auf
pauschale Steueranrechnung erlischt, wenn der Antrag nicht innert drei Jahren nach
Ablauf der Steuerperiode, in der die Erträgnisse fällig geworden sind, gestellt wird
(Art. 14 Abs. 2 VO pStA).
b) Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt, dass ein solcher Anspruch
verwirkt sei, wenn die Kapitalerträge nicht im ordentlichen Verfahren deklariert worden
seien. Sie stützt sich dabei auf Art. 23 VStG, welcher analog anzuwenden sei. Weiter
verweist sie auf Art. 3 Abs. 3 VO pStA. Die darin erwähnte Deklarationspflicht sei nur
dann erfüllt, wenn die Deklaration vor Eintritt der Rechtskraft der entsprechenden Ver-
anlagungen erfolge. Ein Nachsteuerverfahren sei ein zusätzliches, vom normalen Ein-
schätzungsverfahren unabhängiges Verfahren und führe nicht dazu, dass eine in
Rechtskraft erwachsene Einschätzung wieder in einen offenen Zustand gebracht wer-
de.
c) Art. 23 VStG trägt die Überschrift "Verwirkung". Gemäss dieser Bestim-
mung verwirkt den Anspruch auf Rückerstattung der von den Einkünften abgezogenen
Verrechnungssteuer, wer mit der Verrechnungssteuer belastete Einkünfte oder Vermö-
gen, woraus solche Einkünfte fliessen, entgegen gesetzlicher Vorschrift der zuständi-
gen Steuerbehörde nicht angibt. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um die so ge-
nannte Deklarationsklausel (Bernhard Zwahlen, in: Kommentar zum Schweizerischen
Steuerrecht, Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer, 2. A., 2012, Art. 23 N 1
VStG, auch zum Folgenden). Wird die positivrechtlich geregelte Deklarationspflicht
verletzt, wird die Verrechnungssteuer zu einer "Defraudantensteuer": Sie soll alle jene
Steuerpflichtigen endgültig und zusätzlich belasten, welche die deklarationspflichtigen
1 VS.2015.2
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Einkünfte bei den direkten Steuern von Kantonen und dem Bund nicht ordnungsge-
mäss angeben. Durch diese Klausel wird der Sicherungsgedanke, welcher dem Ver-
rechnungssteuerrecht grundlegend als Basis dient, durchgesetzt.
Mithin handelt es sich bei der Deklarationsklausel um eine materielle Voraus-
setzung des Rückerstattungsanspruches und nicht mehr um eine Bestimmung über die
anwendbaren Rechtsmittel. Art. 23 VStG wird demnach vom Verweis von Art. 18 VO
pStA nicht erfasst; diese Bestimmung nennt zudem selber nur die Art. 53 - 56 VStG.
Art. 23 VStG kommt hier demnach nicht unmittelbar zur Anwendung.
d) Damit stellt sich die Frage, ob die Verwirkung des Anspruchs auf pauschale
Steueranrechnung direkt aus Art. 3 Abs. 3 VO pStA abgeleitet werden kann.
aa) Die Vorinstanz stützt sich hierzu auf eine entsprechende Verwaltungspra-
xis (André Binggeli, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Internationales
Steuerrecht, 2014, Art. 23 A, B N 135). Letzterer Autor verweist auf den Antrag des
Bundesrats vom 21. Juli 1967 auf Genehmigung des damaligen Bundesratsbeschlus-
ses über die pauschale Steueranrechnung, worin darauf hingewiesen worden sei, dass
dieser an das bekannte Verfahren bei der Rückerstattung der Verrechnungssteuer an-
knüpfe. Weiter führt der Autor aus, dass ein Nachsteuerverfahren die im ordentlichen
Einschätzungsverfahren unterlassene Deklaration nicht heile. In der Praxis werde die
pauschale Steueranrechnung verweigert, wenn die Deklaration erst nach Eintreten der
Rechtskraft der diesbezüglichen Steuerveranlagung erfolge. Bei der Berechnung der
Nachsteuern werde hingegen die nicht rückforderbare ausländische Quellensteuer zum
Abzug zugelassen.
bb) Das Legalitätsprinzip gemäss Art. 5 Abs. 1 der Bundesverfassung vom
18. April 1999 (BV) umfasst u.a. den Grundsatz des Erfordernisses des Rechtssatzes.
Dies verlangt eine hinreichende Bestimmbarkeit der anzuwendenden Rechtssätze im
Dienst der Berechenbarkeit und Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns sowie der
rechtgleichen Rechtsanwendung (Wiederkehr/Richli, Praxis des allgemeinen Verwal-
tungsrechts, Band I, 2012, N 1336, mit zahlreichen Hinweisen; Häfelin/Müller/Uhlmann,
Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. A., 2010, N 386 f.). Die rechtssatzmässige Grundla-
ge hat so präzis formuliert zu sein, dass der Private sein Verhalten danach richten und
die Folgen eines bestimmten Verhaltens mit den Umständen entsprechender Gewiss-
heit vorhersehen kann. Der Grad der erforderlichen Bestimmtheit lässt sich nicht abs-
1 VS.2015.2
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trakt festlegen. Er hängt unter anderem von der Vielfalt der zu ordnenden Sachverhal-
te, von der Komplexität und der Vorhersehbarkeit der im Einzelfall erforderlichen Ent-
scheidung, von den Normadressaten, von der Schwere des Eingriffs in Verfassungs-
rechte und von der erst bei der Konkretisierung im Einzelfall möglichen und
sachgerechten Entscheidung ab. Je schwerwiegender oder intensiver ein Eingriff in
den Schutzbereich eines Grundrechts ist, desto strengere Anforderungen sind übli-
cherweise an die Normdichte wie auch die Normstufe zu stellen (Wiederkehr/Richli, N
1352 f.). Eine besondere Bedeutung hat der Grundsatz bei Normen, die durch Andro-
hung von Sanktionen unmittelbar ein bestimmtes Verhalten des Bürgers bewirken sol-
len.
cc) Die vom kantonalen Steueramt vertretene Verwirkung des Anspruchs auf
pauschale Rückerstattung geht über die normalen Folgen einer unterlassenen Deklara-
tion hinaus, indem es die Berücksichtigung der pauschalen Steueranrechnung auch in
einem Nachsteuerverfahren ausschliesst, und hat damit – wie auch Art. 23 VStG –
Sanktionscharakter. Nach dem Gesagten bestehen in einem solchen Fall erhöhte An-
forderungen an das Erfordernis des Rechtssatzes.
Im Unterschied zu Art. 23 VStG wird in Art. 3 Abs. 3 VO pStA die Verwirkung
des Anspruchs bei Nichtdeklaration mit keinem Wort erwähnt. Diese Bestimmung
schreibt einzig vor, dass für die Beanspruchung der pauschalen Steueranrechnung die
Erträgnisse ohne Abzug der Steuer des Vertragsstaates zu deklarieren sind. Eine
Rechtsfolge bei Versäumen wird dort nicht statuiert, was aber grundsätzlich auch nicht
erforderlich ist, da bei Nichtdeklaration selbstredend auch keine pauschale Steueran-
rechnung erfolgen kann. Davon abgesehen ist die Bestimmung indessen offen formu-
liert, und lässt sich diese ohne weiteres auch auf den Fall einer Nachdeklaration im
Rahmen einer Selbstanzeige anwenden. In diesem Zusammenhang fällt weiter in Be-
tracht, dass andernorts die anwendbaren Bestimmungen des VStG jeweils genau ge-
nannt werden (vgl. Art. 18 VO pStA mit Verweis auf Art. 53 - 56 VStG). Aus dem Wort-
laut ergeben sich demnach keinerlei Hinweise, dass die von der Vorinstanz vertretene
Verwirkungsfolge beabsichtigt war.
dd) Die Verwirkung führt zudem zu Unterschieden in der Anwendung der
Doppelbesteuerungsabkommen, welche sich nicht begründen lassen.
1 VS.2015.2
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Die pauschale Steueranrechnung ist ein Instrument zur Umsetzung von Dop-
pelbesteuerungsabkommen. Sie dient der Ausführung der vom Bund abgeschlossenen
Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, die für die in der Schweiz ansäs-
sigen Empfänger von ausländischen Erträgnissen zum Ausgleich der im Ausland erho-
benen Steuern eine Entlastung von den schweizerischen Steuern vorsehen (vgl.
Ingress VO pStA). Doppelbesteuerungsabkommen schreiben im so genannten Metho-
denartikel jeweils vor, wie die zuvor festgesetzten Zuteilungsnormen umgesetzt werden
sollen (vgl. z.B. Art. 23 A und 23 B des OECD-Musterabkommens zur Vermeidung der
Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
OECD-MA). Dabei stehen zwei Hauptmethoden zur Verfügung: die Freistellungsme-
thode und die Anrechnungsmethode (Madeleine Simonek, Kommentar zum Schweize-
rischen Steuerrecht, Internationales Steuerrecht, 2014, Art. 23 A, B N 1 ff.). Die
Schweiz verwendet beide Methoden, indem sie grundsätzlich der Freistellungsmethode
(mit Progressionsvorbehalt) folgt, aber für Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren die
Anrechnungsmethode anwendet. Im letzteren Fall gelten die Vorschriften über die pau-
schale Steueranrechnung (Simonek, Art. 23 A, B N 108 ff.). Demnach stehen beide
Methoden auf der gleichen Stufe.
Im Normallfall wird bei einer Nachdeklaration eine Neueinschätzung vorge-
nommen; dabei beschränkt sich das Nachsteuerverfahren grundsätzlich auf jene Ele-
mente, welche aufgrund der neuen Tatsachen abgeändert werden müssen (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 160
N 44 f. StG). Wegen des Verbots der Überbesteuerung müssen entlastende Tatsa-
chen, die nicht neu sind, grundsätzlich berücksichtigt werden; allerdings darf dies nicht
dazu führen, dass Grundlagen, welche die steuerpflichtige Person im ordentlichen Ein-
schätzungsverfahren anerkannt hatte, erneut in Frage gestellt werden. Daraus ist zu
schliessen, dass bei der erforderlichen Neueinschätzung ein einschlägiges DBA zur
Anwendung gelangt. Dies betrifft in erster Linie die Freistellungsmethode, da diese im
Rahmen der Einschätzung umgesetzt wird. Wenn z.B. im Rahmen einer Selbstanzeige
ausländische Einkünfte aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit im Ausland nachdekla-
riert würden, käme es wohl niemandem in den Sinn, diesbezüglich das einschlägige
DBA (vgl. Art. 15 Abs. 1 OECD-MA) wegen Verwirkung nicht anzuwenden.
Daraus ist zu schliessen, dass es sich aus Sicht des Doppelbesteuerungs-
rechts nicht rechtfertigen lässt, bei erst nach Eintritt der Rechtskraft deklarierten Kapi-
1 VS.2015.2
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talerträgen die Anrechnungsmethode zu verweigern, gleichzeitig aber die Freistel-
lungsmethode in den dafür vorgesehenen Fällen zuzulassen.
ee) Vor diesem Hintergrund ist zu verlangen, dass die Verwirkung zumindest
einer Grundlage in einem Rechtssatz bedarf, wie es im Bereich der Verrechnungssteu-
er mit Art. 23 VStG der Fall ist. Der Vorinstanz hilft es deshalb nicht weiter, wenn der
zitierte Autor auf einen Antrag des Bundesrats vom 21. Juli 1967 auf Genehmigung
des damaligen Bundesratsbeschlusses über die pauschale Steueranrechnung ver-
weist. Zum einen unterlässt er es, die Fundstelle anzugeben, weshalb sich diese Aus-
führungen nicht überprüfen lassen. Im auf dem Internet zugänglichen Bundesblatt der
Jahre 1966 und 1967 sind jedenfalls keine Ausführungen des Bundesrats hierzu zu
finden. Es lässt sich deshalb nicht überprüfen, was mit dem Passus überhaupt gemeint
war. Zum anderen aber reichen solche Ausführungen des Bundesrats in einem beglei-
tenden Bericht ohnehin nicht aus, um als rechtliche Grundlage für die Verwirkungsfolge
zu dienen, selbst wenn ihnen die von den Steuerbehörden zuerkannte Bedeutung zu-
kommen sollte.
e) Die von der Vorinstanz angenommene Verwirkung des Anspruchs auf pau-
schale Steueranrechnung lässt sich deshalb mangels rechtlicher Grundlage nicht hal-
ten. Die vom Pflichtigen geltend gemachten Beträge sind deshalb zur Anrechnung zu-
zulassen, soweit auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind.
3. Der Betrag der pauschalen Steueranrechnung entspricht (...) der Summe
der Steuern, die in den Vertragsstaaten von den im Lauf eines Jahres (Fälligkeitsjah-
res) fällig gewordenen Erträgnissen in Übereinstimmung mit den anwendbaren Dop-
pelbesteuerungsabkommen erhoben worden sind, höchstens aber der Summe der auf
diesen Erträgnissen entfallenden schweizerischen Steuern (Maximalbetrag; Art. 8
Abs. 2 VO pStA).
In den eingereichten Formularen DA-1 hat der Pflichtige die bezogenen Divi-
denden aufgelistet und die einzelnen Beträge, für welche pauschale Steueranrechnung
geltend gemacht wird, im einzelnen aufgeführt. Soweit ersichtlich sind diese vom steu-
eramtlichen Revisor überprüft und anerkannt worden. In den Einspracheentscheiden
hat die Vorinstanz zudem den Rückzahlungs-Maximalbetrag errechnet, welcher über
den beantragten Rückforderungsbeträgen liegt. Im Beschwerdeverfahren äussert sich
1 VS.2015.2
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die Vorinstanz nicht mehr zum Quantitativen. Damit ist davon auszugehen, dass die
beantragten Anrechnungsbeträge nicht mehr streitig und deshalb zu übernehmen sind.
4. Gestützt auf diese Erwägungen ist die Beschwerde gutzuheissen. Aus-
gangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen
(Art. 18 VO pStA i.V.m. § 13 der Verordnung über die Rückerstattung der Verrech-
nungssteuer vom 17. Dezember 1997 sowie Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1
StG). Dem Pflichtigen ist eine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 144 Abs. 4 DBG
i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom
20. Dezember 1968 bzw. § 152 StG i. V. m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflege-
gesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). Bei der Festsetzung der Verfahrenskosten
sowie der Parteientschädigung ist dem Umstand, dass der Pflichtige eine gemeinsame
Rechtschrift für alle Fälligkeitsjahr 2010 bis 2012 eingereicht, das Steuerrekursgericht
hierfür indessen separate Beschwerdeverfahren eröffnet hat, durch anteilsmässige
Herabsetzung Rechnung zu tragen. | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
56bc321f-4457-43c8-9ce6-9c818c23d85f | hat sich ergeben:
A. Die verwitwete A (nachfolgend die Pflichtige) hat zwei Kinder, die 1986 und
1989 geborenen Söhne C und D. Beide Nachkommen stehen noch in Ausbildung, C
studierte 2008 an der Universität E Biologie und wechselte danach in die Humanmedi-
zin; D besuchte die Kantonsschule in F. Beide wohnen bei der Pflichtigen im Ein-
familienhaus in G. Letztere unterstützte sie im Jahr 2008 gemäss eigenen Angaben mit
Barauslagen von Fr. 21'000.- (C) bzw. rund Fr. 18'000.- (D). 2008 versteuerte C für die
Staats- und Gemeindesteuern ein steuerbares Einkommen von Fr. 8'700.- und ein
steuerbares Vermögen von Fr. 137'000.- sowie D ein steuerbares Einkommen von
Fr. 9'000.- und ein steuerbares Vermögen von Fr. 92'000.-.
In der Steuererklärung 2008 machte die Pflichtige für ihre Nachkommen den
Kinderabzug von je Fr. 6'800.- (Staats- und Gemeindesteuern) bzw. Fr. 6'100.- (direkte
Bundessteuer) sowie den erhöhten Abzug für Versicherungsprämien und Sparkapital-
zinsen von Fr. 1'200.- bzw. Fr. 700.- pro Kind geltend. Unter Einbezug der Einkünfte
und der übrigen Abzüge deklarierte sie ein steuerbares Einkommen von Fr. 167'000.-
bzw. Fr. 170'100.-. Das steuerbare Vermögen gab sie mit Fr. 3'615'000.- an.
Mit Entscheid bzw. Hinweis vom 12. März 2010 schätzte der Steuerkommissär
die Pflichtige für die Steuerperiode 2008 mit einem steuerbaren Einkommen von
Fr. 184'300.- (Staats- und Gemeindesteuern) bzw. Fr. 185'000.- (direkte Bundessteuer)
ein. Die Abweichung von der Deklaration ergab sich u.a. aus der Aufrechnung der
Kinderabzüge sowie der erhöhten Abzüge für Versicherungsprämien und Sparkapital-
zinsen von zusammen Fr. 16'000.- bzw. Fr. 13'600.-. Dabei merkte der Steuerkommis-
sär hinsichtlich der Staats- und Gemeindesteuern an, für die Zulassung der Abzüge sei
erforderlich, dass die Pflichtige den Unterhalt der Kinder zur Hauptsache bestritten
habe, was nicht der Fall gewesen sei. Ob die Kinder ihre finanziellen Mittel nicht für
den Lebensunterhalt eingesetzt hätten, spiele keine Rolle. Als Steuertarif setzte er den
Grundtarif bzw. denjenigen für Alleinstehende ein.
Die Veranlagung der direkten Bundessteuer wurde mit Steuerrechnung vom
29. März 2010 formell eröffnet.
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1 ST.2010.184 1 DB.2010.135
B. Gegen die Einschätzung der Staats- und Gemeindesteuern liess die Pflich-
tige am 12./26. April 2010 Einsprache erheben mit dem Antrag, die genannten zwei
Abzüge zuzulassen und den Verheiratetentarif anzuwenden. Zur Begründung führte sie
aus, sie habe den Lebensunterhalt der Söhne zur Hauptsache bestritten, was aus-
reiche, um den Kinderabzug beanspruchen zu können.
Das kantonale Steueramt nahm diese Einsprache auch als solche gegen die
Bundessteuerveranlagung entgegen und wies beide Rechtsmittel am 25. Mai 2010 ab.
Es erwog, zwar mache die Pflichtige mit den eingereichten Unterlagen Unterstützungs-
leistungen für die Kinder geltend, welche dem hauptsächlichen Lebensunterhalt ent-
sprächen, jedoch hätten sich die Nachkommen zur Finanzierung des Lebensunterhalts
sowohl ihrer Erwerbseinkünfte als auch ihrer Vermögenswerte zu bedienen bzw. müss-
ten sie von diesen zehren. Damit habe die Pflichtige die Kinder zwar faktisch zur
Hauptsache unterstützt, aber bloss freiwillig, d.h. ohne dass sie hierzu zivilrechtlich
gehalten gewesen sei. Die fraglichen Abzüge stünden ihr daher nicht zu.
C. Mit Rekurs bzw. Beschwerde vom 23. Juni 2010 liess die Pflichtige den
Einspracheantrag wiederholen.
Das kantonale Steueramt schloss am 8. Juli 2010 auf Abweisung der Rechts-
mittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen.
Auf die Ausführungen der Parteien in diesen Rechtsschriften ist – soweit er-
forderlich – in den nachfolgenden Erwägungen einzugehen. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. a) Laut § 34 Abs. 1 lit. a des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (in der ab
Steuerperiode 2006 gültigen Fassung vom 25. April 2005, StG) werden für die Steuer-
berechnung vom Reineinkommen für volljährige Kinder, die das 25. Altersjahr noch
nicht erreicht haben, in der beruflichen Ausbildung stehen und deren Unterhalt der
Steuerpflichtige zur Hauptsache bestreitet, als Kinderabzug je Fr. 6'800.- abgezogen.
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1 ST.2010.184 1 DB.2010.135
Ferner erhöht sich der Abzug für Versicherungsprämien und Sparkapitalzinsen für
jedes Kind oder jede unterstützungsbedürftige Person, für die der Steuerpflichtige ei-
nen Abzug gemäss § 34 Abs. 1 StG geltend machen kann, um Fr. 1'200.- (§ 31 Abs. 1
lit. g StG). Massgeblich für die Beurteilung der Abzugsfähigkeit sind die Verhältnisse
am Ende der Steuerperiode oder der Steuerpflicht (§ 34 Abs. 2 StG). Über die Zulas-
sung des Kinderabzugs entscheidet das kantonale Steueramt bei der Festsetzung des
steuerbaren Einkommens (§ 139 Abs. 1 StG).
Der Unterhalt des Kindes gilt zur Hauptsache als erbracht, wenn er mehr als
50% der Unterhaltskosten ausmacht. Zwecks Vereinfachung des Einschätzungsverfah-
rens und im Sinn einer widerlegbaren Vermutung wird dies als erfüllt betrachtet, wenn
der Steuerpflichtige Leistungen erbringt, welche (auf Jahresbasis berechnet) mindes-
tens dem Umfang des Kinderabzugs entsprechen (RB 2002 Nr. 102 = StE 2003 B 29.3
Nr. 20 = ZStP 2003, 140 sowie Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum
harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 34 N 34 StG).
b) Bei der direkten Bundessteuer betragen der Kinderabzug Fr. 6'100.- und
der Mehrabzug für Versicherungsprämien und Sparkapitalzinsen Fr. 700.- je Kind
(Art. 213 Abs. 1 lit. a bzw. Art. 212 Abs. 1 und Art. 215 des Bundesgesetzes über die
direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 [DBG] i.V.m. der Verordnung über den
Ausgleich der kalten Progression für die natürlichen Personen bei der direkten Bundes-
steuer vom 4. März 1996). Im Unterschied zu den Staats- und Gemeindesteuern ist
sodann im DBG die Gewährung des Kinderabzugs zwar nicht an ein Höchstalter des
Kindes gebunden und ist auch nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige hauptsäch-
lich für den Unterhalt des Kindes aufkommt. Indessen wird der Kinderabzug – und mit
ihm der erhöhte Abzug für Versicherungsprämien sowie Sparkapitalzinsen – in der
Einschätzungspraxis auch bei dieser Steuer regelmässig nicht über das 25. oder
26. Altersjahr des Kindes hinaus gewährt und müssen die von der steuerpflichtigen
Person erbrachten Leistungen zumindest ebenfalls den Umfang des Kinderabzugs
erreichen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009,
Art. 213 N 39 und 42 DBG; Peter Locher, Kommentar zum DBG, I. Teil, 2001, Art. 35
N 31 mit Hinweisen).
c) Sowohl im StG als auch im DBG bildet weitere Voraussetzung für die Ge-
währung der fraglichen Abzüge bei volljährigen Kindern, dass Letztere noch in der be-
ruflichen Ausbildung stehen und der Steuerpflichtige für deren Unterhalt sorgt.
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1 ST.2010.184 1 DB.2010.135
Vorliegend ist nicht streitig, dass die zwei Söhne der Pflichtigen noch in der
(Erst-)Ausbildung stehen, C studierte Biologie sowie danach Medizin und D besuchte
die Kantonsschule in F. Mit den Jahrgängen 1986 und 1989 haben beide zudem das
25. Altersjahr im streitbetroffenen Jahr 2008 noch nicht erreicht bzw. überschritten.
Einig sind sich die Parteien zudem auch, dass beide Kinder von der Pflichtigen mit
namhaften Beträgen unterstützt wurden, welche die fraglichen Abzüge bei Weitem
überschritten. Mithin ist nach dem Gesagten im Sinn einer widerlegbaren Vermutung
davon auszugehen, dass die Pflichtige den Unterhalt ihrer Kinder zur Hauptsache er-
bracht hat. Demnach sind sowohl bei den Staats- und Gemeindesteuern als auch bei
der direkten Bundessteuer an sich die Voraussetzungen für die Gewährung des Kin-
derabzugs sowie des erhöhten Abzugs für Versicherungsprämien und Sparkapitalzin-
sen erfüllt.
Umstritten ist jedoch, ob sich die Pflichtige an ihre Unterhaltsleistungen die
den Nachkommen zur Verfügung stehenden Einkünfte und Vermögenswerte anrech-
nen lassen muss und ob bejahendenfalls immer noch davon ausgegangen werden
kann, dass sie den Unterhalt ihrer Kinder zur Hauptsache erbracht hat.
2. a) Das zivilrechtliche Gegenstück zur gesetzlichen Regelung der Kinderab-
züge in StG und DBG findet sich in Art. 277 Abs. 2 ZGB (in der Fassung vom 1. Januar
1996), welche Bestimmung die zivilrechtliche Unterhaltspflicht der Eltern über das
Mündigkeitsalter hinaus mit folgendem Wortlaut regelt: "Hat es (sc: das Kind) dann
(sc: im Zeitpunkt der Mündigkeit) noch keine angemessene Ausbildung, so haben die
Eltern, soweit es ihnen nach den gesamten Umständen zugemutet werden darf, für
seinen Unterhalt aufzukommen, bis eine entsprechende Ausbildung ordentlicherweise
abgeschlossen werden kann." Die steuerrechtliche Formulierung für die Gewährung
des Kinderabzugs lehnt sich somit stark an den Wortlaut der zivilrechtlichen Norm an,
weshalb in der Lehre überwiegend die Auffassung vertreten wird, in Bezug auf die
Kriterien der zum Kinderabzug berechtigenden Ausbildung sei im Bundessteuerrecht
(Art. 35 Abs. 1 lit. a DBG) grundsätzlich auf das ZGB abzustellen (Bosshard/Boss-
hard/Lüdin, Sozialabzüge und Steuertarife im schweizerischen Steuerrecht, 2000,
S. 173 f.; Locher, Art. 35 N 30; Ivo P. Baumgartner in: Kommentar zum Schweizeri-
schen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A., 2008, Art. 35 N 8a DBG). Dem hat sich auch die
zürcherische Rechtsprechung angeschlossen (vgl. RB 2002 Nr. 102 = StE 2003 B 29.3
Nr. 20 = ZStP 2003, 140, StRK II, 26. September 2000 = StE 2001 B 29.3 Nr. 17
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und 17. Januar 2002, 2 ST.2001.391; StRK I, 17. Juni 2010, 1 ST.2010.124 und
1 DB.2010.93). Denn eine die individuelle Leistungsfähigkeit berücksichtigende Steu-
erordnung muss angesichts der zwingenden privatrechtlichen Leistungsverpflichtungen
innerhalb einer Familiengemeinschaft die ohnehin nicht disponible Einkommensquote
(weitgehend) von der Besteuerung ausnehmen, damit der Einzelne nicht über seine
echte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hinaus besteuert wird (Bosshard/Bosshard/Lü-
din, S. 96, auch zum Folgenden). Ist der Steuerpflichtige aufgrund der zivilrechtlichen
Verpflichtung zu Unterhaltsleistungen in der freien Disposition über sein Einkommen
und Vermögen eingeschränkt, rechtfertigt es sich daher, diese privatrechtlichen
Leistungsverpflichtungen auch im Steuerrecht zu berücksichtigen, sofern und soweit
dies die Steuergesetze zulassen. Eine zurückhaltende Beurteilung ist hingegen ange-
bracht, soweit es sich um Leistungen handelt, die vom Steuerpflichtigen lediglich auf-
grund einer moralischen oder sittlichen Pflicht oder auch seiner persönlichen Lebens-
einstellung erbracht werden, d.h. ohne dass er zu entsprechenden Unterhalts-
leistungen zivilrechtlich verpflichtet ist.
Dieser auf Auslegungskongruenz bedachte Ansatz überzeugt auch für das
harmonisierte Zürcher Steuergesetz: Im Sinn einer namentlich nach erfolgter Umset-
zung des Steuerharmonisierungsgesetzes auf kantonaler Ebene (wenn auch bloss
beschränkt) vorhandenen Einheit der Rechtsordnung ist bei der Auslegung von kanto-
nalen Steuerrechtsnormen ebenso auf Regelungen in anderen Teilrechtsordnungen
wie dem Zivil- und insbesondere dem Familienrecht Rücksicht zu nehmen. Es ist na-
mentlich dafür Sorge zu tragen, dass die Auslegung von Steuerrechtsnormen in ihrer
Auswirkung nicht zentrale Gerechtigkeitsgehalte anderer Teilrechtsordnungen gleich-
sam ausser Kraft setzt (vgl. Thomas Koller, Privatrecht und Steuerrecht, 1983, S. 395).
Mit der Parallelität von steuerrechtlicher und zivilrechtlicher Auslegung wird im Bereich
der Sozialabzüge nicht nur (wie gesehen) dem Grundsatz der Besteuerung nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit am ehesten Rechnung getragen, sondern zugleich
eine unnötige Rechtsunsicherheit vermieden. Sowohl für die Auslegung des steuer-
rechtlichen Begriffs der "Ausbildung" im Sinn von § 34 Abs. 1 lit. a StG, die Dauer,
während derer entsprechende Abzüge geltend gemacht werden können, und die Fra-
ge, ob und inwiefern eigene Einkünfte und Vermögenswerte des Kindes zur Bestrei-
tung dessen Unterhaltskosten heranzuziehen sind, ist nach alledem die zivilrechtliche
Praxis und Doktrin heranzuziehen (so schon StRK II, 26. September 2000 = StE 2001
B 29.3 Nr. 17 und 17. Januar 2002, 2 ST.2001.391 sowie neu StRK I, 17. Juni 2010,
1 ST.2010.124 und 1 DB.2010.93).
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1 ST.2010.184 1 DB.2010.135
b) Damit stellt sich vorliegend die zivilrechtliche (Vor-)Frage, ob und inwiefern
die Pflichtige 2008 trotz der vorhandenen Einkünfte und Vermögenswerte der Kinder
zu deren Unterhalt verpflichtet war.
aa) Die gesetzliche Regelung (Art. 277 Abs. 2 ZGB) und ihre Anwendung
haben sicherzustellen, dass das mündige Kind solange elterlichen Unterhalt beanspru-
chen kann, als es diesen benötigt und billigerweise auf Fremdmittel Anspruch erheben
darf (Peter Breitschmid, in: Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, 2. A.,
2002, Art. 277 N 8 ff. ZGB, auch zum Folgenden). Der Ausbildungs- bzw. berufliche
Lebensplan ist von Eltern und Kind gemeinsam zu entwickeln; er hat den Fähigkeiten
des Kindes und den tatsächlichen (Ausbildungsmöglichkeiten) einerseits sowie den
wirtschaftlichen (elterliche Leistungsfähigkeit, allfällige Stipendienleistungen) Rahmen-
bedingungen andrerseits Rechnung zu tragen. Unterhalt kann nur erbracht werden,
wenn der Unterhaltspflichtige leistungsfähig ist und ihm die Leistungen daher zuzumu-
ten sind.
Die Frage der Zumutbarkeit des Leistungsverpflichteten beurteilt sich nach
einer Gesamtwürdigung aller massgeblichen Gesichtspunkte, wie sich aus der gesetz-
lichen Formulierung von Art. 277 Abs. 2 ZGB ergibt. Dabei sind die relevanten
Rahmenbedingungen von Pflichtigen und Berechtigten einander gegenüber zu stellen.
bb) Zu diesen Rahmenbedingungen zählen in erster Linie die beiderseitigen
Einkommens- und Vermögensverhältnisse (vgl. Breitschmid, Art. 277 N 15). Es sind
die Einkommen und Vermögen aller Beteiligten miteinzubeziehen, mithin auch die ent-
sprechenden Werte des Unterhalt beanspruchenden Kindes, sofern solche Werte
überhaupt vorhanden sind (BGE 111 II 410 ff., 107 II 406/410). Gegenüber mündigen,
in Ausbildung stehenden Kindern sind die Eltern nur insofern und in dem Mass leis-
tungspflichtig, als ihre eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse die geforderte Leistung als
zumutbar erscheinen lassen. Dabei ist der fortschreitenden Emanzipation des Kindes
und der Leistungsfähigkeit von Eltern und Kind Rechnung zu tragen. Dort, wo die wirt-
schaftlichen Verhältnisse und familiären Beziehungen besonders günstig sind, wird ein
Student von seinen Eltern auch als Mündiger gelegentlich vollständig unterhalten und
den bereits im Berufsleben stehenden Gleichaltrigen sogar wirtschaftlich gleichgestellt.
In weniger günstigen Verhältnissen tritt die eigene Erwerbsfähigkeit des Studenten
demgegenüber weitgehend in den Vordergrund, gelegentlich bis zur gänzlichen Selbst-
finanzierung der Ausbildung (ZR 1990 Nr. 45 = SJZ 1991, 49). Verfügen die Eltern
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1 ST.2010.184 1 DB.2010.135
über ein überdurchschnittliches Einkommen, ist das mündige Kind nicht gehalten, auf
die Substanz seines Vermögens zu greifen und steht den Eltern daher der Kinder-
abzug zu (BGE 111 II 410).
Bei alledem existieren weder Richtlinien noch Grenzwerte, um die Frage der
wirtschaftlichen Zumutbarkeit der Leistungspflicht der Eltern bzw. der Kinder im Quanti-
tativen zu beantworten. Vielmehr liegt es im Ermessen der Einschätzungs- bzw.
der Steuerjustizbehörden, diese Frage zu entscheiden, wobei sie jedoch Recht und
Billigkeit zu berücksichtigen haben (StRK I, 17. Juni 2010, 1 ST.2010.124 und
1 DB.2010.93).
cc) Zu den weiteren Rahmenbedingungen, welche für die Frage nach der Zu-
mutbarkeit der Unterhaltserbringung durch die Eltern von Bedeutung sind, zählen so-
dann in zweiter Linie die familiären Verhältnisse, d.h. es muss ein einigermassen
erspriessliches Verhältnis zwischen den Eltern und Kinder herrschen, wobei die per-
sönlichen Beziehungen nicht harmonisch zu sein brauchen (Breitschmid, Art. 277 N 18
ZGB). Weiter muss sich das Kind für die beabsichtigte Ausbildung eignen sowie diese
ernsthaft und zielstrebig betreiben (BGE 114 II 205).
3. a) Die Pflichtige deklarierte pro 2008 ein steuerbares Einkommen von
Fr. 167'000.- (Staats- und Gemeindesteuern) bzw. Fr. 170'100.- (direkte Bundessteu-
er). Ohne die fraglichen Abzüge und nach Vornahme der unbestrittenen Korrekturen
durch den Steuerkommissär macht es gar Fr. 184'300.- bzw. Fr. 185'000 aus. Es setzt
sich zusammen aus Einkünften von Fr. 219'791.-, zur Hauptsache aus Renteneinkünf-
ten und Wertschriftenertrag herrührend, sowie aus Abzügen von Fr. 38'664.- bzw.
Fr. 36'964.-. Das steuerbare Vermögen gab die Pflichtige sodann mit Fr. 3'615'000.-
an, wobei unter den Aktiven im Wesentlichen ein Wertschriften- und Guthabenvermö-
gen von Fr. 2'812'852.-, Lebensversicherungen von Fr. 207'898.-
sowie Liegenschaften von Fr. 1'162'000.- (das selbstbewohnte Einfamilienhaus in
G sowie eine vermietete Eigentumswohnung in H) und bei den Passiven Hypothekar-
und andere Schulden von Fr. 590'000.- figurieren (Steuererklärung 2008 samt Beila-
gen).
Dem steht ein steuerbares Einkommen pro 2008 der beiden mündigen Kinder
von lediglich Fr. 8'700.- (C) bzw. Fr. 9'000.- (D), aber auch ein beachtliches steuerba-
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res Vermögen derselben von Fr. 137'000.- bzw. Fr. 92'000.- gegenüber. Dem steuer-
baren Einkommen liegen Einkünfte aus Renten von je Fr. 10'608.- sowie ein Wert-
schriftenertrag von Fr. 1'788.- bzw. Fr. 1'813.- zugrunde.
b) aa) Die dargestellten Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Pflich-
tigen, auf die es im vorliegenden Zusammenhang schwergewichtig ankommt, sind oh-
ne Zweifel als überdurchschnittlich zu bezeichnen. Die für das Jahr 2008 geltend ge-
machten Unterhaltskosten der beiden Kinder von Fr. 21'000.- (C) und Fr. 18'127.- (D),
total rund Fr. 39'000.- (vgl. Aufstellung in T-act. 8, Beilage samt Belegen), vermag die
Pflichtige aber nicht nur mit den deklarierten Einkünften, sondern auch bloss mit dem
niedrigeren steuerbaren Einkommen komfortabel und sicher zu finanzieren. Ein Zu-
rückgreifen auf Vermögenswerte erscheint hierzu nicht erforderlich. Abgesehen davon
lassen die letzteren Werte die Pflichtige mit einem steuerbaren Betreffnis von
Fr. 3'615'000.- als sehr gut situiert dastehen. Demnach erlauben es die wirtschaftlichen
Verhältnisse der Pflichtigen gut, die Unterhaltsleistungen für ihre Nachkommen aufzu-
bringen, sodass die Zumutbarkeit für diese Leistungen insofern ohne Weiteres gege-
ben ist.
Die Kinder wohnen sodann bei der Pflichtigen im Einfamilienhaus. Dies lässt
zumindest insofern auf intakte Familienverhältnisse schliessen, als ein Zusammenle-
ben (noch) möglich ist und nicht eine blosse "Zahlelternschaft" vorliegt. Die Zumutbar-
keit ist daher auch diesbezüglich anzunehmen.
Aus den Akten ergeben sich sodann keine Anhaltspunkte, dass die beiden
Kinder für ihr Studium nicht geeignet sind oder dieses nicht ernsthaft und zielstrebig
betreiben.
Insgesamt sind damit seitens der Pflichtigen die Voraussetzungen erfüllt, um
von zumutbaren Verhältnissen bei Erbringung der Unterhaltsleistungen für ihre mündi-
gen, noch in Ausbildung stehenden Kinder auszugehen.
bb) Angesichts der überdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensver-
hältnisse der Pflichtigen ist es auf der andern Seite für die beiden Kinder nicht ange-
zeigt, sich an den Unterhaltskosten mit ihren Einkünften aus Renten und Wertschrif-
tenertrag von Fr. 12'396.- (C) bzw. Fr. 12'421.- (D) zu beteiligen. Dies gilt erst Recht,
wenn auf ihr steuerbares Einkommen von lediglich Fr. 8'700.-
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bzw. Fr. 9'000.- abgestellt wird. Ebenso wenig drängt sich aber auch ein Verzehr ihres
steuerbaren Vermögens auf. Zwar kann es mit Fr. 137'000.- bzw. Fr. 92'000.- keines-
wegs mehr als bescheiden bezeichnet werden, jedoch sind die Vermögensverhältnisse
der Pflichtigen mit einem steuerbaren Vermögen von Fr. 3'615'000.- – davon
Fr. 2'812'852.- in liquider Form – derart komfortabel und übersteigen diejenigen der
Söhne derart markant, dass sie auch damit den erforderlichen Unterhalt der mündigen
Kinder leichthin erbringen könnte. Eine Anrechnung des Kindsvermögens ist nicht
gerechtfertigt.
c) Insgesamt sind somit alle massgeblichen Umstände, schwergewichtig die
wirtschaftlichen Verhältnisse der Pflichtigen, gegeben, um deren vollumfängliche Un-
terhaltserbringung zugunsten der beiden Kinder ohne Weiteres als zumutbar erschei-
nen zu lassen. Eine Anrechnung von Einkommen und Vermögen der Kinder drängt
sich nicht auf.
Demnach ist die Unterhaltspflicht der Pflichtigen gegenüber ihren mündigen
Kindern zivilrechtlich in vollem Umfang gegeben. Dieser Pflicht ist sie im Umfang der
Kinderabzüge und darüber hinaus unstreitig nachgekommen. Weil sodann die übrigen
Voraussetzungen für die Gewährung des beantragten Kinderabzugs – und damit auch
des zusätzlichen Abzugs für Versicherungsprämien und Sparkapitalzinsen – nach dem
Gesagten ebenfalls erfüllt sind, stehen der Pflichtigen diese Abzüge zu.
c) Als Konsequenz hat die Pflichtige auch Anspruch auf Anwendung des Ver-
heiratetentarifs gemäss § 35 Abs. 2 StG bzw. 47 Abs. 2 StG und Art. 214 Abs. 2 DBG.
4. Diese Erwägungen führen zur Gutheissung der Rechtsmittel. Ausgangsge-
mäss sind die Kosten des Verfahrens dem Rekursgegner bzw. der Beschwerdegegne-
rin aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG, Art. 144 Abs. 1 DBG).
Der Pflichtigen ist zudem eine angemessene Parteientschädigung zuzuspre-
chen (§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai
1959/8. Juni 1997, Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über
das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968). Die Parteientschädigung hat je-
doch nicht kostendeckend, sondern nur angemessen sein.
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1 ST.2010.184 1 DB.2010.135 | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
57dcbb4f-6855-4587-9098-d252a2e280e2 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) deklarierte in der Steuererklärung 2009 vom
30. November 2010 ein steuerbares Einkommen von Fr. 21'923.- (direkte Bundessteu-
er) bzw. Fr. 21'832.- (Staats- und Gemeindesteuern) sowie ein steuerbares Vermögen
von Fr. 0.- (Staats- und Gemeindesteuern). In der Beweisauflage vom 7. Juli 2011 er-
suchte der Steuerkommissär den Pflichtigen (unter anderem) um verschiedene Anga-
ben und Beweisleistungen im Zusammenhang mit den vom Pflichtigen geltend ge-
machten Autofahrkosten. Da der Steuerkommissär die Unterlagen, welche der
Pflichtige mit E-Mail vom 3. August 2011 eingereicht hatte, als ungenügend erachtete,
erliess er am 9. und 29. August 2011 zwei Mahnungen, welche der Pflichtige unbeant-
wortet liess. In der Folge unterbreitete der Steuerkommissär dem Pflichtigen am 4.
Oktober 2011 einen Veranlagungsvorschlag für die direkte Bundessteuer und einen
Einschätzungsvorschlag für die Staats- und Gemeindesteuern. Anstelle einer Stellung-
nahme zu den Vorschlägen reichte der Pflichtige am 7. November 2011 eine rektifizier-
te Steuererklärung mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 36'475.- (direkte Bun-
dessteuer) und Fr. 34'029.- (Staats- und Gemeindesteuern) ein. In der Veranlagungs-
verfügung vom 1. Dezember 2011 setzte der Steuerkommissär das steuerbare Ein-
kommen auf Fr. 101'800.- fest. Gleichzeitig erliess er den Einschätzungsentscheid für
die Staats- und Gemeindesteuern mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 99'900.-
und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 0.-.
B. Mit Schreiben vom 30. Dezember 2011 erhob der Pflichtige Einsprache
gegen diese Entscheide und beantragte ein steuerbares Einkommen von Fr. 36'400.-
(direkte Bundessteuer) und Fr. 34'000.- (Staats- und Gemeindesteuern). Am 13. Janu-
ar 2012 erliess der Steuerkommissär eine weitere Beweisauflage, in welcher er den
Pflichtigen um zusätzliche Beweisleistungen ersuchte. Der Steuerkommissär betrach-
tete die Eingabe des Pflichtigen vom 14. Februar 2012 als ungenügend und verfügte
daher am 27. Februar 2012 eine Mahnung, welche der Pflichtige in der Folge unbe-
antwortet liess. Mit Einspracheentscheiden vom 29. Mai 2012 hiess das kantonale
Steueramt die Einsprachen teilweise gut und setzte das steuerbare Einkommen auf
Fr. 87'800.- (direkte Bundessteuer) und Fr. 85'900.- (Staats- und Gemeindesteuern)
herab.
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2 DB.2012.167 2 ST.2012.187
C. Am 3. Juli 2012 erhob der Pflichtige Beschwerde und Rekurs gegen diese
Einspracheentscheide und erneuerte die Anträge, welche er im Einspracheverfahren
gestellt hatte, worauf er sein Vorbringen mit Schreiben vom 10. Juli 2012 ergänzte. In
der Beschwerde- und Rekursantwort vom 2. August 2012 verzichtete das kantonale
Steueramt auf eine Stellungnahme zur Sache. Die Eidgenössische Steuerverwaltung
liess sich nicht vernehmen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Unter sinngemässer Bezugnahme auf die rektifizierte Steuererklärung
vom 7. November 2011 macht der Pflichtige Autofahrkosten 2009 von Fr. 28'560.- für
die Strecke von B (Wohnort) nach C (Arbeitsort) und zurück geltend (85 km Strecken-
länge, 240 Arbeitstage, 2 Fahrten pro Tag, Gesamtstrecke von 40'800 km,
Fr. 0.70/km). Wie der Pflichtige in der Beschwerde und im Rekurs zu diesem Punkt
ausführt, müssten nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts die Fahrkosten nicht
näher belegt werden.
In den angefochtenen Einspracheentscheiden erwog das kantonale Steueramt
in diesem Zusammenhang, dass der Pflichtige, was sich aus den vom Pflichtigen am
3. August 2011 eingereichten Autoservicebelegen ergebe, in den gut zwei Jahren zwi-
schen dem 4. November 2008 (Kilometerstand 99'083 km) und dem 11. November
2010 (Kilometerstand 158'225 km) eine Strecke von 59'142 km zurückgelegt habe.
Umgerechnet auf ein Jahr ergebe sich eine Strecke von rund 29'500 km, worin die Pri-
vatfahrten inbegriffen seien. Dies sei massiv weniger als die geltend gemachten 40'800
km. Da sich der wirkliche Sachverhalt nicht feststellen lasse, müsse er nach pflichtge-
mässem Ermessen geschätzt werden. Angemessen seien 20'000 km, was Fahrkosten
von Fr. 14'000.- entspreche.
b) Gemäss Art. 26 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über die direkte Bundes-
steuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) und § 26 Abs. 1 lit. a des Steuergesetzes vom
8. Juni 1997 (StG) können unselbständig Erwerbstätige die notwendigen Kosten für
Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte von den gesamten steuerbaren Einkünften
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2 DB.2012.167 2 ST.2012.187
abziehen. Laut Art. 26 Abs. 2 DBG und § 26 Abs. 2 StG werden für die Berufskosten
gemäss Art. 16 Abs. 1 lit. a - c und § 26 Abs. 1 lit. a - c StG Pauschalansätze festge-
setzt; im Fall von lit. a und c von Art. 26 Abs. 1 DBG bzw. § 26 Abs. 1 StG steht dem
Steuerpflichtigen der Nachweis höherer Kosten offen.
Das Eidgenössische Finanzdepartement hat gestützt auf Art. 26 Abs. 2 DBG
die Verordnung über den Abzug von Berufskosten der unselbstständigen Erwerbstätig-
keit bei der direkten Bundessteuer vom 10. Februar 1993 (in der für die Steuerperiode
2009 geltenden Fassung vom 21. Juli 2008; ZStB II Nr. 63/012 und Nr. 63/041, nach-
folgend Berufskostenverordnung) erlassen. Gemäss Art. 5 Abs. 2 Berufskostenverord-
nung sind bei Benützung privater Fahrzeuge als notwendige Kosten die Auslagen ab-
ziehbar, die bei Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel anfallen würden. Steht kein
öffentliches Verkehrsmittel zur Verfügung oder ist dessen Benützung objektiv nicht
zumutbar, so können die Kosten des privaten Fahrzeugs gemäss den Pauschalen
nach Art. 3 Berufskostenverordnung abgezogen werden. Der Nachweis höherer be-
rufsnotwendiger Kosten bleibt vorbehalten (Art. 5 Abs. 3 Berufskostenverordnung). Im
Anhang sind die Fahrkosten privater Fahrzeuge auf Fr. -.70 pro Fahrkilometer festge-
setzt worden.
In Bezug auf die Staats- und Gemeindesteuern enthält die Verfügung der Fi-
nanzdirektion vom 27. Oktober 2008 über die Pauschalierung von Berufsauslagen Un-
selbständigerwerbender bei der Steuereinschätzung (ZStB I Nr. 17/203) eine nahezu
identische Regelung:
I. Unselbstständigerwerbende können als notwendige Berufsauslagen im Sinn von § 26 StG ohne besondere Nachweise geltend machen:
1. Für Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte:
a) bei ständiger Benützung öffentlicher Verkehrsmittel (Bahn, Schiff, , Autobus) die notwendigen Abonnementskosten
b) (...)
c) bei ständiger Benützung eines Motorrades oder Autos die des öffentlichen Verkehrsmittels
Die Kosten für das private Motorfahrzeug können nur ausnahmsweise geltend gemacht werden:
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wenn ein öffentliches Verkehrsmittel fehlt, d.h. wenn die Wohn- oder von der nächsten Haltestelle mindestens 1 km entfernt ist oder bei Arbeitsbeginn oder -ende kein öffentliches Verkehrsmittel fährt;
wenn sich mit dem privaten Motorfahrzeug eine Zeitersparnis von über einer Stunde (gemessen von der Haustüre zum Arbeitsplatz und zurück) ergibt;
soweit der Steuerpflichtige auf Verlangen und gegen Entschädigung des Arbeitgebers das private Motorfahrzeug ständig während der Arbeitszeit benützt und für die Fahrten zwischen der Wohn- und Arbeitsstätte keine Entschädigung erhält;
(...)
In diesen Fällen können zum Abzug geltend gemacht werden: (...) für Auto 70 Rp. pro Fahrkilometer.
c) Die Veranlagungsbehörden stellen zusammen mit dem Steuerpflichtigen
die für eine vollständige und richtige Besteuerung massgebenden tatsächlichen und
rechtlichen Verhältnisse fest (Art. 123 Abs. 1 DBG; ähnlich § 132 Abs. 1 StG). Daraus
ergibt sich die Pflicht der Steuerbehörde, den für den Einschätzungsentscheid rechts-
erheblichen Sachverhalt von Amts wegen abzuklären und ihm nur solche Tatsachen
zugrunde zu legen, von deren Vorhandensein sie sich selber überzeugt hat (Untersu-
chungsgrundsatz; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A.,
2009, Art. 123 N 6 ff., Art. 130 N 2 ff. DBG; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar
zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 138 N 14). Der Steuerpflichti-
ge muss auf Verlangen der Veranlagungsbehörde insbesondere mündlich oder schrift-
lich Auskunft erteilen sowie Geschäftsbücher, Belege und weitere Bescheinigungen
sowie Urkunden über den Geschäftsverkehr vorlegen (Art. 126 Abs. 2 DBG, § 135
Abs. 2 StG).
d) Hat ein Steuerpflichtiger trotz Mahnung seine Verfahrenspflichten nicht er-
füllt oder können die Steuerfaktoren mangels zuverlässiger Unterlagen nicht einwand-
frei ermittelt werden, so nimmt die Steuerbehörde gemäss Art. 130 Abs. 2 Satz 1 DBG
bzw. § 139 Abs. 2 Satz 1 StG die Veranlagung bzw. die Einschätzung nach pflichtge-
mässem Ermessen vor. Diese Bestimmungen setzen einen Untersuchungsnotstand
voraus, der im Regelfall dadurch verursacht wird, dass der Steuerpflichtige trotz form-
gültiger Mahnung seinen Mitwirkungspflichten mit Bezug auf die Ermittlung der für die
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2 DB.2012.167 2 ST.2012.187
Einschätzung massgeblichen Tatsachen nicht oder nur unvollständig nachgekommen
ist.
Dass es sich bei den Berufskosten um steuermindernde Umstände handelt, ist
einer Ermessenseinschätzung nicht abträglich, da gemäss verwaltungsgerichtlicher
Rechtsprechung eine solche Veranlagung – anders als nach § 87 Abs. 2 des (alten)
Steuergesetzes vom 8. Juli 1951 – auch bezüglich steuermindernder Tatsachen zuläs-
sig ist (VGr, 21. Mai 2003 = ZStP 2003, 343). Dies allerdings nur dann, wenn dem
Steuerpflichtigen die gehörige Mitwirkung an der Ermittlung der steuermindernden Tat-
sachen aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, unmöglich oder unzumutbar ist oder
wenn das Bestehen eines Abzugs zwar erwiesen ist, nicht aber dessen Umfang. In
allen andern Fällen steuermindernder Tatsachen ist eine Ermessenseinschätzung nach
wie vor nicht zulässig.
e) Nach der neuesten bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGr, 25. Oktober
2011, 2C_343/2011 = ASA 80, 617 = StR 2012, 43 = ZStP 2011, 332) besteht hinsicht-
lich der gefahrenen Kilometer für die Strecke zwischen Wohn- und Arbeitsort eine na-
türliche Vermutung, dass der Arbeitsweg an jedem Arbeitstag bewältigt wurde und
dass dabei das private Motorfahrzeug benutzt wurde. Der Steuerpflichtige muss daher
die tatsächlich zurückgelegte Strecke für die Bewältigung des Arbeitswegs nicht nach-
weisen, sofern die Steuerbehörde nicht begründete Zweifel anbringen kann, dass die
natürliche Vermutung unzutreffend ist.
Das kantonale Steueramt beruft sich, unter Bezugnahme auf zwei Servicebe-
lege des Pflichtigen, darauf, dass dieser im Jahr 2009 insgesamt eine Strecke zurück-
legte, die deutlich unter der geltend gemachten Kilometerleistung liegt. Damit erschüt-
terte das kantonale Steueramt tatsächlich die natürliche Vermutung, wie sie vom
Bundesgericht formuliert wurde. Denn bei einer Fahrleistung von 59'142 km während
zwei Jahren und einer Woche bestehen erhebliche Zweifel, dass der Pflichtige im Jahr
2009 die von ihm geltend gemachte Strecke von 40'800 km für die Bewältigung des
Arbeitswegs zurücklegte. Die Tatsache, dass der Servicebeleg vom 11. November
2010 das betreffende Auto nicht nennt, ändert an diesen Zweifeln nichts. Denn es ist
anzunehmen, dass der Pflichtige Einwendungen gegen die Berechnungsweise der
Fahrstrecke erhoben hätte, wenn sich die beiden Servicebelege nicht auf dasselbe
Fahrzeug bezogen hätten. In der tatsächlich zurückgelegten Strecke von rund 29'500
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2 DB.2012.167 2 ST.2012.187
km, wie sie vom kantonalen Steueramt errechnet wurde, dürften wohl auch die Privat-
fahrten und allenfalls die Geschäftsfahrten des Pflichtigen enthalten sein, so dass sich
die Arbeitswegstrecke entsprechend vermindert. Der Pflichtige konnte diese Zweifel
nicht zerstreuen und beschränkte sich auf die blosse Behauptung, die für den Arbeits-
weg zurückgelegte Strecke nicht nachweisen zu müssen. Tatsächlich aber war das
kantonale Steueramt zu weiteren Beweiserhebungen berechtigt, nachdem ihm die Er-
schütterung der Vermutung gelungen war.
Man mag einwenden, dass das kantonale Steueramt vorliegend die vom Bun-
desgericht formulierte natürliche Vermutung nur deshalb erschüttern konnte, weil
der Pflichtige zwei Servicebelege einreichte. Die Untersuchung der Gesamtfahrleistung
während eines Zeitraums erscheint jedoch angemessen, sachgemäss und für einen
Steuerpflichtigen zumutbar. Aus dem erwähnten Bundesgerichtsurteil lässt sich jeden-
falls nicht ableiten, dass den Steuerämtern jegliche Untersuchung im Zusammenhang
mit der Länge des mit dem Auto zurückgelegten Arbeitswegs verwehrt sei. Der Nach-
weis der Gesamtfahrleistung eines Autos während einer bestimmten Zeit ist in der Re-
gel anhand von Servicebelegen problemlos möglich. Aus diesen Gründen und ange-
sichts der fortbestehenden Ungewissheit im Sachverhalt schätzte das kantonale
Steueramt zu Recht die Autofahrkosten nach pflichtgemässem Ermessen.
3. a) Eine zu Recht ergangene Ermessenseinschätzung bzw. -veranlagung
kann der Steuerpflichtige laut Art. 132 Abs. 3 DBG bzw. § 140 Abs. 2 StG einzig wegen
offensichtlicher Unrichtigkeit anfechten. Diese Normen beinhalten eine Kognitionsbe-
schränkung der Prüfungsinstanzen. Letztere können eine zu Recht getroffene Ermes-
sensveranlagung nur aufheben, wenn sie sich als offensichtlich falsch erweist (so im
Ergebnis Martin Zweifel, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2b,
2. A., 2008, Art. 130 N 33 DBG). Den entsprechenden Nachweis kann der Steuerpflich-
tige auf zwei Arten erbringen (Martin Zweifel, in: Kommentar zum Schweizerischen
Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002, Art. 48 N 46 ff. StHG, auch zum Folgenden): Vorab
kann er den tatsächlichen Sachverhalt dartun und den entsprechenden Nachweis leis-
ten, mit der Folge, dass die im Streit stehende Ermessenseinschätzung durch eine
ordentliche Veranlagung ersetzt wird und die Steuerfaktoren nach den für "gewöhnli-
che" Einschätzungen geltenden Regeln ermittelt werden. Ist die Ermessensveranla-
gung Folge einer versäumten Mitwirkungspflicht, so muss der Steuerpflichtige dabei
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insbesondere die versäumten Handlungen innerhalb der Rechtsmittelfrist nachholen
(RB 1999 Nr. 150).
Ist dieser Nachweis nicht möglich oder misslingt er, kann der Steuerpflichtige
sodann noch darlegen und nachweisen, dass die angefochtene Einschätzung offen-
sichtlich unrichtig (namentlich zu hoch) ist. Als offensichtlich unrichtig erweist sich eine
Schätzung dann, wenn sie sachlich nicht begründbar (z.B. erkennbar pönal oder fiska-
lisch begründet) ist, sich auf sachwidrige Schätzungsgrundlagen, -methoden oder
Hilfsmittel stützt oder sonst wie mit den konkreten aktenkundigen Verhältnissen auf-
grund der Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht vereinbar ist (Zweifel, Art. 48 N 59
StHG, mit Hinweisen). Ist dieser Nachweis geleistet, bleibt es zwar bei einer Ermes-
senseinschätzung der Rechtsmittelinstanz; doch wird die angefochtene durch eine
neue Schätzung der Rechtsmittelinstanz ersetzt. Bei der Überprüfung der Höhe der
Schätzung ist nach der Praxis des Steuerrekursgerichts auf den Aktenstand im Zeit-
punkt der Entscheidfällung abzustellen (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 132
N 67 DBG, § 140 N 79 StG; StE 1999 B 96.12 Nr. 10).
b) Mit Erhebung der Beschwerde und des Rekurses wies der Pflichtige die
Strecke nicht nach, welche er im Jahr 2009 zur Bewältigung des Arbeitswegs zurück-
legte. Damit holte er die im bisherigen Verfahrensverlauf unterlassenen Mitwirkungs-
handlungen nicht nach. Insbesondere reichte er keine Aufstellung über die private und
geschäftliche Fahrleistung sowie über die gesamte Arbeitswegstrecke ein und leistete
den Nachweis nicht, dass sich die Autoservicebelege nicht auf dasselbe Auto bezogen.
Wie oben dargelegt (E. 2e), kann aus der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichts
nicht abgeleitet werden, dass jegliche Untersuchungshandlungen im Zusammenhang
mit der Länge des mit dem Auto zurückgelegten Arbeitswegs unzulässig wäre. Zudem
war die Untersuchung im Einspracheverfahren schon deshalb zulässig und notwendig,
weil die im Veranlagungs- und Einschätzungsverfahren eingereichten Servicebelege
die natürliche Vermutung gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung erschüttert
hatten. Die Ermessenseinschätzung bleibt daher im Grundsatz bestehen.
Das kantonale Steueramt rechnete die Gesamtfahrstrecke von 59'142 km zwi-
schen dem 4. November 2008 (Kilometerstand 99'083 km) und dem 11. November
2010 (Kilometerstand 158'225) auf ein Jahr um und ermittelte eine jährliche Fahrleis-
tung von rund 29'500 km. Diese Umrechnung ist korrekt. Auch die implizite Annahme
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2 DB.2012.167 2 ST.2012.187
des kantonalen Steueramts, dass sich die Autoservicebelege auf dasselbe Auto bezie-
hen würden, ist nicht zu beanstanden. Da zudem anzunehmen ist, dass in den
29'500 km nicht nur der jährliche Arbeitsweg, sondern auch Privat- und allenfalls auch
Geschäftsfahrten enthalten sind, muss eine Kürzung vorgenommen werden. Die vom
kantonalen Steueramt vorgenommene Kürzung auf 20'000 km erscheint angemessen.
Die angefochtenen Einspracheentscheide sind daher in diesem Punkt zu bestätigen.
[...] | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
5831c1b8-e722-40b0-b5e4-508255a65123 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend die Pflichtige) wurde 1981 gegründet und genoss bis und
mit 2004 das Holdingprivileg im Sinn von § 73 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni
1997 (StG); d.h., sie hatte keine Gewinnsteuer zu entrichten. Ab der Steuerperiode
1.1.-31.12.2005 wurde sie wegen Wegfalls der Voraussetzungen für die Gewährung
des Holdingprivilegs ordentlich besteuert.
In der Steuererklärung für die Steuerperiode 1.1.-31.12.2007 deklarierte die
Pflichtige einen Reingewinn im Geschäftsjahr 2007 von Fr. 559'098.- sowie Vorjahres-
verluste von Fr. 586'286.-, womit sich ein steuerbarer Reingewinn von Fr. - 27'188.-
(Verlust) ergab.
Mit Einschätzungsentscheid vom 2. Dezember 2009 setzte die Steuerkom-
missärin den steuerbaren Reingewinn auf Fr. 559'000.- (Steuersatz 8 %) fest; dies mit
der Begründung, dass Vorjahresverluste, welche noch unter dem Regime des Holding-
status entstanden seien, nicht mit nach Verlust des Holdingstatus erzieltem Gewinn
verrechenbar seien. Das steuerbare Kapital veranlagte sie deklarationsgemäss
(Fr. 16'375'000.-, Steuersatz 0.75‰). Einen entsprechenden Einschätzungsvorschlag
hatte die Pflichtige zuvor ablehnen lassen.
B. Die am 4. Januar 2010 erhobene Einsprache, mit welcher sich die Pflichtige
gegen die Aufrechnung der noch unter dem Holdingprivileg entstandenen Vorjahres-
verluste wandte, wurde vom kantonalen Steueramt am 30. Juni 2010 abgewiesen.
C. Hiergegen liess die Pflichtige am 4. September 2010 Rekurs erheben und
beantragen, den steuerbaren Reingewinn unter Berücksichtigung der deklarierten Vor-
jahresverluste aus der Holdingzeit auf Fr. 0.- festzusetzen. Zudem wurde die Zuspre-
chung einer Parteientschädigung verlangt.
Die Vorinstanz schloss in ihrer Stellungnahme vom 23. September 2010 auf
Rekursabweisung.
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2 ST.2010.277 | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. a) Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, deren statutarischer
Zweck zur Hauptsache in der dauernden Verwaltung von Beteiligungen besteht und die
in der Schweiz keine Geschäftstätigkeiten ausüben, entrichten keine Gewinnsteuer,
sofern die Beteiligungen oder die Erträge aus den Beteiligungen längerfristig mindes-
tens zwei Drittel der gesamten Aktiven und Erträge ausmachen (§ 73 Abs. 1 StG).
b) Vom Reingewinn der Steuerperiode können Verluste aus sieben der Steu-
erperiode vorangegangenen Geschäftsjahren abgezogen werden, soweit sie bei der
Berechnung des steuerbaren Reingewinns dieser Jahre nicht berücksichtigt werden
konnten (§ 70 Abs. 1 StG).
2. a) Die Pflichtige erfüllte unbestrittenermassen bis Ende 2004 die Voraus-
setzungen für die Inanspruchnahme des Holdingprivilegs im Sinn von § 73 Abs. 1 StG
und hatte demnach in den entsprechenden Steuerperioden keine Gewinnsteuer zu ent-
richten. Nach Wegfall des Holdingprivilegs erwirtschaftete sie durchwegs Gewinne
(2005: Fr. 457'635.-; 2006: Fr. 465'543.-; 2007: Fr. 559'098.-). Die in der Steuererklä-
rung 2007 deklarierten und hier im Streit liegenden Vorjahresverluste stammen damit
noch aus der Zeit, in welcher die Pflichtige aufgrund des Holdingprivilegs von der Ge-
winnsteuer befreit war. Ob die Verluste in den Steuerperioden 2000 bis 2004 angefal-
len sind (d.h. die 7-Jahresregel von § 70 Abs. 1 StG eingehalten ist) und ob sie mate-
riell überhaupt ausgewiesen sind, ist nicht aktenkundig. Darauf kommt es indes nicht
an, wenn die Auffassung der Vorinstanz zutrifft, wonach eine Gesellschaft wie die
Pflichtige, welche ihr Holdingprivileg verloren hat, Verluste aus der gewinnsteuerprivi-
legierten Holdingzeit nicht mit steuerbarem Gewinn verrechnen kann.
b) Im Einschätzungsverfahren liess die Pflichtige dieser Auffassung entge-
genhalten, dass die Verlustverrechnungsregel von § 70 Abs. 1 StG für alle juristischen
Personen gelte; wenn die Steuerbehörde davon abweichen wolle, brauche es dafür
eine gesetzliche Grundlage oder zumindest ein höchstrichterliches Urteil (vgl. die auf
einen Einschätzungsvorschlag der Steuerkommissärin Bezug nehmende Stellungnah-
me vom 28. Oktober 2009).
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2 ST.2010.277
Die Steuerkommissärin entgegnete mit Schreiben vom 4. November 2009,
das kantonale Steueramt vertrete seit jeher die Praxis, dass die unter dem privilegier-
ten Holdingstatus entstandenen Verluste nicht mit späteren ordentlichen Gewinnen
verrechnet werden könnten. Unter dem alten Recht habe die Umwandlung einer Hol-
dinggesellschaft in eine Erwerbsgesellschaft jeweils wegen tiefgreifender Veränderung
der Erwerbsgrundlage zu einer Zwischeneinschätzung geführt; damit habe eine neue
Rechnung begonnen und seien die Verluste verfallen gewesen. Diese Praxis sei im
neuen Recht fortzuführen, auch wenn sie weder in einer Verordnung noch in einer
Dienstanweisung niedergeschrieben worden sei. Es gebe keine nachvollziehbare Er-
klärung, weshalb der Gewinn einer Holdinggesellschaft bei den Staatssteuern unter
gewissen Voraussetzungen nicht besteuert werden soll, während die unter dem Hol-
dingprivileg angefallenen Verluste nach dem Steuerwechsel mit ordentlichen Gewinnen
verrechnet werden dürften. Die gleiche Praxis verfolge das Steueramt konsequenter-
weise auch beim Statuswechsel von gemischten Gesellschaften oder Domizilgesell-
schaften zu ordentlich besteuerten Gesellschaften, wo allfällige Vorjahresverluste aus
der privilegierten Zeit nur mit der vormals besteuerten Quote berücksichtigt würden.
Dieser Begründung entsprechend verweigerte das kantonale Steueramt der
Pflichtigen die Verrechnung der deklarierten Verluste auch im Einschätzungs- bzw.
Einspracheentscheid.
c) Die Pflichtige lässt rekursweise vorbringen, die Bestimmung von § 70
Abs. 1 StG beschlage aufgrund der Formulierung alle juristischen Personen, unabhän-
gig von deren Funktionen und deren Besteuerungen. Hätte sie bloss Gültigkeit für or-
dentlich besteuerte Betriebsgesellschaften, so hätte es einer einschränkenden Aus-
nahmevorschrift in dem Sinn bedurft, dass frühere Verluste gewinnsteuerrechtlich
privilegierter Gesellschaften unberücksichtigt zu bleiben hätten; von einer solchen habe
der Gesetzgeber jedoch abgesehen, weil er die Holdinggesellschaften habe privilegie-
ren und ihnen keinen Nachteil im Fall eines Statuswechsels habe verschaffen wollen.
Der Letztere führe lediglich dazu, dass die Gewinnsteuer wieder erhoben werde; die
Gesellschaft wechsle in die Kategorie der ordentlich besteuerten Betriebsgesellschaf-
ten, für welche § 70 Abs. 1 StG ausnahmslos und zwingend zur Anwendung gelange.
Die Auffassung der Vorinstanz bewirke im Ergebnis eine vom Gesetzgeber nicht ge-
wollte Schlechterstellung der Holdinggesellschaften gegenüber den Betriebsgesell-
schaften: Wäre nämlich die Pflichtige in den (steuerprivilegierten) Verlustjahren eine
Betriebsgesellschaft gewesen und ordentlich besteuert worden, so hätte sie ihre Ver-
- 5 -
2 ST.2010.277
luste in den Gewinnjahren nunmehr kompensieren können. Das Holdingprivileg bzw.
der Verzicht auf die Gewinnbesteuerung erfolge aufgrund der wirtschaftlichen Drei-
fachbelastung desselben erwirtschaften Gewinns; damit dürfe indes kein Untergang
der Verlustverrechnungsmöglichkeiten einhergehen. In Kenntnis einer solchen nachtei-
ligen, gesetzeswidrigen Behandlung wäre die Pflichtige ansonsten gut beraten gewe-
sen, im Fall von Verlusten auf ihr Holdingstatut zu verzichten; ein solcher Verzicht sei
zulässig, zumal das Privileg nur auf Antrag hin zugestanden werde. Würde die steuer-
behördliche Auffassung zutreffen, müsste im Übrigen konsequenterweise die Verlust-
verrechnung – entgegen der herrschenden Einschätzungspraxis – auch bei der direk-
ten Bundesteuer unterbleiben, soweit eine Gesellschaft infolge eines Beteiligungs-
konzepts im Sinn von Art. 69 f. des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer
vom 14. Dezember 1990 (DBG) hätte profitieren können.
Hätte der Kanton Zürich die von der Steuerbehörde verfochtene Ausnahmere-
gelung treffen wollen, hätte er – wie beispielsweise der Kanton Zug – eine entspre-
chende Bestimmung ins Steuergesetz aufnehmen müssen. Indem er dies nicht getan
habe, sei zwingend von der Verlustverrechnungsmöglichkeit auszugehen; die Annah-
me einer echten Gesetzeslücke verbiete sich. Der Hinweis der Steuerbehörde auf die
frühere Einschätzungspraxis im Zusammenhang mit der tiefgreifenden Änderung der
Erwerbsgrundlagen, welche als Zwischentaxationsgrund gegolten habe, sei unbe-
helflich, zumal das neue Recht die Zwischenveranlagung nicht mehr kenne.
d) Im alten Recht führte die Umwandlung einer Holdinggesellschaft in eine
Erwerbsgesellschaft zu einer Zwischeneinschätzung (= Wechsel von der Vergangen-
heits- zur Gegenwartsbemessung). Begründet wurde dies damit, dass die Gesellschaft
ihre Erwerbsgrundlage mit dem Übergang von der blossen Beteiligungsverwaltung auf
den Betrieb einer Fabrikations-, Handels-, Dienstleistungs- oder Immobiliengesellschaft
tiefgreifend ändert und damit eine neue Rechnung beginnt. Diese neue Rechnung durf-
te die Gesellschaft mit den nach Obligationenrecht zulässigen Höchstwerten eröffnen,
ohne dass sie für die damit offenbarten Mehrwerte steuerpflichtig geworden wäre, weil
der Wertzuwachs der ertragssteuerfreien Holdingzeit entstammt (vgl. Reimann/Zuppin-
ger/Schärrer, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, Band III, 1969, § 45 N. 208).
Der Wechsel zur Gegenwartsbemessung im Rahmen der Zwischenveranla-
gung führte zwangsläufig zum Wegfall der Möglichkeit, Verluste aus der Vergangenheit
bzw. aus der steuerprivilegierten Holdingzeit zu verrechnen. Wenn nun das neue Recht
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2 ST.2010.277
die Zwischentaxation nicht mehr kennt, weil es auf der Gegenwartsbemessung beruht,
folgt daraus nicht, dass sich mit Bezug auf die Verlustverrechnungsmöglichkeiten einer
Gesellschaft, welche ihr Holdingprivileg verloren hat, etwas ändert. Losgelöst vom Be-
messungssystem ist entscheidend, dass in solchen Fällen eine Veränderung auf der
Ebene des Steuersubjekts stattfindet, indem die gewinnsteuerprivilegierte Holdingge-
sellschaft zu einer ordentlich besteuerten Gesellschaft mutiert. Unabhängig vom alt-
oder neurechtlichen Bemessungssystem ändert damit der Besteuerungmodus und
beginnt deshalb für die Gesellschaft mit dem steuerlichen Statuswechsel eine neue
Rechnung. Es ist demzufolge eine sog. Holding-Schlussbilanz zu erstellen, wobei es
auch nach neuem Recht zulässig ist, ein letztes Mal im Rahmen von handelsrechtlich
erlaubten Aufwertungen stille Reserven ohne steuerliche Folgen zu realisieren (vgl.
Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz,
2. A., 2006, § 73 N 24).
Dieser Ausgangslage entsprechend gehen die kantonalen Steuerbehörden
praxisgemäss auch unter dem harmonisierten Steuerrecht davon aus, dass während
der Dauer des Holdingprivilegs entstandene Verluste – gleich wie realisierte Gewinne –
staatssteuerrechtlich unbeachtlich sind (vgl. Thomas Kunz, Das Holdingprivileg: Ausei-
nandersetzung mit steuerlichen Sonderfragen, StR 2004, 738 f.). Im Kanton Zug ist
diese Praxis sogar gesetzlich verankert, indem § 65 Abs. 4 StG ZG ausdrücklich vor-
sieht, dass Verluste von Holdinggesellschaften nur im Ausmass bisheriger Gewinnbe-
steuerung verrechnet werden können. Einer solchen Gesetzesgrundlage bedarf es
entgegen der Auffassung der Pflichtigen indes nicht. Indem die Bestimmung von § 70
Abs. 1 StG die sieben vorangehende Steuerperioden erfassende Verlustverrechnung
soweit zulässt, als die Verluste "bei der Berechnung des steuerbaren Reingewinns
dieser Jahre nicht berücksichtigt werden konnten", bezieht sie sich sachlogisch von
vornherein nur auf Gesellschaften, welche in den zurückliegenden Verlustjahren die
ordentliche Gewinnsteuer überhaupt zu entrichten hatten. Soweit Holdinggesellschaf-
ten nach Massgabe von § 73 Abs. 1 StG nicht gewinnsteuerpflichtig sind, ist damit also
verbunden, dass weder Gewinne, noch Verluste (= negative Gewinne) gewinnsteuerre-
levante Folgen haben; die Letzteren können damit bei einem Statuswechsel nicht vor-
getragen bzw. in die Eröffnungsbilanz der nunmehr gewinnsteuerpflichtigen Gesell-
schaft übertragen werden. Entgegen der Auffassung der Pflichtigen werden damit
Gesellschaften mit ehemaligem Holdingprivileg gegenüber normalen Betriebsgesell-
schaften keineswegs schlechtergestellt, sondern richtigerweise gleichgestellt. Die von
der Pflichtigen vertretene Auffassung könnte demgegenüber zu einer vom Gesetzge-
- 7 -
2 ST.2010.277
ber nicht gewollten Besserstellung solcher Gesellschaften führen, indem diese Verluste
in Abzug bringen könnten, welche sie nicht selbst erwirtschaftet haben, sondern wel-
che von ihren Beteiligungsfirmen stammen und bei diesen steuerlich bereits berück-
sichtigt worden sind. Das Holdingprivileg soll zwar im Rahmen einer Konzernbetrach-
tung der mehrfachen Gewinnbesteuerung entgegenwirken, nicht aber die mehrfache
Verlustverrechnung ermöglichen. Die angefochtene Praxis kann damit selbstredend
auch nicht gegen das von der Pflichtigen rekursweise angerufene Verfassungsgebot
der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verstossen.
Der Hinweis auf Bundessteuerrecht hilft der Pflichtigen nicht weiter: Bei der
direkten Bundessteuer findet im Konzernsteuerrecht die Entlastung von der Mehrfach-
besteuerung nur im Bereich der Beteiligungen statt (gewährt wird ein Beteiligungsab-
zug; vgl. Art. 69 DBG). In Bezug auf die Kombination Beteiligungsabzug und Verlust-
verrechnung ist dabei zu beachten, dass nicht einerseits der gesamte Beteiligungs-
ertrag freigestellt und andrerseits der volle Betriebsverlust vorgetragen werden kann
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 69 N 19;
Agner/Jung/Steinmann, Kommentar direkte Bundessteuer, 1995, 69 N. 8). Ein Wider-
spruch zur hier in Frage stehenden Praxis im Staatssteuerbereich ist damit nicht er-
sichtlich.
Ob es zulässig wäre, wenn eine die Voraussetzungen von § 73 Abs. 1 StG
erfüllende Holdinggesellschaft in Verlustjahren auf die Inanspruchnahme des Holding-
privilegs verzichtete, um dergestalt Verlustverrechnungsmöglichkeiten im Hinblick auf
einen Statuswechsel zu generieren, ist hier nicht zu entscheiden, nachdem sich die
Pflichtige dem steuerprivilegierten Holdingstatus mit Bezug auf die hier in Frage ste-
henden Verlustjahre unbestrittenermassen unterstellt hat.
3. a) Diese Erwägungen führen zur Abweisung des Rekurses.
b) Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten den unterliegenden Pflichtigen
aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen
(§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai
1959/6. September 1987).
- 8 -
2 ST.2010.277 | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
589f72eb-bcea-45d7-988c-279e9d654dce | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige) und B (nachfolgend die Pflichtige, zusammen
die Pflichtigen) deklarierten in der Steuererklärung 2009 Krankheits- und Unfallkosten
von insgesamt Fr. 26'483.- (direkte Bundessteuer) bzw. Fr. 26'595.- (Staats- und Ge-
meindesteuern).
Mit Einschätzungsentscheid und Veranlagungsverfügung vom 18. März 2013
liess der Steuerkommissär diese Kosten nur im Umfang von Fr. 2'244.- zum Abzug zu
und nahm weitere Korrekturen vor. Dementsprechend bemass er das steuerbare Ein-
kommen der Pflichtigen auf Fr 38'100.- (direkte Bundessteuer) bzw. Fr. 39'000.-
(Staats- und Gemeindesteuern); das steuerbare Vermögen wurde auf Fr. 0.- festge-
setzt.
B. Eine hiergegen erhobene Einsprache hiess das kantonale Steueramt am
11. März 2014 teilweise gut und ermässigte das steuerbare Einkommen auf
Fr. 29'900.- (direkte Bundessteuer) bzw. Fr. 29'800.- (Staats- und Gemeindesteuern).
Dabei wurden zusätzliche Krankheitskosten anerkannt, nicht jedoch eine Position von
Fr. 6'660.- für einen Kuraufenthalt.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 14. April 2014 liessen die Pflichtigen dem
Steuerrekursgericht beantragen, dass auch die genannten Kurkosten von Fr. 6'660.-
einkommensmindernd zu berücksichtigen seien. Das steuerbare Einkommen sei daher
auf Fr. 23'500.- (eventuell auf Fr. 23'200.-; direkte Bundessteuer 2009) bzw.
Fr. 23'400.- (eventuell auf Fr. 23'100.-; Staats- und Gemeindesteuren) herabzusetzen.
Ausserdem beantragten sie eine Parteientschädigung sowie die Gewährung der un-
entgeltlichen Prozessführung.
In seiner Beschwerde-/Rekursantwort vom 20. Mai 2014 schloss das kantona-
le Steueramt auf Abweisung der Rechtsmittel.
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Auf die Parteivorbringen wird, soweit wesentlich, in den nachfolgenden Ur-
teilsgründen zurückgekommen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Von den steuerbaren Einkünften werden gemäss Art. 33 Abs. 1 lit. h des
Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990/13. Dezem-
ber 2002 (in Kraft seit 1. Januar 2005; DBG) die Krankheits- und Unfallkosten des
Steuerpflichtigen und der von ihm unterhaltenen Personen abgezogen, soweit der
Steuerpflichtige die Kosten selber trägt und diese 5% der um die Aufwendungen ge-
mäss Art. 26 - 33 DBG verminderten steuerbaren Einkünfte übersteigen. Die nämliche
Regel statuiert § 32 lit. a des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) für das kantonale
Recht. Das Steuergesetz berücksichtigt damit solche Aufwendungen ausnahmsweise
steuermindernd, obschon sie grundsätzlich zu den nicht abziehbaren Lebenshaltungs-
kosten gehören. Als abzugsfähig gelten alle Kosten zur Erhaltung und Wiederherstel-
lung der körperlichen oder psychischen Gesundheit, bei welchen ein adäquater Kau-
salzusammenhang zwischen den Kosten und einer gesundheitlichen Beeinträchtigung
besteht (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009,
Art. 33 N 147 DBG, und Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 32 N 12
StG).
b) Laut Merkblatt des kantonalen Steueramts zu den Abzügen der Krankheits-
und Unfallkosten sowie der behinderungsbedingten Kosten vom 19. Juli 2005 (ZStB I
Nr. 19/002; Merkblatt) sind als Krankheitskosten insbesondere Auslagen für Arzt und
von diesem verordnete Medikamente, Zahnarzt, Pflegepersonal, Aufenthalt in Spitälern
und Heilstätten usw., ärztlich verordnete Therapien, Kuraufenthalte usw. sowie medizi-
nische Apparate, Korrekturgläser und dergleichen abzugsfähig.
c) Krankheitskosten im Sinn von Art. 33 Abs. 1 lit. h DBG bzw. § 32 lit. a StG
stellen steuermindernde Tatsachen dar, welche gemäss den allgemeinen Beweislast-
regeln vom Steuerpflichtigen darzutun und nachzuweisen sind (vgl. RB 1987 Nr. 35,
auch zum Folgenden). Der Steuerpflichtige hat bis zum Ablauf der Rekursfrist die zum
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Beweis für seine Darstellung erforderlichen Beweismittel einzureichen oder zumindest
anzubieten (RB 1975 Nr. 55, 1986 Nr. 49). Fehlt es an einer hinreichenden Sachdar-
stellung oder Beweismittelofferte, trifft das Steuerrekursgericht keine weitere Untersu-
chungspflicht. Es hat den Steuerpflichtigen weder zur Ergänzung seiner mangelhaften
Sachdarstellung noch zur Beibringung besserer Beweismittel anzuhalten.
2. a) In den Einspracheentscheiden erwog das kantonale Steueramt, dass die
Pflichtigen im Einspracheverfahren mittels Auflage und Mahnung eingeladen worden
seien, bezüglich der geltend gemachten Krankheitskosten die zugehörigen Belege ein-
zureichen. Daraufhin hätten sie mit Bezug auf die Kurkosten nur eine Hotelrechnung
präsentiert, in der Beherbergungs- und Verpflegungskosten, nicht aber irgendwelche
Behandlungskosten aufgeführt gewesen seien. Unter diesen Umständen könne nicht
von einem Kuraufenthalt ausgegangen werden. An diesem Standpunkt hielt das kanto-
nale Steueramt in der Beschwerde-/Rekursantwort fest.
b) Zur Begründung von Beschwerde und Rekurs bringen die Pflichtigen vor,
dass zunächst nur eine ärztliche Verordnung für eine Kur im Jahr 2013 eingereicht
worden sei. Diese habe sich jedoch auch auf die Vorjahre erstreckt. Allerdings habe
schon für das Jahr 2009 eine entsprechende ärztliche Verordnung vorgelegen, die "der
Einfachheit halber" nur auf den Ehemann gelautet habe. Die Diagnose bescheinige der
Ehefrau chronische Erschöpfungszustände; desgleichen handle es sich beim Ehemann
um eine Erholungskur. Der Umstand, dass nur Zimmer- und Verpflegungskosten nach-
gewiesen seien, treffe zwar zu, doch handle es sich gleichwohl um Erholungskuren.
Deren Zweck bestehe "lediglich aber immerhin darin, sich auszuruhen, sich bedienen
zu lassen, um wieder zu Kräften zu kommen".
c) Aus den beiden Arztzeugnissen vom ... Juli 2013, worin den Pflichtigen ein
Kuraufenthalt in D für die Zeit vom ... Juli bis ... August 2013 verordnet wird, können
Letztere schon deswegen nichts zu ihren Gunsten ableiten, weil sie das Jahr 2013 und
nicht das vorliegend massgebende Jahr 2009 betreffen. Hinzu kommt, dass daraus
nicht hervorgeht, ob es sich beim Aussteller Dr.med. E, F, um den behandelnden
Hausarzt handelt und ob die Diagnose auf eigener Untersuchung beruht. Entgegen der
Auffassung der Pflichtigen kann daraus jedenfalls nicht abgeleitet werden, dass sich
die entsprechenden Diagnosen auch auf die Vorjahre beziehen. Die – kaum lesbaren –
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Arztzeugnisse aus dem Jahr 2009 wurden von Dr.med. G, F, ausgestellt. Auch wenn
dem pflichtigen Ehemann eine vollständige posttraumatische Querschnittslähmung
attestiert wird, ergibt sich daraus noch keine zwingende Notwendigkeit für einen zwei-
wöchigen Kuraufenthalt im Frühjahr und einen solchen von einer Woche im Sommer
2009. Weshalb im ersten Zeugnis – offensichtlich nachträglich und ohne nähere Be-
gründung – die Ehefrau miteinbezogen worden ist, bleibt im Dunklen. Die Begriffe des
Kuraufenthalts und der Erholungskur sind nicht klar umrissen, weshalb sich ver-
gleichsweise strenge Anforderungen an die Substanziierung der gesundheitlichen Be-
einträchtigung sowie der zur Behebung oder Linderung vorgesehenen medizinischen
Massnahmen rechtfertigen. Andernfalls wäre eine Abgrenzung gegenüber rein präven-
tiven Vorkehrungen oder gar blosser Regeneration kaum möglich. Dies gilt umso mehr,
als Hausärzte aller Erfahrung nach geneigt sind, derartige Bescheinigungen zugunsten
ihrer Patienten auszustellen. Laut Steuererklärung 2009 (wie auch schon im Vorjahr)
ist der Pflichtige IV-Rentner und auch die pflichtige Ehefrau geht keiner Erwerbstätig-
keit nach. Irgendwelche familiäre Betreuungspflichten sind nicht aktenkundig. Unter
diesen Umständen hätte es sich aufgedrängt, dass die chronischen Erschöpfungszu-
stände der damals erst 36-jährigen Ehefrau substanziiert und belegt worden wären. Mit
Bezug auf den Pflichtigen wäre näher darzulegen und wenigstens zu plausibilisieren
gewesen, inwiefern der blosse Aufenthalt in D selbst ohne medizinische Behandlung
eine notwendige Massnahme zur Linderung seines Leidens dargestellt hat. Eine solche
rechtsgenügende Sachdarstellung haben die Pflichtigen nicht erbracht.
Diese Erwägungen führen zur Abweisung von Beschwerde und Rekurs. An-
zumerken bleibt, dass neben Zahlungserleichterungen auch die Möglichkeit des Erlas-
ses der Steuern im Bezugsverfahren (Art. 166 f. DBG sowie §§ 177 und 183 ff. StG)
besteht.
3. a) Privaten ist auf entsprechendes Ersuchen die Bezahlung von Verfah-
renskosten und Kostenvorschüssen zu erlassen, wenn ihnen die nötigen Mittel fehlen
und ihre Begehren nicht offensichtlich aussichtslos erscheinen (§ 115 StG i.V.m. § 16
Abs. 1 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). Neben
dieser kantonalen Vorschrift leitet das Bundesgericht aus Art. 29 Abs. 3 der Bundes-
verfassung vom 18. April 1999 unter den nämlichen Voraussetzungen ein Recht auf
unentgeltliche Rechtspflege für alle staatlichen Verfahren ab (Richner/Frei/Kaufmann/
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Meuter, Art. 144 N 21 ff. DBG, und § 151 N 32 ff. StG, je auch zum Folgenden). Beide
Voraussetzungen (Bedürftigkeit und fehlende Aussichtslosigkeit) müssen kumulativ
erfüllt sein.
b) Bedürftig ist eine Partei, wenn sie zur Leistung der Prozesskosten Mittel zur
Deckung des Grundbedarfs für sich und ihre Familie angreifen müsste. Bedürftigkeit
liegt somit vor, wenn ein Gesuchsteller die für das Verfahren erforderlichen Mittel nicht
innert wenigen Monaten aus seinem realisierbaren Einkommen, abzüglich der für ihn
und seine Familie notwendigen Lebenshaltungskosten, aufbringen kann (BGE 109 Ia 5
= Pra 72 Nr. 233). Massgebend sind die konkreten Umstände des Einzelfalls. Die Be-
dürftigkeit ist aufgrund der gesamten Verhältnisse, namentlich der Einkommenssituati-
on, der Vermögensverhältnisse und allenfalls der Kreditwürdigkeit zu beurteilen (Kas-
par Plüss in: Alain Griffel (Hrsg.), Kommentar VRG, 3. A., 2014, § 16 N 19 f. VRG mit
Hinweis). Massgebend ist die gesamte wirtschaftliche Situation zur Zeit der Ge-
suchseinreichung.
Aussichtslos ist ein Prozess, bei dem die Gewinnchancen kaum ernsthaft so-
wie beträchtlich geringer als die Verlustgefahren sind, so dass eine nicht bedürftige
Partei sich vernünftigerweise nicht zu diesem Prozess entschliessen würde (BGE 122 I
267). Ob ein Begehren aussichtslos erscheint, beurteilt sich aufgrund der Verhältnisse
im Zeitpunkt des Gesuchs.
c) Trotz anwaltlicher Vertretung haben die Pflichtigen ihre behauptete "Pro-
zessarmut" im Zeitpunkt der Erhebung von Beschwerde und Rekurs nicht näher sub-
stanziiert und nachgewiesen. Auf diesbezügliche Abklärungen kann jedoch deswegen
verzichtet werden, weil Beschwerde und Rekurs im Licht der vorstehenden Erwägun-
gen offensichtlich aussichtslos sind. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist
daher abzuweisen.
2 DB.2014.81 2 ST.2014.96
- 7 - | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
5917ae72-5434-477f-b51f-adbd9e657d4d | hat sich ergeben:
A. Die A AG (nachfolgend die Pflichtige) unterliess es trotz Mahnung vom 17.
Januar 2011, eine Steuererklärung 2009 (1.1. - 31.12.2009) einzureichen. Das kanto-
nale Steueramt veranlagte sie daher am 16. Mai 2011 nach pflichtgemässem Ermes-
sen mit einem steuerbaren Reingewinn von Fr. 0.- und einem Eigenkapital von Fr.
100'000.- (Staats- und Gemeindesteuern) bzw. mit einem steuerbaren Reingewinn von
Fr. 0.- (Eigenkapital Fr. 0.-; direkte Bundessteuer). Der Veranlagungs-/Einschätzungs-
entscheid enthielt den Hinweis, dass aktenkundige Vorjahresverluste bei der Schät-
zung mitberücksichtigt seien.
B. Hiergegen liess die Pflichtige am 9. Juni 2011 Einsprache erheben und
eine Steuererklärung 2009 einreichen, worin ein Verlust für das Geschäftsjahr 2009
von Fr. 13'814.- ausgewiesen wurde. Das kantonale Steueramt trat mit Entscheiden
vom 29. Juni 2011 auf die Einsprache mangels Beschwer nicht ein und auferlegte der
Pflichtigen hinsichtlich der Staats- und Gemeindesteuern die Verfahrenskosten von
Fr. 150.-.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 26./27. Juli 2011 liess die Pflichtige
sinngemäss beantragen, dass die Einschätzung bzw. Veranlagung auf einen steuerba-
ren Reingewinn von Fr. 0.- und einen Verlustvortrag von Fr. 236'660.- lauten müsse.
Das kantonale Steueramt schloss mit Beschwerde-/Rekursantwort vom 31. Au-
gust 2011 auf kostenfällige Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuer-
verwaltung liess sich nicht vernehmen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Erhebt ein Steuerpflichtiger gegen einen Nichteintretensentscheid der
Einsprachebehörde Beschwerde bzw. Rekurs, so ist dem Rekursgericht die materielle
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1 DB.2011.127 1 ST.2011.196
Prüfung des Rechtsmittels auf die Veranlagung/Einschätzung hin verwehrt. Es darf nur
untersuchen, ob die Einsprachebehörde zu Recht auf die Einsprache nicht eingetreten
ist (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 140
N 44 DBG und Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006,
§ 147 N 43 StG). Würde sich der Nichteintretensentscheid der Vorinstanz als gesetz-
widrig erweisen, wären die Akten zwecks Wahrung des gesetzlichen Instanzenzugs zur
materiellen Überprüfung der Veranlagung an jene zurückzuweisen (RB 1979 Nr. 57).
b) Es ist dem Steuerrekursgericht demnach im vorliegenden Fall von vornher-
ein verwehrt, die Veranlagung/Einschätzung 1.1. – 31.12.2009 zu korrigieren, wie dies
die Pflichtige beantragt. Auf die Beschwerde und den Rekurs ist daher nur insofern
einzutreten, als dass (sinngemäss) die Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheide
verlangt wird.
2. a) Strittig ist vorliegend die Frage, ob die Pflichtige zur Einsprache legiti-
miert war. Dabei ist zu prüfen, ob sie durch die Veranlagungsverfügung bzw. den Ein-
schätzungsentscheid beschwert ist und ihr Antrag auf eine Abänderung der festgesetz-
ten Steuerfaktoren zielt (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 132 N 12 DBG und
§ 140 N 13 StG; Zweifel/Casanova, Schweizerisches Steuerverfahrensrecht, Direkte
Steuern, 2008, § 20 Rz 7).
In Rechtskraft erwächst grundsätzlich nur das Dispositiv bzw. die Steuerfakto-
ren, nicht aber die Begründung dazu (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, VB zu Art. 147 –
153a N 12 DBG und VB zu § 155 – 162 N 9 StG, mit weiteren Hinweisen). Vorbehalten
bleibt jedoch die Bindungswirkung einer allfälligen eigentlichen Anordnung oder Zusi-
cherung im Einzelfall, die die Feststellung des Bestehens, Nichtbestehens und des
Umfangs von Rechten zum Inhalt hat (BGr, 9. Mai 2001 = StE 2001 B 96.11 Nr 6). Ein
schutzwürdiges Interesse an der Feststellung der auf das Folgejahr vortragbaren Ver-
luste besteht darüber hinaus nicht (BGE 126 II 514 = StE 2001 B 93.1 Nr. 6).
b) Die Veranlagung bzw. Einschätzung lautete vorliegend auf einen steuerba-
ren Reingewinn von Fr. 0.-. Dies bedeutet, dass der Steuerbetrag für die Steuerperiode
1.1. - 31.12.2009 auf der Grundlage eines Reingewinns von Fr. 0.- berechnet wird.
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1 DB.2011.127 1 ST.2011.196
Dasselbe beantragt auch die Pflichtige. Sie ist daher insofern durch den Veranlagungs-
bzw. Einschätzungsentscheid nicht beschwert.
Zusätzlich beantragt sie die Feststellung, dass sich der Verlustvortrag auf
Fr. 236'660.- belaufe. Einen diesbezüglichen Feststellungsanspruch gibt es zwar nicht,
das kantonale Steueramt hat jedoch selber zusätzlich zu den Steuerfaktoren im Dispo-
sitiv des Veranlagungs-/Einschätzungsentscheids festgehalten, dass "Aktenkundige
Vorjahresverluste [...] bei der Schätzung mitberücksichtigt" seien. Das kantonale Steu-
eramt hat damit über den Verlustvortrag entschieden und nicht nur ein negatives Er-
gebnis bzw. einen steuerbaren Reingewinn von Fr. 0.- geschätzt. Der Hinweis betref-
fend Berücksichtigung der Verluste bei der Schätzung kann damit nicht bloss als
Element der Entscheidbegründung angesehen werden, sondern stellt selber Teil des
Entscheids dar. Nur unter Einbezug dieses Zusatzes kann die Tragweite des Ent-
scheids ausgemacht werden. Es ist sodann davon auszugehen, dass sich das kanto-
nale Steueramt bei den späteren Veranlagungen/Einschätzungen auf diesen Hinweis
berufen wird. Diese zusätzliche Bemerkung betreffend die Berücksichtigung der Vor-
jahresverluste ist deshalb als Anordnung im Einzelfall, welche die Feststellung des
Bestehens, Nichtbestehens und Umfangs von Rechten zum Inhalt hat, zu behandeln.
Die Pflichtige ist damit insofern durch den Veranlagungs- und Einschätzungsentscheid
beschwert und hat ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung der Entscheide.
Daraus folgt, dass das kantonale Steueramt zu Unrecht auf die Einsprachen
nicht eingetreten ist. Beschwerde und Rekurs sind demzufolge gutzuheissen, soweit
darauf einzutreten ist, und die Sache ist zur materiellen Behandlung der Einsprache an
die Vorinstanz zurückzuweisen. Dabei hat letztere entweder den Hinweis auf die Be-
rücksichtigung der Vorjahresverluste wegzulassen, wenn sie die Schätzung eines ne-
gativen Geschäftsergebnisses bzw. eines steuerbaren Reingewinns von Fr. 0.- in der
Steuerperiode 1.1. – 31.12.2009 zum Ausdruck bringen will, oder aber sie hat ihre (po-
sitive) Schätzung des Reingewinns sowie die entsprechende Verrechnung mit Vorjah-
resverlusten darzulegen.
3. Ausgangsgemäss sind die Kosten des vorliegenden Verfahrens der Be-
schwerdegegnerin/dem Rekursgegner aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG; § 151
Abs. 1 StG). Hinsichtlich der Staats- und Gemeindesteuern ist über eine Parteient-
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1 DB.2011.127 1 ST.2011.196
schädigung nicht zu befinden, da die Pflichtige keine verlangt hat (§ 152 StG i.V.m. §
17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1954/8. Juni 1997). Be-
züglich der direkten Bundessteuer steht ihr von Amts wegen eine angemessene Par-
teientschädigung zu (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 - 3 des Bundesgeset-
zes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968). | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
59c28f00-a4e6-4b74-8fad-00f3060a76c9 | hat sich ergeben:
A. Am 3. April 2008 veräusserten die damals noch verheirateten A (nachfol-
gend der Pflichtige) und C als hälftige Miteigentümer die in der Gemeinde B an der
.....strasse gelegene Liegenschaft Kat.Nr. ..... (Wohnhaus Vers.Nr. ..., 517 m2 Grund-
stücksfläche) zum Preis von Fr. 1'255'000.- an D und E. Bereits am 27. Oktober 2006
hatte das Ehepaar A/C ein Ersatzobjekt in der Gemeinde F für Fr. 2'255'000.- erwor-
ben. Mit Bezug auf den Verkauf der Liegenschaft in der Gemeinde B gewährte die zu-
ständige Grundsteuerbehörde am 5. Juli 2010, ausgehend von einem Grundstückge-
winn von Fr. 101'968.-, einen vollständigen Aufschub der Grundstückgewinnsteuer
infolge Ersatzbeschaffung von selbstgenutztem Wohneigentum im Sinn von § 216 Abs.
3 lit. i des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997(StG).
B. Die Ehe wurde Im Juli 2009 mit Urteil der Einzelrichterin eines zürcheri-
schen Bezirksgerichts geschieden, worauf der Pflichtige am 1. Oktober 2011 in der
Gemeinde G in eine gemietete Wohnung zog. Mit Nachsteuerentscheid vom 6. Februar
2012 wiederrief die zuständige Grundsteuerbehörde der Gemeinde B den Steuerauf-
schub mit Bezug auf den hälftigen Miteigentumsanteil des Pflichtigen und auferlegte
diesem, ausgehend von einem steuerbaren Gewinn von Fr. 50'900.-, eine Grundstück-
gewinnsteuer in Höhe von Fr. 8'672.65.
C. Die Einsprache, welche die Vertreterin WildbachPartner AG namens des
Pflichtigen am 28. Februar 2012 gegen diesen Entscheid erhoben hatte, wies die zu-
ständige Grundsteuerbehörde der Gemeinde B am 19. März 2012 ab.
D. Am 17. April 2012 erhob die Vertreterin Rekurs gegen diesen Einsprache-
entscheid und beantragte, es sei der Entscheid aufzuheben und der Steueraufschub
sei weiterhin zu gewähren.
Der Pflichtige und die geschiedene Ehefrau hätten sich darauf geeinigt, das
elterliche Sorgerecht für die beiden gemeinsamen Kinder, welche weiterhin in der Lie-
genschaft in der Gemeinde F wohnen würden, gemeinsam auszuüben. Der Pflichtige
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2 GR.2012.22
habe sich verpflichtet, seiner geschiedenen Ehefrau einen nachehelichen Unterhalt von
Fr. 5'000.- pro Monat zu entrichten. Zudem komme er für sämtliche Lebenshaltungs-
kosten seiner geschiedenen Frau und seiner Kinder und für sämtliche Unterhaltskosten
der Liegenschaft auf. Bis auf Weiteres bleibe er zusammen mit seiner geschiedenen
Frau Gesamteigentümer der Liegenschaft. Nach seinem Wegzug werde die Liegen-
schaft weiterhin durch seine geschiedene Frau und seine beiden Kinder bewohnt. Ge-
mäss Scheidungsurteil werde die Liegenschaft auch nach der Scheidung als Familien-
wohnung angesehen, für deren Unterhalt er auch nach seinem Wegzug aufzukommen
habe. Ein Liegenschaftseigentümer könne nach der definitiven Zweckentfremdung
selbständig entscheiden, ob er sich das Objekt weiterhin zur Verfügung halten oder ob
er es vermieten wolle. Der Pflichtige habe diese Möglichkeit auf Grund des Schei-
dungsurteils nicht. Eine definitive Zweckentfremdung könne erst dann vorliegen, wenn
beide geschiedenen Ehegatten sich für eine Vermietung oder eine Veräusserung ent-
scheiden würden.
In der Rekursantwort vom 30. April 2012 beantragte die zuständige
Grundsteuerbehörde der Gemeinde B die Abweisung des Rekurses und verzichtete im
Übrigen auf eine Stellungnahme zur Rekursschrift. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Die Grundstückgewinnsteuer wird erhoben von den Gewinnen, welche
sich bei Handänderungen an Grundstücken oder Anteilen von solchen ergeben (zivil-
rechtliche Handänderungen, § 216 Abs. 1 StG).
Nach Art. 12 Abs. 3 lit. e des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der
direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG) und
den analogen §§ 216 Abs. 3 lit. i und 226a Abs. 1 StG wird die Besteuerung aufge-
schoben bei Veräusserung einer dauernd und ausschliesslich selbstgenutzten Wohn-
liegenschaft (Einfamilienhaus oder Eigentumswohnung), soweit der dabei erzielte Erlös
innert angemessener Frist zum Erwerb oder zum Bau einer gleichgenutzten Ersatzlie-
genschaft im Kanton Zürich oder in der übrigen Schweiz verwendet wird.
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2 GR.2012.22
Wird das Ersatzgrundstück innert fünf Jahren seit der Handänderung am ur-
sprünglichen Grundstück definitiv zweckentfremdet oder veräussert, ohne dass erneut
eine Ersatzbeschaffung stattfindet, kommt die Wegzugsgemeinde auf ihren Entscheid
über den Steueraufschub zurück und veranlagt die anlässlich der Ersatzbeschaffung
nicht erhobene Grundstückgewinnsteuer im Nachsteuerverfahren, samt Zins ab dem
91. Tage nach der Handänderung am ursprünglichen Grundstück (Ziff. 20 des Rund-
schreibens der Finanzdirektion an die Gemeinden über den Aufschub der Grundstück-
gewinnsteuer und die Befreiung des Veräusserers von der Handänderungssteuer bei
Ersatzbeschaffung einer dauernd und ausschliesslich selbstgenutzten Wohnliegen-
schaft vom 19. November 2001 [§ 216 Abs. 3 lit. i, § 226a und § 229 Abs. 2 lit. c StG;
ZStB I Nr. 37/460]; Felix Richner, Ersatzbeschaffung von selbstgenutztem Wohneigen-
tum [Teil III], ZStP 2011, 1 ff.; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmo-
nisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 216 N 290 und 296).
Nach der zürcherischen Praxis wird die Frage, ob und inwieweit eine Investiti-
on in ein Ersatzobjekt erfolgte und ob eine Zweckentfremdung oder Veräusserung des
Ersatzobjekts vorliegt, bei Personen, welche gemeinschaftliche Eigentümer und Be-
wohner des ersetzten Objekts waren, je getrennt für jede einzelne Person betrachtet
(vgl. Merkblatt des Verbandes der Gemeindesteuerämter des Kantons Zürich zur Ver-
anlagung der Grundstückgewinnsteuer bei Ersatzbeschaffung einer Wohnliegenschaft,
VGS-Vorstandsbeschluss vom 8. Juli 2008).
b) Wenngleich der Pflichtige und seine geschiedene Ehefrau noch nicht ent-
schieden, ob sie das Ersatzobjekt in der Gemeinde F verkaufen oder vermieten wollen,
so ist dennoch davon auszugehen, dass der Pflichtige nach seinem Wegzug in die
Gemeinde G nicht mehr in diese Liegenschaft zurückkehren wird. Wohlgemerkt macht
der Pflichtige dies auch nicht geltend. Wenn er aber die Liegenschaft in der Gemeinde
F endgültig verliess und (nach menschlichem Ermessen) auch nie mehr zurückkehren
wird, liegt eine definitive Zweckentfremdung vor. Unbestritten ist, dass die Liegenschaft
nach wie vor durch die geschiedenen Ehefrau und die gemeinsamen Kinder bewohnt
wird, was jedoch im Hinblick auf die eigene Wohnnutzung durch den Pflichtigen uner-
heblich ist. Desgleichen ist in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung, dass die
Kinder im Scheidungsurteil unter der gemeinsamen elterlichen Sorge beider Eltern
belassen wurden und dass der Pflichtige weiterhin für den Unterhalt der Liegenschaft
aufkommt.
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2 GR.2012.22
Wohl war der Pflichtige auf Grund des Scheidungsurteils gezwungen, seinen
Wohnsitz in der Liegenschaft in der Gemeinde F auszugeben. Eine solche Zwangslage
rechtfertigt es jedoch nicht, vom Erfordernis des tatsächlichen Selbstbewohnens abzu-
rücken. Denn Grundlage für die rechtliche Beurteilung bildet im Steuerrecht allgemein
der tatsächliche existierende Sachverhalt (Faktizitätsprinzip, vgl. Richner/Frei/
Kaufmann/Meuter, § 16, N 54).
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz statuierte die Rechtsprechung zwar
mit Bezug auf das Erfordernis des Selbstbewohnens beim ersetzten Objekt, als ent-
schieden wurde, dass es nicht schädlich sei, wenn dem Steuerpflichtigen ein Selbst-
bewohnen aus objektiven, äusseren Gründen während einer angemessenen Zeit nicht
möglich gewesen wäre. Insbesondere sei von einem Selbstbewohnen auszugehen,
wenn ein Steuerpflichtiger im Rahmen vorsorglicher Massnahmen im Scheidungspro-
zess die Liegenschaft habe verlassen müssen, welche jedoch bis zur Veräusserung
weiterhin von der Ehefrau bewohnt worden sei (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 216
N 324). Eine analoge Anwendung dieser für das ersetzte Objekt geltenden Regel auf
das Ersatzobjekt erscheint nicht sachgemäss. Denn vorliegend liegt eine endgültige
und nicht bloss vorübergehende Aufgabe des Selbstbewohnens vor.
Wohlgemerkt macht der Pflichtige nicht geltend, dass die zürcherische Praxis
nicht rechtmässig sei, wonach die Frage der Zweckentfremdung des Ersatzobjekts für
jeden gemeinschaftlichen Eigentümer des ersetzten Objekts getrennt zu betrachten ist.
Auch im Übrigen erhob der Pflichtige auch keine Einwendungen gegen die Berech-
nungsweise der Nachsteuer.
2. a) Aufgrund der vorstehenden Erwägungen erweist sich der angefochtene
Einspracheentscheid als rechtmässig. Der Rekurs ist demgemäss abzuweisen.
b) Ausgangsgemäss sind die Verfahrenskosten dem unterliegenden Pflichti-
gen aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG).
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2 GR.2012.22 | Public | Tax | de | 2,012 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
5a036372-63e4-4553-8db7-4d09812e3667 | hat sich ergeben:
A. 1. A (nachfolgend der Pflichtige) ist deutscher Staatsangehöriger und arbei-
tet seit 2004 als Teamleiter Projektmanagement bei der Firma C in D. Vom 1. Januar
2007 bis 31. Mai 2007 logierte er im E in F und ab dem 1. Juni 2007 im G in D. Seine
Ehefrau lebt mit dem gemeinsamen Sohn in Deutschland in der Liegenschaft des
Pflichtigen. Für die in der Schweiz erzielten Erwerbseinkünfte 2007 unterliegt er der
Quellensteuer; diese setzen sich aus einem Bruttolohn von Fr. 107'339.- sowie einer
Entschädigung von Fr. 9'000.- für die hiesige Wohnungsmiete sowie einer Anrechnung
von Fr. 4'724.- für die private Benutzung eines Geschäftsautos zusammen.
2. In seiner Steuererklärung 2007 vom 16. Juni 2008 deklarierte der Pflichtige
ein steuerbares Einkommen von Fr. 58'700.- (Staats- und Gemeindesteuern) bzw.
Fr. 66'200.- (direkte Bundessteuer) und ein steuerbares Vermögen von Fr. 0.-. Damit
beantragte er sinngemäss, nachträglich ordentlich veranlagt zu werden. Mit Einschät-
zungsentscheid vom 29. Juli 2009 verweigerte der Steuerkommissär eine nachträgli-
che Veranlagung, da der Pflichtige als internationaler Wochenaufenthalter zu betrach-
ten sei.
B. Am 20 August 2009 liess der Pflichtige dagegen Einsprache erheben. Zur
Begründung liess er ausführen, dass er in beiden Staaten, d.h. sowohl in der Schweiz
als auch in Deutschland eine Wohnstätte habe. Aufgrund seiner Anstellung als leiten-
der Angestellter betrage seine wöchentliche Arbeitszeit zwischen 50 und 70 Stunden.
Um dieses Pensum zu bewältigen, sei es erforderlich, dass er auch an Samstagen und
teilweise an Sonntagen arbeite. Damit das Familienleben weiterhin habe aufrecht er-
halten werden können, habe seine Ehefrau ihn häufig über die Wochenenden in der
Schweiz besucht. Aufgrund der grossen Distanz (rund 500 km pro Weg) sei es dem
Pflichtigen nicht möglich gewesen, regelmässig nach Deutschland zurückzukehren.
Vielmehr habe er in der Schweiz gute private Beziehungen insbesondere zu Arbeitskol-
legen aufbauen können, so dass er seine wenige Freizeit mit diesen verbracht habe.
Somit hätten enge wirtschaftliche und persönliche Beziehungen zur Schweiz bestan-
den. Sein Lebensmittelpunkt sei hier gewesen, weshalb er hier unbeschränkt steuer-
pflichtig sei.
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2 ST.2010.3 2 DB.2010.1
Nach Scheitern eines Einigungsvorschlags wies der Steuerkommissär die Ein-
sprachen (Staats-/Gemeindesteuern und direkte Bundessteuer) mit getrennten Ent-
scheiden vom 27. November 2009 ab.
C. Mit Rekurs bzw. Beschwerde vom 23. Dezember 2009 wiederholte der
Pflichtige seinen Antrag auf eine nachträgliche Veranlagung gestützt auf die Deklarati-
on in der Steuererklärung.
Das kantonale Steueramt schloss mit Rekurs-/Beschwerdeantwort vom 21.
Januar 2010 auf Abweisung der Rechtsmittel. In der Stellungnahme vom 25. Februar
2010 beantragte auch die Eidg. Steuerverwaltung Abweisung der Rechtsmittel.
Auf die weiteren Parteivorbringen ist – soweit erforderlich – in den nachfol-
genden Erwägungen einzugehen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Der Pflichtige stellt den Antrag auf nachträgliche ordentliche Veranlagung
mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 58'706.- für die Staats- und Gemeindesteu-
ern 2007 und Fr. 58'706.- für die direkte Bundessteuer 2007. Das kantonale Steueramt
hat davon Abstand genommen, eine solche durchzuführen. Der Steuerrekurskommis-
sion ist unter solchen Umständen eine Prüfung in materieller Hinsicht verwehrt. Sie hat
einzig zu beurteilen, ob zu Recht keine nachträgliche ordentliche Veranlagung vorge-
nommen worden ist. Sollte sie zum Schluss kommen, eine solche sei zu Unrecht un-
terblieben, so wäre die Sache zur materiellen Prüfung an das kantonale Steueramt
zurückzuweisen. Somit ist auf die Antrage Ziff. 3 und 4 der Rekurs-/Beschwerdeschrift
infolge Unzuständigkeit nicht einzutreten.
2. a) Laut Art. 83 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer
vom 14. Dezember 1990 (DBG) und § 87 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997
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2 ST.2010.3 2 DB.2010.1
(StG) unterliegen ausländische Arbeitnehmer ohne fremdenpolizeiliche Niederlas-
sungsbewilligung, die hier ihren Wohnsitz oder Aufenthalt haben, hinsichtlich des Ein-
kommens aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit der Quellensteuer. Ebenso sind ge-
mäss Art. 91 DBG bzw. § 94 StG Personen ohne steuerrechtlichen Wohnsitz oder
Aufenthalt in der Schweiz, die hier für kurze Dauer als Grenzgänger oder Wochenauf-
enthalter in unselbstständiger Stellung erwerbstätig sind, einem Steuerabzug an der
Quelle unterworfen. Der Steuerabzug tritt an die Stelle der im ordentlichen Verfahren
vom Erwerbseinkommen zu veranlagenden Steuern (Art. 87 Satz 1 und Art. 99 DBG;
§ 91 Satz 1 StG). Übersteigen die dem Steuerabzug an der Quelle unterworfenen Brut-
toeinkünfte eines Steuerpflichtigen in einem Kalenderjahr den durch das Eidgenössi-
sche Finanzdepartement (kurz: EFD) bzw. die (kantonale) Finanzdirektion (kurz: FD)
festgelegten Betrag, findet nach Art. 92 Abs. 2 DBG bzw. § 93 Abs. 2 StG eine nach-
träglich (ordentliche) Einschätzung/Veranlagung statt. Der für die Durchführung einer
solchen Veranlagung massgebliche Schwellenwert der Erwerbseinkünfte beträgt ab
1. Januar 2006 Fr. 120'000.- (Anhang Ziff. 2 zur Verordnung über die Quellensteuer bei
der direkten Bundessteuer des EFD vom 19. Oktober 1993 [kurz: QStV; ZStB II
Nr. 67/011] sowie RZ 55 der Weisung der FD zur Durchführung der Quellensteuer für
ausländische Arbeitnehmer vom 30. September 2005 [ZStB I Nr. 28/051]). Die kanto-
nalrechtliche Regelung entspricht den bindenden bundesrechtlichen Vorgaben. Im
Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Ge-
meinden vom 14. Dezember 1990 (StHG) finden sich die massgeblichen Bestimmun-
gen in Art. 32 Abs. 1, 34 Abs. 2 und 35 Abs. 1 lit. a. Nach Massgabe von § 2 der Ver-
ordnung über die Quellensteuer für ausländische Arbeitnehmer (Quellensteuerver-
ordnung I) vom 2. Februar 1994 (QStVO I; ZStB I Nr. 28/010) greift für Arbeitnehmer
ohne steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz, welche hier für kurze
Dauer, als Grenzgänger oder als leitende Angestellte für einen Arbeitgeber mit Sitz
oder Betriebsstätte im Kanton unselbstständig erwerbstätig sind, ohne Rücksicht auf
die Staatsangehörigkeit (also auch für Schweizer) hinsichtlich solcher Einkünfte die
Quellensteuer.
b) Unter bestimmten Umständen ist eine nachträgliche ordentliche Veranla-
gung vorzunehmen. Nach dem klaren Willen des Gesetzgebers indes nur dann, wenn
der Quellensteuerbelastete hier seinen steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt hat.
Allein schon die Systematik des Gesetzes zeigt dies. Denn der Vorbehalt der nachträg-
lichen ordentlichen Veranlagung findet sich im Abschnitt über die Quellensteuer natür-
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2 ST.2010.3 2 DB.2010.1
licher Personen mit steuerrechtlichem Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz (Art. 83
ff. DBG) und zwar in Art. 90 DBG; im Abschnitt "natürliche und juristische Personen
ohne steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz" (Art. 91 ff. DBG) hin-
gegen fehlt eine entsprechende Norm. Sodann führt das Gesetz im erstgenannten Ab-
schnitt unter Art. 87 DBG aus, der Quellensteuerbezug gelte die ordentliche Steuer ab;
vorbehalten bleibe die nachträgliche Veranlagung. Hinsichtlich der zweitgenannten
Gruppe von Steuerpflichtigen kennt das Gesetz keinen entsprechender Vorbehalt
(Art. 99 DBG). Schliesslich verweist Art. 91 DBG für solche Personen einzig auf die
Normen von Art. 83 - 86 DBG; damit greift Art. 87 Satz 2 DBG auch aus dieser Sicht
für sie nicht. Diese Beschränkung der nachträglichen ordentlichen Veranlagung ist all-
gemein anerkannt (Peter Locher, Kommentar zum DBG, II. Teil, 2004, Art. 91 N 36, mit
Hinweisen). So sieht auch die QStV lediglich für natürliche Personen mit steuerrechtli-
chem Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz eine nachträgliche ordentliche Veranla-
gung vor (Art. 4). Es ist nicht einzusehen, weshalb es sich bei den kantonalen Steuern
anders verhalten sollte. So schreibt denn auch das StG die nachträgliche ordentliche
Einschätzung nur für Personen vor, welche hier unbeschränkt steuerpflichtig sind (§ 93
Abs. 2). Diese Regelung wird in § 9 Abs. 1 QStVO I wiederholt. Sodann bestimmt RZ 4
der Weisung der FD über die nachträgliche Veranlagung von quellenbesteuerten Per-
sonen im ordentlichen Verfahren vom 18. November 1998 (ZStB I Nr. 28/850) aus-
drücklich, dass Grenzgänger, Kurzaufenthalter und Wochenaufenthalter nicht der
nachträglichen Veranlagung unterliegen. Internationale Wochenaufenthalter haben, da
in der Schweiz auf das Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit beschränkt
steuerpflichtig, somit keinen Anspruch auf eine nachträgliche ordentliche Veranlagung.
Eine unterschiedliche Regelung im Bundes- und im kantonalen Recht wäre im Übrigen
mit unüberwindbaren praktischen Schwierigkeiten verbunden, weil die Quellensteuer
zwingend die Steueransprüche aller drei beteiligten Steuerhoheitsträger (Bund, Kanton
und Gemeinde) umfasst (Art. 85 Abs. 2 DBG und Art. 33 Abs. 1 und 35 Abs. 2 StHG).
Dies setzt eine harmonisierte Quellensteuerordnung voraus. Es ist nicht denkbar, dass
in einer bestimmten Konstellation für die kantonalen (und kommunalen) Steuern eine
nachträgliche ordentliche Veranlagung vorgesehen wäre, nicht aber für die direkte
Bundessteuer, oder umgekehrt.
3. a) Gemäss Art. 3 Abs. 1 DBG, Art. 3 Abs. 1 StHG und § 3 Abs. 1 StG ist
eine natürliche Person aufgrund persönlicher Zugehörigkeit (unbeschränkt) steuer-
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2 ST.2010.3 2 DB.2010.1
pflichtig, wenn sie ihren steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz
bzw. im Kanton hat. Wohnsitz hat eine Person dann, wenn sie sich hier mit der Absicht
dauernden Verbleibens aufhält (Art. 3 Abs. 2 DBG, Art. 3 Abs. 2 StHG und § 3 Abs. 2
StG).
aa) Der steuerrechtliche Wohnsitzbegriff ist jenem des ZGB nachgebildet
(Art. 23 Abs. 1 und Art. 25 ZGB), ohne dass sich diese Begriffe vollständig decken. Er
knüpft nach der für das Abgaberecht geltenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise an
die tatsächliche Gestaltung der Dinge an. Ob demnach ein Wohnsitz im Sinn des
Steuerrechts vorliegt oder nicht, richtet sich nach den äusserlich erkennbaren Umstän-
den des Einzelfalls und damit nach objektiven Kriterien. Subjektive Absichten des
Steuerpflichtigen sind nicht beachtlich, wenn sie zur tatsächlichen Gestaltung der Ver-
hältnisse im Widerspruch stehen. Das Steuerrecht stellt folglich auf einen objektiven
Wohnsitzbegriff ab (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten
Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 3 N 5).
Der steuerrechtliche Wohnsitzbegriff setzt den Aufenthalt mit der Absicht dau-
ernden Verbleibens voraus. Der Ort, wo sich eine Person mit dieser Absicht aufhält,
liegt dort, wo sich der Mittelpunkt ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Interessen
befindet (statt vieler: BGr, 29. September 1999 = Pra 2000 Nr. 7; BGr, 9. Dezember
1996 = ASA 67, 551 = StE 1998 B 22.3 Nr. 65; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Hand-
kommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 3 N 7 und Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 3
N 8, jeweils auch zum Folgenden). Dies ist jener Ort, zu dem eine Person mit Bezug
auf ihre Familienverhältnisse, die Art ihrer Erwerbstätigkeit, die Dauer und den Zweck
des Aufenthalts sowie die Wohnverhältnisse gesamthaft die engsten Beziehungen un-
terhält.
aaa) Als eines der Tatbestandsmerkmale des steuerrechtlichen Wohnsitzes
wird ein tatsächliches Verweilen verlangt; der blosse Wille zur Wohnsitznahme genügt
nicht (BGE 96 I 149 und 94 I 325). Es ist somit ein physischer Aufenthalt notwendig, um
einen steuerrechtlichen Wohnsitz zu begründen. Nicht erforderlich ist dagegen – wie der
Vertreter des Pflichtigen richtig ausführt –, dass die natürliche Person am Aufenthaltsort
über eine eigene Wohnung verfügt; d.h. für das Tatbestandsmerkmal des tatsächlichen
Aufhaltens ist die Wohnungsform (Haupt- oder Untermiete, Wohnungseigentum oder
Miteigentum etc.) gleichgültig (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 3 N 15 und Rich-
https://swisslex.westlaw.com/search/Document.asp?DocService=DocLink&D=BGEx96xIx145_150&AnchorTarget=BGEx96xIx149 https://swisslex.westlaw.com/search/Document.asp?DocService=DocLink&D=BGEx94xIx318_327&AnchorTarget=BGEx94xIx325
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2 ST.2010.3 2 DB.2010.1
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 3 N 12). Doch ist die Form des Wohnens bzw. die Art der
entsprechenden örtlichen Bindung ein gewichtiges Indiz dafür, ob jemand wirklich den
Willen hat, über längere Zeit an einem Ort zu verweilen oder nicht.
Hält sich eine Person abwechslungsweise an zwei verschiedenen Orten auf,
so namentlich dann, wenn der Arbeitsort und ihr sonstiger Aufenthaltsort auseinander
fallen, bestimmt sich der steuerrechtliche Wohnsitz danach, zu welchem Ort sie die
stärkere Beziehung unterhält. Bei unselbstständig erwerbenden Steuerpflichtigen ist
dies gewöhnlich der Ort, wo sie für längere oder unbestimmte Zeit Aufenthalt nehmen,
um von dort aus der täglichen Arbeit nachzugehen. Diesfalls ist der Zweck des Lebens-
unterhalts dauernder Natur. Auch hier ist die Würdigung der gesamten Umstände
massgeblich (BGE 132 I 36 f., auch zum Folgenden). Bei in ungetrennter Ehe leben-
den Personen mit Beziehungen zu mehreren Orten gelten die persönlichen und familiä-
ren Kontakte zum Ort, wo sich ihre Familie, d.h. der Ehegatte und die Kinder aufhalten,
als stärker als diejenigen zum Arbeitsort bzw. jenem andern Ort, von wo aus sie ihrer
Arbeit regelmässig nachgehen. Doch gilt das nur dann, wenn sie täglich oder wenigs-
tens an den Wochenenden bzw. an den arbeitsfreien Tagen an den Familienort zu-
rückkehren; beim internationalen Wochenaufenthalter kann es allerdings je nach Dis-
tanz auch genügen, wenn die Intervalle der Rückkehr grösser sind. Ob im
internationalen Verhältnis – ebenso wie im innerstaatlichen Bereich (BGr,
11. September 2007, 2C_112/2007, www.bger.ch = StE 2008 A 24.24.3 Nr. 3) – von
dieser generellen Würdigung auch dann abzuweichen ist, wenn der Erwerbstätige in
leitender Stellung (unselbstständig) arbeitet, weshalb auf ein Hauptsteuerdomizil am
Arbeitsort geschlossen wird, ist zweifelhaft. Denn jedenfalls dort, wo einschlägige zwi-
schenstaatliche Vereinbarungen bestehen, wäre ernsthaft zu befürchten, dass die An-
wendung dieser zum Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung entwickelten in-
ternschweizerischen Rechtsprechung im internationalen Verhältnis gegen einschlägige
Kollisionsnormen von Doppelbesteuerungsabkommen verstiesse. In diesem Kontext ist
auf § 2 QStVO I zu verweisen; diese Bestimmung unterwirft auch leitende Angestellte
der Quellensteuer und nimmt damit keinen hiesigen Wohnsitz an. Das Bundesgericht
hat erst kürzlich auf die beschränkte Bedeutung von interkantonalem Kollisionsrecht im
internationalen Kontext hingewiesen (StE 2009 B 11.3 Nr. 20). Doch mag diese Frage
hier letztlich offen bleiben. Demnach unterstehen verheiratete Pendler oder Wochen-
aufenthalter grundsätzlich ausschliesslich der (unbeschränkten) Steuerhoheit des
Staates bzw. Kantons, in welchem sich ihre Familie aufhält.
http://www.bger.ch/
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2 ST.2010.3 2 DB.2010.1
Hervorzuheben ist Folgendes: Nach Schweizer Recht unterliegen Steuer-
pflichtige, die als unselbstständig Erwerbstätige in leitender Funktion arbeitet, einem
besonderen Steuerregime. Verbringt eine solche Person die Wochenenden und ihre
Freizeit bei der Familie, begründet der Arbeitsort das Hauptsteuerdomizil und am Fami-
lienort befindet sich ein "sekundärer Steuerwohnsitz". Das Bundesgericht hat an dieser
Aufteilung trotz Kritik, wonach diese Konstruktion unter dem Regime des StHG nicht
mehr gesetzmässig und daher nicht mehr zulässig sei (Höhn/Mäusli, Interkantonales
Steuerrecht, 4. A., 1999, S. 103 ff. und 137 f.), festgehalten (BGr, 11. September 2007,
2C_112/2007, www.bger.ch = StE 2008 A 24.24.3 Nr. 3, auch zum Folgenden). Erfor-
derlich sind kumulativ (a) eine besondere Verantwortung (b) in einer bedeutenden Un-
ternehmung (c) mit zahlreichem Personal (BGr, 7. Januar 2004, 2P.2/2003,
www.bger.ch = ASA 73, 420 = StE 2004 A 24.24.3 Nr. 2; BGE 125 I 468; BGr, 29. Juli
2002, 2P.335/2001, www.bger.ch). Die berufliche Beanspruchung erweist sich als der-
art stark, dass die familiären und sozialen Beziehungen in den Hintergrund treten (BGr,
7. Januar 2004, 2P.2/2003, auch zum Folgenden). Dies trifft z.B. beim Direktor einer
Maschinenfabrik, beim Stellvertreter des Chefingenieurs einer Kohlenmine, beim Ge-
schäftsführer eines Bergwerks, welchem zeitweise 400 Arbeiter unterstehen, bei einem
technischen Direktor mit 130 - 140 Untergebenen sowie dem Präsidenten der General-
direktion der SBB zu. Hingegen genügt dazu eine Chefposition in einer öffentlichen
Anstalt, welche einen Umsatz von Fr. 15 Mio. generiert und mehr als 100 Mitarbeiter
zählt, nicht, zumal die Mitarbeitenden mehrheitlich bloss teilzeitlich beschäftigt sind,
viele sogar zu weniger als 50% eines Vollzeitpensums. Ein Personenbestand von 70
Personen ist zu gering, um als Unternehmung "mit zahlreichem Personal" zu gelten,
wie das Bundesgericht im erwähnten Urteil unmissverständlich festgehalten hat. An-
ders zu entscheiden ist dann, wenn der Betrieb "fortgeschritten" automatisiert ist (Lo-
cher/Locher, Das interkantonale Doppelbesteuerungsrecht, § 3, I B, 1 b Nr. 14). Eine
anspruchs- und verantwortungsvolle Stellung reicht für sich allein eben noch nicht aus.
Sodann ist der Hauptaktionär, Präsident und Delegierte des Verwaltungsrats eines
mittelgrossen Familienunternehmens, das rund 30 Personen beschäftigt und in wel-
chem zwei Söhne als kaufmännischer und Betriebsdirektor mitarbeiten, nicht im Sinn
der Rechtsprechung in "leitender Stellung" in einem bedeutenden Unternehmen mit
zahlreichem Personal tätig (Locher/Locher, § 3, I B, 1 b Nr. 16). Schliesslich hat das
höchste Schweizer Gericht am 11. September 2007 festgehalten, der Direktor der
Schweizer ......... mit einen Jahresumsatz von Fr. 60 - 70 Mio. und 150 Mitarbeitenden
http://www.bger.ch/ http://www.bger.ch/ http://www.bger.ch/
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2 ST.2010.3 2 DB.2010.1
erfülle die Kriterien eines Angestellten in "leitender Stellung" in einer bedeutenden Un-
ternehmung mit zahlreichem Personal.
bbb) Die Absicht des dauernden Verbleibens als weitere Voraussetzung für
einen steuerrechtlichen Wohnsitz ist nicht abhängig von einer ausdrücklichen Willens-
erklärung. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen bestimmt sich vielmehr für die Steuer-
hoheit nach der Gesamtheit der objektiven äusseren Umstände (BGr, 29. September
1999 = Pra 2000 Nr. 7), aus denen sich diese Interessen erkennen lassen. Zu berück-
sichtigen sind dabei etwa Zivilstand und Familienverhältnisse, die Art der Erwerbstätig-
keit, regelmässige oder nicht regelmässige Rückkehr an einen vom Arbeitsort ver-
schiedenen Ort, Dauer und Zweck der Aufenthalte an den jeweiligen Orten sowie die
dortigen Wohnverhältnisse (Miete oder Eigentum, Einrichtung der Wohnung). Es ist
weder auf die bloss erklärten Wünsche des Steuerpflichtigen (vgl. BGE 113 Ia 465 =
Pra 1988 Nr. 160 = ASA 57, 519 = StR 1988, 643) noch auf irgendwelche formellen
Momente, wie Hinterlegung der Schriften oder Ausübung der politischen Rechte abzu-
stellen (BGE 125 I 458 = Pra 2000 Nr. 178 = StR 2000, 198; BGr, 29. September 1999
= Pra 2000 Nr. 7). Ebenso ist die polizeiliche An- oder Abmeldung oder die fremdenpo-
lizeiliche Niederlassungsbewilligung für die Frage des steuerrechtlichen Wohnsitzes
bzw. des tatsächlichen Aufhaltens nicht entscheidend (BGr, 15. Mai 2000 = StE 2000 A
31.1. Nr. 6); sie kann in Zweifelsfällen höchstens einen Beurteilungshinweis bieten. In
der Regel kommt dabei den familiären und persönlichen Beziehungen der Vorrang
gegenüber den beruflichen Bezügen zu (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 3 N 18;
Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 3 N 15).
ccc) Ehegatten haben bei rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe ihren ge-
meinsamen steuerrechtlichen Wohnsitz grundsätzlich dort, wo sich die Familie befindet
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 3 N 28; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 3 N 19).
Ein Ehegatte kann aber durchaus einen eigenen steuerrechtlichen Wohnsitz haben, d.h.
ohne dass deswegen die Ehe als (tatsächlich) getrennt zu betrachten wäre (BGE 115 II
120 zum Zivilrecht; BGE 121 I 14 = ASA 65, 593 = StE 1995 A 24.24.3 Nr. 1 = StR 1995,
287 = ZStP 1995, 291). Dieser eigene steuerrechtliche Wohnsitz eines einzelnen Ehe-
gatten kann sich dabei auch im Ausland befinden (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 3
N 30, auch zum Folgenden). Die Annahme eines getrennten steuerrechtlichen Wohnsit-
zes von Ehegatten setzt allerdings voraus, dass die äusseren Umstände klar zum Aus-
druck bringen, dass der eine steuerrechtliche Wohnsitz nur für einen der beiden Ehegat-
https://swisslex.westlaw.com/search/Document.asp?DocService=DocLink&D=BGEx125xIx54_60&AnchorTarget=BGEx125xIx54
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2 ST.2010.3 2 DB.2010.1
ten bestimmt ist. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Ehepartner einen besondern
Haushalt gründet, der offensichtlich nicht beiden Eheleuten gemeinsam dient. Die An-
nahme eines getrennten steuerrechtlichen Wohnsitzes von Ehegatten kann auch dann
gerechtfertigt sein, wenn diese an verschiedenen Orten im In- oder Ausland beruflich
oder geschäftlich tätig sind. Hält sich ein Ehegatte aus beruflichen oder sonstigen Grün-
den zwar langfristig im Ausland oder in einem andern Kanton auf, dann behält dieser
Ehegatte den steuerrechtlichen Wohnsitz bei der Familie bei, solange er am Arbeitsort
nicht den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen (und somit seinen eigenen steuerrechtli-
chen Wohnsitz) begründet.
Aus der Kasuistik sind folgende Entscheide herauszugreifen: Verneint wurde
eine Wohnsitzverlegung eines Rentners, der nach der Pensionierung ins Ausland weg-
zog und weiterhin während mehrerer Monate pro Jahr in seinem Haus in der Schweiz
weilte (VGr BL, 14. Oktober 1998), eines verheirateten Anwalts, der in Monte Carlo die
Gesamtleitung einer Firmengruppe übernommen hatte und regelmässig in das von der
Familie in Zürich bewohnte Einfamilienhaus zurückkehrte (VGr, 27. Januar 1999 =
StE 1999 B 11.1. Nr. 16), eines verheirateten Privatiers, der sich nach dem altersbe-
dingten Verkauf seines Unternehmens nach Guadeloupe begeben hatte und in der
Folge weiterhin seine in der Familienvilla zurück gelassene Ehefrau besuchte (VGr NE,
7. Februar 1995), eines verheirateten Steuerpflichtigen, der sich – begleitet von seiner
Ehefrau – abwechslungsweise beruflich in Bagdad und Teheran und dazwischen auch
im eigenen Haus in Zürich aufgehalten hat (VGr, 27. Mai 1986 = StE 1987 B 11.1 Nr. 6
= StR 1987, 370) sowie eines verheirateten Poliers, der 26 Monate in Saudiarabien
arbeitete und dabei regelmässig zur Familie in der Schweiz zurückkehrte (VGr,
19. Dezember 1980 = ZBl 1981, 280).
ddd) Echte Wochenaufenthalter begründen an ihrem Arbeitsort nach Schwei-
zer Recht keinen steuerrechtlichen Wohnsitz. Allerdings ist Voraussetzung dafür, dass
die persönlichen Beziehungen zu einem andern Ort stärker sind als zum Arbeitsort
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 3 N 24; Richner/Frei/Kauf-mann/Meuter, § 3 N 34,
je mit Hinweisen auf die geltende Rechtsprechung). Dies gilt auch im internationalen
Verhältnis. Diese Rechtsauffassung hat sich auch im Quellensteuerrecht niederge-
schlagen, wie sich namentlich in Art. 91 DBG und § 94 StG zeigt, wo der Wochenauf-
enthalter dem Grenzgänger, also einer Person, welche den Wohnsitz in Grenznähe
hat, i.d.R. täglich einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit im Nachbarstaat nachgeht
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2 ST.2010.3 2 DB.2010.1
und wieder an den Wohnsitz zurückkehrt (Locher, Art. 91 N 26), gleichgestellt ist. Bei-
de Personenkategorien haben weder steuerrechtlichen Wohnsitz noch Aufenthalt in
der Schweiz. Diese gesetzliche Regelung beruht auf der Überlegung, dass die regel-
mässige Rückkehr ins Ausland die Kontinuität des Aufenthalts in der Schweiz verhin-
dert. Hat ein Steuerpflichtiger im internationalen Verhältnis zu mehreren Orten intensi-
ve Beziehungen, ist im Einzelfall in Würdigung der gesamten individuellen Verhältnisse
abzuwägen, welche dieser Beziehungen die stärkste und somit massgeblich für die
Bestimmung des Steuerdomizils ist (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 3 N 36; Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 3 N 29).
bb) Ein steuerrechtlicher Aufenthalt ist namentlich dann gegeben, wenn eine
Person in der Schweiz bzw. im Kanton ungeachtet vorübergehender Unterbrechung
während mindestens 30 Tagen verweilt und eine Erwerbstätigkeit ausübt (Art. 3 Abs. 2
lit. a DBG, Art. 3 Abs. 1 StHG und § 3 Abs. 3 StG). Massgeblich ist eine bestimmte
objektive Qualifikation; die Absicht dauernden Verbleibens ist nicht erforderlich. Der
Aufenthalt muss grundsätzlich "en bloc" erfolgen, wobei eine kurze Unterbrechung
nicht schadet (Peter Locher, Kommentar zum DBG, 2001, Art. 3 N 33 f., auch zum Fol-
genden). Bei Grenzgängern und Wochenaufenthaltern fehlt die notwendige Kontinuität
des hiesigen Aufenthalts; denn ihre regelmässige periodische Rückkehr bedeutet keine
bloss vorübergehende Unterbrechung.
4. a) Im internationalen Verhältnis gilt es vorab das zwischenstaatliche Recht
zu beachten. Die von der Schweiz abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen
(DBA) bilden Staatsvertragsrecht. Entsprechende Abmachungen gehen dem internen
Recht vor (StE 2009 B 11.3 Nr. 20, auch zum Folgenden; Peter Locher, Einführung in
das internationale Steuerrecht der Schweiz, 3.A., 2005, S 93). Damit es den Vorrang
beanspruchen kann bzw. muss, ist indes stets Voraussetzung, dass entgegengesetz-
tes internes Recht vorliegt. Entsprechend der negativen Wirkung kann Doppelbesteue-
rungsrecht keine Steuerpflicht bzw. Besteuerung begründen, sondern einzig eine sol-
che auf interner Grundlage gründende Möglichkeit beschränken oder gänzlich
aufheben. Die Modalitäten der Besteuerung in materieller Hinsicht hat einzig jener
Staat zu regeln, welchem nach dem DBA die Besteuerungskompetenz zusteht. Zu
trennen ist somit zwischen der im DBA geregelten Kompetenz und deren abkommens-
konforme Ausübung im internen Recht. Im vorliegende Zusammenhang greift allenfalls
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2 ST.2010.3 2 DB.2010.1
das Abkommens zwischen der Schweizerischern Eidgenossenschaft und der Bundes-
republik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der
Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, abgeschlossen am 11. August 1971
(DBA CH-D) ein.
b) Das Vorliegen eines Anknüpfungspunkts, welcher die allgemeine Steuer-
pflicht begründet, stellt eine steuerbegründende Tatsache dar. Erhebt das Gemeinwe-
sen einen solchen Besteuerungsanspruch, obliegt es ihm, die dafür massgebliche
Sachlage darzutun und zu beweisen (BGr, 29. September 1999 = Pra 2000 Nr. 7;
BGr, 24. Juni 1983 = ASA 54, 225 = StE 1984 A 21.12. Nr. 3). Zuständig für die Unter-
suchung ist dabei die Veranlagungsbehörde. Der steuerpflichtigen Person kann unter
bestimmten Umständen der Gegenbeweis für die von ihr behauptete subjektive Steu-
erpflicht an einem neuen Ort auferlegt werden, so namentlich wenn die von der Steu-
erbehörde angenommene bisherige Steuerpflicht als sehr wahrscheinlich gilt
(BGr, 14. April 2009, 2C_576/2008; 22. August 2008, 2C_175/2008; 5. Oktober 2007,
2C_183/2007 und 8. Juni 2004, 2P.7/2004, je www.bger.ch). So verhält es sich dort,
wo eine Person die Steuerpflicht bestreitet. Liegen die Dinge hingegen – wie in casu –
(ausnahmsweise) anders, indem eine Person verlangt, sie sei entgegen der Ansicht
der Veranlagungsbehörde der hiesigen Steuerpflicht zu unterwerfen, so ist sie und
nicht das Steueramt nachweispflichtig. Dies muss sowohl hinsichtlich der beschränkten
als auch der unbeschränkten Steuerpflicht gelten.
5. Der verheiratete Pflichtige arbeitet seit dem Jahre 2004 bei der C in D. Dort
logierte er vom 1. Dezember 2006 bis zum 31. Mai 2007 im E und ab dem 1. Juni 2007
im G in D. Gemäss den Abklärungen des Steuerkommissärs handelt es sich bei der
Bleibe im G um ein eher grösseres Hotelzimmer mit vier Betten, Bad/WC. Das Zimmer
verfügt zudem über einen kleinen Tisch und eine Kochplatte (z.B. zur Zubereitung von
Kaffee). In Deutschland besitzt der Pflichtige im Bayrischen Wald in H bzw. in I ein 3-
Familienhaus, in welchem seine Ehefrau zusammen mit dem gemeinsamen Sohn lebt.
a) Während die Zürcher Steuerbehörden ihn der Quellensteuerpflicht unter-
werfen, indem sie ihn als hier unselbstständig erwerbstätigen Steuerpflichtigen ohne
hiesigen steuerlichen Wohnsitz oder Aufenthalt qualifizieren, hält er dafür, sein Wohn-
sitz befinde sich hier.
- 13 -
2 ST.2010.3 2 DB.2010.1
b) Der Pflichtige bringt vor, er habe als leitender Angestellter zu gelten; des-
halb befinde sich sein primäres Steuerdomizil gemäss gängiger Schweizer Rechtspre-
chung am Arbeitsort in D. Zwar ist er bei der Firma C als Teamleiter und stellvertreten-
der Abteilungsleiter angestellt. In dieser Funktion mag er zum Kader gehören. Aus dem
Schweizerischen Handelsamtsblatt geht hervor, dass der Pflichtige über eine Kollektiv-
prokura zu zweien verfügt. Diese Tatsache vermag für sich allein – erst recht in Anbet-
racht der hohen Anforderungen der Rechtsprechung an eine "leitende Stellung" – nicht
zu genügen, um nach nationalem oder kantonalem Recht eine unbeschränkte Steuer-
pflicht in der Schweiz aufgrund der Qualifikation als leitender Angestellter zu begrün-
den. Erforderlich wäre, dass eine besondere Verantwortung in einer bedeutenden Un-
ternehmung mit zahlreichem Personal erstellt wäre. Der Pflichtige unterlässt es indes
gänzlich, genauere Angaben zu seiner beruflichen Tätigkeit sowie zu seiner Arbeitge-
berin zu machen. Er wäre aber, da er hieraus Rechte zu seinen Gunsten ableitet, nach
dem Gesagten dafür beweispflichtig, dass die Voraussetzungen in casu erfüllt seien.
Dazu wäre vorab eine genaue Substanziierung der tatsächlichen Verhältnisse unab-
dingbar. Daran fehlt es offenkundig. Vor diesem Hintergrund ist der Pflichtige nicht als
leitender Angestellter zu qualifizieren. Abgesehen davon ist kaum anzunehmen, dass
seine Stellung als "leitend" im Sinn der erwähnten Rechtsprechung gelten könnte.
c) aa) Zu fragen ist sodann, ob der Pflichtige aufgrund anderer Umstände hier
unbeschränkt steuerpflichtig sei. Dabei kommt es auf seine persönliche und familiäre
Situation an. Dazu führt er aus, insofern hätten in den vergangenen Jahren Verände-
rungen stattgefunden. Im Jahr 2004 habe er sich faktisch von seiner Frau getrennt;
indes hätten sich die Gatten im Jahr 2007 versöhnt. Seine Ehefrau sei deshalb häufig
in die Schweiz gefahren, um ihn zu besuchen. In diesem Zusammenhang habe sie mit
seinem privaten Fahrzeug im Jahr 2007 über 60'000 km zurückgelegt. Er (der Pflichti-
ge) selber habe ein Geschäftsfahrzeug. Er sei schon rein beruflich bedingt, da er an
rund 25 Wochenenden für den Arbeitgeber tätig gewesen sei, nur selten übers Wo-
chenende nach Deutschland gefahren. Die Fahrtstrecke zwischen D und dem Wohnort
seiner Frau betrage immerhin knapp 500 km.
bb) All das vermag ihm indes nicht zu helfen: Vorab lässt der Umstand, dass
er verheiratet ist und er zusammen mit seiner Ehefrau und einem gemeinsamen Kind
eine Familienwohnstätte in Deutschland bewohnt, darauf schliessen, dass der Mittel-
punkt der Lebensinteressen dort anzusiedeln ist. Dass die Ehe 2007 tatsächlich ge-
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2 ST.2010.3 2 DB.2010.1
trennt gewesen sei, macht der Pflichtige nicht geltend. Gegen eine Trennung sprächen
ohnehin die gegenseitigen Besuche. Wohl mag es sein, dass die Gattin ihn dabei zu-
weilen in der Schweiz besucht hat. Daraus kann indes nicht geschlossen werden, der
Mittelpunkt habe sich hierher verschoben. Dies wäre auch schon deshalb nicht ohne
Weiteres nachvollziehbar, weil der Pflichtige sich hier keine eigene Wohnung hält, son-
dern lediglich über ein Zimmer in einem Hotel bzw. Gasthaus verfügt. In Deutschland
hingegen hält er sich in einer Wohnung im eigenen Haus auf. Unter solchen Umstän-
den zu schliessen, er habe in F bzw. D einen eigenen Haushalt geführt, wäre mehr als
gewagt und geht nicht an. Sodann ist darauf hinzuweisen, dass nach eigener Darstel-
lung eine gemeinsame Mittelverwendung der Ehegatten erfolgt. In Anbetracht der
grossen Distanz zwischen dem bayrischen Wohnort und der Arbeitsstätte in der
Schweiz wäre es leicht nachzuvollziehen, wenn sich die Eheleute nicht wöchentlich
getroffen haben. Wo Zusammenkünfte jeweils stattgefunden haben, lässt sich aus der
räumlichen Entfernung ebenso wenig wie aus der mit dem Privatauto des Pflichtigen
bewerkstelligten jährlichen Kilometerleistung von rund 60'000 schliessen. Auch geht
aus der Gesamtleistung nicht hervor, wer mit dem Auto tatsächlich wohin gefahren ist.
Dass dem Pflichtigen auch die private Benutzung eines Geschäftsfahrzeugs offen
stand, steht einer Verwendung des eigenen Autos zu privaten Zwecken nicht entge-
gen. Zu beachten ist im Weiteren, dass das Kind der Eheleute A 2007 15 Jahre alt war
und damals in Deutschland die Grundschule besucht hat. Auch in diesem Licht liegt es
auf der Hand, dass der Sohn mit dem Pflichtigen, seinem Vater, vor allem zu Hause in
Bayern zusammengetroffen ist und seine Eltern ihm die lange und beschwerliche Rei-
se in die Schweiz höchstens ausnahmsweise zugemutet haben. Schliesslich kann der
Pflichtige auch aus dem Umstand, dass er 2007 während "ca. 25 Wochenenden" im
Dienst der Arbeitgeberin aktiv war, nichts zu seinen Gunsten ableiten. Dies allein
schon deshalb nicht, weil davon auszugehen ist, er habe diese Arbeitszeit kompensie-
ren können. Darüber, was er dann unternommen hat, schweigt er sich aus.
Diese Umstände genügen also nicht, um gestützt auf Schweizer und Zürcher
Recht eine hiesige unbeschränkte Steuerpflicht zu begründen. Hinzugefügt werden
darf, dass der Lohnausweis der C auf die Adresse des Pflichtigen in I lautet und der
Pflichtige sich selber in der Steuererklärung als Wochenaufenthalter bezeichnet, indem
er entsprechende Abzüge beansprucht. Zwar widerrief er diese Würdigung später, in-
dem er seinen Status in jenen eines "Ex-Pat" umwandeln wollte. Indes versäumt er es
darzulegen, dass und weshalb er die Voraussetzungen für die Anwendung der Richtli-
- 15 -
2 ST.2010.3 2 DB.2010.1
nien des kantonalen Steueramtes über die Berücksichtigung besonderer Berufskosten
von vorübergehend in der Schweiz tätigen leitenden Angestellten und Spezialisten vom
23. Dezember 1999 (ZStB I Nr. 17/300) erfüllen soll. Seine Rechtfertigung überzeugt
nicht; der untaugliche Versuch zur Umdeutung muss demnach von vornherein schei-
tern.
cc) Schliesslich hat es der Pflichtige versäumt, detailliert darzutun und zu be-
legen, dass Deutschland ihn nicht der unbeschränkten Steuerpflicht unterwirft. Sollte
dem tatsächlich so sein, wäre es für ihn ein Leichtes gewesen, dies anhand eines ent-
sprechenden Steuerbescheids zu beweisen, sei es, dass dort lediglich seine Ehefrau
besteuert wurde, sei es, dass der deutsche Fiskus bei ihm einzig die Einkünfte aus
seiner Liegenschaft erfasst hat, wobei darauf hinzuweisen ist, dass er, der Pflichtige,
sein hiesiges Erwerbseinkommen auf jeden Fall hier zu versteuern hat. Angesichts der
dortigen Rechtslage (siehe § 1 Abs. 1 des Einkommenssteuergesetzes, in der Fassung
vom 19.Oktober 2002 [EStG], i.V.m. § 8 der Abgabeordnung 1977 v. 16. März 1976
[AO; einschliesslich Kommentar dazu: Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, §§ 1
ff.]) sowie der Kollisionsnormen im DBA CH-D ist seine unbelegte Behauptung, er gelte
in Deutschland einzig begrenzt auf die Liegenschaft als steuerpflichtig, ohnehin zu be-
zweifeln. Gemäss § 1 EStG und § 8 AO sind natürliche Personen, die im Inland einen
Wohnsitz haben, unbeschränkt steuerpflichtig, wobei der Wohnsitz dort ist, wo jemand
eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schliessen lassen, dass er die
Wohnung beibehalten und nutzen will. Massgeblich ist auch nach deutschem Recht
der räumliche Schwerpunkt der Lebensinteressen einer natürlichen Person (Tip-
ke/Kruse, § 8 N 1). Laut Art. 4 Abs. 1 DBA CH-D bedeutet der Ausdruck "eine in einem
Vertragsstaat ansässige Person" eine Person, die nach dem in diesem Staat geltenden
Recht dort unbeschränkt steuerpflichtig ist. Ist nach Abs. 1 von Art. 4 DBA CH-D eine
natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig, so gilt, dass sie in dem Ver-
tragsstaat ansässig ist, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt. Verfügt sie in
beiden Vertragsstaaten über eine derartige Wohnstätte, so gilt sie als in dem Vertrags-
staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen
hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen; Art. 4 Abs. 2 lit. a DBA CH-D). In diesem Licht
ist kollisionsrechtlich auf eine dortige Steuerpflicht zu schliessen. Abgesehen davon
vermöchte ihm selbst der Umstand einer erstellten fehlenden primären Besteuerung in
Deutschland nicht zu helfen. Denn angesichts dessen, dass der Nachweis der Erfül-
lung der Voraussetzungen für eine hiesige unbeschränkte Steuerpflicht gescheitert ist,
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2 ST.2010.3 2 DB.2010.1
kommt es insofern auf die dortige fiskalische Lage nicht an. Immerhin ist aus hiesiger
Sicht davon auszugehen, dass sich der Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen tatsäch-
lich in Deutschland befindet.
dd) Demnach muss es dabei sein Bewenden haben, dass der Pflichtige 2007
in der Schweiz nicht qua Wohnsitz oder Aufenthalt unbeschränkt steuerpflichtig ist.
Vielmehr hat er als internationaler Wochenaufenthalter zu gelten. Insofern ist dem
Rechtsmittelantrag auf nachträgliche ordentliche Veranlagung keine Folge zu leisten.
6. a) Geht der Pflichtige mithin hier ohne hiesigen steuerrechtlichen Wohnsitz
oder Aufenthalt einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit nach, so hat in das Steueramt
zu Recht der Quellensteuer unterworfen.
b) Gemäss Art. 25 Abs. 1 DBA CH-D, dürfen die Staatsangehörigen eines
Vertragsstaates im anderen Vertragsstaat weder einer Besteuerung noch einer damit
zusammenhängenden Verpflichtung unterworfen werden, die anders oder belastender
sind als die Besteuerung und die damit zusammenhängenden Verpflichtungen, denen
die Staatsangehörigen des anderen Staates unter gleichen Verhältnissen unterworfen
sind oder unterworfen werden können. Das Abkommen über die Freizügigkeit zwi-
schen der Schweiz und der EG und ihrer Mitgliedstatten vom 21. Juni 1999 (kurz: FA)
enthält eine ähnliche Regelung. Gemäss diesem Abkommen sind seine Bestimmungen
im Licht der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der EG vor dem Zeitpunkt der
Unterzeichnung des Abkommens auszulegen. Der europäische Gerichtshof erwog
1995, dass sich mit Bezug auf die direkten Steuern Gebietsansässige und Gebiets-
fremde in der Regel nicht in einer vergleichbaren Situation befinden, weshalb es
grundsätzlich nicht diskriminierend sei, wenn ein Staat Gebietsfremden bestimmte
Steuervergünstigungen vorenthalte, die er Gebietsansässigen gewährt bzw. wenn für
sie gewisse Vereinfachungen vorsehe. Anders verhalte es sich jedoch dann, wenn der
Gebietsfremde im Ansässigkeitsstaat keine nennenswerten Einkünfte habe und sein
steuerbares Einkommen im Wesentlichen aus dem Tätigkeitsstaat stammt. In diesem
Fall könnten sich die vorgesehenen Abzüge im Ansässigkeitsstaat nicht auswirken,
womit die persönliche Lage dieser steuerpflichtigen Personen weder im Ansässigkeits-
noch im Tätigkeitsstaat (angemessen) berücksichtigt werde. Darin liege eine verpönte
Diskriminierung (EuGH-Urteil vom 14.2.1995 i.S. R. Schumacker, Rs C-279/93 = IStR
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2 ST.2010.3 2 DB.2010.1
1995, 126; vgl. Zusammenstellung der Rechtsprechung in: Locher, Kommentar, Ein-
führung zu Art. 83 ff. N 44), welche zu beseitigen sei. Die Lehre teilt diese Auffassung;
deshalb seien unter solchen Umständen bestimmte Tarifkorrekturen nötig (Locher,
ebenda, Einführung zu Art. 83 ff. N 39, mit Verweisungen). Diese dürfen sich allerdings
nicht auf objektsbezogene Abzüge beschränken; auch allgemeine Abzüge müssen
insofern zulässig sein. Der gegenteiligen Auffassung (Zigerlig/Jud, in: Kommentar zum
Schweizerischen Steuerrecht, Band 1/2b, 2. A., 2008, Art. 91 N 13) ist nicht zu folgen.
Mit Grundsatzentscheid vom 26. Januar 2010 (2C_319/2009, www.bger.ch)
zur schweizerischen Quellensteuer übernahm das Bundesgericht diese Rechtspre-
chung und erwog unter Hinweis auf das Diskriminierungsverbot in DBA und im FA,
dass im Ausland wohnhafte Arbeitnehmer mit Arbeitsort Schweiz Anrecht auf dieselben
Abzüge haben müssen wie in der Schweiz wohnhafte Schweizer. Ob es sich dabei um
einen Grenzgänger oder aber einen internationalen Wochenaufenthalter handelt, kann
keine Rolle spielen. Voraussetzung ist gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung
einzig, dass das von einem solchen Quellensteuerbesteuerten erzielte Einkommen in
der Schweiz mindestens 90% des Gesamteinkommens ausmache, weshalb er gewisse
Aufwendungen im ausländischen Wohnsitzstaat steuerlich nicht absetzen könne; der-
gestalt aber werde seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nur ungenügend Rech-
nung getragen und trete eine verpönte Diskriminierung ein.
c) Der Pflichtige generiert sein steuerbares Einkommen, soweit erkennbar,
beinahe ausnahmslos aus seiner Tätigkeit bei der C, also aus Schweizer Quelle. Wie
es sich mit anderen Einkünften verhält, ist unklar. Immerhin gibt er lediglich noch be-
scheidene Einkünfte aus Guthaben sowie einen kleinen Verdienst seiner Ehefrau an.
Offen ist hingegen, ob er auch noch über Liegenschaftseinkünfte verfügt (in der Steu-
ererklärung 2007 sind keine deklariert). Jedenfalls liegt es nahe, dass er gewisse Auf-
wendungen wie z.B. die hohen Fahrtspesen zwischen dem deutschen Wohnort und
dem schweizerischen Wochenaufenthaltsort sowie die mit dem Wochenaufenthalt zu-
sätzlich verbundenen beruflichen Mehrkosten, welchen mit dem (pauschalierten) Quel-
lensteuertarif nicht Rechnung getragen wird, am Hauptsteuerdomizil schon mangels
Steuersubstrat nicht in Abzug bringen kann. Hinzu kommt, dass solche Auslagen oh-
nehin direkt mit dem quellenbesteuerten Erwerbseinkommen verbunden sind. Insofern
ist die genaue Lage ungewiss und besteht Abklärungsbedarf. Somit wird gestützt auf
die neueste Rechtsprechung zu prüfen sein, ob der Pflichtige aufgrund der Tatsache,
http://www.bger.ch/
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2 ST.2010.3 2 DB.2010.1
dass er einen überwiegenden Anteil seines Einkommens in der Schweiz generiert,
durch die Quellenbesteuerung gegenüber in der Schweiz wohnhaften Personen dis-
kriminiert wird. Bei Bejahung wäre einer solchen durch Gewährung zusätzlicher im
Inland vorgesehener Abzüge Abhilfe zu schaffen. Zu bestimmen, inwiefern dies not-
wendig ist, obliegt erstinstanzlich der Steuerverwaltung.
d) Dies führt zur Rückweisung des Geschäfts an das kantonale Steueramt und
zur teilweisen Gutheissung der Rechtsmittel, soweit darauf eingetreten wird.
e) Anzufügen bleibt schliesslich, dass für eine nachträgliche ordentliche Ver-
anlagung bzw. Einschätzung unter den gegebenen Umständen kein Raum ist (vorn
E. 2b).
7. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten anteilig aufzuerlegen
(Art. 144 Abs. 1 DBG, § 151 Abs. 1 StG) und ist auf die Zusprechung einer Parteient-
schädigung zu verzichten (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgeset-
zes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968; § 152 StG i.V.m. § 17
Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
5a8602ea-91d0-437f-916b-cbf03c1d00bb | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige bzw. zusammen mit seiner Ehefrau B die
Pflichtigen) ist als Ökonom im Bereich Vermögensverwaltung/Portfoliomanagement
tätig. In der Steuererklärung 2004 wurden für ihn einerseits Einkünfte aus unselbst-
ständiger Erwerbstätigkeit bzw. aus einer Anstellung bei der C in D (nachfolgend C),
von Fr. 198'772.- und andrerseits Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit von
Fr. 245'053.- deklariert. Bei den Letzteren handelte es sich um den letztmaligen Jah-
resgewinn der vom Pflichtigen seit 1995 betriebenen Einzelfirma E; der Umstand, dass
in der Jahresrechnung 2004 der Einzelfirma alle Geschäftsaktiven per 31. Dezember
2004 mit Fr. 0.- bewertet waren, liess nämlich darauf schliessen, der Pflichtige habe
seine diesbezügliche Geschäftstätigkeit per Ende 2004 aufgegeben. Im Privatvermö-
gen deklarierten die Pflichtigen u.a. eine Beteiligung (2000 Aktien) an der F AG, G
(vormals H AG; nachfolgend F/H). Zur Firmengruppe der Letzteren gehören die Toch-
tergesellschaften C, I AG, K, und die J AG, K.
Bereits in den Vorjahren hatte die Steuerbehörde die Auffassung vertreten, die
vorgenannte Beteiligung an der F/H sei dem Geschäftsvermögen des Pflichtigen zuzu-
ordnen, weil dessen Einzelfirma den Hauptumsatz mit Gesellschaften der H-Gruppe
erziele. In den Einschätzungsverfahren betreffend die Steuerperioden 2002 und 2003
wies der Steuerkommissär sogar explizit darauf hin, dass die Beteiligung in die Bilanz
der Einzelfirma aufzunehmen sei. Im Rahmen einer telefonischen Besprechung vom
11. Juli 2005 wurde damals auch bereits die Frage aufgeworfen, welche steuerlichen
Folgen eine Liquidation der Einzelfirma (bzw. ein Übergang der selbstständigen Er-
werbstätigkeit des Pflichtigen für die H-Gruppe zu einer Festanstellung bei dieser
Gruppe) haben würde. Dabei vertrat der Steuerkommissär die Ansicht, dass diesfalls
alle Vermögenswerte – inklusive die dannzumal zu bewertende F/H-Beteiligung – vom
Geschäfts- ins Privatvermögen zu überführen seien. Der Steuervertreter der Pflichtigen
stellte sich demgegenüber auf den Standpunkt, bei dieser Beteiligung handle es sich
um Privatvermögen.
Weil die Deklaration 2004 – wie erwähnt – nahelegte, der Pflichtige habe sei-
ne selbstständige Erwerbstätigkeit per Ende 2004 aufgegeben, musste in der Steuer-
periode 2004 die Frage nach der bisherigen Zuordnung der F/H-Beteiligung zum Ge-
schäfts- oder Privatvermögen im Hinblick auf mögliche steuerliche Konsequenzen
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1 ST.2008.383 1 DB.2008.235
zwangsläufig beantwortet werden. Für den Fall der Zuordnung der Beteiligung zum
Geschäftsvermögen war zudem der Wert der Beteiligung im Zeitpunkt der Überführung
ins Privatvermögen zu ermitteln bzw. war zu prüfen, ob ein steuerbarer Überführungs-
gewinn realisiert worden ist. Im Rahmen einer entsprechenden Untersuchung verlangte
der Steuerkommissär in der Folge am 5. Juli und 18. September 2006 detaillierte Aus-
züge aus der Buchhaltung der Einzelfirma und forderte er zudem Unterlagen und An-
gaben zur Bestimmung des Werts der F/H-Beteiligung ein. Die Pflichtigen liessen die
Auflagen am 20. Juli bzw. 27. Oktober 2006 beantworten.
Gestützt auf das Untersuchungsergebnis vertrat der Steuerkommissär mit Ein-
schätzungsvorschlägen für die Steuerperiode 2004 vom 31. Oktober 2006 die Auffas-
sung, im Zusammenhang mit der Aufgabe der selbstständigen Erwerbstätigkeit des
Pflichtigen sei einkommensseitig ein Gewinn aus der Überführung von 2000 F/H-Aktien
vom Geschäfts- ins Privatvermögen in der Höhe von Fr. 1'604'206.- aufzurechnen
(Überführungswert Fr. 1'983'806.- ./. Anschaffungswert von Fr. 379'600.-). Dem Über-
führungswert legte er dabei einen selbst errechneten Aktienpreis von Fr. 992.- zu
Grunde. Die Pflichtigen liessen diese Vorschläge mit Eingabe vom 28. November 2006
zurückweisen.
Mit Auflage vom 1. Dezember 2006 ergänzte der Steuerkommissär die Unter-
suchung, wobei er insbesondere den Vertrag zwischen den Aktionären der F/H (Aktio-
närsbindungsvertrag) sowie die Verträge betreffend die Zusammenarbeit des Pflichti-
gen mit den Gruppengesellschaften einforderte. Die Pflichtigen liessen diese Auflage
am 13. Februar 2007 beantworten.
Am 20. August 2007 trafen sich die Parteien zu einer Besprechung. Eine Eini-
gung kam dabei weder mit Bezug auf die Frage, ob die F/H-Beteiligung dem Ge-
schäfts- oder Privatvermögen zuzuordnen sei, noch hinsichtlich der Bewertungsfrage
zustande.
Unter Bezugnahme auf die vorerwähnte Besprechung liess der Vertreter der
Pflichtigen dem Steuerkommissär am 29. Oktober 2007 eine persönliche Stellungnah-
me des Pflichtigen betreffend die Bewertung der F/H-Aktien zukommen.
Mit Auflage vom 6. Dezember 2007 und Mahnung vom 21. Januar 2008 ver-
langte der Steuerkommissär unter Bezugnahme auf den Aktionärsbindungsvertrag
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1 ST.2008.383 1 DB.2008.235
weitere Unterlagen zur Wertermittlung der F/H-Aktien. Diese Auflagen liessen die
Pflichtigen am 9. Januar bzw. 5. Februar 2008 beantworten.
Mit Entscheid bzw. Hinweis vom 20. Februar 2008 schätzte der Steuerkom-
missär die Pflichtigen für die Staats- und Gemeindesteuern 2004 mit einem steuerba-
ren Einkommen von Fr. 1'598'600.- (statt deklariert Fr. 405'331.-) und einem steuerba-
ren Vermögen von Fr. 80'000.- (statt deklariert Fr. 0.-) ein bzw. sah er für die direkten
Bundessteuer die Veranlagung mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 1'601'200.-
(statt deklariert Fr. 407'931.-) vor. Die einkommensseitigen Aufrechnungen begründete
er dabei mit einem bei der Aufgabe der selbstständigen Erwerbstätigkeit erzielten Net-
togewinn aus der Überführung der F/H-Beteiligung vom Geschäfts- ins Privatvermögen
von Fr. 1'325'873.- (Überführungswert Fr. 1'705'473.- ./. Einstandswert/ Buchwert
Fr. 379'600.- ./. AHV-Rückstellung von 10%). Der Überführungswert basierte auf einem
neu errechneten Aktienpreis von Fr. 853.-.
Die Veranlagung betreffend die direkte Bundessteuer wurde den Pflichtigen
mit Schlussrechnung vom 27. März 2008 formell eröffnet.
B. Die hiergegen erhobenen Einsprachen vom 20. März bzw. 16. April 2008,
mit welchen die Pflichtigen unter Verweis auf die Gehörigkeit der F/H-Beteiligung zum
Privatvermögen den Verzicht auf die Aufrechnung eines Überführungsgewinns bzw.
die Vornahme der Einkommenseinschätzungen gemäss Deklaration hatten verfechten
lassen, wurden vom kantonalen Steueramt nach Durchführung weiterer Bewertungs-
abklärungen (Auflage vom 2. Juni 2008 und Antwort vom 28. Juli 2008) mit Entschei-
den vom 24. Oktober 2008 abgewiesen.
C. Mit Rekurs bzw. Beschwerde vom 26. November 2008 liessen die Pflichti-
gen abermals die Vornahme von deklarationsgemässen Einkommenseinschätzungen
infolge Zuordnung der F/H-Beteiligung zum Privatvermögen beantragen. Weiter wurde
für den Fall einer Zuordnung zum Geschäftsvermögen verfochten, dass pro 2004 noch
keine Überführung der Beteiligung ins Privatvermögen stattgefunden habe und mithin
die Einkommensveranlagungen 2004 wiederum deklarationsgemäss vorzunehmen
seien (Eventualantrag 1). Falls auf pro 2004 ins Privatvermögen überführtes Ge-
schäftsvermögen geschlossen werde, sei sodann von einem Aktienwert von Fr. 170.-
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1 ST.2008.383 1 DB.2008.235
und damit von einem Überführungsverlust auszugehen, womit die steuerbaren Ein-
kommen entsprechend herabzusetzen seien (Eventualantrag 2); im Übrigen seien je-
denfalls die 200 Aktien, welche der Pflichtige am 29. April 2004 gekauft habe, dem
Privatvermögen zuzuordnen, weil pro 2004 keine selbstständige Erwerbstätigkeit mehr
ausgeübt worden sei (Eventualantrag 3). Weiter wurde die Zusprechung einer Partei-
entschädigung beantragt.
Das kantonale Steueramt schloss mit Rekurs- bzw. Beschwerdeantwort vom
18. Dezember 2008 auf kostenfällige Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössische
Steuerverwaltung (ESTV) liess sich nicht vernehmen.
Im Rahmen von längeren Vergleichsbemühungen des Referenten der Rekurs-
kommission konnte am 2./21. Oktober 2009 mit den Parteien in der Bewertungsfrage
eine Einigung erzielt werden.
Auf das Ergebnis der steueramtlichen Untersuchungen im Einschätzungs- und
Einspracheverfahren, die vorinstanzlichen Erwägungen in den angefochtenen Einspra-
cheentscheiden und die Rekurs- bzw. Beschwerdebegründung ist, soweit erforderlich,
in den nachstehenden Erwägungen einzugehen. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. a) Im Anschluss an den in der Bewertungsfrage zustande gekommenen
Vergleich stellte der von den Pflichtigen neu beigezogene Vertreter mit E-mail vom
2. Oktober 2009 Antrag auf Durchführung eines zweiten Schriftenwechsels.
b) Die Rekurskommission ordnet nur ausnahmsweise – namentlich zur Wah-
rung des rechtlichen Gehörs – einen weiteren Schriftenwechsel an (§ 148 Abs. 2 des
Steuergesetzes vom 8. Juni 1997, StG, bzw. Art. 142 Abs. 3 des Bundesgesetzes über
die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990, DBG). Vorliegend sind keine Grün-
de ersichtlich, welche es rechtfertigten, dem Antrag auf Einräumung eines zweiten
Schriftenwechsels zu entsprechen, denn die Rekurs- bzw. Beschwerdeantwort der
- 6 -
1 ST.2008.383 1 DB.2008.235
Vorinstanz enthält keinerlei neuen Vorbringen, welche eine Anhörung der Pflichtigen
erforderlich machen würden.
Im Übrigen ist den Anforderungen der neuen Rechtsprechung des Bundesge-
richts in Bezug auf das Replikrecht mit Zustellung der Rekursantwort am 29. Januar
2009 entsprochen worden (BGE 133 I 98; 133 I 100).
2. a) Nach der Generalklausel von § 16 Abs. 1 StG und Art. 16 Abs. 1 DBG
unterliegen der Einkommenssteuer alle wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte.
Gemäss § 18 StG und Art. 18 DBG sind insbesondere alle Einkünfte aus einem Han-
dels-, Industrie-, Gewerbe-, Land- und Forstwirtschaftsbetrieb, aus einem freien Beruf
sowie aus jeder anderen selbstständigen Erwerbstätigkeit steuerbar (jeweils Abs. 1).
Zu den Einkünften aus selbstständiger Erwerbstätigkeit zählen sodann auch alle Kapi-
talgewinne aus Veräusserung, Verwertung oder buchmässiger Aufwertung von Ge-
schäftsvermögen; der Veräusserung gleichgestellt ist die Überführung von Geschäfts-
vermögen in das Privatvermögen, wobei als Geschäftsvermögen alle Vermögenswerte
gelten, die ganz oder vorwiegend der selbstständigen Erwerbstätigkeit dienen (jeweils
Abs. 2).
b) Der Pflichtige hat die im Streit liegenden Aktien der im Jahr 2000 neu ge-
gründeten F/H wie folgt erworben:
(Fr.)
01.11.2000 (Kauf) 1080 Aktien à Fr. 100.- 108'000.-
26.09.2002 (Zukauf) 720 Aktien à Fr. 330.- 237'600.-
29.04.2004 (Zukauf) 200 Aktien à Fr. 170.- 34'000.-
Total 2000 Aktien 379'600.-.
Per Ende 2004 waren diese 2000 Aktien noch immer in seinem Besitz; sie
sind also nicht verkauft worden (vgl. Wertschriftenverzeichnis 2004). Steuerbares Ein-
kommen konnte mit diesen Aktien pro 2004 mithin nur dann erzielt werden, wenn sie in
dieser Periode vom Geschäftsvermögen des Pflichtigen in dessen Privatvermögen
überführt worden sind. Zu prüfen ist damit zunächst, ob sich die Aktien überhaupt je im
Geschäftsvermögen des Pflichtigen befunden haben.
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1 ST.2008.383 1 DB.2008.235
3. a) Eine Zuordnung der Aktien zum Geschäftsvermögen bedingt vorab, dass
der Pflichtige bei deren Erwerb eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hat.
Dass dies in den Jahren vor 2004 grundsätzlich der Fall war, ist unbestritten. Zum Hin-
tergrund der diesbezüglichen Tätigkeit des Pflichtigen lässt sich der Rekurs- bzw. Be-
schwerdeschrift entnehmen:
aa) Am 1. Oktober 1993 sei der Pflichtige in die im Jahr 1992 gegründete H
AG in L, eine "Vorgängerfirma" der heutigen F/H, eingetreten, wobei er sich damals mit
1478 Aktien (= 29.56%) an dieser Gesellschaft beteiligt habe. Im Jahr 1994 habe er
sich dann mit 200 Aktien (= 25%) auch an der M AG in N, einer Gesellschaft seines
Vaters, beteiligt. Das letztere Engagement habe man damals bei der H AG (Herren O
und P) nicht gerne gesehen; es sei befürchtet worden, dass sich der Pflichtige zu stark
um das väterliche Geschäft kümmern werde. Aus diesem Grund habe dieser seine
Beteiligung an der H AG 1995 verkauft, sei aus dieser ausgetreten und habe die Ein-
zelfirma "E, A, N" gegründet. Erst fünf Jahre später, am 1. November 2000, habe er
sich dann mit 1080 Aktien (= 9%) an der im Februar 2000 neu gegründeten F/H betei-
ligt; am 26. September 2002 habe er sodann weitere 720 Aktien (6%) und am 29. April
2004 weitere 200 Aktien (1.67%) hinzu gekauft. Der seinerzeitige Verkauf der Beteili-
gung an der H AG dokumentiere, dass die Einzelfirma nicht aus steuerlichen Überle-
gungen gegründet worden sei, sondern lediglich, um klare Verhältnisse zu schaffen;
mit dem Verkauf habe der Pflichtige damals bewusst in Kauf genommen, nicht mehr
auf die Geschäftsstrategie – weder als Aktionär, noch als Verwaltungsrat – Einfluss
nehmen zu können. Den Entscheid, wieder als Arbeitnehmer in die F/H-Gruppe einzu-
treten (sinngemäss 2004), habe der Pflichtige nach den Austritten der Herren O und P
gefällt.
bb) Diesen Ausführungen gemäss war der Pflichtige mithin ab 1995 als
selbstständiger Vermögensverwalter tätig. Belegt ist dies ab 2001 auch durch die ak-
tenkundigen Deklarationen. In der Steuererklärung 2001 wurden Einkünfte aus der
besagten Einzelfirma von Fr. 609'822.- deklariert; pro 2002 waren es dann
Fr. 249'873.- und pro 2003 Fr. 323'042.-. Einkünfte aus unselbstständiger Erwerbstä-
tigkeit sind vom Pflichtigen (abgesehen von Nebeneinkünften aus behördenamtlicher
Tätigkeit und VR-Honoraren) in diesen rechtskräftig veranlagten Steuerjahren nicht
erzielt worden. Solche kamen als Folge seiner Neuanstellung bei der C erst im hier
betroffenen Kalenderjahr 2004 hinzu; in diesem Jahr stellte er zudem den Betrieb sei-
ner Einzelfirma ein bzw. erwirtschafte er zum letzten Mal entsprechende Einkünfte aus
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1 ST.2008.383 1 DB.2008.235
selbstständiger Erwerbstätigkeit von Fr. 245'053.-. Eine berufliche Veränderung bzw.
ein Wechsel von selbstständiger zu unselbstständiger Erwerbstätigkeit hat mithin frü-
hestens im Kalenderjahr 2004 stattgefunden.
b) Aus dem Gesagten ergibt sich, dass der Pflichtige jedenfalls beim Erwerb
der ersten beiden Aktientranchen pro 2000 und 2002 selbstständig erwerbstätig war.
Eine selbstständige Erwerbstätigkeit lag aber auch beim Erwerb der letzten 200 Aktien
im April 2004 noch immer vor. Der gegenteiligen Ansicht der Pflichtigen (Eventualan-
trag 3) kann nicht gefolgt werden:
aa) Die Letzteren führen aus, bereits ab dem 1. Januar 2003 seien die Vor-
aussetzungen für die Annahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit des Pflichtigen
eigentlich nicht mehr gegeben gewesen. Bis und mit 2002 habe dieser nämlich neben
seiner Tätigkeit für die F/H-Gruppe auch Leistungen für die M AG erbracht und ver-
rechnet. Ab dem 1. Januar 2003 sei er dann aber nur noch für die F/H-Gruppe tätig
gewesen und habe er damit die von den AHV-Behörden gestellten Anforderungen für
eine selbstständige Erwerbstätigkeit nicht mehr erfüllt; auch seien steuerlich die ent-
sprechend vorausgesetzten Kriterien (eigenes Risiko, Teilnahme am Wirtschaftsver-
kehr etc.) nicht mehr gegeben gewesen. Im Endeffekt habe ein abhängiges Arbeitsver-
hältnis bzw. ein Unterstellungsverhältnis gegenüber seinen Auftraggebern vorgelegen.
Weil das Steuerjahr 2003 bereits definitiv veranlagt und die selbstständige Erwerbstä-
tigkeit bis anhin von keiner Seite hinterfragt worden sei, könne die Letztere nun frühes-
tens 2004 in Frage gestellt werden.
bb) Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass der Pflichtige in den Jahren
2003 und 2004 gemäss seinen Honorarrechnungen auch für die S in T, sowie pro 2004
für die Q in R tätig war. Ob und wie die letzteren Gesellschaften mit der F/H-Gruppe
verflochten sind, ist nicht bekannt; eine ausschliessliche Tätigkeit für Firmen dieser
Gruppe ab 2003 ist damit jedenfalls nicht nachgewiesen worden. Hinzu kommt, dass
es Treu und Glauben widerspricht, wenn ein Steuerpflichtiger seinen steuerrechtlich
(und sozialversicherungsrechtlich) über Jahre in Anspruch genommenen Status als
Selbstständigerwerbender genau dann erstmal in Frage stellt, wenn für ihn deswegen
ungünstige steuersystematische Konsequenzen im Raum stehen. In der vorliegenden
Konstellation kann es deshalb letztlich nur um die Frage gehen, wann die seit 1995
ausgeübte selbstständige Erwerbstätigkeit beendet worden ist. Diesbezüglich ist die
Aufgabe der geschäftlichen Tätigkeit und die damit verbundene Liquidation des Ge-
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1 ST.2008.383 1 DB.2008.235
schäftsvermögens massgeblich (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum
harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 18 N 46 und dies. in Handkom-
mentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 18 N 58). Vorliegend ist die Geschäftsaufgabe pro
2004 erfolgt, und zwar klarerweise nach dem Zukauf der letzten Aktientranche im April.
In der Jahresrechnung 2004 der Einzelfirma sind die verschiedenen Geschäftseinnah-
men und -ausgaben nämlich noch über das ganze Jahr hinweg verteilt und die Liquida-
tionsbuchungen bzw. die Ausbuchungen der Geschäftsaktiven ins Privatvermögen
datieren denn auch erst vom 31. Dezember 2004.
c) Als Zwischenergebnis lässt sich somit festhalten, dass der Pflichtige beim
Erwerb aller in Frage stehenden 2000 Aktien der F/H selbstständig erwerbstätig war.
Ob die Beteiligung an der F/H dieser Tätigkeit bzw. dem entsprechenden Geschäfts-
vermögen des Pflichtigen zuzuordnen ist, ist damit freilich noch nicht entschieden. Fest
steht indes bereits, dass dem an das Kriterium der fehlenden selbstständigen Erwerbs-
tätigkeit anknüpfenden Eventualantrag 3 kein Erfolg beschieden sein kann.
4. a) Wie bereits erwähnt, gelten als Geschäftsermögen alle Vermögenswerte,
die ganz oder vorwiegend der selbstständigen Erwerbstätigkeit dienen (§ 18 Abs. 2
Satz 3 StG; Art. 18 Abs. 2 Satz 3 DBG).
Bei Wertschriften bzw. Aktien handelt es sich um Alternativgüter, die sowohl
dem Geschäft wie auch privaten Zwecken dienen können. Nach ständiger Rechtspre-
chung ist die Zuteilung eines alternativen Wirtschaftguts nach objektiven Gesichtspunk-
ten unter Würdigung der Gesamtheit der Umstände und der tatsächlichen Verhältnisse
des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei kommt der Mittelherkunft für die Anschaffung
und der buchmässigen Behandlung des betreffenden Aktivums geringeres Gewicht zu
als seiner Zweckbestimmung im Betrieb, d.h. der technisch-wirtschaftlichen Funktion
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 18 N 80 sowie Art. 18 N 96, je mit Hinweisen).
Nach der jüngsten bundesgerichtlichen Rechtsprechung liegt bei Aktien bzw.
Beteiligungsrechten Geschäftsvermögen im Sinn der vorgenannten Gesetzbestimmun-
gen dann vor, wenn eine enge wirtschaftliche Beziehung zwischen der Beteiligung an
der Kapitalgesellschaft und dem Geschäft des Steuerpflichtigen besteht (Urteil vom
22. April 2005, StE 2006 B 23.2 Nr. 31, auch zum Folgenden). Eine solche ist insbe-
sondere anzunehmen, wenn die Beteiligung für Geschäftszwecke erworben wurde
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1 ST.2008.383 1 DB.2008.235
oder sie dem Inhaber einen massgeblichen Einfluss auf eine Gesellschaft verschafft,
deren geschäftliche Tätigkeit seiner eigenen entspricht oder diese sinnvoll ergänzt,
was ihm erlaubt, seine ursprüngliche Geschäftstätigkeit auszudehnen. Diese Voraus-
setzung ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige die Beteiligungsrechte konkret dazu
einsetzt, um das Geschäftsergebnis seines eigenen Unternehmens bzw. dessen Ge-
winnchancen zu verbessern (BGr, 9. April 2004, 2A. 431/2000, E. 4, publiziert in: ASA
71, 288; vgl. auch Peter Locher, Kommentar zum DGB, 2001, N 139 zu Art. 18 DBG).
Nicht erforderlich für die Zurechnung zum Geschäftsvermögen ist eine Mehrheitsbetei-
ligung (STE 2006 B 23.2 Nr. 31: 25 %-Beteiligung).
b) Die in Frage stehenden 2000 Aktien der F/H entsprechen mit 16.67% (1/6
der insgesamt 12'000 Aktien) lediglich einer Minderheitsbeteiligung. Dies hindert deren
Zuteilung zum Geschäftsvermögen des Pflichtigen nach dem Gesagten nicht. Voraus-
setzung bildet indessen, dass die erworbene Beteiligung für dessen Tätigkeit als
selbstständiger Vermögensverwalter von wirtschaftlichem Nutzen war.
aa) Unbestritten ist, dass der Pflichtige im Rahmen seiner selbstständigen
Erwerbstätigkeit in den Jahren 2000 bis 2004 den Grossteil seiner Dienstleistungen für
die sogenannte H-Gruppe erbracht hat. Aus den Geschäftsjahren 2002 bis 2004 sind
folgende detaillierten Honorarrechnungen aktenkundig (vgl. die Belege zu den entspre-
chenden Einnahmebuchungen):
2002 2003 2004 (Fr.) (Fr.) (Fr.)
Total Honorare 379'427.30 515'672.15 446'840.-
davon
H AM Fondsleitung AG, D 50'787.30 104'000.-
C, D 30'000.-
I AG, 258'240.- 193'680.- 96'840.- K
H AG, G 20'400.- 30'500.-
S, 141'117.15 320'000.- T
Q, R 46'375.-
M AG 50'000.-
Bei der C und der I AG handelt es sich um 100%ige Tochtergesellschaften der
F/H (vgl. Aktienbewertung). Allein mit diesen beiden Kunden erwirtschaftete die Einzel-
firma des Pflichtigen in den vorerwähnten Jahren mithin beinahe die Hälfte ihrer Ein-
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nahmen. Damit ist naheliegend, dass der Erwerb der F/H-Beteiligung dem Pflichtigen
(in der Terminologie des Bundesgerichts) auch dazu gedient hat, das Geschäftsergeb-
nis bzw. die Gewinnchancen seiner eigenen Tätigkeit als selbstständiger Vermögens-
verwalter zu verbessern.
bb) Die Pflichtigen stellen dies unter Verweis auf den nachfolgenden Zahlen-
vergleich in Abrede:
Geschäftsjahr Gewinn Umsatz
(Fr.) (Fr.)
1997 281'601.- 502'071.-
1998 640'065.- 770'636.-
1999 239'309.- 418'653.-
2000 432'381.- 601'161.-
2001 609'858.- 783'690.-
2002 259'783.- 425'427.-
2003 333'042.- 537'672.-
2004 245'053.- 446'840.-
Diese Aufstellung zeige, dass sich die durchschnittlichen Ergebnisse der Ein-
zelfirma nach dem Erwerb der F/H Aktien in den Jahren 2000, 2002 und 2004 nicht
verbessert hätten.
Die Argumentation mit einem solchen Zahlenvergleich greift zu kurz: Dies zu-
nächst schon deshalb, weil ein geschäftlich bedingter Beteiligungserwerb auch mit
Blick auf den Wegfall von bisherigen Auftraggebern oder zur Sicherung des bisherigen
Auftragsvolumens eingegangen werden kann. Das Bundesgericht spricht im Zusam-
menhang mit der Abgrenzungsfrage denn auch zu Recht von der Verbesserung der
Gewinnchancen; eine tatsächliche Gewinnsteigerung ist für die Zuweisung eines Betei-
ligungserwerbs in den geschäftlichen Bereich nicht erforderlich. Im Übrigen zeigt der
Zahlenvergleich der Pflichtigen auf, dass per 1999 ein Umsatz- und Gewinneinbruch zu
verzeichnen war, worauf in den Kalenderjahren 2000/2001, d.h. unmittelbar nach dem
Erwerb der ersten Aktientranche, wieder eine deutliche Erholung stattgefunden hat.
Mit den Geschäftskennzahlen allein lässt sich die Abgrenzungsfrage letztlich
wohl nicht beantworten, weshalb die Beziehungen des Pflichtigen zu den Gesellschaf-
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1 ST.2008.383 1 DB.2008.235
ten der H-Gruppe sowie zu der in Frage stehenden Beteiligung noch näher auszu-
leuchten sind:
cc) Auszugehen ist zunächst davon, dass der Pflichtige seine Umsätze schon
vor dem Beteiligungserwerb vorab mit Gesellschaften der H-Gruppe erzielt hat. Dafür
spricht etwa, dass er seit 1994 im Verwaltungsrat der H AG, G (früher K), sitzt (vgl.
Handelsregisterauszug). Bei der am 9. Dezember 1999 im Handelsregister eingetrage-
nen I AG, K (früher L), ist der Pflichtige sodann seit dem 21. September 2000 mit der
Funktion "Direktor" aufgeführt (vgl. Handelsregisterauszug). Sodann ist er seit dem
8. Mai 2001 Verwaltungsratspräsident der per 8. Mai 2001 im Handelsregister einge-
tragenen J AG, K (vgl. Handelsregisterauszug). Verwaltungsrat war der Pflichtige aber
auch bei der H AM Fondsleitung AG, D (vgl. Lohnausweis 2002 über ein entsprechen-
des Verwaltungsratshonorar). Ein von der C publiziertes Curriculum (aus der Zeit nach
2005) führt den Pflichtigen sodann als ihren CEO seit 1993 auf; im gleichen Dokument
wird er zudem als Gründungsmitglied, Partner und CEO der H Group K/G seit 1993
aufgeführt. Auch bei der (im Gartenbau tätigen) Gesellschaft seines Vaters, der M AG,
N (heute U AG), hat der Pflichtige seit 1994 ein Mandat als Verwaltungsrat (vgl. Han-
delsregisterauszug).
Als allgemeine Erkenntnis lässt sich damit festhalten, dass der Pflichtige die
Umsätze seiner Einzelfirma offenkundig seit jeher grossmehrheitlich mit Leistungen für
Gesellschaften erzielt hat, in welche er funktionell eingebunden war bzw. in welchen er
aufgrund seiner Funktionen über die Auftragsvergabe mit entscheiden konnte.
Die F/H mit Sitz in G wurde (unter der früheren Firma H AG) am 16. Februar
2000 ins Handelsregister eingetragen. Einsitz in deren Verwaltungsrat nahm der Pflich-
tige erst am 7. Dezember 2006. Wenn er per 2000, 2002 und 2004 Aktien an dieser
neu gegründeten Holding- bzw. Beteiligungsgesellschaft erworben hat, so ist ein wirt-
schaftlicher Zusammenhang zur Geschäftstätigkeit seiner Einzelfirma offensichtlich:
Indirekt hat er damit nämlich einen Anteil an den Hauptkunden seiner Einzel-
firma erworben, denn der F/H gehören – wie erwähnt – u.a. die Tochtergesellschaften
C und I AG. Mit 16.67% aller Aktien bzw. einer Beteiligung von 1/6 war er zwar nicht
massgebender Aktionär der F/H und hatte er zudem in den fraglichen Jahren auch
noch nicht Einsitz in deren Verwaltungsrat genommen; Einfluss auf die Geschäftspolitik
konnte er als einer von damals sieben Partnern aber gleichwohl nehmen. Schon mit
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1 ST.2008.383 1 DB.2008.235
den im Gründungsjahr erworbenen 1'080 Aktien hielt er nämlich immerhin das viert-
grösste Aktienpaket (nach V [3'240 Aktien], P [2'880 Aktien] und der W AG [2'880 Akti-
en]; vgl. Aktionärsbindungsvertrag); seine Stellung innerhalb der partnerschaftlich or-
ganisierten Gesellschaft war damit keineswegs unbedeutend, zumal er über die
anderen Gesellschaften der H-Gruppe auch mit dem Hauptaktionär V geschäftlich eng
verbunden war (gemäss Curriculum der C ist der Letztere [wie der Pflichtige] Grün-
dungsmitglied und Partner der H-Group, K/G, und deren Präsident). Wie bereits fest-
gestellt, stand das Auftragsvolumen der Einzelfirma des Pflichtigen seit jeher in engs-
tem Zusammenhang zu dessen Verflechtungen mit den einzelnen Unternehmen der
H-Gruppe. Wenn nun einigen dieser Unternehmen mit der F/H eine Dachgesellschaft
übergestülpt worden ist und sich der Pflichtige als Partner an dieser Dachgesellschaft
beteiligt hat, so liegt es auf der Hand, dass er damit seine Position innerhalb der
H-Gruppe weiter gefestigt hat, was letztlich wiederum auch seiner von dieser Gruppe
wirtschaftlich abhängigen Einzelfirma zugute gekommen ist. Im Sinn der bundesge-
richtlichen Rechtsprechung ist mithin von einer engen wirtschaftlichen Beziehung zwi-
schen der Beteiligung des Pflichtigen an der in Frage stehenden Kapitalgesellschaft
und dessen Einzelfirma auszugehen.
Damit steht fest, dass die 2000 Aktien der F/H während der Dauer der selbst-
ständigen Erwerbstätigkeit des Pflichtigen dessen Geschäftsvermögen zuzuordnen
sind; insoweit dringen die Pflichtigen mit ihrer gegenteiligen Auffassung mithin nicht
durch.
5. a) Für den nun eingetretenen Fall der Zuordnung der F/H-Beteiligung zum
Geschäftsvermögen lassen die Pflichtigen verfechten, dass eine Überführung ins Pri-
vatvermögen pro 2004 noch gar nicht stattgefunden habe (Eventualantrag 1). Diesfalls
sei nämlich davon auszugehen, dass im Kalenderjahr 2004 zwar die aktive Erwerbstä-
tigkeit geendet habe; jedoch habe noch keine endgültige Klarheit betreffend die weitere
Zweckbestimmung der Beteiligung bestanden. Der Pflichtige habe nicht entschieden
bzw. nicht entscheiden können, ob er die Beteiligung veräussern oder in sein Privat-
vermögen überführen wolle. Er habe nämlich nicht wissen können, ob der Fiskus die
Beteiligung als Geschäftsvermögen qualifiziere.
b) Wie bereits ausgeführt, endet die selbstständige Erwerbstätigkeit mit der
Aufgabe der geschäftlichen Tätigkeit und der damit verbundenen Liquidation des Ge-
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1 ST.2008.383 1 DB.2008.235
schäftsvermögens. Bei der Betriebsaufgabe stellt sich dabei die Frage, wann die ent-
sprechenden Vermögensgegenstände die Geschäftsvermögensqualität verlieren und in
das Privatvermögen übergehen. Dies muss nicht (zwingend) mit der Betriebsaufgabe
der Fall sein. Was früher Betriebsvermögen war, bleibt es auch nach der Berufs- oder
Geschäftsaufgabe solange, als nicht eine private Verwendung nachgewiesen wird (vgl.
Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 18 N 46 und dies., Art. 18 N 84).
c) Im vorliegenden Fall hat der Pflichtige seine selbstständige Erwerbstätigkeit
per Ende 2004 aufgegeben; dies zeigt sich einerseits in den letzten Honorarrechnun-
gen, welche allesamt noch das Geschäftsjahr 2004 betreffen (vgl. Belege zum Er-
tragskonto 3000) und andrerseits aber auch im Umstand, dass er ab dem 1. Januar
2005 einen neuen Arbeitsvertrag mit der C über die Anstellung als deren Geschäftsfüh-
rer mit einem Jahressalär von Fr. 420'000.- abgeschlossen hat. Spätestens per Ende
2004 hat der Pflichtige aber nicht nur seine Geschäftsaktivitäten eingestellt, sondern
hat er auch die Liquidation seiner Einzelfirma abgeschlossen. Gemäss Buchhaltung
wurden nämliche sämtliche Aktiven – wie z.B. Mobiliar und Einrichtungen, Fahrzeug,
Darlehen – per 31. Dezember 2004 ins Privatvermögen überführt (vgl. Buchhaltungs-
konto 2800). Der gleiche Überführungszeitpunkt muss mithin auch für die F/H-
Beteiligung gelten, welche der Pflichtige fälschlicherweise (und entgegen den steuer-
behördlichen Aufforderungen in den Vorjahren) nie in die Geschäftsbilanz aufgenom-
men hatte.
6. a) Die Pflichtigen lassen weiter verfechten, falls eine Überführung der Betei-
ligung vom Geschäfts- ins Privatvermögen pro 2004 stattgefunden habe, so sei der
Überführungswert der Beteiligung massiv nach unten zu korrigieren (Eventualantrag 2).
Auszugehen sei von Fr. 170.- pro Aktie, welchen Preis der Pflichtige beim Zukauf der
200 Aktien am 29. April 2004 bezahlt habe. Damit resultiere letztendlich kein Überfüh-
rungsgewinn, sondern im Gegenteil ein Überführungsverlust.
b) Auszugehen ist nach dem Gesagten davon, dass die Überführung per
31. Dezember 2004 stattgefunden hat. Schon aus diesem Grund kann auf den von den
Pflichtigen verfochtenen Wert, welcher den Zeitpunkt April 2004 betrifft, nicht abgestellt
werden, denn der Verkehrswert der F/H unterliegt aufgrund der Geschäftsausrichtung
ihrer Tochtergesellschaften starken Schwankungen. Die letzteren sind allesamt direkt
oder indirekt im Bereich der Verwaltung von Vermögen oder Drittfonds tätig. Dass in
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diesem Geschäftsbereich innert kurzer Zeit ein starker Wertanstieg, aber auch ein
starker Wertzerfall eintreten kann, ist nicht erst seit der jüngsten Finanzkrise allgemein
bekannt. Dies zeigt sich im vorliegenden Fall auch darin, dass am 23. Mai 2005 ein
Paket von 60 F-H-Aktien zum Preis von Fr. 330.- pro Aktie die Hand gewechselt haben
(vgl. die diesbezügliche Vereinbarung zwischen der H AG und X im Anhang). Für den
hier gesuchten Wert per 31. Dezember 2004 kann mithin auf per April 2004 oder Mai
2005 bezahlte Preise nicht abgestellt werden. Hinzu kommt, dass die beiden erwähn-
ten Handänderungen unter Partnern der F/H stattgefunden haben, weshalb nicht von
einem Verkauf unter unabhängigen Dritten ausgegangen werden kann. Letzteres auch
deshalb nicht, weil im Aktionärsbindungsvertrag festgelegt ist, dass sich der unter
Partnern zu zahlende Kaufpreis nach einer bestimmten Formel berechnet (Mittelwert
"Net assue value + 3% Vermögen unter Verwaltung" sowie "Bewertung der Gesell-
schaft durch die Y AG, K"; vgl. Ziff. 2.2 des Aktionärsbindungsvertrags in) und die ent-
sprechenden Berechnungen zu den beiden erwähnten Transaktion im steueramtlichen
Untersuchungsverfahren von den Pflichtigen jedoch nicht vorgelegt worden sind. In
den entsprechenden Auflageantworten vom 9. Januar und 5. Februar 2008 wurde le-
diglich darauf hingewiesen, dass die bezahlten Preise angemessen und realistisch
gewesen seien und der Markt eben nicht mehr hergegeben habe.
Bei dieser Lage der Dinge hätte zur Bestimmung des Verkehrswerts einer
F/H-Aktie per Überführungszeitpunkt grundsätzlich ein Gutachten eingeholt werden
müssen. Im Hinblick darauf, dass ein solches (teures) Gutachten unter Umständen
obsolet werden könnte (Zuordnung der Beteiligung ins Privatvermögen durch das Ver-
waltungs- bzw. Bundesgericht bei einem allfälligem Weiterzug), suchte der Referent
der Rekurskommission mit den Parteien eine vergleichsweise Einigung in der Bewer-
tungsfrage und konnte eine solche schliesslich erzielt werden. Dabei einigten sich die
Parteien auf einen Wert von Fr. 450.- pro Aktie (vgl. E-mail des Vertreters der Pflichti-
gen vom 2. Oktober 2009, Protokollnotiz vom 21. Oktober 2009 betreffend die Zustim-
mung der Steuerbehörde). Auf diesen Wert ist folglich abzustellen, womit sich der er-
zielte Netto-Überführungsgewinn wie folgt errechnet:
(Fr.)
Überführungswert:
2000 Aktien à Fr. 450.- 900'000.-
./. Einstandswert/Buchwert der Aktien 379'600.-
520'400.-
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./. Rückstellung AHV-Beiträge (10%) 52'040.-
Netto-Überführungsgewinn 468'360.-.
7. a) Nach alledem sind der Rekurs bzw. die Beschwerde teilweise gutzuheis-
sen.
Unter einkommensseitiger Aufrechnung des vorstehend errechneten Betrags
sind die Pflichtigen somit für die Steuerperiode 2004 mit einem steuerbaren Einkom-
men von Fr. 873'600.- (statt deklariert Fr. 405'331.-; Staats- und Gemeindesteuern)
bzw. Fr. 876'291.- (statt deklariert Fr. 407'931.-; Direkte Bundessteuer) einzuschätzen.
Das im Bereich der Staats- und Gemeindesteuern nicht angefochtene steuerbare Ver-
mögen von Fr. 80'000.- ist sodann zu bestätigen.
b) Ausgangsgemäss sind die Kosten des Rekurs- bzw. des Beschwerdeverfah-
rens den Parteien anteilsmässig aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG bzw. Art. 144 Abs. 1
DBG).
Den im Ergebnis nur wenig mehr als zur Hälfte obsiegenden Rekurrenten/Be-
schwerdeführern sind sodann stark reduzierte Umtriebsentschädigungen von
Fr. 1'000.- bzw. Fr. 700.- zuzusprechen (§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwal-
tungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997; Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m.
Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember
1968). | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
5b606034-40c1-4283-9e0e-c63ae03da56b | hat sich ergeben:
A. Am 18. September 2007 veräusserten die A (nachfolgend die Pflichtigen)
die Liegenschaft Kat.Nr., zum Preis von Fr. 850'000.- an die C.
Mit Veranlagungsentscheid vom 20. Mai 2008 auferlegte der Gemeinderat B
den Pflichtigen eine Grundstückgewinnsteuer von Fr. 47'800.-, ausgehend von einem
Verkehrswert der Liegenschaft vor 20 Jahren (Stichtag 30. März 1978), in der Höhe
von Fr. 531'793.- und geschätzten wertvermehrenden Aufwendungen von Fr. 30'000.-.
B. Am 16. Juni 2008 liessen die Pflichtigen fristgerecht Einsprache gegen den
Veranlagungsentscheid vom 20. Mai 2008 erheben. Mit Schreiben vom 31. Juli 2008
reichten die Pflichtigen bei der Gemeinde B eine Rechnung der Firma D vom
15. Dezember 1991 nach und machten gestützt darauf eine Reduktion des von der
Gemeinde B bezifferten Grundstückgewinns von Fr. 54'000.- geltend. Am
30. September 2008 wies der Gemeinderat die Einsprache ab.
C. Mit Eingabe vom 20./21. Oktober 2008 erhoben die Pflichtigen Rekurs bei
der Steuerrekurskommission III. Darin beantragten sie die Erhöhung der anrechenba-
ren wertvermehrenden Aufwendungen auf Fr. 45'443.-.
In seiner Rekursantwort vom 18./25. November 2008 beantragte der Gemein-
derat B Abweisung des Rekurses.
Auf die Parteivorbringen wird – soweit wesentlich – in den nachfolgenden Er-
wägungen eingegangen.
- 3 -
3 GR.2008.67 | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Gemäss Steuergesetz und ständiger Rechtsprechung sind die Kosten für
bauliche Massnahmen an einer bereits bestehenden Liegenschaft nicht schlechthin bei
der Grundstückgewinnsteuer anrechenbar. Die Anrechenbarkeit ist vielmehr auf die
sogenannten dauernd wertvermehrenden Aufwendungen beschränkt (§ 221 Abs. 1
lit. a des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 [StG]; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 221 N. 30). Dar-
unter sind nur solche Aufwendungen zu verstehen, welche die Beschaffenheit des
Grundstücks im objektiv-technischen Sinne dauernd verbessern (RB 1983 Nr. 42). Im
Gegensatz hierzu stehen werterhaltende Aufwendungen, deren Ziel nicht die Schaf-
fung neuer, sondern die Erhaltung bisheriger Werte ist und die in längeren oder kürze-
ren Zeitabständen wiederkehren (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N. 30). Letzte-
re können bei der Grundstückgewinnsteuer nicht berücksichtigt werden, sondern sind
einzig nach § 30 Abs. 2 StG bzw. § 64 StG bei der Einkommenssteuer bzw. der Ge-
winnsteuer zum Abzug von den steuerbaren Einkünften zuzulassen (RB 1977 Nr. 49,
1981 Nr. 55; VGr, 22. April 1986 = StE 1987 B 44.13.1 Nr. 1, jeweils zu § 25 Abs. 1
lit. c des Steuergesetzes vom 8. Juli 1951 [aStG]).
b) Bei Umbauten bestehender Gebäude können wertvermehrende und wert-
erhaltende Aufwendungen naturgemäss nicht immer scharf auseinander gehalten wer-
den; sie lassen sich aus diesem Grund nur schätzen. Dabei ist es Sache der Steuer-
pflichtigen, die notwendigen Schätzungsgrundlagen zu beschaffen. Hierzu bedarf es
insbesondere genauer Angaben über die ausgeführten Arbeiten und den Zustand und
die Ausrüstung des Objekts vor und nach dem Umbau (RB 1997 Nr. 51; VGr,
22. April 1986 = StE 1987 B 44.13.1 Nr. 1).
c) Als steuermindernde Tatsachen sind die anrechenbaren Aufwendungen
vom hierfür beweisbelasteten Steuerpflichtigen geltend zu machen und hinsichtlich
Bestand und Umfang nachzuweisen. Diesen Nachweis hat er durch eine substanziierte
Sachdarstellung anzutreten, die spätestens innerhalb der Rekursfrist vorgetragen wer-
den muss (RB 1964 Nr. 68, 1975 Nrn. 54, 55, 64 und 82, 1976 Nr. 77, 1977 Nr. 60,
1978 Nr. 71 am Ende, 1981 Nr. 90). Als substanziiert gilt eine Sachdarstellung, die
hinsichtlich Art, Motiv und Rechtsgrund alle Tatsachenbehauptungen enthält und somit
ohne weitere Untersuchung, aber unter Vorbehalt der Beweiserhebung, die rechtliche
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3 GR.2008.67
Würdigung der geltend gemachten Steueraufhebung oder -minderung erlaubt. Bei un-
genügender Substanziierung hat die Rekurskommission nicht von Amtes wegen eine
Untersuchung durchzuführen, um sich die fehlenden Grundlagen zu beschaffen
(RB 1975 Nr. 64, 1981 Nr. 90, 1987 Nr. 35). Eine unvollständige Sachdarstellung kann
nicht im Beweisverfahren nachgeholt werden, dient doch dieses vielmehr nur noch
dazu, die Richtigkeit des substanziiert dargelegten Sachverhalts zu überprüfen
(RB 1964 Nr. 68, 1973 Nr. 35, 1976 Nr. 26, 1980 Nr. 69). Dementsprechend gehört zur
Mitwirkung des Steuerpflichtigen die Beschaffung oder Bezeichnung von Beweismit-
teln, anhand derer sich die Richtigkeit des dargelegten Sachverhalts ergibt (Martin
Zweifel, Die Verfahrenspflichten des Steuerpflichtigen im Steuereinschätzungsverfah-
ren, ASA 49. 518). Insbesondere muss er die Art der streitigen Lieferungen und/oder
Leistungen so genau bezeichnen, dass sich diese ohne weiteres steuerlich qualifizie-
ren lassen (RB 1980 Nr. 69). Seinen tatsächlichen Aufwand hat er durch Vorlage quit-
tierter Rechnungen oder anderer Zahlungsbelege nachzuweisen (RB 1982 Nr. 107,
Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 16 ff). Kommt der Steuerpflichtige diesen An-
forderungen nicht nach, bleiben die Aufwendungen unberücksichtigt (RB 1980 Nr. 72).
2. a) Streitig ist vorliegend primär, ob der Gemeinderat B hinsichtlich des von
den Pflichtigen als wertvermehrende Aufwendungen geltend gemachten Dachgauben-
einbaus sowie der wärmetechnischen Sanierungen im Obergeschoss zu Recht eine
partielle Ermessenseinschätzung vorgenommen hat.
b) Die Bestimmungen über die Staatssteuer, einschliesslich der Verfahrens-
vorschriften, gelten kraft § 206 StG auch für die Grundstückgewinnsteuer. Demnach
nimmt die kommunale Veranlagungsbehörde entsprechend § 139 Abs. 2 StG die
Einschätzung nach pflichtgemässem Ermessen vor, wenn der Steuerpflichtige
trotz Mahnung seine Verfahrenspflichten nicht erfüllt hat oder der Grundstückgewinn
mangels zuverlässiger Unterlagen nicht einwandfrei ermittelt werden kann (VGr,
22. Oktober 2008 SB.2008.00043).
Die Steuerbehörden stellen zusammen mit dem Steuerpflichtigen die für eine
vollständige und richtige Besteuerung massgebenden tatsächlichen und rechtlichen
Verhältnisse fest (§ 132 Abs. 1 StG). Die Abklärung des Sachverhalts und die Ein-
schätzung obliegen der Steuerbehörde (§§ 138 Abs. 1 und 139 Abs. 1 StG), während
der Steuerpflichtige zur Einreichung der ausgefüllten Steuererklärung mitsamt Beilagen
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3 GR.2008.67
und zur Mitwirkung an der behördlichen Sachverhaltsermittlung verpflichtet ist (§§ 133-
135 StG). Der Steuerpflichtige muss auf Verlangen der Steuerbehörde insbesondere
mündlich oder schriftlich Auskunft erteilen sowie seine geltend gemachten wertvermeh-
renden Aufwendungen als auch den Zustand der Liegenschaft vor und nach den bauli-
chen Massnahmen genügend belegen.
c) Hat ein Steuerpflichtiger trotz Mahnung seine Verfahrenspflichten nicht er-
füllt oder können die Steuerfaktoren mangels zuverlässiger Unterlagen nicht einwand-
frei ermittelt werden, nimmt die zuständige Grundsteuerbehörde gemäss § 139 Abs. 1
Satz 1 StG i.V.m. § 206 StG die Einschätzung nach pflichtgemässem Ermessen vor.
Nach der Rechtsprechung ist eine Ermessenseinschätzung nicht nur hinsicht-
lich steuerbegründender Faktoren, sondern auch bei fehlender Mitwirkung des Pflichti-
gen bezüglich steuermindernder Anlagekosten durchzuführen, und zwar immer dann,
wenn feststeht, dass solche anrechenbaren Aufwendungen offensichtlich angefallen,
jedoch der Höhe nach unbestimmt sind (VGr, 21. Mai 2003, SB.2002.00103).
d) Voraussetzung einer Ermessenseinschätzung bildet in formeller Hinsicht,
dass der Steuerpflichtige zulässigerweise formrichtig zur Erfüllung seiner Verfahrens-
pflichten aufgefordert und gemahnt worden ist. Eine Aufforderung zur Einreichung von
Belegen sowie nötigenfalls eine Mahnung muss auch dann erfolgen, wenn steuerauf-
hebende oder -mindernde Tatsachen ermessensweise geschätzt werden müssen
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 139 N 66 f.). Sowohl die erste Aufforderung (z.B.
öffentliche Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärung, Auflage, Vorladung) als auch
die Mahnung müssen die Androhung der Einschätzung gemäss § 139 Abs. 2 StG und
den Hinweis auf die Rechtsnachteile enthalten. Zudem ist in der Auflage und der Mah-
nung (wie auch im Einschätzungsentscheid) der Untersuchungsgegenstand konkret zu
bezeichnen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 139 N 68). Dabei sind Begehren um
Auskünfte bzw. Beweismittelvorlagen von der Steuerbehörde aus Beweisgründen
schriftlich zu stellen und ist die vom Steuerpflichtigen vorzunehmende Mitwirkungs-
handlung klar und unmissverständlich zu bezeichnen; andernfalls ist dem Steuerpflich-
tigen die Erfüllung der Auflage unter Umständen nicht zumutbar. Dem Steuerpflichtigen
ist eine Frist bzw. ein bestimmter Termin zu setzen, der mit Blick auf die vorzuneh-
mende Mitwirkungshandlung angemessen sein muss (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
§ 135 N 13). Darüber hinaus müssen die geforderten Mitwirkungshandlungen auch
geeignet und notwendig sein, den rechtserheblichen Sachverhalt abzuklären (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 135 N 34).
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3 GR.2008.67
Nach den allgemeinen Regeln über die Beweislastverteilung hat der Steuerpflichtige
steuermindernde Faktoren nachzuweisen. Dies entbindet die Steuerbehörde –
entgegen der Ansicht des Gemeinderates B – hingegen nicht davon, einen Steuer-
pflichtigen, der keine Belege für die steuermindernden Faktoren einreicht, zum Einrei-
chen von solchen aufzufordern. Erst wenn der Steuerpflichtige solchen Auflagen trotz
Mahnung nicht nachkommt, erlischt die amtliche Untersuchungspflicht der Steuerbe-
hörde.
3. a) Der Gemeinderat B hat die Pflichtigen nie aufgefordert, Belege für die
von ihnen geltend gemachten anrechenbaren Aufwendungen für den Dachstock und
den Ausbau der Lukarne einzureichen. Vielmehr schätzte der Gemeinderat B im Ver-
anlagungsentscheid vom 20. Mai 2008 die Höhe der zum Abzug berechtigenden Auf-
wendungen einzig gestützt auf ein ihm vorliegendes Baugesuch. Abklärungen betref-
fend die effektive Höhe der wertvermehrenden Aufwendungen wurden keine gemacht.
Im Einsprachentscheid führte die Rekursgegnerin aus, die von den Pflichtigen später
eingereichten Rechnungen seien zwar detailliert, genügten aber dem Erfordernis einer
substanziierten Sachdarstellung nicht. Vielmehr hätten die Pflichtigen eine Aufteilung
dieser Rechnung in werterhaltende und wertvermehrende Aufwendungen vornehmen
müssen. Die Rekursgegnerin verkennt, dass sie aufgrund des Untersuchungsgrund-
satzes den Steuerpflichtigen hätte auffordern müssen, seine Anlagekosten zu belegen.
b) Grundsätzlich sind bei der Überprüfung geltend gemachter baulicher Auf-
wendungen zunächst die Tatsachen zu ermitteln, die eine rechtliche Würdigung erst
ermöglichen. Der Steuerpflichtige hat steuermindernde Tatsachen mittels substanziier-
ter Sachverhaltsdarstellung darzutun und mittels geeigneter Belege nachzuweisen. Die
rechtliche Würdigung, d.h. die Unterteilung in wertvermehrende und werterhaltende
Aufwendungen, ist Sache der Steuerbehörde. Werden die Tatsachen trotz Aufforde-
rung und Mahnung vom Steuerpflichtigen nicht geliefert, sind die anrechenbaren Lie-
genschaftsaufwendungen nach pflichtgemässem Ermessen zu schätzen. Dagegen ist,
wenn die für die Einschätzung massgeblichen Tatsachen zwar dargetan, aber umstrit-
ten oder unsicher sind, keine Ermessenseinschätzung, sondern ein Beweisverfahren
durchzuführen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 132 N 11). Letzteres soll die Steuer-
behörden von der Verwirklichung oder Nichtverwirklichung von Tatsachen, z.B. über
die im Einzelnen ausgeführten Arbeiten, den baulichen Zustand und die Ausstattung
der Liegenschaft vor und nach dem Umbau, überzeugen (Richner/Frei/Kauf-
- 7 -
3 GR.2008.67
mann/Meuter, § 132 N 12). Geeignete Beweismittel hierfür sind Rechnungen, Pläne
(auch solche vor dem Umbau), Fotos und Augenscheine, aber auch eine neue Schät-
zung der Gebäudeversicherung, nicht dagegen Expertisen. Letzteres macht nur Sinn,
wenn die Grundlagen für die Abgrenzung wertvermehrender und werterhaltender Auf-
wendungen vorhanden sind, der Veranlagungsbehörde jedoch die Fachkunde fehlt, um
eine Abgrenzung richtig vornehmen zu können.
c) Weil die Steuerbehörde vorgenannte Untersuchungsgrundsätze nicht be-
folgt hat, sind die Voraussetzungen für eine Ermessenseinschätzung nicht erfüllt. Dies
führt zur Aufhebung des angefochtenen Einspracheentscheides.
4. a) Die Rekurskommission kann ausnahmsweise zwecks Wahrung des ge-
setzlichen Instanzenzugs die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückwei-
sen, namentlich wenn zu Unrecht noch kein materieller Entscheid getroffen wurde oder
dieser an einem schwerwiegenden Mangel leidet (§ 149 Abs. 3 StG).
Der vorstehend festgestellte Mangel wiegt schwer und lässt sich im Rekurs-
verfahren nicht heilen, ohne dass den Pflichtigen der Instanzenzug verkürzt würde. Die
Sache ist deshalb zur Wahrung des Instanzenzugs an die Vorinstanz zurückzuweisen
(RB 2000 Nr. 130 = StE 2002 B 93.5 Nr. 23).
b) Der Gemeinderat B wird vor seinem Neuentscheid die Pflichtigen aufzufor-
dern haben, eine detaillierte Aufstellung über die ausgeführten Arbeiten sowie über den
Zustand und die Ausstattung der Liegenschaft vor und nach dem Umbau/der Renova-
tion einzureichen. Die Beschriebe müssen von den Pflichtigen so präzis verfasst wer-
den, dass sie ein Bild vom Zustand vor und nach dem Umbau wiedergeben. Die bishe-
rigen Ausführungen der Pflichtigen genügen den Anforderungen an eine rechts-
genügende Sachdarstellung nicht. Sie beschränken sich darauf, die vorgenommenen
Arbeiten mittels Rechnungen zu belegen bzw. mittels Plänen zu verdeutlichen. Ausfüh-
rungen betreffend den Zustand und den Standard des früheren Dachstocks, z.B. in
Bezug auf frühere wärmetechnische Installationen, die frühere Nutzungsart des Dach-
stocks usw. fehlen. Den eingereichten Rechnungen kann lediglich in Stichworten ent-
nommen werden, welche Arbeiten durchgeführt und welche Materialien dazu verwen-
det wurden. Sie sagen ausserdem höchstens etwas über den Zustand und Standard
nach, aber nicht vor dem Umbau aus. Dasselbe gilt für die eingereichten Pläne. Des
- 8 -
3 GR.2008.67
Weiteren fehlen auch Fotografien, welche die Situation dokumentieren würden. Fotos,
Rechnungen usw. sind Beweismittel, welche bei Unsicherheiten die Sachverhaltsdar-
stellung der Pflichtigen untermauern können und in einem allfälligen Beweisverfahren
einzuverlangen sind.
Erst mit den obgenannten Informationen, die aus Beweisgründen und zur
Vermeidung von Missverständnissen schriftlich zu erteilen sind, ist eine steuerrechtli-
che Würdigung von werterhaltenden und wertvermehrenden Aufwendungen möglich.
Gelingt es den Pflichtigen auch nach allfälliger Mahnung nicht, einen genügend detail-
lierten Zustandsbeschrieb vor und nach dem Umbau zu liefern, ist hinsichtlich der
wertvermehrenden Aufwendungen erneut eine partielle Ermessenseinschätzung vor-
zunehmen. Sollte eine genügende, aber widersprüchliche und nicht verlässlich er-
scheinende Sachdarstellung eintreffen, wäre gegebenenfalls ein Beweisverfahren über
den Zustand und die Ausstattung der Liegenschaft vor und nach dem Umbau durchzu-
führen.
5. Ausgangsgemäss sind die Kosten den Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen
(§ 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
5b84252c-cdce-49ae-9251-e5c0b9918ca4 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige), unverheiratet, geboren am .... ... 1982, ist
seit dem ... Dezember 2010 in C als Wochenaufenthalter gemeldet und arbeitete seit-
dem bei der D AG in C. Bis zum ... Juli 2013 wohnte er allein in C in einer 2-Zimmer-
Wohnung an der ...strasse 3, ... C. Vom ... August 2013 bis .... März 2014 wohnte er
zusammen mit Frau E an der ...strasse 333, ... C und zog mit ihr am ... April 2014 an
die ...-Strasse 31, ... F, wo sie seither ebenfalls in einer 3.5 Zimmer-Wohnung leben.
Auf Ersuchen des Steueramts der Stadt C füllte der Pflichtige am ... Juli 2013
den "Fragebogen zur Feststellung des steuerrechtlichen Wohnsitzes" aus. Mit Vorent-
scheid vom 28. Februar 2014 nahm das kantonale Steueramt die Steuerhoheit des
Kantons Zürich und der Stadt C ab der Steuerperiode 2013 in Anspruch.
B. Am 15. März 2014 erhob der Pflichtige Einsprache und beantragte sinnge-
mäss festzustellen, dass sich sein steuerrechtlicher Wohnsitz in G, Kanton H, befinde.
Dort lebe er zusammen mit seiner Mutter in einem Einfamilienhaus. Mit ihr pflege er
einen intensiven Kontakt und zwar nicht zuletzt wegen ihrer gesundheitlichen Proble-
me. Des Weiteren habe er zu dieser Gemeinde starke emotionale Bindungen und dort
auch sein soziales Umfeld.
Nach Einforderung weiterer Unterlagen – z.B. detaillierter Nachweis an wel-
chen Tagen sich der Pflichtige im Jahr 2013 am Wochenendort und an anderen Orten
ausserhalb des Kantons Zürich aufgehalten hat, detaillierter Beschreibung der persön-
lichen und sozialen Beziehungen am Wochenaufenthalts- und Wochenendort, Bank-
auszüge aus dem Jahr 2013 – wies das kantonale Steueramt die Einsprache am
5. September 2014 ab. Der ausführlichen Begründung des Einspracheentscheids ist zu
entnehmen, dass vom Pflichtigen weder eine regelmässige Rückkehr nach G noch
soziale Beziehungen zu Kollegen dort nachgewiesen worden seien. Vielmehr habe er
im Jahr 2013 an mindestens 36 Samstagen in C Bargeldbezüge, Einkäufe und Kon-
sumationen getätigt. In C lebe er mit einer Frau zusammen und der Mietvertrag für die
Wohnung in F ab April 2014 sei von beiden unterschrieben worden, so dass wohl von
mehr als nur von einer Wohngemeinschaftsbeziehung ausgegangen werden könne.
- 3 -
2 ST.2014.253
C. Im Rekurs vom 7. Oktober 2014 liess der Pflichtige nochmals ausführen,
dass er infolge der ernsten Erkrankung seiner Mutter auch während der Woche zu ihr
gefahren sei. Zudem habe er im Einfamilienhaus bei seiner Mutter weitaus mehr Platz
gehabt als in der kleinen Wohnung in C.
In der Rekursantwort vom 24. Oktober 2014 beantragte das kantonale Steu-
eramt die Abweisung des Rekurses. Nochmals wies es darauf hin, dass eine regel-
mässige Rückkehr des Pflichtigen nach G weder substanziiert dargelegt noch nachge-
wiesen worden sei. Seine Wohnsituation mit einer Frau sowie die häufigen
Bargeldbezüge, Restaurant- sowie Kinobesuche liessen erkennen, dass der Mittel-
punkt seiner Lebensinteressen in C sei.
Auf die weiteren Parteivorbringen wird – soweit rechtserheblich – in den nach-
folgenden Erwägungen eingegangen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Gemäss Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der
direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG) sowie
§ 3 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) sind natürliche Personen im
Kanton Zürich aufgrund persönlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig, wenn sie ihren
steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt im Kanton haben.
b) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 127 der Bundesver-
fassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV) ist der steu-
errechtliche Wohnsitz (Hauptsteuerdomizil) einer unselbstständig erwerbenden Person
derjenige Ort, wo sich die betreffende Person mit der Absicht dauernden Verbleibens
aufhält (vgl. auch Art. 3 Abs. 2 StHG, § 3 Abs. 2 StG sowie Art. 23 ZGB), bzw. wo sich
faktisch der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen befindet (BGr, 1. Juli 2013,
2C_126/2012, E. 3.2, mit weiteren Hinweisen, www.bger.ch). Dieser Mittelpunkt der
Lebensinteressen bestimmt sich nach der Gesamtheit der objektiven, äusseren Um-
stände, aus denen sich diese Interessen erkennen lassen, nicht nach den bloss erklär-
ten Wünschen der (mutmasslich) steuerpflichtigen Person. Ebenso wenig kommt es
auf die gefühlmässige Bevorzugung eines Ortes an. Der steuerrechtliche Wohnsitz ist
http://www.bger.ch/
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2 ST.2014.253
insofern nicht frei wählbar. Gleichermassen spielen die formellen Kriterien der polizeili-
chen An- und Abmeldung, die Hinterlegung der Schriften oder die Ausübung der politi-
schen Rechte keine entscheidende Rolle. Sie bilden nur dann Indizien für den steuer-
rechtlichen Wohnsitz, wenn auch das übrige Verhalten der Person für diese Annahme
spricht (BGE 132 I 29 E. 4.1, BGE 131 I 145 E. 4.1; VGr, 18. Dezember 2013,
SB.2013.00019, E. 2, mit weiteren Hinweisen, www.vgr.zh.ch). Über den Lebensmittel-
punkt und damit den steuerrechtlichen Wohnsitz kann in der Regel kein klarer Beweis
geführt werden, sondern es ist aufgrund von Indizien eine Gewichtung vorzunehmen,
wobei sämtliche Berufs-, Familien- und Lebensumstände zu berücksichtigen sind.
c) Wenn sich eine Person abwechslungsweise an zwei Orten aufhält, ist für
die Bestimmung des steuerrechtlichen Wohnsitzes darauf abzustellen, zu welchem Ort
die stärkeren Beziehungen bestehen. Bei unselbstständig Erwerbstätigen ist das ge-
wöhnlich der Ort, wo sie für längere oder unbestimmte Zeit Aufenthalt nehmen, um von
dort aus der täglichen Arbeit nachzugehen, ist doch der Zweck, den Lebensunterhalt
zu verdienen, dauernder Natur. Die Frage, zu welchem Aufenthaltsort die steuerpflich-
tige Person die stärkeren Beziehungen unterhält, ist jeweils aufgrund der Gesamtum-
stände des Einzelfalls zu beurteilen (BGE 132 I 29 E. 4.2, mit weiteren Hinweisen).
d) Bei verheirateten Personen mit Beziehungen zu mehreren Orten werden
die persönlichen und familiären Kontakte zum Ort, wo sich ihre Familie (Ehegatte und
Kinder) aufhält, als stärker erachtet als derjenige zum Arbeitsort, wenn sie nicht in lei-
tender Stellung unselbstständig erwerbstätig sind und täglich oder zumindest am den
Wochenenden regelmässig an den Familienort zurückkehren. Demnach unterstehen
verheiratete Pendler oder Wochenaufenthalter grundsätzlich ausschliesslich der Steu-
erhoheit des Kantons, in dem sich ihre Familie aufhält (BGE 132 I 29, E. 4.2 und 4.3,
mit Hinweisen). Ausnahmsweise können jedoch die Bindungen zum Arbeitsort über-
wiegen, wenn die Ausübung der beruflichen Tätigkeit oder andere persönliche oder
gesellschaftliche Beziehungen zum Arbeitsort die steuerpflichtige Person so intensiv
erfassen, dass die familiären Verbindungen an den Familienort in den Hintergrund tre-
ten. Stärkere Beziehungen zum Arbeitsort werden unter anderem dann angenommen,
wenn die steuerpflichtige Person eine leitende Stellung in einem wirtschaftlich bedeu-
tendem Unternehmen bekleidet oder wenn eine ledige Person seit mehr als 5 Jahren
ununterbrochen am gleichen Arbeitsort tätig ist oder auch, wenn sie über 30 Jahre alt
ist und/oder am Arbeitsort in einem Konkubinat lebt (sog. Basler Praxis; BGE 132 I 29
http://www.vgrzh.ch/
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2 ST.2014.253
E. 4 und 5; BGr, 14. November 2006, 2P.159/2006, E. 3.3.1, mit zahlreichen Hinwei-
sen, www.bger.ch).
e) Diese Praxis findet auch auf ledige Personen Anwendung, zählt die Recht-
sprechung doch Eltern und Geschwister ebenfalls zur Familie des Steuerpflichtigen.
Die beruflichen Interessen dürfen nicht vor die affektiven Beziehungen gestellt werden,
bloss weil der Steuerpflichtige ledig ist (BGr, 2. September 1997, Pra 1998 Nr. 4 E. 2b;
BGr, 20. Januar 1994, StE 1994 A 24.21 Nr. 7 = ASA 63, 836). Allerdings werden die
Kriterien, nach denen das Bundesgericht entscheidet, wann anstelle des Arbeitsorts
der Aufenthaltsort der Familie als Hauptsteuerdomizil anerkannt werden kann, beson-
ders streng gehandhabt; dies, weil die Bindung zur elterlichen Familie in der Regel
lockerer ist als jene unter Lebenspartnern. Bei ledigen Personen ist vermehrt noch als
bei verheirateten Personen zu berücksichtigen, ob weitere als nur familiäre Beziehun-
gen für ein Übergewicht der Bindungen zum einen oder anderen Ort sprechen. Da-
durch erhält der Grundsatz, wonach das Hauptsteuerdomizil von Unselbstständiger-
werbenden am Arbeitsort liegt, grösseres Gewicht: Selbst wenn ledige Steuerpflichtige
allwöchentlich zu den Eltern oder Geschwistern zurückkehren, können die Beziehun-
gen zum Arbeitsort überwiegen. Dies kann namentlich dann zutreffen, wenn sie sich
am Arbeitsort eine Wohnung eingerichtet haben oder dort über einen grösseren Freun-
des- und Bekanntenkreis verfügen. Besonderes Gewicht haben in diesem Zusammen-
hang auch die Dauer des Arbeitsverhältnisses und das Alter des Steuerpflichtigen
(BGE 125 I 54 E. 2b/bb, mit Hinweisen).
f) Die geltend gemachten Kontakte müssen sich auf einen bestimmten Ort
beziehen; es genügt nicht, dass die Beziehungen zu einer ganzen Region bestehen,
mit der sich der Steuerpflichtige verbunden fühlt (StRK II, 8. September 2004,
2 ST.2004.381; vgl. BGr, 28. April 2005, 2P.260/2004, E. 3, www.bger.ch). Werden am
Wochenende und in der Freizeit Beziehungen zu mehreren Orten gepflegt, ist eher
anzunehmen, dass der Wochenaufenthaltsort der Lebensmittelpunkt und damit der
steuerrechtliche Wohnsitz ist.
g) Generell ist somit gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nur mit
Zurückhaltung anzunehmen, die Beziehungen zum Familien- bzw. Wochenendaufent-
haltsort seien stärker als diejenigen zum Arbeitsort. Dementsprechend sind bei ledigen
Steuerpflichtigen auch die weiteren Erfordernisse für einen Wohnsitz am Ort, wo sie
http://www.bger.ch/
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2 ST.2014.253
die Wochenenden verbringen, namentlich hinsichtlich der regelmässigen Rückkehr,
besonders streng zu handhaben (BGr, 2. September 1997, Pra 1998 Nr. 4;
BGr, 25. Januar 2006, 2P.171/2005, E. 2.3, auch zum Folgenden, www.bger.ch). Von
ganz besonderem Gewicht sind die Dauer der Anstellung am Arbeitsort und das Alter
des Steuerpflichtigen. Mit Berücksichtigung der Dauer des Aufenthalts am Arbeitsort
trägt das Bundesgericht dem faktischen Umstand Rechnung, dass sich mit dessen
zunehmender Dauer die Bindungen zur Familie erfahrungsgemäss lockern, während
sich diejenigen zum Arbeitsort verdichten. Die ständige regelmässige Rückkehr an den
elterlichen Wohnort vermag deshalb nach einer gewissen Dauer des Aufenthalts am
Arbeitsort das Steuerdomizil am Ort der Familie nicht mehr ohne weiteres zu begrün-
den, wenn nicht weitere Umstände schlüssig darauf hinweisen, dass die Beziehungen
zum Familienort diejenigen zum Arbeitsort überwiegen (BGr, 26. Januar 1994,
StE 1994 A 24.21 Nr. 7 = ASA 63, 836). Dies ist im Übrigen durchaus sachgerecht:
Sinn und Zweck der direkten Steuern ist es, die allgemeinen Leistungen abzugelten,
die das Gemeinwesen für seine Mitglieder erbringt. Der ledige Steuerpflichtige ohne
Familie beansprucht die öffentliche Infrastruktur und die Leistungen des Gemeinwe-
sens stärker am Ort, an dem er seiner Erwerbstätigkeit nachgeht und sich demzufolge
mehrheitlich aufhält, als am Ort, wo er seine Freizeit verbringt. Diesbezüglich unter-
scheidet er sich von jenem Steuerpflichtigen, der über enge familiäre Bindungen am
Leben teilnimmt, dass sich am Aufenthaltsort der Familie abspielt (BGr, 25. Janu-
ar 2006, 2P.171/2005, E. 2.3, www.bger.ch; BGE 125 I 54 E. 2b/cc, auch zum Folgen-
den). Dergestalt hat das Bundesgericht denn auch festgestellt, dass das Steuerdomizil
einer ledigen 43-jährigen Frau, die über keine näheren Familienangehörigen verfügt,
dort liege, wo sie seit acht Jahren arbeitet und während der Woche in einer möblierten
1-Zimmer-Wohnung lebt; ungeachtet dessen, dass sie andernorts eine 2-Zimmer-
Eigentumswohnung erworben hat, in welcher sie regelmässig Wochenenden und Fe-
rien verbringt, und dass sie ihren ganzen Freundes- und Bekanntenkreis auch dort
unterhält (BGr, 2. September 1997, Pra 1998 Nr. 4).
2. In Bezug auf die Beweisführung sind folgende Grundsätze massgebend:
Die Umstände, welche die unbeschränkte Steuerhoheit über eine Person begründen,
stellen eine steuerbegründende Tatsache dar und müssen daher vom entsprechenden
Gemeinwesen bzw. von der zuständigen Steuerbehörde bewiesen werden (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 3 N 85 StG). Geht jedoch ein unverheirateter Steuer-
pflichtiger vom Ort aus, wo er sich während der Woche aufhält, einer unselbständigen
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2 ST.2014.253
Erwerbstätigkeit nach, begründet dieser Umstand nach der Rechtsprechung eine na-
türliche Vermutung, dass er dort seinen Lebensmittelpunkt und – als rechtliche Folge
davon – sein Hauptsteuerdomizil hat. Diese Vermutung lässt sich nur entkräften, wenn
er regelmässig, mindestens ein Mal pro Woche oder zumindest (bei unregelmässiger
Arbeitszeit) an den arbeitsfreien Tagen, an den Ort zurückkehrt, wo seine Familie lebt,
mit welcher er aus bestimmten Gründen besonders eng verbunden ist, und wo er an-
dere persönliche und gesellschaftliche Beziehungen pflegt (BGr, 8. Mai 2012,
2C_26/2012, E. 3.3.1, www.bger.ch; BGr, 2. November 2011, 2C_178/2011, E. 2.3,
www.bger.ch; BGr, 6. Dezember 2010, 2C_397/2010 E. 2.3, www.bger.ch; Martin Ar-
nold, Der steuerrechtliche Wohnsitz natürlicher Personen im interkantonalen Verhältnis
nach der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung, ASA 68, 462 ff.). Die Anforde-
rungen an die Überzeugungskraft der für die Kontakte zum Wochenendort geltend ge-
machten Umstände werden dabei mit zunehmender Länge des Aufenthalts am Ar-
beitsort höher, geht doch mit wachsender Dauer des Wochenaufenthalts regelmässig
eine Lockerung der Bindungen zur elterlichen Familie einher (BGr, 26. Januar 1994,
StE 1994 A 24.21 Nr. 7 = ASA 63, 836).
Dem Entscheid über die Feststellung des Wohnsitzes an einem bestimmten
Ort liegt eine Gewichtung der Gesamtheit der objektiven, äusseren Umstände zugrun-
de, die auf den faktischen Lebensmittelpunkt hinweisen. Bei der Prüfung, ob die ein-
zelnen Sachverhaltselemente erfüllt sind, gilt die freie Beweiswürdigung. Die Behörde
zieht aus dem Beweisergebnis ihre Schlüsse in freier Überzeugung, ohne an starre
Beweisregeln gebunden zu sein. Ist eine rechtserhebliche Tatsache nach der Beweis-
würdigung nicht erwiesen, greifen die Beweislastregeln ein, welche bestimmen, zu
wessen Nachteil im Falle der Beweislosigkeit zu entscheiden ist (Arnold, 462).
Es ist indessen eine Tendenz erkennbar, für den Nachweis von Behauptun-
gen der Steuerpflichtigen, die nach der allgemeinen Lebenserfahrung als wenig glaub-
würdig erscheinen, das Beweismass zu erhöhen. So erachtet das Bundesgericht die
Behauptung der steuerpflichtigen Person, dass sie während der schon mehrere Jahre
dauernden Erwerbstätigkeit am Wochenaufenthaltsort weder zu Berufskollegen noch
zu Nachbarn irgendwelche Beziehungen geknüpft habe, zum Vornherein als wenig
glaubwürdig. Vor allem mit zunehmendem Alter und steigender Dauer des Verweilens
am Wochenaufenthaltsort könne kaum mehr angenommen werden, dass der Steuer-
pflichtige dort keine Kontakte pflege und einzig an ihrem Wochenendort verwurzelt sei,
an dem sie sich bei voller Beschäftigung doch den kleineren Teil der Zeit aufhalte
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2 ST.2014.253
(Arnold, 466, mit Hinweis auf BGE 125 I 54 und BGr, 2. September 1997, Pra 1998
Nr. 4).
3. a) Im vorliegenden Fall war der Pflichtige im massgeblichen Steuerjahr be-
reits 32 Jahre alt und arbeitete seit 2010, also seit 3 Jahren, bei der D AG. Wie der
Steuererklärung H entnommen werden kann, hat er im Jahr 2012 eine Weiterbildung
bei der I gemacht – J – woraus geschlossen werden kann, dass er sein Wissen vertie-
fen wollte und beabsichtigte, weiterhin bei einer K zu arbeiten. Seit August 2013 gehört
der Pflichtige zum Kader der D und ist mit Kollektivprokura zu zweit zeichnungsberech-
tigt. Der Pflichtige wohnt seit dem ... August 2013 zusammen mit einer Frau in der
Stadt C, mit welcher er zudem seit dem ... April 2014 im F gemeinsam eine Wohnung
gemietet hat. In Anwendung der dargelegten Grundsätze ergibt sich somit eine natürli-
che Vermutung, dass sich sein (Haupt-)Steuerdomizil für die Steuerperiode 2013 in der
Stadt C und ab ... Januar 2015 in der Gemeinde F befindet. Diese Vermutung liesse
sich nach diesen Ausführungen aber entkräften, wenn erwiesen ist, dass der Be-
schwerdeführer regelmässig, mindestens ein Mal pro Woche, an den Ort zurückge-
kehrt, wo seine Familie lebt, mit welcher er aus bestimmten Gründen besonders eng
verbunden ist, und wo er andere persönliche und gesellschaftliche Beziehungen pflegt.
b) Der Pflichtige führt aus, dass er zu seiner (schwer) erkrankten Mutter ein
enges Verhältnis gehabt und sie insbesondere während ihrer Erkrankung durch seine
Anwesenheit unterstützt habe. Zu ihr sei er häufig am Wochenende und oft auch wäh-
rend der Woche gefahren. Allerdings sei sie im Jahr 2013 mehrheitlich im Spital gewe-
sen. Zudem habe er im Raum H sowie im grenznahen L seine Freunde und Bekannte
und mache dort Fitness. Er sei jedoch weder in einem Verein noch politisch tätig ge-
wesen. Für die Fahrten nach G habe er die öffentlichen Verkehrsmittel benützt. Ferner
reichte der Pflichtige Auszüge seiner Kontobewegungen im Jahr 2013 ein.
c) aa) Insgesamt lassen die Ausführungen des Pflichtigen aber nicht auf einen
Lebensmittelpunkt und damit Wohnsitz in G schliessen. Es fehlen nähere Angaben,
was der Pflichtige als "Pflege sämtlicher sozialen Kontakte" versteht. Er macht über-
haupt keine Angaben über allfällige gesellschaftliche Anlässe wie Restaurant-, Kino-
und Theaterbesuche oder ähnliches. Ferner ergibt sich aus der Durchsicht seiner Kon-
tobewegungen auch nichts zu seinem Freizeitverhalten in der Region H. Des Weiteren
legt er auch nicht substanziiert dar, was er ansonsten in seiner Freizeit mit seinen Kol-
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2 ST.2014.253
legen unternimmt oder seit wann er diese kennt, z.B. Freundschaft seit Primarschulzeit
oder ähnliches. Während der persönlichen Befragung durch das kantonale Steueramt
am ... Oktober 2013 kann der Pflichtige auf Nachfrage auch keine Personen nennen,
die Auskunft über den Ort seines Aufenthalts in der Zeit von August bis Oktober 2013
geben können. Ebenso wenig werden substanziierte Angaben darüber gemacht, wel-
che "Fitness" er speziell im Raum H betreibt. Hingegen lässt sich seinen Kontoauszü-
gen entnehmen, dass er in C den Fitnessclub M benutzt, Restaurants besucht und ins
Kino geht. Zudem unternahm er für Einkäufe öfters Fahrten ins grenznahe N. Seine
Lebensmittel bezieht er nahezu ausschliesslich in C, in der Regel bei Migros und Coop.
Dazu ergibt sich, dass der weitaus grösste Teil der Geldbezüge im Kanton Zürich, be-
ziehungsweise in der Stadt C, stattgefunden hat. Eine weitere Überprüfung ergab, dass
der Pflichtige im Raum H im Jahr 2013 an ca. 8 Wochenenden Geld mit der EC-Karte
bezogen oder eingekauft hat. Auch die Behauptung des Pflichtigen, er sei jedes Wo-
chenende und häufig auch während der Woche jeweils mit dem Zug zu seiner Mutter
gefahren, lässt sich durch die Kontoauszüge nicht nachweisen. Es findet sich im ge-
samten Jahr 2013 nur eine Buchung betreffend die SBB und zwar am ... März 2013
über Fr. 179.80. Billette der SBB von C nach G kann er keine vorlegen.
bb) Im Übrigen ist der Wahrheitsgehalt der Ausführungen des Pflichtigen oh-
nehin zu hinterfragen. Der Veranlagung des Kantons H ist für Fahrkosten zwischen G
und C zu entnehmen, dass dem Pflichtigen als Wochenaufenthalter Fahrkosten in Hö-
he von Fr. 3'550.- gewährt wurden. Dies entspricht in etwa 26 Hin- und Rückfahrten
zwischen G und C. Damit kann davon ausgegangen werden, dass der Pflichtige auf-
grund der Akten ca. 13-mal in G gewesen und von dort wieder nach C zurückgefahren
ist (= 26 x 105 km x Fr. 0.70 = Fr. 3'549.-). Dies entspricht auch in etwa den
8 Aufenthalten im Raum H, die aufgrund der Kontoauszüge ermittelt werden konnten.
Ferner führt er in seiner Einsprache vom 13. März 2014 aus, seine Wohnung in der
Stadt C gekündigt zu haben. Mit Auflage vom 2. Mai 2014 verlangte der Steuerkom-
missär beweiskräftige Unterlagen für einen Umzug nach G. Daraufhin erklärte der
Pflichtige in seiner Stellungnahme vom 2. Juni 2014, er habe sein persönliches Eigen-
tum schleichend aus der Wohnung entfernt. Dies erweckte den Eindruck, er sei tat-
sächlich nach G umgezogen. Tatsächlich hatte er jedoch bereits am ... Januar 2014
gemeinsam mit Frau E den Mietvertrag für eine Wohnung im F unterschrieben und
wohnt dort seit ... April 2014.
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2 ST.2014.253
cc) Die Zweifel an einem Lebensmittelpunkt in G werden auch nicht durch die
vom Pflichtigen hauptsächlich vorgebrachte enge Beziehung zu seiner schwer kranken
Mutter beseitigt. Es ist sicher richtig, dass besonders in schwierigen Zeiten ein bereits
bestehender guter Elternkontakt intensiver gepflegt und die Familie auch häufiger be-
sucht wird. Andererseits ist der Pflichtige mit 32 Jahren bereits in einem Alter, in wel-
chem man sich natürlicherweise immer mehr von der elterlichen Familie löst und be-
ginnt, ein eigenes von der Familie unabhängiges Leben aufzubauen und zu leben.
Dazu gehört auch, dass bestehende Freundschaften intensiver gepflegt und neue
Freunde gesucht werden. Zudem nehmen auch die eigene Freizeitgestaltung und die
Verwirklichung eigener Lebensvorstellungen einen grossen Raum ein. Dafür spricht
das gesamte Verhalten des Pflichtigen in C. Laut den vorgelegten Kontoauszügen hat
er sich Möbel gekauft und ist mit Frau E zusammengezogen. Zudem ist den Kontoaus-
zügen auch ein gewisses gesellschaftliches Leben – Restaurantbesuche, Kino,
Fitness – in C zu entnehmen. Für intensive Kontakte zu Kollegen in G gibt es keine
Nachweise, die auch nur den geringsten Anhaltspunkt für einen Lebensmittelpunkt des
Pflichtigen in dieser Gegend geben.
Damit vermag der Pflichtige die natürliche Vermutung für seine Steuerpflicht in
C und ab ... Januar 2015 in F nicht umzustossen.
4. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Kosten dem Pflichtigen aufzuerle-
gen (§ 151 Abs. 1 StG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (§ 152 StG in
Verbindung mit § 17 des Verwaltungsrechtspflegesetzes vom 24. Mai 1959/22. März
2010). | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
5b87dbd0-bbe8-43cc-aa68-93f7d2d160fb | hat sich ergeben:
A. A GmbH (nachfolgend die Pflichtige) wurde am ... ... 2010 ins Handelsre-
gister mit Sitz in D, AR, eingetragen. Sie bezweckt die Führung von E- und
F-Geschäften und die Erbringung von Dienstleistungen in diesen Geschäftsbereichen
sowie den Handel mit Waren aller Art. Gesellschafter sind G und H, welche beide auch
als Geschäftsführer tätig sind. In I, ZH, verfügt die Pflichtige über ein Ladengeschäft;
daneben betreibt sie einen mobilen Verkaufsstand, welcher jeweils an Ausstellungen,
Messen und Ähnlichem zum Einsatz kommt.
Im Kanton Zürich reichte die Pflichtige eine Steuererklärung für Kapitalgesell-
schaften mit Zweigniederlassung mit ausserkantonalem Hauptsitz ein; die Steuerperio-
de umfasste das überlange erste Geschäftsjahr 1.2.2010 - 31.12.2011. Mit Auflage
vom 26. März 2013 verlangte das kantonale Steueramt die Einreichung diverser Buch-
haltungskonten und weiterer Unterlagen, insbesondere bezüglich der beruflichen Vor-
sorge. Zudem stellte es sich auf den Standpunkt, dass der effektive Sitz der Pflichtigen
im Kanton Zürich liege, und gab ihr Gelegenheit zum Gegenbeweis. Die Auflage wurde
am 3. Juni 2013 gemahnt. Die Pflichtige reagierte am 20. Juni 2013.
Mit Auflage vom 17. Oktober 2013 und Mahnungen vom 5. Dezember 2013
bzw. 30. Januar 2014 führte das kantonale Steueramt eine weitere Untersuchung
durch und erliess in der Folge einen Veranlagungs-/Einschätzungsvorschlag, den die
Pflichtige zum grössten Teil ablehnte. Am 28. April 2014 traf das kantonale Steueramt
die Veranlagung für die direkte Bundessteuer sowie die Einschätzung für die Staats-
und Gemeindesteuern, Steuerperiode 1.2.2010 - 31.12.2011. Darin beanspruchte es
die Steuerhoheit über die Pflichtige kraft persönlicher Zugehörigkeit und rechnete es
diverse Aufwandpositionen als geschäftsmässig nicht begründet bzw. als geldwerte
Leistungen auf.
B. Hiergegen liess die Pflichtige am 28. Mai 2014 Einsprache erheben und
beantragen, den Sitz in D AR anzuerkennen und auf die Aufrechnungen zu verzichten.
Das kantonale Steueramt verlangte darauf mit Auflage vom 24. Juni 2014 wei-
tere Auskünfte und Unterlagen zur beruflichen Vorsorge. Diese wurde am 12. Novem-
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ber 2014 gemahnt. Die Pflichtige antwortete am 28. November 2014. Einen weiteren
Veranlagungs-/Einschätzungsvorschlag lehnte sie am 4. Februar 2015 ab.
Am 30. April 2015 hiess das kantonale Steueramt die Einsprachen teilweise
gut und veranlagte die Pflichtige sowohl für die direkte Bundessteuer als auch für die
Staats- und Gemeindesteuern, je Steuerperiode 1.2.2010 - 31.12.2011, mit einem
steuerbaren Reingewinn von Fr. 48'900.- sowie einem Eigenkapital bzw. steuerbaren
Kapital von Fr. 20'000.-. Dabei hielt es am Hauptsteuerdomizil der Pflichtigen in I fest
und rechnete diverse Aufwendungen als geschäftsmässig nicht begründet auf, u.a.
Auslagen für die in Konkurs gefallene Schwestergesellschaft J GmbH von Fr. 25'500.-,
BVG-Beiträge auf fiktiven Löhnen der beiden Aktionäre von Fr. 22'032.- sowie zuguns-
ten der beiden Aktionäre übernommene BVG-Arbeitnehmerbeiträge von Fr. 5'276.-.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 3. Juni 2015 beantragte die Pflichtige, es
sei mit Bezug auf die direkte Bundessteuer festzustellen, dass der Kanton Appenzell
Ausserrhoden für die Veranlagung zuständig sei, und der steuerbare Reingewinn sei
auf Fr. 26'300.- sowie das Eigenkapital auf Fr. 20'000.- festzusetzen. Bei den Staats-
und Gemeindesteuern sei eine Ausscheidung analog derjenigen des Kantons Appen-
zell Ausserrhoden vorzunehmen, dabei sei der Betriebsstätte im Kanton Zürich ein
Anteil von 58,4% zuzuweisen und der steuerbare Reingewinn auf Fr. 26'300.- festzu-
setzen. Zudem beantragte sie die Zusprechung einer Parteientschädigung.
Zur Begründung führte sie aus, die Wahl des Sitzes in Appenzell AR habe
keinen steuerlichen, sondern einen gesundheitsrechtlichen Hintergrund gehabt. Die
Wertschöpfung sei jeweils durch das mobile E-Geschäft vor Ort und damit ausserhalb
des Kantons Zürich erfolgt. Dieses Geschäft könne deshalb nicht einfach dem Kanton
Zürich zugewiesen werden. Bezüglich der einzelnen Aufrechnungen halte sie am Ab-
zug der "Kosten J GmbH" fest. Sie habe ein geschäftliches Interesse an diesen Auf-
wendungen gehabt, da sie befürchtet habe, dass ansonsten die Kundenbasis verloren
ginge. Sie habe sich zudem erhofft, aus der Liquidationsmasse ausgewählte Schnäpp-
chen erwerben zu können, und habe deshalb Vorleistungen erbringen müssen. Es sei
deshalb gerechtfertigt, die Hälfte des Betrags, somit Fr. 12'250.-, als Aufwand zum
Abzug zuzulassen. Bei der Aufrechnung BVG seien die Löhne gesamthaft über das
Geschäftsjahr von 22 Monate zu betrachten. Die Überversicherung reduziere sich da-
durch erheblich, sodass die Aufrechnung auf Fr. 7'000.- herabzusetzen sei. Die Auf-
1 DB.2015.112 1 ST.2015.139
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rechnung der übernommenen Arbeitnehmeranteile von Fr. 5'276.- sei korrekt, indessen
sei die Übernahme als Lohnaufwand zu qualifizieren. Die Steuerrückstellung sei ent-
sprechend anzupassen.
Das kantonale Steueramt schloss am 22. Juni 2015 auf Abweisung der
Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen. Die
Pflichtige verzichtete am 30. Juli 2015 auf eine weitere Stellungnahme. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Gemäss Art. 105 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteu-
er vom 14. Dezember 1990 (DBG), in der Fassung vom 22. März 2013, in Kraft seit
1. Januar 2014, erheben die kantonalen Behörden die direkte Bundessteuer von den
juristischen Personen, die am Ende der Steuerperiode ihren Sitz oder den Ort ihrer
tatsächlichen Verwaltung im Kanton haben. Ist der Ort der Veranlagung im Einzelfall
ungewiss oder streitig, so wird er, wenn mehrere Kantone in Frage kommen, von der
Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) bestimmt (Art. 108 Abs. 1 DBG). Erfährt
eine Veranlagungsbehörde von einem konkurrierenden Anspruch eines andern Kan-
tons, ist deshalb vor weiteren Veranlagungshandlungen die Eidgenössische Steuer-
verwaltung anzugehen, um die Zuständigkeit festlegen zu lassen (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 108 N 8 DBG; Beusch/May-
hall, in: Zweifel/Beusch/Mäusli-Allenspach, Kommentar zum Interkantonalen Steuer-
recht, 2011, § 40 N 22 ff.). Der Entscheid der ESTV ist mittels Beschwerde beim
Bundesverwaltungsgericht anfechtbar.
Angesichts des umstrittenen steuerrechtlichen Sitzes hätte demnach das kan-
tonale Steueramt das Veranlagungsverfahren sistieren und die Feststellung des Veran-
lagungsorts von der ESTV verlangen müssen. Die Veranlagungsverfügung vom
28. April 2014 und der Einspracheentscheid vom 30. April 2015 mit Bezug auf die di-
rekte Bundessteuer sind demnach voreilig erfolgt. Der Einspracheentscheid ist deshalb
aufzuheben und das Geschäft nach Rechtskraft zur Festsetzung des Veranlagungsorts
an die ESTV zu überweisen. Nach deren Entscheid wird das kantonale Steueramt das
1 DB.2015.112 1 ST.2015.139
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Veranlagungsverfahren wieder aufzunehmen haben, falls die ESTV die Zuständigkeit
des Kantons Zürich bestätigen sollte.
Im Folgenden ist deshalb nur noch auf den Rekurs betreffend die Staats- und
Gemeindesteuern einzugehen.
2. a) aa) Juristische Personen sind aufgrund persönlicher Zugehörigkeit steuer-
pflichtig, wenn sich ihr Sitz oder ihre tatsächliche Verwaltung im Kanton befindet (§ 55
des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997, StG). Die Steuerpflicht endet u.a. mit der Verle-
gung des Sitzes oder der tatsächlichen Verwaltung aus dem Kanton (§ 59 Abs. 2 StG).
Unter Sitz ist der zivilrechtliche bzw. statutarische Sitz zu verstehen. Die steuer-
rechtliche Zugehörigkeit bestimmt sich vorab nach diesem, sofern er nicht nur formeller
Natur ist (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz,
3. A., 2013, § 55 N 7 f. StG, auch zum Folgenden). Im letzteren Fall (so genanntes
Briefkastendomizil) ist auf den Ort der tatsächlichen Geschäftsführung abzustellen. Für
einen bloss formellen Charakter des statutarischen Sitzes sprechen folgende Umstän-
de:
- die Gesellschaft unterhält am statutarischen Sitz keine Büros oder sonstigen Ein-
richtungen und ist auch telefonisch nicht erreichbar;
- die Gesellschaft besitzt am Sitz keine wesentliche Infrastruktur;
- am statutarischen Sitz befinden sich weder Leitung noch Geschäftseinrichtungen
(Büroräumlichkeiten, Personal usw.). Vielmehr stellt ein Beauftragter der juristischen
Person seine Geschäftsadresse zur Verfügung, nimmt allenfalls die für diese be-
stimmte Post entgegen und leitet sie an die Gesellschaft weiter;
- Anfragen an die Gesellschaft am statutarischen Sitz werden von einem anderen Ort
aus erledigt;
- die Sitzungen der Gesellschaftsorgane werden nicht am statutarischen Ort durchge-
führt.
Der Ort der tatsächlichen Verwaltung liegt nach der Rechtsprechung des Bun-
desgerichts dort, wo eine Gesellschaft ihren wirtschaftlichen und tatsächlichen Mittel-
punkt hat bzw. wo die normalerweise am Sitz sich abspielende Geschäftsführung be-
sorgt wird (BGr, 16. Mai 2013, 2C_1086/2012, E 2.2, mit Hinweisen, auch zum Fol-
genden; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 55 N 11 ff. StG). Massgebend ist somit die
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Führung der laufenden Geschäfte im Rahmen des Gesellschaftszwecks. Dabei ist es
kaum denkbar, dass die tatsächliche Verwaltung im Auftragsverhältnis von Dritten aus-
geübt wird (BGr, 8. September 2003, 2A.560/2002, E. 5.2.2). Das Bundesgericht
grenzt die Geschäftsleitung ab von der blossen administrativen Verwaltung einerseits
und der Tätigkeit der obersten Gesellschaftsorgane anderseits, soweit Letztere sich auf
die Ausübung der Kontrolle über die eigentliche Geschäftsleitung und gewisse
Grundsatzentscheide beschränkt. Entscheidend ist jener Ort, wo die Fäden der Ge-
schäftsführung zusammenlaufen und die wesentlichen Unternehmensentscheide fal-
len. Abzustellen ist somit auf den Ort der Führung der laufenden Geschäfte im Sinn der
obersten Leitung der operationellen Betriebsführung (vgl. Übersicht in Heilinger/Maute,
Der Begriff der tatsächlichen Verwaltung im interkantonalen und internationalen Ver-
hältnis bei den direkten Steuern, StR 2008, 742, 752). Findet die Geschäftsleitung in
diesem Sinn an verschiedenen Orten statt, so kommt es auf den Mittelpunkt dieser
Tätigkeiten an. Nicht entscheidend ist in der Regel der Ort der Verwaltungsratssitzun-
gen, der Generalversammlungen oder der Wohnsitz der Aktionäre.
bb) Es obliegt der Steuerbehörde, jene Umstände darzutun und zu beweisen,
aus denen folgt, dass sich der Sitz einer Gesellschaft in ihrem Kanton befindet. Denn
gemäss dem generellen Grundsatz über die Beweislastverteilung (Art. 8 ZGB) haben
im Allgemeinen die Steuerbehörden die steuerbegründenden Tatsachen zu beweisen,
mithin auch jene, welche die Steuerhoheit begründen. Der Steuerpflichtige ist jedoch
zur Mitwirkung und namentlich zu umfassender Auskunftserteilung verpflichtet (vgl.
§§ 133 ff. StG).
b) Die Pflichtige rügt, dass die Vorinstanz über die Frage der Steuerhoheit
keinen Vorentscheid gefällt hat.
aa) Das Bundesgericht hat einen Anspruch auf Vorausbeurteilung der Steuer-
hoheitsfrage bei interkantonalen Steuerhoheitskonflikten zugebilligt (BGE 125 I 54,
E. 1a, 62 I 75). Dieser Anspruch besteht aber nur dann, wenn die grundsätzliche Frage
strittig ist, ob eine Person der Steuerhoheit eines Kantons untersteht, nicht aber dann,
wenn lediglich strittig ist, ob sie der beschränkten oder unbeschränkten Steuerpflicht
unterliegt (Zweifel/Hunziker, in: Kommentar zum Interkantonalen Steuerrecht, 2011,
§ 6 N 103). Denn diese Frage betrifft nicht die Steuerpflicht als solche, sondern bloss
den Umfang der subjektiven Steuerpflicht.
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Juristische Personen mit Sitz oder mit tatsächlicher Verwaltung ausserhalb
des Kantons sind steuerpflichtig, wenn sie u.a. im Kanton Betriebsstätten unterhalten
(§ 56 Abs. 1 lit. b StG). Die Steuerpflicht ist diesfalls beschränkt und betrifft nur diejeni-
gen Teile des Gewinn und Kapitals, für die eine Steuerpflicht im Kanton besteht (§ 57
Abs. 2 StG).
bb) Die Pflichtige verfügt in I über eine Betriebsstätte und ist demnach im Kan-
ton Zürich auf jeden Fall beschränkt steuerpflichtig. Damit ist die grundsätzliche Frage,
ob die Pflichtige der Steuerhoheit des Kantons Zürich untersteht, nicht strittig. Das kan-
tonale Steueramt war deshalb nicht verpflichtet, einen Vorentscheid über die Frage der
beschränkten oder unbeschränkten Steuerpflicht im Kanton Zürich zu fällen.
c) Gemäss Auszug aus dem Handelsregister wurde die Pflichtige am ...
... 2010 mit Sitz in D, AR, gegründet. In der Auflage vom 26. März 2013 listete das
kantonale Steueramt seine Gründe für den effektiven Sitz im Kanton Zürich auf. Sollte
sich die Pflichtige dieser Sichtweise nicht anschliessen, habe sie den Nachweis der
effektiven Geschäftsführung in D zu erbringen.
Die Pflichtige führte hierzu am 20. Juni 2013 aus, dass sie ein "fahrendes"
E-Geschäft betreibe und 2011 an mehr als 200 Tagen Ausstellungen, Messen und
Standaktionen besucht habe. Dabei sei mehr als die Hälfte der Umsätze erzielt wor-
den. Die Geschäftsstelle I habe lediglich der Fertigung der K gedient. Im Rekurs er-
gänzte sie, der Sitz im Kanton AR habe keinen steuerlichen, sondern einen gesund-
heitsrechtlichen Hintergrund, da dieser Kanton keine Polizeibewilligung verlange.
Weiter unterstrich sie nochmals die Bedeutung des mobilen Verkaufsgeschäfts, wo-
durch ein bedeutender Teil der Geschäftsführung ausserhalb des Kantons Zürich statt-
finde und D AR zuzuweisen sei.
Gemäss Handelsregister war die Pflichtige nur unter der Adresse der B AG in L
c/o postalisch erreichbar. Über die Verhältnisse in D hat sie keine Angaben gemacht.
Bekannt ist, dass der B AG Fr. 1'303.- überwiesen wurden (Konto Nr...., Buchung vom
... ... 2011). Gemäss zugehöriger Rechnung handelt es sich um die "Endabrechnung
für Servicedienstleistungen" vom ... ... 2011 bis ... ... 2012. Die B AG bezweckt ge-
mäss Handelsregister die Ausführung und Vermittlung von Finanzdienstleistungen aller
Art sowie Erbringung von Dienstleistungen im Bereich von Marketing, Public Relation,
Personal, Geschäftsadministration, Unternehmensgründungen und -beratung sowie
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Consulting, Erbringung Dienstleistungen in den Bereichen Übersetzungen und Sprach-
dienstleistungen.
Weiter liegt der Mietvertrag I vom .../... März 2010 vor. Gemäss diesem umfasst
das Mietobjekt ein Ladenlokal mit Verkaufsraum, einen Lagerraum/Büro von 50 m2
sowie zwei Kunden- und drei Angestelltenparkplätze. In diesen Räumen führt die
Pflichtige ein E-Ladengeschäft, wie auch aus der im Rekurs angegebenen Internetseite
hervorgeht. Der Bruttomietzins beträgt Fr. 6'195.- pro Monat. Die beiden Inhaber der
Pflichtigen hatten ihren Wohnsitz in I bzw. im nahegelegenen M (vgl. Adressen auf
Lohnausweisen).
Bei dieser Sachlage besteht keine Veranlassung zur Annahme, dass der Pflich-
tigen in D AR Räume zur Verfügung standen, und noch weniger, dass dort effektiv ir-
gend eine Tätigkeit, geschweige denn eine Geschäftsleitungstätigkeit stattfand. Aus
den vorhandenen Anhaltspunkten wie c/o Adresse, der Bezeichnung der in Rechnung
gestellten Leistungen als "Servicedienstleistungen" (und nicht etwa Raummiete), und
dem tiefen Rechnungsbetrag ist vielmehr zu schliessen, dass es sich um ein typisches
Briefkastendomizil handelte. Mithin unterhielt die Pflichtige am statutarischen Sitz keine
Büros oder sonstigen Einrichtungen und befand sich dort keine Leitung, sondern stellte
die B AG ihre Geschäftsadresse zur Verfügung, nahm allenfalls die für die Pflichtige
bestimmte Post entgegen und leitete sie an die Gesellschaft weiter. Die Pflichtige
bringt nichts vor, was diesen sich unmittelbar aus den Akten ergebenden Schluss wi-
derlegen würde, hat sie es doch versäumt, trotz Aufforderung irgendwelche Angaben
einerseits über die Verhältnisse in D, insbesondere Art, Umfang und Nutzung der dorti-
gen Räumlichkeiten, als auch über die dort stattgefundenen Aktivitäten zu machen.
Die Pflichtige verweist als Gegenargument auf die mobile Geschäftstätigkeit,
welche sich nicht verorten liesse und deshalb dem statutarischen Sitz zuzuweisen sei.
Dem ist nicht zu folgen. Wie bereits ausgeführt, ist der Ort der tatsächlichen Verwal-
tung massgebend, worunter die Führung der laufenden Geschäfte verstanden wird.
Dieser hat sich nach dem Gesagten nicht in D AR befunden, weshalb die Argumentati-
on der Pflichtigen von vornherein nicht verfängt. Aber selbst wenn man ihr diesbezüg-
lich folgte, würde ihr dies nicht weiter helfen. Bei der Pflichtigen wird die Geschäftslei-
tung durch die beiden Anteilsinhaber wahrgenommen. Es ist anzunehmen, dass
wichtige operative Leitungsentscheide jeweils laufend im Rahmen der täglichen Arbeit
getroffen wurden, mithin entweder im mobilen Verkaufsgeschäft oder dann stationär in
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I, wo ihnen ein Büro zur Verfügung stand. Genaueres über ihren jeweiligen Einsatzort
und die Arbeitsaufteilung ist nicht bekannt. Hilfsweise kann auf die in den beiden Ver-
kaufslokalen ausgeübte Tätigkeit abgestellt werden. Dabei ist festzustellen, dass das
Verkaufsgeschäft in I ein höheres Gewicht innerhalb ihres Betriebs zukam, betrug doch
der Umsatz dort Fr. 948'571.95, während sich derjenige des mobilen Verkaufsstands
auf Fr. 656'789.10 belief. An diesem Schluss ändert nichts, dass gemäss Standplan
2011 das mobile Verkaufsgeschäft an 208 Standtagen in Betrieb war. Zum einen ist
nicht bekannt – und aufgrund des höheren Umsatzes unwahrscheinlich – dass das
Ladengeschäft in I während dieser Zeit geschlossen war. Überdies befand sich das
mobile Verkaufsgeschäft während ca. 32 Tagen im Kanton Zürich. Kommt damit dem
Ladengeschäft betrieblich eine höhere Bedeutung zu, ist auch anzunehmen, dass die
Geschäftsführer die massgeblichen operativen Entscheide mehrheitlich dort gefällt
haben, zumal dort eine fixe Infrastruktur zur Verfügung stand.
Der weitere Einwand, die Wahl des Sitzes in D AR sei aus gesundheitspolizeili-
chen Gründen erfolgt, betrifft das Motiv, vermag aber an der Qualifikation des statutari-
schen Sitzes als rein formell nichts zu ändern. Anzufügen ist, dass die Pflichtige den
statutarischen Sitz per ... ... 2015 in den Kanton Zug verlegt hat, sie selbst somit dem
gesundheitspolizeilichen Motiv auf die Dauer keine erhebliche Bedeutung zugemessen
hat.
d) Der Rekurs ist deshalb diesbezüglich abzuweisen und der vorinstanzliche
Entscheid zu bestätigen.
3. Streitig sind die Auslagen der Pflichtigen im Zusammenhang mit der
J GmbH auf dem Konto Nr. ... "Buchhaltung, Beratungen" in der Höhe von Fr. 25'500.-.
Die Vorinstanz begründet die Aufrechnung damit, dass es sich um Kosten der J GmbH
gehandelt habe, zu deren Übernahme kein Grund bestanden habe. Die Pflichtige hält
mit dem Rekurs am Aufwand nur noch im Umfang der Hälfte fest.
a) Der steuerbare Reingewinn setzt sich gemäss § 64 Abs. 1 StG zusammen
aus dem Saldo der Erfolgsrechnung, unter Berücksichtigung des Saldovortrags des
Vorjahres (Ziff. 1) und allen vor Berechnung des Saldos der Erfolgsrechnung ausge-
schiedenen Teilen des Geschäftsergebnisses, die nicht zur Deckung von geschäfts-
mässig begründetem Aufwand verwendet werden (Ziff. 2). Geschäftsmässig begründet
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sind Aufwendungen dann, wenn sie auf Massnahmen beruhen, welche die Unternehm-
ensleitung in guten Treuen in Erfüllung des Gesellschaftszwecks getroffen hat. Zu die-
sen zählen namentlich alle Aufwendungen, Wertverminderungen und Verluste, deren
Vermeidung der Unternehmung im Hinblick auf die Erfüllung ihres Gesellschaftszwecks
nach den Umständen des Einzelfalls nicht zumutbar ist (Richner/Frei/Kaufmann/Meut-
er, § 64 N 162 StG). Als geschäftsmässig nicht begründet werden dagegen Aufwen-
dungen erachtet, die auf ungewöhnlichen, sachwidrigen, absonderlichen Gepflogenhei-
ten oder auf völlig unangemessenen Massnahmen beruhen, oder von denen anzu-
nehmen ist, die Gesellschaft habe damit lediglich Steuern einsparen wollen, die bei
sachgemässer Ordnung der Verhältnisse geschuldet gewesen wären. Demgegenüber
ist es für die geschäftsmässige Begründetheit einer Aufwendung nicht erforderlich,
dass sie für den Betrieb notwendig oder im Sinn einer rationellen und gewinnorientier-
ten Betriebsführung zweckmässig ist. Ungeschickte Dispositionen sind ebenso hinzu-
nehmen wie mangelnde Rentabilität einer Investition, ist es doch nicht Sache der Steu-
erbehörde, in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit einzugreifen. Es genügt,
wenn der Betrieb und der damit verfolgte Zweck der Gewinnerzielung mit der Aufwen-
dung in irgendeinem kausalen Zusammenhang steht, wobei dieser Zusammenhang
immerhin sachlicher Natur sein muss. Kausalität mit einem spezifischen Ertrag darf
jedoch nicht verlangt werden (Kuhn/Brülisauer, in: Kommentar zum Schweizerischen
Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002, Art. 24 N 56 ff. StHG).
Bei Transaktionen zwischen Schwestergesellschaften ist der Drittvergleich zu
beachten. Ob eine Vorteilszuwendung zwischen Gesellschaften, die von denselben
Aktionären beherrscht werden, geschäftsmässig begründet war, ist ausschliesslich
vom Standpunkt der einzuschätzenden Gesellschaft aus zu beurteilen. Massgebend ist
nach anerkannter schweizerischer Auffassung das so genannte "at arm's length"-
Prinzip (RB 1985 Nr. 42, mit Verweisungen). Bei Verletzung dieses Grundsatzes ist die
Aufwendung nicht geschäftsmässig begründet.
Um die Beurteilung der geschäftsmässigen Begründetheit von geltend ge-
machten Aufwendungen – und der allfällig damit verbundenen verdeckten Gewinnaus-
schüttungen – zu ermöglichen, ist die steuerpflichtige Gesellschaft kraft der sie treffen-
den gesetzlichen Obliegenheiten (§§ 132 ff. StG) gehalten, an der Abklärung der
solchen Aufwendungen zugrunde liegenden Tatsachen mitzuwirken, wobei sie für de-
ren Verwirklichung beweisbelastet ist (vgl. RB 1977 Nr. 60). Insbesondere hat sie spä-
testens vor Steuerrekursgericht binnen der Rekursfrist eine substanziierte Sachdarstel-
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lung vorzutragen und die Beweismittel für deren Richtigkeit beizubringen (RB 1964
Nr. 68, 1975 Nr. 54).
b) Die J GmbH, N, gehörte den beiden Anteilsinhabern der Pflichtigen, wes-
halb es sich um Schwestergesellschaften handelte. Sie war am ... ... 2011 im Handels-
register gelöscht worden, nachdem das über sie eröffnete Konkursverfahren mit Verfü-
gung des Einzelrichters vom 13. Juli 2011 mangels Aktiven eingestellt worden war. Die
erwähnten Kosten umfassten solche einer Rechtsanwaltskanzlei im Zusammenhang
mit dem Konkurs sowie eines Treuhandbüros für Aufwendungen zur Nachführung der
Buchhaltung der J GmbH. Es ist nicht streitig, dass die J GmbH Empfängerin der ver-
rechneten Leistungen war.
Die verrechneten Arbeiten wären demnach von der J GmbH zu tragen gewe-
sen. Sollte sie hierzu finanziell nicht in der Lage gewesen sein, wäre es Sache der Ak-
tionäre gewesen, ihr die hierfür nötigen Geldmittel zur Verfügung zu stellen. Solche
Kosten können nach dem Grundsatz des Drittvergleichs nur dann der Pflichtigen be-
lastet werden, wenn sie eine Gegenleistung in derselben Höhe erhalten hätte. Die
Pflichtige behauptet zwar solches, doch bleiben ihre Ausführungen unklar. Sie erwähnt
den Kundenstamm und macht weiter geltend, sie habe erhofft, durch solche Vorleis-
tungen Schnäppchen aus der Konkursmasse zu erwerben. Indessen wird nirgends
dargetan, um welche Schnäppchen es sich dabei handelte. Aus dem verwendeten
Begriff der Vorleistung ist vielmehr zu schliessen, dass diese Kostenübernahme eben
gerade ohne konkrete Gegenleistung erfolgte. Die Pflichtige macht denn auch nicht
geltend, es habe sich dabei um einen Kaufpreis für bestimmte Güter gehandelt.
Damit ist die geschäftsmässige Begründetheit nicht ersichtlich, und ist der
vorinstanzliche Entscheid auch in diesem Punkt zu bestätigen.
4. a) Streitig sind die Beiträge an die berufliche Vorsorge. Ein Vergleich der
ausbezahlten mit den versicherten Löhnen ergibt für das Geschäftsjahr 9.2.2010 bis
31.12.2011 folgende Zahlen:
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Kalenderjahr 2010 2011
Gesell- Gesell- Gesell- Gesell- schafter 1 schafter 2 schafter 1 schafter 2
Fr. Fr. Fr. Fr.
Gemeldeter Lohn BVG 126'000.- 126'000.- 61'398.- 61'398.-
Bruttolohn gemäss Lohnausweis 61'397.- 61'397.- 93'000.- 95'800.-
Differenz 64'603.- 64'603.- - 31'602.- - 34'402.-.
Demnach lag 2010 eine Überversicherung vor, weshalb das kantonale Steu-
eramt die auf dem überschiessenden Teil bezahlten BVG-Beträge aufrechnete. Diese
Aufrechnungen schätzte es nach pflichtgemässem Ermessen auf Fr. 10'942.90 für den
Aktionär 1 und Fr. 11'089.20 für den Aktionär 2.
Die Pflichtige wendet dagegen ein, dass im Gründungsjahr der Lohnaufwand
nie zuverlässig geschätzt werden könne. Sie habe auf eine nachträgliche Korrektur
verzichtet, da ja ein überlanges Geschäftsjahr vorgelegen habe. Bei einer sachgerech-
ten Betrachtung sei die Überversicherung 2010 mit der Unterversicherung 2011 zu
kompensieren. Damit verblieben zu hohe Prämien von lediglich rund Fr. 3'500.- pro
Aktionär.
b) Laufende Beiträge des Arbeitgebers an die berufliche Vorsorge des Arbeit-
nehmers gehören zum Personalaufwand und sind deshalb gestützt auf Art. 81 Abs. 1
des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge
vom 25. Juni 1982 (BVG) i.V.m. § 64 Abs. 1 Ziff. 1 StG abzugsfähig. Grundlegende
Voraussetzung ist, dass die Leistungen auf einer verbindlichen gesetzlichen, statutari-
schen oder reglementarischen Grundlage beruhen und dieser entsprechen. Darüber
hinaus darf der in der beruflichen Vorsorge versicherte Lohn das AHV-pflichtige Ein-
kommen nicht übersteigen (Art. 1 Abs. 2 BVG). Der Arbeitgeber schuldet der Vorsor-
geeinrichtung die gesamten Beiträge (Art. 66 Abs. 2 BVG). Er zieht den in den regle-
mentarischen Bestimmungen der Vorsorgeeinrichtung festgelegten Beitragsanteil des
Arbeitnehmers vom Lohn ab (Art. 66 Abs. 3 BVG).
Die Pflichtige hat sich für die Durchführung der obligatorischen wie auch der
überobligatorischen beruflichen Vorsorge der O-Sammelstiftung für die obligatorische
berufliche Vorsorge angeschlossen. Gemäss Art. 3.1 des Kassenreglements der
P Versicherungen, Ausgabe 2010 (nachfolgend Kassenreglement), gilt als gemeldeter
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Lohn der mutmassliche AHV-Lohn. Dieser ergibt sich aus dem zuletzt bekannten AHV-
Lohn. Dabei sind die eingetretenen bzw. für das laufende Jahr vereinbarten Änderun-
gen zu berücksichtigen, nicht aber nur gelegentlich anfallende Lohnbestandteile.
Der versicherte Jahreslohn 1 für die Berechnung der Altersgutschriften ist
gleich dem gemeldeten mutmasslichen AHV-Lohn bis höchstens dem oberen BVG-
Grenzbetrag, abzüglich eines Koordinationsabzugs. Der Koordinationsabzug entspricht
dem vom Bundesrat festgelegten Betrag (Art. 4.1 des Kassenreglements). Die jährli-
chen Altersgutschriften betragen hier zwischen 0% und 18%, abhängig vom Alter
(Art. 6.1 des Kassenreglements).
Der versicherte Jahreslohn 2 für die Berechnung der Altersgutschriften ist
gleich dem gemeldeten mutmasslichen AHV-Lohn bis höchstens dem UVG-Höchst-
lohn, abzüglich eines Koordinationsabzugs in Höhe des versicherten Jahreslohns 1 für
die Berechnung der Altersgutschriften (Art. 4.2 des Kassenreglements). Die Altersgut-
schriften betragen hier 20% des versicherten Lohns (Art. 6.1 des Kassenreglements).
Der Koordinationsabzug betrug 2010 Fr. 23'940.- und 2011 Fr. 24'360.-, der
obere BVG-Grenzbetrag 2010 Fr. 82'080.- bzw. 2011 Fr. 83'520.- (vgl. Publikation
"Wichtige Masszahlen im Bereich der beruflichen Vorsorge 2014 - 2015", www.bsv.
admin.ch/dokumentation/zahlen, Kategorie Kennzahlen/Berufliche Vorsorge und
3. Säule). Der maximale jährliche UVG-Lohn belief sich 2010/11 auf Fr. 126'000.-
(Art. 22 Abs. 1 der Verordnung über die Unfallversicherung vom 20. Dezember 1982, in
der Fassung gemäss 27. Juni 2007, in Kraft seit 1. Januar 2008, SR 832.202).
c) aa) Aus diesen Vorgaben ergibt sich, dass der gemeldete Lohn 2010
gesetzes- und reglementswidrig zu hoch war. Dagegen lässt sich nicht einwenden,
dass im ersten Jahr die Löhne der Geschäftsentwicklung angepasst werden müssten
und deshalb Differenzen zwischen den gemeldeten und ausbezahlten Löhnen unver-
meidlich seien sowie toleriert werden sollten. Art. 3.1 des Kassenreglements sieht
nämlich genau für diesen Fall eine laufende Korrektur vor. Mithin bezahlte die Pflichtige
2010 ohne geschäftsmässige Begründung zu viel Beiträge.
bb) Für das Jahr 2011 gilt demgegenüber, dass die abgerechneten BVG-
Beiträge reglementswidrig zu tief waren. Mit dieser Feststellung kann es aber nicht sein
Bewenden haben. Die Pflichtige ist sowohl gegenüber den Arbeitnehmern als auch der
1 DB.2015.112 1 ST.2015.139
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Pensionskasse zu einer korrekten Abrechnung und Ablieferung der Beiträge verpflich-
tet. Seit 2011 besteht deshalb in diesem Umfang eine offene Schuld der Pflichtigen
gegenüber der Vorsorgeeinrichtung. Damit stellt sich die Frage, ob diese Schuld nicht
sogar erfolgswirksam in die Buchhaltung hätte aufgenommen werden müssen und der
vorliegende Jahresabschluss demnach den betreffenden Aufwand handelsrechtswidrig
zu tief ausweist.
Aufwendungen fliessen grundsätzlich zum Zeitpunkt ab, in welchem die steu-
erpflichtige Person zur Zahlung verpflichtet ist (Soll-Methode, Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, § 50 N 79 StG). Ausnahmsweise kann auch auf die Fälligkeit abgestellt
werden. Ist dagegen die Erfüllung der Forderung besonders unsicher, wird auf den
Zeitpunkt der Erfüllung des Anspruchs abgestellt (Ist-Methode). Mit Entscheid vom
9. August 2011 (2C_429/2010) hatte das Bundesgericht die Frage zu entscheiden,
wann irrtümlich nicht bezahlte oder nicht ordnungsgemäss verbuchte AHV- und BVG-
Beiträge, die erst nach einer Kontrolle durch die Ausgleichskasse nacherhoben wur-
den, als Aufwand belastet werden dürfen (StE 2011 B 72.11 Nr. 21). Dabei hat es fest-
gehalten, dass dies jedenfalls dann im Beitragsjahr zu erfolgen hat, wenn der Mangel
noch vor Eintritt der Rechtskraft der betreffenden Einschätzung zutage trete und eine
Nachberichtigung sowohl möglich als auch notwendig gewesen wäre; in diesem Fall
sei sogar ein späterer Abzug erst bei Erhalt der Nachtragsverfügung der Sozialversi-
cherungsanstalt mangels Periodizität unzulässig (E. 2.3.1 und 2.3.2).
Im vorliegenden Fall ist der Mangel noch vor Eintritt der Rechtskraft erkannt
worden. Die Pflichtige hat aber keine Schritte unternommen, um eine korrekte BVG-
Abrechnung für 2011 zu erstellen; zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist offen, ob je eine
solche vorgenommen wird. Die Pflichtige selbst erachtet eine solche sogar als über-
flüssig, da diese am Ergebnis nach ihrer Auffassung nichts ändern würde (Schreiben
vom 28. November 2014). Sie beurteilt die Beiträge offenkundig als verrechnet. Darauf
ist sie zu behaften.
cc) Bei dieser speziellen Sachlage erscheint es als gerechtfertigt, mit der
Pflichtigen die zu viel bezahlten BVG-Beiträge 2010 mit den zu tiefen Beiträgen 2011
zu verrechnen. Entscheidend ist, dass es sich hier um ein überlanges Geschäftsjahr
und damit aus steuerrechtlicher Sicht um ein und dieselbe Steuerperiode handelt. Über
die gesamte Steuerperiode betrachtet ist der BVG-Aufwand aber nicht zu hoch, soweit
er die korrekten BVG-Beiträge 2011 nicht übersteigt.
1 DB.2015.112 1 ST.2015.139
- 15 -
Hinzuweisen ist, dass die Praxis mit Bezug auf Selbstständigerwerbende mit
bei Geschäftsaufnahme stark schwankenden Jahresergebnissen pragmatisch verfährt.
So schlägt die Arbeitsgruppe Vorsorge der Schweizerische Steuerkonferenz vor, auf
eine Rückzahlung zu verzichten, sofern der Versicherte für das nachfolgende Jahr auf
das Vorjahresergebnis abstellt (Schweizerische Steuerkonferenz, Vorsorge und Steu-
ern, Anwendungsbeispiel A.3.4.2). Soweit demnach unmittelbar ein Ausgleich stattfin-
det, verzichtet die Praxis auf eine Korrektur. Dies erscheint auch vorliegend als ge-
rechtfertigt, zumal die Pflichtige für 2011 offenkundig auf die Vorjahreszahlen abgestellt
hat.
d) aa) Damit ist die Höhe der geschäftsmässig begründeten BVG-Beiträge zu
ermitteln. Das kantonale Steueramt hat zu diesem Zweck mit Auflage vom 26. März
2013 und Mahnung vom 3. Juni 2013 sowie erneut mit Auflage vom 17. Oktober 2013
und Mahnung vom 5. Dezember 2013 Unterlagen der Pensionskasse verlangt, aus
welchen die versicherten Löhne sowie deren Finanzierung hervorgehen. Aus dem dar-
auf eingereichten Pensionskassenreglement gehen zwar die Beitragssätze für die
Sparbeiträge, nicht aber für die übrigen Beiträge hervor, weshalb das kantonale Steu-
eramt diese gestützt auf § 139 Abs. 2 StG zu Recht nach pflichtgemässem Ermessen
geschätzt hat.
bb) Eine zu Recht ergangene Ermessenseinschätzung kann der Steuerpflich-
tige nur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit anfechten (§ 140 Abs. 2 StG). Für diesen
Nachweis stehen ihm zwei Möglichkeiten offen (Martin Zweifel, in: Kommentar zum
Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002, Art. 48 N 46 ff. StHG und in:
Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2b, 2. A., 2008, Art. 132 N 39 ff.
DBG, je auch zum Folgenden). Er kann den tatsächlichen Sachverhalt dartun und den
entsprechenden Nachweis leisten mit der Folge, dass die Ermessensveranlagung
durch eine ordentliche Veranlagung ersetzt wird und die Steuerfaktoren nach den für
"gewöhnliche" Veranlagungen geltenden Regeln ermittelt werden. Ist dieser Nachweis
nicht möglich oder misslingt er, hat die Ermessenseinschätzung weiterhin Bestand, der
Steuerpflichtige kann aber noch darlegen und nachweisen, dass diese offensichtlich
unrichtig ist.
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cc) Die Pflichtige hat weder mit der Einsprache noch mit dem Rekurs neue
Unterlagen eingereicht, aus welchen die Beitragssätze genau ermittelt werden können.
Die Schätzung hat damit weiter Bestand und ist lediglich mit Bezug auf die Höhe zu
überprüfen.
dd) Wie bereits festgehalten, ist die Höhe der Schätzung zu korrigieren, da die
zu viel bezahlten Beiträge 2010 mit den noch ausstehenden Beiträge 2011 zu verrech-
nen sind.
Beide Aktionäre haben sich 2011 den gleichen Lohn ausbezahlt und fallen in
dieselbe Alterskategorie (Jahrgänge 1972 und 1974). Der Bruttolohn betrug jeweils
Fr. 93'000.-. Die Höhe der zusätzlich zum Sparbeitrag zu leistenden Prämien (Risiko
für Invalidität, Todesfall, Kosten etc.) geht aus den Unterlagen nicht direkt hervor; aus
der Kostenaufstellung 2011 ist abzuleiten, dass sie durchschnittlich ca. 48% des Spar-
beitrags betrugen (Sparprämie Fr. 9'181.-, Rest Fr. 4'415.- ). Dies ergibt folgende Be-
rechnung:
BVG-Beitrag 1 Fr. Fr.
BVG-Grenzbetrag 83'520.- Koordinationsabzug - 24'360.- Versicherter Jahreslohn 1 59'160.- BVG-Beitrag 1 (Beitragssatz 10%) 5'916.-
BVG-Beitrag 2
AHV-Lohn 93'000.- BVG-Grenzbetrag - 83'520.- Versicherter Jahreslohn 2 9'480.- BVG-Beitrag 2 (Beitragssatz 20%) 1'896.-
Zwischentotal 7'812.-
Risikoprämien ca. 48% der Sparprämie 3'750.-
total pro Aktionär 11'562.-.
Dieser Betrag ist den effektiv für 2011 bezahlten Beiträgen sowie dem vom
Steuerkommissär errechneten Überschuss aus dem Vorjahr gegenüber zu stellen.
Dies ergibt:
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Gesellschafter 1 Gesellschafter 2
Fr. Fr.
Prämie bezahlt 5'245.- 5'307.-
Übertrag 2010 10'943.- 11'089.-
Prämien - 11'562.- - 11'562.-
zu viel 4'626.- 4'834.-.
Dies führt zu einer totalen Aufrechnung von Fr. 9'460.-.
e) Die Vorinstanz hat ferner festgestellt, dass die Pflichtige für 2011 die Ar-
beitnehmerbeiträge den beiden geschäftsführenden Aktionären reglementswidrig nicht
weiterbelastet hat, und in diesem Umfang eine Aufrechnung vorgenommen. Der unter-
lassene Abzug ergibt sich insbesondere aus den Lohnausweisen, welche keine BVG-
Beiträge enthalten. 2010 wurde der Arbeitnehmerabzug jeweils vorgenommen.
aa) Der Beitrag der versicherten Person beträgt jeweils 50% der gesamten auf
sie entfallenden Spar-, Risiko- und Kostenbeiträge sowie der gesetzlichen Zusatzauf-
wendungen (Art. 8.2 des Kassenreglements). Die Finanzierung der auf die beiden Ak-
tionäre als Arbeitnehmer entfallenden Beiträge durch die Pflichtige widerspricht dem-
nach dem Kassenreglement. Zudem sind die Arbeitnehmer-Beiträge einer weiteren
angestellten Person dieser belastet worden (vgl. Lohnausweis). Mithin hat die Pflichtige
Drittpersonen dieselbe Bevorzugung versagt.
bb) Die Pflichtige macht geltend, dies müsse nicht zwingend zu einer steuerli-
chen Aufrechnung führen, vielmehr sei der übernommene Anteil in zusätzlichen Lohn
um zu qualifizieren, welcher bei der Arbeitgeberin wiederum als Lohnaufwand abzugs-
fähig sei.
Ein solches Vorgehen ist abzulehnen. Die Kapitalgesellschaft ist an die einge-
reichte Jahresrechnung gebunden, und die Steuerbehörden dürfen sich auf die einge-
reichte Erfolgsrechnung und Bilanz samt Anhang verlassen (Peter Locher, Kommentar
zum DBG, II. Teil., 2004, Art. 58 N 69). Es gilt das Prinzip der Einzel- und nicht der
Gesamtbetrachtung; jede einzelne Bilanzposition ist vom Grundsatz der Massgeblich-
keit der Handelsbilanz erfasst. Darum geht es nicht an, Aufwandpositionen, welche
steuerlich nicht anerkannt werden, um zu qualifizieren, mit dem Zweck, das Gesamtre-
sultat nicht zu verändern und Aufrechnungen zu vermeiden. Deshalb ist es nicht statt-
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haft, Leistungen an den mitarbeitenden Aktionär (oder eine nahestehende Person),
welchen steuerlich kein Aufwandcharakter zuzumessen ist, in Lohn umzuwandeln
(Markus Reich, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A.,
2008, Art. 20 N 54a DBG). Damit sprechen bereits formelle Gründe gegen eine Um-
qualifizierung in Lohn.
Überdies rechtfertigt sich auch materiell nicht, auf Lohnaufwand zu schliessen,
ergibt sich doch aus dem direkten Vergleich mit der angestellten unabhängigen dritten
Person, dass bei dieser die Arbeitnehmerbeiträge eben gerade nicht von der Gesell-
schaft getragen wurden, und die Beitragsübernahme bei den Anteilseignern demnach
offenkundig im Beteiligungsverhältnis begründet war.
cc) Damit liegt im Umfang, in dem die Prämien gemäss Reglement und An-
hang von den Anteilseignern aufzubringen gewesen wären, eine geldwerte Leistung an
diese vor, welche als verdeckte Gewinnausschüttung gemäss § 64 Abs. 1 Ziff. 2 lit. e
StG dem steuerbaren Ertrag der Pflichtigen hinzuzurechnen ist, wie es die Vorinstanz
getan hat.
dd) Quantitativ ist eine Neuberechnung vorzunehmen, nachdem die zulässi-
gen BVG-Beiträge 2011 durch Verrechnung mit den zu hohen Beiträgen 2010 zu
Gunsten der Pflichtigen höher anzusetzen sind. Bei neuen BVG-Beiträgen 2011 von je
Fr. 11'562.- pro Aktionär ergibt das eine Aufrechnung von lediglich diesem Betrag.
f) Zusammenfassend beträgt die Aufrechnung BVG somit Fr. 21'022.-
(= Fr. 9'460 + Fr. 11'562.-) statt Fr. 27'308.- (= Fr. 22'032.- plus Fr. 5'276.-) gemäss
Einspracheentscheid.
5. Dies ergibt für die Staats- und Gemeindesteuern unter Berücksichtigung der
erforderlichen Neuberechnung der Steuerrückstellung folgenden steuerbaren Reinge-
winn:
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Fr.
Steuerbarer Reingewinn gem. Einspracheentscheid 48'973.-
Korrektur BVG
gem. Einspracheentscheid – 27'308.-
neu 21'022.-
Korrektur Steuerrückstellung
bereits verbucht 1'200.-
zusätzlich gem. Einspracheentscheid 11'400.-
Zwischentotal 55'287.-
Steuerrückstellung neu - 11'313.-
Total 43'974.-
gerundet 43'900.-.
Bei der Berechnung der Steuerrückstellung wird von entsprechenden Korrek-
turen bei der direkten Bundessteuer ausgegangen.
6. a) Gestützt auf diese Erwägungen sind die Rechtsmittel teilweise gutzu-
heissen. Da das Ergebnis für die Beschwerde und den Rekurs sehr unterschiedlich
ausfällt, rechtfertigt es sich, hierzu separate Kostenauflagen vorzunehmen. Für das
Beschwerdeverfahren ist von einem unentschiedenen Verfahrensausgang auszuge-
hen, während die Pflichtige im Rekurs mehrheitlich unterliegt. Ausgangsgemäss sind
die Kosten des Verfahrens den Parteien daher entsprechend anteilsmässig aufzuerle-
gen (Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). Der Pflichtigen ist bei diesem Aus-
gang keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64
Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968
bzw. § 152 StG i. V. m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom
24. Mai 1959/8. Juni 1997, VRG).
b) Mit Bezug auf die direkte Bundessteuer kann der vorliegende Entscheid nur
mit Beschwerde angefochten werden, soweit er einen nicht wiedergutzumachenden
Nachteil bewirken könnte oder die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endent-
scheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein
weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (§ 19a Abs. 2 VRG i.V.m. Art. 93 Abs. 1
des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005).
1 DB.2015.112 1 ST.2015.139
- 20 - | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
5bb5c829-6911-4e1d-a818-87bbf029d085 | hat sich ergeben:
A. Die C GmbH & Co KG mit Sitz in Deutschland bezweckt die Verwaltung
des eigenen Vermögens und Beteiligungsbesitzes. Sie hält zwei je hälftige Beteiligun-
gen an den beiden deutschen Gesellschaften D GmbH und E GmbH. Gesellschafter
der C GmbH & Co KG sind die F GmbH, ebenfalls mit Sitz in derselben Gemeinde in
Deutschland als persönlich haftende Gesellschafterin ohne Kapitalanteil, sowie B
(nachfolgend die Pflichtige) als Kommanditistin mit einer Einlage von EUR 5'000.-.
In ihrer Steuererklärung 2008 deklarierten die Ehegatten A und B (nachfol-
gend zusammen die Pflichtigen) unter den dem Ausland zugewiesenen Einkünften im
Wertschriftenverzeichnis einen Bruttoertrag der C GmbH & Co KG von Fr. 1'092'373.-
sowie einen Bruttolohn des Pflichtigen von der D GmbH von Fr. 245'764.-. Mit Auflage
vom 9. Mai 2011 verlangte die Steuerkommissärin von den Pflichtigen die Einzelab-
schlüsse 2008 der C GmbH & Co KG und F GmbH sowie u.a. den Nachweis, dass
beide Gesellschaften in Deutschland einer betrieblichen Tätigkeit in einer Betriebsstät-
te nachgehen. Die Pflichtigen kamen dem mit Eingabe vom 30. Mai 2011 nach. Am 8.
Juni 2011 erliess darauf die Steuerkommissärin einen Einschätzungsvorschlag Staats-
und Gemeindesteuern 2008, worin sie vorsah, den Gewinnanteil der C GmbH & Co KG
nicht nach Deutschland auszuscheiden, da dies einen Betrieb in Deutschland voraus-
setze, was nicht erfüllt sei. Die Tätigkeit der C GmbH & Co KG erschöpfe sich in einem
blossen Halten von Beteiligungen. Die Pflichtigen lehnten den Vorschlag am 27. Sep-
tember 2011 ab. Die Beteiligungen der C GmbH & Co KG würden durch diese aktiv
geführt und stellten keine passiven Portfolio-Investitionen dar. Insbesondere nehme die
C GmbH & Co KG durch den Pflichtigen als ihr faktischer Geschäftsführer direkt Ein-
fluss auf die operative Führung der gehaltenen Gesellschaften. Die unternehmerische
Tätigkeit spiele sich in einer festen Geschäftseinrichtung in Deutschland ab. Die Höhe
des Gewinnanteils aus der C GmbH & Co KG sei aber zu korrigieren, effektiv betrage
er Fr. 2'177'225.-.
Am 8. November 2011 schätzte das kantonale Steueramt die Pflichtigen für
die Steuerperiode 2008 folgendermassen ein:
- 3 -
1 DB.2012.287 1 ST.2012.324
Direkte Bundessteuer Staats- und Gemeindesteuern
Einkommen Einkommen Vermögen
Fr. Fr. Fr.
steuerbares 2'247'200.- 2'247'400.- 8'436'000.-
satzbestimmendes 2'504'200.- 2'504'500.- 9'103'000.-.
Darin hielt es an seiner Auffassung in Bezug auf die Besteuerung der Einkünf-
te aus der C GmbH & Co KG in der Schweiz fest. Die Veranlagungsverfügung/Schluss-
rechnung direkte Bundessteuer 2008 erging am 22. November 2011.
B. Hiergegen liessen die Pflichtigen am 23. November 2011 Einsprache erhe-
ben und eine mündliche Besprechung beantragen. Diese fand am 10. Mai 2012 statt,
und am 3. Juli 2012 nahmen die Pflichtigen vertieft Stellung.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprache in Bezug auf die direkte Bun-
dessteuer am 12. Oktober 2012 ab. Mit gleichentags gefälltem Entscheid wies es die
Einsprache in Bezug auf die Staats- und Gemeindesteuern ebenfalls ab, gewährte in-
dessen die Teilsatzbesteuerung für den Ertrag aus der C GmbH & Co KG von
Fr. 2'177'225.-.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 13. November 2012 stellten die Pflichti-
gen den Antrag, den Ertrag und die Aktiven der C GmbH & Co KG vollständig nach
Deutschland auszuscheiden und sie folgendermassen einzuschätzen:
Direkte Bundessteuer Staats- und Gemeindesteuern
Einkommen Einkommen Vermögen
Fr. Fr. Fr.
steuerbares 86'400.- 86'400.- 4'508'000.-
satzbestimmendes 2'509'600.- 2'509'900.- 9'103'000.-.
Eventualiter sei eine Nachfrist von 60 Tagen ab Rechtskraft für die Einrei-
chung eines Antrags auf pauschale Steueranrechnung anzusetzen, subeventualiter sei
die von Deutschland auf der Dividende der D GmbH erhobene Kapitalertragssteuer
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1 DB.2012.287 1 ST.2012.324
von Fr. 328'943.- in Abzug zu bringen und lediglich der Nettobetrag zu besteuern. Fer-
ner beantragten sie die Zusprechung einer Parteientschädigung.
Mit Beschwerde-/Rekursantwort vom 24. Januar 2013 schloss das kantonale
Steueramt auf Abweisung der Rechtsmittel, unter Verweis auf die Einsprachebegrün-
dung. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Die Pflichtigen haben ihren steuerlichen Wohnsitz in Küsnacht ZH und sind
damit aufgrund persönlicher Zugehörigkeit in der Schweiz bzw. im Kanton Zürich un-
beschränkt steuerpflichtig (Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundes-
steuer vom 14. Dezember 1990, DBG; Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die
Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember
1990, StHG, und § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die direkten Steuern vom 8. Juni 1997,
StG). Dies ist unbestritten. Streitig ist, ob der Anteil der Pflichtigen an der C GmbH &
Co KG mit Sitz in Deutschland als Einkommens- bzw. Vermögensbestandteil in der
Schweiz zu besteuern ist.
a) Die persönliche Zugehörigkeit gemäss Art. 3 DBG bzw. § 3 StG begründet
eine unbeschränkte Steuerpflicht. Gestützt darauf werden grundsätzlich alle Einkünfte,
d.h. das weltweite Einkommen, sowie – bei den Staats- und Gemeindesteuern – das
gesamte Vermögen erfasst. Soweit sich die Steuerfaktoren auf Geschäftsbetriebe, Be-
triebsstätten und Grundstücke ausserhalb der Schweiz beziehen, sind diese allerdings
von der Bemessungsgrundlage auszuscheiden (Art. 6 Abs. 1 DBG bzw. § 5 Abs. 1
StG). Dabei handelt es sich um eine unbedingte Steuerbefreiung, die jedoch unter dem
Progressionsvorbehalt von Art. 7 Abs. 1 DBG bzw. § 6 Abs. 1 StG steht (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 6 N 6 DBG,
und Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 6 N 5 StG).
Die Abgrenzung der Steuerpflicht für Geschäftsbetriebe, Betriebsstätten und Grundstü-
cke erfolgt im Verhältnis zum Ausland nach den Grundsätzen des Bundesrechts über
das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung (Art. 6 Abs. 3 Satz 1 DBG bzw. § 5
Abs. 3 StG).
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b) Vorliegend geht es um die Besteuerung eines Anteils an einer deutschen
GmbH & Co. Kommanditgesellschaft (KG). Diese ist zivilrechtlich eine Personengesell-
schaft (vgl. BGE 136 V 258 E. 2.1; Flick/Wassermeyer/Kempermann, Doppelbe-
steuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Art. 7 N 32). Sowohl nach schweizeri-
schem wie nach deutschem Steuerrecht sind inländische Personengesellschaften als
solche nicht Steuersubjekt, sondern ihre Teilhaber werden für ihren Anteil am Vermö-
gen und Ertrag einer Personengesellschaft nach Massgabe ihrer Beteiligung besteuert
(vgl. Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb, Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz-
Deutschland, Band 5, B 7.7 Nr. 20; Irene Salvi, Das Doppelbesteuerungsabkommen
zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet der Steu-
ern vom Einkommen und vom Vermögen unter besonderer Berücksichtigung des deut-
schen Aussensteuergesetzes, 1986, S. 66; Flick/Wassermeyer/Kempermann, Art. 5 N
35).
c) Aus schweizerischer Sicht sind – gemäss bundesgerichtlicher Rechtspre-
chung – Vermögen und Ertrag der kaufmännischen Kollektiv- und Kommanditgesell-
schaft sowie der einfachen oder stillen Gesellschaft beim Gesellschafter am Geschäft-
sort der Gesellschaft steuerbar (Peter Locher, Die Praxis der Bundessteuern, III. Teil,
Band 4, § 8, IV A, 1 Nr. 5 f.; Höhn/Mäusli, Interkantonales Steuerrecht, 4. A., 2000, §
11 N 10 f; Zweifel/Hunziker, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Interkan-
tonales Steuerrecht, 2011, § 6 N 77 ff.). Kaufmännischer Natur sind jene Kollektiv- und
Kommanditgesellschaften, welche ein Handels-, Fabrikations- oder ein anderes nach
kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreiben und mit ihrem Betrieb nach aussen in
Erscheinung treten (Höhn/Mäusli, § 11 N 10).
Beteiligungen samt Ertrag an nichtkaufmännischen Kollektiv- und Kommandit-
gesellschaften begründen am Gesellschaftssitz kein Spezialsteuerdomizil der Gesell-
schafter. Dabei handelt es sich um Gesellschaften, deren Tätigkeit sich in der blossen
Vermögensverwaltung erschöpft und die über keine ständigen körperlichen, der Ge-
schäftstätigkeit dienenden Anlagen und Einrichtungen am Gesellschaftssitz verfügen.
Diese Anteile sind von den einzelnen Gesellschaftern am Hauptsteuerdomizil zu ver-
steuern, soweit nicht das Spezialsteuerdomizil des Liegenschaftsorts besteht (BGE 98
Ia 212 E. 3, bestätigt mit BGr, 27. Januar 2000, 2P.126/1998; Höhn/Mäusli, § 11 N 11).
Die Vermögensverwaltung gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts auch
dann nicht als kaufmännisches Gewerbe, wenn das Vermögen beträchtlich ist und die
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Geschäftsführung über den Rahmen einer gewöhnlichen Vermögensverwaltung hi-
nausgeht (vgl. Mäusli-Allenspach, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, In-
terkantonales Steuerrecht, 2011, § 18 N 39).
d) Macht der Steuerpflichtige, der seinen Wohnsitz im Kanton hat und damit
hier unbeschränkt steuerpflichtig ist, geltend, sein Geschäftsort befinde sich nicht im
Wohnsitzkanton bzw. in der Schweiz, weshalb ein Teil des Einkommens und Vermö-
gens nicht der hiesigen Steuerhoheit unterliege, so behauptet er steuermindernde Tat-
sachen, für die er beweisbelastet ist (VGr, 14. September 1993, SB 93/0003). Er hat
deshalb von sich aus die wesentlichen Umstände zu substanziieren und nachzuweisen
(RB 1987 Nr. 35). Insbesondere hat seine Darstellung all jene Umstände zu enthalten,
aus welchen sich die Voraussetzungen eines ausserkantonalen bzw. ausländischen
Geschäftsorts ergeben, so namentlich, dass sich seine Erwerbstätigkeit dort in ständi-
gen körperlichen Anlagen oder Einrichtungen abwickelt. Misslingt der Beweis für die
behaupteten Tatsachen, so ist zu Ungunsten des beweisbelasteten Steuerpflichtigen
anzunehmen, sie hätten sich nicht verwirklicht.
2. a) Damit ist als Erstes zu prüfen, ob die C GmbH & Co KG aus schweizeri-
scher Sicht eine kaufmännische oder nichtkaufmännische Kommanditgesellschaft dar-
stellt.
aa) Die C GmbH & Co KG wurde nach der Sachdarstellung der Pflichtigen vor
ihrem Zuzug in die Schweiz 2003 gegründet. Persönlich haftender Gesellschafter
(Komplementär) ist die F GmbH. Anders als im schweizerischen Recht (vgl. Art. 594
Abs. 2 OR) sind in Deutschland juristische Personen als Komplementäre zulässig. Als
(beschränkt haftender) Kommanditist – was im schweizerischen Recht dem Komman-
ditär gemäss Art. 594 Abs. 1 OR entsprechen würde – wurde die Pflichtige eingetragen
mit einer Einlage von EUR 5'000.-. Zur Geschäftsführung und Vertretung der C GmbH
& Co KG ist ausschliesslich die F GmbH berechtigt und verpflichtet, für welche die
Pflichtige allein zeichnungsberechtigt ist.
Die C GmbH & Co KG wies per 31. Dezember 2008 Aktiven von EUR
1'228'059.- auf, welche sich aus Beteiligungen von je 50% an der D GmbH (EUR
550'0000.-) und der E GmbH (EUR 200'000.-), einem Darlehen von EUR 472'318.- an
die D GmbH und Guthaben bei Kreditinstituten von EUR 5'740.- zusammensetzte. Ihre
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Erfolgsrechnung 2008 enthält als Hauptposition Erträge aus den genannten Beteiligun-
gen von EUR 1'382'114.-.
bb) Die C GmbH & Co KG weist somit das Bild einer Gesellschaft auf, deren
Tätigkeit sich auf das reine Halten von zwei Beteiligungen und eines Darlehens be-
schränkt. Weiter geht aus der Bilanz und der Erfolgsrechnung hervor, dass sie selber
über keinerlei eigene feste Einrichtungen in Deutschland verfügt, sind doch weder ent-
sprechende Aktiven verzeichnet noch ist mit solchen Einrichtungen zusammenhän-
gender Aufwand ersichtlich. Sie ist damit ohne weites als eine nichtkaufmännische
Personengesellschaft zu qualifizieren.
d) Was die Pflichtigen dagegen vorbringen, vermag nicht zu überzeugen.
aa) Sie machen geltend, dass die Tätigkeit der C GmbH & Co KG über die
reine Vermögensverwaltung hinausgehe, indem der Pflichtige im Auftrag seiner Ehe-
frau die Geschäfte der C GmbH & Co KG führe und in dieser Funktion direkt Einfluss
auf die operative Führung der D GmbH und der E GmbH nehme. Diese – eingehend
geschilderte – Geschäftsführerfunktion übe er in seinem Büro am Sitz der C GmbH &
Co KG in Deutschland aus, wo ihm ein Sekretariat und die notwendige Infrastruktur zur
Verfügung stehe. 2008 habe er sich an 52 Arbeitstagen dort sowie zur Erschliessung
asiatischer Märkte zehn Tage in Hongkong aufgehalten. Aus Vereinfachungsgründen
und zur Vermeidung von Doppelspurigkeiten werde die gesamte Infrastruktur durch die
D GmbH zur Verfügung gestellt.
bb) Indessen ist der Pflichtige formell direkt von der D GmbH angestellt und
lassen sich seine Tätigkeiten ohne weiteres auch unter dieses Arbeitsverhältnis sub-
sumieren. Gemäss Arbeitsvertrag vom 30. Juni 2001 ist er bereits seit dem 9. März
1993 für diese tätig. Gemäss § 1 Abs. 1 des Vertrags berät und unterstützt er die Ge-
schäftsführung von D GmbH in den Bereichen, in denen er aufgrund seiner Aus- bzw.
Vorbildung und früheren geschäftsleitenden Tätigkeiten über besondere Kenntnisse
und Erfahrungen verfügt. Im Folgenden werden das Vertragswesen, Markt- und Pro-
dukteentwicklung einschliesslich Werbung, Investition, Technik und Organisation, Per-
sonalwesen und Steuern erwähnt. Gemäss Abs. 2 dieser Bestimmung hat er indessen
keine Vertretungsbefugnis. Mit einer am 28. März 2006 abgeschlossenen Ergänzung
Nr. 1 zum Anstellungsvertrag wurden dem Pflichtigen aufgrund des altersbedingten
Ausscheidens eines Geschäftsführers zusätzliche Aufgaben im kaufmännischen bzw.
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verwaltenden Bereich übertragen (T-act. 20/3b). Es ist nicht einzusehen, inwiefern er
die in der Beschwerde-/Rekursschrift im Einzelnen geschilderten Geschäftsleitungs-
aufgaben nicht auch gestützt auf diesen Arbeitsvertrag hätte wahrnehmen können. In
Anbetracht dieser sehr weitgehenden und zugleich unbestimmten Aufgabenbeschrei-
bung erscheint vielmehr die Abgrenzung zwischen Tätigkeiten bei der D GmbH im
Namen der C GmbH & Co KG einerseits und gestützt auf den Arbeitsvertrag mit der D
GmbH als künstlich und nicht überzeugend.
cc) Hinzu kommt, dass aus dem Jahr 2008 selber kein Nachweis dafür vor-
liegt, dass der Pflichtige im Namen der C GmbH & Co KG bei der D GmbH tätig ge-
worden ist. Es besteht kein schriftlicher Arbeitsvertrag zwischen der C GmbH & Co KG
und dem Pflichtigen und er ist auch nicht für diese zeichnungsberechtigt. Ferner hat er
von ihr auch keinen Lohn bezogen, noch hat die D GmbH die C GmbH & Co KG für
irgendwelche Dienstleistungen entschädigt. Weiter enthält die Erfolgsrechnung der C
GmbH & Co KG auch keine Positionen, welche auf Tätigkeiten wie z.B. die von den
Pflichtigen angeführte Durchführung von Strategie-Meetings, Planung der Forschungs-
und Entwicklungsvorhaben oder Mitwirkung an Markterschliessungen etc. hindeuten.
Auch aus den zahlreichen Geschäftsunterlagen lassen sich keine eigene Aktivitäten
der C GmbH & Co KG ermitteln; im Gegenteil geht daraus hervor, dass es sich dabei
immer um solche der D GmbH gehandelt hat. Lassen sich demnach keinerlei Spuren
einer Aktivität der C GmbH & Co KG finden, so stellt dies ein erhebliches Indiz dafür
dar, dass sie auch keine solche wahrgenommen hat.
Daran vermag auch die Bestätigung der D GmbH vom 8. September 2011
nichts zu ändern, wonach aus Vereinfachungsgründen und wegen der grösseren Prak-
tikabilität auf anteilige Weiterverrechnung des Gehalts des Pflichtigen an die C GmbH
& Co KG verzichtet worden sei, und dass 40% seiner Arbeitszeit auf Leistungen der C
GmbH & Co KG entfallen sei. Es liegt kein Schreiben der C GmbH & Co KG vor, wel-
che die D GmbH zu diesem Vorgehen ermächtigte. Zudem bestehen gerade im deut-
schen Steuerrecht besonders strenge Formvorschriften in Bezug auf Vergütungen an
Gesellschafter und ihnen nahestehende Personen, was der Geschäftsleitung bekannt
sein musste (Tipke/Lang, Steuerrecht, 19. A., 2008, § 11 N 78). Im Weiteren erscheint
die unterlassene förmliche Regelung nicht als besonders komplex und aufwändig,
weshalb die angeführten Gründe der Vereinfachung und grösseren Praktikabilität ihr
Fehlen nicht erklären. In Anbetracht dieser Umstände vermag die Bestätigung beim
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Gericht nicht die Überzeugung zu begründen, dass darin der Sachverhalt und die
Gründe korrekt wiedergegeben werden.
dd) Der Umfang der geleisteten Arbeitszeit untermauert zudem die Annahme,
der Pflichtige sei allein für die D GmbH tätig gewesen, betrug doch seine vereinbarte
Arbeitszeit 60% einer vollen Stelle (§ 2 der am 28. März 2006 abgeschlossenen Er-
gänzung Nr. 1 zum Anstellungsvertrag). Mit den 2008 geleisteten 52 Arbeitstagen so-
wie weiteren zehn Arbeitstagen in Asien wird dieser Rahmen sogar weit unterschritten.
ee) Gegen ein Tätigwerden des Pflichtigen im Namen der C GmbH & Co KG
spricht weiter, dass diese nur über eine Beteiligung von 50% an der D GmbH besitzt,
während sich die anderen 50% in der Hand der Schwester der Pflichtigen befinden.
Mithin ist unklar, auf welcher rechtlichen Grundlage er allein im Namen der C GmbH &
Co KG bei der D GmbH hätte Einsitz nehmen und Entscheidungen treffen können. Und
selbst wenn er in einem solchen Auftrag tätig gewesen wäre, ist in keiner Weise er-
stellt, dass er dabei im Namen der C GmbH & Co KG und nicht seiner Ehefrau direkt
auftrat.
ff) Hinzu kommt, dass die Vertretung und Geschäftsführung der C GmbH & Co
KG allein bei der F GmbH lag, welche ihrerseits allein durch die Pflichtige handelte. Es
wird weder behauptet noch geht es aus den Akten hervor, dass die Pflichtige jemals in
Deutschland in einer festen Geschäftseinrichtungen der C GmbH & Co KG tätig war.
Auch eine Vollmacht der F GmbH an den Pflichtigen, welche diesen ermächtigt hätte,
für sie zu handeln, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht behauptet.
gg) Zudem betrifft ein Teil der angeführten Tätigkeiten die Selbstverwaltung
der C GmbH & Co KG. Solche Aktivitäten sind notwendige Folge der gewählten Ge-
sellschaftsform und können für sich allein keine eigentliche Geschäftstätigkeit über die
Vermögensverwaltung hinaus begründen, ansonsten bei sämtlichen Personengesell-
schaften allein schon aufgrund ihrer Existenz eine solche zu bejahen wäre. Weiter
werden grundsätzliche Strategie- und Personalentscheidungen bei einer Aktiengesell-
schaft in Familienbesitz regelmässig durch das Aktionariat getroffen, ohne dass da-
durch bereits eine eigentliche Geschäftstätigkeit begründet wird. Dasselbe trifft zu mit
Bezug auf die Teilnahme an Generalversammlungen der gehaltenen Gesellschaften.
Soweit solche Entscheidungen im Rahmen der C GmbH & Co KG getroffen werden
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und der Pflichtige dabei in Unterstützung seiner Ehefrau mitgewirkt hat, vermag ihnen
dies nicht zu helfen.
e) Insgesamt ist deshalb darauf zu schliessen, dass die beruflichen Aktivitäten
des Pflichtigen bei der D GmbH nicht der C GmbH & Co KG zugerechnet werden kön-
nen. Damit fehlt jeglicher Hinweis, dass die C GmbH & Co KG eine Tätigkeit verfolgt
hat, welche über das blosse Halten von Beteiligungen hinaus ging, und handelt es sich
bei ihr um eine nichtkaufmännische Kommanditgesellschaft. Dies hat nach dem Ge-
sagten zur Folge, dass der Gewinnanteil der Pflichtigen, welcher ihr aus der C GmbH &
Co KG zufloss, nach dem hiesigen Recht grundsätzlich am schweizerischen Wohnort
der Gesellschafterin zu besteuern ist.
3. Unterstehen demnach die Einkünfte aus der C GmbH & Co KG nach dem
internen Recht der Schweiz der hiesigen Steuerpflicht, so stellt sich die Frage, ob das
Doppelbesteuerungsrecht dem entgegen steht.
a) aa) Personengesellschaften sind sowohl nach der deutschen wie auch der
schweizerischen Rechtsordnung keine juristischen Personen und damit wegen Art. 3
Abs. 2 lit. d und e des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft
und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem
Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (SR
0.672.913.62; DBA-D) keine Personen im Sinn des Art. 1 DBA-D (Flick/Wasser-
meyer/Kempermann, Art. 5 N 35). Abkommensberechtigte Person ist damit nur der
einzelne Gesellschafter.
bb) Als Grundlage für die Zuteilung von Einkünften des Gesellschafters in
Frage kommt in erster Linie Art. 7 Abs. 1 DBA-D. Gemäss dieser Bestimmung können
Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaates nur in diesem Staat besteuert
werden, es sei denn, dass das Unternehmen seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat
durch eine dort gelegene Betriebsstätte ausübt. Diese Bestimmung gilt insbesondere
auch für Personengesellschaften (Art. 7 Abs. 7 Satz 1 DBA-D). Ein Unternehmen eines
Vertragsstaates wird definiert als ein Unternehmen, das von einer in einem Vertrags-
staat ansässigen Person betrieben wird (Art. 3 Abs. 1 lit. f DBA-D). Für Abkommens-
zwecke wird deshalb das Unternehmen der Personengesellschaft als Unternehmen
desjenigen Staates behandelt, in dem der Gesellschafter ansässig ist, um dessen Be-
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steuerung es jeweils geht. Daraus folgt in einem ersten Schritt, dass Einkünfte aus der
C GmbH & Co KG grundsätzlich von der Schweiz besteuert werden dürfen, soweit sie
der Pflichtigen zustehen, da sie als Gesellschafterin unstreitig hier ansässig ist. Vorbe-
halten bleibt eine Betriebsstätte in Deutschland.
cc) Gehören zu den Unternehmensgewinnen Einkünfte, die in anderen Arti-
keln des DBA-D behandelt werden, so werden die Bestimmungen jener Artikel durch
die Bestimmungen dieses Artikels nicht berührt (Art. 7 Abs. 8 DBA-D). Der in dieser
Bestimmung statuierte Anwendungsvorrang anderer Vorschriften bedeutet, dass sich
das Besteuerungsrecht nach der jeweiligen einschlägigen vorrangigen Norm richtet.
Zugleich bewirkt er, dass auch in Bezug auf die Vermeidung der Doppelbesteuerung
allein diejenige Regelungen zum Zug kommen, die sich auf die vorrangige Norm be-
ziehen (Flick/Wassermeier/Kempermann, Art. 7 N 810).
Als solche Bestimmung in Frage kommt vorliegend Art. 10 DBA-D über Divi-
denden. Gemäss dieser Bestimmung können Dividenden, die eine in einem Vertrags-
staat ansässige Gesellschaft an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person
zahlt, im anderen Staat besteuert werden (Abs. 1). Sie können jedoch im Vertrags-
staat, in dem die Gesellschaft ansässig ist, welche die Dividenden zahlt, nach dem
Recht dieses Staates in näher bestimmtem Umfang von 5, 15 oder 30% besteuert
werden (Abs. 2). Diese Bestimmungen sind indessen nicht anzuwenden, wenn der in
einem Vertragsstaat ansässige Empfänger der Dividenden in dem anderen Vertrags-
staat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, eine Betriebsstät-
te hat und die Beteiligung, für die die Dividenden bezahlt werden, tatsächlich zu dieser
Betriebsstätte gehört. In diesem Fall ist Art. 7 anzuwenden (Abs. 5).
dd) Wie bereits ausgeführt, fehlt es an Hinweisen, dass der Pflichtige in
Deutschland für die C GmbH & Co KG überhaupt eine geschäftliche Tätigkeit ausübte.
Die Frage, ob seine Aufenthalte in den Räumlichkeiten der D GmbH in Deutschland für
die Begründung einer Betriebsstätte ausreichen, stellt sich damit von vornherein nicht.
Die Pflichtige ihrerseits ist nie in Deutschland tätig geworden, was demnach auch für
die durch sie vertretene F GmbH zutrifft. Weitere Personen, welche für die C GmbH &
Co KG gehandelt haben könnten, sind nicht ersichtlich. Damit gelangt der Vorbehalt in
Art. 7 Abs. 8 DBA-D zur Anwendung, ohne dass es zu einer Rückverweisung gemäss
Art. 10 Abs. 5 DBA-D kommt. Mithin sind die von der C GmbH & Co KG zugeflossenen
Beteiligungserträge nach den Regeln des Art. 10 DBA-D zu behandeln.
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b) Damit sind diese Erträge von der Pflichtigen hier zu versteuern, soweit sie
ihr zustehen. Gemäss § 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags erfolgt die Gewinnvertei-
lung nach Kapitalanteilen, wobei nur die Pflichtige als Kommanditärin einen solchen
Anteil geleistet hat. Damit sind ihr sämtliche Beteiligungserträge zuzurechnen, unter
Vorbehalt der nicht rückforderbaren deutschen Quellensteuer gemäss Art. 10 Abs. 2
DBA-D.
4. Für diesen Fall stellen die Pflichtigen den Eventualantrag, ihr für die Einrei-
chung eines Antrags auf pauschale Steueranrechnung eine Nachfrist anzusetzen.
a) Bezieht eine in der Schweiz ansässige Person Dividenden, die nach Art. 10
DBA-D in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden können, so gewährt die
Schweiz dieser Person auf Antrag eine Entlastung (Art. 24 Abs. 2 Ziff. 2 DBA-D, auch
zum Folgenden). Die Schweiz wird die Entlastung bestimmen und das Verfahren ord-
nen.
Gestützt darauf hat der Bundesrat die Verordnung über die pauschale Steuer-
anrechnung vom 22. August 1967 erlassen (VO pStA, SR 672.201). Gemäss Art. 13
Abs. 1 und 2 VO pStA wird die pauschale Steueranrechnung nur auf Antrag gewährt.
Der Antrag ist auf einem besonderen Formular (Ergänzungsblatt pauschale Steueran-
rechnung zum Wertschriftenverzeichnis) der zuständigen Amtsstelle desjenigen Kan-
tons einzureichen, in dem der Antragssteller am Ende der Steuerperiode, in der die
Erträgnisse fällig wurden, ansässig war. Der Anspruch auf pauschale Steueranrech-
nung erlischt, wenn der Antrag nicht innert drei Jahren nach Ablauf der Steuerperiode,
in der die Erträgnisse fällig geworden sind, gestellt wird (Art. 14 Abs. 2 VO pStA). Im
Kanton Zürich entscheidet das kantonale Steueramt über die eingereichten Anträge
(§ 3 Abs. 1 der Verordnung über die Durchführung der pauschalen Steueranrechnung
vom 7. Dezember 1967, VO DpSt, ZStB Nr. 45/510). Zuständig hierfür ist die Dienstab-
teilung Wertschriften (§ 12 lit. d der Verordnung über die Organisation des kantonalen
Steueramts vom 17. Dezember 2008, ZStB Nr. 30/102). Der Entscheid kann mit den
gleichen Rechtmitteln angefochten werden wie der Entscheid über die Rückerstattung
der eidgenössischen Verrechnungssteuer durch den Kanton (Art. 18 VO pStA; § 4 Abs.
1 VO DpSt). Über Einsprachen entscheidet das kantonale Steueramt, über Beschwer-
den die kantonalen Steuerrekurskommissionen (§ 4 Abs. 2 VO DpSt).
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b) Da bisher mit Bezug auf die Einkünfte aus der C GmbH & Co KG noch kein
Antrag auf pauschale Steueranrechnung gestellt worden ist, ist das Steuerrekursge-
richt für die Behandlung des Eventualantrags an sich noch nicht zuständig. Es erübrigt
sich indessen, diesen an das kantonale Steueramt zur Behandlung zu überweisen, da
die dreijährige Frist Ende 2011 unstreitig abgelaufen und er damit offensichtlich ver-
spätet ist (vgl. RB 1980 Nr. 61).
c) Die Pflichtigen beantragen die Neuansetzung der Frist zur Einreichung des
Antrags auf pauschale Steueranrechnung. Sie begründen dies damit, dass ein solcher
Antrag erst möglich sei, wenn es tatsächlich zu einer Besteuerung der Dividendenein-
künfte in der Schweiz komme. Die Dreijahresfrist könne deshalb nicht massgebend
sein, da ansonsten das Recht verjähre, bevor der Antrag tatsächlich gestellt werden
könne. Es sei deshalb Art. 32 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Verrechnungssteu-
er vom 13. Oktober 1965 (VStG) analog anzuwenden. Gemäss dieser Bestimmung
beginnt mit Entrichtung der Steuer eine neue Frist von 60 Tagen zur Einreichung des
Antrags zu laufen, wenn die Verrechnungssteuer erst aufgrund einer Beanstandung
der ESTV entrichtet und überwälzt wird und die ordentliche Frist zu diesem Zeitpunkt
bereits abgelaufen ist oder von der Entrichtung der Steuer bis zu ihrem Ablauf nicht
mindestens 60 Tage verbleiben.
Den Pflichtigen ist insofern zuzustimmen, dass die Regelung über den Fristab-
lauf nach drei Jahren dann zu einem unbefriedigendem Ergebnis führt, wenn sich die
Frage der pauschalen Steueranrechnung erstmals nach Ablauf der Frist stellt. Ein sol-
cher Fall liegt hier indessen nicht vor. Den rechtskundig vertretenen Pflichtigen wurde
bereits mit Einschätzungsvorschlag 2008 vom 8. Juni 2011 angezeigt, dass das kanto-
nale Steueramt die Einkünfte aus der C GmbH & Co KG als Wertschriftenertrag zu
besteuern gedenkt. Mithin hätte für sie ab diesem Zeitpunkt Veranlassung bestanden,
für diesen Fall ein Gesuch um pauschale Steueranrechnung zu stellen. Mit Eingabe
vom 27. September 2011 liessen sie zwar eingehend zum Einschätzungsvorschlag
Stellung nehmen und haben sich insbesondere auch über doppelbesteuerungsrechtli-
che Fragen geäussert, hingegen kein Gesuch um pauschale Steueranrechnung einge-
reicht. Auch in späteren Schreiben liessen sie 2011 kein solches Gesuch stellen. Der
Umstand, dass sie zu diesem Zeitpunkt für die Steuerperiode 2008 noch nicht definitiv
veranlagt waren und die Besteuerung damit letztlich noch im Unklaren war, hätte sie in
keiner Weise daran gehindert, wird doch der Antrag auf pauschale Steueranrechnung
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auch sonst jeweils mit der Steuererklärung und damit vor dem Einschätzungsentscheid
eingereicht.
d) Der ungenutzte Fristablauf ist deshalb auf ein Versäumnis der Pflichtigen
und nicht auf äussere Umstände ausserhalb ihrer Einflusssphäre zurückzuführen,
weshalb für die Ansetzung einer Nachfrist keine Veranlassung besteht.
5. Subeventualiter beantragen die Pflichtigen, die Dividenden lediglich im Net-
tobetrag, d.h. reduziert um die in Deutschland angefallenen und nicht rückforderbaren
Quellensteuern im Umfang von 15% bzw. Fr. 328'943.-, zu besteuern.
a) Wer die pauschale Steueranrechnung nicht beantragt oder darauf gemäss
den Art. 3 - 7 VO pStA keinen Anspruch hat, kann verlangen, dass bei der Veranla-
gung zu den schweizerischen Steuern vom Einkommen die im Vertragsstaat in Über-
einstimmung mit den Doppelbesteuerungsabkommen erhobenen Steuern vom Brutto-
betrag der Erträgnisse abgezogen werden (Nettobesteuerung, Art. 2 Abs. 3 VO pStA).
b) Nach Art. 10 Abs. 2 lit. c DBA-D beträgt bei Beteiligungen wie vorliegend
der Anteil von nicht rückforderbaren deutschen Quellensteuern maximal 15% des Brut-
tobetrags der Dividenden. In diesem Umfang sind die schweizerische Steuerbehörden
zur Entlastung verpflichtet (Art. 24 Abs. 2 Ziff. 2 DBA-D). Die C GmbH & Co KG erzielte
2008 einen Gewinn von EUR 1'372'258.- (= Fr. 2'177'225.-), worin Dividendeneinkünfte
von EUR 1'382'114.- aus ihren beiden Beteiligungen D GmbH und E GmbH enthalten
sind. Sie entrichtet demnach darauf nicht rückforderbare deutsche Quellensteuern von
EUR 207'317.- (= 15% von EUR 1'382'114.- bzw. Fr. 328'929.-). Der Gewinn der C
GmbH & Co KG ist deshalb um diesen Betrag zu kürzen. Der Wertschriftenertrag er-
rechnet sich demnach wie folgt:
Fr.
Ertrag C GmbH & Co KG 2'177'225.-
./. nicht rückforderbare Quellensteuer - 328'929.-
1'848'296.-
Übriger Wertschriftenertrag 119'872.-
Wertschriftenertrag 1'968'168.-.
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c) Anzufügen ist, dass Art. 5 Abs. 4 VO pStA (in der Fassung vom 15. Oktober
2008) bei qualifizierten Beteiligungen wie vorliegend, bei welchen das Teileinkünftever-
fahren zur Anwendung gelangt, nur eine teilweise Entlastung vorsieht. Da diese Be-
stimmung aber erst per 1. Januar 2009 in Kraft trat, kommt sie hier nicht zur Anwen-
dung, ebenso die ebenfalls erst per 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Bestimmungen
über das Teileinkünfteverfahren von Art. 20 Abs. 1 bis
DBG bzw. Art. 7 Abs. 1 Satz 1
StHG.
Die kantonale Bestimmung von § 35 Abs. 4 StG (in der Fassung vom 9. Juli
2007) trat indessen bereits am 1. Januar 2008 in Kraft und wird von der Vorinstanz im
vorliegenden Fall angewandt. Diese Bestimmung sieht vor, dass ausgeschüttete Ge-
winne aus Kapitalgesellschaften und Genossenschaften mit Sitz in der Schweiz zur
Hälfte des für das steuerbare Gesamteinkommen anwendbaren Steuersatzes besteu-
ert werden, sofern die steuerpflichtige Person mit wenigstens 10% am Aktien-, Grund-
oder Stammkapital beteiligt ist. Dabei handelt es sich um eine Tarifbestimmung, wel-
che die Bemessungsgrundlage nicht berührt. Die Frage einer Beschränkung der ab-
ziehbaren Quellensteuern analog Art. 5 Abs. 4 VO pStA stellt sich hier deshalb von
vornherein auch sinngemäss nicht.
6. Wie bereits erwähnt, gewährt das kantonale Steueramt bei den Staats- und
Gemeindesteuern auf dem Ertrag der C GmbH & Co KG von Fr. 2'177'225.- die
Teilsatzbesteuerung gemäss § 35 Abs. 4 StG (in der Fassung vom 9. Juli 2007).
Nachdem mit vorliegendem Entscheid nur der Nettobetrag besteuert wird, ist auch nur
dieser der Teilsatzbesteuerung zugrunde zu legen. Mit dem Teilsatz zu besteuern ist
demnach ein Betrag von Fr. 1'848'296.- bzw gerundet Fr. 1'848'200.- (vgl. E. 5b vor-
stehend).
7. Streitig ist bei den Staats- und Gemeindesteuern auch die Besteuerung des
Vermögens der C GmbH & Co KG bei der Pflichtigen.
a) Nach dem innerstaatlichen Recht der Schweiz sind Anteile am Vermögen
einer nichtkaufmännischen Personengesellschaft, die über keine ständigen körperli-
chen Anlagen und Einrichtungen am Gesellschaftssitz verfügt, am Hauptsteuerdomizil
der Gesellschafter steuerbar (Höhn/Mäusli, § 13 N 19, insbes. Anmerkung 41). Mithin
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kann diesbezüglich auf die vorstehenden Erwägungen verwiesen werden. Die Pflichti-
ge hat demnach nach schweizerischem Recht ihren Anteil am Vermögen der C GmbH
& Co KG an ihrem innerkantonalen steuerlichen Wohnsitz zu versteuern.
b) Gemäss Art. 22 Abs. 6 DBA-D können alle Vermögenswerte einer in einem
Vertragsstaat ansässigen Person nur in diesem Staat besteuert werden, sofern Abs.
1 - 5 keine andere Anknüpfung vorsehen. Art. 22 Abs. 2 DBA-D schreibt vor, dass be-
wegliches Vermögen, das Betriebsvermögen einer Betriebsstätte eines Unternehmens
darstellt oder das zu einer der Ausübung eines freien Berufes dienenden festen Ein-
richtung gehört, in dem Vertragsstaat besteuert werden kann, in dem sich die Betriebs-
stätte oder die feste Einrichtung befindet. Auch hierzu kann auf die vorstehenden Er-
wägungen verwiesen werden. Demnach liegt in casu mangels Geschäftstätigkeit in
Deutschland von vornherein keine Betriebsstätte vor und steht die Besteuerungsbe-
fugnis der schweizerischen Steuerbehörde daher unbeschränkt zu.
8. Gestützt auf diese Erwägungen sind die Beschwerde und der Rekurs teil-
weise gutzuheissen. Bei diesem Ausgang sind die Kosten des Verfahrens den Parteien
anteilsmässig aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). Da sie weit
überwiegend unterliegen, ist ihnen keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 144
Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren
vom 20. Dezember 1968 bzw. § 152 StG i. V. m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechts-
pflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997, VRG). | Public | Tax | de | 2,013 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
5bfa8119-a988-4e9a-b536-cfa44087eeb3 | hat sich ergeben:
A. Die im Bereich der mechanischen und galvanischen Oberflächenbearbei-
tung tätige A AG, in C (nachfolgend die Pflichtige), erwarb am 17. Juli 2008 eine
75%-Beteiligung an der branchenverwandten D AG, in E (vormals F AG, nachfolgend
D AG), zum Preis von Fr. 1'502'247.-. Per Ende des Geschäftsjahrs 1.10.2007-
30.9.2008 nahm sie auf dieser Beteiligung eine Abschreibung von Fr. 502'247.-
(= 33.4%) vor, womit gut zwei Monate nach dem Erwerb ein Bilanzwert von exakt
Fr. 1'000'000.- verblieb.
Im Einschätzungsverfahren betreffend die Steuerperiode 1.10.2007-30.9.2008
verlangte der Steuerkommissär mit Auflage vom 20. August 2010 den detaillierten
Nachweis der geschäftsmässigen Begründetheit dieser Abschreibung.
Der Vertreter der Pflichtigen gab am 29. September 2010 zur Antwort, dass er
beim Bilanzabschluss 2007/2008 eine Bewertung der Beteiligung gemäss Weisung der
Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) vorgenommen und festgestellt habe, dass
das Gesetz bzw. Art. 665 OR eine Wertberichtigung verlange. Seine Bewertung, wel-
che per 31. Dezember 2007 einen Beteiligungswert von Fr. 937'922.- aufführte (= 75%
vom Unternehmenswert von Fr. 1'250'63.-), legte er bei.
Mit Vorschlägen vom 1. Oktober 2010 unterbreitete der Steuerkommissär der
Pflichtigen die folgende Einschätzung bzw. Veranlagung:
Staats- und Gemeindesteuer Fr.
Steuerbarer Reingewinn ZH 652'600.-
Gewinnsteuersatz 8%
Steuerbares Eigenkapital ZH 4'549'000.-
Kapitalsteuersatz 0.75‰
Direkte Bundessteuer
Steuerbarer Reingewinn 1'263'600.-
Eigenkapital per 30.9.2008 11'687'000.-
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1 DB.2011.17 1 ST.2011.30
Dabei betrachtete er die Abschreibung auf der Beteiligung als nicht ge-
schäftsmässig begründet, weil deren Wert per 30. September 2008 dem Preis entspre-
che, welcher kurz vor diesem Stichtag unter unabhängigen Dritten bezahlt worden sei.
Nachdem die Pflichtige dazu mit Schreiben vom 25. Oktober 2010 ablehnend
hatte Stellung nehmen lassen, hielt der Steuerkommissär an seiner Auffassung fest
und erliess am 3. November 2010 einen entsprechenden Einschätzungsentscheid für
die Staats- und Gemeindesteuer bzw. Hinweis für die direkte Bundessteuer. Die Bun-
dessteuerveranlagung wurde mit Schlussrechnung vom 22. November 2010 formell
eröffnet.
B. Die hiergegen am 2./6. Dezember 2010 erhobenen Einsprachen, mit wel-
chen sich die Pflichtigen gegen die Aufrechnung der Beteiligungsabschreibung wand-
ten, wurden vom kantonalen Steueramt am 5. Januar 2011 abgewiesen.
C. Mit Rekurs und Beschwerde vom 3. Februar 2011 liessen die Pflichtigen
erneut die geschäftsmässige Begründetheit der Beteiligungsabschreibung verfechten
und dementsprechend beantragen, gemäss ihrer Selbstdeklaration eingeschätzt bzw.
veranlagt zu werden.
Das kantonale Steueramt schloss mit Stellungnahme vom 21. Februar 2011
auf Rekurs- und Beschwerdeabweisung. Die ESTV liess sich nicht vernehmen.
Im Rahmen eines angeordneten 2. Schriftenwechsels hielten die Parteien mit
Replik vom 6. April 2011 und Duplik vom 19. April 2011 an ihren Standpunkten fest.
Auf die Ausführungen der Parteien in ihren Rechtsschriften ist, soweit erfor-
derlich, in den nachfolgenden Erwägungen einzugehen.
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1 DB.2011.17 1 ST.2011.30 | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Streitig ist einzig, ob die von der Pflichtigen per 30. September 2008 ver-
buchte "Abschreibung" auf ihrer 75%-Beteiligung an der D AG geschäftsmässig be-
gründet war und daher gewinnsteuerrechtlich zum Abzug zuzulassen sei oder nicht,
wobei die Beantwortung dieser Frage zwingend auch entsprechende Auswirkungen auf
den kapitalsteuerlich relevanten Wert der Beteiligung hat.
2. a) Der steuerbare Reingewinn einer Aktiengesellschaft berechnet sich nach
Art. 58 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember
1990 (DBG) bzw. § 64 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) aufgrund
des Saldos der Erfolgsrechnung (lit. a bzw. Ziff. 1), erhöht um die der Rechnung be-
lasteten, geschäftsmässig nicht begründeten Aufwendungen, wie beispielsweise ver-
deckte Gewinnausschüttungen oder geschäftsmässig nicht begründete Abschreibun-
gen und Rückstellungen (lit. b bzw. Ziff. 2 lit. b).
b) aa) Der Wert eines Aktivpostens in der Bilanz kann mittels Abschreibungen
oder Wertberichtigungen herabgesetzt werden. In beiden Fällen wird die Verbuchung
erfolgswirksam über die Gewinn- und Verlustrechnung vorgenommen, wodurch der
ausgewiesene Gewinn vermindert wird (Art. 28 DBG; § 27 Abs. 2 lit. a StG). Unter ei-
ner Abschreibung ist die gewinnmindernde Herabsetzung des Ertragssteuerwerts eines
Aktivums auf den massgebenden Bilanzwert zu verstehen (RB 1986 Nr. 40 = StE 1987
B 23.43.2 Nr. 4). Sie ist dazu bestimmt, Wertminderungen auszugleichen, wobei ange-
nommen wird, die Entwertung sei bis zum Bilanzstichtag tatsächlich eingetreten; damit
hat sie definitiven Charakter (Peter Locher, Kommentar zum DBG, I. Teil, 2001, Art. 28
N 3, auch zum Folgenden). Mit der Wertberichtigung wird demgegenüber lediglich vo-
rübergehenden Wertveränderungen auf Anlage- und Umlaufvermögen Rechnung ge-
tragen (VGr, 25. Juni 2008, SB.2007.00084). Wegen ihres vorübergehenden Charak-
ters werden Wertberichtigungen in der steuergesetzlichen Terminologie zu den
Rückstellungen gezählt (vgl. Art. 29 Abs. 1 lit. b und c DBG; Locher, Art. 29 N 25 ff.;
Reich/Züger, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A., 2008,
Art. 28 N 44; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009,
Art. 28 N 17 DBG).
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1 DB.2011.17 1 ST.2011.30
bb) Laut Art. 29 Abs. 1 DBG sind Rückstellungen zulasten der Erfolgsrech-
nung zulässig für im Geschäftsjahr bestehende Verpflichtungen, deren Höhe noch un-
bestimmt ist (lit. a), für Verlustrisiken, die mit Aktiven des Umlaufvermögens, insbeson-
dere mit Waren und Debitoren, verbunden sind (lit. b), für andere unmittelbar drohende
Verlustrisiken, die im Geschäftsjahr bestehen (lit. c) und – unter gewissen Bedingun-
gen – für künftige Forschungs- und Entwicklungsaufträge (lit. d). Der Rückstellungs-
begriff von Art. 29 DBG erfasst damit neben eigentlichen Rückstellungen (vgl. Art. 669
OR) zusätzlich auch Wertberichtigungen und Rücklagen zu Sonderzwecken (vgl. zur
steuerlichen Terminologie: Reich/Züger, Art. 29 N 4). Die Rückstellungen gemäss die-
ser Bestimmung unterscheiden sich von den Abschreibungen nach Art. 28 DBG eben
dadurch, dass Erstere eine vorübergehende und Letztere eine endgültige Wertkorrek-
tur eines Aktivums betreffen (vgl. Locher, Art. 29 N 2 f.; Reich/Züger, Art. 29 N 4; Mar-
kus Reich, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002, Art.
10 N 18 StHG). Die steuerlich anzuerkennenden geschäftsmässig begründeten Rück-
stellungen bilden die natürliche und notwendige Ergänzung zu den geschäftsmässig
begründeten Abschreibungen (BGr, 23. August 2010, 2C_392/2010, www.bger.ch). Für
das kantonale Recht sind die Rückstellungen in § 27 Abs. 2 lit. b StG gleich geregelt.
cc) Gemäss der zitierten Rechtsprechung umfasst der steuerrechtliche Begriff
der Rückstellung u.a. nicht nur vorübergehende Wertberichtigungen auf Aktiven des
Umlaufvermögens, sondern auch auf Aktiven jedweder Art (Locher, Art. 28 N 3 und
Art. 25). Somit können Beteiligungen ebenfalls davon betroffen sein. Abschreibungen
auf Wertschriften und Beteiligungen sind steuerlich nur zulässig, wenn ein tieferer Ver-
kehrswert nachgewiesen und der Wertverlust mutmasslich von Dauer ist (Reich/Züger,
Art. 28 N 54). Zulässig sind Rückstellungen und vorübergehende Wertberichtigungen
steuerlich dann, wenn sie der Abdeckung unmittelbar drohender Verlustgefahren bzw.
mit Bestimmtheit eingetretener Entwertungen dienen, deren Ursache im Geschäftsjahr
liegt (Reich/Züger, Art. 29 N 10, auch zum Folgenden). Das heisst, dass eine erfolgs-
wirksame Berücksichtigung mittels Bildung einer Rückstellung bzw. einer vorüberge-
henden Wertberichtigung nur dann erfolgen darf (und muss), wenn der betreffende
Aufwand unter den konkreten Umständen wirtschaftlich dem entsprechenden Ge-
schäftsjahr zuzuordnen ist. Massgeblich sind bei alledem grundsätzlich die Verhältnis-
se am Bilanzstichtag.
http://www.bger.ch/
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1 DB.2011.17 1 ST.2011.30
c) Grundlage für die Gewinnermittlung bilden die nach den handelsrechtlichen
Vorschriften ordnungsgemäss geführten Bücher (sog. Massgeblichkeit der Handelsbi-
lanz; Karl Käfer, in: Berner Kommentar, 1976, Grundlagen N 5.53; Markus Reich, in:
Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A., 2008, Art. 18 N 22
DBG; Reich, Art. 8 N 23 ff. StHG). Die Handelsbilanz bleibt für die Steuerbehörden
massgebend, solange sie nicht gegen zwingende Bestimmungen des Handels- oder
Steuerrechts verstösst (BGE 119 Ib 111 E. 2c; BGr, 21. Juni 2004, 2P.184/2003, E.
2.2, www.bger.ch; Peter Locher, Kommentar zum DBG, II. Teil, 2004, Art. 57 N 82 und
Art. 58 N 11 ff.).
d) Die Buchhaltung dient gemäss Art. 957 OR dazu, die Vermögenslage des
Geschäfts und die mit diesem zusammenhängenden Schuld- und Forderungsverhält-
nisse sowie die Ergebnisse der einzelnen Geschäftsjahre festzustellen. Art. 959 OR
schreibt diesbezüglich vor, dass die Buchhaltung nach allgemein anerkannten kauf-
männischen Grundsätzen vollständig, klar und übersichtlich aufzustellen ist, damit die
Beteiligten einen möglichst sicheren Einblick in die wirtschaftliche Lage des Geschäfts
erhalten (sogenannte Bilanzwahrheit und -klarheit). Bilanz und Jahresrechnung haben
demnach vollständig zu sein (formelle Wahrheit), wobei die ausgewiesenen Positionen
angemessen bewertet sein müssen (materielle Wahrheit; vgl. Neuhaus/Blättler, in:
Basler Kommentar, 3. A., 2008, Art. 959 N 13 OR). Eingeschränkt wird das Gebot der
materiellen Bilanzwahrheit durch den kaufmännischen Buchhaltungsgrundsatz der
Vorsicht (vgl. Karl Käfer, in: Berner Kommentar, 1981, Art. 959 N 131), gemäss dem
Aktiven und Erträge eher tiefer zu bewerten sind, während Verbindlichkeiten und Auf-
wendungen tendenziell höher anzusetzen sind (Käfer, Art. 959 N 428; vgl. auch Ernst
Bosshard, in: Zürcher Kommentar, 1984, Teilband V/6/3b, Vorbemerkungen N 60). Ob
auch das aus dem Vorsichtsprinzip abgeleitete Imparitätsprinzip – nach dem Verluste
schon vor, Gewinne dagegen erst nach ihrer Realisierung zu verbuchen sind – zu den
allgemein anerkannten kaufmännischen Grundsätzen im Sinn von Art. 959 OR zählt,
ist umstritten (bejahend: Bosshard, Art. 957 N 244; Cagianut/Höhn, Unternehmungs-
steuerrecht, 3. A., 1993, § 4 N 50 f.; verneinend: Käfer, Art. 959 N 77).
Art. 960 Abs. 2 OR enthält eine allgemeine Bewertungsregel für die Aktiven der
Bilanz, welche allerdings nur das zulässige Maximum vorschreibt: Die Aktiven dürfen
höchstens zum Wert bilanziert werden, der ihnen am Bilanzstichtag für das Geschäft
zukommt. Mangels Sondervorschriften sind auch die Guthaben des Unternehmens
sowie Beteiligungen nach dieser allgemeinen Regel zu bewerten. Mithin sind Beteili-
http://relevancy.bger.ch/php/aza/http/index.php?lang=de&type=highlight_simple_query&page=2&from_date=&to_date=&sort=relevance&insertion_date=&top_subcollection_aza=suv&query_words=Wertberichtigung&rank=0&azaclir=aza&highlight_docid=atf%3A%2F%2F119-IB-111%3Ade&number_of_ranks=0#page111
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1 DB.2011.17 1 ST.2011.30
gungen höchstens zu jenem Ansatz zu bilanzieren, der ihrem mutmasslichen Wert am
Bilanzstichtag zukommt. Die Bewertung am Stichtag setzt deshalb eine Abschätzung
des Risikos voraus, dass die Beteiligung an Wert eingebüsst hat. Im Rahmen dieser
Bewertung sind allenfalls Einzelabklärungen vorzunehmen und ist alsdann über eine
Wertberichtigung dem vorsichtig geschätzten Minderwert Rechnung zu tragen
(vgl. Bosshard, Art. 957 N 230, Art. 958 N 79 und Art. 960 N 62 ff.; Käfer, Art. 958 N
545 f. und Art. 960 N 211 ff.). Dergestalt wird eine korrekte und periodengerechte Beur-
teilung des Aufwands sichergestellt (vgl. Bosshard, Art. 958 N 143).
e) Wertberichtigungen, welche handelsrechtlich geboten sind, qualifizieren
sich als geschäftsmässig notwendig und sind steuerlich zu beachten. Dies gebietet das
Massgeblichkeitsprinzip. Der steuergesetzliche Begriff der geschäftsmässigen Begrün-
detheit geht darüber hinaus; nicht allein das, was handelsrechtlich als notwendig er-
scheint, ist von steuerlicher Relevanz. Allerdings heisst dies nicht, dass das Steuer-
recht alles übernimmt, was das Handelsrecht noch zulässt; insofern beinhalten die
fiskalischen Rückstellungsvorschriften (vorn E. 2a/bb) steuergesetzliche Korrekturnor-
men, welche das handelsrechtliche Ergebnis unter Umständen korrigieren (müssen).
Eine solche handelsrechtlich (noch) zulässige Korrektur erweist sich steuerlich eben
nur dann als geschäftsmässig begründet, wenn sie der bis zum Bilanzstichtag eingetre-
tenen Entwertung entspricht (StE 2005 B.23.43.2 Nr. 11; Reich/Züger, Art. 28 N 13).
3. Tatsachen, die Abschreibungen bzw. Wertberichtigungen als geschäftsmäs-
sig begründet erscheinen lassen, sind steuermindernd und deshalb von der Steuer-
pflichtigen nachzuweisen (RB 1975 Nr. 55). Um die Beurteilung der geschäftsmässigen
Begründetheit von geltend gemachten Abschreibungen oder Wertberichtigungen zu
ermöglichen, ist der Steuerpflichtige kraft der ihn treffenden gesetzlichen Obliegenhei-
ten gehalten, an der Abklärung der solchen Aufwendungen zu Grunde liegenden Tat-
sachen mitzuwirken, wobei er für deren Verwirklichung beweisbelastet ist (vgl. RB
1987 Nr. 35). Insbesondere hat er spätestens vor dem Rekursgericht binnen der Re-
kursfrist eine substanziierte Sachdarstellung vorzutragen und die Beweismittel für de-
ren Richtigkeit beizubringen oder zumindest unter genauer Bezeichnung anzubieten.
Substanziiert ist die Sachdarstellung dann, wenn aus ihr Art, Motiv und Rechtsgrund
der geltend gemachten Aufwendungen oder des Verzichts auf Einkünfte in der Weise
hervorgehen, dass bereits gestützt darauf – aber unter Vorbehalt der Beweiserhebung
– die rechtliche Beurteilung der geschäftsmässigen Begründetheit möglich ist (vgl. RB
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1 DB.2011.17 1 ST.2011.30
1992 Nr. 32). Fehlt es an einer in diesem Sinn genügenden Substanziierung, so hat
das Rekursgericht von sich aus keine Untersuchung zu führen, um sich die erforderli-
chen Grundlagen zu beschaffen (RB 1987 Nr. 35, RB 1981 Nr. 90). Solchenfalls hat
eine Beweisabnahme zu unterbleiben mit der Wirkung, dass der Nachweis der ge-
schäftsmässigen Begründetheit von Aufwendungen zu Ungunsten des hierfür beweis-
belasteten Steuerpflichtigen als misslungen zu betrachten ist (VGr, 30. September
2009, SB.2009.00038, E. 2.4.2, www.vgrzh.ch; vgl. z.B. RB 1980 Nr. 72). Namentlich
kann eine solche Darstellung nicht im Beweisverfahren nachgeholt werden. Nur aus-
nahmsweise kann sich der beweisbelastete Steuerpflichtige, wenn ihm die Substanziie-
rung und/oder Beweisleistung aus Gründen, die nicht er zu vertreten hat, unmöglich
oder unzumutbar ist, auf Schätzungen berufen, sofern ihre Sachdarstellung wenigstens
hinreichende Schätzungsgrundlagen enthält (RB 1975 Nr. 54).
4. a) Die Pflichtige hat die streitbetroffene 75%-Beteiligung an der D AG am
17. Juli 2008 zum Preis von Fr. 1'502'247.- erworben. Führt sie die Beteiligung per
Bilanzstichtag 30. September 2008 nach der vorgenommenen "Abschreibung" (im
Grunde genommen handelt es sich um eine Wertberichtigung, ist doch eine definitive
Entwertung von vornherein nicht dargetan) nur noch mit Fr. 1'000'000.- in ihren Bü-
chern, hat sie den Nachweis zu erbringen, dass innert der in Frage stehenden Zeit-
spanne von lediglich gut zwei Monaten eine entsprechende Wertverminderung stattge-
funden hat.
b) Zur diesbezüglichen Begründung verwies sie in der Auflageantwort vom
29. September 2010 (T-act. 52) zunächst auf eine nach Massgabe der "Weisung der
EStV" (gemeint ist die mit Kreisschreiben Nr. 28 der Schweizerischen Steuerkonferenz
am 21. August 2006 erlassene Weisung zur Bewertung von Wertpapieren ohne Kurs-
wert für die Vermögenssteuer, nachfolgend Kreisschreiben Nr. 28) erstellte Eigenbe-
wertung per Stichtag 31. Dezember 2007. Diese sich an den Ertragswerten 2006 und
2007 sowie am Substanzwert der D AG orientierende Bewertung ergab einen Unter-
nehmenswert von Fr. 1'250'563.-, woraus sich ein Wert für die 75%-Beteiligung der
Pflichtigen von Fr. 937'922.- ableitete.
aa) Dazu ist zunächst festzuhalten, dass aus einer Bewertung per 31. De-
zember 2007 von vornherein nicht auf eine hier in Frage stehende Wertverminderung
zwischen Mitte Juli und Ende September 2008 geschlossen werden kann. Zudem er-
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1 DB.2011.17 1 ST.2011.30
folgte die streitbetroffene "Abschreibung" nicht auf den errechneten Wert, sondern auf
Fr. 1'000'000.-; insoweit ist die in der Auflageantwort abgegebene Begründung weder
schlüssig noch ohne Widerspruch. Das Abstellen auf eine Unternehmensbewertung
nach Massgabe der erwähnten Weisung erweist sich aus den folgenden Gründen aber
ohnehin als unbehelflich:
bb) Massgeblich für die Bestimmung eines allfälligen Wertberichtigungsbe-
darfs ist der Verkehrswert der D AG-Beteiligung per Bilanzstichtag. Der Verkehrswert
definiert sich dabei als der Preis, welcher bei der Veräusserung eines Vermögensob-
jekts im gewöhnlichen Geschäftsverkehr mutmasslich zu erzielen wäre; m.a.W., wel-
chen ein unbefangener Käufer unter normalen Umständen zu zahlen bereit wäre (BGE
128 I 240 E. 3.1.2). Wohl stellt das Kreisschreiben Nr. 28 Regeln über die hilfsweise
Ermittlung des Verkehrswerts auf. Wie allein schon die Präambel besagt, bezweckt die
Wegleitung indes einzig eine einheitliche Bewertung von inländischen und ausländi-
schen Wertpapieren, die an keiner Börse gehandelt werden, im Rahmen der Vermö-
genssteuer natürlicher Personen innerhalb der Schweiz. Insofern dient sie der Steuer-
harmonisierung zwischen den Kantonen. Ihr kommt ausschliesslich für die Vermögens-
steuer natürlicher Personen Bedeutung zu (vgl. auch Ziff. II.1 der Weisung der Finanz-
direktion über die Bewertung von Wertpapieren und Guthaben für die Vermögenssteu-
er vom 21. August 1998; ZStB I Nr. 22/200). Abgesehen davon stellt sie – da von kei-
ner Bundesbehörde erlassen – nicht einmal Bundesrecht dar (BGr, 12. Juni 2009,
2C_800/2008 E 5.1, auch zum Folgenden). Als blosse Verwaltungsverordnung ver-
möchte sie die Justizbehörden aber ohnehin nicht zu binden. Die Bewertung nach
Massgabe des Kreisschreibens Nr. 28 erweist sich im Übrigen als sehr summarisch
und schematisch. Der nach den Regeln der Wegleitung ermittelte Verkehrswert weicht
vom objektiven Wert oft erheblich ab, namentlich nach unten. Es kann daher bei der
Beurteilung der geschäftsmässigen Begründetheit einer Abschreibung oder Wertbe-
richtigung darauf nicht ankommen. Namentlich kann damit der Nachweis der Notwen-
digkeit einer solchen Korrektur nicht erfolgreich geführt werden.
Hinzu kommt, dass gemäss Kreisschreiben Nr. 28 bei nicht kotierten Wertpa-
pieren, für die keine (ausserbörslichen) Kursnotierungen bekannt sind, keine Bewer-
tung nach Massgabe der Wegleitung vorzunehmen ist, wenn für solche Titel eine
massgebliche Handänderung unter unabhängigen Dritten stattgefunden hat; in solchen
Fälle gilt als Verkehrswert der entsprechende Kaufpreis, wobei dieser Wert solange
berücksichtigt wird, als sich die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft nicht wesentlich
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1 DB.2011.17 1 ST.2011.30
verändert hat (Ziff. A.2 Abs. 5). Unbestrittenermassen hat die Pflichtige ihre Beteiligung
von einem unabhängigen Dritten erworben, womit demzufolge der am 17. Juli 2008
bezahlte Kaufpreis grundsätzlich auch den Verkehrswert per 30. September 2008 vor-
gibt. Nur wenn sich die wirtschaftliche Lage der D AG zwischen Kauf und Bilanzstich-
tag wesentlich verändert hätte, wäre eine Neubewertung nach den Vorgaben des
Kreisschreibens zulässig. Dass eine solche Veränderung (hier: Verschlechterung) in
lediglich gut zwei Monaten stattgefunden hat, wäre wiederum von der Pflichtigen nach-
zuweisen:
c) Wie schon in ihrer Einsprache lässt die Pflichtige beschwerde- und rekurs-
weise vorbringen, die streitbetroffene 75%-Beteiligung sei seinerzeit vom Insolvenz-
verwalter der G AG in H (D) "im Bietverfahren dem Meistbietenden" zum Kauf angebo-
ten worden. Sie, die Pflichtige, sei damals von der Gründerfamilie und Besitzerin der
restlichen 25% auf den Verkauf aufmerksam gemacht worden. Die einzigen Grundla-
gen, welche die Kaufinteressenten erhalten hätten, seien die Bilanzen und Erfolgs-
rechnungen der Geschäftsjahre 2005, 2006 und 2007 gewesen; zudem hätten die Zah-
len über die eindrückliche Umsatzsteigerung im ersten Halbjahr 2008 vorgelegen und
habe neben Gesprächen mit der Geschäftsleitung der D AG ein Augenschein in der
Unternehmung in E stattgefunden. Eine detaillierte interne Bewertung habe die Käufer-
schaft nicht vorgenommen, weil dies gestützt auf die vorhandenen rudimentären Unter-
lagen gar nicht möglich gewesen sei. Nach dem heutigen Wissensstand habe sie für
die Beteiligung einen zu hohen Preis bezahlt. Dabei habe sie "die Ereignisse zwischen
Kauf und Bilanzstichtag 30. September 2008, die Insolvenzerklärung der Lehmann
Brothers in den USA, die die ganze Weltwirtschaft in die tiefste Weltwirtschaftskrise sei
den Dreissigerjahren gestürzt habe", nicht voraussehen können. Diese Ereignisse hät-
ten dazu geführt, dass über Nacht der ganze Glanz und die optimistische Zukunftsbe-
urteilung, die von den steigenden Umsätzen genährt worden sei, weggefallen sei.
"Keinerlei Hoffnung und Phantasie über zukünftige positive Entwicklung oder Ge-
schäftserfolg" habe den Unternehmenswert mehr steigern können. Im Gegenteil habe
die Angst vor den noch unbekannten Folgen der Weltwirtschaftskrise und den damit in
Zusammenhang stehenden Problemen nur noch negative Zukunftserwartungen er-
zeugt. Unter diesen Umständen sei die Unternehmensbewertung per Bilanzstichtag 30.
September 2008 unter Abstellen auf die vorhandenen nackten Zahlen ohne jeden Zu-
kunftsbonus vorgenommen worden (verwiesen wird in diesem Zusammenhang wie-
derum auf die Aktienbewertung per 31. Dezember 2007). Die pessimistische Sicht sei
durch die drastischen Umsatzeinbrüche von über 40% im Jahr 2009 dann auch bestä-
- 11 -
1 DB.2011.17 1 ST.2011.30
tigt worden. In letzterem Jahr seien Kurzarbeit und Finanzengpässe im Zentrum der
Verwaltungsrats- und Geschäftsleitungssitzungen gestanden.
aa) Wie die Pflichtige selber ausführt, basiert ihre per 31. Dezember 2007
vorgenommene Bewertung auf den nackten Zahlen der vergangenheitsbezogenen
Jahresrechnungen der D AG. Diese schematische Formelbewertung war ihr demnach
auch beim Beteiligungskauf im Sommer 2008 bekannt. Dass sie für die Verkehrswert-
bestimmung untauglich ist, ergibt sich gerade daraus, dass die Pflichtige weiter anführt,
beim Kauf seien ihr auch Zahlen über die eindrückliche Umsatzsteigerung im ersten
Halbjahr 2008 vorgelegen, weshalb sie die geschäftliche Zukunft optimistisch beurteilt
habe. Wenn die Pflichtige in dieser Ausgangslage als "Meistbietende in einem Bietver-
fahren" am 17. Juli 2008 für die Beteiligung einen Preis von Fr. 1'502'247.- bezahlt hat,
definiert dieser Preis zwangsläufig den objektiven Verkehrswert, welcher eben auch
Elemente wie stille Reserven, Goodwill, Zukunftsaussichten etc. berücksichtigt. Damit
kann aber keine Rede davon sein, dass für die D AG ein zu hoher Preis bezahlt wor-
den ist (wobei andernfalls die Wertberichtigung schon bei der Einbuchung der Beteili-
gung hätte vorgenommen werden müssen, so dass per Ende September 2008 kein
Korrekturbedarf verblieben wäre).
bb) Damit bleibt weiterhin nachzuweisen, dass nach dem Kauf Mitte Juli 2008
bis zum Bilanzstichtag per Ende September 2008 Veränderungen stattgefunden ha-
ben, welche zu einer Wertminderung der Beteiligung um einen Drittel führten. Mit dem
allgemeinen Hinweis auf die Insolvenzerklärung der Lehmann Brothers in den USA,
welche die ganze Weltwirtschaft in die Krise gestürzt und über Nacht die Hoffnungen
auf eine positive Geschäftsentwicklung der D AG zerstört habe, lässt sich dieser
Nachweis nicht erbringen. Liesse man blosse Hinweise auf Konjunkturschwankungen
als Begründung gelten, müssten weltweit alle Beteiligungen im Geschäftsvermögen
laufend in ihrem Wert berichtigt, d.h. bei einer Rezession ab- und bei einem Auf-
schwung aufgewertet werden. Der Nachweis, dass eine Gesellschaftsbeteiligung an
Wert verloren hat, erheischt selbstredend eine konkrete, unternehmensbezogene Be-
gründung. Eine solche hat die Pflichtige jedoch nicht abgegeben. Ihrer allgemein ge-
haltenen Begründung ist im Übrigen Folgendes entgegenzuhalten:
cc) Die Investmentbank Lehman Brothers ging wohl am 15. September 2008
in Konkurs (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Lehman_Brothers). Hintergrund war die
Finanzkrise, welche bereits anfangs 2008 amerikanische Grossbanken wie Citigroup
- 12 -
1 DB.2011.17 1 ST.2011.30
und Merril Lynch und im Frühjahr 2008 auch die UBS erfasst hatte. In der "realen Wirt-
schaft" schien die sich zunehmend verschärfende Finanzkrise in dieser Zeit aber noch
nicht allzu viele Befürchtungen auszulösen. Die Frühjahrsprognose der Konjunktur-
forschungsstelle der ETH (KOF) ging für das laufende Jahr nämlich noch von einem
Wirtschaftswachstum von rund 2% aus. Erst im Juni 2008 zeigten sich die Konjunktur-
forscher etwas beunruhigt über die Entwicklung der Wirtschaft, wobei die Wachstums-
prognosen für das Jahr 2009 aber nur leicht von 2% auf 1.8% (KOF) korrigiert wurde;
das Seco (Staatssekretariat für Wirtschaft) rechnete zu gleicher Zeit mit einem Wachs-
tum von 1.3%. Erst Ende September 2008 sprach die KOF in ihrer Herbstprognose
davon, dass die Schweiz von "einer milden Rezession" betroffen sein dürfte. Derweil
rechneten die Bundesökonomen des Seco noch immer nicht mit einem Konjunktur-
einbruch; nur wenn sich die Lage in der EU weiter verschlechtere, sei in der Schweiz
eine Wachstumsmarke unter 1% zu erwarten (vgl. NZZ Online vom 22. Dezember
2008: Von der Finanzkrise in die Wirtschaftskrise; http://www.nzz.ch/nachrichten/wirt-
schaft/aktuell/rueckblick_wirtschaft_1.1549724.html).
dd) Die D AG ist, wie die Pflichtige selbst, im Bereich der Entwicklung, Her-
stellung und Veredelung von Hartmetall tätig. Wieso die sich im Jahr 2008 ausbreiten-
de Finanzkrise im hier interessierenden Zeitraum zwischen Mitte Juli und Ende Sep-
tember 2008 derart schnell auf die Metallbranche hätte auswirken sollen, dass die D
AG-Beteiligung in dieser Zeit einen Drittel ihres Werts hätte einbüssen können, ist nicht
nachvollziehbar. Dies stünde nicht nur in völligem Widerspruch zu den vorerwähnten
Wirtschaftsprognosen, sondern auch zum Hinweis der Pflichtigen auf die eindrückliche
Umsatzsteigerung im ersten Halbjahr 2008. Gerade Letzteres zeigt, dass die Finanz-
krise jedenfalls bis Mitte 2008 keinerlei negativen Auswirkungen auf den Betrieb der D
AG hatte. Unter diesen Umständen wäre es Aufgabe der Pflichtigen gewesen, entspre-
chende negative Auswirkungen der Finanzkrise im 3. Quartal 2008 substanziiert darzu-
tun und mit geeigneten Fakten zu untermauern; zu denken ist in diesem Zusammen-
hang etwa an einen Vergleich der Quartalzahlen (welche einen Einbruch im 3. Quartal
2008 ausweisen müssten) oder an Zahlen, welche eine plötzlich einsetzende Rückläu-
figkeit des Auftragsvolumens ab Sommer 2008 belegten. Solche Zahlen hat die Pflich-
tige nie angesprochen oder vorgelegt. Der aktenkundigen Erfolgsrechnung 1.1.-
31.12.2008 der D AG ist sodann zu entnehmen, dass der Betriebsertrag 2008 gegen-
über dem Vorjahr 2007 von Fr. 5'157'662.44 auf Fr. 5'488'131.47 zugenommen hat,
was also nicht dafür spricht, dass nach den von der Pflichtigen erwähnten Umsatzstei-
gerung im ersten Halbjahr ein massiver Einbruch stattgefunden haben könnte. Wie sich
- 13 -
1 DB.2011.17 1 ST.2011.30
die Geschäfte im Folgejahr 2009 entwickelten, kann aus Gründen der Periodizität hier
offen bleiben.
d) Nach alledem muss es dabei sein Bewenden haben, dass der Pflichtigen
der ihr obliegende Nachweis misslungen ist, dass die Mitte Juli 2008 erworbene D AG-
Beteiligung bereits per 30. September 2008 um einen Drittel abzuschreiben bzw.
wertmässig zu berichtigen war. Demzufolge hat der beim Kauf eingebuchte Bilanzwert,
welcher dem bezahlten Kaufpreis entspricht, steuerlich per Ende des Geschäftsjahrs
nach wie vor Bestand und fehlt der vorgenommenen Abschreibung bzw. Wertberichti-
gung die geschäftsmässige Begründetheit.
Damit erweist sich die steueramtliche Gewinnkorrektur als rechtens und hat
dies zwingend auch zur Folge, dass mit Bezug auf die Staats- und Gemeindesteuer
das steuerbare Vermögen im Vergleich zur Selbstdeklaration entsprechend höher fest-
zusetzen war.
5. Diese Erwägungen führen zur Abweisung der Beschwerde und des Rekur-
ses.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten der Pflichtigen aufzuer-
legen (Art. 144 Abs. 1 DBG; § 152 Abs. 1 StG). Die Zusprechung einer Parteientschä-
digung (im Bereich der direkten Bundessteuer auch ohne Antrag von Amts wegen zu
prüfen) entfällt (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über
das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968). | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
5cbfd9a0-1a9b-4bcb-b84c-2ed2e5d32ed9 | hat sich ergeben:
A. 1. Die A AG (nachfolgend die Pflichtige) wurde am ... 2007 mit Sitz in C
gegründet und firmierte anfänglich als D AG. Sie bezweckt gemäss den Statuten den
Erwerb, die dauernde Verwaltung und Veräusserung von Beteiligungen an Unterneh-
men aller Art. Per ... 2007 verlegte sie den Sitz nach E und änderte ihren Namen. Am
... 2007 führte sie eine namhafte Kapitalerhöhung durch und übernahm dabei sämtli-
che Geschäftsanteile von zwei deutschen Gesellschaften als Sacheinlage. Danach
übernahm sie als weitere Beteiligung noch im Gründungsjahr u.a. die F AG sowie von
der A AG in G Werkzeuge und Mahlscheiben für maximal Fr. 720'000.-.
2. In der Steuererklärung 2010 beanspruchte sie erstmals das Holdingprivileg
und wies für das Geschäftsjahr 2010 einen Reingewinn von Fr. 1'064'116.- aus. Nach
Verrechnung mit den Vorjahresverlusten resultierte ein steuerbarer Reingewinn von
Fr. 94'000.-. Das steuerbare Eigenkapital gab sie mit Fr. 12'564'000.- an. In der Steu-
ererklärung 2011 deklarierte sie einen steuerbaren Reingewinn gemäss Abschluss von
Fr. 2'462'200.- sowie ein steuerbares Eigenkapital von Fr. 15'026'000.-.
Am 14. - 16. Mai 2011 wurden die Geschäftsjahre 2010 und 2011 der Pflichti-
gen einer steueramtlichen Buchprüfung unterzogen. Im abschliessenden Bericht vom
16. Dezember 2013 vertrat die Revisorin die Auffassung, dass das Holdingprivileg nicht
gewährt werden könne. Die Steuerkommissärin schloss sich dem in der Folge an und
schätzte die Pflichtige am 20. Januar 2014 für die Staats- und Gemeindesteuern der
Steuerperioden 1.1. - 31.12.2010 sowie 1.1. - 31.12.2011 ordentlich gemäss Steuerer-
klärung ein.
B. Hiergegen liess die Pflichtige am 20. Februar 2014 Einsprache erheben mit
dem Antrag, sie als Holdinggesellschaft zu besteuern. Das kantonale Steueramt wies
die Einsprache am 4. April 2014 ab.
C. Mit Rekurs vom 6. Mai 2014 liess die Pflichtige den Einspracheantrag wie-
derholen. Das kantonale Steueramt schloss am 6. Juni 2014 auf Abweisung des Re-
kurses.
- 3 -
1 ST.2014.121 | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Gemäss § 73 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) entrich-
ten Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, deren statutarischer Zweck zur
Hauptsache in der dauernden Verwaltung von Beteiligungen besteht und die in der
Schweiz keine Geschäftstätigkeit ausüben, keine Gewinnsteuer, sofern die Beteiligun-
gen oder die Erträge aus den Beteiligungen längerfristig mindestens zwei Drittel der
gesamten Aktiven oder Erträge ausmachen. Sodann kommen Holdinggesellschaften
nach § 82 Abs. 1 StG in den Genuss einer auf 0,15 ‰ reduzierten Kapitalsteuer.
Zweck dieser Bestimmungen ist die Entlastung mehrfach besteuerter Erträge und Kapi-
talien bei Schaltung einer Gesellschaft zwischen eine Aktiengesellschaft und den Akti-
onär; indes verlangt das Gesetz keine vollständige Entlastung, sondern bloss eine Mil-
derung (StE 2005 B 72.22 Nr. 11). Daraus geht hervor, dass der Holdingzweck
statutarisch gesichert sein und tatsächlich verfolgt werden muss.
b) Als Nebenzweck darf die Gesellschaft nur Tätigkeiten ausüben, die keine
Geschäftstätigkeit darstellen, wie das bei der Verwaltung des übrigen eigenen Vermö-
gens, der Kapitalanlage und Konzernfinanzierung der Fall ist. Die eigentliche Konzern-
leitungstätigkeit gehört zu den Aufgaben einer Holdinggesellschaft. Zulässig ist sodann
die Bereitstellung eines zentralen Führungs- und Reportingsystems für die Unterneh-
mensbereichsorganisationen einschliesslich der dafür notwendigen EDV-Unter-
stützung. Aber auch die Rechts- und Steuerberatung auf Konzernebene und Personal-
beratung im Bereich der Führungskräfte gehören zu den erlaubten Nebenzwecken wie
die zentrale Mittelbeschaffung auf dem Kapitalmarkt für den Konzern (Weisung der
Finanzdirektion über die Besteuerung von Beteiligungs-, Holding-, Domizil- und ge-
mischten Gesellschaften vom 12. November 2010, Randziffer [RZ] 24, ZStB
Nr. 26/052, nachfolgend Weisung FD; Konferenz Staatlicher Steuerbeam-
ter/Kommission Steuerharmonisierung, Steuerharmonisierung: Harmonisierung des
Unternehmenssteuerrechts, 1995, S. 104, nachfolgend Harmonisierung des Unter-
nehmenssteuerrechts).
Der bei der Holdinggesellschaft anfallende Aufwand für die Aktivitäten, welche
im Interesse des Gesamtkonzerns ausgeübt werden, kann den Tochtergesellschaften
zu marktmässigen Konditionen verrechnet werden, im Regelfall nach der cost-plus
Methode mit einem Zuschlag von 5%. Die Entschädigungen der Tochtergesellschaften
- 4 -
1 ST.2014.121
müssen aber im Vergleich zum erzielbaren Ergebnis aus dem beteiligungsbezogenen
Bereich untergeordneten Charakter haben. Andernfalls ist von einer unzulässigen Ge-
schäftstätigkeit auszugehen (RZ 25, Weisung FD).
c) Die Führung von Tochtergesellschaften ist als Nebenzweck nur dann zuläs-
sig, wenn diese Tätigkeit im Vergleich zu den beteiligungsbezogenen Aktivitäten ge-
ringfügig ist. Im Ergebnis muss eine Holdinggesellschaft mit untergeordneten Mana-
gementaufgaben und nicht eine Managementgesellschaft mit Beteiligungen vorliegen.
Ferner muss vorausgesetzt werden, dass die mit der Führung von Tochtergesellschaf-
ten beauftragten Personen zivil- und sozialversicherungsrechtlich bei der Holdingge-
sellschaft angestellt sind oder der damit verbundene Aufwand der Holdinggesellschaft
belastet wird (RZ 26, Weisung FD).
Die Erbringung von anderen Dienstleistungen für Gesellschaften des Kon-
zerns, insbesondere die Erfüllung administrativer Aufgaben für Tochtergesellschaften,
gilt dagegen i. d. R. als Geschäftstätigkeit. Die Abgrenzung zu den erlaubten Neben-
zwecken kann in der Praxis schwierig sein (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommen-
tar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 73 N 11).
d) Der Handel mit Wertpapieren in der Absicht, daraus Kapitalgewinne zu er-
zielen, stellt eine Handels- und demzufolge Geschäftstätigkeit dar. Reine Finanzgesell-
schaften sind vom Holdingprivileg daher ausgeschlossen. Indessen ist es einer Hol-
dinggesellschaft grundsätzlich nicht verwehrt, Beteiligungen zu veräussern und neue
zu erwerben, wenn dadurch der Charakter als Holdinggesellschaft nicht beeinträchtigt
wird (Harmonisierung des Unternehmenssteuerrechts, S. 103).
Die Holdinggesellschaft darf im Ausland eine Geschäftstätigkeit ausüben, so-
fern diese Tätigkeit in einer ausländischen Betriebsstätte vorgenommen wird (Harmo-
nisierung des Unternehmenssteuerrechts, S. 104; Ernst Höhn, Holding- und Domizil-
gesellschaften gemäss StHG, in: Das neue Bundesrecht über die direkten Steuern,
Direkte Bundessteuer und Steuerharmonisierung, Schriftenreihe Finanzwirtschaft und
Finanzrecht, Bd. 64, 1993, S. 262). Das Betriebsstätteerfordernis ist aber umstritten,
indem es als unsachgemäss angesehen wird (Duss/von Ah/Rutishauser, in: Kommen-
tar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/1, 2. A., 2002, Art. 28 N 113 StHG, auch
zum Folgenden). Bei dieser Betrachtungsweise kommt es lediglich darauf an, ob Güter
bzw. Dienstleistungen in ausländischen Märkten eingekauft, produziert und angeboten
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1 ST.2014.121
werden (so genanntes "Wirkungsortsprinzip"). Ist dies der Fall, steht die ausländische
Tätigkeit der Besteuerung als Holdinggesellschaft nicht entgegen, auch wenn diese
nicht über eine Betriebsstätte im Ausland abgewickelt wird.
e) Der Verfolgung von Nebenzwecken darf gegenüber der dauernden Verwal-
tung von Beteiligungen lediglich untergeordnete Bedeutung zukommen. Der Nichtbetei-
ligungsertrag darf daher ebenfalls nur von untergeordneter Bedeutung sein (Steuerre-
kurskommission I, 8. Juli 1993 = ZStP 1993, 281).
f) Nicht ausgeschlossen ist, dass die Holding Marken und Patente hält. Die
Vergabe von Lizenzen an Tochtergesellschaften mit der Vereinnahmung von entspre-
chenden Lizenzerträgen ist dabei zulässig, sofern die Holding dadurch nicht zu einer
reinen Lizenz- oder Patentverwaltungsgesellschaft wird (vgl. Harmonisierung des Un-
ternehmenssteuerrechts, S. 105). Die Bewirtschaftung von Immaterialgüterrechten ist
mit andern Worten nur dann zulässig, wenn sie als Nebenzweck betrieben wird und im
Vergleich zu den beteiligungsbezogenen Aktivitäten nur geringfügig ist (RZ 27, Wei-
sung FD).
Eine aktive Lizenzverwertung verträgt sich im Allgemeinen nicht mit dem Hol-
dingprivileg (vgl. BGr, 6. April 2005, 2P.284/2004, www.bger.ch). Sie lässt vielmehr auf
eine unzulässige Geschäftstätigkeit schliessen, da die Entwicklung von Erfindungen
aufgrund der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit und die Verwaltung der Patente
entsprechende personelle Ressourcen voraussetzen. Die Bewirtschaftung von Marken
verlangt einen aktiven Markenschutz, die Festlegung einer Kommunikationsstrategie,
technische Assistenz und Qualitätskontrollen bei den Lizenznehmern. Solche Aktivitä-
ten stellen in der Regel eine mit der Besteuerung als Holdinggesellschaft nicht zu ver-
einbarende·Geschäftstätigkeit dar (RZ 28, Weisung FD).
g) Ob die Voraussetzungen für die Besteuerung einer Kapitalgesellschaft als
Holdinggesellschaft vorliegen, ist grundsätzlich bei jeder Einschätzung neu zu ent-
scheiden (RB 1982 Nr. 75). Das heisst aber nicht, dass jede Steuerperiode isoliert be-
trachtet wird. Es ist zu vermeiden, dass die Holdinggesellschaft zwischen privilegierter
und ordentlicher Besteuerung hin und her pendelt. Eine Toleranzfrist von einigen weni-
gen - drei bis vier - Jahren, in denen die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind, ist
hinzunehmen (Harmonisierung des Unternehmenssteuerrechts, S. 109 f.). Dabei darf
jedoch nicht die Mindestquote nur im ersten Jahr erreicht werden und danach während
http://www.bger.ch/
- 6 -
1 ST.2014.121
längerer Zeit nicht mehr (Höhn, S. 258). Beurteilungsgrundlage bildet demnach nicht
eine einzelne Steuerperiode, sondern ein Zeitraum von mehreren Jahren (StRK I,
30. August 2002 = StE 2003 B 72.24 Nr. 2).
2. a) Die Pflichtige vermag diese Kriterien unstreitig insofern zu erfüllen, als
sie laut ihren Statuten das Halten und Verwalten von Beteiligungen bezweckt und sich
ihre Aktiven in den Geschäftsjahren 2008 und 2009 zu 86% bzw. 84% sowie 2010 und
2011 zu 90% bzw. 95% aus Beteiligungen zusammensetzen. Aber auch die Erträge
aus den Beteiligungen erreichen die erforderliche Limite von zwei Dritteln des gesam-
ten Ertrags zumindest in den streitbetroffenen Jahren 2010 und 2011 mit 68% bzw.
83% klar. Damit sind die Voraussetzungen zur Besteuerung als Holdinggesellschaft in
den fraglichen Jahren insoweit gegeben.
Dies allein reicht für die Gewährung des Holdingprivilegs jedoch unter Um-
ständen noch nicht aus, nämlich nach dem Gesagten dann, wenn die Gesellschaft ne-
ben dem Halten von Beteiligungen als Hauptzweck noch einen Nebenzweck verfolgt
und dieser im Vergleich zu den beteiligungsbezogenen Aktivitäten nicht geringfügig ist
bzw. die mit dem Nebenzweck erzielten Einnahmen nicht untergeordneten Charakter
aufweisen.
b) Die Pflichtige erbrachte für ihre Tochtergesellschaft F AG, E, und ihre En-
kelgesellschaft H GmbH & Co. KG, I, verschiedene Managementdienstleistungen. Sie
lässt sich dafür auf Basis der Ist-Kosten korrekt mit einem Gewinnaufschlag von 6%
entschädigen. Die mit der Führung der beiden Gesellschaften betrauten Personen sind
zudem – wie bei einer Gesellschaft mit Holdingstatus erforderlich – bei ihr angestellt.
Die entsprechenden Managementfees entwickelten sich seit Gründung der Pflichtigen
im Jahr 2007 indessen unstreitig wie folgt:
2007 2008 2009 2010 2011 2012
95% 70% 75% 22% 10% 62%.
Daraus ergibt sich, dass die Abgeltungen für die Leistungen der Tochter- bzw.
Enkelgesellschaft mit Ausnahme der streitbetroffenen Geschäftsjahre den weit über-
wiegenden Teil des Betriebsertrags ausmachten. 2010 und 2011 ist die Quote zwar
erheblich tiefer, jedoch nur vorübergehend, wie der markante Wiederanstieg per 2012
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1 ST.2014.121
auf 62% klar zeigt. Demnach kann aber bei den Einnahmen aus den Management-
dienstleistungen für die Tochter und Enkelgesellschaft über die ersten sechs Jahre der
Pflichtigen seit ihrer Gründung betrachtet, d.h. bis Ende 2012, nicht von unbedeuten-
den Einkünften die Rede sein. Vielmehr liegt in dieser Zeit – um mit den Worten der
Weisung FD zu sprechen – eine Managementgesellschaft mit Beteiligungen und nicht
eine Holdinggesellschaft mit untergeordneten Managementaufgaben vor. Die isolierte
Betrachtung nur der Geschäftsjahre 2010 und 2011 ist nicht zulässig. Denn gleich wie
nach dem Gesagten bei einer bestehenden Holdinggesellschaft eine Toleranzfrist von
drei bis vier Jahren hinzunehmen ist, in denen die Voraussetzungen für die Besteue-
rung als solche Gesellschaft nicht mehr gegeben sind, kann umgekehrt eine solch kur-
ze Frist von zwei Jahren auch nicht genügen, um bei einer – wie hier – bisher operativ
tätigen Gesellschaft für diesen Zeitraum mit Erfolg die Holdingbesteuerung zu bean-
spruchen. Demnach steht der Pflichtigen das Holdingprivileg in den streitbetroffenen
Steuerperioden 2010 und 2011 – wie auch 2012 – nicht zu. Wie es sich ab der Steuer-
periode 2013 verhält, muss offen bleiben, da die diesbezüglichen Verhältnisse nicht
bekannt sind.
Nichts daran zu ändern vermag der Einwand der Pflichtigen im Rekurs, sie
habe sich in den letzten Jahren noch in der Phase des Turn-arounds befunden bzw.
befinde sich immer noch darin, weshalb es gut möglich sei, dass die Tochtergesell-
schaften während einiger Jahre keine Dividende hätten ausschütten können, weil zuvor
die Interessen der Fremdkapitalgeber hätten befriedigt werden müssen. Denn damit
hat die Pflichtige nur die Gründe für die relativ hohen Einnahmen aus Management-
dienstleistungen offen gelegt, ohne damit die Höhe dieser Quote am Betriebsertrag
selber in Frage zu stellen. Mithin sind die Voraussetzungen für die Besteuerung als
Holdinggesellschaft in diesen Jahren noch nicht gegeben und möglicherweise erst spä-
ter erfüllt. Allerdings ist fraglich, ob die Erfüllung in absehbarer Zeit möglich sein wird,
wenn die Pflichtige ausführt, sie bzw. die Gruppe befinde sich nach wie vor in der ge-
nannten gewinn-/umsatzarmen Phase des Turn-arounds und damit in derjenigen des
fehlenden Beteiligungsertrags.
Ist dem Begehren der Pflichtigen schon allein aus diesem Grund nicht statt-
zugeben, erübrigte es sich der Frage nachzugehen, ob dies auch noch aus den an-
dern, von den Parteien diskutierten Gründen zutrifft. Nur der Vollständigkeit halber sei
hierzu in der gebotenen Kürze noch Folgendes auszuführen:
- 8 -
1 ST.2014.121
c) Die Pflichtige verbuchte in den Geschäftsjahren 2008 - 2011 folgende Li-
zenzeinnahmen:
2008 2009 2010 2011
Fr. 145'638.- 139'543.- 238'165.- 256'634.-
vom Ertrag 30% 25% 10% 7%.
Im Jahr 2010 hat sie die Einnahmen nach eigenen Berechnungen nur zu 1,5%
in der Schweiz und 2011 gänzlich im Ausland erwirtschaftet. Den entsprechenden Ab-
rechnungen ist jedoch zu entnehmen, dass die in der Schweiz erzielte Quote Im Jahr
2010 2,85%, entsprechend Fr. 6'790.18, ausmachte (Fakturen an die F AG). Die übri-
gen, allesamt von der Enkelgesellschaft H GmbH & Co. KG in I, vereinnahmten Li-
zenzerträge gelten nach übereinstimmender Auffassung der Parteien als im Ausland
erzielt, obwohl die Pflichtige in I über keine Betriebsstätte verfügt. Sieht man dergestalt
vom Betriebsstätteerfordernis ab, erwiesen sich die für die Beurteilung des Holdings-
privilegs massgebenden Lizenzeinnahmen in den Steuerperioden 2010 und 2011 da-
mit als unbedeutend bzw. nicht vorhanden, weil die im Ausland erwirtschafteten Zu-
flüsse nicht zu berücksichtigen sind. Es läge ein zulässiger Nebenzweck vor.
d) Allerdings gilt es im Geschäftsjahr bzw. in der Steuerperiode 2010 in Be-
tracht zu ziehen, dass die Pflichtige aus ihren Managementdienstleistungen für die
Tochter- bzw. Enkelgesellschaft schon Einnahmen von 22% erzielt hat und demnach
unter Einbezug der im Inland erwirtschafteten Lizenzeinkünfte insgesamt rund 25% des
Ertrags mit Nebenzwecken vereinnahmte. Kommt hinzu, dass sie 2010 aus dem Ver-
kauf von Maschinen und Entwicklungen an die F AG unstreitig einen Buchgewinn von
Fr. 154'671.45 realisiert hat. Dieser Gewinn entspringt der Ausübung eines Neben-
zwecks, gehört die Veräusserung von Maschinen und Entwicklungen an eine Tochter-
gesellschaft doch nicht zum Hauptzweck einer Holdinggesellschaft bzw. nicht zur Ver-
waltung des eigenen Vermögens. Dabei ist entgegen der Auffassung der Pflichtigen im
Rekurs unerheblich, dass es sich – wirtschaftlich betrachtet – lediglich um einen ("un-
echten") Buchgewinn bzw. nur um "wieder eingebrachte Abschreibungen" handelt, da
der Zufluss sich buchhalterisch und steuerlich eben gleichwohl als Gewinn und damit
ertragswirksam auswirkt. Dadurch erhöht sich die Quote der Einnahmen aus Neben-
zwecken pro 2010 aber weiter auf über 27%. Bei einer solch hohen Quote erscheint es
als nicht sachgerecht, diese noch als untergeordnet zu bezeichnen. Die Voraussetzun-
- 9 -
1 ST.2014.121
gen zur Besteuerung als Holdinggesellschaft wären diesfalls in der Steuerperiode 2010
auch bei isolierter Betrachtung derselben nicht erfüllt.
In der Steuerperiode 2011 verfolgte die Pflichtige zwar ebenfalls die Vergabe
von Lizenzen, jedoch resultierten daraus keine für die Beurteilung des Holdingprivilegs
massgebenden inländischen Einnahmen, sodass – wie erwähnt – von einem zulässi-
gen Nebenzweck auszugehen ist. Als weiterer Nebenzweck in dieser Periode verbleibt
damit nur die Erbringung von Managementdienstleistungen. Weil die damit erwirtschaf-
teten Einnahmen nur 10% des Ertrags ausmachen, liegt ebenfalls ein zulässiger Ne-
benzweck vor. Gleichwohl steht der Pflichtigen das Holdingprivileg aber auch in dieser
Periode nicht zu, weil die Voraussetzungen für dessen Gewährung schon in der Folge-
periode 2012 wegen überwiegender Einnahmen aus den Managementdienstleistungen
als Nebenzweck erneut nicht erfüllt sind. Eine einzige Steuerperiode, in der das Hol-
dingprivileg gewährt werden könnte, danach aber nicht mehr, reicht nach dem Gesag-
ten nicht aus, um die Privilegierung für diese eine Periode zu gewähren, da der Status
als Holdinggesellschaft längerfristig erfüllt sein muss.
e) Weiter weist die Pflichtige in den Erfolgsrechnungen 2009 - 2011 aktivierte
Entwicklungskosten von Fr. 378'005.- (2009), Fr. 732'736.- (2010) und Fr. 597'904.-
(2011) aus und schreibt diese linear über fünf Jahre ab. Dies verträgt sich mit dem Sta-
tus einer Holdinggesellschaft ebenfalls nicht.
3. Damit ist der Rekurs abzuweisen. Ausgangsgemäss sind die Kosten des
Verfahrens der Pflichtigen aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,014 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
5d5f818b-bbb3-4948-aac3-7f17ec12ee2a | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige), geboren 1981, wurde von der Untersu-
chungskommission (UCR) anlässlich der Aushebung am . September 2000 für dienst-
untauglich erklärt (NM 3071). In der Folge wurde er zivilschutzdienstpflichtig und aufer-
legte ihm die Verwaltung eine Ersatzabgabe. Die entsprechenden Abgaben für die
Ersatzjahre bis und mit 2006 hat er entrichtet. Mit Verfügungen vom 24. Februar 2010
hat ihm die Wehrpflichtersatzverwaltung des Kantons Zürich (kurz: WPEVerw) für die
Ersatzjahre 2007 und 2008 Ersatzabgaben von Fr. 1'272.- (ohne Zins) und Fr. 1'077.-
(wovon Fr. 918.- bereits bezahlt waren) auferlegt.
B. Dagegen hat der Pflichtige am 8. März 2010 Einsprache erhoben und u.a.
verlangt, die offenen Rechnungen für 2007 und 2008 zu stornieren; zudem sei er von
sämtlichen künftigen Wehrpflichtersatzzahlungen zu befreien.
Die WPEVerw wies die Einsprache mit Entscheid vom 18. August 2010 ab,
soweit sie darauf eintrat.
C. Mit Eingabe vom 16. September 2010 führte der Pflichtige dagegen Be-
schwerde mit den Anträgen, die offenen Rechnungen der Veranlagungsverfügungen
2007 und 2008 zu stornieren sowie ihn von künftigen Wehrpflichtersatzabgaben oder
sonstigen Zahlungen zu befreien, welche auf Grund nicht geleisteten Militärdienstes
fällig werden.
Mit Beschwerdeantwort vom 21. Oktober 2010 schloss die WPEVerw auf Ab-
weisung des Rechtsmittels.
- 3 -
2 WE.2010.24 | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Gegen den Einspracheentscheid kann der Wehrpflichtersatzpflichtige
laut Art. 31 des Bundesgesetzes über die Wehrpflichtersatzabgabe vom 12. Juni
1959/4. Oktober 2002 (WPEG) binnen 30 Tagen nach Eröffnung schriftlich Beschwer-
de bei der kantonalen Rekurskommission erheben. Anfechtungsobjekt bildet demnach
der Einspracheentscheid. Nur ausnahmsweise kann gemäss Art. 36 der Verordnung
über die Wehrpflichtersatzabgabe vom 30. August 1995/3. September 2003 (WPEV)
unmittelbar gegen die Veranlagungsverfügung Beschwerde erhoben werden (sog.
Sprungbeschwerde); die Voraussetzungen hierfür sind hier nicht gegeben.
b) Mit der Beschwerde verlangt der Pflichtige vorab, er sei von künftigen
Wehrpflichtersatzzahlungen oder sonstigen aufgrund nicht geleisteten Militärdienstes
geschuldeten Zahlungen zu befreien. Indes hat die WPEVerw im Einspracheentscheid
vom 18. August 2010 einzig über die Abgabepflicht pro 2007 und 2008 entschieden,
und keinen Entscheid über die Steuerbefreiung für das Jahr 2009 und folgende getrof-
fen (vgl. Art. 29 Abs. 1 WPEG, in der Fassung vom 22. Juni 1979). Mithin kann dieser
Punkt nicht Anfechtungsobjekt der Beschwerde bilden; insoweit ist auf die Beschwerde
nicht einzutreten.
Sodann geht aus dem Beschwerdeantrag nicht mit der gewünschten Deutlich-
keit hervor, was der Pflichtige mit der Beschwerde bezüglich der Abgaben pro 2008
genau verlangt. Denn er verficht mit seinem Antrag die Stornierung der Rechnungen
für die beiden Abgabejahre 2007 und 2008. Dabei ist zu beachten, dass er die ihm mit
Verfügung vom 24. Februar 2010 auferlegte Ersatzabgabe von Fr. 1'077.- für das Er-
satzjahr 2008 im Umfang von Fr. 918.- bereits beglichen hat und er bloss noch den
Restbetrag von Fr. 159.- schuldet. Wörtlich verstanden hiesse das somit, dass er dies-
bezüglich allein die Restforderung bestreitet. Indes wäre nicht verständlich, weshalb
und aus welchem Rechtsgrund er sich auf die Anfechtung dieses Betrags beschränken
sollte. In Anbetracht seiner Argumentation müsste er konsequenterweise auch die
Rückforderung der bereits erbrachten Leistung verlangen. Ob sein Antrag bei Licht
betrachtet so verstanden werden müsste, mag indes offenbleiben, weil die Vorausset-
zungen sowohl für eine gänzliche als auch für eine bloss teilweise Ersatzbefreiung
nicht gegeben sind, wie zu zeigen ist.
- 4 -
2 WE.2010.24
2. a) Art. 59 Abs. 1 BV (früher: Art. 18 Abs. 1 aBV) und Art. 2 Abs. 1 des Bun-
desgesetzes über die Armee und die Militärverwaltung vom 3. Februar 1995 (MG) sta-
tuieren die allgemeine Wehrpflicht. Diese ist durch persönliche Dienstleistung, d.h. Mili-
tärdienst oder Zivildienst, zu erfüllen (Art. 2 Abs. 2 MG). Wer die Wehrpflicht nicht
durch Militär- und Zivildienst erfüllt, untersteht der Ersatzpflicht (Art. 26 Abs. 1 MG; Art.
59 Abs. 3 BV). Die Ersatzpflicht wird geregelt im Bundesgesetz über den Wehrpflicht-
ersatz. Ersatzpflichtig sind gemäss Art. 2 Abs. 1 lit. a WPEG (in der Fassung vom 6.
Oktober 1995) diejenigen Wehrpflichtigen, die im Ersatzjahr, das dem Kalenderjahr
entspricht, während mehr als sechs Monaten nicht in einer Formation der Armee ein-
geteilt sind und nicht der Zivildienstpflicht unterstehen. Das Gesetz sieht sodann ver-
schiedene Befreiungsgründe vor (Art. 4 und 4a WPEG).
b) Nach Art. 4 Abs. 1 WPEG (in den Fassungen vom 17. Juni 1994 und 21.
März 2003) ist von der Ersatzpflicht namentlich befreit, wer im Ersatzjahr wegen erheb-
licher körperlicher, geistiger oder psychischer Behinderung ein taxpflichtiges Einkom-
men erzielt, das nach Abzug bestimmter Versicherungsleistungen sowie von behinde-
rungsbedingten Lebenshaltungskosten sein betreibungsrechtliches Existenzminimum
um nicht mehr als 100% übersteigt (lit. a), wegen einer erheblichen Behinderung als
dienstuntauglich gilt sowie eine Rente oder eine Hilflosenentschädigung der IV oder
der Unfallversicherung bezieht (lit. a bis
) oder wegen einer erheblichen Behinderung als
dienstuntauglich gilt und keine Hilflosenentschädigung bezieht, jedoch dennoch eine
der zwei mindestens erforderlichen Voraussetzungen für eine Hilflosenentschädigung
erfüllt (lit. a ter
). Sodann wird die geschuldete Ersatzabgabe nach Art. 13 Abs. 2 WPEG
(in der Fassung vom 17. Juni 1994) für ersatzpflichtige Behinderte, die nach Art. 4
Abs. 1 lit. a nicht von der Ersatzpflicht befreit sind, um die Hälfte reduziert.
3. a) A, Jahrgang 1981, ist anlässlich der Aushebung im Jahr 2000 für dienst-
untauglich erklärt worden. Darum gehört er keiner Formation der Armee an und hat er
keinen Militärdienst absolviert. Ebenso wenig hat er Zivildienst geleistet. Vorausset-
zung dafür wäre laut Art. 1 des Bundesgesetzes über den zivilen Ersatzdienst vom 6.
Oktober 1995 nämlich auch seine Militärdiensttauglichkeit gewesen. In der Folge ist er
ab Beginn wehrpflichtersatzpflichtig, so auch für die streitbetroffenen Abgabejahre
2007 und 2008.
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2 WE.2010.24
b) Diesem Schluss widersetzt sich der Pflichtige grundsätzlich nicht. Festzu-
halten ist namentlich, dass er zu Recht weder eine Befreiung nach Art. 4 Abs.1 WPEG
noch eine Reduktion der Abgabe im Sinn von Art. 13 Abs. 2 WPEG verlangt. Denn die
Voraussetzungen dafür sind unbestrittenermassen nicht erfüllt. Doch hält er dafür, aus
verschiedenen besonderen Gründen unterstehe er der Abgabepflicht nicht (mehr). Al-
lerdings ist seinen Einwendungen nicht zu folgen:
aa) Vorab hält er dafür, Grund seiner Untauglichkeit sei ein einmaliger epilep-
tischer Vorfall im Jahr 1997 gewesen. Zufolge (erfolgreicher) medizinischer Behand-
lung sei er aus seiner Sicht durchaus imstande gewesen, Militärdienst zu leisten.
Gleichwohl sei er an der Aushebung gegen seinen ausdrücklich manifestierten Willen
für untauglich erklärt worden.
Dies mag durchaus zutreffen, spielt indes keine Rolle. Denn zu entscheiden
war damals allein, ob das Gebrechen oder Leiden ihn für den Dienst untauglich machte
oder nicht (BGr, 4. Januar 2005, 2A.745/2004, www.bger.ch). Wenn die Untersu-
chungskommission (UCR) dabei auch und gerade im Interesse des Pflichtigen zum
Ergebnis gelangte, er sei aus medizinischen Gründen für den Militär- (und Zivil)dienst
nicht geeignet, so ist dies aus heutiger Sicht nicht zu beanstanden. Wäre der Pflichtige
mit der Beurteilung der UCR nicht einverstanden gewesen, hätte es ihm freigestanden,
den für ihn negativen Entscheid anzufechten (siehe Art. 39 MG). Das aber ist klarer-
weise nicht geschehen.
bb) Mangels Diensttauglichkeit wurde der Pflichtige nach Art. 11 ff. des Bun-
desgesetzes über den Bevölkerungsschutz und Zivilschutz vom 4. Oktober 2002 (BZG;
bzw. aufgrund der Vorgängerreglung im Bundesgesetz über den Zivilschutz vom 17.
Juni 1994) schutzdienstpflichtig. Ein Anspruch, zu Zivildienstleistungen aufgeboten zu
werden, besteht nicht.
Die vom Wehruntauglichen zu entrichtende Ersatzabgabe wird nach der Ge-
setzgebung über die direkte Bundessteuer auf dem gesamten Reineinkommen erho-
ben, das der Ersatzpflichtige im In- und Ausland erzielt (Art. 11 WPEG), und beträgt für
die Ersatzjahre 2007 und 2008 drei Franken je 100 Franken des taxpflichtigen Ein-
kommens. Ist der Ersatzpflichtige im Zivilschutz eingeteilt, so ermässigt sich die Er-
satzabgabe für jeden Tag Schutzdienst, den er im Ersatzjahr geleistet hat, um 4% (Art.
24 BZG in Verbindung mit Art. 5a WPEV, in der Fassung vom 3. September 2003). Die
http://www.bger.ch/
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2 WE.2010.24
Ersatzabgabe wird zudem, wie vollständigkeitshalber zu erwähnen ist, entsprechend
der Gesamtzahl der geleisteten Diensttage ermässigt, die der Ersatzpflichtige bis zum
Ende des Ersatzjahres bestanden hat; diese Ermässigung beträgt jeweils einen Zehn-
tel für 50-99 Militärdiensttage (oder 75-149 Zivildiensttage) sowie einen weiteren Zehn-
tel für je 50 weitere Militärdiensttage (bzw. 75 Zivildiensttage) oder Bruchteile davon
(Art. 19 Abs. 1 und 2 WPEG, in der Fassung vom 6. Oktober 1995).
Es ist wohl richtig, dass der Pflichtige nie zu der für eine vollständige Ermässi-
gung in einem Ersatzjahr notwendigen Anzahl von 25 Zivilschutz-Diensttagen aufgebo-
ten worden ist und im Grunde auch keine Chance bestanden hat, je eine derart hohe
Anzahl Diensttage zu leisten. Doch vermag er daraus nichts zu seinen Gunsten abzu-
leiten. Es obliegt einzig der aufbietenden Stelle, unter Berücksichtigung der konkreten
Bedürfnisse Zivilschutzdienstpflichtige zu Leistungen heranzuziehen. Besteht keine
Notwendigkeit dazu, erbringt der Zivildienstpflichtige keine Leistungen und kann er
folglich keine Ermässigung der Ersatzabgabe verlangen. Ebenso wenig kommt es da-
rauf an, dass die Behörden den Pflichtigen aus Anlass des Wohnsitzwechsels im Jahr
2005 in die Personalreserve eingeteilt haben und damit die Möglichkeit, überhaupt je
Zivilschutzdienst zu leisten, weiter erheblich eingeschränkt wurde. Hat ein Angehöriger
des Zivilschutzes – aus welchen Gründen auch immer – im Ersatzjahr keinen Zivil-
schutzdienst geleistet, so entfällt die Möglichkeit einer Reduktion der Abgabe im Sinn
von Art. 5a WPEV. So lagen die Dinge hier in den Ersatzjahren 2007 und 2008.
cc) Im Weiteren macht der Pflichtige geltend, aufgrund seiner Krankheit sei
ihm der Militärdienst "verweigert" worden. Auf der anderen Seite werde er vom Staat
gezwungen, zufolge fehlender Militärdienstleistung eine Ersatzabgabe zu entrichten.
Diese Regelung, so meint er, verstosse gegen das Diskriminierungsverbot von Art. 8
Abs. 2 BV. Diskriminierend sei, dass er diese Abgabe wegen seiner körperlichen Be-
einträchtigung zu leisten habe, der Staat ihm jedoch keine ausreichende Möglichkeit
einräume, um sich von dieser Zahlung zu befreien. Ebenso verhalte es sich im Licht
der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. Novem-
ber 1959 (EMRK). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) habe am
30. April 2009 erkannt, dass die Schweiz einen dienstuntauglichen Schweizer diskrimi-
niert habe. Dieser sei gegen seinen Willen vom Militärdienst ausgeschlossen worden,
im Gegenzug aber habe der Staat ihm eine Ersatzabgabe wegen fehlender Militär-
dienstleistungen aufgebürdet. Da die Untauglichkeit auch im vorliegenden Fall nicht auf
seinem (d.h. des Pflichtigen) freien Willen gründe, sondern auf seine krankheitsbeding-
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2 WE.2010.24
te körperliche Verfassung zurückzuführen sei, sei es rechtlich nicht zulässig, eine Er-
satzabgabe zu erheben.
aaa) Das Bundesgericht hat erkannt, die unterschiedliche Behandlung von
Dienstleistenden und Dienstuntauglichen sei rechtens. Ebenso wenig sei zu beanstan-
den, dass der Gesetzgeber aus Gründen der Rechtsgleichheit auf eine generelle Be-
freiung der Behinderten von der Ersatzabgabe verzichte (9. März 2004, 2A.590/2003,
www.bger.ch, auch zum Folgenden). Es sei vertretbar, dass er die Befreiung wegen
wirtschaftlicher Bedürftigkeit davon abhängig gemacht habe, dass diese auf eine er-
hebliche körperliche oder geistige Behinderung zurückgehe. Insoweit sei keine Diskri-
minierung erkennbar. Keine Rolle spiele im Übrigen, ob der Dienstuntaugliche bereit
sei, durch eine persönliche Dienstleistung seinen Pflichten nachzukommen, "da kein
Anspruch darauf bestehe, den Pflichtersatz anders zu erbringen als in Form einer
Geldleistung".
Der EGMR hat diesen Richterspruch allerdings teilweise korrigiert. Er hat im
Urteil vom 30. April 2009 (Nr. 13444/04) im Fall Sven Glor gegen die Schweiz festge-
halten, eine Diskriminierung wegen eines physischen Handicaps sei selbst dann denk-
bar, wenn dieses als (bloss) leicht qualifiziert werde. Das gelte auch im Bereich einer
Ersatzabgabe, welche anstelle der Militärdienstleistung geschuldet sei, sofern die Un-
möglichkeit eines solchen Dienstes auf eine Krankheit zurückzuführen sei, welche sich
dem Willen des Betroffenen entziehe. Der Gerichtshof sah es als Verstoss gegen die
EMRK (Art. 14 i.V.m. mit Art. 8) an, dass das Schweizer Recht eine unterschiedliche
Behandlung von Untauglichen, welche von der Ersatzabgabe entlastet werden einer-
seits, und solchen, welche gleichwohl eine solche Abgabe zu entrichten haben ande-
rerseits, vorsehe. Allerdings war dabei entscheidend, dass der Rechtsuchende (Glor)
sich stets bereit erklärt hatte, trotz seiner leichten ("nicht erheblichen") gesundheitli-
chen Beeinträchtigung, welche die Untauglichkeit versursacht hatte, Militärdienst zu
leisten. Denn es hätte unter solchen Umständen an der Schweiz gelegen, dafür zu
sorgen, dass dieser trotz seiner angeschlagenen Gesundheit in einer seine körperliche
Verfassung berücksichtigenden Form Militär- oder Zivildienst hätte leisten können. Der
Ersatzpflichtige sei einem bürgerlichen Erwerb nachgegangen und vor diesem Hinter-
grund auch imstande gewesen, in geeigneter Weise Leistungen im Militär- oder Zivil-
dienst zu erbringen. Die Schweiz hätte eine solche Möglichkeit, so das Gericht, ohne
Weiteres zur Verfügung stellen können und bei der gewählten Rechtsgestaltung, so ist
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2 WE.2010.24
zu schliessen, auch müssen. Dann, und nur dann, hätte sie eine Ersatzabgabe verlan-
gen können, falls der Untaugliche gleichwohl keinen Dienst geleistet hätte.
Aus diesem Urteil hat die Eidgenossenschaft Konsequenzen gezogen. Sie ist
bereit dafür zu sorgen, dass auch Wehrpflichtige, die von der UC (bis anhin) für un-
tauglich erklärt worden sind, die Möglichkeit erhalten, eine entsprechende Dienstleis-
tung zu erbringen, sofern diese ausdrücklich und ernsthaft gewillt sind, persönlich
Dienst zu leisten (siehe Mitteilung der ESTV, Wehrpflichtersatz, vom 14. Juni 2010,
www.estv.admin.wehrpflichtersatz/aktuell, eingelesen am 16. Juni 2010). Ob dies im
Rahmen eines Militärdienstes (z.B. im Bürobereich) oder aber im Zivildienst geschehen
soll, mag hier offenbleiben. Jedenfalls wäre bzw. ist damit die vom EGMR gerügte Dis-
kriminierung beseitigt.
bbb) Der Pflichtige gibt zwar vor, er sei stets bereit gewesen, trotz seines Lei-
dens, das Ursache für die Dienstuntauglichkeit gebildet habe, Militärdienst zu leisten
und damit seiner Wehrpflicht nachzukommen. Als einzigen Beleg verweist er auf eine
Bemerkung in einem anlässlich der Aushebung ausgefüllten Formular. Dort habe er
ausgeführt, er fühle sich fähig, Militärdienst zu leisten, und sei dazu auch bereit. Das
aber genügt nicht, um eine verpönte Diskriminierung darzutun. Unabhängig davon, ob
er sich damals tatsächlich in dieser Weise geäussert hat (was nicht aktenkundig ist),
reicht eine solche Beteuerung allein nicht aus, um eine analoge Würdigung wie im Fall
Glor zu treffen. Vorab ist festzuhalten, dass der Pflichtige seine Willenskundgabe ein-
zig getätigt hatte, bevor am 8. September 2000 der UC-Entscheid ergangen ist. Später
hat er bis zum vorliegenden, die Ersatzabgaben 2007 und 2008 betreffenden Verfah-
ren, das zudem erst nach dem dank Medienmitteilungen bekannt gewordenen EGMR-
Urteil angelaufen ist, nie mehr auf einer persönlichen Dienstleistung bestanden, son-
dern vielmehr ordnungsgemäss und vorbehaltlos die Ersatzabgaben bezahlt. Nament-
lich hat er nach dem für ihn negativen UC-Entscheid dagegen nicht opponiert und die-
sen nicht angefochten; vielmehr hat er sich damit abgefunden. Auch später hat er es
unterlassen, auf einer irgendwie gearteten persönlichen (Ersatz-)Leistung zu bestehen.
Das Gegenteil macht der Pflichtige nicht einmal geltend, geschweige denn liegt ein
entsprechender Hinweis oder gar Beleg vor. Bei alledem obliegt es nach den allgemei-
nen Grundsätzen allein dem Pflichtigen, die notwendigen Ausführungen zu tätigen und
die erforderlichen Beweise zu leisten (vgl. BGE 133 II 153 E. 4.3). Es genügt eben
nicht, dass dem Staat, wie hier, vorgeworfen wird, er habe den aus gesundheitlichen
Gründen vom Militär- (und Zivil)dienst freigestellten Personen "keine ausreichenden
http://www.estv.admin.wehrpflichtersatz/aktuell
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2 WE.2010.24
Möglichkeiten" geboten, welche diese von den Ersatzzahlungen befreiten. Dies ver-
kennt der Pflichtige. Unerlässlich ist, dass der Betreffende seine Bereitschaft aus- und
notfalls nachdrücklich erklärt und sich gegebenenfalls aktiv um eine derartige Betäti-
gungsmöglichkeit bemüht. Wenn zu Gunsten des Pflichtigen angenommen wird, er
habe allenfalls erstmals nach April 2009 (vgl. E-Mail des Pflichtigen vom 8. Mai 2009)
eine entsprechende Bereitschaft erklärt (was allerdings nicht als erstellt gelten darf), so
kann dies auf die vorliegend streitigen Ersatzjahre 2007 und 2008 von vornherein kei-
nen Einfluss haben. Ob sich die Beurteilung diesbezüglich hinsichtlich des oder der
folgenden Ersatzjahre (2009 ff.) ändert, mag hier offen bleiben. Dahin gestellt bleiben
kann aus heutiger Sicht ebenso, ob der Pflichtige bei einer allfälligen vollständigen
Nachholung der versäumten Dienstleistungen dereinst eine Rückerstattung der für
2007 und 2008 geschuldeten Ersatzabgaben erwirken kann (vgl. Art. 39 WPEG). Je-
denfalls kann der Pflichtige aus dem EGMR-Urteil Glor angesichts der konkreten Um-
stände, welche sich, wie gezeigt, in wesentlicher Hinsicht vom Präjudiz unterscheiden,
nichts zu seinem Vorteil ableiten.
c) Nach alledem muss es dabei sein Bewenden haben, dass der angefochte-
nen Einspracheentscheid bezüglich der Ersatzjahre 2007 und 2008 rechtsbeständig ist
und dem Begehren um Aufhebung der Ersatzabgaben 2007 und 2008, sei sie nun voll-
ständig oder teilweise, nicht zu entsprechen ist. Demzufolge ist die Beschwerde abzu-
weisen.
4. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Pflichtige nach Art. 31 Abs. 2
WPEG kostenpflichtig. | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
5e17d844-26af-45fa-939d-323ea4ccc94e | hat sich ergeben:
A. Der 19.. geborene A, von Beruf Bauingenieur, und B (nachfolgend der/die
Pflichtige bzw. zusammen die Pflichtigen) hatten ihren Wohnsitz bisher in C, wo sie ein
eigenes Einfamilienhaus bewohnten. In der Steuererklärung 2006 deklarierten sie ein
satzbestimmendes Einkommen von Fr. 218'900.- (Staats- und Gemeindesteuern) bzw.
Fr. 220'400.- (direkte Bundessteuer) sowie auf das Ausland (D) entfallende Einkünfte
von Fr. 203'900.- bzw. Fr. 205'300.-, sodass ein steuerbares Einkommen von
Fr. 15'000.- bzw. Fr. 15'100.- resultierte. Gemäss Beilagen zur Steuererklärung arbeite-
te der Pflichtige ab Mai 2006 für die Firma E in D, wohin ihm im August 2006 auch die
Pflichtige nachfolgte.
Mit Einschätzungsentscheid vom 3. Dezember 2007 erfasste der Steuerkom-
missär sämtliches Einkommen der Pflichtigen für die Steuerperiode 2006 im Kanton
Zürich bzw. in der Schweiz, indem er das steuerbare Einkommen entsprechend dem
deklarierten satzbestimmenden Einkommen auf Fr. 218'900.- bzw. Fr. 220'400.- fest-
setzte. Zur Begründung führte er an, die Schweiz verfüge mit D über kein Doppelbe-
steuerungsabkommen, weshalb die vom Pflichtigen dort erzielten Einkünfte aus un-
selbstständiger Erwerbstätigkeit von umgerechnet Fr. 117'550.- zusammen mit dem
übrigen Einkommen hier zu versteuern seien. Das steuerbare Vermögen für die Staats-
und Gemeindesteuern veranlagte er mit Fr. 824'000.- (satzbestimmend Fr. 825'000.-).
Die Veranlagung der direkten Bundessteuer wurde mit Steuerrechnung vom
1. Februar 2008 formell eröffnet.
B. Hiergegen liessen die Pflichtigen am 22. Januar bzw. 8. Februar 2008 Ein-
sprache erheben und beantragen, sie mit einem steuerbaren Einkommen von
Fr. 81'500.- bzw. Fr. 82'100.- (satzbestimmend Fr. 218'900.- bzw. Fr. 220'400.-) sowie
einem steuerbaren Vermögen von Fr. 750'000.- (satzbestimmend Fr. 825'000.-) einzu-
schätzen. Zur Begründung liessen sie vorbringen, der Pflichtige habe schon 2005 zu
85% im Ausland (F) gearbeitet und seinen Wohnsitz dann per Mai 2006 nach D ver-
legt. Dort habe er sich mit der Absicht dauernden Verweilens niedergelassen, was da-
durch bestätigt werde, dass ihm die Pflichtige anfangs August 2006 gefolgt sei und das
Haus in C den beiden Söhnen überlassen habe. Dass sie im Frühling 2008 wieder zu-
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1 ST.2009.52 1 DB.2009.24
rückkehren würden, spiele keine Rolle, werde doch gemäss ständiger Praxis bei einer
Verweildauer von mehr als einem Jahr davon ausgegangen, dass die Absicht dauern-
den Verweilens gegeben sei. 2006 sei der Pflichtige nur einmal und 2007 zweimal kurz
in der Schweiz gewesen. Obwohl auch die Pflichtige faktisch ihren Wohnsitz nach D
verlegt habe, werde die Beibehaltung ihres Wohnsitzes in der Schweiz akzeptiert, da
sie sich hier nicht wieder hätte anmelden können, weil sie sonst nicht mehr in die Zu-
satzversicherung ihrer Krankenkasse aufgenommen worden wäre.
Mit Auflagen vom 7. Mai und 9. Juni 2008 verlangte der Steuerkommissär im
Einspracheverfahren verschiedene die Frage des Wohnsitzes betreffende Unterlagen,
wie Kopien der Arbeitsverträge des Pflichtigen und der Pässe beider Pflichtigen. Letz-
tere kamen dem mit Eingaben vom 29. Mai und 4. Juli 2008 nach.
Das kantonale Steueramt wies die Einsprachen am 28. Januar 2009 ab. Es
erwog u.a., der Pflichtige habe in D auf einer Baustelle gearbeitet und auch dort ge-
wohnt sowie stets nur über befristete Arbeitsverträge verfügt. Dies deute nicht darauf
hin, dass er sich in D zusammen mit der Pflichtigen für unbestimmte Zeit habe nieder-
lassen wollen. Beide seien zudem immer wieder in die Schweiz zurückgekehrt und
hätten ihr Einfamilienhaus in C beibehalten sowie dieses bei der Rückkehr auch wieder
bezogen. Schliesslich könnte eine Wohnsitzverlegung ohnehin erst ab 15. November
2006 angenommen werden, weil der Pflichtige erst ab diesem Zeitpunkt ein Visum für
einen dauernden Aufenthalt besessen habe.
C. Mit Rekurs bzw. Beschwerde vom 23./24. Februar 2009 beantragten die
Pflichtigen die Festsetzung des steuerbaren Einkommens auf Fr. 101'300.- bzw.
Fr. 102'800.- (satzbestimmend Fr. 218'900.- bzw. Fr. 220'400.-). Das steuerbare Ver-
mögen blieb unbestritten. In der Begründung anerkannten sie die Zuordnung des Er-
werbseinkommens des Pflichtigen bis 30. April 2006 und seines Renteneinkommens
für das ganze Jahr 2006 zur Schweiz bzw. zum Kanton Zürich, hielten an der Aus-
scheidung des übrigen Erwerbseinkommens nach D von Fr. 117'600.- zufolge dortiger
Wohnsitznahme und Erwerbstätigkeit jedoch fest.
Das kantonale Steueramt schloss am 23. März 2009 auf Abweisung der
Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen.
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1 ST.2009.52 1 DB.2009.24
Auf die Ausführungen der Parteien in diesen Rechtsschriften wird – soweit
erforderlich – in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen. | Die Rekurskommission zieht in Erwägung:
1. a) Gemäss Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der
direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG), Art. 3
Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990
(DBG) und § 3 Abs. 1 des (kantonalen) Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) ist eine
natürliche Person aufgrund persönlicher Zugehörigkeit (unbeschränkt) steuerpflichtig,
wenn sie ihren steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz (im Kanton)
hat. Wohnsitz hat eine Person u. a. dann, wenn sie sich hier mit der Absicht dauernden
Verbleibens aufhält (Art. 3 Abs. 2 StHG, Art. 3 Abs. 2 DBG und § 3 Abs. 2 StG).
aa) Der Wohnsitzbegriff des StHG/DBG/StG ist dem des ZGB nachgebildet
(Art. 23 Abs. 1 und Art. 25 ZGB), ohne dass sich diese Begriffe vollständig decken. Der
steuerrechtliche Wohnsitzbegriff knüpft nach der für das Abgaberecht geltenden wirt-
schaftlichen Betrachtungsweise an die tatsächliche Gestaltung der Dinge an. Ob dem-
nach ein Wohnsitz im Sinn des Steuerrechts vorliegt oder nicht, richtet sich nach den
äusserlich erkennbaren Umständen des Einzelfalls und damit nach objektiven Kriterien.
Subjektive Absichten des Steuerpflichtigen sind nicht beachtlich, wenn sie zur tatsäch-
lichen Gestaltung der Verhältnisse im Widerspruch stehen. Das Steuerrecht stellt folg-
lich auf einen objektiven Wohnsitzbegriff ab (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommen-
tar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 3 N 5).
bb) Der steuerrechtliche Wohnsitzbegriff setzt den Aufenthalt mit der Absicht
dauernden Verbleibens voraus. Der Ort, wo sich eine Person mit dieser Absicht auf-
hält, liegt dort, wo sich der Mittelpunkt ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Interes-
sen befindet (statt vieler: BGr, 29. September 1999 = Pra 2000 Nr. 7; BGr,
9. Dezember 1996 = ASA 67, 551 = StE 1998 B 22.3 Nr. 65; Richner/Frei/Kaufmann,
Handkommentar zum DBG, 2003, Art. 3 N 7 und Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 3
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N 8, jeweils auch zum Folgenden). Dies ist jener Ort, zu dem eine Person mit Bezug
auf ihre Familienverhältnisse, die Art ihrer Erwerbstätigkeit, Aufenthaltsdauer und -
zweck sowie die Wohnverhältnisse gesamthaft die engsten Beziehungen unterhält.
aaa) Als eines der Tatbestandsmerkmale des steuerrechtlichen Wohnsitzes
wird ein tatsächliches Verweilen verlangt; der blosse Wille zur Wohnsitznahme genügt
nicht (BGE 96 I 149 und 94 I 325). Es ist somit ein physischer Aufenthalt notwendig, um
einen steuerrechtlichen Wohnsitz zu begründen. Nicht erforderlich ist dagegen, dass die
natürliche Person am Aufenthaltsort über eine eigene Wohnung verfügt; d.h. für das
Tatbestandsmerkmal des tatsächlichen Aufhaltens ist die Wohnungsform (Haupt- oder
Untermiete, Wohnungseigentum oder Miteigentum etc.) gleichgültig (Richner/Frei/Kauf-
mann, Art. 3 N 10 und Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 3 N 12). Eine vorübergehende
Unterbrechung des tatsächlichen Aufenthalts bleibt in der Regel ohne steuerliche Aus-
wirkungen, und zwar auch dann, wenn während der vorübergehenden Unterbrechung
eine Abmeldung in den entsprechenden Einwohner- und Steuerregistern erfolgt (BGr,
29. September 1999 = Pra 2000 Nr. 7; BGr, 13. Februar 1995 = ASA 64, 401 = StE 1995
B 24.4 Nr. 38). Eine bloss vorübergehende Unterbrechung liegt in der Regel vor, wenn
die Abwesenheit vom steuerrechtlichen Wohnsitz weniger als zwei Jahre beträgt (BGr,
30. September 1987 = ASA 58, 392 = StR 1988, 655). Der blosse Aufenthaltsort wird
zum steuerrechtlichen Wohnsitz, sobald zwischen der dort verweilenden Person und
dem Ort eine festere, engere Verknüpfung als am früheren Aufenthaltsort entstanden ist.
Diese Verknüpfung gründet auf der Absicht eines länger dauernden Verbleibens. Es
wird dabei nicht ihre Absicht vorausgesetzt, an diesem Ort auf Lebzeiten zu bleiben; es
genügt, dass sie dort auf unbestimmte Zeit verweilen will, bis spätere Umstände Ände-
rungen veranlassen. Dauerndes Verbleiben bedeutet somit nicht etwa "für immer", son-
dern eher "nicht vorübergehend". Die Absicht dauernden Verbleibens kann somit selbst
dann gegeben sein, wenn der Umstand, der künftig den steuerrechtlichen Wohnsitz be-
endet, schon bei der Wohnsitznahme bekannt ist. Entscheidend ist aber, dass er in zeit-
lich noch nicht genau bestimmbarer Zukunft liegt (Richner/Frei/Kaufmann, Art. 3 N 12
und Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 3 N 14 je mit Verweisen).
bbb) Die Absicht des dauernden Verbleibens als weitere Voraussetzung für
einen steuerrechtlichen Wohnsitz ist nicht abhängig von einer ausdrücklichen Willens-
erklärung. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen bestimmt sich vielmehr für die Steuer-
hoheit nach der Gesamtheit der objektiven äusseren Umstände (BGr, 29. September
1999 = Pra 2000 Nr. 7), aus denen sich diese Interessen erkennen lassen. Zu berück-
https://swisslex.westlaw.com/search/Document.asp?DocService=DocLink&D=BGEx96xIx145_150&AnchorTarget=BGEx96xIx149 https://swisslex.westlaw.com/search/Document.asp?DocService=DocLink&D=BGEx94xIx318_327&AnchorTarget=BGEx94xIx325
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sichtigen sind dabei etwa Zivilstand und Familienverhältnisse, die Art der Erwerbstätig-
keit, regelmässige oder nicht regelmässige Rückkehr an einen vom Arbeitsort ver-
schiedenen Ort, Dauer und Zweck der Aufenthalte an den jeweiligen Orten sowie die
dortigen Wohnverhältnisse (Miete oder Eigentum, Einrichtung der Wohnung). Es ist
weder auf die bloss erklärten Wünsche des Steuerpflichtigen (vgl. BGE 113 Ia 465 =
Pra 1988 Nr. 160 = ASA 57, 519 = StR 1988, 643) noch auf irgendwelche formellen
Momente, wie Hinterlegung der Schriften oder Ausübung der politischen Rechte abzu-
stellen (BGE 125 I 458 = Pra 2000 Nr. 178 = StR 2000, 198; BGr, 29. September 1999
= Pra 2000 Nr. 7). Ebenso ist die polizeiliche An- oder Abmeldung oder die fremdenpo-
lizeiliche Niederlassungsbewilligung für die Frage des steuerrechtlichen Wohnsitzes
bzw. des tatsächlichen Aufhaltens nicht entscheidend (BGr, 15. Mai 2000 = StE 2000 A
31.1. Nr. 6); sie kann in Zweifelsfällen höchstens einen Beurteilungshinweis bieten. In
der Regel kommt dabei den familiären und persönlichen Beziehungen der Vorrang
gegenüber den beruflichen Bezügen zu (Richner/Frei/Kaufmann, Art. 3 N 13; Richner/
Frei/Kaufmann/Meuter, § 3 N 15).
ccc) Das Bundesgericht hat mit Blick auf die Wohnsitzaufgabe innerhalb der
Schweiz bisher offen gelassen, ob Art. 3 Abs. 1 StHG bzw. dieser Bestimmung ent-
sprechende kantonale Normen wie § 3 Abs. 1 StG in der Weise auszulegen sind, dass
sie für den Verlust der unbeschränkten Steuerhoheit in einem Kanton nach Abmeldung
und Wegzug einer natürlichen Person die Begründung eines neuen Wohnsitzes in ei-
nem anderen Kanton verlangen. Zur Begründung für seine Zurückhaltung in diesem
Punkt hat das Gericht darauf verwiesen, dass die genannte Bestimmung des StHG die
Steuerhoheit der Kantone nicht beschränken dürfe (BGr, 26. Juli 2004, 2A.475/2003,
E. 2.2; vgl. ebenso Peter Locher, Einführung in das internationale Steuerrecht der
Schweiz, 3. A., 2005, S. 228 f.).
Hinsichtlich der Abgrenzung der Steuerhoheit gegenüber dem Ausland, d.h. bei
Wohnsitzaufgabe im Verhältnis zum Ausland, hat das Bundesgericht dagegen bisher
ausdrücklich festgestellt, dass sich insoweit das Problem des Eingriffs in die kantonale
Steuerhoheit nicht stelle. In solchen Fällen ist Art. 3 Abs. 1 StHG vielmehr (bzw. sind
diesem entsprechende Normen des kantonalen Steuerrechts wie § 3 Abs. 1 StG) eben-
so wie Art. 3 Abs. 1 DBG auszulegen. Das bedeutet, dass die unbeschränkte Steuer-
pflicht im internationalen Verhältnis auch hinsichtlich der Kantons- und Gemeindesteu-
ern erst mit der Begründung eines neuen Wohnsitzes im Ausland endet (BGr,
26. Juli 2004, 2A.475/2003, E. 2.2; insoweit daher überholt VGr ZH, 21. November 2001
https://swisslex.westlaw.com/search/Document.asp?DocService=DocLink&D=BGEx125xIx54_60&AnchorTarget=BGEx125xIx54
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= StE 2002 B 11.1 Nr. 17, E. 2d in fine).
Mit neuestem diesbezüglichen Entscheid vom 14. April 2009 (2C_576/2008) hat
das oberste Gericht die im internationalen Verhältnis gültige Rechtsprechung nun aber
auch im interkantonalen Verhältnis als anwendbar erklärt. Mit andern Worten endet die
Steuerpflicht im Kanton, in dem der Steuerpflichtige bisher seinen Wohnsitz hatte, eben-
falls erst dann, wenn er in einem andern Kanton einen neuen Wohnsitz begründet hat.
Zu beachten ist dabei, dass nicht jede fortbestehende Beziehung zum bisheri-
gen steuerrechtlichen Wohnsitz zur Annahme berechtigt, dieser Wohnsitz bestehe wei-
ter; den Lebensmittelpunkt an einem Ort aufgeben heisst nicht, sämtliche Bande zu die-
sem Ort abzubrechen (VGr, 21. November 2001 = StE 2002 B 11.1 Nr. 17).
ddd) Ehegatten haben bei rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe ihren
gemeinsamen steuerrechtlichen Wohnsitz grundsätzlich dort, wo sich die Familie be-
findet (Richner/Frei/Kaufmann, Art. 3 N 16; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 3 N 19).
Ein Ehegatte kann aber durchaus einen eigenen steuerrechtlichen Wohnsitz haben,
d.h. ohne dass deswegen die Ehe als (tatsächlich) getrennt zu betrachten wäre (BGE
115 II 120 zum Zivilrecht; BGE 121 I 14 = ASA 65, 593 = StE 1995 A 24.24.3 Nr. 1 =
StR 1995, 287 = ZStP 1995, 291). Dieser eigene steuerrechtliche Wohnsitz eines ein-
zelnen Ehegatten kann sich dabei auch im Ausland befinden (Richner/Frei/Kaufmann,
Art. 3 N 21, auch zum Folgenden). Die Annahme eines getrennten steuerrechtlichen
Wohnsitzes von Ehegatten setzt allerdings voraus, dass die äusseren Umstände klar
zum Ausdruck bringen, dass der eine steuerrechtliche Wohnsitz nur für einen der bei-
den Ehegatten bestimmt ist. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Ehepartner einen
besondern Haushalt gründet, der offensichtlich nicht beiden Eheleuten gemeinsam
dient. Die Annahme eines getrennten steuerrechtlichen Wohnsitzes von Ehegatten
kann auch dann gerechtfertigt sein, wenn die Ehegatten an verschiedenen Orten im In-
oder Ausland beruflich oder geschäftlich tätig sind. Hält sich ein Ehegatte aus berufli-
chen oder sonstigen Gründen zwar langfristig im Ausland oder in einem andern Kanton
auf, dann behält dieser Ehegatte den steuerrechtlichen Wohnsitz bei der Familie bei,
solange er am Arbeitsort nicht den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen (und somit
seinen eigenen steuerrechtlichen Wohnsitz) begründet.
Aus der Kasuistik sind folgende Entscheide herauszugreifen: Verneint wurde
eine Wohnsitzverlegung etwa im Fall eines Rentners, der nach der Pensionierung ins
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1 ST.2009.52 1 DB.2009.24
Ausland wegzog und weiterhin während mehrerer Monate pro Jahr in seinem Haus in
der Schweiz weilte (VGr BL, 14. Oktober 1998), im Fall eines verheirateten Anwalts,
der in Monte Carlo die Gesamtleitung einer Firmengruppe übernommen hatte und re-
gelmässig in das von der Familie in Zürich bewohnte Einfamilienhaus zurückkehrte
(VGr, 27. Januar 1999 = StE 1999 B 11.1. Nr. 16), im Fall eines verheirateten
Privatiers, der sich nach dem altersbedingten Verkauf seines Unternehmens nach
Guadeloupe begeben hatte und in der Folge weiterhin seine in der Familienvilla zurück
gelassene Ehefrau besuchte (VGr NE, 7. Februar 1995), im Fall eines verheirateten
Steuerpflichtigen, der sich – begleitet von seiner Ehefrau – abwechslungsweise beruf-
lich in Bagdad und Teheran und dazwischen auch im eigenen Haus in Zürich aufgehal-
ten hatte (VGr, 27. Mai 1986 = StE 1987 B 11.1 Nr. 6 = StR 1987, 370) und im Fall
eines verheirateten Poliers, der 26 Monate in Saudiarabien arbeitete und dabei regel-
mässig zur Familie in der Schweiz zurückkehrte (VGr, 19. Dezember 1980 = ZBl 1981,
280).
eee) Eine Person kann über mehrere steuerrechtliche Wohnsitze verfügen.
Sobald ein Wohnsitz im Sinn des Steuerrechts vorliegt, gilt die betreffende natürliche
Person als unbeschränkt steuerpflichtig. Hat ein Steuerpflichtiger im internationalen
Verhältnis zu mehreren Orten intensive Beziehungen, ist im Einzelfall in Würdigung der
gesamten individuellen Verhältnisse abzuwägen, welche dieser Beziehungen die
stärkste und somit massgeblich für die Bestimmung des Steuerdomizils ist (Rich-
ner/Frei/Kaufmann, Art. 3 N 25; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 3 N 29).
fff) Der steuerrechtliche Wohnsitz eines Unselbstständigerwerbenden befindet
sich nach der Rechtsprechung regelmässig an jenem Ort, zu dem er sich zum Zweck
eines Unterhaltserwerbs aufhält (BGr, 4. Mai 1999 = StR 2000, 177; BGE 125 I 54 = Pra
1999 Nr. 18 = ZStP 1999, 23 = StE 1999 A 24.21 Nr. 12; BGE 123 I 289 = ASA 67, 91 =
StE 1998 A 24.21 Nr. 11; BGE 69 I 74; VGr, 26. März 1997 = ZStP 1997, 269 =
StE 1997 B 11.1 Nr. 15). Der Arbeitsort begründet jedoch dann keinen steuerrechtlichen
Wohnsitz, wenn die persönlichen Beziehungen zu einem andern Ort stärker sind als
zum Arbeitsort (Richner/Frei/Kaufmann, Art. 3 N 26; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 3
N 34).
b) Da das Vorliegen eines Anknüpfungspunkts, welcher die allgemeine Steu-
erpflicht begründet, eine steuerbegründende Tatsache darstellt, ist dies grundsätzlich
vom Gemeinwesen, welches den Besteuerungsanspruch erhebt, zu beweisen (BGr,
https://swisslex.westlaw.com/search/Document.asp?DocService=DocLink&D=BGEx125xIx54_60&AnchorTarget=BGEx125xIx54 https://swisslex.westlaw.com/search/Document.asp?DocService=DocLink&D=BGEx123xIx289_295&AnchorTarget=BGEx123xIx289 https://swisslex.westlaw.com/search/Document.asp?DocService=DocLink&D=ASAx67x91_96&AnchorTarget=ASAx67x91
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1 ST.2009.52 1 DB.2009.24
29. September 1999 = Pra 2000 Nr. 7; BGr, 24. Juni 1983 = ASA 54, 225 = StE 1984 A
21.12. Nr. 3). Zuständig für die Untersuchung ist dabei die Veranlagungsbehörde. Der
steuerpflichtigen Person kann allerdings der Gegenbeweis für die von ihr behauptete
subjektive Steuerpflicht an einem neuen Ort auferlegt werden, wenn die von der Steu-
erbehörde angenommene bisherige Steuerpflicht als sehr wahrscheinlich gilt. Diese
ursprünglich für das internationale Verhältnis aufgestellte Regel ist nach der Praxis des
Bundesgerichts auch im interkantonalen Verhältnis anwendbar (Urteile vom 14. April
2009, 2C_576/2008; vom 22. August 2008, 2C_175/2008; vom 15. Oktober 2007,
2C_183/2007 und vom 8. Juni 2004, 2P.7/2004).
2. a) Der Pflichtige war bis Ende April 2006 bei der G in H beschäftigt und
wohnte zusammen mit der Pflichtigen im gemeinsamen Einfamilienhaus in C. Am
17. Mai 2006 flog er allein nach I in D (Flugbillet), wo er fortan für die E, als Baustellen-
leiter bzw. "Engineer" beim Bau eines Grossprojekts in J unselbstständig erwerbstätig
war. Der vom 10. April 2006 datierende Arbeitsvertrag wurde dabei vorerst für eine
Dauer von ein bis zwei Monaten geschlossen und am 30. Juni 2006 bis Mai 2007 so-
wie am 29. April 2007 bis Ende 2007 verlängert. Der Pflichtige verfügte sodann vorerst
nur über ein Touristenvisum und erhielt am 15. November 2006 das "Resident Visa".
Zu Beginn seines Aufenthalts in D wohnte der Pflichtige im Guesthouse des
Baustellen-Camps und ab 1. August 2006 in einer dortigen 3-Zimmerwohnung. Die in
der Schweiz verbliebene Pflichtige zog am 3. August 2006 in diese Wohnung nach und
lebte fortan mit dem Pflichtigen zusammen. Ende September 2006 kehrten die Eheleu-
te ein erstes Mal für zwei Wochen nach C zurück, um die schwerkranke Mutter des
Pflichtigen zu besuchen, welche kurz darauf starb. Bei dieser Gelegenheit bereiteten
die Pflichtigen ihr Einfamilienhaus für die Übergabe an ihren Sohn K vor und meldete
sich der Pflichtige am 14. Oktober 2006 in C ab. Die Pflichtige blieb dagegen hier im-
mer angemeldet, weil sie sonst der Mitgliedschaft in der Zusatzversicherung der Kran-
kenkasse verlustig gegangen wäre. Im November 2006 reiste der Pflichtige allein
nochmals für eine Woche in die Schweiz, um die Todesfolgen seiner Mutter zu regeln.
Eine weitere Reise in die Schweiz bzw. nach C von fast drei Wochen unternahmen die
Eheleute im August/September 2007 zwecks Teilnahme an einer Hochzeit und Besuch
des ebenfalls schwerkranken Bruders des Pflichtigen. Drei weitere Reisen im Juli 2006,
Februar und Juli 2007 waren geschäftlicher Natur und absolvierte der Pflichtige wie-
derum allein, wobei er jeweils über Zürich flog, um den Sohn K im Einfamilienhaus in C
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1 ST.2009.52 1 DB.2009.24
zu besuchen. Daneben verbrachten die Pflichtigen in den Jahren 2006/07 allein oder
zusammen mehrwöchige Ferien in Australien und Thailand. Per 31. Dezember 2007
endete der Arbeitseinsatz des Pflichtigen in D und kehrte er zusammen mit der Pflichti-
gen noch am 30. Dezember 2007, d.h. nach knapp 19 1⁄2 Monaten, wieder in die
Schweiz zurück. Hier bezogen die Pflichtigen wiederum das Einfamilienhaus in C.
b) aa) Aus diesem Ablauf der tatsächlichen Verhältnisse ergibt sich, dass sich
zwar beide Pflichtigen tatsächlich in D aufhielten und dort eine gewisse Zeit gemein-
sam in einer Wohnung verbrachten, damit der Pflichtige seiner Erwerbstätigkeit als
Ingenieur bei der E nachgehen konnte. Das Erfordernis des physischen Aufenthalts für
die Begründung eines steuerrechtlichen Wohnsitzes am Arbeitsort in D war damit
grundsätzlich erfüllt, obwohl der Aufenthalt mehrmals durch Reisen in die Schweiz
bzw. Ferien der Pflichtigen im weiteren Ausland allein oder zusammen unterbrochen
wurde. Indessen dauerte der Aufenthalt des Pflichtigen lediglich 19 1⁄2 Monate (17. Mai
2006 bis 30. Dezember 2007) und derjenige der Pflichtigen gar nur knapp 17 Monate
(3. August 2006 bis 30. Dezember 2007), d.h. deutlich weniger als zwei Jahre, und
kehrten sie danach wieder nach C zurück. Gemäss Rechtsprechung des Bundesge-
richts reicht eine solch kurze Verweildauer regelmässig nicht aus, um festere bzw. en-
gere Verbindungen als am bisherigen Ort zu knüpfen und damit einen neuen Wohnsitz
zu begründen. Hierfür sind mindestens zwei Jahre erforderlich. Eine Verlegung des
Wohnsitzes von C nach D fällt daher schon aus diesem Grund ausser Betracht.
bb) Voraussetzung für eine Wohnsitznahme bildet neben dem physischen
Aufenthalt weiter die Absicht, dauernd oder doch zumindest für eine längere oder un-
bestimmte Zeit am neuen Ort zu verweilen.
Der Aufenthalt der Pflichtigen in D war unstreitig von Anfang an zeitlich be-
grenzt, führen sie im Rekurs bzw. in der Beschwerde doch selber aus, zu Beginn der
Anstellung des Pflichtigen sei vorgesehen gewesen, das Projekt auf Ende 2008 fertig
zu stellen. Somit ging ihre Absicht nicht dahin, in D dauernd oder auf unbestimmte Zeit
zu verweilen, wie sie behaupten, da sie nach Beendigung des Arbeitseinsatzes des
Pflichtigen nach eigenem Bekunden von Anfang an wieder in die Schweiz zurückkeh-
ren wollten. Zu diesem Zweck behielten sie denn auch das Einfamilienhaus in C in ih-
rem Eigentum, indem sie es in ihrer Abwesenheit dem Sohn K überliessen und nach
der Rückkehr wieder selber bewohnten.
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1 ST.2009.52 1 DB.2009.24
Sodann ist fraglich, ob sie ursprünglich tatsächlich bis Ende 2008 und damit
für eine Wohnsitznahme unter Umständen ausreichend längere Zeit hatten in D bleiben
wollen. Mit der E hatte der Pflichtige nämlich zwar offenbar abgemacht, entgegen dem
befristeten Grundvertrag und dessen nur bis Ende 2007 vereinbarten Verlängerung
gleichwohl "at least" (= mindestens) bis zu diesem Zeitpunkt im Einsatz zu bleiben,
sodass eine Verlängerung der Beschäftigung über dieses Datum hinaus tatsächlich
schon damals hätte beabsichtigt sein können. Indessen behaupten die Pflichtigen
nicht, dass sie mit dieser Möglichkeit von Anfang an konkret gerechnet hatten. Damit
gilt eine schon ursprünglich bestandene Absicht, über das Jahr 2007 hinaus in D zu
verweilen, nicht als gesichert.
Kommt hinzu, dass der Pflichtige den Rückflug in die Schweiz schon vor dem
Abflug nach D für den 14. Juli 2006 gebucht hatte und dieser Termin mit dem Ablauf
des Grundvertrags übereinstimmt. Die Pflichtigen erwähnen diese Übereinstimmung im
Schreiben vom 3. Juli 2008 zwar selber, legen deren Gründe jedoch nicht dar bzw.
führen lediglich aus, der Rückflug sei dann auf später verschoben worden. Mithin ist
nicht davon auszugehen, diese Übereinstimmung sei zufällig gewesen. Demnach kann
aber auch nicht gesagt werden, der Pflichtige habe sich bei seinem Abflug im Mai 2006
mit der Absicht eines längeren bzw. auf unbestimmte Zeit angelegten Aufenthalts ge-
tragen, im Gegenteil. Gleiches gilt sodann hinsichtlich des Umstands, dass es gemäss
den eigenen Aussagen des Pflichtigen nicht vorgesehen war, die Pflichtige folge ihm
für die Zeit des Grundvertrags schon nach D, sondern erst nach Vorliegen der ersten
Vertragsverlängerung vom 30. Juni 2006. Schliesslich führen die Pflichtigen nicht aus
und es ist daher nicht nachvollziehbar, warum die erste Vertragsverlängerung nur bis
Ende Mai 2007 und nicht gleich bis Ende 2007 vereinbart wurde. Ging es nämlich nur
darum, dass der Bauherr die Kapazität/Arbeitsweise des Pflichtigen – ähnlich einer
Probezeit – unter Beweis gestellt sehen wollte, wie die Pflichtigen im Rekurs bzw. in
der Beschwerde weiter ausführen (S. 5), hätten hierfür die ersten zwei Monate wohl
gereicht. Damit erscheint aber auch als fraglich, ob der Pflichtige bereits von Anfang
beabsichtigt hat, zumindest bis Ende 2007 in D zu bleiben.
Das Kriterium der Absicht eines dauernden Verweilens bzw. eines Verweilens
auf unbestimmte oder doch zumindest längere, d.h. mehr als zwei Jahre in Anspruch
nehmende Zeit in D, welche sich in objektiven Umständen äussern muss, ist damit
ebenfalls nicht erfüllt.
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1 ST.2009.52 1 DB.2009.24
cc) Demnach hatten die Pflichtigen in D während ihres dortigen Aufenthalts in
den Jahren 2006/07 keinen neuen Wohnsitz zu begründen vermocht, weil der Aufent-
halt nur vorübergehend war. Der Weiterbestand des bisherigen hiesigen Wohnsitzes in
C gilt daher in diesen Jahren als sehr wahrscheinlich. Bekräftigt wird dies durch die
Tatsache, dass die Pflichtigen den Kontakt zur Schweiz während all ihrer Zeit in D nicht
haben abreissen lassen, sondern sich zweimal während mehrerer Wochen – der
Pflichtige zusätzlich ein drittes Mal während einer Woche – hier aufhielten. Dass dabei
u.a. (traurige) familiäre Ereignisse den Grund des Aufenthalts bildeten, ändert an die-
ser Betrachtungsweise nichts, zeigt sich darin doch im Gegenteil das Weiterbestehen
ihrer Verbundenheit zur Schweiz. Ebenfalls in diese Richtung weist sodann der Um-
stand, dass der Pflichtige bei seinen Geschäftsreisen jeweils hier Zwischenstation
machte, um den Sohn K in C zu besuchen. Mithin gilt der vom Fiskus zu erbringende
Nachweis für die Beibehaltung des hiesigen Wohnsitzes als erbracht.
dd) Als Folge davon ist es Sache der Pflichtigen, den Gegenbeweis zu erbrin-
gen:
Ob und wann die Pflichtigen sich hier ab- und in D angemeldet haben, ist nicht
von ausschlaggebender Bedeutung, weil die polizeiliche Ab-/Anmeldung nach dem
Gesagten nur in Zweifelsfällen einen Beurteilungshinweis für die Klärung der Wohnsitz-
frage abzugeben vermag und ein solcher Fall hier nicht vorliegt. Stellt man aber darauf
ab, könnte von einem längeren Aufenthalt des Pflichtigen ohnehin keine Rede sein, da
er in C nur gerade während 14 1⁄2 Monaten (14. Oktober 2006 - 1. Januar 2008) abge-
meldet war. Die Pflichtige hat sich zudem ohnehin nie abgemeldet.
Dass sich sodann die Pflichtige in D mehrmals medizinisch behandeln liess,
die Pflichtigen dort einen Fernsehapparat kauften, über zwei Hausangestellte verfügten
und Weihnachten sowohl 2006 wie auch 2007 im Baustellendorf verbrachten (vgl. die
diesbezüglichen Ausführungen im Rekurs bzw. in der Beschwerde S. 8 f.), deutet zwar
auf eine gewisse Verbundenheit/Vertrautheit auch zu D hin, führt aber nicht dazu, dass
die Bande zu D diejenige zur Schweiz überwögen. Vielmehr war die Zeit ihres Aufent-
halts auf dem Baustellendorf in D zu kurz, um dieses zum Lebensmittelpunkt werden
zu lassen. Hierfür hätte es eines längeren und nicht nur vorübergehenden Aufenthalts
bedurft.
- 13 -
1 ST.2009.52 1 DB.2009.24
Nicht hilfreich ist schliesslich der Einwand der Pflichtigen, dass sie schon zwei
Mal in D gewesen seien und während dieser Zeit hier keine Steuern hätten zahlen
müssen. Zu Recht behaupten sie nämlich nicht, das kantonale Steueramt habe ihnen
für den vorliegend streitbetroffenen dritten Aufenthalt in D ebenfalls Steuerbefreiung
zugesichert. Zudem können sie aus dem Umstand, dass das kantonale Steueramt bei
früheren Auslandaufenthalten anders entschieden hat, nichts zu ihren Gunsten ablei-
ten. Treu und Glauben verbieten der Steuerbehörde nicht, Sachverhalte oder Rechts-
fragen, die früher zu Gunsten der Steuerpflichtigen entschieden worden sind, in einer
späteren Steuerperiode anders zu beurteilen (Richner/Frei/Kaufmann, VB zu Art. 109 -
121 N 76 und Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, VB zu §§ 119 - 131 N 87, je mit Verwei-
sungen). Veranlagungsverfügungen können keine Zusicherung für künftige Veranla-
gungen sein, weil sie sich ausschliesslich auf die betreffende Veranlagungsperiode
beziehen. Für die Zukunft wird durch sie nichts präjudiziert (Rhinow/Krähenmann,
Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, 1990, Nr. 77 VII lit. c).
Der Gegenbeweis der Existenz eines neuen Wohnsitzes in D ist den Pflichti-
gen damit nicht gelungen.
3. Zu prüfen bleibt, ob Teile des steuerbaren Einkommens der Pflichtigen ge-
stützt auf internationales Doppelbesteuerungsrecht von der Besteuerung in der
Schweiz auszunehmen sind. Da jedoch die Schweiz mit D kein Doppelbesteuerungs-
abkommen abgeschlossen hat, ist dies von vornherein nicht der Fall, weshalb die vom
Pflichtigen in D erzielten Einkünfte aus dortiger unselbstständiger Erwerbstätigkeit kraft
innerstaatlichen Rechts vollumfänglich hier zu versteuern sind.
4. Diese Erwägungen führen zur Abweisung der Rechtsmittel.
Ausgangsgemäss sind die Kosten den Pflichtigen aufzuerlegen (Art. 144
Abs. 1 DBG, § 151 Abs. 1 StG) und entfällt die Zusprechung einer Parteientschädigung
(Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Verwaltungs-
verfahren vom 20. Dezember 1968, § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungs-
rechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997).
- 14 -
1 ST.2009.52 1 DB.2009.24 | Public | Tax | de | 2,009 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
5ee88463-3499-4a52-9e04-3644b4b367c9 | hat sich ergeben:
A. Die 1956 geborene A (nachfolgend die Pflichtige) erhielt Ende 2011 von
ihrer damaligen Arbeitgeberin B AG einen als Abfindung bzw. Abgangsentschädigung
bezeichneten Betrag von netto Fr. 105'341.-. Per 1. Januar 2012 wechselte sie zu ei-
nem neuen Arbeitgeber. In der Steuererklärung 2011 gab sie die Abfindung – entgegen
dem Lohnausausweis – nicht als Einkunft aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit an
und deklarierte stattdessen nur das ordentliche Salär von netto Fr. 129'701.-. Unter
Einbezug der übrigen Einkünfte und der Abzüge bezifferte sie das steuerbare Einkom-
men auf Fr. 92'600.- (direkte Bundessteuer) bzw. Fr. 91'000.- (Staats- und Gemeinde-
steuern). Das steuerbare Vermögen lautete auf Fr. 109'000.-.
Am 17. Januar 2014 veranlagte die Steuerkommissärin die Pflichtige für die
Steuerperiode 2011 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 199'000.- (direkte Bun-
dessteuer) bzw. Fr. 197'400.- (Staats- und Gemeindesteuern), indem sie die genannte
Entschädigung als ordentlich zu besteuernde Lohneinkunft aufrechnete. Das steuerba-
re Vermögen übernahm sie gemäss Steuererklärung.
B. Hiergegen liess die Pflichtige am 17. Februar 2014 Einsprache erheben mit
dem Antrag, die Abfindung von Fr. 105'341.- als separat zu erfassende Kapitalleistung
zu besteuern. Das kantonale Steueramt wies die Einsprache am 22. August 2014 ab.
C. Mit Beschwerde bzw. Rekurs vom 22./23. September 2014 liess die Pflich-
tige den Einspracheantrag erneuern. Das kantonale Steueramt schloss am 21. Okto-
ber 2014 auf Abweisung der Rechtsmittel. Die Eidgenössische Steuerverwaltung liess
sich nicht vernehmen.
Der Referent des Steuerrekursgerichts führte mit Auflage vom 29. Janu-
ar 2015 eine ergänzende Untersuchung durch. Die Pflichtige reichte am 30. April/
7. Mai 2015 entsprechende Unterlagen ein und das kantonale Steueramt nahm dazu
am 18. Mai 2015 Stellung.
1 DB.2014.191 1 ST.2014.240
- 3 - | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. a) Gemäss § 17 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) sind steuerbar
alle Einkünfte aus privatrechtlichem oder öffentlichrechtlichem Arbeitsverhältnis mit
Einschluss der Nebeneinkünfte, wie Entschädigungen für Sonderleistungen, Provisio-
nen, Zulagen, Dienstalters- und Jubiläumsgeschenke, Gratifikationen, Trinkgelder,
Tantiemen und andere geldwerte Vorteile (Abs. 1). Dazu gehören auch Kapitalabfin-
dungen aus einer mit dem Arbeitsverhältnis verbundenen Vorsorgeeinrichtung oder
gleichartige Kapitalabfindungen des Arbeitgebers, die nach § 37 StG zu besteuern sind
(Abs. 2). Die letztere Bestimmung sieht für solche Kapitalleistungen insoweit eine privi-
legierte Besteuerung vor, als diese separat zum Steuersatz berechnet werden, der sich
ergäbe, wenn anstelle der einmaligen eine jährliche Leistung von einem Zehntel der
Kapitalleistung ausgerichtet würde, wobei die einfache Staatssteuer jedoch mindestens
2% beträgt und stets eine volle Jahressteuer erhoben wird. Ebenfalls privilegiert be-
steuert werden unter § 17 Abs. 1 StG fallende Kapitalzahlungen, welche wiederkeh-
rende Leistungen abgelten; diesfalls wird die Einkommenssteuer gemäss § 36 StG
unter Berücksichtigung der übrigen Einkünfte zu dem Steuersatz berechnet, der sich
ergäbe, wenn anstelle der einmaligen Leistung eine entsprechende jährliche Leistung
ausgerichtet worden wäre. Soweit keine Privilegierung Platz greift, richtet sich die Be-
steuerung ordentlicher Einkünfte im Sinn von § 17 Abs. 1 StG in tariflicher Hinsicht
nach § 35 StG.
Im Bereich der direkten Bundessteuer ist die Besteuerung von Kapitalabfin-
dungen des Arbeitgebers im Wesentlichen gleich geregelt (vgl. Art. 17, 36, 37 und 38
des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990, DBG).
Zur Abgrenzung der verschiedenen Besteuerungsvarianten hat die ESTV am
3. Oktober 2002 ein Kreisschreiben verfasst (Kreisschreiben Nr. 1 zu Direkte Bundes-
steuer Steuerperiode 2003 über die Abgangsentschädigung resp. Kapitalabfindung des
Arbeitgebers, ASA 71, 532, nachfolgend ESTV-Kreisschreiben), welches vom kantona-
len Steueramt auch im Bereich der Staats- Gemeindesteuern beachtet wird. Wenn
diesem Kreisschreiben auch keine rechtsverbindliche Wirkung zukommt, so ist es doch
als Auslegungshilfe dienlich.
b) Wurden Abgangsentschädigungen früher gemäss Art. 339b OR vor allem
älteren langjährigen Mitarbeitern entrichtet, um ihnen eine minimale Altersvorsorge zu
1 DB.2014.191 1 ST.2014.240
- 4 -
gewährleisten, werden diese heute auch Arbeitnehmern und insbesondere Führungs-
kräften mit bereits guter Altersvorsorge ausbezahlt. Dabei können die vom Arbeitgeber
bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgerichteten Abgangsentschä-
digungen verschiedene Gründe haben, z.B. "Schmerzensgeld" für die Entlassung,
Treueprämie für langjährige Dienstverhältnisse, "Risikoprämie" für die persönliche Si-
cherheit und berufliche Zukunft, Entgelt für erbrachte Arbeitsleistungen, Vorruhe-
standsregelungen, d.h. Ausgleich allfällig entstehender Lücken oder langfristiger Ein-
bussen in der beruflichen Vorsorge usw. Oft handelt es sich um pauschale
Abfindungssummen, deren Zweckbestimmung unklar und gegebenenfalls näher zu
untersuchen ist (ESTV-Kreisschreiben Ziff. 1).
c) Je nachdem, was der Arbeitgeber mit der Kapitalabfindung bezweckt hat,
sind nach Massgabe der oben stehenden gesetzlichen Auslegeordnung folgende Be-
steuerungslösungen in Betracht zu ziehen: Soweit Abfindungen normalen Einkom-
menscharakter haben (z.B. Schmerzensgeld für die Entlassung ["golden handshake"]
oder Treueprämie für ein langjähriges Dienstverhältnis), kommt es als Regelfall zur
ordentlichen Besteuerung gemäss Art. 17 Abs. 1 i.V.m. Art. 36 DBG bzw. § 17 Abs. 1
i.V.m. § 35 StG. Liegt im Sinn eines Sonderfalls in einer solchen Abfindung ein Ersatz
für vergangene oder zukünftige wiederkehrende Leistungen, erfolgt die privilegierte
Besteuerung von ordentlichem Einkommen zum Rentensatz (Art. 17 Abs. 1 DBG i.V.m.
Art. 37 DBG bzw. § 17 Abs. 1 i.V.m. § 36 StG). Hat eine dem ausscheidenden Arbeit-
nehmer ausbezahlte Abfindung Vorsorgecharakter, ist die Besteuerung im Sinn eines
weiteren Sonderfalls nach Massgabe von Art. 17 Abs. 2 i.V.m. Art. 38 DBG bzw.
§ 17 Abs. 2 StG i.V.m. § 37 StG privilegiert vorzunehmen.
d) Die privilegierte Besteuerung gemäss Art. 17 Abs. 2 i.V.m. Art. 38 DBG
bzw. § 17 Abs. 2 StG i.V.m. § 37 StG setzt voraus, dass eine Kapitalabfindung aus
einer mit dem Arbeitsverhältnis verbundenen Vorsorgeeinrichtung oder eine "gleichar-
tige Kapitalabfindung des Arbeitgebers" vorliegt.
aa) Unter gleichartigen Kapitalabfindungen des Arbeitgebers sind nach der
Rechtsprechung solche Leistungen zu verstehen, die objektiv dazu dienen, die durch
Alter, Invalidität oder Tod des Arbeitnehmers verursachte oder wahrscheinliche Be-
schränkung seiner gewohnten Lebenshaltung bzw. derjenigen seiner Hinterlassenen
zu mildern. "Gleichartig" ist also die Leistung vorab, wenn sie bei den nämlichen Gele-
genheiten wie Kapitalabfindungen von Vorsorgeeinrichtungen ausgerichtet wird, d.h.
1 DB.2014.191 1 ST.2014.240
- 5 -
beim Eintritt eines Vorsorgefalls (Pensionierung, Invalidität oder Tod des Arbeitneh-
mers; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 38
N 12, und Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 37
N 17, mit Hinweisen). Gleichartigkeit der Kapitalabfindung liegt aber auch dann vor,
wenn bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom bisherigen Arbeitgeber eine Kapi-
talleistung erbracht wird, die dazu dient, beim Empfänger die finanziellen Folgen eines
künftigen Vorsorgeausfalls ganz oder teilweise zu beheben (StRK I, 24. Novem-
ber 1998 = ZStP 1999, 348 ff., auch zum Folgenden).
Für die Beurteilung der Frage, ob die Kapitalzahlung des Arbeitgebers
"gleichartig" sei wie Kapitalzahlungen der beruflichen Vorsorge, kann demzufolge dem
Alter des Arbeitnehmers allein keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden.
Immerhin ist aber davon auszugehen, dass eine solche Geldleistung desto eher Vor-
sorgecharakter aufweist, je älter der damit bedachte Arbeitnehmer im Zeitpunkt der
Auszahlung ist bzw. je weniger Jahre bis zum Erreichen des ordentlichen Pensionsal-
ters verbleiben. Im Übrigen aber müssen die gesamten Umstände des Einzelfalls in die
Beurteilung miteinbezogen werden. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang
sodann, ob die Kapitalleistung auf einer vertraglichen Pflicht des Arbeitgebers beruht,
denn eine solche spräche von vornherein gegen einen Vorsorgecharakter. Auch sind
die berufliche Situation des Steuerpflichtigen, der Stand seiner Altersvorsorge und die
Erklärungen der Beteiligten in Betracht zu ziehen. Dabei ist stets auf die Verhältnisse
abzustellen, wie sie sich im Zeitpunkt der Entrichtung der fraglichen Kapitalabfindung
präsentiert haben (RB 1998 Nr. 142 = StE 1999 B 26.13 Nr. 14 = ZStP 1999, 121).
bb) In Anwendung dieser Kriterien hat das Verwaltungsgericht die einer
51-jährigen Mitarbeiterin im Zusammenhang mit dem Verlust ihrer langjährigen Ar-
beitsstelle ausgerichtete Kapitalabfindung der gesonderten milderen Besteuerung un-
terworfen mit der Begründung, die Zahlung habe dazu gedient, der Empfängerin –
welche angesichts ihres Alters nicht damit habe rechnen können, ohne weiteres wie-
der eine Stelle zu finden – beim (späteren) Eintritt eines Vorsorgefalls die wahrscheinli-
che Beschränkung ihrer gewohnten Lebenshaltung abzufedern (VGr, 4. Juli 1995,
SB.94.00052). Mit weiterem Entscheid hat das Verwaltungsgericht einem im Zufluss-
zeitpunkt 54-jährigen Steuerpflichtigen die privilegierte Besteuerung der erhaltenen
Abgangsentschädigung mit der Begründung gewährt, im Rahmen der gebotenen vor-
ausschauenden Beurteilung sei entscheidend, dass dieser mit einer Wiederanstellung
zu vergleichbaren Salär- und Versicherungsbedingungen im Zeitpunkt der Kapitalzah-
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lung objektiv nicht habe rechnen können. Dabei verwies das Gericht auf das Alter und
die spezialisierungsbedingt beschränkte Vermittelbarkeit des Steuerpflichtigen; zudem
sei nicht davon auszugehen, dass dieser den hohen Stand seiner durch 22 Beitrags-
jahre erworbenen Vorsorgeansprüche auch nur annähernd werde beibehalten können
(RB 1998 Nr. 142 = StE 1999 26.13 Nr. 14 = ZStP 1999, 121). Sodann hat die Steuer-
rekurskommission I (heute Steuerrekursgericht) einer einem 50-jährigen Steuerpflichti-
gen nach 24 Dienstjahren ausbezahlten Abgangsentschädigung von Fr. 100'000.- den
Vorsorgecharakter zugesprochen und argumentiert, bei der vorzeitigen Beendigung
des Arbeitsverhältnisses habe man annehmen müssen, dass dieser nicht ohne weite-
res wieder ein gleichwertige Stelle finden oder aber gegenüber dem bisherigen Er-
werbseinkommen zumindest eine Einbusse erleiden werde. Die Möglichkeit, eine sol-
che Gehaltseinbusse durch spätere Gehaltserhöhungen ausgleichen zu können, habe
ebenfalls als gering eingestuft werden müssen. Dass sich die dergestalt reduzierten
Erwerbserwartungen und damit einhergehend die inskünftig tieferen Beiträge an die
berufliche Vorsorge auch auf die Höhe dieser künftigen Leistungen auswirkten, leuchte
ohne weiteres ein (StRK I, 24. November 1998 = ZStP 1999, 348 ff.). Demgegenüber
hat die Steuerrekurskommission I einem 54-jährigen Staatsangestellten unter Würdi-
gung aller Umstände die privilegierte Besteuerung der diesem im Rahmen eines "ma-
nagement buyouts" ausbezahlten Austrittsentschädigung versagt; ausschlaggebend
war dabei insbesondere, dass der Arbeitnehmer nahtlos eine neue Stelle antreten
konnte. Die im Rahmen der Neuanstellung anfänglich resultierende Lohneinbusse und
die damit verbundene Verschlechterung der Vorsorgesituation erachtete die Steuerre-
kurskommission aufgrund des Alters des Steuerpflichtigen und dessen Berufsaussich-
ten als bis zum ordentlichen Pensionszeitpunkt durchaus noch kompensierbar (StRK I,
16. Juni 2003, 1 ST.2002.454). Schliesslich hat das Steuerrekursgericht den Vorsorge-
charakter einer Entschädigung von Fr. 60'000.- bejaht, welche einem in der Verwaltung
institutioneller Gelder tätigen, knapp 54-jährigen Bankangestellten bei der Entlassung
ausgerichtet wurde, weil diesem keine gute berufliche Prognose gestellt werden konn-
te, er tatsächlich auch noch keine Weiterbeschäftigung gefunden und eine – wenn
auch knappe – Vorsorgelücke zu beklagen hatte (StRG, 29. Mai 2009,
1 ST.2008.304/1 DB.2008.185, www.strgzh.ch).
cc) Neben dieser Rechtsprechung ist für die Frage, ob die hier streitige Ab-
gangsentschädigung als "gleichartig" im Sinn von Art. 17 Abs. 2 DBG bzw. § 17
Abs. 2 StG qualifiziert werden kann, auch das ESTV-Kreisschreiben als Abgrenzungs-
hilfe heranzuziehen. Danach können gleichartige Kapitalabfindungen des Arbeitgebers
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in diesem Sinn steuerlich als Vorsorgeleistung betrachtet werden, wenn nachfolgende
Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
• die steuerpflichtige Person verlässt das Unternehmen ab dem vollendeten
55. Altersjahr;
• die (Haupt-) Erwerbstätigkeit wird definitiv aufgegeben oder muss aufgegeben
werden;
• durch den Austritt aus dem Unternehmen und dessen Vorsorgeeinrichtung
entsteht eine Vorsorgelücke. Diese ist durch die Vorsorgeeinrichtung zu be-
rechnen. Dabei dürfen nur künftige Vorsorgelücken im Umfang der ordentli-
chen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge zwischen dem Austritt aus der
Vorsorgeeinrichtung bis zum Erreichen des ordentlichen Terminalters auf-
grund des bisher versicherten Verdienstes berücksichtigt werden. Ein im Zeit-
punkt des Austritts bereits bestehender Einkaufsbedarf darf nicht in die Be-
rechnung einbezogen werden.
e) Eine vom Regelfall der ordentlichen Besteuerung abweichende privilegierte
Besteuerung ist steuermindernder Natur, weshalb das Vorliegen der entsprechenden
Voraussetzungen vom Steuerpflichtigen darzutun und nachzuweisen ist (RB 1975
Nr. 64).
2. a) Die Pflichtige wurde 1956 geboren. Als ihr die streitige Kapitalleistung
von netto Fr. 105'341.- im Dezember 2011 ausbezahlt wurde, war sie daher bereits 55
Jahre alt. Damit ist die im ESTV-Kreisschreiben für die Bejahung des Vorsorgecharak-
ters vorausgesetzte Altersgrenze von 55 Jahren erreicht worden. Um bei einem sol-
chen Alter auf einen Vorsorgecharakter der Abgangsentschädigung schliessen zu kön-
nen, müssen aber auch die dafür sprechenden weiteren Umstände erfüllt sein.
b) Die Pflichtige konnte nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit der B AG
per 31. Dezember 2011 ohne Unterbruch am 1. Januar 2012 eine neue Stelle antreten
und hat damit die Erwerbstätigkeit keineswegs aufgegeben. Dabei musste dies der B
AG und der Pflichtigen im Zeitpunkt der Festlegung und Auszahlung der Abfindung am
30. November (Festlegung) bzw. 20. Dezember 2011 (Auszahlung) bekannt gewesen
sein, datiert der neue Arbeitsvertrag mit der C SA doch schon vom 9. bzw. 23. Novem-
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ber 2011. Ob die Pflichtige von der neuen Anstellung bereits im früheren Zeitpunkt der
Kündigung des Arbeitsverhältnisses Kenntnis hatte, wie sie in Beschwerde und Rekurs
in Abrede stellt, ist nicht entscheidend, geht es doch um die Motive bei Festlegung und
Auszahlung der streitigen Abfindung. Abgesehen davon wurde das bestehende Ar-
beitsverhältnis mit der B AG nicht mittels Kündigung, sondern einverständlich mittels
gegenseitiger Vereinbarung vom 30. November/3. Dezember 2011 aufgehoben.
Gleichzeitig wurde in dieser Vereinbarung auch die Abfindung und deren Höhe festge-
legt (Ziff. 2.3.3 Abs. 1). Mithin hatte zumindest die Pflichtige im Zeitpunkt der Festle-
gung der Abfindung von ihrer nahtlosen Weiterbeschäftigung per 1. Januar 2012 samt
allen Anstellungsbedingungen sehr wohl Kenntnis (Hinsichtlich der B AG, vgl. E.
2c/bb).
In dieser Hinsicht unterscheidet sich der vorliegende Fall damit deutlich von
den vorgenannten kantonalrechtlichen Präjudizien, welchen allen zugrunde lag, dass
die aus dem Betrieb Ausscheidenden nicht ohne weiteres mit einer neuen Anstellung
vor Eintritt des Vorsorgefalls rechnen konnten. Die Fortsetzung der Erwerbstätigkeit
würde sodann auch gemäss ESTV-Kreisschreiben bereits gegen einen Vorsorgecha-
rakter sprechen. Indes ist es gemäss Rechtsprechung des Steuerrekursgerichts und
entgegen der Auffassung des kantonalen Steueramts in den Einspracheentscheiden zu
absolut, den Vorsorgecharakter bei sich abzeichnender Fortführung einer Erwerbstä-
tigkeit generell zu verneinen. So garantiert die weitere Ausübung einer Berufstätigkeit
bis zum ordentlichen Rücktrittsalter die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung
eben noch nicht. Mithin kann der Vorsorgecharakter einer Abgangsentschädigung auch
bei Kenntnis der Fortsetzung der Erwerbstätigkeit nicht ohne weiteres ausgeschlossen
werden und sind auch in solchen Fällen die weiteren Umstände des Einzelfalls mit ein-
zubeziehen. Zu untersuchen ist dabei insbesondere, ob und inwieweit im Zeitpunkt der
Auflösung des Arbeitsverhältnisses in Kenntnis der Weiterbeschäftigung mit gewichti-
gen Einbussen in der beruflichen Vorsorge zu rechnen war. In diesem Sinn sind vorlie-
gend die hinter der ausgerichteten Kapitalabfindung stehenden Motive des Arbeitge-
bers sowie die bekannte Vorsorgesituation vor und die prognostizierte Vorsorge-
situation nach dem Stellenwechsel von massgebender Bedeutung.
c) aa) Über die Motive der Arbeitgeberin bei Ausrichtung der Kapitalabfindung
ist wenig bekannt, vermochte die Pflichtige ausser der genannten Aufhebungsverein-
barung doch auf Auflage des Referenten des Steuerrekursgerichts hin keine weitere
Korrespondenz dazu einzureichen. Insbesondere betrifft dies auch den Sozialplan,
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welcher gemäss Schreiben der B AG vom 29. Februar 2012 für die Auszahlung der
Abfindung Grundlage bildete, von dieser nach Bekunden der Pflichtigen aber nicht he-
rausgegeben wurde.
In der Aufhebungsvereinbarung wird bezüglich der Abfindung immerhin aus-
geführt, dass damit sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, insbesondere
auch hinsichtlich Dienstjubiläumsansprüchen etc., vollumfänglich abgegolten seien.
Soweit mit der Abfindung aber derart auch Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis be-
friedigt wurden, ist ihr der Vorsorgecharakter von vornherein abzusprechen.
bb) Dass sodann auch die B AG von einer möglichen und durchaus realisti-
schen Weiterbeschäftigung der Pflichtigen ausging, zeigt die Bestimmung in der Auf-
hebungsvereinbarung, wonach keine Abfindung ausgerichtet wird, wenn die Pflichtige
vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses im B-Konzern wieder eine neue Anstellung
finden sollte, und die Abfindung von ihr sogar pro rata temporis zurück zu zahlen ist,
wenn sie im Konzern innert Jahresfrist nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine
Wiederanstellung erlangen sollte (Ziff. 2.3.3 Abs. 2 und 3). Diese Regelung spricht
nicht für die Absicht der Arbeitgeberin, der Pflichtigen die Abfindung zur Abdeckung
einer möglichen Vorsorgelücke auszurichten, hätte eine solche Lücke doch auch bei
einer Weiterbeschäftigung bei der B AG oder einer Konzerngesellschaft entstehen
können. Wenn die Abfindung tatsächlich vornehmlich Vorsorgecharakter aufweisen
sollte, hätte sie die B AG vielmehr auch bei Weiterbeschäftigung in einer Konzernge-
sellschaft und nicht nur ausserhalb einer solchen ausrichten sowie von ihrer (teilwei-
sen) Rückzahlung absehen müssen.
cc) Die Pflichtige behauptet weiter nicht, bei Berechnung der Abfindung sei es
zu einer Überprüfung ihrer Vorsorgesituation gekommen. Tatsächlich wurde die Be-
rechnung auf der Basis ihres Monatssalärs (Fr. 10'200.-) plus 15% (für den Bonus)
sowie der Anzahl Dienstjahre (6,833) und einem Altersfaktor (1,35) vorgenommen (Se-
verance Package). Dies lässt es durchaus als möglich erscheinen, dass die Arbeitge-
berin der Abfindung auch die Funktion einer Treueprämie oder eines Schmerzensgel-
des bei der Entlassung zugemessen hat.
dd) Zusammenfassend bleibt damit die Motivation der Arbeitgeberin zur Aus-
richtung der streitbetroffenen Abfindung trotz ergänzender Untersuchung im vorliegen-
den Verfahren eher unklar. Immerhin sprechen die diesbezüglich aktenkundigen An-
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haltspunkte dafür, dass mit der Abfindung auch Ansprüche der Pflichtigen aus dem
Arbeitsverhältnis im Sinn einer Saldoklausel abgegolten und eine Treueprämie bzw.
ein Schmerzensgeld ausgerichtet werden sollte. Die Vorsorgesituation kann dabei
mangels irgendwelcher Äusserungen und Hinweise jedenfalls nicht im Vordergrund
gestanden sein.
d) Die Pflichtige macht allerdings das Vorliegen von Vorsorgelücken durch
den Austritt aus der B AG Ende 2011 geltend.
aa) Die eine Lücke ortet sie im Umstand, dass die Pensionskasse der neuen
Arbeitgeberin per 1. Januar 2013 vom Leistungsprimat zum Beitragsprimat gewechselt
hat. Indessen hat sie ihre Behauptung, von diesem Wechsel schon im Bewerbungsge-
spräch (mutmasslich) im Herbst 2011 Kenntnis erlangt zu haben, trotz Aufforderung
durch den Referenten des Steuerrekursgerichts nicht nachgewiesen. Aktenkundig ist
damit lediglich die Mitteilung der Pensionskasse der neuen Arbeitgeberin vom 6. Sep-
tember 2012 über den Systemwechsel. Demnach kann aber nicht davon ausgegangen
werden, diese – nach Berechnungen der Pflichtigen weitaus grössere – Vorsorgelücke
sei bei Ausrichtung der Abfindung Ende 2011 schon bekannt gewesen und habe hier-
für eine Rolle gespielt.
Die andere Lücke sieht die Pflichtige im kleineren versicherten Verdienst bei
der Pensionskasse der C SA und den daraus resultierenden geringeren Leistungen im
Vorsorgefall. Indessen reduzierte sich der versicherte Verdienst durch den Stellen-
wechsel lediglich von Fr. 111'112.- bei der B AG auf Fr. 100'160.- bei der C SA. Im
Gleichschritt ging die gestützt darauf von der Pflichtigen berechnete Altersrente im
Zeitpunkt ihrer ordentlichen Pensionierung mit 64 Jahren von Fr. 39'537.- nur auf
Fr. 37'560.- jährlich zurück. Die von ihr ebenfalls berechnete grössere Renteneinbusse
von Fr. 30'092.- basiert auf dem Wechsel zum Beitragsprimat per 1. Januar 2013 bei
der neuen Arbeitgeberin und war nach dem Gesagten im Zeitpunkt der Ausrichtung der
Abfindung Ende 2011 nicht nachweislich voraussehbar, sodass sie im vorliegenden
Zusammenhang nicht zu berücksichtigen ist. Die somit allein massgebende Reduktion
bei der mutmasslich zu erwartenden Altersrente – eine (Beitrags-)Lücke liegt ohnehin
nicht vor – beträgt daher nur gerade Fr. 1'977.- (= Fr. 39'537.- ./. Fr. 37'560.-), entspre-
chend 5% pro Jahr. Von einer gewichtigen (prognostizierbaren) Einbusse bei der Al-
tersvorsorge kann damit aber entgegen der Auffassung der Pflichtigen keine Rede
sein.
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bb) Selbst wenn letztere Einbusse bei der künftigen Altersrente als gewichtig
gälte, bewirkte diese allein noch nicht, dass der Abfindung der überwiegende Charak-
ter einer Vorsorgeleistung zukommt. So stand die Pflichtige beim Wechsel zur C SA im
55. Altersjahr und hatte sie damit noch rund neun Jahre Zeit, um diese nicht allzu gros-
se Einbusse bis zum ordentlichen Rücktrittsalter von 64 Jahren ganz oder zumindest
teilweise wettzumachen. Dass dies nicht unrealistisch war, zeigt sich schon am Um-
stand, dass die Pflichtige die neue Stelle bei der C SA in der gleichen Branche und –
gemäss eigener Darstellung – im "gleichen Beruf" sowie ohne den geringsten zeitli-
chen Unterbruch antreten konnte. Zudem erhielt sie bei der C SA mit Fr. 125'877.- pro
2012 nur einen leicht tieferen Nettolohn als bei der B AG mit Fr. 129'701.- im Jahr
2011, entsprechend einer Einbusse von lediglich rund 3%. Dies spricht ebenfalls für
ihre damals gute berufliche Qualifikation und ermöglichte ihr auch zwangslos die Wei-
terführung des bisher gewohnten Lebensstandards.
e) Bei alledem ist nicht massgebend, dass die Pflichtige dann ab 15. Okto-
ber 2012 krankheitsbedingt teilweise oder ganz arbeitsunfähig wurde, das Arbeitsver-
hältnis mit der C SA per Ende Mai 2014 beenden musste und noch heute arbeitsunfä-
hig ist. So behauptet sie nicht, mit dieser Entwicklung, die nach ihrem Bekunden auf
Überforderung am neuen Arbeitsplatz zurückzuführen ist, habe sie schon bei Ausrich-
tung der fraglichen Abfindung rechnen müssen. Denn abzustellen ist allein auf die Be-
rufsaussichten bei Berechnung und Ausrichtung der Abfindung Ende 2011.
f) Zusammenfassend weist die von der B AG Ende 2011 ausgerichtete Abfin-
dung damit nicht den Charakter einer Vorsorgeleistung auf. Dagegen spricht der Um-
stand, dass die Pflichtige per 1. Januar 2012 nahtlos eine neue Stelle antreten konnte,
den diesbezüglichen Arbeitsvertrag im Zeitpunkt der Ausrichtung der Abfindung Ende
2011 schon abgeschlossen hatte, an der neuen Stelle nur eine unwesentliche, die Fort-
führung der gewohnten Lebenshaltung nicht beeinträchtigte Lohneinbusse erlitt und in
der beruflichen Vorsorge nicht nachweislich eine gewichtige Verschlechterung in Kauf
nehmen musste. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass die B AG die Abfin-
dung trotzdem auch zwecks Kompensation einer möglichen Verschlechterung in der
beruflichen Vorsorge ausgerichtet hat, diese Motivation jedoch in keiner Art nachge-
wiesen ist und bei Würdigung der Aktenlage wohl auch kaum im Vordergrund gestan-
den ist. Die für die Pflichtige nach Antritt der neuen Stelle eingetretene negative Ent-
wicklung im beruflichen Fortkommen ändert daran nichts, da sie nicht absehbar war.
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Demnach fällt die privilegierte Besteuerung der Abfindung als Vorsorgeleis-
tung im Sinn von Art. 17 Abs. 2 i.V.m. Art. 38 DBG bzw. § 17 Abs. 2 StG i.V.m. § 37
StG ausser Betracht.
g) Die Besteuerung der Abfindung als Ersatz für vergangene oder zukünftige
wiederkehrende Leistungen gemäss Art. 17 Abs. 1 DBG i.V.m. Art. 37 DBG bzw. § 17
Abs. 1 i.V.m. § 36 StG wird von der Pflichtigen nicht geltend gemacht und sind auch
keine Anhaltspunkte für solche Leistungen aktenkundig.
Damit verbleibt nur Raum für die ordentliche Besteuerung gemäss Art. 17
Abs. 1 i.V.m. Art. 36 DBG bzw. § 17 Abs. 1 i.V.m. § 35 StG.
Demnach erweisen sich die Einspracheentscheide (im Ergebnis) als rechtsbe-
ständig.
3. Diese Erwägungen führen zur Abweisung der Rechtsmittel. Ausgangsge-
mäss sind die Kosten des Verfahrens der Pflichtigen aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1
DBG, § 151 Abs. 1 StG) und bleibt ihr die Zusprechung einer Parteientschädigung
verwehrt (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das
Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968; § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Ver-
waltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/8. Juni 1997).
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- 13 - | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
5ef3e672-3e70-4c4b-a048-6809a6614c1a | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend die Pflichtige) ist Eigentümerin des selbstbewohnten Einfa-
milienhauses im B in C und beschäftigt ihren Sohn D als Hauswart. In der Steuererklä-
rung 2008 machte sie diesbezüglich bei einem Eigenmietwert von brutto Fr. 16‘500.-
Liegenschaftsunterhaltskosten von Fr. 34‘473.- geltend. Darin eingeschlossen waren
Lohnkosten, Vorsorge- und Sozialversicherungsbeiträge sowie Unfall- und Kranken-
kassenprämien für ihren Sohn im Betrag von Fr. 24‘372.-.
Das kantonale Steueramt schätzte die Pflichtige am 27. August 2010 für die
Staats- und Gemeindesteuern, Steuerperiode 2008, mit einem steuerbaren Einkom-
men von Fr. 124‘500.- und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 901‘000.- ein. Am
13. September erging die entsprechende Veranlagung betreffend die direkte Bundes-
steuer mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 125‘500.-. Dabei setzte das kanto-
nale Steueramt die abzugsfähigen Liegenschaftsunterhaltskosten auf Fr. 17‘151.- fest.
Darin enthalten waren die nachgewiesenen Unterhaltskosten von Fr. 10‘151.- für Tank-
revision, Elco Jahresrevision und Gebäude(sach)versicherungen. Die Zahlungen an
ihren Sohn berücksichtigte es nur im Umfang von Fr. 7000.-. Diesbezüglich erging der
Entscheid in Anwendung von Art. 130 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die direkte
Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) bzw. § 139 Abs. 2 des Steuergesetzes
vom 8. Juni 1997 (StG) nach pflichtgemässem Ermessen, weil die Pflichtige trotz Auf-
lage und Mahnung vom 29. April resp. 7. Juni 2010 keine detaillierten Auskünfte über
die vom Sohn erbrachten Leistungen beigebracht hatte.
B. Dagegen erhobene Einsprachen der Pflichtigen wies das kantonale Steu-
eramt am 9. Dezember 2010 ab.
C. Mit Rekurs und Beschwerde vom 10. Januar 2011 liess die Pflichtige der
Steuerrekurskommission (ab 1. Januar 2011 Steuerrekursgericht) beantragen, das
steuerbare Einkommen für die Staats- und Gemeindesteuern, Steuerperiode 2008, auf
Fr. 108‘765.- und für die direkte Bundessteuer 2008 auf Fr. 109‘815.- festzusetzen.
Ferner beantragte sie eine mündliche Verhandlung.
- 3 -
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In der Rekurs- und Beschwerdeantwort vom 14. Februar 2011 schloss das
kantonale Steueramt auf Abweisung der Rechtsmittel.
Auf die Parteivorbringen wird, soweit rechtserheblich, in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. Gemäss Art. 140 und 142 DBG und §§ 147 Abs. 1 und 148 Abs. 1 StG fin-
det das Beschwerde- und Rekursverfahren im Rahmen eines einfachen Schriften-
wechsels im schriftlichen Verfahren statt. Gemäss § 148 Abs. 2 StG kann ausnahms-
weise ein zweiter Schriftenwechsel oder eine mündliche Verhandlung angeordnet
werden. Eine Verpflichtung zur Anordnung eines zweiten Schriftenwechsel oder einer
mündlichen Verhandlung besteht nur zur Wahrung des rechtlichen Gehörs, wenn bei-
spielsweise in der Beschwerde-/Rekursantwort neue Tatsachen oder Beweismittel vor-
gebracht werden. Im Übrigen besteht darauf kein Anspruch (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. A., 2009, Art. 142 N 9 und 10 DBG und
Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. A., 2006, § 148 N 9 StG; RB
1976 Nr. 71, RB 2000 Nr. 131).
Da vorliegend in der Beschwerde-/Rekursantwort keine neuen Tatsachen oder
Beweismittel vorgebracht werden, besteht kein Anlass, die von der Pflichtigen bean-
tragte mündliche Verhandlung durchzuführen (siehe hierzu auch E. 6.a).
2. a) Gemäss Art. 25 DBG und § 25 StG werden zur Ermittlung des Reinein-
kommens die gesamten steuerbaren Einkünfte um die zu ihrer Erzielung notwendigen
Aufwendungen und die allgemeinen Abzüge vermindert. Dazu gehören nach Art. 32
Abs. 2 DBG und § 30 Abs. 2 StG bei Liegenschaften im Privatvermögen die Unter-
haltskosten, die Versicherungsprämien und die Kosten der Verwaltung durch Dritte
(Satz 1). Den Unterhaltskosten sind Investitionen gleichgestellt, die dem Energiesparen
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und dem Umweltschutz dienen, soweit sie bei der direkten Bundessteuer abzugsfähig
sind (Satz 2).
b) Gemäss Urteil des Bundesgerichts vom 2. Februar 2005 (StE 2005 A 23.1
Nr. 10) kann der Begriff der Unterhaltskosten unter dem Geltungsbereich des Steuer-
harmonisierungsgesetzes im kantonalen Recht nicht anders ausgelegt werden als auf
dem Gebiet der direkten Bundessteuer. Aufgrund dessen gelten die nachfolgenden
Erwägungen sowohl für das Rekursverfahren betreffend die Staats- und Gemeinde-
steuern 2008 als auch für das Beschwerdeverfahren betreffend die direkte Bundes-
steuer 2008.
3. a) Nach Lehre und Rechtsprechung sind unter Unterhaltskosten Aufwendun-
gen zu verstehen, deren Ziel nicht die Schaffung neuer, sondern die Erhaltung bisheri-
ger Werte ist und die in längeren oder kürzeren Zeitabständen wiederkehren (Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 32 N 37 DBG und § 30 N 36 ff. StG). Dazu gehören
einerseits die Aufwendungen für den laufenden Unterhalt – wie Kosten für Ausbesse-
rungsarbeiten aller Art und Ersatzanschaffungen – sowie die mit dem Grundstück ver-
bundenen jährlich wiederkehrenden Abgaben. Abzugsfähig sind sodann auch Aufwen-
dungen für periodische Renovationen grösseren Ausmasses (Fassaden,
Dachrenovation, zeitbedingte Änderung der Zentralheizung, Anpassung der elektri-
schen Einrichtung an geänderte Vorschriften u. dgl.). Mit anderen Worten sind Unter-
haltskosten im Sinn von Art. 32 Abs. 2 DBG und § 30 Abs. 2 StG Kosten, die der In-
standhaltung des Grundstücks oder seiner Instandstellung dienen, d.h. der Nachholung
unterbliebener Instandhaltung (VGr, 22. April 1986 = StE 1987 B 44.13.1 Nr. 1; Rich-
ner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 32 N 30 ff. DBG und § 30 N 43 StG), so dass das
Grundstück weiterhin – allenfalls "modernisiert" – seinen bisherigen Verwendungs-
zweck erfüllen kann.
b) Nicht abzugsfähig sind - vorbehältlich von Energiesparaufwendungen –
Aufwendungen, welche zur Wertvermehrung eines Grundstücks führen (Art. 34 lit. d
DBG, § 33 lit. d StG). Dazu gehören alle Aufwendungen, welche ein Grundstück in
einen besseren Zustand versetzen, d.h. ein Haus in den Rang eines besser ausgestat-
teten, wertvolleren Gebäudes aufrücken lassen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
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Art. 32 N 48 DBG und § 30 N 48 StG). Ferner sind all jene Aufwendungen nicht ab-
zugsfähig, die sich als Lebenshaltungskosten erweisen (Art. 34 lit. a DBG, § 33 lit. a
StG). Dies ist der Fall, wenn die Aufwendungen weder dem Unterhalt noch der Schaf-
fung liegenschaftlicher Werte, sondern dem Unterhalt des Steuerpflichtigen und seiner
Familie bzw. der Befriedigung persönlicher Bedürfnisse und Neigungen eines Steuer-
pflichtigen dienen und damit Einkommensverwendung darstellen (Peter Locher, Kom-
mentar zum DBG, I. Teil, Art. 1 – 48 DBG, 2001, Art. 34 N 4).
c) Als steuermindernde Tatsachen sind Liegenschaftsunterhaltskosten von der
hierfür beweisbelasteten Steuerpflichtigen geltend zu machen, hinreichend (substanzi-
iert) darzutun und hinsichtlich Bestand und Umfang nachzuweisen. Als substanziiert
gilt eine Sachdarstellung, welche hinsichtlich Art, Motiv und Rechtsgrund alle Tatsa-
chenbehauptungen enthält, die – ohne weitere Untersuchung, aber unter Vorbehalt der
Beweiserhebung – die rechtliche Würdigung der geltend gemachten Steueraufhebung
oder -minderung erlaubt (RB 1992 Nr. 32). Überdies hat sie die zum Beweis für ihre
Darstellung erforderlichen Beweismittel einzureichen oder unter genauer Bezeichnung
zumindest anzubieten (RB 1975 Nr. 55, 1986 Nr. 49). Ergeben sich die zur Prüfung
erforderlichen Angaben und Beweismittel nicht bereits aus der Steuererklärung, obliegt
es gemäss Art. 123 DBG und § 132 StG der Steuerbehörde, die Pflichtige zur Beibrin-
gung entsprechender Auskünfte und Unterlagen aufzufordern. Die Pflichtige muss da-
bei mitwirken und alles tun, um eine vollständige und richtige Einschätzung zu ermögli-
chen (Art. 126 Abs. 1 DBG, § 135 Abs. 1 StG).
d) Wirkt die Pflichtige bei der Sachverhaltsermittlung nicht gehörig mit und ist
nicht erstellt, ob bestimmte Kosten überhaupt angefallen sind bzw. Unterhaltskosten
darstellen, führt dies bereits nach der ersten Aufforderung zur vollständigen Aufrech-
nung der geltend gemachten Kosten. Eine Mahnung ist nicht erforderlich. Ist dagegen
erwiesen, dass der Pflichtigen Unterhaltskosten erwachsen sind und ist einzig deren
Höhe ungewiss, darf ein Unterhaltskostenabzug nicht vollständig verweigert werden. In
diesem Fall sind die Liegenschaftsunterhaltskosten nach der zweiten nicht gehörig
erfüllten Mitwirkungsaufforderung (Mahnung) nach pflichtgemässem Ermessen ge-
mäss Art. 130 Abs. 2 DBG und § 139 Abs. 2 StG zu schätzen (VGr, 21. Mai 2003,
SB.2002.000015 und SB.2003.00004, www.vgrzh.ch).
http://www.vgrzh.ch/
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4. Vorliegend hat das kantonale Steueramt den geltend gemachten Hauswarts-
lohn in Höhe von Fr. 24‘372.- (inkl. Sozialversicherungsbeiträge und Versicherungs-
prämien) zu Recht nicht ungeprüft in voller Höhe bei den Liegenschaftsunterhaltskos-
ten berücksichtigt. Denn beim Empfänger handelt es sich um den Sohn der Pflichtigen,
somit um eine nahe stehende Person. Bei Rechtsgeschäften zwischen nahestehenden
Personen gilt das Prinzip der effektiven Kostenanrechnung, welches besagt, dass an-
rechenbare Aufwendungen bzw. Abzüge – vorbehältlich Steuerumgehung und gesetz-
licher Limiten – unbekümmert ihres objektiven Werts in der Höhe des tatsächlich be-
zahlten Betrags anzurechnen sind, nicht (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221 N 8
und 67). Zahlungen an nahestehende Personen können, sofern sie aufgrund ihrer Na-
tur zum Liegenschaftsunterhalt gehören und die Kosten belegt sind, nur dann in be-
zahlter Höhe vom Bruttomietertrag abgezogen werden, wenn sie einem Drittvergleich
standhalten. Mit anderen Worten ist der in Frage stehende Hauswartslohn nur dann
vollumfänglich abzugsfähig, wenn die Pflichtige einem aussenstehenden Dritten für
dieselbe Tätigkeit ebenfalls einen Lohn in dieser Höhe bezahlt hätte. Massgebend ist
somit der Marktwert der betreffenden Leistung (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, § 221
N 68).
Bei selbstbewohnten Einfamilienhäusern ist der Abschluss von Hauswartsver-
trägen schon für sich allein betrachtet ungewöhnlich. Hinzu kommt, dass die Pflichtige
ihren Sohn schon seit längerer Zeit unterstützt, weil dieser trotz aller Bemühungen kei-
ne “richtige“ Arbeitsstelle findet. Unter diesen Umständen war fraglich, ob dem Haus-
wartslohn liegenschaftsbezogene Leistungen ihres Sohnes in entsprechender Höhe
zugrunde lagen. Damit erwies es sich als zulässig und notwendig, die Pflichtige am
29. April 2010 aufzufordern, eine detaillierte, d.h. überprüfbare Aufstellung über die
vom Sohn erbrachten Leistungen einzureichen. Dieser Aufforderung ist sie trotz Mah-
nung vom 7. Juni 2010 nicht genügend nachgekommen. Zwar reichte sie 13 Fotos ein
und lieferte knappe Angaben zu den Leistungen ihres Sohnes. Danach habe er im Jahr
2008 Gartenarbeiten erledigt, vor allem Rasen gemäht und Bäume/Hecken geschnit-
ten. Ferner habe er Maurer-, Dachdecker-, Elektroarbeiten erbracht und sei für die Hei-
zungsanlage verantwortlich gewesen. Anhand dieser nicht detaillierten Sachdarstellung
lässt sich jedoch der Marktwert der vom Sohn erbrachten Unterhaltsarbeiten nicht
überprüfen. Die Fotos sind gänzlich beweisuntauglich, da sich daraus das Datum
(Jahr) der Vornahme der betreffenden Leistungen nicht ergibt. Da die Pflichtige Auflage
und Mahnung, die vorschriftsgemäss unter Androhung der gesetzlichen Säumnisfolgen
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2 DB.2011.7 2 ST.2011.9
und Anfechtungserschwernisse ergingen (T-act. 20 und 22), nicht erfüllte, blieb dem
kantonalen Steueramt gar keine andere Wahl, als die abzugsfähigen Liegenschaftsun-
terhaltskosten – unter Berücksichtigung der belegten Kosten für Leistungen aussen-
stehender Dritter – nach pflichtgemässem Ermessen gemäss Art. 130 Abs. 2 DGB und
§ 139 Abs. 2 StG zu schätzen. Es berücksichtigte dabei Unterhalts- und Verwaltungs-
kosten von insgesamt Fr. 17‘151. Dabei entfielen Fr. 7‘000.- für die vom Sohn erbrach-
ten Leistungen.
Im Einspracheverfahren hielt das kantonale Steueramt zu Recht an seiner Er-
messenseinschätzung fest, da die detaillierten Angaben über die Leistungen ihres
Sohnes in der Einsprache weiterhin fehlten.
5. a) Eine zu Recht ergangene Ermessenseinschätzung kann der Steuerpflich-
tige laut Art. 132 Abs. 3 DBG und § 140 Abs. 2 StG einzig wegen offensichtlicher Un-
richtigkeit anfechten. Diese Norm beinhaltet eine Kognitionsbeschränkung der Prü-
fungsinstanzen. Letztere können eine zu Recht getroffene Ermessenseinschätzung
bzw. -veranlagung nur aufheben, wenn sie sich als offensichtlich falsch erweist (so im
Ergebnis Martin Zweifel, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2b,
2. A., 2008, Art. 130 N 33 DBG). Den entsprechenden Nachweis kann der Steuerpflich-
tige auf zwei Arten erbringen (Martin Zweifel, in: Kommentar zum Schweizerischen
Steuerrecht, Band I/1, 2. A., 2002, Art. 48 N 46 ff. StHG, auch zum Folgenden): Vorab
kann er den tatsächlichen Sachverhalt dartun und den entsprechenden Nachweis leis-
ten, mit der Folge, dass die im Streit stehende Ermessenseinschätzung durch eine
ordentliche Einschätzung ersetzt wird und die Steuerfaktoren nach den für "gewöhnli-
che" Einschätzungen geltenden Regeln ermittelt werden. Ist die Ermessensveranla-
gung Folge einer versäumten Mitwirkungspflicht, so muss der Steuerpflichtige dabei
insbesondere die versäumten Handlungen innerhalb der Rechtsmittelfrist nachholen
(RB 1999 Nr. 150).
Ist dieser Nachweis nicht möglich oder misslingt er, kann der Steuerpflichtige
sodann noch darlegen und nachweisen, dass die angefochtene Einschätzung offen-
sichtlich unrichtig (namentlich zu hoch) ist. Als offensichtlich unrichtig erweist sich eine
Schätzung dann, wenn sie sachlich nicht begründbar (z.B. erkennbar pönal oder fiska-
lisch begründet) ist, sich auf sachwidrige Schätzungsgrundlagen, -methoden oder
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2 DB.2011.7 2 ST.2011.9
-hilfsmittel stützt oder sonst wie mit den konkreten aktenkundigen Verhältnissen auf-
grund der Lebenserfahrung vernünftigerweise nicht vereinbar ist (Zweifel, Art. 48 N 59
StHG, mit Hinweisen). Ist dieser Nachweis geleistet, bleibt es zwar bei einer Ermes-
senseinschätzung, doch wird die angefochtene durch eine neue (tiefere) Schätzung
der Rechtsmittelinstanz ersetzt.
b) Im Beschwerde- und Rekursverfahren betreffend eine Ermessenseinschät-
zung sind dem Steuerrekursgericht weitere Untersuchungen verwehrt. Es hat vielmehr
bei seiner eingeschränkten Überprüfung des angefochtenen Entscheids auf offensicht-
liche Unrichtigkeit hin nur jene im Zeitpunkt der Entscheidfällung vorhandenen Schrift-
stücke zu berücksichtigen, welche den behaupteten Sachverhalt sofort beweisen oder
zumindest als sehr wahrscheinlich erscheinen lassen (VGr, 27. Mai 1986, SB 10/1986
und 11. September 1986, SB 38/1986; Martin Zweifel, Die Sachverhaltsermittlung im
Steuerveranlagungsverfahren, 1989, S. 144).
6. a) Die Pflichtige lieferte auch im Beschwerde-/Rekursverfahren keine detail-
lierten Angaben zu den Leistungen ihres Sohnes. Bei der Anfechtung einer zu Recht
ergangenen Ermessensveranlagung ist ihr Angebot, die Leistungen ihres Sohnes im
Rahmen einer persönlichen Besprechung vor dem Steuerrekursgericht näher darzule-
gen, nicht zulässig (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 132 N 57 DBG und § 140 N 67
StG). Die Anfechtung einer Ermessensveranlagung verlangt eine qualifizierte schriftli-
che Begründung, die den bisher ungewiss gebliebenen Sachverhalt erhellen muss und
dementsprechend substanziiert auszufallen hat (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Art. 132 N 57 und § 140 N 67). Diese Begründung (inkl. Nennung der Beweismittel) hat
innerhalb der jeweiligen Rechtsmittelfristen zu erfolgen. Nach Ablauf dieser Frist kann
die Begründung nicht mehr nachgebracht werden (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Art. 132 N 60 und § 140 N 72). Somit ist an den Ermessensveranlagungen weiterhin
festzuhalten und kann das Steuerrekursgericht die Schätzung lediglich noch hinsicht-
lich ihrer Höhe auf offensichtliche Unrichtigkeit überprüfen.
b) Diesbezüglich erweist sich die Schätzung des kantonalen Steueramts
nicht als willkürlich. Denn solange eine detaillierte Sachdarstellung über die vom Sohn
im Einzelnen erbrachten Gärtner- und Handwerkerleistungen, unter Angabe des Zeit-
punkts der Verrichtung, des dabei verwendeten Materials (Art, Menge, Ausmasse) und
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2 DB.2011.7 2 ST.2011.9
der aufgewendeten Arbeitszeit fehlt, besteht kein Anlass, von der Schätzung abzuwei-
chen. Mit Ausnahme von Gartenarbeiten, die üblicherweise jährlich anfallen, steht nicht
fest, dass die übrigen Arbeiten wie Dachreparaturen, Dachkanäle säubern, Ziegel er-
setzen, Estrich und Keller isolieren, die Montage einer neuen Treppenhausbeleuchtung
und weitere Elektroarbeiten im Jahr 2008 erfolgten. Materialrechnungen, die bei Isola-
tions- und Elektroarbeiten üblicherweise anfallen und welche die Erbringung dieser
Leistungen im Jahr 2008 hätten belegen können, sind nicht geltend gemacht worden.
Bei dieser Sachlage wäre das Steueramt auch bei einer tieferen Schätzung nicht in
Willkür verfallen.
Somit sind Beschwerde und Rekurs abzuweisen.
7. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten der Pflichtigen
aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,011 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
5f8ab2fd-a700-4716-9c8c-afd75dd67a1e | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend die Pflichtigen) waren vom ... ... 1979 bis ... ... 1999
Eigentümer des selbstbewohnten Einfamilienhauses ... in E (Kat.Nr. ...). Die Grund-
stückgewinnsteuer auf dem Gewinn von Fr. 263'881.- wurde aufgeschoben, weil die
Pflichtigen den Erlös von Fr. 870'000.- vollumfänglich zum Erwerb eines Zweifamilien-
hauses ... in D (Kat.Nr. ...) verwendeten. Der Erwerb der entsprechend zu überbauen-
den Landparzelle mit Anlagekosten von Fr. 1'486'288.- (für die selbst bewohnte 7-
Zimmerwohnung) und Fr. 683'694.- (für die vom erwachsenen Sohn bewohnte 3 1⁄2-
Zimmer-Einliegerwohnung [nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens]) erfolgte
am .... ... 1998. In der Folge nutzten die Pflichtigen die
7-Zimmerwohnung bis zum Bezug einer weiteren Ersatzliegenschaft ... in F im Mai
2012 selbst.
Nach Begründung von Stockwerkeigentum veräusserten die Pflichtigen am
.... ... 2012 320/1000 Miteigentum an der Liegenschaft ... in D mit Sonderrecht an der
3 1⁄2-Zimmer-Einliegerwohnung zum Preis von Fr. 950'000.- an ihren Sohn G und des-
sen Lebenspartnerin H. Die selbstbewohnte 7-Zimmer-Wohnung veräusserten sie am
.... ... 2012 zum Preis von Fr. 2'200'000.- an die Ehegatten I. Den Erlös für das letztere
Objekt verwendeten sie zum Erwerb einer weiteren Ersatzliegenschaft ... in F. Die
Handänderung erfolgte am .... ... 2012. Gemäss Aufstellung vom .... Oktober 2012
betrugen die Anlagekosten Fr. 1'437'104.-.
Mit Veranlagungsentscheid vom 28. Mai 2013 auferlegte der Finanzausschuss
der Gemeinde D den Veräusserern zufolge Verkauf der selbstbewohnten
7-Zimmer-Wohnung eine Grundstückgewinnsteuer von Fr. 195'164.80 bei einem steu-
erbaren Gewinn von Fr. 713'700.-, wobei die Besitzesdauer – berechnet ab Erwerb des
Ersatzobjekts ... in D – auf 13 Jahre bemessen wurde. Zudem wurde im Entscheid
vermerkt, dass der Steueraufschub aus dem Verkauf der Liegenschaft ... in E fortbe-
stehe.
B. Die u.a. gegen den Einspracheentscheid betreffend die Handänderung an
die Ehegatten I (GR-Nr. .../...) erhobene Einsprache wies der Finanzausschuss der
Gemeinde D mit Entscheid vom 9. September 2014 ab.
2 GR.2014.35
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C. Mit Rekurs vom 13. Oktober 2014 liessen die Pflichtigen dem
Steuerrekursgericht beantragen, den oben genannten Einspracheentscheid aufzuhe-
ben und anstelle des berücksichtigten Besitzesdauerrabatts von 29% (13 Jahre Besit-
zesdauer) die volle/anteilige Entlastung von 50% und 29% gemäss der Aargauer Steu-
erpraxis zu gewähren. Dementsprechend sei die Grundstückgewinnsteuer
von Fr. 195'164.80 auf Fr. 159'318.- herabzusetzen. Weiter sei ihnen das rechtliche
Gehör hinsichtlich der Anwendung des proportionalen Besitzesdauerabzugs nach Aar-
gauer Steuerpraxis zu gewähren und die Schlussabrechnung (Verrechnung des Depo-
situms) entsprechend anzupassen.
In der Rekursantwort vom 2. Dezember 2014 schloss der Finanzausschuss
der Gemeinde D auf Abweisung des Rekurses.
Auf die Parteivorbringen wird, soweit rechtserheblich, in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Der verfahrensrechtliche Antrag, den Pflichtigen das rechtliche Gehör hin-
sichtlich der Aargauer Steuerpraxis betreffend Berechnung des Besitzesdauerabzugs
bei mehrstufigen Ersatzbeschaffungen zu gewähren, stösst ins Leere, da die Pflichti-
gen die Aargauer Regelung selbst ins Verfahren eingebracht haben. Bei dieser Sach-
lage erübrigt sich eine Anhörung der Pflichtigen zu diesem Thema. Im Übrigen wies
der Einspracheentscheid hinsichtlich der Ablehnung der Aargauer Praxis eine knappe,
aber genügende Begründung auf. Die fehlende Begründung im Veranlagungsentscheid
wurde im Einspracheverfahren geheilt. Dementsprechend waren die Pflichtigen in der
Lage, sich mit sachbezogenen Argumenten gegen die anderslautende Begründung im
Einspracheentscheid zur Wehr zu setzen. Ob sich die Begründung der Rekursgegnerin
als richtig erweist, ist unter dem Aspekt der Wahrung des rechtlichen Gehörs unmass-
geblich.
2 GR.2014.35
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2. Für Steuerbezugsfragen (Schlussabrechnung, Verzinsung des Depots etc.)
ist das Steuerrekursgericht sachlich nicht zuständig. Hierfür ist erstinstanzlich allein
das Gemeindesteueramt zuständig (§ 46 der Verordnung zum Steuergesetz vom
1. April 1998 i.V.m. § 206 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 [StG]). Somit ist auf
den Antrag der Pflichtigen, die Schlussabrechnung entsprechend dem Ausgang des
Verfahrens anzupassen, nicht einzutreten.
3. Die Grundstückgewinnsteuer wird gemäss § 216 Abs. 1 StG von den Ge-
winnen erhoben, die sich bei Handänderungen an Grundstücken oder Anteilen von
solchen ergeben.
a) Gemäss Art. 12 Abs. 3 lit. e des Bundesgesetzes über die Harmonisierung
der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 (StHG)
und § 216 Abs. 3 lit. i StG wird die Steuer aufgeschoben bei Veräusserung einer dau-
ernd und ausschliesslich selbstgenutzten Wohnliegenschaft (Einfamilienhaus oder Ei-
gentumswohnung), soweit der Erlös innert angemessener Frist zum Erwerb oder zum
Bau einer gleich genutzten Ersatzliegenschaft im Kanton verwendet wird. Bei einer
bloss teilweisen Reinvestition des Erlöses ist der Steueraufschub anteilsmässig zu
gewähren. Der Umfang des Steueraufschubs ist dabei nach der so genannten absolu-
ten Methode zu ermitteln (BGE 130 II 202). Nach dieser Methode wird der bei der Ver-
äusserung erzielte Grundstückgewinn soweit nicht besteuert, als der Gewinn ganz oder
teilweise reinvestiert wird. Dabei erfolgt die steuerlich privilegierte Reinvestition vorab
aus den freigewordenen Anlagekosten des ersetzten Objekts. Der aufgeschobene
Grundstückgewinn entspricht der Differenz zwischen den bisherigen Anlagekosten und
den höheren Reinvestitionskosten. Liegen die Reinvestitionskosten unter den Anlage-
kosten des ersetzten Objekts, kann kein Steueraufschub gewährt werden.
b) Gemäss § 225 Abs. 3 StG wird die gemäss § 225 Abs. 1 StG berechnete
Grundstückgewinnsteuer bei einer Besitzesdauer über 5 Jahren gestaffelt – je nach
Anzahl der vollen Jahre – zwischen 5% und 50% ermässigt. Massgebend für die Be-
rechnung des Gewinns und der Besitzesdauer ist die letzte Handänderung (§ 219
Abs. 2 StG). Alle Handänderungen, die früher zu einem Steueraufschub im Sinn von
§ 216 Abs. 3 StG geführt haben, fallen als massgebende "letzte Handänderung" aus-
ser Betracht (§ 219 Abs. 3 und 4 StG; Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum
Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 219 N 39). Bei Ersatzbeschaffungen gemäss
2 GR.2014.35
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§ 216 Abs. 3 StG ist somit auf den Erwerb der bei dieser Handänderung veräusserten
Grundstücke abzustellen (§ 219 Abs. 4 StG). Die Handänderung, bei welcher das Er-
satzobjekt erworben wurde, wird als nicht geschehen betrachtet (Felix Richner, Ersatz-
beschaffung von selbstgenutztem Wohneigentum [Teil II], ZStP 2010, 283). Eine geteil-
te Anrechnung der Besitzesdauer findet aufgrund dieser gesetzlichen Regelung nicht
statt.
4. Vorliegend ist streitig, welches die massgebende Besitzesdauer ist, nach-
dem die Pflichtigen die Liegenschaft in D am ... ... 1998 in steuerprivilegierter Weise
als Ersatz für ihren am ... ... 1979 erworbenen und am .... ... 1999 veräusserten Altbe-
sitz in E erworben haben.
a) Die Rekursgegnerin vertritt die Auffassung, dass die Besitzesdauer für die
Liegenschaft in D auf 13 volle Jahre (... ... 1998 bis ... ... 2012) zu bemessen sei. Sie
stützt sich dabei auf das Rundschreiben der Finanzdirektion an die Gemeinden über
den Aufschub der Grundstückgewinnsteuer bei Ersatzbeschaffung einer dauernd
und ausschliesslich selbstgenutzten Wohnliegenschaft vom 31. März 2014 (ZStB
Nr. 37/461; Rundschreiben). Zudem beruft sie sich auf eine interne, nicht publizierte
Regelung des Verbands der Gemeindesteuerämter des Kantons Zürich (VGS) vom
2. Juli 2014. Diese halte im Musterfall Nr. 19, welcher der vorliegenden Konstellation
entspreche, fest, dass sich die Bemessung der Besitzesdauer von 13 Jahren im vorlie-
genden Fall als richtig erweise.
b) Entgegen der Auffassung der Rekursgegnerin ist jedoch im erwähnten
Rundschreiben keine Bestimmung zu finden, die vorschreibt, dass bei Veräusserung
eines Ersatzobjekts nach Ablauf von fünf Jahren seit der Handänderung am ursprüng-
lichen Grundstück (mit Steueraufschub) bei der Veranlagung der Grundstückge-
winnsteuer für das Ersatzobjekt die Besitzesdauer ohne Anrechnung der Besitzesdau-
er des ursprünglichen Grundstücks zu bemessen sei. Im Gegenteil sieht das
Rundschreiben beim Verkauf des Ersatzobjekts nach fünf Jahren – im Einklang mit der
gesetzlichen Regelung – vor, dass die Besitzesdauer in Anwendung von § 219 Abs. 4
StG, d. h. vom Erwerb des ursprünglichen Grundstücks an bis zum Verkauf des Er-
satzobjekts zu ermitteln sei (Rz 26 und 27). Das ursprüngliche und das Ersatzgrund-
stück werden quasi als eine Einheit betrachtet. Es verhält sich also nicht so wie bei der
Veräusserung von zu verschiedenen Zeitpunkten erworbenen Grundstücken, bei wel-
2 GR.2014.35
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chem die Teilgewinne zunächst gemäss § 223 StG je gesondert zu ermitteln sind, her-
nach die Grundstückgewinnsteuer nach § 225 Abs. 1 StG vom Gesamtgewinn zu be-
rechnen ist und diese nach Massgabe der Teilgewinne auf die einzelnen Grundstücke
aufzuteilen ist und schliesslich von diesen Bruttosteuerteilbeträgen – je nach Besitzes-
dauer der einzelnen Grundstücke – die entsprechende Ermässigung (bzw. der Zu-
schlag) abzuziehen resp. hinzuzurechnen ist (Richner, 290 f.). Diese Regelung gilt auf-
grund der allgemeinen Regel von § 219 Abs. 4 StG auch in Fällen, bei welchen
anlässlich des Erwerbs des Ersatzgrundstücks infolge teilweiser Erlösverwendung nur
ein teilweiser Steueraufschub gewährt wurde (Richner, 300). Für den seinerzeit be-
steuerten Teilgewinn auf dem ursprünglichen Eigenheim bemisst sich die Besitzesdau-
er nach Massgabe der effektiven Eigentumsdauer. Für den aufgeschobenen Gewinn,
der – ohne erneute Ersatzbeschaffung – von den Anlagekosten des Ersatzobjekts ab-
zuziehen ist, bemisst sich die Besitzesdauer vom Erwerb des ursprünglichen Eigen-
heims bis zur Veräusserung des Ersatzobjekts.
Anders verhält es sich nach Zürcher Praxis bei Ersatzgrundstücken, die innert
fünf Jahren seit Handänderung am ursprünglichen Grundstück veräussert werden,
ohne dass erneut eine Ersatzbeschaffung stattfindet. In diesem Fall wird die Grund-
stückgewinnsteuer berechnet, wie wenn nie eine Ersatzbeschaffung erfolgt wäre. Der
aufgeschobene Grundstückgewinn wird von der Gemeinde am Lageort des ursprüngli-
chen Grundstücks im Nachsteuerverfahren nachveranlagt (Rundschreiben, Rz 22 ff. für
innerkantonale Ersatzgrundstücke, Rz 29 ff. für ausserkantonale Ersatzgrundstücke).
Weil der Steueraufschub als aufgehoben betrachtet wird, ermittelt die Gemeinde am
Lageort des Ersatzgrundstücks, soweit im Kanton Zürich gelegen, einzig den Gewinn
auf dem Ersatzgrundstück, wobei für die Bemessung der Besitzesdauer einzig auf den
Erwerb und die Veräusserung des Ersatzgrundstücks abgestellt wird (siehe Beispiele
in Rz 23 und 24). Falls sich die Rekursgegnerin auf diese Regelung bezieht, kommt
diese im vorliegenden Fall aber nicht zum Zug, weil das Ersatzgrundstück in D nicht
innert fünf Jahren, sondern erst nach Ablauf von 13 Jahren seit der Handänderung am
ursprünglichen Grundstück in E veräussert worden ist.
Folgedessen ist die Besitzesdauer im vorliegenden Fall, weil das Ersatzobjekt
nach Ablauf von fünf Jahren veräussert wurde, in Anwendung von § 219 Abs. 2 und 4
StG zu ermitteln (Rz 26). Weil die Grundstückgewinnsteuer bei der Veräusserung des
ursprünglichen Eigenheims in E aufgeschoben wurde und aufgrund erneuter Ersatzbe-
schaffung in F aufgeschoben bleibt, gilt als letzte massgebende Handänderung der
2 GR.2014.35
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Erwerb der Liegenschaft ... in E vom .... ... 1979. Diese Regelung wurde im erwähnten
Rundschreiben korrekturlos übernommen (Rz 27). Zwar bezieht sich das dort aufge-
führte Berechnungsbeispiel auf eine Veräusserung des Ersatzobjekts ohne erneute
Ersatzbeschaffung. Die gesetzliche Regelung, dass alle Handänderungen, die zu ei-
nem Steueraufschub i.S. von § 216 Abs. 3 StG als massgebende letzte Handänderung
i.S. von § 219 Abs. 2 StG ausser Betracht fallen, gilt jedoch auch bei mehrfachen Er-
satzbeschaffungen, wobei nach der neueren Rechtsprechung auch kurzfristige Kaska-
denersatzbeschaffungen steuerlich privilegiert sind, sofern sie nicht rechtsmissbräuch-
lich erfolgen (VGr, 14. März 2012, SB.2011.00154, www.vgrzh.ch). Zudem findet diese
Regelung auch Anwendung, wenn die steuerpflichtige Person nacheinander verschie-
denartige Steueraufschubstatbestände verwirklicht.
c) Dem Vorstandsbeschluss des Verbands der Gemeindesteuerämter (VGS)
vom 2. Juli 2014 und dem damit erlassenen Merkblatt, das die Anwendung von Spezi-
alfällen regelt, kommt keine verbindliche Wirkung zu, weil es sich hierbei nicht um eine
Regelung auf Gesetzes- oder Verordnungsstufe, sondern um die Empfehlung eines
privatrechtlich organisierten Vereins handelt. Diese richtet sich einzig an seine Mitglie-
der (Gemeindesteuerämter) und ist nirgendwo publiziert. Zwar steht einer Anwendung
dieser Verbandsempfehlungen nichts im Weg, sofern sie eine einheitliche, gleichmäs-
sige und sachrichtige Praxis zu einer auslegungsbedürftigen gesetzlichen Bestimmung
sicherstellen. Im vorliegenden Fall ist jedoch die gesetzliche Regelung von § 219
Abs. 4 StG in Verbindung mit Abs. 2 StG, welche die massgebende Besitzesdauer bei
der Veräusserung eines Ersatzobjekts definiert, derart klar, dass sich eine Nichtan-
wendung dieser gesetzlichen Regelung im vorliegenden Fall als gesetzwidrig erweist.
Die Pflichtigen haben das ursprüngliche Eigenheim in E und das Ersatzobjekt in D
(7-Zimmerwohnung) immer selbst bewohnt, so dass beim Erwerb des letzteren Objekts
infolge vollständiger Erlösverwendung zu Recht ein Steueraufschub infolge Ersatzbe-
schaffung gewährt wurde. Folgerichtig muss beim Verkauf des Ersatzobjekts aufgrund
der gesetzlichen Regel von § 219 Abs. 2 und 4 StG die Besitzesdauer der Liegenschaft
... in E mitberücksichtigt werden. Es kann für die Bemessung der Besitzesdauer bei
der Veräusserung des Ersatzobjekts in D nicht darauf ankommen, ob die Pflichtigen
erneut eine Ersatzbeschaffung getätigt haben bzw. ob im Falle einer erneuten Ersatz-
beschaffung mit nur teilweiser Erlösverwendung die Voraussetzungen für einen erneu-
ten Steueraufschub gegeben sind. Die Nichtberücksichtigung der Besitzesdauer der
ursprünglichen Liegenschaft in E erweist sich somit als gesetzwidrig.
2 GR.2014.35
http://www.vgrzh.ch/
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d) Zu prüfen bleibt, ob gemäss dem Antrag der Pflichtigen beim Verkauf des
Ersatzobjekts eine geteilte Berechnung der Besitzesdauer nach Aargauer Steuerpraxis
vorzunehmen sei.
aa) Das Aargauer Steuergesetz sieht für den Fall, dass das veräusserte Er-
satzgrundstück aufgrund einer steueraufschiebenden Veräusserung erworben worden
ist, vor, dass die Besitzdauer ab der letzten steuerbegründenden Veräusserung
(Grundstückgewinn-, Gewinn- oder Einkommenssteuer oder gleichartige ausserkanto-
nale Steuer) berechnet wird (§ 110 Abs. 2 Satz 1 StG AG). Erfolgte der Erwerb durch
Ersatzbeschaffung nur teilweise mit reinvestierten Mitteln, wird die längere Besitzdauer
anteilmässig in der Höhe dieser reinvestierten Mittel angerechnet in (§ 110 Abs. 2 Satz
2 StG AG). Eine geteilte Berechnung der Besitzesdauer kennen auch die Steuergeset-
ze der Kantone Bern (Art. 144 Abs. 3 StG BE) und Schwyz (§ 121 Abs. 3 StG SZ). An-
dere Kantone (z.B. Freiburg und Graubünden) sehen eine geteilte Berechnung der
Besitzesdauer ohne gesetzliche Grundlage vor. Wiederum andere Kantone (u.a. SG,
LU, SH, SO) bemessen die Besitzesdauer wie der Kanton Zürich von der letzten steu-
erbaren Handänderung an bis zum Verkauf des Ersatzobjekts (Art. 141 Abs. 3 StG SG,
§ 24 Abs. 3 GGStG LU, Art. 119 Abs. 3 und 4 StG SH, § 51 Abs. 3 StG SO). Das
Steuerharmonisierungsgesetz macht den Kantonen hinsichtlich der Bemessung der
Besitzesdauer keine Vorgaben, so dass den Kantonen diesbezüglich ein grosser Ges-
taltungsspielraum verbleibt.
bb) Für eine geteilte Berechnung der Besitzesdauer sprechen gute Gründe,
da der Steueraufschub nur hinsichtlich der aufgeschobenen Gewinne aus vorangehen-
den Veräusserungen Wirkung entfaltet und bei Ersatzbeschaffungen häufig in grössere
und teurere Objekte reinvestiert wird, bei deren Verkauf unterschiedlich hohe Gewinne
anfallen. Mit der geteilten Berechnung der Besitzesdauer kann sichergestellt werden,
dass später erzielte Teilgewinne (Erlös abzüglich die um den aufgeschobenen Gewinn
gekürzten Anlagekosten) aus der Veräusserung von Ersatzobjekten höher besteuert
werden, indem bezüglich der auf den Ersatzliegenschaften erzielten Teilgewinnen der
Besitzesdauerabzug erst vom Zeitpunkt ihres Erwerbs an gewährt wird.
cc) Wie erwähnt (E. 3b) sieht jedoch das zürcherische Steuergesetz bei der
Veräusserung eines Eigenheims nach Steueraufschub infolge Ersatzbeschaffung zu-
lässigerweise keine geteilte Berechnung der Besitzesdauer vor, obwohl ihm die Prob-
lematik bekannt sein musste, dass bei der mehrfachen Veräusserung von Liegenschaf-
2 GR.2014.35
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ten üblicherweise Gewinne anfallen, die unter Umständen nicht bei der Erstliegen-
schaft, sondern erst bei der Veräusserung von Ersatzobjekten erzielt werden. Vor die-
sem Hintergrund kann nicht angenommen werden, der Gesetzgeber habe eine sich
unvermeidlich stellende Frage nicht beantwortet, welche (echte) Lücke vom Richter in
analoger Anwendung von Art. 1 Abs. 2 ZGB zu schliessen wäre (Imboden/Rhinow,
Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. A, Nr. 23 B. Ia). Der Gesetzgeber hat
hinsichtlich der Berechnung der Besitzesdauer bei der Veräusserung von Ersatzobjek-
ten (nach Steueraufschub) vielmehr eine Regelung getroffen, die jedoch im vorliegen-
den Fall nicht restlos zu befriedigen vermag, da bei der Veräusserung des Ersatzob-
jekts in D ein hoher Gewinn erzielt wurde und die Gewährung der längeren
Besitzesdauer (ab Erwerb der Erstliegenschaft) den wirklichen Verhältnissen nicht voll-
umfänglich gerecht wird. Unter diesen Umständen spricht man von einer so genannten
unechten Lücke, deren Ausfüllung dem Richter versagt ist (Imboden/Rhinow, Nr. 23 B.
Ib). Damit besteht kein Grund, entgegen dem Wortlaut des Gesetzes die Besitzesdauer
nach der Aargauer Steuerpraxis zu berechnen.
5. Aufgrund der vorstehenden Ausführungen ist der Rekurs im Sinn der Erwä-
gungen gutzuheissen und die Grundstückgewinnsteuer gemäss folgender Berechnung
von Fr. 195'165.- auf Fr. 137'440.- herabzusetzen.
Anlagekosten Erwerbspreisanteil vom ...1998
432'480 Baukosten-Anteil
993'013
wertvermehrende Aufwendungen
18'532 Mäklerprovision beim Verkauf
30'000
Insertionskosten
3'218 Handänderungskosten beim Erwerb
5'104
Handänderungskosten beim Verkauf
3'941
Gesamte Anlagekosten
1'486'288
Erlös
2'200'000
Grundstückgewinn
713'712
Steueraufschub infolge Ersatzbeschaffung bei nur teilweiser :
Ersatzbeschaffungskosten (Reinvestierte Kosten)
1'437'104
./. Gesamte Anlagekosten Übertrag von oben 1'486'288
2 GR.2014.35
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Aufgeschobener Grundstückgewinn
0
steuerbarer Grundstückgewinn
713'712 Massgebender steuerpflichtiger Grundstückgewinn abgerundet
713'700
Grundstückgewinnsteuer gemäss § 225 Abs. 1 StG
274'880
Zuschlag/Ermässigung nach § 225 Abs. 2 und 3 StG Ermässigung 50%
-137'440
Steuerbetrag
137'440
6. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Kosten des Rekursverfahrens der
Rekursgegnerin aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
5fb05877-41c6-4eeb-8077-8bb523da6811 | hat sich ergeben:
A. A (nachfolgend der Pflichtige bzw. zusammen mit seiner Ehefrau B die
Pflichtigen) war in der hier betroffenen Steuerperiode 2011 zunächst Verwaltungsrat
(bis 11. April) und danach CEO der C SA. Verbunden mit der Neuanstellung als CEO
war dabei der erstmalige Anschluss an die Pensionskasse der C SA.
Im Veranlagungs- und Einschätzungsverfahren der Steuerperiode 2011 kam
es u.a. zum Streit über die Höhe der abzugsfähigen Beiträge an die Säule 3a, welche
der Pflichtige per 2011 geleistet hatte. Die Pflichtigen beanspruchten gemäss ihrer De-
klaration für die Zeit der Verwaltungsratstätigkeit den "grossen Abzug" (für Steuer-
pflichtige ohne Pensionskassenanschluss) von 20% der Erwerbseinkünfte sowie für die
Zeit der CEO-Tätigkeit zusätzlich den jährlich betragsmässig vorgegeben "kleinen Ab-
zug" (für Steuerpflichtige mit Pensionskassenanschluss), total also Fr. 16'840.- zuzüg-
lich Fr. 6'682.- = Fr. 23'522.-. Derweil ging der Steuerkommissär davon aus, dass nur
der "kleine Abzug" gewährt werden könne, weil der Pflichtige per 2011 einer Pensions-
kasse angeschlossen und ein "Splitting des unselbstständigen Erwerbseinkommens"
nicht zulässig gewesen sei. Mit Veranlagungsverfügung bzw. Einschätzungsentscheid
vom 1. Juli 2013 nahm er eine entsprechende Kürzung der Säule 3a-Beiträge vor bzw.
erhöhte er das deklarierte steuerbare Einkommen entsprechend um Fr. 16'840.-. Im
Bereich der Staats- und Gemeindesteuer brachte er zudem auch Korrekturen in Bezug
auf die Vermögensdeklaration an; dabei ging es um die Höherbewertung von Beteili-
gungen im Umfang von gut Fr. 2 Mio.
B. Die hiergegen am 29. Juli 2013 erhobenen Einsprachen, mit welchen sich
die Pflichtigen gegen sämtliche Aufrechnungen wandten, wurden vom kantonalen
Steueramt mit Entscheiden vom 19. Februar 2015 in Bezug auf Einkommenssteuerfak-
toren abgewiesen; teilweise gutgeheissen wurde im Bereich der Staats- und Gemein-
desteuern der Antrag betreffend die Reduktion des steuerbaren Vermögens. Im Ergeb-
nis wurden die Steuerfaktoren für die Steuerperiode 2011 wie folgt festgesetzt:
- 3 -
1 DB.2015.59 1 ST.2015.77
Direkte Bundessteuer Staats- und Gemeindesteuern
Fr. Fr.
Steuerbares Einkommen 369'300.- 368'800.-
Satzbestimmendes Einkommen 369'300.- 368'800.-
Steuerbares Vermögen 12'626'000.-
Satzbestimmendes Vermögen 12'873'000.-.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 25. März 2015 liessen die Pflichtigen be-
antragen, die deklarierten Beiträge an die Säule 3a von Fr. 23'522.- einkommensseitig
vollumfänglich zum Abzug zuzulassen. In Bezug auf die Staats- und Gemeindesteuern
wurde zudem der Antrag gestellt, vermögensseitig eine Schuld des Pflichtigen von
Fr. 1'998'520.- gegenüber der D Holding AG in Liquidation (nachfolgend D Liq.) steu-
ermindernd zu berücksichtigen. Verlangt wurden zudem Parteientschädigungen.
Das kantonale Steueramt schloss mit Vernehmlassung vom 27. April 2015 auf
Abweisung der Rechtsmittel; betreffend die Beschwerde stellte die Eidgenössische
Steuerverwaltung (ESTV) in ihrer Stellungnahme vom 15. Mai 2015 ebenfalls Antrag
auf Abweisung. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Gemäss Art. 82 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-,
Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 25. Juni 1982 (BVG) können Arbeitnehmer
und Selbstständigerwerbende Beiträge für (neben Vorsorgeeinrichtungen der 2. Säule)
weitere, ausschliesslich und unwiderruflich der beruflichen Vorsorge dienende, aner-
kannte Vorsorgeformen abziehen. Der Bundesrat legt in Zusammenarbeit mit den Kan-
tonen die anerkannten Vorsorgeformen und die (steuerliche) Abzugsberechtigung für
Beiträge fest (Abs. 2).
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1 DB.2015.59 1 ST.2015.77
b) Entsprechend dieser Bestimmung sieht Art. 33 Abs.1 lit. e des Bundesge-
setzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) vor, dass von
den Einkünften Einlagen, Prämien und Beiträge zum Erwerb von vertraglichen Ansprü-
chen aus anerkannten Formen der gebundenen Selbstvorsorge abgezogen werden;
der Bundesrat setzt in Zusammenarbeit mit den Kantonen die anerkannten Vorsorge-
formen und die Höhe der abzugsfähigen Beiträge fest. Für das kantonale Recht wer-
den gemäss § 31 Abs. 1 lit. e des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) ebenfalls
Einlagen, Prämien und Beiträge zum Erwerb von vertraglichen Ansprüchen aus aner-
kannten Formen der gebundenen Selbstvorsorge im Sinn und im Umfang von Art. 82
BVG vom steuerbaren Einkommen abgezogen.
c) Von der ihm eingeräumten Kompetenz hat der Bundesrat u.a. in der Ver-
ordnung über die steuerliche Abzugsberechtigung für Beiträge an anerkannte Vorsor-
geformen vom 13. November 1985 (BVV 3) Gebrauch gemacht und in Art. 7 Abs. 1
BVV 3 u.a. bestimmt, dass Arbeitnehmer und Selbstständigerwerbende Beiträge in
folgendem Umfang von ihrem Einkommen abziehen können:
lit. a) jährlich bis 8% des oberen Grenzbetrags nach Art. 8 Abs. 1 BVG, wenn
sie einer Vorsorgeeinrichtung nach Art. 80 BVG angehören;
lit. b) jährlich bis 20% des Erwerbseinkommens, jedoch höchstens bis 40% des
oberen Grenzbetrages nach Art. 8 Abs. 1 BVG, wenn sie keiner Vorsorgeein-
richtung nach Art. 80 BVG angehören.
Selbstständig und unselbstständig Erwerbende, die keiner 2. Säule angehö-
ren, können demnach eine "grosse" Säule 3a im Sinn von Art. 7 Abs. 1 lit. b BVV 3
bilden. Sobald jedoch sie selbst oder ihre Arbeitgeber Beiträge an eine 2. Säule für den
Aufbau eines Vorsorgeguthabens leisten, gelten sie als einer 2. Säule angehörig und
können nur Beiträge für eine "kleine" Säule 3a einzahlen.
d) Die Unterscheidung zwischen dem "kleinen" und dem "grossen" Beitrag in
der Säule 3a bezweckt die Gleichbehandlung einerseits der Arbeitnehmer, welche im
Genuss der beruflichen Vorsorge – und der damit verbundenen Steuererleichterungen
– stehen, und für welche die Säule 3a nur eine Ergänzung bildet, und andererseits der
Personen, welche über keine berufliche Vorsorge verfügen, und denen bedeutendere
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1 DB.2015.59 1 ST.2015.77
Steuerabzüge im Rahmen der gebunden Säule 3a zugestanden werden müssen, da
diese Vorsorge einen Ersatz für die 2. Säule bildet (BGr, 22. April 1999, 2A.328/1998
E. 4 a = Pra 2000 Nr. 113, auch zum Folgenden). Die der Säule 3a zugeteilten ver-
schiedenen Funktionen – Ergänzung der 2. Säule oder deren Ersatz – bestimmen den
Umfang und die Berechnungsart der zulässigen Steuerabzüge. Nach der Rechtspre-
chung bezweckt Art. 7 BVV 3 hauptsächlich die Gewährleistung einer gleichmässigen
Versicherung für Selbstständigerwerbende und Arbeitnehmer, die sowohl in der 2. als
auch in der Säule 3a gleich behandelt werden müssen. Ausserdem sollen durch diese
Bestimmungen auch Überversicherungen vermieden werden, indem es ausgeschlos-
sen ist, über eine volle Versicherung unter vollem Prämienabzug in der 2. und in der
Säule 3a zu verfügen.
Wer im Genuss der 2. Säule steht, hat somit nur Anspruch auf einen reduzier-
ten Beitragsabzug in der Säule 3a. Als einer 2. Säule angehörig gilt dabei derjenige,
dessen berufliche Vorsorge sich im aktiven Aufbau befindet. Sobald für die 2. Säule
von irgendeiner Seite her – vom Arbeitnehmer und Arbeitgeber zusammen oder vom
Arbeitgeber allein – ein Vorsorgeguthaben geäufnet wird, ist der Betreffende als einer
2. Säule angehörig zu betrachten (Maute/Steiner/Rufener, Steuern und Versicherun-
gen, 3. A., 2011, S. 237 ff., auch zum Folgenden). Als einer 2. Säule nicht angehörig
gilt demnach, wer keiner Vorsorgeeinrichtung aktiv angeschlossen ist, d.h. dessen be-
rufliche Vorsorge nicht im aktiven Aufbau begriffen ist und für den somit kein Vorsorge-
guthaben geäufnet wird. Dieser kann demnach Beiträge für die "grosse" Säule 3a im
Sinn von Art. 7 Abs. 1 lit. b BVV 3 vom Einkommen abziehen.
2. a) Der vorliegenden Streitsache liegt zu Grunde, dass der Pflichtige im
Steuerjahr 2011 bis zum 11. April zunächst keine Beiträge in eine 2. Säule leistete,
weil er in dieser Zeit (wie übrigens schon im Vorjahr) als Verwaltungsrat der C SA tätig
war und als solcher nicht BVG-versichert war. Erst nachdem er am 12. April 2011 die
Position als CEO der C SA übernommen hatte, schloss er sich deren Pensionskasse
an, so dass auf dem Salär für das Restjahr alsdann entsprechende Beiträge in die be-
rufliche Vorsorge abgeführt wurden (vgl. Lohnausweise der C SA: 1.1.-31.12.2010 so-
wie 1.1.-11.4.2011 und 12.4.-31.12.2011).
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1 DB.2015.59 1 ST.2015.77
b) Die Pflichtigen lassen die Auffassung vertreten, dass gemäss Einschät-
zungspraxis zur Höhe der abzugsfähigen Beiträge in die Säule 3a in dieser Situation
(Wechsel zwischen "nicht BVG-versichert" und "BVG-versichert" unter dem Jahr) die
folgende "pro rata temporis-Berechnung" vorzunehmen sei:
Fr. Fr.
VR-Honorar 1.1.-11.4. 84'200.- 20% 16'840.-
(nicht BVG-versichert)
Lohn 12.4.-31.12 271'619.- (max. Beitrag 2011) 6'682.-
(BVG-versichert)
Total 23'522.-.
c) Die Einsprachebehörde hält derweil dafür, die von den Pflichtigen verfoch-
tene Kombination des "kleinen und grossen" Abzugs sei praxisgemäss nur im konkre-
ten Ausnahmefall zulässig, nämlich dann, wenn ein Steuerpflichtiger seine unselbst-
ständige Erwerbstätigkeit und damit die berufliche Vorsorge im Lauf der Steuerperiode
aufgebe, um anschliessend einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die-
se Konstellation liege hier nicht vor, habe doch der Pflichtige zunächst im Rahmen ei-
nes Auftragsverhältnisses und danach eines Arbeitsverhältnisses für die C SA gearbei-
tet, weshalb eine Gesamtbetrachtung zu erfolgen habe. Weil er sodann ab dem 12.
April 2011 Beiträge an die berufliche Vorsorge geleistet habe, könne er nur den "klei-
nen" Abzug beanspruchen.
d) Die ESTV schliesst sich in ihrer Beschwerdeantwort dieser steuerbehördli-
chen Sichtweise mit folgenden Ergänzungen/Präzisierungen an: Den Pflichtigen sei
darin zuzustimmen, dass bei einem Wechsel von einer selbstständigen zu einer un-
selbstständigen Erwerbstätigkeit oder umgekehrt während eines Kalenderjahrs sowohl
der "kleine" also auch der "grosse" Beitrag an die Säule 3a steuerlich abzugsfähig sei.
Im vorliegenden Fall wäre damit für die Abzugskombination vorauszusetzen, dass es
sich bei der Verwaltungsratstätigkeit des Pflichtigen um eine selbstständige Erwerbstä-
tigkeit handle. Letzteres sei gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung indes nicht
der Fall, weshalb nur der "kleine" Abzug zuzugestehen sei.
- 7 -
1 DB.2015.59 1 ST.2015.77
e) Die vorstehende Auffassung der ESTV basiert auf deren Kreisschreiben
Nr. 18 über die steuerliche Behandlung von Vorsorgebeiträgen und -leistungen der
Säule 3a vom 17. Juli 2008. Dieses hält in Ziff. 5.6 lit. g Folgendes fest:
"Berechnung des Abzuges beim Übergang von einer unselbständi-
gen zu einer selbständigen Erwerbstätigkeit oder umgekehrt
Während der Zeitspanne der unselbständigen Erwerbstätigkeit mit An-
schluss an eine Pensionskasse kann die steuerpflichtige Person – ein
entsprechendes Erwerbseinkommen vorausgesetzt – maximal den in Ar-
tikel 7 Absatz 1 Buchstabe a BVV 3 vorgesehenen Maximalbetrag einbe-
zahlen. Für die Zeitspanne der Selbständigkeit ohne Anschluss an eine
Pensionskasse kann die steuerpflichtige Person bis zu 20% ihres selb-
ständigen Erwerbseinkommens einbezahlen, vorausgesetzt sie schliesst
die Buchhaltung per Ende des Jahres ab. Für das betroffene Jahr kann
insgesamt (inkl. allfällige Einzahlung in die kleine Säule 3a) nicht mehr
als der in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b BVV 3 vorgesehene Maximalbe-
trag (40% des oberen Grenzbetrages nach Art. 8 Abs. 1 BVG) einbezahlt
werden. Gleich verhält es sich beim Anschluss an eine Vorsorgeeinrich-
tung infolge Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit während
des Jahres."
Zunächst ist folglich mit der ESTV die Auffassung der kantonalen Steueramts
dahingehend zu präzisieren, dass eine Kombination des "kleinen" und "grossen" Ab-
zugs bei einem Wechsel zwischen selbstständiger und unselbstständiger Erwerbstätig-
keit unter dem Jahr unabhängig davon möglich ist, in welcher Richtung dieser Wechsel
erfolgt. Der ESTV ist sodann auch darin zuzustimmen, dass den Pflichtigen die Kombi-
nation der Abzüge somit in jedem Fall zuzugestehen wäre, wenn der Pflichtige bis im
April 2011 einer selbstständigen Erwerbstätigkeit (ohne Pensionskassenanschluss)
nachgegangen wäre. Nicht haltbar ist indes deren weiterer Schluss, wonach dem nun
aber entgegenstehe, dass die Tätigkeit des Pflichtigen als Verwaltungsrat eben nicht
als selbstständige Erwerbstätigkeit qualifiziere. Letzteres trifft gemäss der von der
ESTV zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichts zwar zu (statt vieler: BGE 121 I
259, E. 3), ist im vorliegenden Zusammenhang aus den folgenden Gründen jedoch
nicht entscheidend:
aa) Nach dem bereits Gesagten (E. 1 d) werden die unterschiedlichen steuer-
lichen Abzugsmöglichkeiten gemäss Art. 7 Abs. 1 BVV 3 vom Ziel getragen, erwerbstä-
tige Steuerpflichtige, welche nach Art. 80 BVG versichert sind (lit. a) und solche, wel-
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1 DB.2015.59 1 ST.2015.77
che es nicht sind (lit. b), mit Blick auf Steuererleichterungen im Zusammenhang mit
dem Aufbau der Altersvorsorge gleich zu behandeln. Der letzteren Gruppe werden
deshalb höhere Beiträge in die freiwillige Vorsorge der Säule 3a zugestanden, weil
diese für sie ein Ersatz für die fehlende 2. Säule bildet; derweil ist für die erstere Grup-
pe die Säule 3a nur eine Ergänzung zur 2. Säule und gleicht von daher der "kleine"
Abzug den Umstand aus, dass Vorsorgebeiträge im Rahmen beider Säulen steuerlich
in Abzug gebracht werden können. Art. 7 Abs. 1 BVV 3 knüpft demzufolge nicht an die
Art der Erwerbstätigkeit an, sondern an das Bestehen eines Vorsorgeverhältnisses im
Sinn von Art. 80 BVG (2. Säule).
Dem Wortlaut von Art. 7 Abs. 1 BVV 3 kann dabei nicht entnommen werden,
zusätzliches Kriterium für die Abzugshöhe bilde, ob der Arbeitnehmer bzw. der Selbst-
ständigerwerbende die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anschluss an die
2. Säule erfülle, unabhängig davon, ob der Anschluss auch tatsächlich erfolgt sei (so
schon: StRK I, 31. Oktober 2003, 1 ST.2003.315).
bb) Als Verwaltungsrat mit einem diesbezüglichen Jahreshonorar von brutto
Fr. 300'000.- hätte der Pflichtige wohl schon vor seinem Wechsel zur CEO-Tätigkeit in
die Vorsorgestiftung der C SA aufgenommen werden müssen. Hätte er dergestalt über
das ganze Steuerjahr 2011 hinweg über einen Pensionskassenanschluss verfügt und
entsprechend steuerlich abziehbare Beiträge einbezahlt, wäre ihm darüber hinaus nur
noch der Abzug für Beiträge an die "kleine" Säule 3a zugestanden. Unstreitig hat der
Pflichtige indessen bis und mit 11. April 2011 noch keiner Vorsorgeeinrichtung der 2.
Säule angehört und hat er dementsprechend in dieser Zeit kein diesbezügliches Vor-
sorgeguthaben äufnen bzw. keine diesbezüglichen Beiträge in Abzug bringen können.
Mithin steht ihm für diese Zeit, in welcher er seine berufliche Vorsorge allein mit einer
3. Säule aufbaute, noch der grosse Abzug zu (= 20% des VR-Honorars für die Zeit
vom 1.1.-11.4.2011). Sodann ist ihm die Abzugskombination gemäss Kreisschreiben
der ESTV und der kantonalen Praxis zuzugestehen, nachdem am 12. April 2011 der
Pensionskassenanschluss erfolgte und er ab diesem Zeitpunkt nunmehr den "kleinen"
Abzug beanspruchen kann.
cc) Die Berechnung der Pflichtigen betreffend die Höhe der Abzugskombinati-
on (vorstehend lit. b) ist unbestritten und korrekt. Mithin sind ihnen abzugsberechtigte
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1 DB.2015.59 1 ST.2015.77
Beiträge in die Säule 3a von Fr. 23'522.- statt Fr. 6'682.- zuzugestehen; die Einkom-
menssteuerfaktoren sind entsprechend um Fr. 16'840.- zu reduzieren.
3. a) Im Bereich der Staats- und Gemeindesteuern liegen im Nebenpunkt
auch die vermögensseitigen Faktoren im Streit. Hintergrund bildet diesbezüglich der
Umstand, dass der Pflichtige zur Hälfte an der im Kanton Schwyz domizilierten D Liq.
beteiligt ist (2'275 Aktien à nominal Fr. 400.- sowie 2'000 Aktien à nominal Fr. 2'000.-).
Deklariert haben die Pflichtigen die entsprechenden Aktienpakete im Wertschriftenver-
zeichnis 2011 mit Fr. 36'134 bzw. Fr. 158'830.- (= total Fr. 194'964.-). Die Steuerbe-
hörde ging im Einschätzungsentscheid stattdessen von Werten von Fr. 254'000.- bzw.
Fr. 1'120'000.- aus (= total Fr. 1'374'800.-), was eine Aufrechnung von Fr. 1'179'836.-
nach sich zog. Dabei orientierte sie sich an der Aktienbewertung der Schwyzer Steuer-
behörde.
Wie sich schon der Vorjahreseinschätzung entnehmen lässt, beruhen diese
Differenzen darauf, dass die D Liq. in ihrer Bilanz per 2010 "Rückzahlungen" an die
beiden Aktionäre von insgesamt Fr. 3'997'039.68 (= je Fr. 1'998'520.-) ausgewiesen
hatte. Die Schwyzer Steuerbehörde qualifizierte solche Rückzahlungen als handels-
rechtswidrig, weshalb ihre vom Substanzwert ausgehende Aktienbewertung höher aus-
fiel als die entsprechende Eigenberechnung der Pflichtigen. Auf Einsprache der Pflich-
tigen hin ging die Steuerbehörde im Rahmen einer einvernehmlichen Erledigung dann
aber gleichwohl von der Eigenberechnung der Pflichtigen aus (vgl. Steuerperiode
2010; Einschätzungsvorschlag/Zustimmungserklärung im Einspracheverfahren)
b) Nachdem die Steuerbehörde in der hier betroffenen Steuerperiode 2011
erneut auf die Aktienbewertung der Schwyzer Steuerbehörde abgestellt und die vorer-
wähnten Korrekturen vorgenommen hatte, liessen die Pflichtigen einspracheweise
wiederum verfechten, es sei wie im Vorjahr auf die von ihnen deklarierten Aktienwerte
abzustellen; eventualiter seien die steuerbehördlichen Werte beizubehalten, doch
müsse diesfalls die handelsrechtswidrige Rückzahlung von Fr. 1'998'520.- als Darlehen
an den Aktionär betrachtet und ins Schuldenverzeichnis der Pflichtigen aufgenommen
werden.
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1 DB.2015.59 1 ST.2015.77
c) Die Vorinstanz wies beide Anträge ab. Dabei bemerkte sie zum Eventualan-
trag lediglich, dass die geltend gemachte Schuld nicht rechtsgenügend nachgewiesen
worden sei; im Übrigen verwies sie auf eine intern eingeholte Stellungnahme der steu-
eramtlichen Wertschriftenabteilung. Diese hielt unter Verweis auf die Schwyzer Aktien-
bewertung fest, dass der Substanzwert der D Liq. Fr. 4'386'966.- betrage, weil die bi-
lanzierten Rückzahlungen bei der Aktienbewertung nicht zu berücksichtigen seien.
d) Die D Liq. weist gemäss Bilanz vom 30. Juni 2010 ein Eigenkapital von
lediglich noch Fr. 389'926.- auf; dies bei einem ursprünglich einbezahlten Aktienkapital
von Fr. 10 Mio. Die Schwyzer Steuerbehörde hat nun aber den Substanzwert knapp
4 Mio. höher angesetzt, weil sie die in entsprechender Höhe verbuchten Rückzahlun-
gen an die beiden Aktionäre von je knapp Fr. 2 Mio. für handelsrechtswidrig hält, wo-
von auch die Parteien im vorliegenden Rekurs ausgehen. Unbestrittenermassen sind
aber diese "Rückzahlungen" bzw. Zahlungen ausgerichtet worden. Damit gehen die
Pflichtigen zu Recht davon aus, dass die Rückzahlungen als Darlehen qualifizieren,
ansonsten die Beträge im Vermögen der Anteilseigner zweimal berücksichtigt würden,
nämlich einmal in der Substanz der Beteiligung und einmal im Rahmen der ins Vermö-
gen geflossenen Zahlungen.
Die gebotene Korrektur hat nun aber nicht mittels der beantragten Berücksich-
tigung einer Schuld von Fr. 1'998'520.- zu erfolgen, ansonsten die Pflichtigen zu gut
fahren würden. Nach der (nicht aktenkundigen) Schwyzer Aktienbewertung resultiert
nämlich ungeachtet der dort festgestellten Substanz von gut Fr. 4 Mio. lediglich ein
Wert für die hälftige Beteiligung des Pflichtigen von Fr. 1'3748'000.-. Hat die D Liq.
Forderungen gegenüber den Aktionären von rund Fr. 4 Mio., so hat sie aber auch ei-
nen entsprechenden Liquidationswert. Der Einfachheit halber ist deshalb gleichwohl
von der Eigenberechnung der Pflichtigen auszugehen. Denn diese orientiert sich zwar
an der handelsrechtswidrigen Bilanz der D Liq., führt im Ergebnis aber zum korrekten
Resultat, weil die vorzunehmende Werterhöhung bei der Gesellschaft (+ rund
2 Mio.) durch die damit für den Pflichtigen verbundene Schuld (- rund 2 Mio.) ein zu
eins kompensiert wird. Gleich ist die Steuerbehörde in gleichen Verhältnissen denn
auch im Vorjahr vorgegangen, weshalb erstaunt, dass sie sich in der hier betroffenen
Steuerperiode mit der Problematik in keiner Weise auseinandersetzt.
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1 DB.2015.59 1 ST.2015.77
Die vermögensseitigen Steuerfaktoren sind damit im Umfang der die D Liq.
betreffenden steuerbehördlichen Bewertungskorrektur (= Fr. 1'179'836.-) zu reduzie-
ren; das steuerbare Vermögen ist neu auf Fr. 11'4949'000.- und das satzbestimmende
Vermögen auf Fr. 11'694'000.- festzusetzen.
4. a) Die Erwägungen führen zur Gutheissung der Beschwerde und zur teil-
weisen Gutheissung des Rekurses.
b) Ausgangsgemäss sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Be-
schwerdegegnerin und die Kosten des Rekursverfahrens den Parteien anteilsmässig
aufzuerlegen. Zudem sind den Pflichtigen angemessene Parteientschädigungen aus-
zurichten (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1-3 des Verwaltungsverfahrensge-
setzes vom 20. Dezember 1968; § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechts-
pflegegesetzes vom 24. Mai 1959/6. September 1987; VRG). | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
5fbff5ff-7f08-4d7e-9da3-41a2b9f2ebab | hat sich ergeben:
A. 1. Am 16. März 2005 veräusserte die C GmbH Immobiliengesellschaft das
an der ...strasse in Gemeinde D gelegene Grundstück Kat. Nr. ..... (Geschäftshaus,
Gebäudegrundfläche und Hausumschwung befestigt) im Halt von ..... m 2 zum Preis
von Fr. 37'179'000.- (inkl. Fr. 1'729'000.- Mehrwertsteuer) an die im Ausland domizilier-
te E Limited.
2. Mit Fusionsvertrag im Jahr 2005 übernahm die B GmbH
(heute: A GmbH) rückwirkend per 1. Januar 2005 sämtliche Aktiven und Passiven der
C GmbH.
3. Gestützt auf einen Grundstückgewinn von Fr. 12'018'237.- gemäss der An-
fang Oktober 2005 durch die C GmbH noch in eigenem Namen eingereichten Grund-
stückgewinnsteuererklärung auferlegte die Kommission für Grundsteuern der Gemein-
de D dieser mit Veranlagungsbeschluss vom 8. Februar 2007 eine
Grundstückgewinnsteuer von Fr. 2'398'340.-.
B. Die Einsprache vom 5. April 2007, in welcher die sich nunmehr als mit
der B GmbH fusioniert bezeichnete C GmbH Immobiliengesellschaft die Berücksichti-
gung der Verlustvorträge der B GmbH im Umfang von Fr. 4'177'302'845.- bei der
Grundstückgewinnsteuer beantragen liess, wies die Kommission für Grundsteuern der
Gemeinde D unter Hinweis auf die jüngste bundesgerichtliche Rechtsprechung (BGr,
7. Oktober 2011, 2C_747/2010) mit Entscheid vom 29. November 2012 ab.
C. Mit Rekurs vom 21. Dezember 2012 liess die A GmbH (als Rechtsnachfol-
gerin der C GmbH Immobiliengesellschaft, nachfolgend: die Pflichtige) nebst der Sistie-
rung für den Fall bereits rechtshängiger Verfahren mit gleicher Fragestellung beim
Steuerrekursgericht erneut beantragen, die Grundstückgewinnsteuer unter Berücksich-
tigung der aktualisierten Verlustvorträge per 1. Januar 2005 bzw. 31. Dezember 2005
(Fr. 201'450'664.- bzw. Fr. 344'949'877.-) mit Fr. 0.- zu veranlagen. Zudem liess sie
eine Parteientschädigung beantragen. Zur Begründung liess die Pflichtige anführen,
sie sei ein in allen 26 Kantonen steuerpflichtiges interkantonales Unternehmen. Damit
- 3 -
2 GR.2013.5
unterscheide sich der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt grundsätzlich von dem-
jenigen, welcher dem Bundesgerichtsentscheid 2C_747/2010 zugrunde gelegen sei,
da in jenem ein rein innerkantonaler Sachverhalt ohne Bezug zu weiteren Kantonen zu
beurteilen gewesen sei. Werde der Pflichtigen als interkantonalem Unternehmen das
Recht auf Verrechnung der Betriebsverluste mit Grundstückgewinnen verwehrt, wider-
spreche dies verschiedenen Verfassungsgrundsätzen wie der Besteuerung nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, dem Rechtsgleichheitsgebot und dem Grundsatz
der Gleichmässigkeit der Besteuerung. Die jüngere bundesgerichtliche Praxis zur Ver-
meidung von Ausscheidungsverlusten bei interkantonalen Verhältnissen sowie die ein-
schlägige Praxis gemäss Kreisschreiben Nr. 27 der Schweizerischen Steuerkonferenz
zur Vermeidung von Ausscheidungsverlusten, welche vorliegend auschlaggebend sei-
en, würden nunmehr auch im Kanton Zürich die Verrechenbarkeit der Betriebsverluste
mit Grundstückgewinnen gebieten.
In ihrer Rekursantwort vom 22. April 2013 schloss die Kommission für Grund-
steuern auf Abweisung des Rechtsmittels und auf Zusprechung einer Parteientschädi-
gung. Sie begründete dies damit, dass auch dem Bundesgerichtsentscheid
2C_747/2010 insofern ein interkantonaler Sachverhalt zugrunde gelegen sei, als da-
mals die Grundsteuerfolgen der Veräusserung von im Kanton Zürich gelegenen Lie-
genschaften eines internationalen Konzerns mit Sitz im Kanton Zürich und Liegen-
schaften sowohl im Kanton Zürich als auch in anderen Kantonen zu beurteilen
gewesen seien. Die vom Bundesgericht gezogene Schlussfolgerung, dass es sich bei
der Veräusserung einer Liegenschaft im Kanton Zürich bei gleichzeitigem zürcheri-
schen Sitz eines solchen Unternehmens trotz des Bestands weiterer ausserkantonaler
Liegenschaften um einen innerkantonalen Sachverhalt handle und daher kein bundes-
rechtliches Gebot der Verrechenbarkeit der Betriebsverluste mit Grundstückgewinnen
bestehe, sei auch im vorliegenden Fall eines interkantonalen Unternehmens mit aus-
serkantonalen Betriebsstätten massgebend.
D. Mit Verfügung vom 4. Juni 2013 lud der Referent des Steuerrekursgerichts
die Pflichtige unter Beilage des dem Bundesgerichtsentscheid 2C_747/2010 zugrunde
liegenden Entscheids der Steuerrekurskommission III vom 10. Juni 2009, aus dessen
Sachverhaltsdarstellung die interkantonale Struktur der damaligen Rekurrentin sichtbar
war, sowie unter Beilage des Bundesgerichtsentscheids 2C_243/2011 vom 1. Mai
- 4 -
2 GR.2013.5
2013 ein, zur Rekursantwort sowie zum weiteren prozessualen Vorgehen Stellung zu
nehmen.
In ihrer Stellungnahme vom 28. Juni 2013 hielt die Pflichtige an ihrem Haupt-
begehren fest und stellte für den Fall der Nichtverrechenbarkeit des Betriebsverlusts
mit Grundstückgewinnen ergänzende Begehren für die besondere Berücksichtigung
der sich hieraus ergebenden Verlustvorträge im Rahmen der ordentlichen Gewinnbe-
steuerung für die Steuerperiode 2012 ff.
Auf die Parteivorbringen wird – soweit rechtserheblich – in den nachfolgenden
Erwägungen eingegangen. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Da beim Steuerrekursgericht keine Verfahren mit einer vergleichbaren
Konstellation entschieden worden sind, ist das Sistierungsbegehren der Rekurrentin
abzuweisen.
2. Zwischen den Parteien ist strittig, ob es einem interkantonalen Unterneh-
men mit Hauptsteuerdomizil im Kanton Zürich und (zahlreichen) ausserkantonalen Be-
triebsstätten aufgrund der derzeit bestehenden gesetzlichen Grundlagen bzw. der bun-
desgerichtlichen Rechtsprechung zum Doppelbesteuerungsverbot erlaubt ist, den
ebenfalls im Kanton Zürich aus dem Verkauf der Hauptsitzliegenschaft ergebenden
Gewinn mit Gesamtbetriebsverlusten des Unternehmens zu verrechnen.
3. a) Ausgangspunkt für die Beurteilung des vorliegenden Rechtsfrage bildet
das Urteil des Bundesgerichts vom 7. Oktober 2011 (2C_747/2010), in welchem dieses
sich mit der Verrechenbarkeit von Gesamtbetriebsverlusten eines im Kanton Zürich
domizilierten Unternehmens mit ebenfalls im Kanton Zürich generierten Gewinnen aus
der Veräusserung von (Kapitalanlage-)Liegenschaften auseinandersetzte. In seiner
Begründung liess sich das Bundesgericht von folgenden Kernerwägungen leiten:
- 5 -
2 GR.2013.5
"5.
5.1 Die Besteuerung der Grundstückgewinne ist in den Kantonen nicht einheitlich
geregelt. Grundstückgewinne werden entweder alle mit einer besonderen Wertzuwachs- oder
Grundstückgewinnsteuer erfasst (sog. monistisches System); oder dann unterliegen nur Grund-
stückgewinne des Privatvermögens sowie land- und forstwirtschaftliche Grundstücke der
Grundstückgewinnsteuer und werden Grundstückgewinne des Geschäftsvermögens der ordent-
lichen Einkommens- oder Gewinnsteuer unterstellt (sog. dualistisches System). Das Steuer-
harmonisierungsgesetz folgt im Grundsatz (Art. 12 Abs. 1) dem dualistischen System. Es stellt
den Kantonen aber frei, die Grundstückgewinnbesteuerung nach dem monistischen System
vorzunehmen. Das heisst, sie können auch die geschäftlichen Grundstückgewinne (Wertzu-
wachsgewinne) mit der Grundstückgewinnsteuer erfassen, sofern sie diese Gewinne von der
Einkommens- und Gewinnsteuer ausnehmen oder die Grundstückgewinnsteuer auf die Ein-
kommens- und Gewinnsteuer anrechnen. Art. 12 Abs. 4 StHG sieht diese Möglichkeit ausdrück-
lich vor (BGE 137 I 145 E. 3.1; 131 II 722 E. 2.1 m.w.H.; Urteil 2C_624/2007 vom 9. Juni 2008
E. 2.1 in: StR 63/2008 S. 886).
5.2 Art. 12 Abs. 4 StHG regelt die Frage der Verlustanrechnung aber nicht. Die Vor-
schrift sieht für das monistische System die Verrechnung von Grundstückgewinnen auf Ge-
schäftsliegenschaften mit Geschäftsverlusten weder ausdrücklich vor, noch schliesst sie eine
solche Verrechnung explizit aus. Nach dem System des Steuerharmonisierungsgesetzes han-
delt es sich bei der Grundstückgewinnsteuer um eine Spezialeinkommenssteuer, die im Um-
fang ihres Steuerobjekts an die Stelle der ordentlichen Einkommens- und Gewinnbesteuerung
tritt (ZUPPINGER/BÖCKLI/LOCHER/REICH, Steuerharmonisierung, 1984, S. 123 f.;
BERNHARD ZWAHLEN, in: Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Band I/1, 2. Aufl.
2002, N. 6 zu Art. 12 StHG). Als Objektsteuer nimmt sie auf die übrige wirtschaftliche Situation
der steuerpflichtigen Person grundsätzlich keine Rücksicht. Daher ist auch die Verrechnung von
Geschäftsverlusten mit dem Grundstückgewinn dem Wesen der Grundstückgewinnsteuer als
Objektsteuer an sich fremd (Urteil 2C_799/2008 vom 9. April 2009 E. 3.3, in: StE 2009 B
44.13.7 Nr. 24 mit Hinweisen). Es lässt sich auch sachlich rechtfertigen und wurde vom Bun-
desgericht jeweils geschützt, dass die Grundstückgewinne objektiv bemessen werden, d.h.
allein nach dem auf der Liegenschaft erzielten Mehrwert und ohne Rücksicht auf die gesamte
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Pflichtigen (Urteile 2C_624/2007 vom 9. Juni 2008 E. 2.1,
in: StR 63/2008 S. 886; 2P.75/2003 vom 1. September 2003 E. 4, in: StE 2004 B 44.13.7 Nr. 18
m.w.H.; s. auch BGE 131 I 249 E. 6.3 S. 261 f.).
5.3 Dass Art. 12 Abs. 4 StHG den Kantonen mit monistischem System der Grund-
stückgewinnsteuer den Verlustabzug nicht vorschreibt, ergibt sich auch aus dem Verweis in der
ursprünglichen Fassung von Art. 12 Abs. 4 lit. a StHG auf Art. 24 Abs. 4 StHG. Letztere Vor-
schrift verweist ihrerseits auf den Verlustabzug gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. c StHG. Im Rahmen
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2 GR.2013.5
des Fusionsgesetzes wurde jedoch dieser Verweis geändert. Dabei führte der Bundesrat in
seiner Botschaft aus: "Der geltende Artikel 12 Absatz 4 StHG verweist für die Behandlung von
Umstrukturierungen bei der Grundstückgewinnsteuer versehentlich auf Artikel 24 Absatz 4 statt
auf Artikel 24 Absatz 3. Dieses Versehen soll durch eine entsprechende Änderung von Artikel
12 Absatz 4 berichtigt werden" (Botschaft vom 13. Juni 2000, BBl 2000 4510 Ziff. 2.2.8). In den
Räten wurde diese Änderung diskussionslos angenommen (AB 2001 S 167, 2003 N 255). Die-
se Änderung kann nicht anders verstanden werden, als dass die zwingende Berücksichtigung
des Verlustabzugs gestrichen werden sollte. Die Kantone mit monistischem System der Grund-
stückgewinnsteuer sind somit frei, ob sie Verluste berücksichtigen wollen oder nicht (s. auch
Urteil 2P.75/2003 vom 1. September 2003 E. 3.5, in: StE 2004 B 44.13.7 Nr. 18). Bei einer der-
art klaren gesetzlichen Regelung besteht auch nach Art. 190 BV kein Raum für eine verfas-
sungsgestützte Auslegung des kantonalen Rechts mit dem Schluss, die Kantone seien ver-
pflichtet, den Verlustabzug zu gewähren.
5.4 Das Bundesgericht hat zwar in seiner neueren Rechtsprechung zum Verbot der
interkantonalen Doppelbesteuerung gemäss Art. 127 Abs. 3 BV die Praxis zu den Ausschei-
dungsverlusten geändert und in mehreren Urteilen stufenweise die Kantone mit Liegenschaften
verpflichtet, solche Verluste anzurechnen (BGE 131 I 249, 285 E. 4.1 f.; 132 I 220 E. 4; vgl.
PETER LOCHER, Einführung in das interkantonale Steuerrecht, 3. Aufl. 2009, S. 87 ff.; RENÉ
MATTEOTTI, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Interkantonales Steuerrecht,
2011, § 34 Rz. 25 S. 398). Diese neue Rechtsprechung des Bundesgerichts (s. dazu auch das
Kreisschreiben der Schweizerischen Steuerkonferenz [SSK] Nr. 27 vom 15. März 2007 über
"Die Vermeidung von Ausscheidungsverlusten") hat sich auch auf die kantonale Steuergesetz-
gebung ausgewirkt. So haben die meisten Kantone mit monistischem System der Grundstück-
gewinnbesteuerung denn auch in ihren Steuergesetzen die Verrechnung von Grundstückge-
winnen mit Geschäftsverlusten eingeführt (vgl. die Übersicht im Urteil 2C_689/2010 vom
4. April 2011 E. 4.5, in: StE 2011 A 24.43.1 Nr. 22). Diese Rechtsprechung bezieht sich aber
nur auf die Besteuerung im interkantonalen Verhältnis. Es kann daraus nicht abgeleitet werden,
dass die Verlustverrechnung im monistischen System von Bundesrechts wegen zugelassen
werden muss. Der Kanton ist zwar frei, in Weiterentwicklung seines Steuerrechts mit Blick auf
die interkantonal geltenden Grundsätze in sein monistisches System die Möglichkeit der Ver-
rechnung von Grundstückgewinnen mit Geschäftsverlusten einzuführen (s. auch BGE 131 I 249
E. 6.4); verpflichtet ist er dazu jedoch nicht.
6.
6.1 Der Kanton Zürich erhebt die Grundstückgewinnsteuer nach dem monistischen
System. § 221 StG/ZH sieht eine Verrechnung mit dem Geschäftsverlust nicht vor. Die Vorin-
stanz hielt im angefochtenen Entscheid fest, die im innerkantonalen Recht fehlende Möglichkeit,
Geschäftsverluste mit den der Grundstückgewinnsteuer unterworfenen Gewinnen auf Ge-
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2 GR.2013.5
schäftsgrundstücken zu verrechnen, verletze den Grundsatz der Rechtsgleichheit und erweise
sich als verfassungswidrig. Die Beschwerdegegnerin bestreitet dies und sieht durch den ange-
fochtenen Entscheid die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers im Sinne von Art. 12 Abs. 4
StHG als verletzt. Die zuletzt genannte Auffassung ist begründet. Bei der Zürcher Grundstück-
gewinnsteuer handelt es sich um eine Spezialeinkommenssteuer, die als Objektsteuer getrennt
vom übrigen Einkommen erhoben wird (RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, Kommentar
zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. Aufl. 2006, N. 16 ff. zu VB zu §§ 216-226a
StG/ZH). Sie erfasst Gewinne bei der Veräusserung von Grundstücken sowohl des Geschäfts-
als auch Privatvermögens. Die Loslösung der Grundstückgewinnsteuer aus der allgemeinen
Einkommenssteuer ist weitgehend oder vollständig durchgeführt (REIMANN/ZUPPINGER/
SCHÄRRER, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 4. Band, 1996, N. 22 zu § 154 StG/ZH).
Für die Gewinnermittlung und Steuerberechnung wird grundsätzlich nur auf das veräusserte
Grundstück und die damit zusammenhängenden Kosten und Aufwendungen abgestellt. Die
Ausgestaltung als Objektsteuer hat zur Folge, dass es auf die Person des Steuerpflichtigen
nicht ankommt (RICHNER ET AL., a.a.O., N. 19 zu VB zu §§ 216-226a StG/ZH). Ausgenom-
men von der Grundstückgewinnbesteuerung ist nur der Buchgewinn, die sog. "wieder einge-
brachten" Abschreibungen (RICHNER ET AL., a.a.O., N. 6 zu VB zu §§ 216-226a STG/ZH).
Eine Verrechnung des Geschäftsverlusts mit einem Grundstückgewinn ist im kantonalen Steu-
ergesetz nicht vorgesehen. Es wird damit bei der Erfassung und Bemessung der Grundstück-
gewinnsteuer nicht auf die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der steuerpflichtigen Per-
son Rücksicht genommen (RICHNER ET AL., a.a.O., N. 20 zu VB zu §§ 216-226a STG/ZH).
Art. 12 Abs. 4 StHG schreibt das nach dem Gesagten auch gar nicht vor. Er belässt diesbezüg-
lich den Kantonen einen Freiraum.
6.2 Werden somit die Kantone mit monistischem System der Grundstückgewinnbe-
steuerung durch das Bundesrecht nicht verpflichtet, auf die übrige wirtschaftliche Situation der
steuerpflichtigen Unternehmung Rücksicht zu nehmen oder Geschäftsverluste anzurechnen, ist
die kantonale zürcherische Regelung in diesem Punkt nicht zu beanstanden. Der angefochtene
Entscheid, welcher die Grundstückgewinnsteuerveranlagung ohne die Möglichkeit der Verlust-
verrechnung bejaht, ist zwar nicht in der Begründung, aber im Ergebnis richtig. Die Frage der
Beseitigung einer Verfassungswidrigkeit stellt sich nicht. Daran vermögen trotz allfälliger Stich-
haltigkeit auch die Rügen der Beschwerdeführerin (vgl. vorstehende E. 2) nichts zu ändern. Der
Grundstückgewinn und die Grundstückgewinnsteuer sind betraglich nicht bestritten. Die Be-
schwerde ist abzuweisen."
b) Mit diesem Urteil hat das Bundesgericht die Rechtslage für die von ihm
selbst als rein innerkantonal bezeichnete Konstellation (Hauptsteuerdomizil des Unter-
nehmens sowie Lage der veräusserten Liegenschaften im Kanton Zürich) verbindlich
geregelt.
- 8 -
2 GR.2013.5
Auch wenn die Rechtslage ohne zusätzliche interkantonale Bezugspunkte
eines im Kanton Zürich domizilierten Unternehmens als eindeutig erscheint, gibt dieses
Urteil dennoch Anlass zu Unsicherheiten. Begründet sind diese im Umstand, dass dem
Bundesgericht damals entgegen seiner diesbezüglich unvollständigen Sachverhalts-
darstellung ein Sachverhalt mit einer interkantonalen Komponente zur Beurteilung vor-
gelegen ist. Dies insofern, als das zürcherische Unternehmen gemäss Akten nebst den
zürcherischen Liegenschaften auch über (zeitgleich veräusserte) Kapitalanlageliegen-
schaften in mehreren weiteren Kantonen verfügte. Je nachdem, ob das Bundesgericht
sich dieser interkantonalen Komponente bewusst war oder nicht, kommt dem vom
Bundesgericht verwendeten Begriff des "innerkantonalen Sachverhalts" eine andere
Bedeutung zu. Hat es diese zusätzliche interkantonale Komponente übersehen, so
könnte das Urteil auch nur für Konstellationen ohne weiteren interkantonalen Bezug
einschlägig sein. Im gegenteiligen Fall indes wäre davon auszugehen, dass das Bun-
desgericht die Konstellation mit dem Hauptsteuerdomizil des Unternehmens sowie der
Lage der veräusserten Liegenschaften im Kanton Zürich auch beim Vorliegen zusätzli-
cher interkantonaler Komponenten als "innerkantonalen Sachverhalt" mit den entspre-
chenden Rechtsfolgen würdigen wollte.
c) Auf letztere Variante lässt nunmehr die jüngste Rechtsprechung des Bun-
desgerichts schliessen. Mit Urteil 2C_243/2011 vom 1. Mai 2013 hatte das Bundesge-
richt die Quoten für die Ausscheidung der am Hauptsteuerdomizil eines interkantona-
len Liegenschaftenhändlers im Kanton Zürich bestehenden Verlustvorträge auf
Gewinne aus der Veräusserungen von Liegenschaften in den Kantonen Aargau und
Zürich zu beurteilen. Dabei hat das das Bundesgericht eingeräumt, dass auch die
Grundstückgewinnsteuerveranlagungen der Zürcher Gemeinden mit Grundstückge-
winnen grundsätzlich in die Doppelbesteuerungsbeschwerde mit einbezogen werden
könnten, sofern damit geltend gemacht werde, die Zürcher Grundstückgewinnsteuer-
veranlagen würden gegen das interkantonale Doppelbesteuerungsrecht verstossen. In
der vorliegenden Konstellation gehe es indessen diesbezüglich um eine innerkantonale
Angelegenheit. Streitig sei die Übernahme eines Verlusts des Hauptsteuerdomizils im
Kanton Zürich durch mehrere Spezialsteuerdomizile im gleichen Kanton. Unerheblich
sei dabei, dass im Rahmen der interkantonalen Steuerausscheidung ein Teil der Vor-
jahresverluste des Hauptsteuerdomizils auf ausserkantonale Nebensteuerdomizile zu
verlegen und in diesem Rahmen auch die im Kanton Zürich realisierten Grundstück-
gewinne zu berücksichtigen seien. Massgebend sei in diesem Kontext lediglich die
innerkantonale Verlegung noch verbleibender Verlustvorträge. Die Frage, ob der Kan-
- 9 -
2 GR.2013.5
ton Zürich im Rahmen der Grundstückgewinnsteuerveranlagungen seiner Gemeinden
einer Verlustsituation Rechnung tragen müsse und inwieweit, bestimme sich mangels
steuerharmonisierungsrechtlicher Vorgaben nach kantonalem Recht, weshalb diese
Frage nicht zum Gegenstand einer Doppelbesteuerungsbeschwerde gemacht werden
könne. Die einschlägige Rechtsprechung zur Vermeidung von Ausscheidungsverlusten
sei mangels eines in diesem Kontext interkantonalen Verhältnisses nicht anwendbar,
weshalb auf die Beschwerde, soweit sie sich gegen die zürcherische Grundstückge-
winnsteuerveranlagungen richte und die Verluste bzw. Vorjahresverluste am
Hauptsteuerdomizil betreffe, nicht eingetreten werden könne (BGr, 1. Mai 2013,
2C_243/2011, E. 3.5).
d) Zusammenfassend ist daher in einem ersten Schritt festzustellen, dass das
Bundesgericht in seiner jüngeren Rechtsprechung das Verhältnis zwischen Hauptsteu-
erdomizil des Unternehmens/des Liegenschaftenhändlers und Lage von mit Gewinn
veräusserten Liegenschaften im Kanton Zürich grundsätzlich auch dann als rein inner-
kantonal erachtet, wenn zusätzliche interkantonale Anknüpfungspunkte (mit Gewinn
veräusserte ausserkantonale Kapitalanlageliegenschaften bzw. ausserkantonale Lie-
genschaften des Handelsbestands eines interkantonalen Liegenschaftenhändlers) vor-
gelegen sind. Dies mit der Konsequenz, dass eine Verrechnung des Gesamtbetriebs-
verlusts mit den zürcherischen Grundstückgewinnen zu unterbleiben hat.
4. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob diese bundesgerichtliche Würdi-
gung und die daraus hergeleiteten Schlussfolgerungen auch im vorliegend zu beurtei-
lenden Fall eines im Kanton Zürich domizilierten, über zahlreiche ausserkantonale Be-
triebsstätten verfügenden interkantonalen Unternehmens, bei welchem sowohl hohe
Verlustvorträge aus den Vorjahren als auch ein Gesamtverlust aus dem Geschäftsjahr
2005 einem der Grundstückgewinnsteuer unterstehendem Wertzuwachsgewinn aus
der Veräusserung der zürcherischen Hauptsitzliegenschaft im Jahr 2005 gegenüber-
stehen, unbesehen übernommen werden können.
a) Weist ein im Kanton Zürich domiziliertes interkantonales Unternehmen mit
ausserkantonalen Betriebsstätten verrechenbare Verlustvorträge gemäss § 70 Abs. 1
des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) bzw. zusätzlich einen Gesamtverlust im
aktuellen Geschäftsjahr 2005 aus, so partizipieren nebst dem Hauptsteuerdomizil auch
die ausserkantonalen Betriebsstätten an diesen Verlustvorträgen bzw. an diesem aktu-
- 10 -
2 GR.2013.5
ellen Gesamtbetriebsverlust. Die Quoten der Tragung der jeweiligen Verluste durch die
Betriebsstätten bzw. Betriebsstättekantone sind hierbei nach Massgabe der für das
konkrete Unternehmen in den entsprechenden Perioden geltenden sowie den allge-
meinen interkantonalen Ausscheidungsregeln (z.B. bezüglich der Verlegung allfälliger
Gewinne/Verluste aus der Veräusserung ausserkantonaler Kapitalanlage- oder Be-
triebsstätteliegenschaften) zu ermitteln.
b) aa) Partizipieren auch ausserkantonale Betriebsstätten bzw. Betriebsstätte-
kantone an den Verlustvorträgen bzw. am Gesamtverlust eines interkantonalen Unter-
nehmens, kann es sich in der zu beurteilenden Konstellation aber nicht mehr um einen
rein innerkantonalen Sachverhalt gemäss Urteil des Bundesgerichts vom 7. Okto-
ber 2011 (2C_747/2010) handeln. Im Umfang der durch die ausserkantonalen Be-
triebsstätten letztlich zu tragenden Anteile an diesen Verlusten ist vielmehr von einem
interkantonalen Sachverhalt (Verlustanteile in Betriebsstättekantonen/Wertzuwachs-
gewinn im Kanton Zürich als Hauptsteuerdomizils) auszugehen, bei welchem die jün-
gere bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Vermeidung von Ausscheidungsverlusten
und die damit verbundenen verfassungsrechtlichen Erwägungen (insbesondere Be-
steuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, Rechtsgleichheit) zu berück-
sichtigen sind. Die Nichtverrechenbarkeit der ausserkantonalen Teilverluste verstösst
gegen das innerperiodische Überbesteuerungsverbot (vgl. hierzu René Matteotti, in:
Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Interkantonales Steuerrecht, 1. A.,
2011, § 34 N 33, mit Hinweisen).
bb) Der Umstand, dass das kantonale Steueramt aufgrund der anhaltenden
Verlustsituation aus Praktikabilitätserwägungen und in Anwendung der sog. Gesamt-
verlustverrechnungstheorie (vgl. hierzu Kreisschreiben Nr. 24 der Schweizerischen
Steuerkonferenz vom 17. Dezember 2003; Kreisschreiben Nr. 27 vom 15. März 2007,
Fall 11; Matteotti, § 34 N 49) bei der Gewinnsteuer bislang auf eine interkantonale
Ausscheidung der Verlustbetreffnisse verzichtet hat, vermag selbstredend an der inter-
kantonalen Natur der auf die Betriebsstättekantone entfallenden Verlustanteile nichts
zu ändern.
cc) Da die Rekursgegnerin diesem Aspekt bei der generellen Ablehnung der
Verlustverrechnung im Rahmen der Grundstückgewinnsteuereinschätzung nicht Rech-
nung getragen hat, ist der Einspracheentscheid in teilweiser Gutheissung des Rekur-
ses aufzuheben und das Verfahren zur ergänzenden Sachverhaltsermittlung betreffend
- 11 -
2 GR.2013.5
diese ausserkantonalen Verlustanteile und zum Neuentscheid im Sinn der vorstehen-
den Erwägungen ins Einschätzungsverfahren zurückzuweisen.
5. a) Eine hierüber hinausgehende Verrechnung des Gewinns aus der Ver-
äusserung der zürcherischen Hauptsitzliegenschaft auch mit dem auf den Kanton Zü-
rich als Hauptsteuerdomizil entfallenden Anteil an den Verlustvorträgen bzw. am Ge-
samtbetriebsverlust 2005 gemäss Antrag der Rekurrentin muss indessen weiterhin
verwehrt bleiben, da diese Konstellation unter Beachtung des Urteils des Bundesge-
richts vom 7. Oktober 2011 (2C_747/2010) als einzig dem kantonalen Recht unterwor-
fener innerkantonaler Sachverhalt qualifiziert werden muss. Die einschlägigen Erwä-
gungen des Bundesgerichts (E. 3a oben) gelten – trotz Kritik in der Literatur
(vgl. Claudia Suter, Innerkantonale Verlustverrechnung – gerechtfertigter Sonderfall?,
Zeitschrift für Schweizerisches und Internationales Steuerrecht, zsis aktuell 1/2012,
4 ff.; Felber/Hähni, Verrechnung von Grundstückgewinnen mit Betriebsverlusten, Der
Schweizer Treuhänder 2012, 259 ff.) – weiterhin, weshalb die verfassungsmässigen
Rügen sowie der Verweis auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Vermeidung
der interkantonalen Doppelbesteuerung der Rekurrentin ins Leere stossen.
b) Mit der Verrechenbarkeit der auf die ausserkantonalen Betriebstättekantone
entfallenden Verlustanteile mit dem zürcherischen Wertzuwachsgewinn wird den An-
forderungen für die Vermeidung eines Ausscheidungsverlusts hinreichend Rechnung
getragen. Der blosse Hinweis auf die interkantonale Natur eines Unternehmens – im
Extremfall mit einer einzigen ausserkantonalen Betriebsstätte, welcher eine minimale
Gewinn-/Verlusttragungsquote zugewiesen wird – kann zu keiner Ausweitung dieser
Verrechenbarkeit auch auf das Hauptsteuerdomizil Zürich führen.
c) Die Ausweitung der Verrechenbarkeit auch auf solche Sachverhalte kann
nur durch den zürcherischen Gesetzgeber eingeführt werden. Der Regierungsrat des
Kantons Zürich hat die Problematik mittlerweile erkannt und den Entwurf einer entspre-
chenden Gesetzesänderung in Vernehmlassung gesetzt (vgl. hierzu http://www.steuer-
amt.zh.ch/internet/finanzdirektion/ksta/de/aktuell/mitteilungen/amtsmitteilungen_2013/
vernehmlassungsunterlagen_grundstueckgewinnsteuer.html).
- 12 -
2 GR.2013.5
6. Auf den Eventual- bzw. Subeventualantrag der Rekurrentin, womit diese für
den Fall der Nichtverrechenbarkeit des geltend gemachten Verlusts mit dem Wertzu-
wachsgewinn Korrekturen bei der Gewinnbesteuerung für die Steuerperioden 2012 ff.
verlangt, kann schliesslich nicht eingetreten werden, da im vorliegenden Verfahren
einzig der Einspracheentscheid betreffend die Erhebung der Grundstückgewinnsteuer
aus der Veräusserung der Hauptsitzliegenschaft Streitgegenstand bildet.
7. Die vorstehenden Erwägungen führen zur teilweisen Gutheissung des Re-
kurses, soweit darauf eingetreten werden kann. Das Verfahren ist an die Rekursgegne-
rin ins Einschätzungsverfahren zurückzuweisen. Diese hat – in Zusammenwirken mit
der zuständigen Division des kantonalen Steueramts – die letztlich auf die ausserkan-
tonalen Betriebsstätten bzw. Betriebsstättekantone entfallenden Anteile an den Ver-
lustvorträgen bzw. am Gesamtverlust 2005 zu ermitteln. Im Rahmen der Neueinschät-
zung der Grundstückgewinnsteuer ist der Verrechenbarkeit dieser ausserkantonalen
Verlustanteile mit dem Wertzuwachsgewinn aus der Veräusserung der zürcherischen
Hauptsitzliegenschaft Rechnung zu tragen. Das kantonale Steueramt seinerseits wird
nach Rechtskraft der die Verrechenbarkeit dieser Verlustanteile berücksichtigenden
Grundstückgewinnsteuereinschätzung bei der Gewinnbesteuerung der Rekurrentin den
Umfang der Verlustvorträge bzw. deren Verfälle neu festlegen müssen.
Bei diesem im Hauptpunkt unentschiedenen Prozessausgang rechtfertigt es
sich nach § 151 Abs. 1 StG, die Kosten den Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen.
Die Voraussetzungen für die Zusprechung von Parteientschädigungen sind
nicht erfüllt (§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom
24. Mai 1959/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,013 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
5ff8c410-b257-44ad-9202-29d2ff7fc57b | hat sich ergeben:
A. 1. A (nachfolgend der Pflichtige) trat per ... ... 1971 im Alter von 29 Jahren
in die Dienste der C AG ein. Seit seiner Pensionierung bezieht er von der Personalvor-
sorgestiftung seiner Arbeitgeberin eine Altersrente in Höhe von jährlich Fr. 89'678.-
(Stand 2013). Von seiner Ehefrau, D, lebt er seit dem Jahr 2000 getrennt, ohne dass
die Ehegatten ein Scheidungs- oder Eheschutzverfahren angestrengt oder eine schrift-
liche Trennungsvereinbarung abgeschlossen hätten. Die Ehegatten werden seit Auf-
hebung des gemeinsamen Haushalts getrennt eingeschätzt bzw. veranlagt.
Im Arbeitsvertrag vom ... ... 1971 verpflichtete sich die C AG, den Pflichtigen
in den "Spitalkosten-Plan" aufzunehmen, dessen Details in einem Reglement fest-
gehalten sind. Die C AG richtet demnach den als "Begünstigte" bezeichneten eigenen
Mitarbeitern, den pensionierten Mitarbeitern sowie deren nahen Familienangehörigen
(z.B. Ehegatten bzw. Ehegattinnnen) im Fall eines Spitalaufenthalts unter gewissen
Bedingungen Beiträge an die medizinisch ausgewiesenen Spitalkosten aus, soweit
diese nicht durch eine Versicherung gedeckt sind (vgl. Reglement).
2. Im Jahr 2012 liess sich die Ehefrau des Pflichtigen krankheitsbedingt wäh-
rend rund fünf Tagen im Spital E behandeln, wobei die C AG von den erst im August
des Folgejahrs in Rechnung gestellten Kosten Ende September 2013 einen Anteil von
Fr. 12'100.- für sie übernahm. Die Parteien gehen (stillschweigend) davon aus, dass
der Pflichtige die Rechnung des Spital E für seine Ehefrau beglich und im Gegenzug
die durch die ehemalige Arbeitgeberin ausgerichtete Zahlung vereinnahmte. Die C AG
stellte dem Pflichtigen einen Lohnausweis über die aufgrund des Spitalplans ausge-
richtete Zahlung aus. In der Steuererklärung 2013 führte der Pflichtige den Betrag ent-
sprechend unter Ziffer 1.1 als Einkunft aus unselbstständigem Erwerb auf, und zog ihn
unter Ziffer 22.1 – unter Berücksichtigung des gesetzlich vorgesehenen Selbstbehalts
– als krankheitsbedingte Ausgabe wieder ab.
3. Mit Verfügung vom 30. März 2015 veranlagte der Steuerkommissär den
Pflichtigen für die Steuerperiode 2013, u.a. unter Aufrechnung des erwähnten Abzugs
für die Spitalkosten der Ehegattin, mit einem steuerbaren Einkommen von
Fr. 143'900.-. Die gleichentags ergangene Einschätzung für die Staats- und Gemein-
- 3 -
1 DB.2015.117 1 ST.2015.145
desteuern 2013 lautete auf ein steuerbares Einkommen von Fr. 142'600.- und ein
steuerbares Vermögen von Fr. 509'000.-. Als Begründung für die Verweigerung des
Abzugs für krankheitsbedingte Kosten führte er sinngemäss an, die Aufwendungen für
den Spitalaufenthalt im Spital E beträfen nicht den Pflichtigen, sondern die von ihm
getrennt lebende Ehefrau, die getrennt zu veranlagen und somit als Drittperson anzu-
sehen sei.
B. Die gegen die Veranlagung bzw. Einschätzung erhobene Einsprache wies
das kantonale Steueramt mit separaten Entscheiden vom 8. Mai 2015 ab.
C. Mit Beschwerde und Rekurs vom 8. Juni 2015 beantragte der Pflichtige, mit
einem steuerbaren Einkommen von Fr. ... (Direkte Bundessteuer) bzw. Fr. ... (Staats-
und Gemeindesteuern) veranlagt zu werden. Zur Begründung führte er an, die Zahlung
aus dem Spitalplan sei von den steuerbaren Einkünften gänzlich auszunehmen. Be-
günstigte sei gemäss den Bestimmungen des Spitalplans einzig seine Ehegattin, wes-
halb die Zahlung bei ihr und nicht bei ihm als steuerlich relevanter Zufluss zu erfassen
gewesen wäre. Er habe nur als Zahlstelle fungiert. Sinngemäss fügte er als Eventual-
begründung an, die Zahlung sei, sofern sie ihm tatsächlich als zugeflossen anzusehen
sei, als unregelmässiger Unterhaltsbeitrag an die Ehegattin zu würdigen, womit sich
der Zufluss neutralisiere.
Das kantonale Steueramt schloss mit Rekursantwort vom 9. Juli 2015 auf Ab-
weisung des Rechtsmittels. Der Pflichtige antwortete hierauf unaufgefordert mit Einga-
be vom 21. Juli 2015.
Am 1. September 2015 erliess der Einzelrichter eine Auflage mit dem Zweck,
den Sachverhalt rund um die Ausrichtung der Zahlung der C AG näher zu ergründen.
Der Pflichtige liess daraufhin am 28. September 2015 verschiedene Unterlagen einrei-
chen. Das kantonale Steueramt hielt am 8. Oktober 2015 an seinem Antrag auf Abwei-
sung fest, verzichtete indessen auf eine Stellungnahme zu den eingereichten Unterla-
gen.
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1 DB.2015.117 1 ST.2015.145 | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) aa) Der Einkommenssteuer unterliegen alle wiederkehrenden und einma-
ligen Einkünfte (Art. 16 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom
14. Dezember 1990 [DBG] bzw. § 16 Abs. 1 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997
[StG]). Steuerbar sind insbesondere alle Einkünfte aus privatrechtlichem oder öffent-
lich-rechtlichem Arbeitsverhältnis mit Einschluss der Nebeneinkünfte wie Entschädi-
gungen für Sonderleistungen, Provisionen, Zulagen, Dienstalters- und Jubiläumsge-
schenke, Gratifikationen, Trinkgelder, Tantiemen, geldwerte Vorteile aus Mitarbeiterbe-
teiligungen und andere geldwerte Vorteile (Art. 17 Abs. 1 DBG bzw. § 17 Abs. 1 StG).
bb) aaa) Steuerpflichtiges Einkommen setzt immer – aus Sicht der steuer-
pflichtigen Person – zunächst einen Vermögenszugang voraus [...]. Steuerbar ist ein
Vermögenszugang nämlich nur dann, wenn es zu einer Steigerung der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit der steuerpflichtigen Person kommt, sie den Vermögenszugang also
zur Befriedigung ihrer persönlichen Bedürfnisse verwenden kann. Steuerpflichtig ist nur
das Reineinkommen, also das Bruttoeinkommen (die Einkünfte) abzüglich der damit
zusammenhängenden Aufwendungen und abzüglich anderer mit dem Zugang verbun-
denen Vermögensabgänge (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum
DBG, 2. A., 2009, VB zu Art. 16 - 39 N 20 und 22 DBG, sowie Kommentar zum Zürcher
Steuergesetz, 3. A., 2013, VB zu §§ 16 - 37a N 20 und 22 StG).
bbb) Schadenersatzleistungen für erlittene Verluste (damnum emergens) stel-
len nach dieser Sichtweise keine steuerbaren Einkünfte dar: Da durch den Schadener-
satz lediglich eine erlittene wirtschaftliche, materielle Einbusse ausgeglichen wird (dem
Zufluss somit ein unmittelbar korrelierender Vermögensabgang gegenübersteht), hat er
keine Vermögensvermehrung zur Folge und unterliegt [...] nicht der Besteuerung als
Einkommen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, VB zu Art. 16 - 39 N 27 DBG sowie §§ 16
- 37a N 27 StG). Das gleiche gilt etwa – aus ähnlichen Überlegungen – für Leistungen
aufgrund einer Kranken- oder Unfallversicherung (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Art. 22 N 89, 103 und 107 DBG sowie § 22 N 91, 106 und 110 StG). Eine Versicherung
liegt steuerlich betrachtet vor, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind (vgl.
Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 22 N 71 DBG und § 22 N 73 StG): Die Übernahme
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eines Risikos oder einer Gefahr durch den Versicherer; die Leistung des Versiche-
rungsnehmers (Prämie); die Selbständigkeit des Rechtsgeschäfts (Übernahme der
Gefahr durch den Versicherer als zentrales Element des Versicherungsvertrags); die
Kompensation der Risiken nach den Gesetzen der Statistik (Planmässigkeit des Ab-
schlusses).
cc) aaa) Der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung gebietet in der Regel,
dass zur Beurteilung der Frage, wem ein Vermögenswert (z.B. ein Gegenstand, Geld,
oder eine Forderung) zugegangen bzw. zugeflossen ist, die Zivilrechtsordnung (ZGB
und OR) zu berücksichtigen ist. Ob etwa ein Vertrag zustandgekommen und wie er
auszulegen ist, beurteilt sich nach dem Obligationenrecht und der dazu entwickelten
reichhaltigen Literatur und Rechtsprechung. Gleiches gilt für die Beurteilung von Be-
ziehungen zwischen Ehegatten, welche nicht zuletzt auch in wirtschaftlicher Hinsicht
von den eherechtlichen Bestimmungen des Zivilgesetzbuchs geprägt sind.
bbb) Hat sich jemand, der auf eigenen Namen handelt, eine Leistung an einen
Dritten zu dessen Gunsten versprechen lassen, so ist er berechtigt, zu fordern, dass an
den Dritten geleistet werde (so genannter Vertrag zugunsten eines Dritten; Art. 112
Abs. 1 OR). Der Dritte oder sein Rechtsnachfolger kann selbstständig die Erfüllung
fordern, wenn es die Willensmeinung der beiden andern war, oder wenn es der Übung
entspricht (Abs. 2). In diesem Falle kann der Gläubiger den Schuldner nicht mehr ent-
binden, sobald der Dritte dem letzteren erklärt hat, von seinem Rechte Gebrauch ma-
chen zu wollen (Abs. 3).
b) aa) Darüber, dass der Pflichtige aufgrund der räumlichen Trennung (sepa-
rate Wohnadresse in F) und der getrennten Mittelverwendung nicht zusammen mit
seiner Ehegattin einzuschätzen bzw. zu veranlagen ist, besteht (zumindest stillschwei-
gend) Einigkeit (vgl. Art. 9 Abs. 1 DBG und § 7 Abs. 1 StG).
bb) Gemäss Arbeitsvertrag vom ... ... 1971 trat der Pflichtige zu einem Mo-
natslohn von Fr. 3'000.- in die C AG ein. Vereinbart war darüber hinaus u.a. die Auf-
nahme des Pflichtigen in den Spitalplan, dessen Einzelheiten in einem separaten Ge-
schäftsreglement festgehalten sind. Das Geschäftsreglement wiederum stellt kraft
ausdrücklichem Verweis einen integrierenden Bestandteil des Arbeitsvertrags dar. Der
Spitalplan bezweckte, den Mitarbeitenden und ihren nahen Familienangehörigen im
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Fall eines stationären Spitalaufenthalts eine gute Pflege und ärztliche Behandlung zu
sichern (vgl. Reglement). Die Ausrichtung der Beiträge war an die Bedingung geknüpft,
dass Kosten aus einer medizinisch notwendigen, stationären Behandlung in einem
anerkannten Spital anfallen (vgl. Reglement). Die Vereinbarung weist damit durch die
Verteilung des Krankheits- bzw. Unfallrisikos auf einen grossen potentiellen Empfän-
gerkreis Ähnlichkeit mit einer Versicherung auf. Leistungen einer Krankenversicherung
wären wie gesehen grundsätzlich steuerfrei, doch spielt der Spitalplan in der vorliegen-
den Konstellation im Vergleich zu den arbeitsvertraglichen Elementen nur eine unter-
geordnete Rolle. Zudem waren keine Prämien zu entrichten; die Gegenleistung des
Pflichtigen für die Absicherung des Risikos "Krankheit" bzw. "Unfall" bei sich und na-
hen Familienangehörigen bestand vielmehr in der vorgängigen Erbringung seiner Ar-
beitsleistung. Anders hätte sich die Situation nur präsentiert, wenn die Arbeitgeberin
bei einer Versicherungsgesellschaft eine entsprechende Versicherung abgeschlossen
und die monatlichen Prämien für den Arbeitnehmer übernommen hätte. Dann hätten
die entsprechenden Prämien aber in den vorangegangenen Steuerperioden als Lohn-
bestandteil ausgewiesen und versteuert werden müssen.
Dass ein Mittelzufluss in der vorliegenden Konstellation aufgrund des Eintritts
einer vertraglich vereinbarten Bedingung (Krankheit mit Spitalaufenthalt) und der Erfüll-
lung der damit zusammenhängenden fälligen Schuldverpflichtung der C AG in der frag-
lichen Steuerperiode stattgefunden haben muss, stellt denn auch keine der Parteien
ernstlich in Abrede. Entgegen der Ansicht des Steuerkommissärs im Einspracheent-
scheid ist die Forderung nicht etwa schon im Vorjahr 2012, als die Ehefrau im Spital
behandelt wurde, sondern erst nach Ausstellung der Rechnung des Spital E fällig ge-
worden, denn die vertragliche Verpflichtung der C AG lautet auf die Leistung eines Bei-
trags an die "Kosten" der Spitalbehandlung, welche naturgemäss erst nach der Rech-
nungssellung durch den Spital fest stehen können. Gemäss Reglement sind vorerst die
detaillierten Spitalrechnungen einzureichen. Erst hernach wird über die Höhe des Bei-
trags entschieden.
Im Streit liegt damit – jedenfalls im Zusammenhang mit dem Zufluss der Leis-
tung – die Frage, wem der Zufluss zuzurechnen sei, dem Pflichtigen selbst oder seiner
der getrennten Besteuerung unterliegenden Ehefrau.
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cc) aaa) Der Pflichtige stellt sich nun (zumindest sinngemäss) auf den Stand-
punkt, die Ehefrau hätte als Begünstigte aus dem Vertrag eine Forderung gegenüber
der C AG erworben, welche diese durch Zahlung an eine Zahlstelle bzw. einen Erfül-
lungsgehilfen (den Pflichtigen) erfüllt habe. Letzterer habe den Betrag in der Folge be-
stimmungsgemäss zur Begleichung der Spitalrechnung der Ehefrau verwendet. Einen
eigenen Rechtsanspruch auf den Beitrag habe er nie gehabt, weshalb der Betrag der
Ehefrau direkt zugekommen und von ihr zu versteuern sei. Der von der C AG ausge-
stellte Lohnausweis laute deshalb zu Unrecht auf den Pflichtigen.
Die Verwendung des Ausdrucks "Begünstigte" im Spitalplan legt in der Tat
nahe, dass die Beiträge an die Spitalkosten nach dem Willen der Vertragsparteien
zweckgebunden direkt den nahen Familienangehörigen zukommen sollten. Der Aus-
druck ist in diesem Sinn im Allgemeinen als Anweisung in den Statuten von Stiftungen
zur Bezeichnung der Adressaten von Zuwendungen gebräuchlich (wobei vorliegend
unbestrittenermassen gerade keine Stiftung besteht). Ausgeschlossen ist im Weitern,
dass der Arbeitnehmer selber, nach eigenem Belieben über den Beitrag verfügen
konnte. Da es sich bei der Begünstigten vorliegend um eine Drittperson handelt, ist von
einem Vertrag zugunsten Dritter i.S.v. Art. 112 Abs. 1 und 2 OR, und damit von einem
selbstständigen Anspruch der Ehefrau (die Dritte) gegenüber der C AG (Promittentin)
auszugehen. Die Bestimmung, die Beiträge würden in der Regel dem betreffenden
Mitarbeiter ausbezahlt (vgl. Reglement), findet sich erst am Schluss unter dem Titel
"administrative Anordnungen". Mit dem Pflichtigen (dem Stipulanten) ist deshalb anzu-
nehmen, dass es sich hierbei lediglich um eine Beschreibung der Zahlungsmodalitäten
handelt. Der Pflichtige hat den Betrag damit lediglich als Hilfsperson bzw. Erfüllungs-
gehilfe i.S.v. Art. 101 Abs. 1 OR weitergeleitet und seinerseits bestimmungsgemäss
zur Erfüllung der Schuld der Ehefrau gegenüber dem Spital E verwendet.
bbb) Der Erfüllung einer Schuldverpflichtung aus einem Vertrag zugunsten
Dritter liegen immer zwei Rechtsbeziehungen zugrunde, die zivil- und somit auch steu-
errechtlich auseinandergehalten werden müssen. Vorliegend sorgt für Verwirrung, dass
eine einzige Transaktion aufgrund eines Vertrags zugunsten Dritter in einem Zug recht-
liche Auswirkungen sowohl auf die Beziehung zwischen dem Stipulanten (hier der
Pflichtige) und dem Promittenten (hier die C AG) als auch auf die Beziehung zwischen
dem Stipulanten und dem Dritten (hier die Ehefrau) haben kann.
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Im Stadium der Willensbildung spielt bei einem Vertrag zugunsten Dritter ei-
nerseits die Beziehung zwischen dem Stipulanten und dem Dritten eine Rolle, denn der
Promittent leistet auf Rechnung des Stipulanten an den Dritten. Das Schuldverspre-
chen des Stipulanten gegenüber dem Dritten bildet die causa, ohne welche ein Vertrag
zugunsten Dritter gar nicht denkbar ist: Eine causa muss jedem obligatorischen Ver-
hältnis zugrunde liegen, obschon sie im Schuldversprechen nicht genannt werden
muss (vgl. hierzu Berner Kommentar zum Obligationenrecht, I. Abteilung, Allgemeine
Bestimmungen, Art. 1 - 183 OR, 1941, N 3 zu Art. 112 OR). Die causa bildet ange-
sichts der nach wie vor bestehenden Ehe zwischen dem Pflichtigen und seiner Frau
die eheliche Treue- und Beistandspflicht (Art. 159 Abs. 3 ZGB), welche inbezug auf
(Geld-)Beiträge durch Art. 163 Abs. 1 und 2 ZGB konkretisiert wird, denn die
(Vor-)Sorge füreinander im Hinblick auf schwierige Umstände (z.B. Krankheit) bildet bis
zur Auflösung durch Tod oder Scheidung ein ganz wesentlicher Aspekt des Instituts
"Ehe".
Weil der Promittent auf Rechnung des Stipulanten an den Dritten leistet, ist
auch die rechtliche Verbindung zwischen beiden Ersteren von Belang. Vorliegend ver-
spricht die C AG ihrem Arbeitnehmer, im Bedarfsfall Beiträge an nahe Angehörige aus-
zurichten. Dies nicht etwa freiwillig, sondern im Rahmen der vertraglichen Verpflich-
tung, für die Arbeit des Arbeitnehmers eine Gegenleistung zu erbringen bzw. einen
Lohn zu leisten. So gesehen hat der Pflichtige vertraglich über einen ihm zustehenden
Anspruch (Entschädigung für seine Arbeit) unter gewissen Bedingungen (Spitalaufent-
halt) zugunsten eines Dritten (der Ehefrau) verfügt, weshalb der entsprechende Beitrag
an die Spitalkosten zunächst ihm zuzurechnen ist. Dass der Gesetzgeber der Rechts-
beziehung zwischen Promittenten und Stipulanten starkes Gewicht beimisst, zeigt sich
nicht zuletzt darin, dass die Verfügungsmacht des Stipulanten über den Anspruch des
Dritten über den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses hinaus (beschränkt) erhalten
bleibt, bis der Dritte dem Schuldner gegenüber erklärt hat, von seinem Recht tatsäch-
lich Gebrauch machen zu wollen (vgl. Art. 112 Abs. 3 OR): Der Gläubiger kann den
Schuldner (Promittenten) bis zu diesem Zeitpunkt von seiner Verpflichtung, an den
Dritten zu leisten, entbinden.
ccc) Der Beitrag an die Spitalkosten der Ehefrau in Höhe von Fr. 12'100.- ist
nach dem Gesagten in einem ersten Schritt als Einkunft aus privatrechtlichem Arbeits-
verhältnis beim Pflichtigen zu erfassen. Der Arbeitsvertrag zeitigt in der vorliegenden
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Konstellation ohne Weiteres über die Pensionierung des Pflichtigen hinaus Wirkungen.
Der Lohnausweis der C AG erweist sich als richtig.
2. a) Die Ausrichtung des Beitrags an die Spitalkosten in Erfüllung der
Schuldpflicht der C AG gegenüber der Ehefrau stellt mit Blick auf die oben beschriebe-
ne causa, die dem Vertrag zwingend unausgesprochen zugrundeliegt, nun gleichzeitig
auch einen Beitrag des Pflichtigen im Rahmen von Art. 159 bzw. 163 ZGB an seine
Ehefrau dar. Für eine Schenkungsabsicht, wie sie das kantonale Steueramt ausma-
chen will, sind angesichts der langjährigen Trennung der Ehegatten dagegen keine
Anzeichen vorhanden. Weitere Rechtsgründe sind ebenfalls nicht zu erkennen.
b) Von den Einkünften werden gemäss Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG bzw. § 31
Abs. 1 lit. c StG die Unterhaltsbeiträge an den geschiedenen, gerichtlich oder tatsäch-
lich getrennt lebenden Ehegatten abgezogen. Unterhaltsbeiträge sind regelmässig
oder unregelmässig wiederkehrende Unterstützungen und Unterhaltsleistungen zur
Deckung des laufenden Lebensbedarfs, die dem Empfänger keinen Vermögenszu-
wachs verschaffen (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 33 N 48 DBG und § 31 N 48
StG). Entgegen der Auffassung des kantonalen Steueramts im Einspracheentscheid
(S. 4) kommt es nicht darauf an, ob eine schriftliche Vereinbarung vorliegt (RB 2008
Nr. 79). Innerhalb des gesetzlich gesteckten Rahmens des "gebührenden" Unterhalts"
(Art. 163 Abs. 1 ZGB) sind die Ehegatten im Übrigen frei, die Höhe der gegenseitigen
Zuwendungen zu bestimmen.
Vorliegend lässt sich nicht sagen, das steuerbare Einkommen der Ehefrau, in
welches das kantonale Steueramt durch Beizug der Steuerakten hätte Einblick nehmen
müssen, sei im Vergleich zum Einkommen des Pflichtigen dermassen hoch, dass un-
regelmässige Zahlungen in der Grössenordnung des hier strittigen Betrags von rund
Fr. 12'000.- die ihr gebührende eheliche Unterstützung überschritten. Der Rechtsgrund
für den Beitrag an Kosten, die beim Ehegatten durch eine unvorhergesehene Krankheit
verursacht wurden, bildet wie bereits erwähnt die eheliche Treue- und Beistandspflicht.
Kommt hinzu, dass eine Vermögensbildung durch die vertraglich festgelegte Zweck-
bindung (Ersatz von Spitalkosten) von vornherein als ausgeschlossen erscheint. Die
Pflichtigen sind schliesslich unbestrittenermassen seit Jahren in tatsächlicher Hinsicht
getrennt, weshalb einer Berücksichtigung des Beitrags an die Spitalkosten der Ehefrau
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nichts im Weg steht. Der Betrag ist demnach in voller Höhe von den steuerbaren Ein-
künften abzuziehen, und wäre richtigerweise von der Ehefrau zu versteuern gewesen
(Art. 23 lit. f DBG bzw. § 23 lit. f StG). Es kann offen bleiben, ob eine neue Tatsache
vorliegt, die bei der Ehefrau zur Eröffnung eines Nachsteuerverfahrens führen würde.
Immerhin ist zu beachten, dass in diesem Fall zumindest ein Teil des Betrags als
krankheitsbedingte Kosten i.S.v. Art. 33 Abs. 1 lit. h DBG bzw. § 32 lit. a StG abzugs-
fähig wäre.
3. Diese Erwägungen führen zur Gutheissung von Beschwerde und Rekurs.
Bei diesem Prozessausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdegegnerin/dem
Rekursgegner aufzuerlegen (Art. 144 Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). Ferner ist
dem Pflichtigen für das Beschwerde- und Rekursverfahren eine Parteientschädigung
zuzusprechen (Art. 144 Abs. 4 DBG i.V.m. Art. 64 Abs. 1 - 3 des Bundesgesetzes über
das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 und § 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2
des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959/6. September 1987). Ange-
sichts des geringen Streitwerts rechtfertigt sich eine Vergütung von insgesamt Fr. 500.-
(einschliesslich Mehrwertsteuer). | Public | Tax | de | 2,015 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
603f5f46-3630-4252-9bec-09a0dde7783c | hat sich ergeben:
A. Am 2. Juni 2008 reichte A (nachfolgend der Pflichtige) die vom 29. Mai
2008 datierte Steuererklärung 2007 samt Beilagen ein. Darin machte er unter anderem
einen Unterstützungsabzug in der Höhe von Fr. 2'500.- (Staats- und Gemeindesteuern)
bzw. Fr. 6'100.- (direkte Bundessteuer) sowie den damit einhergehenden zusätzlichen
Abzug für Versicherungsprämien in der Höhe von Fr. 1'200.- (Staats- und Gemeinde-
steuern) bzw. Fr. 700.- (direkte Bundessteuer) für B geltend. Bei Letzterem handelt es
sich um den Sohn seiner Exfrau, C, und ihres früheren Lebenspartners, D, der gemäss
Aussagen des Pflichtigen 2007 ausgewiesen wurde. Der Pflichtige gab an, der bei sei-
ner Mutter und ihrem neuen Ehemann, E, wohnhafte B verbringe seit Sommer 2003
den grössten Teil seiner Schulferien und sehr oft auch die Wochenenden bei ihm und
ab Januar 2006 habe er zudem die Kosten für den von B besuchten Ganztageshort
übernommen. Als Belege reichte er eine Bestätigung für die Bezahlung der erwähnten
Hortkosten (Fr. 2'703.- für das Jahr 2007) sowie Quittungen über Ausgaben für ver-
schiedene Ferien- und Freizeitaktivitäten sowie den allgemeinen Lebensunterhalt von
B ein.
Mit Entscheiden vom 21. September 2009 schätzte das kantonale Steueramt
den Pflichtigen für die Staats- und Gemeindesteuern 2007 mit einem steuerbaren
Einkommen von Fr. 99'800.- und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 2'471'000.- ein
und sah die Veranlagung der direkten Bundessteuer mit einem steuerbaren Einkom-
men von Fr. 102'900.- vor. Dabei wurde der Unterstützungsabzug sowie der zusätzli-
che Abzug für Versicherungsprämien für B nicht gewährt mit der Begründung, die Un-
terstützungsbedürftigkeit von Bs Eltern sei nicht nachgewiesen.
Die definitive Veranlagung für die direkte Bundessteuer erfolgte mit
Veranlagungsverfügung (Steuerrechnung) der Dienstabteilung Bundessteuer vom
25. September 2009.
B. Hiergegen erhob der Pflichtige mit Eingaben vom 20./22. Oktober 2009
Einsprache und beantragte, der Unterstützungsabzug für B sowie der zusätzliche Ab-
zug für Versicherungsprämien seien zu gewähren, da B und seine Mutter in äusserst
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prekären wirtschaftlichen Verhältnissen lebten. Letztere sei insbesondere nicht in der
Lage, für die Hortkosten von B aufzukommen. Zur Beurteilung der Unterstützungsbe-
dürftigkeit sei nicht auf die gemeinsame Steuererklärung des Ehepaars F abzustellen,
da es sich hierbei um eine Scheinehe handle.
Mit Auflage vom 4. Januar 2010 forderte das kantonale Steueramt den Pflich-
tigen im Einspracheverfahren auf, die für die Gewährung des Unterstützungsabzugs
vorausgesetzte Unterstützungsbedürftigkeit des Ehepaars F sowie die geleisteten Un-
terstützungszahlungen nachzuweisen. Aufgrund eines Telefongesprächs mit dem
Pflichtigen vom 7. Januar 2010 bestätigte der Steuerkommissär diesem mit Schreiben
vom 12. Januar 2010, dass die Unterstützungsbedürftigkeit der Eltern und nicht dieje-
nige des Kindes ausschlaggebend sei und belegte dies mit entsprechender Fachlitera-
tur.
Mit Eingabe vom 15. Januar 2010 erklärte der Pflichtige, auf die finanzielle
Situation des Ehepaars F dürfe vorliegend nicht abgestellt werden, da der Ehemann
nicht B Vater sei und zu dem Kind nicht die geringste Beziehung pflege. Es käme des-
halb allein auf die finanzielle Situation von C und D, dem leiblichen Vater von B, an, zu
deren prekären wirtschaftlichen Verhältnissen er bereits Stellung genommen habe. Im
Übrigen habe er die Nachweise für die geleisteten Unterstützungszahlungen bereits
eingereicht. Neben anderen, vorliegend nicht mehr relevanten Belegen, reichte der
Pflichtige mit seiner Eingabe eine von C unterzeichnete Erklärung ein, wonach sie nie
über genügend finanzielle Mittel verfügt habe, um die Hortkosten für B zu tragen und
von B leiblichem Vater nie Alimente erhalten habe. In der Erklärung heisst es weiter,
auch ihr Ehemann, der keinen persönlichen Kontakt mit B pflege, habe sich nie an den
Hortkosten beteiligt, wofür ihm ohnehin die finanziellen Mittel fehlten.
Mit Mahnung vom 9. Februar 2010 forderte das kantonale Steueramt den
Pflichtigen erneut auf, die Unterstützungsbedürftigkeit des Ehepaars F sowie die ge-
leisteten Unterstützungszahlungen nachzuweisen. Nachdem diese Mahnung unbeant-
wortet blieb, wies das kantonale Steueramt die Einsprachen mit Entscheiden vom
24. März 2010 ab in der Erwägung, der Pflichtige habe die Unterstützungsbedürftigkeit
der Eltern von B nicht nachgewiesen.
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C. Am 15. April 2010 erhob der Pflichtige hiergegen Rekurs bzw. Beschwer-
de. Zur Begründung verwies er im Wesentlichen auf die Ausführungen in der Steuer-
erklärung, der Einsprache sowie der Eingabe vom 15. Januar 2010, wobei er sich ins-
besondere zur Scheinehe seiner Exfrau sowie zu deren Bedürftigkeit noch einmal aus-
führlich äusserte.
Mit Rekurs-/Beschwerdeantwort vom 28. April 2010 schloss das kantonale
Steueramt auf kostenfällige Abweisung der Rechtsmittel, wobei es grundsätzlich auf
die Begründung in den Einspracheentscheiden verwies. Die Eidgenössische Steuer-
verwaltung liess sich nicht vernehmen.
Auf das Ergebnis der Tatsachenerhebungen im Einschätzungs- und Veranla-
gungsverfahren und die weiteren Vorbringen der Parteien wird – soweit rechtserheb-
lich – in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen. | Der Einzelrichter zieht in Erwägung:
1. a) Laut § 34 Abs. 1 lit. b des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (in der hier
massgeblichen Fassung vom 25. August 2003, StG) werden für die Steuerberechnung
vom Reineinkommen als Unterstützungsabzug für erwerbsunfähige oder beschränkt
erwerbsfähige Personen, an deren Unterhalt der Steuerpflichtige mindestens in der
Höhe des Abzugs beiträgt, je Fr. 2'500.- abgezogen. Näheres dazu wird in den Wei-
sungen der Finanzdirektion über Sozialabzüge und Steuertarife vom 20. September
2000 und 18. Dezember 2009 geregelt (ZStB I Nr. 20/001 und 20/002; nachfolgend
Weisungen). Bei der direkten Bundessteuer beträgt der entsprechende Abzug
Fr. 6'100.- (vgl. Art. 213 Abs. 1 lit. b sowie Art. 215 des Bundesgesetzes über die direk-
te Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 [DBG] i.V.m. der Verordnung über den Aus-
gleich der Folgen der kalten Progression für die natürlichen Personen bei der direkten
Bundessteuer vom 4. März 1996).
b) Grundvoraussetzung für die Gewährung des Unterstützungsabzugs bildet
– obschon im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt – die Unterstützungsbedürftigkeit der
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unterstützten Person (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG,
2. A., 2009, Art. 213 N 63 ff. DBG und Kommentar zum harmonisierten Zürcher
Steuergesetz, 2. A., 2006, § 34 N 55 ff. StG sowie RZ 31 ff. Weisungen, auch zum
Folgenden). Eine solche ist immer dann gegeben, wenn die unterstützte Person aus
objektiven Gründen, unabhängig von ihrem Willen längerfristig nicht in der Lage ist,
ganz oder teilweise für ihren Lebensunterhalt aufzukommen und deshalb auf Hilfe an-
gewiesen ist. Die Praxis nimmt dabei für die Feststellung der Unterstützungsbedürftig-
keit Zuflucht durch Festlegung bestimmter Einkommens- bzw. Vermögensobergrenzen.
In Zürich gilt eine Personen mit steuerrechtlichem Wohnsitz in der Schweiz als unter-
stützungsbedürftig, wenn eine alleinstehende Person über ein steuerbares Einkommen
von weniger als Fr. 13'000.- bzw. Fr. 15'000.- und ein steuerbares Vermögen von we-
niger als Fr. 46'000.- bzw. Fr. 50'000.- und Ehegatten über ein steuerbares Einkommen
von weniger als Fr. 19'000.- bzw. Fr. 22'000.- sowie ein steuerbares Vermögen von
weniger als Fr. 92'000.- bzw. Fr. 100'000.- verfügen.
Vorausgesetzt ist weiter, dass die unterstützte Person erwerbsunfähig oder
beschränkt erwerbsfähig ist, wobei die vollständige oder teilweise Einschränkung der
Erwerbsfähigkeit in erster Linie durch körperliche oder geistige Gebrechen verursacht
sein muss (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 213 N 68 ff. DBG und § 34 N 60 ff. StG
mit Hinweisen, auch zum Folgenden, sowie RZ 28 f. Weisungen). Es können darüber
hinaus aber auch weitere Gründe dazu führen, dass die unterstützte Person nicht er-
werbsfähig ist, z.B. wenn sich eine volljährige Person noch in Ausbildung befindet. Von
Erwerbsunfähigkeit ist auch bei Minderjährigen auszugehen, wobei sich die Unterstüt-
zungsbedürftigkeit dabei in erster Linie nach den unterhaltsverpflichteten Eltern richtet.
Sind diese in der Lage, ihren Unterhaltspflichten nachzukommen und tun sie das auch,
sind die Voraussetzungen für einen Unterstützungsabzug nicht gegeben.
Schliesslich müssen die Unterstützungsleistungen hinreichend nachgewiesen
werden, wobei der Steuerpflichtige eine Bestätigung der unterstützten Person über Art,
Zeitpunkt und Höhe der erfolgten Unterstützungen sowie auf Verlangen Zahlungsbele-
ge vorzulegen hat (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 213 N 57 DBG und § 34 N 49
StG sowie RZ 37 Weisungen).
Diese Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein, ansonsten ein Unterstüt-
zungsabzug zu verweigern ist. Massgebend sind dabei gemäss Art. 213 Abs. 2 DBG
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bzw. § 34 Abs. 2 StG die Verhältnisse am Ende der Steuerperiode, d.h. am
31. Dezember um 24 Uhr (Stichtag). Nur wenn die Voraussetzungen für die Gewäh-
rung des Abzuges an diesem Tag noch fortbestehen, kann der Abzug gewährt werden
(Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Art. 213 N 79 ff. DBG und § 34 N 73 f. StG).
c) Die Umstände, die den Unterstützungsabzug als berechtigt erscheinen
lassen, sind steuermindernder Natur und daher vom Steuerpflichtigen darzutun und
nachzuweisen (RB 1987 Nr. 35). Den Nachweis hat er spätestens mit Rekurs-/Be-
schwerdeschrift durch eine substanziierte Sachdarstellung anzutreten, aus welcher
sämtliche für die rechtliche Würdigung massgeblichen Tatsachen im Einzelnen hervor-
zugehen haben. Eine fehlende Substanziierung kann nicht im Beweisverfahren nach-
geholt werden (RB 1980 Nr. 69). Überdies hat der Steuerpflichtige die zum Beweis für
seine Darstellung erforderlichen Beweismittel einzureichen oder unter genauer Be-
zeichnung zumindest anzubieten (RB 1975 Nr. 55, 1986 Nr. 49). Fehlt es an einer hin-
reichenden Sachdarstellung oder Beweismittelofferte, trifft die Rekurskommission keine
weitere Untersuchungspflicht (RB 1975 Nr. 64, 1981 Nr. 90) und hat eine Beweisab-
nahme zu unterbleiben mit der Wirkung, dass der Nachweis der fraglichen Aufwendun-
gen zu Ungunsten des hierfür beweisbelasteten Steuerpflichtigen als gescheitert zu
betrachten ist.
2. a) Der Pflichtige machte in der Steuererklärung 2007 einen Unterstützungs-
abzug für den 1998 geborenen B, den Sohn seiner Exfrau C geltend. Bei den vom
Pflichtigen erbrachten Unterstützungsleistungen handelt es sich gemäss den einge-
reichten Belegen um die Kosten für einen Ganztagshort für das Jahr 2007 sowie um
Kosten für Freizeit- und Ferienaktivitäten sowie allgemeinen Lebensunterhalt von total
Fr. 4'200.-. Wie gesehen bedarf es zur Abzugsfähigkeit dieser Kosten allem voran der
Unterstützungsbedürftigkeit des Begünstigten. Da es sich vorliegend bei letzterem um
ein minderjähriges Kind handelt, ist jedoch gemäss obigen Ausführungen nicht dessen
Bedürftigkeit, sondern diejenige der unterhaltsverpflichteten Eltern massgebend. Im
Fall von B ist indes aufgrund der vertrackten familiären Verhältnisse nicht ohne Weite-
res klar, wer als "unterhaltsverpflichtete Eltern" zu gelten hat, was denn auch einen der
Streitpunkte im vorliegenden Verfahren darstellt. Daher gilt es diese Frage vorab zu
klären.
- 7 -
1 ST.2010.119 1 DB.2010.91
aa) B lebt bei seiner Mutter C, die auf jeden Fall von Gesetzes wegen für den
Unterhalt des Kindes aufzukommen hat (Art. 276 Abs. 1 ZGB). Der leibliche Vater von
B, D, sass gemäss (unbestrittenen) Aussagen des Pflichtigen im Jahr 2007 wegen ver-
schiedener Delikte im Gefängnis, bis er im November 2007 aus der Schweiz ausge-
wiesen wurde, und wurde nie offiziell als Vater von B registriert. Damit fällt D als unter-
haltsverpflichteter Vater ausser Betracht, sodass seine finanziellen Verhältnisse
– entgegen der Ansicht des Pflichtigen – für die Beurteilung der Bedürftigkeit nicht aus-
schlaggebend sind. Überdies geht aus den Akten nicht hervor, dass jemals eine ande-
re Person die Vaterschaft für B anerkannt hat oder rechtsverbindlich als dessen Vater
festgestellt wurde. Die Aussage des Pflichtigen, die Vormundschaftsbehörde habe
1998 dem Bezirksgericht fälschlicherweise den Bruder von D als Vater von B gemeldet
ist diesbezüglich unbeachtlich. Es ist demnach davon auszugehen, dass B keinen
rechtlichen Vater hat, der gemäss Art. 276 Abs. 1 ZGB unterhaltsverpflichtet wäre.
Seine Mutter ist jedoch seit geraumer Zeit mit E verheiratet und war dies bereits in der
betroffenen Steuerperiode. Wie schon das kantonale Steueramt in seinem Einsprache-
entscheid richtig ausführte, hat ein Ehegatte dem anderen gemäss Art. 278 ZGB auch
in der Erfüllung der Unterhaltspflicht gegenüber vorehelichen Kindern in angemessener
Weise beizustehen. Daraus ergibt sich, dass E gegenüber B unterhaltsverpflichtet ist,
auch wenn er nicht dessen (biologischer oder rechtlicher) Vater ist. Mithin ist der An-
sicht des kantonalen Steueramts beizupflichten, dass vorliegend grundsätzlich auf die
Bedürftigkeit des Ehepaars F als unterhaltsverpflichtete Eltern von B abzustellen ist.
bb) Dagegen machte der Pflichtige wiederholt geltend, das Ehepaar F führe
eine Scheinehe und E habe effektiv noch nie mit C zusammengewohnt, weshalb seine
finanziellen Verhältnisse bei der Beurteilung der Bedürftigkeit keinesfalls ausschlagge-
bend sein dürften. Er gibt an, E pflege keinerlei Beziehung zu B und er habe sich nie
finanziell an dessen Unterhalt beteiligt, was auch die Mutter in einer entsprechenden
Erklärung bestätigt. Abgesehen von dieser sowie einer im Rekursverfahren eingereich-
ten Erklärung der Tochter, G, wonach diese von der Verheiratung ihrer Mutter mit E
erst im Nachhinein erfahren habe und ihre Mutter aus persönlichen Gründen seit min-
destens Ende 2006 getrennt von ihrem Ehemann lebe, wurden jedoch keine Belege für
das Vorliegen einer Scheinehe beigebracht. Damit aber bleiben die tatsächlichen Ver-
hältnisse im Dunkeln, da allein die erwähnten Erklärungen nicht ausreichen, um das
Vorliegen einer Scheinehe als erwiesen zu betrachten. Letztlich kann diese Frage aber
ohnehin offen bleiben, ebenso wie die Frage, inwieweit das Vorliegen einer Scheinehe
- 8 -
1 ST.2010.119 1 DB.2010.91
tatsächlich dazu führen würde, dass die finanziellen Verhältnisse von E bei der Beurtei-
lung der Bedürftigkeit nicht massgebend sein dürfen. Denn selbst wenn man den Be-
hauptungen des Pflichtigen Glauben schenkt und aus diesem Grund allein auf die Be-
dürftigkeit von C abstellt, kann den Begehren des Pflichtigen letztlich mangels aus-
reichender Beweise nicht entsprochen werden:
cc) Wie erwähnt sind die Umstände, die den Unterstützungsabzug als berech-
tigt erscheinen lassen, steuermindernder Natur und damit vom Pflichtigen dazutun und
nachzuweisen. In diesem Sinn wurde er vom kantonalen Steueramt mehrfach aufge-
fordert, die Unterstützungsbedürftigkeit der Eltern von B, d.h. des Ehepaars F, zu bele-
gen. Diesen Aufforderungen kam der Pflichtige jedoch nicht nach, auch nicht mit Bezug
auf die seines Erachtens allein massgebliche Bedürftigkeit von C. Vielmehr begnügte
er sich damit, wiederholt zu erklären, C, die in der Steuerperiode 2007 nur unregel-
mässig als Reinigungskraft tätig gewesen sei, lebe in äusserst prekären wirtschaftli-
chen Verhältnissen und sei daher insbesondere nicht in der Lage, für die Hortkosten
von B aufzukommen. Dass solche Aussagen allein keinen ausreichenden Beweis für
die Bedürftigkeit von C darstellen, liegt auf der Hand und war offensichtlich auch dem
Pflichtigen bewusst, als er im Einspracheverfahren erklärte: „Aufgrund der vorgenann-
ten sehr schwierigen und vertrackten Umstände sowie dem jahrelang sehr angespann-
ten Verhältnis zu meiner Exgattin wäre es zuviel verlangt, dass ich Ihnen die effektiven
wirtschaftlichen Verhältnisse von Bs Mutter, meiner Exgattin beweisen müsste. Bei
einer so verspäteten definitiven Veranlagung dürfte diese zwischenzeitlich ohnehin
Beweisstücke wie Lohnabrechnungen etc. beseitigt haben“. Da im Übrigen auch mit
dem Rekurs bzw. der Beschwerde keine Belege nachgereicht wurden, steht somit fest,
dass der Pflichtige die zum Nachweis der Bedürftigkeit erforderlichen Beweismittel bis
heute weder eingereicht noch angeboten hat. Die Umstände, die er dafür verantwort-
lich macht, mögen allenfalls zutreffen, sind hinsichtlich der ihm obliegenden Beweislast
jedoch nicht massgebend.
b) Hat es der Pflichtige dergestalt unterlassen, betreffend die Voraussetzun-
gen des Unterstützungsabzugs – namentlich die Bedürftigkeit der unterstützten Person
(bzw. der unterhaltsverpflichteten Eltern) – eine substanziierte Sachdarstellung zu ge-
ben und entsprechende Belege einzureichen oder zumindest zu offerieren, so trifft die
Steuerrekurskommission keine weitere Untersuchungspflicht, mit der Wirkung, dass
der Nachweis dieser Voraussetzungen zu seinen Ungunsten ohne Weiteres als ge-
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1 ST.2010.119 1 DB.2010.91
scheitert zu betrachten ist. Sind die Voraussetzungen des Unterstützungsabzugs nicht
erfüllt, hat ihn das kantonale Steueramt zu Recht nicht gewährt.
c) Es sei an dieser Stelle noch darauf hingewiesen, dass die Behauptung des
Pflichtigen, H vom kantonalen Steueramt habe ihm am 10. Februar 2009 (recte: 2010)
telefonisch mitgeteilt, er habe keine weiteren Unterlagen einzureichen, keine Rolle
spielt. Denn selbst wenn es so gewesen wäre und der Pflichtige im Vertrauen auf diese
Aussage auf das Einreichen weiterer, relevanter Unterlagen im Einspracheverfahren
verzichtet hätte, so hätte er dies im Rekursverfahren noch nachholen können, ohne
dass ihm daraus ein Nachteil erwachsen wäre. Dass er dies nicht getan hat, zeigt aber,
dass solche Unterlagen offensichtlich gar nicht vorhanden waren, womit die angebliche
Aussage von H letztlich unbedeutend war. Somit kann denn auch offenbleiben, was
nun tatsächlich der Inhalt des Telefongesprächs war.
d) Anzumerken bleibt sodann, dass der vom Pflichtigen geltend gemachte
zusätzliche Abzug für Versicherungsprämien gemäss Art. 212 Abs. 1 DBG bzw. § 31
Abs. 1 lit. g StG seinerseits den Nachweis des vollen Unterstützungsabzugs gemäss
Art. 213 Abs. 1 lit. b DBG bzw. § 34 Abs. 1 lit. b StG voraussetzt (Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter, Art. 212 N 6 DBG und § 31 N 130 StG) und deshalb ebenfalls nicht ge-
währt werden kann.
3. Nach dem Gesagten sind der Rekurs bzw. die Beschwerde vollumfänglich
abzuweisen. Ausgangsgemäss hat der Pflichtige die Kosten zu tragen (Art. 144
Abs. 1 DBG und § 151 Abs. 1 StG). | Public | Tax | de | 2,010 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |
60c93ec1-6302-4f5e-a9ef-a70a91e70dc7 | hat sich ergeben:
A. A und B (nachfolgend der/die Pflichtige bzw. zusammen die Pflichtigen)
haben ihren Wohnsitz in D/Deutschland. In der Schweiz verfügen sie über verschiede-
ne Liegenschaften, u.a. in C an der ...strasse .. über ein Mehrfamilienhaus. In
E/Kanton G betreibt der Pflichtige ein Hotel als Einzelfirma. Gemäss Steuererklärung
2009 des Kantons G erlitt er damit im Jahr 2009 einen Verlust von Fr. 255'523.-.
Am 13. Juni 2012 schätzte der Steuerkommissär die Pflichtigen für die Steu-
erperiode 2009 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 126'100.- (satzbestimmend
Fr. 703'800.-) und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 2'905'000.- (satzbestimmend
Fr. 24'643'000.-) ein. Das steuerbare Einkommen beschränkte er auf den Nettoertrag
der hiesigen Liegenschaft, jedoch ohne den Verlust aus der selbstständigen Erwerbs-
tätigkeit des Pflichtigen im Kanton G zu berücksichtigen. Diesen Verlust wies er voll-
ständig dem Hauptsteuerdomizil in Deutschland zu und akzeptierte ihn nur beim satz-
bestimmenden Einkommen.
B. Hiergegen liessen die Pflichtigen am 13. Juli 2012 Einsprache erheben und
beantragen, sie mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 0.- einzuschätzen, indem
der Verlust aus der selbstständigen Erwerbstätigkeit mit dem hiesigen Liegenschaften-
ertrag zu verrechnen sei. Das steuerbare Vermögen blieb unbestritten. Das kantonale
Steueramt wies die Einsprache am 2. April 2013 ab und erhöhte gleichzeitig das steu-
erbare Einkommen um im vorliegenden Verfahren nicht mehr streitige Positionen auf
Fr. 126'900.- (satzbestimmend Fr. 1'805'000.-).
C. Mit "Beschwerde" (recte: Rekurs) vom 27. April 2013 liessen die Pflichtigen
den Einspracheantrag erneuern und die Zusprechung einer Parteientschädigung ver-
langen. Das kantonale Steueramt schloss am 10. Juni 2013 auf Abweisung des Rekur-
ses.
- 3 -
1 ST.2013.97
Der verlangte Kostenvorschuss wurde von den Pflichtigen fristgerecht geleis-
tet. | Die Kammer zieht in Erwägung:
1. Die Pflichtigen beantragen mit dem Rekurs die Durchführung eines zweiten
Schriftenwechsels. Darauf haben sie jedoch keinen Anspruch, ist ein zweiter Schrif-
tenwechsel gemäss § 148 Abs. 2 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 (StG) doch nur
ausnahmsweise anzuordnen und liegt ein solcher Ausnahmefall nicht vor. Insbesonde-
re hat das kantonale Steueramt in der (den Pflichtigen zugestellten) Rekursantwort auf
eine Vernehmlassung ausdrücklich verzichtet und lediglich auf den Einspracheent-
scheid verwiesen, sodass von den Pflichtigen keine Replik einzuholen war.
2. Natürliche Personen ohne steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt im
Kanton sind gemäss § 4 Abs. 1 StG aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit steuer-
pflichtig, wenn sie u.a. an Grundstücken im Kanton Eigentum, dingliche Rechte oder
diesen wirtschaftlich gleichkommende persönliche Nutzungsrechte haben (lit. b).
Bei persönlicher Zugehörigkeit ist die Steuerpflicht gemäss § 5 Abs. 1 StG
unbeschränkt; sie erstreckt sich aber nicht auf Geschäftsbetriebe, Betriebsstätten und
Grundstücke ausserhalb des Kantons. Bei wirtschaftlicher Zugehörigkeit beschränkt
sich die Steuerpflicht laut § 5 Abs. 2 StG auf die Teile des Einkommens und Vermö-
gens, für die gemäss § 4 StG eine Steuerpflicht im Kanton besteht. Die Steueraus-
scheidung für Geschäftsbetriebe, Betriebsstätten und Grundstücke erfolgt im Verhältnis
zu andern Kantonen und zum Ausland nach den Grundsätzen des Bundesrechts über
das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung, allerdings vorbehältlich Abs. 4
(§ 5 Abs. 3 StG). Steuerpflichtige ohne Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz haben
für Geschäftsbetriebe und Betriebsstätten das im Kanton erzielte Einkommen und das
im Kanton gelegene Vermögen zu versteuern (§ 5 Abs. 4 StG).
- 4 -
1 ST.2013.97
3. a) Die Pflichtigen haben ihr Hauptsteuerdomizil zufolge Wohnsitz in
Deutschland und verfügen im Kanton Zürich nur über eine Liegenschaft. Sie sind daher
hier gemäss § 4 Abs. 1 StG bloss kraft wirtschaftlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig,
wobei sich die Steuerpflicht beim Einkommen auf den Liegenschaftenertrag und beim
Vermögen auf die Liegenschaft beschränkt (§ 5 Abs. 2 StG). Dies ist nicht streitig.
b) Die Meinungen der Parteien gehen jedoch darüber auseinander, wie die
erforderliche Steuerausscheidung hinsichtlich des vom Pflichtigen mit der selbstständi-
gen Erwerbstätigkeit im Kanton G erlittenen Verlusts vorzunehmen ist, d.h. welchem
Steuerdomizil dieser Verlust zuzuweisen ist. Der Verlust selber bildet dabei nicht Ge-
genstand der Differenzen und wird vom kantonalen Steueramt, wie deklariert, mit
Fr. 255'523.- anerkannt.
4. a) Vorab ist die gesetzliche Grundlage der Steuerausscheidung streitig.
Während sich die Pflichtigen auf § 5 Abs. 4 StG stützen, erachtet das kantonale Steu-
eramt § 5 Abs. 3 StG für anwendbar.
Abs. 4 von § 5 StG regelt seinem klaren Wortlaut entsprechend nur die Aus-
scheidung von Steuerpflichtigen ohne Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz, die
zudem hier über Geschäftsbetriebe oder Betriebsstätten verfügen, während die Steu-
erpflichtigen ohne hiesigen Wohnsitz oder Aufenthalt mit Grundstücken nicht erwähnt
werden. Darin ist keine unbeabsichtigte Unterlassung bzw. ein Versehen des Gesetz-
gebers zu erblicken, stellt Abs. 4 doch ausdrücklich eine Ausnahmeregelung von
Abs. 3 dar, welch letztere Bestimmung die Steuerausscheidung klar bei Steuerpflichti-
gen mit Geschäftsbetrieben, Betriebsstätten und Grundstücken regelt, sodass sich der
Gesetzgeber bei Formulierung des nachfolgenden Abs. 4 der Beschränkung auf die
Steuerpflichtigen mit Geschäftsbetrieben und Betriebsstätten, d.h. ohne Erwähnung
derjenigen mit Grundstücken, zwangsläufig bewusst sein musste. Die Beschränkung
hat auch einen sachlichen Grund, da es bei ausländischen Personen ohne hiesigen
Wohnsitz bzw. Aufenthalt mit Geschäftsbetrieben/Betriebsstätten bisweilen schwierig
sein kann, zuverlässige Unterlagen über die Gesamtfaktoren ihres Unternehmens zu
erhalten. Es drängt sich daher bei diesen Personen die Anwendung der objektmässi-
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1 ST.2013.97
gen Ausscheidungsmethode, wie sie in § 5 Abs. 4 StG statuiert ist, auf, da diese Me-
thode ohne die genannten Unterlagen auskommt (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter,
Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. A., 2013, § 5 N 95 mit Verweisungen). Bei
den Pflichtigen, die hier zwar keinen Wohnsitz haben, aber über ein Grundstück verfü-
gen, scheidet daher § 5 Abs. 4 StG als Grundlage für die Steuerausscheidung ohne
weiteres aus.
Die Pflichtigen betrachten Abs. 3 von § 5 StG aber auch deshalb für sie als
nicht anwendbar, weil die Bestimmung nur für die Steuerpflichtigen mit Wohnsitz oder
Aufenthalt in der Schweiz gelte, während sie ihren Wohnsitz in Deutschland hätten und
sich in der Schweiz auch nicht aufhielten. Dem ist nicht zu folgen, da eine solche Ein-
schränkung schon aus dem Wortlaut von Abs. 3 Satz 1 nicht hervorgeht und zudem
der Gesetzessystematik widerspricht. So wird in den Abs. 1 und 2 von § 5 StG der Um-
fang der Steuerpflicht bei unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht geregelt und
in anschliessenden Abs. 3 die Steuerausscheidung nicht nur für eine spezifische Art
von Steuerpflichtigen, insbesondere nicht bloss für diejenigen mit hiesigem Wohn-
sitz/Aufenthalt, bestimmt. Abs. 3 gilt daher sowohl für die Steuerpflichtigen mit unbe-
schränkter als auch solche mit beschränkter Steuerpflicht. Im Übrigen ist auch Art. 6
Abs. 3 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990
(DBG) gleich wie § 5 Abs. 3 StG ausgestaltet und legt auch diese Bestimmung die
Steuerausscheidungsregeln sowohl für die Steuerpflichtigen mit hiesigem Wohn-
sitz/Aufenthalt als auch für diejenigen mit beschränkter Steuerpflicht in der Schweiz
und unbeschränkter Steuerpflicht im Ausland fest (Athanas/Giglio, in: Kommentar zum
Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, 2. A., 2008, Art. 6 N 16 DBG). Nicht weiter
hilft sodann auch der von den Pflichtigen angeführte Umstand, dass Richner/Frei/Kauf-
mann/Meuter in ihrem Kommentar als Titel von § 5 Abs. 3 StG "Steuerausscheidungen
bei schweizerischem Wohnsitz oder Aufenthalt" verwenden, da sie diese Einschrän-
kung nicht begründen und damit im Titel wohl einfach den Hauptfall der verschiedenen
Steuerausscheidungsvarianten herausgegriffen haben.
Demnach ist als gesetzliche Grundlage für die bei den Pflichtigen bezüglich
der Liegenschaft in C zu treffenden Steuerausscheidung § 5 Abs. 3 StG anzuwenden.
- 6 -
1 ST.2013.97
b) Streitig ist sodann auch die auf dieser Gesetzesgrundlage vorzunehmende
Steuerausscheidung selber.
aa) Das für die Steuerausscheidung gemäss § 5 Abs. 3 StG massgebende
Bundesrecht über das Verbot der Doppelbesteuerung wird in gesetzesvertretender
Weise durch die vom Bundesgericht aufgestellten Kollisionsregeln gebildet. Diese Re-
geln gelten kraft § 5 Abs. 3 StG sowohl im interkantonalen als auch im internationalen
Verhältnis, wobei jedoch in letzterem Verhältnis abweichende Bestimmungen eines
allfälligen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) vorgehen (Richner/Frei/Kaufmann/
Meuter, § 5 N 2 und 6). Grundstücke werden bei den unbeschränkt und beschränkt
steuerpflichtigen Personen grundsätzlich am Ort der gelegenen Sache besteuert, d.h.
es kommt die objektmässige Ausscheidung zur Anwendung (BGr, 21. August 2007,
2A.36/2007, www.bger.ch). Im internationalen Verhältnis ist dabei unerheblich, ob sich
die Liegenschaften im Privat- oder Geschäftsvermögen befinden (Ernst Höhn, Hand-
buch des internationalen Steuerrechts der Schweiz, 2. A., 1993, S. 320 f.). Gewin-
nungskosten wie Verwaltungs-, Betriebs-, Unterhaltskosten und Kausalabgaben sowie
Objektsteuern werden objektmässig auf die zur Besteuerung der entsprechenden Ein-
künfte berechtigten Kantone verlegt, ebenso die Schuldzinsen, allerdings nach Lage
der Aktiven (Höhn/Mäusli, Interkantonales Steuerrecht, 4. A., 2000, § 21 Ziff. 7 und 11).
Diese Grundsätze der objektmässigen Ausscheidung für die hiesige Liegen-
schaft der Pflichtigen in C hat die Vorinstanz korrekt umgesetzt, indem sie den Nettoer-
trag aus dem Objekt von Fr. 176'556.-, abzüglich der anteiligen Schuldzinsen von ins-
gesamt Fr. 49'107.-, dem Kanton Zürich zur Besteuerung zugewiesen und dergestalt
ein zu besteuernder Betreffnis von Fr. 127'449.- ermittelt hat.
Insofern wird die Steuerausscheidung von den Pflichtigen denn auch nicht in
Frage gestellt. Zu prüfen bleibt demnach allein noch die Zuweisung des aus der selbst-
ständigen Erwerbstätigkeit des Pflichtigen im Kanton G erlittenen Verlusts von
Fr. 255'523.-.
bb) Bei der Steuerausscheidung für selbstständigerwerbende natürliche Per-
sonen, die ihre Personenunternehmung ausserhalb des Hauptsteuerdomizilkantons in
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1 ST.2013.97
ständigen Anlagen und Einrichtungen führen und damit ein Nebensteuerdomizil des
Geschäftsorts begründen, handelt es sich entweder um Inhaber von Einzelunterneh-
mungen oder um Teilhaber von Personengesellschaften (Kollektiv- und Kommanditge-
sellschaften, einfache Gesellschaft, stille Gesellschaft).
Für die Steuerausscheidung zwischen Hauptsteuerdomizil und Geschäftsort
werden dabei die geschäftlichen Einkünfte der selbstständigerwerbenden Personen
(objektmässig) dem Geschäftsort und die privaten Einkünfte dem Hauptsteuerdomizil
zugewiesen, ebenso die jeweiligen Gewinnungskosten zur Erzielung dieser Einkünfte
(Höhn/Mäusli, § 22 Ziff. 9 f.). Geschäftsverluste aus der am Geschäftsort betriebenen
Einzelunternehmung sind daher dieser objektmässigen Betrachtung folgend ebenfalls
von den am Hauptsteuerdomizil steuerbaren Einkommen in Abzug zu bringen. Dies hat
seinen Grund im Schlechterstellungsverbot, wonach der Steuerpflichtige bei Steuer-
pflicht in mehreren Kantonen nicht für mehr als sein Reineinkommen besteuert werden
darf (Höhn/Mäusli, § 22 Ziff. 11 i.V.m. § 4 Ziff. 27, BGE 98 Ia 574). Die Verlustüber-
nahme durch das Hauptsteuerdomizil hat jedoch nur im Umfang der dort vorhandenen
Einkünfte zu erfolgen (Höhn/Mäusli, § 22 Ziff. 16).
Sind neben dem Hauptsteuerdomizil – wie vorliegend – mehrere Nebensteu-
erdomizile mit Grundstücken und/oder Geschäftsorten vorhanden, gilt der allgemeine
Steuerausscheidungsgrundsatz, dass die Aktiven, Einkünfte und Gewinnungskosten
objektmässig nach den Zuteilungsnormen zuzuweisen sind (Höhn/Mäusli, § 23 Ziff. 4).
Im Speziellen sind Überschüsse von Gewinnungskosten (ohne Schuldzinsen) über die
an den Nebensteuerdomizilen steuerbaren Einkünfte wiederum vom Hauptsteuer-
domizil zu übernehmen. Ein dadurch am Hauptsteuerdomizil seinerseits entstehender
Gewinnungskostenüberschuss ist sodann von den übrigen Nebensteuerdomizilen zu
tragen, und zwar im Verhältnis der auf sie entfallenden Einkommensanteile
(Höhn/Mäusli, § 23 Ziff. 6 ff.).
cc) Demnach ist der fragliche Verlust aus der selbstständigen Erwerbstätigkeit
des Pflichtigen im Kanton G von Fr. 255'523.- dessen Hauptsteuerdomizil in
D/Deutschland zuzuweisen.
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1 ST.2013.97
Es ist nicht streitig, dass die am Hauptsteuerdomizil steuerbaren Einkünfte
diesen Verlust (bei weitem) übersteigen, sodass keine Weiterverrechnung des Letzte-
ren an die Nebensteuerdomizile in den Kantonen Zürich und H zu erfolgen hat.
c) Die Pflichtigen wenden gegen diese Ausscheidung ein, der Verlust sei zu-
erst in der gleichen Steuerhoheit zu verrechnen, wobei diese Steuerhoheit gewisser-
massen der "Kanton Schweiz" mit seinen drei Nebensteuerdomizilen in den Kantonen
G, Zürich und H darstelle. Erst wenn danach noch ein Verlust übrig bliebe, was aber
nicht der Fall sei, müsste dieser vom Hauptsteuerdomizil von der andern Steuerhoheit
(Deutschland) übernommen werden.
Die Pflichtigen übersehen, dass die Steuerhoheit bei den vorliegend streitbe-
troffenen Staats- und Gemeindesteuern dem Kanton Zürich zusteht und es daher inso-
fern keine Steuerhoheit "Schweiz" zu berücksichtigen gilt. Eine vorgängige
Verrechnung des streitigen Verlusts mit den steuerbaren Einkünften in den Neben-
steuerdomizilen der Kantone Zürich und H insgesamt im Sinn eines "Kantons Schweiz"
fällt daher – anders als im Recht der direkten Bundessteuer – ausser Betracht.
d) Demnach bleibt es bei Anwendung der Grundsätze des Bundesrechts über
das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung bzw. des innerstaatlichen Rechts
dabei, dass der Verlust vollumfänglich vom ausserkantonalen Hauptsteuerdomizil der
Pflichtigen und nicht vom hiesigen Nebensteuerdomizil zu tragen ist. Weil diese
Grundsätze gemäss § 5 Abs. 3 StG ausdrücklich auch im Verhältnis zum Ausland gel-
ten, spielt es keine Rolle, dass sich dieses Hauptsteuerdomizil in Deutschland befindet.
Der angefochtene Einspracheentscheid hat daher bezüglich der Anwendung des in-
nerstaatlichen Rechts Bestand.
5. a) Die interkantonalen Regeln kommen nach dem Gesagten dann nicht zur
Anwendung, wenn sie gegen die Bestimmungen eines DBAs verstossen (§ 5 Abs. 3
Satz 2 StG). In Frage kommt vorliegend wegen des Hauptsteuerdomizils der Pflichti-
gen in Deutschland das zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der
Bundesrepublik Deutschland am 11. August 1971 geschlossene Abkommen zur Ver-
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1 ST.2013.97
meidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und
vom Vermögen (DBA-D).
Gemäss Art. 7 Abs. 1 DBA-D können Gewinne eines Unternehmens eines
Vertragsstaates nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass das Unter-
nehmen seine Tätigkeit im andern Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstät-
te ausübt. Übt das Unternehmen seine Tätigkeit in dieser Weise aus, so können die
Gewinne des Unternehmens im andern Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit,
als sie dieser Betriebsstätte zugerechnet werden können. Der Ausdruck "Unternehmen
eines Vertragsstaates" verweist auf die Ansässigkeit des Unternehmers. Ein schweize-
risches Unternehmen ist daher ein Unternehmen, das von einer in der Schweiz ansäs-
sigen Person betrieben wird, und umgekehrt. Daher gilt auch ein Unternehmen, das
ausschliesslich in Deutschland von einer in der Schweiz ansässigen Person betrieben
wird, als schweizerisches Unternehmen (Peter Locher, Einführung in das internationale
Steuerrecht der Schweiz, 3. A., 2005, S. 321). Umgekehrt liegt bei einer in der Schweiz
von einer in Deutschland ansässigen Person betriebenen Unternehmung ein deut-
sches Unternehmen vor.
b) Vorliegend betreibt der Pflichtige im Kanton G als Einzelfirmainhaber ein
Hotel. Da er zufolge Wohnsitzes in Deutschland ansässig ist, handelt es sich bei die-
sem Betrieb nach dem Gesagten um ein deutsches Unternehmen. Trotzdem hat er den
damit erzielten Gewinn in der Schweiz zu versteuern, verfügt das Unternehmen doch
hier über seine einzige Betriebsstätte und erwirtschaftet es den Gewinn vollumfänglich
mit dieser.
Allerdings resultierte aus dem Hotel im streitbetroffenen Jahr 2009 kein Ge-
winn, sondern ein Verlust. Die Frage, wie Verluste eines (deutschen) Unternehmens,
dessen Gewinn der Schweiz zuzuordnen wäre, verlegt werden müssen, ist im DBA-D
nicht geregelt (vgl. Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb, Doppelbesteuerungsabkommen
Schweiz-Deutschland, Band 5, B 7.1 Nr. 22, auch zum Folgenden sowie
BGr, 10. Dezember 2003, 2P.14/2003, www.bger.ch). Massgebend für die Beantwor-
tung dieser Frage ist demnach das innerstaatliche schweizerische Recht. Nach diesem
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1 ST.2013.97
Recht (§ 5 Abs. 3 StG) ist der streitige Verlust – wie erwähnt – dem Hauptsteuerdomizil
in Deutschland und nicht den Nebensteuerdomizilen in der Schweiz zuzuordnen.
Als Resultat ist damit festzuhalten, dass der fraglichen Verlustverlegung auf
das Hauptsteuerdomizil in Deutschland das DBA-D nicht entgegensteht.
c) Der Einwand der Pflichtigen, die Methode der (unbedingten) Freistellung bei
der Steuerausscheidung gemäss DBA-D müsse bei Anwendung der so genannten
"Symmetriethese" nicht nur für positive Einkünfte, sondern auch für negative gelten,
verfängt nicht. Diese These entbehrt der erforderlichen gesetzlichen Grundlage, ist sie
doch im DBA-D nicht vorgesehen und lässt sich daraus auch nicht ableiten.
Entgegen dem Dafürhalten der Pflichtigen lässt sich sodann auch keine Ver-
letzung des Grundsatzes der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
gemäss Art. 127 Abs. 2 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV) erkennen. Die
Pflichtigen werden am zürcherischen Nebensteuerdomizil nicht für mehr besteuert, als
sie hier erwirtschaftet haben und ihnen an diesem Domizil kraft gesetzlicher Bestim-
mung auch zuzuordnen ist. Wenn aufgrund des Kollisionsrechts im DBA-D der streitige
Verlust aus der Betriebsstätte im Kanton G auf das Ausland (Deutschland) zu verlegen
ist und die Pflichtigen diesen dort – wie sie mutmassen – mangels innerstaatlicher Re-
gelung nicht zur Verrechnung bringen können, liegt mit andern Worten jedenfalls keine
von der Schweiz verursachte Besteuerung vor, die sich nicht an ihrer wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit orientiert. Im Übrigen hätten die Pflichtigen nach Art. 26 DBA-D
noch immer die Möglichkeit, ihren Fall unbeschadet des innerstaatlichen deutschen
Rechts den zuständigen Steuerbehörden Deutschlands zu unterbreiten, um eine für sie
befriedigende Lösung herbeizuführen, oder – sofern diese Behörden hierzu nicht in der
Lage sind – durch Verständigung der beiden Vertragsstaaten zu regeln.
d) Nach alledem erweist sich der angefochtene Einspracheentscheid vollum-
fänglich als rechtsbeständig.
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1 ST.2013.97
6. Diese Erwägungen führen zur Abweisung des Rekurses. Ausgangsgemäss
sind die Kosten des Verfahrens – unter Verrechnung mit dem geleisteten Kostenvor-
schuss – den Pflichtigen aufzuerlegen (§ 151 Abs. 1 StG). Die Zusprechung einer Par-
teientschädigung entfällt (§ 152 StG i.V.m. § 17 Abs. 2 des Verwaltungsrechtspflege-
gesetzes vom 24. Mai 1958/8. Juni 1997). | Public | Tax | de | 2,013 | ZH_SRK | ZH_SRK_001 | ZH | Zürich |