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Urteilskopf 99 IV 103 22. Urteil des Kassationshofes vom 1. Juni 1973 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen.
Regeste Art. 40 Abs. 2, 48 Abs. 1, 58 Abs. 3 des Bundesgesetzes über Jagd und Vogelschutz. 1. Der Übertretung von Art. 40 Abs. 2 JVG macht sich derjenige Jagdpächter schuldig, der ein innerhalb seines Reviers angeschossenes Wildschwein in einem angrenzenden Bezirk verfolgt mit der Absicht, das Tier zu erlegen und sich anzueignen (Erw. 1). 2. Wer i.S. von Art. 40 Abs. 2 JVG widerrechtlich jagt und sich das erlegte Tier aneignet, ist nur in Anwendung dieser Bestimmung und nicht auch gemäss Art. 48 Abs. 1 JVG zu bestrafen (Erw. 2). 3. Ein Jagdpolizeibeamter kann auch dann von der Jagdberechtigung ausgeschlossen werden, wenn er das ihm zur Last gelegte Jagddelikt in einem andern als dem ihm unterstellten Jagdrevier verübt hat (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 103 BGE 99 IV 103 S. 103 A.- X. ist Mitpächter und Jagdaufseher des Reviers Unterengstringen/ZH. Er ist zudem Mitpächter der im Kanton BGE 99 IV 103 S. 104 Schaffhausen gelegenen Jagdreviere Guntmadingen und Beringen-Süd. Samstag, den 22. Januar 1972, führte die Jagdgesellschaft des Reviers Beringen-Süd eine Treibjagd auf Wildschweine durch, an welcher auch X. teilnahm. Um ca. 15 Uhr wurde im betreffenden Revier ein Keiler aufgejagt, von verschiedenen Jagdteilnehmern beschossen und auch getroffen. Das Tier flüchtete in südöstlicher Richtung in das benachbarte Jagdrevier Neuhausen, wo es mindestens 10 m von der Reviergrenze entfernt tot liegen blieb. Während die Jagdgesellschaft die Verfolgung des flüchtenden Keilers aufgab, als dieser sich auf der Flucht der Grenze des Reviers Beringen-Süd näherte, folgte X. dessen Spuren als einziger. An der Grenze zum Nachbarrevier Neuhausen will er sein Gewehr abgestellt und hierauf das tote Tier innerhalb des Reviers Neuhausen aufgefunden haben. Mit Hilfe eines Spaziergängers schleppte er das tote Tier zurück in das Revier Beringen-Süd und gab hierauf einen simulierten Fangschuss in einen Baum ab. Darauf begab er sich zur Jagdgesellschaft zurück, um unter Mithilfe von zwei Gästen den Keiler auf sein Fahrzeug zu laden. Am Abend liess er sich zunächst als Erleger des Tieres feiern und nahm dieses dann an seinen Wohnort mit. Am Morgen des 23. Januar 1972 erstattete der Pächter des Jagdreviers Neuhausen, V., bei der Kantonspolizei Schaffhausen Anzeige gegen X. wegen Jagdfrevels. Um ca. 14 Uhr trat X. mit V. telefonisch in Verbindung, um ihm die hälftige Teilung des Erlöses aus dem erlegten Tier vorzuschlagen. Als V. dies ablehnte, überbrachte X. ihm gleichentags das tote Wildschwein an seinen Wohnort. B.- Das Übertretungsstrafamt Schaffhausen büsste X. am 17. Mai 1972 in Anwendung von Art. 40 Abs. 2, 48 Abs. 3, 56 Ziff. 1 und 4, 57 Ziff. 4 und 58 Abs. 1 und 3 Bundesgesetz über Jagd- und Vogelschutz (JVG) mit Fr. 800.-- und schloss ihn für 3 Jahre von der Jagdberechtigung auf dem Gebiet der Schweiz aus. Eine von X. erhobene Einsprache wurde von der Polizeidirektion des Kantons Schaffhausen am 2. August 1972 abgewiesen. Hierauf erklärte der Gebüsste Rekurs an den Bezirksrichter Schaffhausen. Dieser bestätigte am 11. Dezember 1972 die Strafverfügung der Polizeidirektion. C.- X. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde und BGE 99 IV 103 S. 105 beantragt Freisprechung von Schuld und Strafe. Eventuell sei er von der Anschuldigung des widerrechtlichen Jagens gemäss Art. 40 Abs. 2 JVG freizusprechen und vom Ausschluss von der Jagdberechtigung sei abzusehen. D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen beantragt Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 40 Abs. 2 JVG wird gebüsst, wer andere jagdbare Tiere als Hirsch-, Reh- oder Gemswild widerrechtlich jagt. a) Als Jagen wird jede Handlung betrachtet, die mittelbar oder unmittelbar darauf abzielt, wilde jagdbare Tiere in die Macht des Menschen zu bringen (BAUR: Zürcherisches Jagdrecht, S. 64). Es ist jene Tätigkeit, der die Absicht zugrunde liegt, auf das Wild in einer bestimmten Richtung einzuwirken, es zu fangen oder zu erlegen und sich dann anzueignen (WAECKERLING: Die Jagdvergehen nach eidgenössischem und kantonalem Recht, Diss. 1947 Zürich, S. 108). Nach den Feststellungen des Bezirksrichters hat der Beschwerdeführer die Jagdgesellschaft verlassen, als beim sogenannten Chäferhölzli im Revier Beringen-Süd ein Wildschwein angeschossen worden war. Er ist der Blutspur des Tieres, die in das Nachbarrevier Neuhausen führte, gefolgt, hat unweit der Grenze den Keiler verendet vorgefunden und ihn ins Revier Beringen-Süd zurückgeschleift. Nach dem angefochtenen Urteil hat X. das Wildschwein mit der Absicht verfolgt, die einmal begonnene Jagd fortzusetzen und zu einem erfolgreichen Ende zu bringen. An dieser Absicht änderte auch der Umstand nichts, dass das verletzte Tier das Revier Beringen-Süd verliess. Das geht daraus hervor, dass der Beschwerdeführer die Spur nicht etwa aus Gründen des Tierschutzes verfolgte, d.h. um sich zu vergewissern, dass das Wildschwein nicht unnötige Qualen litt; vielmehr schleifte er das tote Tier über die Reviergrenze zurück und liess sich hierauf von seinen Jagdgenossen als Erleger feiern. Damit steht verbindlich fest, dass X. den noch lebenden Keiler verfolgte, um ihn in seine Macht zu bringen. Das aber stellt eine Jagdhandlung im oben umschriebenen Sinne dar. Daran ändert nichts, dass der Beschwerdeführer an der Reviergrenze sein Gewehr abgestellt hatte. BGE 99 IV 103 S. 106 Was die Beschwerde dagegen vorbringt, hält nicht stand. Einmal stellt die Behauptung des Beschwerdeführers, die Aneignungsabsicht im Augenblick des Überschreitens der Reviergrenze sei nicht erwiesen, eine unzulässige Kritik der vorinstanzlichen Beweiswürdigung dar ( Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP ) und ist nicht zu hören. Sodann können die in der Beschwerde angeführten Beispiele nicht herangezogen werden, da sie von Voraussetzungen ausgehen, die im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind. Hätte der Beschwerdeführer sich damit begnügt, nach Gewahrwerden des toten Keilers den Jagdaufseher des Nachbarreviers zu benachrichtigen, dann hätte er sich sowenig schuldig gemacht wie jener Pilzsucher, der ein verletztes Reh an sich vorbeispringen und bald darauf verenden sieht und sofort den zuständigen Wildhüter davon in Kenntnis setzt. Auch der Automobilist, der mit seinem Fahrzeug ein jagdbares Tier tödlich verletzt, oder ein Landwirt, der mit der Mähmaschine ein Rehkitz anschneidet, und der das tote Tier an den Strassen- oder Waldrand schleppt um danach unverzüglich die Polizei oder den Jagdaufseher zu benachrichtigen, jagt nicht im Sinne von Art. 40 JVG . Denn im Gegensatz zum Beschwerdeführer verfolgen diese Personen das jagdbare Tier nicht, um es in ihre Macht zu bringen; und erst recht eignen sie sich das tote Tier nicht an. b) Wahl und Ausgestaltung des Jagdausübungssystems sind den Kantonen anheimgestellt ( Art. 1 Abs. 2 JVG ). Der Kanton Schaffhausen überlässt diese Wahl den Einwohnergemeinden (Art. 1 kt. JG). Für Beringen-Süd und Neuhausen gilt die Revierjagd. Art. 7 des schaffhausischen Jagdgesetzes vom 7. Februar 1921 bestimmt, dass das Wild in den angrenzenden Revieren nicht verfolgt werden darf. Angeschossenes oder verendetes Wild gehört dem Inhaber des Reviers, in welchem es tot niederfällt. Daraus folgt, dass ein Jagdpächter rechtmässig nur innerhalb seines eigenen Reviers jagen kann. Obliegt er unerlaubterweise Jagdhandlungen in einem fremden Revier, dann jagt er widerrechtlich. Im vorliegenden Fall ist der Beschwerdeführer Mitpächter des Jagdreviers Beringen-Süd und hat als solcher nur in diesem Bezirk das Recht zu jagen. Indem er ohne Erlaubnis des Berechtigten im Revier Neuhausen Wild in jagdlicher Absicht verfolgte, um es in seine Macht zu bringen, hat er widerrechtlich gejagt und damit gegen Art. 40 Abs. 2 JVG verstossen. Ob das BGE 99 IV 103 S. 107 Verfolgen und Töten von angeschossenem Wild im fremden Revier aus Gründen des Tierschutzes nicht nur straffrei, sondern sogar geboten sei, wie die Beschwerde behauptet, braucht hier nicht entschieden zu werden, da der Beschwerdeführer den verwundeten Keiler nicht mit der Absicht verfolgte, ihn durch Erlegen von unnötigen Qualen zu befreien, sondern dem Tier nach der verbindlichen vorinstanzlichen Feststellung nur deshalb nachstellte, weil er es sich aneignen wollte. c) Endlich stellt der Bezirksrichter verbindlich fest, dass der Beschwerdeführer sich der Widerrechtlichkeit seines Tuns bewusst war und demzufolge vorsätzlich gehandelt hat. Das Begehren um Freisprechung von der Anschuldigung der Verletzung von Art. 40 Abs. 2 JVG erweist sich deshalb als unbegründet und ist abzuweisen. 2. Der Beschwerdeführer ist vom Bezirksrichter der Übertretung von Art. 48 Abs. 1 JVG schuldig befunden worden mit der Begründung, er habe das tot aufgefundene Wildschwein nicht nur über die Reviergrenze zurückgeschleppt, sondern auf sein Fahrzeug geladen und an seinen Wohnort verbracht. Damit habe er sich ein gefreveltes Tier widerrechtlich angeeignet. Es fragt sich indessen, ob durch die Bestrafung wegen widerrechtlichen Jagens im Sinne von Art. 40 Abs. 2 JVG die vom gleichen Täter an demselben Tier begangene widerrechtliche Aneignung gemäss Art. 48 Abs. 1 JVG nicht abgegolten wird. Auszugehen ist davon, dass die letztgenannte Vorschrift nicht notwendigerweise eine als Jagdfrevel strafbare Vortat voraussetzt. Sie erfasst und ahndet vielmehr die blosse widerrechtliche Aneignung von Wild, während Art. 40 Abs. 2 JVG mit dem Begriff des "Jagens" weiter geht, indem er eine Tätigkeit zum Gegenstand hat, die darauf ausgerichtet ist, das Wild zu fangen oder zu erlegen und sich hierauf anzueignen. Bei der Neufassung von Art. 48 JVG durch Bundesgesetz vom 23. März 1962 hat der Gesetzgeber in erster Linie an diejenigen Fälle gedacht, wo ein Automobilist, der mit seinem Fahrzeug ein jagdbares Tier tödlich verletzt hat und sich nach dem Unfall entschliesst, das verendete Wild an sich zu nehmen. Das geht aus der Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf der Revision des JVG hervor, wo ausgeführt wird, dass in Anpassung an die heutige Zeit, wo öfters Wild durch Autofahrer getötet wird, das Fallwild in die Bestimmung aufzunehmen sei (BBl. 1961 II, S. 415). BGE 99 IV 103 S. 108 Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer den Keiler - wie oben bereits dargelegt - verfolgt, mit dem Willen, die einmal begonnene Jagd zu einem erfolgreichen Ende zu führen; er hat von Anfang an die Absicht gehabt, das Wild zu erlegen, um es sich anzueignen. Damit erscheint die Aneignung als Teil und Abschluss derjagdlichen Tätigkeit, weshalb die Anwendung von Art. 48 Abs. 1 JVG entfällt. Daraus folgt, dass der Beschwerdeführer sich nur der Widerhandlung gegen Art. 40 Abs. 2 JVG schuldig gemacht hat und von der Anschuldigung der Verletzung von Art. 48 Abs. 1 JVG freizusprechen ist. Die Vorinstanz wird dabei zu entscheiden haben, ob dieser Umstand die Höhe der ausgefällten Busse allenfalls zu beeinflussen vermag. 3. Nach Art. 58 Abs. 3 JVG ist der Ausschluss von der Jagdberechtigung u.a. dann auszusprechen, wenn der Täter sich einer vorsätzlichen Übertretung von Art. 40 Abs. 2 schuldig macht und Jagdpolizeibeamter ist; der Ausschluss dauert zwischen 3 und 10 Jahren und erstreckt sich auf das ganze Gebiet der Schweiz ( Art. 58 Abs. 1 JVG ). Wie oben unter Ziff. 1 lit. c dargelegt wurde, hat der Beschwerdeführer Art. 40 Abs. 2 JVG vorsätzlich übertreten. Die Vorinstanz stellt weiter verbindlich fest, dass der Beschwerdeführer am 22. Januar 1972 Jagdpolizeibeamter im Sinne von Art. 57 Ziff. 4 JVG war; er nahm die Funktionen eines Jagdaufsehers des Reviers Unterengstringen wahr. Da Art. 58 Abs. 3 JVG in Verbindung mit Art. 57 Ziff. 4 JVG als Voraussetzung für die Anordnung des Ausschlusses von der Jagdberechtigung bloss verlangt, dass der Täter Jagdpolizeibeamter sei, ist auch die zweite Voraussetzung für die Anordnung dieser Nebenstrafe gegenüber dem Beschwerdeführer erfüllt. Dieser wendet dagegen ein, der Ausschluss von der Jagdberechtigung sei nur dann zulässig, wenn die dem Jagdpolizeibeamten zur Last gelegte Straftat auch in dem ihm unterstellten Jagdrevier verübt worden sei, was im vorliegenden Fall nicht zutreffe. Dieser Auffassung, welche der Beschwerdeführer nicht auch hinsichtlich des von der Vorinstanz angewandten Art. 56 Ziff. 4 JVG betreffend Bussen-Verdoppelung vertritt, sondern bloss auf den Entzug der Jagdberechtigung gestützt auf Art. 58 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 57 Ziff. 4 JVG beschränkt, kann nicht BGE 99 IV 103 S. 109 zugestimmt werden. Die Jagdaufseher sind insbesondere auch im Kanton Zürich Organe der Jagdpolizei. Als solche üben sie trotz ihrer privatrechtlichen Anstellung und Besoldung öffentliche jagdpolizeiliche Funktionen aus (BAUR: a.a.O. S. 118 und 120). Sie haben dem Statthalter gegenüber ein Handgelübde abzulegen, indem sie sich zur gewissenhaften Erfüllung ihrer Pflichten, auch in der Verfolgung von Jagdfreveln, verpflichten (BAUR: a.a.O. S. 119 Ziff. 7). Sie unterstehen der Disziplinargewalt des Kantons in dem sie bestellt wurden (BAUR: a.a.O. S. 121 oben). Daraus erhellt, dass es sich beim Jagdaufseher um einen Polizeibeamten handelt, dem sowohl von dem ihn anstellenden Jagdberechtigten als auch vom Kanton besondere Kompetenzen übertragen, aber gleichzeitig auch ein besonderes Vertrauen entgegengebracht werden ( BGE 68 IV 152 ). Es darf von ihm daher erwartet werden, dass er sich in Angelegenheiten des Jagdwesens, besonders in der Beachtung der gesetzlichen Jagdvorschriften, vorbildlich verhalte. Jeder Missbrauch des ihm geschenkten Vertrauens und namentlich jede Verletzung gesetzlicher Jagdvorschriften wiegen darum, wenn sie von einem Jagdpolizeibeamten verübt werden, besonders schwer und rufen demgemäss einer besonders empfindlichen Ahndung gegenüber dem Fehlbaren. Das gilt auch für den Fall, wo ein Jagdpolizeibeamter ausserhalb des seiner Aufsicht unterstellten Reviers, beispielsweise in einem benachbarten Bezirk desselben Kantons oder in einem ausserkantonalen Jagdrevier, sich ein Jagddelikt zuschulden kommen lässt. Auch dann ist der Bruch des Vertrauens nämlich ein besonders verwerflicher. Aus diesen Gründen hat Art. 57 Ziff. 4 JVG in Verbindung mit Art. 58 Abs. 3 JVG den Entzug der Jagdberechtigung vorbehaltlos auf jeden Jagdpolizeibeamten anwendbar erklärt, der vorsätzlich u.a. gegen Art. 40 Abs. 2 JVG verstossen hat. Hätte der Gesetzgeber etwas anderes gewollt, dann wäre nach dem Gesetzestext die Nebenstrafe bloss auf jene Jagdpolizeibeamte begrenzt worden, welche innerhalb ihres eigenen Reviers vorsätzlich eine solche Jagdübertretung verüben. Das ist indes nicht der Fall. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: In teilweiser Gutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das Urteil des Bezirksrichters Schaffhausen vom 11. Dezember 1972 aufgehoben und die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
null
nan
de
1,973
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
0f764672-8225-4e37-a575-e413f2dc1f89
Urteilskopf 125 III 18 4. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 20 novembre 1998 dans la cause Beauregard Sàrl contre Chambre des recours du Tribunal cantonal du canton de Vaud (recours de droit administratif)
Regeste Umwandlung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in eine Aktiengesellschaft. Obschon im Gesetz eine solche Umwandlung nicht ausdrücklich vorgesehen ist, kann unter bestimmten Voraussetzungen die durch blosse Statutenänderung vorgenommene Umwandlung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in eine Aktiengesellschaft im Handelsregister eingetragen werden.
Sachverhalt ab Seite 18 BGE 125 III 18 S. 18 A.- Beauregard Sàrl a été constituée le 2 avril 1996 par Gérard Badaroux, pour une part sociale de 121'000 fr., José Dias, pour une part sociale de 118'000 fr., et Françoise Kropf, pour une part sociale de 1000 fr. La société a pour but l'exploitation d'établissements publics. Le capital social de 240'000 fr. a été libéré par l'apport en nature des valeurs matérielles et immatérielles du café-restaurant Beauregard, à Villars-le-Terroir. Les biens apportés sont énumérés et évalués dans une convention du 11 mars 1996, reproduite dans les statuts; ils correspondent aux meubles, à la vaisselle, aux ustensiles et à la batterie de cuisine du café-restaurant Beauregard, pour un montant de 153'945 fr., ainsi qu'à la clientèle de l'établissement (goodwill), pour un montant de 146'055 fr. BGE 125 III 18 S. 19 Par acte authentique du 28 mai 1997, l'assemblée des associés a décidé à l'unanimité de transformer Beauregard Sàrl en société anonyme, ce qui impliquait d'adapter les statuts au droit de la société anonyme, principalement en ce qui concerne la raison sociale, la subdivision du capital social et les organes. B.- Le 5 juin 1997, le notaire Pierre Philippe Crevoisier a déposé auprès du registre du commerce du district d'Echallens une requête tendant à l'inscription de la transformation en société anonyme de Beauregard Sàrl, sans dissolution, ni liquidation. La préposée a refusé de procéder à l'opération requise. Beauregard Sàrl a recouru auprès de la Chambre des recours du Tribunal cantonal du canton de Vaud, qui a rejeté le recours par décision du 22 janvier 1998. C.- Beauregard Sàrl interjette un recours de droit administratif au Tribunal fédéral. Elle conclut à l'annulation de la décision de la Chambre des recours et à ce qu'ordre soit donné au préposé au registre du commerce du district d'Echallens de procéder à l'inscription sollicitée le 5 juin 1997. La Chambre des recours a déclaré se référer aux considérants de sa décision. Invité à déposer ses observations, l'Office fédéral du registre du commerce (ci-après: OFRC) propose l'admission du recours. Le Tribunal fédéral a admis partiellement le recours et annulé la décision attaquée. Erwägungen Extrait des considérants: 2. La recourante entend se transformer en société anonyme par la seule modification de ses statuts, sans dissolution ni liquidation. a) Se ralliant à la doctrine classique qualifiée de majoritaire, la Chambre des recours est d'avis que l'opération voulue par la recourante est dépourvue de base légale et que cette absence de réglementation semble bien constituer un silence qualifié, et non une lacune qu'il appartient aux autorités du registre du commerce de combler. Au surplus, la cour cantonale fait observer que la valeur des apports en nature composant le capital social de la recourante n'a pas fait l'objet d'un rapport de vérification, de sorte que l'inscription au registre du commerce de la transformation en société anonyme pourrait mettre en danger les intérêts des créanciers; elle relève également que la responsabilité des actionnaires d'une société BGE 125 III 18 S. 20 anonyme n'est pas semblable à celle des associés d'une société à responsabilité limitée. b) S'appuyant sur plusieurs avis de doctrine récents ainsi que sur la pratique actuelle de l'OFRC, la recourante fait valoir que l'inscription requise n'est ni manifestement ni indubitablement contraire au droit de sorte que la préposée, dans le cadre de son pouvoir d'examen limité des conditions matérielles de l'inscription, devait y procéder. A son sens, aucune objection de principe ne s'oppose à la transformation d'une société à responsabilité limitée en société anonyme. De plus, dans le cas particulier, ni les intérêts des créanciers de la société, ni ceux d'éventuelles minorités d'associés ne sont mis en péril. 3. a) Le passage d'une société d'une forme juridique à une autre peut s'effectuer par la dissolution et la liquidation de la société existante, puis la fondation d'une nouvelle société à laquelle le patrimoine de l'ancienne société est cédé selon les règles de la succession à titre singulier (cf. art. 181 CO ; MANFRED KÜNG, Die Behandlung von Fusion und Umwandlung im Grundbuch, in Revue Suisse du Notariat et du Registre foncier 77/1996 [ci-après: op.cit. 1996], p. 147; CHRISTIAN MEIER-SCHATZ, Die Zulässigkeit aussergesetzlicher Rechtsformwechsel im Gesellschaftsrecht, in RDS/ZSR 113/1994 I, p. 374). Cette manière de procéder, qui est la plus compliquée, ne pose pas de problème sur le plan juridique. Dans la transformation dite par transfert (übertragende Umwandlung), il y a dissolution sans liquidation, le patrimoine de la société dissoute étant transféré par succession universelle à la société nouvellement constituée. La transformation d'une société anonyme en société à responsabilité limitée selon les art. 824 ss CO réalise ce cas (KÜNG, op.cit. 1996, p. 148; MEIER-SCHATZ, op.cit., p. 374). En l'espèce, la recourante veut se soumettre à une transformation par changement de la forme juridique (rechtsformwechselnde Umwandlung). Cette construction ne suppose ni dissolution, ni liquidation de la société; seul l'"habit juridique" de la personne morale change. L'opération s'effectue par une simple modification des statuts (KÜNG, op.cit. 1996, p. 148/149; MARKUS REICH, Umwandlung von Genossenschaften in Aktiengesellschaften ohne Änderung der Rechtsträgerschaft, in Revue fiscale 1995, p. 518; HENRY PETER, La Transformation des Sociétés en Droit Suisse, in Annuaire du Registre du commerce 1995, p. 32; MEIER-SCHATZ, op.cit., p. 374). La transformation - par transfert ou par changement de la forme juridique - d'une société à responsabilité limitée en société anonyme BGE 125 III 18 S. 21 n'est pas prévue par la loi. Il s'agit donc d'examiner si, en l'espèce, la préposée devait néanmoins inscrire cette opération sur le registre du commerce. b) Aux termes des art. 940 al. 1 CO et 21 al. 1 de l'Ordonnance sur le registre du commerce (ORC; RS 221.411), le préposé au registre du commerce doit vérifier si les conditions légales requises pour l'inscription sont remplies. Ces dispositions n'excluent pas une vérification portant sur le bien-fondé de l'inscription demandée. Le principe fondamental est que l'inscription doit être conforme à la loi ( ATF 121 III 368 consid. 2a; ATF 114 II 68 consid. 2). Selon la jurisprudence, le préposé vérifie d'abord les conditions formelles posées par le droit en matière de registre du commerce, soit la portée des normes qui régissent immédiatement la tenue du registre. Il jouit à cet égard d'un plein pouvoir d'examen. Il contrôle également, mais avec un pouvoir limité, les conditions matérielles, soit l'interprétation des règles, de droit civil ou de droit public, qui fondent la conformité de la réalité constatée avec la loi et dont le respect constitue la condition indirecte de l'inscription. Selon les art. 940 al. 2 CO et 21 al. 2 ORC, le préposé examine, avant de procéder à l'inscription de modifications statutaires, si celles-ci ne dérogent pas à des dispositions légales de caractère impératif et si elles contiennent les éléments exigés par la loi. Il se borne à vérifier le respect des dispositions impératives de la loi qui sont édictées dans l'intérêt public ou en vue de la protection de tiers. Il doit renvoyer à agir devant le juge civil les justiciables qui invoquent des prescriptions de droit dispositif ou concernant uniquement des intérêts privés. Comme la délimitation entre les unes et les autres peut s'avérer difficile, l'inscription ne sera refusée que s'il est manifeste et indiscutable qu'elle est contraire au droit; elle ne devra en revanche pas l'être si elle repose sur une interprétation plausible de la loi, dont l'appréciation doit être laissée en définitive au juge ( ATF 121 III 368 consid. 2a; ATF 117 II 186 consid. 1; ATF 114 II 68 consid. 2; ATF 107 II 246 consid. 1; 91 I 360 consid. 2). c) L'inscription de la transformation d'une société sur le registre du commerce constitue un cas particulier à cet égard. L'opération requise relève sans conteste du droit matériel. Au-delà d'une simple modification des statuts, elle implique toutefois un changement de la forme juridique de la société. Vu sa portée, il ne suffit pas que la transformation en cause soit admise par une large part de la doctrine récente ainsi que dans la pratique de l'OFRC et de plusieurs registres du commerce cantonaux pour que le préposé se voie BGE 125 III 18 S. 22 contraint d'accepter son inscription sans plus ample examen. Comme l'OFRC le fait observer avec pertinence dans sa détermination, la transformation d'une société à responsabilité limitée en société anonyme est de nature à porter atteinte aux intérêts de tiers et à violer des dispositions impératives sur la structure de base des différentes formes juridiques en cause ou édictées dans l'intérêt public. Il ne peut dès lors être question de laisser le soin à un hypothétique tiers ou associé minoritaire d'attaquer la nouvelle forme juridique empruntée par la personne morale. De même qu'il ne peut pas inscrire sur le registre du commerce une société dont la forme n'est pas prévue par la loi, le préposé ne saurait inscrire une transformation de société en se bornant à constater que l'opération n'est «pas manifestement et indubitablement contraire au droit». L'inscription suppose que la transformation requise soit autorisée par la loi, expressément ou par interprétation. Sur ce point, le préposé et, à sa suite, l'autorité de surveillance cantonale et le Tribunal fédéral statuant comme Chambre administrative, ne peuvent se fonder sur une interprétation plausible, mais doivent, au bénéfice d'un libre pouvoir d'examen, examiner si la transformation repose, le cas échéant, sur une interprétation correcte de la loi. Il reste à examiner si c'est à juste titre que la préposée, suivie par la Chambre des recours, a refusé l'inscription de la transformation requise par la recourante. 4. a) Selon la doctrine traditionnelle, la loi énumère de manière exhaustive les cas de fusion et de transformation autorisés ( art. 748 et 749 CO [fusion de sociétés anonymes], 750 CO [fusion d'une société en commandite par actions et d'une société anonyme], 770 al. 3 CO [fusion de sociétés en commandite par actions], 914 CO [fusion de sociétés coopératives], 824 ss CO [transformation d'une société anonyme en société à responsabilité limitée], art. 14 de la loi fédérale sur les banques et les caisses d'épargne (LB; RS 952.0) [transformation d'une banque coopérative en société anonyme ou en société en commandite par actions]; VON GREYERZ, Die Aktiengesellschaft, in SPR VIII/2, n. 5, p. 288; BÜRGI/NORDMANN, Zürcher Kommentar, n. 11 ad Vorbemerkungen zu den Art. 748-750 OR ; WERNER VON STEIGER, Zürcher Kommentar, n. 43 et 44 ad art. 823 CO et n. 2 ad art. 826 CO ; FRITZ DE STEIGER, Le droit des sociétés anonymes en Suisse, p. 346/347; DANIEL WEHRLI, Die Umwandlung einer Genossenschaft in eine Aktiengesellschaft als Beispiel der Umwandlung einer Körperschaft unter Berücksichtigung der steuerlichen Folgen, thèse Zurich 1976, p. 19; cf. également BGE 125 III 18 S. 23 MEIER-HAYOZ/FORSTMOSER, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, 8e éd., n. 33, p. 582 et n. 87, p. 591, qui appellent de leurs voeux une libéralisation dans ce domaine, mais doutent qu'elle puisse se fonder sur le droit actuel, et FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, Schweizerisches Aktienrecht, n. 24, p. 911, pour lesquels le droit en vigueur ne contient aucun indice en faveur de la possibilité pour une société anonyme de se transformer en une autre forme juridique que la société à responsabilité limitée). Certains de ces auteurs admettent néanmoins des dérogations au principe susmentionné: reprise d'une société à responsabilité limitée par une corporation de droit public, à l'instar de ce que les art. 751 et 915 CO prévoient pour la société anonyme et la société coopérative (VON STEIGER, op.cit., n. 41 in fine ad art. 823 CO ), ou encore transformation par modification des statuts d'une société en commandite par actions en société anonyme et vice-versa (DE STEIGER, op.cit., p. 346/347; cf. LARDELLI, Umwandlung einer Kommanditaktiengesellschaft in eine Aktiengesellschaft und umgekehrt, in SAG/SAS 31/1959, p. 177 ss). Depuis quelques années, une partie de la doctrine se montre favorable à certaines fusions et transformations bien qu'elles ne soient pas prévues par la loi. Selon Küng, le principe de l'autonomie privée autorise différentes personnes juridiques à fusionner sur une base conventionnelle, même si elles ne revêtent pas la même forme juridique. Cet auteur relève que de telles fusions se rencontrent dans la pratique et qu'elles sont tenues pour valables; à titre d'exemples, il cite la fusion entre une fondation de prévoyance du personnel et une société coopérative poursuivant le même but, opération autorisée par le Conseil d'Etat du canton de Soleure, ou la fusion entre une société anonyme et une société à responsabilité limitée, inscrite sur le registre du commerce du canton de Zurich (Zum Fusionsbegriff im schweizerischen Recht, in SZW/RSDA 1991 [ci-après: op.cit. 1991], p. 245 ss). Mandaté par l'Office fédéral de la justice, FRANK VISCHER arrive à la conclusion qu'une fusion entre deux sociétés à responsabilité limitée est admissible, sous certaines conditions tirées d'une application analogique de la loi, telle une décision prise à la majorité qualifiée des trois quarts des associés représentant au moins les trois quarts du capital social (cf. notamment art. 784 al. 2 CO ). Le même auteur ne voit pas non plus d'obstacle insurmontable à la reconnaissance de fusions entre sociétés ne revêtant pas la même forme juridique (Drei Fragen aus dem Fusionsrecht, in SZW/RSDA 1993, p. 1 ss). BGE 125 III 18 S. 24 La transformation présentant une indéniable parenté avec la fusion entre sujets de formes juridiques différentes (cf., entre autres, BURKHARD K. GANTENBEIN, Die Fusion von juristischen Personen und Rechtsgemeinschaften im schweizerischen Recht, thèse Fribourg 1995, p. 154), la tendance à la libéralisation s'est également fait sentir dans ce domaine. Selon MEIER/SCHATZ, les besoins de l'économie et le principe de l'autonomie privée plaident en faveur de la licéité de transformations non prévues par la loi, en particulier de la mutation directe d'une société coopérative en société anonyme (op.cit., p. 356 ss). A la suite de ces prises de position, l'OFRC a assoupli sa pratique en matière de fusions et de transformations. Afin de préserver les intérêts des tiers - en particulier des créanciers - et des associés minoritaires, l'admission de telles opérations est soumise aux conditions suivantes (cf. prise de position de l'OFRC dans la présente affaire et rapport explicatif de novembre 1997 concernant l'avant-projet de loi fédérale sur la fusion, la scission et la transformation de sujets [ci-après: rapport explicatif], p. 5): - les formes juridiques en cause doivent être fondamentalement compatibles; - la continuité du patrimoine et celle du sociétariat doivent être garanties; - l'acte envisagé ne doit pas porter atteinte aux intérêts directs ou potentiels des créanciers. De nombreux auteurs ont salué l'attitude des autorités du registre du commerce, notamment dans le cas de la transformation d'une société à responsabilité limitée en société anonyme (CLEMENS MEISTERHANS, Die rechtsformwechselnde Umwandlung einer Genossenschaft in einen Verein, in Annuaire du Registre du commerce 1997, p. 66 ss; le même, Die Umwandlung einer Aktiengesellschaft in eine GmbH, in Annuaire du Registre du commerce 1995, p. 61 ss; HERBERT WOHLMANN, GmbH-Recht, p. 29 et p. 134; KÜNG, op. cit. 1996, p. 145 ss; PASCAL MONTAVON, Droit et pratique de la Sàrl, p. 411 ss; LUKAS HANDSCHIN, Die GmbH - ein Grundriss, p. 201 ss; GANTENBEIN, op. cit., p. 113 ss, p. 133 ss, p. 155 ss; MARC RUSSENBERGER, Kantonalbanken im Umbruch - vom staatlichen Institut zur privatrechtlichen Aktiengesellschaft, in SZW/RSDA 1995, p. 8; VON BÜREN, Die Rechtsformumwandlung einer öffentlichrechtlichen Anstalt in eine private Aktiengesellschaft nach OR 620 ff., in SZW/RSDA 1995, p. 85 ss; REICH, op. cit., p. 517/518). BGE 125 III 18 S. 25 Pour sa part, Forstmoser a reconnu récemment qu'en doctrine et en pratique, l'opinion s'était imposée, selon laquelle des restructurations sous forme de fusion ou de transformation sans liquidation devaient être admises même sans base légale expresse (Gestaltungsfreiheit im schweizerischen Gesellschaftsrecht, in Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, Sonderheft 13: Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, p. 276). b) En 1992, l'Office fédéral de la justice a chargé Frank Vischer de préparer un projet en vue d'une nouvelle réglementation sur la fusion de personnes morales, y compris les associations et les fondations, sur la scission de sociétés et sur la transformation. L'expert a déposé un premier projet l'année suivante. Parallèlement, le Département fédéral de justice et police a institué un groupe de réflexion dont la tâche consistait à examiner les besoins encore existants dans le droit des sociétés après l'entrée en vigueur du nouveau droit de la société anonyme. Dans son rapport final, le groupe de travail a relevé notamment que le droit suisse réglementait la fusion et la transformation de manière incomplète et se distinguait par son manque de flexibilité. Les propositions Vischer ont alors été retravaillées en collaboration avec l'OFRC. L'avant-projet de loi fédérale sur la fusion, la scission et la transformation de sujets de novembre 1997 (ci-après: AP) pose le principe selon lequel le sujet peut changer sa forme juridique par voie de transformation, tout en conservant l'ensemble de ses rapports juridiques (art. 68). En particulier, une société de capitaux - telle une société à responsabilité limitée - peut se transformer en une société de capitaux de forme juridique différente - telle une société anonyme (art. 69 al. 1 let. a AP; rapport explicatif, p. 56). Il s'agit là d'une transformation par changement de la forme juridique (rapport explicatif, p. 13 et 55). L'AP contient plusieurs dispositions tendant à protéger les intérêts des créanciers et des associés minoritaires en cas de transformation (art. 71 à 84 AP; rapport explicatif, p. 13/14, p. 58 ss; cf. également VON BÜREN/KINDLER, Der Vorentwurf zu einem neuen Bundesgesetz über die Fusion, Spaltung und Umwandlung von Rechtsträgern, in SZW/RSDA 1998, p. 7/8; TURIN/KLÄY, La loi sur la fusion en consultation, in L'Expert-comptable suisse 1998, p. 48). La possibilité de transformer une société à responsabilité limitée en société anonyme est également prévue dans le projet des experts du 29 novembre 1996 concernant la révision du droit de la société à responsabilité limitée (art. 824 projet; BÖCKLI/FORSTMOSER/ BGE 125 III 18 S. 26 RAPP, Révision du droit de la Sàrl, publication CEDIDAC 34, p. 60). c) Seule la transformation d'une société anonyme en société à responsabilité limitée est réglementée dans le code des obligations (art. 824 ss). Faut-il en déduire que toute autre transformation, et en particulier la transformation par changement de forme juridique d'une société à responsabilité limitée en société anonyme, est prohibée? A ce propos, les travaux préparatoires sur la révision du droit des sociétés de 1936 ne contiennent aucun élément déterminant qui indiquerait une volonté du législateur de s'opposer à toute transformation en dehors de celle régie par les art. 824 ss CO (MEIER-SCHATZ, op.cit., p. 365/366). En effet, les parlementaires n'ont abordé la question de la fusion entre sujets de formes juridiques différentes et celle, voisine, de la transformation qu'en rapport avec la société coopérative (VISCHER, op.cit., p. 4; KÜNG, op. cit. 1991, p. 255). Dans la jurisprudence, des cas de fusion ou de transformation non prévus par la loi ont été reconnus valables. Le Tribunal fédéral a ainsi admis la fusion de deux fondations, comprise comme une succession universelle ( ATF 115 II 415 ), la transformation sans liquidation d'une société coopérative en association ( ATF 87 I 301 ) ou encore la fusion de deux associations ( ATF 53 II 1 ). Il faut en conclure que l'absence de base légale expresse ne constitue pas nécessairement un obstacle insurmontable à ce genre d'opération. Contrairement aux formes de sociétés, limitativement énumérées dans la loi de l'avis unanime, le principe du numerus clausus ne paraît ainsi pas s'appliquer en matière de fusion et de transformation. Il convient de relever par ailleurs que le contexte économique s'est beaucoup modifié depuis soixante ans et que le besoin de souplesse des entreprises est plus important qu'auparavant. Cette donnée est prise en compte dans les avant-projets de loi cités plus haut. La tendance à la libéralisation en matière de fusion et de transformation correspond également à la conception partagée par la majorité des auteurs qui se sont exprimés récemment sur le sujet. Enfin, la loi elle-même ne se montre pas d'une rigueur à toute épreuve en matière de transformation. C'est ainsi que l'art. 161 de la loi fédérale sur le droit international privé (LDIP; RS 291), entré en vigueur le 1er janvier 1989, autorise une société de droit étranger à se transformer directement, sans liquidation, en une société de droit suisse, pourvu qu'elle puisse s'adapter à l'une des formes du droit suisse et, en principe, que les conditions fixées par le droit étranger soient réunies. Au terme de cet examen, il n'apparaît pas que le législateur BGE 125 III 18 S. 27 de 1936 ait été conscient des enjeux à venir et ait cherché intentionnellement à interdire d'emblée toute transformation dépourvue de base légale expresse. L'existence d'un silence qualifié ne saurait dès lors être retenue en l'occurrence. d) Comme les deux sujets en cause sont des sociétés de capitaux, poursuivant un but économique, la transformation directe d'une société à responsabilité limitée en société anonyme ne pose pas de difficultés fondamentales. Il ne saurait toutefois être question d'autoriser sans autre ce genre d'opération non réglementé par la loi. Conformément à l' art. 1er al. 2 et 3 CC , il appartient au juge de combler la lacune qui résulte de l'absence de modalités légales pour la transformation. Les intérêts à prendre en compte résultent indirectement des art. 824 ss CO , qui illustrent les préoccupations du législateur; il s'agit d'adopter des conditions qui protègent les tiers, avant tout les créanciers, et les actionnaires, en particulier minoritaires (cf. PETER, op.cit., p. 33). Dans cette optique, l'OFRC propose un certain nombre de conditions auxquelles la cour de céans peut se rallier. Il convient de les compléter, notamment pour tenir compte du fait qu'en l'espèce, le capital social est entièrement constitué d'apports en nature. En revanche, il n'y a pas lieu, dans le cas particulier, de rechercher si la décision de transformation doit être prise à l'unanimité (cf. art. 784 al. 3 CO ) ou à la majorité qualifiée (cf. art. 784 al. 2, 791 al. 2, 820 ch. 2 et 822 al. 3 CO) et si, le cas échéant, de quelle manière les parts sociales et les droits de sociétariat doivent être maintenus. En effet, les associés de la recourante ont décidé la transformation à l'unanimité et leurs parts sociales respectives ne subissent pas de modification à la suite de cette opération. Les conditions suivantes doivent en tout cas être remplies pour que la transformation requise par la recourante puisse être inscrite sur le registre du commerce: - Le capital de la société à responsabilité limitée sera entièrement libéré. En effet, la responsabilité solidaire des associés ( art. 772 al. 2, 802 CO ) ne peut être transposée dans la forme juridique de la société anonyme. Si le capital social n'est pas entièrement libéré, les créanciers pourraient subir un préjudice. - Le capital sera entièrement couvert au moment de la transformation. Cette exigence suppose l'existence d'un bilan de transformation récent. L'évaluation des apports en nature doit être vérifiée et attestée par écrit par un réviseur (cf. art. 634 ch. 3, 635 ch. 1 et 635a CO). - Le capital social de la société à responsabilité limitée sera, le cas échéant, augmenté à 100'000 fr. au moins (cf. art. 621 CO ). BGE 125 III 18 S. 28 - Les dispositions statutaires instituant à charge des associés l'obligation de faire des versements supplémentaires ou d'autres prestations ( art. 777 ch. 2, 803 CO ) ou leur imposant une prohibition de concurrence ( art. 818 al. 2 CO ) seront abrogées avant la transformation (cf. art. 680 al. 1 CO ). - La décision de transformation contiendra toutes les adaptations statutaires nécessitées par le passage à la forme de la société anonyme (raison de commerce, convocation de l'assemblée générale, organisation, etc.). Elle désignera également les nouveaux organes de la société (membres du conseil d'administration, organe de révision). e) Faute, en particulier, de disposer d'une attestation sur l'estimation des apports en nature des associés de la recourante, la cour de céans n'est pas en mesure d'ordonner elle-même l'inscription requise sur le registre du commerce. En conséquence, il y a lieu d'admettre partiellement le recours et d'annuler la décision attaquée. En application de l' art. 114 al. 2 OJ , la cause sera renvoyée au préposé au registre du commerce du district d'Echallens, qui procédera à la vérification des conditions susmentionnées et, le cas échéant, impartira un délai à la recourante pour présenter les documents manquants.
null
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fr
1,998
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
0f864508-b4b3-486d-8e9b-ee4974bc70e2
Urteilskopf 117 II 166 36. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 5. April 1991 i.S. X. gegen Bank Y. (Berufung)
Regeste Art. 974 ff. OR . Rechtsnatur des Sparheftes. - Ein Sparheft mit eindeutiger Präsentationsklausel ist als Wertpapier zu qualifizieren (E. 2). - Folgerungen aus der Wertpapiereigenschaft eines Sparheftes für die Beurteilung von Auszahlungen, welche die Bank leistet, ohne sich das Heft vorlegen zu lassen (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 166 BGE 117 II 166 S. 166 A.- Therese X. besass ein auf sie lautendes Namenssparheft bei der Bank Y. Ihrem Ehemann Ernst X. stand aufgrund einer Vollmacht vom 20. Oktober 1975, die im Sparheft vermerkt war, ebenfalls ein Verfügungsrecht über das Sparguthaben zu. Im Gefolge von Schwierigkeiten in der Ehe verliess Therese X. am 17. Dezember 1988 den gemeinsamen Haushalt, nachdem sie bereits vorher das Sparheft in Sicherheit gebracht hatte. Am 27. Dezember 1988 suchte Ernst X. die Filiale der Bank Y. in Langnau auf und verlangte die Auszahlung von Fr. 10'000.-- zulasten des Sparhefts. Der Betrag wurde ihm ausbezahlt, obwohl er das Sparheft nicht vorweisen konnte. Als Therese X., die vom Geldbezug ihres Mannes keine Kenntnis hatte, im Februar 1989 bei der Filiale der Bank Y. in Spiez vom Sparheft Geld abheben BGE 117 II 166 S. 167 wollte, erhielt sie die Auskunft, dass es nichts mehr abzuheben gebe. Unter Hinweis auf die für das Sparheft geltenden Geschäftsbedingungen, wonach Auszahlungen nur gegen Vorweisung des Heftes geleistet werden, verlangte Therese X. in der Folge von der Bank Y., dass ihr die Fr. 10'000.-- wieder gutgeschrieben würden. Nach Rücksprache mit ihrem Rechtsdienst kam die Bank Y. dieser Aufforderung nach und verlangte hierauf von Ernst X. die Rückerstattung des ihm ausbezahlten Betrages. Dieser weigerte sich jedoch, die Fr. 10'000.-- zurückzuerstatten. Die Bank Y. erklärte daraufhin die Verrechnung und belastete dem Kreditkonto, das Ernst X. bei ihr unterhielt, für Kapital und Zinsen ihres Rückerstattungsanspruchs Fr. 10'444.15. B.- Mit Klage vom 5. April 1990 verlangte Ernst X. die Rückerstattung des seinem Kreditkonto belasteten Betrages nebst Zins. Das Handelsgericht des Kantons Bern wies die Klage am 17. August 1990 ab. C.- Das Bundesgericht weist die vom Kläger eingelegte Berufung ab und bestätigt das handelsgerichtliche Urteil. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Handelsgericht qualifiziert das Sparheft der Ehefrau des Klägers als ein auf den Namen lautendes Wertpapier im Sinne von Art. 974 ff. OR . Von der Wertpapiereigenschaft des Sparhefts gehen übereinstimmend auch die Parteien aus. a) Das Bundesgericht hat in einem Urteil aus dem Jahre 1941 Zweifel darüber geäussert, ob Sparhefte als Wertpapiere angesehen werden könnten. Es führte unter anderem aus, ein Sparheft sei lediglich ein Rechnungsbuch, in welchem fortlaufend die Einlagen und Rückzüge vorgemerkt würden, das aber nicht dazu bestimmt sei, wie ein Wertpapier als selbständiges Vermögensstück veräussert und verpfändet zu werden ( BGE 67 II 32 f.; vgl. auch BGE 68 II 96 E. 2). Diese Auffassung ist in der Lehre auf Kritik gestossen (BOLLA, Repertorio di giurisprudenza 1943, S. 53; JÄGGI, Zürcher Kommentar, N. 290 f. zu Art. 965 OR ; zustimmend dagegen BECKER, Berner Kommentar, 2. Auflage, N. 3 zu Art. 90 OR ). In späteren Urteilen hat das Bundesgericht die Frage der Rechtsnatur des Sparhefts ausdrücklich offengelassen ( BGE 89 II 95 E. 8; BGE 116 II 461 E. 1). Die neuere Literatur steht durchwegs auf dem Standpunkt, das Sparheft habe jedenfalls dann als Wertpapier zu gelten, wenn das BGE 117 II 166 S. 168 Sparheftreglement verlange, dass der Kunde für Bezüge das Heft vorlege. Solche Präsentationsklauseln enthielten nach der Verkehrsauffassung nicht bloss eine Aufforderung an den Gläubiger, sondern darüber hinaus eine Zusicherung des Schuldners, nicht ohne Vorlegung des Sparhefts zu leisten, womit sie dieses zum Wertpapier machten (JÄGGI, a.a.O., N. 291 zu Art. 965; JÄGGI/DRUEY/VON GREYERZ, Wertpapierrecht, S. 79; GUHL/MERZ/KUMMER, Das Schweizerische Obligationenrecht, 7. Auflage 1980, S. 819; GLÜCKSMANN, Die Rechtsnatur der Sparhefte, S. 103 ff.; CHRIST, SPR VII/2, S. 274; GUGGENHEIM, Verträge der Bankpraxis, S. 91). Dem ist beizupflichten. Der Sparheftberechtigte darf aufgrund der Präsentationsklausel darauf vertrauen, dass die Bank ohne Vorweisung des Sparhefts keinerlei Auszahlungen zulasten des Sparguthabens vornimmt. Anders ist einzig zu entscheiden, wenn die Klausel, wonach Auszahlungen nur gegen Vorweisung des Sparhefts erfolgen, durch Zusätze wie "in der Regel" abgeschwächt wird oder wenn sich die Bank im Sparheftreglement ausdrücklich vorbehält, auch ohne Vorweisung des Heftes zu leisten (JÄGGI, Zürcher Kommentar, N. 291 zu Art. 965 OR ; GLÜCKSMANN, a.a.O., S. 107; vgl. ferner CHRIST, a.a.O.). b) Das vorliegende Sparheft enthält eine unzweideutige, auf der ersten Umschlagsseite abgedruckte Präsentationsklausel, deren Tragweite durch keinerlei Zusätze oder Vorbehalte in Frage gestellt wird. Die Vorinstanz ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass es als Wertpapier zu betrachten ist. 3. Aus dem Wertpapiercharakter des Sparhefts folgt indessen entgegen der Auffassung des Handelsgerichts nicht ohne weiteres, dass die Beklagte nur gegen Vorweisung des Heftes mit befreiender Wirkung leisten konnte. Zahlt der Wertpapierschuldner an den wirklichen Gläubiger oder an dessen Vertreter, so wird er nämlich von seiner Schuld auch dann befreit, wenn er sich die Urkunde nicht vorlegen lässt (JÄGGI, a.a.O., N. 104 zu Art. 966 OR ). Entscheidend ist daher im vorliegenden Fall, ob der Kläger im Zeitpunkt der Auszahlung bevollmächtigter Vertreter der Sparheftberechtigten war. Die Ehefrau des Klägers hat das Sparheft nach den verbindlichen Feststellungen des Handelsgerichts, bereits bevor sie den gemeinsamen Haushalt verliess, "in Sicherheit gebracht". Daraus musste der Kläger schliessen, dass sie ihm die Verfügung über das Sparguthaben entziehen wollte. Im internen Verhältnis ist daher die Vollmacht durch konkludente Willenserklärung der Sparheftberechtigten BGE 117 II 166 S. 169 widerrufen worden. Anders liegen die Dinge allerdings im externen Verhältnis zur Bank. Der Widerruf der Vollmacht ist der Beklagten unbestrittenermassen nicht mitgeteilt worden. Gemäss der Bestimmung von Art. 34 Abs. 3 OR - auf die sich der Kläger ausdrücklich beruft - konnte ihr deshalb das Erlöschen der Vollmacht grundsätzlich nicht entgegengehalten werden. Bei der Bezahlung von Wertpapierschulden ohne Vorweisung der Urkunde schlägt Art. 34 Abs. 3 OR indessen entgegen der Meinung des Klägers nicht durch. Die Wertpapiereigenschaft einer Urkunde kommt gerade dann zum Tragen, wenn sich die Berechtigung an der darin verbrieften Forderung ohne Wissen des Schuldners verändert hat. Diesfalls führt die dem Wertpapier eigene Verknüpfung des Rechts mit der Urkunde dazu, dass der wirkliche, durch den Besitz der Urkunde ausgewiesene Gläubiger vom Schuldner weiterhin Zahlung verlangen kann, auch wenn dieser bereits an eine andere Person, die er irrtümlicherweise für berechtigt hielt, geleistet hat (JÄGGI, a.a.O., N. 105 und 108 zu Art. 966 OR ; vgl. auch GLÜCKSMANN, S. 104 f.). Der Besitzer eines Wertpapiers darf, solange er die Urkunde nicht aus den Händen gibt, darauf vertrauen, dass die Schuld nur durch Leistung an ihn erfüllt werden kann. Der Schuldner muss demgegenüber, sobald er zahlt, ohne die Vorlegung des Wertpapiers zu verlangen, damit rechnen, dass er nochmals leisten muss, falls sich der Zahlungsempfänger im nachhinein als nicht oder nicht mehr berechtigt erweisen sollte. Der Gutglaubensschutz nach Art. 34 Abs. 3 OR hat deshalb hinter den Schutz des Vertrauens des Gläubigers in die wertpapiermässige Verbriefung seines Forderungsrechts zurückzutreten. Damit erweist sich die Auffassung des Handelsgerichts, dass sich die Beklagte durch die Auszahlung an den Kläger gegenüber der Sparheftberechtigten nicht befreit habe und sich deshalb deren Begehren, ihr die Fr. 10'000.-- wieder gutzuschreiben, nicht habe widersetzen können, im Ergebnis als zutreffend.
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0f8765a8-18ce-4002-a6eb-40b654e74173
Urteilskopf 94 II 105 16. Urteil der I. Zivilabteilung vom 7. Mai 1968 i.S. Kull gegen Bräm.
Regeste Verkehr mit landwirtschaftlichen Grundstücken, Art. 218 - 218 quater OR . 1. Zulässigkeit der Berufung. Zivilrechtliche Streitigkeit (Erw. 1a) Begriff des Endentscheides, Art. 48 Abs. 1 OG (Erw. 1 b) 2. Frage der Rechtsgültigkeit eines Kaufsrechtes, das innerhalb der Sperrfrist des Art. 218 OR begründet, aber vom Berechtigten erst nach deren Ablauf ausgeübt wird (Erw. 2-8).
Sachverhalt ab Seite 106 BGE 94 II 105 S. 106 A.- Frau Margrit Kull ist seit dem 2. August 1956 Eigentümerin eines landwirtschaftlichen Grundstücks im Halte von ca. 10'370 m2 in der Gemeinde Egg (ZH). Mit öffentlich beurkundetem Vertrag vom 19. Oktober 1960 räumte sie dem Kaufmann Walter Bräm an diesem Grundstück ein übertragbares und vererbliches, bis zum 31. Dezember 1966 befristetes Kaufs recht zum Preise von Fr. 134'810.-- (Fr. 13.- pro m2) ein, das im Grundbuch vorgemerkt wurde. Am 29. Dezember 1966 erklärte Bräm, dieses Kaufsrecht auszuüben. Frau Kull weigerte sich jedoch, zu der grundbuchlichen Übertragung der Liegenschaft Hand zu bieten. Sie machte geltend, der innerhalb der Sperrfrist von 10 Jahren gemäss Art. 218 OR abgeschlossene Kaufsrechtsvertrag sei nichtig. B.- Mit Eingabe vom 18. Januar 1967 stellte Bräm beim Einzelrichter im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Zürich die Begehren: a) Frau Kull sei zu befehlen, bei der grundbuchlichen Übertragung des Grundstücks auf ihn mitzuwirken, unter der Androhung, dass sonst das Grundbuchamt Uster zur Vornahme der Eigentumsübertragung ermächtigt werde, b) das Grundbuchamt Uster sei im Sinne einer vorsorglichen Massnahme anzuweisen, keine grundbuchlichen Verfügungen der Beklagten über das Grundstück vorzunehmen. Zur Begründung dieser Begehren machte er geltend, der Vertrag über die Einräumung eines Kaufsrechtes sei keine Veräusserung im Sinne von Art. 218 Abs. 1 OR ; als solche BGE 94 II 105 S. 107 könne erst die Ausübung des Kaufsrechts gelten; diese sei aber nicht mehr in die Sperrfrist gefallen. C.- Der Einzelrichter erteilte mit Verfügung vom 9. Februar 1967 der Beklagten den vom Kläger beantragten Befehl und wies das Grundbuchamt Uster an, im Sinne einer Verfügungsbeschränkung nach Art. 960 Ziff. 1 ZGB im Grundbuch zu Lasten des streitigen Grundstückes den Anspruch des Klägers auf Übertragung des Eigentums vorzumerken. Das Obergericht des Kantons Zürich wies den Rekurs der Beklagten gegen den Entscheid des Einzelrichters mit Beschluss vom 7. Dezember 1967 ab. D.- Gegen den Beschluss des Obergerichts hat die Beklagte Berufung an das Bundesgericht eingereicht. Sie beantragt: 1) Der angefochtene Beschluss sei aufzuheben; 2) Die Begehren des Klägers auf Verpflichtung der Beklagten, bei der grundbuchlichen Eigentumsübertragung mitzuwirken, und auf Eintragung einer Verfügungsbeschränkung zu Lasten der Beklagten seien endgültig abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung abzuweisen und den angefochtenen Entscheid des Obergerichts zu bestätigen. E.- Auf eine von der Beklagten neben der Berufung gegen den Beschluss des Obergerichts eingereichte verwaltungsgerichtliche Beschwerde ist das Bundesgericht mit Entscheid vom heutigen Tage nicht eingetreten. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. a) Der Streit der Parteien darüber, ob die Beklagte zur Erfüllung des mit dem Kläger am 19. Oktober 1960 abgeschlossenen Kaufsrechtsvertrages verpflichtet sei, ist eine zivilrechtliche Streitigkeit und daher ihrer Natur nach berufungsfähig. Art. 218 quater OR erklärt zwar die verwaltungsgerichtliche Beschwerde als zulässig "gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide über die Anwendung der Art. 218, 218 bis und 218 ter", welche für die Veräusserung landwirtschaftlicher Grundstücke besondere Vorschriften aufstellen. Diese Bestimmung bezieht sich jedoch, wie im Entscheid über die von der Beklagten ebenfalls erhobene verwaltungsgerichtliche Beschwerde dargelegt worden ist, nur auf Entscheide von kantonalen Verwaltungsbehörden, nicht dagegen auf gerichtliche Urteile in Zivilstreitigkeiten, in denen die Gültigkeit von BGE 94 II 105 S. 108 Rechtsgeschäften über landwirtschaftliche Grundstücke unter dem Gesichtspunkte der hiefür im OR aufgestellten Sondervorschriften zu beurteilen war. b) Die Berufung ist nach Art. 48 Abs. 1 OG in der Regel nur zulässig gegen Endentscheide. Ein solcher liegt vor, wenn der kantonale Richter den streitigen Anspruch materiell beurteilt hat, so dass dieser nicht mehr zum Gegenstand eines nochmaligen gerichtlichen Verfahrens gemacht werden kann ( BGE 93 II 285 Erw. 2 und dort erwähnte Entscheide). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der vom Obergericht geschützte erstinstanzliche Entscheid ist zwar im Befehlsverfahren nach § 292 zürch. ZPO ergangen, also in einem summarischen Verfahren, bei dem in der Regel nur vorläufige Massnahmen getroffen werden und die endgültige Beurteilung dem ordentlichen Verfahren vorbehalten bleibt. Das zürcherische Prozessrecht lässt jedoch in § 292 Ziff. 1 das Befehlsverfahren auch zu "zur schnellen Handhabung klaren Rechtes bei nicht streitigen oder sofort herstellbaren tatsächlichen Verhältnissen". Schützt die obere kantonale Instanz ein Befehlsbegehren gestützt auf diese Bestimmung, so ist ihr Entscheid endgültig. Er erfolgt nicht unter dem Vorbehalt einer nochmaligen Überprüfung der zur Diskussion stehenden Rechtsfrage durch den Richter des ordentlichen Verfahrens. Demgemäss wäre im vorliegenden Falle die Beklagte rechtskräftig zur Übertragung des Eigentums an der streitigen Liegenschaft verpflichtet, wenn es bei dem Entscheid des Obergerichts sein Bewenden hätte. Einer solchen Regelung steht das Bundesrecht nicht entgegen. Denn soweit dieses nicht ausdrücklich eine gegenteilige Vorschrift enthält, ist es den Kantonen überlassen, auf Grund der ihnen zustehenden Prozessrechtshoheit zu bestimmen, welchem Verfahren, dem ordentlichen, einem beschleunigten oder einem summarischen, sie die Beurteilung einer zivilrechtlichen Streitigkeit zuweisen wollen. Das Bundesgericht hat denn auch in ständiger Rechtsprechung solche im zürcherischen Befehlsverfahren ergangene Entscheide, durch die ein Befehlsbegehren über einen vom Bundeszivilrecht beherrschten Anspruch in Anwendung von § 292 Ziff. 1 ZPO geschützt worden war, als berufungsfähige Endentscheide anerkannt ( BGE 82 II 562 Erw. 3, BGE 90 II 463 Erw. 1). Auf die Berufung ist daher einzutreten, soweit sie sich gegen den der Beklagten erteilten Befehl BGE 94 II 105 S. 109 richtet, den mit dem Kläger abgeschlossenen Kaufsrechtsvertrag zu erfüllen. c) Soweit sich die Berufung gegen die von den kantonalen Instanzen angeordnete Verfügungsbeschränkung im Sinne von Art. 960 Ziff. 1 ZGB richtet, kann dagegen auf sie nicht eingetreten werden. Denn Streitigkeiten betreffend sichernde Massnahmen für die Dauer eines Zivilprozesses sind nach ständiger Rechtsprechung nicht Zivilrechtsstreitigkeiten im Sinne von Art. 46 und 48 OG ( BGE 71 II 251 Erw. 2, BGE 76 II 210 Erw. 7). 2. a) Der Verkehr mit landwirtschaftlichen Grundstücken wird durch Art. 218 - Art. 218 quinquies OR einer besonderen Regelung unterstellt. Sie dürfen nach Art. 218 Abs. 1 OR während einer Frist von zehn Jahren, vom Eigentumserwerb an gerechnet, weder als Ganzes noch in Stücken veräussert werden. Dieses Verbot ist jedoch nach Art. 218 Abs. 2 OR nicht anwendbar auf Bauland, auf Grundstücke in vormundschaftlicher Verwaltung und im Falle der Zwangsverwertung. Überdies kann nach Art. 218 bis OR aus wichtigen Gründen die Veräusserung vor Ablauf der Sperrfrist gestattet werden. Nach Art. 218 ter OR sind Geschäfte, die diesen Vorschriften zuwiderlaufen oder ihre Umgehung bezwecken, nichtig und geben kein Recht auf Eintragung in das Grundbuch. Eine solche Sperrfrist für den Handel mit landwirtschaftlichen Grundstücken wurde erstmals bei der Revision des OR im Jahre 1911 vorgesehen. Ihre Wirkungen waren jedoch auf fünf Jahre beschränkt, und sie galt nur für den stückweisen Weiterverkauf landwirtschaftlichen Bodens; sie sollte die sogenannte Güterschlächterei einschränken. Ferner war es den Kantonen anheimgestellt, ob sie diese Sondervorschriften in ihrer Gesetzgebung als anwendbar erklären wollten. Durch die gestützt auf die ausserordentlichen Vollmachten erlassenen BRB vom 16. Oktober 1936 und 1. Dezember 1942 über den Verkehr mit landwirtschaftlichen Grundstücken wurde die Sperrfrist dann bundesrechtlich vorgeschrieben, wobei sie auf sechs Jahre erhöht und auf die Veräusserung ganzer landwirtschaftlicher Grundstücke ausgedehnt wurde. Später wurde die auf dem Vollmachtenrecht beruhende Regelung in die ordentliche Gesetzgebung übergeführt, und zwar zuerst durch Art. 95 des Bundesgesetzes vom 12. Dezember 1940 über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen, in Kraft getreten am 1. Januar 1947, und hernach durch Art. 50 des Bundesgesetzes BGE 94 II 105 S. 110 vom 15. Juni 1951 über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes, der die Sperrfrist auf zehn Jahre erhöhte. Diese seit dem Jahre 1953 geltende Fassung der Art. 218, 218 bis und 218 ter OR wurde endlich erneut geändert und ergänzt durch das Bundesgesetz vom 19. März 1965 über die Änderung der Vorschriften des ZGB und des OR betreffend das Baurecht und den Grundstückverkehr, durch das die heute geltenden Art. 218 - Art. 218 quinquies in das OR eingefügt wurden. b) Die Sperrfrist des Art. 218 OR soll den raschen Handwechsel landwirtschaftlicher Grundstücke ausschliessen, um Spekulationsgeschäfte mit solchen, die ein volkswirtschaftlich unerwünschtes Ansteigen des Preises für landwirtschaftlich genützten Boden zur Folge hätten, nach Möglichkeit zu unterbinden. Im Hinblick auf diese Zweckbestimmung verbietet Art. 218 OR während der Sperrfrist nicht nur den Verkauf, sondern die Veräusserung landwirtschaftlicher Grundstücke in jeder Form, wie z.B. durch Tausch ( BGE 84 I 5 ). Ebenso sind Lehre und Rechtsprechung darin einhellig, dass auch ein Kaufsrecht, das innerhalb der Sperrfrist eingeräumt und ausgeübt wird, gegen das Veräusserungsverbot verstösst und daher gemäss Art. 218 ter OR nichtig ist ( BGE 92 I 337 Erw. 3, BGE 93 I 606 Erw. 8). Im vorliegenden Fall geht es jedoch darum, ob allein schon die Einräumung des Kaufsrechtes innerhalb der Sperrfrist unter allen Umständen als unzulässige Veräusserung zu betrachten sei, wie dies die Beklagte behauptet. Diese Frage ist vom Bundesgericht bisher noch nicht entschieden worden. Die Beklagte glaubt zu Unrecht, sich für die von ihr verfochtene Auffassung auf BGE 92 I 337 Erw. 3 berufen zu können. In jenem Falle stand fest, dass der Berechtigte vom Kaufsrecht unverzüglich, also noch vor Ablauf der Sperrfrist, Gebrauch machen wollte. Mit Rücksicht hierauf entschied die verwaltungsrechtliche Kammer des Bundesgerichts, das Geschäft habe ähnliche Wirkungen wie ein Kaufvertrag und sei daher unter dem Gesichtspunkte des Art. 218 OR einem solchen gleichzustellen. Im Falle BGE 93 I 597 ff. sodann, auf den sich die Beklagte weiter beruft, war das Kaufsrecht bis Ende Dezember 1967 befristet, während die Sperrfrist erst im März 1971 ablief. Das Kaufsrecht konnte somit überhaupt nur innerhalb der Sperrfrist ausgeübt werden. In diesem Kaufsrechtsvertrag erblickte das Bundesgericht eine unzulässige Veräusserung im Sinne von BGE 94 II 105 S. 111 Art. 218 OR deshalb, weil der aus ihm verpflichtete Grundeigentümer dem Berechtigten auf dessen einseitige Willenserklärung hin das Grundstück verkaufen müsse, und zwar vor Ablauf der Sperrfrist. In keinem dieser beiden Fälle stellte sich somit die heute zu entscheidende Frage, ob die Einräumung eines Kaufsrechts innerhalb der Sperrfrist auch dann unzulässig sei, wenn der Berechtigte es erst nach deren Ablauf ausübt. Die staatsrechtliche Abteilung des Bundesgerichts hat zwar in ihrem nicht veröffentlichten Entscheid vom 18. Oktober 1943 i.S. Jean-Mairet (zitiert bei GUISAN. Problèmes actuels de la législation agricole, ZSR 1945 S. 311a) die Auffassung, nach Art. 218 OR sei die Einräumung eines Kaufsrechts selbst dann unzulässig, wenn die Übertragung des Eigentums erst nach Ablauf der Sperrfrist erfolgen solle, als nicht willkürlich bezeichnet. Die Verneinung blosser Willkür bedeutet jedoch keine abschliessende Beurteilung einer Rechtsfrage. Abgesehen hievon war in jenem Falle eine offensichtliche Umgehung der Sperrfristbestimmungen beabsichtigt, da die Kaufsrechtsbestellung erfolgte, nachdem verschiedene Gesuche um Bewilligung eines Verkaufs der Liegenschaft vor Ablauf der Sperrfrist abgewiesen worden waren. Auch den Materialien zu den oben erwähnten Bundesgesetzen vom 12. Dezember 1940, 12. Juni 1951 und 19. März 1965 ist über die zu entscheidende Frage nichts zu entnehmen. Im Schrifttum zum Problem der Sperrfrist befasst sich einzig KAUFMANN (Das neue landwirtschaftliche Bodenrecht der Schweiz, 1946, S. 218) mit dem Kaufsrecht. Er spricht sich dahin aus, dass auch die Einräumung eines Kaufs- und Rückkaufsrechtes, die vor Ablauf der Sperrfrist ausgeübt werden können, unzulässig sei. Zur Frage, ob die Folge der Nichtigkeit auch eintrete, soweit die Frist für die Ausübung des Kaufsrechts über das Ende der Sperrfrist hinausreicht, nimmt er dagegen nicht Stellung. 3. Das Kaufsrecht ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts "ein durch die Gestaltungserklärung des Berechtigten bedingter Kaufvertrag" ( BGE 86 II 36 , BGE 88 II 159 ). Mit dieser Umschreibung wollte das Bundesgericht indessen nicht Stellung nehmen zu der im Schrifttum umstrittenen Frage, ob die Bestellung eines Kaufsrechtes einen bedingten Kauf darstelle (so OSER/SCHÖNENBERGER, OR Art. 216 N.18), BGE 94 II 105 S. 112 oder ob sie als Vertrag auf die Einräumung eines Gestaltungsrechtes aufzufassen sei (so VON TUHR/SIEGWART, OR I S. 254; HAAB, ZGB Art. 683 N. 1; GUHL, OR 5. Aufl. S. 264; HOMBERGER, ZGB Art. 959 N. 27). Abgelehnt wurde damit lediglich die von BECKER (OR Art. 216 N. 3) vertretene Lehrmeinung, es handle sich bei diesem Vertrag um eine Kaufsofferte, die mit der Abmachung verbunden sei, diese während bestimmter Zeit aufrecht zu erhalten (nicht veröffentlichter Entscheid der I. Zivilabteilung vom 28. September 1965 i.S. Spinnler c. Boner, Erw. 2). Die erwähnte Streitfrage kann auch heute offen gelassen werden. Wesentlich ist, dass nach beiden Auffassungen der Kaufvertrag erst perfekt wird mit der Erklärung des Berechtigten, sein Kaufsrecht ausüben zu wollen. Solange eine solche Erklärung nicht vorliegt, ist die andere Vertragspartei nicht zur Übertragung des Eigentums verpflichtet. Während dieses Zwischenstadiums ändert sich an den Eigentumsverhältnissen nichts. Der Kaufsrechtsvertrag begründet lediglich eine Anwartschaft des Berechtigten, deren Verwirklichung zwar von seinem Willen abhängt, aber noch ungewiss ist. Lässt er die Ausübungsfrist unbenützt verstreichen, so erlischt sein Recht, ohne irgendwelche Folgen zu zeitigen; die ursprüngliche Rechtslage bleibt bestehen; es kommt zu keiner Verschiebung des Eigentums. Da die Sperrfrist des Art. 218 OR in erster Linie verhindern will, dass landwirtschaftlich genützter Boden innert kurzer Frist wieder die Hand wechsle, bedeutet der Abschluss eines Kaufrechtsvertrages zweifellos insoweit eine unzulässige, nach Art. 218 ter OR nichtige Veräusserung, als er dem Berechtigten gestattet, von seinem Kaufsrecht vor Ablauf der Sperrfrist Gebrauch zu machen; denn zum Zustandekommen des Kaufvertrages bedarf es nur noch der Ausübungserklärung des Berechtigten. Dieser hat es somit in der Hand, durch deren Abgabe den bisherigen Eigentümer zur Übertragung des Grundstückes zu zwingen und damit die vom Gesetz verbotene Handänderung innerhalb der Sperrfrist herbeizuführen. Insoweit ist daher der in BGE 92 I 3 . Erw. 3 und BGE 93 I 606 Erw. 8 vertretenen Auffassung beizupflichten, dass die Begründung eines innerhalb der Sperrfrist ausübbaren Kaufsrechts unzulässig sei. Dagegen ist kein Grund ersichtlich, das während der Sperrfrist eingeräumte Kaufsrecht auch als nichtig zu betrachten, BGE 94 II 105 S. 113 soweit die Ausübungsfrist über das Ende der Sperrfrist hinausreicht. Der durch die Ausübungserklärung des Berechtigten ausgelöste Eigentümerwechsel erfolgt in diesem Falle erst in einem Zeitpunkt, in welchem der Verkäufer die volle Verfügungsfreiheit über sein Grundstück wieder erlangt hat und dieses ohne weiteres zu den im Kaufsrechtsvertrag vereinbarten Bedingungen oder sogar zu einem höhereren als dem darin vorgesehenen Preise verkaufen dürfte. Es ist deshalb nicht einzusehen, weshalb ein erst nach Ablauf der Sperrfrist durch Ausübung eines Kaufsrechtes herbeigeführter Verkauf der Liegenschaft anders zu behandeln sein sollte als ein gewöhnliches Kaufsgeschäft. Bei der Einräumung eines Kaufsrechts, dessen Ausübungsfrist teils innerhalb, teils ausserhalb der Sperrfrist des Art. 218 OR liegt, hat man es demnach mit einem nur teilweise nichtigen Geschäft im Sinne von Art. 20 Abs. 2 OR zu tun. Dass im vorliegenden Fall die Parteien das Geschäft ohne den nichtigen Teil nicht abgeschlossen hätten, macht die Beklagte nicht geltend, und es bestehen auch keine Anhaltspunkte hiefür, waren sich doch die Parteien bewusst, dass das Kaufsrecht nur dann vor Ablauf der Sperrfrist ausgeübt werden könne, wenn die Behörde das Grundstück von den Bestimmungen des landwirtschaftlichen Entschuldungsgesetzes ausnehme (Ziff. 9 des Vertrages). 4. Die Beklagte wendet ein, wenn nicht jede Einräumung eines Kaufsrechts während der Sperrfrist nichtig sei, lasse sich der vom Gesetz angestrebte Zweck, die Spekulation mit landwirtschaftlichen Grundstücken möglichst einzudämmen, überhaupt nicht erreichen. Das übertragbare Kaufsrecht könne jederzeit zu einem beliebigen Preis weiter übertragen werden und trete so an die Stelle des wegen der Sperrfrist unübertragbaren Grundstückes selbst. Statt mit dem Grundstück werde mit dem Kaufsrecht spekuliert, mit der Folge, dass bei der Ausübung des Kaufsrechts nach Ablauf der Sperrfrist der Bodenpreis um die bei der mehrmaligen Weiterveräusserung des Kaufsrechtes erzielten Zwischengewinne in die Höhe getrieben worden sei. Diese Bedenken rechtfertigen keinesfalls, das Kaufsrecht als solches nichtig zu erklären und damit seine Begründung auch zu verunmöglichen, wenn sie einem berechtigten, nicht spekulativen Zwecke dient, z.B. wenn ein Unternehmen oder ein Gemeinwesen sich den nötigen Boden zur Erweiterung einer BGE 94 II 105 S. 114 Fabrik bzw. zur Erfüllung öffentlichrechtlicher Aufgaben schon vor dem Ablauf der Sperrfrist sichern will. Um spekulative Veräusserungen des Kaufsrechtes zu verhindern, genügt es, während der Sperrfrist dessen Abtretung zu verunmöglichen. Ob Art. 218 ter OR wirklich erlaubt, sie als nichtig zu behandeln, kann für heute offen bleiben, da der Kläger seine Legitimation zur Sache nicht aus einer Abtretung ableitet und übrigens auch nicht nachgewiesen ist, dass er sich das Kaufsrecht habe einräumen lassen, um mit ihm zu spekulieren. 5. Die Beklagte ist der Meinung, wenn die Begründung von Kaufsrechten während der Sperrfrist zugelassen würde, könnte auch die Verschuldung der Landwirtschaft nicht mit Erfolg bekämpft werden; denn die Parteien könnten zur Umgehung der Vorschriften über die Belastungsgrenze für landwirtschaftliche Grundstücke pro forma einen Kaufsrechtsvertrag abschliessen mit der Massgabe, dass ein Teil des Kaufpreises (nämlich das in Wirklichkeit beabsichtigte Darlehen) vom Kaufsberechtigten sofort bezahlt würde. Auch dieser Einwand schlägt nicht durch. Ein solches bloss simuliertes Kaufsrecht wäre selbstverständlich nichtig. Aber auch hier ist die theoretische Möglichkeit, dass das Kaufsrecht zur Umgehung der Belastungsbeschränkungen missbraucht werden könnte, kein hinlänglicher Grund, die Einräumung von Kaufsrechten während der Sperrfrist gänzlich auszuschliessen. Dass eine solche Umgehung hier beabsichtigt gewesen sei, behauptet übrigens die Beklagte nicht, sondern sie macht gegenteils geltend, der Kläger habe von Anfang an die Absicht gehabt, das Kaufsrecht auszuüben. 6. Die Unzulässigkeit jeder Kaufsrechtsbestellung während der Sperrfrist soll sich nach der Auffassung der Beklagten daraus ergeben, dass Art. 218 OR nicht den Erwerb, sondern die Veräusserung von landwirtschaftlichen Grundstücken verbiete. Das Gesetz untersage also das Verpflichtungsgeschäft auf seiten des Verkäufers, nicht erst die tatsächliche grundbuchliche Übertragung. Die Bestimmung sei zum Schutze des bisherigen Eigentümers aufgestellt worden, dem das Gesetz die Verfügungs- und Veräusserungsfreiheit während zehn Jahren garantieren wolle; diese verliere er aber, da er mit der Einräumung des Kaufsrechts gebunden sei. Hieran ist soviel richtig, dass schon der Vertrag auf Einräumung des Kaufsrechtes, also das der späteren Eigentumsübertragung BGE 94 II 105 S. 115 zu Grunde liegende obligatorische Verpflichtungsgeschäft, von Anfang an nichtig ist, soweit die Ausübungsfrist für den Berechtigten innerhalb der Sperrfrist liegt. Dagegen trifft es nicht zu, dass die Sperrfristbestimmung die Verfügungs- und Veräusserungsfreiheit des bisherigen Eigentümers garantieren wolle; sie schränkt diese gegenteils für die Dauer von zehn Jahren empfindlich ein. Auch wurde das Veräusserungsverbot nicht zum Schutze des Verkäufers aufgestellt. Anlass dafür gab die Erfahrungstatsache, dass häufiger, rasch auf einanderfolgender Handwechsel den Preis des landwirtschaftlichen Bodens in die Höhe treibe und ihn für den Landwirt unerschwinglich mache, so dass die wirtschaftliche Existenz eines gesunden Bauernstandes gefährdet werde. Zur Beschränkung solcher volkswirtschaftlich schädlicher Landverteuerung sollte im Interesse des Anbaus eine grössere Stabilität der Besitzverhältnisse gesichert werden (Botschaft des Bundesrates zum Bundesgesetz über die Erhaltung des landwirtschaftlichen Grundbesitzes vom 12. Juni 1951, BBl 1948 I S. 26). Das bedeutet jedoch nicht, dass es sich bei diesen auf sozialpolitischen Erwägungen beruhenden Vorschriften um solche des öffentlichen Rechtes handle, auf die der zivilrechtliche Begriff der Nichtigkeit, insbesondere derjenige der Teilnichtigkeit, nicht anwendbar wären. Wie das Bundesgericht schon unter der Herrschaft der notrechtlichen Erlasse entschieden hatte, stellten die damals dem Verkehr mit landwirtschaftlichen Grundstücken auferlegten Beschränkungen nach Form und Inhalt Bundeszivilrecht dar ( BGE 69 II 29 ff. Erw. 2). Dass dies auch für die Vorschriften gilt, die diese Materie heute regeln, ergibt sich schlüssig aus deren Entstehungsgeschichte. Bei der Prüfung der Frage, ob gemäss dem bundesrätlichen Entwurf vom 9. April 1963 (BBl 1963 I S. 969 ff.) in Art. 218 OR auch für Bauland eine gewisse Sperrfrist vorgesehen werden solle, wurde in der Kommission des Nationalrats die verfassungsrechtliche Zulässigkeit solcher Sperrfristbestimmungen bezweifelt, und das Justizdepartement wurde um einen Ergänzungsbericht über diese Frage ersucht (Protokoll der Kommission des Nationalrats vom 28./29. Mai 1963, S. 38 ff.). Das Departement liess sich durch Prof. Hans Huber, Bern, ein Gutachten erstatten. Dieser kam auf Grund einlässlicher Untersuchung der Rechtsnatur der damals geltenden Vorschriften ( Art. 218 - 218 ter OR in der Fassung des EGG vom 12. Juni 1951) zum Schlusse, dass die BGE 94 II 105 S. 116 Sperrfrist trotz ihren wirtschaftspolitischen Zwecken ein verfassungsmässig zulässiges Institut des Zivilrechts sei. Er wies darauf hin, dass die Sperrfrist nur die Vertragsfreiheit berühre, die kein verfassungsmässig garantiertes Recht ist, sondern nur im Rahmen der zivilrechtlichen Gesetzgebung besteht; diese enthält zahlreiche mehr oder weniger weit gehende Einschränkungen der Vertragsfreiheit (so z.B. in OR Art. 293, 396, 513, sowie in ZGB Art. 616 und 795), deren Verfassungsmässigkeit und zivilrechtliche Natur noch nie in Zweifel gezogen wurden. Auch die für die Verletzung der Sperrfristvorschriften vorgesehene Sanktion sei eine zivilrechtliche, nämlich die Nichtigkeit des betreffenden Geschäftes. Die Sperrfrist ändere nichts am Inhalt des Grundstückkaufs, sondern sie auferlege nur einer Vertragspartei eine Wartefrist zwischen zwei Kaufsgeschäften. Das Rechtsverhältnis zwischen Verkäufer und Käufer nach seiner Begründung bleibe dagegen von der Sperrfrist völlig unberührt. Diese einleuchtenden Ausführungen lassen keinen Zweifel darüber bestehen, dass es sich auch bei den Sperrfristbestimmungen in der heute geltenden Fassung des Art. 218 OR um zivilrechtliche Normen handelt. 7. Die Beklagte hält daran fest, dass die streitige Kaufsrechtsbestellung eine Umgehung der Sperrfristvorschriften bezweckt habe. Der Vertragsinhalt beweise, dass der Kläger bereits mit dem Abschluss des Kaufsrechtsvertrages wirtschaftlich Eigentümer des Grundstückes geworden sei: Einerseits sei die Beklagte mit dem Abschluss des Vertrages endgültig gebunden gewesen, und anderseits habe der Kläger schon damals Fr. 10'000.--an den künftigen Kaufpreis anbezahlt und sich verpflichtet, seine Zins-und Kapitalguthaben aus einem Inhaberschuldbrief und einer Grundpfandverschreibung auf einer andern Liegenschaft der Beklagten mit dem von ihm geschuldeten Kaufpreis zu verrechnen. Angesichts dieses aus dem Kaufsrechtsvertrag ersichtlichen Sachverhalts sei die Feststellung der Vorinstanz, es fehle an Momenten, aus denen auf eine Umgehungsabsicht geschlossen werden könnte, offensichtlich aktenwidrig. Die Behauptung, der Kläger habe eine Anzahlung von 10'000.--geleistet, ist jedoch neu und daher nach Art. 55 Abs. 1 lit. c OG unzulässig. Ob im übrigen aus dem Inhalt des Kaufsrechtsvertrages auf das Vorliegen eines verbotenen Umgehungsgeschäftes zu schliessen sei, ist Rechtsfrage und daher BGE 94 II 105 S. 117 vom Bundesgericht zu überprüfen, ohne dass vorerst ein offensichtliches Versehen der Vorinstanz in tatsächlicher Hinsicht nachgewiesen werden müsste. Es ist jedoch nicht einzusehen, wieso die für den Fall der späteren Ausübung des Kaufsrechtes vorgesehene Verrechnung anderer Grundpfandschulden der Beklagten mit ihrer Kaufpreisforderung für das hier in Frage stehende Grundstück geeignet sein soll, eine beabsichtigte Umgehung der Sperrfristbestimmungen zu beweisen. 8. Die Beklagte beruft sich endlich darauf, dass der Kläger sie beim Abschluss des Kaufsrechtsvertrages übervorteilt habe. Dieser Einwand ist jedoch schon deswegen unbehelflich, weil Übervorteilung nach Art. 21 OR nur innert Jahresfrist seit dem Abschluss des Vertrages geltend gemacht werden kann, was hier nicht geschehen ist. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 7. Dezember 1967, wird bestätigt.
public_law
nan
de
1,968
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
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Urteilskopf 137 IV 290 42. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern (Beschwerde in Strafsachen) 6B_5/2011 vom 14. Juli 2011
Regeste Art. 57 Abs. 5 lit. a SVG ; Art. 3a Abs. 1 VRV ; Tragen von Sicherheitsgurten. Gemäss Art. 3a Abs. 1 VRV müssen Führer und mitfahrende Personen die vorhandenen Sicherheitsgurten während der Fahrt tragen. "Während der Fahrt" bedeutet die Teilnahme im Verkehr. Die Gurtentragpflicht besteht auch bei einem Halt vor einem Rotlicht (E. 3.3).
Sachverhalt ab Seite 290 BGE 137 IV 290 S. 290 A. X. hielt am 27. Juni 2009 um 20.00 Uhr sein Taxi in der Stadt Luzern auf der Zentralstrasse in Richtung Bahnhof vor einer auf Rot geschalteten Lichtsignalanlage an. Während der Rotlichtphase hatte er den Sicherheitsgurt gelöst, um in der unter dem Beifahrersitz deponierten Schublade eine Visitenkarte für den neben ihm sitzenden Fahrgast hervorzuholen. Beim Wechsel der Ampel auf Grün war nach seiner Darstellung sein Sicherheitsgurt wieder eingeklinkt. Anschliessend wurde er beim Bahnhof von der Polizei, die ihn im Taxi beobachtet hatte, angehalten und kontrolliert. Sie händigte ihm BGE 137 IV 290 S. 291 wegen Nichttragens des Sicherheitsgurtes eine Ordnungsbusse aus. Weil er die Busse nicht akzeptierte, wurde er verzeigt. B. Das Amtsstatthalteramt Luzern büsste X. mit Strafverfügung vom 22. September 2009 wegen Nichttragens der Sicherheitsgurten beim Führen eines Personenwagens mit 60 Franken. Mit begründetem Entscheid vom 15. Januar 2010 bestätigte das Amtsstatthalteramt die Strafverfügung. Das Amtsgericht Luzern-Stadt fand ihn auf seine Einsprache hin am 24. Juni 2010 wegen Nichttragens der Sicherheitsgurten als Fahrzeugführer beim Führen eines Personenwagens der Zuwiderhandlung gegen Art. 3a Abs. 1 der Verkehrsregelnverordnung (VRV; SR 741.11) schuldig und bestrafte ihn gemäss Ziff. 312.1 der Ordnungsbussenverordnung (OBV; SR 714.031) mit 60 Franken Busse (entsprechend 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe). Das Obergericht des Kantons Luzern wies seine Kassationsbeschwerde am 3. November 2010 ab. C. X. erhebt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, das obergerichtliche Urteil aufzuheben und ihn von Schuld und Strafe freizusprechen. In der Vernehmlassung beantragte das Obergericht, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Staatsanwaltschaft beantragte die Abweisung der Beschwerde. X. nahm Stellung dazu. D. Das Bundesgericht hat den Entscheid öffentlich beraten ( Art. 59 Abs. 1 BGG ). Es weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der Beschwerdeführer macht geltend, beim Schuldspruch gemäss Art. 3a Abs. 1 VRV würden die Ausnahmeregelungen von Art. 3a Abs. 2 lit. b, c und d VRV in keiner Weise berücksichtigt. Nach diesen entfalle die Gurtentragpflicht, wenn im Schritttempo gefahren oder die Geschwindigkeit von 25 km/h nicht überschritten werde. Daher sei anzunehmen, "während der Fahrt" im Sinne von Art. 3a Abs. 1 VRV bedeute, dass das Fahrzeug in Bewegung sein müsse. Bei einer Geschwindigkeit entsprechend diesen Ausnahmeregeln bestehe keine Gefahr bedeutender Verletzungen, weshalb die Gurten nicht getragen werden müssten. 2. Nach den verbindlichen vorinstanzlichen Feststellungen ( Art. 105 Abs. 1 BGG ) ist zugunsten des Beschwerdeführers davon BGE 137 IV 290 S. 292 auszugehen, dass "er im Auto, das vor der Rotlichtampel in einer Kolonne gestanden habe, den Sicherheitsgurt für bloss kurze Zeit vor dem Lichtsignalwechsel auf Grün nicht getragen habe". Die Vorinstanz führt aus, zwar setze der Begriff der "Fahrt" gemäss Art. 3a Abs. 1 VRV einen Zustand der Bewegung des Motorfahrzeugs voraus. Dieser wörtlichen Auslegung stehe aber die Zweckbestimmung von Art. 57 Abs. 5 lit. a SVG entgegen. Die Gurten dienten der Sicherheit im Strassenverkehr. Die Gefahrenlage für Fahrzeuginsassen werde bei einem kurzzeitigen Stehen im Strassenverkehr nicht gänzlich beseitigt. Zu denken sei namentlich an Auffahrkollisionen. Eine abstrakte Gefahr genüge. Die Dauer des Nichttragens sei nicht von Bedeutung. Anders entscheiden hiesse, Tür und Tor für Rechtsmissbräuche öffnen. 3. Gemäss Art. 3a Abs. 1 VRV müssen bei Fahrzeugen, die mit Sicherheitsgurten ausgerüstet sind, Führer und mitfahrende Personen die vorhandenen Sicherheitsgurten während der Fahrt tragen. Gemäss Art. 3a Abs. 2 VRV sind von der Gurtentragpflicht in Absatz 1 ausgenommen: a) (ärztliches Zeugnis); b) Von-Haus-zu-Haus-Lieferanten im Auslieferungsquartier, wenn nicht schneller als 25 km/h gefahren wird; c) Führer und Mitfahrer bei Fahrten auf Feld- und Waldwegen und im Werkareal, wenn nicht schneller als 25 km/h gefahren wird; d) Führer beim Manövrieren im Schritttempo; e) (konzessionierte Transportunternehmungen); f) (Begleitpersonen bei Sanität und Behindertenfahrdiensten). 3.1 Entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers sind somit nicht bloss unter 25 km/h fahrende Fahrzeuge ausgenommen, sondern auch andere Kategorien von Fahrzeugen, und zwar ohne spezifische Geschwindigkeitsbeschränkungen. Die Fahrgeschwindigkeit ist nicht der Grund dieser Ausnahmeregelung. Auch eine Kollision unter 25 km/h kann zu Verletzungen führen, die durch das Tragen von Sicherheitsgurten vermieden werden könnten. Wie aus Art. 3a Abs. 2 VRV klar hervorgeht, liegen der Ausnahmeregelung bestimmt umschriebene, besondere tatsächliche Verhältnisse zugrunde. So muss etwa beim Manövrieren (lit. d) der Fahrzeugführer den Gurt nicht tragen, wohl aber der Mitfahrer, während bei Sanität und Behindertenfahrdiensten (lit. f) nicht die Fahrzeugführer, sondern einzig die "Begleitpersonen von besonders betreuungsbedürftigen BGE 137 IV 290 S. 293 Personen" von der Gurtentragpflicht befreit sind. Keine der Ausnahmekonstellationen von Art. 3a Abs. 2 VRV ist im Falle des Beschwerdeführers einschlägig. 3.2 Art. 3a VRV findet seine gesetzliche Grundlage in Art. 57 Abs. 5 lit. a SVG . Der Bundesrat kann vorschreiben, dass "Insassen von Motorwagen Rückhaltevorrichtungen (Sicherheitsgurten u. dgl.) benützen". Während diese Gesetzesbestimmung keine Ausnahmen kennt, hat der Bundesrat in Art. 3a Abs. 2 VRV eine Ausnahmeregelung vorgesehen. Diese muss restriktiv ausgelegt und als abschliessend betrachtet werden. Ferner kann darauf hingewiesen werden, dass gemäss Art. 119 lit. i der Verordnung vom 19. Juni 1995 über die technischen Anforderungen an Strassenfahrzeuge (VTS; SR 741.41) für Motorwagen mit einer Höchstgeschwindigkeit bis 30 km/h Sicherheitsgurten nicht erforderlich sind. Die VTS ist hier nicht anwendbar. 3.3 In Frage steht die Auslegung "während der Fahrt". Das Gesetz ist nach seinem Sinn und Zweck auszulegen, wobei von seinem Wortlaut auszugehen ist ( BGE 133 IV 228 E. 2.2; BGE 133 III 175 E. 3.3.1). Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf nur ausnahmsweise abgewichen werden, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt ( BGE 131 V 242 E. 5.1). Nach allgemeinem Sprachgebrauch hält ein Fahrzeugführer "während der Fahrt" vor einem Stoppsignal an und nimmt anschliessend die "Fahrt" wieder auf. Insoweit kann der Ausdruck "während der Fahrt" das Fahrzeug in Bewegung oder im Stillstand bedeuten. Man spricht auch von einer "Fahrt" durch Luzern, wenn "während der Fahrt" vor Signalen oder aus anderen Gründen angehalten werden muss. Ein Zwischenhalt auf einem Park- oder Ausstellplatz lässt sich dagegen nicht mehr unter Art. 3a Abs. 1 VRV subsumieren. "Während der Fahrt" muss mithin in dem Sinne ausgelegt werden, dass damit die Teilnahme im Verkehr gemeint ist. Dann handelt der Fahrzeugführer, während er sich in den Verkehr einfügt oder sich im Verkehr befindet, "während der Fahrt". Diese Auslegung entspricht dem Sinn und Zweck von Art. 57 Abs. 5 lit. a SVG , wonach Insassen von Motorwagen Sicherheitsgurten benützen. Gliedert sich ein Fahrzeug in den Verkehr ein oder ist es im Verkehr eingegliedert, besteht für die Insassen die Gurtentragpflicht. Es widerspricht dem Gesetzeszweck, die Gurtentragpflicht bei einem Halt vor einem BGE 137 IV 290 S. 294 Rotlicht zu verneinen. Für eine solche Auslegung sind keine Gründe ersichtlich. 3.4 Wie der Amtsstatthalter in seinem Entscheid vom 15. Januar 2010 ausführte, dauert die Fahrt eines Taxis vom Start bis zum Erreichen des Fahrtziels, mithin bis zum Erreichen des vom Kunden gewünschten Ausstiegsorts beim Bahnhof Luzern. Diese Auslegung wird durch den französischen und italienischen Wortlaut von Art. 3a Abs. 1 VRV bestätigt: "(...) le conducteur et les passagers doivent porter, pendant le trajet (durante la corsa), les ceintures de sécurité existantes." Die Bedeutung von "trajet" ist insbesondere "espace à franchir, à traverser; fait de parcourir un certain espace, pour aller d'un lieu à un autre; chemin ainsi parcouru", und es wird dazu verwiesen auf "chemin, course, parcours, route, voyage" (Le Grand Robert, 2. Aufl. 1985). Die Wortbedeutung von "trajet" stützt somit die erwähnte Auslegung. Der gleiche Begriff findet sich auch in Art. 3b Abs. 1 VRV , wonach die Schutzhelme "während der Fahrt" getragen werden müssen (wobei diese Bestimmung ebenfalls Ausnahmen kennt). Die Sicherheitsgurten "müssen" (doivent, devono) getragen werden. Wer die Sicherheitsgurten zu locker anlegt, verletzt bereits Art. 3a Abs. 1 VRV (Urteil 6S.41/2007 vom 25. Juni 2007). Umso mehr wird dieser Bestimmung zuwidergehandelt, wenn keine Sicherheitsgurten getragen werden, und sei dies auch nur für kurze Zeit. Ferner kann auf den insoweit gleichlautenden § 21a Abs. 1 der deutschen Strassenverkehrsordnung hingewiesen werden: "Vorgeschriebene Sicherheitsgurte müssen während der Fahrt angelegt sein." Nach der deutschen Auslegung meint "Fahrt" den Gesamtvorgang der Benutzung des Kraftfahrzeugs als Beförderungsmittel, weswegen auch kurzzeitige verkehrsbedingte Fahrtunterbrechungen umfasst sind (HENTSCHEL/KÖNIG/DAUER, Strassenverkehrsrecht, 41. Aufl., München 2011, N. 3 zu § 21a StVO). 3.5 Auch wenn daraus unmittelbar für die Auslegung von Art. 3a VRV nichts folgt, kann angemerkt werden, dass bereits in BGE 103 IV 192 die Nützlichkeit und Effektivität der Sicherheitsgurten betont wurde, und dass das Nichttragen von Sicherheitsgurten gegebenenfalls erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. So kann von einer Bestrafung nicht abgesehen werden, selbst wenn der Täter im Übrigen von seiner Tat im Sinne von Art. 54 StGB schwer betroffen ist ( BGE 137 IV 105 E. 2.3.5). Auch kann dies ein mitbestimmender Faktor für die Verneinung des adäquaten BGE 137 IV 290 S. 295 Kausalzusammenhangs sein, so dass eine strafrechtliche Haftung entfällt und Geschädigte ohne Sicherheitsgurten die Folgen selber tragen müssen (Urteil 6B_509/2010 vom 14. März 2011 E. 3.5). Unabhängig von der strafrechtlichen Qualifikation führt das Nichttragen des Sicherheitsgurts im Unfallversicherungsrecht (Kausalität vorausgesetzt) zur Kürzung der Geldleistungen um 10 % wegen Grobfahrlässigkeit ( BGE 118 V 305 ; Urteile 8C_963/2009 vom 11. März 2010; 8C_396/2009 vom 23. September 2009; 8C_257/2008 vom 4. September 2008, jeweils Bst. A). Ferner ist auf mögliche zivilrechtliche Folgen hinzuweisen ( Art. 59 Abs. 2 SVG ; vgl. BGE 132 III 249 E. 3.1 sowie BGE 117 II 609 E. 5a mit Erwähnung einer Herabsetzung der Haftungsquote um 10 % wegen Selbstverschuldens). 3.6 Gemäss Art. 3 Abs. 1 VRV muss der Fahrzeugführer seine Aufmerksamkeit der Strasse und dem Verkehr zuwenden. Er darf beim Fahren keine Verrichtung vornehmen, welche die Bedienung des Fahrzeugs erschwert. Das Mass der Aufmerksamkeit richtet sich nach den gesamten konkreten Umständen, namentlich der Verkehrsdichte, den örtlichen Verhältnissen, der Zeit, der Sicht und den voraussehbaren Gefahrenquellen (Urteil 6P.68/2006/6S.128/2006 vom 6. September 2006 E. 3.2 mit Hinweisen). In diesem Sinne entschied das Bundesgericht, dass ein Lenker, der in den Phasen des Stillstands seines Fahrzeugs im Stau eine Zeitung las und diese in den Phasen des Aufrückens um einige Meter im Schritttempo teils auf seinen Oberschenkeln, teils am Lenkrad aufgestützt liess, sich unter den gegebenen konkreten Umständen nicht der Verletzung von Verkehrsregeln schuldig machte (a.a.O., E. 3.3.6). Die Vorinstanz wirft dem Beschwerdeführer keine Verkehrsgefährdung vor, sondern alleine das Nichttragen der Sicherheitsgurten. Sie geht dabei von einem zutreffenden Begriff von Art. 3a VRV aus. Diese Bestimmung regelt nicht den Verkehr, sondern das Tragen der Sicherheitsgurten. Es handelt sich demnach nicht um eine Verkehrsregel ( BGE 103 IV 192 E. 2c S. 196), so dass die oben erwähnte Rechtsprechung hier nicht anwendbar ist. Das Nichttragen der Sicherheitsgurten gefährdet (primär) nicht den Verkehr, sondern ist in erster Linie Selbstgefährdung. Entsprechend ist die Busse auf Art. 96 VRV zu stützen (YVAN JEANNERET, Les dispositions pénales de la Loi sur la circulation routière, 2007, S. 729; PHILIPPE WEISSENBERGER, Kommentar zum Strassenverkehrsgesetz, 2011, N. 4 zu Art. 90 SVG ). Anders würde es sich verhalten, wenn dem Fahrzeugführer durch das An- oder Ablegen der Sicherheitsgurten BGE 137 IV 290 S. 296 während der Fahrt die Bedienung des Fahrzeugs erschwert würde oder er deswegen seine Aufmerksamkeit nicht dem Verkehr zuwenden könnte ( Art. 3 Abs. 1 VRV ). 3.7 Rechtfertigungsgründe sind weder erkennbar noch geltend gemacht worden. Die Visitenkarte konnte nach Beendigung der Fahrt übergeben werden.
null
nan
de
2,011
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CH_BGE_006
CH
Federation
0f897f4a-8e15-491b-820d-f9a9a9c03a17
Urteilskopf 119 Ib 193 23. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 12. März 1993 i.S. H.H. gegen Fremdenpolizei und Regierungsrat des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 14 Abs. 2 und 3 ANAG ; Ausschaffungshaft. 1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Verfügungen über die Verlängerung der Ausschaffungshaft (E. 1a und b); beschränkter Gegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens (E. 1c und d). 2. Gesetzliche Voraussetzungen der Ausschaffungshaft (E. 2). 3. Vollziehbarkeit der Weg- oder Ausweisung; diese Bedingung ist hier erfüllt (E. 3). 4. Es müssen gewichtige Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Ausländer sich der Ausschaffung entziehen will. Das Bundesgericht stellt im Rahmen von Art. 105 Abs. 2 OG auf die diesbezüglichen Sachverhaltsfeststellungen des Haftrichters ab; Gegenstück zu dieser Beschränkung der Prüfungsbefugnis ist, dass die wesentlichen für ein Untertauchen des Ausländers sprechenden Tatsachen sich aus der Begründung des angefochtenen Entscheids oder ohne weiteres aus den von den kantonalen Behörden beigezogenen und dem Bundesgericht vorgelegten Akten ergeben müssen (E. 4a). Im konkreten Fall bestehen gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer sich der Ausschaffung entziehen will (E. 4b).
Sachverhalt ab Seite 194 BGE 119 Ib 193 S. 194 Der aus Kosovo stammende H.H., geboren am 3. Oktober 1966, reichte nach seiner Einreise in die Schweiz am 16. September 1991 ein Asylgesuch ein. Das Bundesamt für Flüchtlinge stellte mit Verfügung vom 11. November 1992 fest, H.H. erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht. Es lehnte sein Asylgesuch ab und wies ihn aus der Schweiz weg. Zugleich forderte es ihn unter Androhung der Ausschaffung im Unterlassungsfall auf, die Schweiz bis zum 27. November 1992 zu verlassen. Mit dem Vollzug der Wegweisung wurde der Kanton Zürich beauftragt. Einer allfälligen Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung entzogen. Die Verfügung des Bundesamtes für Flüchtlinge soll H.H. nach seinen Angaben erst am 24. November 1992 eröffnet worden sein. Er liess am 25. November 1992 dagegen Beschwerde erheben und um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ersuchen. Die Schweizerische Asylrekurskommission wies das Gesuch um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung am 27. November 1992 ab. Mit Schreiben vom 14. Januar und 24. Februar 1993 verwies die Asylrekurskommission den neuen Rechtsvertreter von H.H., der nachträglich eine weitere Beschwerde gegen die gleiche Verfügung des Bundesamtes für Flüchtlinge vom 11. November 1992 BGE 119 Ib 193 S. 195 eingereicht hatte, auf ihre verfahrensleitende Verfügung vom 27. November 1992 und lehnte es ab, darauf zurückzukommen bzw. auf das erneuerte Gesuch um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einzutreten. Die Fremdenpolizei des Kantons Zürich ordnete mit Verfügung vom 18. Februar 1993, 14.00 Uhr, den polizeilichen Vollzug (Ausschaffung) der Wegweisungsverfügung des Bundesamtes für Flüchtlinge vom 11. November 1992 an. Sie verfügte, die sofort vollziehbare Wegweisung sei durch Ausschaffung sicherzustellen und H.H. sei bis zum Vollzug in Haft zu setzen. Am 19. Februar 1993 stellte sie dem Haftrichter des Bezirksgerichts Zürich den Antrag, die Ausschaffungshaft bis zum 21. März 1993 zu verlängern. Mit Verfügung vom 19. Februar 1993 bewilligte der Haftrichter des Bezirksgerichts Zürich die Verlängerung der Ausschaffungshaft bis 21. März, 14.00 Uhr. H.H. reichte am 22. Februar 1993 beim Haftrichter des Bezirksgerichts Zürich eine Beschwerde gegen die Haftverlängerungsverfügung ein. Die Beschwerdeschrift wurde ans Bundesgericht weitergeleitet. Am 3. März 1993 reichte der Beschwerdeführer eine Beschwerdeergänzung ein. In beiden Eingaben weist er darauf hin, dass er "unschuldig" im Gefängnis sei. H.H. befand sich bereits vom 8. bis 12. Februar 1993 bei der Kantonspolizei Zürich, offenbar im Hinblick auf die beabsichtigte Ausschaffung, in Haft. Ferner war er vom 16. Februar abends bis 17. Februar 1993 wegen Hausfriedensbruchs (Betreten eines Spielsalons trotz Hausverbot) in Untersuchungshaft. Mit Strafbefehl der Bezirksanwaltschaft Zürich vom 17. Februar 1993 wurde er wegen dieses Delikts mit drei Tagen Gefängnis bedingt bestraft. Das Bundesamt für Ausländerfragen hat am 9. Februar 1993 gegen den Beschwerdeführer eine dreijährige Einreisesperre verhängt. Das Bundesgericht weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. a) Auf dem Gebiete der Fremdenpolizei ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 100 lit. b OG nur in beschränktem Rahmen zulässig. Unzulässig ist sie insbesondere gegen die Wegweisung ( Art. 100 lit. b Ziff. 4 OG ). Für die im Rahmen eines negativen Asylentscheids verfügte Wegweisung ergibt sich der BGE 119 Ib 193 S. 196 Ausschluss der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zudem aus Art. 11 Abs. 2 des Asylgesetzes vom 5. Oktober 1979 (AsylG, SR 142.31). b) Die Ausschaffungshaft fällt nicht unter die in Art. 100 lit. b OG erwähnten Ausnahmen. Wohl kann sie einzig zur Sicherung des Vollzugs der Wegweisung (oder Ausweisung) angeordnet werden; nach der Praxis des Bundesgerichts stellt sie jedoch nicht bloss eine Vollzugsmassnahme zur Wegweisung dar, welche als solche gemäss Art. 101 lit. c (und Art. 100 lit. b Ziff. 4) OG nicht mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden könnte. Das Bundesgericht lässt darum die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Verfügungen über die Verlängerung der Ausschaffungshaft zu (nicht veröffentlichte Urteile i.S. N. vom 13. Februar 1991 sowie (zuletzt) i.S. E. vom 19. Februar 1993). Eine ausdehnende Auslegung der Ausschlussbestimmungen von Art. 100 lit. b OG erscheint einerseits im Lichte der Materialien, andererseits in Berücksichtigung der Besonderheit der Ausschaffungshaft als nicht angebracht. In der Botschaft des Bundesrates vom 2. Dezember 1985 zur Änderung des Asylgesetzes (BBl 1986 I S. 1 ff.) ist zur Rechtsmittelfrage festgehalten: "Die letztinstanzliche Anordnung einer Ausschaffungshaft durch kantonale Behörden wird nach den allgemeinen Bestimmungen der Bundesrechtspflege mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht weitergezogen werden können (S. 31)." In der parlamentarischen Beratung äusserte sich der Berichterstatter der nationalrätlichen Kommission zu dieser Frage; er übernahm die in der Botschaft vertretene Auffassung (Amtl.Bull. N. 1986 S. 336). Sie blieb unangefochten. Die Ausschaffungshaft, die gemäss Art. 14 Abs. 3 ANAG des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) bis zu 30 Tagen dauern kann, stellt sodann einen schweren Eingriff in die persönliche Freiheit dar und ist darum nicht bloss eine untergeordnete Vollzugsmassnahme, d.h. eine mehr oder weniger zwingende Folge der ursprünglichen Wegweisungsverfügung. c) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Anordnung beziehungsweise Verlängerung der Ausschaffungshaft ist somit zulässig. Sie hat jedoch einzig die Frage zum Gegenstand, ob die Ausschaffungshaft, als den Vollzug der Wegweisung sichernde Massnahme, rechtmässig ist. Das Bundesgericht prüft daher nur, ob die vom Gesetz genannten Voraussetzungen für die Inhaftierung selber erfüllt sind. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist dagegen die Frage, ob die Wegweisung bzw. der Entscheid, dass diese durch Ausschaffung zu vollziehen sei, rechtmässig ist. Insofern verhält es BGE 119 Ib 193 S. 197 sich gleich wie im Falle einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Auslieferungshaftbefehl im Sinne von Art. 47 des Bundesgesetzes vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG; SR 351.1) : Im Haftbeschwerdeverfahren vor der Anklagekammer des Bundesgerichts kann die Begründetheit des Auslieferungsbegehrens nicht geprüft werden; Gegenstand jenes Verfahrens ist einzig die Auslieferungshaft selber ( BGE 111 Ib 149 E. 4). d) Der Beschwerdeführer bezeichnet sich als unschuldig und nimmt damit offensichtlich (auch) Bezug auf den Strafbefehl der Bezirksanwaltschaft Zürich vom 17. Februar 1993 und weitere ihm vorgeworfene Straftaten. Die Ausschaffungshaft wurde weder zur Ahndung von Straftaten noch im Sinne einer Untersuchungshaft angeordnet. Soweit der Beschwerdeführer sich zu den Strafverfahren und zur Begründetheit der dort erhobenen Vorwürfe äussert, geht seine Beschwerde an der Sache vorbei, und die entsprechenden Fragen sind im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen. Soweit er sich aber gegen die Anordnung der Ausschaffungshaft selber wehrt, steht ihm die Verwaltungsgerichtsbeschwerde offen. e) Der Beschwerdeführer ist im übrigen zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert ( Art. 103 lit. a OG ); auf die rechtzeitig eingereichte Beschwerde ist einzutreten. 2. Hat der Ausländer die Frist, die ihm zur Ausreise gesetzt worden ist, unbenutzt verstreichen lassen, so kann er auf Anordnung der zuständigen kantonalen Behörde ausgeschafft werden ( Art. 14 Abs. 1 ANAG ). Der Ausländer kann in Haft genommen werden, wenn eine Weg- oder Ausweisung vollziehbar ist und gewichtige Anhaltspunkte vorliegen, dass er sich der Ausschaffung entziehen will ( Art. 14 Abs. 2 ANAG ). Die kantonale Behörde (Fremdenpolizei) ordnet die Haft an. Eine Verlängerung der Haft über 48 Stunden darf nur von einer kantonalen richterlichen Behörde angeordnet werden; sie darf in keinem Fall mehr als 30 Tage dauern ( Art. 14 Abs. 3 ANAG ). a) Die Anordnung und insbesondere die Verlängerung der Haft über 48 Stunden hinaus ist vorerst nur dann zulässig, wenn die sicherzustellende Wegweisung vollziehbar ist. Vollziehbar ist sie auch dann, wenn die Ausschaffung aus praktischen Gründen nicht von einem Tag auf den anderen erfolgen kann, weil die sofortige Ausreise wegen noch fehlender Papiere oder beschränkter Flugmöglichkeiten ausgeschlossen ist; gerade derartige kurzfristig dauernde Schwierigkeiten beim Vollzug von Entfernungsmassnahmen gaben BGE 119 Ib 193 S. 198 dem Gesetzgeber Anlass, die Ausschaffungshaft vorzusehen (BBl 1986 I S. 30 f.). Die Wegweisung ist im Sinne von Art. 14 Abs. 2 ANAG vollziehbar, wenn sie rechtskräftig oder einer dagegen erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung entzogen ist. Der Begriff "Vollziehbarkeit" hat im Rahmen des Ausschaffungshafts-Verfahrens nichts mit der Frage zu tun, ob die Entfernungsmassnahme im Sinne von Art. 14a Abs. 2 bis 4 ANAG möglich, zulässig oder zumutbar sei; wie es sich damit verhält, kann das Bundesgericht nicht überprüfen (vorne Erwägung 1c). Einzig dann, wenn auszuschliessen ist, dass die notwendigen Reiseformalitäten (Beschaffung von Reisepapieren) in absehbarer Zeit erledigt werden können, mit einem Vollzug der Wegweisung innert 30 Tagen, der maximal zulässigen Haftdauer, also von vornherein nicht gerechnet werden kann, wäre allenfalls davon auszugehen, dass die Voraussetzung der Vollziehbarkeit fehlt. b) Weiter ist erforderlich, dass gewichtige Anhaltspunkte dafür vorliegen, der Ausländer wolle sich der Ausschaffung entziehen. Die blosse Vermutung, dass der Ausländer sich der Wegweisung entziehen könnte, genügt angesichts der Schwere des Eingriffs nicht. Umgekehrt ist die Zulässigkeit der Ausschaffungshaft aber nicht davon abhängig, ob der Ausländer strafbaren Verhaltens verdächtigt wird, strafrechtlich verurteilt ist oder eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt. Die Ausschaffungshaft darf dann angeordnet werden, wenn der Vollzug der Wegweisung erheblich gefährdet erscheint (nicht veröffentlichtes Urteil i.S. E. vom 19. Februar 1993, E. 3b). Dies ist regelmässig nicht der Fall bei unbescholtenen Asylbewerbern, "des gens dont le seul crime est d'avoir demandé l'asile en Suisse" (so die Sprecherin der Kommissionsminderheit im Ständerat, Amtl.Bull. S 1986 S. 251). Die Ausschaffungshaft erscheint namentlich dann gerechtfertigt, wenn aus dem bisherigen Verhalten des Ausländers zu schliessen ist, dass er sich behördlichen Anordnungen widersetzt. Davon ist eher auszugehen, wenn der Ausländer nicht mehr unbescholten ist; insofern kann auch strafrechtlich relevantes Verhalten von Bedeutung sein. Eine konkrete Gefährdung der Wegweisung ist somit notwendige, aber auch ausreichende Voraussetzung der Ausschaffungshaft. c) Schliesslich muss die Anordnung der Haft verhältnismässig sein; das heisst, dass keine andere zweckmässige Massnahme die Durchführung der Ausschaffung sicherstellen kann. Allerdings wird dann, wenn konkret die Gefahr des Untertauchens besteht, kaum je BGE 119 Ib 193 S. 199 eine mildere Massnahme, etwa eine verschärfte Meldepflicht, geeignet sein, den Vollzug der Wegweisung zu garantieren. Unverhältnismässig dürfte die Ausschaffungshaft praktisch nur in Fällen fehlender Hafterstehungsfähigkeit (Urteil vom 19. Februar 1993 i.S. E., E. 3c) und zudem (weil zur Sicherung der Ausschaffung ungeeignet) wohl auch dann sein, wenn nicht ernsthaft damit gerechnet werden kann, dass Identitätsabklärungen und Papierbeschaffung innert Monatsfrist erfolgen können; im zweiten Fall dürfte aber bereits das Erfordernis, dass die Wegweisung "vollziehbar" sein muss, nicht erfüllt sein (vorne Erwägung 3a). 3. Die Ausschaffungshaft ist im vorliegenden Fall zur Sicherung des Vollzugs der vom Bundesamt für Flüchtlinge am 11. November 1992 verfügten Wegweisung angeordnet worden, nachdem die notwendigen Reisepapiere noch nicht vorlagen. Diese Verfügung ist zwar nicht rechtskräftig, weil noch eine Beschwerde hängig ist. Das Bundesamt für Flüchtlinge hat jedoch einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung entzogen, und die Schweizerische Asylrekurskommission hat es nach Einreichung der Beschwerde(n) abgelehnt, die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen. Dafür, dass die Ausreise nicht innert absehbarer Zeit organisierbar wäre, gibt es keine Anhaltspunkte. Die Wegweisung ist damit im Sinne des Gesetzes vollziehbar. 4. Die Fremdenpolizei nahm an, es lägen gewichtige Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschwerdeführer sich der Ausschaffung entziehen wolle. Der Haftrichter schloss sich dieser Auffassung an; er begründete die Verlängerung der Ausschaffungshaft damit, dass der Beschwerdeführer "aufgrund des bisherigen Verhaltens" die Schweiz nicht selbständig verlassen werde und die konkrete Gefahr bestehe, er werde sich der beabsichtigten Ausschaffung entziehen. a) Ob die Haftverfügung angemessen ist, hat das Bundesgericht gemäss Art. 104 lit. c OG nicht zu prüfen. Da der Haftrichter eine richterliche Behörde ist, ist das Bundesgericht sodann gemäss Art. 105 Abs. 2 OG an dessen Sachverhaltsfeststellungen gebunden, wenn er den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften festgestellt hat. Frei prüft das Bundesgericht nur, ob der angefochtene Entscheid Bundesrecht verletzt oder der Haftrichter sein Ermessen überschritten oder missbraucht hat. Der Grund für die beschränkte Kognition des Bundesgerichts bei der Sachverhaltsüberprüfung eines richterlichen Entscheids liegt darin, dass bei einer von der Verwaltung unabhängigen Instanz BGE 119 Ib 193 S. 200 besondere Gewähr dafür besteht, dass der entscheidrelevante Sachverhalt richtig festgestellt bzw. die Sachverhaltsermittlungen der Verwaltung unbefangen überprüft worden sind. Gegenstück zur Beschränkung der Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts ist, dass aus der Begründung des angefochtenen Entscheids erkennbar hervorgehen muss, dass der Sachverhalt korrekt ermittelt worden ist und alle wesentlichen Gesichtspunkte bei der Entscheidfindung berücksichtigt worden sind. Das setzt voraus, dass die für die Haftverlängerung relevanten Tatsachen in der Begründung des angefochtenen Entscheides selber angeführt sind. Dies ergibt sich schon daraus, dass bei einem Eingriff, wie ihn die Anordnung einer dreissigtägigen Haft darstellt, die Anforderungen an die Begründungsdichte des Entscheids entsprechend hoch sind (vgl. BGE 112 Ia 108 ff. E. 2). Gerade in einem Verfahren sodann, das naturgemäss beschleunigt durchgeführt werden muss, kann es nicht Sache des Bundesgerichts als Beschwerdeinstanz sein, nach der Fremdenpolizei und dem Haftrichter in den Akten erst noch nach für die Haft sprechenden Umständen zu suchen. Dass das Bundesgericht sich bei der Prüfung des richterlichen Entscheids Zurückhaltung auferlegt, bedeutet daher nicht nur, dass grundsätzlich von den im angefochtenen Entscheid angeführten Tatsachen auszugehen ist, die für die Haft sprechen, sondern umgekehrt auch, dass das Bundesgericht sich grundsätzlich darauf beschränkt zu prüfen, ob sich aus der Begründung der Verfügung das Haftrichters über die Haftverlängerung bzw. der dieser zugrundeliegenden Haftverfügung der Fremdenpolizei genügend Anhaltspunkte ergeben, die die Haft zu rechtfertigen vermögen. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass der Haftrichter selber auch innert kürzester Frist entscheiden muss, nämlich im Zeitraum ab dem Erhalt des Antrags der Fremdenpolizei auf Haftverlängerung bis maximal 48 Stunden nach Anordnung der Ausschaffungshaft durch die Fremdenpolizei. Dies schliesst eine in alle Details gehende Begründung des Haftverlängerungsentscheids vielfach aus; Verweise auf die hauptsächlichen Aktenstücke müssen zulässig sein. Als massgeblicher Bestandteil der Begründung ist unter diesen Voraussetzungen das Protokoll über die im Hinblick auf die Haftanordnung bzw. -verlängerung erfolgte Befragung des Ausländers zu betrachten; was dort festgehalten ist, ist dem Betroffenen grundsätzlich bekannt. Zu berücksichtigen sind darüber hinaus noch Umstände, die sich ohne weiteres und eindeutig aus den weiteren Akten ergeben, auf welche Fremdenpolizei und Haftrichter im Verfahren der Ausschaffungshaft offensichtlich BGE 119 Ib 193 S. 201 abstellten und welche sie dem Bundesgericht im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht haben. b) Aus den im beschriebenen Sinn massgeblichen Unterlagen ergibt sich für den vorliegenden Fall folgendes: Der Haftrichter und die Fremdenpolizei werfen dem Beschwerdeführer ausdrücklich vor, dass er der Ausreiseanordnung keine Folge geleistet habe und sich seit längerer Zeit illegal in der Schweiz aufhalte. Der Beschwerdeführer hat zwar die Asyl- und Wegweisungsverfügung vom 11. November 1992 angefochten; seine dagegen erhobenen Rechtsmittel haben jedoch endgültig keine aufschiebende Wirkung. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer die Schweiz bisher, entgegen der behördlichen Anordnung, dennoch nicht verlassen hat, rechtfertigt für sich allein aber die Annahme nicht, der Wegweisungsvollzug sei gefährdet. Dies würde nämlich bedeuten, dass dann, wenn die Voraussetzungen einer Ausschaffung erfüllt sind, immer auch die Ausschaffungshaft gerechtfertigt wäre. Das aber widerspräche klar dem Wortlaut von Art. 14 Abs. 2 ANAG , der die Voraussetzungen für die Ausschaffung zur Anordnung der Ausschaffungshaft gerade nicht genügen lässt, sondern vielmehr verlangt, dass gewichtige Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Ausländer sich der Entfernungsmassnahme entziehen will. Ferner verweisen der Haftrichter und die Fremdenpolizei auf strafrechtlich relevante Vorfälle. Gegen den Beschwerdeführer sind Strafverfahren hängig wegen Taschendiebstahls sowie wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz. In beiden Fällen bestehen aufgrund der Akten erhebliche Verdachtsmomente. Am 17. Februar 1993 wurde der Beschwerdeführer wegen Hausfriedensbruchs zu drei Tagen Gefängnis bedingt verurteilt. Auch die bedingte Gefängnisstrafe und die hängigen Strafverfahren vermögen die Anordnung der Ausschaffungshaft für sich nicht zu rechtfertigen. Der noch drohenden - eher kleineren - neuen Strafe entginge der Beschwerdeführer durch den Vollzug der Wegweisung genauso wie durch allfälliges Untertauchen. Die Weigerung des Beschwerdeführers, auszureisen, sowie die Strafverfahren sind jedoch im Lichte der übrigen, in den Verfügungen betreffend Anordnung und Verlängerung der Haft nicht genannten Umstände zu werten. Bei der Befragung zur Ausschaffungshaft durch die Kantonspolizei gab der Beschwerdeführer an, er habe nie einen Pass oder eine Identitätskarte besessen; er sei ohne Papiere in die Schweiz gekommen, ein Stück mit dem Zug und dann über die Berge. Bei der Befragung BGE 119 Ib 193 S. 202 durch die Empfangsstelle für Asylbewerber in Altstätten vom 27. September 1991 hatte er noch angegeben, dass er sowohl Pass als auch Identitätskarte besessen habe, den Pass aber nach der Einreise in die Schweiz, die Identitätskarte schon vorher zu Hause verloren habe. Er unterliess es ferner, in der Zeit vom 12. bis 16. Februar 1993 beim Konsulat vorzusprechen und sich ein Laissez-Passer zu beschaffen, obwohl er dies versprochen hatte; er will dafür keine Zeit gehabt haben. Schliesslich weigerte er sich, das Protokoll zu unterschreiben. Schon am 9. Februar 1993 hatte er sich geweigert, die Empfangsbestätigung für die Verfügung des Bundesamtes für Ausländerfragen betreffend Einreisesperre zu unterschreiben. Zusammenfassend ergibt sich, dass der Beschwerdeführer kein unbescholtener Asylbewerber ist, sich zumindest seit Februar 1993 weitgehend weigert, behördliche Anordnungen auch nur zur Kenntnis zu nehmen (zweimal Verweigerung der Unterschrift), und zudem falsche Angaben über im Zusammenhang mit der Ausreise massgebliche Umstände (Papiere) macht. Hinzuweisen ist schliesslich auf seine Schlussbemerkung in der Befragung zur Ausschaffungshaft: "Wenn morgen kein Krieg mehr ist in Jugoslawien werde ich sofort zurückkehren." Bei dieser Sachlage ist der Vermutung des Haftrichters beizupflichten, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines bisherigen Verhaltens die Schweiz nicht selbständig verlassen würde und die konkrete Gefahr bzw. gewichtige Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er sich der beabsichtigten Ausschaffung durch Untertauchen entziehen werde. Die gesetzlichen Voraussetzungen zur Anordnung bzw. Verlängerung der Ausschaffungshaft waren erfüllt, und die Beschwerde erweist sich als unbegründet.
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nan
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Urteilskopf 115 V 266 36. Urteil vom 26. Juni 1989 i.S. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt gegen Z. und Versicherungsgericht des Kantons Bern
Regeste Art. 31 Abs. 4 und 5 UVG , Art. 43 UVV : Berechnung der Komplementärrente für Hinterlassene. - Bei der Berechnung der Komplementärrenten für Hinterlassene gemäss Art. 31 Abs. 4 UVG sind die Renten der AHV oder der IV grundsätzlich in vollem Umfang zu berücksichtigen (Erw. 2a). - Art. 43 UVV , der diesen Grundsatz für Komplementärrenten an Hinterlassene gestützt auf die Delegationsnorm des Art. 31 Abs. 5 UVG ohne entsprechende abweichende Regelungen übernimmt, ist gesetz- und verfassungsmässig; Bemerkungen de lege ferenda (Erw. 2b).
Sachverhalt ab Seite 266 BGE 115 V 266 S. 266 A.- Ernst Z. (geb. 1919) arbeitete nach seiner Pensionierung 1984 noch teilweise in einem der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) unterstellten Betrieb. Bei dieser Tätigkeit erzielte er in der Zeit vom 30. Dezember 1984 bis 29. Dezember 1985 einen Verdienst von insgesamt Fr. 12'129.55. BGE 115 V 266 S. 267 Am 30. Dezember 1985 erlitt er auf der Heimfahrt von der Arbeit einen Verkehrsunfall, an dessen Folgen er noch am Unfallort verstarb. Die Ausgleichskasse sprach der hinterbliebenen Ehefrau Rosa Z. (geb. 1918) eine einfache Altersrente der AHV von Fr. 1'238.-- im Monat bzw. Fr. 14'856.-- im Jahr zu. Dagegen verneinte die SUVA mit Verfügung vom 14. März 1986 den Anspruch auf eine Hinterlassenenrente der obligatorischen Unfallversicherung, weil die AHV-Rente 90% des versicherten Verdienstes übersteige und sich somit aus der Differenzberechnung gemäss Art. 31 Abs. 4 UVG keine Komplementärrente ergebe. Eine hiegegen erhobene Einsprache wies die SUVA mit Entscheid vom 18. April 1986 ab. B.- Rosa Z. beschwerte sich gegen diesen Entscheid, indem sie ihr Begehren um Zusprechung einer Hinterlassenenrente der obligatorischen Unfallversicherung erneuerte. Das Versicherungsgericht des Kantons Bern stellte fest, nach dem bei der Frage einer allfälligen Überversicherung zu berücksichtigenden Grundsatz der sachlichen Übereinstimmung von Leistungen könne die Auslegung von Art. 31 Abs. 4 UVG nur in der Weise erfolgen, dass die Komplementärrente der Differenz zwischen 90%, des versicherten Verdienstes und den Renten der AHV oder der IV entspreche, wobei aber lediglich diejenigen Elemente der AHV-Rente anzurechnen seien, welche ihren Rechtsgrund im Unfalltod des Ehemannes hätten. Hingegen müsste der Anteil der Rente, welche die Ehefrau originär und unabhängig vom Unfalltod des Mannes beanspruchen könne, ausser Betracht bleiben. Denn nur der Rentenanteil, der als Ausgleich für den durch den Tod des Mannes entstandenen Versorgerschaden bestimmt sei, gehe unmittelbar auf den Unfalltod zurück und decke den sachlich gleichen Schaden wie die Hinterlassenenrente der obligatorischen Unfallversicherung. Andernfalls würde ein Ungleichgewicht in der Berechnung der Komplementärrente entstehen, was nicht Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung sei. Da der Gesetzgeber offenbar nicht an die Möglichkeit gedacht habe, dass der überlebenden Ehefrau aus eigenem Recht ein Anspruch auf eine AHV/IV-Rente zustehe, welche in die Berechnung der Komplementärrente nicht mit einzubeziehen sei, komme nur die erwähnte Auslegung des Art. 31 Abs. 4 UVG in Frage. In diesem Sinne hiess das Versicherungsgericht die Beschwerde gut, hob die angefochtene BGE 115 V 266 S. 268 Verfügung auf und wies die Akten zur Neuberechnung der Rente an die SUVA zurück (Entscheid vom 26. Februar 1987). C.- Die SUVA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Bern vom 26. Februar 1987 sei aufzuheben. Zur Begründung wird u.a. ausgeführt, zwar weise die in der angefochtenen Verfügung vom 14. März 1986 getroffene Lösung eine gewisse Unbilligkeit auf. Dies sei jedoch eine direkte Folge der gesetzlichen bzw. verordnungsmässigen Regelung der Berechnung von Komplementärrenten für Hinterlassene beim Zusammentreffen von Renten der AHV/IV mit solchen der obligatorischen Unfallversicherung. Da der Gesetz- bzw. der Verordnungsgeber die sich aus der neuen Lösung ergebenden Probleme erkannt und sie im Bestreben nach einer einfachen Regelung bewusst in Kauf genommen habe, könne es nicht Sache der Gerichte sein, auf dem Wege der Auslegung Lücken zu füllen. Es wäre vielmehr Sache des Gesetz- oder des Verordnungsgebers, unbefriedigende Ergebnisse durch Änderung der entsprechenden Erlasse einer Lösung zuzuführen, welche auch den Gesamtzusammenhängen Rechnung tragen würde. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass Einzelprobleme herausgegriffen und ohne Berücksichtigung der systematischen Zusammenhänge zu lösen versucht würden, was praktische Schwierigkeiten und neue Ungleichheiten zur Folge hätte. Rosa Z. schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) schlägt eine analoge Anwendung der bei Komplementärrenten für Invalide geltenden Sonderregelung des Art. 32 Abs. 3 UVV auch bei Komplementärrenten für Hinterlassene vor und enthält sich im übrigen eines Antrages. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. a) Stirbt der Versicherte an den Folgen eines Unfalls, so haben der überlebende Ehegatte und die Kinder Anspruch auf Hinterlassenenrenten ( Art. 28 UVG ). Diese betragen u.a. für Witwen und Witwer 40%, sowie für mehrere Hinterlassene zusammen höchstens 70% des versicherten Verdienstes ( Art. 31 Abs. 1 UVG ). Stehen den Hinterlassenen auch Renten der AHV oder der IV zu, so wird ihnen gemeinsam eine Komplementärrente gewährt; diese entspricht "der Differenz zwischen 90 Prozent des versicherten Verdienstes und den Renten der AHV oder der IV", BGE 115 V 266 S. 269 höchstens aber dem in Absatz 1 vorgesehenen Betrag ( Art. 31 Abs. 4 UVG ). Gemäss Abs. 5 desselben Artikels erlässt der Bundesrat nähere Vorschriften, namentlich über die Berechnung der Komplementärrenten sowie der Renten für Vollwaisen, wenn beide Elternteile versichert waren. Von dieser Rechtssetzungskompetenz hat der Bundesrat Gebrauch gemacht und in Art. 43 UVV zur Komplementärrente an Hinterlassene folgendes bestimmt: "1 Bei der Berechnung der Komplementärrenten für Hinterlassene werden die AHV/IV-Renten, einschliesslich der Kinderrenten, voll berücksichtigt. Bei der Berechnung der Komplementärrenten an Vollwaisen wird die Summe der versicherten Verdienste beider Elternteile bis zum Höchstbetrag des versicherten Verdienstes berücksichtigt. 2 Die Artikel 32 Absatz 5 und 33 gelten sinngemäss." b) Nach Art. 18 Abs. 1 UVG hat der Versicherte Anspruch auf eine Invalidenrente, wenn er infolge des Unfalls invalid wird. Hat er auch Anspruch auf eine Rente der IV oder AHV, so wird ihm gemäss Art. 20 Abs. 2 UVG eine Komplementärrente gewährt; diese entspricht "der Differenz zwischen 90 Prozent des versicherten Verdienstes und der Rente der IV oder der AHV", höchstens aber dem für Voll- oder Teilinvalidität vorgesehenen Betrag. Nach Abs. 3 desselben Artikels erlässt der Bundesrat nähere Vorschriften, namentlich über die Berechnung der Komplementärrenten in Sonderfällen. Der Bundesrat hat von dieser an ihn delegierten Befugnis Gebrauch gemacht und in Art. 32 UVV die Höhe der Komplementärrenten in Sonderfällen wie folgt geregelt: "1 Vor dem Unfall gewährte IV-Renten werden bei der Berechnung der Komplementärrenten nur so weit berücksichtigt, als sie wegen des Unfalles erhöht werden. In den Fällen von Artikel 24 Absatz 4 wird die IV-Rente voll angerechnet. 2 Hat ein Ehegatte aus einem Unfall bereits Anspruch auf eine Rente und wurde bei deren Berechnung eine AHV/IV-Rente schon berücksichtigt, so wird dem anderen Ehegatten, der durch Unfall invalid wird, die Ehepaarrente nur zu einem Drittel angerechnet. 3 Wird eine Witwe, die eine AHV-Rente bezieht, wegen eines Unfalles invalid, so wird ihr die AHV/IV-Rente nur zu zwei Dritteln angerechnet. 4 Hat der Rentenberechtigte vor Eintritt der Invalidität neben der unselbständigen noch eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt, so wird für die Festsetzung der Grenze von 90 Prozent nach Artikel 20 Absatz 2 des Gesetzes neben dem versicherten Verdienst auch das BGE 115 V 266 S. 270 Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit bis zum Höchstbetrag des versicherten Verdienstes berücksichtigt. 5 Teuerungszulagen werden bei der Bemessung der Komplementärrenten nicht berücksichtigt." 2. Im vorliegenden Fall ist streitig, wie die der Beschwerdegegnerin nach dem Tod ihres Ehemannes zustehende einfache AHV-Altersrente bei der Berechnung der Komplementärrente der obligatorischen Unfallversicherung zu berücksichtigen ist. Nach Auffassung der Vorinstanz und des BSV wäre die AHV-Rente bei der Differenzberechnung gemäss Art. 31 Abs. 4 UVG nur teilweise anzurechnen, weil - entsprechend dem bei der Überentschädigung massgebenden Grundsatz der Kongruenz - bloss gleichartige Leistungen miteinander verglichen werden dürften und daher infolge der der AHV-Rente zukommenden Doppelfunktion (Ausgleich der alters- bzw. invaliditätsbedingten "Erwerbsunfähigkeit" einerseits und des durch die Verwitwung entstandenen Versorgerschadens anderseits) lediglich der durch den Unfalltod des Ehemannes auszugleichende Versorgerschaden zu berücksichtigen sei. Dieser laut Vorinstanz und Bundesamt mit Sinn und Zweck des Gesetzes zu vereinbarenden - und vom Amt in Anlehnung an Art. 32 Abs. 3 UVV befürworteten - Lösung hält die SUVA in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegen, dass die Altersrente der AHV bei der Berechnung der Komplementärrente in vollem Umfang angerechnet werden müsse; hiefür massgebend seien der Wortlaut und die Entstehungsgeschichte der fraglichen Bestimmungen. a) Bei der Auslegung des Gesetzes ist von Bedeutung, dass in Art. 31 Abs. 4 UVG generell von "den Renten der AHV oder der IV" die Rede ist, ohne deren Anrechenbarkeit in irgendeiner Weise zu beschränken. Ebenso spricht Art. 20 Abs. 2 UVG , der die gleiche Frage bei der Komplementärrente für Invalide regelt, generell und uneingeschränkt von "der Rente der IV oder der AHV". Die wörtliche Auslegung dieser Bestimmungen ergibt somit, dass die Renten der AHV oder der IV grundsätzlich in vollem Umfang anzurechnen sind. Da der Wortlaut von Art. 31 Abs. 4 (und 20 Abs. 2) UVG klar ist, besteht aufgrund dieser Vorschriften kein Raum für eine nur teilweise Berücksichtigung der genannten Renten ( BGE 114 V 135 f. Erw. 2b und 3a, BGE 113 V 77 Erw. 3b und c sowie 109 Erw. 4a mit Hinweisen). Zudem entspricht diese Bedeutung des Wortlautes auch insoweit dem Sinn und Zweck der Bestimmungen, als der Gesetzgeber die frühere Regelung ( Art. 48 BGE 115 V 266 S. 271 AHVG bzw. Art. 66quater AHVV ; Art. 45 IVG resp. Art. 39bis IVV ) mit dem Erfordernis laufender Überprüfungen und Anpassungen der Kürzungssätze bewusst vereinfachen und durch die Einführung der Komplementärrenten ersetzen wollte (vgl. Botschaft zum Bundesgesetz über die Unfallversicherung vom 18. August 1976, BBl 1976 III 171; SCHAER, Grundzüge des Zusammenwirkens von Schadenausgleichssystemen, Basel 1984, S. 359, Rz. 1045 und N. 3; MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, Bern 1985, S. 381 und 437 f.; SEILER, Der Entwurf zu einem neuen Unfallversicherungsgesetz, SZS 1977 S. 25 ff.; siehe auch KOHLER, Surindemnisation choquante dans la LAA en cas de salaire résiduel, SZS 1987 S. 289). Dabei wurde mit der neuen Koordinationsregelung eine einfache und sozial vertretbare Kombination zwischen den Systemen der AHV/IV und der Unfallversicherung angestrebt, bei der sich nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers eine "eigentliche Systemkongruenz" nicht bewerkstelligen liess (BBl 1976 III 170). Die von Vorinstanz und Bundesamt anhand des Grundsatzes der Kongruenz von Leistungen (bzw. der damit zusammenhängenden "Doppelfunktion" der AHV-Rente der Beschwerdegegnerin) vorgetragene Argumentation ist deshalb nicht zulässig, weil der Richter den als Ausfluss des Systemwechsels unmittelbar aus dem Gesetz sich u.a. ergebenden Grundsatz der vollen Anrechenbarkeit der AHV-Rente hinzunehmen hat (vgl. zum Grundsatz der Kongruenz SCHAER, a.a.O., S. 158 f., 361 und 391 ff.; VPB 1987 Nr. 2 S. 19 Ziff. 3; BGE 112 V 128 f., je mit weiteren Hinweisen). Entgegen der Meinung der Vorinstanz kann ferner auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit einer nur teilweisen Anrechenbarkeit von Altersrenten nicht bedacht habe. Vielmehr lassen die in der genannten Botschaft angeführten Berechnungsbeispiele und der Verweis auf die - mit der Inkraftsetzung des UVG aufgehobenen (AS 1982 1715 und 1717) - Art. 48 AHVG und 45 IVG den Schluss zu, dass die grundsätzlich uneingeschränkte Anrechnung der AHV/IV-Renten bewusst gewollt war (BBl 1976 III 171 f.; vgl. auch Protokolle der Kommissionen des Nationalrates vom 18. Januar und 2./3. November 1977 sowie des Ständerates vom 2. November 1979, 28./29. Januar und 24. September 1980; Sten.Bull. NR 1979 S. 141, 181 f. und 185, SR 1980 S. 475 f.). Die durch den kantonalen Richter vorgenommene - und vom Bundesamt im Ergebnis befürwortete - Auslegung des Art. 31 Abs. 4 UVG , wonach eine nur teilweise Anrechnung der AHV-Rente BGE 115 V 266 S. 272 dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung entspreche, erweist sich demzufolge als unzutreffend. b) Nun hat der Gesetzgeber zu den in Art. 31 Abs. 4 (und 20 Abs. 2) UVG statuierten Grundsätzen über die Berechnung der Komplementärrenten an Hinterlassene (bzw. Invalide) die Möglichkeit von Abweichungen vorgesehen (BBl 1976 III 172; vgl. dazu MAURER, a.a.O., S. 375 f., N. 941a, und S. 436 f.). In diesem Sinne ermächtigte er den Bundesrat in Art. 31 Abs. 5 (und 20 Abs. 3) UVG zum Erlass näherer Vorschriften, von welchen Kompetenzen dieser in Art. 43 (und 31 ff.) UVV Gebrauch gemacht hat (vgl. Erw. 1a und b hievor). Es stellt sich vorliegend die Frage, ob die Ordnung des Art. 43 UVV , die den vom Gesetz vorgegebenen Grundsatz bezüglich der vollen Anrechenbarkeit von AHV/IV-Renten uneingeschränkt und ohne abweichende Regelung übernimmt, gesetz- und verfassungsmässig ist. aa) (Überprüfung der Verordnungen des Bundesrates) bb) Die Delegationsbestimmung des Art. 31 Abs. 5 UVG ermächtigt den Bundesrat - wie bereits dargelegt - insbesondere zum Erlass näherer Vorschriften "über die Berechnung der Komplementärrenten". Mit dieser Delegationsnorm wurde dem Bundesrat ein sehr weiter Spielraum des Ermessens (vgl. BGE 112 V 42 Erw. 3b in fine) für die Regelung auf Verordnungsstufe und namentlich die Kompetenz eingeräumt, die Berechnung der Komplementärrenten unter Beachtung der durch das Willkürverbot gesetzten Grenzen in einer grundsätzlich abschliessenden Weise zu ordnen. Aufgrund dieser Befugnis war der Bundesrat frei zu bestimmen, dass bei der Berechnung der Komplementärrenten für Hinterlassene die AHV/IV-Renten, einschliesslich der Kinderrenten, voll zu berücksichtigen sind. Zwar wären nach den zutreffenden Ausführungen von SUVA und Bundesamt auch mit vertretbaren Gründen andere Lösungen - etwa mit einer nur teilweisen Anrechnung oder einem gänzlichen Verzicht auf Berücksichtigung der AHV-Renten bei hinterlassenen Witwen nach dem 62. Altersjahr - möglich gewesen, was denn auch in der Kommission zur Vorbereitung der UVV dem Sinne nach erwogen, aber schliesslich abgelehnt wurde (vgl. z.B. Protokolle vom 13./14. August und 18. Dezember 1980). Zu solchen - de lege ferenda durchaus berechtigten - Überlegungen hat sich das Eidg. Versicherungsgericht indessen nicht zu äussern, weil es die Zweckmässigkeit der gestützt auf Art. 31 Abs. 5 UVG vorgenommenen Regelung nicht zu prüfen und sein Ermessen nicht an die Stelle desjenigen des BGE 115 V 266 S. 273 Bundesrates zu setzen hat. Auch hat das Gericht infolge der verfassungsrechtlichen Beschränkung seiner Überprüfungsbefugnis (Art. 113 Abs. 3/ Art. 114bis Abs. 3 BV ) zur Frage, ob die erwähnte gesetzliche Delegation den aus rechtsstaatlichen Gründen an eine Delegationsnorm zu stellenden Anforderungen zu genügen vermag, ebensowenig Stellung zu nehmen wie zur Angemessenheit des mit der Einführung der Komplementärrenten vorgenommenen Systemwechsels (vgl. dazu Erw. 2a hievor; zur neuen Komplementärrentenregelung auch die kritischen Bemerkungen von SCHAER, a.a.O., S. 359, Rz. 1044 f. und N. 6). In Anbetracht des dem Bundesrat zustehenden weiten Auswahlermessens (IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 6. Aufl., Nr. 66, S. 405) und angesichts der Komplexität der sich im vorliegenden Zusammenhang ergebenden Probleme hat sich das Gericht bei der Überprüfung von Art. 43 UVV Zurückhaltung aufzuerlegen (vgl. auch BGE 114 V 304 Erw. 4c, BGE 111 V 396 Erw. 4c; ARV 1986 Nr. 10 S. 45 Erw. 2c). Im Lichte dieser Grundsätze lässt sich die Nichtvornahme einer von der gesetzlichen Vorschrift der vollen Anrechenbarkeit der AHV/IV-Renten abweichenden Regelung für Fälle wie den vorliegenden nicht als willkürlich beanstanden. Auch kann nicht gesagt werden, die Verordnung habe es unterlassen, Unterschiede zu treffen, die sie richtigerweise hätte berücksichtigen müssen. Bei diesen Gegebenheiten muss es bei der Feststellung sein Bewenden haben, dass sich Art. 43 UVV - dessen Abs. 2 in der gemäss BGE 112 V 39 korrigierten Weise (vgl. dazu auch nachstehende Erw. cc) - als gesetzes- und verfassungskonform erweist. cc) Die vom BSV in der Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgetragenen Ausführungen über eine mögliche Ergänzung des Art. 43 UVV durch Art. 32 Abs. 3 UVV vermögen zu keiner andern Betrachtungsweise zu führen. Dem in diesem Zusammenhang angebrachten Vorschlag, in sinngemässer Fortführung der mit BGE 112 V 39 begonnenen Anwendung von Sonderregeln (Abs. 4 des Art. 32 UVV ) im Rahmen von Art. 43 Abs. 2 UVV sollte hier auch Abs. 3 des Art. 32 UVV gelten, kann das Eidg. Versicherungsgericht nicht beipflichten. Nicht nur lag die in jenem Fall erklärte parallele Anwendung des Abs. 4 von Art. 32 UVV sowohl bei Komplementärrenten für Invalide als auch bei Komplementärrenten für Hinterlassene praktisch auf der Hand und wurde bereits auch von der Lehre gefordert (MAURER, a.a.O., S. 437, N. 1132b). Vielmehr müsste bei der hier vom BGE 115 V 266 S. 274 Bundesamt vorgeschlagenen Lösung - im Gegensatz zu der in BGE 112 V 39 behandelten Frage - nicht bloss ein Einzelproblem (Modalitäten bei der Berechnung des versicherten Verdienstes) unter im übrigen unveränderter Belassung der gesetzlichen Grundsätze angegangen, sondern unter Berücksichtigung verschiedenartigster Problemkreise in die vom Gesetz aufgestellte Grundregelung (vgl. Erw. 2a hievor) für eine Vielzahl von Fällen direkt eingegriffen werden. Dies kann umso weniger Sache des Gerichts sein, als damit nach den zutreffenden Ausführungen der SUVA neue Ungleichheiten in anderen Fällen geschaffen werden könnten, welche - zufolge der dem Richter nur für Einzelfälle zustehenden Beurteilungskompetenz - schwer überschaubar sind. Damit obliegt es nicht dem Richter, sondern in erster Linie dem Verordnungs- bzw. allenfalls dem Gesetzgeber, aufgrund einer Analyse der gesamten Problematik befriedigende Lösungen zu erarbeiten und die festgestellten Mängel der heutigen Regelung zu beseitigen. c) Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die SUVA bei der Berechnung der Komplementärrente gemäss Art. 31 Abs. 4 UVG und Art. 43 Abs. 1 UVV an sich korrekt vorgegangen ist. Insbesondere steht unstreitig fest, dass die AHV-Rente der Beschwerdegegnerin von jährlich Fr. 14'856.-- 90% des versicherten Verdienstes (d.h. Fr. 10'917.--) übersteigt. Damit ergibt sich aus der Differenzberechnung nach Art. 31 Abs. 4 UVG keine Komplementärrente. Die Verfügung der SUVA vom 14. März 1986, mit welcher die Anstalt den streitigen Anspruch der Beschwerdegegnerin verneint hat, erweist sich daher als rechtmässig. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Bern vom 26. Februar 1987 aufgehoben.
null
nan
de
1,989
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
0f90ffa4-7914-41d3-9a6b-1cf388d52a13
Urteilskopf 118 Ib 530 65. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 9. Oktober 1992 i.S. Schutzverband der Bevölkerung um den Flughafen Zürich gegen Balair AG und Eidgenössisches Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Nachtflugbewilligung für den gewerbsmässigen Nichtlinienverkehr auf Landesflughäfen. Verhältnis zwischen Art. 95 Luftfahrtverordnung (LFV) und Umweltschutzgesetz (insbesondere Art. 11 f. USG) sowie Lärmschutz-Verordnung (LSV). 1. Art. 95 LFV dient der Bekämpfung von Lärm durch Flugbewegungen zur Nachtzeit und lässt für eine direkte Anwendung des geltenden Umweltschutzrechts keinen Raum. Solange im Anhang zur Lärmschutz-Verordnung noch keine Belastungsgrenzwerte für Landesflughäfen festgesetzt sind, fehlt es an Umweltschutzrecht, das diesbezüglich allenfalls über die Bestimmung des Art. 95 LFV hinausginge (E. 4). 2. Interessenabwägung nach Art. 95 LFV (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 531 BGE 118 Ib 530 S. 531 Mit Verfügung vom 16. Oktober 1989, publiziert im Bundesblatt vom 31. Oktober 1989 (BBl 1989 III S. 1261), bewilligte das Bundesamt für Zivilluftfahrt (nachfolgend: Bundesamt) schweizerischen Luftfahrtunternehmungen für die Zeit vom 1. November 1989 bis 31. März 1990 auf dem Flughafen Zürich-Kloten insgesamt 14 Flugbewegungen für geplante An- und Abflüge zwischen 22.01 und 23.00 Uhr sowie 235 Flugbewegungen als Reserve für nachzuweisende Verspätungen aus Flugsicherungs- (ATC) oder technischen Gründen in der Schweiz oder im Ausland. Davon erhielt die Balair AG ein Kontingent von 14 Bewegungen für geplante An- und Abflüge und ein solches von elf Bewegungen als Reserve zugeteilt. Einer allfälligen Beschwerde entzog das Bundesamt gestützt auf Art. 55 Abs. 2 VwVG die aufschiebende Wirkung. Gegen diese Verfügung reichte der Schutzverband der Bevölkerung um den Flughafen Zürich (hiernach: Schutzverband) beim Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (im folgenden: Departement) Beschwerde ein mit den Anträgen, es seien der Balair AG nur acht Bewilligungen und vier Reservebewilligungen zu erteilen und es sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Am 17. Dezember 1989 wies das Departement den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ab. Eine dagegen beim Bundesgericht erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde BGE 118 Ib 530 S. 532 wurde mit Verfügung vom 25. Januar 1990 als durch Rückzug erledigt abgeschrieben. Mit Entscheid vom 25. Februar 1991 wies das Departement die Beschwerde ab. Dagegen führt der Schutzverband Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht mit dem Antrag festzustellen, dass die Zuteilung von 14 Bewegungen für geplante An- und Abflüge zwischen 22.01 und 23.00 Uhr Ortszeit sowie von elf Bewegungen als Reserve für nachzuweisende Verspätungen nicht rechtmässig gewesen sei und dass der Balair AG nicht mehr als acht ordentliche und vier Reservebewilligungen hätten erteilt werden dürfen; eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, zwecks Instruktion der Emissionsbegrenzungskriterien im Sinne von Art. 11 f. des Umweltschutzgesetzes. Sowohl die Balair AG als auch das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement schliessen auf vollumfängliche Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Auf Ersuchen des Beschwerdeführers wurde in Anwendung von Art. 110 Abs. 4 OG ein zweiter Schriftenwechsel durchgeführt, in welchem die Parteien an ihren jeweiligen Standpunkten festhielten. Das Bundesgericht weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. a) Der Beschwerdeführer erhebt die Rüge, die erteilte Bewilligung verstosse gegen Umweltschutzrecht, erstmals im Verfahren vor Bundesgericht. Da im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde das Recht von Amtes wegen angewandt wird ( Art. 114 Abs. 1 OG ), ist diese Rüge zulässig. b) Das Departement hat sich mit den Anforderungen des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (Umweltschutzgesetz, USG; SR 814.01) an die Zulässigkeit der Umweltbelastung durch Lärm (insbesondere zur Nachtzeit) nicht auseinandergesetzt und dessen Bestimmungen nicht angewandt. Es stützte seinen Entscheid vom 25. Februar 1991 ausschliesslich auf Art. 95 der Verordnung des Bundesrats vom 14. November 1973 über die Luftfahrt (Luftfahrtverordnung, LFV; SR 748.01) . Nach Abs. 1 dieser Bestimmung ist bei der Bewilligung von Nachtflugbewegungen in der Zeit von 22.00 bis 06.00 Uhr ohne Rücksicht auf die Gesamtzahl BGE 118 Ib 530 S. 533 der Bewegungen grösste Zurückhaltung zu üben. Die Voraussetzungen, unter denen eine Nachtflugbewilligung für den gewerbsmässigen Nichtlinienverkehr erteilt werden darf, werden nicht genannt, so dass die Bewilligungsbehörde über einen gewissen Beurteilungsspielraum verfügt. Bei der Beurteilung konkreter Gesuche um Bewilligung von Flugbewegungen zur Nachtzeit hat sie insbesondere das Interesse an Transportleistungen gegenüber demjenigen der betroffenen Bevölkerung an Nachtruhe abzuwägen. c) Die zeitliche Begrenzung und die Bewilligungspflicht von gewerbsmässigen Flügen des Nichtlinienverkehrs in der Nacht - wie sie die Nachtflugsperrordnung für den Flughafen Zürich-Kloten und Art. 95 LFV vorsehen - sind "Verkehrsvorschriften" im Sinne von Art. 12 Abs. 1 lit. c USG (ANDRÉ SCHRADE, Kommentar zum Umweltschutzgesetz, N. 26 zu Art. 12). Nach der Systematik der Luftfahrtverordnung dient Art. 95 LFV der Lärmbekämpfung. d) Gemäss Art. 4 USG müssen die Ausführungsvorschriften über Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Lärm, Erschütterungen und Strahlen aufgrund anderer Bundesgesetze unter anderem dem Grundsatz für Emissionsbegrenzungen ( Art. 11 USG ) entsprechen. Diese Vorschrift dient dazu, Grundsätze und Kriterien zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen zu vereinheitlichen (vgl. dazu HERIBERT RAUSCH, Kommentar zum Umweltschutzgesetz, N. 6 zu Art. 4). Für Verordnungen, die bereits vor Inkrafttreten des Umweltschutzgesetzes erlassen worden sind, bedeutet dies, dass sie zu ändern sind, falls sie jenen Normen nicht genügen (H. RAUSCH, a.a.O., N. 10 zu Art. 4). Weil sich die nach Art. 4 USG erforderlichen Anpassungen bestehender Verordnungen "nicht von heute auf morgen vollziehen lassen", verpflichtet Art. 64 USG den Bundesrat, "ein entsprechendes Programm auszuarbeiten und die nötigen Änderungen und Ergänzungen gemäss dieser Prioritätenliste" herbeizuführen (Botschaft zu einem Bundesgesetz über den Umweltschutz (USG) vom 31. Oktober 1979 [BBl 1979 III S. 781]; H. RAUSCH, a.a.O., N. 3 zu Art. 4). Für das Luftfahrtrecht sind bereits verschiedene Anpassungen vorgenommen worden, wovon hier der Anhang 5 zur Lärmschutz-Verordnung zu erwähnen ist, worin die Belastungsgrenzwerte für Lärm von Regionalflughäfen und Flugfeldern festgesetzt wurden. Die Vollzugsvorschriften im Bereich des Luftfahrtrechts sind jedoch noch nicht vollständig. So fehlen insbesondere Belastungsgrenzwerte für Landesflughäfen und Militärflugplätze (vgl. dazu H. RAUSCH, Panorama des Umweltrechts, herausgegeben vom BGE 118 Ib 530 S. 534 Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft [BUWAL], Dezember 1990, S. 13). Auch sonst fehlen im Umweltschutzgesetz und in der dazugehörigen Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) Normen, die für die Frage der Bewilligung konkreter Flugbewegungen direkt anwendbar wären. Bisher gibt es somit im hier interessierenden Bereich kein Umweltschutzrecht, das allenfalls über die Bestimmung des Art. 95 LFV hinausginge und worauf sich das Departement im angefochtenen Entscheid hätte stützen können. e) Art. 12 Abs. 2 USG bestimmt, dass Emissionsbegrenzungen durch Verordnungen oder, soweit diese nichts vorsehen, durch unmittelbar auf dieses Gesetz abgestützte Verfügungen vorgeschrieben werden. Gestützt darauf vertritt der Beschwerdeführer die Meinung, das Departement hätte eine unmittelbar auf das Umweltschutzgesetz abgestützte Verfügung erlassen sollen. Da mit Art. 95 LFV jedoch eine Bestimmung vorhanden ist, die Massnahmen zur Bekämpfung des Lärms von startenden und landenden Flugzeugen zur Nachtzeit vorsieht, bestand hiezu keine Notwendigkeit. f) Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin und der Vorinstanz ist jedoch auch Art. 3 Abs. 2 LSV für die Lärmemissionen, die durch zusätzliche Nachtflugbewilligungen entstehen, nicht anwendbar. Diese Bestimmung gilt - wie der Beschwerdeführer zu Recht ausführt - nur für die Emissionsbegrenzungen am Fahrzeug (hier am Flugzeug) selber. Im vorliegenden Fall steht aber der Betrieb oder allenfalls die Änderung des Betriebs einer ortsfesten Anlage, nämlich des Flughafens, zur Diskussion. 5. a) Demnach ist nicht zu beanstanden, dass das Departement seinen Entscheid nur auf Art. 95 LFV stützte. Da die genannte Bestimmung die Voraussetzungen, unter denen eine Nachtflugbewilligung erteilt werden kann, nicht nennt, sind immerhin bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem Interesse der Fluggesellschaft und der Passagiere an Transportleistungen einerseits sowie dem öffentlichen Interesse des Lärmschutzes anderseits die Grundsätze der Umweltschutzgesetzgebung zu beachten und miteinzubeziehen. b) Das Departement hat im angefochtenen Entscheid zu Recht berücksichtigt, dass eine Verschiebung der Rotation, für welche die 14 geplanten Bewegungen beantragt wurden, betrieblich nicht möglich und ein gänzlicher Verzicht auf die streitige Rotation für die Beschwerdegegnerin unverhältnismässig gewesen wäre. In technischer Hinsicht wurde dem öffentlichen Interesse am Lärmschutz dadurch Rechnung getragen, dass die Nachtflugbewilligung nur erteilt wurde, BGE 118 Ib 530 S. 535 weil es sich beim eingesetzten Airbus A-310/322 um ein lärmarmes Flugzeug handelt, das den Grenzwerten gemäss Kapitel 3 des Anhangs 16 der International Civil Aviation Organization (ICAO) zum Übereinkommen vom 7. Dezember 1944 über die internationale Zivilluftfahrt (Chicago-Übereinkommen, SR 0.748.0) entspricht. Auch die Unterscheidung zwischen geplanten und Reservebewegungen ist zweckmässig und gerechtfertigt. Dass die Reservebewegungen dazu dienen sollten, die Flexibilität der Fluggesellschaften zu erhöhen, ist nicht erstellt. Vielmehr ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass diese Reservebewegungen tatsächlich dazu dienen, unvorhergesehene, nicht in den Einflussbereich der Fluggesellschaften fallende Verspätungen aufzufangen. Entsprechend sind die effektiv in Anspruch genommenen Bewegungen zu begründen. Dass die Beschwerdegegnerin die ihr für die Winterperiode 1989/90 bewilligten Reservebewegungen nicht voll ausgeschöpft hat, spricht noch nicht dafür, dass zu viele Bewegungen bewilligt worden wären. Naturgemäss müssen Reserven nicht in jedem Fall beansprucht werden, und vorliegend erscheint eine solche von elf Flugbewegungen für ein halbes Jahr bei einer Unternehmung wie der Balair AG nicht übermässig. c) Die Vorinstanz hat somit die Interessenabwägung gestützt auf Art. 95 LFV korrekt vorgenommen und grösste Zurückhaltung geübt. Dieser Entscheid steht demnach auch mit dem unveröffentlichten Urteil des Bundesgerichts vom 7. März 1988 in Sachen Schutzverband der Bevölkerung um den Flughafen Zürich und H.G. im Einklang.
public_law
nan
de
1,992
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
0f912570-695d-411b-b25e-88f30d5793fa
Urteilskopf 121 V 150 24. Auszug aus dem Urteil vom 4. September 1995 i.S. M. gegen Schweizerische Unfallversicherungsanstalt und Versicherungsgericht des Kantons Zürich
Regeste Art. 96 UVG , Art. 12 lit. d VwVG , Art. 56 Abs. 3 BZP in Verbindung mit Art. 19 VwVG , Art. 4 Abs. 1 BV : rechtliches Gehör. Zum Recht auf Teilnahme an einem Augenschein - in casu Durchführung von Schallimmissionsmessungen am Arbeitsplatz des Versicherten - im Verfahren der obligatorischen Unfallversicherung.
Sachverhalt ab Seite 150 BGE 121 V 150 S. 150 A.- Der 1927 geborene M. war ab 1986 bis zu seiner Pensionierung am 31. August 1992 als Hilfsarbeiter in der Abteilung Metallfensterbau der Firma X AG tätig. Am 7. Oktober 1992 meldete er auf der Kreisagentur Zürich der BGE 121 V 150 S. 151 Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA), bei welcher er zuletzt obligatorisch gegen die Folgen von Berufskrankheiten versichert war, einen Gehörschaden an. Die SUVA klärte die gesundheitlichen Verhältnisse ab, befragte den Versicherten zu seiner Tätigkeit in der Firma X AG und führte durch die Sektion Akustik am 23. Juni 1993 Schallimmissionsmessungen am früheren Arbeitsplatz des Versicherten durch. Gestützt auf die ärztliche Beurteilung des Dr. med. A., Spezialarzt FMH für Otorhinolaryngologie, Hals- und Gesichtschirurgie, von der Abteilung Arbeitsmedizin (vom 2. August 1993) lehnte die SUVA mit Verfügung vom 23. August 1993 eine Leistungspflicht ab. An diesem Standpunkt hielt die Anstalt mit Einspracheentscheid vom 1. Oktober 1993 fest. B.- M. liess beim Versicherungsgericht des Kantons Zürich Beschwerde erheben und beantragen, es seien ihm die gesetzlichen Versicherungsleistungen auszurichten. Er rügte unter anderem eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör, da die SUVA ihm keine Möglichkeit eingeräumt habe, bei der Lärmmessung anwesend zu sein. In ihrer Beschwerdeantwort machte die Anstalt geltend, dem Gehörsanspruch könne nicht entnommen werden, dass der Versicherte ein Anrecht habe, bei Abklärungshandlungen der Verwaltung, insbesondere wenn es sich um rein technische Verfahren handle, zugegen zu sein. Im übrigen hätte ein allfälliger Verfahrensmangel als geheilt zu gelten, da das Versicherungsgericht sowohl den Sachverhalt als auch die Rechtslage frei überprüfen könne. Im Rahmen des zweiten Schriftenwechsels hielten die Parteien an ihren Standpunkten fest, wobei die SUVA mit ihrer Duplik "Erläuterungen zu den Schallmessungen" der Sektion Akustik einreichte. Das Versicherungsgericht des Kantons Zürich wies die Beschwerde mit Entscheid vom 1. November 1994 ab. Namentlich verneinte es eine Gehörsverletzung mit der Begründung, wenn ein Entscheid durch Einsprache anfechtbar sei, bestehe kein Recht der Parteien, vor Erlass der Verfügung angehört zu werden; zudem spreche nichts gegen die Zuverlässigkeit der durchgeführten Lärmexpertise. C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt M. das im kantonalen Verfahren gestellte Rechtsbegehren erneuern. Während die SUVA Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Stellungnahme. BGE 121 V 150 S. 152 Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. (Kognition) 2. Streitig ist, ob die beim Beschwerdeführer vorliegende Gehörschädigung (beidseitige hochgradige Innenohrschwerhörigkeit) eine Berufskrankheit im Sinne von Art. 9 UVG darstellt, für deren Folgen die SUVA die gesetzlichen Leistungen zu erbringen hat. 3. Das kantonale Gericht verneint eine Leistungspflicht der SUVA, dies insbesondere aufgrund der Ergebnisse der durch die anstaltseigene Sektion Akustik am 23. Juni 1993 durchgeführten Schallimmissionsmessungen am früheren Arbeitsplatz des Beschwerdeführers in der Firma X AG sowie der im kantonalen Verfahren nachgereichten "Erläuterungen zu den Schallmessungen" (vom 8. April 1994). In diesem Zusammenhang macht der Beschwerdeführer eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend, da er bei den Messungen nicht anwesend gewesen sei und auch zum Zusatzbericht nicht habe Stellung nehmen können. Diese Rügen sind aufgrund der formellen Natur des Gehörsanspruchs vorweg zu behandeln ( BGE 119 V 210 Erw. 2, BGE 118 Ia 18 Erw. 1a). 4. a) Der aus Art. 4 BV abgeleitete Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst die Rechte der Parteien auf Teilnahme am Verfahren und auf Einflussnahme auf den Prozess der Entscheidfindung. In diesem Sinne dient das rechtliche Gehör einerseits der Sachaufklärung, anderseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheides dar, der in die Rechtsstellung des einzelnen eingreift. Dazu gehört auch das Recht, an der Erhebung wesentlicher Beweise mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen ( BGE 120 V 360 Erw. 1a, BGE 119 Ia 261 Erw. 6a, je mit Hinweisen). Im Verwaltungsverfahren gilt dieses Mitwirkungs- oder Äusserungsrecht des Betroffenen namentlich im Zusammenhang mit der Durchführung eines Augenscheins ( BGE 116 Ia 99 f., BGE 113 Ia 83 Erw. 3a, BGE 112 Ia 5 Erw. 2c), der Befragung von Zeugen ( BGE 92 I 260 f.) sowie bezüglich eines Expertengutachtens ( BGE 101 Ia 311 Erw. 1b und Erw. 2a, BGE 99 Ia 46 Erw. 3b). Infolgedessen darf auf diese Beweismittel bei der Entscheidung nicht abgestellt werden, ohne dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, an der Beweisabnahme mitzuwirken oder wenigstens nachträglich zum Beweisergebnis Stellung zu nehmen ( BGE 120 V 360 Erw. 1a). BGE 121 V 150 S. 153 b) Augenschein ist Beweiserhebung durch eigene Sinneswahrnehmung. Beweismittel ist das Objekt dieser Wahrnehmung. Ein Augenschein kann grundsätzlich alle äusseren Gegebenheiten (Sachen, Personen, Verhältnisse) betreffen, die durch den Seh-, Gehörs-, Geruchs-, Geschmacks- oder den Tastsinn wahrgenommen werden können (KUMMER, Grundriss des Zivilprozessrechts, 4. Aufl., S. 132; WALDER-BOHNER, Zivilprozessrecht, 3. Aufl., S. 362; GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl., S. 330; VOGEL, Grundriss des Zivilprozessrechts, 3. Aufl., S. 252; GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 276). Dabei ist allenfalls zusätzlich der Einsatz technischer Messgeräte erforderlich (vgl. BGE 104 Ia 71 Erw. 3b [Lärmimmissionen]). Nach der Rechtsprechung darf ein Augenschein nur dann unter Ausschluss einer Partei erfolgen, wenn schützenswerte Interessen Dritter (vgl. Art. 56 Abs. 3 BZP in Verbindung mit Art. 19 VwVG ) oder des Staates oder eine besondere zeitliche Dringlichkeit dies gebieten, oder wenn der Augenschein seinen Zweck überhaupt nur dann erfüllen kann, wenn er unangemeldet erfolgt ( BGE 116 Ia 100 Erw. 3b oben, BGE 113 Ia 83 Erw. 3a, BGE 104 Ia 71 Erw. 3b, BGE 104 Ib 121 Erw. 2a; RHINOW/KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Nr. 82 B/III c S. 268; GRISEL, Traité de droit administratif, Bd. I, 1984, S. 385 unten). c) Die aus Art. 4 BV abgeleiteten Verfahrensgarantien haben ihren positivrechtlichen Niederschlag im Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes (VwVG) gefunden (vgl. BGE 119 V 211 Erw. 3c mit Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung; ferner RHINOW/KRÄHENMANN, a.a.O., S. 266 oben). Sie sind daher, insbesondere was die Mitwirkungsrechte der Parteien bei der Beweiserhebung anbetrifft, auch im Verfahren der obligatorischen Unfallversicherung der SUVA anwendbar ( Art. 96 UVG und Art. 1 Abs. 1 lit. c VwVG ; BGE 120 V 360 Erw. 1b; vgl. RKUV 1992 Nr. U 152 S. 197 Erw. 2a). Dies gilt auch für das im VwVG nicht eigens geregelte Recht auf Teilnahme am Augenschein ( Art. 12 lit. d VwVG ; KÖLZ/HÄNER, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, Zürich 1993, S. 93, Rz. 142). 5. Die Schallimmissionsmessungen am früheren Arbeitsplatz des Beschwerdeführers in der X AG dienten unbestrittenermassen der Abklärung eines für die Beurteilung des Leistungsbegehrens wesentlichen Sachverhalts, namentlich ob der Versicherte ausschliesslich oder vorwiegend durch Arbeiten im Lärm eine erhebliche Schädigung des Gehörs erlitten hat (vgl. Art. 9 Abs. 1 UVG ). Die SUVA hätte daher den Beschwerdeführer zu diesen BGE 121 V 150 S. 154 Messungen beiziehen sollen. a) Entgegen der Auffassung des kantonalen Gerichts bestand kein Grund im Sinne der in Erw. 4b dargelegten Praxis, den Augenschein ohne den Beschwerdeführer durchzuführen. Zwar ist es im Bereich des Immissionsschutzes in der Regel unumgänglich, einen Augenschein und allfällige Lärmmessungen unangemeldet vorzunehmen, weil sie andernfalls ihren Zweck nicht erfüllen können ( BGE 104 Ia 69 [Vergnügungslokal], unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 1. Dezember 1994, 1A.282/1993 [Hundezucht]). Im vorliegenden Fall jedoch mussten die Messungen in einem (laufenden) Betrieb, somit nach vorheriger Anmeldung, vorgenommen werden. Um so wichtiger war daher der Beizug des Versicherten, um sicherzustellen, dass die Messungen unter Immissionsbedingungen durchgeführt werden, die den seinerzeitigen betrieblichen Zuständen bestmöglich entsprechen, also repräsentativ sind (vgl. GULDENER, a.a.O., S. 178). Der Beschwerdeführer macht denn auch unter anderem geltend, bei der Schallmessung sei die "infolge Personalabbaus erhebliche Lärmreduktion nicht berücksichtigt" worden. Im übrigen ist nicht ersichtlich, inwiefern der SUVA ein unzumutbarer Mehraufwand entstanden wäre, wenn sie den Versicherten zu den Lärmmessungen beigezogen hätte, zumal sich bei einem solchen Vorgehen mindestens eine der zwei ausserhalb des Betriebes durchgeführten Befragungen erübrigt hätte. Soweit schliesslich die SUVA sinngemäss geltend macht, der gerügte Mangel sei zum vornherein nicht geeignet, den Entscheid in der Sache selbst zu beeinflussen, so dass er auf jeden Fall nicht zur Aufhebung von Einsprache- und kantonalem Gerichtsentscheid führen könne, verkennt die Anstalt, dass es hier um die Durchsetzung eines in formeller Hinsicht korrekten Beweisverfahrens geht (vgl. BGE 119 V 218 Erw. 6 unten, BGE 113 Ia 84 Erw. 3b). Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob im Rahmen der antizipierten Beweiswürdigung auf eine Beweisvorkehr überhaupt verzichtet werden kann (vgl. BGE 117 Ia 268 Erw. 4b, BGE 104 V 210 Erw. a). b) Im weitern ist gemäss Vorinstanz die Tatsache, dass der Beschwerdeführer nicht zur Schallmessung des Experten beigezogen wurde und deshalb auch nicht zur Durchführung Stellung nehmen konnte, nicht zu beanstanden, "denn ein Anspruch auf Anhörung steht ihm vor Erlass der Verfügung nicht zu". Im übrigen fehlten konkrete Hinweise, die gegen die Zuverlässigkeit der durchgeführten Lärmexpertise sprechen, weshalb praxisgemäss auf deren BGE 121 V 150 S. 155 Ergebnisse abgestellt werden könne. Dieser Argumentation schliesst sich die SUVA vollumfänglich an, wobei sie sinngemäss beifügt, der Beschwerdeführer habe im Einspracheverfahren keinen Verfahrensmangel gerügt bzw. nicht eine neuerliche Lärmmessung verlangt. Zudem habe er im Rahmen der Befragung zu seiner Tätigkeit in der Firma X AG, die unter anderem die Grundlage für die Durchführung der Messungen bildete, "sehr wohl" Gelegenheit gehabt, sich zu äussern. Schliesslich sei in Anbetracht der Technizität der Schallmessung sowie aufgrund der Messergebnisse, welche eindeutig den Schluss zuliessen, dass eine gehörgefährdende Belastung nicht vorlag, die Anwesenheit des Beschwerdeführers nicht erforderlich gewesen. Dieser Argumentation kann nicht beigepflichtet werden. Im Bereich der obligatorischen Unfallversicherung haben zwar die Versicherten grundsätzlich keinen Anspruch auf Anhörung vor Verfügungserlass ( Art. 30 Abs. 2 lit. b VwVG ). Spätestens im Einspracheverfahren ( Art. 105 Abs. 1 UVG ) hat der Unfallversicherer jedoch die allgemeinen Grundsätze des rechtlichen Gehörs zu wahren (vgl. RKUV 1992 Nr. U 152 S. 199 Erw. 3b). Wird bereits vor Verfügungserlass beispielsweise ein Augenschein durchgeführt, ist dem Versicherten spätestens im Einspracheverfahren in rechtsgenüglicher Form Gelegenheit zu geben, sich dazu - inhaltlich wie auch zum Verfahren - zu äussern, wobei er auf die Möglichkeit hingewiesen werden muss, einen weiteren Augenschein zu beantragen (unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 21. September 1989 [1A.36/1989], zitiert in BGE 116 Ia 100 Erw. 3b). Macht er davon keinen Gebrauch, darf die Verwaltung davon ausgehen, dass er auf dieses Teilnahmerecht rechtsgültig verzichtet hat (vgl. GRISEL, a.a.O., S. 383); es verstiesse mithin gegen Treu und Glauben, wenn der Versicherte im Beschwerdeverfahren eine diesbezügliche Gehörsverletzung - mit Erfolg - rügen könnte ( BGE 111 Ia 163 Erw. 1a oben; vgl. BGE 118 Ia 284 Erw. 3a, BGE 115 V 262 Erw. 4b). Ein solcher Verzichtstatbestand ist vorliegend nicht gegeben. Die SUVA hat in ihrer Verfügung vom 23. August 1993 die zwei Monate vorher durchgeführten Schallimmissionsmessungen nicht erwähnt; davon war erstmals im Einspracheentscheid vom 1. Oktober 1993 die Rede. Unter diesen Umständen hat der Beschwerdeführer rechtzeitig mit der Beschwerde an das kantonale Gericht eine Lärmmessung in seiner Anwesenheit verlangt. 6. Zusammenfassend ergibt sich, dass SUVA und kantonales Gericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör verletzt haben, indem BGE 121 V 150 S. 156 sie die Durchführung der Schallimmissionsmessungen am früheren Arbeitsplatz des Versicherten ohne dessen Beisein als zulässig erachtet und auf die dabei gewonnenen Ergebnisse abgestellt haben. Zwar hat der Beschwerdeführer nachträglich im kantonalen Gerichtsverfahren zum Ergebnis des Augenscheins Stellung nehmen können; dies genügt jedoch nicht, liegen doch, wie in Erw. 5a gezeigt, keine triftigen Gründe vor, von einer Teilnahme des Betroffenen abzusehen. Mit Blick auf die Bedeutung dieses Beweismittels im vorliegenden Fall vermag im übrigen die nachträgliche Äusserungsmöglichkeit ( BGE 116 Ia 100 Erw. 3b, BGE 105 Ia 51 Erw. 2c) wie auch die vorgängige Befragung des Beschwerdeführers zur Arbeitsplatzsituation die unmittelbare Teilnahme an der Beweiserhebung nicht in der Weise aufzuwiegen, dass eine ausnahmsweise Heilung des Verfahrensmangels bejaht werden könnte ( BGE 119 V 218 Erw. 6 mit Hinweisen; vgl. ZIMMERLI, Zum rechtlichen Gehör im sozialversicherungsrechtlichen Verfahren, in: Festschrift 75 Jahre EVG, Bern 1992, S. 321 oben, S. 332 ff.). Dies muss um so mehr gelten, als der Versicherte zu den von der SUVA im kantonalen Verfahren eingereichten und von der Vorinstanz verwerteten "Erläuterungen zu den Schallmessungen" (vom 8. April 1994) nicht Stellung nehmen konnte. Die Gehörsverletzung muss daher ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache selbst zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides führen ( BGE 120 V 362 Erw. 2a, BGE 118 Ia 18 Erw. 1a, BGE 104 Ib 123 Erw. 2d, je mit Hinweisen).
null
nan
de
1,995
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
0f94e6bf-f0d3-4d9b-95fb-1bbd5f8d6477
Urteilskopf 82 IV 177 38. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 2 novembre 1956 dans la cause Camiciotti contre Ministère public du canton de Genève et Mauron.
Regeste Art. 268 Abs. 2 BStP . Zulässigkeit der Nichtigkeitsbeschwerde gegen Urteile der Cour de justice de Genève, an die gestützt auf Art. 406 Ziff. 5 genf. StPO appelliert worden war. Art. 126 StGB . Verhältnis dieser Bestimmung zu Art. 177 Abs. 3 StGB .
Sachverhalt ab Seite 177 BGE 82 IV 177 S. 177 A.- Le 20 août 1955, Mauron l'ayant traité de "grand imbécile", Camiciotti lui a lancé au visage une boulette de pain de la grosseur d'un noyau de pêche, lui causant une légère blessure à l'oeil. Statuant sur ces faits, le 26 mars 1956, le Tribunal de police de Genève a condamné Camiciotti à 5 fr. d'amende pour voies de fait (art. 126 CP), en bref par les motifs suivants: Camiciotti devait prévoir qu'en lui lançant un objet au visage, il pouvait faire quelque mal à Mauron. Il y a donc eu au moins dol éventuel de sa part. Mais il faut retenir à sa décharge que son adversaire venait de le traiter de "grand imbécile". L'art. 177 al. 3 CP n'est pas applicable, parce qu'il ne pourrait l'être que dans une poursuite engagée "sur la base de l'art. 177 CP" et que la sommation, en l'espèce, ne vise pas cette disposition légale. BGE 82 IV 177 S. 178 Le condamné ayant appelé de ce jugement, la Cour de justice de Genève a déclaré l'appel irrecevable, le 21 avril 1956. Les considérants de cet arrêt se résument comme il suit: Camiciotti a été condamné à une amende de moins de 50 fr.; son appel ne sera donc recevable que s'il "consacre une violation de la loi" (art. 406 ch. 5 CPP gen.). "Tel n'est pas le cas, le Tribunal ayant usé sans arbitraire de son pouvoir souverain d'appréciation des faits de la cause en jugeant sur le vu des dépositions recueillies et du dossier que le jet d'un corps dur par Camiciotti contre Mauron avait, étant donné les circonstances dans lesquelles il a eu lieu et ses conséquences, le caractère d'une voie de fait initiale, exercée volontairement pour porter atteinte à l'intégrité corporelle de Mauron et non d'une manifestation de mépris pour léser l'honneur dudit Mauron." Au surplus, l'art. 177 al. 3 CP ne serait applicable que si Camiciotti avait porté plainte contre Mauron pour injure. Tel n'étant pas le cas, Mauron n'est pas "délinquant", car il n'est pas poursuivi; Camiciotti n'est pas non plus l'injurié. Force était donc d'engager la poursuite sur la base de l'art. 126, qui punit la voie de fait initiale. "Le Tribunal n'a pas violé cet article en admettant au regard de toutes les circonstances, et dans son libre pouvoir d'appréciation, exercé sans arbitraire, que les conditions en étaient réunies." B.- Camiciotti s'est pourvu en nullité. Il conclut à l'annulation de l'arrêt attaqué et à ce qu'il plaise à la Cour de céans l'exempter de toute peine en vertu de l'art. 177 al. 3 CP. C.- La Cour de justice conclut à l'irrecevabilité, éventuellement au rejet du recours. A la demande de la Cour de céans, elle a précisé, dans un mémoire distinct, l'étendue de son pouvoir d'examen, spécialement en ce qui concerne l'application du droit fédéral, lorsque, comme dans la présente espèce, elle est saisie d'un appel fondé sur l'art. 406 ch. 5 CPP gen. BGE 82 IV 177 S. 179 D.- Le Procureur général du canton de Genève déclare s'en remettre à justice sur la recevabilité du pourvoi; sur le fond, en revanche, il conclut au rejet. E.- Mauron conclut à l'irrecevabilité et subsidiairement au rejet du pourvoi. Erwägungen Considérant en droit: 1. Aux termes de l'art. 268 al. 2 PPF, le pourvoi en nullité est ouvert contre les jugements qui ne peuvent donner lieu à un recours de droit cantonal pour violation du droit fédéral, c'est-à-dire contre les jugements cantonaux de dernière instance. Un jugement sur recours ne présente ce caractère que si l'autorité dont il émane avait à revoir librement l'application du droit fédéral (RO 71 IV 223). En l'espèce, le Tribunal de police de Genève n'ayant prononcé qu'une simple amende inférieure à 50 fr., son jugement, appelable en principe, ne l'était cependant que pour "violation du texte même de la loi" selon l'art. 406 ch. 5 CPP gen. Dans son arrêt Tinivella du 19 décembre 1947 (non publié), la Cour de céans a admis que ce texte légal ne permet pas au juge d'appel genevois de revoir librement l'application du droit fédéral, qu'il lui donne sans doute pouvoir de vérifier si la loi pénale en soi a été exactement comprise (interprétation de la loi), mais non pas si l'application de cette loi aux faits de la cause (qualification juridique des faits) est correcte. Elle en a conclu que, saisie d'un appel conformément à l'art. 406 ch. 5 CPP gen., la Cour de justice ne peut revoir librement l'application du droit fédéral et que son arrêt ne peut donc faire l'objet d'un pourvoi en nullité. L'application de ces principes dans la présente espèce emporterait l'irrecevabilité du pourvoi. Cependant, il résulte des réponses faites par la Cour de justice aux questions qui lui ont été posées dans la présente procédure que l'art. 406 ch. 5 CPP gen. ne limite pas le pouvoir d'examen du juge d'appel autant qu'on l'a dit dans l'arrêt Tinivella. Selon l'avis exprimé par la Cour de justice, il n'y a pas BGE 82 IV 177 S. 180 lieu de faire aucune différence entre la violation du texte même de la loi (art. 406 ch. 5 CPP gen.) et la violation de la loi (art. 437 ch. 1 CPP gen.). La loi est violée, d'une part, lorsque le Tribunal de police a apprécié les preuves arbitrairement et, en outre, lorsqu'il a fait une erreur soit dans l'interprétation de la loi, soit dans la qualification juridique des faits. Il s'ensuit que, saisie d'un appel en vertu de l'art. 406 ch. 5 CPP gen., la Cour de justice de Genève revoit librement l'application du droit fédéral, de la même façon que le fait la Cour de céans, saisie d'un pourvoi en nullité. C'est donc le fondement même de l'arrêt Tinivella qui s'avère erroné. La jurisprudence instituée par cet arrêt ne saurait être maintenue; il faut admettre au contraire que les arrêts de la Cour de justice sur les appels formés en vertu de l'art. 406 ch. 5 CPP gen. peuvent faire l'objet de pourvois en nullité. Tel est le cas dans la présente espèce. Les autres conditions de forme étant par ailleurs remplies, le présent pourvoi est recevable. Peu importe à cet égard que, dans le dispositif de l'arrêt entrepris, la Cour de justice ait déclaré irrecevable l'appel interjeté contre le jugement du Tribunal de police du 26 mars 1956. En réalité, elle a revu librement l'application du droit fédéral et c'est cela seul qui est décisif du point de vue des art. 268 et 269 PPF. 2. Au fond, Camiciotti ne conteste pas avoir commis un acte punissable en principe; il allègue seulement que cet acte constituait une riposte immédiate à l'injure dont il venait d'être la victime, qu'il se trouvait dans le cas de l'art. 177 al. 3 CP et aurait dû être exempté de toute peine en vertu de cette disposition légale. La Cour de justice a déclaré celle-ci inapplicable dans la présente espèce par le motif tout d'abord que l'acte de Camiciotti ayant lésé Mauron non pas dans son honneur, mais dans son intégrité corporelle, tombe sous le coup de l'art 126 et non de l'art. 177 CP. Cependant, les voies de fait que vise l'art. 177 al. 3 CP BGE 82 IV 177 S. 181 comprennent non seulement celles qui lèsent l'honneur et que réprime l'art. 177 al. 1 CP, mais aussi celles qui, atteignant la victime dans son intégrité corporelle, appellent l'application de l'art. 126 CP. S'il avait voulu en disposer autrement, le législateur n'aurait pas mentionné alternativement l'injure et les voies de fait; il s'en serait tenu au premier de ces termes, l'injure, selon l'art. 177 al. 1, pouvant consister aussi dans des voies de fait. Cette interprétation littérale est confirmée par le but même de l'art. 177 al. 3, qui est de permettre au juge de renoncer à la peine lorsque les antagonistes se sont fait justice eux-mêmes, sur-le-champ, et que le litige est de si peu d'importance que l'intérêt public n'exige pas d'autre sanction. Si l'auteur d'une injure peut se voir exempté de toute peine, parce qu'il n'a fait que répondre à une autre injure, il doit en aller de même, à fortiori, lorsque, comme en l'espèce, l'injurié a répondu non par une injure, mais par l'infraction sensiblement moins grave encore que constituent les voies de fait (RO 72 IV 22). Contrairement donc à ce qu'a admis la Cour de justice par une interprétation erronée du droit fédéral, alors même que l'acte retenu contre Camiciotti serait constitutif de voies de fait au sens de l'art. 126 CP, l'application de l'art. 177 al. 3 CP ne serait pas néanmoins exclue. La Cour de justice a dit qu'en outre l'art. 177 al. 3 CP n'est pas applicable dans la présente espèce, parce que Camiciotti n'a pas porté plainte contre Mauron pour injure. Mais il ne résulte nullement du texte légal qu'à défaut d'une plainte de sa part, la victime d'une injure ne puisse être mise au bénéfice de l'art. 177 al. 3 lorsqu'elle a riposté immédiatement par une injure ou par des voies de fait. Qu'elle ait porté plainte ou non, elle est "l'injurié" et l'auteur de l'injure est un "délinquant". Aussi bien, si le juge peut punir l'auteur de la première injure et libérer en même temps l'injurié, qui a répondu par une autre injure ou par des voies de fait, ne voit-on pas que l'on puisse rien déduire du fait que celui-là échappe à toute BGE 82 IV 177 S. 182 peine, soit que le juge le libère de par l'art. 177 al. 3, soit qu'aucune plainte n'ait été portée contre lui. En définitive, alors même que Camiciotti se serait rendu coupable de voies de fait proprement dites, qui tomberaient en principe sous le coup de l'art. 126 CP, il faudrait examiner s'il ne se justifierait pas de le libérer en vertu de l'art. 177 al. 3 comme si cette disposition légale, dans la mesure où elle concerne aussi les voies de fait, était partie intégrante de l'art. 126. C'est dès lors contrairement au droit fédéral que le Tribunal de police a refusé d'appliquer l'art. 177 al. 3, considérant que, selon la jurisprudence constante, il "ne peut fonder son jugement sur une disposition légale qui n'est pas visée dans la sommation", laquelle, en l'espèce, ne mentionnait effectivement que l'art. 126. Dispositiv Par ces motifs, la Cour de cassation pénale: Admet le pourvoi, annule l'arrêt attaqué et renvoie la cause à l'autorité cantonale pour que celle-ci se prononce à nouveau.
null
nan
fr
1,956
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
0fa34075-9812-410c-b29a-674e98eaa11c
Urteilskopf 86 IV 81 22. Urteil des Kassationshofes vom 8. April 1960 i.S. B. gegen X.
Regeste Art. 28 Abs. 1 StGB . Der Ehemann, dessen Frau von einem andern als Luder bezeichnet wird, ist nicht Verletzter und bedarf daher der Ermächtigung seiner Ehefrau, um gegen den Täter Strafantrag zu stellen. Dazu ermächtigt ist er nicht schon dann, wenn er nach kantonalem Recht befugt ist, die Ehefrau im Prozess zu vertreten.
Sachverhalt ab Seite 81 BGE 86 IV 81 S. 81 A.- A. hatte vernommen, dass sein Kind von Frau B. unsanft behandelt worden sei. Am 9. Mai 1959 stellte er deshalb deren Ehemann zur Rede. Als A. den Namen der Person nicht nennen wollte, die ihm vom Vorfall Kenntnis gegeben hatte, erklärte B., er wisse es schon, das sei Frau X., das Luder, gewesen. Am 10. Juni 1959 reichte X., der Ehemann der Verletzten, gegen B. Strafklage wegen Ehrverletzung ein. B.- Das Bezirksgericht Baden, das den Kläger neben seiner Ehefrau als Verletzten und daher als selbständig antragsberechtigt betrachtete, verurteilte am 24. September 1959 B. wegen Beschimpfung zu einer Busse von Fr. 10.-. BGE 86 IV 81 S. 82 Das Obergericht des Kantons Aargau wies am 29. Januar 1960 die Beschwerde des Verurteilten ab. Zur Begründung führte es aus: Der Ehemann sei gemäss § 46 der aargauischen ZPO berechtigt, ohne Vorlage einer Vollmacht seine Ehefrau im Prozesse zu vertreten. Ein Verzicht der Verletzten auf das Antragsrecht sei nicht ausdrücklich erfolgt. An der Legitimation des Klägers, in Vertretung seiner Frau klagend aufzutreten, könne somit nicht gezweifelt werden. Hievon abgesehen müsse dem Kläger auch ein eigenes selbständiges Klagerecht zuerkannt werden, da der Ausdruck Luder auch den Ehemann in Mitleidenschaft ziehe und dessen persönliche Achtung bei den Mitmenschen zu schmälern geeignet sei. C.- Der Verurteilte führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, er sei mangels Aktivlegitimation des Klägers freizusprechen. D.- Der Kläger schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann nach Art. 28 Abs. 1 StGB jeder, der durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters beantragen. Verletzt im Sinne dieser Bestimmung ist nach ständiger Rechtsprechung nicht jeder, dessen Interessen durch die strafbare Handlung irgendwie beeinträchtigt werden, sondern nur derjenige, der materiellrechtlich Träger des unmittelbar angegriffenen Rechtsgutes ist ( BGE 74 IV 7 , BGE 78 IV 215 , BGE 84 IV 14 ). Es ist unbestritten, dass das Wort Luder einen Angriff auf die Ehre darstellt und dass der Beschwerdeführer ausdrücklich einzig Frau X. damit bezeichnet hat. Direkt betroffen wurde somit nur die Ehefrau des Klägers, nicht dieser selber. Der Vorwurf, Frau X. sei ein Luder, kann deren Ehemann in seinem Selbstbewusstsein verletzen, berührt aber nicht seinen persönlichen Ruf und sein Gefühl, ein charakterlich anständiger Mann zu sein. Es kann BGE 86 IV 81 S. 83 jemand eine Frau, die von anderen als Luder hingestellt wird, aus achtenswerten Beweggründen heiraten, und derjenige, der mit einer solchen Frau die eheliche Gemeinschaft fortsetzt, handelt deswegen nicht notwendig unehrenhaft. Ist der Beschwerdegegner durch den Angriff gegen seine Ehefrau in seiner persönlichen Ehre nicht herabgesetzt worden, so ist er nicht Verletzter im Sinne von Art. 28 Abs. 1 StGB und daher nicht selbständig zum Strafantrag berechtigt. 2. Legitimiert zum Strafantrag war demnach einzig Frau X. Sie war nicht verpflichtet, den Antrag persönlich zu stellen, sondern konnte ihren Ehemann ermächtigen, dass er an ihrer Stelle die Bestrafung des Beschwerdeführers verlange. Die Vorinstanz stellt jedoch nirgends fest, dass eine solche Ermächtigung stattgefunden und der Beschwerdegegner tatsächlich in Vertretung seiner Ehefrau Strafantrag gestellt habe. Dass dies der Fall gewesen sei, ergibt sich nicht daraus, dass der Ehemann nach kantonalem Prozessrecht berechtigt ist, ohne Ausweis einer Vollmacht für seine Ehefrau im Prozess aufzutreten. Dieses Prozessführungsrecht schliesst keineswegs aus, dass X. ohne Ermächtigung seiner Ehefrau Strafantrag gestellt hat, wie anderseits aus dem Fehlen eines ausdrücklichen Verzichtes der Verletzten auf das Antragsrecht auch nicht geschlossen werden kann, sie habe von ihrem Antragsrecht Gebrauch machen wollen. Für einen solchen Willen bieten denn auch die Akten keinerlei Anhaltspunkte. Der Beschwerdegegner hat vor Friedensrichter und Bezirksgericht ausschliesslich im eigenen Namen geklagt und zudem in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung erklärt, seine Frau habe nicht geklagt, weil sie nervös sei und den Frieden wolle. Ebensowenig enthalten der Weisungsschein und das erstinstanzliche Verhandlungsprotokoll und Urteil einen Hinweis, dass X. in Vertretung seiner Frau gehandelt habe. Das Bezirksgericht stellt in seinem Urteil vom 24. September 1959 im Gegenteil ausdrücklich fest, dass nicht Frau X., sondern BGE 86 IV 81 S. 84 deren Ehemann als Klagepartei aufgetreten sei, und es prüfte bloss, ob dieser in seiner Ehre verletzt worden sei, offenbar davon ausgehend, dass er den Strafantrag im eigenen Namen und nicht als Vertreter seiner Ehefrau gestellt habe. Bei dieser Sachlage muss angenommen werden, Frau X. habe ihr Antragsrecht innert der Frist des Art. 29 StGB nicht ausgeübt, auch nicht durch ihren Ehemann. Der Beschwerdeführer ist daher nicht strafbar und muss freigesprochen werden. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 29. Januar 1960 aufgehoben und die Sache zur Freisprechung des Beschwerdeführers an die Vorinstanz zurückgewiesen.
null
nan
de
1,960
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
0fa3426a-8ca6-4999-9a32-6a6322f70fcb
Urteilskopf 96 II 314 43. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 17. Dezember 1970 i.S. M. gegen Q.
Regeste Vaterschaftsklage. Positiver und negativer Abstammungsbeweis ( Art. 307 und 314 ZGB ). Ergibt ein serologisches oder serostatisches Gutachten für oder gegen die Vaterschaft Wahrscheinlichkeitswerte von 99,8 und mehr Prozent, dann kann die Vaterschaft allein schon aufgrund dieses Gutachtens als mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwiesen bzw. ausgeschlossen gelten. Weitere Beweismittel, insbesondere die Einholung eines anthropologisch-erbbiologischen Gutachtens (AEG), erübrigen sich in diesem Falle - es sei denn, dass aus ganz besondern Gründen Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens angebracht sind; Mehrverkehr der Kindsmutter ist jedoch kein besonderer Grund.
Sachverhalt ab Seite 315 BGE 96 II 314 S. 315 Aus dem Tatbestand: A.- Die am 16. November 1948 geborene Q. gebar am 15. Dezember 1967 ausserehelich die Tochter A. Die gesetzliche Empfängniszeit dauerte vom 18. Februar bis 18. Juni 1967. In dieser Zeit hat M. der Kindsmutter zweimal, nämlich am 23. und 25. März 1967, beigewohnt. B.- Am 29. Februar 1968 leitete die durch einen Beistand vertretene A. beim Bezirksgericht Zürich gegen M. Klage ein und beantragte, der Beklagte sei als ihr ausserehelicher Vater zu verpflichten, ihr bis zum zurückgelegten 18. Altersjahr monatliche Unterhaltsbeiträge von Fr. 120.--, zuzüglich gesetzlicher oder vertraglicher Kinderzulagen, zu zahlen. Das Bezirksgericht Zürich hiess die Klage gut, und das Obergericht schützte dieses Urteil. Zur Begründung führte die Vorinstanz aus, der Beklagte habe der Kindsmutter am 23. und 25. März 1967 beigewohnt. Demgemäss bestehe die Vaterschaftsvermutung nach Art. 314 Abs. 1 ZGB . Unzüchtiger Lebenswandel oder Mehrverkehr der Kindsmutter seien nicht nachgewiesen. Aufgrund des Reifegrades (sowohl nach den Labhardtschen wie nach den Hosemann'schen Tabellen) sei eine Empfängnis am 23. oder 25. März 1967 durchaus möglich und halte sich im Rahmen einer vom Durchschnitt nur wenig abweichenden Wahrscheinlichkeit. Die serologische Untersuchung habe die Vaterschaft des Beklagten ebenfalls nicht ausgeschlossen. Die serostatistische Wahrscheinlichkeit seiner Vaterschaft nach Essen-Möller betrage 99,8 - 99,85%, die serologische Ausschlusswahrscheinlichkeit nach Riedwyl 99,3%. Bei dieser Sachlage habe der Beklagte keinen Anspruch auf die Einholung eines anthropologisch-erbbiologischen Gutachtens (AEG), denn die Aussichten, damit in Einmann-Fällen und bei Fehlen von Anhaltspunkten für Mehrverkehr den Beweis der Nichtvaterschaft zu erbringen, seien ausserordentlich gering. C.- Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung an das Bundesgericht eingelegt und beantragt, der Prozess sei zur Durchführung eines AEG und zur nachherigen Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, eventuell seien die sich stellenden wissenschaftlichen Fragen durch eine Oberexpertise abzuklären. Die Klägerin beantragt die Abweisung der Berufung. BGE 96 II 314 S. 316 Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Der Beklagte macht geltend, die Weigerung der Vorinstanz, ein anthropologisch-erbbiologisches Gutachten (AEG) einzuholen, verstosse gegen Bundesrecht, insbesondere gegen den Bundesgerichtsentscheid 91 II 159 ff., wonach ein Vaterschaftsbeklagter nach Erschöpfung aller andern Beweismittel (insbesondere der Blutgruppen- und Tragzeitgutachten) zur Erbringung des negativen Abstammungsbeweises ein AEG verlangen dürfe, und zwar auch dann, wenn keine Indizien für Mehrverkehr der Kindsmutter in der kritischen Zeit bestünden. Der heutige Fall unterscheidet sich aber von jenem, der BGE 91 II 159 zugrunde lag, in einem wesentlichen Punkte: Während damals die kantonalen Gerichte lediglich ein Blutgruppen- und ein Tragzeitgutachten eingeholt hatten, die beide den Beklagten nicht auszuschliessen vermochten, stützte sich im vorliegenden Falle die Vorinstanz nicht nur auf die - ebenfalls ergebnislosen - Blutgruppen- und Tragzeitbefunde, sondern vor allem auch auf eine serostatistische Expertise nach ESSEN-MÖLLER, die den Beklagten mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,8 - 99,85% positiv als Vater bezeichnete, sowie auf ein serologisches Gutachten nach RIEDWYL, das eine Ausschlusswahrscheinlichkeit von 99,3% ergab (was besagt, dass in 99,3 von 100 gleichgelagerten Fällen ein Nichtvater durch die angeordnete Blutgruppenuntersuchung ausgeschlossen worden wäre). Es ist somit zu prüfen, ob auf diese Wahrscheinlichkeitsrechnungen abgestellt werden kann, d.h. ob serologische Befunde in Verbindung mit entsprechend hohen serostatistischen Wahrscheinlichkeitswerten für sich allein den Ausschluss oder die Bejahung der Vaterschaft rechtfertigen, und ob in solchen Fällen von einem AEG abgesehen werden darf. 4. a) Die statistische Auswertung der Blut- und Serumgruppenbefunde geht von der Verteilung der verschiedenen Blutmerkmale in der Bevölkerung und den zu untersuchenden Personen aus und errechnet daraus die Wahrscheinlichkeit der Vaterschaft eines Mannes (HEGNAUER in Festgabe Schwarz S. 58). Das Verfahren ergibt einen Hinweis auf die Vaterschaft, wenn der Eventual-Vater ein Merkmal besitzt, welches auch beim Kinde nachzuweisen ist. Der Hinweis wird erhöht, wenn die Mutter das Merkmal nicht besitzt, und weiter erhöht, wenn die Anlage beim Eventual-Vater reinerbig ist. Je seltener sich das BGE 96 II 314 S. 317 Merkmal in der Bevölkerung findet, umso höher werden die Hinweiswerte (PONSOLD, Lehrbuch der gerichtlichen Medizin, 1967 S. 551). Statistische Auswertungen werden heute vorwiegend nach der Methode Essen-Möller durchgeführt (HEGNAUER, Kommentar, N 157 zu Art. 314/15 ZGB), die allerdings nicht unbestritten ist. Während HUMMEL sie als das bestgeeignete Verfahren bezeichnet (Neue juristische Wochenschrift, 1964 S. 2192), stehen ihr andere Autoren eher skeptisch gegenüber (so z.B. VOGEL in Neue juristische Wochenschrift, 1965 S. 1993, und SIEG in SJZ 1970 S. 217; vgl. auch HUMMEL, Die medizinische Vaterschaftsbegutachtung mit biostatistischem Beweis, 1961 S. 46, und STAUDINGER, Kommentar zum BGB, N 122 und 123 zu § 1717). Trotzdem wird in der Gerichtspraxis schon seit längerer Zeit mit solchen Wahrscheinlichkeitswerten gearbeitet. In Deutschland gilt heute folgende, nach Essen-Möller anhand der Tabellen von HUMMEL und IHM berechnete Abstufung (vgl. PONSOLD, Lehrbuch, 1967 S. 557, und HEGNAUER, Kommentar, N 158 zu Art. 314/15 ZGB): Wahrscheinlichkeit: Vaterschaft: weniger als 0,2% = praktisch ausgeschlossen 0,2 - 1% = höchst unwahrscheinlich 1 - 5% = sehr unwahrscheinlich 5 - 10% = unwahrscheinlich 10 - 90% = unentschieden 90 - 95% = wahrscheinlich 95 - 99% = sehr wahrscheinlich 99 - 99,8% = höchst wahrscheinlich mehr als 99,8% = praktisch erwiesen Namhafte deutsche Serologen vertreten die Ansicht, dass eine Vaterschaft schon bei statistisch belegten Ausschlusswahrscheinlichkeiten ab 95% (d.h. bei Fehlermöglichkeiten bis zu 5%) als praktisch unmöglich bezeichnet werden könne (PONSOLD, Lehrbuch, 1967 S. 575; dazu auch HUMMEL, Die medizinische Vaterschaftsbegutachtung, 1961 S. 37). Das scheint allerdings etwas weit zu gehen und kann jedenfalls für die Rechtsprechung nicht als allgemeine Regel gelten (vgl. dazu auch HARRASSER in Neue juristische Wochenschrift 1962 S. 661); doch braucht die Frage hier nicht weiter geprüft zu werden. BGE 96 II 314 S. 318 b) Auch das Bundesgericht hat in Vaterschaftssachen wiederholt auf Wahrscheinlichkeitswerte abgestellt, denn ein absolut sicherer Beweis ist auf diesem Gebiet der Natur der Sache nach nicht möglich. Es muss daher genügen, wenn die Vaterschaft bzw. der Ausschluss der Vaterschaft mit praktischer Sicherheit, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dargetan ist ( BGE 87 II 70 und BGE 94 II 80 , beide mit Verweisungen). So hat das Bundesgericht beim Vaterschaftsausschluss, d.h. beim negativen Vaterschaftsbeweis, hinsichtlich der von ihm anerkannten serologischen Ausschlussmethoden schon folgende Fehlermöglichkeiten in Kauf genommen: System ABO: Fehlermöglichkeit weit unter 1:1000 (unter 0,1%); MN: höchstens 1:500-1000 (0,1-0,2%); Rhesus: erheblich unter 1:1000 (0,1%); Kell: wesentlich unter l:1000 (0,1%); Hp 1 und Hp2: Sicherheit in der Grössenordnung von 99,9%; Duffy a: Sicherheit in der Grössenordnung von 999‰ (vgl. die Zusammenstellung in BGE 94 II 85 mit den einzelnen Verweisungen). Dass diese Fehlermöglichkeiten nicht theoretisch blieben, zeigt ein Fall, wo ein serologisches Gutachten nicht nur den Vater, sondern (wahrscheinlich infolge einer Genmutation) auch die Mutter ausschloss (GERHARDT in SJZ 1965 S. 236). Fehler können sich auch in Laboruntersuchungen ergeben, und zwar selbst dann, wenn das Blut zur Kontrolle in zwei verschiedenen Instituten untersucht wird (dazu SIEG in SJZ 1970 S. 219). Trotzdem hat das Bundesgericht jeweils gestützt auf eine sehr hohe Ausschlusswahrscheinlichkeit die Vaterschaft des Beklagten verneint. Zu beachten ist, dass sich die erwähnten, vom Bundesgericht hingenommenen Fehlermöglichkeiten durchwegs auf Fälle bezogen, in denen der Ausschluss nur mit einem Blutmerkmal bewiesen wurde. Die sog. sero- oder biostatistische Methode dagegen erfasst verschiedene Blutfaktoren, wodurch sich die Fehlermöglichkeiten erheblich vermindern. 5. Im vorliegenden Falle ist nun zu prüfen, ob durch ein serologisches und serostatistisches Gutachten mit hinreichender Sicherheit auch ein positiver Vaterschaftsbeweis erbracht werden könne. a) Seit den sechziger Jahren wird versucht, aus den Blutgruppenbefunden mit Hilfe des serostatistischen Verfahrens einen solchen Nachweis abzuleiten (HUMMEL in Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 1969 S. 20). Dies wurde ermöglicht durch die Entdeckung immer neuer Blutmerkmale, die neben die BGE 96 II 314 S. 319 klassischen Blutgruppen traten. So kann im Einzelfall aufgrund der festgestellten Merkmalkonstellationen und der statistischen Häufigkeit der einzelnen Merkmale in der Bevölkerung unter Umständen eine so hohe Wahrscheinlichkeit der Erzeugerschaft eines bestimmten Mannes ermittelt werden, dass der positive Vaterschaftsnachweis als erbracht angesehen werden muss (ERMANN, Kommentar zum BGB, N 4 a zu § 1717; STAUDINGER, Kommentar zum BGB, N 109 zu § 1717; PONSOLD, Lehrbuch, 1967 S. 582/83). Obschon auch hier der Praxis Enttäuschungen nicht erspart blieben (vgl. SIEG in SJZ 1970 S. 216), wird heute das serostatistische Gutachten in Deutschland als taugliches Mittel für den positiven Vaterschaftsbeweis anerkannt. Während beim serologischen Vaterschaftsbeweis die Vererbung als gesichert gilt, wenn sie mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,8% (genauer 99,73) erwiesen ist (PONSOLD, Lehrbuch, 1967 S. 583; vgl. dazu auch die Besprechung des Buches von GRUMBRECHT, Der Beweis der offenbaren Unmöglichkeit der Vaterschaft, in Deutsche Juristenzeitung 1968 S. 607), wird für die Schlüssigkeit des serostatistischen Gutachtens in der Regel eine Wahrscheinlichkeit von 99% verlangt: Nach HUMMEL kann der Richter bei solchen Werten von der Vaterschaft des Beklagten überzeugt sein (Neue juristische Wochenschrift 1964 S. 2194), und nach GRUMBRECHT (a.a.O.) ist bei dieser Wahrscheinlichkeit praktisch jeder andere Mann von der Vaterschaft ausgeschlossen (vgl. auch PONSOLD, Lehrbuch, 1967 S. 583). Verschiedene deutsche Gerichte haben sich dieser Auffassung angeschlossen und angenommen, dass bei einer serostatistisch ermittelten Vaterschaftswahrscheinlichkeit von 99% und mehr die Vaterschaft als praktisch gesichert gelte, selbst wenn Mehrverkehr der Kindsmutter nachgewiesen ist und die Mehrverkehrer nicht in die Begutachtung einbezogen werden können (dazu HUMMEL in Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 1969 S. 21 und 22, mit Hinweis auf die deutsche Judikatur). b) Wie für den Beweis der Nicht-Vaterschaft, so muss auch für den positiven Vaterschaftsnachweis eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit genügen. Welchen Grad der Zuverlässigkeit die Ergebnisse einer naturwissenschaftlichen Untersuchung aufweisen können und welcher Grad im konkreten Fall erreicht wird, ist eine Frage, die der Sachverständige zu beantworten hat. Der kantonale Richter prüft die Expertise auf BGE 96 II 314 S. 320 ihre Schlüssigkeit, soweit er dazu in der Lage ist. Findet der Sachverständige, der zu beweisende Sachverhalt sei mit an Sicherheit grenzender Wahrschemlichkeit dargetan, und übernimmt der kantonale Richter diese Schlussfolgerung, so prüft das Bundesgericht auf Berufung hin nur, ob es angesichts der Grundlagen, auf welche sich der Schluss stützt, vertretbar sei, eine derartige Wahrscheinlichkeit anzunehmen, oder ob die Vorinstanz den Begriff der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit und damit die bundesrechtlichen Anforderungen an den zu leistenden Beweis verkannt habe ( BGE 94 II 80 -82 mit Verweisungen; vgl. dazu auch PONSOLD, Lehrbuch, 1967 S. 568/69). Im vorliegenden Fall wurde für den Beklagten die Vaterschaftswahrscheinlichkeit nach Essen-Möller mit 99,8-99,85% errechnet. Nach dem Gutachten des gerichtlich-medizinischen Instituts der Universität Zürich besagt dieser Wert, dass der Beklagte "höchst wahrscheinlich" der Vater der Klägerin ist, dass die Vaterschaft "als praktisch erwiesen betrachtet werden" kann. Angesichts der fachlichen Qualitäten des Sachverständigen und der Tatsache, dass der nach Essen-Möller ermittelte Wahrscheinlichkeitsgrad durch eine serologische Berechnung nach Riedwyl weitgehend bestätigt wurde, durfte die Vorinstanz auf dieses Gutachten abstellen. Wenn sie auf dieser Grundlage die Vaterschaft des Beklagten (sinngemäss) als praktisch, d.h. als mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwiesen annahm, so ist darin nach dem Gesagten keine Verletzung von Bundesrecht zu erblicken. Dabei kann offen bleiben, ob beim positiven serostatistischen Vaterschaftsnachweis schon Wahrscheinlichkeitswerte von 99% oder erst solche von 99,8% und mehr das Prädikat der "an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit" verdienen, denn im vorliegenden Fall ist ohnehin der höhere Wert erreicht. 6. Zu prüfen bleibt, ob der Beklagte trotz des erbrachten positiven Vaterschaftsnachweises noch berechtigt sei, zum Gegenbeweis ein AEG zu verlangen. Die Beantwortung dieser Frage hängt vom allgemeinen Beweiswert des AEG und von dessen Beweiskraft im Verhältnis zum serologischen und serostatistischen Gutachten ab. a) Das AEG schliesst aus Zahl und Bedeutung der morphologischen Merkmale, in denen das Kind, von der Mutter abweichend, dem Vater ähnlich oder unähnlich ist, mit einer graduell bewertbaren Wahrscheinlichkeit auf die Vaterschaft oder Nicht- BGE 96 II 314 S. 321 Vaterschaft eines bestimmten Mannes. Die meisten Merkmale, mit denen der Gutachter arbeitet, sind deskriptiv, metrisch nicht erfassbar, alters-, umwelts- und geschlechtsabhängig, in der Ausprägung unterschiedlich und im Erbgang oft unabgeklärt. Die Einzelwertung und die gesamte Beurteilung sind deshalb wesentlich gefühlsmässig (HEGNAUER in Festgabe Schwarz S. 58 und in ZSR 1965 II S. 83; auch HUMMEL in Neue juristische Wochenschrift 1964 S. 2192; PONSOLD, Lehrbuch, 1967 S. 564 und 584). Je nachdem ob das Kind mehr Ähnlichkeiten mit der Mutter oder dem Vater aufweist, sind verschieden sichere Entscheidungen möglich; je mehr es seiner Mutter ähnelt, desto schmaler wird die Basis der Beweiskraft für die Vaterschaftsermittlung (SIEG in SJZ 1970 S. 241 und SJZ 1967 S. 53). Da die Beurteilungskriterien schwanken, kommt es nicht selten zu unterschiedlichen Aussagen verschiedener Sachverständiger (HEGNAUER in ZSR 1965 II S. 83). Als z.B. das Oberlandesgericht Köln einmal von vier verschiedenen Professoren über denselben Fall ein AEG einholte, wurde der Beklagte vom einen Experten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit und vom zweiten mit grosser Wahrscheinlichkeit als Vater bezeichnet, während die übrigen beiden Experten seine Vaterschaft als in hohem Grade unwahrscheinlich erklärten (Monatsschrift für deutsches Recht 1964 S. 466). In Deutschland wurden auch schon wiederholt durch serologische Befunde Männer als Erzeuger ausgeschlossen, die früher aufgrund eines AEG in positivem Sinne als Erzeuger bezeichnet worden waren (HUMMEL in Neue juristische Wochenschrift 1964 S. 2192). All das hatte zur Folge, dass das AEG etwas an Kredit verlor - in Ostdeutschland sogar so viel, dass es dort nicht mehr als alleiniges Beweismittel gewertet wird. Die Rechtsprechung Westdeutschlands scheint sich die bisherige Wertschätzung indessen noch weitgehend bewahrt zu haben (HUMMEL, a.a.O.). Auch das Bundesgericht hat im Entscheid 91 II 164 dem AEG noch den Rang eines vollwertigen Beweismittels zuerkannt und ausgeführt, es sei geeignet, "in Einzelfällen" mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, also mit einem rechtsgenügenden Grad der Sicherheit, den negativen Beweis der Nichtabstammung oder auch den positiven Beweis der Abstammung des Kindes vom betreffenden Manne zu erbringen; die wissenschaftliche Tauglichkeit der Methode stehe heute fest. Es besteht im vorliegenden Fall kein Anlass, auf diese Rechtsprechung BGE 96 II 314 S. 322 zurückzukommen. In der Tat kann das AEG wertvolle Dienste leisten, vor allem wenn Merkmale mit dominantmendelndem Erbgang zu untersuchen sind (PFANNENSTIEL in SJZ 1953 S. 103). Anderseits ist aber nicht zu übersehen, dass es weitgehend auf subjektiven Wertungen basiert - (es "steht und fällt mit der Person des Sachverständigen"; vgl. PONSOLD, Lehrbuch, 1967 S. 565) - und dass die schweizerischen Gerichte sich bisher (anders als bei den Blut- und Serumgruppengutachten) jeweils mit einem AEG begnügten, so dass eine Kontrollmöglichkeit fehlte. Dies berechtigt doch zu einer gewissen Zurückhaltung gegenüber dem AEG; seine Tauglichkeit dürfte sich auch fernerhin "auf Einzelfälle" beschränken. Insbesondere kommt dem Einmann-Gutachten, bei dessen Erstattung kein Mehrverkehrszeuge beigezogen werden kann, nur begrenzter Beweiswert zu (STAUDINGER, Kommentar zum BGB, N 135 zu § 1717 mit Verweisungen; Urteil des Bundesgerichtshofes, zitiert in Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 1964 S. 153). Nur ausnahmsweise erreicht es derartige Beweiskraft, dass seine Bedeutung durch kein anderes Beweismittel in Frage gestellt werden kann (OEPEN in Neue juristische Wochenschrift 1970 S. 501). Ein kategorischer Vaterschaftsausschluss, wie ihn das ABO-System und die Blut- und Rhesusfaktoren in bestimmten Fällen erlauben, ist mit den anthropologischen Merkmalen sehr selten (PFANNENSTIEL in SJZ 1953 S. 105; BEITZKE/HOSEMANN/DAHR/SCHADE, Vaterschaftgutachten für die gerichtliche Praxis, 1956 S. 127). b) Dem serologischen Gutachten wird in der Regel eine höhere Beweiskraft zugemessen als dem AEG. SIEG scheint gegenüber dieser Regel allerdings Bedenken zu haben. Er meint, einem serologischen Vaterschaftsausschluss dürfe im Falle einer gegensätzlichen Schlussfolgerung des AEG nicht unbedingt ein grösseres Beweisgewicht beigemessen werden (SJZ 1970 S. 219). Auch BAITSCH vertritt die Ansicht, dass erbbiologische Gutachten nicht grundsätzlich einen geringeren Beweiswert besitzen (PONSOLD, Lehrbuch, 1967 S. 565). Die herrschende Lehre und Rechtsprechung aber schätzt ganz allgemein die Beweiskraft des AEG geringer ein als die des serologischen Gutachtens (Für die schweizerische Rechtsprechung und Lehre: BGE 94 II 81 , BGE 91 II 164 ; HEGNAUER in Festgabe Schwarz S. 59. Für die deutsche Lehre: BEITZKE/HOSEMANN/DAHR/SCHADE, Vaterschaftsgutachten für die gerichtliche Praxis, 1956 S. 15 und 137; BGE 96 II 314 S. 323 STAUDINGER, Kommentar zum BGB, N 106 zu § 1717; PONSOLD, Lehrbuch der gerichtlichen Medizin, 1967 S. 584. Für die deutsche Rechtsprechung: Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 1965 S. 452; Neue juristische Wochenschrift 1965 S. 351. Für die österreichische Rechtsprechung: Neue juristische Wochenschrift 1966 S. 991). Angesichts der erwähnten Unsicherheitsfaktoren des AEG ist dieser Meinung beizutreten. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung soll denn auch in Fällen, in denen ein serologischer Befund den Beklagten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als Vater ausschliesst, kein AEG mehr eingeholt werden ( BGE 88 II 397 ff.). In der Literatur wird diese Auffassung mehrheitlich geteilt (HEGNAUER in Festgabe Schwarz S. 61; HUMMEL, Die medizinische Vaterschaftsbegutachtung..., 1961 S. 36; derselbe in Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 1969 S. 20; BEITZKE/HOSEMANN/DAHR/SCHADE, a.a.O. S. 133; PONSOLD, Lehrbuch, 1967 S. 587 und 559). c) Was für das serologische (sich oft nur auf einen einzelnen Blutfaktor stützende) Gutachten gilt, muss sinngemäss auch für das serostatistische Gutachten Geltung haben, das sich in der Regel auf mehrere Blutfaktoren bezieht. Einem serostatistischen Ausschlussbefund ist demnach höhere Beweiskraft zuzuerkennen als einem entgegenstehenden AEG. Ebenso muss einem serostatistischen Gutachten, das die Vaterschaft des Beklagten mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,8 oder mehr Prozent bejaht, der Vorrang eingeräumt werden gegenüber einem gegenteilig lautenden AEG gleichen Wahrscheinlichkeitsgrades. Ob auf die Einholung eines AEG auch schon dann verzichtet werden kann, wenn die serostatistische Wahrscheinlichkeit bloss 99% beträgt (so die deutsche Lehre und Rechtsprechung; vgl. HEGNAUER, Kommentar N 202 zu Art. 314/15 ZGB; HUMMEL in Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 1969 S. 21; Neue juristische Wochenschrift 1965 S. 351; PONSOLD, Lehrbuch, 1967 S. 559 und 583), braucht hier nicht entschieden zu werden. d) Zusammenfassung: Ergibt demnach ein serologisches oder serostatistisches Gutachten für oder gegen die Vaterschaft Wahrscheinlichkeitswerte von 99,8 und mehr Prozent, dann kann die Vaterschaft allein schon aufgrund dieses Gutachtens als praktisch, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwiesen bzw. ausgeschlossen betrachtet werden. Weitere Beweismittel, insbesondere die Einholung eines AEG, erübrigen BGE 96 II 314 S. 324 sich in diesem Falle - es sei denn, dass aus ganz besonderen Gründen (z.B. ungewöhnliche Umstände bei der Blutentnahme, unterschiedliche Laborbefunde bei der Untersuchung des Blutes in verschiedenen Instituten oder offensichtliche Rassenmerkmale) Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens angebracht sind. Mehrverkehr der Kindsmutter in der gesetzlichen Empfängniszeit ist jedoch kein besonderer Grund und kann gegenüber einem Gutachten mit so hohem Wahrscheinlichkeitsgrad nicht zu Zweifeln Anlass geben. Anthropologisch-erbbiologische Gutachten sind also grundsätzlich erst einzuholen, wenn die verfügbaren Beweismittel erschöpft sind, ohne zu einwandfreien Feststellungen geführt zu haben, und wenn vom AEG weitere Aufklärung zu erwarten ist (vgl. auch PONSOLD, Lehrbuch, 1967 S. 587; BEITZKE/HOSENMANN/DAHR/SCHADE, Vaterschaftsgutachten für die gerichtliche Praxis, 1956 S. 20; PFANNENSTIEL in SJZ 1953 S. 105 und SJZ 1954 S. 220 mit Hinweis auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes; HEGNAUER in Festgabe Schwarz S. 61). 7. Im vorliegenden Prozess hat das serostatistische Gutachten, an dessen Richtigkeit nicht zu zweifeln ist, zu einem für die Gerichtspraxis genügend sicheren Ergebnis geführt und die Vaterschaft des Beklagten mit einem so hohen Wahrscheinlichkeitsgrad bejaht, dass ein AEG keinen schlüssigen Gegenbeweis mehr erbringen könnte. Anders als im Falle des BGE 91 II 159 , wo mangels eines schlüssigen serologischen Befundes ein AEG - je nachdem wie es ausfiel - den Prozessausgang noch entscheidend zu beeinflussen vermochte, muss hier angenommen werden, dass ein solches Gutachten an der Beweislage nichts mehr ändern könnte. Wenn deshalb die Vorinstanz durch antizipierte Beweiswürdigung die Einholung eines AEG als überflüssig ablehnte, so hat sie damit nicht Bundesrecht verletzt. Selbst wenn man dem AEG gleich starke Beweiskraft beimessen würde wie einem serologischen oder serostatistischen Gutachten, könnte dies dem Beklagten nicht helfen. Denn das AEG könnte in dem für ihn günstigsten Falle seine Vaterschaft nur mit gleich hoher Wahrscheinlichkeit ausschliessen, mit der das serostatistische Gutachten sie bejaht hat (ein höherer Grad der Wahrscheinlichkeit als 99,8 - 99,85% ist hier für das AEG praktisch nicht denkbar). In diesem Falle müsste das Gericht zu einem "non liquet" gelangen und davon ausgehen, dass ein BGE 96 II 314 S. 325 sehr hoher Wahrscheinlichkeitsbeweis weder in der einen noch in der andern Richtung zu führen sei (SIEG in SJZ 1970 S. 219). Damit bliebe es aber bei der allgemeinen Vaterschaftsvermutung des Art. 314 ZGB , was ebenfalls zur Gutheissung der Klage führen müsste. Es rechtfertigte sich deshalb auch unter diesem Gesichtspunkt, von der Einholung eines AEG abzusehen. Die Einholung einer Expertise über die Beweiskraft des AEG im Verhältnis zum serostatistischen Gutachten kann unterbleiben, da eine solche nach dem Gesagten am Ausgang des Verfahrens selbst dann nichts ändern könnte, wenn sie dem AEG die gleiche Beweiskraft wie dem serostatistischen Gutachten beimessen würde. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich vom 26. Mai 1970 bestätigt.
public_law
nan
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CH_BGE_004
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Urteilskopf 82 II 473 64. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 11. Dezember 1956 i.S. Leuenberger gegen Würsch.
Regeste Abänderung eines Scheidungsurteils (Kindeszuteilung); Art. 157 Z GB. Wird dem Elternteil, dem die Kinder bei der Scheidung zugewiesen wurden, später die elterliche Gewalt entzogen, so hat der andere Elternteil Anspruch auf Zuweisung der Kinder an ihn, es wäre denn, dass ein Grund vorliegt, ihm die elterliche Gewalt gemäss Art. 285 ZGB vorzuenthalten, oder dass die infolge seiner Wiederverheiratung eingetretenen Verhältnisse die Anordnung einer Vormundschaft gemäss Art. 286 ZGB erfordern.
Sachverhalt ab Seite 473 BGE 82 II 473 S. 473 Aus dem Tatbestand: Bei der Scheidung der Parteien wurde der im Jahre 1942 geborene Knabe der Mutter zugewiesen. Diese liess ihn in dem Kinderheim, in dem er während des Prozesses untergebracht worden war. Der wieder verheiratete Vater verlangte mit einer im Sinne von Art. 157 ZGB erhobenen Klage die Zuweisung des Knaben an ihn. Das Obergericht entzog zwar der Mutter die elterliche Gewalt, wies aber das Begehren des Vaters ab. Dieser hält mit seiner Berufung an das Bundesgericht an der Klage fest. BGE 82 II 473 S. 474 Erwägungen Aus den Erwagungen: 2. ... Heute ist nur zu entscheiden, ob es bei der von der Vorinstanz verfügten Vormundschaft über den Knaben zu bleiben habe, oder ob die elterliche Gewalt nunmehr dem Kläger zu übertragen sei; die Beklagte hat sich mit dem von der Vorinstanz ihr gegenüber ausgesprochenen Entzug der elterlichen Gewalt abgefunden. 3. Bei dieser Sachlage hat der Kläger Anspruch auf Zuweisung des Knaben an ihn selbst, sofern keine schwerwiegenden Gründe - im Sinne von Art. 285 und 286 ZGB - vorliegen, ihm die elterliche Gewalt vorzuenthalten. Die Vorinstanz scheint dies zu verkennen, da sie, ohne auf die erwähnten Vorschriften Bezug zu nehmen, sich mit einer Abwägung von Zweckmässigkeitsgründen begnügt. Während der Ehe waren beide Parteien im gemeinsamen Besitz der elterlichen Gewalt ( Art. 274 Abs. 1 ZGB ), und es hatte zu einem Entzug nach Art. 285 ZGB keine Veranlassung bestanden. Bei der Scheidung musste der heutige Kläger diese Gewalt notwendig verlieren, da das Kind der Beklagten zugewiesen wurde und eine gemeinsame Ausübung der elterlichen Gewalt hinfort nicht mehr möglich war ( Art. 274 Abs. 3 und Art. 156 ZGB ). Das bedeutete keine Disqualifikation des Klägers; es blieb offen, ob man das Kind nicht ihm hätte zuweisen können und müssen, wenn die von beiden Parteien dem Scheidungsgerichte beantragte Zuweisung an die Beklagte als untunlich erschienen wäre. In der Tat hätte das Kind in einem solchen Falle dem Vater nicht vorenthalten werden dürfen, sofern gegen die Belassung seiner elterlichen Gewalt keine Gründe gemäss Art. 285 ZGB vorlagen. Somit ist nun auch heute, nach Wegfall der elterlichen Gewalt der Mutter, der Vater unter derselben Voraussetzung wieder in seine elterlichen Rechte einzusetzen, es wäre denn, der besondere Umstand seiner bereits im Herbst 1952 erfolgten Wiederverheiratung "erfordere" die Verweigerung der elterlichen Gewalt ( Art. 286 ZGB , worüber BGE 82 II 473 S. 475 gleichfalls im vorliegenden Verfahren zu entscheiden ist, vgl. BGE 69 II 129 ). 4. Art. 285 ZGB fasst zunächst den Fall ins Auge, dass die Eltern "nicht imstande" sind, die elterliche Gewalt auszuüben (was der französische Text mit dem engern Ausdruck "incapables" wiedergibt, während der italienische Text allgemeiner und zutreffend sagt "non sono in grado"). Hier ist nun nicht erwiesen, dass der Kläger unfähig sei, den Knaben zu erziehen und in jeder Hinsicht gehörig für ihn zu sorgen, aber auch nicht, dass äussere Umstände die Erfüllung der Vaterpflichten unmöglich machen. Es sind lediglich gewisse Bedenken in wirtschaftlicher Hinsicht am Platze, wie sich aus den vorinstanzlichen Feststellungen über den häufigen Stellenwechsel des Klägers, seine oftmals ungesicherten Einkommensverhältnisse und die weitgehende Säumnis in der Alimentenzahlung ergibt. Indessen darf daraus keineswegs auf Gleichgültigkeit gegenüber dem Knaben geschlossen werden, den er vielmehr jeweilen gern bei sich aufgenommen hat, und um dessen Wohl er besorgt ist, wie denn auch der Knabe das Heim verlassen und zum Vater gehen möchte. Die zeitweiligen Ausfälle bei den Alimenten waren eben durch die misslichen Erwerbsverhältnisse bedingt, und seit dem September 1955 hat der Kläger seine Unterhaltspflicht nun regelmässig erfüllt. Keineswegs geht es an, ihm die Zuweisung des Knaben aus der Überlegung zu verweigern, damit würde sich seine finanzielle Lage wieder verschärfen, da er dann entweder jemand zur Betreuung des Knaben zu sich nehmen oder anstellen oder aber seiner Ehefrau die auswärtige Erwerbsbetätigung untersagen müsste. Denn der Vater hat, wenn der Mutter die elterliche Gewalt entzogen wird, grundsätzlich ein Recht darauf, dass sie nunmehr ihm übertragen werde, und unverschuldete Armut kann hieran nichts ändern. Auch die weitern von der Vorinstanz berücksichtigten Momente sind nicht entscheidend. Dass die beiden geschiedenen BGE 82 II 473 S. 476 Eheleute einander in der Ausübung des Besuchsrechtes Schwierigkeiten machten, wäre kein Grund gewesen, das Kind der Mutter zu entziehen, und ist auch kein Grund, es dem Vater nicht zuzuweisen. In dieser Hinsicht haben die vormundschaftlichen Behörden gemäss Art. 283 ZGB zum rechten zu sehen. Und wenn der Kläger - offenbar auf Fragen und Bitten des Knaben wegen der Unterbringung in dem ihm nicht zusagenden Kinderheim - sagte, er habe ihn ja nicht dorthin gebracht, so entsprach dies der Wahrheit und rechtfertigt nicht den Vorwurf der Erweckung unbegründeter Hoffnungen und der Aufhetzung gegen die Mutter. 5. Dass die neue Ehe des Klägers der von diesem beantragten Zuweisung des Knaben entgegenstehe (was, wie dargetan, auf Grund von Art. 286 ZGB zu beurteilen ist), nimmt die Vorinstanz an, weil die neue Ehefrau bei der Scheidung ihrer frühern Ehe im Jahre 1949 als zur Betreuung von Kindern wenig geeignet erschien. Gewiss spielt nun auch für die Frage, ob der Knabe im Haushalt seines Vaters gut aufgehoben sei, die Persönlichkeit der Stiefmutter eine wesentliche Rolle, und das Scheidungsurteil vom 21. September 1949 wirft ihr einen "leichtfertigen Lebenswandel" vor. Als junge Frau war sie offenbar, "eine leichte, lebenslustige Natur", auf häufiges Ausgehen bedacht, derweil der Ehemann Etter, "ein strebsamer ernster Mann", abends zu seiner Weiterbildung für sich arbeitete. Sie war an der Zerrüttung der Ehe überwiegend schuld und begann schliesslich ein ehebrecherisches Verhältnis. Grobe Versäumung der Mutterpflichten ist aber nicht festgestellt. Das Urteil begründet die Zuweisung der Kinder an den Vater wie folgt: "Die Tatsache, dass sie während der Ehe gelegentlich ihre kleinen Kinder sich selbst überliess, ferner dass sie einmal unerwartet in den Tessin in die Ferien fuhr und ihre Familie allein liess, endlich, dass sie überhaupt über die Massen oft ausging, lassen sie in Bezug auf ihre Eigenschaften als Erzieherin in einem schlechten Licht erscheinen. Da es überdies im Interesse der Kinder liegt, dass sie alle drei gemeinsam, in geschwisterlichem Einvernehmen erzogen werden, sind sie alle dem gleichen Elternteil zuzuweisen." BGE 82 II 473 S. 477 Die gerügten Fehler dürften in beträchtlichem Masse dem damaligen jugendlichen Alter dieser Frau (sie war bei der Scheidung der ersten Ehe 28 Jahre alt) und dem ihren Wünschen wenig entsprechenden Verhalten des ersten Mannes zuzuschreiben sein. Sie deuten nicht auf tief verwurzelte schlechte Charakterzüge oder dauernde Untauglichkeit zur Kindererziehung hin, und ihre Lebensführung seit der Scheidung hat zu keinen Klagen Anlass geboten. Unter diesen Umständen ist es nicht gerechtfertigt, dem Kläger die elterliche Gewalt wegen seiner jetzigen ehelichen Verhältnisse zu verweigern. Übrigens handelt es sich nicht etwa darum, seine jetzige Ehefrau zur Mitinhaberin dieser Gewalt zu machen. Die ihre Person betreffende Kritik fällt nur insofern in Betracht, als sich bei Zuweisung des Knaben an den Kläger ein nachteiliger Einfluss ihrerseits geltend machen müsste. Nun erscheint sie aber (im Unterschiede zum Falle Schneider, BGE 82 II 181 ff.) nicht zum vorneherein als untaugliche Erzieherin, und auch der Kläger weist keine so schwerwiegenden Fehler auf; insbesondere darf nicht ohne weiteres angenommen werden, er sei nicht imstande, die Frau, wenn es nötig sein sollte, zur Ordnung anzuhalten. Seinem Begehren ist somit zu entsprechen. Jeder Zweifel lässt sich allerdings angesichts der vorinstanzlichen Feststellungen nicht von der Hand weisen. Doch genügt es bei der gegenwärtigen Sachlage vollauf, zum Schutze des Kindes eine vormundschaftliche Aufsicht anzuordnen (vgl. BGE 60 II 16 ).
public_law
nan
de
1,956
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
0facd482-65ce-49f4-a4ff-a9a96328333e
Urteilskopf 134 I 159 17. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. G. gegen Helsana Versicherungen AG, betreffend S. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_84/2008 vom 8. Mai 2008
Regeste a Art. 82 lit. a und Art. 89 Abs. 1 BGG ; Beschwerdelegitimation. Der vom kantonalen Gericht beauftragte Gutachter, dessen Honorarforderung im Entscheid in der Hauptsache gekürzt wird, ist zur Erhebung der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten legitimiert (E. 1.1 und 1.3). Regeste b Art. 29 Abs. 2 BV . Rechtliches Gehör bei der Festsetzung des Honorars eines Gerichtsgutachters (E. 2). Regeste c Art. 9 BV ; Art. 364 und 398 OR ; § 9 der Zürcher Entschädigungsverordnung der obersten Gerichte. Kürzung der Honorarforderung eines Gerichtsgutachters (E. 3 und 4).
Sachverhalt ab Seite 160 BGE 134 I 159 S. 160 In einem Streit um die Kostenübernahme für eine Zahnbehandlung durch die Krankenkasse ordnet das kantonale Gericht eine Begutachtung an. Der Gutachter stellt eine Honorarrechnung über den Betrag von Fr. 29'366.40. Das Gericht kürzt das Honorar des Gutachters auf Fr. 11'780.-. Der Gutachter G. erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag auf Zusprechung des vollen in Rechnung gestellten Honorars. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. 1.1 Der angefochtene Entscheid ist ein kantonal letztinstanzliches Endurteil, gegen das die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht zulässig ist ( Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Art. 90 BGG ). Die in der Hauptsache gegebene Beschwerde ist auch bezüglich aller Nebenpunkte des Urteils zulässig, namentlich hinsichtlich Kostenentscheiden, soweit dafür keine besonderen Verfahrenswege vorgeschrieben sind ( BGE 134 V 138 E. 3 S. 143 f.; Urteile 6B_300/2007 vom 13. November 2007, E. 1.1 und 1.2; 5A_218/2007 vom 7. August 2007, E. 2.1). Das gilt auch für den Entscheid über die Höhe des Gutachterhonorars (ALFRED BÜHLER, Gerichtsgutachter und -gutachten im Zivilprozess, in: Marianne Heer/Christian Schöbi [Hrsg.], Gericht und Expertise, Bern 2005, S. 11 ff., S. 109 Fn. 374 und S. 112), jedenfalls solange dafür kein anderer gerichtlicher Rechtsschutz besteht (vgl. BGE 114 Ia 461 E. 2c S. 464 f.). Die Vorinstanz hat die Höhe des Gutachterhonorars in ihren Entscheid aufgenommen. Dieses Vorgehen entspricht § 11 der hier einschlägigen kantonalen Verordnung der obersten kantonalen Gerichte über die Entschädigung der Zeugen und Zeuginnen, Auskunftspersonen und Sachverständigen vom 11. Juni 2002 (Entschädigungsverordnung der obersten Gerichte, EntschV/ZH; Zürcher Gesetzessammlung [LS] 211.12), wonach die Entschädigungen durch das mit der Sache befasste Gericht oder die zuständigen Richter und Richterinnen festgesetzt werden, unter Vorbehalt allfällig zur Verfügung stehender Rechtsmittel. Es ist nicht ersichtlich, dass ein kantonales Rechtsmittel gegen den Entscheid ergriffen werden könnte. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht ist daher zulässig. BGE 134 I 159 S. 161 1.2 Streitig ist einzig die Höhe der Entschädigung an den Gutachter. Die Parteien des Ausgangsverfahrens haben den Entscheid nicht angefochten, so dass die Auflage der Gutachtenskosten an die Beschwerdegegnerin im Grundsatz nicht streitig ist. Es ist daher nicht zu beurteilen, ob diese Kostenauflage mit Art. 61 lit. a ATSG (SR 830.1) vereinbar ist. Selbst wenn dies zu verneinen wäre, hätte der Gutachter gegenüber dem Gericht Anspruch auf ein Honorar. 1.3 Nach Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde legitimiert, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt ist (lit. b) und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. c). Der Beschwerdeführer ist durch die Herabsetzung seines Honorars besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an der Änderung des Entscheids. Er ist am vorinstanzlichen Verfahren nicht als Partei, sondern als Gutachter beteiligt gewesen und konnte dementsprechend keine Parteirechte wahrnehmen. Da der Beschwerdeführer damit die Voraussetzungen des Art. 89 Abs. 1 BGG erfüllt, ist seine Beschwerdelegitimation zu bejahen. 1.4 Die Beschwerdefrist von 30 Tagen beginnt mit der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung des angefochtenen Entscheids ( Art. 100 Abs. 1 BGG ). Zur vollständigen Ausfertigung des Entscheids gehört unter anderem das Entscheiddispositiv ( Art. 112 Abs. 1 lit. c BGG ). Da dieses dem Beschwerdeführer aktenkundig erst am 10. Januar 2008 zugestellt wurde, ist die am 25. Januar 2008 erhobene Beschwerde rechtzeitig. 2. Die Vorinstanz hat nach Eingang der Honorarrechnung des G. am 30. November 2007 den Entscheid gefällt und darin das Honorar gekürzt, ohne den Gutachter vorgängig zu dieser Herabsetzung angehört zu haben. Sie hat ihm mit Schreiben vom 6. Dezember 2007 die einschlägige Urteilserwägung mitgeteilt und auf seine Aufforderung hin am 10. Januar 2008 eine Kopie des Urteilsdispositivs zugestellt. 2.1 Der Beschwerdeführer rügt als Verletzung des rechtlichen Gehörs, dass ihn die Vorinstanz vor der Reduktion des Honorars nicht angehört habe. 2.1.1 Der Umfang des Anspruchs auf rechtliches Gehör richtet sich in erster Linie nach dem einschlägigen Verfahrensrecht, subsidiär nach den Mindestgarantien gemäss Art. 29 Abs. 2 BV . Nach § 10 BGE 134 I 159 S. 162 Abs. 2 der EntschV/ZH sind vor dem Entscheid über die Herabsetzung eines Gutachterhonorars die Parteien anzuhören, wenn das Verfahren für diese kostenpflichtig ist. Eine Anhörung des Gutachters ist in dem vom Beschwerdeführer als verletzt gerügten (vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG ) kantonalen Recht nicht vorgeschrieben. In Bezug auf die Festsetzung von Anwaltshonoraren existiert aufgrund von Art. 29 Abs. 2 BV unter bestimmten Umständen ein Anspruch auf Begründung, namentlich wenn das Gericht den Rechtsvertreter zur Einreichung einer Kostennote aufgefordert hat und die Parteientschädigung abweichend von der Kostennote auf einen bestimmten, nicht der üblichen, praxisgemäss gewährten Entschädigung entsprechenden Betrag festsetzt (RKUV 2005 Nr. U 547 S. 221, E. 3.2, U 85/04; SVR 2002 AlV Nr. 3 S. 5, E. 3a, C 130/99; Urteil 1P.284/2002 vom 9. August 2002, E. 2.4.1). Hingegen besteht nach der Praxis des Bundesgerichts mangels anderslautender kantonaler Vorschrift kein verfassungsmässiger Anspruch, von der entscheidenden Behörde zur beabsichtigten Honorarkürzung angehört zu werden (Urteile 1P.564/2000 vom 11. Dezember 2000, E. 3b; 1P.340/1999 vom 27. August 1999, E. 1b; vgl. auch Urteil 5P.187/2004 vom 22. Juli 2004, E. 2.3). Ob diese Rechtsprechung auch für Gutachterhonorare gilt, kann offenbleiben: Der Beschwerdeführer hat nämlich im Hauptantrag seiner Beschwerde ein reformatorisches Begehren in der Sache gestellt und nur eventualiter die Rückweisung an die Vorinstanz beantragt. Er wünscht somit in erster Linie, dass das Bundesgericht ungeachtet der gerügten Gehörsverletzung in der Sache selber entscheidet. Dies ist vorliegend aufgrund der Aktenlage möglich (vgl. E. 4.5 und 4.6). 2.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe eine Rechtsverweigerung begangen, indem sie entgegen seiner Aufforderung keine anfechtbare Verfügung zur Herabsetzung des Honorars erlassen habe. Indessen hat der Beschwerdeführer von der Vorinstanz nicht primär eine separate Verfügung verlangt, sondern um Zustellung des Dispositivs ersucht und nur ausgeführt, andernfalls gehe er davon aus, es werde eine separate Verfügung erlassen. Dem Ersuchen um Zustellung des Dispositivs ist das Gericht nachgekommen, weshalb kein Anlass bestand, eine separate Verfügung zu erlassen. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwiefern eine separate Verfügung dem Beschwerdeführer zum Vorteil gereicht hätte, wäre doch diese mangels eines kantonalen Rechtsmittels ebenfalls (nur) beim Bundesgericht anfechtbar gewesen. BGE 134 I 159 S. 163 3. Bei dem vom kantonalen Gericht erteilten Gutachtensauftrag handelt es sich nicht um einen privatrechtlichen Auftrag, sondern um ein Rechtsverhältnis des kantonalen öffentlichen Rechts (vgl. Urteil 1P.58/2004 vom 15. November 2004, E. 2.2, publ. in: ZBl 107/2006 S. 309; RKUV 1985 Nr. K 646 S. 235, E. 5a, K 79/77; BÜHLER, a.a.O., S.17; BJÖRN BETTEX, L'expertise judiciaire, Bern 2006, S. 273 f.). Mit Recht hat daher die Vorinstanz die Honorierung aufgrund des massgebenden kantonalen Rechts (EntschV/ZH) beurteilt. Dessen Anwendung prüft das Bundesgericht nur auf Willkür hin ( Art. 95 lit. a BGG ). Mangels präziser Bestimmungen im kantonalen Recht ist das Bundesprivatrecht als subsidiäres kantonales Ersatzrecht anwendbar (BÜHLER, a.a.O., S. 17), wobei je nach Art des Gutachtens Werkvertrags- oder Auftragsrecht massgebend ist ( BGE 127 III 328 ). 4. 4.1 Die Vorinstanz hat erwogen, der in Rechnung gestellte Aufwand von 84,5 Stunden bei 95 Taxpunkten und einem Taxpunktwert von Fr. 3.68 erscheine in Anbetracht des Umstandes, dass gemäss Ziff. 4047 des Tarifs der Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft (SSO) für ein zahnmedizinisches Gutachten ein Arbeitsaufwand von höchstens 3 Stunden vorgesehen sei, als unangemessen hoch und übersetzt. Auch nach dem Tarmed-Tarif würde das Gutachten nur mit höchstens Fr. 3'209.30 honoriert. Selbst wenn von einer Honorierung nach Aufwand ausgegangen werde, sei die Stundenzahl ermessensweise auf 40 herabzusetzen, was bei einem für Sozialversicherungen massgeblichen Taxpunkt-Wert von Fr. 3.10 zu einem Betrag von Fr. 11'780.- führe. 4.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei eine Honorierung nach Aufwand und den massgebenden Taxpunkten und Taxpunktwerten vereinbart worden. Für eine ermessensweise Kürzung des Stundenaufwandes und des Taxpunktwertes bestehe kein Raum. Die Kürzung sei unverhältnismässig und willkürlich. 4.3 Aus den Akten ist nicht ersichtlich, dass ein auch nur ungefährer Kostenrahmen für das Gutachten vereinbart worden wäre. Vielmehr geht auch die Vorinstanz davon aus, dass grundsätzlich der Aufwand die Grundlage für die Honorierung bildet, was auch § 9 der EntschV/ZH entspricht. Daraus folgt aber entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht, dass jeder in Rechnung gestellte Aufwand ohne weiteres zu entschädigen wäre. BGE 134 I 159 S. 164 4.4 Der Gutachter ist verpflichtet, die Begutachtung sorgfältig auszuführen und die berechtigten Interessen des Auftraggebers in guten Treuen zu wahren (Art. 364 Abs. 1 sowie Art. 398 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 321a Abs. 1 OR ; Art. 398 Abs. 2 OR ). Ist ein Kostenrahmen vereinbart worden, so hat der Gutachter das Gericht darauf hinzuweisen, wenn erkennbar ist, dass dieser Rahmen voraussichtlich nicht eingehalten werden kann (BÜHLER, a.a.O., S. 89). Ist für das Gutachten mit einem erheblichen Aufwand zu rechnen, ist der Auftrag in der Regel auf Grund eines Kostenvoranschlags zu erteilen (§ 9 Abs. 3 EntschV/ZH). Ist ein solcher nicht erstellt worden, für den Gutachter aber ersichtlich, dass der Aufwand erheblich sein wird, hat er aufgrund seiner Treue- und Sorgfaltspflicht das Gericht darauf hinzuweisen. Auch wenn kein Kostenvoranschlag eingeholt und kein Kostenrahmen vereinbart wurde, ist nicht die Vergütung jeglichen Aufwandes geschuldet, sondern nur des objektiv gerechtfertigten Aufwandes, der bei sorgfältigem und zweckmässigem Vorgehen genügt hätte ( BGE 117 II 282 E. 4c S. 284 f.; BGE 101 II 109 E. 2 S. 111 f.; BGE 96 II 58 E. 1 S. 61; BÜHLER, a.a.O., S. 75; WALTER FELLMANN, Berner Kommentar, N. 451 zu Art. 394 OR ; PETER GAUCH, Der Werkvertrag, 4. Aufl., Zürich 1996, S. 271 Rz. 964 f.). Auch hier ist der Gutachter zur Anzeige verpflichtet, wenn für ihn ersichtlich ist, dass ein offensichtliches Missverhältnis zwischen den Kosten des Gutachtens und der Bedeutung der Streitsache oder ihrem Streitwert besteht (BÜHLER, a.a.O., S. 89). 4.5 Der Beschwerdeführer konnte den ihm zur Verfügung gestellten Akten entnehmen, dass der Streit um eine Kariesbehandlung im Betrag von Fr. 626.20 ging. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Ausgang des Prozesses auch präjudizielle Bedeutung für künftige Kariesbehandlungen haben kann und der effektive Interessenwert daher auf ein Mehrfaches dieses Betrags zu veranschlagen ist, so steht doch der geltend gemachte Aufwand von fast Fr. 30'000.- für die Begutachtung in einem offensichtlichen Missverhältnis zum Interessenwert. Dem Beschwerdeführer musste ohne weiteres klar sein, dass das Gericht für die Beurteilung eines solchen Falles nicht ein Gutachten für diesen Betrag anordnen würde. Die selbstverständlichste Sorgfalts- und Treuepflicht hätte geboten, dass der Gutachter, als er den ungefähren Aufwand abschätzen konnte, mit dem Gericht Rücksprache genommen hätte, um abzuklären, ob wirklich eine Beantwortung in der BGE 134 I 159 S. 165 vorgesehenen Tiefe erforderlich sei. Dass der Beschwerdeführer dieser Informationspflicht nicht nachgekommen ist, führt dazu, dass das Gericht den geltend gemachten Aufwand auf einen angemessenen Betrag reduzieren durfte. 4.6 Der zugesprochene Betrag erscheint auch nicht als willkürlich oder unverhältnismässig tief. Der Beschwerdeführer hat in seinem Begleitschreiben vom 2. November 2007 zur Honorarrechnung selber ausgeführt, das Gutachten wäre nicht nötig gewesen, wenn die Helsana den Fall seriös beurteilt hätte, wozu als wesentlichstes Element eine klinische Untersuchung gehört hätte; ein Blick auf die Zahnstellung der Patientin hätte ausgereicht, um die Bedeutung der massiven Frontzahnstufe feststellen zu können, welche wesentlich dazu beitrage, dass eine Mundhygiene massiv erschwert oder verunmöglicht werde. Wenn also entscheidende Fragen bereits mit einer klinischen Untersuchung hätten beantwortet werden können, ist unerfindlich, weshalb der Beschwerdeführer nicht dem Gericht vorgeschlagen hat, anstelle des aufwändigen Gutachtens zunächst die (von der Versicherten beim kantonalen Gericht beschwerdeweise beantragte) wesentlich kostengünstigere Verhandlung mit Demonstration der eingeschränkten Zahnreinigung durchzuführen. Sodann begründete der Beschwerdeführer die Höhe der Kosten mit der Notwendigkeit, die Anamnesedetails zusammenzustellen. In der Tat nimmt die Darstellung der Anamnese im Gutachten rund 13 Seiten ein. Gemäss der Kostenaufstellung hat der Gutachter für "Anamnese, Notizen" und "Zusammenstellung Anamnese" mindestens 55,5 Stunden aufgewendet. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Krankengeschichte bereits durch den Rechtsvertreter der Versicherten in der von ihm verfassten kantonalen Beschwerdeschrift eingehend dargestellt und mit Akten dokumentiert worden war. Gemäss den Angaben im Gutachten hat der Beschwerdeführer keine weiteren fallbezogenen Unterlagen verwendet als die ihm vom Gericht zugestellten. Unter diesen Umständen ist nicht nachvollziehbar, dass die erneute Zusammenstellung dieser nicht besonders umfassenden Akten auch nur annähernd einen derart grossen Aufwand verursacht haben soll. 4.7 Insgesamt verletzt die von der Vorinstanz vorgenommene Kürzung der Honorarrechnung Bundesrecht nicht (E. 3).
public_law
nan
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2,008
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Federation
0fb56bd5-0304-4677-843f-181ed887b634
Urteilskopf 137 III 170 30. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Merck & Co. Inc. gegen Mepha Pharma AG und Mepha AG (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_435/2010 vom 4. März 2011
Regeste Art. 52 Abs. 4 und Art. 54 Abs. 5 EPÜ 1973 bzw. Art. 53 lit. c und Art. 54 Abs. 4 EPÜ 2000 ; Art. 2 Abs. 2 lit. a PatG ; Ausschluss von der Patentierbarkeit; Patentschutz für zweite medizinische Anwendung; Dosierungsanleitung. Patentrechtliche Beurteilung eines Anspruchsmerkmals, das in einer Dosierungsanleitung besteht (E. 2 und 3). Berücksichtigung der Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts sowie ausländischer Gerichte bei der Auslegung des Europäischen Patentübereinkommens (E. 2.2.1 und 2.2.10). Auslegung von Art. 52 Abs. 4 und Art. 54 Abs. 5 EPÜ 1973 bzw. Art. 53 lit. c und Art. 54 Abs. 4 EPÜ 2000 (E. 2.2). Die Patentierbarkeit ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil das einzige nicht zum Stand der Technik gehörende Anspruchsmerkmal eine Dosierungsanleitung ist (E. 2.2.9). Argument des Fehlens einer schweizerischen Sonderbestimmung, nach der die Behandlungstätigkeit des Arztes generell nicht als Patentverletzung erachtet würde; Hinweis an den Gesetzgeber (E. 2.2.12).
Sachverhalt ab Seite 171 BGE 137 III 170 S. 171 A. Am 28. März 2007 erteilte das Europäische Patentamt der Merck & Co., Inc., New Jersey, USA, (Beschwerdeführerin) das Streitpatent EP 1 175 904. Dieses betrifft die Verwendung des pharmazeutischen Wirkstoffs "Alendronsäure" zur Behandlung von Osteoporose. Alendronsäure ist zugleich der wirksame Bestandteil eines Arzneimittels der Beschwerdeführerin. Dieses Arzneimittel wurde schon früher zur Behandlung von Osteoporose verwendet. Die Beschwerdeführerin hatte zunächst eine Form des Medikaments vermarktet, bei welcher der Patient täglich 10 mg Alendronsäure zu sich nehmen musste. In der Zwischenzeit hat die Beschwerdeführerin eine neue Form ihres Arzneimittels auf den Markt gebracht, bei welcher der Patient wöchentlich 70 mg Alendronsäure einzunehmen hat. Anspruch 1 des entsprechenden Streitpatents lautet wie folgt: "Verwendung von Alendronat bei der Herstellung eines Medikaments zur Behandlung von Osteoporose bei einem Menschen, der eine solche Behandlung benötigt, wobei das Medikament an den Menschen als eine Einheitsdosis, die etwa 70 mg der Alendronatverbindung auf Gewichtsbasis an aktiver Alendronsäure enthält, gemäss einem Dauertherapieplan mit einem Dosierungsintervall von einmal pro Woche oral verabreicht wird." B. Am 29. März 2007 klagten die Mepha Pharma AG sowie die Mepha AG, beide mit Sitz in Aesch BL, (Beschwerdegegnerinnen) beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen die Beschwerdeführerin mit dem Rechtsbegehren, es sei der schweizerische Teil des europäischen Patents Nr. 1 175 904 für nichtig zu erklären. BGE 137 III 170 S. 172 Mit Urteil vom 14. April 2009 hiess das Handelsgericht die Klage gut. Es gelangte im Wesentlichen zum Schluss, die beanspruchte Dosierung sei gemäss Art. 2 Abs. 2 lit. a PatG und Art. 52 Abs. 4 des EPÜ 1973 von der Patentierung ausgeschlossen. C. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht, es sei das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 14. April 2009 aufzuheben und die Klage vom 29. März 2007 abzuweisen. Eventualiter sei die Streitsache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht hebt den Entscheid des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 14. April 2009 in Gutheissung der Beschwerde auf und weist die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurück. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz eine unzutreffende patentrechtliche Beurteilung des in einer Dosierungsanleitung bestehenden Anspruchsmerkmals vor. 2.1 Die Vorinstanz hat offengelassen, ob das Streitpatent die Voraussetzungen einer "patentfähigen Erfindung" im Sinne von Art. 52 des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente vom 5. Oktober 1973 (EPÜ 1973; AS 1977 1711) erfülle. Sie hat namentlich nicht beurteilt, ob die beanspruchte Dosierungsanleitung neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (Art. 52 Abs. 1 EPÜ 1973). Die Vorinstanz hat vielmehr geschlossen, der selbständige Anspruch 1 des Streitpatents sei gemäss Art. 52 Abs. 4 EPÜ 1973 überhaupt von der Patentierung ausgeschlossen. Diese Bestimmung schreibt vor: "(4) Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers und Diagnostizierverfahren, die am menschlichen Körper vorgenommen werden, gelten nicht als gewerblich anwendbare Erfindungen im Sinne des Absatzes 1. Dies gilt nicht für Erzeugnisse, insbesondere Stoffe oder Stoffgemische, zur Anwendung in einem der vorstehend genannten Verfahren." 2.1.1 In der Begründung ging die Vorinstanz davon aus, dass Anspruch 1 des Streitpatents die Verwendung einer bekannten Substanz (Alendronsäure) bei der Herstellung eines Medikaments für eine bekannte medizinische Indikation (Behandlung von Osteoporose) betrifft und sich von der bisherigen Anwendung lediglich durch das BGE 137 III 170 S. 173 Dosierschema (Menge von 70 mg und Abgabe einmal wöchentlich) unterscheidet. Nach Ansicht der Vorinstanz ist daher zu entscheiden, ob es sich beim Streitpatent um eine erlaubte zweite medizinische Anwendung ("Swiss type claim" bzw. "schweizerische Anspruchsform") handle oder ob ein nach Art. 2 Abs. 2 lit. a PatG (bei der Revision vom 22. Juni 2007 nicht verändert, SR 232.14) bzw. Art. 53 lit. c des Europäischen Patentübereinkommens vom 5. Oktober 1973, revidiert in München am 29. November 2000 (EPÜ 2000; SR 0.232. 142.2) vom Patentschutz ausgenommenes Therapieverfahren vorliege. Art. 53 lit. c EPÜ 2000 entspricht inhaltlich Art. 52 Abs. 4 EPÜ 1973: Nach dem ersten Satz werden europäische Patente nicht erteilt für Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers und Diagnostizierverfahren, die am menschlichen Körper vorgenommen werden. Nach dem zweiten Satz gilt die Ausnahme von der Patentierbarkeit nicht für Erzeugnisse, insbesondere Stoffe oder Stoffgemische, zur Anwendung in einem der vorstehend genannten Verfahren. 2.1.2 Die Vorinstanz erwog, dass bei der Beurteilung dieser Frage die Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts (EPA) sowie einschlägige nationale Entscheide zu berücksichtigen seien. Sie nahm zunächst auf die drei parallelen Entscheide G 1/83, G 5/83 sowie G 6/83 der Grossen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts vom 5. Dezember 1984 (Amtsblatt, Europäisches Patentamt [nachfolgend: Amtsblatt EPA] 3/1985 S. 59 ff.) Bezug, die sich mit der Zulässigkeit von Patentansprüchen für die sogenannte zweite medizinische Indikation befassen. Die Vorinstanz hielt fest, dass damit einerseits die zweite medizinische Verwendung abgesegnet, andererseits aber auch die Patentierung eines Stoffes zur therapeutischen Behandlung des menschlichen Körpers verboten worden sei. Die genaue Tragweite dieser Entscheidungen sei indes unklar geblieben. Die Auseinandersetzung der Parteien mit der Rechtsprechung des Europäischen Patentamts (so unter anderem mit den ins Feld geführten Entscheiden T 317/95, T 56/97, T 584/97, T 4/98, T 485/99 und T 1020/03 der Technischen Beschwerdekammer) sei insoweit überholt, als inzwischen die Grosse Beschwerdekammer mit Entscheid der Technischen Beschwerdekammer vom 22. April 2008 in der Sache T 1319/04 erneut angegangen worden sei. Der entsprechende Entscheid G 2/08 (der am 19. Februar 2010 ergangen ist, vgl. dazu unten E. 2.2.2) stehe noch aus, weshalb keine Rechtsprechung des EPA vorliege, welche die Frage der BGE 137 III 170 S. 174 Patentierbarkeit der Verwendung eines bekannten Stoffes zur Behandlung einer bekannten Krankheit, aber nach neuem Dosierungsschema, beantworten lasse. Zu berücksichtigen seien hingegen einzelne in Grossbritannien und Deutschland ergangene Urteile zu dieser Streitfrage. 2.1.3 Die Vorinstanz führte weiter aus, die von der bisherigen Anwendung abweichenden Merkmale des strittigen Anspruchs 1 enthielten eine blosse Dosierungsempfehlung, die angebe, in welchen Mengen das Alendronat enthaltende Medikament zu welchen Zeiten verabreicht werden solle. Die Verabreichung einer für die Behandlung einer bestimmten Krankheit vorgesehenen Medizin als solche sei ein therapeutisches Verfahren zur Behandlung des menschlichen Körpers. Die Bestimmung des geeigneten individuellen Therapieplans für einen Patienten, einschliesslich der Verschreibung und Dosierung von Medikamenten, sei prägender Teil der Tätigkeit des behandelnden Arztes und damit ein nach Art. 2 Abs. 2 lit. a PatG dem Patentschutz entzogenes Verfahren. Würde hier Patentschutz gewährt, so die Vorinstanz weiter, wäre auch der Arzt, der etwa dem Patienten aus der mit dem Medikament gefüllten Flasche die richtige Menge abmesse, von der Gefahr einer Patentverletzungsklage bedroht. Die Technische Beschwerdekammer habe in ihrem Entscheid T 1020/03 vom 29. Oktober 2004 (Amtsblatt EPA 4/2007 S. 204 ff.) zwar darauf hingewiesen, die nationalen Gesetze würden für Ärzte entsprechende Ausnahmen von der Wirkung des Patents vorsehen, womit ein Arzt, der das Medikament für die zweite medizinische Indikation verordne, auf Grundlage der nationalen Verletzungsvorschriften trotz patentgemässem Verhalten kein Patentverletzer sei. Im schweizerischen Recht gebe es - abgesehen von Art. 2 Abs. 2 lit. a PatG und Art. 52 Abs. 4 EPÜ 1973 - eine solche den Arzt von Patentverletzungsklagen befreiende Vorschrift jedoch nicht. Deshalb werde der Arzt in der Schweiz bei seiner Tätigkeit nur dann vor Patentverletzungsklagen geschützt, wenn die Bestimmung des geeigneten individuellen Therapieplans für einen Patienten - einschliesslich der Verschreibung und Dosierung von Medikamenten - als dem Patentschutz entzogenes Verfahren behandelt werde. Damit erweise sich Anspruch 1 des Streitpatents als von der Patentierung ausgeschlossen, was zur Nichtigerklärung des schweizerischen Teils des europäischen Patents Nr. 1 175 904 führe, ohne dass weitere Fragen (namentlich Neuheit sowie Naheliegen) geprüft werden müssten. BGE 137 III 170 S. 175 2.2 2.2.1 Mit dem EPÜ 1973 sowie dessen Änderungen gemäss EPÜ 2000 wurde ein den Vertragsstaaten gemeinsames Recht für die Erteilung von Erfindungspatenten geschaffen (vgl. Art. 1 EPÜ 1973/EPÜ 2000). Für die nach diesem Übereinkommen erteilten europäischen Patente gelten nach Art. 52 ff. einheitliche Regeln hinsichtlich der materiellen Voraussetzungen der Patentierbarkeit. Zwar enthält das Übereinkommen keine Bestimmung, wonach die Entscheidungen der Organe des Europäischen Patentamts für die Gerichte der Vertragsstaaten verbindlich wären. Im Hinblick auf das Vertragsziel der Rechtseinheit ist jedoch, was auch die Parteien nicht in Frage stellen, die Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts zu berücksichtigen ( BGE 133 III 229 E. 3 S. 231 f.). Gegebenenfalls sind auch einschlägige Entscheide ausländischer Gerichte bei der Auslegung zu berücksichtigen, wobei höchstrichterliche Urteile besonderes Gewicht haben, aber auch überzeugend begründete Entscheide unterer Instanzen beachtlich sind (vgl. BGE 121 III 336 E. 5c S. 338; BGE 117 II 480 E. 2b S. 486 f.; vgl. zur justiziellen Zusammenarbeit im Bereich des Patentrechts STEFAN LUGINBÜHL, Die neuen Wege zur einheitlichen Auslegung des Europäischen Patentrechts, GRUR 2/2010 S. 99 f.). 2.2.2 Inzwischen hat die Grosse Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts die bereits von der Vorinstanz erwähnten Vorlagefragen zur Patentierbarkeit im Zusammenhang mit Dosierungsanleitungen beantwortet. Mit Entscheid G 2/08 vom 19. Februar 2010 (Amtsblatt EPA 10/2010 S. 456 ff.) entschied die Grosse Beschwerdekammer, Art. 54 Abs. 5 EPÜ 2000 schliesse nicht aus, dass ein für die Behandlung einer Krankheit bereits bekanntes Arzneimittel zur Verwendung bei einer anderen therapeutischen Behandlung derselben Krankheit patentiert werde (Frage 1). Die Patentierbarkeit sei auch dann nicht ausgeschlossen, wenn das einzige nicht im Stand der Technik enthaltene Anspruchsmerkmal eine Dosierungsanleitung sei (Frage 2). Schliesslich hielt die Grosse Beschwerdekammer fest, dass ein Anspruch in Zukunft nicht mehr in der sogenannten schweizerischen Anspruchsform abgefasst werden dürfe, wie sie mit der Entscheidung G 1/83 geschaffen wurde, falls dem Gegenstand eines Anspruchs nur durch eine neue therapeutische Verwendung eines Arzneimittels Neuheit verliehen werde (Frage 3). Die Beschwerdeführerin stellt sich auf den Standpunkt, mit der - von der Vorinstanz nicht abgewarteten - Entscheidung G 2/08 BGE 137 III 170 S. 176 werde auch für die vorliegende Streitsache Klarheit geschaffen, zumal kein Grund ersichtlich sei, von der bereits durch die Entscheidung T 1020/03 vom 29. Oktober 2004 (a.a.O., S. 204 ff.) für das EPÜ 1973 entwickelten Rechtsprechung abzuweichen, die nunmehr für das EPÜ 2000 bestätigt worden sei. Die Beschwerdegegnerinnen sind demgegenüber der Ansicht, die Grosse Beschwerdekammer habe ihre Entscheidung ausschliesslich auf der Grundlage des EPÜ 2000 getroffen, und habe es ausdrücklich abgelehnt, die Patentierbarkeit von "Swiss type claims" auf Dosierungsanleitungen unter dem EPÜ 1973 zu bestätigen, das für das Streitpatent nach wie vor allein massgebend sei. 2.2.3 Das EPÜ 2000 trat, worauf die Beschwerdegegnerinnen zutreffend hinweisen, erst am 13. Dezember 2007 in Kraft. Nach Art. 1 Ziff. 1 des Beschlusses des Verwaltungsrats des EPA vom 28. Juni 2001 zu den Übergangsbestimmungen nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2 der Akte zur Revision des EPÜ 1973 (AS 2007 7133) sind unter anderem die Bestimmungen von Art. 52, 53, 54 Abs. 3 und Abs. 4 EPÜ 2000 zur Frage der Patentierbarkeit auch auf die bei ihrem Inkrafttreten bereits erteilten europäischen Patente anzuwenden. Gemäss Art. 1 Ziff. 3 des genannten Beschlusses ist hingegen Art. 54 Abs. 5 EPÜ 2000 auf die bei seinem Inkrafttreten anhängigen europäischen Patentanmeldungen nur anzuwenden, soweit eine Entscheidung über die Erteilung des Patents noch nicht ergangen ist. Das Streitpatent wurde am 28. März 2007 erteilt. Damit beurteilt sich die aufgeworfene Frage der Patentierbarkeit im zu beurteilenden Fall nach den revidierten Art. 53 lit. c sowie Art. 54 Abs. 4 EPÜ 2000 , wohingegen Art. 54 Abs. 5 EPÜ 2000 nicht auf das am 13. Dezember 2007 bereits erteilte Streitpatent anwendbar ist. Nach Art. 53 lit. c EPÜ 2000 werden europäische Patente nicht erteilt für "Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers und Diagnostizierverfahren, die am menschlichen Körper vorgenommen werden" (Satz 1). Dies gilt nach derselben Bestimmung jedoch nicht "für Erzeugnisse, insbesondere Stoffe oder Stoffgemische, zur Anwendung in einem dieser Verfahren" (Satz 2). Derselbe Vorbehalt ist unter dem Titel "Neuheit" unter anderem in Art. 54 Abs. 4 EPÜ 2000 vorgesehen zugunsten von Stoffen und Stoffgemischen, die bereits bekannt sind und damit zum Stand der Technik gehören, "sofern sie zur Anwendung in einem in Art. 53 c) BGE 137 III 170 S. 177 genannten Verfahren bestimmt sind und ihre Anwendung in einem dieser Verfahren nicht zum Stand der Technik gehört". 2.2.4 Die Grosse Beschwerdekammer hielt bereits zu Art. 52 Abs. 4 EPÜ 1973 fest, dass der Patentierungsausschluss der in dieser Bestimmung erwähnten Verfahren auf sozialethischen Überlegungen und auf Erwägungen im Zusammenhang mit der öffentlichen Gesundheit beruht, auch wenn damals die Rechtsfiktion der mangelnden gewerblichen Anwendbarkeit gewählt wurde. Ärzten sollte es nämlich freistehen, alle ihnen geeignet erscheinenden Massnahmen anzuwenden, um eine Krankheit zu verhindern oder zu heilen, ohne darin durch Patente gehindert zu werden. Der Grund für die Überführung des bisher anwendbaren Art. 52 Abs. 4 EPÜ 1973 in Art. 53 lit. c EPÜ 2000 war somit, dass es nicht mehr gerechtfertigt erschien, den Patentierungsausschluss dieser Verfahren mit der fehlenden gewerblichen Anwendbarkeit zu begründen (Entscheidung G 2/08 vom 19. Februar 2010, a.a.O., S. 474 f. Ziff. 5.3-5.5; G 1/04 vom 16. Dezember 2005, Amtsblatt EPA 5/2006 S. 347 Ziff. 3, S. 359 Ziff. 10; vgl. auch Entscheidung G 1/83 vom 5. Dezember 1984, a.a.O., S. 63 Ziff. 22). Die Neufassung von Art. 53 lit. c EPÜ 2000 ist redaktioneller Natur und bezweckt keine Änderung der bisherigen Rechtslage (vgl. die Erläuterungen zu den Übergangsbestimmungen des revidierten EPÜ 2000, Amtsblatt EPA 2001, Sonderausgabe Nr. 4, S. 135 Ziff. 6; zu den Hintergründen der Neufassung siehe Entscheidung G 2/08 vom 19. Februar 2010, a.a.O., S. 475 f. Ziff. 5.5). Auch der revidierte Art. 54 Abs. 4 EPÜ 2000 bewirkte im Vergleich zum früheren Art. 54 Abs. 5 EPÜ 1973 unstrittig keine sachliche Änderung der bisherigen Rechtslage (vgl. die Erläuterungen zu den Übergangsbestimmungen des revidierten EPÜ 2000, a.a.O., S. 135 Ziff. 6 und 8; Entscheidung G 2/08 vom 19. Februar 2010, a.a.O., S. 477 f. Ziff. 5.8). Damit bleiben einerseits die unter dem EPÜ 1973 ergangenen Entscheide der Beschwerdekammern des EPA von Bedeutung. Andererseits trifft entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerinnen nicht zu, dass die Entscheidung G 2/08 der Grossen Beschwerdekammer für das vorliegende Verfahren keine Relevanz habe, zumal sich diese sowohl mit Art. 53 lit. c sowie Art. 54 Abs. 4 EPÜ 2000 als auch mit der Rechtsprechung zu Art. 52 Abs. 4 und Art. 54 Abs. 5 EPÜ 1973 auseinandersetzt. 2.2.5 Art. 53 lit. c EPÜ 2000 unterscheidet - wie vormals Art. 52 Abs. 4 EPÜ 1973 - zwischen nicht gewährbaren BGE 137 III 170 S. 178 Verfahrensansprüchen, die auf eine therapeutische Behandlung gerichtet sind (Satz 1), und gewährbaren Ansprüchen, die sich auf Erzeugnisse zur Anwendung in solchen Verfahren beziehen (Satz 2). Die beiden Konzepte des Verfahrens zur therapeutischen Behandlung einerseits und der Erzeugnisse zur Anwendung in einem solchen Verfahren müssen je auf den ihnen rechtlich zugewiesenen Bereich begrenzt werden. Es wäre nicht angebracht, Art. 53 lit. c Satz 2 EPÜ 2000 als eng auszulegende lex specialis zu Satz 1 aufzufassen. Vielmehr kommt beiden Bestimmungen dasselbe Gewicht zu, weshalb auf eine therapeutische Behandlung gerichtete Verfahrensansprüche absolut ausgeschlossen sind, während Ansprüche, die auf Erzeugnisse zur Anwendung in einem solchen Verfahren gerichtet sind, gewährt werden, sofern ihr Gegenstand neu und erfinderisch ist (Entscheidung G 2/08 vom 19. Februar 2010, a.a.O., S. 477 Ziff. 5.7). Damit sind Art. 53 lit. c Satz 2 sowie Art. 54 Abs. 4 EPÜ 2000 nicht etwa eng auszulegende Ausnahmen vom absoluten Patentierungsverbot für therapeutische Verfahren ( Art. 53 lit. c Satz 1 EPÜ 2000 ), sondern gleichrangige Vorschriften, die darauf abzielen, Patentschutz für Arzneimittel grundsätzlich zuzulassen. Entsprechend ist die Ausnahme von der Patentierbarkeit gemäss Art. 53 lit. c Satz 1 EPÜ 2000 , wonach Verfahren zur therapeutischen Behandlung vom Patentschutz ausgeschlossen sind, im Zusammenhang mit den (gleichrangigen) Bestimmungen von Art. 53 lit. c Satz 2 sowie Art. 54 Abs. 4 EPÜ 2000 auszulegen, die einander nicht ausschliessen, sondern vielmehr ergänzen (Entscheidung G 2/08 vom 19. Februar 2010, a.a.O., S. 480 Ziff. 5.9.1.2 sowie S. 486 Ziff. 5.10.9). 2.2.6 Nach Art. 54 Abs. 4 EPÜ 2000 (wie schon Art. 54 Abs. 5 EPÜ 1973) werden Stoffe oder Stoffgemische von der Patentierung nicht ausgeschlossen, obwohl sie zum Stand der Technik gehören, sofern sie zur Anwendung in einem in Art. 53 lit. c EPÜ 2000 genannten Verfahren bestimmt sind und ihre Anwendung in einem dieser Verfahren nicht zum Stand der Technik gehört. Für ein Erzeugnis zur Anwendung in einem Verfahren zur therapeutischen Behandlung kann demnach nicht nur dann Patentschutz gewährt werden, wenn es an sich neu ist und damit Gegenstand eines Erzeugnisanspruchs sein kann. Vielmehr ist es als Stoff oder Stoffgemisch nach Art. 54 Abs. 4 EPÜ 2000 auch dann patentierbar, wenn es an sich zwar bereits bekannt ist, aber noch nicht in einem Verfahren zur therapeutischen Behandlung angewendet wurde. Diese erste medizinische Indikation ist in der Regel Gegenstand breiter allgemeiner Ansprüche BGE 137 III 170 S. 179 in Form von zweckgebundenen Stoffansprüchen (Entscheidung G 2/08 vom 19. Februar 2010, a.a.O., S. 477 f. Ziff. 5.8; vgl. CHRISTOPH BERTSCHINGER, Patentfähige Erfindung, in: Schweizerisches und europäisches Patentrecht, 2002, § 4 Rz. 71). 2.2.7 Unter der Geltung des EPÜ 1973 bestand noch keine Art. 54 Abs. 5 EPÜ 2000 vergleichbare Vorschrift, die ausdrücklich einen patentrechtlichen Schutz auch für Erzeugnisse (Stoffe oder Stoffgemische) vorgesehen hätte, die bereits als Arzneimittel bekannt sind. Diese Lücke war jedoch von der Grossen Beschwerdekammer mit der Entscheidung G 1/83 (Entscheidung vom 5. Dezember 1984, a.a.O., S. 60 ff.) und der darauf gestützten Rechtsprechung in richterlicher Rechtsfortbildung gefüllt worden (Entscheidung G 2/08 vom 19. Februar 2010, a.a.O., S. 478 Ziff. 5.9). Danach können Patentansprüche in der sogenannten schweizerischen Anspruchsform für eine zweite oder weitere medizinische Indikation gewährt werden; sie müssen auf die Verwendung eines Stoffes oder Stoffgemisches zur Herstellung eines Arzneimittels für eine "bestimmte neue und erfinderische therapeutische Anwendung" gerichtet sein (Entscheidung G 1/83 vom 5. Dezember 1984, a.a.O., S. 63 Ziff. 23 sowie Entscheidformel 2, vgl. dazu auch BERTSCHINGER, a.a.O., § 4 Rz. 72). Dies gilt selbst für den Fall, dass sich das Herstellungsverfahren als solches nicht von einem bereits bekannten Verfahren unterscheidet, bei dem der gleiche Wirkstoff verwendet wird, also wenn sich das aus der beanspruchten Verwendung hervorgehende Arzneimittel in keiner Weise von einem bekannten Arzneimittel unterscheidet (Entscheidung G 1/83 vom 5. Dezember 1984, a.a.O., S. 63 Ziff. 20, 23). Den Beschwerdegegnerinnen kann nicht gefolgt werden, wenn sie die Zulässigkeit der sogenannten schweizerischen Anspruchsform in Frage stellen wollen, wurde diese in der Schweiz doch mit Art. 7d PatG sogar ausdrücklich gesetzlich verankert (vgl. auch PETER HEINRICH, Kommentar zu PatG/EPÜ, 2. Aufl. 2010, N. 1 zu Art. 7d PatG , wonach diese Bestimmung nicht unbedingt nötig gewesen wäre, jedoch der Klarheit diene). Zudem ist der Entscheid der Grossen Beschwerdekammer, in der "schweizerischen Anspruchsform" abgefasste Ansprüche inskünftig nicht mehr zuzulassen, in der mit Art. 54 Abs. 5 EPÜ 2000 neu geschaffenen Anspruchskategorie des zweckgebundenen Stoffschutzes begründet und betrifft bereits erteilte Patente nicht (Entscheidung 2/08 vom 19. Februar 2010, a.a.O., S. 491 ff. Ziff. 7). BGE 137 III 170 S. 180 Die im Hinblick auf die Patentierbarkeit erforderliche Neuheit und damit gegebenenfalls auch die erfinderische Tätigkeit (vgl. Art. 52 Abs. 1 EPÜ 2000 ) leiten sich in diesen Fällen nicht vom Stoff oder Stoffgemisch als solchem ab, sondern von seiner beabsichtigten therapeutischen Verwendung. 2.2.8 Aufgrund der mit der Entscheidung G 1/83 der Grossen Beschwerdekammer begründeten und seither weiterentwickelten Rechtsprechung zu Art. 54 Abs. 5 EPÜ 1973 (vgl. nunmehr Art. 54 Abs. 4 EPÜ 2000 ) kann Patentschutz in Form von "Swiss type claims" auch für eine bestimmte therapeutische Verwendung als weitere medizinische Indikation gewährt werden, sofern der Patentanspruch auf die Verwendung eines Stoffes oder Stoffgemisches zur Herstellung eines Arzneimittels gerichtet ist. Art. 52 Abs. 4 Satz 1 EPÜ 1973 (nunmehr Art. 53 lit. c Satz 1 EPÜ 2000 ) steht der Gewährung eines solchen Anspruchs nicht entgegen, vielmehr wird der Arzneimittel betreffende patentrechtliche Schutz durch Art. 52 Abs. 4 Satz 2 EPÜ 1973 ( Art. 53 lit. c Satz 2 EPÜ 2000 ) sowie Art. 54 Abs. 5 EPÜ 1973 ( Art. 54 Abs. 4 EPÜ 2000 ) bzw. deren analoge Anwendung gerade ermöglicht (Entscheidung G 2/08 vom 19. Februar 2010, a.a.O., S. 486 f. Ziff. 5.10.9; Entscheidung G 1/83 vom 5. Dezember 1984, a.a.O., S. 62 f. Ziff. 21 f.; vgl. auch PEDRAZZINI/HILTI, Europäisches und schweizerisches Patent- und Patentprozessrecht, 3. Aufl. 2008, S. 129, wonach Art. 53 lit. c EPÜ 2000 bzw. Art. 2 Abs. 2 lit. a PatG einer Patentierung nicht entgegenstehen, wenn eine Behandlungsmethode durch einen Erzeugnis- oder einen Verwendungsanspruch dargestellt ist). Mit der Grossen Beschwerdekammer ist zudem davon auszugehen, dass die beschriebene Regelung nicht auf eine neue Indikation im Sinne einer neuen Krankheit beschränkt ist, sondern selbst dann gilt, wenn die Verwendung eines bekannten Arzneimittels auf die Behandlung einer Krankheit gerichtet ist, die mit diesem Stoffgemisch bereits behandelt wurde, sofern diese Behandlung neu und erfinderisch ist. Dies entsprach bereits unter dem EPÜ 1973 einer ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern des EPA, etwa in Fällen, die eine neue Gruppe von behandelten Subjekten (T 19/86 vom 15. Oktober 1987, Amtsblatt EPA 1-2/1989 S. 28 Ziff. 8; T 893/90 vom 22. Juli 1993 Ziff. 4.1/4.2; T 233/96 vom 4. Mai 2000 Ziff. 8.7), einen neuen Verabreichungsweg bzw. eine neue Verabreichungsart (T 51/93 vom 8. Juni 1994 Ziff. 3.1.2; T 138/95 vom 12. Oktober 1999 Ziff. 4 f.; vgl. auch T 120/03 vom 29. Oktober 2004, BGE 137 III 170 S. 181 a.a.O., Ziff. 51) oder eine andere technische Wirkung (T 290/86 vom 13. November 1990, Amtsblatt EPA 8/1992 S. 425 Ziff. 6.1; T 254/93 vom 14. Mai 1997, Amtsblatt EPA 6/1998 S. 291 Ziff. 3) betrafen (Entscheidung G 2/08 vom 19. Februar 2010, a.a.O., S. 485 f. Ziff. 5.10.5-7 mit weiteren Hinweisen; BENKARD/MELULLIS, in: Europäisches Patentübereinkommen, 2002, N. 231 ff. zu Art. 54 EPÜ 1973; vgl. auch BERTSCHINGER, a.a.O., § 4 Rz. 87 ff.; HEINRICH, a.a.O., N. 55 zu Art. 2 PatG / Art. 53 EPÜ 2000 ). Von diesen Grundsätzen abzuweichen besteht für das Bundesgericht kein Anlass. 2.2.9 Es ergibt sich somit, dass Patentansprüche in entsprechender Anwendung von Art. 54 Abs. 5 EPÜ 1973 (nunmehr Art. 54 Abs. 4 EPÜ 2000 ) für eine zweite oder weitere medizinische Indikation zulässig sind, sofern sie sich auf die Verwendung eines Stoffes oder Stoffgemisches zur Herstellung eines Arzneimittels für eine bestimmte neue und erfinderische therapeutische Anwendung richten. Diese Anwendung muss nach der bisherigen, von der Lehre nicht kritisierten Rechtsprechung des EPA nicht eine andere Krankheit betreffen, sondern es reicht etwa aus, dass sie sich auf eine neue Gruppe von behandelten Subjekten oder eine neue Verabreichungsart bezieht (vgl. etwa BENKARD/MELULLIS, a.a.O., N. 231 ff. zu Art. 54 EPÜ 1973; HEINRICH, a.a.O., N. 55 zu Art. 2 PatG / Art. 53 EPÜ 2000 , N. 7 zu Art. 7d PatG / Art. 54 EPÜ 2000 ; REINHARD SPANGENBERG, in: Europäisches Patentübereinkommen, Singer/Stauder [Hrsg.], 5. Aufl. 2010, N. 94 f. zu Art. 54 EPÜ 2000 ; RAINER MOUFANG, in: Patentgesetz mit EPÜ, Rainer Schulte [Hrsg.], 8. Aufl. 2008, N. 270 zu Art. 52 EPÜ 2000 ). Es ist daher kein Grund ersichtlich, weshalb ein angeblich neues Dosierungsregime bzw. eine bestimmte Dosierungsanleitung für ein bekanntes Arzneimittel anders zu behandeln wäre als diese anerkannten Merkmale. Die Patentierbarkeit ist demnach nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil das einzige nicht zum Stand der Technik gehörende Anspruchsmerkmal eine Dosierungsanleitung ist. Im Hinblick auf die Patentierbarkeit ist allerdings erforderlich, dass dieses Dosierungsregime neu ist und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht ( Art. 52 Abs. 1 EPÜ 2000 ). Es reicht daher nicht aus, dass die Definition der Dosierungsanleitung im Anspruch bloss anders formuliert ist, sie muss vielmehr eine vom Stand der Technik abweichende technische Lehre beinhalten. Dabei ist zu betonten, dass ein Dosierungsregime in den allermeisten Fällen naheliegend BGE 137 III 170 S. 182 sein wird, zumal es bei der Entwicklung von Arzneimitteln auf der Hand liegt, verschiedene Dosierungen zu untersuchen. 2.2.10 Zum gleichen Ergebnis hinsichtlich der patentrechtlichen Beurteilung von Dosierungsanleitungen wie das Bundesgericht ist der England and Wales Court of Appeal in einem Urteil vom 21. Mai 2008 gelangt (in der Streitsache Actavis vs. Merck ([2008] EWCACiv 444; dazu THIERRY CALAME, Court of Appeal stellt gefestigte EPA- Praxis über eigenes Präjudiz: Patentschutz für zweite medizinische Indikation aufgrund neuen Dosierungsregimes bejaht, sic! 12/2008 S. 925 ff.). Dieser - noch vor der Entscheidung G 2/08 der Grossen Beschwerdekammer des EPA ergangene - Entscheid wurde von der Vorinstanz zwar berücksichtigt, jedoch zu Unrecht mit der Begründung als nicht einschlägig erachtet, das Merkmal des Einnahmeintervalls scheine in diesem Entscheid nicht auf, während es in der vorliegenden Streitsache von massgeblicher Bedeutung sei. Die Vorinstanz verkennt damit, dass der Court of Appeal mit dem erwähnten Entscheid - noch unter dem EPÜ 1973 - seine bisherige Rechtsprechung in Bezug auf Dosierungsregimes nach gründlicher Auseinandersetzung mit der europäischen Rechtsprechung grundlegend geändert hat und nunmehr Patentschutz für eine zweite medizinische Indikation zufolge eines neuen Dosierungsregimes bejaht. Insbesondere stiess er das Präjudiz gemäss dem Entscheid Bristol-Myers Squibb vs. Baker Norton um, an den sich sowohl der High Court als auch der Court of Appeal in den von der Vorinstanz aufgeführten Urteilen im Zusammenhang mit dem Stammpatent zum vorliegenden Streitpatent noch gebunden erachtet hatten. Die Bedeutsamkeit dieser Praxisänderung wird unterstrichen durch den Umstand, dass der Court of Appeal in diesem Urteil eine neue Ausnahme von der Bindung an eigene Entscheide begründete. Damit kommt den beiden von der Vorinstanz berücksichtigten englischen Entscheiden für das vorliegende Verfahren keine Bedeutung zu, während die neuste Rechtsprechung eindeutig derjenigen der Beschwerdekammern des EPA folgt. Das abweichende Urteil 07/16296 des Tribunal de Grande Instance de Paris vom 28. September 2010 erwähnt demgegenüber zwar den Entscheid G 2/08 der Grossen Beschwerdekammer, setzt sich damit jedoch nicht auseinander, in der Meinung, den Entscheidungen der Beschwerdekammern des EPA komme keine Bindungswirkung zu. Der Entscheid dieses erstinstanzlichen Gerichtes ist daher für das vorliegende Verfahren ebenso wie der von der Vorinstanz erwähnte BGE 137 III 170 S. 183 Entscheid Carvedilol II (X ZR 236/01) des Bundesgerichtshofs vom 19. Dezember 2006, der hinsichtlich der Beurteilung von Dosierungsregimes nicht auf die europäische Rechtsprechung zur Behandlung von "Swiss type claims" eingeht, von beschränkter Aussagekraft. 2.2.11 Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerinnen ist der Umstand nicht entscheidend, dass der Grundsatzentscheid G 2/08 der Grossen Beschwerdekammer des EPA letztlich den neuen Art. 54 Abs. 5 EPÜ 2000 betrifft, der auf das Streitpatent noch nicht anwendbar ist. Die Grosse Beschwerdekammer hat zur Auslegung dieser Bestimmung massgeblich auf das bisherige Verständnis der Art. 52 Abs. 4 sowie Art. 54 Abs. 5 EPÜ 1973 abgestellt und mit eingehender Begründung dargelegt, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Patentierbarkeit mit der Einführung von Art. 54 Abs. 5 EPÜ 2000 weiterhin gelten, da der Gesetzgeber in dieser Hinsicht keine Änderung bezweckte (Entscheidung 2/08 vom 19. Februar 2010, a.a.O., S. 478 ff. Ziff. 5.9 f., siehe insb. S. 480 Ziff. 5.9.12, S. 486 Ziff. 5.10.8; vgl. auch ANDRÉ ESCHER, Der Entscheid "dosage regime", sic! 7-8/2010 S. 549 f.). Sie bejahte die Möglichkeit des Patentschutzes infolge eines neuen Anspruchsmerkmals, das in einer bestimmten Dosierungsanleitung eines bekannten Arzneimittels besteht, gerade auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung zum EPÜ 1973. Indem Art. 54 Abs. 5 EPÜ 2000 eine "spezifische" Anwendung voraussetzt, bewirkt die Bestimmung - abgesehen vom voraussichtlich unterschiedlichen Schutzbereich - keine Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage unter der Herrschaft des EPÜ 1973, wonach gemäss der Entscheidformel von G 1/83 eine "bestimmte" neue und erfinderische therapeutische Anwendung gefordert wurde (Entscheidung 2/08 vom 19. Februar 2010, a.a.O., S. 486 f. Ziff. 5.10.9; vgl. bereits die Entscheidung T 1020/03 vom 29. Oktober 2004, a.a.O., S. 246 Ziff. 51). Die neuste Rechtsprechung des EPA ist demnach auch für die Rechtslage unter dem EPÜ 1973 von Bedeutung. 2.2.12 Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass sich unter dem revidierten EPÜ 2000 Unterschiede hinsichtlich des Schutzumfangs ergeben werden. Nach dem neuen Art. 54 Abs. 5 EPÜ 2000 können nunmehr zweckgebundene Stoffansprüche gewährt werden, die auf den Stoff selbst gerichtet sind, während unter der Herrschaft des EPÜ 1973 nur Ansprüche in der "schweizerischen Anspruchsform" zugelassen wurden, also solche, die auf die Verwendung eines BGE 137 III 170 S. 184 Stoffes zur Herstellung eines Arzneimittels für eine therapeutische Anwendung gerichtet waren. Es ist zu erwarten, dass sich aus der neuen Anspruchskategorie des zweckgebundenen Stoffschutzes gemäss Art. 54 Abs. 5 EPÜ 2000 für die Patentinhaber breitere Rechte als bisher ergeben, was nach Ansicht der Grossen Beschwerdekammer insbesondere dazu führen könnte, dass die Freiheit der Ärzte eingeschränkt wird, Generika zu verschreiben oder zu verabreichen (Entscheidung 2/08 vom 19. Februar 2010, a.a.O., S. 490 Ziff. 6.5). Entsprechende Bedenken, die Ärzteschaft werde der Gefahr von Patentverletzungsklagen ausgesetzt, zumal eine besondere Vorschrift fehle, die den Arzt gegen Patentverletzungsklagen schützen würde, waren letztlich ausschlaggebend für den angefochtenen Entscheid der Vorinstanz, Anspruch 1 des Streitpatents von der Patentierung auszuschliessen. Dabei ist zu bedenken, dass der hier zur Diskussion stehende Anspruch in der sogenannten schweizerischen Anspruchsform abgefasst und damit auf die Verwendung von Alendronat zur Herstellung eines Arzneimittels gerichtet ist, womit sich die Frage einer möglichen Patentverletzung nicht in gleicher Weise stellt wie beim von der Grossen Beschwerdekammer erwarteten breiteren Schutzumfang der nach Art. 54 Abs. 5 EPÜ 2000 nunmehr zulässigen zweckbezogenen Stoffansprüche. Insbesondere gilt es jedoch zu beachten, dass die Unterzeichnerstaaten mit Art. 52 Abs. 4 EPÜ 1973 bzw. Art. 53 lit. c EPÜ 2000 einheitliche Regeln zur Frage der Patentierbarkeit geschaffen haben, während sich die Frage, ob eine Verletzung des europäischen Patents vorliegt, nach nationalem Patentrecht richtet (vgl. Art. 64 Abs. 3 EPÜ 1973/EPÜ 2000). Es kann daher nicht angehen, die einheitlichen Bestimmungen zur Patentierbarkeit sowie deren Ausnahmen aus dem Blickwinkel des nationalen Rechts und vor dem Hintergrund des Fehlens nationaler Bestimmungen auszulegen, die bestimmte - als besonders schützenswert zu erachtende - Handlungen von der Wirkung des Patents ausnehmen würden. Sollte in diesem Zusammenhang zum Schutz der ärztlichen Freiheit tatsächlich Handlungsbedarf bestehen, so wäre auf dem Gesetzgebungsweg eine entsprechende Ausnahme von der Wirkung des Patents (vgl. Art. 9 PatG ) vorzusehen. Es erscheint daher angebracht, den schweizerischen Gesetzgeber auf die entsprechende Problematik hinzuweisen. Das Fehlen einer nationalen Sonderbestimmung, nach der die Behandlungstätigkeit des Arztes generell nicht als Patentverletzung erachtet würde, kann aber nicht als Argument für eine abweichende Auslegung des Europäischen BGE 137 III 170 S. 185 Patentübereinkommens und eine Erweiterung der Ausnahmen von der Patentierbarkeit nach den vereinheitlichten Regeln des EPÜ dienen. 3. Die Vorinstanz hat ein neues Dosierungsregime zu Unrecht als generell patentierungsunfähig angesehen. Sie hat Anspruch 1 des Streitpatents zu Unrecht unter die Ausnahme von der Patentierbarkeit gemäss Art. 52 Abs. 4 EPÜ 1973 bzw. Art. 53 lit. c EPÜ 2000 subsumiert. Der angefochtene Entscheid vom 14. April 2009 ist demnach aufzuheben und die Streitsache ist zur Beurteilung der weiteren Voraussetzungen der Patentierbarkeit, insbesondere der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit (vgl. Art. 52 Abs. 1 EPÜ 2000 ), an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Urteilskopf 139 III 478 69. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Z. (recours en matière civile) 4A_137/2013 du 7 novembre 2013
Regeste Art. 149 ZPO ; Säumnis; Anfechtung eines Entscheides, mit dem eine Wiederherstellung verweigert wurde. Der Ausschluss jeglicher Rechtsmittel gegen den Wiederherstellungsentscheid kann der säumigen Partei nicht entgegengehalten werden, wenn die Verweigerung der Wiederherstellung den definitiven Verlust einer Klage oder eines Angriffsmittels zur Folge hat (E. 1 und 6).
Erwägungen ab Seite 479 BGE 139 III 478 S. 479 Extrait des considérants: 1. A teneur de l' art. 147 al. 1 CPC , une partie est défaillante lorsqu'elle omet d'accomplir un acte de procédure dans le délai prescrit ou ne se présente pas lorsqu'elle est citée à comparaître. En procédure de conciliation, l' art. 206 al. 1 CPC prévoit que si la partie requérante fait défaut, sa requête est censée retirée et l'affaire est rayée du rôle. L' art. 148 al. 1 CPC permet à la partie défaillante, sous certaines conditions se rapportant à la cause du défaut, d'obtenir un délai supplémentaire ou une nouvelle audience. A cette fin, selon l' art. 148 al. 2 et 3 CPC , la partie défaillante doit présenter une requête dans les dix jours qui suivent celui où la cause du défaut a disparu (al. 2), mais au plus tard six mois après l'entrée en force d'une décision communiquée dans l'intervalle (al. 3). Aux termes de l' art. 149 CPC , "le tribunal donne à la partie adverse l'occasion de s'exprimer et statue définitivement sur la restitution". En l'occurrence, la Commission de conciliation était saisie par la recourante d'une contestation portant sur la validité d'une résiliation de bail. La recourante a fait défaut à l'audience du 5 novembre 2012, ce qui a conduit la Commission à rayer la cause du rôle conformément à l' art. 206 al. 1 CPC . La Commission a ensuite rejeté une demande de la recourante qui tendait, en substance, à la reprise de la cause et à une nouvelle audience de conciliation. Selon la Chambre des recours civile, la Commission a alors appliqué l' art. 148 CPC sur la restitution, et elle a statué "définitivement" aux termes de l' art. 149 CPC ; pour ce motif, cette autorité supérieure refuse d'entrer en matière sur le recours qui lui a été transmis. (...) 6. L'autorité a le droit - et éventuellement le devoir ( ATF 118 Ib 187 consid. 5a p. 191) - de déroger au sens littéral d'un texte apparemment clair, par la voie de l'interprétation, lorsque des raisons objectives révèlent que ce texte ne restitue pas le sens véritable de la disposition en cause. De tels motifs peuvent ressortir des travaux préparatoires, du but de la règle et de ses rapports avec d'autres BGE 139 III 478 S. 480 dispositions légales ( ATF 138 II 440 consid. 13 p. 453; ATF 137 III 217 consid. 2.4.1 p. 221, ATF 137 III 470 consid. 6.4 p. 472). 6.1 Les règles de la procédure de restitution ont été proposées par le Conseil fédéral et elles n'ont été que peu discutées et modifiées par les conseils législatifs. En particulier, l'art. 147 du projet, devenu l' art. 149 CPC , a été adopté sans modification, à ceci près que l'infinitif "se déterminer" a été remplacé par "s'exprimer". Le texte proposé par le Conseil fédéral a été conservé dans les deux autres langues. Selon le Conseil fédéral, la restitution éventuellement accessible à la partie défaillante correspond à un "principe reconnu en droit de procédure" mais elle ne doit pas "retarder inutilement la procédure"; la décision consécutive à une demande de restitution est définitive "également dans l'intérêt de la célérité de la procédure" (Message du 28 juin 2006 relatif au code de procédure civile suisse, FF 2006 6841 6920 ad art. 145 à 147). D'après les travaux préparatoires, la dérogation au système des voies de recours n'est donc justifiée que par le principe de célérité. 6.2 Pour la partie demanderesse et en procédure de conciliation, le refus d'une restitution peut entraîner la perte complète et irrémédiable de l'action, en particulier lorsque celle-ci est soumise à un délai de péremption. En droit du bail à loyer, le locataire qui entend contester un congé et faire valoir les moyens d'annulation prévus par les art. 271 et 271a CO doit saisir l'autorité de conciliation dans un délai péremptoire de trente jours fixé par l' art. 273 al. 1 CO . Si le locataire fait défaut en conciliation et que la restitution ne lui est pas accordée, il se trouve désormais hors délai pour introduire utilement une nouvelle requête de conciliation; en conséquence, il est déchu des moyens d'annulation ci-mentionnés. Ce préjudice est précisément celui encouru par la recourante dans la présente affaire. En droit du travail, la partie qui entend réclamer l'indemnité prévue par l' art. 336a CO , ensuite d'un congé abusif, doit elle aussi agir dans un délai de péremption fixé par l' art. 336b al. 2 CO . En procédure de première instance, la partie demanderesse peut se trouver dans la même situation défavorable si elle n'a pas respecté la durée de validité de l'autorisation de procéder, durée fixée par l' art. 209 al. 3 et 4 CPC , et qu'elle n'en obtient pas la restitution. On voit donc qu'un refus de restitution peut comporter des effets équivalant à ceux d'un jugement de première instance rejetant l'action. Dans un système procédural cohérent, la partie demanderesse devrait BGE 139 III 478 S. 481 alors jouir de possibilités de recours au moins similaires à celles prévues contre un pareil jugement. 6.3 En doctrine, la solution adoptée par le législateur est comprise en ce sens qu'une décision d'octroi ou de refus de la restitution n'est jamais susceptible d'un recours immédiat, c'est-à-dire du recours qui est éventuellement recevable contre des décisions ou ordonnances d'instruction d'après l' art. 319 let. b ch. 2 CPC . Pour le surplus, les commentateurs (à l'exception de DENIS TAPPY, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n° 12 ad art. 149 CPC , et de SAMUEL MARBACHER, in Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker &McKenzie [éd.],2010, n° 5 ad art. 149 CPC ) exposent que cette décision en matière de restitution peut être attaquée avec la décision finale intervenant plus tard, parce que, la procédure étant alors terminée par cette décision finale, la contestation n'entraîne plus aucun retard (BENEDIKT SEILER, Die Berufung nach ZPO, 2013, p. 162 n. 381; NINA FREI, in Commentaire bernois, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, n° 11 ad art. 149 CPC ; ADRIAN STAEHELIN, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Thomas Sutter-Somm et al. [éd.], 2 e éd. 2013, n° 4 ad art. 149 CPC ; URS HOFFMANN- NOWOTNY, in ZPO, Paul Oberhammer [éd.], 2010, n° 5 ad art. 149CPC; BARBARA MERZ, in Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Alexander Brunner et al. [éd.], 2011, n° 6 ad art. 149 CPC ; NICCOLÒ GOZZI, in Commentaire bâlois, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2 e éd. 2013, n os 10-12 ad art. 149 CPC ). Cette approche réalise un équilibre entre le principe de célérité avancé par le Conseil fédéral, motivant l'exclusion de tout recours selon le libellé de l' art. 149 CPC , et la protection juridique à assurer aux plaideurs. L'octroi ou le refus d'une restitution n'est cependant envisagé, dans ces contributions doctrinales, que comme une décision ou ordonnancede procédure qui sera suivie d'une décision finale, laquelle pourra être contestée par la voie de l'appel ou du recours. Il est vrai que l'octroi d'une restitution n'est jamais une décision finale en tant que, précisément, elle permet l'accomplissement d'un acte de procédure par la partie défaillante, dans le délai restitué, ou la tenue d'une nouvelle audience. Le refus de la restitution est en revanche une décision finale lorsque l'autorité de conciliation ou le tribunal de première instance a déjà clos la procédure et que la requête de la partie défaillante tend à la faire rouvrir (consid. 7.3 non publié). La Cour suprême du canton de Zurich est d'avis qu'en pareille situation, l'exclusion prévue par BGE 139 III 478 S. 482 l' art. 149 CPC n'est pas applicable (Blätter für zürcherische Rechtsprechung, 2011, n os 91 in fine p. 276 et 105 in fine p. 291). La lettre de la recourante du 15 novembre 2012 était destinée à faire rouvrir une procédure de conciliation que la Commission avait rayée du rôle. Le refus de cette autorité entraîne la perte définitive des moyens d'annulation du congé prévus par les art. 271 et 271a CO . En raison de cette conséquence, la possibilité d'un appel ou d'un recours est nécessaire à la protection juridique de la partie requérante. Par ailleurs, l'exercice de l'appel ou du recours ne porte aucune atteinte au principe de célérité, lequel est la seule justification avancée dans le Message du 28 juin 2006 (p. 7270) pour l'exclusion complète de toute voie de recours. Il s'impose donc d'interpréter l' art. 149 CPC en ce sens que dans ce contexte caractérisé par la conséquence du refus de la restitution, l'exclusion de toute voie de recours n'est pas opposable à la partie requérante.
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Urteilskopf 82 IV 15 6. Urteil des Kassationshofes vom 13. April 1956 i.S. Steiger gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau.
Regeste Art. 20, 323 Ziff. 1 StGB . 1. Rechtsirrtum; zureichende Gründe für das Fernbleiben des Schuldners von der angekündigten Pfändung verneint (Erw. 2). 2. Rechtfertigungsgründe für die vorsätzliche vertretungslose Abwesenheit des Schuldners? Prüfung entscheidungsbedürftiger Fragen des Betreibungsverfahrens durch den Strafrichter (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 15 BGE 82 IV 15 S. 15 A.- Willi Steiger, der in Reinach als Handelsmann ein Versandgeschäft betreibt, erhielt am Donnerstag, den 31. März 1955 eine Pfändungsankündigung auf Samstag, den 2. April 1955, 14.00 Uhr. Im Verlaufe des Samstagvormittags erschien er auf dem Betreibungsamt mit dem Ersuchen, die angekündigte Pfändung zu verschieben, weil er mit der Morgenpost auf den Nachmittag zu einer geschäftlichen Besprechung nach Zürich aufgeboten worden und seine Frau für einige Wochen ortsabwesend sei. Als der Betreibungsbeamte eine Verschiebung als unmöglich bezeichnete, regte Steiger an, die Pfändung noch am selben Vormittag vorzunehmen, was aber abgelehnt wurde. BGE 82 IV 15 S. 16 Am Nachmittag erwies sich der Pfändungsvollzug wegen vertretungsloser Abwesenheit Steigers als unmöglich. Als dieser nach Ablauf der Betreibungsferien am Montag, den 18. April 1955 mit der Abendpost eine neue Pfändungsankündigung auf den 20. April 1955, 14.00 Uhr erhielt, entschuldigte er sich brieflich wegen seines bevorstehenden Ausbleibens; er fuhr am Dienstag zu abgemachten geschäftlichen Besprechungen nach Basel und von dort zum selben Zwecke nach Luino. Die Pfändung konnte daher auch diesmal nicht vollzogen worden. B.- Am 24. August 1955 sprach das Bezirksgericht Rheinfelden Steiger des Ungehorsams im Betreibungsverfahren schuldig und verurteilte ihn zu drei Tagen Haft. Das Obergericht des Kantons Aargau bestätigte am 20. Dezember 1955 das erstinstanzliche Urteil im Schuldpunkt, hob es dagegen im Strafpunkt auf und verurteilte Steiger zu Fr. 80.- Busse. C.- Steiger führt Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, das Urteil vom 20. Dezember 1955 sei aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Der Beschwerdeführer macht geltend, Art. 333 StGB schliesse "in seinem Rahmen" Formaldelikte aus. Voraussetzung der Strafbarkeit sei ein Verschulden. Dazu gehöre, dass der Täter mit Wissen und Willen handle. Dies beziehe sich "auf alle Tatbestandsmerkmale und auch auf den Erfolg: das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit". Ein Verschulden in diesem Sinne könne ihm nicht zur Last gelegt werden. Dem ist nicht beizupflichten. Für vorsätzlichen Ungehorsam im Betreibungsverfahren ( Art. 323 Ziff. 1 StGB ) als solchen, der seinem Wesen nach übrigens kein Erfolgsdelikt sein kann, bedarf es nach Art. 18 und 102 StGB nichts weiteres, als dass der Täter mit Wissen und Willen der angekündigten Pfändung vertretungslos fernbleibt. BGE 82 IV 15 S. 17 Dass der Beschwerdeführer dies getan hat, ist durch die Vorinstanz verbindlich festgestellt. Nach ständiger Rechtsprechung des Kassationshofes (vgl. z.B. BGE 70 IV 98 ; Urteil vom 2. März 1956 i.S. Weibel) gehört zum Vorsatz nach Art. 18 Abs. 2 StGB nicht auch das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit. Seinem Fehlen trägt das StGB durch Art. 20 Rechnung. 2. Was der Beschwerdeführer unter Berufung auf Rechtsirrtum ( Art. 20 StGB ) vorbringt, bezieht sich lediglich auf sein erstes vertretungsloses Fernbleiben von der angekündigten Pfändung und taugt überdies nichts zur Begründung seiner Anträge. Gemäss Art. 56 Ziff. 2 SchKG dürfen Betreibungshandlungen nur an Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen nicht vorgenommen werden. Dass der Samstag in der Regel kein staatlich anerkannter Feiertag ist, ist allgemein bekannt, ungeachtet dessen, dass verschiedene Betriebe an diesem Tage ihre Arbeit einstellen. Schliesst auch der Betreibungsbeamte sein Bureau, so folgt daraus nicht, dass während dieser Zeit auch die Vornahme von Betreibungshandlungen unzulässig sei. Vielmehr dürfen solche nach der Vorschrift des Art. 56 Ziff. 1 SchKG mit Ausnahme der Sonntage und der staatlich anerkannten Feiertage an allen Wochentagen von 08.00 bis 19.00 Uhr vorgenommen werden. Gegenüber dem Festhalten des Betreibungsbeamten an dem auf den Samstagnachmittag angesetzten Pfändungsvollzug anderer Meinung zu sein, hatte der Beschwerdeführer keinen zureichenden Grund. Anders wäre es nur, wenn er sich bei seiner Vorsprache auf dem Betreibungsamt danach erkundigt hätte, ohne eine befriedigende Antwort erhalten zu haben. Das behauptet er aber selbst nicht. Mutwillig ist die Anrufung des Bundesratsbeschlusses vom 28. Dezember 1940 über den Fristenlauf am Samstag (AS 1940 S. 2033). Wenn einerseits dem Beschwerdeführer auch zuzubilligen ist, dass er nach anderthalb Jahrzehnten keine klare Vorstellung mehr über den Inhalt BGE 82 IV 15 S. 18 dieses Erlasses gehabt haben kann, so bestand doch anderseits auch kein begründeter Anlass anzunehmen, etwas derartiges gelte weiterhin, aber nurmehr für den Samstagnachmittag, wie er geglaubt zu haben vorgibt. 3. Was der Beschwerdeführer im weiteren vorbringt, ist dahin zu würdigen, dass er nicht bloss (irrtümlich) aus zureichenden Gründen angenommen haben will, er müsse der Pfändung nicht beiwohnen, sondern hiezu auch tatsächlich berechtigt gewesen sei. Demgegenüber ist soviel einzuräumen, dass dem Gebot, bei der Pfändung anwesend zu sein, keine absolute Geltung zukommen kann. Es lassen sich unschwer Umstände denken, unter denen selbst die vorsätzliche Nichtbeiwohnung an der Pfändung nicht als Ungehorsam im Sinne des Art. 323 Ziff. 1 StGB strafbar sein kann, sei es, dass der Täter in einer Notstandslage ( Art. 34 StGB ) gehandelt hat, sei es, dass sein Verhalten aus andern Gründen rechtmässig war. Dabei ist die Abwesenheit zum Zwecke der Wahrung (bedeutender) Vermögensinteressen nicht zum vorneherein auszuschliessen. In solchen Fällen wird der Betreibungsbeamte das Ausbleiben des Schuldners nachträglich genehmigen und damit dessen Verhalten rechtfertigen. Indessen darf der Schuldner nicht einfach dem Belieben des Betreibungsbeamten ausgeliefert sein. Dieser muss - wie überhaupt - auch in solchen Fällen irgendwie der Rechts- und sogar der Ermessenskontrolle unterworfen werden können. Die nächstliegende Kontrolle der Aufsichtsbehörden über die Betreibungsämter versagt jedoch, weil nach Art. 21 SchKG nur mit dem Ziel auf Aufhebung oder Berichtigung einer Amtshandlung Beschwerde geführt werden kann, solches aber nach Verstreichen der angekündigten Pfändungszeit nicht mehr möglich ist. Dies gilt übrigens auch für den hier zutreffenden Fall der Verweigerung einer zum voraus verlangten Verschiebung der angekündigten Pfändung, indem diese angesichts der kurzen Fristen kaum je vor dem angekündigten Termin auch nur von der unteren Aufsichtsbehörde nachgeprüft BGE 82 IV 15 S. 19 werden könnte. Da die Aufsichtsbehörden über die Betreibungsämter gestützt auf die angeführte Vorschrift in ständiger Rechtsprechung (vgl. BGE 77 III 78 ) ablehnen, auf (selbst rechtzeitige) Beschwerden einzutreten, deren Erfolg keinen Einfluss mehr auf das Betreibungsverfahren selbst ausüben, sondern nur noch präjudizielle Bedeutung für einen nachfolgenden Zivilprozess haben kann, werden unter Umständen wie den vorliegenden die Strafgerichte die entscheidungsbedürftige Frage des Betreibungsverfahrens selbst vorfrageweise prüfen müssen. Das haben die beiden Vorinstanzen getan. Sie stellen fest, dass die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Entschuldigungen nicht stichhaltig seien. Vielmehr wäre es ihm bei gutem Willen sehr wohl möglich gewesen, zur festgesetzten Zeit der Pfändung beizuwohnen. Die Amtshandlungen des Betreibungsbeamten habe er aus purer Rechthaberei und unter nebensächlichen Ausflüchten vereitelt. Zumindest mit Bezug auf seine Säumnis vom 20. April 1955 sei der Straftatbestand des Art. 323 Ziff. 1 StGB klar erstellt. Damit haben die kantonalen Instanzen zu erkennen gegeben, dass sie einen Ungehorsam des Schuldners im Betreibungsverfahren, wie er hier in Frage steht, nicht ausnahmslos für unerlaubt bzw. strafbar erachten, sondern der Auffassung sind, dass er ausnahmsweise (z.B. zur Wahrnehmung berechtigter Interessen) erlaubt bzw. rechtmässig und daher straflos sein könne. Inwiefern aber nach dem vom Obergericht als erwiesen erachteten Sachverhalt die Abwesenheit des Beschwerdeführers bei den Pfändungen nicht rechtswidrig gewesen sein sollte, ist nicht ersichtlich. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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0fc6a3a4-9b01-42de-9472-50fc0257efff
Urteilskopf 123 I 279 28. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 18. September 1997 i.S. S. und Mitbeteiligte gegen M. AG., Z. und Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 88 OG ; Legitimation des Konkurrenten zur staatsrechtlichen Beschwerde. Keine Legitimation zur Willkürbeschwerde, wenn nicht die Anwendung konkurrenzschützender Vorschriften in Frage steht (E. 3b/c). Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen als legitimationsbegründendes Recht? (E. 3d).
Sachverhalt ab Seite 279 BGE 123 I 279 S. 279 Das Departement des Innern des Kantons Solothurn erteilte mit Verfügung vom 26. März 1997 der M. AG als Betriebsinhaberin und Z. als verantwortlichem Apotheker die Bewilligung zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke in Zuchwil, welche teils als "Publikumsapotheke" und teils als sogenannte Versandapotheke (Postversand von ärztlich verschriebenen Medikamenten an die Patienten) geführt werden soll. S., H., T., E. und C., alle Eigentümer oder Betreiber von Apotheken im Kanton Solothurn, erhoben am 7. April 1997 dagegen Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn mit den Begehren, die Bewilligung zu verweigern und der Beschwerde unverzüglich die aufschiebende Wirkung zu erteilen. Mit Verfügung vom 28. April 1997 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn das Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung ab und beschränkte das Verfahren vorerst auf die Frage der Legitimation der Beschwerdeführer. S., H., T., E. und C. erhoben dagegen staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, Ziffer 1 der Verfügung des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben. BGE 123 I 279 S. 280 Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein Erwägungen aus folgender Erwägung: 3. a) Da gegen den angefochtenen Entscheid im Bund kein anderes Rechtsmittel zur Verfügung steht, ist grundsätzlich die staatsrechtliche Beschwerde zulässig (Art. 84 Abs. 2 und Art. 86 Abs. 1). Weil es sich um einen Zwischenentscheid handelt, ist jedoch die staatsrechtliche Beschwerde, soweit sie sich auf Art. 4 BV stützt, nur zulässig, wenn er für die Betroffenen einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge hat ( Art. 87 OG ). Ob das vorliegend der Fall ist, kann offenbleiben, da auf die Beschwerde schon aus einem anderen Grund nicht eingetreten werden kann. b) Die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde richtet sich ausschliesslich nach Art. 88 OG , unabhängig von der verfahrensrechtlichen Stellung, welche die Beschwerdeführer im kantonalen Verfahren eingenommen haben ( BGE 120 Ia 369 E. 1a S. 371, mit Hinweisen). Nach Art. 88 OG steht das Recht zur Beschwerdeführung Bürgern und Korporationen bezüglich solcher Rechtsverletzungen zu, die sie durch allgemein verbindliche oder sie persönlich treffende Erlasse oder Verfügungen erlitten haben. c) Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung des Willkürverbots. aa) Die Legitimation zur Willkürbeschwerde ist nach ständiger Praxis nur gegeben, wenn die willkürliche Anwendung einer Bestimmung gerügt wird, welche dem Beschwerdeführer einen Rechtsanspruch einräumt oder den Schutz seiner Interessen bezweckt ( BGE 122 I 44 E. 3b/bb S. 47; BGE 121 I 267 E. 2 S. 269, mit Hinweisen; vgl. auch BGE 117 Ia 90 E. 3b S. 94). bb) Diese für die staatsrechtliche Beschwerde in der Hauptsache geltenden Voraussetzungen sind auch massgebend für die Legitimation zur Anfechtung von Entscheiden über die aufschiebende Wirkung ( BGE 116 Ia 177 E. 3b/bb S. 180; nicht publiziertes Urteil des Bundesgerichts vom 20. Oktober 1994 i.S. J., E. 1c). Die Beschwerdeführer sind daher zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen die Verweigerung der aufschiebenden Wirkung nur legitimiert, wenn sie auch zur Beschwerde gegen die Erteilung der Bewilligung berechtigt sind. cc) Die Beschwerdeführer machen einerseits geltend, die Erteilung der Bewilligung an eine auf den Versandhandel ausgerichtete Apotheke gefährde die öffentliche Gesundheit; andererseits leiten BGE 123 I 279 S. 281 sie ihre Legitimation daraus ab, dass sie als Eigentümer oder Betriebsinhaber von Apotheken durch das Vorhaben der Beschwerdegegner als Konkurrenten in ihren wirtschaftlichen Interessen berührt seien. dd) Was die geltend gemachte Gefährdung der öffentlichen Gesundheit betrifft, so kann dies keine Legitimation der Beschwerdeführer begründen, da die staatsrechtliche Beschwerde nicht der Durchsetzung öffentlicher Interessen dient ( BGE 121 I 267 E. 2 S. 268 f.; BGE 119 Ia 433 E. 2a S. 435, mit Hinweisen). ee) Nach der Praxis des Bundesgerichts sind Dritte zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen die Erteilung einer Bewilligung nur legitimiert, wenn sie die verfassungswidrige Anwendung einer drittschützenden Norm rügen, das heisst einer Norm, welche dem Dritten selbst Rechte einräumt oder zumindest dem Schutz seiner privaten Interessen dient ( BGE 119 Ia 433 E. 2c S. 437; RDAT 1995 I 51127 E. 1b; WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Aufl., Bern 1994, S. 246 ff.). ff) Die kantonale Heilmittelverordnung, auf welche sich die den Beschwerdegegnern erteilte Bewilligung stützt, bezweckt nach ihrem § 1 den Schutz der Bevölkerung vor Schäden durch Heilmittel und die ordnungsgemässe Versorgung der Bevölkerung mit Heilmitteln, dient somit rein öffentlichen Interessen. Auch die in den § 23 ff. genannten Bewilligungsvoraussetzungen und Betriebsvorschriften dienen einzig der Gewährleistung dieser öffentlichen Zwecke. Hinzu kommt, dass eine kantonale Bestimmung, welche den Schutz bestehender Apotheken vor der Konkurrenzierung durch neue Apotheken bezweckt, ohnehin mit Art. 31 BV nicht vereinbar wäre, da - anders als bei Gastwirtschaftsbetrieben ( Art. 31ter Abs. 1 BV ) - die Kantone nicht ermächtigt sind, konkurrenzschützende Bestimmungen über Apotheken zu erlassen. Schon eine verfassungskonforme Auslegung der Heilmittelverordnung verbietet daher, darin eine Vorschrift zu erblicken, die dem Schutz der Beschwerdeführer vor wirtschaftlicher Beeinträchtigung durch den Betrieb der Beschwerdegegner dient. d) Die Beschwerdeführer rufen beiläufig auch den Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen an. Dieser Grundsatz fliesst nach der neueren Praxis des Bundesgerichts direkt aus Art. 31 BV und verpflichtet den Staat zu einer über das allgemeine Gleichbehandlungsgebot von Art. 4 BV hinausgehenden Wettbewerbsneutralität in der Behandlung direkter Konkurrenten ( BGE 121 I 129 E. 3d S. 134 f., 279 E. 4a S. 285). Dieser besondere Gleichbehandlungsanspruch BGE 123 I 279 S. 282 könnte möglicherweise als spezifisches verfassungsmässiges Recht eine Legitimation des Benachteiligten begründen, ohne dass zusätzlich die verfassungswidrige Anwendung einer besonderen drittschützenden Gesetzesbestimmung erforderlich wäre (vgl. KÄLIN, a.a.O., S. 247 f.). Die Frage braucht jedoch vorliegend nicht entschieden zu werden, da die Beschwerdeführer gar nicht behaupten, sie würden gegenüber den Beschwerdegegnern rechtsungleich behandelt. Sie bringen namentlich nicht vor, ihnen sei der Betrieb einer Versandapotheke nicht bewilligt worden. Im Gegenteil räumen sie sogar ausdrücklich ein, dass die Beschwerdegegner den gleichen Vorschriften unterworfen sind wie sie selber. Eine Ungleichbehandlung, die unter dem Aspekt von Art. 31 BV eine Beschwerdelegitimation zu begründen vermöchte, könnte unter diesen Umständen höchstens darin liegen, dass die Behörden die Vorschriften in ungleicher Weise anwenden und dadurch einzelne Konkurrenten benachteiligt werden. Die Beschwerdeführer machen zwar geltend, mit der Zulassung einer Versandapotheke werde ein höheres Gefährdungsniveau bewilligt, als es mit der Führung einer herkömmlichen Offizinapotheke verbunden sei. Indessen könnte auch das nur dann eine verfassungsrechtlich unzulässige staatliche Ungleichbehandlung darstellen, wenn den Beschwerdeführern verboten würde, ihrerseits eine Versandapotheke zu betreiben, was jedoch nicht geltend gemacht wird. Dass die Beschwerdeführer diese Betriebsform für sich nicht in Anspruch nehmen wollen, ist ihr eigener unternehmerischer Entscheid. Wenn jemand aus irgendwelchen Gründen auf eine wirtschaftliche Tätigkeit verzichtet, die ihm rechtlich offenstünde, so stellt ein dadurch allenfalls entstehender Konkurrenznachteil nicht eine staatliche Ungleichbehandlung dar. Das gilt selbst dann, wenn der Verzicht auf diese Tätigkeit aus standesethischen Überlegungen erfolgt, weil - wie die Beschwerdeführer vorbringen - durch den Versandhandel von Medikamenten das Gesundheitsrisiko für die Medikamentenempfänger erhöht werde. Damit werden öffentliche Interessen geltend gemacht, zu deren Schutz die staatsrechtliche Beschwerde - wie dargelegt (vorne E. 3c/dd) - nicht gegeben ist. e) Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtene Verfügung somit nicht in ihren rechtlich geschützten Interessen verletzt und deshalb zur staatsrechtlichen Beschwerde nicht legitimiert.
public_law
nan
de
1,997
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
0fd2abc1-90ff-4f7d-87d7-fb1653e57047
Urteilskopf 119 III 18 6. Extrait de l'arrêt de la Chambre des poursuites et des faillites du 20 janvier 1993 dans la cause Banque X. (recours LP)
Regeste Art. 92 Ziff. 13 und Art. 275 SchKG ; Art. 30 Abs. 2 BVG ; Art. 331c Abs. 4 lit. b OR ; Eintreibung und Arrestierung einer Freizügigkeitsleistung zugunsten eines Anspruchsberechtigten, der die Schweiz endgültig verlassen hat. Solange nicht das ausdrückliche Begehren auf Barauszahlung gestellt worden ist, bleibt die Freizügigkeitsleistung zugunsten eines Anspruchsberechtigten, der die Schweiz endgültig verlassen hat, unpfändbar im Sinne von Art. 92 Ziff. 13 SchKG und kann somit auch nicht mit Arrest belegt werden.
Sachverhalt ab Seite 18 BGE 119 III 18 S. 18 Sur requête de la Banque X., le Tribunal de première instance de Genève a ordonné le séquestre en mains de la Caisse Y. du montant revenant à Z. "à titre de caisse de pension suite à son départ à l'étranger". La Caisse Y. a contesté cette mesure en faisant valoir qu'en l'absence de demande de paiement de la part de Z. (art. 30 al. 2 de la loi fédérale du 25 juin 1982 sur la prévoyance professionnelle vieillesse, survivants et invalidité, LPP), la prestation de libre passage n'était pas exigible. L'Office des poursuites de Genève constata alors l'insaisissabilité de la créance du débiteur envers la caisse, conformément à l' art. 92 ch. 13 LP , décision que la Banque X. déféra à l'Autorité de surveillance des offices de poursuite pour dettes et de faillite du canton de Genève par la voie d'une plainte. Elle estimait, en effet, que la créance en question était exigible depuis le départ définitif de Z. à l'étranger, même en l'absence d'une demande de paiement de sa part. L'autorité cantonale de surveillance ayant rejeté BGE 119 III 18 S. 19 sa plainte, la Banque X. a recouru à la Chambre des poursuites et des faillites du Tribunal fédéral. Celle-ci a rejeté le recours dans la mesure où il était recevable. Erwägungen Extrait des considérants: 2. Aux termes de l' art. 92 ch. 13 LP , sont insaisissables les droits à des prestations non encore exigibles à l'égard d'une institution de prévoyance en faveur du personnel. En l'espèce, la question est de savoir si la prestation de libre passage constituée auprès de la Caisse Y. en faveur de Z. est ou non exigible au sens de la disposition précitée, du simple fait que cet assuré est parti à l'étranger. a) Le droit de la prévoyance professionnelle - obligatoire (LPP) et plus étendue (art. 331a-c CO) - pose le principe du maintien de la prévoyance en cas de dissolution des rapports de travail ( art. 27 LPP et 331c al. 1 CO). La prestation de libre passage est en général transférée à l'institution de prévoyance du nouvel employeur; si ce transfert ne peut avoir lieu et que la prestation ne puisse être laissée auprès de l'ancienne institution de prévoyance, le maintien de la prévoyance doit être garanti au moyen d'une police de libre passage ou par une forme équivalente ( art. 29 LPP , 331c al. 1 CO et 2 de l'ordonnance sur le maintien de la prévoyance et le libre passage, du 12 novembre 1986 [RS 831.425]; cf. Message du CF du 19 décembre 1975, FF 1976 I 140; OFAS, Bulletin de la prévoyance professionnelle no 2 du 19 janvier 1987, no 13). b) Un versement en espèces n'entre qu'exceptionnellement en ligne de compte (Message précité, FF 1976 I 140), dans les cas énumérés de façon exhaustive dans la loi ( ATF 116 V 108 consid. 2b). Il a lieu lorsque l'affiliation a été inférieure à neuf mois en tout ( art. 30 al. 1 LPP et 331c al. 4 let. a CO). Il est possible aussi en cas de départ définitif à l'étranger, d'établissement à son propre compte ou de cessation d'activité pour une femme mariée, mais - dans ces trois hypothèses - seulement lorsque la demande en est faite par l'ayant droit ( art. 30 al. 2 LPP et 331c al. 4 let. b CO). 3. a) Selon la jurisprudence constante, la prestation de libre passage au sens des art. 27 LPP et 331a/b CO devient exigible au moment où le rapport de prévoyance prend fin, c'est-à-dire à la dissolution des rapports de travail ( ATF 117 V 308 consid. 2c, ATF 116 V 109 consid. 3, ATF 115 V 33 consid. 5, ATF 114 V 39 consid. d). Pour la majorité des cas, cette exigibilité avant la survenance d'un cas d'assurance ( art. 27 BGE 119 III 18 S. 20 al. 2 LPP ) coïncide donc avec la fin du contrat de travail, mais elle n'est déterminante que pour le transfert de la prestation de libre passage à la nouvelle institution de prévoyance et, le cas échéant, pour la constitution d'une police de libre passage ou pour une autre forme de prévoyance équivalente; l'affectation du montant de la prestation au but de prévoyance poursuivi jusqu'alors doit être maintenue. Bien qu'exigible au sens des dispositions précitées, la prestation de libre passage n'est pas encore exigible selon l' art. 92 ch. 13 LP . Cette disposition, introduite dans la LP par la LPP, tient compte en effet du principe fondamental de cette loi, qui veut que la protection offerte par les institutions de prévoyance soit maintenue jusqu'à la survenance du décès ou de l'invalidité, l'insaisissabilité absolue valant tant pour la prévoyance professionnelle obligatoire que pour celle plus étendue (Message du CF du 8 mai 1991 concernant la révision de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, FF 1991 III 94). b) Quant à l'exigibilité des paiements exceptionnels en espèces, il convient de distinguer les deux premiers cas (assujettissement inférieur à neuf mois, montant insignifiant de la créance) des trois autres cas (départ définitif à l'étranger, établissement à son propre compte, cessation d'activité de la femme mariée). aa) En vertu des art. 30 al. 1 LPP et 331c al. 4 let. a CO, le paiement a obligatoirement lieu en espèces si, au moment où survient le cas de libre passage, l'assuré n'a, durant sa carrière professionnelle, été assujetti que pendant moins de neuf mois à des institutions de prévoyance (cf. Message du CF du 19 décembre 1975, FF 1976 I 207); de même - en ce qui concerne la seule prévoyance plus étendue - si la créance de l'affilié ne représente qu'un montant insignifiant. Dans ces deux cas, la prestation est exigible à teneur de la loi - en droit de l'exécution forcée comme en droit de la prévoyance professionnelle - au moment où prend fin le rapport de prévoyance, c'est-à-dire à la dissolution des rapports de travail. bb) Les art. 30 al. 2 LPP et 331c al. 4 let. b CO, applicables aux cas du départ définitif à l'étranger, de l'établissement à son propre compte et de la cessation par la femme mariée de son activité lucrative, subordonnent quant à eux le versement en espèces à une demande de l'ayant droit. Dans le cas du départ à l'étranger, il y a lieu d'ailleurs d'obtenir de l'intéressé, en plus de la demande de paiement en espèces, des documents prouvant le caractère définitif de son départ, afin d'éviter des abus. La preuve peut être apportée notamment par la présentation d'une attestation de la police des étrangers, du nouveau contrat BGE 119 III 18 S. 21 de travail passé avec un employeur à l'étranger, d'un contrat de location d'appartements ou d'un contrat d'achat d'habitation, etc. (Message du CF du 19 décembre 1975, FF 1976 I 208; CARL HELBLING, Les institutions de prévoyance et la LPP, Berne et Stuttgart 1991, p. 168 s.; R. TSCHUDIN/R.-M. UMBRICHT-MAURER, Das neue Pensionskassengesetz, vol. 2, 5e partie, ch. 9.2.2 p. 2-4 et ch. 9.3.3.1). Dans certains cas, si l'assuré ne fournit pas de preuves suffisantes quant au caractère définitif de son départ, le paiement en espèces peut être subordonné à l'observation d'un délai d'attente de six mois ou une année par exemple (cf. OFAS, Bulletin de la prévoyance professionnelle no 1 du 24 octobre 1986, nos 4 et 5). cc) A défaut d'une demande de paiement en espèces et aussi longtemps qu'une telle demande n'est pas présentée - elle peut l'être jusqu'à la naissance du droit à la prestation de vieillesse ( ATF 117 V 308 /309 consid. d) -, la prestation de libre passage doit rester affectée au maintien de la prévoyance, conformément au principe général inscrit dans la législation fédérale et selon les modalités prévues par celle-ci (art. 27 al. 1 et 29 al. 2 et 3 LPP; art. 331c al. 1 CO ; art. 2 de l'ordonnance sur le maintien de la prévoyance et le libre passage). Du reste, à teneur de l'art. 13 de cette ordonnance, l'assuré sortant doit, une fois informé de toutes les possibilités de maintien de sa prévoyance (al. 2), communiquer à l'institution à laquelle il était affilié à quel nouvel établissement la prestation de libre passage doit être transférée; si celle-ci ne peut être ni transférée ni payée en espèces, il doit faire savoir sous quelle forme il entend maintenir sa prévoyance (al. 3); s'il ne fait pas connaître son choix dans les trente jours, l'institution concernée décide elle-même du mode de maintien de sa prévoyance (al. 4). En cas de départ définitif à l'étranger, le silence de l'assuré ne peut donc être interprété que comme un acquiescement au blocage de la prestation à des fins de prévoyance (le principe), plutôt qu'au paiement en espèces (l'exception), lequel n'est de toute façon pas envisageable sans demande expresse de la part de l'ayant droit (cf. TSCHUDIN/UMBRICHT-MAURER, op.cit., vol. 5, 10e partie, ch. 11.3 et le jugement commenté du Tribunal du district d'Uster publié in SZS 28/1984, p. 165 ss). c) Est exigible, dans le langage juridique, ce qui peut être aussitôt exigé, ce qui est dû sans terme ni condition. Il en est ainsi d'une créance ou d'une dette dont le paiement peut être immédiatement réclamé, au besoin en justice, sans attendre l'échéance d'un terme ou l'avènement d'une condition (Vocabulaire juridique, Presses Universitaires de France, 3e éd. 1992, p. 337; GAUCH/SCHLUEP/TERCIER, BGE 119 III 18 S. 22 Partie générale du droit des obligations, t. II, 2e éd. Zurich 1982, p. 21 nos 1288 ss et p. 23 s. nos 1307 ss). Le paiement en espèces, en cas de départ définitif à l'étranger, étant subordonné, ainsi qu'on l'a vu, à une demande expresse de la part de l'ayant droit et à la présentation par lui de certains documents devant attester le caractère définitif du départ, on ne saurait soutenir, comme le fait la recourante, qu'il s'agit d'une prestation échue dès le départ à l'étranger et exigible de ce seul fait. Il y a lieu, au contraire, de considérer avec l'autorité cantonale de surveillance que la demande de l'assuré est une condition potestative et suspensive, dont dépend l'exigibilité du droit au paiement. En conséquence, tant qu'une demande expresse de paiement en espèces n'est pas présentée, la prestation de libre passage de l'assuré qui a quitté définitivement la Suisse demeure insaisissable au sens de l' art. 92 ch. 13 LP et soustraite à tout séquestre ( art. 275 LP ). Mal fondé, dans la mesure où il est recevable, le recours ne peut dès lors qu'être rejeté.
null
nan
fr
1,993
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
0fd73c70-88fa-47ee-b5ce-9791e6c47fd9
Urteilskopf 94 II 139 24. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 14. Juni 1968 i.S. Greter und Mitbeteiligte gegen Küchler.
Regeste Verfügung von Todes wegen; Ungültigerklärung wegen Irrtums im Beweggrund (Art. 469 Abs. 1, 519 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB). In Betracht kommt jeder Motivirrtum, der einen bestimmenden Einfluss auf die Verfügung hatte. Wegen eines Motivirrtums darf jedoch eine Verfügung nur dann für ungültig erklärt werden, wenn wahrscheinlich gemacht ist, dass der Erblasser bei Kenntnis der Sachlage die Aufhebung der Verfügung ihrem unveränderten Fortbestand vorgezogen hätte (Bestätigung der Rechtsprechung: BGE 75 II 284 ff.).
Erwägungen ab Seite 140 BGE 94 II 139 S. 140 4. Verfügungen, die der Erblasser unter dem Einfluss eines Irrtums errichtet hat, sind nach Art. 469 Abs. 1 ZGB ungültig; eine solche Verfügung wird nach Art. 519 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB auf erhobene Klage für ungültig erklärt. Der Irrtum braucht kein wesentlicher im Sinne von Art. 23 ff. OR zu sein. Insbesondere kommt ein Irrtum im Beweggrund nicht bloss dann in Betracht, wenn es sich dabei um einen Grundlagenirrtum im Sinne von Art. 24 Ziff. 4 OR handelt. Vielmehr ist jeder Motivirrtum beachtlich, sofern er einen bestimmenden Einfluss auf die Verfügung hatte. Ein Testament wegen eines Motivirrtums für ungültig zu erklären, rechtfertigt sich indessen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts nur dann, wenn als wahrscheinlich dargetan ist, dass es der Erblasser bei Kenntnis der Sachlage vorgezogen hätte, die angefochtene Verfügung aufzuheben, statt sie unverändert fortbestehen zu lassen ( BGE 75 II 284 ff., insbesondere 284 Erw. 3 und 287 Erw. 6). An dieser Rechtsprechung, die von RASCHEIN (Die Ungültigkeit der Verfügungen von Todes wegen, Berner Diss. 1954, S. 25) und von ESCHER (3. Aufl., N. 7 zu Art. 469 ZGB ) kritisiert, von GUHL (ZBJV 1950 S. 506 f.) und von PICENONI (Die Auslegung von Testament und Erbvertrag, S. 61/62) dagegen nicht beanstandet wird, ist festzuhalten. Sie mutet dem das Testament anfechtenden Erben, der den Irrtum und dessen Kausalität für die Verfügung zu beweisen hat ( Art. 8 ZGB ; ESCHER, N. 6 zu Art. 469 ZGB ; PICENONI, a.a.O. S. 61), entgegen der Auffassung von RASCHEIN nicht den schwierigen Nachweis zu, "wie" der Erblasser ohne den Irrtum verfügt, m.a.W. was er bei Kenntnis des Sachverhalts im einzelnen angeordnet hätte, sondern verlangt nur, es müsse wahrscheinlich gemacht werden, dass der Erblasser in diesem Falle die Aufhebung der Verfügung ihrer Aufrechterhaltung vorgezogen hätte. Wenn RASCHEIN ausserdem geltend macht, das gesetzliche Erbrecht müsse billiger erscheinen als eine unter Irrtum entstandene Verfügung und auch eine frühere mängelfreie Verfügung sei einer spätern mangelhaften vorzuziehen, so übersieht er, dass ein Erblasser unter Umständen auch eine mangelhafte Verfügung noch dem BGE 94 II 139 S. 141 gesetzlichen Erbrecht oder einer früheren mängelfreien Verfügung vorziehen kann. Es entspricht der Bedeutung, die das schweizerische Erbrecht dem Willen des Erblassers einräumt, dass darauf geachtet wird, ob eine Ungültigerklärung des Testaments den Absichten des Erblassers entsprechen würde oder nicht.
public_law
nan
de
1,968
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
0fd761c4-edd4-4d48-a631-14c7e3cd525d
Urteilskopf 89 IV 195 39. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 3. Dezember 1963 i.S. R. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
Regeste Art. 204 StGB . Unzüchtige Veröffentlichungen. Ob illustrierte Druckschriften erotischen Inhalts nach dem gesunden Volksempfinden als unzüchtig zu gelten haben, bestimmt sich weniger nach Einzelheiten als nach dem Gesamteindruck, den sie beim Leser oder Betrachter hinterlassen; Umstände, welche die Wirkung solcher Schriften beeinflussen können.
Sachverhalt ab Seite 196 BGE 89 IV 195 S. 196 A.- R., der in Zürich einen Zeitschriften- und Tabakwarenladen führt, wollte am 22. November 1961 269 bebilderte Hefte der Schriftenreihen "Paris-Broadway", "Paris-Riviera", "Evocations" und "For Men" unangemeldet von Frankreich in die Schweiz einführen. Er hatte sie zu diesem Zwecke unter den Sitzen seines Personenwagens versteckt. Die Hefte wurden an der Grenze von Zollbeamten entdeckt und der Schweizerischen Bundesanwaltschaft übermittelt, die sie nicht nur für unsittlich, sondern für unzüchtig hielt, beschlagnahmte und zur allfälligen Einleitung eines Strafverfahrens an die Bezirksanwaltschaft Zürich weiterleitete. Diese zog R. unter der Anschuldigung, unzüchtige Schriften eingeführt zu haben, um sie in Zürich zu verbreiten, in Strafuntersuchung. Im Verlaufe des Verfahrens wurde die Bezirksanwaltschaft von Drittpersonen darauf aufmerksam gemacht, dass R. in seinem Geschäft mit unzüchtigen Erzeugnissen Handel treibe. Eine Hausdurchsuchung brachte 67 Hefte an den Tag, die R. in seinem Laden teils in einem Geheimfach, teils unter andern Zeitschriften versteckt hielt. Die Hefte wurden beschlagnahmt. Sie gehören mehrheitlich den Schriftenreihen "Paris-Tabou", "Paris-Cocktail", "Paris-Hollywood" und "Sensations" an. R. gab zu, seit April 1961 wöchentlich durchschnittlich zwei solcher Hefte verkauft zu haben. B.- Das Bezirksgericht Zürich erklärte R. der fortgesetzten unzüchtigen Veröffentlichungen ( Art. 204 Ziff. 1 Abs. 1 und 3 StGB ) sowie des Versuchs zu unzüchtigen Veröffentlichungen (Art. 22 Abs. 1, 204 Ziff. 1 Abs. 2 StGB) schuldig und verurteilte ihn zu vier Monaten Gefängnis und Fr. 1000.-- Busse. Ferner verfügte es, dass die beschlagnahmten Schriften zu vernichten seien. Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte dieses Urteil am 14. Mai 1963 mit der Ausnahme, dass es die BGE 89 IV 195 S. 197 Gefängnisstrafe auf drei Monate und die Busse auf Fr. 800.-- herabsetzte. Nach seiner Auffassung halten sich viele Abbildungen der beschlagnahmten Hefte noch im Rahmen des Zulässigen. In allen Heften fänden sich aber einzelne oder zahlreiche Bilder, die offensichtlich anstössig seien, weil durch die Körperhaltung der abgebildeten Frauen der Blick des Betrachters unwiderstehlich auf die schamlos zur Schau gestellten Geschlechtsmerkmale gelenkt werde und die Mimik der Frauen vielfach seelische Regungen widerspiegle, die mit dem Geschlechtsleben zusammenhingen. Diese Bilder gingen eindeutig über das hinaus, was in der Reklame üblich sei. Solche Darstellungen seien geeignet, das sittliche Empfinden eines normal veranlagten Betrachters zu verletzen, geschlechtlich aufzureizen oder Abscheu und Widerwillen zu erregen. C.- Der Verurteilte führt Nichtigkeitsbeschwerde. Er beantragt dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Beschwerdeführer hält die Betrachtungsweise des Obergerichts für verfehlt, weil sie zwischen zulässigen und unzulässigen Abbildungen oder Texten nicht zu unterscheiden erlaube, sondern darauf hinauslaufe, einfach alles, was beschlagnahmt worden sei, als unzüchtig zu bezeichnen; zudem führe sie zu Widersprüchen, da auch nach der Auffassung des Obergerichts viele Bilder der beschlagnahmten Hefte das Mass dessen, was noch als zulässig erachtet werden könne, nicht überschritten. Aus den Erwägungen der Vorinstanz gehe nicht hervor, welche. Hefte, Abbildungen und Texte als unzüchtig zu gelten hätten. Eine Nachprüfung der Gesetzesanwendung sei deshalb nicht möglich, das angefochtene Urteil folglich gestützt auf Art. 277 BStP aufzuheben. Schriften oder Bilder sind unzüchtig im Sinne von Art. 204 StGB , wenn sie in nicht leicht zu nehmender BGE 89 IV 195 S. 198 Weise gegen das Sittlichkeitsgefühl in geschlechtlichen Dingen verstossen, gleichgültig, ob sie auf den normal empfindenden Menschen geschlechtlich aufreizend wirken oder ihn anwidern ( BGE 86 IV 19 , BGE 87 IV 74 ). Art. 204 StGB will nicht nur vor sexueller Erregung oder Abscheu und Widerwillen schützen, sondern den Anstand in geschlechtlichen Dingen überhaupt wahren. Ob bebilderte Zeitschriften, wie sie hier in Frage stehen, die Grenzen dieses Anstandes überschreiten, kann nach dem Inhalt von Textstellen oder nach dem Aussehen einzelner Bilder beurteilt werden. Bei dieser Betrachtungsweise darf der kantonale Richter sich aber nicht mit allgemeinen Hinweisen begnügen, wie es das Obergericht tut; im Hinblick auf das Gebot einer einheitlichen Gesetzesanwendung hat er vielmehr anzugeben, welche Abbildungen oder Textstellen er dabei als unzüchtig im Sinne von Art. 204 StGB gewürdigt wissen will. Sonst wird die Nachprüfung der Gesetzesanwendung erschwert oder verunmöglicht. Insofern ist die Rüge des Beschwerdeführers, das angefochtene Urteil entbehre genauer Angaben, begründet. Aufgehoben zu werden braucht das Urteil deswegen aber nicht. Bei der Beurteilung von Veröffentlichungen vorliegender Art kommt es weniger auf Einzelheiten als auf den Gesamteindruck an, den sie beim Leser oder Betrachter hinterlassen. Ob sie das Sittlichkeitsgefühl in geschlechtlicher Beziehung verletzen, beurteilt sich deshalb nicht so sehr nach dem Inhalt einer bestimmten Textstelle oder nach dem Aussehen einzelner Bilder, sondern zutreffender nach den gesamten Begleitumständen, insbesondere nach dem Zusammenhang, in dem sie mit andern Textstellen oder Bildern stehen (vgl. BGE 87 IV 74 und Urteil des Kassationshofes vom 9. Oktober 1953 i.S. Spillmann Erw. 4). Die beschlagnahmten Hefte enthalten neben erotischen Kurzgeschichten, Briefen, Gedichten und dergleichen durchwegs nur photographische Aufnahmen nackter oder halbverhüllter Frauen. In den Texten wird immer wieder BGE 89 IV 195 S. 199 auf intime Beziehungen zwischen Männern und Frauen oder Frauen unter sich angespielt; öfters ist von solchen Beziehungen sogar bis in Einzelheiten die Rede. Dies gilt insbesondere von den Heftereihen "Evocations", "Paris-Broadway", "Paris-Riviera" und "Minuit cinq", die vom gleichen Verlag herausgegeben werden und die sich in ihrer innern wie äussern Aufmachung sehr ähnlich sind. Ob die vorliegenden Hefte schon der Texte wegen als unzüchtig zu gelten haben, kann dahingestellt bleiben; sie sind es jedenfalls nach dem Gesamteindruck, der vorwiegend durch die Bilder, deren Reihenfolge und Häufung bestimmt wird. Die meisten Hefte sind voller Entkleidungsszenen, bei denen die Frauen nach Farbe und Zubereitung ausgesuchte Leibwäsche tragen, die ihre geschlechtlichen Reize erhöhen soll. Die Bilderfolgen solcher Szenen, die sich durchwegs vor oder auf Schlafstätten abspielen, gipfeln regelmässig in besonders aufreizenden Darstellungen und kommen deshalb einer unverhehlten Aufforderung oder Einladung zur Unzucht gleich (es folgen Beispiele von Heften und Abbildungen). Andere Hefte zeigen ganz oder nahezu entblösste Frauen z.B. beim Catch, Fechten, Fischen, Auskleiden, im Schnee, Fels, Wasser oder Sand, im Spiegel, in der Badewanne, auf Schlafstätten, Heuböden und Autos, durch Schlüssellöcher, in Reizwäsche, Schleier und Fischernetzen, als Serviertöchter, Sekretärinnen, Kaminfeger, Stierkämpfer, Cowboys usw. Auch bei diesen Heften herrscht das Unzüchtige derart vor, dass es ihren Charakter bestimmt. Sie sind angesichts der dargestellten Fülle weiblicher Nacktheit, aber auch nach ihrer ganzen Aufmachung ebenso unverkennbar darauf angelegt, durch betontes und stets neues Zurschaustellen des Körpers sinnlich besonders ansprechender Frauen fremde Sinneslust zu erregen oder zu befriedigen (es folgen Beispiele). Dass zahlreiche Abbildungen für sich allein genommen nicht oder kaum zu beanstanden sind, ändert nichts. Sie BGE 89 IV 195 S. 200 dienen offensichtlich bloss dazu, Abwechslung oder Spannung in die Betrachtung oder Lektüre zu bringen. Dies gilt namentlich von den Zeitschriften mit Striptease-Aufnahmen, die meistens auf das ganze Heft verteilt sind. Die allgemeine Lockerung der Sitten ist keineswegs so weit gediehen, dass Hefte, wie die vorliegenden, nach der gesunden Anschauung des Volkes, die allein massgebend ist, nicht mehr als unzüchtig zu gelten hätten. Bei solchen Veröffentlichungen ist ein strenger Massstab umsomehr am Platz, als sie keinerlei künstlerische oder literarische Zwecke verfolgen, sondern sich bloss an die Geschlechtslust wenden, die geschäftlich ausgebeutet wird. Ein Vergleich mit kunst- oder kulturhistorischen Werken oder Sammlungen, mögen diese sich auch mit dem Geschlechtlichen befassen, ist von vorneherein verfehlt. Es geht wenig um echte Natürlichkeit oder schickliche Darstellungen des nackten weiblichen Körpers, sondern - wie die Umstände zeigen - immer wieder um gleiche oder gleichartige obszöne Spielereien mit geschlechtlichen Reizen leichtfertiger Frauen. Die Hefte lassen sich deshalb auch nicht mit der Reklame gewisser Zweige der Bekleidungsindustrie vergleichen, mögen deren Werbeschriften ab und zu auch gewagte Darstellungen enthalten. Wenn die Vorinstanz es ablehnte, Zürcher Nachtlokale "in Augenschein zu nehmen", deren öffentliche Anzeigen und Vorführungen entschieden weiter gingen als die beschlagnahmten Hefte, so liegt darin entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keine rechtsungleiche Behandlung. Selbst wenn gegenüber Besitzern solcher Lokale zu Unrecht nicht eingeschritten worden sein sollte, so gäbe dies dem Beschwerdeführer keinen Anspruch auf ungestrafte Verbreitung unzüchtiger Veröffentlichungen ( BGE 89 IV 135 Erw. 5). Dass nur bestraft werden darf, wer den Tatbestand erfüllt, ist nicht ein Ausfluss der Rechtsgleichheit und damit des Art. 4 BV , sondern ergibt sich aus Art. 204 StGB wie aus jeder andern Strafbestimmung.
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1,963
CH_BGE
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Federation
0fdc9d41-35ee-4a4a-94d4-133eb085dcb7
Urteilskopf 112 V 303 53. Arrêt du 19 décembre 1986 dans la cause Caisse-maladie et accidents chrétienne-sociale suisse contre Mateus et Tribunal des assurances du canton de Vaud
Regeste Art. 14 Abs. 2 Ziff. 4 KUVG , Art. 21 Abs. 1 Vo III. Im Rahmen einer Kontrolluntersuchung im Sinne des Art. 14 Abs. 2 Ziff. 4 KUVG muss die Amniozentese (zur Fruchtwasser-Untersuchung) von den Krankenkassen übernommen werden, falls die künftige Mutter wenigstens 35 Jahre alt ist.
Sachverhalt ab Seite 303 BGE 112 V 303 S. 303 A.- Maria Mateus, née en 1946, est assurée contre la maladie auprès de la Caisse-maladie et accidents chrétienne-sociale suisse (ci-après: la caisse). Le 15 octobre 1984, alors qu'elle était enceinte, elle a subi une amniocentèse à la division autonome de génétique médicale du Centre hospitalier universitaire vaudois, afin de déceler chez l'enfant à naître une éventuelle trisomie 21 (mongolisme). Le 15 février 1985, la caisse lui a notifié qu'elle refusait de prendre en charge les frais de cet examen (465 fr. 40), motif pris qu'une telle mesure ne se justifiait pas, sous un angle médical, lorsque la future mère était âgée de moins de 40 ans. B.- Par jugement du 12 juin 1985, le Tribunal des assurances du canton de Vaud a admis le recours formé contre cette décision BGE 112 V 303 S. 304 par Maria Mateus et il a condamné la caisse à prendre en charge les frais de l'intervention litigieuse, "dans la mesure de ses prestations". En bref, il a considéré, en se fondant notamment sur un avis du professeur J., que l'âge-limite au-delà duquel une amniocentèse était médicalement indiquée devait être fixé à 35 ans. C.- La caisse interjette recours de droit administratif contre ce jugement, dont elle demande l'annulation. Maria Mateus n'a pas fait usage de la faculté qui lui a été donnée de répondre au recours. Quant à l'Office fédéral des assurances sociales (OFAS), il propose d'admettre celui-ci, en se fondant sur l'avis de son service médical. D.- En cours de procédure, le juge délégué à l'instruction de la cause a requis un avis de la Commission fédérale des prestations générales de l'assurance-maladie. Ladite commission s'est prononcée dans une séance du 28 août 1986; son avis a été rapporté au tribunal par l'OFAS et les parties ont été invitées à se déterminer à son sujet. Erwägungen Considérant en droit: 1. a) Les prestations obligatoires en vertu des art. 12 ss LAMA ne comprennent pas seulement les mesures servant à éliminer des troubles physiques ou psychiques. En font aussi partie des mesures grâce auxquelles un dommage menaçant la santé, ou l'aggravation d'un mal existant, peuvent être évités. La condition requise est alors qu'il y ait effectivement un état morbide. Les caisses ne sont donc pas tenues à prestations pour des mesures uniquement prophylactiques, dont le seul but est de prévenir la simple possibilité d'un préjudice futur ( ATF 110 V 315 consid. 3a, ATF 107 V 100 consid. 1b; RJAM 1982 No 517 p. 307). Ainsi, l'appendicectomie est prise en charge en cas d'inflammations répétées, voire en cas de suspicion d'inflammations, mais non pas lorsqu'elle intervient dans un but purement préventif, par exemple dans la perspective d'un séjour dans une région où l'assistance médicale n'est pas assurée ( ATF 107 V 101 consid. 1b). b) Une grossesse normale n'est pas considérée comme une maladie. Elle y est cependant assimilée dans la mesure où, à certaines conditions, l'assurée peut prétendre les mêmes prestations qu'en cas de maladie ( art. 14 LAMA ). En revanche, si, durant sa grossesse, l'assurée présente des troubles nécessitant un traitement médical, ceux-ci doivent être considérés comme une BGE 112 V 303 S. 305 maladie qui relève des prestations obligatoires selon les art. 12 ss LAMA ( ATF 107 V 101 consid. 1c et les références). Cette distinction est importante à divers égards, notamment parce que, dans la première hypothèse, aucune participation aux frais ni aucune franchise ne peuvent être exigées de l'assurée ( art. 14bis al. 2 let . d LAMA). Selon l' art. 14 al. 2 ch. 4 LAMA , les caisses-maladie doivent prendre en charge, en cas de maternité, quatre examens de contrôle au maximum pendant la grossesse et un examen dans les dix semaines qui suivent l'accouchement. Les quatre examens prénataux ont pour objet de permettre une surveillance médicale de la grossesse, cela dans le but de prévenir la survenance de complications éventuelles ( ATF 97 V 194 ; MAURER, Schweizerisches Sozialversicherungsrecht, vol. II, p. 336; voir également le message du Conseil fédéral à l'appui d'un projet de loi modifiant le titre premier de la loi sur l'assurance en cas de maladie et d'accidents du 5 juin 1961, FF 1961 I 1445). 2. a) L'amniocentèse est une ponction de l'utérus gravide pratiquée, généralement, de la 12e à la 14e semaine, ou de la 23e à la 24e semaine, par voie supra-symphysaire, dans le but de prélever du liquide amniotique; l'examen de celui-ci permet de dépister l'iso-immunisation foetomaternelle et aussi de préciser le sexe nucléaire du foetus, ainsi que l'existence possible chez ce dernier de certaines aberrations chromosomiques, de certaines maladies héréditaires ou anomalies du système nerveux central (GARNIER/DELAMARE, Dictionnaire des termes techniques de médecine, 20e éd.). b) Selon l'art. 21 al. 1 Ord. III, il faut entendre, par soins donnés par un médecin obligatoirement à la charge des caisses-maladie, toute mesure diagnostique ou thérapeutique, reconnue scientifiquement et qui est appliquée par un médecin. Dans sa version en vigueur depuis le 1er janvier 1986, cette disposition réglementaire prévoit en outre que la mesure doit être appropriée à son but et économique. En l'espèce, il est incontestable que l'amniocentèse constitue une mesure diagnostique scientifiquement reconnue - et, en principe, à la charge des caisses-maladie - en cas de grossesse présentant une plus ou moins forte probabilité de se terminer par la naissance d'un enfant anormal (voir RJAM 1981 p. 55). Selon le professeur J., qui s'est exprimé en cours de procédure cantonale, cette mesure s'impose dès que la future mère a plus de 35 ans, car le risque de BGE 112 V 303 S. 306 naissance d'un enfant atteint d'aberrations chromosomiques augmente "très rapidement" au-delà de cette limite (un cas sur quarante naissances, soit une probabilité de 2,5% en moyenne pour les femmes en âge de procréer qui ont dépassé l'âge de 35 ans). Quant au service médical de l'OFAS, il estime que la probabilité, pour une future mère âgée de 38 ans (soit l'âge de l'intimée au moment de sa grossesse), de mettre au monde un enfant souffrant de trisomie 21 est de 4 pour mille (15 pour mille entre 40 et 44 ans et 60 pour mille à partir de 45 ans); en l'occurrence, le risque ne serait pas suffisamment élevé pour justifier un examen et en faire supporter le coût à la recourante. c) Invitée par le juge délégué à dire quel est l'âge-limite à partir duquel, sauf circonstances particulières ou indications médicales spécifiques, l'amniocentèse peut être considérée comme une mesure diagnostique appropriée à son but et économique, la Commission fédérale des prestations générales de l'assurance-maladie (cf. art. 12 al. 5 LAMA et art. 21 al. 2 Ord. III) a répondu que cette limite devait être fixée à 35 ans. L'avis de cette commission ne lie en principe pas le juge. Toutefois, il faut bien reconnaître que ce dernier est hors d'état, lorsqu'il doit apprécier des situations qui relèvent exclusivement de considérations d'ordre médical, de se prononcer en connaissance de cause sur la pertinence de l'avis de spécialistes: il doit s'en remettre à l'opinion de ceux-ci, à moins, bien entendu, qu'elle ne paraisse insoutenable. En l'occurrence, on ne saurait douter des conclusions, au demeurant non contestées, auxquelles est parvenue la commission précitée, de sorte que le Tribunal fédéral des assurances n'a pas de motif de s'en écarter. C'est dire que les caisses-maladie répondent des frais occasionnés par une amniocentèse pratiquée chez une femme âgée de 35 ans au moins. Cette mesure ne relève toutefois pas des prestations dues en cas de maladie ( art. 12 al. 2 LAMA ), du moment que l'âge de la femme ne joue pas de rôle lorsqu'il s'agit de décider si une grossesse est ou non pathologique. Elle doit bien plutôt être prise en charge dans le cadre d'un contrôle de routine au sens de l' art. 14 al. 2 ch. 4 LAMA , cela non pas comme un examen autonome, comptant pour l'un des quatre examens prénataux, mais à l'intérieur même de l'un de ceux-ci, car c'est précisément à l'occasion d'un tel contrôle que l'opportunité, voire la nécessité, d'une amniocentèse se présente. Quant au point de savoir à quelles conditions une amniocentèse devrait exceptionnellement être prise en charge par les caisses-maladie BGE 112 V 303 S. 307 s'agissant d'une femme enceinte âgée de moins de 35 ans (par exemple en raison d'antécédents familiaux), il n'a pas à être tranché ici. d) Cela étant et compte tenu de l'âge de l'intimée, c'est à juste titre que les juges cantonaux ont prescrit à la recourante d'assumer les frais de l'intervention litigieuse. Le recours de droit administratif se révèle ainsi mal fondé. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral des assurances prononce: Le recours est rejeté.
null
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1,986
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
0fdf911a-7963-4aa2-8bce-73b89e7ec3b6
Urteilskopf 118 Ib 580 71. Estratto della sentenza del 18 dicembre 1992 della II Corte di diritto pubblico nella causa X S.A. contro Amministrazione federale delle contribuzioni (ricorso di diritto amministrativo)
Regeste Art. 14 Abs. 1 lit. a WUStB ; Art. 14 Abs. 5 WUStB ; Prinzip von Treu und Glauben. Gemäss Art. 14 Abs. 1 lit. a WUStB von der Warenumsatzsteuer befreit sind nur Engroslieferungen an Grossisten, die gestützt auf eine Grossistenerklärung ausgeführt werden. Die Steuerbefreiung greift nicht Platz bei Lieferungen an einen Käufer, der aus dem Register der Grossisten gestrichen wurde. Der Steuerpflichtige, der im Vertrauen auf eine ihm ausgestellte Grossistenerklärung unversteuert Lieferungen an einen aus dem Grossistenregister gestrichenen Empfänger ausgeführt hat, wird weder durch den Grundsatz von Treu und Glauben noch durch Art. 14 Abs. 5 WUStB von der Steuerpflicht befreit.
Sachverhalt ab Seite 581 BGE 118 Ib 580 S. 581 A.- La X S.A., che si occupa, tra l'altro, dell'importazione, dell'esportazione e della vendita di argento, è iscritta nel registro dei contribuenti grossisti dell'Amministrazione federale delle contribuzioni dal 1o agosto 1990. B.- Nel 1991, nel corso di un controllo, l'Amministrazione federale delle contribuzioni ha rilevato che, dal 14 al 27 marzo 1991, la X S.A. ha fornito argento granulato per fr. 3'974'400.-- alla Y S.A. Siccome quest'ultima è stata radiata con effetto immediato dal registro dei contribuenti grossisti il 12 marzo 1991, l'autorità fiscale ha considerato che le citate forniture non erano avvenute nei confronti di un grossista e il 28 giugno 1991 ha intimato alla X S.A. il conto complementare n. 17'324, volto a un recupero d'imposta di fr. 338'169.--, oltre a interessi. Con decisione dello stesso giorno, l'autorità ha ribadito la propria richiesta. Adita il 22 luglio 1991 dalla X S.A., l'Amministrazione federale delle contribuzioni ha respinto il reclamo e ha confermato la ripresa fiscale il 14 ottobre 1991. C.- Il 4 novembre 1991, la X S.A. ha inoltrato dinanzi al Tribunale federale un ricorso di diritto amministrativo, in cui chiede di annullare la decisione dell'istanza precedente. Chiamata a esprimersi, l'Amministrazione federale delle contribuzioni ha proposto la reiezione del gravame. Ha inoltre prodotto diversi documenti confidenziali, a suo avviso atti a dimostrare la mala fede della contribuente. D.- In un secondo scambio di scritti, la X S.A. si è lamentata del fatto che gli atti non confidenziali non le sono mai pervenuti; ha inoltre postulato che l'incarto confidenziale non venga considerato e sia rinviato all'autorità fiscale. L'Amministrazione federale delle contribuzioni si oppone a tale richiesta. Erwägungen Dai considerandi: 4. a) A norma dell' art. 13 cpv. 1 lett. a DCA (RS 641.20), la fornitura in Svizzera e il consumo personale di merci da parte di grossisti sono sottoposti a imposta. Sono liberate dal tributo, tra l'altro, le BGE 118 Ib 580 S. 582 forniture all'ingrosso ai grossisti ( art. 14 cpv. 1 lett. a DCA ). Tale esenzione sussiste tuttavia solo a condizione che l'acquirente, prima dell'inizio della scadenza dell'imposta, rilasci al fornitore una dichiarazione scritta da cui risulta ch'egli è iscritto sotto un dato numero nel registro ufficiale dei contribuenti grossisti e che riceve merci destinate alla rivendita o all'uso come materie prime per fabbricare o eseguire, professionalmente, merci o costruzioni, o che pagherà l'imposta a norma degli articoli 19 e 20 DCA se le merci sono usate per il suo consumo personale ( art. 14 cpv. 2 DCA ). Se è presumibile che avverranno soltanto forniture all'ingrosso a grossisti, la dichiarazione menzionata sopra può avvenire su di un modulo stabilito dall'Amministrazione federale delle contribuzioni. In questo caso, fino a che non sia stata revocata da chi l'ha rilasciata, essa è valida per tutte le forniture all'ingrosso ( art. 14 cpv. 3 DCA ); se il grossista fa uso di tale possibilità, deve informare per scritto il fornitore prima della scadenza dell'imposta se, eccezionalmente, riceve delle merci da adoperare in modo diverso dalla rivendita, dall'uso come materia prima per la fabbricazione professionale di merci o, infine, dall'esecuzione professionale di costruzioni ( art. 14 cpv. 3 lett. b DCA ). b) Nella decisione impugnata, l'Amministrazione federale delle contribuzioni ha considerato che le tre premesse testé esposte, da cui dipende l'esenzione fiscale, - fornitura all'ingrosso, a un grossista, avvenuta sulla base di una dichiarazione di grossista - devono essere adempiute cumulativamente. Siccome, in concreto, le forniture oggetto di ripresa fiscale sono avvenute dopo che il compratore, la Y S.A., è stato radiato dal registro dei contribuenti grossisti, l'autorità fiscale ha ritenuto che si trattava di forniture a un non grossista e che, pertanto, esse erano imponibili: la questione di sapere se la ricorrente abbia agito in buona fede, vale a dire confidando nella dichiarazione di grossista rilasciatale, è, sempre secondo l'autorità citata, priva di rilevanza. c) La ricorrente contesta tali tesi. Sostiene di aver agito in buona fede, confidando nella dichiarazione di grossista presentata dall'acquirente. Afferma che una simile fattispecie non è regolata dalla legge: sussiste pertanto una lacuna legislativa. Questa, a suo avviso, va colmata dichiarando protetta la buona fede del fornitore: tale soluzione scaturisce dall' art. 14 cpv. 5 DCA e contrario e dal principio costituzionale della buona fede. 5. a) Il principio della buona fede in diritto pubblico ha due aspetti: uno, negativo, vieta l'abuso di diritto e l'adozione di un comportamento contraddittorio, e ha come corrispondente, in diritto privato, BGE 118 Ib 580 S. 583 quanto sancito dall' art. 2 cpv. 2 CC (cfr. DTF 108 II 214 consid. 6a, 104 II 101 consid. 2); l'altro, positivo, garantisce la protezione della fiducia riposta in assicurazioni e nel comportamento dell'autorità (principio della buona fede in senso stretto; cfr. B. KNAPP, Précis de droit administratif, 4a ed., Basilea 1991, pag. 105 n. 498; U. HÄFELIN/G. MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, Zurigo 1990, pag. 110, n. 521 e segg.; G. MÜLLER, in: Commentario della Costituzione federale, nota 60 all' art. 4 Cost. ; P. MOOR, Droit administratif, Les fondements généraux, vol. 1, Berna 1988, pag. 358 e segg.); in diritto privato esso ha un corrispondente, tra l'altro, nel principio dell'affidamento (cfr. ROBERT PATRY, Le principe de la confiance et la formation du contrat en droit suisse, Diss. Ginevra, Ginevra 1953, pag. 269 e segg., in particolare pag. 271; FRANÇOIS PICOT, La bonne foi en droit public, in: RDS NF 96 (1977) II pag. 136 e seg.; H. M. RIEMER, Die Einleitungsartikel des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, Zurigo 1987, pag. 81 e seg.) e negli art. 375 cpv. 3, 714 cpv. 2 e 933-935 CC (cfr. PATRY, op.cit., pag. 270; RIEMER, op.cit., pag. 94 e segg.). b) In concreto, la ricorrente fa valere che era legittimata a confidare nella dichiarazione di grossista rilasciatale: si appella pertanto al principio della buona fede in senso stretto. Senonché, per prassi costante, affinché tale principio trovi applicazione è indispensabile che l'interessato abbia confidato nel comportamento di un'autorità e non in quello della propria controparte contrattuale (cfr. DTF 115 Ia 18 consid. 4a). Orbene, l'iscrizione di un contribuente nel registro dei grossisti costituisce un'azione dell'amministrazione. Per converso, la dichiarazione di grossista non è un atto dell'autorità. Essa è rilasciata dal grossista stesso, se, nell'ambito della propria libertà contrattuale, egli decide di far uso di tale strumento (cfr. consid. 8b). Anche il fatto che, in virtù dell' art. 14 cpv. 3 DCA , tale dichiarazione può essere fatta su di un modulo stabilito dall'Amministrazione federale delle contribuzioni e può avere carattere durevole, non porta a giudizio diverso. In effetti, è comunque il grossista che decide di far uso di una simile possibilità e spetta a lui numerare progressivamente tali dichiarazioni e tenere un elenco delle stesse a disposizione dell'autorità fiscale ( art. 14 cpv. 2 lett. a DCA ). Va poi osservato che le dichiarazioni di grossista vanno revocate da chi le ha rilasciate, non appena questi sia tenuto, giusta l' art. 32 DCA , a far cancellare la sua iscrizione dal registro dei contribuenti grossisti ( art. 14 cpv. 4 DCA ). L'Amministrazione federale delle contribuzioni è invece competente solo per la radiazione del grossista dal registro e per ritirare la relativa attestazione d'iscrizione (cfr. art. 32 e 33 DCA ). D'altro canto, detta BGE 118 Ib 580 S. 584 autorità non sarebbe neppure in grado di ritirare le dichiarazioni di grossista, in quanto le stesse non le sono note. c) Si può infine aggiungere che l'Amministrazione federale delle contribuzioni ha la possibilità di pubblicare il registro dei grossisti, ma non è obbligata a farlo (art. 33 cpv. 1 seconda frase DCA). Il fatto che sino a oggi essa abbia rinunciato a far uso di tale competenza è del resto palesemente connesso, tra l'altro, con il desiderio di evitare che i contribuenti accordino eccessiva fiducia a una pubblicazione che, in ragione dell'elevata frequenza di mutamenti del citato registro, potrebbe non essere aggiornata. Nondimeno, l'autorità fiscale fornisce informazioni a ogni grossista che intende sapere se la sua controparte contrattuale è (o è ancora) iscritta nel registro dei contribuenti grossisti. d) Da quanto esposto discende che l'Amministrazione federale delle contribuzioni non era tenuta a comunicare alla ricorrente la radiazione dal registro dei grossisti della Y S.A. né era in grado di farlo. Non sussiste dunque alcuna attività (o omissione) di un'autorità suscettibile di creare un'aspettativa tale da poter giustificare un'applicazione del principio della protezione della buona fede. 6. Resta da esaminare se il decreto federale sulla cifra d'affari vada oltre quanto sancito dal principio della buona fede e protegga la fiducia del fornitore che confida nella dichiarazione di grossista rilasciatagli. Il Tribunale federale non ha ancora avuto occasione di pronunciarsi in proposito. Una fattispecie simile, ma non del tutto paragonabile, era posta a fondamento della sentenza pubblicata in ASA 22 pag. 278 e segg. Si trattava allora di esaminare l'imposizione di alcune forniture effettuate sulla base di una falsa dichiarazione di grossista; tuttavia, in tale occasione, secondo le costatazioni del Tribunale federale, il venditore avrebbe dovuto notare che la dichiarazione era falsa: non vi era dunque buona fede e non è pertanto stato necessario stabilire se, in caso contrario, il giudizio sarebbe stato diverso. Il problema qui esaminato è invece stato discusso nella decisione pubblicata in ASA 25 pag. 143 e segg., che non emana però dal Tribunale federale, bensì dall'Amministrazione federale delle contribuzioni. Quest'ultima ha ritenuto che la buona fede del contribuente non può supplire alla mancanza di alcuna delle condizioni dalle quali dipende l'esenzione fiscale; la medesima opinione è condivisa da WELLAUER (Warenumsatzsteuer, Berna 1959, n. 419) e da METZGER (Handbuch der Warenumsatzsteuer, Bern 1983, n. 481). 7. a) La questione sollevata va risolta in base al testo e alla sistematica del decreto federale sulla cifra d'affari, che, per quanto qui interessa, è equivalente a una legge in senso formale. BGE 118 Ib 580 S. 585 b) L'esenzione fiscale prevista all' art. 14 cpv. 1 lett. a DCA , che favorisce le forniture all'ingrosso a grossisti, è di natura tecnica: essa serve a realizzare il principio per cui ogni merce, nella via che dal produttore porta al consumatore finale, viene imposta almeno una volta, ma, di principio, una volta sola. Affinché una simile regolamentazione sia praticabile, essa deve potersi fondare su premesse formali, facilmente verificabili (METZGER, op.cit., n. 478). Viene di conseguenza esentata dal pagamento solo la fornitura all'ingrosso, ovvero la consegna di merci destinate alla rivendita o all'uso come materia prima per fabbricare o eseguire, professionalmente, merci o costruzioni ( art. 15 cpv. 3 DCA ); l'esenzione sussiste inoltre solo per forniture tra grossisti (art. 9 e segg. DCA) e non trova applicazione se il compratore, pur rimanendo grossista, mette in pericolo i diritti del fisco e, per tale ragione, viene stralciato dal registro citato (art. 27 cpv. 4 seconda frase DCA). c) Va poi rilevato che, giusta gli art. 30 e segg. DCA, il grossista deve annunciarsi all'autorità fiscale federale. Quest'ultima lo iscrive nell'apposito registro e gli consegna un'attestazione d'iscrizione ( art. 33 cpv. 2 DCA ). Questa permette al suo titolare di rilasciare al proprio fornitore una dichiarazione di grossista ai sensi dell' art. 14 cpv. 2 DCA e lo legittima in tal modo a comperare merci in franchigia d'imposta. Senza tale iscrizione non è possibile emanare la menzionata dichiarazione, che deve indicare il numero sotto il quale il compratore è iscritto nel registro dei contribuenti grossisti ( art. 14 cpv. 2 DCA ). Le dichiarazioni di grossista devono del resto essere revocate non appena chi le ha rilasciate cessa di essere grossista e va pertanto radiato dal menzionato registro ( art. 14 cpv. 4 e 32 DCA ). 8. a) Come testé evidenziato, la premessa essenziale da cui dipende l'esenzione fiscale prevista all' art. 14 cpv. 1 lett. a DCA è costituita dall'esistenza di una fornitura all'ingrosso tra due grossisti; il compratore non deve inoltre essere stato radiato dal cennato registro in virtù dell' art. 27 cpv. 4 DCA . Condizione aggiuntiva è infine la necessità del rilascio di una dichiarazione di grossista, con la quale l'acquirente comunica al fornitore che sussistono le premesse oggettive per una transazione esente da imposta: egli informa cioè la propria controparte contrattuale che, essendo iscritto nel citato registro, sarà egli stesso tenuto a versare l'imposta sulla cifra d'affari (cfr. art. 8 cpv. 1 lett. a DCA ) e può pertanto beneficiare di acquisti all'ingrosso esenti da tributo. Ne consegue che i contribuenti iscritti nel registro dei grossisti possono concordare tra loro chi sarà astretto al versamento dell'imposta sulla cifra d'affari: il fornitore, se la merce BGE 118 Ib 580 S. 586 non viene consegnata sulla base di una dichiarazione di grossista, il compratore in caso contrario. La libertà di determinare il momento della riscossione dell'imposta sussiste tuttavia unicamente se sono adempite le condizioni fissate dalla legge per la concessione di tale privilegio, segnatamente se entrambe le parti sono tenute a versare il tributo e se l'incasso del corrispondente credito fiscale non appare minacciato. Tale ipotesi non si realizza da un lato se, al momento della scadenza dell'imposta, l'acquirente non è più grossista ai sensi degli art. 9 e segg. DCA (e non è pertanto più soggetto fiscale); dall'altro se il compratore, grossista, mette in pericolo i diritti del fisco e, per tale ragione, viene radiato dal registro dei grossisti ( art. 27 cpv. 1 e 4 DCA ). In quest'ultima eventualità, l'acquirente rimane in effetti soggetto fiscale, le difficoltà di incasso del tributo hanno però condotto il legislatore a escludere la possibilità di una traslazione dell'onere contributivo ( art. 27 cpv. 4 DCA ; cfr. WELLAUER, op.cit., n. 878). b) Quanto esposto non muta nel caso l'acquirente rilasci delle dichiarazioni di grossista senza averne il diritto. In effetti, l'esistenza di una siffatta dichiarazione è solo uno dei presupposti per l'esenzione fiscale di una determinata transazione: costituisce cioè solo il mezzo di cui le parti dispongono per differire la riscossione del tributo. Se queste decidono di utilizzarlo, agiscono nell'ambito dell'autonomia contrattuale loro riservata e sopportano le conseguenze di tale scelta: in particolare, si assumono il rischio che le premesse oggettive per il differimento dell'imposta non siano adempiute. La dichiarazione di grossista rilasciata da una persona non legittimata a emetterla è, in effetti, priva di rilevanza ai fini della determinazione dell'onere contributivo. 9. Non porta a conclusioni diverse l' art. 14 cpv. 5 DCA , che recita: "Se il fornitore deve ammettere, secondo le circostanze, che non si verificano le condizioni necessarie per la fornitura all'ingrosso esente da imposta, il fatto che è in possesso della dichiarazione prescritta dal capoverso 2 o 3 non lo libera dall'obbligo di pagare l'imposta." Tale disposizione si riferisce esplicitamente solo al caso in cui non sono adempiute le premesse per una fornitura all'ingrosso, ai sensi dell' art. 15 cpv. 3 DCA . In una simile circostanza, il sistema a stadio unico - per cui l'imposta sulla cifra d'affari va percepita una sola volta nel corso della via che conduce la merce dal produttore al consumatore finale - non è posto di discussione. In effetti, se un bene, ricevuto in esenzione d'imposta a norma dell' art. 14 cpv. 1 lett. a e 2 DCA , BGE 118 Ib 580 S. 587 è utilizzato altrimenti che per la rivendita o l'uso come materia prima per fabbricare o eseguire, professionalmente, merci o costruzioni, vi è consumo personale e il grossista è tenuto a pagare l'imposta sulla cifra d'affari (cfr. combinati art. 13 cpv. 1 lett. a e art. 16 cpv. 1 lett. a DCA ; cfr. ASA 58 pag. 450 consid. 3). Del resto, è questa la ragione per cui le dichiarazioni di grossista devono indicare che colui che le emette pagherà l'imposta a norma degli art. 19 e 20 DCA se le merci ricevute saranno utilizzate per il suo consumo personale ( art. 14 cpv. 2 DCA ). Va poi osservato che l'accertamento dell'esistenza di una fornitura all'ingrosso può avvenire solo allorquando il bene comperato viene utilizzato dall'acquirente. Orbene, l'esenzione fiscale di cui ha beneficiato il fornitore non cade con effetto retroattivo nel caso il compratore utilizzi la merce in modo diverso da quanto espresso con la dichiarazione di grossista: in una simile fattispecie sussiste in effetti consumo personale ed è l'acquirente stesso che è chiamato a versare il tributo. Ne consegue che il fornitore in possesso di una dichiarazione di grossista formalmente valida non è tenuto a verificare come siano effettivamente utilizzate le merci che egli consegna. Nondimeno, onde evitare possibili abusi, l' art. 14 cpv. 5 DCA impone un certo obbligo di accertamento: se il venditore deve ammettere che non si tratta di una fornitura all'ingrosso, la transazione è imponibile, anche se si fonda su di una dichiarazione di grossista. Grazie a tale regola si evita che vengano acquistate in esenzione d'imposta merci evidentemente destinate a essere utilizzate per il consumo personale (ad esempio quali mezzi di esercizio) e si impedisce che l'imposizione fiscale dipenda esclusivamente dal fatto che l'acquirente contabilizzi separatamente determinate merci e paghi su di esse l'imposta per il consumo personale. Ne deriva che il fornitore risponde con il compratore del versamento dell'imposta nel caso fosse evidente che non sussistevano le condizioni per una fornitura all'ingrosso (ASA 58 pag. 56 consid. 1b; WELLAUER, op.cit., n. 420 e 421; METZGER, op.cit., n. 482 e 483). 10. Dalle considerazioni esposte discende che, contrariamente a quanto affermato dal ricorrente, non vi è una lacuna legislativa. Il testo di legge esprime infatti chiaramente quanto dettato dal sistema d'imposizione a stadio unico, sancito dal decreto federale sulla cifra d'affari. Esso prevede che ogni merce, nella via che dal produttore conduce al consumatore finale, deve essere imposta una volta; un'esenzione fiscale può pertanto sussistere solo per forniture all'ingrosso, avvenute tra grossisti sulla base di una dichiarazione di grossista. Del resto, se l'esenzione fiscale dipendesse solo dalla fiducia riposta dal fornitore nella dichiarazione di grossista ricevuta, sussisterebbe BGE 118 Ib 580 S. 588 un eccessivo pericolo di abusi. In effetti, se il compratore non è grossista, non è soggetto fiscale: l'Amministrazione federale delle contribuzioni potrebbe pertanto incassare l'imposta solo dal fornitore; per farlo essa dovrebbe però dimostrare la sua mala fede, ciò che comporterebbe enormi difficoltà pratiche. L'incasso del tributo sarebbe parimenti estremamente insicuro se dovesse essere percepito dal compratore anche nei casi in cui quest'ultimo, pur restando soggetto fiscale, è stato radiato dal registro dei grossisti poiché i diritti del fisco erano minacciati. Il legislatore ha evitato tali difficoltà, scegliendo una soluzione per cui la dichiarazione di grossista è solo uno strumento mediante il quale le parti possono convenire la traslazione dell'imposta. Esse possono farne uso solo se sono disposte ad accordare fiducia alla propria controparte contrattuale (e non al fisco, cfr. consid. 9b): il fornitore sopporta infatti i rischi connessi con una dichiarazione di grossista non corrispondente al vero. Solo in merito all'esistenza di una fornitura all'ingrosso la legge concede importanza alla buona fede del fornitore: in tal ambito, una simile soluzione è infatti conforme al sistema d'imposizione (cfr. consid. 9). 11. In concreto, la decisione impugnata non specifica per quali ragioni la Y S.A. è stata radiata dal registro dei contribuenti grossisti. Tale circostanza è tuttavia irrilevante. Un simile provvedimento può infatti avvenire solo in virtù dell' art. 32 DCA o dell' art. 27 cpv. 4 DCA : in un caso come nell'altro la radiazione comporta l'impossibilità del fornitore di appellarsi all'esenzione fiscale prevista all' art. 14 cpv. 1 lett. a DCA . La radiazione a norma dell' art. 32 DCA avviene infatti solo se l'interessato non adempie più né le premesse poste dall' art. 9 cpv. 1 lett. a e b DCA né quelle fissate dall' art. 10 DCA e se non esistono più i motivi per un'iscrizione spontanea nel registro dei grossisti, giusta gli art. 9 cpv. 1 lett. c DCA e 31 DCA. Ne consegue che tale provvedimento, da un lato, constata che l'interessato non adempie più i presupposti per essere considerato un grossista obbligatorio (art. 9 cpv. 1 lett. a e b e art. 10 DCA ), dall'altro, impedisce la sua qualifica quale grossista volontario (art. 9 cpv. 1 lett. c e art. 31 DCA ). Le merci consegnate a un compratore radiato dal citato registro giusta l' art. 32 DCA non sono quindi fornite a un grossista: difetta pertanto una delle premesse indispensabili all'esenzione fiscale prevista dall' art. 14 cpv. 1 lett. a DCA (cfr. consid. 9). Se, per converso, la radiazione è avvenuta in virtù dell' art. 27 cpv. 4 DCA , l'impossibilità del compratore di beneficiare di acquisti in franchigia d'imposta deriva direttamente dal testo stesso dell'articolo (art. 27 cpv. 4 seconda frase DCA; cfr. pure consid. 8). BGE 118 Ib 580 S. 589 12. Da quanto esposto discende che l'esenzione fiscale prevista all' art. 14 cpv. 1 lett. a DCA non è applicabile allorquando delle merci vengono fornite a un compratore che è stato radiato dal registro dei grossisti. Una simile soluzione è del resto conforme a quanto previsto dall' art. 14 cpv. 2 e 4 DCA , che fa dipendere la possibilità di rilasciare una dichiarazione di grossista dall'iscrizione nel menzionato registro (cpv. 2) e che impone di revocarla non appena chi l'ha emessa è tenuto a far cancellare la propria iscrizione in virtù dell' art. 32 DCA (cpv. 4). L'autorità fiscale federale non ha quindi errato, ritenendo che le note forniture della ricorrente alla Y S.A. andavano assoggettate all'imposta sulla cifra d'affari: il ricorso, infondato, va respinto e la decisione impugnata va confermata.
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1,992
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0fe3e40d-0fd6-49c7-8dc0-d139f600b105
Urteilskopf 105 Ib 205 32. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 18. Oktober 1979 i.S. B. gegen Regierungsrat des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Entzug des Führerausweises wegen deliktischen Missbrauchs des Motorfahrzeugs ( Art. 16 Abs. 3 lit. f SVG ). 1. Der Begriff des Verbrechens gemäss Art. 16 Abs. 3 lit. f SVG richtet sich nach StGB (E. 1). 2. Notwendiger Zusammenhang zwischen der Verwendung des Motorfahrzeugs und der Begehung des Delikts (hier bejaht für einen Benzindiebstahl) (E. 1). 3. Berücksichtigung der besonderen Nähe des Entzugstatbestands zur strafrechtlichen Sanktion bei der Bemessung der Entzugsdauer (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 205 BGE 105 Ib 205 S. 205 B. tankte vom November 1977 bis 16. Mai 1978 bei einer Selbstbedienungstankstelle widerrechtlich zu Lasten seines ehemaligen Arbeitgebers Benzin. Die insgesamt bezogenen BGE 105 Ib 205 S. 206 262,3 Liter Super-Benzin ergaben einen Deliktsbetrag von Fr. 235,60. Im polizeilichen Ermittlungsverfahren wurde festgestellt, dass B. anlässlich seiner früheren Tätigkeit als Chauffeur bei der geschädigten Firma den damals vermeintlich verlorenen Tankstellenschlüssel nach Wiederauffinden der Berechtigten nicht zurückgegeben hatte. Die Polizeidirektion des Kantons Zürich warf B. Verwendung eines Motorfahrzeugs zu deliktischen Zwecken vor und entzog ihm den Führerausweis auf die Dauer von sechs Monaten. Im Verfahren vor dem Regierungsrat beantragten sowohl B. als auch die Polizeidirektion die Gutheissung der Beschwerde; B. erachtete eine Entzugsdauer von einem Monat, die Polizeidirektion eine solche von vier Monaten für angemessen. Der Regierungsrat hiess die Beschwerde teilweise gut und verfügte eine Herabsetzung der Entzugsdauer auf drei Monate. Hiegegen erhebt B. Verwaltungsgerichtsbeschwerde und verlangt die Herabsetzung der Entzugsdauer auf einen Monat. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Gemäss Art. 16 Abs. 3 lit. f SVG muss der Führerausweis entzogen werden, wenn der Führer "ein Motorfahrzeug zur Begehung eines Verbrechens oder mehrmals zu vorsätzlichen Vergehen verwendet hat". Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer wiederholt rechtswidrig zulasten seines früheren Arbeitgebers getankt und damit den Tatbestand des Diebstahls erfüllt hat. Er wurde deswegen von der Bezirksanwaltschaft Bülach wegen fortgesetzten Diebstahls mit 24 Tagen Gefängnis bedingt bestraft (Strafbefehl vom 31. Oktober 1978). Der Beschwerdeführer hat das Benzin mit seinem Personenwagen getankt. Es kann nicht fraglich sein und wird auch nicht bestritten, dass er im Sinn von Art. 16 Abs. 3 lit. f SVG zur Begehung des Diebstahls ein Motorfahrzeug verwendet hat. Der notwendige Zusammenhang zwischen der Verwendung des Motorfahrzeugs und der Begehung des Benzindiebstahls ist offensichtlich gegeben (vgl. zu diesem Zusammenhang das Kreisschreiben der Eidg. Polizeiabteilung an die zuständigen kantonalen Behörden und Beschwerdeinstanzen vom 21. Juli 1975, VPB 39/1975 Nr. 126 S. 65). Der Diebstahl ist eine mit Zuchthaus bedrohte strafbare Handlung und stellt damit im Sinn des StGB (Art. 9 Abs. 1) ein BGE 105 Ib 205 S. 207 Verbrechen dar. Nach diesem Begriff kommt es nicht darauf an, ob im Einzelfall auf Zuchthaus erkannt wird oder nicht. Auch ein Diebstahl, der wie im vorliegenden Fall mit einer Gefängnisstrafe von 24 Tagen (unter bedingtem Strafvollzug) bestraft wird und der innerhalb des für dieses Delikt gegebenen weiten Strafrahmens eher als Bagatelldelikt erscheinen mag, ist im Sinn des StGB ein Verbrechen. Es besteht ferner kein Zweifel, dass der Gesetzgeber in Art. 16 Abs. 3 lit. f SVG für den Begriff des Verbrechens auf die Terminologie des StGB abstellte (vgl. Botschaft betreffend Änderung des SVG vom 14. November 1973, BBl 1973 II, S. 1183; s. auch das zit. Kreisschreiben der Eidg. Polizeiabteilung in VPB 39/1975 Nr. 126, S. 65 f., wonach sich der Begriff des Verbrechens nach Art. 9 StGB richte). Mit Rücksicht auf die einheitliche Handhabung des Entzugsgrunds und die wirksame Verbrechensbekämpfung wurde überdies ausdrücklich ein bloss fakultativer Entzug abgelehnt (Botschaft a.a.O.; Berichterstatter Munz im Ständerat, Amtl. Bull. 1974 S. 103). Für die Anordnung der Massnahme an sich kann somit die relative Geringfügigkeit eines Verbrechens nicht berücksichtigt werden; ein Entzug hat in jedem Fall zu erfolgen. Inwiefern dem Gewicht des Delikts allenfalls im Rahmen der Entzugsdauer Rechnung getragen werden kann, ist nachfolgend zu prüfen. 2. a) Für die Dauer eines gestützt auf Art. 16 Abs. 3 lit. f SVG anzuordnenden Entzugs kommen grundsätzlich die Regeln über die zeitlich beschränkten Warnungsentzüge entsprechend zur Anwendung, wenn nicht zusätzlich die besonderen Voraussetzungen eines Sicherungsentzugs gemäss Art. 14 Abs. 2 lit. d und Art. 16 Abs. 1 SVG gegeben sind ( BGE 104 Ib 98 E. 2), was hier nicht der Fall ist. Nach Art. 17 Abs. 1 SVG ist der Entzug auf eine bestimmte Dauer festzusetzen, mindestens auf einen Monat ( Art. 17 Abs. 1 lit. a SVG ); die Dauer bemisst sich nach den Umständen. Im übrigen ist ihre Bestimmung Sache der kantonalen Behörde, die in dieser Beziehung über einen Spielraum des Ermessens verfügt. Dabei sind bei einem Warnungsentzug für die Bemessung der Dauer die Kriterien gemäss Art. 33 Abs. 2 VZV zu berücksichtigen. Danach richtet sich die Dauer der Massnahme vor allem nach der Schwere des Verschuldens, dem Leumund des Motorfahrzeugführers sowie nach der beruflichen Notwendigkeit, ein Motorfahrzeug zu führen. Es rechtfertigt sich, diese Kriterien auch auf den Entzugstatbestand BGE 105 Ib 205 S. 208 des Art. 16 Abs. 3 lit. f SVG anzuwenden, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Entzug gemäss Art. 16 Abs. 3 lit. f SVG nicht in erster Linie der Förderung der Verkehrssicherheit dient, sondern eine wirksamere Verbrechensbekämpfung bezweckt ( BGE 104 Ib 98 E. 2). Bei der Gewichtung des Verschuldens ist daher der besonderen Nähe des Entzugstatbestands zur strafrechtlichen Sanktion Rechnung zu tragen (vgl. BGE 104 Ib 99 E. 3). Es ist dabei namentlich auch zu berücksichtigen, ob ein Straftatbestand schwerwiegend verletzt wurde oder ob es sich eher um ein geringfügiges Delikt handelt. b) Wie aus dem niedrigen Strafmass (24 Tage Gefängnis) folgt, wiegen das Delikt und das Verschulden des Beschwerdeführers nicht sehr schwer. Überdies ist der Beschwerdeführer als Berufschauffeur beruflich in erheblichem Mass auf den Führerausweis angewiesen. Sein automobilistischer Leumund scheint nicht besonders belastet zu sein. Man kann sich fragen, ob es unter diesen Umständen nicht angezeigt gewesen wäre, die minimale Entzugsdauer anzusetzen. Indes steht dem Bundesgericht eine eigentliche Überprüfung der Angemessenheit der Massnahme nicht zu ( Art. 104 lit. c OG ); es kann lediglich eingreifen, wenn die kantonale Behörde das ihr in dieser Beziehung zustehende Ermessen überschritten oder missbraucht hat ( Art. 104 lit. a OG ). Der Regierungsrat hat den ursprünglich auf sechs Monate angeordneten Entzug mit Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers und seine Massnahmeempfindlichkeit auf drei Monate herabgesetzt. Angesichts des fortgesetzt begangenen Diebstahls lässt es sich sachlich immerhin rechtfertigen, dass der Regierungsrat den Entzug nicht auf die Minimaldauer herabgesetzt hat; jedenfalls liegt darin nicht geradezu eine Überschreitung oder ein Missbrauch seines Ermessens. Der angefochtene Entscheid verletzt daher hinsichtlich der Entzugsdauer Bundesrecht nicht, weshalb die Beschwerde insofern abzuweisen ist.
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1,979
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0fe52263-1c08-4050-95c9-a25c24bcd229
Urteilskopf 135 II 209 22. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilungi.S. R. gegen Einfache Gesellschaft A./B./C. und Politische Gemeinde Rüti (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 1C_188/2007 vom 1. April 2009
Regeste Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder von nationaler Bedeutung (ISOS); Beachtung in der Nutzungsplanung und beim Erlass eines Gestaltungsplans; Art. 5 ff. NHG . Bedeutung des Bundesinventars bei der Erfüllung von Bundesaufgaben sowie beim Vollzug von kantonalen Aufgaben und in der Raumplanung (E. 2.1); Umsetzung durch unterschiedliche Planungsmassnahmen (E. 2.2); Tragweite der bundesrechtlichen Vorgaben für den umstrittenen Gestaltungsplan (E. 2.3). Beachtung der Anforderungen in förmlicher Hinsicht (E. 3). Berücksichtigung der ISOS-Anliegen, wenn mit einem Gestaltungsplan von der Regelbauweise abgewichen wird (E. 5.2); in Anbetracht der massiven Abweichungen hält der umstrittene Gestaltungsplan vor den Grundanliegen des ISOS und der Kernzonenbestimmungen nicht stand (E. 5.5- 5.8).
Sachverhalt ab Seite 210 BGE 135 II 209 S. 210 Die Gemeindeversammlung Rüti stimmte am 6. Juni 2005 dem privaten Gestaltungsplan "Stadtzentrum Rüti" entsprechend dem Antrag des Gemeinderates zu. Dieser umfasst ein 11'600 m2 grosses Areal zwischen der westlich davon fliessenden Jona und den östlich davon verlaufenden Ferrachstrasse und Werkstrasse. Im südlichen Teil sollen in den Baubereichen A-D vier lang gezogene und mit Flachdächern versehene Wohnbauten mit je vier Vollgeschossen und BGE 135 II 209 S. 211 Attikageschossen erstellt werden. Der nördliche Teil umfasst die zu erhaltende Cardenfabrik sowie die Baubereiche E und F; im Baubereich E ist ein siebengeschossiges Gebäude von 22,1 m mit Flachdach vorgesehen. Das Beizugsgebiet liegt teils in der Zentrumszone, teils in der Kernzone II gemäss Bauordnung der Gemeinde Rüti. Am 6. November 2006 erteilte die Baudirektion des Kantons Zürich dem Gestaltungsplan die erforderliche Genehmigung. R. als Eigentümer einer benachbarten Eigentumswohnung gelangte erfolglos an die Baurekurskommission III des Kantons Zürich. In der Folge wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde von R. am 10. Mai 2007 ab. Es führte im Wesentlichen aus, dass für die Planung und somit auch die Gestaltungsplanung eine Pflicht zur Berücksichtigung des ISOS und das für den Ortskern von Rüti formulierte Schutzziel bestehe. Dem seien der Kanton Zürich und die Gemeinde Rüti nachgekommen. Die Natur- und Heimatschutzkommission habe sich in ihrer Stellungnahme mit dem schutzwürdigen Ortsbild hinreichend auseinandergesetzt. Es überzeuge die Auffassung, wonach dem Gestaltungsplan im Spannungsfeld zwischen einem Einfamilienhausquartier und den Mehrfamilienhäusern eine Scharnierfunktion zukomme und der Baukörper E einen Gegenakzent zum dominierenden Postgebäude setze. Gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts hat R. beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben. Er macht im Wesentlichen geltend, dass den Schutzvorgaben gemäss ISOS in formeller Hinsicht bei der Ausgestaltung des Gestaltungsplanes nicht Rechnung getragen worden sei und dieser in materieller Hinsicht im Widerspruch mit den genannten Vorgaben stehe. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, soweit darauf einzutreten war, und hebt das Urteil des Verwaltungsgerichts und den Zustimmungsbeschluss der Gemeindeversammlung zum Gestaltungsplan auf. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Beschwerdeführer macht sowohl in formeller wie in materieller Hinsicht geltend, es sei den Vorgaben der Aufnahme von Rüti ins Inventar schützenswerter Ortsbilder der Schweiz (ISOS) nicht Rechnung getragen worden. Es rechtfertigt sich, vorgängig auf die Bedeutung des Bundesinventars und der entsprechenden Vorgaben und deren Umsetzung im kantonalen Recht einzugehen. BGE 135 II 209 S. 212 2.1 Im Rahmen der Zuständigkeitsordnung gemäss Art. 78 BV bezweckt das Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG; SR 451), das heimatliche Landschafts- und Ortsbild, die geschichtlichen Stätten sowie die Natur- und Kulturdenkmäler des Landes zu schonen, zu schützen sowie ihre Erhaltung und Pflege zu fördern ( Art. 1 NHG ). Der Bund, seine Anstalten und Betriebe sowie die Kantone sorgen bei der Erfüllung von Bundesaufgaben dafür, dass das heimatliche Landschafts- und Ortsbild, geschichtliche Stätten sowie Natur- und Kulturdenkmäler geschont werden und, wo das allgemeine Interesse an ihnen überwiegt, ungeschmälert erhalten bleiben ( Art. 2 und Art. 3 Abs. 1 NHG ). Hierfür erstellt der Bundesrat nach Anhören der Kantone Inventare von Objekten von nationaler Bedeutung ( Art. 5 Abs. 1 NHG ). Dazu zählt namentlich das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder von nationaler Bedeutung (ISOS) gemäss der entsprechenden Verordnung vom 9. September 1981 (VISOS; SR 451.12). In deren Anhang werden die einzelnen Objekte festgehalten. Die Umschreibung der Objekte und ihrer Schutzwürdigkeit gemäss Art. 5 Abs. 1 NHG erfolgt in separaten Inventarblättern (vgl. hierzu Urteil 1A.6/2007 vom 6. September 2007 E. 3; vgl. ARNOLD MARTI, Das Schutzkonzept des Natur- und Heimatschutzes, SJZ 104/2008 S. 83 [im Folgenden: Schutzkonzept]). Durch die Aufnahme eines Objektes von nationaler Bedeutung in ein Inventar des Bundes wird dargetan, dass es in besonderem Masse die ungeschmälerte Erhaltung, jedenfalls unter Einbezug von Wiederherstellungs- oder angemessenen Ersatzmassnahmen die grösstmögliche Schonung verdient ( Art. 6 Abs. 1 NHG ). Ein Abweichen von der ungeschmälerten Erhaltung im Sinne der Inventare darf bei Erfüllung einer Bundesaufgabe nur in Erwägung gezogen werden, wenn ihr bestimmte gleich- oder höherwertige Interessen von ebenfalls nationaler Bedeutung entgegenstehen ( Art. 6 Abs. 2 NHG ). Der von den Inventaren ausgehende Schutz ist damit im Grundsatz an eine Interessenabwägung geknüpft; diese fällt umso strenger aus, als Eingriffe in Schutzobjekte von nationaler Bedeutung einer qualifizierten Rechtfertigung im Sinne von gleich- oder höherwertigen Interessen von nationaler Bedeutung bedürfen (vgl. MARTI, Schutzkonzept, a.a.O., S. 85). Diese Schutzbestimmung gilt indes, wie Art. 6 Abs. 2 NHG festhält, lediglich bei der Erfüllung von Bundesaufgaben ( Art. 2 und 3 NHG ) in unmittelbarer Weise. Bei der Erfüllung von kantonalen BGE 135 II 209 S. 213 (und kommunalen) Aufgaben - wozu im Grundsatz die Nutzungsplanung zählt - wird der Schutz von Ortsbildern durch kantonales (und kommunales) Recht gewährleistet. Dies ergibt sich verfassungsrechtlich aus Art. 78 Abs. 1 BV , wonach die Kantone für den Natur- und Heimatschutz zuständig sind (vgl. Urteil 1A.142/2004 vom 10. Dezember 2004 E. 4.2, in: ZBl 106/2005 S. 602; ARNOLD MARTI, in: Die Schweizerische Bundesverfassung, 2. Aufl. 2008, N. 4 f. zu Art. 78 BV ). Auch bei der Erfüllung von kantonalen (und kommunalen) Aufgaben sind indessen Bundesinventare wie das ISOS von Bedeutung. Ihrer Natur nach kommen sie Sachplänen und Konzepten im Sinne von Art. 13 RPG (SR 700) gleich. Im Rahmen der allgemeinen Planungspflicht der Kantone ( Art. 2 RPG ) legen diese die Planungsgrundlagen in ihrer Richtplanung im Allgemeinen fest ( Art. 6 RPG ) und berücksichtigen die Bundesinventare als besondere Form von Konzepten und Sachplänen im Speziellen ( Art. 6 Abs. 4 RPG ). Aufgrund der Behördenverbindlichkeit der Richtplanung ( Art. 9 RPG ) finden die Schutzanliegen des Bundesinventars auf diese Weise Eingang in die Nutzungsplanung ( Art. 14 ff. RPG ), insbesondere in die Ausscheidung von Schutzzonen ( Art. 17 Abs. 1 RPG ) und in die Anordnung von andern Schutzmassnahmen ( Art. 17 Abs. 2 RPG ). Die derart ausgestaltete Nutzungsplanung ist auch für die Eigentümer verbindlich. Insoweit besteht, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, für die Kantone (und Gemeinden) eine Pflicht zur Berücksichtigung von Bundesinventaren (vgl. zum Ganzen ARNOLD MARTI, Bundesinventare - eigenständige Schutz- und Planungsinstrumente des Natur- und Heimatschutzes, URP 2005 S. 634 ff.; RAUSCH/MARTI/GRIFFEL, Umweltrecht, 2004, Rz. 527 ff. und 565). Die Pflicht zur Beachtung findet zum einen ihren Niederschlag in der Anwendung der die Schutzanliegen umsetzenden (Nutzungs-)Planung. Zum andern darin, dass im Einzelfall erforderliche Interessenabwägungen im Lichte der Heimatschutzanliegen vorgenommen werden. Das ist insbesondere der Fall, wenn von der Grundnutzungsordnung abgewichen werden soll. 2.2 Das kantonale Planungs- und Baugesetz (PBG/ZH; LS 700.1) gibt für die Richtplanung Planungsgrundsätze vor ( § 18 Abs. 1 PBG /ZH). Anzustreben ist u.a., dass schutzwürdige Landschaften sowie andere Objekte des Natur- und Heimatschutzes vor Zerstörung oder Beeinträchtigung bewahrt werden ( § 18 Abs. 2 lit. l PBG /ZH). Der Siedlungsplan bezeichnet u.a. die schutzwürdigen Ortsbilder von BGE 135 II 209 S. 214 kantonaler Bedeutung ( § 22 Abs. 2 PBG /ZH). Die Schutzobjekte des Natur- und Heimatschutzes werden im Einzelnen umschrieben ( § 203 PBG /ZH); es gehören dazu namentlich Ortskerne, Quartiere, Strassen und Plätze, Gebäudegruppen, Gebäude und Teile, die als wichtige Zeugen erhaltenswürdig sind oder Siedlungen wesentlich prägen ( § 203 lit. c PBG /ZH). Der Schutz erfolgt u.a. durch Massnahmen des Planungsrechts ( § 205 lit. a PBG /ZH). Dazu zählt insbesondere die Nutzungsordnung in den Bauzonen ( § 47 ff. PBG /ZH). Speziell erwähnt das kantonale Recht die Kernzonen; solche umfassen schutzwürdige Ortsbilder wie Stadt- und Dorfkerne, die in ihrer Eigenart erhalten werden sollen ( § 50 Abs. 1 PBG /ZH). Auf diese Weise werden Schutzvorgaben des Natur- und Heimatschutzes auf kommunaler Ebene konkretisiert und umgesetzt. 2.3 Vor diesem Hintergrund ist konkret nachzuzeichnen, welche Vorgaben des Natur- und Heimatschutzes für Rüti sowie für das Gebiet und die Umgebung des umstrittenen Gestaltungsplans von Bedeutung sind. 2.3.1 Im Anhang zur VISOS figuriert Rüti mit Untertann als verstädtertes Dorf. Dazu sind Ende der 70er Jahre verschiedene Inventarblätter erstellt worden. Für den Bereich des angefochtenen Gestaltungsplans sind insbesondere das Inventarblatt U/I, das Inventarblatt 3 und das Inventarblatt 5 von Bedeutung. Das Gestaltungsplangebiet (inkl. die Cardenfabrik) wird vom Inventarblatt U/I erfasst. Dieses Blatt erstreckt sich auf einen Bereich beidseits der Jona. Es enthält folgende Umschreibung: "Gegen den Fluss Jona leicht abfallendes Wiesengelände; intakte Flussuferlandschaft; im Osten ältere Fabrik mit dazugehörigen Nebenbauten sowie einige Geschäfts- und Wohnbauten; ausserordentlicher Sichtbezug mit Kirche; teilweise noch an alten Ortskern anstossend." Als Störfaktoren werden die (westlich der Jona gelegenen) Neubauten von COOP und Migros erwähnt. Als spezieller Erhaltungshinweis wird genannt: "Keine weitere Bautätigkeit mehr." Nördlich des Gestaltungsplangebietes schliesst sich das Gebiet des Inventarblattes 3 an. Es enthält folgende Umschreibung: "Am Hangfuss, unweit des Flusses Jona, bei zu einem Platz ausgeweiteten Hauptkreuzung, Gruppierung von alleinstehenden Häusern oder kleineren Häuserzeilen. Bis auf Flarzbau an Hauptkreuzung 2-3-geschossige Massivbauten mit Sattel- oder Krüppelwalmdächer. Vorwiegend an Kreuzungen mächtige Bauvolumen (z.B. Hotel BGE 135 II 209 S. 215 Löwen). Eine Geschlossenheit des inneren Ortsbildes ist noch erlebbar an der Kreuzung und an der Strasse nach Ferrach. Geteerte Vorplätze, Trottoirs, sowie vereinzelt Stützmauern als Zwischenbereiche (Parkanlage bei Villa Weber)." Die Bedeutung für das Ortsbild wird folgendermassen umschrieben: "Zentrumsfunktion, alter Siedlungskern im Osten an Klosterbezirk und an Gewerbezone anschliessend." Zu Konflikten und Störfaktoren heisst es: "Unerträgliche Verkehrssituation, teilweise 'sanierte Kreuzungen', Veränderung der Erdgeschosse, neuere Anbauten z.B. für Cafés." Als spezielle Erhaltungshinweise werden genannt: "Die Eckbauten bei den Kreuzungen sowie die wenigen noch ursprünglichen Altbauten sind zu schützen. Bei Um- oder Anbauten, sorgfältige Überprüfung." Im nördlichen Teil des Plangebietes schliesst sich östlich das Gebiet des Inventarblattes 5 betreffend Bebauung entlang der Ferrachstrasse an. Es wird folgendermassen umschrieben: "Beidseits der Strasse nach Ferrach lockere Aufreihung von Wohnbauten und Gasthöfen des 19. Jh. vereinzelt des 18. Jh. Einheitliche Merkmale: Mehrheitlich 2-3-geschossige, hell verputzte, oft würfelförmige Giebelbauten, vorwiegend traufständig zur Strasse mit Dacherker. Zwischenbereiche in Form von kleineren Gärten, auch neuere Vor- und Parkplätze." Dem Gebiet kommt als Erweiterungsgebiet des späten 19. Jh. und mit Bauten des 18. Jh. Bedeutung zu. Als Störfaktoren werden genannt: "Eingestreute Neubauten, die grössere Ausnützung haben als bestehende Bebauungsstruktur." Und unter den speziellen Erhaltungshinweisen wird erwähnt: "Nur noch wenige Neubauten, die besser als bisher der Altbebauung angepasst werden sollten." 2.3.2 Mit Regierungsratsbeschluss Nr. 125 vom 4. Januar 1980 ist der Ortsteil Rüti als von regionaler Bedeutung bezeichnet worden; der Perimeter erstreckt sich auf einen Bereich, der nördlich an das Gestaltungsgebiet anschliesst und namentlich den Löwen- und den Harti-Platz sowie westlich der Jona die reformierte Kirche umfasst. Dies ist übernommen worden in der Bestandesaufnahme Rüti-Tann des Amtes für Raumplanung und Vermessung (ARV) der Baudirektion des Kantons Zürich von 2003 zum Inventar der Ortsbilder von überkommunaler Bedeutung. Gemäss dem Regionalen Richtplan Oberland (Siedlung und Landschaft) liegt das vom Gestaltungsplan erfasste Gebiet im Siedlungsgebiet mit hoher baulicher Dichte. BGE 135 II 209 S. 216 2.3.3 Im vorliegenden Fall bildet die Bau- und Zonenordnung der Gemeinde Rüti (BZO in der seit 1997 geltenden Fassung) Grundlage der Beurteilung. Dabei ist davon auszugehen, dass der südliche Teil des Gestaltungsplangebietes in der Zentrumszone, der nördliche in der Kernzone II liegt. Für die Zentrumszone umschreiben die Art. 29 ff. BZO die Grundmasse (mit einer max. Gebäudehöhe von 15,5 m, anrechenbaren Geschosszahlen von max. 4 Vollgeschossen und max. 2 Dachgeschossen), den Abstand gegen andere Zonen, die Dachgestaltung (mit der Möglichkeit von Flachdächern), die Möglichkeit geschlossener Überbauung sowie Nutzungsweise und Wohnanteil. In allgemeiner Weise regeln Art. 3 ff. BZO die Anforderungen an die Bauweise in den Kernzonen . Es gehören dazu der Schutz von Ortsbildern von regionaler oder kommunaler Bedeutung, die Erhaltung der Eigenart des Dorfkerns und die sinnvolle Erweiterung bestehender Überbauungen durch gestalterisch gut eingefügte Neubauten (Art. 4) sowie spezielle Bestimmungen über die Bauweise (Art. 8), die Gestaltung im Allgemeinen (Art. 9 f.) und die Dachgestaltung (Art. 11). In Bezug auf die Kernzone II enthält die Bau- und Zonenordnung insb. Vorschriften zur Firstrichtung (Art. 21), zu den Grundmassen von Neubauten (Art. 22, wo die anrechenbaren Geschosszahlen auf max. 3 Vollgeschosse und 2 Dachgeschosse begrenzt und eine max. Gebäudehöhe von 9,5 m vorgesehen ist) und zur Dachgestaltung (Art. 24, wo insbesondere Satteldächer vorgeschrieben sind). Besondere Bestimmungen enthält die Bau- und Zonenordnung in Art. 44 ff. für Arealüberbauungen im Sinne von § 69 PBG /ZH. Diese sehen insbesondere Abweichungen hinsichtlich Geschosszahl und Gebäudehöhen vor (Art. 45 BZO): In den Kernzonen sind max. 4 Vollgeschosse, in der Zentrumszone max. 5 Vollgeschosse gestattet; für jedes zulässige Mehrgeschoss kann die Gebäudehöhe um 3 m erhöht werden. Darüber hinaus gelten die Bestimmungen von § 69 ff. PBG /ZH. Danach kann die Bau- und Zonenordnung Arealüberbauungen zulassen ( § 69 Abs. 1 PBG /ZH); Bauten und Anlagen sowie deren Umschwung müssen besonders gut gestaltet sowie zweckmässig ausgestattet und ausgerüstet sein ( § 71 Abs. 1 PBG /ZH); bei der Beurteilung ist namentlich folgenden Merkmalen Beachtung zu schenken ( § 71 Abs. 2 PBG /ZH): Beziehung zum Ortsbild sowie zur baulichen und landschaftlichen Umgebung; kubische Gliederung und architektonischer Ausdruck der Gebäude. BGE 135 II 209 S. 217 In allgemeiner Weise erlauben die Vorschriften von § 83 ff. PBG /ZH für Gestaltungspläne Abweichungen von der Regelbauweise ( § 83 Abs. 1 PBG /ZH). 3. Vor diesem Hintergrund ist vorerst die Rüge des Beschwerdeführers zu prüfen, wonach die Aufnahme von Rüti-Tann ins ISOS in der Vorbereitung des umstrittenen Gestaltungsplanes in formeller Hinsicht nicht berücksichtigt und nirgends erwähnt worden und demnach eine entsprechende Prüfung schon in formeller Hinsicht unterblieben sei. Es kann offenbleiben, ob der Beschwerdeführer diese Rüge im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht hinreichend vorgebracht hat und welches die Konsequenzen einer allfälligen Verletzung wären, wie die Beschwerdegegner und die Gemeinde Rüti in ihren Vernehmlassungen vorbringen. Entgegen der Situation, in der eine Bundesaufgabe in Frage steht, ergeben sich für die vorliegende Konstellation des kantonalen Planungsverfahrens aus dem NHG keine förmlichen Anforderungen, wie den Anliegen des Bundesinventars Rechnung zu tragen wäre. Insbesondere besteht keine Pflicht zur Einholung eines Gutachtens. Die Bestimmung von Art. 7 NHG ist auf die vorliegende Konstellation nicht anwendbar. Daraus folgt, dass die erforderliche Beachtung des ISOS in einer nicht förmlichen Weise erfolgen kann. In dieser Hinsicht ergibt sich aus den Akten, dass der Gemeinderat Rüti die Natur- und Heimatschutz-Kommission des Kantons Zürich um eine Begutachtung des Gestaltungsplans ersuchte. Ein Ausschuss dieser Kommission begleitete die Projektentwicklung über das Jahr 2004 hinweg. Das Gutachten wurde schliesslich am 8. Dezember 2004 in befürwortendem Sinne erstattet. Bei dieser Stellungnahme der kantonalen, für den Natur- und Heimatschutz zuständigen Fachkommission kann davon ausgegangen werden, dass sie die entsprechenden Inventarvorgaben in die Beurteilung einbezogen hat. Sie weist ausdrücklich auf den Perimeter des schützenswerten Ortsbildes von überkommunaler Bedeutung entsprechend dem Inventar des Amtes für Raumplanung und Vermessung (ARV) der Baudirektion des Kantons Zürich von 2003 hin; dieses verweist seinerseits auf das Inventar der Ortsbilder von regionaler Bedeutung (gemäss Regierungsratsbeschluss von 1980) sowie auf das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder (ISOS). BGE 135 II 209 S. 218 Die Kommission spricht im Speziellen die Siedlungsstruktur im Bereich östlich der Werkstrasse sowie die Überbauung zwischen der Jona und der Bandwiesstrasse an und nimmt damit sinngemäss Bezug auf den Ortsbildschutz gemäss dem ISOS. Der Gemeinderat Rüti hat in seinem Antrag zuhanden der Gemeindeversammlung auf die Beurteilung der Kommission hingewiesen. Bei dieser Sachlage kann nicht gesagt werden, dass die Schutzanliegen gemäss dem ISOS schon in formeller Hinsicht unberücksichtigt geblieben seien. Damit erweist sich die Rüge als unbegründet, das ISOS und die darin enthaltenen Schutzvorgaben seien bei der Erarbeitung des Gestaltungsplanes in formeller Hinsicht unbeachtet geblieben. Die vom Beschwerdeführer erhobene Rüge ist daher unbegründet. Zu prüfen bleibt, ob der Gestaltungsplan die Vorgaben des ISOS im obgenannten Sinne materiell hinreichend beachtet. 4. Für die Beurteilung der vorgebrachten materiellen Rügen ist vorerst die Lage des Gestaltungsplans im Verhältnis zur Zonenordnung und zu den Schutzvorgaben gemäss dem Bundesinventar nachzuzeichnen. Das Gestaltungsplangebiet kann in einen nördlichen und einen südlichen Bereich unterteilt werden: Der nördliche Teil umfasst die (zu erhaltende) Cardenfabrik sowie die Baubereiche E und F; im Baubereich E ist ein markanter 7-geschossiger Baukörper mit Flachdach vorgesehen. Dieser Teil liegt gemäss dem Zonenplan in der Kernzone II. Er wird vom ISOS-Inventarblatt U/I erfasst. Östlich der Cardenfabrik, ausserhalb des Gestaltungsplangebietes und noch in der Kernzone II sowie im Inventarblatt U/I, befindet sich das Postgebäude, ein vor rund zwanzig Jahren erstellter grossvolumiger Zweckbau. Der südliche, heute unüberbaute Teil des Gestaltungsplangebiets liegt nach dem Zonenplan in der Zentrumszone. Hier sollen mit den Baubereichen A-D insbesondere vier lang gezogene, gegeneinander versetzte und mit Flachdächern versehene Wohnbauten mit je vier Vollgeschossen und Attikageschossen erstellt werden. Dieser Teil wird ebenfalls vom ISOS-Inventarblatt U/I erfasst. Die Gebiete der ISOS-Inventarblätter 3 und 5 schliessen sich nördlich bzw. nordöstlich an das Plangebiet an. Das Gestaltungsplangebiet wird von diesen beiden Inventarblättern nicht erfasst, was der Beschwerdeführer bisweilen zu verkennen scheint. Der BGE 135 II 209 S. 219 kantonale Ortsbildperimeter schliesst sich - entsprechend dem Inventarblatt 3 - nördlich an das Plangebiet an; er erfasst das Plangebiet ebenfalls nicht. 5. 5.1 Für die konkrete Beurteilung der vorliegenden Streitsache ist von der kommunalen Bau- und Zonenordnung auszugehen. Diese konkretisiert auf kommunaler Ebene, wie dargetan, die Anliegen des Natur- und Heimatschutzes und berücksichtigt damit die Schutzanliegen im Sinne des ISOS. Sie weist das betroffene Gestaltungsplangebiet teils der Zentrumszone, teils der Kernzone II zu und erlaubt damit im Rahmen der Bau- und Zonenordnung eine Überbauung. Diese Grundnutzungsordnung ist nicht auf ihre materielle Übereinstimmung mit dem vom ISOS angestrebten Schutz hin zu prüfen. Nutzungspläne (und in engem Zusammenhang stehende planerische Festlegungen) sind grundsätzlich im Anschluss an deren Erlass anzufechten. Eine spätere akzessorische Überprüfung in einem Anwendungsfall ist nur in Ausnahmesituationen zugelassen, die hier nicht erfüllt sind (vgl. grundlegend BGE 106 Ia 310 E. 3 S. 316 ff. und BGE 106 Ia 383 ; vgl. auch BGE 121 II 317 E. 12c S. 346; BGE 120 Ia 227 E. 2c S. 232; BGE 116 Ia 207 E. 3b S. 211; BGE 115 Ia 1 E. 3 S. 3 f.; BGE 111 Ia 129 E. 3d S. 131; Urteil 1P.193/1997 vom 5. September 1997 E. 3, in: ZBl 100/1999 S. 218). 5.2 Im vorliegenden Fall soll nicht die Grundnutzungsordnung angewendet, sondern ein Gestaltungsplan realisiert werden. Mit einem Gestaltungsplan wird eine städtebaulich, architektonisch und wohnhygienisch einwandfreie Gesamtüberbauung angestrebt und zu diesem Zweck eine Spezialbauordnung aufgestellt (vgl. HALLER/KARLEN, Raumplanungs-, Bau- und Umweltrecht, 3. Aufl. 1999, Rz. 324 S. 78; FRITZSCHE/BÖSCH, Zürcher Planungs- und Baurecht, 2. Aufl. 2000, S. 114; BERNHARD WALDMANN, Raumplanungsgesetz, 2006, N. 13 zu Art. 14 RPG ; vgl. Urteil 1C_416/2007 vom 3. Oktober 2008 E. 3.1.1). Zu diesem Zweck sieht das kantonale Planungs- und Baugesetz, welches den Gestaltungsplan ordnet, vor, dass von den Bestimmungen über die Regelbauweise (und von den kantonalen Mindestabständen) abgewichen werden darf ( § 83 Abs. 1 PBG /ZH). Die Anforderungen und das Ausmass der Abweichungen von der Grundnutzungsordnung werden nicht näher umschrieben. Gleichwohl dürfen die Abweichungen nicht dazu führen, dass die planerisch und demokratisch abgestützte Grundordnung ihres Sinngehalts entleert würde (vgl. Urteil 1C_416/2007 vom 3. Oktober 2008 BGE 135 II 209 S. 220 E. 3.3). Den Initianten eines Gestaltungsplanes und den Behörden, welche ihm zustimmen bzw. ihn genehmigen müssen (vgl. § 86, 88 und 89 PBG /ZH), kommt ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Im Rahmen dieses Gestaltungsspielraumes sind auch die Aspekte des Ortsbildschutzes gemäss der Grundnutzungsordnung zu beachten und die Schutzanliegen des ISOS in die Interessenabwägung einzubeziehen. 5.3 Bei dieser Sachlage ist nunmehr zu prüfen, wie sich die Grundnutzungsordnung zur Bebauungsordnung des Gestaltungsplans verhält. Dabei ist davon auszugehen, dass die Grundnutzungsordnung die unterschiedlichen Aspekte des Natur- und Heimatschutzes bzw. des Ortsbildschutzes konkretisiert, und demnach zu beurteilen, ob und in welchem Masse diese Gesichtspunkte durch die Bauvorschriften des Gestaltungsplanes beachtet werden. Hierbei ist den Schutzanliegen gemäss dem ISOS Beachtung zu schenken. 5.4 Für den südlichen Teil des Gestaltungsplangebietes (oben E. 4) ergeben die für die Zentrumszone geltenden Bau- und Zonenbestimmungen keine besondern Schutzvorschriften. Mit der Ausscheidung als Zentrumszone stellt dieser Bereich eine Bauzone dar. Mangels Möglichkeit der akzessorischen Planüberprüfung (oben E. 5.1) und im Lichte der regionalen Richtplanung kommt dem im Inventarblatt U/I enthaltenen Eintrag "keine weitere Bautätigkeit mehr" nur noch im Zusammenhang mit Abweichungen von der Grundnutzungsordnung Bedeutung zu. Weiter ist zu berücksichtigen, dass sich das Inventarblatt U/I nicht auf das Gestaltungsplangebiet beschränkt, sondern sich auf beide Seiten der Jona erstreckt. Dem Anliegen der intakten Flussuferlandschaft wird, wie insbesondere die Gemeinde Rüti in ihrer Vernehmlassung unterstreicht, insoweit Rechnung getragen, als die Gewässerabstandslinie durch den Gestaltungsplan vergrössert und damit auch der Sichtbezug zur Kirche mitberücksichtigt wird. Ferner durfte das Verwaltungsgericht im Anschluss an die Ausführungen der kantonalen Natur- und Heimatschutz-Kommission annehmen, dass die Kleinkörnigkeit des östlich anschliessenden Gebiets (im Bereiche des Inventarblattes 5) nicht auf das Gestaltungsplangebiet ausgedehnt werden müsse und hier eine eigene Formensprache verwirklicht werden dürfe. Zudem ist den Gebäudestrukturen und kleineren Gebäudevolumen im Nachbargebiet Ferrach- und Werkstrasse im Gestaltungsplan insofern Rechnung getragen worden, als die Fronten der Gebäude D und C entlang der Werkstrasse schmal und gegeneinander versetzt gehalten sind, BGE 135 II 209 S. 221 sodass die Gebäude A-D, wie die Natur- und Heimatschutz-Kommission festhielt, einen geschickten Übergang bilden. Vor diesem Hintergrund ist der Gestaltungsplan im südlichen Teil nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer legt denn das Gewicht seiner Beschwerde auch auf den nördlichen Teil des Gestaltungsplangebietes und auf die Errichtung der 7-geschossigen Baute im Baubereich E. 5.5 Der nördliche Teil des Gestaltungsplangebietes liegt, wie dargetan (E. 4), in der Kernzone II und wird - gleich wie der südliche Teil - vom Inventarblatt U/I erfasst; er liegt ausserhalb der Inventarblätter 3 und 5, welche nördlich und östlich anschliessen. Das Inventarblatt U/I enthält keine besondern Vorgaben (E. 2.3.1). Die Erwähnung des gegen die Jona abfallenden Wiesengeländes und der intakten Flussuferlandschaft ist für den nordöstlichen Teil des Gestaltungsplangebietes ohne konkrete Bedeutung. Der Erhaltungshinweis "keine weitere Bautätigkeit" ist insoweit relativiert, als die Regelbauweise in der Kernzone II eine Bautätigkeit erlaubt und das Gebiet - insbesondere mit der Cardenfabrik und dem Postgebäude - tatsächlich bereits überbaut ist. Er behält indes seine Bedeutung, soweit im Verhältnis zur Grundnutzungsordnung eine Mehrnutzung vorgesehen ist. Insoweit ist der Erhaltungshinweis als Planungsgrundsatz auch für den umstrittenen Gestaltungsplan von Bedeutung. Der fragliche Bereich liegt in der Kernzone II und ist damit besonderen Bau- und Zonenvorschriften unterworfen (oben E. 2.3.3). Von diesen weicht der Gestaltungsplan insbesondere mit dem 7-geschossigen Gebäude im Baubereich E hinsichtlich Gebäudehöhe und Dachgestaltung massiv ab. Auch wenn unbestritten ist, dass die Vorschriften zu den Gestaltungsplänen gemäss § 83 ff. PBG /ZH Abweichungen von der Regelbauweise ermöglichen, sind solche Abweichungen vor dem Hintergrund der Anliegen des Heimatschutzes und des Dorfbildschutzes, wie sie im ISOS und der Anordnung einer Kernzone zum Ausdruck kommen, zu prüfen. Der Beschwerdeführer macht - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - geltend, dass der Gestaltungsplan unter diesem Gesichtswinkel mit den für die Kernzonen geltenden BZO-Vorgaben offensichtlich unvereinbar sei. 5.6 Für die Beurteilung des umstrittenen Gestaltungsplans ist somit einerseits vom Schutzziel gemäss dem ISOS und andererseits von BGE 135 II 209 S. 222 den Schutzvorschriften auszugehen, wie sie sich im Planungs- und Baugesetz (oben E. 2.2) und in der Bau- und Zonenordnung (oben E. 2.3.3) insbesondere für die Kernzonen (bzw. die Kernzone II) ergeben. Dabei zeigt sich, dass der Gestaltungsplan in erheblicher Weise von der Bau- und Zonenordnung abweicht. Es ist nicht ersichtlich, wie die 7-geschossige Baute im Baubereich E mit einer Höhe von 22,1 m namentlich mit dem Grundanliegen von Art. 4 BZO vereinbar ist, wonach Ortsbilder von regionaler und kommunaler Bedeutung zu schützen, die Eigenart des Dorfkerns zu erhalten und die bestehende Überbauung durch gestalterisch gut eingefügte Neubauten sinnvoll zu erweitern sind. Insbesondere sieht Art. 22 BZO für die Kernzone II eine max. Gebäudehöhe von 9,5 m vor, Art. 24 BZO verlangt Satteldächer. Von diesen Vorgaben weicht der umstrittene Gestaltungsplan im Baubereich E erheblich ab. Die Grundnutzungsordnung wird dadurch im eigentlichen Sinne aus den Angeln gehoben und ihres Inhalts entleert. Die Abweichungen gegenüber der Grundnutzungsordnung erweisen sich damit als qualifiziert unsachlich. Darüber hinaus wird die Schutzvorgabe gemäss ISOS, die "keine weitere Bautätigkeit" vorsieht, in dem Sinne unterlaufen, als mit dem Gestaltungsplan über die Kernzonen-Vorschriften hinaus eine weit intensivere Überbauung vorgesehen ist. Insofern erweist sich der angefochtene Gestaltungsplan, wie vom Beschwerdeführer gerügt, als sachlich nicht haltbar und das angefochtene Urteil als willkürlich. 5.7 Dieser Sichtweise halten die Beschwerdegegner entgegen, dass sie anstelle eines Gestaltungsplanes eine Arealüberbauung gemäss Art. 44 ff. BZO in Anspruch nehmen könnten. Danach könnten sie in der Kernzone II Bauten mit einer Höhe von 19,5 m erstellen, in der Zentrumszone gar Gebäude von 25,5 m Höhe; die Höhe von 19,5 m errechnen sie dadurch, dass sie gemäss der Regelbauweise von einer Gebäudehöhe von 9,5 m ausgehen (Art. 22 BZO), eine Erhöhung von 3 m dazuzählen (Art. 45 Abs. 5 BZO) und weiter eine Firsthöhe von 7 m einberechnen. Wie es sich mit dieser Berechnung verhält, braucht im vorliegenden Fall nicht näher geprüft zu werden. Auch wenn die Arealüberbauung als Teil der Grundnutzung betrachtet wird, übersehen die Beschwerdegegner, dass auch im Rahmen von Arealüberbauungen die Vorgaben der Grundnutzungsordnung mitzuberücksichtigen sind und Abweichungen davon auf die Schutzanliegen der Nutzungsordnung Rücksicht zu nehmen haben. Die Möglichkeit einer BGE 135 II 209 S. 223 Arealüberbauung vermag demnach nichts am Umstand zu ändern, dass die Abweichungen von der für die Kernzone II geltenden Grundnutzungsordnung als sachlich unhaltbar zu bezeichnen sind. 5.8 Daraus ergibt sich, dass der Gestaltungsplan im südlichen Teil des Plangebietes nicht zu beanstanden, der nördliche Teil indes unhaltbar ist. Da Gestaltungspläne ihrer Natur nach ein Ganzes bilden und nicht leichthin in ihre Einzelteile zerlegt werden dürfen, ist der angefochtene Gestaltungsplan gesamthaft auf seine Verfassungsmässigkeit hin zu beurteilen. Insoweit zeigt sich, dass die Abweichungen von der Grundnutzungsordnung im nördlichen Teil mit der hohen Baute im Baubereich E in einem Masse ausfallen, das den gesamten Gestaltungsplan als fragwürdig erscheinen lässt. Ins Gewicht fällt insbesondere, dass weder den Grundanliegen der Kernzone II noch dem ISOS hinreichend Rechnung getragen wird. Zudem finden die Schutzanliegen des ISOS-Inventarblattes 5 bezüglich des östlich anschliessenden Gebietes keine Beachtung. Das Verwaltungsgericht unterlässt es denn auch, die erheblichen Abweichungen von der Grundnutzungsordnung in einer umfassenden Interessenabwägung zu begründen. Vielmehr begnügt es sich mit dem Hinweis, der Gestaltungsplan bewirke eine "sinnvolle Stadtreparatur", stelle einen gelungenen Übergang zwischen den kleineren Häusern östlich der Werkstrasse und den grösseren westlich der Jona dar und setze mit dem hohen Gebäude im Baubereich E einen Kontrapunkt zum benachbarten wuchtigen Postgebäude. Eine eigentliche Auseinandersetzung mit den Anliegen des Ortsbildschutzes kann auch dem Gutachten der kantonalen Natur- und Heimatschutzkommission nicht entnommen werden. 5.9 Bei dieser Sachlage erweist sich die Beschwerde in diesem Punkte als begründet. Demnach ist über das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts hinaus auch die Zustimmung der Gemeindeversammlung Rüti vom 6. Juni 2005 zum Gestaltungsplan "Stadtzentrum Rüti" aufzuheben.
public_law
nan
de
2,009
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
0fe8279a-4e9a-4a69-b9e8-102e1783b84a
Urteilskopf 115 V 352 47. Auszug aus dem Urteil vom 2. November 1989 i.S. W. gegen Amt für Sozialbeiträge Basel-Stadt und Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen, Basel
Regeste Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG : Anrechnung von Vermögen. Voraussetzungen und Schranken für die Anwendung von Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG . Anwendbarkeit verneint im Falle einer Versicherten, welche nach der Pensionierung über ihre Verhältnisse lebt, dabei ihr Barvermögen aufbraucht und sich hernach für Ergänzungsleistungen anmeldet.
Erwägungen ab Seite 352 BGE 115 V 352 S. 352 Aus den Erwägungen: 5. a) Über die Entwicklung des Vermögensstandes lässt sich den Akten folgendes entnehmen. Anlässlich der Pensionierung zahlte die bisherige Arbeitgeberin Ende September/anfangs Oktober 1985 in zwei Tranchen ein Kapital von total Fr. 86'948.-- aus, so dass das Barvermögen der Beschwerdeführerin sich auf Fr. 88'597.-- belief. Davon waren am 1. Januar 1986 noch Fr. 50'622.-- vorhanden und am 1. Januar 1987 bloss noch Fr. 700.80. Streitig ist, ob für die Beurteilung des Ergänzungsleistungsanspruchs vom tatsächlichen Vermögensstand am jeweiligen Stichtag auszugehen oder ob in Anwendung von Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG ein hypothetisches Vermögen zu berücksichtigen ist. b) Das Amt für Sozialbeiträge Basel-Stadt (nachfolgend Kantonales Amt) ermittelte ein hypothetisches Vermögen. Ausgehend vom Vermögensstand anfangs Oktober 1985 von BGE 115 V 352 S. 353 Fr. 88'597.-- akzeptierte es eine Vermögensverminderung bloss im Ausmass belegter Schulden- und Steuerzahlungen sowie eines normalen Verbrauchs für den allgemeinen Lebensunterhalt in Höhe von Fr. 20'000.-- im Jahr. Dies führte für den 1. Januar 1986 zu einem hypothetischen Vermögen von Fr. 55'680.-- und für den 1. Januar 1987 von Fr. 32'680.--. Demgegenüber bringt die Beschwerdeführerin sinngemäss vor, es müsse vom tatsächlichen Vermögensstand ausgegangen werden. So wies sie in der vorinstanzlichen Beschwerde auf ihre nunmehrige Mittellosigkeit hin und wandte ein, sie dürfe nicht dafür bestraft werden, weil sie ihr Vermögen zu rasch verbraucht habe. In ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde rügt sie, dass die bereits gegenüber dem Kantonalen Amt belegten Ausgaben nicht berücksichtigt worden seien. In der Beilage zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde beziffert sie diese Ausgaben von September 1985 bis September 1986 auf insgesamt Fr. 53'176.05, wozu noch weiter nicht belegte Kosten für den Lebensunterhalt und für verschiedene Auslandreisen hinzukämen. Während sich das Bundesamt für Sozialversicherung zur Frage, welches Vermögen anzurechnen ist, nicht vernehmen lässt und sich insbesondere auch nicht zur vorgängig eingeholten Stellungnahme des Kantonalen Amtes äussert, bringt letzteres vor, dass ein über die Normalitätsgrenze von Fr. 20'000.-- im Jahr hinausgehender Vermögensverbrauch, für den keine objektive Notwendigkeit bestehe, Verzicht im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG darstelle, "in welchem Verschenk und Verputz eingeschlossen sind". Der Auffassung des Kantonalen Amtes kann aus den folgenden Gründen nicht beigepflichtet werden. c) Die Ergänzungsleistungen bezwecken eine angemessene Deckung des Existenzbedarfs (vgl. Art. 34quater Abs. 2 BV in Verbindung mit Art. 11 Abs. 1 ÜbBest. BV; BGE 108 V 241 ). Bedürftigen Rentnern der AHV und IV soll ein regelmässiges Mindesteinkommen gesichert werden (bundesrätliche Botschaft zum Entwurf eines Bundesgesetzes über Ergänzungsleistungen vom 21. September 1964; BBl 1964 II 689, 692 und 694). Die Einkommensgrenzen haben dabei die doppelte Funktion einer Bedarfslimite und eines garantierten Mindesteinkommens (BBl 1964 II 691; BGE 113 V 285 Erw. 5b mit Literaturhinweisen, BGE 103 V 28 Erw. 2b). Es gilt deshalb der Grundsatz, dass bei der Anspruchsberechtigung nur tatsächlich vereinnahmte Einkünfte und vorhandene Vermögenswerte zu berücksichtigen sind, über BGE 115 V 352 S. 354 die der Leistungsansprecher ungeschmälert verfügen kann ( BGE 110 V 21 Erw. 3; ZAK 1989 S. 329 Erw. 3b, 1988 S. 255 Erw. 2b). Anderseits findet dieser Grundsatz dort eine Einschränkung, wo der Versicherte ohne rechtliche Verpflichtung und ohne adäquate Gegenleistung auf Vermögen verzichtet hat, wo er einen Rechtsanspruch auf bestimmte Einkünfte und Vermögenswerte hat, davon aber faktisch nicht Gebrauch macht bzw. seine Rechte nicht durchsetzt (ZAK 1989 S. 329 Erw. 3b, 1988 S. 255 Erw. 2b), oder wo der Ansprecher aus von ihm zu verantwortenden Gründen von der Ausübung einer möglichen Erwerbstätigkeit absieht (vgl. ZAK 1987 S. 544, 1984 S. 97, 1983 S. 262, 1982 S. 137). Im unveröffentlichten Urteil K. vom 10. Mai 1983 hat das Eidg. Versicherungsgericht im ähnlich gelagerten Fall eines Altersrentners, der bislang bescheiden gelebt hatte, dem bei der Pensionierung vom Arbeitgeber ein Kapital ausgerichtet worden war und der einen Teil seines Vermögens für Auslandreisen, Zahnbehandlung, Anschaffungen und auswärtiges Essen ausgegeben hatte, einen Anwendungsfall im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG verneint und dazu ausgeführt: "L'expérience de la vie enseigne qu'un tel comportement est fréquent dans des situations de ce genre et même si le recourant devait être taxé d'imprévoyance, on ne saurait dire pour autant qu'il ait manifesté une intention dolosive au sens des principes rappelés plus haut. Au demeurant, en édictant l'art. 3 al. 1 let. f LPC, le législateur n'a sans doute pas voulu sanctionner l'assuré prodigue. Il s'agissait avant tout d'empêcher qu'un assuré se dessaisisse de tout ou partie de ses biens au profit d'un tiers, sans obligation juridique et de manière à diminuer le revenu déterminant le droit aux prestations complémentaires et leur montant. Mais l'assuré qui dépense sa fortune pour acquérir des biens de consommation, ou pour améliorer son train de vie, use de sa liberté personnelle et ne saurait tomber sous le coup de cette disposition." Das Eidg. Versicherungsgericht hat damit nicht bloss die - altrechtlich noch verlangte - Umgehungsabsicht verneint, sondern bereits auch eine relevante Verzichtshandlung. Der Umstand, dass ab 1. Januar 1987 für die Anwendung von Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG eine Umgehungsabsicht nicht mehr vorausgesetzt ist, kann darum unter der Herrschaft des neuen Rechts zu keinem andern Ergebnis führen. Mit andern Worten wäre der erwähnte Fall K. heute gleich zu beurteilen. d) Das Vermögen der Beschwerdeführerin betrug, wie erwähnt, am 1. Januar 1986 Fr. 50'622.-- und am 1. Januar 1987 noch BGE 115 V 352 S. 355 Fr. 700.80. Weil die Beschwerdeführerin ihr Vermögen von ursprünglich rund Fr. 88'000.-- innert 15 Monaten praktisch ganz verbraucht hatte, war das Kantonale Amt gehalten, den Gründen hiefür nachzugehen und von der Beschwerdeführerin entsprechende Auskünfte zu verlangen. Und zwar erwiesen sich solche Abklärungen als notwendig im Hinblick auf die Beantwortung der Frage, ob der Beschwerdeführerin nach der alten bzw. - ab 1. Januar 1987 - nach der neuen Fassung von Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG hypothetisches Vermögen anzurechnen ist. Von den in Erw. 5c hievor genannten Einschränkungen zum Grundsatz, wonach vom tatsächlichen Vermögensstand auszugehen ist, kommt dabei im vorliegenden Falle nur jene der Vermögenshingabe ohne rechtliche Verpflichtung und ohne adäquate Gegenleistung in Betracht. Muss eine solche verneint werden, so lässt sich eine Vermögensanrechnung weder nach der alten noch nach der neuen Fassung von Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG damit begründen, die Beschwerdeführerin habe nach Erhalt der Barauszahlung über ihre Verhältnisse gelebt. Das Kantonale Amt verkennt in seiner Vernehmlassung, dass das Ergänzungsleistungssystem keine gesetzliche Handhabe dafür bietet, eine wie auch immer geartete "Lebensführungskontrolle" vorzunehmen und danach zu fragen, ob ein Gesuchsteller in der Vergangenheit innerhalb oder überhalb einer "Normalitätsgrenze" gelebt hat, welche im übrigen erst noch näher umschrieben werden müsste. Vielmehr haben die Ergänzungsleistungsbehörden von den tatsächlichen Verhältnissen auszugehen, dass ein Gesuchsteller nicht über die notwendigen Mittel zur angemessenen Deckung des Existenzbedarfs verfügt, und - unter Vorbehalt der Einschränkungen nach Massgabe von Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG - nicht danach zu fragen, warum dies so ist. e) Die von der Beschwerdeführerin eingereichten Belege über Ausgaben von September 1985 bis September 1986 ergeben folgendes Bild: BGE 115 V 352 S. 356 1985 1986 Rückzahlung privater Schulden Fr. 6'777.50 Fr. 8'000.-- Steuern Fr. 11'497.60 Fr. --.-- Mietzins Fr. 1'560.-- Fr. 3'540.-- Krankenkasse Fr. 550.50 Fr. 1'728.-- PTT Fr. 317.70 Fr. 971.15 Anschaffungen mit Kreditkarte Fr. 3'582.50 Fr. 7'686.50 Anschaffungen V. SA Fr. --.-- Fr. 1'018.30 Tickets für verschiedene Flugreisen (Mallorca, Madeira, New York) Fr. 515.-- Fr. 3'070.-- Zahnarzt, Brille Fr. 300.-- Fr. 261.-- Schreinerarbeit und Bodenbelag Fr. --.-- Fr. 630.-- Hausratversicherung Fr. 245.40 Fr. --.-- Diverse Rechnungen Fr. 400.-- Fr. 160.-- ------------- ------------- Saldo Fr. 25'746.20 Fr. 27'064.95 Mit diesen Ausgaben ist eine Verminderung des ursprünglichen Vermögens von Fr. 88'597.-- auf Fr. 35'785.85 belegt. Der weitere Vermögensrückgang bis zum letztendlichen Stand von Fr. 700.80 am 1. Januar 1987 lässt sich dabei mit sonstigen Aufwendungen für die diversen Auslandaufenthalte einerseits sowie mit den Verpflegungskosten zu Hause und übrigen Baranschaffungen erklären. Dass die Beschwerdeführerin ihr Vermögen durch kleinere bzw. grössere Barbezüge am Bankschalter bzw. Bankomat gleichsam "portionenweise" verbraucht hat, um "etwas besser zu leben", als sie dies bisher gewohnt war, ergibt sich sodann auch aus den Auszügen ihrer beiden Konten. Hingegen sind keine Anhaltspunkte für eine Vermögenshingabe ohne rechtliche Verpflichtung und ohne adäquate Gegenleistung ersichtlich. Das Kantonale Amt macht denn auch diesbezüglich nichts geltend. Unter diesen Umständen besteht keine Veranlassung zur Anrechnung eines hypothetischen Vermögens.
null
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0fecaf30-c0f3-4c50-9a1a-96c372372ad1
Urteilskopf 140 II 315 29. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat gegen A. und B. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_255/2013 vom 11. April 2014
Regeste Art. 8 EMRK ; Art. 10 BV ; Art. 25a VwVG ; Art. 64 Abs. 3 KEG ; Verfügung über aufsichtsrechtliche Realakte des ENSI (Störfallvorsorge KKW Mühleberg). Eintreten (E. 1) und Ausgangslage (E. 2). Das Kernenergierecht schliesst die Anwendbarkeit von Art. 25a VwVG gegenüber der Aufsichtstätigkeit des ENSI im Bereich der Störfallvorsorge nicht aus (E. 3). Schutzwürdiges Interesse und Berührtsein in der Rechtsstellung als Voraussetzungen für eine Verfügung über Realakte (E. 4): bejaht bei Anwohnern eines Kernkraftwerkes mit Bezug auf die (auch) ihrem Schutz dienenden kernenergierechtlichen Normen zur Störfallvorsorge (E. 4.6, 4.7 und 5). Beitrag von Art. 25a VwVG zu einem wirksamen Grundrechtsschutz (E. 4.8 und 4.9).
Sachverhalt ab Seite 316 BGE 140 II 315 S. 316 A. A.a Die BKW Energie AG (nachfolgend: BKW) betreibt das Kernkraftwerk (KKW) Mühleberg. Mit Verfügung vom 18. März 2011 forderte das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) alle schweizerischen Kernkraftwerke auf, unverzüglich mit der Überprüfung ihrer Auslegung bezüglich Erdbeben und Überflutung zu beginnen. Mit Verfügung vom 1. April 2011 legte das ENSI die entsprechenden Vorgehensvorgaben und Randbedingungen fest; unter anderem habe die BKW den deterministischen Nachweis für die Beherrschung des 10'000-jährlichen Hochwassers zu führen. Als Randbedingung hierzu forderte es namentlich, wenn eine Verstopfung oder Schädigung der Flusswasser-Einlaufbauwerke nicht ausgeschlossen werden könne, sei der Ausfall der vom Hochwasser betroffenen Kühlwasserfassungen zu unterstellen. Die BKW reichte dem ENSI am 30. Juni 2011 den geforderten Nachweis ein. Das ENSI ging in seiner dazu ergangenen und als Aktennotiz bezeichneten Stellungnahme vom 31. August 2011 unter anderem davon aus, der Einsatz von mobilen Pumpen ermögliche die Kühlwasserversorgung des SUSAN-Notstandsystems auch bei einer allfälligen Verstopfung des SUSAN-Rechens. A.b Diese Aktennotiz veranlasste A. und B. im Zeitraum von September 2011 bis Februar 2012 zu einem Briefwechsel mit dem BGE 140 II 315 S. 317 ENSI-Rat und dem ENSI. Inhaltlich ging es darum, inwiefern das ENSI in dieser Einschätzung grundlegende Prinzipien der nuklearen Sicherheit missachte. Das ENSI und der ENSI-Rat vertraten im Wesentlichen die Ansicht, für bestehende Kernkraftwerke lasse das schweizerische Regelwerk die Kreditierung von auf dem Areal gelagerten mobilen Pumpen für die Störfallbeherrschung zu. Für den längerfristigen Betrieb werde aber eine zusätzliche Nachrüstung zur Verbesserung der Kühlwasserversorgung verlangt und ein längerfristiger Nachrüstbedarf sei kein Grund für eine sofortige Ausserbetriebnahme. B. B.a Am 20. März 2012 beantragten A. und B. dem ENSI den Erlass einer Verfügung über Realakte im Sinne von Art. 25a VwVG (SR 172.021). Das ENSI trat mit Verfügung vom 5. Oktober 2012 auf das Begehren von A. und B. nicht ein, im Wesentlichen mit der Begründung, die Gesuchsteller hätten nicht plausibel dargelegt, inwiefern sie in eigenen Rechtspositionen berührt werden und dass dieses Berührtsein von einer gewissen Intensität sei. B.b A. und B. erhoben mit Eingabe vom 5. November 2012 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht gegen diese Verfügung. Sie beantragten deren Aufhebung und die Rückweisung zur materiellen Behandlung. Mit Urteil vom 7. Februar 2013 hiess das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gut und wies die Sache mit der Aufforderung zur materiellen Beurteilung des Gesuchs an das ENSI zurück. C. Vor Bundesgericht beantragt das ENSI, das angefochtene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Februar 2013 aufzuheben. (...) Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. 1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts ist grundsätzlich zulässig ( Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG ). Nach Art. 83 lit. n BGG ist die Beschwerde auf dem Gebiet der Kernenergie unzulässig (u.a.) gegen Entscheide betreffend das Erfordernis einer Freigabe und betreffend BGE 140 II 315 S. 318 Freigaben. Vorliegend geht es aber weder um Freigaben (Art. 17 Abs. 1 lit. f, Art. 21 Abs. 1 lit. f, Art. 28, Art. 36 Abs. 1 lit. b, Art. 37 Abs. 3, Art. 65 Abs. 3 des Kernenergiegesetzes vom 21. März 2003 [KEG; SR 732.1]) noch um einen Entscheid der Aufsichtsbehörde gemäss Art. 65 Abs. 5 lit. c KEG , ob eine Freigabe erforderlich sei. Die Ausnahmebestimmung kommt nicht zum Zuge (vgl. Urteile 2C_860/2012 vom 14. Mai 2013 E. 1.1; 2C_347/2012 / 2C_357/2012 vom 28. März 2013 E. 2.1, nicht publ. in: BGE 139 II 185 ). 1.2 Das ENSI ist zur Beschwerde an das Bundesgericht berechtigt ( Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG i.V.m. Art. 20 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 22. Juni 2007 über das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat [ENSIG; SR 732.2]). 1.3 1.3.1 Die Beschwerde ist zulässig gegen End- oder Teilentscheide ( Art. 90 und 91 BGG ), gegen Vor- oder Zwischenentscheide jedoch nur unter den Voraussetzungen von Art. 92 oder 93 BGG. Der angefochtene Entscheid weist die Sache zur materiellen Beurteilung an das ENSI zurück und gilt daher als Zwischenentscheid ( BGE 133 V 477 E. 4.2 S. 481 f.). Weist ein Gericht eine Sache mit verbindlichen Vorgaben, welche die untere Instanz bei ihrem neuen Entscheid befolgen muss, an eine Behörde zurück, so stellen diese Vorgaben für die Behörde einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil ( Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ) dar, weil sie entgegen ihrer Rechtsauffassung einen Entscheid erlassen müsste, den sie in der Folge nicht mehr anfechten kann ( BGE 139 V 99 E. 1.4 S. 101; BGE 133 V 477 E. 5.2.4 S. 484 f.). Erschöpft sich der Rückweisungsentscheid darin, dass eine Frage ungenügend abgeklärt und deshalb näher zu prüfen sei, ohne dass damit materiellrechtliche Vorgaben verbunden sind, so entsteht der Behörde, an die zurückgewiesen wird, in der Regel kein nicht wieder gutzumachender Nachteil, führt die Rückweisung doch bloss zu einer dieses Kriterium nicht erfüllenden Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens ( BGE 136 II 165 E. 1.2.1 S. 170 f.; BGE 133 V 477 E. 5.2.2 S. 483 f.). 1.3.2 Im Urteil 2C_860/2012 vom 14. Mai 2013 ging es um einen Fall, in welchem das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) auf ein Begehren von Privaten um Entzug der Betriebsbewilligung für das KKW Mühleberg nicht eingetreten war, worauf das Bundesverwaltungsgericht auf Beschwerde hin die Sache zur materiellen Beurteilung an das UVEK zurückwies. Das Bundesgericht trat auf eine dagegen vom BGE 140 II 315 S. 319 UVEK erhobene Beschwerde mangels eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils nicht ein; wesentlich dafür war, dass in der grundsätzlichen Konzeption kein Dissens bestand zwischen UVEK und Bundesverwaltungsgericht, indem beide davon ausgingen, dass das UVEK zuständig ist für den Entzug der Betriebsbewilligung und dieser Entzug zu erfolgen hat, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung nicht oder nicht mehr erfüllt sind. Das UVEK stellte auch die Legitimation der damaligen Gesuchsteller nicht infrage. Unterschiedliche Auffassungen bestanden darüber, ob die von den damaligen Gegenparteien geltend gemachten Mängel gewichtig genug waren, um eine nähere Prüfung des Bewilligungsentzugs zu rechtfertigen; dies war aufgrund des Rückweisungsentscheids ohne materiellrechtliche Vorgabe zu prüfen. Vorliegend verhält es sich anders: Das ENSI bestreitet, dass die Beschwerdegegner unter den hier vorliegenden Umständen berechtigt seien, gestützt auf Art. 25a VwVG eine Verfügung betreffend aufsichtsrechtliche Realakte zu verlangen. Der angefochtene Entscheid verpflichtet das ENSI, entgegen seiner Rechtsauffassung eine solche Verfügung zu erlassen. Könnte das ENSI diesen Rückweisungsentscheid nicht anfechten, könnte es die von ihm bestrittene vorinstanzliche Rechtsauffassung nie überprüfen lassen; es erleidet damit einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil. Auf die Beschwerde ist einzutreten (vgl. Urteile 1C_455/2011 vom 12. März 2012 E. 1.1; 2C_239/2011 vom 21. Februar 2012 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 138 II 111 ). 2. Streitig ist, ob die Voraussetzungen nach Art. 25a VwVG für das Eintreten auf das Gesuch der Beschwerdegegner erfüllt sind. 2.1 Gemäss Art. 25a Abs. 1 VwVG kann, wer ein schutzwürdiges Interesse hat, von der Behörde, die für Handlungen zuständig ist, welche sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen und Rechte oder Pflichten berühren, verlangen, dass sie widerrechtliche Handlungen unterlässt, einstellt oder widerruft (lit. a), die Folgen widerrechtlicher Handlungen beseitigt (lit. b) oder die Widerrechtlichkeit von Handlungen feststellt (lit. c). Dieser Artikel räumt der betroffenen Person das Recht auf ein eigenständiges, nachgeschaltetes Verwaltungsverfahren ein, das in eine Verfügung über den beanstandeten Realakt mündet ( Art. 25a Abs. 2 VwVG ; BGE 136 V 156 E. 4.2 S. 160). Das Gesuch muss sich gegen das widerrechtliche Handeln einer zuständigen Bundesbehörde richten. Nach der herrschenden Lehre kann mit dem Rechtsschutz gemäss Art. 25a VwVG über den Wortlaut des Gesetzes hinaus nicht nur ein behördliches BGE 140 II 315 S. 320 Handeln, sondern auch ein Unterlassen beanstandet, mithin ein behördliches Handeln verlangt werden (HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, Rz. 737b; KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl. 2013, Rz. 365; MOOR/POLTIER, Droit administratif, Bd. II, 3. Aufl. 2011, S. 43; THIERRY TANQUEREL, Manuel de droit administratif, 2011, Rz. 696; ISABELLE HÄNER, in: VwVG, Praxiskommentar [...], 2009, N. 11 zu Art. 25a VwVG ; BEATRICE WEBER-DÜRLER, in: Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], 2008, N. 11 zu Art. 25a VwVG ; MARKUS MÜLLER, Rechtsschutz gegen Verwaltungsrealakte, in: Neue Bundesrechtspflege, Berner Tage für die juristische Praxis [BTJP] 2006, 2007, S. 313 ff., 355; ENRICO RIVA, Neue bundesrechtliche Regelung des Rechtsschutzes gegen Realakte, SJZ 2007 S. 337 ff., 342 f.; MARKUS H.F. MOHLER, Zur Anfechtbarkeit polizeilicher intervenierender Realakte [...], AJP 2007 S. 461 ff., 470 f.). Staatliches Unterlassen kann allerdings nur dann widerrechtlich sein, wenn eine spezifische Handlungspflicht der Behörden besteht (MARIANNE TSCHOPP-CHRISTEN, Rechtsschutz gegenüber Realakten des Bundes [Artikel 25a VwVG], 2009, S. 143 f.). 2.2 Unbestritten ist das ENSI zuständig für die Aufsicht über das KKW Mühleberg ( Art. 70 Abs. 1 lit. a KEG ; Art. 2 Abs. 1 ENSIG ) und stützen sich die entsprechenden Aufsichtshandlungen auf öffentliches Recht des Bundes. Die Beschwerdegegner machen geltend, das ENSI übe seine Aufsicht widerrechtlich aus, insbesondere indem es im Rahmen der Überprüfung des deterministischen Nachweises für die Beherrschung des 10'000-jährlichen Hochwassers im KKW Mühleberg (Art. 1 lit. e und Art. 2 Abs. 1 der Verordnung des UVEK vom 17. Juni 2009 über die Gefährdungsannahmen und die Bewertung des Schutzes gegen Störfälle in Kernanlagen [SR 732. 112.2; nachfolgend: Gefährdungsannahmenverordnung]) den Einsatz von auf dem Areal gelagerten mobilen Pumpen zulasse. Dabei handelt es sich um Realakte im Sinne von Art. 25a VwVG . Offenbleiben kann im Rahmen der Eintretensprüfung, ob die Beschwerdegegner ein widerrechtliches Handeln oder ein widerrechtliches Unterlassen von Handlungen geltend machen, da das Realhandeln im Sinne von Art. 25a VwVG beides umfasst (oben E. 2.1). 2.3 Umstritten ist einerseits, ob Art. 64 Abs. 3 KEG den Anspruch nach Art. 25a VwVG ausschliesst (unten E. 3). Andererseits sind die BGE 140 II 315 S. 321 Eintretensvoraussetzungen des schutzwürdigen Interesses und des Berührtseins in Rechten oder Pflichten umstritten (unten E. 4 und 5). 2.3.1 Die Vorinstanz hat erwogen, das schutzwürdige Interesse im Sinne von Art. 25a VwVG sei gleich zu verstehen wie bei der Beschwerdelegitimation im Sinne von Art. 48 Abs. 1 lit. c VwVG und Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG . Nach der Praxis des (früher für KKW-Bewilligungen zuständigen) Bundesrates hätten in Bewilligungsverfahren für Kernkraftwerke zumindest die Anwohner in der Notfallplanungszone 1 Parteistellung, was zumindest für einen der (heutigen) Beschwerdegegner zutreffe. Er sei mehr als die Allgemeinheit dem Risiko des KKW Mühleberg ausgesetzt. Er habe ein aktuelles und praktisches Interesse an einer rechtmässigen Anwendung der einschlägigen Rechtsnormen, damit das Risiko eines KKW-Unglücks vermindert werde, und folglich ein schutzwürdiges Interesse an einer Verfügung über Realakte. Sodann prüfte die Vorinstanz die Voraussetzung des Berührtseins in Rechten oder Pflichten. Dieses Tatbestandselement sei jedenfalls dann erfüllt, wenn grundrechtlich geschützte Positionen berührt seien. Aus dem Recht auf Leben ( Art. 10 BV ) ergebe sich eine Schutzpflicht des Staates, sofern das Leben von Menschen bedroht sei, wozu namentlich auch der Schutz vor Risiken der Zivilisation z.B. durch technische Grossanlagen gehöre. Die Ausnutzung der Kernkraft löse staatliche Schutzpflichten aus. Aufgrund des Gefährdungspotenzials von Kernkraftwerken sei jedenfalls der Schutzbereich von Art. 10 BV betroffen. Die Kernenergiegesetzgebung bezwecke den Schutz von Mensch und Umwelt vor den Gefahren der Kernenergienutzung. Nach Auffassung der (heutigen) Beschwerdegegner entstehe durch die rechtswidrige Umsetzung der Gefährdungsannahmenverordnung ein erhöhtes Risiko. Weil diese Regelungen auch dem Schutz von Mensch und Umwelt dienten, sei in einem Fall, in dem konkrete Anhaltspunkte für ein erhöhtes Risiko durch eine möglicherweise rechtswidrige Handhabung einer Rechtsgrundlage bestünden, die Schwelle vom Bagatellbereich zum rechtsschutzwürdigen Bereich überschritten und die Intensität des Berührtseins infolgedessen hinreichend. 2.3.2 Das ENSI bestreitet zunächst, dass ein schutzwürdiges Interesse vorliege. Die Praxis bei KKW-Bewilligungsverfahren könne nicht undifferenziert im Rahmen von Art. 25a VwVG Anwendung finden. Nur Gefahren von einer gewissen Bedeutung und Wahrscheinlichkeit vermöchten eine Legitimation zu begründen, nicht rein theoretische und weit entfernt mögliche Gefahren. Die BGE 140 II 315 S. 322 Schutzwürdigkeit des Interesses sei nicht nach Massgabe des von der Anlage gesamthaft ausgehenden Risikos zu bemessen, sondern nach Massgabe der Risikorelevanz der konkret infrage stehenden Aufsichtshandlung. Einzelne Aufsichtshandlungen des ENSI hätten nicht die gleiche Risikorelevanz wie die Bewilligung für ein Kernkraftwerk. Insbesondere sei nicht ersichtlich, inwiefern die Beschwerdegegner durch die Kreditierung interner Notfallschutzmassnahmen in einem hinreichenden Ausmass in ihren schutzwürdigen Interessen berührt sein sollten; denn die Wahrscheinlichkeit, dass zur Aufrechterhaltung der Kühlwasserversorgung auf diese Einrichtungen zurückgegriffen werden müsse, sei sehr gering und könne nahezu ausgeschlossen werden. Es sei deshalb keine für eine Begründung der Legitimation hinreichende Risikoerhöhung erkennbar. Sodann habe die Vorinstanz ohne nähere Prüfung der Risikorelevanz das Berührtsein in Rechten oder Pflichten bejaht. Die blosse Behauptung, massgebende Rechtsvorschriften seien nicht richtig angewendet worden, könne nicht ausreichen, um einen Realakt überprüfen zu lassen. 2.3.3 Die Beschwerdegegner machen geltend, als Anwohner in der Notfallplanungszone 1 und 2 seien sie mehr als die Allgemeinheit betroffen und ihr Gesuch sei rechtsschutzwürdig, da es direkt um ihr Leben, ihre Gesundheit und Freiheit sowie ihr Eigentum gehe. Für die Beurteilung der Schutzwürdigkeit sei vom Gefährdungspotenzial auszugehen; die Wahrscheinlichkeit einzelner Unfallszenarien spiele für die Legitimationsfrage keine Rolle. Bei der gerügten Aufsichtshandlung gehe es um Auslegungsstörfälle, bei denen Wahrscheinlichkeiten nicht zu prüfen seien. Die vom ENSI geführte Wahrscheinlichkeitsdiskussion habe im Bereich der Auslegungsstörfälle nichts zu suchen. 3. 3.1 Der Anspruch auf eine Verfügung nach Art. 25a VwVG besteht nicht, wenn die Gesetzgebung den Rechtsschutz gegenüber dem Realakt bewusst ausgeschlossen hat. Auch entfällt das schutzwürdige Interesse dort, wo genügender Rechtsschutz auf andere Weise möglich ist ( BGE 136 V 156 E. 4.3 S. 160; vgl. zur "Subsidiarität" von Art. 25a VwVG KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, a.a.O., Rz. 370; WEBER-DÜRLER, a.a.O., N. 31 ff. zu Art. 25a VwVG ). Um dies vorliegend zu beurteilen (E. 3.4), ist zunächst die gesetzliche Aufgabenteilung zwischen Aufsichts- und Bewilligungsbehörden darzulegen (E. 3.2), wobei zu beachten ist, dass im Verfahren der von den BGE 140 II 315 S. 323 Aufsichtsbehörden zu erteilenden Freigaben gemäss Art. 64 Abs. 3 KEG nur die gesuchstellende Person Parteistellung hat (E. 3.3). 3.2 Das Bundesgericht hat sich in BGE 139 II 185 mit der gesetzlichen Aufgabenteilung zwischen Bewilligungs- und Aufsichtsbehörden im Bereich der Kernenergiegesetzgebung befasst. Die laufende Aufsicht ist das gesetzlich vorgesehene Instrument, um nach der Bewilligungserteilung die Sicherheit fortdauernd zu gewährleisten bzw. zu verbessern ( Art. 72 KEG ; BGE 139 II 185 E. 10.2.2 S. 201). Die Bewilligungsbehörde kann grundsätzlich davon ausgehen, dass die Aufsichtsbehörde während des Betriebs des Kernkraftwerkes ihre Aufgabe wahrnehmen wird ( BGE 139 II 185 E. 10.2.2 S. 201). Dass die Aufsichtsbehörden laufend die Sicherheit der Anlage überprüfen, neue Fragen aufwerfen und neue Massnahmen (z.B. Nachrüstungen) anordnen, ist der gesetzliche Normalfall ( BGE 139 II 185 E. 10.7 S. 207 mit Verweis). Die gesetzliche Aufgabenteilung zwischen Bewilligungs- und Aufsichtsbehörden führt dazu, dass Sicherheitsprobleme, die im Rahmen der laufenden Aufsicht bzw. durch Freigaben der Aufsichtsbehörden gelöst werden können, im Aufsichts- und nicht im Bewilligungsverfahren zu behandeln sind ( BGE 139 II 185 E. 10.5 S. 206 und E. 11.7 S. 214). Aus diesen Gründen hat es das Bundesgericht abgelehnt, die Betriebsbewilligung des KKW Mühleberg zu befristen. Die offenen Sicherheitsfragen und allfälligen Mängel konnten durch aufsichtsrechtliche Mittel behoben werden ( BGE 139 II 185 E. 14.2.5 S. 226, E. 14.3.8 S. 230 und E. 14.4.3 S. 231). 3.3 Der Gesetzgeber hat den Rechtsschutz gegen das Aufsichtshandeln des ENSI nicht pauschal ausgeschlossen. Soweit Verfügungen betroffen sind, richtet sich das Verfahren nach dem VwVG ( Art. 64 Abs. 1 KEG ). Allerdings hat im Verfahren der von den Aufsichtsbehörden zu erteilenden Freigaben nur die gesuchstellende Person Parteistellung ( Art. 64 Abs. 3 KEG ). Solche Freigaben stellen Ausführungsbewilligungen ("permis d'exécution") für Detailarbeiten dar, die im Anschluss an ein öffentliches Bewilligungsverfahren ergehen. So sind Freigaben namentlich für einzelne Schritte im Rahmen der Erstellung ( Art. 17 Abs. 1 lit. f KEG ) oder der Inbetriebnahme ( Art. 21 Abs. 1 lit. f KEG ) sowie für geringfügigere Abweichungen von einer Bewilligung ( Art. 65 Abs. 3 KEG ) einzuholen. Die wesentlichen Grundlagen werden in öffentlichen Bewilligungsverfahren festgelegt, sodass darauf verzichtet wurde, die Ausführungsschritte ihrerseits als öffentliche Verfahren auszugestalten (Botschaft vom BGE 140 II 315 S. 324 28. Februar 2001 zum Kernenergiegesetz [nachfolgend: Botschaft KEG], BBl 2001 2665, 2788 Ziff. 8.6.4; ferner bereits Botschaft vom 19. Januar 1994 über eine Teilrevision des Atomgesetzes, BBl 1994 I 1361, 1374 f.). 3.4 Vorliegend geht es nicht um eine Freigabe (oben E. 1.1), sondern um die Aufsichtstätigkeit im Anschluss an eine vom ENSI angeordnete Sicherheitsüberprüfung. Art. 64 Abs. 3 KEG greift damit vorliegend nicht und steht der Anwendbarkeit von Art. 25a VwVG nicht entgegen. Dies ist auch sachgerecht: An einer ordnungsgemässen Sicherheitsüberprüfung besteht ein ausgewiesenes Rechtsschutzinteresse, bildet sie doch die Grundlage, um im Rahmen der laufenden Aufsicht zu beurteilen, ob die nukleare Sicherheit des Kernkraftwerkes weiterhin gewahrt ist, offene Sicherheitsfragen bestehen und allfällige Mängel durch Nachrüstungsmassnahmen behoben werden können. Für diese Fragen der laufenden Aufsicht ist die Bewilligungsbehörde nicht zuständig. Schliesslich handelt es sich hierbei nicht um blosse "Detailfragen". Vielmehr sind solche Sicherheitsüberprüfungen wesentlicher Bestandteil, um die nukleare Sicherheit der Anlage im Laufe der Zeit zu gewährleisten und zu verbessern (vgl. BGE 139 II 185 E. 10.1.3 S. 201 und E. 10.2.2 S. 201). 4. 4.1 Art. 25a VwVG definiert das streitlagenspezifische Rechtsschutzinteresse (vgl. zum Begriff BGE 137 V 210 E. 3.4.2.4 S. 254 mit Hinweis) über ein aktbezogenes und ein subjektbezogenes Kriterium. Zum einen muss der Realakt "Rechte oder Pflichten berühren" (unten E. 4.3), zum anderen die gesuchstellende Person ein "schutzwürdiges Interesse" an einer Verfügung über einen Realakt aufweisen (unten E. 4.2). Obwohl die genannten Kriterien mit der Bestimmung des Rechtsschutzinteresses die gleiche Stossrichtung aufweisen, werden sie innerhalb von Art. 25a VwVG klar getrennt - im gleichen Sinne wird herkömmlicherweise bei Rechtsakten zwischen Anfechtungsobjekt ( Art. 44 VwVG ) und Beschwerdebefugnis ( Art. 48 VwVG ) unterschieden (vgl. zum Ganzen MÜLLER, a.a.O., S. 348, 355). 4.2 Das "schutzwürdige Interesse" im Sinne von Art. 25a VwVG ist grundsätzlich gleich zu verstehen wie beim Parteibegriff ( Art. 6 VwVG ) und der Beschwerdebefugnis nach Art. 48 Abs. 1 VwVG bzw. Art. 89 Abs. 1 BGG (vgl. Urteil 1C_455/2011 vom 12. März 2012 E. 4.4). Es muss demnach eine besondere Nähe der gesuchstellenden Person zum Realakt vorliegen (PIERRE TSCHANNEN, BGE 140 II 315 S. 325 Amtliche Warnungen und Empfehlungen, ZSR 1999 II S. 353 ff., 445), wobei das schutzwürdige Interesse rechtlicher oder tatsächlicher Natur sein kann, soweit die gesuchstellende Person an der Rechtsklärung mittels Verfügung über den Realakt einen praktischen Nutzen hat (vgl. sinngemäss BGE 139 II 279 E. 2.2 S. 282; BGE 135 II 172 E. 2.1 S. 174 f.). 4.3 Art. 25a VwVG betrifft jene Fälle, in denen behördliches Verhalten nicht auf die Regelung von Rechten oder Pflichten gerichtet ist - dies ist Sache der Verfügung nach Art. 5 VwVG -, aber dennoch Rechte oder Pflichten berührt . Dies setzt nach herrschender Auffassung einen Eingriff in die persönliche Rechtssphäre der betroffenen Person voraus (MOOR/POLTIER, a.a.O., S. 44 f.; TANQUEREL, a.a.O., Rz. 697; HÄNER, a.a.O., N. 18, 29 und 35 zu Art. 25a VwVG ; MÜLLER, a.a.O., S. 350 ff.; RIVA, a.a.O., S. 341 f.; ANDREAS KLEY, in: Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, 2. Aufl. 2008, N. 12 zu Art. 29a BV ; BEUSCH/MOSER/KNEUBÜHLER, Ausgewählte prozessrechtliche Fragen im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, ZBl 2008 S. 1 ff., 9; BOVET/CARVALHO, Les actes attaquables, in: Le contentieux administratif, 2013, S. 77 ff., 109, mit Bezug auf die Praxis des BVGer; JÉRÔME CANDRIAN, Introduction à la procédure administrative fédérale, 2013, Rz. 38). Schützenswerte Rechtspositionen ergeben sich im Kontext von Art. 25a VwVG vor allem aus Grundrechten; einzubeziehen sind aber auch rechtlich geschützte Interessen aus anderen Rechtstiteln (KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, a.a.O., Rz. 369; HÄNER, a.a.O., N. 19 zu Art. 25a VwVG ; WEBER-DÜRLER, a.a.O., N. 21 f. zu Art. 25a VwVG ; vgl. Urteil 2C_272/2012 vom 9. Juli 2012 E. 4.4.5). Ist die gesuchstellende Person - wie vorliegend - durch den Realakt in ihren Rechten oder ihren Pflichten berührt, gründet das schutzwürdige Interesse im Berührtsein in der Rechtsstellung. Die beiden Kriterien des "schutzwürdigen Interesses" und des "Berührtseins in Rechten oder Pflichten" fallen dann weitgehend ineinander (MÜLLER, a.a.O., S. 355). Es verhält sich nicht anders als beim materiellen Verfügungsadressaten, der ohne Weiteres beschwerdebefugt ist ( Art. 48 VwVG ). 4.4 Mit der gesetzlichen Umschreibung des Rechtsschutzinteresses soll angemessener Rechtsschutz im Bereich der Realakte sichergestellt werden, ohne Bagatellfälle dem Rechtsschutz zuzuführen und damit den abschüssigen Weg hin zur "Popularnörgelei" (FRITZ GYGI, BGE 140 II 315 S. 326 Ein gesetzgeberischer Versuch zur Lösung des Problems des Klagerechtes im verwaltungsgerichtlichen Anfechtungsprozess, Archiv des öffentlichen Rechts [AöR] 1963 S. 411 ff., 413) zu beschreiten. Es zeigte sich seit Längerem, dass auch Realhandeln des Staates in schützenswerte Rechtspositionen eingreifen kann. Der an den Verfügungsbegriff geknüpfte Verwaltungsrechtsschutz konnte gegen solche Rechtsbeeinträchtigungen keine Abhilfe verschaffen. Um diese Rechtsschutzlücke zu füllen, anerkannte das Bundesgericht schon vor Erlass von Art. 25a VwVG gestützt auf Art. 13 EMRK einen Anspruch auf einen irgendwie gearteten Rechtsschutz gegen solche Eingriffe. Entsprechend der menschenrechtlichen Abstützung ging es dabei um Eingriffe in Grundrechtspositionen (Eingriffe in die Religionsfreiheit durch staatliche Publikationen [ BGE 121 I 87 E. 1b S. 91]; Eingriffe in die Eigentumsgarantie durch Aufhebung einer genügenden Hauszufahrt [ BGE 126 I 213 ]; Einschränkungen der Bewegungsfreiheit durch polizeiliches Realhandeln [ BGE 130 I 369 E. 6 S. 376 ff.; BGE 128 I 167 E. 4.5 S. 173 ff.] oder durch Hausordnungen in einem Asylbewerberheim [ BGE 133 I 49 E. 3 S. 55 ff.; BGE 128 II 156 E. 2c S. 161 f.]). Die Rechtsschutzlücke bei Realakten wurde in den 1990er-Jahren zunehmend auch in der Lehre thematisiert (statt vieler TSCHANNEN, a.a.O., passim) und führte zum Erlass von Art. 25a VwVG (vgl. Votum SR Rolf Schweiger für die Kommission, AB 2003 S 872). Die Bestimmung ist überdies mit Bezug auf die Rechtsweggarantie ( Art. 29a BV ) zu sehen, deren Verwirklichung sie im Bereich der Realakte sicherstellen soll. Die Rechtsweggarantie gewährt einen Anspruch auf gerichtliche Beurteilung bei "Rechtsstreitigkeiten"; eine solche liegt vor bei Streitigkeiten, die im Zusammenhang mit einer individuellen, schützenswerten Rechtsposition stehen ( BGE 139 II 185 E. 12.4 S. 218; BGE 137 II 409 E. 4.2 S. 411; BGE 136 I 323 E. 4.3 S. 328 f.; KLEY, a.a.O., N. 12 zu Art. 29a BV ). 4.5 Entgegen einem Teil der Lehre fügt sich Art. 25a VwVG und namentlich das Kriterium des "Berührtseins in Rechten oder Pflichten" in die Ordnung des VwVG ein (a.M. insb. WEBER-DÜRLER, a.a.O., N. 19 zu Art. 25a VwVG ; daran anschliessend DANIELA THURNHERR, Verfahrensgrundrechte und Verwaltungshandeln, 2013, Rz. 759; TSCHOPP-CHRISTEN, a.a.O., S. 118 ff.). Die gesetzliche Umschreibung des Rechtsschutzinteresses darf nicht einzig an der Parteistellung ( Art. 6 VwVG ) und dem (Dritt-)Beschwerderecht ( Art. 48 VwVG ) BGE 140 II 315 S. 327 gemessen werden, die ein schutzwürdiges faktisches Interesse ausreichen lassen (oben E. 4.2; BGE 108 Ib 92 E. 3b/bb S. 93 ff.; BGE 97 I 591 E. 2 S. 592 f.). Dabei fiele ausser Betracht, dass das Verwaltungsverfahren nach überkommener Konzeption auf die Verfügung nach Art. 5 VwVG ausgerichtet ist ( Art. 1 VwVG ): Liegt keine Verfügung vor, so besteht kein Verwaltungsrechtsschutz, weder für diejenigen, deren Rechte und Pflichten berührt sind, noch für Dritte. Anerkennt der Gesetzgeber, dass das Rechtsschutzbedürfnis über die Verfügung hinausreicht, bedeutet dies nicht ohne Weiteres, dass einzig am "schutzwürdigen Interesse" anzuknüpfen ist. Eine solche Konzeption wäre zwar denkbar und käme möglicherweise den Eigenheiten des modernen Verwaltungsrechts entgegen (vgl. dazu bereits Botschaft vom 24. September 1965 über den Ausbau der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Bunde, BBl 1965 II 1265, 1318; PIERRE MOOR, La notion de participation dans la systématique du droit public, in: Les tiers dans la procédure administrative, 2004, S. 9 ff.). Der Gesetzgeber hat sich jedoch dafür entschieden, zusätzlich ein "Berührtsein in Rechten oder Pflichten" vorauszusetzen, was mit Blick auf die Entstehungsgeschichte, die Rechtsweggarantie ( Art. 29a BV ) und die Ordnung des VwVG nachvollziehbar ist. 4.6 Schützenswerte Rechtspositionen für die Anwohner ergeben sich vorliegend aus der Kernenergiegesetzgebung. Sie bezweckt insbesondere den Schutz von Mensch und Umwelt vor den Gefahren der Kernenergie ( Art. 1 KEG ; PETER HETTICH, Kooperative Risikovorsorge, 2014, Rz. 390 ff.). Das Gesetz verfolgt gemäss bundesrätlicher Botschaft grösstenteils polizeiliche Schutzziele, wobei der Schutz von Mensch und Umwelt "oberstes Gebot" ist (Botschaft KEG, BBl 2001 2754 Ziff. 8.1.1). Zentral hierfür ist die in Art. 4 Abs. 1 KEG enthaltene Verpflichtung, gegen eine unzulässige Freisetzung radioaktiver Stoffe sowie gegen eine unzulässige Bestrahlung von Personen im Normalbetrieb und bei Störfällen Vorsorge zu treffen (Botschaft KEG, BBl 2001 2758 Ziff. 8.2.1; BGE 139 II 185 E. 11.1 S. 207). Die im Sinne der Vorsorge zu treffenden Vorkehren nach Art. 4 Abs. 3 KEG dienen nicht nur der Allgemeinheit, sondern auch den Anwohnern, die durch das Kernkraftwerk und das dadurch geschaffene Gefährdungspotenzial besonders betroffen sind. Im Ergebnis führt dies vorliegend zu einer weitgehenden Parallelität mit der Rechtsprechung zu Art. 6 und 48 VwVG (unten E. 5.2.3; so bereits RENÉ A. RHINOW, Ist das Verfahren zur Bewilligung des BGE 140 II 315 S. 328 Kernkraftwerkes Kaiseraugst formell rechtmässig abgewickelt worden?, BJM 1976 S. 73 ff., 85 f.; vgl. allgemein AUGUSTIN MACHERET, La qualité pour recourir [...], ZSR 1975 II S. 131 ff., 177). Bei Bau und Betrieb von Kernkraftwerken ist nach konstanter Rechtsprechung für die Beurteilung der Schutzwürdigkeit vom Gefährdungspotenzial auszugehen, das theoretisch mit einer solchen Anlage verbunden ist ( BGE 121 II 176 E. 2c S. 178 f.; 120 lb 431 E. 1 S. 433 ff., BGE 121 II 379 E. 4d S. 388; VPB 46/1982 Nr. 54 S. 287 ff.; 44/1980 Nr. 89 S. 422 ff.; 42/1978 Nr. 96 S. 422 ff.). Jedermann, der innerhalb eines Bereichs lebt, der von einem Störfall besonders betroffen wäre (vgl. BGE 120 Ib 379 E. 4e S. 388 f.), hat ein schutzwürdiges Interesse daran, dass der Eigenart und der Grösse der Gefahr angemessene und geeignete Schutzmassnahmen ergriffen werden (vgl. bereits VPB 42/1978 Nr. 96 S. 423 ff., 429). Legitimationsgrund ist damit die Risikoexposition der Anwohner gegenüber einem besonderen Gefahrenherd (HETTICH, a.a.O., Rz. 453; HANSJÖRG SEILER, Recht und technische Risiken [nachfolgend: Risiken], 1997, S. 84), d.h. der Umstand, dass sie einer Anlage mit sehr grossem Gefährdungspotenzial ausgesetzt und von den möglichen Störfallfolgen in besonderem Masse potenziell betroffen sind (MOOR/POLTIER, a.a.O., S. 737 f; ISABELLE HÄNER, Die Beteiligten im Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, 2000, Rz. 723 ff.; JEAN-MICHEL BRAHIER, Installations dangereuses et aménagement du territoire, 2010, Rz. 1236 ff.; LAURENT PFEIFFER, La qualité pour recourir en droit de l'aménagement du territoire et de l'environnement, 2013, S. 113 f.; HANS RUDOLF TRÜEB, Rechtsschutz gegen Luftverunreinigung und Lärm, 1990, S. 174 f.). 4.7 Die genannte Rechtsprechung trägt dazu bei, dem materiellen Recht zum Durchbruch zu verhelfen und damit Rechtsschutzlücken zu vermeiden. Wenn aufgrund des grossen Gefährdungspotenzials von Kernkraftwerken bereits kleine Eintrittswahrscheinlichkeiten ein Handeln der Aufsichtsbehörden erfordern ( Art. 4 Abs. 3 KEG ; BGE 139 II 185 E. 11 S. 207 ff.; Botschaft KEG, BBl 2001 2758 f. Ziff. 8.2.1; allgemein HANSJÖRG SEILER, in: Kommentar zum Umweltschutzgesetz, 2. Aufl., Stand: 2000, N. 76 zu Art. 29a USG ), wäre es nicht sachgerecht, die Schwelle für die Öffnung des Rechtsweges ohne triftige Gründe höher anzulegen. Ansonsten würden Drittbeschwerden im Vorsorgebereich nach Art. 4 KEG praktisch ausgeschlossen und dieser in weitem Umfang von gerichtlicher Kontrolle freigestellt (vgl. allgemein BRIGITTE FASEL, La précaution en matière BGE 140 II 315 S. 329 de santé publique, démarche ou principe?, 2011, S. 117, 187 f.; ferner bereits RUDOLF STEINBERG, Der ökologische Verfassungsstaat, 1998, S. 307 ff.). In gleicher Stossrichtung hat das Bundesgericht festgehalten, der Perimeter der Beschwerdeberechtigung bei neuen Technologien mit schwer abschätzbaren Gefahren dürfe nicht zu eng gezogen werden ( BGE 129 II 286 E. 4.3.2 S. 293; vgl. ferner BGE 120 Ib 379 E. 4c S. 387 f.; ALAIN GRIFFEL, Die Grundprinzipien des schweizerischen Umweltrechts, 2001, Rz. 179; FABIA JUNGO, Le principe de précaution en droit de l'environnement suisse, 2012, S. 308 ff.). Die Abgrenzung zur unerwünschten Popularbeschwerde und zur Aufsichtsbeschwerde ( Art. 71 VwVG ), die dem Anzeiger keine Parteistellung verschafft, mahnt zwar zur sorgfältigen Prüfung bei der Erweiterung des Rechtsschutzes über Art. 25a VwVG . Deswegen ist jedoch den Anwohnern das Rechtsschutzinteresse im Bereich der Störfallvorsorge nicht abzusprechen: Sie befinden sich in einer spezifischen (räumlichen) Beziehungsnähe zum Kernkraftwerk, womit das Erfordernis der besonderen persönlichen Betroffenheit erfüllt ist (vgl. allgemein BGE 140 II 214 E. 2.1 S. 218). Über den potenziellen Einwirkungsbereich des Störfalls lässt sich ein besonders betroffener Personenkreis bestimmen und abgrenzen. Daran ändert nichts, dass die Wahrscheinlichkeit des Risikoeintritts gering ist, da bei einem Kernkraftwerk als einem besonderen Gefahrenherd die Risikoexposition Legitimationsgrund ist (a.M. SEILER, Risiken, a.a.O., S. 353 Fn. 1128, der es als fragwürdig erachtet, den Anwohnern von Kernkraftwerken unter Risikoaspekten eine Parteieigenschaft zuzuerkennen). 4.8 Grundrechtliche Erwägungen bestätigen dieses Ergebnis, wobei mit der Vorinstanz namentlich das Recht auf Leben ( Art. 10 Abs. 1 BV ) und die persönliche Freiheit ( Art. 10 Abs. 2 BV ) zu erwähnen sind. Besonders bei modernen Technologien mit hohem Gefährdungspotenzial wächst das Bedürfnis nach vorsorgenden Schutzmassnahmen des Staates (RAINER J. SCHWEIZER, in: Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, 2. Aufl. 2008, N. 35 f. zu Art. 10 BV und N. 14 zu Art. 35 BV ; siehe auch MÜLLER/SCHEFER, Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl. 2008, S. 53 f.; WALTER HALLER, Persönliche Freiheit, in: Kommentar zur Bundesverfassung [...], Stand: 1987, N. 111; PATRICIA EGLI, Drittwirkungen von Grundrechten, 2002, S. 300; ALEXANDER RUCH, Regulierungsfragen der Gentechnologie und des Internet, ZSR 2004 II S. 373 ff., 394 f.). Beispielhaft BGE 140 II 315 S. 330 hierfür sind Kernkraftwerke, bei denen das sehr grosse Gefährdungspotenzial anerkannt ist ( BGE 139 II 185 E. 11.4 S. 210). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung begründen Grundrechte auch eine staatliche Schutzpflicht gegen Gefährdungen, die von Dritten verursacht werden ( BGE 126 II 300 E. 5a S. 314; siehe auch BGE 129 II 420 E. 5 S. 431 f.; Urteil 1A.282/1999 vom 8. Dezember 2000 E. 53, nicht publ. in: BGE 126 II 522 ). Diese Schutzpflicht kann dabei ebenso wenig wie das Umwelt- und Technikrecht einen absoluten Schutz gegen jegliche Beeinträchtigungen und Risiken gewähren ( BGE 126 II 300 E. 5b S. 315; siehe auch BGE 139 II 185 E. 11.3 S. 209; 41 I 126 E. 2 S. 136 ff.; Urteil 1A.14/2005 / 1A.18/2005 vom 8. August 2006 E. 6). Angesichts von Schwere und Ausmass möglicher Beeinträchtigungen grundrechtlicher Schutzgüter genügt im Bereich der friedlichen Nutzung der Kernenergie jedoch bereits eine entfernte Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts, um die Schutzpflicht des Gesetzgebers konkret auszulösen (MARKUS SCHEFER, Gefährdung von Grundrechten, in: Risiko und Recht, 2004, S. 441 ff., 477 f., unter Hinweis auf die Rechtsprechung des deutschen Bundesverfassungsgerichts, wegleitend BVerfGE 49, 89 [141 f.] - Kalkar I und BVerfGE 53, 30 [57] - Mülheim-Kärlich ; vgl. allgemein zur Korrelation von Schadenspotenzial und Schutzmassnahmen BGE 139 II 185 E. 11.4 S. 210; BGE 136 I 1 E. 5.5.3 S. 16 f.; BGE 127 II 18 E. 5a S. 20 [zu Art. 7 Abs. 2 StFV ; SR 814.012]). Damit folgt aus dem objektiv-rechtlichen Gehalt der Grundrechte ein Auftrag des Staates zu einer auf Grundrechtsgefährdungen bezogenen Risikovorsorge (HETTICH, a.a.O., Rz. 191; RUCH, a.a.O., S. 395). Im Rahmen der Verfassungsordnung ist es in erster Linie Sache der einschlägigen Gesetzgebung, die Grenze zwischen einer unerlaubten Gefährdung und einem hinzunehmenden Restrisiko zu definieren ( BGE 126 II 300 E. 5b S. 315; JÖRG PAUL MÜLLER, Zur sog. subjektiv- und objektiv-rechtlichen Bedeutung der Grundrechte, in: Der Staat, Bd. 29, 1990, S. 33 ff., 41 f.; GIOVANNI BIAGGINI, BV, Kommentar, 2007, N. 7 zu Art. 35 BV ; EGLI, a.a.O., S. 317). Insofern stellt die Kernenergiegesetzgebung gesetzlich konkretisierten Grundrechtsschutz dar. Indem Art. 25a VwVG unabhängig von der Handlungsform den Rechtsweg gegen die Aufsichtstätigkeit des ENSI eröffnet, wird eine gerichtliche Kontrolle der richtigen Anwendung des Kernenergierechts und damit - zumindest mittelbar - der Erfüllung grundrechtlicher Schutzaufträge im zentralen Bereich der laufenden BGE 140 II 315 S. 331 Aufsicht ermöglicht. So trägt Art. 25a VwVG zu einem wirksamen, dynamischen Grundrechtsschutz bei und ist Ausdruck des Auftrags zu einem gewaltenteiligen Zusammenwirken bei der Grundrechtsverwirklichung ( Art. 35 BV ). 4.9 Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) verpflichtet die Staaten, im Umgang mit gefährlichen Aktivitäten frühzeitig für die Einhaltung der Konventionsgarantien zu sorgen und nicht erst bei erfolgter, potenziell irreversibler Gesundheitsschädigung zu handeln (KATHARINA BRAIG, Umweltschutz durch die Europäische Menschenrechtskonvention, 2013, S. 201 ff.; KELLER/CIRIGLIANO, Grundrechtliche Ansprüche an den Service Public: Am Beispiel der italienischen Abfallkrise, URP 2012 S. 831 ff.). Im Urteil di Sarno und andere gegen Italien vom 10. Januar 2012 (Nr. 30765/08) führte der Gerichtshof mit Blick auf Art. 8 EMRK aus, die Staaten seien namentlich bei gefährlichen Tätigkeiten verpflichtet, eine den Umständen angepasste Regelung zu erlassen, die der Besonderheit der Tätigkeit und insbesondere dem Mass der sich aus ihr möglicherweise ergebenden Gefahr entspreche (§ 106). Diese Regelung müsse sich auf die Genehmigung, die Aufnahme, den Betrieb, die Sicherheit und die Kontrolle der jeweiligen Tätigkeit beziehen und alle Beteiligten zu angemessenen praktischen Massnahmen verpflichten, um einen wirksamen Schutz der Bürger zu garantieren, deren Leben den vom Betrieb verursachten Gefahren ausgesetzt sei (vgl. dazu sinngemäss Urteil des EGMR Öneryildiz gegen Türkei vom 30. November 2004 [Nr. 48939/99], Recueil CourEDH 2004-XII S. 1 § 90 [zuArt. 2 EMRK]).Im Urteil Hardy und Maile gegen Vereinigtes Königreich vom 14. Februar 2012 (Nr. 31965/07) war eine Beschwerde von Anwohnern gegen den Bau einer Hafenanlage zu beurteilen, in der u.a. Flüssigerdgas umgeladen werden sollte. Dabei erstreckte der EGMR den Schutzbereich von Art. 8 EMRK auf die Risikovorsorge und zog mögliche (potenzielle) Störfälle mit ein (§ 187 ff.). Daran anschliessend formulierte der EGMR Beteiligungs- und Informationsrechte der betroffenen Personen (§ 217 ff.) und der Öffentlichkeit (§ 245 ff.). Solche abgestuften Beteiligungs- und Informationsrechte sind auch der Aarhus-Konvention zu entnehmen (vgl. Art. 4 ff. des Übereinkommens vom 25. Juni 1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten [Aarhus-Konvention; SR 0.814.07]). BGE 140 II 315 S. 332 5. Nach dem Gesagten schliesst die kernenergierechtliche Ordnung die Anwendbarkeit von Art. 25a VwVG nicht aus (oben E. 3). Zu den strittigen Voraussetzungen des schutzwürdigen Interesses und des Berührtseins in Rechten oder Pflichten ergibt sich vorliegend, was folgt: 5.1 Die Beschwerdegegner leben in den Notfallplanungszonen 1 und 2 um das KKW Mühleberg (vgl. Art. 3 der Verordnung vom 20. Oktober 2010 über den Notfallschutz in der Umgebung von Kernanlagen [Notfallschutzverordnung, NFSV; SR 732.33]). Die Notfallplanungszone 1 umfasst das Gebiet um eine Kernanlage im Umkreis von 3 bis 5 Kilometer, in dem bei einem schweren Störfall eine Gefahr für die Bevölkerung entstehen kann, die Schutzmassnahmen sofort erforderlich macht ( Art. 3 Abs. 1 lit. a und Anhang 2 NFSV ). Zumindest für Anwohner in diesem Gebiet ist gemäss der Rechtsprechung die Befugnis zur Teilnahme am KKW-Bewilligungsverfahren anerkannt (oben E. 4.6; statt aller VPB 42/1978 Nr. 96 S. 422 ff., 430 f.). In der Folge sind die Anwohner der Notfallplanungszone 1 auch befugt, eine Verfügung über aufsichtsrechtliche Realakte des ENSI zu verlangen, wenn die nukleare Sicherheit des KKW Mühleberg auf dem Spiel steht. Da die Beschwerdegegner gemeinsam auftreten und zumindest einer von ihnen ein genügendes Rechtsschutzinteresse aufweist, hat die Vorinstanz das Rechtsschutzinteresse des in der Notfallplanungszone 2 lebenden Beschwerdegegners nicht abschliessend geprüft. 5.2 5.2.1 Das ENSI bringt vor, das Rechtsschutzinteresse sei nicht nach Massgabe des vom Kernkraftwerk (gesamthaft) ausgehenden Risikos zu bemessen, sondern nach Massgabe der Risikorelevanz der konkret infrage stehenden Aufsichtshandlung festzulegen. Vorliegend fehle es an einer legitimationsbegründenden Risikoerhöhung. Der Sicherheitsnachweis betreffe mit dem 10'000-jährlichen Hochwasser ein ausserordentlich seltenes Extremereignis und die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem solchen Ereignis auf mobile Pumpen zurückgegriffen werden müsse, sei sehr klein und könne nahezu ausgeschlossen werden. Auch hätten die mobilen und unklassierten Einrichtungen nicht per se eine geringere Zuverlässigkeit als ein klassiertes System. 5.2.2 Eine durch ein Naturereignis ausgelöste externe Überflutung bildet einen Störfall mit Ursprung ausserhalb der Anlage, wobei für BGE 140 II 315 S. 333 den Nachweis des ausreichenden Schutzes Gefährdungen mit einer Häufigkeit grösser gleich 10 -4 zu berücksichtigen und zu bewerten sind (Art. 8 der Kernenergieverordnung vom 10. Dezember 2004 [KEV; SR 732.11] und Art. 5 Gefährdungsannahmenverordnung). In der Folge der Ereignisse von Fukushima forderte das ENSI die Betreiberin des KKW Mühleberg auf, die Auslegung bezüglich Erdbeben und Überflutung unverzüglich zu überprüfen und namentlich den deterministischen Nachweis der Beherrschung des 10'000-jährlichen Hochwassers zu führen (Art. 2 Abs. 1 lit. d der Verordnung des UVEK vom 16. April 2008 über die Methodik und die Randbedingungen zur Überprüfung der Kriterien für die vorläufige Ausserbetriebnahme von Kernkraftwerken [SR 732.114.5; nachfolgend: Ausserbetriebnahmeverordnung]; vgl. BGE 139 II 185 E. 11.7 S. 214 f.). Ergibt die Überprüfung, dass die Dosisgrenzwerte nach Art. 94 Abs. 3-5 und Art. 96 Abs. 5 der Strahlenschutzverordnung vom 22. Juni 1994 (StSV; SR 814.501) nicht eingehalten werden, ist das Kernkraftwerk unverzüglich vorläufig ausser Betrieb zu nehmen und nachzurüsten ( Art. 22 Abs. 3 KEG ; Art. 44 Abs. 1 lit. a KEV ; Art. 3 Ausserbetriebnahmeverordnung). 5.2.3 Gegenstand des Gesuchs der Beschwerdegegner ist der Sicherheitsnachweis für das Beherrschen eines Auslegungsstörfalls. Ohne diesen Nachweis ist die nukleare Sicherheit des KKW Mühleberg nicht (mehr) gewährleistet. An der Kontrolle der Aufsichtstätigkeit im Bereich der Sicherheitsüberprüfung besteht ein ausgewiesenes Rechtsschutzinteresse (oben E. 3.4). Dabei kann der Rechtsschutz bei Drittbeschwerden nicht deswegen versagt werden, weil der zu beurteilende Störfall (10'000-jährliches Hochwasser) nur selten eintritt. Ansonsten würde der Bereich der gesetzlichen Störfallvorsorge und damit ein zentraler Baustein der Gewährleistung der nuklearen Sicherheit von der gerichtlichen Kontrolle weitgehend freigestellt (oben E. 4.7). Ebenso wenig kann das Rechtsschutzinteresse isoliert auf die Risikorelevanz der einzelnen strittigen Schutzmassnahme eingeengt werden. Denn diese Massnahme - die Einspeisung mit mobilen Pumpen - ist Bestandteil eines umfassenden Konzepts der Sicherheitsvorsorge, das durch hintereinander gestaffelte und voneinander unabhängige Sicherheitsmassnahmen die Kühlwasserversorgung bei einem 10'000-jährlichen Hochwasser gewährleisten soll (vgl. allgemein zum Konzept der gestaffelten Sicherheitsvorsorge ["Defence-in-Depth"] Art. 18 Ziff. I des Übereinkommens vom 17. Juni 1994 über nukleare Sicherheit [SR 0.732.020]; Art. 5 Abs. 1 BGE 140 II 315 S. 334 KEG ; Art. 1 lit. c Gefährdungsannahmenverordnung). Die Beschwerdegegner haben demnach ein schutzwürdiges Interesse daran, dass überprüft wird, ob der Sicherheitsnachweis für die Beherrschung des 10'000-jährlichen Hochwassers erbracht ist und damit die auch ihrem Schutz dienenden Normen zur Störfallvorsorge eingehalten werden. 5.3 Aus dem Gesagten folgt, dass die strittigen Eintretensvoraussetzungen des schutzwürdigen Interesses und des Berührtseins in Rechten oder Pflichten erfüllt sind. Entsprechend ist der vorinstanzliche Entscheid zu bestätigen, wonach das Gesuch um Erlass einer Verfügung über den beanstandeten aufsichtsrechtlichen Realakt des ENSI materiell zu beurteilen ist.
public_law
nan
de
2,014
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
0ff4ffe8-539e-4982-bc88-865d301543c7
Urteilskopf 118 III 16 6. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 9. November 1992 i.S. W. (Rekurs)
Regeste Pfändbarkeit einer Rente ( Art. 93 SchKG ). Auch wenn ein Rentenberechtigter sich aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aus dem Erwerbsleben zurückziehen musste, wird sein als Invalidenrente bezeichneter Pensionkassenanspruch ab dem erfüllten 65. Altersjahr beschränkt pfändbar.
Sachverhalt ab Seite 17 BGE 118 III 16 S. 17 Auf Begehren des Fürsorgeamtes der Stadt B. pfändete das Betreibungsamt B. am 15. Juni 1992 bei W. unter anderem von seinem Rentenanspruch gegenüber der Pensionskasse des B. Staatspersonals den Betrag von Fr. 2'290.-- pro Monat bis zur Deckung von Fr. 8'050.--. Die Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt des Kantons Basel-Stadt wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 3. September 1992 ab. Im gleichen Sinn entschied die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts am 9. November 1992. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der Rekurrent erachtet seinen Rentenanspruch gegenüber der Pensionskasse des B. Staatspersonals als unpfändbar im Sinne von Art. 92 Ziff. 10 und Ziff. 11 SchKG , da es sich hiebei um eine Invaliden- und nicht etwa um eine Altersrente handle. a) Unpfändbar sind Renten und Kapitalbeträge, die als Entschädigung für Körperverletzung oder Gesundheitsstörung des Schuldners ausgerichtet werden ( Art. 92 Ziff. 10 SchKG ). Dabei ist nicht massgebend, unter welchem Titel diese Leistungen geschuldet werden ( BGE 78 III 108 /109 E. 1). Die Rente, die demjenigen zusteht, der sich aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aus dem Erwerbsleben zurückziehen muss, ist somit unpfändbar. Ebenso sind sozialversicherungsrechtliche Leistungen, wie sie aufgrund des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG) und des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (UVG) ausgerichtet werden, bereits gemäss der entsprechenden Gesetzgebung der Zwangsvollstreckung entzogen ( Art. 50 IVG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 AHVG ; Art. 50 Abs. 1 UVG ). Das bedeutet jedoch nicht, dass ein Schuldner neben solchen Renten noch den seinen Notbedarf deckenden Teil seines übrigen Einkommens beanspruchen kann ( BGE 104 III 40 E. 1). b) Im vorliegenden Falle ist die Pfändung vollzogen worden, nachdem der Rekurrent sein 65. Altersjahr zurückgelegt hat. Damit ist BGE 118 III 16 S. 18 seine Rente - unabhängig von einer allfälligen Körperverletzung oder Gesundheitsstörung - als Alterspension im Sinne von Art. 93 SchKG zu behandeln. Sie wird somit beschränkt pfändbar ( BGE 65 III 76 ; BGE 77 III 23 ; BGE 77 III 157 E. 4c; BGE 78 III 109 E. 2), im Gegensatz zu den Leistungen aufgrund des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung ( Art. 92 Ziff. 11 SchKG ). Ob der Rekurrent ab dem 65. Altersjahr eine höhere Rente beziehen würde, wenn er seine Erwerbstätigkeit nicht aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig hätte aufgeben müssen, ist somit nicht von Bedeutung. Ob diese Rente von der Pensionskasse weiterhin als Invalidenrente bezeichnet wird, ist nicht massgebend. Ebenso können die Statuten einer Vorsorgeeinrichtung die Leistungen an ihre Bezüger der Pfändung nicht rechtsgültig entziehen ( BGE 65 III 76 ). Im übrigen sind auch durch den Gesetzgeber selber nicht sämtliche Invalidenrenten der Zwangsvollstreckung entzogen worden. So ist die Unpfändbarkeit von Ansprüchen aufgrund des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG), wie Invalidenrenten nach Art. 23 ff. BVG , nur bis zu deren Fälligkeit gegeben ( Art. 92 Ziff. 13 SchKG , Botschaft zum BVG in BBl 1976 I 250; BGE 113 III 12 E. 1a; BGE 115 III 47 ff. E. 1). c) Die Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt hat somit die teilweise Pfändung der Rente, welche die Pensionskasse des B. Staatspersonals dem Rekurrenten seit seinem 65. Altersjahr zahlt, zu Recht geschützt.
null
nan
de
1,992
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
0ff7e225-23ba-45e7-bc2c-093a39f27de3
Urteilskopf 124 I 49 7. Arrêt de la Ie Cour civile du 3 mars 1998 dans la cause S. contre société A. (recours de droit public)
Regeste Feststellung des ausländischen Rechts; Anspruch auf rechtliches Gehör ( Art. 4 BV , Art. 16 IPRG ). Dem Richter zur Verfügung stehende Mittel für die Feststellung des Inhalts des ausländischen Rechts (E. 3b). Tragweite des rechtlichen Gehörs der Parteien hinsichtlich des Ergebnisses der Nachforschungen des Richters (E. 3c und d).
Sachverhalt ab Seite 49 BGE 124 I 49 S. 49 A.- Le 29 juin 1989, la société A. a assigné S. devant le Tribunal de première instance du canton de Genève en vue d'obtenir le paiement de 7'627'256 riyals saoudiens (SR), plus intérêts, montant correspondant à des billets à ordre non honorés. La demanderesse avait obtenu, en janvier et avril 1988, le séquestre des avoirs du défendeur se trouvant dans divers établissements bancaires genevois. Le litige a pour origine un contrat dit de "lease", portant sur de l'équipement lourd de construction, que le défendeur, désigné comme preneur, avait signé le 19 mars 1983 avec une société saoudienne, BGE 124 I 49 S. 50 qui avait cédé par la suite ses droits à la demanderesse. Le droit applicable à la convention était celui de l'Arabie Saoudite. Sur le fond, le défendeur a conclu au déboutement de la demanderesse. Contestant avoir été partie au contrat de "lease", qu'il aurait signé au nom d'une société tierce, il soutenait, en toute hypothèse, que la convention du 19 mars 1983 était nulle, au regard du droit saoudien, parce qu'elle combinait des éléments de la vente et du bail. Le Tribunal a ordonné aux parties de prouver le contenu du droit saoudien applicable au litige, conformément à l'article 16 al. 1 de la loi fédérale sur le droit international privé (LDIP; RS 291). Les parties ont alors déposé des écritures complémentaires s'appuyant sur divers avis de droit. Par jugement du 12 août 1996, le Tribunal, faisant sien l'argument du défendeur relatif à la nullité de la convention litigieuse, a rejeté la demande. B.- La demanderesse ayant appelé de ce jugement, la Cour de justice du canton de Genève a sollicité un avis de droit de l'Institut suisse de droit comparé (ISDC), à Lausanne, en lui transmettant ceux qui avaient été produits par les parties. L'avis de droit de l'ISDC a été établi le 14 mars 1997. Statuant par arrêt du 23 mai 1997, la Cour de justice a annulé le jugement de première instance et condamné le défendeur à payer à la demanderesse la somme de 7 627 256 SR sans intérêts. Elle a considéré, en bref, sur le vu de l'avis de droit de l'ISDC, que la convention du 19 mars 1993 était valable, si bien que les conclusions de la demanderesse pouvaient être accueillies, hormis celle qui avait trait au paiement d'un intérêt moratoire. C.- Parallèlement à un recours en réforme, le défendeur exerce un recours de droit public pour violation de l' art. 4 Cst. Il conclut à l'annulation de l'arrêt rendu par la Cour de justice. Le Tribunal fédéral admet le recours et annule l'arrêt attaqué. Erwägungen Considérant en droit: 1. A l'appui de son recours de droit public, le défendeur invoque une appréciation manifestement insoutenable des faits du dossier, ainsi qu'une application arbitraire du droit saoudien. Il allègue également une violation du droit d'être entendu, déduit de l' art. 4 Cst. En raison de la nature formelle du droit d'être entendu, il se justifie d'examiner en premier lieu le moyen pris de la violation de ce droit. BGE 124 I 49 S. 51 2. Le recourant relève que l'auteur de l'avis de droit de l'ISDC, sur lequel la cour cantonale a fondé sa décision d'interprétation du droit saoudien, s'est totalement écarté des avis de droit produits par les parties et émanant d'avocats et de magistrats saoudiens expérimentés. Il fait valoir que, même s'il appartient au juge d'établir d'office le contenu du droit étranger, il convient que le droit d'être entendu des parties soit respecté à l'occasion de cette recherche, ce qui signifie que les parties doivent être en mesure de se prononcer tant sur les éléments de preuve fournis par leur adversaire que sur ceux recueillis d'office par le juge. Dès lors, en ne donnant pas connaissance de l'avis de droit de l'ISDC aux parties et en leur refusant la possibilité de se prononcer à son sujet, la Cour de justice aurait violé, en l'espèce, le droit d'être entendu du recourant, garanti par l' art. 4 Cst. Cette violation serait d'autant plus choquante qu'elle est intervenue au stade de l'appel et que l'application erronée du droit étranger par la cour cantonale ne peut pas faire l'objet d'un recours en réforme. 3. a) La portée du droit d'être entendu est déterminée en premier lieu par le droit cantonal, dont le Tribunal fédéral examine l'application sous l'angle restreint de l'arbitraire. Dans les cas où la protection que ce droit accorde aux parties apparaît insuffisante, l'intéressé peut invoquer celle découlant directement de l' art. 4 Cst. , qui constitue ainsi une garantie subsidiaire et minimale. Le Tribunal fédéral examine librement si les exigences posées par cette disposition constitutionnelle ont été respectées ( ATF 122 I 153 consid. 3 p. 158 et les arrêts cités). En l'espèce, le recourant n'invoque pas la violation de normes du droit cantonal. C'est donc à la lumière de l' art. 4 Cst. qu'il faut examiner le mérite de son grief. La jurisprudence a déduit du droit d'être entendu, en particulier, le droit pour le justiciable de s'expliquer avant qu'une décision ne soit prise à son détriment, celui de fournir des preuves quant aux faits de nature à influer sur le sort de la décision, celui d'avoir accès au dossier et celui de participer à l'administration des preuves, d'en prendre connaissance et de se déterminer à leur propos. En effet, le droit d'être entendu est à la fois une institution servant à l'instruction de la cause et une faculté de la partie, en rapport avec sa personne, de participer au prononcé de décisions qui lèsent sa situation juridique ( ATF 122 I 53 consid. 4a, 109 consid. 2a; ATF 114 Ia 97 consid. 2a et les arrêts cités). b) Selon l' art. 16 LDIP , le contenu du droit étranger est établi d'office. A cet effet, la collaboration des parties peut être requise. En matière patrimoniale, la preuve peut être mise à la charge des parties. BGE 124 I 49 S. 52 Si le juge veut appliquer le droit étranger et ne se satisfait pas des éléments que lui fournissent les parties, il met en oeuvre les moyens d'investigation qui sont à sa disposition. Lorsque les textes légaux, commentaires, recueils de jurisprudence, revues et autres ouvrages de doctrine disponibles ne fournissent que des indications insuffisantes, il peut s'adresser aux experts du for. Ceux-ci peuvent revêtir un caractère officiel, comme l'Institut suisse de droit comparé, à Lausanne (cf. RS 425.1), ou l'Office fédéral de la justice, à Berne. Le juge peut aussi recueillir des renseignements d'instituts étrangers ou auprès de personnes privées (professeurs de droit, par exemple) et d'experts étrangers, ainsi que le prévoit la Convention européenne dans le domaine de l'information sur le droit étranger (RS 0.274.161). Il peut également solliciter des renseignements auprès des services diplomatiques suisses ou étrangers (cf., parmi d'autres: KNOEPFLER/SCHWEIZER, Droit international privé suisse, 2e éd., n. 569 ss; VON OVERBECK, Die Ermittlung, Anwendung und Überprüfung der richtigen Anwendung des anwendbaren Rechts, in: Die allgemeinen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das internationale Privatrecht, Saint-Gall 1988, p. 105 ss; KELLER/GIRSBERGER, in: IPRG Kommentar, n. 53-58 ad art. 16; FRANK/STRÄULI/MESSMER, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, n. 27 ad § 57). c) Sur le plan de la procédure, à Genève notamment, les avis de droit destinés à établir le contenu d'un droit étranger ne sont pas assimilés à des rapports d'experts, car le contenu de ce droit ne relève pas du fait (BERTOSSA/GAILLARD/GUYET, Commentaire de la loi de procédure civile genevoise, n. 3 in fine ad art. 255). Cela n'implique pas forcément que les parties ne puissent pas en prendre connaissance et se déterminer à leur propos comme à l'égard des preuves proprement dites. Le droit d'être entendu confère en effet aux parties le droit de s'exprimer sur tous les points importants avant qu'une décision soit prise; si cette règle s'applique sans restriction pour les questions de fait, il est admis que, pour ce qui est de la qualification juridique de ceux-ci, elle vaut dans l'hypothèse où une partie change inopinément son point de vue juridique ou lorsque l'autorité a l'intention de s'appuyer sur des arguments juridiques inconnus des parties et dont celles-ci ne pouvaient prévoir l'adoption ( ATF 114 Ia 97 consid. 2a; cf. G. MÜLLER, in: Commentaire de la Constitution fédérale, n. 105 ad art. 4). A propos de la preuve du droit étranger, le Tribunal fédéral a posé, en se référant à la doctrine, qu'il ne s'agit pas là d'une preuve au sens strict du terme ("dabei geht es um den Nachweis, nicht um einen BGE 124 I 49 S. 53 Beweis im eigentlichen Sinn"), de sorte que les règles ordinaires en la matière ne sont pas applicables. Mais il a immédiatement précisé que le droit d'être entendu doit cependant être respecté afin d'éviter que l'une des parties ne soit prise au dépourvu par l'application du droit étranger ( ATF 119 II 93 consid. 2c/bb; voir aussi: VON OVERBECK, op.cit., p. 101 et 104; KELLER/GIRSBERGER, op.cit., n. 37 et 47 ad art. 16; MESSMER/IMBODEN, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, n. 72, p. 110; MÄCHLER-ERNE, in: Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Internationales Privatrecht, Bâle 1996, n. 10 ad art. 16). Cette exigence du respect du droit des parties d'être entendues ne vise pas que la seule décision de principe au sujet de l'application d'un droit étranger donné, mais également le droit des parties d'être renseignées et de prendre position sur le contenu du droit étranger, tel qu'il résulte des preuves fournies par elles ou des avis de droit requis par le juge auprès d'instituts, d'autorités ou de tiers spécialisés. Les parties doivent en effet pouvoir prendre connaissance du résultat des recherches du juge, se déterminer à cet égard et se prémunir ainsi contre toute inexactitude (I. SCHWANDER, Einführung in das internationale Privatrecht, Allg. Teil., n. 393, p. 192; voir aussi: A. SCHNYDER, Die Anwendung des zuständigen fremden Sachrechts im Internationalen Privatrecht, thèse Zurich 1981, p. 106/107). Ainsi que le relèvent avec pertinence KNOEPFLER et SCHWEIZER (op.cit., n. 559), il n'y a rien d'incohérent à considérer la norme étrangère comme une règle de droit tout en assimilant la recherche de son contenu à l'élucidation d'un point de fait. Le principe jura novit curia ne s'y oppose pas, car la règle étrangère n'appartient pas au système dont les normes doivent être connues, appliquées et concrétisées par les autorités chargées d'en assurer le fonctionnement (cf. également: P. VOLKEN, Die internationale Rechtshilfe in Zivilsachen, p. 139/140). d) Un arrêt publié de la Cour de cassation de Zurich (ZR 95/1996 n. 2, p. 7 ss), cité par DUTOIT (Commentaire de la loi fédérale du 18 décembre 1987, 2e éd., n. 5 in fine ad art. 16) et par FRANK/STRÄULI/MESSMER (op.cit., n. 19 ad § 57), pose toutefois le principe selon lequel l' art. 16 LDIP ne ferait pas obligation au juge de donner aux parties la possibilité de prendre position sur le droit applicable entre la fin de l'instruction et l'application du droit étranger. D'après le même arrêt, dans les causes patrimoniales, lorsque le juge renonce à la collaboration des parties et applique le droit étranger déterminé selon les règles de la LDIP, il ne serait pas davantage tenu, sur la BGE 124 I 49 S. 54 base de l' art. 4 Cst. , d'entendre les parties après la fin de ses recherches sur le contenu du droit étranger. A supposer que cette manière de voir soit fondée - ce qui n'est pas forcément le cas, comme on l'a indiqué plus haut, lorsque le juge s'appuie sur des arguments juridiques inconnus des parties et dont celles-ci ne pouvaient prévoir l'adoption (cf. FRANK/STRÄULI/MESSMER, op.cit., n. 15 ad § 56 et n. 16a ad § 57) -, elle ne pourrait concerner que les cas où le juge applique le droit étranger sur la base de données générales qui sont à sa disposition, comme il le fait lorsqu'il applique le droit suisse. Mais il est exclu qu'elle s'applique lorsque le juge fait appel à des avis de tiers, autorités, experts, ou instituts. Dans une telle hypothèse, comme on l'a vu et comme on doit le poser fermement, la possibilité doit être offerte aux parties de prendre connaissance du résultat des recherches du juge, afin qu'elles puissent faire valoir leurs observations à cet égard. e) Cela étant, il est manifeste, en l'occurrence, qu'en sollicitant un avis de droit de l'ISDC, dont elle n'a pas donné connaissance aux parties, et en se fondant entièrement sur ce document qui s'écartait des autres avis de droit produits par les parties, la cour cantonale a violé le droit d'être entendu de celles-ci, tel qu'il est garanti par l' art. 4 Cst. En raison de la nature formelle de ce droit, l'arrêt attaqué doit être annulé, sans qu'il y ait lieu d'examiner les griefs soulevés par le recourant quant au fond ( ATF 118 Ia 104 consid. 3c).
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Urteilskopf 126 II 265 28. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 5. Juli 2000 i.S. A. gegen Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 7 sowie Art. 8 Abs. 1 und 3 ANAG , Art. 14 Abs. 3 ANAV ; Aufenthaltsbewilligung, Kantonswechsel. Grundsätzliche Zulässigkeit des Kantonswechsels im Falle einer vom schweizerischen Ehemann getrennten Ausländerin: Da der Bewilligungsanspruch ( Art. 7 ANAG ) nicht vom gemeinsamen Haushalt der Ehegatten abhängt, ist er auch nicht auf den Kanton beschränkt, in dem der schweizerische Ehegatte Wohnsitz hat (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 265 BGE 126 II 265 S. 265 A., geb. 1971, thailändische Staatsangehörige, heiratete am 24. Januar 1997 in Dornach (Kanton Solothurn) den Schweizer Bürger B. . Aufgrund der Heirat erteilte ihr die Fremdenpolizei des Kantons Solothurn eine Jahresaufenthaltsbewilligung, welche zuletzt bis zum 30. Januar 1999 verlängert worden ist. Am 4. September 1998 ersuchte A. die Fremdenpolizei des Kantons Basel-Landschaft um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, BGE 126 II 265 S. 266 wobei sie auf die erfolgte Trennung von ihrem Ehemann hinwies und geltend machte, sie habe die Möglichkeit, in Münchenstein/BL eine preiswerte Wohnung zu beziehen. Mit Verfügung vom 28. Oktober 1998 verweigerte die Fremdenpolizei des Kantons Basel-Landschaft die verlangte Bewilligung, weil sich der Bewilligungszweck (Verbleib beim Ehemann) im Kanton Basel-Landschaft nicht verwirklichen lasse, da der Ehemann weiterhin in Dornach/SO wohnhaft bleibe. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft wies eine dagegen erhobene Beschwerde am 9. Februar 1999 ab. Diesen Entscheid bestätigte das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft mit Urteil vom 5. Januar 2000. A. hat mit Eingabe vom 6. März 2000 beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Dieses heisst die Beschwerde gut aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. b) Nach Art. 7 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) hat der ausländische Ehegatte eines Schweizer Bürgers Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung (Abs. 1 Satz 1); der Anspruch erlischt, wenn ein Ausweisungsgrund vorliegt (Abs. 1 Satz 3). Kein Anspruch besteht, wenn die Ehe eingegangen worden ist, um die Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung von Ausländern und namentlich jene über die Begrenzung der Zahl der Ausländer zu umgehen (Abs. 2). Im Zusammenhang mit der Eintretensfrage ist aber einzig darauf abzustellen, ob formell eine eheliche Beziehung besteht; anders als bei Art. 8 EMRK ist nicht erforderlich, dass die Ehe intakt ist und tatsächlich gelebt wird ( BGE 122 II 289 E. 1b S. 292 mit Hinweisen). Die Frage, ob die Bewilligung zu verweigern sei, weil einer der in Art. 7 ANAG vorgesehenen Ausnahmetatbestände oder ein Verstoss gegen das Rechtsmissbrauchsverbot gegeben ist, betrifft nicht das Eintreten, sondern bildet Gegenstand der materiellen Beurteilung ( BGE 124 II 289 E. 2b S. 291; BGE 122 II 289 E. 1d S. 294 mit Hinweisen). c) Im vorliegenden Fall lebt die Beschwerdeführerin von ihrem schweizerischen Ehemann getrennt. Die Ehe ist bisher aber nicht geschieden worden, so dass grundsätzlich ein Rechtsanspruch auf Bewilligungserteilung besteht. Die Beschwerdeführerin will nun allerdings nicht im Kanton Solothurn, wo die Ehegatten zusammen BGE 126 II 265 S. 267 wohnten, sondern unweit davon im Kanton Basel-Landschaft Wohnsitz begründen, weshalb sie diesen Kanton um Bewilligungserteilung ersucht hat. Der Regierungsrat wie auch das kantonale Verwaltungsgericht vertreten die Auffassung, es bestehe kein Rechtsanspruch auf Kantonswechsel; die Erteilung der Bewilligung stehe im freien Ermessen der Behörden. Das Bundesamt für Ausländerfragen hält dieser Auffassung entgegen, dass der Anspruch auf Bewilligungserteilung für die ganze Schweiz bestehe, und dass die Bewilligung - im Rahmen der materiellen Prüfung - dann verweigert werden könne, wenn ein Ausweisungsgrund bestehe, eine Scheinehe vorliege oder allenfalls ein Rechtsmissbrauchstatbestand gegeben sei. 2. a) Die Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung gilt nur für den Kanton, der sie ausgestellt hat. Will ein Ausländer den Kanton wechseln, benötigt er dazu eine neue Bewilligung, deren Erteilung grundsätzlich im freien Ermessen ( Art. 4 ANAG ) der Behörde steht ( Art. 8 Abs. 1 und 3 ANAG in Verbindung mit Art. 14 Abs. 3 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer [ANAV; SR 142.201] ). Einen Anspruch auf Kantonswechsel verschafft die Niederlassungsbewilligung als solche nicht ( BGE 123 II 145 E. 2a S. 148 f.; BGE 116 Ib 1 E. 1c S. 4), umso weniger kann ein solcher Anspruch bei einer Aufenthaltsbewilligung bestehen. Ein Anspruch auf Kantonswechsel ergibt sich für Niedergelassene dann, wenn sie sich auf einen Staatsvertrag zwischen der Schweiz und ihrem Heimatstaat stützen können ( Art. 14 Abs. 4 ANAV ). Mit Thailand besteht aber weder ein solcher Vertrag, noch verfügt die Beschwerdeführerin über die Niederlassungsbewilligung. b) Ein Kantonswechsel bedarf mithin der Bewilligung. Damit aber ist noch nicht entschieden, ob die Bewilligungserteilung im freien Ermessen der Behörden liegt ( Art. 4 ANAG ) oder ob darauf ein Anspruch besteht. Dies hängt davon ab, wie die anspruchsbegründende Norm von Art. 7 ANAG zu verstehen ist. Wie schon ausgeführt, setzt Art. 7 ANAG nicht voraus, dass die Ehe intakt ist und gelebt wird. Das Bundesgericht hat die Entstehungsgeschichte dieser Norm in BGE 118 Ib 145 nachgezeichnet. Der Gesetzgeber wollte ein Zusammenleben der Ehegatten nicht zur Voraussetzung der Bewilligungserteilung machen. Das gilt nicht nur insofern, als Ehegatten mitunter bei intakter Ehe aus beruflichen oder anderen Gründen an verschiedenen Orten Wohnsitz begründen und keinen gemeinsamen Haushalt führen. Der Gesetzgeber hat vielmehr BGE 126 II 265 S. 268 bewusst gerade auch für den Fall, dass die Ehegatten wegen ehelicher Schwierigkeiten getrennt leben, den Rechtsanspruch auf Bewilligungserteilung aufrechterhalten wollen. Wenn aber die Aufenthaltsbewilligung nicht vom gemeinsamen Haushalt der Ehegatten abhängt, ist kein Grund dafür ersichtlich, den Bewilligungsanspruch auf denjenigen Kanton zu beschränken, in dem der schweizerische Ehegatte Wohnsitz hat. Dem Wortlaut des Gesetzes lässt sich eine solche Beschränkung nicht entnehmen. Aus dem Gesetzeszweck liesse sie sich dann ableiten, wenn das Zusammenleben Bewilligungsvoraussetzung wäre, was aber gerade nicht zutrifft. c) Nun hat das Bundesgericht freilich in Fällen, wo der schweizerische Ehegatte im Ausland Wohnsitz hatte, der ausländische Ehegatte aber eine Aufenthaltsbewilligung für die Schweiz verlangte, erklärt, eine solche Inanspruchnahme des Anwesenheitsrechts aus Art. 7 ANAG sei, besondere Umstände vorbehalten, rechtsmissbräuchlich (unveröffentlichte Urteile vom 8. April 1997 i.S. Ertas, vom 26. März 1998 i.S. Mayerova und vom 7. September 1998 i.S. Läuffer). Für das interkantonale Verhältnis hat das Bundesgericht in einem neueren Urteil (unveröffentlichtes Urteil vom 11. Mai 2000 i.S. Belaj) in einer allerdings nicht fallentscheidenden Erwägung auf diese Rechtsprechung Bezug genommen und ausgeführt, in der Regel sei in demjenigen Kanton die Bewilligung zu erteilen, in dem auch der schweizerische Ehepartner Wohnsitz habe; ausnahmsweise komme aber auch die Bewilligung in einem anderen Kanton in Frage, wenn dies aus beruflichen Gründen oder wegen (vorübergehender) Aufgabe des ehelichen Zusammenlebens gerechtfertigt sei. Die Aufenthaltsbewilligung wird in der Regel durch die Fremdenpolizei desjenigen Kantons erteilt, in dem auch der schweizerische Ehegatte wohnt, zumal die Ehegatten meistens zusammenleben wollen und der Zweck von Art. 7 ANAG (in erster Linie) darauf ausgerichtet ist, dies zu ermöglichen. Da aber die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht vom ehelichen Zusammenleben abhängt, sondern vom Gesetzeszweck gerade auch dann gedeckt ist, wenn die Ehegatten aufgrund ehelicher Schwierigkeiten getrennt leben, gibt es keinen Grund, einen Kantonswechsel auszuschliessen, sofern die Voraussetzungen der Bewilligungserteilung im Übrigen erfüllt sind, namentlich nicht einer der in Art. 7 ANAG vorgesehenen Ausnahmetatbestände oder ein Verstoss gegen das Rechtsmissbrauchsverbot vorliegt. Dass das Bundesgericht entschieden hat, einem ausländischen Ehegatten die Bewilligung zu verweigern, BGE 126 II 265 S. 269 wenn der schweizerische Ehegatte im Ausland lebt, ist Ausfluss des Rechtsmissbrauchsverbots. Es ist augenfällig, dass in solchen Fällen regelmässig ein hinreichender Bezug zur Schweiz fehlt, was aber nicht schon zutrifft, wenn die Ehegatten lediglich in verschiedenen Kantonen Wohnsitz nehmen. d) Nach dem Gesagten hat die Beschwerdeführerin grundsätzlich Anspruch auf Bewilligungserteilung im Kanton Basel-Landschaft. Es ist materiell zu prüfen, ob ein Ausnahmetatbestand vorliegt. Rechtsmissbrauch liegt jedenfalls noch nicht darin, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz in einen anderen Kanton verlegt hat als denjenigen, in welchem ihr Ehemann lebt, zumal die Gemeinden Münchenstein/BL und Dornach/SO nicht weit voneinander entfernt sind. Da allerdings die kantonalen Behörden von der Auffassung ausgingen, es bestehe kein Bewilligungsanspruch, rechtfertigt es sich, die Sache - entsprechend dem Antrag des Bundesamtes für Ausländerfragen - an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen, damit dieses prüfen kann, ob allenfalls ein materieller Verweigerungsgrund vorliegt.
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Urteilskopf 141 III 587 77. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Konkursamt Basel-Stadt und Konkursmasse A. GmbH gegen Konkursamt Aargau (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_90/2015 vom 19. Oktober 2015
Regeste Art. 4 und 17 SchKG ; Rechtshilfe zwischen Betreibungs- und Konkursorganen, Beschwerdelegitimation des requirierten Amtes. Den Konkursämtern fehlt das Recht zur Weiterziehung von Beschwerdeentscheiden, durch welche ihnen durch die Aufsichtsbehörde Amtspflichten - im konkreten Fall die Pflicht zur Rechtshilfe - auferlegt werden (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 588 BGE 141 III 587 S. 588 A. A.a Über die A. GmbH mit Sitz in Basel wurde mit Entscheid des Zivilgerichts Basel am 4. November 2013 auf Antrag der Stiftung B. der Konkurs eröffnet. Am 20. November 2013 lud das Konkursamt des Kantons Basel-Stadt C., Gesellschafter und Geschäftsführer, wohnhaft in U./AG, auf den 28. November 2013 (mit per Einschreiben zugesandter Vorladung) zur Einvernahme auf die Amtsstelle ein, welcher er unentschuldigt fernblieb. A.b Mit Schreiben vom 10. Dezember 2013 gelangte das Konkursamt Basel-Stadt an das Konkursamt Aargau, Amtsstelle Brugg, und verlangte, die Einvernahme von C. rechtshilfeweise durchzuführen, und ersuchte um Erstellung eines (allenfalls leeren) Inventars und Unterzeichnung desselben durch C. Das Konkursamt Aargau, Amtsstelle Brugg, weigerte sich mit Antwort an das Konkursamt Basel-Stadt vom 11. Dezember 2013, den Rechtshilfeauftrag auszuführen. B. B.a Gegen die Rückweisung des Rechtshilfeauftrages gelangte das Konkursamt Basel-Stadt an das Bezirksgericht (Gerichtspräsidium) Rheinfelden als untere betreibungsrechtliche Aufsichtsbehörde und verlangte, das Konkursamt Aargau, Amtsstelle Brugg, sei anzuweisen, den Rechtshilfeauftrag vom 10. Dezember 2013 auszuführen. Mit Entscheid vom 6. März 2014 wurde die Beschwerde gutgeheissen. B.b Hiergegen gelangte das Konkursamt Aargau, Amtsstelle Brugg, an das Obergericht des Kantons Aargau, Schuldbetreibungs- und Konkurskommission als obere betreibungsrechtliche Aufsichtsbehörde, welches die Beschwerde mit Entscheid vom 14. Januar 2015 guthiess und die Verweigerung des Rechtshilfeauftrages durch das Konkursamt Aargau, Amtsstelle Brugg, bestätigte. C. Das Konkursamt Basel-Stadt und die Konkursmasse A. GmbH, vertreten durch das Konkursamt Basel Stadt, haben am 2. Februar 2015 beim Bundesgericht Beschwerde erhoben. Es wird die Aufhebung des Entscheides des Obergerichts des Kantons Aargau als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde beantragt. In der Sache wird beantragt, es sei der erstinstanzliche Entscheid zu bestätigen bzw. das Konkursamt Aargau, Dienststelle Brugg, anzuweisen, den Rechtshilfeauftrag vom 10. Dezember 2013 durchzuführen. (...) Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. (Auszug) BGE 141 III 587 S. 589 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt das Gesuch des Konkursamtes am Konkursort, welches vom Konkursamt in einem anderen Amtskreis verlangt, die Einvernahme des Schuldners anlässlich der Inventaraufnahme durchzuführen. Das Konkursamt Basel-Stadt bringt neben der Rüge der Gehörsverletzung vor, dass das Konkursamt Aargau, Dienststelle Brugg, zur Beschwerde gemäss Art. 18 SchKG nicht legitimiert sei, um die von der unteren Aufsichtsbehörde angeordnete Ausführung des Rechtshilfeauftrages anzufechten. In der Sache macht das Konkursamt Basel-Stadt im Wesentlichen geltend, dass die Rechtshilfe nach Art. 4 Abs. 1 SchKG eine Pflicht und auf Verlangen zu leisten sei. 2.1 Das Bundesgericht hat die Legitimation des Konkursamtes zur Beschwerdeführung im Fall, dass es im Rechtshilfedienst handelt, geklärt ( BGE 47 III 21 S. 22; 48 III 182 S. 183). Vorliegend ist die Voraussetzung, dass das Konkursamt Aargau, Dienststelle Brugg, die Interessen der Masse und damit solche der Gesamtheit der Gläubiger wahrzunehmen hat, nicht erfüllt. Das betreffende Konkursamt will mit seiner Beschwerde an die obere Aufsichtsbehörde lediglich feststellen lassen, dass es in seiner Eigenschaft als mit Rechtshilfe beauftragtes Amt zur Verweigerung der Rechtshilfe berechtigt gewesen sei, und dass die untere Aufsichtsbehörde in seinem Verhalten zu Unrecht einen Verstoss gegen Art. 4 SchKG erblickt habe. In einer Frage solcher Art ist das Konkursamt den Aufsichtsbehörden untergeordnet und kann ihre Anordnungen - wie das Betreibungsamt - nicht weiterziehen ( BGE 47 III 21 S. 22; 48 III 182 S. 183; Urteil 5A_688/2012 vom 29. April 2013 E. 2.3). 2.2 Mit den dargelegten Regeln ist nicht vereinbar, wenn die Vorinstanz auf die Beschwerde des Konkursamtes Aargau, Dienststelle Brugg, gegen den Entscheid der unteren Aufsichtsbehörde eingetreten ist. Das Eingreifen der oberen Aufsichtsbehörde von Amtes wegen, indem sie den erstinstanzlichen Entscheid trotz unzulässiger betreibungsrechtlicher Beschwerde aufgehoben hat, wird im angefochtenen Entscheid nicht gerechtfertigt. 2.3 Nach dem Dargelegten wird das Eintreten der Vorinstanz auf die Beschwerde ( Art. 18 SchKG ) zu Recht gerügt und ist die vorliegende Beschwerde begründet. Bei diesem Ergebnis sind die Rüge einer Gehörsverletzung im vorinstanzlichen Verfahren sowie die weiteren Vorbringen nicht zu erörtern.
null
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Urteilskopf 135 III 265 40. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Swissair Schweizerische Luftverkehr-Aktiengesellschaft in Nachlassliquidation gegen Flughafen Zürich AG (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_37/2008 vom 4. September 2008
Regeste Anfechtungsklage gemäss Art. 288 SchKG . Tatbestandsmerkmale der Absichtspauliana (E. 2). Passivlegitimiert ist der tatsächlich Begünstigte (E. 3). Gläubigerschädigung und Gegenbeweis im Zusammenhang mit der Bezahlung von Flughafengebühren durch Swissair unmittelbar vor der Nachlassstundung (E. 4). Schädigungsabsicht bei nicht betriebsnotwendigen Zahlungen (E. 5). Erkennbarkeit der Schädigungsabsicht (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 265 BGE 135 III 265 S. 265 A. Beschwerdeführerin ist die Nachlassmasse der Swissair Schweizerische Luftverkehr-Aktiengesellschaft (nachfolgend Swissair), welche die operative Fluggesellschaft der ehemaligen Swissair-Gruppe mit der SAirGroup als oberster Holdinggesellschaft war. BGE 135 III 265 S. 266 Im Lauf der Jahre 2000 und 2001 geriet die Swissair-Gruppe in eine sich stetig verschärfende Liquiditätskrise. Am 2. Oktober 2001 verfügte Swissair nicht mehr über die zur Aufrechterhaltung des Flugbetriebs notwendigen Geldmittel und es kam zum "Grounding" der Swissair-Flotte. Am 5. Oktober 2001 wurde Swissair die provisorische Nachlassstundung bewilligt; am 4. Dezember 2001 wurde sie in eine definitive umgewandelt. Im Rahmen eines am 22. Mai 2003 genehmigten Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung hat Swissair ihr Vermögen an ihre Gläubiger abgetreten. B. Am 4. Oktober 2001 zahlte Swissair die am 23. August 2001 fakturierten und am 22. September 2001 fällig gewordenen Flughafen- sowie Flugsicherungsgebühren für den Monat Juli von Fr. 21'832'491.70. Diesbezüglich hat die Beschwerdeführerin eine Anfechtungsklage gemäss Art. 288 SchKG erhoben, welche das Handelsgericht am 19. November 2007 abwies. C. Dieses Urteil hat die Beschwerdeführerin am 14. Januar 2008 an das Bundesgericht weitergezogen mit den Begehren um dessen Aufhebung und um Gutheissung der Klage (gemeint: Verurteilung der Beschwerdegegnerin zur Bezahlung von Fr. 21'832'491.70 nebst Zins), eventuell um Rückweisung der Sache an das Handelsgericht. In ihrer Vernehmlassung vom 26. Februar 2008 hat die Beklagte die Begehren gestellt, auf die Klage sei nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen, subeventuell sei die Sache an das Handelsgericht zurückzuweisen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Anfechtbar sind alle Rechtshandlungen, welche der Schuldner innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Pfändung oder Konkurseröffnung in der dem anderen Teil erkennbaren Absicht vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen oder einzelne Gläubiger zum Nachteil anderer zu begünstigen ( Art. 288 SchKG ). Der Anfechtung nach diesen Grundsätzen unterliegen gemäss Art. 331 Abs. 1 SchKG auch die Rechtshandlungen, welche der Schuldner vor der Bestätigung des Nachlassvertrages vorgenommen hat. Als erstes Tatbestandsmerkmal muss eine Schädigung der anderen Gläubiger durch Beeinträchtigung der Exekutionsrechte vorliegen, BGE 135 III 265 S. 267 indem ihre Befriedigung im Rahmen der General- oder Spezialexekution oder ihre Stellung im Vollstreckungsverfahren wegen der Bevorzugung des einen Gläubigers beeinträchtigt wird. Die tatsächliche Schädigung wird zugunsten der Konkursmasse vermutet, wobei dem Anfechtungsbeklagten der Gegenbeweis offensteht, dass die anderen Gläubiger auch bei richtigem Verhalten des Schuldners zum gleichen Verlust gekommen wären, dient doch die Anfechtungsklage nicht der Bestrafung des beklagten Gläubigers, sondern der Wiederherstellung des Zustandes, in welchem sich ohne das angefochtene Geschäft das zur Befriedigung der übrigen Gläubiger dienende Vermögen des Schuldners im Zeitpunkt der Konkurseröffnung befunden hätte ( BGE 85 III 185 E. 2a S. 189 f.; BGE 99 III 27 E. 3 S. 33; BGE 134 III 615 E. 4.1 S. 617). Als weiteres Tatbestandsmerkmal von Art. 288 SchKG muss beim Schuldner Schädigungsabsicht gegeben sein. Diese ist zu bejahen, wenn er voraussehen konnte und musste, dass die angefochtene Handlung die Gläubigergesamtheit benachteiligt oder einzelne Gläubiger gegenüber anderen bevorzugt. Nicht erforderlich ist, dass der Schuldner mit seiner Handlung die Benachteiligung von Gläubigern oder die Begünstigung einzelner Gläubiger geradezu bezweckt hat. Es genügt vielmehr, wenn er sich darüber hat Rechenschaft geben können und müssen und gleichsam in Kauf genommen hat, dass als natürliche Folge seiner Handlung Gläubiger geschädigt werden ( BGE 21 I 660 E. 4 S. 669; 83 III 82 E. 3a S. 85; 134 III 452 E. 4.1 S. 456). Schliesslich muss die Schädigungsabsicht für den Begünstigten erkennbar gewesen sein. Das ist der Fall, wenn dieser bei Anwendung der nach den Umständen gebotenen und zumutbaren Sorgfalt und Aufmerksamkeit hätte erkennen können und müssen, dass als Folge der angefochtenen Handlung möglicherweise eine Gläubigerschädigung eintritt. Hiermit wird keine unbeschränkte Erkundigungspflicht aufgestellt; im Allgemeinen braucht sich niemand darum zu kümmern, ob durch ein Rechtsgeschäft die Gläubiger seines Kontrahenten geschädigt werden oder nicht. Nur wenn deutliche Anzeichen für eine Gläubigerbegünstigung bzw. -benachteiligung bestehen, darf vom Begünstigten eine sorgfältige Prüfung verlangt werden ( BGE 30 II 160 E. 5 S. 164; 134 III 452 E. 4.2 S. 456). Schädigungsabsicht und deren Erkennbarkeit durch Organe oder rechtsgeschäftlich bestellte Stellvertreter sind der juristischen Person bzw. dem Vertretenen anzurechnen ( BGE 134 III 452 E. 4.3 S. 457). BGE 135 III 265 S. 268 3. Sind die drei genannten Tatbestandsmerkmale erfüllt, kann gegen die Person, die mit dem Schuldner die anfechtbaren Rechtsgeschäfte abgeschlossen hat oder von ihm in anfechtbarer Weise begünstigt worden ist, Klage erhoben werden ( Art. 290 SchKG ). Das gutheissende Anfechtungsurteil macht nicht die angefochtenen Rechtsgeschäfte zivilrechtlich ungültig; vielmehr hat es rein betreibungs- bzw. konkursrechtliche Wirkung und bezweckt, die betreffenden Vermögenswerte in die Zwangsvollstreckung einzubinden, indem sie der Masse des Vollstreckungssubstrates zugeführt werden ( Art. 285 Abs. 1 SchKG ; BGE 98 III 44 E. 3 S. 46). Insofern muss der Anfechtungsbeklagte, der Eigentümer der anfechtbar erworbenen Sache oder Inhaber der angefochtenen Forderung bleibt, die Verwertung der Sache dulden ( BGE 115 III 138 E. 2a S. 141); bei Geld läuft die Klage freilich auf eine eigentliche Rückzahlung hinaus. Aus der Zwecksetzung und insbesondere aus dem Mechanismus der Anfechtungsklage erhellt, dass stets die tatsächlich begünstigte Person passivlegitimiert ist, also diejenige, der die fraglichen Vermögenswerte aufgrund der anfechtbaren Rechtshandlungen zugeflossen sind. Dies ist in der Regel der Vertragspartner des Schuldners. Trat jedoch die Begünstigung aufgrund der anfechtbaren Rechtsgeschäfte bei einem Dritten ein, so richtet sich die Klage gegen diesen, wie Art. 290 SchKG deutlich macht (vgl. auch SCHÜPBACH, Droit et action révocatoires, Basel 1997, N. 49 zu Art. 290 SchKG ; STAEHELIN, Basler Kommentar, N. 5 zu Art. 290 SchKG ; REBSAMEN, Die Gleichbehandlung der Gläubiger durch die Aktiengesellschaft, 2004, Rz. 366). Die angefochtene Zahlung von Fr. 21'832'491.70 beschlug im Umfang von Fr. 18'587'907.50 Flughafengebühren und im restlichen Betrag von Fr. 3'243'938.30 Flugsicherungsgebühren, welche die Beschwerdegegnerin aufgrund eines Vertrages aus dem Jahr 1995 für Skyguide erhob. Die Flughafengebühren betreffen Leistungen, welche die Beschwerdegegnerin selbst erbracht hat. Diesbezüglich ist die Passivlegitimation vor Bundesgericht nicht mehr umstritten. Anders verhält es sich für die Flugsicherungsgebühren, über welche die Beschwerdegegnerin mit der Skyguide für den Monat Juli bereits am 3. September 2001, also rund einen Monat vor der angefochtenen Zahlung abgerechnet hatte. Das Handelsgericht verneinte die Passivlegitimation BGE 135 III 265 S. 269 der Beschwerdegegnerin für die Flugsicherungsgebühren mit der Begründung, Skyguide sei in einem weiteren Sinn Vertragspartnerin der Beschwerdeführerin, jedenfalls aber Gläubigerin, Begünstigte und endgültige Empfängerin der Leistung, und zwar unbekümmert um deren Vorfinanzierung durch die Beschwerdegegnerin, zumal diese den Betrag nicht vorgeschossen hätte, wenn sie nicht zum Inkasso bei der Beschwerdeführerin berechtigt gewesen wäre. Indem die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, mit der Vorauszahlung am 3. September 2001 sei die Forderung von Skyguide erloschen, ohne dass der Beschwerdegegnerin ein irgendwie gearteter Rückforderungsanspruch zugestanden hätte, weshalb die angefochtene Zahlung der Beschwerdeführerin in keinem Zusammenhang mit der einen Monat früher erfolgten Zahlung an Skyguide stehe, versucht sie, neue Sachverhaltselemente einzuführen, was unzulässig ist ( Art. 99 Abs. 1 BGG ). Das Handelsgericht ist von einem Inkassoverhältnis - und folglich von einem inter partes bestehenden Abrechnungsverhältnis - ausgegangen, wonach die Beschwerdegegnerin aufgrund eines Inkassovertrages mit Skyguide für diese die Flugsicherungsgebühren erhoben habe, und sie hat weiter festgehalten, dass die Beschwerdegegnerin die Vorausfinanzierung nur vor dem Hintergrund der Rechnungsstellung und der erwarteten Zahlung durch Swissair geleistet habe. Ausgehend von diesen für das Bundesgericht verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen, wonach Skyguide einerseits Gläubigerin der Flugsicherungsgebühren und andererseits auch (vorfinanzierte) Begünstigte durch die angefochtene Zahlung war, ist der rechtliche Schluss, der Beschwerdegegnerin mangle es diesbezüglich an der Passivlegitimation, zutreffend. Es bleibt zu prüfen, ob die am 4. Oktober 2001 erfolgte Bezahlung der Flughafengebühren für den Monat Juli anfechtbar ist. Diesbezüglich ist zunächst der relevante Sachverhalt darzustellen. 4. Das Handelsgericht hat die Ereignisse der ersten Oktobertage des Jahres 2001 wie folgt zusammengefasst: Nach Fälligkeit der Forderung am 22. September forderte die Beschwerdegegnerin die Swissair am 25. und 26. September mündlich zur Zahlung auf, worauf diese erklärte, sie verfüge zur Zeit nicht über die notwendigen Mittel. Am 30. September entschied der Verwaltungsrat der Swissair, dass für diese wie auch die SAirGroup ein Gesuch um Nachlassstundung zu stellen sei und die Swissair ihre Geschäftstätigkeit nach BGE 135 III 265 S. 270 Übertragung des Flugbetriebs auf die Crossair einstellen werde. Mit Schreiben vom 1. Oktober verlangte die Beschwerdegegnerin für zukünftig anfallende Flughafengebühren eine Bankgarantie über Fr. 60 Mio., sofern die Zahlungen nicht mehr über Swissport abgewickelt würden, und drohte an, andernfalls ab dem 4. Oktober nur noch gegen Vorauszahlung Dienstleistungen zu erbringen. Mit Faxschreiben vom 3. Oktober verlangte sie die Überweisung des fälligen Betrages per Valuta 3. Oktober. In einem weiteren Schreiben vom 3. Oktober hielt die Beschwerdegegnerin fest, Swissport habe die Bankgarantie nicht beigebracht, weshalb Dienstleistungen nur noch gegen Vorauszahlung erbracht würden. Gleichzeitig erklärte sie, für ihre Forderungen ein Retentionsrecht an den Flugzeugen der Swissair-Flotte geltend zu machen; um den Flugverkehr nicht unnötig einzuschränken, solle Swissair zwei Flugzeuge spezifizieren, jedoch behalte man sich ein Retentionsrecht an allen Flugzeugen vor. Swissair bezeichnete in der Folge zwei Flugzeuge, welche sie am Folgetag nicht benötigte, und führte die angefochtene Zahlung per Valuta 4. Oktober aus. Aufgrund dieser Feststellungen bejahte das Handelsgericht den objektiven Tatbestand von Art. 288 SchKG mit der Begründung, Swissair habe für die Zahlung keinen verwertbaren Vermögensgegenstand als Gegenleistung erhalten, sondern Buchgeld zur Tilgung einer Forderung überwiesen. Insbesondere liess es auch das Argument der Beschwerdegegnerin nicht gelten, die Zahlung sei aus dem am 5. Oktober gewährten Bundesdarlehen erfolgt und habe deshalb die Vermögensmasse der Swissair gar nicht berührt. Mit Bezug auf den Gegenbeweis, dass die anderen Gläubiger auch bei richtigem Verhalten des Schuldners zum gleichen Verlust gekommen wären, hat das Handelsgericht zwar auf den Umstand verwiesen, dass durch die Wiederaufnahme des Flugbetriebs die offenen Tickets von Fr. 1 Mia. hätten abgeflogen werden können, was bei der zu erwartenden Konkursdividende von 5,3 % einem Betrag von Fr. 53 Mio. entspreche; es hat aber explizit offengelassen, ob das Abfliegen der Tickets überhaupt in einem Zusammenhang mit der angefochtenen Zahlung gestanden habe bzw. erst durch die Zahlung die Wiederaufnahme des Flugbetriebes und damit das Abfliegen der Tickets ermöglicht worden sei. Das Handelsgericht musste den Gegenbeweis für die fehlende Gläubigerschädigung nicht abschliessend beurteilen, weil es die Klage an BGE 135 III 265 S. 271 der Schädigungsabsicht scheitern liess. Ist diese aber zu bejahen (siehe E. 5), bleibt die Frage des Gegenbeweises relevant. Hierfür kann indes nicht einfach die angefochtene Zahlung dem Volumen der in jenem Zeitpunkt ausstehenden Tickets gegenübergestellt werden, wenn im gleichen Zeitpunkt eine ganze Anzahl anfechtbarer Zahlungen zur Mobilisierung der Flotte getätigt worden ist (das Handelsgericht spricht von 22 Zahlungen in einem Umfang von Fr. 62 Mio.); vielmehr müsste zur Bestimmung des hypothetischen Vermögensstandes der Nachlassmasse die Gesamtheit dieser Zahlungen mit dem gesamten durch eine fortgesetzte Immobilisierung der Flotte für die anderen Gläubiger entstandenen Schaden verglichen und anschliessend auch die Kausalität der Zahlung für die Schadensminderung abgeklärt werden. Was die offenen Tickets im Besonderen anbelangt, wäre sodann zu beachten, dass diese infolge der im Zeitpunkt der angefochtenen Zahlung bereits beschlossenen Übertragung des Flugbetriebes auf die Crossair zu einem grossen Teil nicht mehr durch die Beschwerdeführerin abgeflogen worden sind. All diese zur Beurteilung des Alternativschadens notwendigen Sachverhaltselemente sind nicht liquid. Entgegen dem Subeventualbegehren in der Vernehmlassung erübrigt sich jedoch eine Rückweisung an das Handelsgericht, weil die Beschwerdegegnerin die Gläubigerschädigung in der Vernehmlassung nicht (mehr) explizit bestreitet und insbesondere nicht dartut, inwiefern sie im kantonalen Verfahren den zufolge der Schädigungsvermutung ihr obliegenden Gegenbeweis für die genannten Sachverhaltselemente angetreten hätte. Gleiches gilt für die zentrale Frage, ob die angefochtene Zahlung direkt zu Lasten des Bundesdarlehens erfolgt sei, so dass die Nachlassmasse gar nicht als tangiert anzusehen wäre, und ferner für die Frage, ob die Zahlung allenfalls aus dem Erlös der Crossair-Aktien erfolgt und dies durch das Bundesdarlehen kompensiert worden sei. Der Gegenbeweis muss nach dem Gesagten als gescheitert gelten, ohne dass es näherer Ausführungen zur Kausalitätsfrage bedürfte. Mit Bezug auf das Tatbestandsmerkmal der Gläubigerschädigung ergibt sich somit, dass mit der am Tag des Nachlassgesuches erfolgten Zahlung die Masse verkleinert und die übrigen Gläubiger dadurch geschädigt worden sind. Das objektive Tatbestandsmerkmal von Art. 288 SchKG ist mithin erfüllt. 5. Zur Schädigungsabsicht hat das Handelsgericht ausgeführt, im Zeitpunkt des Groundings am 2. Oktober sei den Verantwortlichen BGE 135 III 265 S. 272 der Swissair klar gewesen, dass sie nicht mehr über die zur Aufrechterhaltung des Flugbetriebs notwendigen Geldmittel verfügten. In dieser Situation hätten sie sich Gedanken darüber gemacht, welche Gläubiger bezahlt werden müssten, damit der Flugbetrieb wieder aufgenommen werden könne. Es seien nicht wahllos einzelne Gläubiger befriedigt worden; vielmehr sei die angefochtene Zahlung eine von 22 Zahlungen im Gesamtumfang von Fr. 62 Mio. im Bereich der Flughafen- und Flugsicherungsgebühren, der Zeitschriftenlogistik, der Treibstofflieferungen, der Leasingzinsen sowie der operativen Kosten im In- und Ausland gewesen. Auch die Art der Zahlung spreche gegen eine Schädigungsabsicht, sei es doch um die jeden Monat anfallenden Gebühren gegangen und deshalb an der Zahlung nichts Aussergewöhnliches zu erkennen. In der kurzen Zeit zwischen Grounding und Wiederaufnahme habe bei der Swissair grosse Hektik geherrscht, zumal in dieser Zeit auch die Besprechungen mit dem Bund für die Gewährung eines Darlehens geführt worden seien. Um dessen Höhe abschätzen zu können, hätten die Swissair-Verantwortlichen u.a. diejenigen Zahlungen zusammenstellen müssen, deren Erfüllung für die Wiederaufnahme des Flugbetriebs nach ihrer Einschätzung unabdingbar gewesen sei. Es liege auf der Hand, dass angesichts des Zeitdrucks nicht in jedem Einzelfall umfassende Abklärungen zur Betriebsnotwendigkeit einer Zahlung möglich gewesen seien. Zu berücksichtigen sei auch das Risiko, dass die Wiederaufnahme des Flugbetriebes bei einer Weigerung der Beschwerdegegnerin, weitere Leistungen zu erbringen, verzögert oder verunmöglicht worden wäre und dass ein längerdauerndes oder definitives Grounding einen erheblich grösseren Schaden verursacht hätte als die getätigten Zahlungen. Bei der Beschwerdegegnerin habe es sich zudem um einen Monopolbetrieb gehandelt und ein Ausweichen auf einen anderen Flughafenbetreiber wäre nicht möglich gewesen. Es sei angesichts dieser Umstände nachvollziehbar, dass die Swissair-Verantwortlichen die angefochtene Zahlung als betriebsnotwendig eingestuft und diese deshalb getätigt hätten. Dies bedeute keine Inkaufnahme einer Gläubigerschädigung; vielmehr sei das Handeln der Swissair-Verantwortlichen darauf ausgerichtet gewesen, weiteren Schaden zu verhindern. Das Handelsgericht geht zutreffend davon aus, dass für die Schädigungsabsicht massgeblich ist, was die Swissair-Verantwortlichen in der konkreten Situation befürchteten bzw. befürchten mussten. Dabei handelt es sich um eine innere Tatsache, die sich durch BGE 135 III 265 S. 273 Schlussfolgerungen aus dem äusseren Verhalten der betreffenden natürlichen oder juristischen Person sowie den äusseren Gegebenheiten, die auf sie eingewirkt haben, ergibt ( BGE 134 III 452 E. 4.1 S. 456). Ausgangspunkt hierfür ist das vom Handelsgericht zitierte Schreiben vom 1. Oktober. Darin hielt die Beschwerdegegnerin fest: "Ohne entsprechende Sicherheiten für die ab heute neu entstehenden Gebühren würden wir uns leider veranlasst sehen, ab dem 4. Oktober 2001 auf vorgängige Barzahlung der Gebühren umzustellen, wozu wir gemäss Gebührenordnung des Flughafens § 4 berechtigt sind." Sodann liess die Beschwerdegegnerin die Swissair im Schreiben vom 3. Oktober wissen: "Mit Schreiben vom 1. Oktober 2001 haben wir Sie informiert, dass wir Ihren Handlingsagent, Swissport Zürich AG, aufgefordert haben, den überfälligen Betrag sofort zu bezahlen und für zukünftig auflaufende Flughafentaxen bis heute 18.00 Uhr Bankgarantien zu leisten. Diese Bankgarantien sind bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht eingetroffen. Aufgrund dessen sehen wir uns hiermit leider veranlasst, per sofort gemäss Gebührenordnung des Flughafens § 4 auf vorgängige Barzahlung der Gebühren umzustellen. Sodann machen wir hiermit in Bezug auf sämtliche uns zustehenden Forderungen das Retentionsrecht an sämtlichen Flugzeugen Ihrer Gesellschaft geltend, welche sich auf dem Flughafenareal befinden. Damit der Flugverkehr nicht unnötig eingeschränkt wird, sind wir bereit, das Retentionsrecht vorerst nur in Bezug auf zwei Flugzeugen [sic] geltend zu machen. Bitte teilen Sie uns mit, welche Flugzeuge dies sein sollen. Bis zur Spezifizierung dieser Flugzeuge durch Sie machen wir das Retentionsrecht an sämtlichen Flugzeugen geltend." In der weiteren Korrespondenz spezifizierte Swissair zwei Flugzeuge, die sie nicht brauchte, und die Beschwerdegegnerin machte daran ein Retentionsrecht geltend. In ihrem Schreiben vom 5. Oktober hielt sie schliesslich gegenüber der Swissair Folgendes fest: "Wir haben uns bemüht, unser Retensionsrecht [sic] auf Flugzeugen geltend zu machen, welche in den nächsten Tagen für die Operation der Swissair nicht benötigt werden, um Ihnen keinerlei zusätzlichen operativen Probleme zu schaffen. Sollten trotzdem diese Flugzeuge von Ihnen benötigt werden, so lassen Sie es uns bitte unverzüglich wissen, damit wir Alternativen finden können." Der zitierten Korrespondenz lässt sich zunächst entnehmen, dass die Beschwerdegegnerin an keiner Stelle unmittelbar die Drohung erhoben hat, ganz konkret den Start oder die Landung von Flugzeugen der Swissair zu verunmöglichen; vielmehr ist unbestimmt von BGE 135 III 265 S. 274 künftigen Dienstleistungen die Rede. Was diese anbelangt, geht aus den Äusserungen der Beschwerdegegnerin einzig hervor, dass die Erbringung ab dem 4. Oktober nur noch gegen Bankgarantien oder Vorauszahlungen erfolge; von der sofortigen Tilgung der bestehenden Forderungen als weitere Leistungsvoraussetzung ist nirgends die Rede. Was sodann das Retentionsrecht betrifft, wurde dieses zwar für sämtliche, d.h. auch für die bereits bestehenden bzw. fälligen Forderungen geltend gemacht; indes bringt das Schreiben vom 5. Oktober mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck, dass die Beschwerdegegnerin operative Hindernisse für die Swissair um jeden Preis vermeiden wollte. Im Übrigen fällt auf, dass die Beschwerdegegnerin das vom Handelsgericht erwähnte Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Replik, Flughafengebühren seien öffentlich-rechtlicher Natur und das Betriebsreglement habe die Verweigerung der Start- und Landeerlaubnis als Druckmittel zur Durchsetzung ausstehender Gebühren gerade nicht vorgesehen, in der Duplik nicht bestritten hat. Ebenso wenig wurde das Replik-Vorbringen in Frage gestellt, dass an Flugzeugen, die im Luftfahrzeugbuch eingetragen sind, von vornherein kein Retentionsrecht geltend gemacht werden könne, und vorliegend umso weniger als kein einziges Flugzeug der Flotte im Eigentum der Swissair gestanden habe. All diese Elemente lassen keinen anderen Schluss zu, als dass wei tere Dienstleistungen nicht von der Bezahlung früherer Rechnungen abhingen und insbesondere die Beschwerdegegnerin die Swissair-Flotte auch ohne Vornahme der angefochtenen Zahlung hätte starten und landen lassen. Auch wenn die Verantwortlichen von Swissair nach den Feststellungen des Handelsgerichts in dem Sinn planmässig vorgingen, dass sie am 4. Oktober (nur) ganz bestimmte Kategorien von Forderungen beglichen, muss ihnen aufgrund der Äusserungen der Beschwerdegegnerin in der zitierten Korrespondenz klar gewesen sein, dass die künftigen Dienstleistungen nicht von der Begleichung der Juli-Rechnung abhingen. Sodann mussten sie, auch wenn angesichts der Hektik keine Zeit für detaillierte Abklärungen über die Zulässigkeit des geltend gemachten Retentionsrechts verblieben sein mag, davon ausgehen, dass die Beschwerdegegnerin die Mobilisierung der für das operative Geschäft notwendigen Flugzeuge nicht behindern würde, so dass auch kein Anlass bestand, die angefochtene Zahlung auszuführen, um einer fortgesetzten Immobilisierung der Flotte zu begegnen. BGE 135 III 265 S. 275 Wenn die Swissair-Organe aber bei dieser sachlichen Konstellation am Tag ihres Gesuches um Nachlassstundung die Juli-Rechnung bezahlten, so bedeutet dies eine Bevorzugung eines bestimmten Gläubigers gegenüber den anderen Gläubigern, und es musste den Swissair-Organen in diesem Zusammenhang bewusst sein, dass mit dem Mittelabfluss in zweistelliger Millionenhöhe unmittelbar vor der Nachlassstundung weniger Masse zur Befriedigung der anderen Gläubiger zur Verfügung stehen würde. Auch wenn die Schädigung der anderen Gläubiger nicht das eigentliche Motiv der Zahlung war, so haben die Verantwortlichen von Swissair diese in der konkreten Situation doch als notwendige (Neben-)Folge ihres Handelns in Kauf genommen, womit das subjektive Tatbestandsmerkmal der Schädigungsabsicht gegeben ist. 6. Mit Bezug auf das Tatbestandsmerkmal der Erkennbarkeit durch die Beschwerdegegnerin als begünstigte Gläubigerin bedarf es keiner weiteren Erläuterungen dafür, dass diese um die - aufgrund der Berichterstattung in den Medien im damaligen Zeitpunkt sogar der Allgemeinheit bekannte - katastrophale Situation der Swissair wusste. Sie selbst war es, die angesichts dieser Situation massiv Druck auszuüben begann, die Swissair fast täglich an ihre Zahlungspflichten mahnte, ab dem 1. Oktober die künftige Leistungserbringung von Garantien bzw. Vorauszahlungen abhängig machte und im Anschluss an das Grounding vom 2. Oktober am Folgetag sogar ein Retentionsrecht an der Flugzeug-Flotte für sich in Anspruch nahm. Zu solch ungewöhnlichen Massnahmen gegenüber einem langjährigen und engen Vertragspartner - es liesse sich angesichts der Tatsache, dass die Beschwerdegegnerin die Homebase von Swissair war, sogar von einer Sonderbindung sprechen - schreitet einzig ein Gläubiger, der jede nicht sofort getilgte oder gar im Voraus bezahlte Forderung als mit einem grossen Verlustrisiko behaftet sieht - was angesichts der dramatischen finanziellen Situation auch der objektiven Sachlage entsprach. Insofern musste der Beschwerdegegnerin bewusst sein, dass mit der am 4. Oktober vorgenommenen Zahlung zu ihren Gunsten das Risiko eines entsprechend grösseren Verlustes für die anderen Gläubiger verbunden sein würde, womit schliesslich das Tatbestandsmerkmal der Erkennbarkeit der Schädigungsabsicht zu bejahen ist.
null
nan
de
2,008
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
0fff3c1a-1a9f-4c21-9f09-39b066b09cb7
Urteilskopf 106 Ia 355 60. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 30 septembre 1980 dans la cause Groupe Action Prison (GAP), Genève, et dame Marie-Jo Glardon contre Conseil d'Etat du canton de Genève (recours de droit public)
Regeste 1. Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde gegen einen Erlass (Gefängnisverordnung). Bedingungen, unter denen eine Vereinigung legitimiert ist: im konkreten Fall nicht erfüllt (E. 1a). Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges (E. 1b). Kassatorische Natur der staatsrechtlichen Beschwerde (E. 1c). Funktion der abstrakten Normkontrolle (E. 1d). 2. Persönliche Freiheit, Eigentumsgarantie ( Art. 22ter BV ) und Handels- und Gewerbefreiheit ( Art. 31 BV ). Der Gefangene hat keinen Anspruch auf das Resultat seiner Arbeitsleistungen. Er hat das Recht auf eine gewisse Entschädigung (peculium); doch geniesst diese Forderung gegen den Staat keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz; sie kann insbesondere nicht als ein wohlerworbenes Recht, das von der Eigentumsgarantie erfasst wird, betrachtet werden ( Art. 22ter BV ). Aus der in Art. 31 BV garantierten Handels- und Gewerbefreiheit lässt sich kein Anspruch auf angemessene Entlöhnung ableiten (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 356 BGE 106 Ia 355 S. 356 Destinée à remplacer l'ancienne prison de Saint-Antoine - située au centre de la ville de Genève - la prison de Champ-Dollon, édifiée dans la campagne genevoise, a été inaugurée le 25 mai 1977. Le transfert de l'ensemble des détenus de Saint-Antoine à Champ-Dollon a été effectué en juin 1977. Ce nouvel établissement reçoit principalement les personnes en détention préventive ainsi que celles qui sont condamnées à une peine privative de liberté inférieure à trois mois. Ne voulant pas édicter un nouveau règlement sur des bases trop théoriques, les autorités genevoises ont décidé de faire d'abord leurs premières expériences de la détention à Champ-Dollon. L'ancien règlement de la prison de Saint-Antoine a donc été provisoirement appliqué dans la nouvelle prison de Champ-Dollon. Mais, au dire du chef du Département genevois de justice et police, l'ancien règlement a été peu à peu BGE 106 Ia 355 S. 357 adapté et, en quelques mois, des améliorations sensibles ont pu de ce fait être apportées au régime genevois de la détention. Elaboré ainsi sur la base des premières expériences faites dans le nouvel établissement et après consultation des autorités judiciaires comme aussi de l'Ordre des avocats, le règlement sur le régime intérieur de la prison de Champ-Dollon a été édicté par le Conseil d'Etat en sa séance du 28 novembre 1977. Publié dans la Feuille d'avis officielle du 7 décembre 1977, il est entré en vigueur le lendemain. Ayant attaqué certaines dispositions du règlement précité par la voie du recours de droit public, le Groupe Action Prison et Marie-Jo Glardon ont demandé au Tribunal fédéral, notamment, de "- Déclarer recevable le présent recours de droit public présenté conjointement par le Groupe Action Prison, Genève, au nom de ses membres et Mme Marie-Jo Glardon. "- Dire que les dispositions citées de l'arrêté qui fait l'objet du présent recours, et l'absence de dispositions garantissant l'obligation de l'administration d'informer le détenu de tous ses droits et obligations, constituent une violation des droits constitutionnels des détenus et en partie des visiteurs. "- Annuler le règlement dans la mesure où ses dispositions violent des droits constitutionnels..." Le Tribunal fédéral a rejeté le recours, en tant qu'il était recevable, dans le sens des considérants. Erwägungen Extrait des motifs: 1. Tout en exprimant ses doutes quant à la qualité pour recourir du Groupe Action Prison, le Conseil d'Etat genevois conclut formellement au rejet du recours. Il ne s'oppose donc pas à l'entrée en matière, mais cela n'est pas décisif car, selon la jurisprudence, le Tribunal fédéral examine d'office la recevabilité des recours dont il est saisi, sans être lié par les conclusions des parties. a) Aux termes de l' art. 88 OJ , le recours de droit public est ouvert aux particuliers contre les arrêtés ou décisions qui les concernent personnellement ou qui sont de portée générale. Lorsque, comme en l'espèce, le recours est dirigé contre un arrêté de portée générale, la qualité pour recourir appartient à toute personne dont les intérêts juridiquement protégés sont effectivement ou pourront un jour être touchés par l'acte BGE 106 Ia 355 S. 358 attaqué. En soi, une atteinte seulement virtuelle suffit, mais il faut tout de même un minimum de vraisemblance ( ATF 103 Ia 371 consid. 1 et les arrêts cités). En l'espèce, le recours est formé à la fois par Marie-Jo Glardon et par le Groupe Action Prison, qui dit être une association - au sens des art. 60 ss. CC - constituée dans le but de défendre les droits des détenus dans les prisons romandes, notamment à Genève, et dont tous les membres sont domiciliés dans le canton. Selon la jurisprudence, une association qui a pour but de sauvegarder les intérêts de ses membres peut agir par la voie du recours de droit public sans être elle-même touchée par l'acte attaqué, à la condition que ses membres soient personnellement lésés par cet acte, du moins en majorité ou en grand nombre ( ATF 101 Ia 126 consid. 2, ATF 100 Ia 99 consid. 1b et les arrêts cités). Or, en l'espèce, le Groupe Action Prison n'apporte pas la preuve de la réalisation de ces conditions. Il ne produit aucun document - tel le texte de ses statuts - permettant d'admettre qu'il a valablement acquis la personnalité juridique ( ATF 99 Ia 396 consid. 1b) et qu'il a réellement pour but statutaire de défendre les intérêts de ses membres. En outre, il ne rend pas même vraisemblable que ces derniers sont - en majorité ou en grand nombre - détenus, ou menacés de l'être, à la prison de Champ-Dollon. Le présent recours est dès lors irrecevable en tant qu'il est formé par le Groupe Action Prison, dont la qualité pour agir n'est pas établie. En revanche, on ne peut pas d'emblée exclure le risque que Marie-Jo Glardon soit un jour arrêtée et mise en détention préventive à Champ-Dollon. Au regard de la jurisprudence, cela suffit pour lui conférer la qualité pour recourir contre un règlement qui pourrait un jour lui être appliqué ( ATF 104 Ia 152 , 307 consid. 1a). b) En droit genevois, il n'existe aucun moyen de droit cantonal - ordinaire ou extraordinaire - pour faire annuler un arrêté de portée générale édicté par le Conseil d'Etat. En principe, sauf dans les cas particuliers visés par l'art. 10 de la loi genevoise sur le Tribunal administratif et le Tribunal des conflits, le recours au Tribunal administratif n'est pas prévu. En attaquant le règlement de la prison de Champ-Dollon directement devant le Tribunal fédéral, par la voie du recours de droit public, Marie-Jo Glardon n'a donc pas violé la règle de BGE 106 Ia 355 S. 359 l'épuisement des instances cantonales, applicable non seulement (sous réserve de quelques exceptions) aux recours formés pour violation des droits constitutionnels des citoyens ( art. 86 al. 2 OJ ), mais aussi lorsque le recourant fait valoir la violation de droits protégés par une convention - notamment par la Convention européenne des droits de l'homme (CEDH) - qui correspondent aux droits constitutionnels des citoyens au sens de l' art. 84 al. 1 lettre a OJ ( ATF 102 Ia 203 consid. 2, ATF 101 Ia 68 ss.). c) Sous réserve de quelques exceptions, dont les conditions ne sont pas réalisées en l'espèce, le recours de droit public n'a qu'un effet cassatoire ( ATF 103 Ia 235 consid. 1, ATF 101 Ia 439 consid. 2). Un recourant ne peut donc pas demander autre chose que l'annulation - totale ou partielle - de l'arrêté ou de la décision qu'il attaque. De plus, lorsque le recours est dirigé contre un arrêté de portée générale, il faut préciser si l'on demande l'annulation pure et simple de ce texte dans son ensemble ou seulement de certaines de ses dispositions. Dans le cas particulier, est donc irrecevable la conclusion tendant à faire constater que "les dispositions citées de l'arrêté constituent une violation des droits constitutionnels des détenus et, en partie, des visiteurs". Formellement, il en va de même de la conclusion tendant à l'annulation du règlement "dans la mesure où ses dispositions violent des droits constitutionnels". En réalité cependant, il faut tout de même considérer - compte tenu des précisions données dans le mémoire de recours - que la recourante demande l'annulation non seulement des art. 21 al. 2, 28 al. 1 et 2, 29 al. 4 et 42 al. 2 du règlement, mais aussi de ce règlement comme tel, dans la mesure où il ne prévoit pas l'obligation d'informer par écrit le détenu de ses droits. Ainsi, précisée par référence aux motifs invoqués dans l'acte de recours, cette conclusion en annulation - ou en cassation - est recevable. d) C'est donc dans la mesure ci-dessus décrite qu'il y a lieu d'entrer en matière sur le recours de Marie-Jo Glardon. Il convient en outre de relever que, s'agissant de procéder au contrôle abstrait de la constitutionnalité de prescriptions légales, le Tribunal fédéral se bornera à rechercher s'il est possible, selon les principes d'interprétation reconnus, de donner à la norme attaquée une portée qui la fasse apparaître comme conforme à la constitution. Il n'annulera la disposition cantonale BGE 106 Ia 355 S. 360 entreprise que si elle ne se prête à aucune interprétation conforme à la constitution; il ne le fera pas si une de ces interprétations peut être admise de façon soutenable ( ATF 104 Ia 99 /100 consid. 9, 249 consid. 4c, ATF 102 Ia 109 consid. 1b). 4. La recourante soutient que l'art. 42 al. 2 du règlement (applicable seulement aux prévenus en détention préventive) viole les art. 22ter et 31 Cst. ainsi que la liberté personnelle, "en tant qu'un salaire équitable est une condition fondamentale à l'exercice du droit au travail garanti au détenu notamment par la présomption d'innocence ( art. 6 al. 2 CEDH et 4 Cst. gen.) et concrétisé au chiffre 89 de la Résolution (73) 5 du Conseil de l'Europe". De plus, cette disposition réglementaire violerait aussi l' art. 4 Cst. , "en tant qu'elle manque de base légale, qu'elle est discriminatoire et met le prévenu dans un état de quasi-servitude à l'égard de l'Etat". a) L'art. 42 du règlement de la prison de Champ-Dollon fait partie du chapitre dans lequel sont énoncées les règles particulières applicables aux prévenus. Il dispose ce qui suit: "Sauf ordre contraire de l'autorité compétente, le prévenu peut, sur sa demande, être affecté à un travail dans les ateliers ou les services généraux de l'établissement, ou en cellule, sous réserve des possibilités existantes. "Le produit de son travail est acquis à l'Etat, sous réserve du règlement concernant le pécule des détenus, du 7 août 1974." Or ce règlement sur le pécule des détenus n'est pas - et ne peut pas être - attaqué devant le Tribunal fédéral. Un recours dirigé contre cet arrêté de portée générale - entré en vigueur le 15 août 1974 - serait sans aucun doute irrecevable, le délai de 30 jours étant depuis longtemps expiré. En outre, n'étant pas détenue à la prison de Champ-Dollon, la recourante n'aurait évidemment pas qualité pour recourir contre une décision d'application qui ne la concernerait pas. Il ne saurait dès lors être question de remettre en cause - ou de discuter - les dispositions de ce règlement et c'est manifestement à tort que la recourante critique aujourd'hui les bases de calcul du pécule versé aux détenus. En réalité, le problème est de savoir si les prévenus peuvent se prévaloir d'un droit - garanti par la constitution fédérale ou cantonale - à un salaire équitable ou au produit de leur travail. b) A la différence des condamnés, qui sont astreints au BGE 106 Ia 355 S. 361 travail conformément aux dispositions des art. 37 et 37bis CP (art. 44 du règlement de la prison de Champ-Dollon), les prévenus décident librement si et quand (sauf pendant le temps consacré aux audiences d'instruction) ils veulent travailler en atelier, en cellule ou dans les services généraux de la prison (art. 42 al. 1). De ce point de vue, leur liberté personnelle est pleinement sauvegardée. De plus, on voit mal comment un prévenu, libre de travailler ou de ne pas travailler en prison, pourrait se plaindre d'une violation du principe constitutionnel de présomption d'innocence. En fait, c'est au moment où l'autorité judiciaire se prononce sur la détention préventive (dans les conditions fixées aux art. 34 et 145 ss. CPP gen.) que la présomption d'innocence est prise en considération, non pas lorsque l'inculpé se trouve en détention préventive à Champ-Dollon. Le moyen tiré d'une prétendue violation de la garantie constitutionnelle de la liberté personnelle ou des art. 4 Cst. gen. et 6 al. 2 CEDH (présomption d'innocence) n'est donc pas fondé. c) Dans la mesure où la situation du prévenu vis-à-vis de l'Etat pour lequel il travaille en prison est comparable à celle du travailleur vis-à-vis de son employeur, l'art. 42 al. 2 du règlement attaqué énonce simplement un des principes fondamentaux du droit du travail. Le produit - ou le résultat - du travail accompli par l'ouvrier ou l'employé appartient à l'employeur. "Nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen hat der Arbeitsgeber Anspruch auf das Resultat der Arbeitsleistung seines Arbeitsnehmers" (voir FRANK VISCHER, Der Arbeitsvertrag, in: Schweizerisches Privatrecht, vol. VII/1, Bâle 1977, p. 399; art. 321b al. 2 CO ). En droit privé comme en droit public, le travailleur ou le fonctionnaire n'a donc pas - sauf clause contractuelle contraire selon l' art. 322a al. 1 CO - une prétention à faire valoir sur une part du produit de son travail - du résultat d'exploitation ou du chiffre d'affaires réalisé par l'employeur - ni même un droit à ses inventions et autres biens immatériels, lesquels sont acquis à l'employeur (art. 332 ss. CO). En contrepartie de son travail, l'ouvrier, l'employé ou le fonctionnaire a, contre son employeur, une créance en paiement du salaire qui est fixé selon le principe de la liberté des conventions, indépendamment du résultat d'exploitation. De même, le prévenu qui travaille en prison ne saurait revendiquer BGE 106 Ia 355 S. 362 une participation au produit de son travail. Il peut obtenir le paiement d'un pécule, c'est-à-dire d'une somme fixée par jour ou par mois de travail, correspondant en somme au salaire du travailleur. Or, dans son principe, l'art. 42 al. 2 du règlement ne dit pas autre chose. Le prévenu qui décide de travailler pendant sa détention préventive à Champ-Dollon reçoit, conformément au principe énoncé au ch. 89 de la Résolution (73) 5 du comité des ministres du Conseil de l'Europe fixant les règles minimales pour le traitement des détenus, une certaine rémunération, mais cette créance contre l'Etat ne jouit en réalité d'aucune garantie constitutionnelle particulière. Pas plus que le traitement des fonctionnaires ( ATF 101 Ia 445 ss. consid. 2a et 2b), cette créance ne peut être considérée comme un droit acquis bénéficiant de la garantie de la propriété ( art. 22ter Cst. ). Il est vrai que le montant de ce pécule - alloué à tous les détenus, qu'ils soient prévenus ou condamnés - est des plus modiques et il apparaît souhaitable qu'il soit revu, comme le Conseil d'Etat l'indique dans ses observations; mais il n'y a pas lieu ici de discuter les bases de calcul fixées dans le règlement du 7 août 1974, lequel ne peut plus être attaqué devant le Tribunal fédéral. Au demeurant, le Conseil d'Etat a relevé avec raison, dans ses observations, que le rendement des détenus travaillant en prison ne peut pas être comparé à celui des ouvriers, des employés ou des fonctionnaires; de plus, il va de soi qu'une prison n'existe pas dans le but de procurer des gains à l'Etat. Dans ces conditions, il n'est pas possible de parler de "confiscation de la quasi-totalité du produit du travail du prévenu", ni d'émolument prélevé à la charge des prévenus qui travaillent à Champ-Dollon. Dès lors, le problème - soulevé par la recourante - de l'exigence d'une base légale ne se pose pas dans le cadre de l' art. 22ter Cst. ou de l' art. 4 Cst. Le moyen tiré d'une prétendue violation de la garantie constitutionnelle de la propriété n'est donc pas fondé. d) Il en va de même du grief d'atteinte à la liberté du commerce et de l'industrie. Certes, la doctrine et la jurisprudence ont toujours interprété la notion de commerce et d'industrie dans un sens large. Au regard de l' art. 31 Cst. , une industrie est toute activité rétribuée exercée professionnellement ( ATF 87 I 271 consid. 2, 80 I 143 consid. 2, 67 I 87 consid. 3). Dès lors, l'exercice d'une activité BGE 106 Ia 355 S. 363 professionnelle à des fins lucratives ( ATF 63 I 219 ) ou dans le but d'en tirer un revenu bénéficie en principe de la garantie constitutionnelle ( ATF 101 Ia 476 consid. 2b). En outre, sensible aux critiques de la doctrine, le Tribunal fédéral a abandonné, en 1958 déjà, la jurisprudence restrictive selon laquelle un employé ne pouvait pas se prévaloir de la garantie de l' art. 31 Cst. ( ATF 84 I 21 consid. 2). Cet article protège donc toute activité économique privée tendant à la production d'un gain et exercée à titre professionnel, soit toute activité déployée par une personne dans un but lucratif ( ATF 103 Ia 261 s. consid. 2a). Dans la mesure où l'on peut considérer que le prévenu travaillant en prison exerce, à titre professionnel, une activité économique privée tendant à la production d'un gain, on doit admettre qu'il pourrait théoriquement se prévaloir de la garantie constitutionnelle de la liberté du commerce et de l'industrie. Mais, dans le cas particulier, c'est en vain que la recourante déclare se fonder sur l' art. 31 Cst. En effet, il n'a jamais été question, ni en doctrine ni en jurisprudence, d'étendre la notion de commerce et d'industrie au point de reconnaître, dans le cadre de l' art. 31 Cst. , l'existence pour chacun d'un droit - garanti par la constitution - à un salaire équitable. D'ailleurs, ce ne serait guère compatible avec le principe de la liberté des conventions. e) Il découle de ce qui précède que la disposition de l'art. 42 al. 2 du règlement de la prison de Champ-Dollon ne viole aucun des droits constitutionnels dont les prévenus puissent se prévaloir en droit fédéral ou en droit genevois. Contrairement à l'opinion soutenue par la recourante, cette disposition ne crée pas non plus une inégalité de traitement - contraire à l' art. 4 Cst. - entre les prévenus qui travaillent et ceux qui ne travaillent pas. L'essentiel est, au fond, que les prévenus - à la différence des condamnés - soient libres de travailler ou non pendant leur détention à Champ-Dollon; ils sont donc libres d'accepter ou de refuser les conditions de rémunération - à vrai dire peu favorables - qui sont fixées. Il convient dès lors de rejeter le recours sur ce point.
public_law
nan
fr
1,980
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
1005542e-7ebe-4e41-aebd-0117363e7ffd
Urteilskopf 125 V 430 70. Urteil vom 20. Dezember 1999 i.S. A. gegen Visana und Verwaltungsgericht des Kantons Bern
Regeste Art. 25 Abs. 1, Art. 41 und 42 Abs. 1 KVG ; Art. 163 Abs. 1 ZGB : ärztliche Behandlung durch den Ehegatten. Die Leistungspflicht der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erstreckt sich auch auf ärztliche Behandlungen durch den Ehepartner der versicherten Person.
Sachverhalt ab Seite 430 BGE 125 V 430 S. 430 A.- Dr. med. A. ist praktizierender Arzt und liess sich in der Zeit vom 31. Dezember 1997 bis 31. Mai 1998 von seiner Ehefrau und Praxispartnerin, Dr. med. B., wegen Infektionen, Krankheiten des Bewegungsapparates und Venenleiden behandeln. Von den dafür insgesamt von der Ehefrau in Rechnung gestellten Fr. 4'670.25 anerkannte die Visana, bei welcher A. krankenpflegeversichert war, die Kosten für Labor, Röntgen, Material und Medikamente als kostenpflichtig und erstattete den Betrag von Fr. 2'627.75 zurück. Mit Verfügung vom 21. September 1998 lehnte sie die Übernahme weiterer Kosten für diese Behandlung ab. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 20. November 1998 fest. B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 11. Mai 1999 ab. C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde hält A. an seinem Begehren um Vergütung des ganzen in Rechnung gestellten Betrages durch die Visana fest. (...). BGE 125 V 430 S. 431 Die Visana beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Stellungnahme. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Streitig und zu prüfen ist, ob und bejahendenfalls inwieweit die Krankenversicherung die medizinischen Leistungen, die eine Ärztin oder ein Arzt ihrem Ehepartner oder ihrer Ehepartnerin erbringt, zu übernehmen hat. 2. a) Die Visana hat die Kosten für Labor, Röntgen, Material und Medikamente zurückerstattet und darauf hingewiesen, dass die Behandlung an sich, da sie nicht über eine normale Routineangelegenheit hinausgegangen sei, im Rahmen der familienrechtlichen Beistands- und Unterhaltspflicht erfolgt sei. b) Die Vorinstanz hat die Auffassung der Krankenkasse im Ergebnis bestätigt und festgehalten, dass im vorliegenden Fall die Rückerstattung der Kassenleistung nach dem System des Tiers garant erfolge und nur in Frage komme, wenn der Ehegattin als Leistungserbringerin des Versicherten ein Honoraranspruch entstanden sei. Gesundheitskosten für geläufige Krankheiten, zahnärztliche Behandlung, Kontrollen, Operationen, mit denen man rechnen müsste, gehörten grundsätzlich zum Familienbudget. Solche durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung gedeckte Behandlungskosten seien zum gebührenden Familienunterhalt nach Art. 163 ZGB zu zählen. Die Ehegattin des Versicherten habe vorliegend solche Leistungen erbracht, weshalb ihr mit Ausnahme der Kosten für Labor, Röntgen, Medikamente und Kompressionsstrümpfe gegenüber dem Ehemann kein Honoraranspruch entstanden sei. c) Der Beschwerdeführer macht geltend, auf Grund des Rechts zur freien Arztwahl habe er sich durch seine Ehepartnerin behandeln lassen. Die intravenöse Infusionsbehandlung stelle keinesfalls eine normale Routineangelegenheit dar. Deren Durchführung habe jeweils einen Zeitaufwand von gut einer Stunde beansprucht. Damit kein Arbeitsausfall entstehe, seien die ärztlichen Leistungen abends nach Praxisschluss erbracht worden, wobei die in dieser Zeit sonst anfallenden administrativen und organisatorischen Arbeiten nicht hätten erledigt werden können. Vor der Einführung des neuen Krankenversicherungsgesetzes habe er bei der Kollektivversicherung für Ärzte einen Passus eingebaut gehabt, wonach die Behandlung von Familienangehörigen nicht leistungspflichtig sei. BGE 125 V 430 S. 432 Diese Einschränkung sei mit einer Prämienreduktion verbunden gewesen. Heute könnten für die Grundversicherung keine Rabatte mehr gewährt werden. Es sei auch aus diesem Grund nicht einzusehen, weshalb die ärztliche Behandlung von Familienangehörigen leistungsmässig schlechter gestellt werden sollte. Die Auffassung, wonach eine Behandlung, die aus der obligatorischen Grundversicherung gedeckt sei, zum gebührenden Familienunterhalt gehören sollte, sei aus der Luft gegriffen. 3. a) Wie die Vorinstanz erwogen hat, übernimmt die obligatorische Krankenpflegeversicherung die Kosten für die Leistungen, die der Diagnose oder Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen ( Art. 25 Abs. 1 KVG ). Haben Versicherer und Leistungserbringer nichts anderes vereinbart, so schulden gemäss Art. 42 KVG die Versicherten den Leistungserbringern die Vergütung der Leistung, wobei sie gegenüber dem Versicherer einen Anspruch auf Rückerstattung (im Sinne der Erstattung oder Vergütung) haben (System des Tiers garant). Ein Anspruch auf Erstattung des Honorars eines freipraktizierenden Leistungserbringers durch den Versicherer besteht jedoch nur, wenn eine solche Honorarforderung nach den zivilrechtlichen Voraussetzungen gegeben ist (vgl. EUGSTER, Krankenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Rz. 327 Fn. 787). Das kantonale Gericht hat daher zu Recht geprüft, ob der Leistungserbringerin vorliegend gegenüber dem Beschwerdeführer ein Honoraranspruch entstanden ist. b) Zutreffend ist, dass gemäss Art. 163 Abs. 1 ZGB die Ehegatten gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt der Familie sorgen. Die Bezahlung von Beiträgen an die Sozialversicherungen gehört zu diesem gebührenden Unterhalt (BRÄM/HASENBÖHLER, Zürcher Kommentar, N. 34 zu Art. 163 ZGB ). Mit der Argumentation, wonach die durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung gedeckten Behandlungskosten zum gebührenden Familienunterhalt gemäss Art. 163 ZGB zu zählen seien, verkennt die Vorinstanz, dass dieser Unterhalt in einer Rechtsordnung mit dem System der obligatorischen Krankenpflegeversicherung, welche die fraglichen Leistungen abdeckt, durch die Bezahlung der Versicherungsprämien und der Kosten des Selbstbehaltes sowie der Franchise geleistet wird. Dafür, dass die Bezahlung der Prämien und der andern erwähnten Kosten durch den Versicherten und seine Ehefrau zu irgendwelchen Schwierigkeiten geführt hätte, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Von der BGE 125 V 430 S. 433 Ehegattin kann deshalb unter dem Gesichtswinkel der familienrechtlichen Unterhaltspflicht nicht gefordert werden, dass sie die ärztliche Behandlung für ihren Ehemann neben der gemeinsamen Tragung der Prämien und übrigen Kosten leiste. Zum Unterhalt nach Art. 163 ZGB gehören zwar auch die Gesundheitskosten; mit dem Versicherungsobligatorium ist aber die Frage, inwieweit medizinische Behandlungen zum Unterhalt zu zählen sind, weitgehend hinfällig geworden (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Berner Kommentar, N. 16a zu Art. 163 ZGB ). Soweit somit als Beitragsart die ärztliche Behandlung des einen Ehegatten durch den andern genannt wird (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 34 zu Art. 163 ZGB ), können folglich diejenigen Behandlungen, die von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zu übernehmen sind, nicht gemeint sein. Abgesehen davon wäre kein Grund ersichtlich, der Ehefrau nur ihre Dienstleistungen unter dem Titel der Unterhaltspflicht zuzumuten, nicht aber die Bezahlung der Kosten für Labor, Röntgen und die andern erwähnten Kosten, wie es der Auffassung der Krankenkasse und der Vorinstanz entspricht. Hätte sie nämlich für die Gesundheitspflege ihres Ehemannes im Rahmen der Unterhaltspflicht aufzukommen, so wäre nicht einzusehen, weshalb sie nur ärztliche Dienstleistungen zu erbringen, nicht aber für die erwähnten Kosten aufzukommen hätte. Anders wäre es zu halten, wenn kein Versicherungsobligatorium bestünde und die Eheleute es vorgezogen hätten, statt eine Krankenversicherung abzuschliessen die ärztliche Versorgung gegenseitig sicherzustellen. Dieser Frage ist indessen, da sie sich nicht stellt, nicht weiter nachzugehen. Nicht stichhaltig ist schliesslich der Hinweis der Vorinstanz auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach dem Ehemann, der als Anwalt seine Ehefrau im Prozess vertritt, grundsätzlich kein Anspruch auf Parteientschädigung zuzuerkennen sei (nicht publizierte Erw. 6 des Urteils BGE 118 V 35 mit Hinweis auf ZAK 1985 S. 472 Erw. 4). Die Kosten einer Rechtsvertretung sind in vielen Fällen nicht versichert, sodass im Rahmen der Unterhaltspflicht die Vertretung entweder durch Naturalleistung in Form der Vertretung durch den Ehemann oder durch Finanzierung der Kosten der Vertretung durch einen andern Anwalt zu gewährleisten ist. 4. Zu prüfen ist des Weiteren, ob sich der Versicherte statt von einem andern Arzt von seiner Ehefrau zu Lasten der Krankenversicherung behandeln lassen kann. a) Nach Art. 168 ZGB kann jeder Ehegatte mit dem andern Ehegatten oder mit Dritten Rechtsgeschäfte abschliessen, sofern das BGE 125 V 430 S. 434 Gesetz nichts anderes bestimmt. Diese Bestimmung gewährt den Ehegatten privatautonome Gestaltungsfreiheit. Nur deshalb, weil jemand verheiratet ist, soll ihm nicht der Zugang zu Rechtsgeschäften verwehrt sein, die an sich jede Person abschliessen kann (BRÄM/HASENBÖHLER, a.a.O., N. 1 zu Art. 168 ZGB ). Weder, wie dargelegt, im Eherecht noch sonstwo finden sich Bestimmungen, die es verbieten würden, dass sich ein Ehegatte rechtsgeschäftlich statt von einem andern Arzt vom eigenen Ehegatten behandeln lassen kann. Dass die dafür gewöhnlich gewählte Form des Auftrages in Art. 165 Abs. 3 ZGB nicht erwähnt ist, ist ohne Belang, weil die Aufzählung nicht abschliessend ist (BRÄM/HASENBÖHLER, a.a.O., N. 65 und 81 zu Art. 165 ZGB ). Liegt aber den ärztlichen Bemühungen der Ehegattin des Versicherten ein Rechtsverhältnis zu Grunde, so ist nicht weiter danach zu suchen, ob ihr ein Entschädigungsanspruch nach Art. 165 ZGB zukommt, weil diese Regelung nur subsidiär anzuwenden ist (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 38 zu Art. 165 ZGB ). b) Art. 41 KVG garantiert den Versicherten freie Arztwahl. Diese Bestimmung sieht in keiner Weise eine Einschränkung dahingehend vor, dass ein Ehegatte als Arzt nicht den eigenen Ehegatten bezeichnen könnte. 5. Es ist nicht zu verkennen, dass jemand, der sich zu Lasten der Krankenversicherung durch seinen Ehegatten behandeln lassen kann, eventuell eher geneigt ist, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, als wenn er einen andern Arzt aufsuchen müsste. Es mag für die Ehegatten auch ein gewisser Anreiz gegeben sein, die Behandlung über das notwendige Mass auszudehnen, weil der behandelnde Ehegatte damit einen Erwerb erzielt, der beiden Ehegatten zugute kommen kann. Dem Krankenversicherer bleibt es indessen unbenommen, die Kontrollmöglichkeiten in solchen Fällen zu intensivieren. 6. Zusammengefasst steht es dem Beschwerdeführer frei, sich von seiner Ehefrau ärztlich versorgen zu lassen. Da den entsprechenden medizinischen Leistungen ein Rechtsverhältnis zu Grunde liegt und in einer Rechtsordnung mit dem System der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nicht verlangt werden kann, dass unter dem Gesichtswinkel der familienrechtlichen Unterhaltspflicht die ärztliche Behandlung neben der gemeinsamen Tragung der Prämien und übrigen Kosten geleistet wird, ist der Leistungserbringerin gegenüber dem Beschwerdeführer auch für die Kosten der Behandlung an sich ein Honoraranspruch entstanden, wobei dem BGE 125 V 430 S. 435 Versicherten grundsätzlich ein Anspruch auf Rückerstattung gegenüber dem Versicherer zusteht. Dem Krankenversicherer obliegt die massliche Überprüfung der Forderung.
null
nan
de
1,999
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
1011962e-5451-4647-874c-9e3e051cc4ca
Urteilskopf 112 Ia 382 61. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 16 décembre 1986 dans les causes 1) Fédération des associations de quartiers et d'habitants (FAQH) et dame Cousin, 2) dame Carrard et consorts contre Grand Conseil du canton de Genève (recours de droit public)
Regeste Art. 85 lit. a OG ; Ungültigerklärung einer Initiative, die darauf abzielt, in die kantonale Verfassung das Recht auf Wohnung aufzunehmen. Um das Recht auf Wohnung zu gewährleisten, will die fragliche Initiative die Bodenspekulation, das Ansteigen der Mietzinse sowie den Wohnungsmangel bekämpfen und die Einflussmöglichkeiten der Bewohner verstärken: diese Zielsetzung steht an sich nicht im Widerspruch zum Bundesrecht (E. 4). Hingegen sind die konkret vorgeschlagenen Massnahmen, d.h. das Einfrieren der Landpreise und der Zwang zur Vermietung leerer Wohnungen, so allgemein gefasst, dass sie mit dem Bundesrecht unvereinbar sind (E. 5). Da diese konkreten Massnahmen den wesentlichen Teil der Initiative ausmachen und es sich bei den anderen Punkten bloss um Grundsatzerklärungen handelt, die zwar verfassungskonform, aber von untergeordneter Bedeutung sind, verletzt es im vorliegenden Fall das Initiativrecht der Bürger nicht, dass das Volksbegehren als ungültig erklärt wurde (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 383 BGE 112 Ia 382 S. 383 Le 11 février 1982, la Fédération des associations de quartiers et d'habitants, à Genève (ci-après: la FAQH), a déposé à la chancellerie d'Etat du canton de Genève, munie du nombre de signatures nécessaires, une initiative populaire pour le droit au logement. Il s'agissait d'une initiative entièrement rédigée, qui tendait à insérer dans la Constitution cantonale un nouvel art. 10A ayant la teneur suivante: "1 Le droit au logement est garanti. 2 L'Etat avec l'aide de la population crée et encourage les conditions qui permettent à chacun de disposer d'un logement convenable. 3 A cette fin, il prend, entre autres, des mesures pour: a) lutter contre la spéculation foncière et immobilière, les hausses de loyers, en gelant notamment de cas en cas le prix des terrains; b) combattre la pénurie de logements et notamment le phénomène des logements vides en ordonnant au besoin leur remise sur le marché du logement; c) garantir le pouvoir de décision des habitants sur l'aménagement, la rénovation et l'entretien de leur quartier, région ou village en donnant notamment aux parlements communaux la compétence d'adopter les plans d'aménagement." L'étude de l'initiative fut confiée à la Commission du logement et MM. Alexandre Berenstein, professeur honoraire de l'Université de Genève, et Pierre-Louis Manfrini, avocat au Barreau de Genève, furent chargés par le Conseil d'Etat d'examiner la constitutionnalité du texte proposé. Se fondant sur les avis de droit de ces experts, la Commission du logement décida, par neuf voix contre quatre, de recommander au Grand Conseil de déclarer l'initiative irrecevable parce qu'inconstitutionnelle, et proposa de ne pas entrer en matière sur la possibilité de rédiger un contreprojet. La minorité de la commission suggérait de déclarer l'initiative recevable, mais de refuser d'entrer en matière afin de lui opposer un BGE 112 Ia 382 S. 384 contreprojet. Dans sa séance du 19 avril 1985, le Grand Conseil genevois, suivant l'avis de la majorité de la commission, déclara l'initiative irrecevable. Agissant par la voie du recours de droit public, la FAQH et Charlotte Cousin, électrice genevoise, ont demandé au Tribunal fédéral d'annuler cette décision. Elles invoquaient une violation des droits politiques des citoyens ( art. 85 lettre a OJ ), et plus précisément du droit d'initiative garanti par la Constitution genevoise. Par un recours de droit public distinct, Anne-Claire Carrard, Jean-Claude Ludi, Denis Matthey et Daniel Marco ont également requis le Tribunal fédéral d'annuler la décision du Grand Conseil du 19 avril 1985. Ces recourants invoquaient une violation de l' art. 66 Cst. gen.; d'après eux, le Grand Conseil était tenu de soumettre l'initiative au vote populaire nonobstant ses doutes sur la constitutionnalité de certains passages du texte proposé. Le Tribunal fédéral a rejeté les recours dans la mesure où ils étaient recevables. Erwägungen Extrait des considérants: 4. a) Dans une large mesure, les autorités cantonales comme les recourants sont d'accord pour reconnaître qu'en soi l'al. 1 du texte proposé par l'initiative (le droit au logement est garanti) et l'al. 2 (l'Etat avec l'aide de la population crée et encourage les conditions qui permettent à chacun de disposer d'un logement convenable) ne sont pas contraires au droit fédéral (cf. Mémorial des séances du Grand Conseil No 19, séance du 19 avril 1985 - ci-après: Mémorial -, p. 2082-2085, 2098-2100, 2109). Il résulte du texte clair de ces deux alinéas que l'initiative entend affirmer un droit social en lui donnant rang de droit constitutionnel, tout en précisant l'objectif moyennant l'inscription d'une compétence et d'une obligation constitutionnelles de l'Etat. b) Les divergences commencent avec le texte de l'al. 3 du projet, qui impose à l'Etat l'obligation constitutionnelle de prendre certains moyens et mesures pour: "a) lutter contre la spéculation foncière et immobilière, les hausses de loyers, en gelant notamment de cas en cas le prix des terrains; b) combattre la pénurie des logements et notamment le phénomène des logements vides, en ordonnant au besoin leur remise sur le marché du BGE 112 Ia 382 S. 385 logement; c) garantir le pouvoir de décision des habitants sur l'aménagement, la rénovation et l'entretien de leur quartier, région ou village, en donnant notamment aux parlements communaux la compétence d'adopter les plans d'aménagement." aa) Abstraction faite de la mesure concrète proposée à la fin de la lettre a (gel du prix des terrains), les moyens d'action envisagés (lutte contre la spéculation foncière et immobilière, contre les hausses de loyers) ne sont, selon l'avis de droit de M. Berenstein, "pas en eux-mêmes contraires au droit fédéral" (Mémorial, p. 2085 ch. 16). Me Manfrini n'est pas du même avis en ce qui concerne la hausse des loyers; il estime qu'étant donné la législation déjà en vigueur à Genève en matière de contrôle des loyers, la nouvelle disposition proposée par l'initiative est dénuée de toute portée pratique et heurte au demeurant le principe de la force dérogatoire du droit fédéral (Mémorial, p. 2100-2102). Toutefois, ni le rapport de la Commission du logement (Mémorial, p. 2067, 2073 ch. 3) ni les interventions des députés au Grand Conseil (Mémorial, p. 2115 ss) ne reprennent la thèse de Me Manfrini. Il faut donc considérer que l'argumentation juridique du Grand Conseil, sur ce point, rejoint celle de M. Berenstein. Avec raison d'ailleurs, car a priori il n'est pas au pouvoir du Parlement de s'opposer à l'inscription d'un principe juridique dans la Constitution, pour le motif qu'actuellement le postulat en cause se trouverait déjà pleinement réalisé par des moyens déterminés prévus par la législation cantonale en vigueur. bb) La lutte contre la pénurie de logements et notamment le phénomène des logements vides (al. 3 lettre b) représente, selon M. Berenstein, un postulat qui, comme tel et indépendamment de la mesure concrète prévue (remise obligatoire sur le marché des logements vides), "pourrait sans difficulté être inscrit dans la Constitution" (Mémorial, p. 2089 ch. 26). Me Manfrini ne se prononce pas sur ce point, et limite ici son exposé aux mesures concrètes de "réquisition des logements vides" (Mémorial, p. 2105-2107); il reconnaît toutefois que "l'objectif de la lutte contre la pénurie de logements répond à un impératif suffisamment fort de solidarité sociale reconnu par le Tribunal fédéral pour justifier des atteintes substantielles aux libertés constitutionnelles, mais pas au prix de dérogations sans limite" (p. 2106). cc) La garantie du pouvoir de décision des habitants en matière d'aménagement et l'attribution aux communes de la compétence d'adopter les plans d'aménagement (al. 3 lettre c) ne font l'objet BGE 112 Ia 382 S. 386 d'aucune critique quant à leur constitutionnalité de principe (cf. Mémorial, p. 2092/2093, 2107-2109). 5. Reste la question de savoir si les mesures concrètes proposées aux al. 3a (gel du prix des terrains) et 3b (remise obligatoire sur le marché des logements vides) sont ou non conformes au droit fédéral. Dans cet examen, le texte de l'initiative doit être interprété pour lui-même et non d'après la volonté subjective des initiants ( ATF 105 Ia 154 consid. 3a et 366 consid. 4), étant rappelé que dans le cas d'une initiative rédigée, la marge d'interprétation est plus étroite que dans celui d'une initiative non rédigée ( ATF 105 Ia 366 consid. 4). En outre, c'est en principe l'interprétation qui conduit à la conformité avec le droit supérieur qui doit être retenue; toutefois, cette interprétation conforme ne saurait aboutir à modifier le sens littéral d'une norme formulée de manière claire et non équivoque ( ATF 111 Ia 25 et les références). a) Le texte de l'al. 3 a proposé par l'initiative est dépourvu d'ambiguïté. Afin de réaliser le droit de chacun au logement, l'Etat peut et doit prendre des mesures permettant de lutter contre la spéculation foncière et immobilière et les hausses de loyers, notamment le gel du prix des terrains. Sur ce point, l'initiative ne demande pas que l'Etat gèle sans aucune discrimination le prix de tous les terrains du canton, mais seulement "de cas en cas". Selon les recourantes FAQH et Cousin, cela signifie que le législateur cantonal "peut et doit évaluer ponctuellement l'opportunité d'une telle mesure lorsque l'intérêt public l'exige, en respectant au surplus le principe de la proportionnalité et de l'égalité de traitement". La limitation du prix du terrain constituerait d'ailleurs un procédé déjà connu, dans certaines hypothèses, par le droit genevois, le droit agricole connaissant de son côté un régime très contraignant de contrôle des prix. Pour les recourants Carrard et consorts, le gel du prix des terrains serait une sorte de succédané, moins incisif, de l'expropriation pour cause d'utilité publique en vue de réaliser un projet de construction de logements sociaux. Une telle interprétation, qui n'admettrait le gel du prix des terrains que dans un certain nombre de cas restreint, n'apparaît toutefois pas compatible avec le texte de l'initiative formulée. Certes, le "gel" n'est envisagé que comme une mesure de lutte contre la spéculation et la hausse des loyers en vue d'assurer à chacun le droit au logement. L'Etat ne saurait décréter une telle mesure dans une autre perspective et avec un autre objectif. Mais BGE 112 Ia 382 S. 387 le champ d'application est très vaste et rien, dans le texte de l'initiative, ne permet de restreindre la portée de la mesure dans le sens que l'Etat ne pourrait y recourir que dans des conditions particulières bien définies, et qui s'harmoniseraient avec toutes les exigences du droit supérieur. La comparaison avec les mesures de limitation de prix actuellement en vigueur, voire avec l'institution de l'expropriation, n'est nullement déterminante, car ces mesures s'inscrivent précisément dans des textes légaux qui en définissent clairement les conditions. Or le libellé de la clause litigieuse à l'al. 3 lettre a - à l'exception de la formule "de cas en cas" qui fait simplement obstacle à une application généralisée dans tout le domaine foncier constructible - ne contient ni précisions ni directives permettant d'admettre que la mesure du gel du prix des terrains dans le contexte du droit au logement, ne serait autorisée que dans des hypothèses restreintes et avec des effets limités. Il appartiendra peut-être à l'Etat "d'interpréter et d'appliquer cette mesure de façon conforme à la Constitution"; encore faudrait-il que le texte même de l'initiative fournisse les éléments nécessaires à une telle interprétation et application conformes. Tel n'est pas le cas en l'espèce, et c'est à tort que les recourantes FAQH et Cousin invoquent l'arrêt Comité contre la loi sur la police du 6 juillet 1983 ( ATF 109 Ia 159 consid. 8b); le texte de l'art. 17E al. 4 de la loi genevoise sur la police du 18 septembre 1981, alors en discussion, contenait précisément, encore que sommairement, les directives spécifiques et restrictives dont l'interprétation permettait de dire que la norme en cause n'était pas inconstitutionnelle. N'étant soumise à aucune condition ni contrepartie quelconque, la mesure du gel du prix des terrains proposée par l'initiative revêt un caractère de généralité qui la rend incompatible avec le droit fédéral. En effet, dans le système du Code des obligations, le prix de vente est en principe librement fixé par la volonté des parties, exprimée de manière concordante ( art. 19 et 184 CO ). Les cantons ne peuvent déroger à cette règle, par des dispositions de droit public, qu'aux conditions de l' art. 6 CC , qui exige notamment que de telles dispositions de droit public n'éludent pas le droit fédéral ni n'en contredisent le sens ou l'esprit. Le gel du prix des terrains voulu par l'initiative, avec son caractère de généralité, implique directement une restriction majeure à la liberté contractuelle, sans aucune contrepartie; il est donc contraire au droit fédéral (notamment art. 2 Disp. trans. Cst., art. 6 CC ). C'est dès lors avec BGE 112 Ia 382 S. 388 raison que le Grand Conseil a déclaré l'initiative irrecevable sur ce point. b) L'argumentation qui vient d'être développée à propos du gel du prix des terrains s'applique aussi, mutatis mutandis, à la mesure concrète de la remise obligatoire sur le marché des logements vides, préconisée à l'al. 3 lettre b. Ici aussi, le texte est clair et sa portée générale n'est limitée que par la clause vague selon laquelle la remise sur le marché des logements vides ne devrait être ordonnée qu'"au besoin". Aucune indication n'est donnée sur les conditions et les modalités d'exercice de cette mesure. Le Tribunal fédéral ne saurait donc, par le biais d'une interprétation conforme, en limiter la portée en l'assortissant de restrictions qui ne trouvent aucun fondement dans le texte. A l'évidence, il s'agit d'une location forcée, imposée par l'Etat aux propriétaires, contre leur gré. Une telle mesure indifférenciée viderait le droit de propriété ( art. 641 CC ) ainsi que le principe de la liberté contractuelle de leur substance essentielle. Une atteinte aussi grave ne pourrait se justifier que dans les cas, aux conditions et selon les modalités d'une expropriation, dont les principes sont déjà fixés dans le droit fédéral et le droit genevois. Toutefois, rien dans le texte et la structure générale de l'initiative ne permet de l'interpréter en ce sens que l'ordre de remettre sur le marché un logement vide ne pourrait être donné par l'Etat qu'aux conditions et selon les formes de l'expropriation. Le fait que l'objectif visé pourrait être atteint d'une autre façon, à savoir précisément, sous certaines conditions, par la voie de l'expropriation pour cause d'utilité publique n'est manifestement pas de nature à justifier la mesure différente et inconditionnée préconisée par l'initiative (cf. Mémorial, p. 2091 No 30). C'est dès lors à juste titre que, sur ce point aussi, le Grand Conseil a décidé que l'initiative était irrecevable. 6. L'initiative en cause étant partiellement recevable (consid. 4 ci-dessus) et partiellement irrecevable (consid. 5), la question se pose de savoir quelle conclusion le Grand Conseil devait en tirer. a) En l'absence - comme en l'espèce - d'une réglementation cantonale ad hoc, la jurisprudence constante du Tribunal fédéral admet que le Parlement cantonal a la faculté, mais pas l'obligation, de déclarer irrecevable et donc de refuser de soumettre à la votation populaire une initiative contraire au droit fédéral. Il est toutefois difficilement compréhensible que le législateur cantonal BGE 112 Ia 382 S. 389 soit habilité à soustraire une initiative au vote populaire pour des motifs juridiques, mais que la voie de la nullité partielle, plus respectueuse de la volonté des auteurs de l'initiative, lui soit interdite. Aussi bien, selon la jurisprudence récente, l'autorité chargée de l'examen d'une initiative doit-elle s'en tenir à une simple déclaration de nullité partielle lorsque l'on peut admettre de façon raisonnable que les signataires de l'initiative auraient aussi souscrit à la seule partie restante de l'initiative. Dans l'arrêt Cristin du 28 septembre 1979 ( ATF 105 Ia 365 consid. 3), le Tribunal fédéral a notamment exposé à cet égard que "la sanction doit demeurer proportionnée à l'inobservation de la norme juridique; or, si le vice ne frappe qu'une partie mineure de l'initiative sans en atteindre le fondement ou la raison d'être, une déclaration d'irrecevabilité totale pourrait paraître une sanction excessive, au regard du droit fédéral. Il faut observer d'autre part que le respect de la volonté des signataires de l'initiative empêche qu'on soumette au vote populaire une initiative amputée d'une partie de son contenu sans leur accord exprès... ou présumé (lorsqu'on peut raisonnablement admettre que les signataires auraient donné leur accord à l'initiative, même sans sa partie viciée)." Cette solution, qui sauvegarde aussi bien le respect de la volonté des signataires que le principe de la proportionnalité, a recueilli l'approbation de la plupart des auteurs ( ATF 110 Ia 182 avec les arrêts et la doctrine cités). b) Les al. 1 et 2 de l'initiative se présentent comme des dispositions-programmes, le premier prévoyant la garantie d'un droit au logement, le second l'intervention de l'Etat en la matière. Cette affirmation de principes répond peut-être à la tendance récente qui veut que l'on inscrive des droits sociaux dans les constitutions modernes (cf. initiative fédérale du Mouvement populaire des familles de 1967 concernant l'inscription d'un tel droit dans la Constitution fédérale, rejetée par le peuple et les cantons, mais soutenue par le peuple genevois à 78,4%; art. 26 al. 1 lettre e proj. Cst. CExp. 1977, FF 1985 III 181; art. 22 Cst. jur.; § 25 al. 2 lettre c Cst. arg. du 25 juin 1980). Toutefois, dans le cas particulier, l'objectif des initiants n'a pas été de proposer l'inscription de principes qui étaient déjà appliqués, dans le cadre de l'action menée par les pouvoirs publics en matière de politique de logement, mais de faire adopter des moyens nouveaux, plus incisifs, "entre autres" le gel du prix des terrains (al. 3 lettre a), la relocation obligatoire des logements vides (al. 3 lettre b) BGE 112 Ia 382 S. 390 et l'attribution aux parlements communaux de la compétence d'adopter les plans d'aménagement (al. 3 lettre c). Dans l'exposé des motifs de l'initiative, les auteurs disaient eux-mêmes que la garantie du droit au logement ... "n'est pas suffisant(e), encore faut-il qu'il y ait des logements bon marché. Pour cela, il est nécessaire de geler le prix des terrains. Seule cette mesure permettra d'empêcher de spéculer sur les terrains, c'est-à-dire que le fait d'être propriétaire n'entraînera pas le droit d'acheter et de revendre des terrains en les faisant chaque fois augmenter de valeur ...". L'objectif était donc clair. Il est d'ailleurs significatif que les deux seuls exemples cités - hormis celui de la lettre c non critiqué et à portée limitée (simple règle attributive de compétence) -, alors que le texte en suggérerait éventuellement d'autres par les expressions "entre autres" et "notamment", sont précisément les deux mesures jugées inconstitutionnelles: le gel du prix des terrains et la relocation obligatoire. Comme l'ont relevé de manière pertinente et digne de confiance les experts consultés en l'espèce, ces deux moyens d'action concrets forment en réalité la partie essentielle de l'initiative, son noyau, les autres éléments ne constituant que des affirmations de principes, certes conformes à la Constitution, mais de portée mineure. Dès lors, éliminer du texte les seules parties jugées inconstitutionnelles, mais essentielles, c'était d'une part trahir la volonté des auteurs de l'initiative, qui voyaient en elles le seul moyen de modifier le droit en vigueur. D'autre part, se borner à inscrire dans la Constitution cantonale des principes déjà connus et appliqués pouvait amener les signataires de l'initiative à considérer que leur attente avait été trompée. Par conséquent, en déclarant l'initiative irrecevable - même amputée des membres de phrase "en gelant notamment de cas en cas le prix des terrains" (al. 3 lettre a) et "en ordonnant au besoin leur remise sur le marché du logement" (al. 3 lettre b) -, le Grand Conseil genevois n'a pas violé le droit d'initiative des citoyens garanti par les art. 64 ss Cst. gen.
public_law
nan
fr
1,986
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
1014a674-c98b-44cf-a575-bdf2cdf2bc3e
Urteilskopf 121 III 324 66. Arrêt de la Ire Cour civile du 14 août 1995 dans la cause Banque X. contre E. et consorts et Département de la justice, de la santé et de la sécurité du canton de Neuchâtel (recours de droit administratif)
Regeste Kommanditgesellschaft; Wiedereintragung im Handelsregister (Art. 181, 592 Abs. 2, Art. 604, 608 Abs. 1, Art. 610 Abs. 2 und Art. 619 OR ). Übernimmt eine neu gegründet Aktiengesellschaft Aktiven und Passiven einer Kommanditgesellschaft, so haftet sie gemäss Art. 181 Abs. 2 OR solidarisch mit dieser während zwei Jahren (E. 2). In diesem Fall, der nicht von Art. 610 Abs. 2 OR erfasst wird, haftet der Kommanditär solidarisch mit der Aktiengesellschaft für die Schulden der aufgelösten Kommanditgesellschaft, wobei seine Haftung auf den Betrag der Kommanditsumme beschränkt ist. Daraus ergibt sich, dass ein Gläubiger der im Handelsregister gelöschten Kommanditgesellschaft kein Interesse an ihrer Wiedereintragung geltend machen kann (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 325 BGE 121 III 324 S. 325 A.- La société en nom collectif Y. a été inscrite au registre du commerce le 15 octobre 1941. Le 1er janvier 1980, elle a été transformée en une société en commandite. E. en était l'associé gérant indéfiniment responsable et H. l'associé commanditaire pour une commandite de 350'000 fr. En 1991, dame C. est entrée dans la société en tant que commanditaire pour une commandite de 20'000 fr. La société en commandite a été dissoute suite à la reprise de la totalité de ses actifs et passifs par la SI Z. SA Les trois associés précités ont fait apport à la nouvelle société anonyme de leurs fonds propres respectifs dans la société en commandite, totalisant 470'000 fr., contre remise de 470 actions nominatives de 1'000 fr. chacune, entièrement libérées. La société en commandite Y. a été radiée du registre du commerce le 15 février 1994. B.- Le 9 mai 1994, la Banque X. a requis la réinscription de la société en commandite Y. au registre du commerce. Elle entendait, en effet, obtenir la mainlevée de l'opposition dont avait été frappé un commandement de payer, portant sur la somme de 300'000 fr., qu'elle avait fait notifier à ladite société. L'associé indéfiniment responsable et les commanditaires ayant conclu au rejet de la requête, le préposé au registre du commerce a transmis le dossier au Département de la justice, de la santé et de la sécurité du BGE 121 III 324 S. 326 canton de Neuchâtel (ci-après: le Département), en sa qualité d'autorité de surveillance du registre du commerce, pour qu'il examine la question et autorise une éventuelle réinscription. Admettant sa compétence, en application de l' art. 60 al. 3 ORC , le Département, par décision du 29 novembre 1994, a dit qu'il n'y avait pas lieu de réinscrire la société en commandite Y. au registre du commerce. C.- Par la voie du recours de droit administratif, la Banque X. a invité le Tribunal fédéral à annuler la décision du Département et à ordonner la réinscription de la société en commandite Y. au registre du commerce. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. Selon la jurisprudence constante du Tribunal fédéral, les créanciers sociaux peuvent obtenir la réinscription d'une société radiée s'ils rendent leur créance vraisemblable et établissent qu'ils ont un intérêt à la réinscription. Cette dernière condition n'est pas remplie quand ils peuvent recouvrer leur créance par une autre voie ou lorsque la société n'a plus d'actifs réalisables ( ATF 115 II 276 consid. 2; ATF 110 II 396 consid. 2; ATF 100 Ib 37 consid. 1 et les arrêts cités). Pour savoir si l'autorité intimée a refusé à tort d'admettre la requête de la recourante, en application de cette jurisprudence, il convient d'examiner quelle est l'incidence, sur les droits des créanciers sociaux à l'égard tant de la société que des associés indéfiniment responsables et des commanditaires, de la reprise, par une société anonyme, de tout l'actif et le passif d'une entreprise exploitée en la forme d'une société en commandite. 2. En vertu de l' art. 181 CO , celui qui acquiert un patrimoine ou une entreprise avec actif et passif devient responsable des dettes envers les créanciers, dès que l'acquisition a été portée par lui à leur connaissance ou qu'il l'a publiée dans les journaux (al. 1). Toutefois, l'ancien débiteur reste solidairement obligé pendant deux ans avec le nouveau (al. 2). Dans la décision attaquée, le Département, se référant à l' ATF 87 I 301 ss, précise que l' art. 181 al. 2 CO n'est pas applicable lorsque, comme en l'espèce, une société en commandite est liquidée par la reprise de ses actifs et passifs par une autre corporation. La recourante conteste le bien-fondé d'une telle opinion, suivie en cela par l'Office fédéral du registre du commerce. En revanche, l'intimé se range à l'avis du Département, lequel se montre cependant moins catégorique dans sa réponse BGE 121 III 324 S. 327 au recours puisqu'il y propose de laisser la question ouverte. Dans l'arrêt précité, le Tribunal fédéral, comme il l'avait déjà jugé précédemment ( ATF 57 II 531 ), souligne que l' art. 181 al. 2 CO n'est pas applicable lorsqu'une société avec personnalité juridique est liquidée par la reprise de ses actifs et passifs par une autre corporation. La raison en est que, en pareille hypothèse, les droits des créanciers sont suffisamment garantis par la procédure spécifique que le législateur a instituée pour la reprise d'une personne morale par une autre personne morale (de lege lata, cf. les art. 748/749, 750, 770 al. 3, 823/824 et 914 CO). Il n'y a donc aucun motif justifiant d'étendre cette jurisprudence au cas de la reprise de l'actif et du passif d'une société en commandite, qui n'a pas de personnalité juridique (ATF ATF 116 II 651 consid. 2d p. 654), par une société anonyme nouvellement constituée. Aussi bien, le Tribunal fédéral a déjà indiqué que, dans une telle situation, la société en commandite reste solidairement obligée avec la société anonyme pendant deux ans, conformément à l' art. 181 al. 2 CO ( ATF 63 II 14 consid. 4). Il suit de là que l'on ne saurait dénier à la recourante tout intérêt à la réinscription de la société radiée du seul fait que l'actif et le passif de cette société ont été repris par la société anonyme qui lui a succédé. 3. a) La reprise cumulative de dette, au sens de l' art. 181 al. 2 CO , liée au transfert de tous les actifs et passifs de la société en commandite dissoute à la société anonyme nouvellement constituée, ne saurait toutefois fonder à elle seule l'intérêt du créancier à la réinscription de la société radiée. Encore faudrait-il pour cela que ladite société ait un actif réalisable qui, par hypothèse, n'aurait été découvert qu'après le transfert des autres actifs à la société anonyme et la radiation de la société en commandite (cf., mutatis mutandis, l' ATF 78 I 451 , 455). Or, la recourante ne prétend pas qu'un élément de l'actif de la société dissoute aurait échappé à ce transfert et le dossier cantonal ne fournit pas le moindre indice allant dans ce sens. De ce point de vue, l'intérêt de la recourante à la réinscription de la société radiée n'est, dès lors, pas établi. b) Par ailleurs, il est loisible à la recourante de rechercher personnellement l'associé indéfiniment responsable de la société radiée, du moment que celle-ci a été dissoute ( art. 604 CO ). S'agissant d'un cas de reprise par un tiers, elle dispose pour ce faire du délai de deux ans prévu par l'art. 592 al. 2 in fine CO, auquel renvoie l' art. 619 al. 1 CO . Il va de soi que l'introduction d'une action contre l'associé indéfiniment BGE 121 III 324 S. 328 responsable ne nécessite pas la réinscription préalable de la société radiée. La recourante n'y a ainsi aucun intérêt, sous cet angle également. c) Reste à examiner si elle peut faire valoir semblable intérêt relativement aux commanditaires. aa) Aux termes de l' art. 610 al. 2 CO , si la société est dissoute, les créanciers, les liquidateurs ou l'administration de la faillite peuvent demander que la commandite soit remise à la masse en liquidation ou en faillite, en tant qu'elle n'a pas été apportée ou qu'elle a été restituée au commanditaire. En l'espèce, le Département ne précise pas si les commanditaires ont apporté le montant intégral de leur commandite respective. Il résulte toutefois des pièces produites que tel a bien été le cas, et le Tribunal fédéral peut tenir compte d'office de cette circonstance, en vertu de l' art. 105 al. 1 OJ . Cela étant, dans l'hypothèse où la commandite n'aurait pas été restituée aux commanditaires, la recourante ne pourrait plus s'en prendre à ceux-ci, attendu que le commanditaire n'est tenu envers les créanciers de la société que jusqu'à concurrence de la commandite inscrite sur le registre du commerce ( art. 608 al. 1 CO ), et elle n'aurait, de ce fait, aucun intérêt à la réinscription de la société radiée. A cet égard, la question se pose de savoir si le fait, pour les commanditaires, d'avoir libéré, au moyen de leur commandite, les actions de la nouvelle société anonyme, à laquelle ils ont transféré les actifs et les passifs de la société en commandite dissoute, peut être assimilé à une restitution de la commandite, au sens de l' art. 610 al. 2 CO . L'Office fédéral du registre du commerce y répond implicitement par la négative dans ses observations, au motif qu'il ne serait pas admissible d'exiger des commanditaires qu'ils libèrent une deuxième fois leur commandite. Dans la doctrine, les avis sont partagés: WIELAND (Handelsrecht, p. 767, note de pied 37) soutient la même thèse, mais fait état d'opinions dissidentes. A l'inverse, SIEGWART (Commentaire zurichois, n. 13 ad art. 619 CO ) estime que ce mode de libération des actions souscrites équivaut à une restitution de la commandite aux commanditaires. Quant à MIRELLA BUXBAUM CARONI (Die vermögensrechtliche Stellung des Kommanditärs, thèse Zurich 1987, p. 324, note de pied 75), elle évoque la question sans la trancher. S'agissant de décider uniquement de l'intérêt d'un créancier à la réinscription d'une société en commandite radiée, point n'est besoin d'approfondir cette question. En effet, pour les motifs indiqués ci-après, même s'il fallait se ranger à l'avis de SIEGWART, la recourante ne pourrait pas obtenir la réinscription de la société radiée. BGE 121 III 324 S. 329 bb) La transformation d'une société en commandite en une société anonyme par le transfert de la totalité de l'actif et du passif (y compris les fonds propres de tous les associés) de la première à la seconde constitue un cas de dissolution sans liquidation (cf., mutatis mutandis, la note marginale des art. 748 ss CO pour le cas de la fusion de sociétés anonymes). Elle n'entraîne pas la formation d'une "masse en liquidation" - pour reprendre les termes de l' art. 610 al. 2 CO - qui servirait à désintéresser l'ensemble des créanciers sociaux. Dans la présente espèce, contrairement à ce qui était le cas dans la cause ayant donné lieu à l' ATF 77 II 52 , il n'y a pas non plus de masse en faillite à laquelle la commandite pourrait être remise. Partant, l' art. 610 al. 2 CO ne vise pas le genre de situation spécifique que l'on observe dans le cas particulier. Il y a donc une lacune proprement dite de la loi, qu'il appartient au juge de combler conformément à l' art. 1 al. 2 CC . Il va de soi que rien ne justifie de privilégier le commanditaire qui s'est vu restituer la commandite, du seul fait que la société en commandite dissoute n'a pas été liquidée mais a été reprise par une société anonyme constituée dans ce but. D'un autre côté, il ne serait pas admissible d'instituer une responsabilité illimitée du commanditaire en pareille hypothèse, alors que la loi restreint précisément la responsabilité de cette catégorie d'associés ( art. 608 al. 1 CO ) par opposition à celle des associés indéfiniment responsables. Il faut donc trouver une solution qui tienne compte de cette double exigence. Il en existe une: elle consiste à instituer une solidarité directe, à l'égard des créanciers sociaux, entre le ou les commanditaires (ainsi que le ou les associés indéfiniment responsables) et la société anonyme qui a repris l'actif et le passif de la société en commandite dissoute, tout en limitant la responsabilité solidaire des commanditaires au montant de leur commandite respective. Appelé, par hypothèse, à désintéresser simultanément une pluralité de créanciers sociaux dont les prétentions exigibles dépasseraient le montant de sa commandite, le commanditaire pourra alors payer ces créanciers au marc le franc jusqu'à concurrence de ce montant maximum ou consigner la somme correspondante ( art. 168 CO ). Il résulte de ce qui précède que la recourante n'aurait aucun intérêt à la réinscription de la société en commandite radiée, même s'il fallait considérer l'apport des fonds propres des commanditaires à la société anonyme nouvellement constituée comme une restitution de la commandite aux commanditaires. Dans ces conditions, c'est à bon droit que le Département a BGE 121 III 324 S. 330 refusé d'ordonner la réinscription de la société radiée. 4. La recourante, qui succombe, devra supporter les frais de la présente procédure ( art. 156 al. 1 OJ ). Elle devra en outre verser des dépens à l'intimé E. qui a conclu à juste titre au rejet du recours. En revanche, les deux autres intimés, qui ne se sont pas déterminés sur celui-ci, n'ont pas droit à des dépens.
null
nan
fr
1,995
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
1016bb20-5bbc-47ea-80c8-9c6dc0b1a335
Urteilskopf 99 Ia 459 56. Urteil vom 17. Oktober 1973 i.S. Ackermann und Konsorten gegen Gemeinderat Entlebuch und Regierungsrat des Kantons Luzern.
Regeste Art. 4 BV . Handänderungssteuer; Verkauf von Aktien; wirtschaftliche Betrachtungsweise. Der Verkauf der Gesamtheit oder überwiegenden Mehrheit der Aktien einer Immobiliengesellschaft kann ohne Verletzung von Art. 4 BV in wirtschaftlicher Betrachtungsweise dem Verkauf der der AG gehörenden Grundstücke gleichgestellt und damit der Handänderungssteuer unterworfen werden. Hingegen ist es, jedenfalls aufgrund der luzernischen Gesetzgebung, mit Art. 4 BV nicht vereinbar, auch den Übergang der Mehrheitsbeteiligung an Betriebsgesellschaften in bezug auf die im Eigentum der Gesellschaft befindlichen Grundstücke der Handänderungssteuer zu unterstellen.
Sachverhalt ab Seite 459 BGE 99 Ia 459 S. 459 Aus dem Sachverhalt: A.- § 1 des luzernischen Gesetzes betreffend die Handänderungsgebühren vom 30. November 1897 (HGG) lautet: "Wenn eine Liegenschaft an einen neuen Eigentümer übergeht, sei es durch Kauf, Tausch, Erbschaft oder Schenkung, so ist von der Kaufs- oder Schatzungssumme (...) eine Handänderungsgebühr zu entrichten." BGE 99 Ia 459 S. 460 Die Gebühr beträgt 1,5% des Kaufpreises bzw. der Katasterschatzung und fällt zu gleichen Teilen an den Staat und an die Einwohnergemeinde (§ 2, rev. Fassung vom 11. Mai 1954). In der Regel berechnet sich die Gebühr nach der "ganzen Kaufsumme" (§ 5). Erreicht jedoch bei einem freiwilligen Verkaufe einer Liegenschaft die Kaufsumme die Katasterschatzung nicht, so ist die Gebühr von der letzteren zu berechnen; das gleiche gilt bei Handänderungen, welche auf Grund einer Schenkung oder eines ähnlichen Rechtstitels erfolgen (§ 6). Sofern im Kaufvertrag nichts anderes bestimmt ist, ist die Gebühr vom Käufer und Verkäufer zu gleichen Teilen, jedoch unter solidarischer Haftbarkeit, zu bezahlen (§ 8 Abs. 1). B.- Die Firma Gebr. Ackermann AG in Entlebuch ist ein Textilversandgeschäft. Der Bilanzwert der gesamten Aktiven belief sich am 30. Juni 1971 auf rund 29 Millionen Franken. Davon entfielen rund 11 Millionen Franken auf Grundstücke, Gebäude, Baukonten und Akontozahlungen für Bauten. Die Gebr. Ackermann AG lässt die von ihr benötigten Textilwaren von einer eigenen Gesellschaft, der Stoff AG in Entlebuch, einkaufen. In der Bilanz der Stoff AG per 30. Juni 1971 beliefen sich die Aktiven auf rund 6 Millionen Franken, wovon rund 2 Millionen Franken auf Immobilien entfielen. Die den beiden Gesellschaften zu Eigentum gehörenden elf Grundstücke wiesen im November 1971 einen Katasterwert von insgesamt Fr. 15 914 300.-- auf. Im Januar 1972 wurde bekannt, dass die beiden Hauptaktionäre der Gebr. Ackermann AG und der Stoff AG, Karl und Alfred Ackermann in Entlebuch, ihre Aktien veräussert hatten. Es handelte sich dabei um die überwiegende Mehrheit des Aktienbesitzes, d.h. 98,4% der Gebr. Ackermann AG und 100% der Stoff AG. Der Gemeinderat von Entlebuch machte mit Schreiben vom 15. Februar 1972 die Gebr. Ackermann AG darauf aufmerksam, dass die Übertragung der Aktienmehrheit von Betriebsgesellschaften die Handänderungssteuerpflicht auslöse, soweit damit ein Wechsel in der wirtschaftlichen Verfügungsgewalt über die der Gesellschaft gehörenden Grundstücke eingetreten sei. Gleichzeitig wurden die Gebr. Ackermann AG und Alfred Ackermann aufgefordert, die notwendigen Unterlagen für die Steuerveranlagung einzureichen, insbesondere auch die Übernahmebilanzen der beiden Gesellschaften. Als die verlangten BGE 99 Ia 459 S. 461 Angaben innert der gesetzten Frist nicht gemacht wurden, veranlagte der Gemeinderat am 23. Mai 1972 die Handänderungssteuer. Auf Grund des Katasterwerts der Liegenschaften der beiden Gesellschaften im Betrag von Fr. 15 914 300.-- wurde eine Steuer von Fr. 238 714.50 errechnet. Sie wurde zur Hälfte den Gebrüdern Karl und Alfred Ackermann als Verkäufern, zur Hälfte den beiden Firmen Gebr. Ackermann AG und Stoff AG an Stelle der unbekannten Käuferschaft überbunden. C.- Gegen diese Veranlagung erhoben die Gebrüder Ackermann sowie die genannten beiden Aktiengesellschaften Rekurs beim Regierungsrat des Kantons Luzern. Sie machten im wesentlichen geltend, eine Besteuerung auf Grund wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei nur zulässig, wenn der Aktienbesitz einer Immobiliengesellschaft übertragen werde. Das treffe hier nicht zu. Von den drei Käufern, welche die Aktien von den Gebrüdern Ackermann übernommen hätten, besitze keiner für sich die Aktienmehrheit. Auch aus diesem Grund könne nicht angenommen werden, wirtschaftlich habe das Verfügungsrecht über die Grundstücke der Gesellschaften gewechselt. 1966 seien in einem andern Fall sämtliche Aktien einer Skilift- und Sesselbahn-AG übertragen worden, ohne dass eine Handänderungssteuer bezogen worden wäre, weshalb es eine rechtsungleiche Behandlung darstelle, im zu beurteilenden Fall die Steuer zu erheben. Es sei auch unrichtig, bei der Besteuerung die beiden Gesellschaften als Käuferinnen zu behandeln. Sie seien nicht Vertragsparteien, sondern Gegenstand des Veräusserungsgeschäfts. Der Regierungsrat des Kantons Luzern wies die Beschwerde am 7. Mai 1973 ab, wobei er zur Begründung u.a. ausführt: Der im HGG verwendete Ausdruck "Handänderung" erfasse nicht nur den zivilrechtlichen Eigentumsübergang, sondern ganz allgemein die rechtsgeschäftliche Verschiebung von Grundeigentum. Es lasse sich daher nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ohne Willkür folgern, dass das HGG den wirtschaftlichen und nicht den formellen Eigentumsübergang oder aber beides treffen wolle. In Lehre und Praxis werde überwiegend die Ansicht vertreten, die Übertragung von Beteiligungsrechten begründe nur dann eine Handänderungssteuerpflicht, wenn es sich um Immobiliengesellschaften handle. Gehe man aber vom Grundsatz aus, dass das HGG den wirtschaftlichen und nicht nur den formellen Eigentumsübergang oder BGE 99 Ia 459 S. 462 aber beides treffen wolle, so sei nicht einzusehen, weshalb die wirtschaftliche Betrachtungsweise auf die Übertragung von Aktien oder Anteilsrechten an Immobiliengesellschaften beschränkt werden solle. Es sei unbestritten, dass die Gebrüder Ackermann im November 1971 98,4% der Aktien der Gebr. Ackermann AG und 100% der Aktien der Stoff AG an ein derzeit noch unbekanntes Konsortium veräussert hätten. Mit dem Erwerb der überwiegenden Aktienmehrheit dieser beiden Gesellschaften habe sich das Konsortium die einem Grundeigentümer zukommende tatsächliche und rechtliche Verfügungsgewalt über die den Gesellschaften gehörenden Grundstücke verschafft. Der Tatbestand der wirtschaftlichen Handänderung sei damit erfüllt. Eine rechtsungleiche Behandlung liege nicht vor, da der Übergang von Anteilsrechten an Betriebsgesellschaften erstmals im Jahre 1968 der Handänderungssteuer unterstellt und diese Praxis seither beibehalten worden sei. Da der Steuerbehörde die Namen der Erwerber der Aktien nicht angegeben worden seien, habe der Gemeinderat zu Recht die Hälfte der Steuer den beiden Aktiengesellschaften als Stellvertretern des Käuferkonsortiums überbunden. D.- Gegen den Entscheid des Regierungsrats vom 7. Mai 1973 haben Alfred und Karl Ackermann sowie die Gebr. Ackermann AG und die Stoff AG mit gemeinsamer Eingabe gestützt auf Art. 4 BV staatsrechtliche Beschwerde erhoben, mit der sie die Gutheissung des an den Regierungsrat gerichteten Rekurses verlangen. Die Begründung der Beschwerde ergibt sich, soweit nötig, aus den folgenden Erwägungen. E.- Der Regierungsrat des Kantons Luzern und der Gemeinderat von Entlebuch beantragen Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Prozessuales.) 2. Karl und Alfred Ackermann haben fast sämtliche Aktien (98,4%) der Gebr. Ackermann AG und die Gesamtheit der Aktien der Stoff AG an ein aus drei Personen bestehendes Konsortium verkauft. Die Grundstücke, die den beiden Aktiengesellschaften gehören, sind damit nicht auf einen andern Eigentümer übergegangen. Zivilrechtlich sind die Eigentumsverhältnisse nach wie vor dieselben. Der Regierungsrat hat indessen angenommen, wirtschaftlich sei das Eigentum an den BGE 99 Ia 459 S. 463 Grundstücken von den beiden Brüdern Ackermann auf die drei Personen des Käuferkonsortiums übergegangen. In wirtschaftlicher Betrachtungsweise erblickte er im Übergang der Aktien eine Handänderung hinsichtlich der Grundstücke. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die von den Beteiligten gewählte Gestaltung der zivilrechtlichen Verhältnisse für die Besteuerung nicht ohne weiteres massgebend. Vielmehr darfunter bestimmten Voraussetzungen auf den wirtschaftlichen Sachverhalt abgestellt werden. Unter dem Gesichtspunkt des in Art. 4 BV verankerten Willkürverbotes ist nur erforderlich, dass für eine sogenannte wirtschaftliche Betrachtungsweise triftige sachliche Gründe bestehen; hingegen wird dort, wo dem Bundesgericht freie Prüfung zusteht, d.h. bei Doppelbesteuerungskonflikten und Streitigkeiten über bundesrechtliche Abgaben, die wirtschaftliche Betrachtungsweise beschränkt auf Fälle, in denen die Gestaltung der zivilrechtlichen Verhältnisse ungewöhnlich, sachwidrig oder absonderlich ist und lediglich der Steuerumgehung dient ( BGE 98 Ib 323 , BGE 96 I 118 , BGE 95 I 143 , BGE 94 I 595 , BGE 93 I 691 , BGE 90 I 221 mit Hinweisen auf frühere Urteile). Die Anwendung dieser Grundsätze durch das Bundesgericht war wohl nicht immer ganz folgerichtig. Es hat die Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betrachtungsweise gelegentlich auch unter dem Gesichtswinkel des Art. 4 BV davon abhängig gemacht, dass die gewählte Rechtsgestaltung als den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen erscheine und angenommen werden müsse, sie sei missbräuchlich und nur deshalb gewählt worden, um die bei sachgemässer Ordnung der Verhältnisse getroffenen Steuern einzusparen (ASA 27 S. 190; vgl. dazu ARIOLI, Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betrachtungsweise nach Art. 4 BV , ASA 34 S. 81 ff, insbesondere S. 87). - Wie in der Rechtslehre mit Grund ausgeführt wurde, ist es auch im Rahmen von Willkürbeschwerden angebracht, je nach dem anwendbaren kantonalen Gesetz die Grenzen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise enger oder weiter zu ziehen (ARIOLI, a.a.O. S. 92; im gleichen Sinn auch das in ASA 27 S. 188 ff. veröffentlichte Bundesgerichtsurteil, E. 4). Eine gewisse Zurückhaltung ist am Platz, weil die Besteuerung auf Grund rein wirtschaftlicher Betrachtung im allgemeinen den Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Steuer beeinträchtigt. Der sogenannte Durchgriff bei Aktiengesellschaften, der dazu führt, dass steuerlich die Existenz der Gesellschaften ganz oder teilweise BGE 99 Ia 459 S. 464 unbeachtet bleibt, darf nur vorgenommen werden, wenn gewichtige Gründe ein solches Vorgehen nahelegen (vgl. nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 20. Dezember 1972 i.S. Müller, E. 2). 3. a) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann in wirtschaftlicher Betrachtungsweise ein der Gewinn- oder Handänderungssteuer unterliegender Eigentumsübergang angenommen werden, wenn die Gesamtheit oder die überwiegende Mehrheit der Aktien einer Immobiliengesellschaft veräussert wird ( BGE 98 Ia 92 f., BGE 91 I 471 , BGE 85 I 101 /2, BGE 79 I 19 ff., BGE 75 I 302 f., ASA 33 S. 347 E. 2). Man mag den Begriff der Immobiliengesellschaft etwas enger oder weiter fassen (vgl. dazu REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER, Komm. zum zürcherischen StG, Bd. IV N 63 zu § 161), in jedem Fall ist es klar, dass weder die Gebr. Ackermann AG noch die Stoff AG zu dieser Art von Gesellschaften gehört. Das ergibt sich nicht nur aus dem Zweck der beiden Gesellschaften, sondern auch daraus, dass die Immobilien bei beiden Firmen nur rund einen Drittel aller Gesellschaftsaktiven ausmachen. Beide Aktiengesellschaften sind unbestrittenermassen nicht Immobilien-, sondern ausgesprochene Betriebsgesellschaften, und es stellt sich die Frage, ob die erwähnte bundesgerichtliche Rechtsprechung, die sich bis jetzt nur auf Immobiliengesellschaften bezog, hinsichtlich der streitigen Handänderungssteuer auch auf Betriebsgesellschaften auszudehnen ist. b) Nach § 1 HGG ist eine Handänderungsgebühr zu entrichten, wenn eine Liegenschaft "an einen neuen Eigentümer übergeht". Während andere kantonale Steuergesetze den Handänderungen an Grundstücken ausdrücklich die Rechtsgeschäfte gleichstellen, die bezüglich der Verfügungsgewalt über Grundstücke tatsächlich und wirtschaftlich wie Handänderungen wirken (vgl. § 161 Abs. 1 lit. a des Zürcher StG, § 81 Abs. 2 lit. a des Berner StG und § 16 Abs. 1 II Ziff. 2 des Berner Amtsschreibereigesetzes), enthält das luzernische HGG keine entsprechende Norm. Das bedeutet nicht, dass deswegen die wirtschaftliche Betrachtungsweise ausgeschlossen wäre. Die Meinung ZUPPINGERS, die Besteuerung der wirtschaftlichen Handänderung sei ohne gesetzliche Vorschrift überhaupt nur zulässig, wenn eine Steuerumgehung vorliege (Steuerrevue 1969 S. 467), ist an sich überzeugend, doch ist daran festzuhalten, dass unter dem Gesichtspunkt des Art. 4 BV die wirtschaftliche BGE 99 Ia 459 S. 465 Betrachtungsweise auch in Fällen erlaubt sein kann, in denen die Absicht einer Steuerumgehung fehlt. Das Bundesgericht hat denn auch schon wiederholt die Ansicht, § 1 des luzernischen HGG erfasse auch die wirtschaftliche Handänderung, als vor Art. 4 BV haltbar bezeichnet (nicht veröffentlichte Urteile vom 2. Juli 1945 i.S. Müller und Gaegauf, vom 29. Juni 1960 i.S. Willimann, vom 16. Juni 1965 i.S. Dali). Freilich kann der in einzelnen Bundesgerichtsurteilen enthaltenen Erwägung, der im HGG verwendete Ausdruck "Handänderung" bezeichne nicht nur den zivilrechtlichen Eigentumsübergang, sondern auch ganz allgemein die rechtsgeschäftliche Verschiebung von Grundeigentumswerten, bei erneuter Betrachtung kein Gewicht beigemessen werden. Der Steuertatbestand ist in § 1 HGG umschrieben, und nach dieser Umschreibung ist die Steuer zu entrichten, "wenn eine Liegenschaft an einen neuen Eigentümer übergeht", womit klarerweise der Eigentumsübergang im Rechtssinn bezeichnet ist. Trotzdem ist es nach dem Gesagten nicht ausgeschlossen, mit der Handänderungssteuer auch Fälle zu erfassen, die wirtschaftlich einer Handänderung gleichkommen. Die Konzeption des Gesetzes, das auf die rechtliche Gestaltung abstellt und die wirtschaftliche Betrachtungsweise im Gegensatz zu andern Steuergesetzen nicht ausdrücklich zulässt, zwingt in diesem Bereich indessen zur Zurückhaltung; denn es versteht sich, dass ein Steuergesetz, welches die wirtschaftliche Betrachtungsweise ausdrücklich vorsieht, der kantonalen Steuerbehörde einen weitern Spielraum einräumt, als es das luzernische HGG tut. c) Es darf auch nicht unbeachtet bleiben, aus welchem Grund die Praxis der Steuerbehörden eingeführt wurde, wonach die Handänderungssteuer trotz gleichbleibender Verhältnisse im zivilrechtlichen Grundeigentum zu erheben ist, wenn die Gesamtheit oder überwiegende Mehrheit der Aktien einer Immobiliengesellschaft die Hand wechselt. Privatpersonen, die Eigentümer von Liegenschaften waren und diese zu veräussern gedachten, gründeten seinerzeit in zunehmendem Mass Aktiengesellschaften, auf welche sie die Liegenschaften übertrugen. Das geschah aus dem einzigen oder hauptsächlichen Grund, um später die mit einer Handänderung verbundenen Steuern zu ersparen. Um diesen Manövern einen Riegel zu schieben, rechtfertigte es sich, in wirtschaftlicher Betrachtung den Übergang des Aktienbesitzes dem Eigentumsübergang gleichzustellen, BGE 99 Ia 459 S. 466 weil die Immobiliengesellschaft im allgemeinen mehr nur die Form darstellt, unter welcher die Beteiligten ihren Grundbesitz ausüben, und das Interesse der Aktionäre mehr auf den wirtschaftlichen Liegenschaftenbesitz als auf die Aktie als Wertpapier gerichtet ist (GRAF, ZBl 34, S. 347). Das Bundesgericht hat es mit Grund als sachlich gerechtfertigt bezeichnet, die Abgabepflicht auf die Übertragung von Aktien einer Immobiliengesellschaft zu beschränken und bei Erwerbsgesellschaften mit vielleicht bedeutenderem kapitalmässigen Liegenschaftsbesitz keine Steuer zu erheben (Urteil vom 19. September 1956 i.S. Konsumgenossenschaft Bern, publ. in MBVR 55, 1957, S. 153 ff., E. 3 c). Zur Begründung führte das Bundesgericht aus, wenn der Zweck einer Gesellschaft zur Hauptsache im Erwerb, in der Verwaltung und dem Wiederverkauf von Grundstücken bestehe, dann erfülle die Veräusserung der Gesellschaftsanteile wirtschaftlich die gleiche Funktion wie die Übertragung des Eigentums an den Liegenschaften. Der Käufer erlange dadurch die Verfügungsmacht über das Gesellschaftsvermögen, und da dieses zur Hauptsache aus Grundstücken bestehe, erschöpfe sich wirtschaftlich der Vorgang im wesentlichen darin, dass dem Erwerber eine Stellung wie diejenige eines Eigentümers der betreffenden Grundstücke verschafft werde. Anders verhalte es sich hingegen beim Verkauf der Aktien einer Erwerbsgesellschaft. Dessen Wirkungen erschöpften sich nicht in der Übertragung der Verfügungsmacht über die im Eigentum der Gesellschaft befindlichen Grundstücke; diese Verfügungsmacht sei lediglich ein Ausfluss der viel weitergehenden Beherrschung des gesamten Unternehmens, die der Käufer mit dem Erwerb der Aktien erlange. - Der Grund, der es als gerechtfertigt erscheinen lässt, den Übergang der Aktien jenem des Grundeigentums gleichzustellen, fehlt somit dann, wenn die Aktien einer Betriebsgesellschaft veräussert werden. Bei der Übertragung der Aktien der Gebr. Ackermann AG und der Stoff AG ging es nicht darum, wirtschaftlich Grundstücke auf einen neuen Eigentümer zu übertragen; vielmehr wurde das ganze Unternehmen aufgekauft, wobei die Grundstücke nur den geringeren Teil der Gesellschaftsaktiven ausmachten. Anders als durch Übertragung des Aktienbesitzes konnte die Übernahme des Unternehmens im übrigen kaum ohne Schwierigkeiten bewerkstelligt werden; auf jeden Fall kann von einer irgendwie missbräuchlichen Rechtsgestaltung nicht die Rede sein. Nur BGE 99 Ia 459 S. 467 wenn ein Rechtsgeschäft wirtschaftlich der Übertragung von Grund und Boden gleichkommt und sich darin erschöpft, d.h. nur bei Übertragung des Aktienbesitzes an Immobiliengesellschaften, lässt es sich mit triftigen Gründen rechtfertigen, den Übergang der Aktien steuerlich wie den Übergang des Eigentums an Grundstücken zu behandeln, während solche gewichtigen Gründe fehlen, wenn eine Betriebsgesellschaft, die Eigentümerin von Grundstücken ist, durch Übertragung der Aktien in andere Hände übergeht. d) Soweit zu ersehen, wird denn auch in der Rechtslehre entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts die Ansicht vertreten, die Übertragung des Aktienbesitzes könne steuerlich nur bei Immobiliengesellschaften dem Übergang des Eigentums an den der Gesellschaft gehörenden Grundstücken gleichgestellt werden (BLUMENSTEIN, System des Steuerrechts, 3. A., S. 168; ZUPPINGER, Die wirtschaftliche Handänderung im Steuerrecht, Steuerrevue 1969 S. 455 ff., insbesondere S. 471/2 mit weitern Literaturhinweisen; GRAF, Luzernische Handänderungsgebühren nach Gesetz und Praxis, Diss. Fribourg 1945, S. 49 ff.; GUHL, Die Spezialbesteuerung der Grundstückgewinne in der Schweiz, Diss. Zürich 1953, S. 101; SCHUBIGER, Das zürcherische Grundstückgewinn- und Handänderungssteuerrecht, Diss. Zürich 1942, S. 49; MEIER, Die bernischen Handänderungs- und Pfandrechtsabgaben, Diss. Bern 1946, S. 88 ff.; GRAF, ZBl 39, S. 347/8 und 34 S. 346). Nach § 161 des zürcherischen Steuergesetzes sind, wie ausgeführt, den Handänderungen an Grundstücken Rechtsgeschäfte gleichgestellt, die bezüglich der Verfügungsgewalt über Grundstücke tatsächlich und wirtschaftlich wie Handänderungen wirken. Obschon das Steuergesetz solchermassen die wirtschaftliche Betrachtung ausdrücklich zulässt, steht auch die zürcherische Rechtslehre in Übereinstimmung mit der Praxis auf dem Standpunkt, die Steuer dürfe nur bei Übertragung von Beteiligungen an reinen Immobiliengesellschaften erhoben werden (REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER N 62 zu § 161 StG ). Umso mehr muss das bei Anwendung eines kantonalen Steuergesetzes gelten, das wie das luzernische die wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht ausdrücklich vorsieht. In der schweizerischen Rechtslehre scheint einzig IRENE BLUMENSTEIN die unterschiedliche steuerliche Behandlung des Aktienübergangs bei Immobiliengesellschaften einerseits und BGE 99 Ia 459 S. 468 Betriebsgesellschaften anderseits nicht für überzeugend zu halten (ASA 30 S. 221 ff.). Ihre Ausführungen beziehen sich aber nur auf Steuergesetze, die hinsichtlich des Begriffes der Handänderung durch eine Generalklausel die wirtschaftliche Betrachtungsweise ausdrücklich zulassen. Demgegenüber enthält das luzernische Gesetz keine solche Generalklausel, deren Tragweite auszulegen wäre. Zudem verkennt Irene Blumenstein doch wohl, dass bei der Übertragung des Aktienbesitzes einer Immobiliengesellschaft das Rechtsgeschäft praktisch einem Grundstückkauf gleichkommt und sich darin erschöpft, während beim Übergang des Aktienbesitzes einer Betriebsgesellschaft der Aktienkäufer die viel weitergehende Beherrschung des gesamten Unternehmens erlangt, wobei die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Grundstücke der Gesellschaft nur ein Ausfluss dieser das Unternehmen beherrschenden Stellung ist (MBVR 55 S. 160), der Aktienerwerb somit nicht mehr einem blossen Grundstückkauf gleichgestellt und steuerlich wie dieser behandelt werden kann. Würde man entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts den Grundsatz aufgeben, dass nur Rechtsgeschäfte, die wirtschaftlich einem Grundstückkauf gleichkommen und deren Wirkung sich darin erschöpft, steuerlich wie ein Eigentumsübergang an Grundstücken behandelt werden dürfen, so wäre es auch kaum mehr folgerichtig, das weitere Prinzip aufrechtzuerhalten, wonach die Besteuerung nur erfolgen darf, wenn die gesamte oder die überwiegende Mehrheit der Aktien übertragen wird ( BGE 85 I 102 ); denn es lässt sich die Ansicht vertreten, auch ein Kleinaktionär erwerbe mit dem Kauf einer einzigen Aktie oder einiger weniger solcher Papiere wirtschaftlich irgendwie einen Anteil am Grundbesitz der Gesellschaft. Solche Geschäfte, die mit dem Erwerb von Grundstücken im allgemeinen praktisch nichts zu tun haben, ohne gesetzliche Grundlage der Handänderungssteuer zu unterstellen, ginge klarerweise nicht an. Das zeigt, dass der Rahmen, in welchem die wirtschaftliche Betrachtung zulässig ist, nicht überspannt werden darf. 4. Die vorstehenden Erwägungen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Das luzernische HGG sieht die Besteuerung auf Grund wirtschaftlicher Betrachtung im Gegensatz zu andern kantonalen Steuergesetzen nicht ausdrücklich vor; schon deshalb ist Zurückhaltung geboten. Wollte man der Auffassung BGE 99 Ia 459 S. 469 des Regierungsrates folgen, so käme man zum völlig ungereimten Ergebnis, dass nach luzernischem Recht in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Aktienübergang auch bei Betriebsgesellschaften besteuert werden dürfte, während dies nach bernischem Recht, das die wirtschaftliche Betrachtungsweise ausdrücklich vorsieht, nicht zulässig wäre, weil nach Art. 81 Abs. 2 lit. a StG der Veräusserung von Grundstücken nur die "Veräusserung der Mehrheitsbeteiligung an einer Immobiliengesellschaft oder -genossenschaft gleichgestellt ist". - Es lässt sich nur dann mit triftigen sachlichen Gründen rechtfertigen, den Übergang der Gesamtheit oder der überwiegenden Mehrheit der Aktien der Übertragung des Eigentums an Grundstücken der Gesellschaft gleichzustellen, wenn der Aktienübergang wirtschaftlich einem Grundstückkauf gleichkommt und seine Wirkung sich darin erschöpft. Das ist entsprechend der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung nur bei Immobiliengesellschaften der Fall, es wäre denn, dass aussergewöhnliche Verhältnisse, wie sie hier nicht vorliegen (z.B. Absicht der Steuerumgehung), ausnahmsweise auch die Besteuerung des Aktienübergangs von Betriebsgesellschaften zu rechtfertigen vermöchten. Es bestehen keine gewichtigen Gründe, die es zulassen würden, den Übergang der Aktien der Gebr. Ackermann AG und der Stoff AG steuerlich wie eine zivilrechtliche Übertragung des Eigentums an den Grundstücken dieser Gesellschaften zu behandeln, da das Rechtsgeschäft nicht einem Grundstückkauf gleichkommt, sondern die Übernahme zweier Unternehmen zum Gegenstand hat, deren Aktiven nur zu einem geringen Teil in Grundstücken bestehen. Der angefochtene Entscheid ist demnach vor Art. 4 BV nicht haltbar und aufzuheben. Damit erübrigt es sich, auf die weitern Rügen der Beschwerdeführer einzugehen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf eingetreten werden kann, und der Entscheid des Regierungsrats des Kantons Luzern vom 7. Mai 1973 aufgehoben.
public_law
nan
de
1,973
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
101a0ce2-daa1-4e47-a72f-6a6b2ca858a2
Urteilskopf 103 Ib 184 30. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 2. September 1977 i.S. Wolf gegen Schweizerische Bundesanwaltschaft
Regeste Art. 40 StGB , Art. 242 BStP . Hafterstehungsunfähigkeit führt nicht zwingend zur Unterbrechung des Strafvollzuges.
Sachverhalt ab Seite 184 BGE 103 Ib 184 S. 184 Das Bundesstrafgericht verurteilte Gisela Wolf am 21. Juni 1975 wegen verbotenen Nachrichtendienstes zu sieben Jahren Zuchthaus und 15 Jahren Landesverweisung. Wegen einer während des Strafvollzuges aufgetretenen schweren Depression wurde Frau Wolf von der Strafanstalt Hindelbank in die Psychiatrische Klinik Münsingen verlegt. Überraschend festgestellte Anzeichen von Krebs machten am 9. Mai 1977 eine schwere Operation nötig. Sie fand sich nach durchgeführter erster Hälfte der anschliessenden Strahlenbehandlung nicht bereit, sich auch der erforderlichen Oberflächenbestrahlung noch zu unterziehen. Nach einem bei Prof. Hartmann eingeholten Gutachten vom 19. Juli 1977 ist Frau Wolf derzeit hafterstehungsunfähig. Sie bedürfe vorerst der Erholung in einem Heim mit der Möglichkeit zu ausgedehnten Spaziergängen und viel frischer Luft; sie müsse geschont, psychisch aufgerichtet, unterstützt werden und benötige dauernd Zuspruch und Geborgenheit. Frau Wolf, die bereits am 15. Juni 1977 darum nachgesucht hatte, liess am 28. Juli 1977 durch ihren Rechtsbeistand ein Gesuch um Unterbrechung des Strafvollzugs einreichen. Die Schweizerische Bundesanwaltschaft wies dieses Gesuch am 29. Juli 1977 einstweilen ab. Die Möglichkeit, Frau Wolf BGE 103 Ib 184 S. 185 in der Hochgebirgsklinik Davos-Clavadel unterzubringen, genüge sowohl den Anforderungen des bundesgerichtlichen Urteils sowie des Gutachtens von Prof. Hartmann, und den Sicherheitsbedürfnissen könne mit ausgebildeten, mit Frau Wolf in gutem Einvernehmen stehenden Polizeiassistentinnen Rechnung getragen werden. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, dem der Vollzug des bundesgerichtlichen Urteils obliegt, verfügte am 2. August 1977 die Versetzung von Frau Wolf aus dem Kantonsspital Zürich nach der Hochgebirgsklinik Davos-Clavadel. Frau Wolf führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Verfügung der Schweizerischen Bundesanwaltschaft. Sie beantragt, diese sei aufzuheben und der Vollzug der gegen sie ausgefällten Freiheitsstrafe zu unterbrechen. Die Schweizerische Bundesanwaltschaft schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Die Beschwerdeführerin macht geltend, eine ärztlich bescheinigte Hafterstehungsunfähigkeit bilde nach Art. 40 StGB und Art. 242 BStP einen zwingenden Grund zur Unterbrechung des Strafvollzuges. Es entspreche weder dem Inhalt noch dem Zweck dieser Vorschriften, die Vollzugsbehörden dazu zu berechtigen oder zu verpflichten, statt den Strafvollzug zu unterbrechen für die Gesundung des Verurteilten zu sorgen, sodass ein Strafvollzugsunterbruch aus gesundheitlichen Gründen praktisch nicht mehr möglich sei. Durch die Einweisung in die Hochgebirgsklinik Davos-Clavadel werde die bei ihr fehlende Hafterstehungsfähigkeit nicht wiederhergestellt. Art. 40 StGB bestimmt in Abs. 1, der Vollzug einer Freiheitsstrafe dürfe nur aus wichtigen Gründen unterbrochen werden, in Abs. 2, der Aufenthalt in einer Heil- oder Pflegeanstalt, in welche der Verurteilte während des Vollzuges verbracht werden müsse, sei grundsätzlich auf die Strafe anzurechnen. Nach Art. 242 BStP wird der Vollzug einer Freiheitsstrafe aufgeschoben oder unterbrochen, wenn der Gesundheitszustand des Verurteilten oder besondere Verhältnisse es erfordern. BGE 103 Ib 184 S. 186 Den fraglichen Bestimmungen ist kein Grundsatz der von der Beschwerdeführerin behaupteten Art zu entnehmen, eine vorhandene Hafterstehungsunfähigkeit müsse zwingend zur Unterbrechung des Strafvollzuges führen. Es ergibt sich aus ihnen vielmehr, dass eine Freiheitsstrafe grundsätzlich ohne Unterbruch zu vollstrecken ist. Der wegen einer während des Strafvollzuges aufgetretenen Erkrankung in eine Heil- oder Pflegeanstalt verbrachte Strafgefangene wird für die Dauer seines dortigen Aufenthaltes regelmässig nicht hafterstehungsfähig, das heisst fähig sein, die Strafe in der bisherigen Weise an sich vollziehen zu lassen. Wenn Art. 40 Abs. 2 StGB vorschreibt, der Aufenthalt in einer solchen Anstalt sei dem Verurteilten grundsätzlich auf die Strafe anzurechnen, so folgt daraus, dass die durch eine solche Erkrankung bewirkte Hafterstehungsunfähigkeit nicht notwendigerweise zu einer Unterbrechung des Strafvollzuges führen muss, also von Gesetzes wegen keinen zwingenden Grund für eine solche bildet. Diese gesetzgeberische Tendenz findet folgerichtig ihren Niederschlag darin, dass der Bundesrat gemäss Art. 397bis Abs. 1 lit. g StGB zum Erlass ergänzender Bestimmungen über den Vollzug von Strafen und Massnahmen an kranken, gebrechlichen und betagten Personen befugt ist, und diese Kompetenz nunmehr auch den Kantonen zusteht (Art. 6 Abs. 1 VStGB). Dass eine vorhandene Hafterstehungsunfähigkeit nicht schlechthin zur Unterbrechung des Strafvollzuges führen soll, ergibt sich auch aus der bisherigen, noch darzustellenden Rechtsprechung des Bundesrates zu Art. 40 StGB . Wenn die zuständige Behörde ohne den Strafvollzug zu unterbrechen für die Gesundheit eines kranken Strafgefangenen sorgt, sei es auch durch Einweisung in eine Heil- oder Pflegeanstalt, statt ihn aus dem Strafvollzug zu entlassen, damit er sich selber um die Wiederherstellung der verlorenen Gesundheit kümmere, so widerspricht das demnach Art. 40 StGB und Art. 242 BStP an sich nicht. Die bei der Beschwerdeführerin festgestellte Hafterstehungsunfähigkeit, die sich als blosse Unfähigkeit darstellt, die Strafe weiterhin in einer Strafanstalt zu verbüssen, muss auch bei Würdigung der konkreten Umstände des Falles nicht zu einer Unterbrechung des Strafvollzuges führen. Dem Gutachten von Prof. Hartmann, das feststellt, die Beschwerdeführerin bedürfe vorerst einer Erholung in einem Heim mit der Möglichkeit BGE 103 Ib 184 S. 187 zu ausgedehnten Spaziergängen und viel frischer Luft, ist nicht zu entnehmen, dass diese nicht fähig wäre, einen solchen Aufenthalt ohne Unterbrechung des Strafvollzuges zu ertragen. So etwas behauptet selbst die Beschwerdeführerin nicht. Es ist ihr allerdings darin beizupflichten, dass durch die Einweisung in die Hochgebirgsklinik Davos-Clavadel die fehlende Hafterstehungsfähigkeit im Sinne der Fähigkeit, die Strafe in einer Strafanstalt zu verbüssen, nicht hergestellt wird. Aber darauf kommt es nicht an. Entscheidend ist vielmehr einzig, ob aus medizinischer Sicht die Fortführung des Strafvollzugs in dieser Klinik als unverantwortbar erscheint. Für einen solchen Schluss liefert das Gutachten, das selber einen Erholungsaufenthalt der Beschwerdeführerin in einem Heim befürwortet, keine Anhaltspunkte.
public_law
nan
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1,977
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
101a6471-a7ad-44d7-8600-f2e3eca2b7c5
Urteilskopf 125 II 238 23. Extrait de l'arrêt de la Ie Cour de droit public du 8 avril 1999 dans la cause Z. et B. contre Chambre d'accusation du canton de Genève (recours de droit administratif)
Regeste Art. 67a IRSG ; unaufgeforderte Übermittlung von Informationen und Beweismitteln. Die unaufgeforderte Übermittlung von Informationen und Beweismitteln gemäss Art. 67a IRSG stellt eine Rechtshilfemassnahme dar (E. 4), welche nicht direkt mit Beschwerde angefochten werden kann (E. 5). Eine richterliche Überprüfung der unaufgeforderten Õbermittlung ist jedoch möglich, soweit die Beschwerde gegen die Schlussverfügung im Rechtshilfeverfahren offen steht, in welchem Auskünfte oder Beweismittel unaufgefordert übermittelt wurden (E. 6a und b). Die unaufgeforderte Übermittlung im Sinne von Art. 67a IRSG - die informell erfolgen kann - muss jedoch in allen Fällen mit einer schriftlichen Mitteilung an die Behörden des ausländischen Staates verbunden werden; eine Kopie dieser Mitteilung sowie das Protokoll gemäss Art. 67a Abs. 6 IRSG müssen in allen Fällen unverzüglich dem Bundesamt für Polizeiwesen als Aufsichtsbehörde übermittelt werden (E. 6c und d). Die Personen, über welche Informationen übermittelt wurden, können diese Mitteilungen weder separat anfechten noch deren Zustellung verlangen (E. 6e).
Sachverhalt ab Seite 239 BGE 125 II 238 S. 239 Le 6 mars 1998, l'Office fédéral de la police a transmis au Juge d'instruction genevois une demande d'entraide judiciaire, datée du 13 janvier 1998, présentée par le Procureur général de la République d'Ukraine pour les besoins d'une procédure pénale ouverte dans cet Etat pour malversation de biens appartenant à l'Etat ou à la collectivité par appropriation ou détournement de pouvoir, délit réprimé par l'art. 84 du Code pénal ukrainien, mis en relation avec les art. 165 et 166 de la même loi. BGE 125 II 238 S. 240 Selon l'exposé des faits joint à la demande, S., avec la complicité de P. et de O., aurait détourné un montant de 890'893 USD dans le cadre de l'exécution d'un contrat liant l'administration de l'Etat requérant à la société suisse G. La demande tendait à l'audition des dirigeants de G., ainsi qu'à la remise de documents relatifs à la transaction litigieuse. La procédure d'exécution de cette demande a été désignée sous la rubrique CP/57/1998. L'Office fédéral a transmis au Juge d'instruction genevois une demande complémentaire, datée du 14 février 1998. Celle-ci indiquait notamment que l'enquête avait permis de révéler que le ressortissant ukrainien K., soupçonné de blanchiment d'argent, était l'ayant droit de G.. La demande complémentaire tendait à la saisie, auprès de la banque A., de documents relatifs au compte noxxxx, ainsi qu'à l'identification et à la saisie de tous autres comptes bancaires ouverts en Suisse aux noms de S., O. et K. Le 6 mars 1998, le Procureur général du canton de Genève a ordonné l'ouverture d'une information pénale en vue de déterminer si des délits de blanchissage ( art. 305bis CP ) ou de défaut de vigilance en matière d'opérations financières ( art. 305ter CP ) avaient été commis à Genève en relation avec les faits mentionnés dans la demande d'entraide ukrainienne. Dans le cadre de cette procédure, désignée sous la rubrique P/2489/98, le Juge d'instruction a ordonné, le 17 mars 1998, la saisie auprès de la banque A. de tous les documents relatifs au compte noxxxx et de tous autres comptes ouverts aux noms de S., de P. et de K. Les investigations conduites par le Juge d'instruction lui ont permis de découvrir l'existence de huit comptes ouverts auprès de la banque A. aux noms des sociétés B., W., E., Z. et C. dont K. est l'ayant droit. Le dossier de la procédure P/2489/98 contient une note du Juge d'instruction, non datée, relatant la visite, le 27 mars 1998, de Dimitro Mykolaiovitch Moltchanov, Juge d'instruction à Kiev. A cette occasion, le Juge d'instruction a confirmé au Juge Moltchanov qu'il était chargé de l'exécution des demandes d'entraide ukrainiennes et qu'une procédure pénale avait été ouverte à Genève à l'encontre de K. La note indique en outre ce qui suit: «En application de l' art. 67a EIMP , le Juge lui a précisé que l'instruction de la procédure genevoise avait permis de saisir des montants importants susceptibles d'être d'origine délictueuse. Il a fourni à M. Moltchanov BGE 125 II 238 S. 241 les références des sociétés offshore au nom desquelles avaient été ouverts auprès de la Banque A. les comptes concernés non mentionnés dans les requêtes d'entraide et dont K. apparaissait comme ayant droit économique: - B. - W. - E. - Z. - B. Le Juge a indiqué à M. Moltchanov que ces informations ne valaient pas officiellement moyens de preuve, mais étaient destinées à permettre aux autorités ukrainiennes de délivrer - si elles le jugeaient utile - une commission rogatoire complémentaire aux fins d'obtenir toutes informations sur ces comptes.» L'Etat requérant a complété sa demande les 7 mars, 31 mars, 7 avril, 21 avril, 30 avril, 13 mai, 21 juillet et 26 juillet 1998. Le 23 novembre 1998, la Chambre d'accusation du canton de Genève a déclaré irrecevable le recours formé par Z. et B. contre la transmission spontanée d'informations du 27 mars 1998. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours de droit administratif formé par Z. et B. contre cette décision. Erwägungen Extrait des considérants: 1. b) La question de savoir si le Juge d'instruction a rédigé sur-le-champ ou seulement un mois plus tard la note (non datée) relatant son entretien du 27 mars 1998 avec le Juge Moltchanov, ne détermine en rien le sort de la présente procédure (cf. ci-dessous consid. 6f). Il n'y a pas lieu de s'y arrêter. 2. a) L'entraide judiciaire entre la Confédération suisse et la République d'Ukraine est régie en premier lieu par la Convention européenne d'entraide judiciaire en matière pénale (CEEJ; RS 0.351.1), conclue à Strasbourg le 20 avril 1959 et entrée en vigueur le 20 mars 1967 pour la Suisse et le 9 juin 1998 pour l'Ukraine. Dans le domaine du blanchiment, le juge d'instruction a agi uniquement sur la base de l' art. 67a EIMP , comme l'indique le compte-rendu de sa communication du 27 mars 1998, la Convention no141 n'étant pas encore entrée en vigueur pour l'Ukraine à cette époque. En outre, la seule question à trancher est celle de l'aménagement des voies de droit en matière de transmission spontanée d'informations; cet examen, touchant à la procédure en Suisse, se fait exclusivement au BGE 125 II 238 S. 242 regard des prescriptions du droit interne (cf. art. 3 al. 1 CEEJ ), soit l'EIMP et l'OEIMP ( art. 12 al. 1 EIMP ). 4. Les recourantes reprochent à la Chambre d'accusation d'avoir violé l' art. 80e EIMP , mis en relation avec l' art. 67a EIMP , en déclarant le recours cantonal irrecevable. La Chambre d'accusation, s'appuyant à cet égard sur les directives de l'Office fédéral de la police (8ème édition, 1998), a considéré que la transmission spontanée de renseignements selon l' art. 67a EIMP n'était pas assimilable à un acte d'entraide ordonné à la demande de l'Etat requérant, mais à une demande suisse présentée à l'étranger; aucune voie de recours ne serait dès lors ouverte contre la transmission spontanée, celle-ci ne constituant en outre ni une décision de clôture au sens de l' art. 80e let. a EIMP , ni une décision incidente au sens de l' art. 80e let. b EIMP . Les recourantes contestent ce point de vue, en soutenant que la transmission spontanée d'informations devrait être assimilée à une décision de clôture de la procédure d'entraide ( art. 80d EIMP ), voire à une décision incidente antérieure, pouvant l'une et l'autre faire l'objet d'un recours au sens de l' art. 80e EIMP . a) L' art. 67a EIMP a la teneur suivante: «1. L'autorité de poursuite pénale peut transmettre spontanément à une autorité étrangère des moyens de preuve qu'elle a recueillis au cours de sa propre enquête, lorsqu'elle estime que cette transmission: a. Est de nature à permettre d'ouvrir une poursuite pénale, ou b. Peut faciliter le déroulement d'une enquête en cours. 2. La transmission prévue au 1er alinéa n'a aucun effet sur la procédure pénale en cours en Suisse. 3. La transmission d'un moyen de preuve à un Etat avec lequel la Suisse n'est pas liée par un accord international requiert l'autorisation de l'office fédéral. 4. Les 1er et 2e alinéas ne s'appliquent pas aux moyens de preuve qui touchent au domaine secret. 5. Des informations touchant au domaine secret peuvent être fournies si elles sont de nature à permettre de présenter une demande d'entraide à la Suisse. 6. Toute transmission spontanée doit figurer dans un procès-verbal.» La transmission spontanée d'informations et de moyens de preuve s'écarte fondamentalement du principe de base de l'entraide internationale en matière pénale, selon lequel l'Etat requis n'agit qu'à la demande de l'Etat requérant (ANDREAS HAFFTER, Internationale BGE 125 II 238 S. 243 Zusammenarbeit in Strafsachen im Spannungsfeld zwischen Denunziation und Verbrechensbekämpfung: Zur Problematik der spontanen Rechsthilfe (Art. 67a IRSG), PJA 1999, p. 116 ss, 117). En transmettant spontanément des renseignements à l'Etat étranger, l'autorité de poursuite pénale sort du rôle passif dans lequel la cantonne la procédure ordinaire de l'entraide en lui permettant d'agir alors même qu'elle n'est pas - ou pas encore - saisie d'une demande étrangère (cf. HAFFTER, op.cit., p. 117; RUDOLF WYSS, Die Revision der Gesetzgebung über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, RSJ 1997, p. 33 ss). Elle peut ainsi envisager une communication spontanée d'informations et de moyens de preuve dès l'instant où elle s'aperçoit, dans le cours de ses investigations, que celles-ci présentent des ramifications internationales ou que les renseignements recueillis seraient de nature à intéresser les autorités pénales d'un Etat étranger. La transmission spontanée d'informations et de moyens de preuve est envisageable comme forme soit complémentaire, soit anticipée, de la coopération internationale en matière pénale. Elle est complémentaire lorsque l'Etat requis, parallèlement à l'exécution de la demande, livre spontanément à l'Etat requérant, en vue de favoriser sa procédure, des renseignements dont la remise n'avait pas spécifiquement été demandée. Elle est anticipée lorsqu'elle appelle la présentation, par l'Etat destinataire, d'une demande d'entraide. Dans les deux cas de figure, le but recherché est d'éviter que des renseignements utiles à une procédure pénale étrangère demeurent inexploités, faute d'avoir été portés à la connaissance des autorités de l'Etat compétent pour réprimer l'infraction découverte à l'étranger (cf. le Rapport explicatif de la Convention no 141, n. 38 et le commentaire de l'art. 10 de cette Convention par Hans G. Nilsson, in: ANDREA DE GUTTRY/FABRIZIO PAGANI (ed), La cooperazione tra gli Stati in materia di confisca dei proventi di reato e lotta al riciclaggio, Milan, 1993, p. 231 ss, 247; PAOLO BERNASCONI, Rogatorie penali italo-svizzere, Milan, 1997, p. 99/100, 252-254; ROBERT ZIMMERMANN, La coopération judiciaire internationale en matière pénale, Berne, 1999, no 237/238). b) Quelle que soit sa forme, la transmission spontanée d'informations et de moyens de preuve constitue désormais l'un des moyens admissibles de l'entraide prêtée par la Suisse à l'étranger. A cet effet, l' art. 67a EIMP a été inséré dans la troisième partie de la loi régissant les «autres actes d'entraide», c'est-à-dire l'entraide au sens strict ou, selon l'ancienne terminologie, la «petite entraide» ou l'«entraide accessoire». De même, l'art. 10 de la Convention no141 fait partie BGE 125 II 238 S. 244 de la section 2 du chapitre III de cette Convention, consacrée à l'«entraide aux fins d'investigations». Voir dans la transmission spontanée d'informations et de moyens de preuve une forme de demande suisse à l'étranger, comme le fait l'Office fédéral (Directives relatives à l'entraide judiciaire internationale en matière pénale, 8ème éd. 1998, ch. 1.2.5) et, à sa suite, la Chambre d'accusation, procède d'une erreur de perspective: le but principal de la transmission spontanée d'informations et de moyens de preuve est de favoriser le développement de la procédure pénale à l'étranger; elle sert au premier chef les intérêts de l'Etat destinataire des renseignements communiqués. En donnant spontanément des informations, la Suisse agit à l'instar d'un Etat requis, à cette différence près qu'elle est ou bien pas encore saisie d'une demande étrangère, ou bien - comme en l'espèce - saisie d'une demande ne visant pas spécifiquement les informations à remettre spontanément. Sous ce dernier aspect, contrairement à ce que soutiennent les recourantes en jouant sur le sens du mot «spontané», le dépôt antérieur d'une demande d'entraide n'exclut pas ipso facto la possibilité d'une transmission spontanée ultérieure d'informations aux autorités de l'Etat requérant. Le Juge d'instruction ne s'est d'ailleurs pas mépris sur le fondement de son intervention, puisqu'il s'est référé expressément à l' art. 67a EIMP . 5. Le point de savoir si la transmission spontanée de moyens de preuve et d'informations au sens de l' art. 67a EIMP peut faire l'objet d'un recours n'est tranché expressément par aucune disposition de la loi, dont le sens et la portée doivent être déterminés par la voie de l'interprétation. a) La loi s'interprète en premier lieu selon sa lettre. Toutefois, si le texte n'est pas absolument clair, si plusieurs interprétations de celui-ci sont possibles, il faut alors rechercher quelle est la véritable portée de la norme, en la dégageant de tous les éléments à considérer, soit notamment les travaux préparatoires, le but et l'esprit de la règle, les valeurs sur lesquelles elle repose, ainsi que sa relation avec d'autres dispositions légales ( ATF 124 II 193 consid. 5a p. 199, 5c p. 200, 241 consid. 3 p. 245/246, 265 consid. 3a p. 268, 373 consid. 5 p. 376; ATF 124 V 185 consid. 3a p. 189; ATF 123 II 595 consid. 4a p. 600/601, et les arrêts cités). Pour rendre la décision répondant de manière optimale au système et au but de la loi, le Tribunal fédéral utilise, de manière pragmatique, une pluralité de méthodes, sans fixer entre elles un ordre de priorité ( ATF 123 II 464 consid. 3a p. 468; ATF 121 III 219 consid. 1d/aa p. 224-226). Les travaux préparatoires ne sont pas BGE 125 II 238 S. 245 à eux seuls déterminants; ils peuvent être utiles pour éclaircir le sens d'une norme imprécise ou se prêtant à plusieurs interprétations plausibles, mais contradictoires. Plus la loi est récente, moins il sera possible de s'écarter de la volonté clairement affirmée du législateur, notamment pour donner à la loi une portée qui lui a été refusée lors des débats parlementaires ( ATF 124 V 185 consid. 3a p. 189/190). b) L' art. 67a EIMP s'inspire directement de l'art. 10 de la Convention no141, à teneur duquel, sans préjudice de ses propres investigations ou procédures, un Etat peut, sans demande préalable, transmettre à un autre Etat des informations sur des «instruments» et des «produits», tels que définis par l'art. 1er de la Convention, lorsqu'il estime que la communication de ces informations pourrait aider l'Etat destinataire à engager ou à mener à bien des investigations ou des procédures, ou lorsque ces informations pourraient aboutir à la présentation d'une demande d'entraide par cet Etat. L' art. 67a EIMP représente l'une des principales innovations de la novelle du 6 octobre 1996 (HAFFTER, op.cit., p. 117; PIERRE-DOMINIQUE SCHUPP, La révision de la loi fédérale sur l'entraide internationale en matière pénale, RPS 1997 p. 180 ss, 194/195). Conformément au principe de faveur (cf. ATF 123 II 134 consid. 1a p. 136; ATF 122 II 140 consid. 2 p. 142, 373 consid. 1a p. 375), l' art. 67a EIMP vise à donner une base légale à la transmission spontanée d'informations et de moyens de preuve par la Suisse à tous les Etats qui ne lui sont pas liés par un traité contenant une norme équivalente. La transmission spontanée d'informations et de moyens de preuve est cependant soumise à des conditions strictes, à peine de voir éludées les règles de l'entraide, spécialement celles protégeant le domaine secret. L' art. 67a EIMP - disposition potestative («Kann-Vorschrift») - doit être utilisé avec réserve; son but n'est pas d'encourager la délation, ni de permettre un flux incontrôlé d'informations vers l'étranger (Message du 29 mars 1995, FF 1995 III p. 1 ss, 25). Le souci de prévenir tout risque d'abus à cet égard, constamment présent à l'esprit du législateur (cf., lors des débats relatifs à la révision de l'EIMP du 6 octobre 1996, les interventions des Conseillers nationaux Sandoz, Schmid, Engler et de Dardel, BO 1995 CN 2638-2640, du Conseiller fédéral Koller, BO 1995 CN 2641, ainsi que celle du Conseiller aux Etats Küchler, BO 1996 CE 229), a amené l'Assemblée fédérale à assortir la transmission spontanée de moyens de preuve (al. 1), d'une série de restrictions. Selon la première, cette mesure ne produit aucun effet sur la procédure pénale en cours en Suisse (al. 2), qu'elle ne paralyse ni ne suspend; selon la deuxième BGE 125 II 238 S. 246 restriction, la transmission de moyens de preuve à un Etat qui n'est pas lié à la Suisse par un accord international est soumis à l'approbation de l'Office fédéral (al. 3); troisièmement, est prohibée la transmission de moyens de preuve touchant au domaine secret (al. 4), celle-ci ne pouvant intervenir que dans le cadre de l'exécution d'une demande d'entraide ordinaire (Message du Conseil fédéral du 29 mars 1995, FF 1995 III p. 1 ss, 25). Est permise en revanche la transmission d'informations touchant au domaine secret, pour autant qu'elle soit de nature à permettre la présentation d'une demande d'entraide à la Suisse (al. 5; l'art. 10 de la Convention no141 ne fait pas cette distinction entre moyens de preuve et informations). La communication de ce type d'informations vise ainsi uniquement à anticiper l'entraide. Enfin, toute transmission doit faire l'objet d'un procès-verbal (al. 6). c) Au cours des débats parlementaires ayant conduit à la révision du 6 octobre 1996, la commission du Conseil national avait proposé d'amender l'al. 1 de l' art. 67a EIMP en vue de limiter la transmission spontanée aux seuls cas graves et de portée internationale (cf. BO 1995 CN 2637 et les interventions des Conseillers nationaux Engler, rapporteur de langue allemande, BO 1995 CN 2639, et de Dardel, rapporteur de langue française, BO 1995 CN 2639/2640), d'une part, et de biffer l'al. 4 de l' art. 67a EIMP proposé par le Conseil fédéral (BO 1995 CN 2637), d'autre part. Le Conseiller national Schmid avait proposé de biffer l'al. 5 de cette disposition (BO 1995 CN 2637, 2638/2639). Quant à Mme Sandoz, elle avait proposé de maintenir les al. 4 et 5 du projet gouvernemental, tout en lui adjoignant un nouvel al. 6 exigeant, pour chaque transmission, l'établissement d'un procès-verbal (BO 1995 CN 2637/2638). Dans un premier temps, la proposition de la commission parlementaire relative à l'al. 1 de l' art. 67a EIMP avait trouvé le soutien du Conseil national (BO 1995 CN 2641), alors que les al. 4 et 5 étaient adoptés dans la version proposée par le Conseil fédéral, et l'al. 6 ajouté selon l'amendement présenté par Mme Sandoz (BO 1995 CN 2642). Le Conseil national a modifié ultérieurement sa position relative à l'art. 67a al. 1, pour adopter en fin de compte le texte présenté initialement sur ce point par le Conseil fédéral (BO 1995 CN 2652). Le Conseil des Etats s'est rallié sans discussion au texte issu des débats du Conseil national (BO 1996 CE 229). d) La loi ne limite pas les moyens de la transmission spontanée au sens de l' art. 67a EIMP . Le législateur a non seulement renoncé à édicter toute prescription de forme dans ce domaine, mais a même BGE 125 II 238 S. 247 envisagé la possibilité de communications les plus informelles - téléphoniques ou verbales (cf. les prises de position du Conseiller national Schmid, BO 1995 CN 2638, et du Conseiller fédéral Koller, BO 1995 CN 2641). D'un autre côté, le législateur a cherché à prévenir, dans toute la mesure du possible, le risque de voir éludées les normes régissant l'entraide par la transmission incontrôlée et informelle de renseignements, en particulier ceux touchant au domaine secret. A cette fin, il a distingué la transmission de moyens de preuve et celle des informations (cf. ci-dessus consid. 5b). A aucun stade des travaux préparatoires, il n'a été fait mention dans ce contexte de la possibilité d'un contrôle judiciaire direct de la transmission spontanée d'informations, ce qui explique que le législateur n'a pas désigné expressément la transmission spontanée comme objet de recours selon l' art. 80e EIMP . Il a ainsi vu en elle un acte d'entraide matériel spécifique, soumis à aucune condition de forme particulière, hormis l'établissement d'un simple procès-verbal pour toute transmission spontanée. L'intervention de Mme Sandoz, à l'origine de l'introduction de l'al. 6 de l' art. 67a EIMP , est éclairante sur ce point: le procès-verbal vise simplement à conserver une «trace» de la transmission (BO 1995 CN 2638/2639). Ce document permet ainsi à l'Office fédéral - outre le cas spécial de l' art. 67a al. 3 EIMP - d'exercer sa fonction de surveillance des autorités d'exécution ( art. 3 OEIMP ; cf. ci-dessous consid. 6c). Si la transmission impliquait le prononcé d'une décision au sens formel - avec toutes les conséquences qui s'ensuivent sous l'angle du droit d'être entendu -, l'établissement d'un procès-verbal constituerait une mesure vide de sens, l'Office fédéral étant partie à la procédure d'entraide soit comme autorité de surveillance, soit comme autorité habilitée à recourir ( art. 80h let. a EIMP ). 6. L'impossibilité de recourir directement contre la transmission spontanée selon l' art. 67a EIMP n'a toutefois pas pour conséquence de priver de toute protection judiciaire les personnes au sujet desquelles des informations ont été transmises spontanément aux autorités étrangères. a) Si la transmission spontanée d'informations a pour effet, comme en l'espèce, d'amener les autorités de l'Etat destinataire à compléter une demande d'entraide préexistante, la personne touchée dispose de la faculté de soulever le grief de la violation de l' art. 67a EIMP dans le cadre d'un éventuel recours formé contre la décision de clôture de l'entraide (cf. par exemple l'arrêt non publié E. du 24 février 1998, consid. 2) - pour autant, naturellement, qu'elle ait BGE 125 II 238 S. 248 qualité pour le faire et puisse se prévaloir à cette fin d'un intérêt digne de protection. En cas de constat de violation de l' art. 67a EIMP dans ce contexte, en raison d'un défaut d'autorisation de l'Office fédéral, ou de la transmission de moyens de preuve touchant au domaine secret, ou encore de l'absence de procès-verbal ( art. 67a al. 3, 4 et 6 EIMP ), l'autorité d'exécution pourrait être invitée à tenter d'obtenir la restitution des pièces communiquées à tort ou, à tout le moins, l'engagement de l'Etat destinataire de ne pas les utiliser dans sa procédure pénale. Une telle démarche serait toutefois superflue s'il apparaissait, après coup, que les conditions de l'entraide étaient de toute manière remplies ou lorsqu'on peut s'attendre, dans un proche avenir, à une décision positive quant à l'octroi de l'entraide (cf. arrêt non publié R. du 7 novembre 1996, consid. 3d/cc). b) Si la transmission spontanée d'informations par l'autorité suisse ne conduit pas à la présentation d'une demande d'entraide de la part de l'Etat destinataire, la personne touchée ne pourra faire valoir aucun intérêt juridique, au sens de l' art. 80h let. b EIMP , justifiant l'intervention du juge suisse de l'entraide. c) En interprétant l' art. 67a EIMP selon la méthode téléologique restrictive (cf. ATF 121 III 219 consid. 1d/aa p. 324-326) - dont l'application est en l'espèce la plus appropriée (cf. l' art. 1 al. 2 et 3 CC ) compte tenu de la clarté des travaux préparatoires et du caractère récent de la loi -, il convient de souligner que si le législateur a voulu faire de la transmission spontanée d'informations un moyen efficace de la coopération internationale en matière pénale, il n'a pas voulu pour autant abandonner les mécanismes traditionnels de l'entraide judiciaire, s'agissant notamment du respect des formes de la procédure et de la protection des droits fondamentaux (consid. 5b-d ci-dessus). Prolongeant selon ce double objectif la volonté du législateur dans un sens qui renforce l'efficacité de la norme, l' art. 67a EIMP doit être compris comme exigeant que la transmission spontanée d'informations doit dans tous les cas faire l'objet d'une communication écrite aux autorités de l'Etat destinataire (dans ce sens aussi: HAFFTER, op.cit., p. 121, et ZIMMERMANN, op.cit., no237 in fine), cette communication devant de surcroît être portée dans tous les cas à la connaissance de l'Office fédéral. Immédiatement et directement averti de toutes les communications spontanées, celui-ci sera en mesure d'exercer effectivement sa tâche de surveillance des autorités d'exécution, fédérales et cantonales ( art. 3 OEIMP ). Si, dans ce cadre, l'Office fédéral devait constater des abus, il lui incomberait d'intervenir auprès de l'autorité concernée. Cette surveillance BGE 125 II 238 S. 249 lui permettra aussi de mesurer précisément - d'un point de vue quantitatif et qualitatif - les effets du nouvel instrument d'entraide prévu par l' art. 67a EIMP . d) Concrètement, l'autorité suisse chargée de la poursuite pénale pourra transmettre spontanément des informations et des moyens de preuve en application de l' art. 67a EIMP - aux conditions fixées par cette norme -, y compris de manière informelle. Elle devra toutefois, à chaque fois, communiquer à l'autorité étrangère une relation écrite des renseignements transmis. L'exigence d'une communication écrite s'impose en vue d'assurer la protection optimale des droits des parties à la procédure étrangère, laquelle doit respecter les principes de procédure fixés par la CEDH et le Pacte ONU II ( art. 2 let. a EIMP ). Ainsi, la personne accusée à l'étranger - ou tout autre partie à cette procédure - pourra, en consultant le dossier pénal contenant la relation écrite de la transmission spontanée, connaître l'origine et le contenu des informations recueillies grâce à la collaboration des autorités suisses. Elle pourra, le cas échéant et selon les formes du droit étranger, s'opposer à l'utilisation de renseignements qui auraient été obtenus de manière illégale. L'autorité suisse communiquant spontanément des informations à l'étranger établira sur-le-champ le procès-verbal visé à l' art. 67a al. 6 EIMP , qu'elle transmettra dans tous les cas à l'Office fédéral avec la copie de la note remise aux autorités étrangères, rendant ainsi visible la mention transmission spontanée. e) Les personnes au sujet desquelles des informations sont transmises spontanément en application de l' art. 67a EIMP - ou de toute autre norme analogue contenue dans un traité - ne sauraient en revanche prétendre pouvoir recourir contre ces communications. Une telle intervention dans la procédure d'entraide irait à l'encontre de la volonté du législateur et du but de la loi. Elle comporterait de surcroît un risque élevé d'abus lorsque, comme en l'espèce, ce n'est pas la personne accusée dans la procédure pénale étrangère qui entend s'opposer à la transmission spontanée, mais des tiers. Il n'est pas davantage nécessaire d'exiger de l'autorité d'exécution communiquant spontanément des renseignements et des moyens de preuve selon l' art. 67a EIMP , qu'elle notifie aux personnes concernées une copie de la communication écrite transmise aux autorités étrangères: une telle mesure irait au-delà de ce qui est nécessaire pour la protection de ces personnes et reviendrait en fin de compte à leur accorder le droit de recourir contre la transmission spontanée, ce que la loi leur a précisément refusé. BGE 125 II 238 S. 250 f) En l'espèce, la Chambre d'accusation n'a pas violé le droit fédéral en estimant que la communication du 27 mars 1998, faite dans le cadre de la procédure P/2489/98, n'était pas attaquable en l'état pour violation de l' art. 67a EIMP . Un tel grief pourrait tout au plus être soulevé à l'appui d'un recours dirigé contre une décision de clôture de la procédure d'entraide désignée sous la rubrique CP/57/98, pour autant que les autres conditions de recevabilité soient remplies. Quant au Juge d'instruction, on ne saurait lui reprocher de n'avoir pas consigné sous une forme écrite les renseignements communiqués oralement le 27 mars 1998, ni transmis le procès-verbal à l'Office fédéral, ces exigences ne lui étant pas opposables à cette époque.
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Federation
10200d23-5244-4c9c-8e2d-5d9cb6be39cb
Urteilskopf 109 Ia 188 37. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 5. Oktober 1983 i.S. Erbengemeinschaft Candrian gegen Gemeinde Flims und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Ausnützungsziffer; anrechenbare Grundstückfläche; Baugesetz der Gemeinde Flims. Liegt ein Grundstück zwar vollständig in der Bauzone, ist es jedoch in zwei Flächen verschiedener Erschliessungsetappen unterteilt, so darf bei der Überbauung der Fläche in der Erschliessungsetappe I die in der Erschliessungsetappe II liegende Fläche nicht in die Berechnung der Ausnützungsziffer einbezogen werden, es sei denn, eine ausdrückliche Vorschrift lasse diese Ausnahme zu (E. 2-4).
Sachverhalt ab Seite 189 BGE 109 Ia 188 S. 189 Die Parzelle Nr. 2457 des Grundbuches Flims mit einer Fläche von ca. 6600 m2 Fläche liegt an der Kantonsstrasse nach Fidaz. Gemäss dem Bauzonenplan der Gemeinde Flims von 1981 gehört sie mit ihrer ganzen Fläche der Bauzone A an (Ausnützungsziffer 0,25; Art. 40 Baugesetz der Gemeinde Flims vom 27. März 1977, BauG). Nach dem Strassenplan der Gemeinde Flims von 1981 befindet sich indessen der untere, an die Kantonsstrasse angrenzende Teil der Parzelle im Ausmass von ca. 2030 m2 in der Erschliessungsetappe I (EE I), der obere Teil im Ausmass von ca. 4570 m2 hingegen in der Erschliessungsetappe II (EE II) (vgl. Art. 20 und 21 BauG). Die Erben Candrian, Eigentümer der Parzelle, planen auf dem Parzellenteil der EE I den Bau von zwei Mehrfamilienhäusern, von denen eines bei der Kantonsstrasse, das andere jedoch an die Trennlinie zwischen EE I und EE II zu stehen käme. Damit dieses Projekt unter Beachtung der zulässigen Ausnützungsziffer verwirklicht werden könnte, wäre eine Grundstückfläche von 3600 m2 erforderlich. Da der Parzellenteil in der EE I jedoch nur 2030 m2 umfasst, müssten zusätzlich aus der EE II noch 1570 m2 beansprucht werden. Die Grundeigentümer ersuchten daher die Gemeindebehörde um einen Vorentscheid über die Zulässigkeit dieser Nutzungsübertragung. Die Baubehörde Flims beantwortete das Gesuch abschlägig. Einen Rekurs der Grundeigentümer wies das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden am 14. Juli 1982 ab. Das Bundesgericht weist die von den Erben Candrian gestützt auf Art. 4 und 22ter BV erhobene staatsrechtliche Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Beschwerdeführer rügen nicht nur willkürliche Rechtsanwendung im Sinne von Art. 4 BV , sondern machen auch eine Verletzung der Eigentumsgarantie gemäss Art. 22ter BV geltend. Sie sehen diese darin, dass das Verwaltungsgericht in falscher Auslegung des Baugesetzes die gesetzliche Grundlage für eine Bauverweigerung als gegeben erachtet habe. BGE 109 Ia 188 S. 190 Das Erfordernis der gesetzlichen Grundlage ist erfüllt, wenn ein staatlicher Eingriff in einem Gesetz im materiellen Sinn, d.h. in einer generell-abstrakten Norm vorgesehen ist, die sich ihrerseits als verfassungsmässig erweist. Bei Anrufung der Eigentumsgarantie prüft das Bundesgericht Auslegung und Anwendung kantonalen Gesetzesrechts grundsätzlich nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür; die Frage der gesetzlichen Grundlage prüft es hingegen frei, wenn es um einen besonders schweren Eingriff geht. Ein solcher liegt in der Regel vor, wenn Grundeigentum zwangsweise entzogen wird, oder wenn durch Verbote und Gebote der bisherige oder künftig mögliche bestimmungsgemässe Gebrauch des Grundstücks verunmöglicht oder stark erschwert wird ( BGE 108 Ia 35 E. 3a mit Hinweisen). Ob die Erschliessungsetappierung einer Bauzone einen besonders schweren Eingriff in das Grundeigentum darstellt, kann offen gelassen werden, da selbst bei freier Prüfung der gesetzlichen Grundlage die Rüge der Beschwerdeführer nicht zu schützen wäre. Die Beschwerdeführer behaupten nicht, dass die von der Gemeinde Flims vorgenommene Erschliessungsetappierung einer gesetzlichen Grundlage ermangle, hingegen rügen sie, Art. 21 und 18 BauG bildeten keine genügende gesetzliche Grundlage für das Verbot der Beanspruchung von baulicher Ausnützung einer in der 2. Etappe gelegenen Bodenfläche, da das Ausnützungsübertragungsverbot im Ergebnis auf eine Nutzungsetappierung hinauslaufe. Ob dies zutrifft, kann offengelassen werden. Es genügt, wenn sich aus den Art. 19 ff. BauG mit genügender Deutlichkeit ergibt, dass die Gemeinde die Nutzungsübertragung verbieten kann. 3. Die Frage, ob eine Nutzungsübertragung von einer Zone in eine solche mit anderen Nutzungsvorschriften zulässig sei, hat das Bundesgericht in ständiger Rechtsprechung verneint. Es hat als zulässig erklärt, in die Berechnung der überbaubaren Fläche eines Grundstückes angrenzendes, nicht überbautes Land eines Dritten einzubeziehen, unter der Bedingung, dass dieses nicht schon bei der Berechnung der überbaubaren Fläche einer anderen Liegenschaft berücksichtigt worden ist und hiefür später nicht mehr in Frage kommen kann. Vorausgesetzt wurde jedoch, dass die fraglichen Grundstücke oder Grundstückteile der nämlichen Zone angehören und den gleichen Nutzungsvorschriften unterstehen ( BGE 101 Ia 289 ff., BGE 96 I 542 ). Liegen hingegen zwei benachbarte Grundstücke in verschiedenen Bauzonen, so ist es gerechtfertigt, bei der Ermittlung der anrechenbaren Landfläche des einen BGE 109 Ia 188 S. 191 den nicht ausgeschöpften Teil der Ausnützungsziffer des andern Grundstückes nicht zu berücksichtigen. Denn eine interzonale Ausnützungsanrechnung hätte zur Folge, dass für das Gebiet längs der Zonengrenze verschiedene Nutzungsziffern gelten würden und damit Bauten mit unterschiedlicher Ausnützung des Bodens entstünden, was nicht dem Sinn des Gesetzes entsprechen kann ( BGE 104 Ia 332 E. 5). Es würde zudem bedeuten, dass die vom Zonenplan festgelegten Zonengrenzen missachtet und durch gewöhnliche Verwaltungsverfügung die vom kommunalen Gesetzgeber beschlossene Unterteilung des Baugebietes verändert würden ( BGE 108 Ia 121 E. 3). In seinem neuesten Entscheid hat das Bundesgericht seine Praxis in dem Sinne präzisiert, dass eine Ausnahme von der Regel des Übertragungsverbots nur aufgrund einer ausdrücklichen Gesetzesvorschrift zulässig sei ( BGE 109 Ia 31 E. a). Die Gemeinde Flims kennt keine solche Sonderregel. Im Gegenteil gilt gemäss Art. 31 BauG der Grundsatz der Nichtübertragbarkeit. 4. Die Parzelle Nr. 2457 liegt vollständig in der Bauzone A, doch ist sie in zwei Flächen verschiedener Erschliessungsetappen unterteilt; der kleinere Teil des Grundstückes liegt in der EE I und der grössere Teil in der EE II. Die Beschwerdeführer können ihr Projekt, das auf dem in der EE I liegenden Parzellenteil ausgeführt werden soll, unter Beachtung der zulässigen Ausnützungsziffer nur realisieren, wenn sie einen Teil der Fläche des in der EE II liegenden Parzellenteils miteinrechnen dürfen. Es stellt sich bei dieser Sachlage die Frage, ob die zwar innerhalb derselben Zone, jedoch zwischen zwei Flächen verschiedener Erschliessungsetappen vorzunehmende Ausnützungsübertragung nach den gleichen oder nach anderen Kriterien zu beurteilen ist als eine Übertragung von Zone zu Zone. Die Unterteilung von Bauzonen in verschiedene, räumlich abgegrenzte Abschnitte (Etappen) ist ein planerisches Mittel, um den Nachteilen, die sich aus der Ausscheidung eines grossen oder überdimensionierten Baugebietes ergeben können, zu begegnen ( BGE 104 Ia 140 E. 4). Sie entspricht dem in Art. 15 RPG enthaltenen Planungsgrundsatz, die Bauzonen auf den voraussichtlichen Bedarf von 15 Jahren zu beschränken. Die Gemeinde kann für Erschliessungsetappen planerische Weisungen erteilen. Es wäre mit den Grundsätzen einer geregelten baulichen Entwicklung einer Gemeinde kaum vereinbar, wollte man den einzelnen Privaten die für seine Bauprojekte erforderlichen Parzellierungen und BGE 109 Ia 188 S. 192 Erschliessungen einfach nach seinen individuellen Bedürfnissen und Vorstellungen ausführen lassen. Das Gemeinwesen kann sich der Verantwortung für eine geordnete Besiedlung seines Gebietes nicht entziehen ( BGE 109 Ib 23 f. E. 4c; vgl. auch Art. 19 Abs. 3 RPG und die Bestimmungen von Art. 5 ff. des Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetzes sowie EJPD/BRP, Erläuterungen RPG, N 44 zu Art. 19 RPG ). Diesen Grundsätzen entspricht die in Flims geltende Regelung. Der Strassenplan vom März 1981 unterteilt die Bauzone A in die durch die Kantonsstrasse erschlossene EE I und in die weiter von der Kantonsstrasse entfernte EE II. Die Art. 20 und 21 BauG enthalten die für die 1. und 2. Etappe massgebenden Vorschriften. Diese sind sehr verschieden. Nach Art. 20 ist für die EE I primär die Gemeinde erschliessungspflichtig; in diesem erschlossenen und baureifen Gebiet kann ohne Verzug nach den Regeln der Bauzone A gebaut werden. Demgegenüber besteht nach Art. 21 für die EE II umgekehrt grundsätzlich eine Erschliessungsmöglichkeit nur zu Lasten der Grundeigentümer. Doch sind diese auch dann, wenn sie die Kosten aufbringen wollen, nicht völlig frei in ihrem Vorgehen. Sie haben vielmehr vor Baubeginn sämtliche Erschliessungsanlagen nach den von der Gemeinde in Berücksichtigung des Gemeinderichtplanes erteilten Weisungen zu erstellen. Die Gemeinde kann ferner die Baubewilligung davon abhängig machen, dass zunächst ein Quartierplan geschaffen wird. Eine Umteilung der Gebiete der EE II in die EE I nimmt die Gemeinde nur nach Bedarf vor. Die Flimser Regelung bedeutet, dass für die Gebiete in der EE I einerseits und für diejenigen in der EE II andererseits wesentliche Unterschiede in der Möglichkeit baulicher Nutzung bestehen. Es ist müssig, darüber zu streiten, ob diese Vorschriften dem Gehalte nach als Erschliessungsetappierung oder als Baugebietsetappierung zu betrachten sind. Entscheidend ist hier, dass die Regelung in Art. 21 BauG die Überbauung des Bodens in der EE II zwar schon vor einer Umteilung in die EE I grundsätzlich zulässt, dass der genannte Artikel sie aber aus ortsplanerischen Gründen doch praktisch in mancher Hinsicht erschwert. Die Beschwerdeführer machen geltend, durch das Bauvorhaben werde die Erschliessung der EE II nicht beeinträchtigt, und wollten dies anlässlich eines Augenscheins demonstrieren. Dieses Argument ist jedoch unerheblich. Die Beschwerdeführer sind in jenem Gebiet nicht alleinige Grundeigentümer mit Eigentum in beiden BGE 109 Ia 188 S. 193 Etappen. Auf ihre planerischen Vorstellungen kommt es nicht entscheidend an, sondern auf diejenigen der für das ganze Gebiet verantwortlichen Gemeindeorgane. Massgeblich ist, dass die nach Art. 21 BauG zulässige Überbauung Hindernissen und Verzögerungen begegnet, die in der EE I nicht bestehen. Diese Erschwernisse haben denn auch die Beschwerdeführer dazu geführt, bei ihrer Projektierung eine direkte Überbauung ihres in der EE II gelegenen Grundstückteils zu vermeiden und den Standort auch des zweiten Gebäudes noch in der EE I, wenn auch entlang der Trennlinie, vorzusehen. Die Gemeindebehörde erklärt, dass noch weitere Grundeigentümer sich in ähnlicher Lage wie die Beschwerdeführer befinden. Würde man Ausnützungsübertragungen von der EE II in die EE I zulassen, so hätte dies die genau gleiche Folge wie eine Übertragung von Zone zu Zone. Auch hier würden längs der Trennlinie nach rein zufälligen Kriterien überdimensionierte Baukuben in unbestimmter Zahl und gemäss verschiedenen Ausnützungsziffern entstehen. Gerade das aber will beim Fehlen einer besonderen Vorschrift die Rechtsprechung des Bundesgerichtes verhindern. Eine Ausnützungsübertragung kann nur in Betracht fallen, wo eine ausdrückliche baurechtliche Vorschrift dies gestattet. Nachdem das in Flims nicht der Fall ist, entspricht der von der Gemeindebehörde getroffene und vom Verwaltungsgericht geschützte Vorentscheid einer sinn- und zweckgemässen Auslegung des Baugesetzes. Er entbehrt weder im Blick auf Art. 22ter BV der gesetzlichen Grundlage noch ist er willkürlich. Gegenteils erscheint er auch bei freier Überprüfung als zutreffend.
public_law
nan
de
1,983
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
10221dc7-cda5-4699-bcf8-bf22b8e17a0b
Urteilskopf 117 IV 3 2. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 21. Januar 1991 i.S. S. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 41 Ziff. 1 StGB ; bedingter Vollzug der Landesverweisung. Nebst dem Vorleben und dem Charakter des Betroffenen stellt auch die Bewährung am Arbeitsplatz einen wesentlichen Faktor der Prognose dar. Eine Verweigerung des bedingten Vollzugs trotz Bewährung am Arbeitsplatz kommt nur dann in Betracht, wenn im Rahmen einer Gesamtwürdigung schwerwiegende konkrete Gegenindizien derart überwiegen, dass sich keine günstige Prognose stellen lässt.
Sachverhalt ab Seite 4 BGE 117 IV 3 S. 4 Das Strafgericht Basel-Stadt sprach den srilankischen Staatsbürger S. am 7. Juli 1989 der fortgesetzten, qualifizierten Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über die Betäubungsmittel (BetmG) schuldig und bestrafte ihn mit 3 3/4 Jahren Zuchthaus und mit zehn Jahren Landesverweisung (bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von fünf Jahren). Gegen den bedingten Aufschub der Landesverweisung appellierte die Staatsanwaltschaft. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt bestätigte am 21. Februar 1990 das erstinstanzliche Urteil mit der Ergänzung, dass die Landesverweisung für die Dauer von zehn Jahren unbedingt ausgesprochen werde. Mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde beantragt S., das Urteil des Appellationsgerichts sei aufzuheben und die Angelegenheit zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe den bedingten Vollzug der Landesverweisung zu Unrecht verweigert. Soweit er behauptet, die Vorinstanz habe dabei Art. 55 StGB verletzt, ist er nicht zu hören. Art. 55 StGB regelt die Voraussetzungen, unter denen eine Landesverweisung angeordnet werden kann (Abs. 1), sowie diejenigen der nachträglichen Gewährung des probeweisen Aufschubs einer im Strafurteil unbedingt angeordneten Landesverweisung für den Fall, dass der Verurteilte bedingt aus dem Vollzug der Freiheitsstrafe entlassen wird (Abs. 2; s. auch Abs. 3). Im vorliegenden Verfahren geht es nur um die Anwendung von Art. 41 Ziff. 1 StGB , wonach bereits der Strafrichter den Vollzug einer von ihm ausgesprochenen Nebenstrafe bedingt aufschieben kann. b) Gemäss Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB kann der Richter den Vollzug der Nebenstrafe der Landesverweisung aufschieben, wenn Vorleben und Charakter des Verurteilten erwarten lassen, er werde dadurch von weiteren Verbrechen oder Vergehen abgehalten (und wenn er den gerichtlich oder durch Vergleich festgestellten Schaden, soweit es ihm zuzumuten war, ersetzt hat). Nebst dem Vorleben und dem Charakter stellt auch die Bewährung am Arbeitsplatz einen wesentlichen Faktor für die Prüfung der Prognose dar (BGE BGE 117 IV 3 S. 5 102 IV 64). Eine Verweigerung des bedingten Vollzugs trotz Bewährung am Arbeitsplatz kommt nur dann in Betracht, wenn im Rahmen einer Gesamtwürdigung schwerwiegende konkrete Gegenindizien derart überwiegen, dass sich trotz des genannten gewichtigen Bewährungsfaktors keine günstige Prognose stellen lässt. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen für die Gewährung des bedingten Vollzugs gegeben sind, steht dem kantonalen Richter ein Ermessen zu, bei dessen Ausübung er sich aber auf sachlich haltbare Gründe stützen muss. Das Bundesgericht hebt seinen Entscheid auf, wenn er nicht von rechtlich massgebenden Gesichtspunkten ausgegangen ist oder wenn er diese in Überschreitung oder Missbrauch seines Ermessens unrichtig gewichtet hat. c) Der Beschwerdeführer ist am 15. September 1988 aus dem vorläufigen Strafvollzug entlassen worden. Seither hat er sich wohlverhalten. Er arbeitet seit Januar 1989 in einem Schnellverpflegungsrestaurant. Die Vorinstanz hob hervor, seine beruflichen Leistungen seien "von überdurchschnittlicher Qualität" und der Arbeitgeber sei entsprechend zufrieden. Ohne Zweifel sind dies erhebliche Indizien dafür, dass sich der Beschwerdeführer in Zukunft wohlverhalten wird. Die Vorinstanz schwächt die erwähnte konkret nachgewiesene Bewährung am Arbeitsplatz dadurch ab, dass gerade der Arbeitsplatz des Beschwerdeführers - ein Schnellimbissrestaurant - nicht besonders geeignet sei, tragfähige persönliche Beziehungen aufzubauen und ihn mit den hiesigen Arbeits- und Lebensgewohnheiten vertraut zu machen, "da in dieser Art von Betrieben erfahrungsgemäss Personalwechsel besonders häufig sind und zudem zu einem grossen Teil ausländische Jugendliche als Arbeitskräfte beschäftigt werden". Diese rein abstrakte und schon deshalb etwas fragliche Erwägung vermag die feststehende Tatsache nicht zu entkräften, dass sich der Beschwerdeführer tatsächlich an seinem Arbeitsplatz bewährt hat und er dort ausgezeichnet beurteilt wird. Auch die übrigen Argumente, die die Vorinstanz gegen die Gewährung des bedingten Vollzugs der Landesverweisung anführt, reichen nicht aus, um dem Beschwerdeführer trotz der nachgewiesenen Bewährung am Arbeitsplatz eine ungünstige Prognose stellen zu können. Der Umstand, dass er bis zur Entlassung aus dem vorläufigen Strafvollzug nie einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgegangen sei und deshalb kaum Gelegenheit gehabt habe, sich BGE 117 IV 3 S. 6 zu assimilieren, kann heute nicht mehr ausschlaggebend sein, da der Beschwerdeführer seine Chance nach der Entlassung aus dem Strafvollzug eben gerade genutzt und sich seither wohlverhalten hat; dass er in dieser neueren Zeit keine Gelegenheit gehabt haben soll, sich mit den hiesigen Lebensumständen vertraut zu machen, lässt sich dem angefochtenen Entscheid nicht entnehmen. Dies ist insbesondere noch nicht aus dem Umstand herzuleiten, dass er weiterhin gute Beziehungen zu srilankischen Landsleuten und Familienangehörigen unterhält, von denen auch die Vorinstanz nicht behauptet, dass sie in Beziehung zu Drogen stehen. Die Vorinstanz anerkennt im übrigen, dass der Beschwerdeführer eine "gewisse persönliche Beziehung" zu seiner Betreuerin von der "Freiplatzaktion für Asylbewerber" unterhält, die darum ersucht hat, ihn "nicht auszuschaffen"; diese konkret nachgewiesene persönliche Beziehung ist für die vorliegend zu beurteilende Frage von erheblicher Bedeutung und kann nicht durch den generellen Hinweis darauf, dass angeblich keine weiteren Bindungen zur Schweiz bestehen, entkräftet werden. Schliesslich geht das Argument, die Prognose des Beschwerdeführers sei in seinem Heimatland besser als in der Schweiz, an der Sache vorbei, denn damit ist noch nicht ausgeschlossen, dass die Prognose auch in der Schweiz grundsätzlich gut ist. Es mag auch darauf hingewiesen werden, dass die Vorinstanz gewisse Umstände ausser acht lässt, die das Strafgericht zu seinem abweichenden Entscheid bewogen haben. Die erste Instanz wies darauf hin, dass der ausgestandene Strafvollzug auf den Beschwerdeführer einen intensiven Eindruck hinterlassen hat, dass er sich freiwillig der Justizbarkeit unterworfen und Reue und Einsicht gezeigt hat. Auch diese von der Vorinstanz nicht in Frage gestellten Tatsachen sprechen für eine günstige Prognose. Soweit die Vorinstanz am Rande auf BGE 102 IV 64 verweist, zieht sie einen unzulässigen Vergleich. In diesem Entscheid standen der Bewährung am Arbeitsplatz gewichtige Gegenindizien gegenüber, die gegen eine positive Bewährungsaussicht sprachen. Der Täter wies vier Vorstrafen auf, und die erneute Verurteilung bestätigte das bereits zuvor festgestellte mangelhafte Verantwortungs- und Pflichtgefühl; der Täter leugnete hartnäckig und bekundete damit nicht nur ein erhebliches Mass an fehlender Einsicht, sondern liess auch Zweifel an seiner dauernden inneren Besserung aufkommen; überdies erwies er sich während des ehelichen Zusammenlebens mit einer Mitangeklagten als skrupelloser Ausbeuter BGE 117 IV 3 S. 7 des ertrogenen Geldes und setzte sich rücksichtslos gegen den auf eine ehekonforme Lebensführung gerichteten Willen der Mitangeklagten durch ( BGE 102 IV 63 ). Unter diesen Umständen konnte die Bewährung am Arbeitsplatz für eine günstige Prognose nicht ausreichen. d) Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Vorinstanz wesentliche Gründe, die für die Gewährung des bedingten Vollzugs der Nebenstrafe sprechen, nicht ihrer Bedeutung entsprechend gewichtet und ihren Entscheid statt dessen zur Hauptsache auf Gründe gestützt hat, die - soweit sie überhaupt rechtlich erheblich sind - die positiven Aspekte des Falles nicht zu überwiegen vermögen. Damit hat sie ihr Ermessen überschritten. Die Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich in diesem Punkt als begründet.
null
nan
de
1,991
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
10271ea9-19a6-439e-b988-e58c9f5809f9
Urteilskopf 136 I 1 1. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. American Pit Bull Terrier Club Schweiz und Mitb. gegen Kantonsrat des Kantons Zürich (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_52/2009 vom 13. Januar 2010
Regeste Art. 8 Abs. 1, Art. 27, 36 Abs. 1 Satz 2 BV ; Art. 10 TSchG , Art. 28 Abs. 2 TSchV ; Verbot des Erwerbs, der Zucht und des Zuzugs von Hunden mit erhöhtem Gefährdungspotenzial. Kantonale Zuständigkeit zum Erlass von sicherheitspolizeilich motivierten Zuchtvorschriften (E. 3). Kantonale Vorschriften, welche sich zur Regelung eines Erwerbs-, Zucht- und Zuzugsverbots von Hunden mit erhöhtem Gefährdungspotenzial auf Rassetypen abstützen, verletzen das Rechtsgleichheitsgebot nicht (E. 4). Einschränkungen von Zuchtverboten müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Dabei ist nicht nur der Wortlaut der Bestimmung massgebend, sondern das gesamte Auslegungsresultat (E. 5.3). Vorschriften zum Schutz der Bevölkerung nach Massgabe der Gefährlichkeit der Hunde verletzen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Konkurrenten nicht, auch wenn sie sich für Züchter verschiedener Hunderassen unterschiedlich auswirken (E. 5.5).
Sachverhalt ab Seite 2 BGE 136 I 1 S. 2 A. Am 30. November 2008 hat das Stimmvolk des Kantons Zürich das Hundegesetz vom 14. April 2008 in der Variante mit Kampfhundeverbot angenommen. Dessen § 8 und § 30 lauten wie folgt: "§ 8. Hunderassen mit erhöhtem Gefahrenpotenzial 1 Der Erwerb, die Zucht sowie der Zuzug von Hunden mit erhöhtem Gefährdungspotenzial ist verboten. BGE 136 I 1 S. 3 2 Der Regierungsrat bezeichnet die Rassetypen mit erhöhtem Gefährdungspotenzial (Rassetypenliste II). 3 Für Hunde der Rassetypenliste II, für die wegen auswärtigen Wohnsitzes der Halterin oder des Halters keine zürcherische Haltebewilligung erforderlich ist, gilt im öffentlich zugänglichen Raum ein Leinen- und Maulkorbzwang. § 30. b. Haltebewilligung 1 Wer einen Hund der Rassetypenliste II hält, muss innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes bei der Direktion ein Gesuch um Erteilung einer Haltebewilligung einreichen. Die Haltebewilligung kann mit Auflagen erteilt werden, wenn die gesuchstellende Person die persönlichen Voraussetzungen nur teilweise erfüllt. 2 Die Direktion erteilt die Bewilligung, wenn die gesuchstellende Person a) mindestens 18 Jahre alt ist und einen festen Wohnsitz hat, b) den Nachweis über genügend kynologische Fachkenntnisse erbringt, c) belegt, dass sie nicht wegen Gewaltdelikten oder Betäubungsmitteldelikten vorbestraft ist, d) den Nachweis der Haftpflichtversicherung erbringt. 3 Die Bewilligung wird nur erteilt, wenn Art und Umstände, wie der Hund gehalten werden wird, dies rechtfertigen. 4 Die Direktion entzieht die Bewilligung, wenn a) die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind oder b) der Hund Verhaltensauffälligkeiten zeigt. 5 Halterinnen und Halter, die gestützt auf bisheriges Recht über eine Bewilligung für die Befreiung ihres Hundes vom Leinen- oder Maulkorbzwang verfügen, haben Anspruch auf eine Haltebewilligung, wenn die Voraussetzungen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes noch erfüllt sind. 6 Halterinnen und Halter, die gestützt auf bisheriges Recht über keine Bewilligung für die Befreiung ihres Hundes vom Leinen- oder Maulkorbzwang verfügen, unterstehen bis zur Erteilung der Haltebewilligung den Bestimmungen des bisherigen Rechts." Die Ergebnisse der kantonalen Volksabstimmung vom 30. November 2008 sind am 12. Dezember 2008 im Amtsblatt veröffentlicht worden. Am 1. Januar 2010 ist das Hundegesetz vom 14. April 2008 in Kraft getreten. B. Mit Eingabe vom 26. Januar 2009 beantragen der American Pit Bull Terrier Club Schweiz (APBT-Club Schweiz), der American Staffordshire Terrier Club Schweiz (ASTC-Schweiz), der Staffordshire Bull Terrier Club Schweiz (SBTC Schweiz), A., B. und C., § 8 und § 30 des Hundegesetzes vom 14. April 2008 aufzuheben. Sie rügen im Wesentlichen eine Verletzung des Rechtsgleichheitsgebots, BGE 136 I 1 S. 4 der Wirtschaftsfreiheit, der Niederlassungsfreiheit, des Grundsatzes der Gewaltenteilung, des Legalitätsprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit. Der Regierungsrat und der Kantonsrat beantragen, die Beschwerde abzuweisen. (...) Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Nach dem angefochtenen § 8 Abs. 1 des zürcherischen Hundegesetzes vom 14. April 2008 (HuG; LS 554.5; in Kraft seit 1. Januar 2010) ist "der Erwerb, die Zucht sowie der Zuzug von Hunden mit erhöhtem Gefahrenpotential (...) verboten". Die Kompetenz zum Erlass von Vorschriften zum unmittelbaren Schutz des Menschen vor gefährlichen Hunden fällt in den Zuständigkeitsbereich der Kantone (vgl. BGE 133 I 249 E. 3.2 S. 254, BGE 133 I 172 E. 2 S. 174 f.). Allerdings hat der Bundesgesetzgeber in Art. 10 Abs. 2 des Tierschutzgesetzes vom 16. Dezember 2005 (TSchG; SR 455) den Bundesrat ermächtigt, u.a. die Zucht von Tieren mit bestimmten Merkmalen, insbesondere Abnormitäten in Körperbau und Verhalten, zu verbieten. Der Inhalt des Art. 10 TSchG wurde bereits 2003 als Art. 7a und 7c im Rahmen des Gen-Lex-Paketes (siehe Botschaft vom 1. März 2000 zu einer Änderung des Bundesgesetzes über den Umweltschutz, BBl 2000 2391, 2422 ff.; Referendumsvorlage BBl 2003 2778, 2793 ff.) in das Tierschutzgesetz aufgenommen, aber erst 2006 in Kraft gesetzt. Die Regelung zielt primär auf ein Verbot von so genannten Qualzuchten ab, kann aber auch als generelle Basis für Vorschriften betreffend die Zucht von Hunden herangezogen werden (vgl. Parlamentarische Initiative, Verbot von Pitbulls in der Schweiz, Bericht der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates vom 20. Februar 2009 [nachfolgend: Bericht], BBl 2009 3547, 3554). Konkretisiert wird Art. 10 TSchG durch Art. 25 ff. der Tierschutzverordnung vom 23. April 2008 (TSchV; SR 455.1). Nach Art. 28 Abs. 2 TSchV ist bei der Zucht von Hunden die Selektion unter Berücksichtigung des Einsatzzweckes darauf auszurichten, Hunde mit ausgeglichenem Charakter, guter Sozialisierbarkeit sowie geringer Aggressionsbereitschaft gegenüber Menschen und Tieren zu erhalten. Zeigt ein Hund ein Übermass an Aggressionsverhalten oder Ängstlichkeit, so ist er von der Zucht auszuschliessen (Abs. 3). Es fragt sich daher, ob mit der BGE 136 I 1 S. 5 bundesrechtlichen Regelung die Kompetenz der Kantone beschnitten wird, sicherheitspolizeilich motivierte züchterische Massnahmen zum unmittelbaren Schutz der Menschen vor gefährlichen Hunden zu erlassen. Die Frage ist zu verneinen: Der Bundesrat betont in seiner Botschaft zum neuen Tierschutzgesetz, dass Artikel 10 "ausschliesslich die tierschutzrelevanten Aspekte der Tierzucht regelt" (vgl. Botschaft vom 9. Dezember 2002 zur Revision des Tierschutzgesetzes, BBl 2003 657, 677 zu Art. 9). Auch die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates vertritt bei der Behandlung der Parlamentarischen Initiative "Verbot von Pitbulls in der Schweiz" (vgl. Bericht, BBl 2009 3547 ff.) diese Auffassung. Sie normiert deshalb in ihrem Entwurf zu einem eidgenössischen Hundegesetz, das sich auf eine neu zu schaffende Verfassungsnorm ( Art. 80 Abs. 1 bis BV : Schutz des Menschen vor Tieren) stützen soll, ausdrücklich sicherheitspolizeiliche Anforderungen an die Zucht zum Schutz des Menschen und der Tiere vor Hunden (Art. 1 und 2), da mit Art. 10 TSchG dieser Schutz nicht abgedeckt ist. An die Zucht werden somit tierschutzrechtliche und sicherheitspolizeiliche Anforderungen gestellt (Bericht, BBl 2009 3568 f. zu Allgemeines, 3569 zu Art. 2 Grundsätze). 4. Die Beschwerdeführer rügen zunächst eine Verletzung des Rechtsgleichheitsgebots ( Art. 8 BV ), m.a.W. machen sie geltend, dass die durch die zukünftige kantonale Verordnung verbotenen Hunde (American Pitbull Terrier [auch bekannt unter: Pitbull Terrier, Bandog und Basicdog; vgl. jetzt § 5 Abs. 1 lit. d der Hundeverordnung (HuV) vom 25. November 2009 (LS 554.51), in Kraft seit 1. Januar 2010], American Staffordshire Terrier, Bullterrier [auch bekannt unter American Bull Terrier; vgl. § 5 Abs. 1 lit. b HuV], Staffordshire Bullterrier) mit den anderen, nicht verbotenen Hunden in einer vergleichbaren Situation stünden (nicht per se gefährlicher) und keine sachlichen Gründe für eine differenzierte rechtliche Behandlung erkennbar seien. 4.1 Nach Art. 8 Abs. 1 BV verletzt ein Erlass das Rechtsgleichheitsgebot, wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die keinvernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen ersichtlich ist, oder er Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen, wenn also Gleiches nicht nach Massgabe seiner Gleichheit gleich und Ungleiches nicht nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt wird. Die ungerechtfertigte Gleich- bzw. Ungleichbehandlung muss sich auf eine wesentliche Tatsache beziehen. Die Frage, ob für eine rechtliche Unterscheidung ein vernünftiger BGE 136 I 1 S. 6 Grund in den zu regelnden Verhältnissen besteht, kann zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich beantwortet werden. Dem Gesetzgeber bleibt im Rahmen dieser Grundsätze ein weiter Gestaltungsspielraum ( BGE 131 I 1 E. 4.2 S. 6 f.; BGE 129 I 1 E. 3 S. 3, BGE 129 I 265 E. 3.2 S. 268 f.; BGE 127 I 185 E. 5 S. 192; BGE 127 V 448 E. 3b S. 454; je mit Hinweisen). 4.2 Das Bundesgericht hat sich bereits mehrfach mit der Frage beschäftigt, ob Regelungen, welche sich auf Rassetypen abstützen, um die Gefährlichkeit von Hunden zu bestimmen, vor dem Rechtsgleichheitsgebot standhalten. Es hat dabei zunächst festgehalten, dass den Kantonen in diesem Bereich ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt ( BGE 133 I 249 E. 4.3 S. 257). 4.2.1 In BGE 132 I 7 E. 4 S. 10 ff. hat das Bundesgericht ausgeführt, dass gewisse Zweifel an der Richtigkeit und Wirksamkeit der getroffenen Regelung bestünden und es diskutabel sein möge, die Bewilligungspflicht nur an die Rasse zu knüpfen, werde doch das Wesen eines Hundes in beträchtlichem Ausmass auch durch die Erziehung (Sozialisation) und durch Umwelteinflüsse geprägt. Das Abstützen auf die Rasse entbehre indessen nicht jeglicher sachlicher Berechtigung und bilde nicht ein zum vornherein verfehltes und geradezu willkürliches Abgrenzungskriterium. Denn es sei eine Erfahrungstatsache, dass gewisse Rassen von ihrer genetischen Anlage her eher zu Aggressivität neigen oder dazu abgerichtet werden können als andere. Demnach könne grundsätzlich auf die Rasseliste abgestellt werden. Bei deren Formulierung dürfe bis zu einem gewissen Grad auch das subjektive Sicherheitsbedürfnis mitberücksichtigt werden. Solange die dem Rassekriterium zugrunde liegenden Annahmen nach bisherigen Erfahrungen einigermassen plausibel erschienen, sei das Abstützen darauf vertretbar. Widerlegten allerdings neue "zuverlässige und aussagekräftige Erhebungen" die der Bewilligungsregelung zugrunde liegende Risikobeurteilung, müsste die Regelung entsprechend überarbeitet werden. 4.2.2 In BGE 133 I 249 E. 4.3 S. 257 f. und im Urteil 2P.24/2006 vom 27. April 2007 E. 5.3, welche beide Verordnungsvorschriften zu zwölf verbotenen Hunderassen betrafen, hat das Bundesgericht seine in BGE 132 I 7 dargelegte Auffassung bestätigt und präzisierend ausgeführt, dass Bisse gewisser Rassen und von Kreuzungen mit diesen besonders schlimme Konsequenzen haben könnten, insbesondere wegen der Morphologie, der Kraft, der Angriffsart oder der Reizschwelle der Tiere. Darüber, dass die verbotenen Tiere BGE 136 I 1 S. 7 gefährlich wären, bestünde auch ein eigentlicher Konsens: so würden die im Kanton Wallis verbotenen Rassen praktisch der damals veröffentlichten Liste des Bundesamtes für Veterinärwesen und in grossen Teilen der Liste des Kantons Basel-Landschaft (vgl. BGE 132 I 7 ) entsprechen. Neben dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung dürfe der Gesetzgeber auch dem kulturellen Stellenwert einer Hunderasse (Bernhardiner) oder der Vertrautheit der Bevölkerung mit bestimmten Rassen (Schäferhund) Rechnung tragen. 4.3 Im vorliegenden Fall verhält es sich nicht anders. § 8 und § 30 HuG verletzen das Rechtsgleichheitsgebot nicht: 4.3.1 Die Zugehörigkeit eines Hundes zu einer bestimmten Rasse gibt für sich allein zwar noch keinen zuverlässigen Aufschluss über die Gefährlichkeit des Tieres. Massgebend sind - wie das Bundesgericht bereits mehrfach betont hat - auch die Erziehung (Sozialisation) und die Umwelteinflüsse ( BGE 132 I 7 E. 4.2 S. 11 mit weiteren Hinweisen; BGE 133 I 249 E. 4.3 S. 257). Bei der Qualifikation der American Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier, Bullterrier, Staffordshire Bullterrier als Rassen mit erhöhtem Gefährdungspotential dürfen aber deren genetische Anlagen nicht ausser acht gelassen werden. Ihre angeborenen Verhaltenseigenschaften und ihre Anatomie machen sie potenziell gefährlicher als andere Rassen. Sie können aufgrund ihres Körperbaus, ihres Gebisses, ihrer Kraft und ihrer Angriffsart sehr schwere Verletzungen bewirken. Nicht zu vergessen ist auch, dass sie gerade wegen ihrer Verhaltenseigenschaften leichter zur Aggressivität abgerichtet werden können und eine unrichtige Haltung verheerende Folgen haben kann (vgl. etwa http://www.bulldogbreeds.com/bullterrier.html : "but in the wrong hands it can turn out to be a horrid disaster"; besucht am 10. Dezember 2009). Das heisst indes nicht, dass alle Hunde der aufgeführten Rasse besonders gefährlich wären. Eine Abklärung jedes einzelnen Hundes, welche etwa drei Tage benötigen würde (vgl. die Aussage des stellvertretenden Kantonstierarztes des Kantons Graubünden, Protokoll des Grossen Rates des Kantons Graubünden vom 30. August 2007 zum Veterinärgesetz [nachfolgend: Protokoll], S. 110), wäre allerdings nicht mehr praktikabel und würde die Vollzugskapazitäten des Kantons überfordern. Ein gewisser Schematismus ist deshalb unvermeidlich ( BGE 100 Ia 41 E. 2c S. 45 f.; siehe auch BGE 133 I 249 E. 4.2 am Ende S. 257; MÜLLER/SCHEFER, Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl. 2008, S. 671 ff.). Im Übrigen herrscht innerhalb der Schweiz (siehe die detaillierten Hinweise in Bericht, BBl 2009 BGE 136 I 1 S. 8 3557 f.) und in Europa insgesamt ein Konsens über die Gefährlichkeit dieser vier Hunderassen. So dürfen diese Tiere nicht nach Deutschland eingeführt werden (§ 2 Abs. 1 des Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetzes vom 12. April 2001; BGBl. I S. 530). Auch Frankreich verbietet die Einreise mit diesen Hunden und knüpft an diese ein Sterilisierungsgebot und ein Zugangsverbot für gewisse öffentlich zugängliche Orte (vgl. zum Ganzen Bericht, BBl 2009 3558 ff.; zu einem Zugangsverbot in Genf siehe BGE 133 I 145 ). Zudem darf - wie das Bundesgericht ebenfalls bereits mehrfach ausgeführt hat - bei der Bestimmung der Rasseliste bis zu einem gewissen Grad auch das subjektive Sicherheitsbedürfnis mitberücksichtigt werden (dazu nachfolgend E. 4.4.2). 4.3.2 Beruhen die Differenzierungen nicht ausschliesslich in tatsächlichen Unterscheidungen, sondern auch in externen Regelungszielen, ist zu prüfen, ob das Ziel - Schutz der Bevölkerung - selbst zulässig erscheint und ob sich die Ungleichbehandlung zur Erreichung des vom Gesetzgeber verfolgten Zieles als verhältnismässig erweist (vgl. RHINOW/SCHEFER, Schweizerisches Verfassungsrecht, 2. Aufl. 2009, Rz. 1849; MÜLLER/SCHEFER, a.a.O., S. 662; klarer noch JÖRG PAUL MÜLLER, Grundrechte in der Schweiz, 3. Aufl. 1999, S. 400; RENÉ WIEDERKEHR, Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen: Gilt Art. 36 BV auch bei der Einschränkung der Rechtsgleichheit, AJP 2008 S. 394 ff., 399 ff., 405 f.; siehe auch GEORG MÜLLER, in: Kommentar zur Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29. Mai 1874, 1987 ff. [nachfolgend: Kommentar aBV], N. 32a zu Art. 4 aBV ; siehe auch BGE 133 I 249 E. 4.2. S. 257 am Ende). Der Schutz der Bevölkerung ist offensichtlich und auch unbestritten ein legitimes Ziel. Der Kanton Zürich hat den ihm von der Rechtsprechung zugestandenen grossen Gestaltungsspielraum ( BGE 133 I 249 E. 4.2 S. 257) - abgestuft nach der Gefährlichkeit der Hunde - in vertretbarer Weise genutzt: Die Massnahmen knüpfen einerseits an Anforderungen an Hundehalter, wie etwa § 6 (Haftpflichtversicherung), § 7 (Praktische Hundeausbildung), § 9 ff. (Hundehaltung), und andererseits an die Rasse (§ 8, § 30: Bewilligung und Verbot) an. In Anbetracht der dargestellten Gefährlichkeit dieser Hunderassen erweist sich ein Verbot als geeignet und auch als erforderlich, die Bevölkerung zu schützen. Die angeborenen Verhaltenseigenschaften, der Körperbau und die Gebisse, welche schwere bleibende Schäden verursachen können, die angesprochene leichtere Abrichtung zur Aggressivität und die notwendige richtige Haltung sowie die BGE 136 I 1 S. 9 Berücksichtigung eines gewissen zulässigen Schematismus, lassen keinmilderes Mittel als das Verbot erkennen (vgl. BGE 133 I 249 E. 4.2 am Ende S. 257). Schliesslich besteht auch ein offensichtliches Missverhältnis zwischen dem öffentlichen Interesse, Schutz der Bevölkerung vor äusserst gefährlichen Hunden, und dem privaten Interesse, solche u.a. zu erwerben und zu züchten (vgl. BGE 133 I 249 E. 4.2 S. 257). 4.4 Was die Beschwerdeführer dagegen vorbringen, überzeugt nicht: 4.4.1 So führen sie aus, dass das Abstellen auf die Zugehörigkeit zu bestimmten Rassen für die Bestimmung der Hunde mit erhöhtem Gefährdungspotential aufgrund neuerer Erkenntnisse kein zulässiges Kriterium mehr sei. Diese zeigten, dass Differenzierungen nach der Rasse jeder wissenschaftlichen Begründetheit entbehrten, um eine Einteilung in gefährliche oder ungefährliche Hunde vornehmen zu können. Dies habe auch der Regierungsrat in seiner Botschaft betont. Massgeblich seien vielmehr die Umstände der Aufzucht, der Grad der Erziehung und die Eigenschaften seines Halters. Zudem könne die Aggressivität auch Folge der in einer bestimmten Situation empfundenen Angst oder Furcht sein. Auch würden die Bissstatistiken weder eine spezielle Häufung noch eine schwerwiegendere Verletzung von Bissen der zu verbietenden Hunde beweisen. Habe das Bundesgericht in BGE 132 I 7 einen Verstoss gegen das Rechtsgleichheitsgebot noch mit bisher gemachten, einigermassen plausiblen Erfahrungen verneinen können, so träfe dies aufgrund der neuen Erkenntnisse gerade nicht mehr zu. Um ihre Argumente zu untermauern, stützen sich die Beschwerdeführer auf zwei neuere Untersuchungen. Ob diese dem vom Bundesgericht geforderten Stand der "zuverlässigen und aussagekräftigen Erhebungen" ( BGE 132 I 7 E. 4.2 am Ende S. 13) überhaupt entsprechen, kann - wie noch darzulegen sein wird - offengelassen werden: Die fachliche Stellungnahme der in Hamburg beheimateten tierärztlichen Gemeinschaftspraxis für Verhaltenstherapie nimmt auf die Aussage des hamburgischen Gesetzgebers Bezug, wonach "mit dem Halten eines Hundes (...) eine nicht kalkulierbare Gefährdung verbunden sein (kann), weil jeder Hund ein domestizierter Wolf bleibt". Auf die vorliegend interessierende Frage wird indes in keiner Weise eingegangen. Das zweite Gutachten ist ein Parteigutachten eines ausgewiesenen Hundeveterinärmediziners. Es datiert zwar vom Januar 2009, führt aber Literatur auf, welche vor den zitierten Bundesgerichtsentscheiden publiziert worden ist, und kommt BGE 136 I 1 S. 10 deshalb zu keinem grundsätzlich anderen Schluss als das Bundesgericht. Der Hinweis auf die Bissstatistik vermag ebenfalls nicht zu überzeugen. Zum einen ist die Erhebungsdauer noch zu kurz, um zuverlässige Schlüsse aus den statistischen Angaben zu ziehen (siehe Bericht, BBl 2009 3562 Ziff. 2.5.4). Statistische Angaben, die nur einen kurzen Erhebungszeitraum berücksichtigen, sind ungeeignet, als Grundlage für Gesetzesanpassungen zu dienen, da damit zufällige Ereignisse deren Prozess bestimmen würden. Erhebungen sollten deshalb über mehrere Jahre hinweg durchgeführt werden, denn nur so sind aussagekräftige Vergleiche möglich (siehe Bericht, BBl 2009 3562 Ziff. 2.5.4). Zum anderen sind die statistischen Angaben auch unvollständig. Sie sagen nichts zu Ursachen oder zum Hergang aus, die zu Bissverletzungen geführt haben. Die Zahlen beantworten zudem die Frage nicht, ob die Hunde von sich aus aggressiv geworden sind und welcher Anteil dieser Beissunfälle etwa auf menschliches Fehlverhalten zurückzuführen wäre (zu solchen möglichen Fällen bei Hirtenhunden im Kanton Graubünden vgl. Regierungsrat Trachsel, Protokoll, a.a.O., S. 115). Ebenso fehlen Angaben über den Schweregrad der gemeldeten Verletzungen, womit gerade die Tatsache nicht erfasst wird, dass Hunde - namentlich bestimmter Rassen - (äusserst) schwere Unfälle verursachen können und verursacht haben (vgl. BGE 133 I 249 E. 4.2 S. 256, BGE 133 I 172 E. 3 S. 176). Unsicherheiten bestehen auch über die genauen Angaben der Hundetypen, da diese Informationen in den meisten Fällen vom Opfer stammen (vgl. dazu Bericht, BBl 2009 3562 Ziff. 2.5.4). Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer - noch keine neuen zuverlässigen und aussagekräftigen Erhebungen vorliegen, welche ein Abweichen von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung notwendig machen würden. 4.4.2 Die Beschwerdeführer führen zudem an, dass weder das pauschale Argument der Stärkung der öffentlichen Sicherheit noch das subjektive Sicherheitsbedürfnis "zur Begründung der Vernünftigkeit und Sachlichkeit der Rasse als Unterscheidungskriterium" herangezogen werden könnten. Massgebend müsse vielmehr ein objektiver Massstab sein, der sich an der Verfassung zu orientieren habe. Das subjektive Sicherheitsgefühl sei kein verfassungsrechtlich vorgesehenes Unterscheidungskriterium. Vielmehr stehe es damit sogar BGE 136 I 1 S. 11 in Widerspruch. Ohne Anlass eines sachlichen Grundes würde das Tier damit auch in seiner Würde verletzt. Das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung stellt ein Faktum dar, das die Rechtssetzung legitimerweise beeinflussen darf und muss, wenn es aufgrund von Erhebungen festgestellt wird (dazu YVO HANGARTNER, Besprechung von BGE 132 I 7 , AJP 2006 S. 740 ff., 742). Im Gegensatz zu den Situationen, die das Bundesgericht in den bereits erwähnten Entscheiden (Kanton Basel-Landschaft: BGE 132 I 7 ; Kanton Wallis: BGE 133 I 249 , Urteil 2P.24/2006 vom 27. April 2007) zu beurteilen hatte, waren die in der Variantenabstimmung zu verbietenden oder einer Bewilligungspflicht zu unterstellenden Hunderassen bereits grundsätzlich bekannt (American Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier, Bullterrier, Staffordshire Bullterrier sowie Kreuzungen mit diesen Rassen; siehe dazu unten E. 5.3.2). Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass das subjektive Sicherheitsbedürfnis der kantonalzürcherischen Bevölkerung bei der Volksabstimmung zum Hundegesetz vom 14. April 2008 genau auf diese vier Hunderassen ausgerichtet war. Mit Bezug auf die verbotenen Hunderassen handelt es sich somit nicht um ein pauschales Argument der Erhöhung der öffentlichen Sicherheit, sondern um ein konkretes. Wie dadurch die Würde der Kreatur betroffen sein könnte, ist nicht ersichtlich. 4.4.3 Die Beschwerdeführer machen sodann geltend, dass mit dem Kriterium der Hunderasse zur Regelung des Umgangs mit Hunden an das falsche Kriterium angeknüpft und dadurch das Störerprinzip verletzt werde. Das Problem seien nicht die Hunde, sondern die Hundehalter. Diese müssten einer Kontrolle unterliegen. Inwiefern mit der strittigen Regelung das Störerprinzip verletzt sein sollte, ist nicht ersichtlich: Das Störerprinzip besagt, dass sich polizeiliches Handeln gegen diejenigen Personen zu richten habe, die den polizeiwidrigen Zustand unmittelbar zu verantworten haben (vgl. PIERRE TSCHANNEN UND ANDERE, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2009, S. 523). Nach § 8 HuG ist demjenigen, der Hunde mit erhöhtem Gefährdungspotential erwerben, züchten bzw. mit solchen Hunden in den Kanton Zürich zuziehen will, dies verboten. Angesprochen ist somit der (potentielle) Halter, somit diejenige Person, welche einen allfälligen polizeiwidrigen Zustand unmittelbar zu verantworten hätte. 4.4.4 Dass der Kanton Graubünden das Risiko von Hunden anders beurteilt und gestützt darauf andere rechtliche Konsequenzen BGE 136 I 1 S. 12 gezogen hat, indem er kein Verbot und keine Bewilligungspflicht eingeführt hat, ist unbeachtlich. Das Rechtsgleichheitsprinzip schliesst nicht aus, dass die einzelnen Kantone zur gleichen Materie unterschiedliche Regelungen erlassen: dies ist eine Folge der föderalistischen Staatsstruktur (vgl. etwa BGE 133 I 249 E. 3.4 S. 255; siehe auch Bericht, BBl 2009 3575 zu Art. 13). Zudem haben die Parlamentarier und der Regierungsrat des Kantons Graubünden mehrfach darauf hingewiesen, dass die Situation im Kanton Graubünden anders sei als "bei einem Kanton, der eine grosse Stadt hat oder an eine grosse Stadt unmittelbar angrenzt" (vgl. Protokoll, a.a.O., S. 115, siehe etwa auch S. 111). Der Kanton Graubünden weist gegenüber dem Kanton Zürich eine geographisch und soziokulturell andere Struktur auf, weshalb deren Beurteilung nicht notwendigerweise auch auf den Kanton Zürich passt. 5. Die Beschwerdeführer rügen ferner eine Verletzung der Wirtschaftsfreiheit. 5.1 Art. 27 BV gewährleistet die Wirtschaftsfreiheit. Diese umfasst insbesondere die freie Wahl des Berufes sowie den freien Zugang zu einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und deren freie Ausübung. Das Züchten von Hunden fällt in den Schutzbereich von Art. 27 BV . Die Wirtschaftsfreiheit gilt nicht schrankenlos, sondern sie kann, sofern es sich um Massnahmen handelt, die sich nicht gegen den Wettbewerb richten ( Art. 94 Abs. 4 BV ), gestützt auf Art. 36 BV eingeschränkt werden. Andernfalls wäre zusätzlich eine Bundesverfassungsnorm oder ein kantonales Regalrecht notwendig ( Art. 94 Abs. 4 BV ); beides trifft vorliegend nicht zu. Zu beachten ist zudem, dass die Massnahmen rechtsgleich erfolgen müssen (vgl. BGE 130 I 26 E. 4.5 mit weiteren Hinweisen S. 43). 5.2 Die Beschwerdeführer machen geltend, dass es sich wegen des Verbots der Zucht um einen schwerwiegenden Eingriff handle und deshalb die gesetzliche Grundlage, welche lediglich den Begriff "Hunde mit erhöhtem Gefährdungspotenzial" verwende, ungenügend sei. Nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BV müssten schwerwiegende Einschränkungen im Gesetz selbst vorgesehen sein. In jedem Fall habe das formelle Gesetz die Grundzüge der Regelung zu enthalten. Dies treffe vorliegend nicht zu, gehe doch aus der gesetzlichen Grundlage in keiner Weise hervor, nach welchen Kriterien der Regierungsrat die Gefährlichkeit einer Hunderasse zu bestimmen habe. Es läge am Gesetzgeber selbst, die verbotenen Hunderassen zu bestimmen. BGE 136 I 1 S. 13 5.3 5.3.1 Verbote von Berufsausübungen sind schwerwiegende Einschränkungen (vgl. etwa BGE 130 I 26 E. 5.1. S. 43 [Nichtzulassung zur Kassenpraxis für die Dauer von drei Jahren]; Urteil 2P.198/2006 vom 9. Mai 2007 E. 2). Insoweit müssen diese im Gesetz selbst vorgesehen werden. Daneben werden aufgrund der intensiven Betroffenheit des Schutzobjektes auch höhere Anforderungen an die Normdichte gestellt (vgl. etwa MARKUS SCHEFER, Die Beeinträchtigung von Grundrechten, 2006, S. 53 f.; TSCHANNEN UND ANDERE, a.a.O., S. 143). Gemäss Art. 38 der Verfassung des Kantons Zürich vom 27. Februar 2005 (KV/ZH; SR 131.211) sind alle wichtigen Rechtssätze des kantonalen Rechts in der Form des Gesetzes zu erlassen; dafür ist der Kantonsrat zuständig (Art. 54). Weniger wichtige Rechtssätze werden in der Form der Verordnung erlassen (Art. 38 Abs. 2). Eine entsprechende Schranke für die Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen ergibt sich aus Art. 38 Abs. 3 KV/ZH in Verbindung mit dem Bundesrecht (vgl. zu den bundesrechtlichen Anforderungen BGE 128 I 113 E. 3c S. 122 mit Hinweisen; siehe auch MATTHIAS HAUSER, in: Kommentar zur Zürcher Kantonsverfassung, Isabelle Häner und andere [Hrsg.], 2007, N. 37 ff., 40 zu Art. 38 KV/ZH ). Zu prüfen ist deshalb, ob § 8 HuG diese Anforderungen erfüllt. 5.3.2 Nach § 8 Abs. 1 HuG ist u.a. die Zucht von Hunden mit erhöhtem Gefährdungspotential verboten. Nach dessen Abs. 2 bezeichnet der Regierungsrat die Rassetypen mit erhöhtem Gefährdungspotential (Rassetypenliste II). Die Beschwerdeführer scheinen bei der Bestimmung der Normdichte und der Normstufe von § 8 Abs. 1 HuG nur von dessen Wortlaut auszugehen. Dieser ist in der Tat wenig aussagekräftig. Der Normsinn ist indes nicht nur nach dem Wortlaut, sondern nach den anerkannten Auslegungsregeln zu bestimmen ( BGE 131 II 697 E. 4.1 S. 703). Aus systematischer Sicht ist zunächst hervorzuheben, dass das Hundegesetz von drei verschiedenen Arten von Rassetypen ausgeht: "normale" Rassetypen, grosse und massige Rassetypen (Rassetypen der Liste I, § 7) sowie Rassetypen mit erhöhtem Gefährdungspotenzial (Rassetypen der Liste II, § 8). Je höher die Listennummer ist, desto grösser ist das Gefährdungspotential und desto anforderungsreicher ist der Umgang mit den Tieren. Hunde der Rassetypenliste II müssen somit gefährlicher sein als grosse und massige Hunderassen. Aus der Entstehungsgeschichte wird sodann ersichtlich, welche Hunderassen welcher Liste zugeordnet werden können. So führt der Antrag des Regierungsrates vom BGE 136 I 1 S. 14 18. April 2007 15 verschiedene Hunderassen für die Rasseliste I auf (S. 21, zu § 7). Der Regierungsrat erläutert ferner, dass die Hunderassen, welche nach der - damals geltenden - Hundeverordnung einen Maulkorb tragen müssten oder an der Leine zu halten seien, einer Bewilligungspflicht zu unterstellen seien. Dies seien der American Pitbull Terrier, der American Staffordshire Terrier, der Bullterrier und der Staffordshire Bullterrier sowie Kreuzungen mit diesen Rassen. Eine Ausweitung sei nicht vorgesehen (S. 22 f.). In der parlamentarischen Beratung ging man ebenfalls nur von diesen Rassetypen aus (vgl. Protokoll des Zürcher Kantonsrats vom 3. März 2008, S. 2850, siehe auch S. 2834 f.). Diese wurden auch im Zusammenhang mit dem "Antrag auf eine Variante mit Kampfhundeverbot" (Protokoll des Zürcher Kantonsrats vom 14. April 2008, S. 3271) hervorgehoben. Schliesslich hat der Regierungsrat im beleuchtenden Bericht zur Abstimmungsvorlage festgehalten, dass es sich bei beiden Varianten um American Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier, Bullterrier, Staffordshire Bullterrier sowie Kreuzungen mit diesen Rassen handle. Aufgrund der Auslegung ist genügend klar ersichtlich, welche Hunde welchen Massnahmen unterliegen: American Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier, Bullterrier und Staffordshire Bullterrier sowie Kreuzungen mit diesen Tieren dürfen u.a. nicht gezüchtet werden; werden diese zudem unter einem anderen Namen geführt, so gilt nichts anderes (siehe dazu jetzt § 5 HuV). Aufgrund der Aussagen des Kantonsrats und des Regierungsrates sollen keine weiteren Hunderassen dieser Liste beigefügt werden. Insoweit muss deshalb zum heutigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden, ob weitere Hunderassen in die Rassetypenliste II aufgenommen werden dürfen. 5.4 5.4.1 Mit dem Verbot, Hunde einer bestimmten Rasse im Kanton Zürich zu züchten, wird das öffentliche Interesse des Schutzes der Bevölkerung verfolgt. Massnahmen, welche im öffentlichen Interesse sind, müssen verhältnismässig sein. Die Beschwerdeführer bestreiten sowohl die Eignung, die Erforderlichkeit und die Zumutbarkeit des Zuchtverbots zur Verwirklichung des Schutzes der Bevölkerung. 5.4.2 Mit § 8 HuG soll der Schutz der Bevölkerung so sichergestellt werden, dass im Kanton Zürich längerfristig keine Hunde der Rassetypenliste II mehr vorkommen (vgl. Protokoll des Zürcher Kantonsrats vom 3. März 2008, S. 2876); Ausnahmen sind nur für BGE 136 I 1 S. 15 auswärtige Hunde vorgesehen, welche sich vorübergehend im Kanton Zürich aufhalten (§ 8 Abs. 3). Zu diesem Zweck ist der Erwerb von solchen Hunden verboten, was durch ein Verbot der Zucht, welche jenem zeitlich vorgelagert ist, unterstützt werden kann. Insofern ist das Zuchtverbot geeignet, das angestrebte, im öffentlichen Interesse liegende Ziel zu erreichen. Im Übrigen handelt es sich dabei um eine bewährte Regelungsstrategie, welche auch in verschiedenen anderen Bereichen zur Unterbindung des unerwünschten Handels mit bestimmten Gütern verfolgt wird (siehe etwa das Herstellungsverbot von ozonschichtabbauenden Stoffen [Ziff. 2.1 Anh. 1.4 ChemRRV; SR 814.81]). 5.4.3 Das Verbot ist auch erforderlich: Mit dem Verbot des Erwerbs werden die Handänderungen zwischen dem Verkäufer bzw. Schenker und dem Erwerber erfasst. Das Zuchtverbot wäre deshalb auf den ersten Blick nicht erforderlich, denn wenn nichts erworben werden darf, wird zwangsläufig auch die professionelle Zucht für den Kanton Zürich von selbst nicht mehr rentabel sein und eingehen. Die Beschwerdeführer übersehen allerdings, dass trotz Erwerbsverbot die Hundehalter über eine lange Dauer weiterhin im Besitz von solchen Hunden sein können und damit das im öffentlichen Interesse liegende Regelungsziel unterlaufen würden. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn sie durch eigene, unprofessionelle Zucht Hunde der verbotenen Hunderassen produzieren. Bergen bereits Hunde, welche professionell gezüchtet worden sind, ein erhöhtes Gefährdungspotential, so trifft dies bei unprofessioneller Züchtung um so mehr zu (siehe oben E. 4.3.1). Mit einer Bewilligungspflicht könnte der notwendige Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden, welche insbesondere aus nicht professioneller Zucht stammen, nicht garantiert werden. Vielmehr kann nur mit einem Zuchtverbot diese Lücke geschlossen werden. Es steht deshalb keine mildere Massnahme zur Verfügung. 5.4.4 Schliesslich ist das Zuchtverbot auch als zumutbar zu beurteilen: Zwar steht auf der einen Seite das private, wirtschaftliche Interesse, Hunde einer gewissen Rasse zu züchten. Auf der anderen Seite ist das gewichtige öffentliche Interesse am Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen Hunden. Angesichts deren bereits dargestellten Gefährlichkeit besteht im vorliegenden Fall ein offensichtliches Missverhältnis zwischen den privaten wirtschaftlichen Tätigkeiten und dem Schutz der Bevölkerung (vgl. BGE 133 I 249 E. 4.2 S. 257). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Einschränkung als solche BGE 136 I 1 S. 16 nicht schwer wiegt, da nur die Zucht ganz weniger Rassen verboten wird; Hundezüchtern verbleibt daher immer noch ein weites Betätigungsfeld. 5.5 5.5.1 Die Beschwerdeführer rügen im Weiteren eine Verletzung der Gleichbehandlung der Konkurrenten. So stehe Beschwerdeführerin 6, welche American Staffordshire Terrier züchtet, mit den nicht unter das Verbot fallenden Hunderassen, wie etwa Schäferhunde, Sennenhunde, Dobermänner, Doggen, Rottweiler, Bernhardiner oder Hirtenhunde in einem direkten Konkurrenzverhältnis, denn diese seien mit den vom Verbot betroffenen Hunden austauschbar. 5.5.2 Nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Konkurrenten sind Massnahmen verboten, die den Wettbewerb unter direkten Konkurrenten verzerren bzw. nicht wettbewerbsneutral sind ( BGE 125 I 431 E. 4b/aa S. 435), namentlich wenn sie bezwecken, in den Wettbewerb einzugreifen, um einzelne Konkurrenten oder Konkurrentengruppen gegenüber anderen zu bevorzugen oder zu benachteiligen ( BGE 125 I 431 E. 4b/aa S. 435 f.). Hingegen stellen etwa polizeilich und umweltpolitisch gerechtfertigte Massnahmen im Lichte von Art. 27 BV keine Ungleichbehandlung der Konkurrenten dar, auch wenn sie dazu führen, dass die Marktteilnehmer dadurch nach Massgabe ihrer ungleichen Umweltbelastung unterschiedlich belastet werden ( BGE 125 I 182 E. 5e S. 200). So ist eine Abgabe, welche sich für verschiedene Wirtschaftssubjekte je nach der durch sie verursachten Umweltbeeinträchtigung unterschiedlich auswirkt, keine unzulässige Ungleichbehandlung, sondern sie ist gerade der legitime Zweck der Massnahme ( BGE 125 I 182 E. 5e S. 201; siehe auch KLAUS A. VALLENDER, § 222 [Wirtschaftsfreiheit], in: Handbuch der Grundrechte, Detlef Merten und andere [Hrsg.], Grundrechte in der Schweiz und Liechtenstein, Bd. VII/2, 2007, N. 34). 5.5.3 Nicht anders verhält es sich hier: Der kantonalzürcherische Gesetzgeber strebt ein einheitliches Sicherheitsniveau an, welches der Bevölkerung einen genügenden Schutz vor Hunden garantiert. Er hat deshalb für alle Hunderassen Massnahmen normiert (siehe oben E. 4.3.2), welche sich an der Gefährlichkeit der Hunderassen orientieren. Je gefährlicher somit die Hunde sind, desto einschränkender sind die Massnahmen; im Extremfall soll ein Zuchtverbot gelten. Dem Gesetzgeber geht es nicht darum, einzelne Züchter gegenüber anderen zu bevorteilen, sondern darum, die Bevölkerung nach BGE 136 I 1 S. 17 Massgabe der Gefährlichkeit der Hunde zu schützen. Dass sich die Massnahmen für Züchter verschiedener Hunderassen unterschiedlich auswirken, stellt - wie dargelegt - keine unzulässige Ungleichbehandlung dar, sondern ist gerade der legitime Zweck der Massnahmen.
public_law
nan
de
2,010
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
1033fc3f-ffa1-42ee-ae7c-3b3b90015517
Urteilskopf 109 II 245 55. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 22. September 1983 i.S. Erben des Jakob Bommer-Hagen und Karl Flammer gegen Alfons Bommer-Fuchs (Berufung)
Regeste Grundbuchberichtigungsklage einer nach Art. 6 Abs. 1 EGG vorkaufsberechtigten Person, die vom Verkauf des Grundstückes erst nachträglich erfahren hat. 1. Ermittlung des Streitwertes (E. 1). 2. Vollzug des Verkaufs einer zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gehörenden Parzelle trotz rechtsgültiger Geltendmachung des Vorkaufsrechtes durch einen nach EGG Berechtigten, und zwar offensichtlich mit dem Ziel, die Gesamtfläche des Gewerbes unter die für die Anwendbarkeit der EGG-Bestimmungen über das Vorkaufsrecht erforderliche Limite sinken zu lassen: In einem solchen Fall ist es bei der Beurteilung des Verkaufs einer zweiten Parzelle so zu halten, wie wenn die erste Parzelle noch auf den Namen des Eigentümers des landwirtschaftlichen Gewerbes im Grundbuch eingetragen wäre (E. 4). 3. Unter der "Mitteilung" im Sinne von Art. 14 Abs. 1 EGG ist diejenige zu verstehen, die der Grundbuchverwalter den Vorkaufsberechtigten gemäss Art. 13 Abs. 3 EGG zu machen hat (E. 6). 4. Voraussetzungen, unter denen der Einrede der Verwirkung des Vorkaufsrechtes ( Art. 14 Abs. 2 EGG ) entgegengehalten werden kann, sieverstosse gegen Art. 2 ZGB (E. 7).
Sachverhalt ab Seite 246 BGE 109 II 245 S. 246 Der 1896 geborene Jakob Bommer war Eigentümer eines ursprünglich 5,27 ha Kulturland und Wald umfassenden Landwirtschaftsbetriebes in St. Margarethen. Am 11. November 1974 verkaufte er 2,78 ha Kulturland (Parzelle Nr. 312) an Max Bürge, worauf Alfons Bommer-Fuchs, einer seiner Söhne, am 29. Mai 1975 dem Grundbuchamt Sirnach gegenüber vorsorglich die Ausübung des Vorkaufsrechtes erklärte. Der Kaufvertrag zwischen Jakob Bommer und Max Bürge wurde gleichwohl ins Grundbuch eingetragen. In der Folge erhob Alfons Bommer gegen die Erben seines inzwischen verstorbenen Vaters und gegen Max Bürge Klage auf Änderung des Grundbucheintrages in dem Sinne, dass Max Bürge als Eigentümer der strittigen Liegenschaft zu löschen und an dessen Stelle die Erbengemeinschaft bzw. gestützt auf die Ausübung des Vorkaufsrechtes er selbst einzutragen sei. Nachdem das Bundesgericht am 24. April 1979 eine Berufung der Beklagtschaft gegen einen Rückweisungsentscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau abgewiesen hatte, erkannte das Bezirksgericht Münchwilen mit Endurteil vom 1. April 1980, dass Max Bürge als Eigentümer zu löschen und stattdessen Alfons Bommer einzutragen sei. BGE 109 II 245 S. 247 Am 30. Juli 1976 hatte Jakob Bommer die Parzelle Nr. 115 im Halte von 10 415 m2 Kulturland für Fr. 4.--/m2 an Karl Flammer jun. verkauft. Das Grundbuchamt liess Alfons Bommer keine Orientierung über diesen Kaufvertrag zukommen. Im Januar 1977 wurden Pläne für ein Bauvorhaben von Karl Flammer auf der Parzelle Nr. 115 öffentlich aufgelegt. Nachdem Jakob Bommer am 28. Januar 1977 gestorben war, leitete Alfons Bommer am 1. Februar 1977 durch Einreichung des Vorstandsbegehrens gegen dessen Erben und gegen Karl Flammer das vorliegende Verfahren ein. Durch Schreiben vom 8. Februar 1977 erhielt er vom Grundbuchamt Sirnach auf Anfrage hin die Bestätigung des Verkaufes der Parzelle Nr. 115 an Karl Flammer. Mit Eingabe vom 22. Februar 1977 an das Grundbuchamt machte Alfons Bommer alsdann das Vorkaufsrecht bezüglich dieser Parzelle geltend. Nachdem am 23. Mai 1977 der Vermittlungsvorstand durchgeführt worden war, reichte der Kläger beim Bezirksgericht Münchwilen mit Eingabe vom 22. Juni 1977 die Weisung ein. Der Prozess wurde bis zur Erledigung der Grundbuchberichtigungsklage betreffend den Verkauf der Parzelle Nr. 312 an Max Bürge sistiert. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens reichte der Kläger unter dem 8. September 1980 die Klageschrift ein mit folgenden Rechtsbegehren: "1. Es sei der Eintrag im Grundbuch St. Margarethen TG, d.d. 30. Juli 1976, mit dem Beklagten Nr. 2 als Eigentümer von Parzelle Nr. 112 (richtig: Nr. 115) ... im Halte von 10 415 m2 Feld in der "Höhe", zu löschen, das Grundbuch entsprechend zu berichtigen und damit der Grundbuchstand vor dem zu berichtigenden Eintrag mit den Beklagten Nr. 1 einschliesslich des Klägers (Rechtsnachfolger von Jakob Bommer, geboren 2. Februar 1899, verstorben am 28. Januar 1977, wohnhaft gewesen in Sedel-St. Margarethen) als Eigentümer wieder herzustellen. 2. Das Grundbuchamt Sirnach sei anzuweisen und zu ermächtigen, den Grundbucheintrag gemäss Ziff. 1 zu löschen bzw. vorzunehmen. 3. Dem Kläger sei das Nachklagerecht vorzubehalten." Das Bezirksgericht schützte in seinem Urteil vom 28. Januar 1982 die Klage vollumfänglich, und eine von den Beklagten erhobene Berufung wies das Obergericht des Kantons Thurgau am 14. September 1982 ab. Den obergerichtlichen Entscheid haben die Beklagten sowohl mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV BGE 109 II 245 S. 248 als auch mit Berufung beim Bundesgericht angefochten. Mit der Berufung beantragen sie, es sei das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen; allenfalls sei die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Der Kläger stellt den Antrag, auf die Berufung sei nicht einzutreten; allenfalls sei sie abzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. In der Berufungsantwort wird mit beachtlichen Gründen geltend gemacht, der Ertragswert der Parzelle Nr. 115 erreiche nicht Fr. 8'000.--. Daraus wird abgeleitet, dass der für eine Berufung erforderliche Streitwert nicht gegeben sei. Nach Art. 36 Abs. 1 OG wird der Wert des Streitgegenstandes durch das klägerische Rechtsbegehren bestimmt. Streitgegenstand ist im vorliegenden Fall die vom Kläger verlangte Grundbuchberichtigung, mit der die strittige Parzelle zunächst ins Eigentum der Erben des Jakob Bommer-Hagen überführt werden soll, damit sie in der Folge aufgrund des vorbehaltenen Nachklagerechts zum Ertragswert auf den Kläger übertragen werden kann. Das Klagebegehren beruht auf dem Vorkaufsrecht, mit dem der Kläger das vom Erblasser zum Preise von etwas über Fr. 41'000.-- an den Zweitbeklagten verkaufte Grundstück zum Ertragswert an sich ziehen will. Das klägerische Interesse besteht somit im Erwerb des strittigen Grundstücks zum Ertragswert, während das Interesse der Beklagten darauf gerichtet ist, dass es beim Verkauf des Landes zum Preise von rund Fr. 41'000.-- an den Zweitbeklagten bleibt. Das beklagtische Interesse übersteigt somit dasjenige des Klägers bei weitem und liegt nicht nur höher als Fr. 8'000.--, sondern auch höher als Fr. 15'000.--. Für den Fall, dass klägerisches und beklagtisches Interesse finanziell nicht gleich hoch zu werten sind, bestimmt das Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege nichts. WURZBURGER (Les conditions objectives du recours en réforme au Tribunal fédéral, Diss. Lausanne 1964, S. 136, Ziff. 190) ist der Ansicht, es müsse auf das höhere Interesse abgestellt werden. Die gleiche Auffassung vertritt auch SCHULLER (Die Berechnung des Streitwertes, Diss. Zürich 1974, S. 95). Bei der Streitwertberechnung im Zusammenhang mit Grunddienstbarkeiten stellt das Bundesgericht schon seit langem auf das höhere Interesse der Beteiligten ab, und auch für den Fall der Einräumung eines Notwegrechts BGE 109 II 245 S. 249 hat es sich in diesem Sinne geäussert (vgl. BGE 92 II 65 E. 4 mit Hinweisen). Es rechtfertigt sich, in einem Fall wie dem vorliegenden gleich zu entscheiden. Auf die Berufung ist deshalb einzutreten. ... 3. Werden ein landwirtschaftliches Gewerbe oder wesentliche Teile davon verkauft, so steht den Nachkommen, dem Ehegatten und den Eltern des Verkäufers ein Vorkaufsrecht zu ( Art. 6 Abs. 1 EGG ). Unbestritten ist im vorliegenden Fall, dass die verkaufte Parzelle zu einem landwirtschaftlichen Heimwesen gehörte und dass der Kläger an sich als eine der nach EGG vorkaufsberechtigten Personen gilt. Die Beklagten beanstanden hingegen in grundsätzlicher Hinsicht, dass auf den am 30. Juli 1976 beurkundeten und ins Grundbuch eingetragenen Kaufvertrag zwischen Jakob Bommer und dem Zweitbeklagten die Bestimmungen des EGG über das Vorkaufsrecht überhaupt angewendet worden seien. Zu Unrecht habe das Obergericht die verkaufte Parzelle Nr. 115 im Umfange von 10 415 m2 als einen wesentlichen Teil des Heimwesens Bommer qualifiziert. Ferner habe der Kläger sein Vorkaufsrecht zu spät ausgeübt, und zudem sei dieses verwirkt. 4. Gemäss Art. 16 Abs. 1 EGG können die Kantone für landwirtschaftliche Gewerbe oder für Liegenschaften bis zu 3 ha die Bestimmungen über das Vorkaufsrecht einschränken oder unanwendbar erklären. Von diesem Vorbehalt hat der Kanton Thurgau in dem Sinne Gebrauch gemacht, dass § 3 Abs. 1 des kantonalen EG zum EGG bestimmt, das Bundesgesetz finde keine Anwendung auf Heimwesen unter 3 ha. a) Im Zeitpunkt der vorliegend angefochtenen Handänderung war als Eigentümer der im Jahre 1974 verkauften Parzelle Nr. 312 noch immer Max Bürge eingetragen. Das landwirtschaftliche Gewerbe des Jakob Bommer von ursprünglich 5,27 ha umfasste somit aus dieser Sicht nur noch etwa 2,5 ha, also weniger als 3 ha. b) Das Obergericht hält fest, es sei ihm aus dem Prozess betreffend die Handänderung Bommer/Bürge bekannt, dass jener Verkauf ganz offenkundig einzig und allein zu dem Zweck getätigt worden sei, den Kläger als Vorkaufsberechtigten bzw. späteren Erben auszuschliessen. Wie es nunmehr feststellen müsse, habe dieser Zweck durch zwei verschiedene Mittel erreicht werden wollen; einerseits dadurch, dass der erwähnte erste Kaufvertrag trotz des vom Kläger in rechtsgültiger Weise geltend gemachten Vorkaufsrechtes vollzogen worden sei, und andererseits sollte ganz BGE 109 II 245 S. 250 offensichtlich durch die Zerlegung in mehrere Parzellen und durch den widerrechtlichen Vollzug des Kaufvertrages mit Max Bürge das dem Kläger zustehende Vorkaufsrecht, wenn nicht für das ganze Heimwesen, so doch zumindest für den Restbetrieb ausgeschlossen werden. Die Vorinstanz liess offen, ob jeder Restbestand eines landwirtschaftlichen Heimwesens, das jemals 3 ha gemessen habe, dem EGG unterstehe. Sie hielt jedoch dafür, dass in einem Fall, da in kurzen zeitlichen Abständen Parzellen eines landwirtschaftlichen Heimwesens verkauft würden, anzunehmen sei, dies geschehe zur Umgehung des Vorkaufsrechtes nach EGG und sei deshalb rechtsmissbräuchlich; es sei deshalb davon auszugehen, dass dem Kläger auch bezüglich des im vorliegenden Verfahren strittigen Grundstücks ein Vorkaufsrecht zugestanden habe. c) Die Beklagten wenden hiegegen ein, sie hätten im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren sich mit Nachdruck darauf berufen und auch zum Beweis verstellt, dass Jakob Bommer und der Zweitbeklagte beim Abschluss und bei der grundbuchlichen Eintragung ihres Kaufvertrages ohne die geringste Einschränkung gutgläubig gewesen seien und gehandelt hätten. Indem das Obergericht ohne Abnahme der anerbotenen Beweise auf Bösgläubigkeit von Jakob Bommer geschlossen habe, habe es sowohl Art. 3 als auch Art. 8 ZGB verletzt. Wie es sich damit verhält, braucht hier weiter nicht erörtert zu werden. In seinem Entscheid 86 II 427 ff. hielt das Bundesgericht fest, dass der Umgehung des Gesetzes Tür und Tor geöffnet wäre, wenn der Eigentümer eines landwirtschaftlichen Gewerbes die Ausübung des Vorkaufsrechtes nach EGG dadurch ausschliessen könnte, dass er den Hof in Parzellen zerlegt und diese an verschiedene Personen verkauft; die Auflösung eines Bauerngutes durch dessen Verkauf in Teilstücken vermöge die Anwendung der Art. 6 ff. EGG nicht zu verhindern (S. 431). Die Verhältnisse liegen in der vorliegenden Sache zwar nicht genau gleich wie in jenem Fall, wo verschiedene Parzellen gleichzeitig hätten verkauft werden sollen. Der zeitliche Abstand zwischen dem Verkauf an Max Bürge (vom 11. November 1974) und demjenigen an den Zweitbeklagten (vom 30. Juli 1976) ist jedoch nicht so gross, dass hier anders zu entscheiden wäre. Vielmehr sind die Vorgänge um die beiden Verkäufe in ihrem Zusammenhang zu würdigen. Dabei ist unter Hinweis auf die entsprechende Klausel im ersten Vertrag (Ziffer 4) vor allem festzuhalten, dass es Jakob Bommer von allem Anfang an darum ging, die Grundstücke an eine nicht vorkaufsberechtigte BGE 109 II 245 S. 251 Person zu veräussern. Andererseits war aber dem Kläger stets daran gelegen, die Grundstücke zu erwerben. Nach dem Gesagten ist es so zu halten, wie wenn beim Abschluss des strittigen Vertrages das an Bürge verkaufte Grundstück noch auf den Namen von Jakob Bommer eingetragen gewesen wäre. Dabei mag offen bleiben, ob anders zu entscheiden gewesen wäre, wenn die beiden Veräusserungen nicht als Einheit zu betrachten gewesen wären. Das EGG ist demnach grundsätzlich anwendbar. 5. Nach Art. 6 Abs. 1 EGG steht das Vorkaufsrecht den Berechtigten nur dann zu, wenn mindestens ein wesentlicher Teil des landwirtschaftlichen Gewerbes verkauft wird. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn Teile veräussert werden, bei deren Wegfall der landwirtschaftliche Betrieb seine wirtschaftliche Existenzfähigkeit und Selbständigkeit verliert (vgl. JOST, Handkommentar N. 4b zu Art. 6 EGG ; JOST, Die Vorkaufsrechte, in: Das neue landwirtschaftliche Bodenrecht der Schweiz, S. 38). Das Bundesgericht hat bereits in seinem Urteil vom 24. April 1979 in Sachen Erben des Jakob Bommer und Max Bürge gegen den Kläger festgehalten, das EGG erfasse auch den bäuerlichen Kleinbetrieb, und zwar selbst denjenigen, der für sich allein einer Bauernfamilie keine ausreichende landwirtschaftliche Existenz zu bieten vermöge (vgl. dazu auch BGE 97 II 282 f. E. 4 und BGE 91 II 241 f. E. 1). Bei der Würdigung der vorliegend gegebenen Verhältnisse ist die Vorinstanz angesichts der Ausführungen in Erwägung 4, die sinngemäss auch hier gelten, zu Recht von einem Betrieb von gut fünf Hektaren ausgegangen, und sie hat das ihr in diesem Punkt zustehende Ermessen weder missbraucht noch überschritten, wenn sie festgehalten hat, die an den Zweitbeklagten verkauften 10 415 m2 stellten einen beträchtlichen Teil davon dar. Die Beklagten werfen dem Obergericht in diesem Zusammenhang zwar eine Verletzung von Art. 8 ZGB vor, weil es die von ihnen beantragte Expertise nicht angeordnet habe. Was als wesentlicher Teil eines landwirtschaftlichen Gewerbes im Sinne von Art. 6 Abs. 1 EGG gilt, ist weitgehend eine Rechtsfrage. Im übrigen durfte die Vorinstanz auf ihre Kenntnisse aus dem Prozess in Sachen Bürge sowie auf ihren eigenen Sachverstand abstellen. Wo die kantonale Instanz über den massgebenden Sachverhalt positive Feststellungen getroffen hat, ist die Rüge der Verletzung von Art. 8 ZGB ohnehin gegenstandslos (vgl. BGE 98 II 86 mit Hinweisen). BGE 109 II 245 S. 252 6. Nach Art. 14 Abs. 1 EGG hat der Berechtigte das Vorkaufsrecht binnen einem Monat, seitdem ihm die Mitteilung vom Abschluss des Kaufvertrages zugegangen ist, durch Erklärung gegenüber dem Grundbuchverwalter geltend zu machen. Im Unterschied zum Vorkaufsrecht im Sinne von Art. 681 ZGB , wo die Frist auch mit einer zufälligen Kenntnisnahme zu laufen beginnt (vgl. dazu BGE 83 II 519 E. 2), wird der Beginn des Fristenlaufes hier ausdrücklich an die "Mitteilung vom Abschluss des Kaufvertrages" geknüpft. Diese Regelung steht in engem Zusammenhang mit den übrigen Bestimmungen des EGG betreffend das Vorkaufsrecht. So schreibt Art. 13 Abs. 3 EGG vor, dass der Grundbuchverwalter den vorkaufsberechtigten Personen die Anmeldung eines Kaufvertrages unverzüglich mitzuteilen hat, und zwar unter Hinweis auf die Frist zur Geltendmachung ihres Rechtes. Angesichts dieser Ordnung, die dem Vorkaufsberechtigten die Ausübung seines Rechtes erleichtern soll (vgl. JOST, Handkommentar N. 6 zu Art. 13 EGG ), ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass unter der Mitteilung gemäss Art. 14 Abs. 1 EGG diejenige des Grundbuchverwalters zu verstehen ist. Es ist daher in der Tat unerheblich, ob der Kläger bereits anlässlich der Kenntnisnahme von der Baupublikation habe davon ausgehen müssen, dass ein Vorkaufsfall vorliege. In Anbetracht des klaren Wortlautes des geltenden Rechts sind die Vorbringen der Beklagten betreffend die Entstehungsgeschichte des EGG von vornherein unbehelflich. Das gleiche gilt für deren Hinweise auf die Rechtsprechung. Die zu dieser Frage angeführten Urteile befassten sich nämlich mit dem Vorkaufsrecht im Sinne von Art. 681 bzw. 682 ZGB. Aufgrund des angefochtenen Urteils steht für das Bundesgericht verbindlich fest, dass die grundbuchamtliche Mitteilung dem Kläger am 8. Februar 1977 zugegangen ist und dass dieser sein Vorkaufsrecht am 22. Februar 1977 ausgeübt hat. Die einmonatige Frist von Art. 14 Abs. 1 EGG wurde mithin eingehalten. 7. a) Nach Art. 14 Abs. 2 EGG erlischt das Vorkaufsrecht in jedem Falle mit Ablauf von drei Monaten seit der Anmeldung des Kaufvertrages beim Grundbuch. Wie beim rechtsgeschäftlichen Vorkaufsrecht handelt es sich um eine Verwirkungsfrist ( BGE 102 II 379 E. 2). Die Verwirkung tritt somit selbst dann ein, wenn die Mitteilung des Grundbuchamtes gemäss Art. 14 Abs. 1 EGG aus irgendeinem Grund unterblieben ist oder den Berechtigten nicht erreicht hat. Es geht bei der erwähnten Frist darum, eine längere Rechtsunsicherheit für Käufer und Verkäufer möglichst zu BGE 109 II 245 S. 253 vermeiden (vgl. JOST, Handkommentar N. 3 zu Art. 14 EGG ). Die mit dem Vorkaufsrecht des Art. 6 EGG verbundene zwingende Beschränkung der Vertragsfreiheit des Eigentümers soll nicht unnötig lang bestehen bleiben. Die kurze Verwirkungsfrist bringt freilich die Gefahr einer Benachteiligung des Vorkaufsberechtigten mit sich. In Fällen, da eine rechtzeitige Geltendmachung des Vorkaufsrechtes durch ein doloses Verhalten verhindert wurde, kann der Verwirkungseinrede jedoch mit Art. 2 ZGB begegnet werden. b) Der zwischen Jakob Bommer und dem Zweitbeklagten geschlossene Kauf wurde am 30. Juli 1976 ins Grundbuch eingetragen. Wird auf die Erklärung vom 22. Februar 1977 abgestellt, ergibt sich, dass der Kläger das Vorkaufsrecht weit mehr als drei Monate nach dem Grundbucheintrag geltend gemacht hat. Die Vorinstanz ist indessen der Ansicht, es müsse die Erklärung des Klägers vom 29. Mai 1975 betreffend die Ausübung des Vorkaufsrechtes beim Verkauf der Parzelle Nr. 312 an Max Bürge auch hinsichtlich des vorliegend strittigen Verkaufes als Ausübungserklärung betrachtet werden. Von einer Versäumnis der dreimonatigen Verwirkungsfrist könne deshalb nicht die Rede sein. Dem ist nicht beizupflichten. Die Erklärung vom 29. Mai 1975 bezog sich ausdrücklich auf den am 11. November 1974 erfolgten Verkauf der Parzelle Nr. 312 an Max Bürge. Im damaligen Zeitpunkt war noch völlig offen, ob Jakob Bommer weitere Anteile seines Heimwesens verkaufen werde. Jedenfalls wurde der Kaufvertrag mit dem Zweitbeklagten erst am 30. Juli 1976 öffentlich beurkundet und in das Grundbuch eingetragen. Die Erklärung eines Vorkaufsberechtigten, das gesetzliche Vorkaufsrecht ausüben zu wollen, setzt als rechtsbegründende Gestaltungserklärung voraus, dass ein konkreter Kaufvertrag abgeschlossen worden ist oder zumindest unmittelbar bevorsteht (vgl. BGE 108 II 193 ). Der Berechtigte wie der Verpflichtete müssen wissen, was für eine konkrete Kaufsobligation überhaupt begründet werden soll. Die erwähnte Erklärung muss bestimmt und eindeutig sowie bedingungslos sein und ist unwiderruflich (vgl. BGE 81 II 245 E. 1; JOST, Handkommentar N. 4a zu Art. 14 EGG ; MEIER-HAYOZ, N. 224 zu Art. 681). Solange aber weder die Verkaufsabsicht noch der Umfang des zu verkaufenden Grundstücks noch grundsätzlich auch der Preis feststehen, kann eine Ausübungserklärung diese Voraussetzungen gar nicht erfüllen. c) Der Kläger hält der Verwirkungseinrede der Beklagten entgegen, sie verstosse gegen Art. 2 ZGB . Die Vorinstanz hat diese BGE 109 II 245 S. 254 Auffassung geteilt und den klägerischen Anspruch auch mit dieser Begründung als nicht verwirkt betrachtet. Sie stellte in diesem Zusammenhang fest, dass alle Beklagten um die Vorkaufsberechtigung des Klägers gewusst hätten. Zumindest die Erstbeklagten seien sodann ganz eindeutig darauf aus gewesen, den Kläger an der Übernahme des väterlichen Heimwesens zu den günstigen Bedingungen des EGG zu hindern. Auch dem Zweitbeklagten seien offensichtlich die Absichten des Klägers bekannt gewesen. Den Beklagten sei ganz einfach jedes Mittel recht gewesen, durch welches dem Kläger die Ausübung seines Vorkaufsrechtes verunmöglicht werden sollte. Die Beklagten wenden ein, sie seien in jeder Hinsicht gutgläubig gewesen. Indem das Obergericht sie nicht zum entsprechenden Beweis zugelassen habe, habe es gegen Art. 8 ZGB verstossen. Ausserdem habe die Vorinstanz auch Art. 3 ZGB verletzt, da sie zu Unrecht dem Kläger nicht den Beweis für ihren bösen Glauben bzw. für rechtsmissbräuchliche Verhaltensweisen des Jakob Bommer und des Zweitbeklagten zugeschoben habe. Im übrigen hätten sie, die Beklagten, nicht die geringste Handlung vorgenommen, welche darauf hinausgelaufen wäre, dass der Grundbuchverwalter keine Mitteilung an den Kläger gemacht habe; sie hätten ja nicht einmal in Erwägung gezogen, dass ein Vorkaufsfall gegeben sei. Dass sie gar nicht daran gedacht hätten, dem Kläger könnte ein Vorkaufsrecht bezüglich der Parzelle Nr. 115 zustehen, scheinen die Beklagten damit begründen zu wollen, dass nach dem Verkauf der Parzelle Nr. 312 an Bürge die einschlägigen Bestimmungen des EGG auf das landwirtschaftliche Gewerbe des Jakob Bommer gar nicht mehr anwendbar gewesen seien. Insofern sind ihre Vorbringen jedoch von vornherein unbehelflich. Wie aus Erwägung 4 erhellt, dürfen die beiden Verkäufe nicht einzeln betrachtet werden. Was zudem die Erstbeklagten betrifft, so haben sich diese als Rechtsnachfolger von Jakob Bommer dessen Wissen und Handeln anrechnen zu lassen. Jakob Bommer muss nun aber gewusst haben, dass die an Max Bürge verkaufte Parzelle Nr. 312 mit einem gesetzlichen Vorkaufsrecht belastet war. Denn nur so lässt sich die Klausel im Vertrag mit Bürge erklären, wonach jener nur gelte, wenn die Vorkaufsberechtigten gemäss EG zum EGG auf die Ausübung des Vorkaufsrechtes verzichteten. Jedenfalls mit Bezug auf Jakob Bommer ist aus dem Gesagten ohne weiteres zu schliessen, dass es ihm von Anfang an darum gegangen war, den BGE 109 II 245 S. 255 Kläger an der Übernahme des väterlichen Heimwesens zu den günstigen Bedingungen des EGG zu hindern. Ob das gleiche von den Erstbeklagten gesagt werden kann, mag dahingestellt bleiben, da sie sich das Verhalten ihres Rechtsvorgängers entgegenhalten lassen müssen. Sodann ist darauf hinzuweisen, dass laut Entscheid des urteilenden Gerichts vom 24. April 1979 in Sachen Bürge der Kläger seinem Vater Jakob Bommer am 19. November 1974 mitgeteilt hatte, dass er die an Max Bürge verkaufte Parzelle Nr. 312 seinerseits käuflich erwerben wolle. Mit Schreiben seines Anwalts vom 29. Mai 1975 an das Grundbuchamt erklärte der Kläger ferner vorsorglich, d.h. für den Fall, dass ein Vorkaufsfall überhaupt eingetreten sein sollte, bezüglich der gleichen Parzelle das Vorkaufsrecht auszuüben. Trotz dieser eindeutigen Haltung des Klägers liess es Jakob Bommer zu, dass der Vertrag über den Verkauf der Parzelle Nr. 312 an Max Bürge ins Grundbuch eingetragen wurde. Dieser Eintrag führte dann dazu, dass die Fläche seines landwirtschaftlichen Gewerbes unter die Drei-Hektaren-Limite sank und dass sich der Grundbuchverwalter deshalb nicht mehr veranlasst sah, beim zweiten Verkauf die durch das EGG gebotenen Massnahmen, insbesondere die Mitteilung an den Kläger, anzuordnen. Dass der Kläger vom Verkauf der Parzelle Nr. 115 an den Zweitbeklagten zu spät erfuhr und sein Vorkaufsrecht nicht rechtzeitig geltend machen konnte, ist nach dem Gesagten letztlich auf ein fehlerhaftes Verhalten von Jakob Bommer zurückzuführen. Wenn die Erstbeklagten als dessen Rechtsnachfolger die Einrede der Verwirkung erheben, verstossen sie deshalb gegen Treu und Glauben (vgl. SPIRO, Die Begrenzung privater Rechte durch Verjährungs-, Verwirkungs- und Fatalfristen, 2. Bd., S. 1056). Insofern verletzt der angefochtene Entscheid kein Bundesrecht. Das Obergericht hält fest, die Absichten des Klägers seien auch dem Zweitbeklagten offensichtlich bekannt gewesen. Diese Feststellung der Vorinstanz reicht indessen nicht aus, auch dem Zweitbeklagten entgegenzuhalten, die Einrede der Verwirkung verstosse gegen Art. 2 ZGB . Letzteres könnte nur dann gesagt werden, wenn der Zweitbeklagte vom Verkauf der Parzelle Nr. 312 an Max Bürge Kenntnis gehabt und darüber hinaus auch gewusst haben sollte, dass jene Handänderung den Zweck hatte, im Sinne des oben Ausgeführten die Anwendbarkeit des EGG und damit das Vorkaufsrecht des Klägers auszuschalten. Feststellungen darüber, was der Zweitbeklagte über die Handänderung Jakob Bommer/Max Bürge BGE 109 II 245 S. 256 konkret gewusst habe, fehlen im angefochtenen Entscheid. Das Obergericht führt zwar aus, den Beklagten - also sowohl den Erben des Jakob Bommer wie auch Karl Flammer - sei ganz einfach jedes Mittel recht gewesen, um dem Kläger die Ausübung seines Vorkaufsrechtes zu vereiteln. Darin kann jedoch nicht eine tatsächliche Feststellung im Sinne von Art. 63 Abs. 2 OG erblickt werden, die für das Bundesgericht verbindlich wäre. Vielmehr handelt es sich bei der vorinstanzlichen Feststellung um eine moralische Wertung. Was den Zweitbeklagten betrifft, so ist nicht ersichtlich, worauf sich das Obergericht hiebei gestützt hat. Die vorhandenen tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid reichen nach dem Gesagten nicht aus, den vom Kläger geltend gemachten Anspruch abschliessend zu beurteilen. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese im Sinne des oben Ausgeführten das Wissen des Zweitbeklagten im Zusammenhang mit beiden Handänderungen näher abkläre und hernach neu entscheide.
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Urteilskopf 117 IV 119 25. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 12. August 1991 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft gegen R. und Z. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste 1. Gewerbsmässige Hehlerei ( Art. 144 Abs. 3 StGB ). Fall einer Gruppe von drei Personen, die in wechselnder Zusammensetzung insbesondere Lebensmittel stahl, welche von dem an den Diebstählen jeweils nicht beteiligten Gruppenmitglied durch Mitverzehr gehehlt wurden. Gewerbsmässigkeit in bezug auf die Hehlerei unter anderem unter Hinweis auf die vergleichsweise niedrigen Deliktsbeträge verneint (E. 1c). 2. Rückfall ( Art. 67 StGB ). Die angerechnete Untersuchungshaft ist jedenfalls dann nicht der Strafverbüssung im Sinne von Art. 67 StGB gleichzusetzen, wenn sie an eine bedingt vollziehbare Strafe angerechnet wurde und der bedingte Strafvollzug erst nach den neuen Taten gerade wegen derselben widerrufen worden ist (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 120 BGE 117 IV 119 S. 120 A.- Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft sprach in zweiter Instanz mit Urteil vom 23. Januar 1990 R. und Z. des bandenmässigen und gewerbsmässigen Diebstahls, der fortgesetzten Hehlerei, der wiederholten Sachbeschädigung sowie der Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz und gegen das Strassenverkehrsgesetz schuldig und bestrafte sie mit je einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von 10 Monaten und einer bedingt vorzeitig löschbaren Busse von Fr. 150.-- bzw. Fr. 200.--. Ihnen wird vorgeworfen, zusammen mit einer dritten Person eine Bande gebildet und insbesondere in der Zeit von Juli 1988 bis Anfang März 1989 teilweise alleine, meistens aber in wechselnder Zusammensetzung zu zweit zahlreiche Diebstähle begangen und das jeweils von den andern Mitgliedern der Gruppe erbeutete Diebesgut teilweise, unter anderem durch Mitverzehr gestohlener Lebensmittel, gehehlt zu haben. B.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen zur Verurteilung von R. und Z. auch wegen gewerbsmässiger Hehlerei, im Falle von Z. unter Anwendung von Art. 67 StGB . Von den Beschwerdegegnern gingen keine Vernehmlassungen ein. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. c) Im Lichte der neuen Rechtsprechung ( BGE 116 IV 319 ) ist die Gewerbsmässigkeit in bezug auf die den Beschwerdegegnern zur Last gelegte fortgesetzte Hehlerei klarerweise zu verneinen. Zwar haben die Beschwerdegegner, die keiner geregelten Arbeit nachgingen, innert drei Monaten unter acht bzw. neun Malen Hehlereien an Waren im Wert von insgesamt etwas mehr als Fr. 1'000.-- (so die Beschwerdegegnerin R.) bzw. von total knapp Fr. 2'000.-- (so der Beschwerdegegner Z.) verübt und damit einen Teil ihres vergleichsweise anspruchslosen Lebensunterhalts finanziert. Insoweit kann davon ausgegangen werden, dass sie sich auf BGE 117 IV 119 S. 121 eine deliktische Tätigkeit eingerichtet hatten. Von einem namhaften Beitrag an die Kosten zur Finanzierung der Lebensgestaltung kann dabei jedoch auch unter Berücksichtigung der vergleichsweise bescheidenen Ansprüche der Beschwerdegegner nicht gesprochen werden. Insbesondere sind aber die fraglichen Deliktsbeträge in absoluten Zahlen niedrig; die Höhe des Deliktsbetrages ist zwar nicht das einzige, aber doch ein wesentliches Kriterium für die Beurteilung der Frage, ob Gewerbsmässigkeit gegeben sei. Angesichts der niedrigen Deliktsbeträge wäre die Annahme von Gewerbsmässigkeit und damit die Ausfällung einer vergleichsweise sehr hohen Zuchthausstrafe von mindestens einem Jahr, wie Art. 144 Abs. 3 StGB sie vorsieht, höchstens dann allenfalls gerechtfertigt, wenn aussergewöhnliche Umstände vorlägen, die gerade in bezug auf die Hehlerei auf eine grosse kriminelle Energie und damit eine erhebliche soziale Gefährlichkeit der Beschwerdegegner schliessen liessen. Solche Umstände sind offensichtlich nicht gegeben. Jeder der beiden Beschwerdegegner beging die fortgesetzte Hehlerei jeweils an Waren, vorwiegend Lebensmitteln, welche sein Partner allein oder zusammen mit dem Dritten gestohlen hatte, und jeder trat insoweit nach den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil lediglich in der passiven Rolle des Beschenkten und gleichsam als Konsument auf. Hinzu kommt, dass nach den weiteren zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid die Beschwerdegegner insoweit gar nicht wegen Hehlerei hätten verurteilt werden können, wenn sie sich nicht auf den Mitverzehr der von den Partnern gestohlenen Waren beschränkt, sondern sich an diesen Diebstählen als Mittäter aktiv beteiligt hätten (vgl. dazu TRECHSEL, Kurzkommentar, Art. 144 StGB N 18, STRATENWERTH, Strafrecht Bes. Teil I, 3. Aufl., § 15 N 27 ). Gerade unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs, dem nach Meinung der Beschwerdeführerin Rechnung zu tragen ist, wiegt das in den Hehlereien liegende Unrecht nicht schwer. Das Schwergewicht sowohl des Handlungs- als auch des Erfolgsunwerts liegt in einem Fall der vorliegenden Art, in dem eine Gruppe von drei Personen sich zusammenschloss, um durch Straftaten in wechselnder Zusammensetzung einen Teil des Lebensunterhalts zu finanzieren, in den Diebstählen, nicht in den daran anschliessenden Hehlereien an den von den Partnern gestohlenen Waren. Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist daher in diesem Punkt abzuweisen. BGE 117 IV 119 S. 122 2. a) Gegenüber dem Beschwerdegegner Z. verneinte die Vorinstanz den Strafschärfungsgrund des Rückfalls gemäss Art. 67 StGB . Dieser war mit Urteil des Strafgerichts des Kantons Basel-Landschaft vom 1. Juni 1988 zu einer bedingt aufgeschobenen Gefängnisstrafe von drei Monaten, abzüglich die Untersuchungshaft von einem Tag, erstanden am 23./24. Februar 1988, verurteilt worden. Im nunmehr in Frage stehenden Strafverfahren widerrief das Strafgericht Basel-Landschaft als erste Instanz den bedingten Strafvollzug für diese Gefängnisstrafe, was im Berufungsverfahren vor Obergericht unangefochten blieb. Im angefochtenen Urteil kommt die Vorinstanz zum Schluss, infolge der Anrechnung von einem Tag Untersuchungshaft habe der Beschwerdegegner zwar eine Gefängnisstrafe innert weniger als fünf Jahren vor seinen neuen strafbaren Handlungen teilweise verbüsst. Als Strafverbüssung im Sinne des Art. 67 StGB habe die ausgestandene Untersuchungshaft aber nach der Lehre grundsätzlich nur dann zu gelten, wenn sie auf eine unbedingt ausgesprochene Strafe angerechnet worden sei. Dass im vorliegenden Fall die bedingt ausgesprochene Strafe bezüglich der alten Taten im Verfahren betreffend die neuen Taten für vollstreckbar erklärt wurde, ändere nichts daran, dass die Anwendung von Art. 67 StGB ausgeschlossen sei. Die Vorinstanz hält sodann fest, dass die Gleichsetzung von einem Tag ausgestandener Untersuchungshaft mit einer verbüssten Freiheitsstrafe dem Sinn und Zweck von Art. 67 StGB zuwiderliefe, da ein einziger Tag Untersuchungshaft keine ernste Mahnung sei, deren Missachtung die Strafschärfung für den Rückfalltäter im Sinne von Art. 67 StGB einzig rechtfertige. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Anwendung von Art. 67 im Sinne der bundesgerichtlichen Praxis könne nicht von der Zahl angerechneter Tage Untersuchungshaft abhängen und auch nicht davon, ob die Anrechnung seinerzeit auf eine bedingte oder unbedingte Freiheitsstrafe erfolgt sei; massgebend sei nach der ratio legis allein, dass der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre bereits einen entsprechenden Freiheitsentzug (egal von welcher Dauer) durchgemacht gehabt habe und sich dadurch dennoch nicht von weiteren Straftaten habe abhalten lassen; dies treffe vorliegend zu. b) Nach Art. 67 StGB liegt Rückfall vor, wenn der Täter zu Zuchthaus oder Gefängnis verurteilt wird und zur Zeit der Tat noch nicht fünf Jahre vergangen sind, seit er eine Zuchthaus- oder Gefängnisstrafe ganz oder teilweise verbüsst hat. BGE 117 IV 119 S. 123 Die ausgestandene Untersuchungshaft wird im Falle ihrer Anrechnung an die ausgefällte Strafe nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich der Strafverbüssung im Sinne von Art. 67 StGB gleichgesetzt ( BGE 84 IV 9 , 103 IV 148). Diese Rechtsprechung ist in der Literatur kritisiert worden (insbesondere SCHULTZ, Strafrecht Allg. Teil II, 4. Aufl., S. 85, derselbe, ZBJV 114/1978, S. 464 f.; ferner RIKLIN, Rückfall und Bewährung im schweizerischen Strafrecht, ZStrR 102/1985, S. 275). Ob an ihr festzuhalten ist, kann hier offenbleiben. Wird einem Verurteilten, dem die Untersuchungshaft angerechnet wird, der bedingte Strafaufschub zugebilligt, so bezieht sich dies auf die ganze ausgesprochene Strafe und nicht bloss auf den nach dieser Anrechnung noch zu verbüssenden Strafrest. Die Wirkung der Anrechnung tritt somit nicht schon mit der Rechtskraft des Urteils ein, sondern erst, wenn der bedingte Strafvollzug wegen Nichtbewährung widerrufen wird ( BGE 84 IV 10 mit Hinweis; STRATENWERTH, Strafrecht Allg. Teil II, § 7 N 110 Fn. 14; eingehend SCHWANDER, Der Rückfall, ZStrR 80/1964, S. 356). Demnach sind vorliegend die Voraussetzungen des Rückfalls trotz der Verbüssung von einem Tag angerechneter Untersuchungshaft weniger als fünf Jahre vor den neuen Taten nicht erfüllt, da die Anrechnung an eine bedingte Strafe erfolgte und der bedingte Strafvollzug erst nach der Verübung der jetzt zur Beurteilung stehenden Straftaten gerade wegen derselben widerrufen worden ist. Allerdings wird in der Regeste zu BGE 84 IV 8 und zu BGE 103 IV 148 in gleicher Weise ausgeführt, Rückfall sei auch dann gegeben, "wenn die frühere Zuchthaus- oder Gefängnisstrafe nicht vollstreckt, jedoch durch Anrechnung der Untersuchungshaft ganz oder teilweise als getilgt erklärt worden ist". Nach einer zutreffenden Bemerkung im angefochtenen Urteil ist jedoch nicht der Text der Regeste, sondern sind die Erwägungen im Entscheid massgebend. In den genannten Bundesgerichtsentscheiden wurde, wie die zitierten Erwägungen in BGE BGE 84 IV 10 zeigen, entgegen dem durch den Wortlaut der Regeste erweckten Anschein nicht erkannt, angerechnete Untersuchungshaft gelte auch bei Gewährung des bedingten Strafvollzugs in jedem Fall als im Sinne von Art. 67 StGB massgebliche Strafverbüssung. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist somit auch in diesem Punkt abzuweisen.
null
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de
1,991
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CH_BGE_006
CH
Federation
103b9cc3-7ffa-4d76-818f-ae0aaef860a1
Urteilskopf 115 V 115 18. Arrêt du 27 avril 1989 dans la cause D. contre Caisse de prévoyance du personnel enseignant de l'instruction publique et des fonctionnaires de l'Administration du canton de Genève (CIA) et Tribunal des assurances du canton de Genève
Regeste Art. 47 Abs. 1 AHVG , Art. 63 und 64 OR : Grundlage und Umfang der Pflicht zur Rückerstattung von unrechtmässig ausbezahlten Vorsorgeleistungen. - Begehren um Rückerstattung eines von der Vorsorgeeinrichtung zu Unrecht ausbezahlten "IV-Vorschusses". Ist ein solches Begehren auf Art. 47 Abs. 1 AHVG oder auf Art. 63 Abs. 1 OR zu stützen? Frage offengelassen. - Der Umstand, dass das Reglement der Vorsorgeeinrichtung keine Milderung der Rückerstattungspflicht vorsieht, stellt in Anbetracht der Natur der in Frage stehenden Leistungen keine Lücke dar, welche der Richter in Anlehnung an Art. 47 Abs. 1 Satz 2 AHVG oder Art. 64 OR zu füllen hätte.
Sachverhalt ab Seite 115 BGE 115 V 115 S. 115 A.- Affiliée à la Caisse de prévoyance du personnel enseignant de l'Instruction publique et des fonctionnaires de l'Administration du canton de Genève (CIA), Marie-Anne D., née en 1929, a été reconnue invalide par cette caisse avec effet au 1er janvier 1984. Elle s'est vu octroyer à ce titre une rente d'invalidité mensuelle de 2'885 francs pour elle-même, ainsi qu'une rente de 828 fr. 50 par mois pour son fils mineur. La CIA a également alloué à son assurée une "avance AI" de 979 francs par mois, dès le 1er janvier 1984. La bénéficiaire a pris l'engagement écrit, si une décision de l'assurance-invalidité BGE 115 V 115 S. 116 fédérale lui était favorable et qu'une rente de cette assurance lui fût payée avec effet rétroactif, de rembourser le montant qui lui aurait été avancé. En décembre 1984, Marie-Anne D. a communiqué à la CIA une décision par laquelle l'assurance-invalidité lui accordait rétroactivement au 1er décembre 1983 une rente entière simple (1'380 francs par mois en 1984), assortie d'une rente complémentaire pour son fils (828 francs par mois). La CIA ne s'est pas rendu compte immédiatement que la pièce communiquée constituait effectivement une décision de rente de l'assurance-invalidité; aussi a-t-elle continué de verser l'"avance AI". C'est en septembre 1986 seulement qu'elle s'est aperçue de son erreur et qu'elle a requis de son affiliée la restitution des avances versées par elle jusqu'au mois d'août 1986, soit 31'328 francs (32 mensualités de 979 francs). L'assurée ayant contesté devoir à la CIA le montant réclamé, se prévalant de la violation du principe de la bonne foi par la caisse, celle-ci a rendu une "décision", du 18 décembre 1986, par laquelle elle déclarait maintenir sa prétention. B.- Marie-Anne D. a interjeté recours devant le Conseil d'Etat de la République et canton de Genève. Elle reconnaissait devoir à la CIA les avances faites pendant l'année 1984 (12 x 979 francs = 11'748 francs), mais contestait en revanche toute obligation de rembourser le solde (19'580 francs). Par arrêté du 30 novembre 1987, le Conseil d'Etat a transmis la cause à la Cour de justice du canton de Genève. Par jugement du 28 janvier 1988, cette autorité, statuant comme tribunal cantonal des assurances, a rejeté le "recours" de l'assurée et il a condamné cette dernière à verser à la CIA le montant de 31'328 francs. C.- Contre ce jugement, Marie-Anne D. interjette un recours de droit administratif dans lequel elle conclut à la libération du paiement de la somme de 19'580 francs. La CIA conclut au rejet du recours et demande en outre au tribunal de "fixer le montant des acomptes mensuels que la CIA sera autorisée à retenir sur la pension de Dame D. jusqu'à extinction de la dette de Fr. 31'328.--". Pour sa part, l'Office fédéral des assurances sociales renonce à présenter une proposition. Erwägungen Considérant en droit: 1. (Compétence) 2. (Pouvoir d'examen) BGE 115 V 115 S. 117 3. Considérant que la recourante avait reçu des prestations indues, les premiers juges ont examiné la présente affaire sous l'angle de l'enrichissement illégitime au sens des art. 62 ss CO et sont parvenus à la conclusion que, sur cette base, l'obligation de restituer était, in casu, fondée quant à son principe. Ils ont au surplus estimé que l'intéressée ne pouvait être libérée de son obligation de restituer, faute de remplir les conditions de l' art. 64 CO . Enfin, ils ont constaté que la solution n'eût pas été différente si l'on eût appliqué, par analogie, l'art. 47 al. 1, deuxième phrase, LAVS, la condition de la charge trop lourde n'étant pas remplie selon eux. De son côté, la recourante se prévaut de sa bonne foi. Elle fait valoir qu'elle a toujours admis le principe du remboursement des "avances AI" de la CIA et qu'elle a communiqué en temps utile la décision par laquelle l'assurance-invalidité fédérale la mettait au bénéfice d'une rente; elle ne saurait, selon elle, pâtir d'une erreur de la caisse. En outre, elle prétend qu'elle n'était plus enrichie au moment de la demande de restitution, ayant affecté les montants reçus à des voyages d'agrément notamment. a) La possibilité pour un rentier de la CIA d'obtenir une "avance AI" est réglementée par les art. 35 et 36 des statuts de la caisse qui contiennent, en particulier, les dispositions suivantes: Art. 35: En cas d'invalidité constatée selon la procédure prévue à l'art. 32, la caisse verse à titre d'avance, mais au plus tard jusqu'à la fin du mois au cours duquel l'invalide atteint l'âge de 62 ans s'il s'agit d'une femme, de 65 ans s'il s'agit d'un homme, une pension complémentaire d'invalidité calculée sur la base de la déduction de coordination et du taux, limité au maximum à 60% de la pension d'invalidité. Art. 36 al. 2: Le droit à la pension complémentaire d'invalidité s'éteint dès que le membre est reconnu invalide, au même taux, par l'AI. Art. 36 al. 3: Le membre est tenu de rembourser à la caisse les arrérages reçus par lui de l'AI pendant la durée du paiement de la pension par la CIA, mais au maximum jusqu'à concurrence des montants versés par elle. A défaut de remboursement de ce montant, le comité peut le récupérer en procédant à des déductions sur la pension d'invalidité selon l'art. 32. Il ressort de ces dispositions que l'"avance AI" est destinée à garantir au rentier un revenu transitoire suffisant jusqu'au moment où l'assurance-invalidité fédérale statue sur ses droits. Comme sa dénomination l'indique, l'avance est remboursable, non pas directement en tant que telle, mais par l'obligation qui est faite au bénéficiaire de restituer ultérieurement à la caisse les rentes de BGE 115 V 115 S. 118 l'assurance-invalidité qui lui échoient, jusqu'à concurrence des avances reçues. b) Comme le relèvent à juste titre les premiers juges, l'obligation de restituer l'indu se fonde en premier lieu sur les dispositions spéciales qui la prévoient et, à défaut, sur les règles générales de l'enrichissement illégitime au sens des art. 62 à 67 CO (voir également GRISEL, Traité de droit administratif, p. 619; KNAPP, Précis de droit administratif, 3e éd., p. 18, No 86; ATF 106 Ib 412 ). En matière d'AVS, la même obligation découle de l' art. 47 al. 1 LAVS . Cette disposition, reprise de la première réglementation légale des allocations pour perte de gain (WIDMER, Die Rückerstattung unrechtmässig bezogener Leistungen in den Sozialversicherungen, thèse Bâle 1984, p. 13 ss), s'applique par renvoi dans l'assurance-invalidité ( art. 49 LAI ) et dans le régime des prestations complémentaires ( art. 27 al. 1 OPC -AVS). Elle a directement inspiré les art. 95 LACI et 52 LAA et, sauf disposition statutaire idoine, elle est aussi applicable par analogie aux prestations d'assurance-maladie versées à tort (voir p.ex. ATF 112 V 193 consid. 3; ATFA 1967 p. 5). On peut ainsi constater qu'elle a été transposée dans la plupart des régimes d'assurances sociales (voir cependant, en ce qui concerne l'assurance militaire, l' art. 48 al. 6 LAM et WIDMER, op.cit., p. 11 s.). La LPP, qui se rapporte pour l'essentiel de ses dispositions à la prévoyance professionnelle obligatoire ( art. 49 al. 2 LPP ), ne renferme pas de norme relative à la restitution de prestations payées à tort par une institution de prévoyance. A ce jour, le Tribunal fédéral des assurances n'a pas eu à examiner s'il convient, en ce domaine, de se fonder sur la règle générale de l' art. 63 al. 1 CO ou, éventuellement, sur l' art. 47 LAVS , considéré comme l'expression d'un principe de portée générale en droit des assurances sociales. Il sied cependant d'observer d'emblée qu'une transposition pure et simple de l' art. 47 LAVS dans le domaine de la prévoyance professionnelle engendrerait quelque difficulté, car l'application de cet article suppose entre le créancier et le débiteur un rapport d'autorité permettant au premier d'exiger du second, par voie de décision, qu'il exécute son obligation (cf. ATFA 1967 p. 14 consid. 3d). Or, les institutions de prévoyance de droit privé n'ont pas le pouvoir de rendre des décisions dont l'autorité est celle d'actes administratifs ( ATF 112 Ia 184 consid. 2a). Quant aux institutions de droit public, il est douteux qu'elles aient conservé BGE 115 V 115 S. 119 ce pouvoir après l'entrée en vigueur de la LPP ( ATF 113 V 200 consid. 2). Quoi qu'il en soit, et compte tenu de ce qui sera exposé ci-après, la question soulevée ici peut demeurer indécise. c) Dans le domaine de la prévoyance qui excède le minimum obligatoire (dite prévoyance pré-obligatoire, sous-obligatoire et sur-obligatoire) ou, en d'autres termes, de la prévoyance plus étendue (cf. ATF 114 V 37 in initio), dont relèvent les avances litigieuses, les droits et les obligations des assurés en matière de prestations découlent principalement du règlement de prévoyance. Lorsque l'affilié est au service d'une entreprise privée, ce règlement est le contenu préformé d'un contrat (sui generis) dit de prévoyance, à savoir ses conditions générales, auxquelles l'intéressé se soumet expressément ou par actes concluants ( ATF 112 II 249 consid. Ib; RIEMER, Vorsorge-, Fürsorge- und Sparverträge der beruflichen Vorsorge, in Festgabe zum 60. Geburtstag von Walter R. Schluep, p. 236 ss). Dans le cas des institutions de droit public, les dispositions nécessaires sont édictées par la collectivité dont elles dépendent ( art. 50 al. 2 LPP ), de sorte que les rapports juridiques entre l'institution et l'affilié sont en principe régis par le droit public, fédéral, cantonal ou communal (cf. RIEMER, loc.cit., p. 233; voir également, du même auteur: Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, p. 107, note 27). L'on ne pourrait ainsi invoquer une règle générale ( art. 63 al. 1 CO ou art. 47 al. 1 LAVS ) sur la restitution qu'en l'absence d'une norme statutaire ou réglementaire topique. Mais, comme on l'a vu, l'art. 36 al. 3 des statuts de l'intimée pose le principe du remboursement à la CIA des arrérages reçus de l'assurance-invalidité pendant la durée du paiement de la pension complémentaire allouée par la CIA. Même si cette disposition ne vise pas à proprement parler, les avances touchées indûment, c'est là une base - de droit public - adéquate pour fonder, quant à son principe, la créance en restitution de l'intimée. d) D'une manière générale, le règlement de l'intimée ne prévoit rien quant à un assouplissement de l'obligation de rembourser des prestations éventuellement perçues à tort. Il ne contient aucune référence aux règles sur l'enrichissement illégitime, notamment à l' art. 64 CO , selon lequel le débiteur qui a utilisé de bonne foi ou dans l'ignorance de l'obligation de restituer une prestation reçue indûment n'est tenu de la rembourser que dans la mesure où il est encore enrichi. Il ne fait pas non plus bénéficier d'une remise de BGE 115 V 115 S. 120 dette le débiteur de bonne foi que l'obligation de rembourser placerait dans une situation difficile (art. 47 al. 1, deuxième phrase, LAVS; sur cette dernière notion, voir p.ex. ATF 111 V 130 ). Compte tenu de la nature même des prestations ici en cause, un tel silence ne peut pas être considéré comme une lacune qu'il appartiendrait au juge de combler, en s'inspirant de l'une ou l'autre des dispositions précitées. Par définition, les avances litigieuses sont sujettes à répétition, la seule condition étant que l'affilié soit mis ultérieurement au bénéfice d'une rente de l'assurance-invalidité fédérale. De fait, elles sont aussi remboursables lorsqu'elles ont été perçues à bon droit, cela indépendamment de la situation économique du débiteur et quand bien même ce dernier se serait cru dispensé de les restituer; si, dans le cours normal des choses, l'intéressé est tenu à restitution, il doit en être de même, à plus forte raison, lorsqu'il apparaît après coup que les avances ont été, en tout ou partie, versées à tort en raison d'une erreur ou d'une inadvertance de l'institution de prévoyance. Dans ce même ordre d'idées, le Tribunal fédéral des assurances a déjà eu l'occasion de juger que l' art. 47 al. 1 LAVS n'était pas applicable lorsqu'une caisse-maladie demande à un affilié le remboursement de prestations (non assurées) qu'elle a avancées à un établissement hospitalier, en vertu d'une garantie de paiement; en pareille hypothèse, précisément parce qu'il s'agit aussi d'une avance, une remise de dette est exclue ( ATF 112 V 194 ). Au demeurant, on ne voit guère que les art. 64 CO ou 47 al. 1, deuxième phrase, LAVS puissent être invoqués avec succès en l'espèce: tout assuré est censé savoir, par la lecture du règlement, que les "avances AI" (fussent-elles versées à tort) ont un caractère provisoire qui interdit de les considérer comme définitivement acquises. Cela suffirait à exclure la bonne foi d'un assuré ayant touché simultanément une rente de l'assurance-invalidité et des "avances AI". Du reste, la recourante ne prétend pas s'être trompée sur la nature exacte des versements perçus, et cela avec raison, dès lors qu'elle s'était engagée par écrit à restituer de toute façon l'avance faite par la CIA. Entendue en procédure cantonale, elle a même précisé à ce propos: "Je savais que je devrais restituer l'avance AI que la CIA continuait à me verser après que j'eus envoyé la décision de l'AI fédérale à la CIA." 4. Quant au moyen tiré d'une prétendue violation du droit à la protection de la bonne foi, invoqué en première instance, il ne résiste pas à l'examen. BGE 115 V 115 S. 121 Pour que les conditions de ce droit soient réalisées, il faut, entre autres exigences, que l'administré (ou l'assuré) n'ait pu se rendre compte immédiatement de l'inexactitude de la décision obtenue (soit, in casu, le maintien de l'"avance AI") et qu'il se soit fondé sur le renseignement ou les assurances reçues pour prendre des dispositions qu'il ne saurait modifier sans subir un préjudice (voir p.ex. ATF 112 V 119 consid. 3a, ATF 111 V 71 consid. 4c, ATF 110 V 155 consid. 4b). Or, dans le cas particulier, l'erreur de l'institution de prévoyance était d'emblée reconnaissable pour la recourante, qui avait transmis à la CIA la décision de l'assurance-invalidité la concernant. Quant à la deuxième des conditions précitées, il n'est nullement allégué que les dépenses que la recourante prétend avoir consacrées à des voyages n'eussent point été effectuées par celle-ci en l'absence de versements indus. 5. Force est donc d'admettre, en conclusion, que la recourante est tenue de restituer la totalité du montant de 31'328 francs. Le recours de droit administratif se révèle ainsi mal fondé. L'intimée demande par ailleurs au Tribunal fédéral des assurances de fixer le montant des acomptes mensuels qu'elle sera autorisée à retenir sur la pension de la recourante, jusqu'à extinction de la dette de 31'328 francs, cela en application de l'art. 36 al. 3 du règlement. Cependant, il n'appartient pas au Tribunal fédéral des assurances de trancher cette question, sur laquelle ni les premiers juges ni la recourante ne se sont exprimés. Il incombera à la CIA de fixer le montant en cause en tenant compte de l'ensemble des circonstances, en particulier de la situation économique de l'intéressée, et après avoir donné à celle-ci la possibilité de se déterminer. 6. (Frais et dépens) Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral des assurances prononce: Le recours est rejeté.
null
nan
fr
1,989
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
103bab27-4e11-4669-89e4-3701a5ea74b1
Urteilskopf 112 II 268 46. Urteil der I. Zivilabteilung vom 6. Mai 1986 i.S. Denner AG gegen Schweizerischen Bierbrauerverein und Mitbeteiligte (Berufung)
Regeste Kartellrecht. Unlauterer Wettbewerb. 1. Ob eine abgeurteilte Sache vorliegt, ist im Berufungsverfahren von Amtes wegen zu prüfen. Offengelassen, ob der kantonale Richter die Prüfung von einer Einrede abhängig machen darf (E. I/1a). Identität der Ansprüche oder neue Tatsachen? Substantiierung und Beweis (E. I/1b). Identität der Parteien (E. I/1c)? 2. Art. 4 Abs. 1 KG . Erheblichkeit der Wettbewerbsbehinderung: Bedeutung dieses Erfordernisses nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes E. I/2a und b). Umstände, unter denen eine Liefersperre wegen Auswirkungen auf die Handlungsfreiheit des Betroffenen als erheblich zu bezeichnen ist (E. I/2c). 3. Art. 5 Abs. 2 lit. c und e KG . Rechtfertigungsgründe: Massgebende tatsächliche Verhältnisse, schutzwürdige Interessen und allgemeine Grundsätze (E. I/3a und b). Anspruch auf nähere Abklärung der Verhältnisse, die bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen sind (E. I/3c). 4. Art. 36 Abs. 2 und 46 OG . Schätzung des Streitwertes durch den kantonalen Richter; Befugnisse des Bundesgerichts (E. II/1). 5. Art. 1 Abs. 2 lit. a UWG . Umstände, unter denen gewagte Behauptungen in Werbetexten sich nicht als unnötig verletzend ausgeben lassen (E. II/2).
Sachverhalt ab Seite 269 BGE 112 II 268 S. 269 A.- Der Schweizerische Bierbrauerverein (SBV) und seine Mitglieder belegten die Denner AG im Herbst 1969 erstmals mit einer Liefersperre, um eine Preisbindung zweiter Hand durchzusetzen. Mit Urteil vom 28. November 1972 erklärte das Bundesgericht die Sperre für zulässig, solange die Denner AG sich der Preisbindung, die für die 6 dl (heute 58 cl) Mehrwegflasche Lagerbier im Detailverkauf einen Mindest- oder Interventionspreis von 80 und bei harassweisem Verkauf von 75 Rp. vorsah, nicht unterziehe ( BGE 98 II 365 ff.). Im Jahre 1980 übernahm die Denner AG von der Firma Merkur eine Kette von Lebensmittelgeschäften, die von SBV-Mitgliedern weiterhin mit Markenbier beliefert wurden, nachdem die Denner AG sich verpflichtet hatte, den vom SBV festgesetzten Interventionspreis von damals Fr. 1.-- einzuhalten. Am 1. November 1981 erhöhte der SBV diesen Preis auf Fr. 1.10. Die Denner AG widersetzte sich der Erhöhung und verkaufte die 58 cl Mehrwegflasche BGE 112 II 268 S. 270 Lagerbier auch nachher zum alten Preis. Der SBV belegte sie daraufhin wieder mit einer Liefersperre. B.- In November 1982 klagte die Denner AG gegen den SBV und fünf SBV-Mitglieder mit verschiedenen Rechtsbegehren. Sie verlangte insbesondere, das dem Beklagten 1 unter Androhung von Strafe befohlen werde, die Liefersperre von 1981 zu widerrufen und die ihm angeschlossenen Brauereien zu veranlassen, sie unabhängig von ihren Endverkaufspreisen zu beliefern und ihre Bestellungen zu gleichen Bedingungen wie bei andern Grossverteilern auszuführen; eventuell mindestens dann, wenn die 58 cl Mehrwegflasche Lagerbier von ihr zu Fr. 1.-- verkauft werde (Begehren 1-3 und 6). Mit ähnlichen Anträgen wandte sich die Klägerin gegen die beklagten SBV-Mitglieder (Begehren 4-6). Sie wollte ferner festgestellt wissen, dass die Beklagten den ihr durch die Sperre von 1981 verursachten Schaden solidarisch zu ersetzen haben (Begehren 7). Die Beklagten widersetzten sich diesen Begehren und erhoben wegen unlauteren Wettbewerbs Widerklage mit den Anträgen, der Klägerin Werbeangaben, wie, die Beklagten setzten konsumentenfeindliche Verkaufspreise durch und zerstörten kleine Brauereien, zu verbieten. Im weiteren Verfahren ergänzten sie die Widerklage mit den Anträgen, es sei festzustellen, dass ein am 15. November 1983 veröffentlichtes Inserat mit der Schlagzeile "Spitzenbiere bei Denner immer billiger als Kartellbier" falsche bzw. irreführende Preisangaben und -vergleiche enthalte; der Klägerin seien weitere solche Inserate zu verbieten und die Beklagten zu ermächtigen, das gutheissende Urteil über die Widerklage zu veröffentlichen. Am 16. November 1984 wies das Handelsgericht des Kantons Zürich die Hauptklage ab (Urteilsspruch Ziff. 1). Die Widerklage hiess es teilweise gut, indem es der Klägerin bei Strafe verbot, in ihrer Werbung zu behaupten, dass "Spitzenbiere bei Denner immer billiger als Kartellbier" seien, solange sie Biere wie Carlsberg und Tuborg teurer als Biere der Beklagten anbiete; im übrigen wies es auch die Widerklage ab (Urteilsspruch Ziff. 2). Beide Parteien führten gegen dieses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde. Mit Entscheid vom 2. Mai 1985 ist das Kassationsgericht des Kantons Zürich auf die Beschwerde der Klägerin nicht eingetreten und hat die Beschwerde der Beklagten abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden konnte. C.- Gegen das Urteil des Handelsgerichts haben beide Parteien auch Berufung eingelegt. BGE 112 II 268 S. 271 Die Klägerin beantragt, das Urteil über die Hauptklage und die Kosten- und Entschädigungsfolgen aufzuheben und ihre Klage gutzuheissen oder die Sache zur Durchführung eines Beweisverfahrens und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beklagten beantragen, das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als das Handelsgericht die "ursprüngliche Widerklage" abgewiesen habe, und diese Klage gutzuheissen; eventuell sei die Sache insoweit an die Vorinstanz zurückzuweisen. Jede Partei widersetzt sich den Anträgen der anderen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: I. I.1. Das Handelsgericht fand, die Umstände des Einzelfalles seien bereits im ersten Prozess im Hinblick auf den Anspruch der Klägerin, die 6 dl Lagerbierflasche oder die heutige 58 cl Flasche der Beklagten in ihren Geschäften anzubieten, einlässlich geprüft worden; es sei nicht einzusehen, was sich inzwischen bezüglich der Erheblichkeit der Behinderung und der Rechtfertigung der Sperre in tatsächlicher Hinsicht entscheidend hätte ändern können. Die Beklagten hätten die Sperre gegenüber dem Gesamtunternehmen der Klägerin nie aufgehoben, was aber nur heissen könne, dass die entscheidende Frage, ob die Massnahme zulässig sei, immer noch dieselbe sei. a) Diese Erwägungen des Handelsgerichts lassen Zweifel darüber aufkommen, ob eine abgeurteilte Sache vorliegt. Sollte dies zutreffen, so wäre auf die Hauptklage nicht einzutreten, die Berufung der Klägerin folglich schon aus diesem Grunde abzuweisen ( BGE 105 II 159 E. 4 mit Hinweisen). Es ist daher vorweg zu prüfen, ob die materielle Rechtskraft des ersten Urteils ( BGE 98 II 365 ff.) den neuen Rechtsbegehren der Klägerin entgegensteht. Dazu besteht um so mehr Anlass, als die Klägerin mit ihrer Berufung auch eine Änderung der Rechtsprechung verlangt, die das Kartellrecht ins Gegenteil verkehre und schon 1972 dazu geführt habe, dass gegen sie entschieden worden sei. Bei dieser Prüfung ist freilich nicht zu übersehen, dass die Beklagten weder vor Bundesgericht noch vor Handelsgericht ausdrücklich oder sinngemäss eingewendet haben, es liege eine abgeurteilte Sache vor. Die Vorinstanz hat sich dazu ebenfalls nicht geäussert, weil im Kanton Zürich gemäss § 191 Abs. 4 ZPO ein BGE 112 II 268 S. 272 rechtskräftiger Entscheid in der gleichen Sache nur auf Antrag einer Partei zu berücksichtigen ist. Ob die Kantone dies von einer Einrede oder einem Antrag abhängig machen können, hat das Bundesgericht bisher offengelassen ( BGE 109 II 28 E. 2a mit Hinweisen) und kann auch heute dahingestellt bleiben. So oder anders geht es schon nach dem Sinn und Zweck der materiellen Rechtskraft nicht an, dass das Bundesgericht sich mangels Einrede über ein eigenes früheres Urteil hinwegsetzt und über den gleichen bundesrechtlichen Anspruch nochmals entscheidet. Ob eine abgeurteilte Sache vorliegt, ist diesfalls nicht nur eine Frage des Bundesrechts ( BGE 101 II 377 , BGE 98 II 27 und 158, BGE 97 II 396 , 95 II 640), sondern auch des Rechtsschutzinteresses und daher vom Bundesgericht von Amtes wegen zu prüfen. b) Eine abgeurteilte Sache ist anzunehmen, wenn der streitige Anspruch mit einem schon rechtskräftig beurteilten identisch ist. Dies trifft zu, wenn der Anspruch dem Richter aus demselben Rechtsgrund und gestützt auf den gleichen Sachverhalt erneut zur Beurteilung unterbreitet wird. Die Identität ist dagegen zu verneinen, wenn zwar aus dem gleichen Grund wie im Vorprozess geklagt wird, aber erhebliche Tatsachen geltend gemacht werden, die seitdem eingetreten, also neu sind und den Anspruch in der nunmehr eingeklagten Form erst entstehen liessen ( BGE 109 II 29 E. 2a mit Hinweisen). Solche Tatsachen zu behaupten und zu beweisen, ist nach der allgemeinen Regel des Art. 8 ZGB Sache desjenigen, der daraus Rechte ableitet. Eine abgeurteilte Sache setzt ferner voraus, dass in beiden Prozessen die gleichen Parteien auftreten ( BGE 105 II 151 E. 1 und 270 E. 2 mit Hinweisen). Die Klägerin will entgegen der Annahme des Handelsgerichts im kantonalen Verfahren behauptet und dargetan haben, dass sich die Verhältnisse seit dem ersten Urteil entscheidend geändert hätten; dies gelte insbesondere von der Entwicklung des Bierpreises und des Biermarktes, von den Strukturen des Detailhandels und der Brauereibranche sowie von den Gewohnheiten der Käufer, die heute die Preisunterschiede zwischen den Discount- und den herkömmlichen Geschäften des Detailhandels hinzunehmen pflegten. Die Vorinstanz verkenne zudem, dass die Differenz zum Discountpreis sich erheblich verringert habe und immer mehr Detaillisten ihren Verkaufspreis dem Interventionspreis gleichsetzten, weshalb die Preisbindung zweiter Hand weitere negative Auswirkungen zeitige, die dem Gesamtinteresse zuwiderliefen. Die Beklagten duldeten übrigens seit einiger Zeit die Unterschreitung des BGE 112 II 268 S. 273 Interventionspreises durch andere Grossverteiler, weil der Richtpreis sich als zu hoch erwiesen habe und nicht mehr eingehalten werde. Das Handelsgericht hielt der Klägerin entgegen, dass das, was im Urteil von 1972 zur Erheblichkeit der Behinderung und zur Rechtfertigung der Sperre ausgeführt worden sei, heute noch gelten müsse, da grundlegende Änderungen der Verhältnisse im einen wie im andern Punkt zu verneinen seien. Richtig ist, dass die zweite Liefersperre der Beklagten samt der Preisbindung, die ihr zugrunde liegt, sich abgesehen von den inzwischen gestiegenen Preisen nicht von der ersten unterscheidet, die das Bundesgericht 1972 grundsätzlich für zulässig erklärt hat. Die neuen Rechtsbegehren der Klägerin decken sich zudem sinngemäss, teils sogar wörtlich mit den früheren, da die Klägerin nach wie vor darauf beharrt, dass sie und ihre Verkaufsstellen zu den gleichen Bedingungen wie andere Grossverteiler und unabhängig von ihren Endverkaufspreisen beliefert werden (vgl. BGE 98 II 367 lit. C). Der Vorhalt des Handelsgerichts stützt sich aber nicht auf zusätzliche Abklärungen der tatsächlichen Verhältnisse, sondern nur auf rechtliche Überlegungen und die allgemeine Lebenserfahrung; er ist daher nicht verbindlich für das Bundesgericht. Ob die eingeklagten Ansprüche mit den früher beurteilten identisch seien, kann indes nur gesagt werden, wenn neben den rechtlichen auch die tatsächlichen Grundlagen der beiden Prozesse miteinander verglichen werden ( BGE 105 II 272 mit Hinweisen). Bei dieser Betrachtungsweise ergibt sich, dass die Klägerin ihre Ansprüche zumindest teilweise aus Tatsachen, die seit 1972 eingetreten sind, ableitet; dies gilt jedenfalls für ihre Eventualbegehren und ihre Schadenersatzklage und rechtfertigt deshalb eine neue Beurteilung der Sache. c) Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob die personelle Identität schon deshalb zu verneinen wäre, weil die Klägerin im ersten Prozess die Löwenbräu Zürich AG und die Brauerei Hürlimann AG, im zweiten dagegen die Brauereien Feldschlösschen AG, Warteck AG, Gurten AG, Cardinal SA und Langenthal Aktiengesellschaft als SBV-Mitglieder miteingeklagt hat. Zu bemerken ist immerhin, dass wieder der gleiche Aussenseiter gegen den gleichen Verein klagt, der alle ihm angeschlossenen Brauereien veranlassen soll, die Klägerin zu beliefern. Dass die Klägerin in beiden Prozessen zusätzlich auch einige Mitglieder des Vereins ins Recht gefasst hat, spricht daher nicht notwendig für eine Beschränkung der materiellen Rechtskraft. Das leuchtet namentlich BGE 112 II 268 S. 274 dann nicht ein, wenn eine Kartellabrede samt der Sperre sich als unzulässig erweist (vgl. Art. 706 Abs. 5 OR ). I.2. Nach dem angefochtenen Urteil geht es der Klägerin mit ihren Rechtsbegehren entgegen der Auffassung der Beklagten nicht bloss darum, sich gemäss Art. 12 und 14 KG von einer Kartellverpflichtung zu befreien oder gegen eine Massregelung zu wehren; sie wolle vielmehr die gegen sie und ihre Verkaufsstellen verhängte Liefersperre gestützt auf Art. 4 ff. KG als unzulässig beseitigt wissen. Die Beklagten widersprechen dem im Berufungsverfahren zu Recht nicht; sie halten aber daran fest, dass die Sperre die Voraussetzungen von Art. 4 Abs. 1 KG nicht erfülle. Nach dieser Bestimmung sind Vorkehren eines Kartells, mit denen Dritte in der Ausübung des Wettbewerbs erheblich behindert werden sollen, wie Bezugs- und Liefersperren, unter Vorbehalt der Ausnahmen von Art. 5 KG unzulässig. Das gilt auch für Wettbewerbsbehinderungen, die sich aus Kartellabreden über Preisbindungen zweiter Hand ergeben ( Art. 2 Abs. 2 KG ). a) Welche Bedeutung dem gesetzlichen Erfordernis der Erheblichkeit zukommt, hat das Bundesgericht wiederholt, namentlich in BGE 98 II 373 E. 3d, zu verdeutlichen und richtigzustellen versucht; es ist in der Lehre gleichwohl immer wieder auf Kritik gestossen. Dass die Behinderung nach diesem Entscheid wettbewerbspolitisch relevante Gesichtspunkte des geschäftlichen Handels, wie Preise, Konditionen, Nebenleistungen usw. berühren muss, um erheblich zu sein, wird von KUMMER (in Festgabe Deschenaux, S. 553/54) als selbstverständlich bezeichnet, weil dies nicht mehr besage, als dass die Behinderung in einer rechtsgeschäftlichen Diskriminierung oder Sperre bestehen müsse. Begrüsst wird von ihm, dass das Bundesgericht die fühlbaren Auswirkungen auf die wirtschaftliche Gesamtsituation des betroffenen Unternehmens an Hand bestimmter konkreter Gegebenheiten zu ermitteln sucht, nämlich an Hand der Art der Vorkehr, der Auswirkungen auf die Handlungsfreiheit, auf die Struktur und die Entwicklung des Betriebes (S. 554), und dass es die Besonderheiten des Einzelfalles gewürdigt wissen will (S. 559). Kritisiert wird von KUMMER dagegen, dass das Bundesgericht sich bei der Anwendung von Art. 4 und 5 KG nicht entscheidend an der Zielsetzung des Gesetzes orientiere, das primär nicht "Auswüchsen des freien Wettbewerbs" entgegentreten, sondern das Persönlichkeitsrecht der Wettbewerbsfreiheit schützen und den BGE 112 II 268 S. 275 freien Wettbewerb als Institution gewährleisten und funktionsfähig erhalten wolle (S. 560/61). Bedenken dieser Art hat MERZ (Das Schweizerische Kartellgesetz, S. 40 ff.) bereits 1967 gegen die ersten Urteile des Bundesgerichts nach dem neuen Gesetz geäussert, weil ein rein quantitatives Denken bei der Beurteilung der Erheblichkeit eines Boykottes weiterhin abzulehnen und die Behinderung in der Ausübung der Wettbewerbsfreiheit losgelöst von ihren finanziellen Auswirkungen zu würdigen sei (S. 43); die Wettbewerbsfreiheit gewährleiste ihrem Träger nicht ein bestimmtes Einkommen, wohl aber die Möglichkeit, seine wirtschaftliche Tätigkeit frei zu gestalten (S. 46). In neueren Entscheiden des Bundesgerichts, insbesondere zum Bier- und Tabakmarkt, sieht MERZ seine Bedenken bestätigt (ZBJV 121/1985 S. 224). b) Im Urteil von 1972 über die erste Liefersperre der Beklagten hat das Bundesgericht gestützt auf Art. 31bis Abs. 3 lit. d BV insbesondere ausgeführt, das Kartellgesetz richte sich gegen "volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen von Kartellen und ähnlichen Organisationen"; das Gesetz müsse also Kartelle und ähnliche Organisationen grundsätzlich anerkennen und sich darauf beschränken, Missbräuche in der Ausübung kollektiver Wirtschaftsmacht zu bekämpfen, weshalb das Recht des Aussenseiters auf ungestörte Ausübung des Wettbewerbs und das Recht der Kartellmitglieder an der Durchsetzung einer Wettbewerbsordnung als gleichwertig anzusehen seien ( BGE 98 II 373 /74). Diese Auffassung über den beschränkten Sinn und Zweck des Gesetzes, das Kartelle und ähnliche Organisationen zulassen und "bloss Missbräuche in der Ausübung kollektiver Wirtschaftsmacht bekämpfen" wolle, wurde namentlich in BGE 99 II 228 ff., wo es um eine Sperre von führenden Markenspirituosen ging, wiederholt und sinngemäss bestätigt (S. 232 E. 1). Dass das Kartellgesetz nur Missbräuche verhindern wolle und das Bundesgericht davon selbst bei der Anwendung von Art. 4 und 5 KG ausgehen müsse, lässt sich indes schon deshalb nicht sagen, weil das Gesetz sich auch auf Art. 64 BV stützt, wonach die Gesetzgebung im Gebiete des Zivilrechts dem Bund zusteht; dazu gehört aber auch der Schutz der wirtschaftlichen Persönlichkeit vor Behinderungen im Wettbewerb. Diesen Aspekt des unerlaubten Boykottes hat das Bundesgericht bereits vor Inkrafttreten des Kartellgesetzes ( BGE 86 II 376 E. 4c mit Hinweisen) und noch nachher deutlich hervorgehoben ( BGE 90 II 513 ). Art. 31bis Abs. 3 lit. d BV sodann besagt, Kartelle und ähnliche Organisationen BGE 112 II 268 S. 276 seien zwar zu dulden, aber in Schranken zu halten, um volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen zu vermeiden. Diese Verfassungsbestimmung will den Schutz der wirtschaftlichen Persönlichkeit weder schmälern, noch zulassen, dass der Wettbewerb durch private Wirtschaftsmacht auf bestimmten Stufen oder in bestimmten Branchen ausgeschaltet werde; sie will ihn vielmehr sichern. Davon gehen auch KUMMER (S. 550 ff.) und GYGI (in Festgabe Kummer, S. 330 ff.) aus. Eine weitere Stellungnahme zur Auffassung, welche diese beiden Autoren aus dem theoretischen Gegensatz Missbrauchsgesetzgebung/Verbotsgesetzgebung ableiten, erübrigt sich. Denn Auslegung und Anwendung des Gesetzes hängen so oder anders entscheidend von der Ausgestaltung der Art. 4 und 5 KG ab; dies gilt insbesondere von den Kriterien, die bei der Abgrenzung der zulässigen Wettbewerbsbehinderung von der unzulässigen und bei der Interessenabwägung zu beachten sind. Dabei ist daran festzuhalten, dass nicht jede noch so geringfügige Behinderung der wirtschaftlichen Betätigung genügt, soll das gesetzliche Begriffsmerkmal der Erheblichkeit nicht ausser acht gelassen werden. Erforderlich ist eine Behinderung, die eine gewisse Intensität aufweist und vom Betroffenen auch als solche empfunden wird, weil sie seine Handlungsfreiheit unmittelbar oder mittelbar beeinflusst, ihn insbesondere zwingt, auszuweichen oder Gegenmassnahmen zu ergreifen, um den Folgen der Diskriminierung zu entgehen. Die Art der Behinderung ist dabei nicht entscheidend, sondern ob deren Auswirkungen auf das wirtschaftliche Verhalten des Betroffenen, auf die Struktur oder die Entwicklung seines Betriebes erheblich sind ( BGE 94 II 336 /37, BGE 86 II 377 und 380; KUMMER, a.a.O. S. 548/49 und 555). c) Nach diesen Grundsätzen ist die Erheblichkeit der Behinderung vorliegend (wie schon in BGE 98 II 373 ff., E. 3d) zu bejahen. Die Klägerin wurde durch die Liefersperre gezwungen, entweder den Mindestverkaufspreis der Beklagten einzuhalten, obschon er der Berechnung ihres eigenen Verkaufspreises widersprach, oder auf einen unbekannten Aussenseiter und ausländische Lieferanten auszuweichen. Zu Bestellungen im Ausland sah sie sich insbesondere dann veranlasst, wenn sie ihren Kunden Markenbiere anbieten wollte, die schweizerischen standhielten. Das eine wie das andere zeigt, dass sie durch die Sperre in ihrer Handlungsfreiheit erheblich behindert wurde und sich mit Ersatzware eindecken musste, wenn sie den Verkauf von Bier nicht aufgeben wollte; ohne BGE 112 II 268 S. 277 die Diskriminierung wären ihr solche Massnahmen aber erspart geblieben. Dass die Behinderung die Klägerin nur in einer Geschäftssparte trifft, schliesst ihre Erheblichkeit nicht aus. Auch ein Unternehmen mit einem grösseren Warensortiment kann für einen bestimmten Artikel boykottiert werden, zumal wenn es sich wie hier um einen volkswirtschaftlich sehr gefragten handelt. Ebensowenig ändert an der Erheblichkeit der Behinderung, dass der Bierumsatz der Klägerin zwischen 1970 und 1980 mengen- und wertmässig um das Mehrfache gestiegen sein soll, wie die Beklagten einwenden. Entscheidend sind die Auswirkungen auf die Handlungsfreiheit des Betroffenen und damit auf sein Persönlichkeitsrecht, am freien Wettbewerb ungehindert teilzunehmen. Auswirkungen der Behinderung auf das Ergebnis der betroffenen Sparte oder auf das Gesamtergebnis eines Unternehmens können zwar Rückschlüsse auf die Intensität des Eingriffes zulassen, sind für sich allein aber nicht massgebend ( BGE 99 II 232 E. 1 am Ende mit Hinweisen). I.3. Nach Art. 5 Abs. 1 KG ist die Wettbewerbsbehinderung ausnahmsweise zulässig, wenn sie durch überwiegende schutzwürdige Interessen gerechtfertigt ist und wenn sie die Freiheit des Wettbewerbes weder im Verhältnis zum angestrebten Ziel noch nach der Art und Durchführung der Vorkehren übermässig beeinträchtigt. Auf überwiegende schutzwürdige Interessen kann ein Kartell, das eine Wettbewerbsbehinderung rechtfertigen will, sich nach den Beispielen des Gesetzes (Art. 5 Abs. 2) insbesondere berufen, wenn es eine im Gesamtinteresse erwünschte Struktur eines Wirtschaftszweiges oder Berufes fördert (lit. c) oder angemessene Preisbindungen der zweiten Hand durchsetzt, namentlich soweit sie nötig sind, um die Qualität der Ware oder den Kundendienst zu gewährleisten (lit. e). a) Das Handelsgericht ist der Auffassung, massgebend für die Anwendung dieser Bestimmungen auf den vorliegenden Fall sei der Zeitpunkt, in dem die Liefersperre gegen die Klägerin und deren Verkaufsstellen verhängt worden sei. Da die Beklagten an der Sperre von 1969 mit einer kurzen Ausnahme im Herbst 1980 zugunsten ehemaliger Merkur-Läden stets festgehalten hätten, habe sich an der entscheidenden Frage, wie es sich mit der Rechtfertigung der Behinderung verhalte, seit dem ersten Urteil des Bundesgerichts über die Sperre nichts geändert. Das Handelsgericht habe sich daher nicht nur in die Zeit von 1969 zurückzuversetzen, um die Frage zu beantworten, sondern sich auch den BGE 112 II 268 S. 278 entsprechenden Erwägungen des Bundesgerichts von 1972 anzuschliessen. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Gewiss vermag selbst ein längerer Zeitablauf für sich allein nichts an der Annahme eines rechtskräftigen Urteils zu ändern, dass eine Liefersperre zwar als erheblich, gemäss Art. 5 KG aber als gerechtfertigt zu gelten hat. Die Klägerin will zur Begründung ihrer neuen Rechtsbegehren indes auch Tatsachen vorgebracht haben, die für wichtige Änderungen oder Entwicklungen in der Bierbranche seit 1972 sprechen sollen. Trifft dies zu, so geht es nicht an, auf den Beginn der Sperre von 1969 abzustellen. Auszugehen ist diesfalls vielmehr von den tatsächlichen Verhältnissen zur Zeit der neuen Klage, wobei selbst Tatsachen, die nachher eingetreten sind, noch berücksichtigt werden können, wenn das kantonale Recht dies zulässt. Das Handelsgericht verkennt das, wenn es unter Hinweis auf rechtliche Erwägungen des Bundesgerichts von 1972 und auf die allgemeine Lebenserfahrung annimmt, der massgebende Zeitpunkt für den Richter, über die Zulässigkeit der Liefersperre zu entscheiden, sei "immer noch der Herbst 1969". Die Vorinstanz meint freilich, dass sich am Ergebnis selbst dann nichts ändern würde, wenn es auf die Verhältnisse im Herbst 1980 ankäme, als der Interventionspreis erhöht worden sei. Insbesondere wäre nicht einzusehen, weshalb sich der normale Lauf der Dinge in ungefähr zehn Jahren derart geändert haben sollte, dass sich sagen liesse, Kunden würden nun nicht mehr von kleinen Lebensmittelläden zu Discountgeschäften abwandern, wenn die Klägerin das gleiche Bier billiger anbieten könnte als ein Detaillist; es habe vielmehr auch im Jahre 1981 allgemeiner Lebenserfahrung entsprochen, dass die Abwanderung von Kunden und die sogenannte Sogwirkung die Konzentrationsbewegung gefördert hätten, der Umsatz von kleineren Geschäften deswegen zurückgegangen sei und zu deren Schliessung geführt habe. Auch das ist entgegen den Einwänden der Beklagten keine Annahme, die das Bundesgericht bände, da sie ebenfalls nicht auf Beweiswürdigung, sondern bloss auf Erfahrungssätzen beruht (vgl. BGE 111 II 74 E. 3a mit Hinweisen). Fragen kann sich daher nur, ob sich die Annahmen des Handelsgerichts ohne Abklärung der Verhältnisse zur Zeit der neuen Klage aufrechterhalten lassen. Die Klägerin bestreitet dies, indem sie das Vorgehen des Handelsgerichts kritisiert. Sie hat daher darzutun, dass über wettbewerbspolitisch relevante Belange neue Tatsachen vorliegen ( BGE 102 II 433 , BGE 90 II 514 ), während BGE 112 II 268 S. 279 die Beklagten zu beweisen haben, dass die an sich unzulässige Liefersperre nach wie vor im Sinne von Art. 5 KG gerechtfertigt sei ( BGE 108 II 13 mit Hinweisen; vgl. ferner BGE 76 II 290 /91). b) Alle in Art. 5 Abs. 2 KG als Beispiele erwähnten Ausnahmen von der Regel, wonach an sich jede erhebliche Wettbewerbsbehinderung als unzulässig zu gelten hat, stehen unter der allgemeinen Einschränkung, dass die Vorkehren des Kartells durch überwiegende schutzwürdige Interessen gerechtfertigt sein müssen (Abs. 1). Die Rechtfertigung hängt vorweg von der Marktordnung ab, welche das Kartell mit Hilfe der Vorkehren zugunsten eines Berufs- oder Wirtschaftszweiges anstrebt und notfalls mit Zwang durchzusetzen gewillt ist ( BGE 99 II 235 ). Mit den gegeneinander abzuwägenden Interessen sind aber nicht nur solche der Kartellmitglieder und der von den Vorkehren Betroffenen, sondern auch allgemeine volkswirtschaftliche Interessen gemeint. Das erhellt namentlich aus Art. 5 Abs. 2 lit. a und c KG ; in der ersten Bestimmung geht es um die Gewährleistung des lauteren und unverfälschten Wettbewerbs, also um ein Anliegen der Allgemeinheit, der Mitbewerber und deren Kunden wie der Konsumenten überhaupt, während in der zweiten ausdrücklich von einer im Gesamtinteresse erwünschten Struktur eines Wirtschaftszweiges oder Berufes die Rede ist. Auch die Preisbindung der zweiten Hand ist unter diesen Gesichtspunkten zu prüfen, wenn ein Kartell sich auf die Überlegenheit seiner Ordnung beruft, da neben der Sorge für den Kundendienst und der Wahrung der Qualität die in Art. 5 Abs. 2 lit. a-d KG genannten Interessen mitzuberücksichtigen sind ( BGE 96 I 303 mit Hinweisen). Allgemeine volkswirtschaftliche Interessen können bei der Abwägung aber nicht nur für, sondern auch gegen die Zulässigkeit von Vorkehren und damit einer Wettbewerbsbehinderung sprechen; erweisen Vorkehren des Kartells sich volkswirtschaftlich als verfehlt oder gar als schädlich, so bleibt es daher bei ihrer Widerrechtlichkeit. Die Erfordernisse der Rechtfertigung werden in Art. 5 KG sehr allgemein umschrieben, was die Anwendung des Gesetzes erschwert. Das gilt namentlich von der inhaltlichen Konkretisierung der gegensätzlichen Interessen, deren Abwägung vom Richter verlangt wird (vgl. A. KOLLER, in Schweizerische Aktiengesellschaft, 50/1978 S. 59 ff.; H. WOHLMANN, ebenda S. 103 ff.). Dazu kommt, dass das Gesamtinteresse unter Umständen sehr verschiedene Komponenten umfasst, die nicht notwendig gleichgerichtet sind, sondern einander auch zuwiderlaufen können. So sind die BGE 112 II 268 S. 280 Konsumenten daran interessiert, dass der freie Wettbewerb zu einer Senkung der Detailpreise führt, was die Konzentration von Verkaufsstellen eher beschleunigt, während ein anderes Gesamtinteresse darin besteht, dass kleinere Lebensmittel- und Kolonialwarenläden als Bestandteil des Verteilnetzes erhalten bleiben. Solche Läden sind auf die erhöhten Verkaufspreise, die sich aus der Preisbindung der zweiten Hand ergeben und angeblich ihnen zugute kommen, aber oft angewiesen, da sie sonst der Gefahr ausgesetzt sind, unter Wirkung des Preiskampfes als Verkaufsstellen zu verschwinden ( BGE 109 II 263 E. 7a). Um solche einander teils widerstrebende Interessen ging es bereits in früheren Urteilen des Bundesgerichts zum Detailverkauf von Bier ( BGE 98 II 376 E. 4), Spirituosen ( BGE 99 II 236 E. 4), Tabakwaren ( BGE 109 II 263 E. 7) und Presseerzeugnissen ( BGE 102 II 439 E. 5); sie stehen nach der Argumentation der Parteien auch hier im Vordergrund. Die Zulässigkeit einer Wettbewerbsbehinderung setzt nach Art. 5 Abs. 1 KG ferner voraus, dass die Vorkehren des Kartells nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit und Subsidiarität verstossen. Dieser Satz besagt, dass Eingriffe in fremde Rechtsgüter weder nach dem Mittel noch nach dessen Anwendung über das hinausgehen dürfen, was zur Erreichung des Zweckes, der sie rechtfertigt, erforderlich ist ( BGE 102 II 441 , BGE 99 II 235 E. 3). Davon kann zum vornherein nicht die Rede sein, wenn die Vorkehr zur Verwirklichung des gesteckten Zieles nicht geeignet oder bloss ein Vorwand dafür ist, Preise und Gewinnmargen ein für allemal zu fixieren. Auch das entscheidet sich nicht allgemein, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, weshalb es nicht angeht, Rechtfertigungsgründe unbekümmert um die Entwicklung leichthin auf Vorkehren in einer anderen Branche zu übertragen, selbst wenn es sich im einen wie im andern Fall um Artikel von besonderer Bedeutung handelt, weil sie bestimmt und geeignet sind, Kunden anzuziehen. Eine zulässige Vorkehr wird zur unzulässigen, wenn sie nicht mehr durchgesetzt oder ihre Umgehung geduldet wird, lässt sich folglich auch nicht mehr mit berechtigten Interessen verteidigen. Das erhellt aus der Gleichbehandlung, zu der die Kartelle nach Art. 5 Abs. 1 KG verpflichtet sind ( BGE 108 II 13 /14 mit Zitaten). Dieser Grundsatz wäre hier schon dann durchbrochen, wenn die Beklagten die Unterschreitung des Interventionspreises durch andere Grossverteiler tatsächlich "seit einiger Zeit" dulden sollten, an der Sperre gegen die BGE 112 II 268 S. 281 Klägerin aber gleichwohl festhalten, wie ihnen von dieser im Berufungsverfahren vorgeworfen wird. c) Was das Handelsgericht in tatsächlicher Hinsicht festhält, beruht nach seiner Hauptbegründung auf der Annahme, dass es auf die Verhältnisse von 1969 ankomme, weshalb rechtlich nach wie vor das Urteil des Bundesgerichts von 1972 massgebend sei. Diese Betrachtungsweise wird von der Klägerin mit Recht kritisiert, weil sie die Entwicklung auf dem Biermarkt und in der Bierbranche seit 1972 ausser acht lässt. Ähnlich verhält es sich mit der Auffassung, die der Eventualbegründung des Handelsgerichts zugrunde liegt, nämlich, es sei nicht einzusehen, weshalb der normale Lauf der Dinge sich in ungefähr zehn Jahren entscheidend geändert haben sollte, es darüber also eines Beweises bedürfte. Diese Schlussfolgerung stützt sich ausschliesslich auf die allgemeine Lebenserfahrung und fällt daher in den vom Bundesgericht überprüfbaren Bereich der Rechtsanwendung ( BGE 107 II 274 /75 mit Hinweisen). Sie entbindet den Richter nicht von der Pflicht, Änderungen während eines Jahrzehntes mit geeigneten Mitteln näher abzuklären und auf ihre Erheblichkeit zu prüfen, will er nicht blossen Vermutungen verfallen. Eine konkrete Beweisführung ist möglich und wird von der Klägerin denn auch verlangt. Aus den Änderungen der letzten 10 Jahre wird der Richter gegebenenfalls Rückschlüsse auf die Tauglichkeit der kartellistischen Massnahme ziehen können. Er wird diese Änderungen auch bei der Beurteilung der zukünftigen Entwicklung berücksichtigen müssen, namentlich für die Frage, ob die Preisbindung zweiter Hand heute noch ein geeignetes Mittel sei, um die kleinen Detailgeschäfte zu erhalten oder ihre Verminderung wenigstens zu verlangsamen ( BGE 109 II 263 E. 7b und BGE 98 II 380 ), was von der Klägerin bestritten, von den Beklagten dagegen bejaht wird. Zum Sachverhalt, auf den die Klägerin sich zur Begründung ihrer Auffassung beruft, der Lieferboykott der Beklagten entbehre nunmehr der Rechtfertigung, gehört indes die Entwicklung seit 1972 bis zum Zeitpunkt, der nach kantonalem Prozessrecht für den zu beurteilenden Sachverhalt massgebend ist, samt den zu diesem Zeitpunkt bestehenden Verhältnissen. Die Klägerin hat deshalb einen bundesrechtlichen Anspruch darauf, zum Beweis für rechtserhebliche Veränderungen der Verhältnisse seit dem ersten Urteil zugelassen zu werden ( BGE 107 II 425 E. 3b am Ende, BGE 95 II 467 , BGE 90 II 468 mit weiteren Hinweisen). BGE 112 II 268 S. 282 Da Feststellungen über die tatsächliche Entwicklung seit 1972 fehlen, kann das Bundesgericht weder die Interessenabwägung noch die weitere Anwendung von Art. 5 KG überprüfen. Das Urteil des Handelsgerichts über die Hauptklage ist daher gestützt auf Art. 64 Abs. 1 OG aufzuheben und die Sache zur Abklärung des Sachverhaltes und neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Handelsgericht hat dabei die Interessen des Detailhandels, dessen Strukturerhaltung es viel Gewicht beimisst, zwar erneut zu berücksichtigen, aber vorerst - prozesskonforme Behauptungen und Beweisanträge der Parteien vorbehalten und wenn nötig mit Hilfe von Sachverständigen - näher zu untersuchen, wieweit diese Struktur von der Einhaltung oder Aufhebung der Preisbindung gegenüber der Klägerin betroffen wird und den Fortbestand kleiner Lebensmittelläden berührt. Dazu gehört auch die Frage, welche Änderungen zu erwarten sind, wenn die Klägerin nach Aufhebung der Sperre schweizerisches statt ausländisches Bier verkauft, aber zu kleineren Gewinnmargen als die Detaillisten. Nicht übersehen werden dürfen bisherige Auswirkungen der Sperre, die u.a. dazu geführt hat, dass die Klägerin auf ausländisches Bier ausgewichen ist und den Absatz, wie in der Berufungsantwort erklärt wird, in zehn Jahren um rund 300 Prozent steigern konnte, während der Bierausstoss der Beklagten um mehr als 10 Prozent zurückgegangen sein soll. Trifft das zu, so lässt es Zweifel daran aufkommen, ob ein Absatzsystem mit Preisbindung auf lange Sicht geeignet sei, eine im Gesamtinteresse erwünschte Struktur eines Wirtschaftszweiges zu fördern. Das ginge übrigens auf Kosten der Konsumenten und wäre namentlich dann stossend, wenn die Mehrbelastung den Beklagten zugute kommen sollte. Damit wäre zudem das Interesse der Konsumenten an einem freien Wettbewerb, von dessen Schutz gesamtwirtschaftlich immer noch die günstigsten Ergebnisse erwartet werden (Botschaft zur Revision des UWG, BBl 1983 II 1038), verletzt. Persönliche Bedienung und Beratung dürften dagegen bei der Interessenabwägung ausser Betracht fallen, da beim Flaschenbier, wie das Handelsgericht in anderem Zusammenhang selber festhält, der Preis die Hauptrolle spielt, weshalb der Konsument dort einzukaufen pflegt, wo er das gleiche Markenbier zum tieferen Preis erhält. d) Bei diesem Ausgang des Berufungsverfahrens erübrigt sich einstweilen eine Stellungnahme zu den Eventualbegehren der Klägerin, die einen Preisunterschied von 10 Rp. jedenfalls noch im BGE 112 II 268 S. 283 Rahmen der Toleranz hält, von der in BGE 98 II 381 E. 4e die Rede sein soll. II. II.1. Die Berufung der Beklagten richtet sich einzig gegen die Abweisung der "ursprünglichen Widerklage", wonach der Klägerin Werbeangaben, wie, die Beklagten setzten konsumentenfeindliche Verkaufspreise durch und zerstörten kleine Brauereien, verboten werden sollen. Der Streitwert dieser Klage übersteigt nach Auffassung der Beklagten Fr. 15'000.--; die Klägerin meint dagegen, dass er Fr. 10'000.-- nicht erreichen dürfte, weshalb auf die Berufung der Beklagten nicht einzutreten sei. Der für die Berufungsfähigkeit massgebende Streitwert richtet sich nach den Rechtsbegehren, wie sie vor der letzten kantonalen Instanz noch streitig waren ( Art. 46 OG ). Es kommt somit nicht nur auf den Streitwert der ursprünglichen, sondern auf jenen der gesamten Widerklagebegehren der Beklagten an. Diesen veranschlagte das Handelsgericht auf Fr. 3'200'000.--. Auch wenn es sich dabei um eine Schätzung handelt, die vom Bundesgericht überprüft und abgeändert werden darf ( Art. 36 Abs. 2 OG ; BGE 104 II 126 E. 1 mit Hinweisen), kann jedenfalls im vorliegenden Fall ohne nähere Angaben der Parteien nicht angenommen werden, das Handelsgericht habe den Streitwert um mehr als das 400fache überschätzt und dieser erreiche nicht einmal den in Art. 46 OG festgesetzten Mindestbetrag von Fr. 8'000.-- (nicht wie die Klägerin meint, Fr. 10'000.--). II.2. Gemäss Art. 1 UWG gilt jeder Missbrauch des wirtschaftlichen Wettbewerbs durch täuschende oder andere Mittel, die gegen Treu und Glauben verstossen, als unlauterer Wettbewerb (Abs. 1). Solchen begeht insbesondere, wer andere oder ihre Leistungen durch unrichtige oder unnötige verletzende Äusserungen herabsetzt (Abs. 2 lit. a). Die Beklagten berufen sich einzig auf diese Bestimmung. a) Das Handelsgericht hat sich mit der Werbeäusserung der Klägerin, das (beklagte) Kartell setze konsumentenfeindliche Verkaufspreise durch, ausführlich auseinandergesetzt. Es gelangt in Würdigung heutiger Kundengewohnheiten und Einkaufsmöglichkeiten zum Schluss, dass beim Flaschenbier der Preis für die meisten Detailkunden die Hauptrolle spiele, Bedienung und Beratung dagegen praktisch nicht von Bedeutung seien. Daraus ergebe sich, dass der Kunde den tiefen Preis mit Konsumentenfreundlichkeit verbinde, ein Produzent hingegen als wenig konsumentenfreundlich gelte, BGE 112 II 268 S. 284 wenn er höhere Preise verlange oder den Detaillisten dazu verhalte. So betrachtet könne die streitige Äusserung in guten Treuen dahin verstanden werden, dass das Ansinnen der Beklagten, die Klägerin müsse die vorgesehene Marge vergrössern, Ausfluss des Willens sei, konsumentenfeindliche Verkaufspreise durchzusetzen. Dem breiten Publikum dürfte zudem immer noch bekannt sein, dass die Klägerin sich einem solchen Ansinnen widersetzt habe und sich deswegen mit den Beklagten streite. Werde dies mitberücksichtigt, so stelle die Behauptung der Klägerin selbst in der plakathaften Verkürzung keine unnötig verletzende Äusserung dar. Diese Würdigung ist weder nach dem Wortlaut der Äusserung noch nach den Umständen, welche die Vorinstanz zu Recht mitberücksichtigt hat ( BGE 94 IV 36 , BGE 79 II 412 ff. mit Hinweisen), bundesrechtlich zu beanstanden, wenn auch einzuräumen ist, dass es sich um einen Grenzfall handelt. Entscheidend ist, dass die Parteien wegen des Bierpreises seit Jahren miteinander im Streite liegen und dies breiten Schichten der Bevölkerung nicht entgangen ist. Angesichts der rauhen Atmosphäre, die sich daraus zwischen den Parteien ergeben hat, steht es keiner von ihnen an, auf verschärfte Werbeäusserungen mit besonderer Empfindlichkeit zu reagieren und jedes Wort auf die Goldwaage zu legen, zumal beide ihre Auseinandersetzungen auch im übrigen in der Presse auszutragen und dabei nicht besonders glimpflich miteinander umzugehen pflegen. Dass dem Durchschnittsleser nur der Begriff "feindlich" in Erinnerung bleibe und deshalb der Eindruck erweckt werde, die Beklagten seien allgemein konsumentenfeindlich, lässt sich übrigens nicht sagen, da in der streitigen Äusserung nur von konsumentenfeindlichen Preisen die Rede ist. Dass der Preis beim Flaschenbier für den Konsumenten aber "die hauptsächliche Rolle spielt", wie das Handelsgericht annimmt, ein erhöhter Preis für das gleiche Markenbier seinen Interessen also zuwiderläuft, versuchen die Beklagten mit Recht nicht zu widerlegen. b) Die besonderen Verhältnisse zwischen den Parteien mit ihren anhaltenden Auseinandersetzungen sind auch bei der Würdigung der zweiten Werbeäusserung zu berücksichtigen, welche das Handelsgericht ebenfalls nicht als wettbewerbswidrig gelten lässt; sie geht dahin, dass die Beklagten durch ihr Vorgehen kleine Brauereien zerstören. Die Vorinstanz hält einleitend fest, dass die Klägerin anstelle dieser Äusserung in der Werbung nun behaupte, das Kartell begünstige die Konzentration in der Bierbranche. Gleichwohl BGE 112 II 268 S. 285 haben die Beklagten ein schutzwürdiges Interesse daran, die streitige Äusserung auf ihre Zulässigkeit überprüfen zu lassen, da sie keine Gewähr für einen endgültigen Verzicht der Klägerin haben ( BGE 109 II 346 E. 3 mit Hinweisen). Die Beklagten anerkennen, dass die Anzahl selbständiger Brauereien in der Schweiz von 1969 bis 1982 von 56 auf 29 zurückgegangen ist. Das Handelsgericht führt dazu insbesondere aus, dass der gesamte Absatz von Bier in der gleichen Zeit nicht wesentlich abgenommen habe, die Übernahme von kleinen Brauereien durch Kartellmitglieder aber an der Tagesordnung gewesen sei, was unübersehbar zu einer Konzentration der Marktanteile bei bestimmten Mitgliedern geführt habe. Der Eindruck, den die zweite Äusserung der Klägerin zu erwecken geeignet sei, entspreche deshalb der tatsächlichen Entwicklung und deren Ergebnis. Fragen könne sich einzig, ob die Verwendung des Wortes "zerstören" gegen Treu und Glauben im wirtschaftlichen Wettbewerb verstosse. Das Handelsgericht verneint dies, weil die Reklame der Discountgeschäfte und der Klägerin insbesondere, die sehr oft mit reisserischen, harten und angriffigen Wendungen werbe, zwar nicht als (gutes) Beispiel gelten dürfe, vom Publikum aber wohl oder übel hingenommen werde. Die Beklagten äussern sich dazu nicht näher, beharren aber darauf, dass das Wort "zerstören" für den Durchschnittsleser gleichbedeutend sei mit "vernichten" oder "ruinieren", wenn es wie im Inserat der Klägerin auf menschliches Verhalten bezogen werde. Über den genauen Sinngehalt des verwendeten Verbes zu streiten, ist indes müssig, da das Verschwinden von 27 kleinen Brauereien den Konzentrationsbestrebungen des Kartells und seiner Mitglieder zuzuschreiben ist und das breite Publikum die Inserate der Klägerin so oder anders nicht wörtlich zu nehmen pflegt, weil es an Übertreibungen der Klägerin gewöhnt ist und um die Gegnerschaft der Beteiligten weiss. Unter diesen Umständen lässt sich auch die zweite Äusserung nicht als unnötig verletzend ausgeben. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung der Klägerin wird teilweise gutgeheissen, das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 16. November 1984 mit Bezug auf die Hauptklage aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
public_law
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1,986
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CH_BGE_004
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Federation
1044a3e6-bec7-42f5-8e34-002284ae6a62
Urteilskopf 126 V 217 37. Auszug aus dem Urteil vom 31. März 2000 i. S. N. gegen Ausgleichskasse Zürcher Arbeitgeber und Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
Regeste Art. 1 Abs. 1 lit. b und c AHVG (in der bis 31. Dezember 1996 gültig gewesenen Fassung); Art. 1 Abs. 1 lit. b und c, Art. 1 Abs. 3 AHVG (in der seit 1. Januar 1997 geltenden Fassung): Versicherteneigenschaft. Eine Ausdehnung der Versicherteneigenschaft des nach Art. 1 Abs. 1 lit. b oder c AHVG (in der bis 31. Dezember 1996 gültig gewesenen Fassung) - resp. nach Art. 1 Abs. 1 lit. b und c oder nach Art. 1 Abs. 3 AHVG (in der seit 1. Januar 1997 geltenden Fassung) - versicherten Ehemannes auf dessen Ehefrau ist auch nach dem Inkrafttreten der 10. AHV-Revision nicht gerechtfertigt. Art. 3 Abs. 2 lit. b und Art. 29bis Abs. 2 AHVG (in der bis 31. Dezember 1996 gültig gewesenen Fassung) in Verbindung mit Ziff. 1 lit. g Abs. 2 der Übergangsbestimmungen zur 10. AHV-Revision: Beitragsdauer. Zeiten, in welchen die Ehefrau - ohne der freiwilligen Versicherung beigetreten zu sein - mit ihrem nach Massgabe von Art. 1 Abs. 1 lit. b und c AHVG obligatorisch oder nach dem auf den 1. Januar 1997 neu in Kraft getretenen Art. 1 Abs. 3 AHVG versicherten Ehemann Wohnsitz im Ausland hatte, können nicht als Beitragsjahre berücksichtigt werden.
Erwägungen ab Seite 218 BGE 126 V 217 S. 218 Aus den Erwägungen: 1. a) Die Beschwerdeführerin macht geltend, es seien bei der Rentenberechnung auch jene Zeitspannen [als Beitragsjahre] mitzuberücksichtigen, in denen sie sich mit ihrem [obligatorisch versicherten] Ehemann in den USA aufgehalten habe. b) Der Betrag der ordentlichen Altersrente wird durch zwei Elemente bestimmt: einerseits durch das Verhältnis zwischen der Beitragsdauer des Versicherten und jener seines Jahrgangs (Rentenskala) sowie anderseits auf Grund seines durchschnittlichen Jahreseinkommens. Anspruch auf eine ordentliche Vollrente haben Versicherte mit vollständiger Beitragsdauer ( Art. 29 Abs. 2 lit. a AHVG ), die zwischen dem 1. Januar nach Vollendung des 20. Altersjahres und dem 31. Dezember vor Eintritt des Versicherungsfalles während gleich vielen Jahren wie ihr Jahrgang Beiträge geleistet haben ( Art. 29bis Abs. 1 und Art. 29ter Abs. 1 AHVG ), wobei die Jahre, während welcher die verheiratete Frau auf Grund von Art. 3 Abs. 2 lit. b AHVG (in der bis Ende 1996 gültig gewesenen Fassung) BGE 126 V 217 S. 219 keine Beiträge entrichtet hat, als Beitragsjahre gezählt werden (alt Art. 29bis Abs. 2 AHVG in Verbindung mit Ziff. 1 lit. g Abs. 2 der Übergangsbestimmungen zur 10. AHV-Revision). Denn alt Art. 3 Abs. 2 lit. b AHVG bestimmt, dass die nichterwerbstätigen Ehefrauen von Versicherten von der Beitragspflicht befreit sind. Die beitragsfreien Jahre gemäss alt Art. 29bis Abs. 2 AHVG können indes nur dann angerechnet werden, wenn die Ehefrau während dieser Zeit selber versichert war ( BGE 107 V 2 Erw. 1 mit Hinweis). c) Obligatorisch versichert nach Massgabe des AHVG in der seit 1. Januar 1997 gültigen Fassung sind natürliche Personen mit Wohnsitz in der Schweiz ( Art. 1 Abs. 1 lit. a AHVG ), natürliche Personen, die in der Schweiz eine Erwerbstätigkeit ausüben ( Art. 1 Abs. 1 lit. b AHVG ) sowie Schweizer Bürger, die im Ausland im Dienste der Eidgenossenschaft oder vom Bundesrat bezeichneter Institutionen tätig sind ( Art. 1 Abs. 1 lit. c AHVG ). Vor der 10. AHV-Revision waren gemäss alt Art. 1 Abs. 1 lit. c AHVG auch Schweizer Bürger obligatorisch versichert, die im Ausland für einen Arbeitgeber in der Schweiz tätig waren und von diesem entlöhnt wurden. Diese Bestimmung erfuhr inhaltlich in Art. 1 Abs. 3 AHVG insoweit eine Änderung, als dieser Regelung nicht nur Schweizer Bürger, sondern auch Ausländer unterstehen und die Fortführung der Versicherung freiwillig ist. d) Das Eidg. Versicherungsgericht hatte unter dem früheren Recht in BGE 104 V 121 und BGE 107 V 1 (vgl. auch ZAK 1981 S. 337) Gelegenheit, grundsätzliche Überlegungen darüber anzustellen, ob eine Frau, welche die erwähnten Voraussetzungen für das obligatorische Versichertsein nicht erfüllt, die aber - wie im vorliegenden Fall - mit einem Versicherten verheiratet ist, kraft dieser Ehe - gleichsam als Ausfluss der Einheit der Ehe - ebenfalls als versichert zu gelten hat. Dies wurde in den Anfangsjahren der Alters- und Hinterlassenenversicherung denn auch gelegentlich als Wille des Gesetzgebers gesehen ( BGE 117 V 110 Erw. 6a mit Hinweisen; KÄSER, Unterstellung und Beitragswesen in der obligatorischen AHV, 2. Aufl., Bern 1996, S. 7 Rz. 1.3). Das höchste Gericht hat diese Meinung indes klar verworfen ( BGE 107 V 2 Erw. 1: "... le principe de l'unité du couple ne peut entraîner une extension de la qualité d'assuré du mari à la femme que dans les cas où cette unité ressort d'une situation de droit particulière"). In BGE 104 V 124 Erw. 3 führte es weiter aus, "[Le tribunal fédéral des assurances] a toutefois constaté et précisé d'emblée que cette unité ne découlait pas d'un principe ayant valeur générale dans l'AVS, mais qu'elle BGE 126 V 217 S. 220 ressortait uniquement de dispositions légales particulières ou d'une situation de droit particulière ...". In Anwendung dieses Grundsatzes hat es sodann befunden, dass sich die Versicherteneigenschaft eines Schweizers, der im Ausland für einen Arbeitgeber in der Schweiz tätig ist und von diesem entlöhnt wird (alt Art. 1 Abs. 1 lit. c AHVG ), nicht auf die mit ihm im Ausland weilende Ehegattin ausdehnt ( BGE 107 V 1 ; vgl. auch BGE 117 V 107 Erw. 3c mit Hinweisen). Ferner hat es darauf hingewiesen, dass der Schutz der Ehefrau durch das System der Ehepaarrente erreicht werde und ihr auch der Beitritt zur freiwilligen Versicherung offen stehe. Dies im Wissen darum, dass sich daraus unbefriedigende Folgen ("inconvénients") ergeben können ( BGE 107 V 3 Erw. 1 und 2). 2. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird vorgebracht, die in BGE 107 V 1 publizierte Rechtsprechung, auf welche sich die Vorinstanz abstütze, sei im Lichte der 10. AHV-Revision nicht mehr aufrechtzuerhalten. Eine Ausdehnung der Versicherteneigenschaft des Ehemannes auf die Ehefrau habe das Eidg. Versicherungsgericht "mit der hauptsächlichen Begründung" abgelehnt, der Schutz der Ehefrau werde durch das System der Ehepaarrente erreicht. Mit dem Inkrafttreten der 10. AHV-Revision sei der in BGE 107 V 1 statuierten Praxis die "gesamte Begründung" entzogen worden. (...) 3. In der Literatur wird davon ausgegangen, dass der in der erwähnten Rechtsprechung zum Ausdruck kommende Grundsatz, wonach die Versicherteneigenschaft persönlich ist und daher von jeder Person persönlich erfüllt werden muss, soweit das Gesetz nichts Abweichendes vorschreibt, auch nach der 10. AHV-Revision Gültigkeit besitzt (KAHIL-WOLFF, Die Auswirkungen der 10. AHV-Revision auf die Versicherungsunterstellung, in: SCHAFFHAUSER/KIESER [Hrsg.], Aktuelle Fragen aus dem Beitragsrecht der AHV, Veröffentlichungen des Schweizerischen Instituts für Verwaltungskurse an der Universität St. Gallen, St. Gallen 1998, S. 43; GREBER/DUC/SCARTAZZINI, Commentaire des articles 1 à 16 de la loi fédérale sur l'assurance vieillesse et survivants [LAVS], S. 31 Rz. 31 f.). In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird vorab eingewendet, das Hauptargument des Eidg. Versicherungsgerichts, wonach der Schutz der Ehefrau durch die Ehepaarrente gewährleistet sei, falle durch die 10. AHV-Revision dahin. Hiebei verkennt die Beschwerdeführerin, dass das höchste Gericht seine Rechtsprechung nicht in erster Linie auf die Begründung gestützt hat, die Ehefrau würde an der Ehepaarrente teilhaftig sein, sondern im Wesentlichen BGE 126 V 217 S. 221 darauf, dass das Gesetz die Voraussetzungen für das Versichertsein in einer Weise umschreibe, die keine andere Interpretation zulasse, als dass jede Person diese Voraussetzungen persönlich erfüllen müsse. Der Hinweis auf den Schutz der Ehefrau durch die Ehepaarrente sowie auch auf die Möglichkeit des Beitritts zur freiwilligen Versicherung sollte aufzeigen, dass sich die mit der getroffenen Lösung verbundenen Konsequenzen in Grenzen halten würden (vgl. BGE 107 V 3 Erw. 1 und 2). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin hat diese Betrachtungsweise durch die 10. AHV-Revision nichts an Aktualität eingebüsst. Der Schutz der Ehefrau ist durch das System des Rentensplittings mit Anrechnung von Beitragsjahren nach Ziff. 1 lit. g Abs. 2 der Übergangsbestimmungen zur 10. AHV-Revision gewährleistet worden. Für eine Praxisänderung besteht demnach kein Anlass, und zwar umso weniger, als eine Ausdehnung der Versicherteneigenschaft des Ehemannes auf die Ehefrau kraft des Zivilstandes dem Grundanliegen der 10. AHV-Revision für eine zivilstandsunabhängige Rente der Frau diametral zuwiderlaufen würde.
null
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104e1242-57b9-43a6-8224-b9544f0c0a8b
Urteilskopf 136 III 200 31. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. SA contre Y. BV (recours en matière civile) 4A_582/2009 du 13 avril 2010
Regeste Art. 183 IPRG ; internationale Schiedsgerichtsbarkeit; vorsorgliche Massnahmen. Die Beschwerde in Zivilsachen ist nicht zulässig gegen einen Entscheid über vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 183 IPRG (E. 2.3.1). Begriff und Einordnung der vorsorglichen Massnahmen bzw. einstweiligen Verfügungen (E. 2.3.2). Definition des Entscheids: massgebendes Kriterium (E. 2.3.3); Anwendung dieses Kriteriums im konkreten Fall (E. 2.3.4).
Sachverhalt ab Seite 200 BGE 136 III 200 S. 200 A. A.a Y. BV (ci-après: Y.), société de droit néerlandais, est titulaire des droits d'exploitation exclusifs de la marque A. (ci-après: la marque) pour des vêtements. En novembre 2005, X. SA (ci-après: X.), société de droit suisse, a repris d'un tiers l'exploitation de magasins à l'enseigne A., ainsi que la fabrication et la distribution des vêtements portant la marque. Elle a sollicité de Y. la conclusion d'un nouveau contrat de licence d'exploitation de la marque à compter du 1 er janvier 2006. Les deux sociétés ont alors entamé des discussions qui se sont avérées difficiles. BGE 136 III 200 S. 201 Finalement, un contrat de licence a été conclu le 31 janvier 2008. Y. y concédait à X. une licence exclusive d'exploitation de la marque dans différents pays européens, via un réseau de boutiques et à l'exclusion des grandes surfaces, contre paiement d'une redevance annuelle égale à 5 % du chiffre d'affaires, mais de 600'000 euros au minimum. Tacitement reconductible, le contrat était conclu pour une année. Il prévoyait divers cas de résiliation immédiate à son art. 14, notamment la violation grave des engagements réciproques, et prescrivait, à son art. 16, la procédure à suivre une fois le contrat résilié. Entre autres obligations, le preneur de licence se voyait contraint de vendre, dans les délais les plus brefs possibles, le stock d'articles en sa possession. Le contrat de licence comportait une clause compromissoire en vertu de laquelle tout litige entre les parties devait être soumis à l'arbitrage, conformément au Règlement d'arbitrage accéléré de l'Organisation Mondiale de la Propriété Intellectuelle (OMPI). Le siège de l'arbitrage était fixé à Genève, le français désigné comme langue de la procédure arbitrale et le litige soumis au droit néerlandais. A.b Dès la fin juillet 2008, des problèmes d'exécution du contrat de licence ont divisé les parties, qui ont tenté de les régler. Par lettre recommandée du 26 janvier 2009, Y. a notifié à X. la résiliation du contrat pour violation grave des obligations en découlant. Contestant toute violation du contrat, la société suisse a cependant décidé d'accepter la résiliation de celui-ci avec effet au 31 janvier 2009, mais en formulant des réserves expresses quant à l'indemnisation du préjudice que la situation engendrait pour elle. La mise en oeuvre de la procédure prévue à l'art. 16 du contrat pour la liquidation des rapports entre les parties a donné lieu à des difficultés. Y. reprochait à X. de chercher à écouler son stock en dehors du réseau de distribution sélectif, tandis que celle-ci faisait grief à celle-là de l'empêcher de vendre son stock. Y. a fait part à X. de sa volonté de reprendre la totalité du stock d'articles A. restant en sa possession. Par lettre du 31 juillet 2009, elle a formulé une offre amiable chiffrée se montant à 1'080'005,45 euros en ajoutant qu'elle se remettait d'avance au dire d'un expert si cette offre n'était pas acceptée. X. lui a répondu, le 1 er septembre 2009, qu'elle ne pouvait pas y donner suite car elle avait la possibilité de négocier le stock à un prix se situant entre 3'163'474,93 euros et 4'519'249,90 euros. BGE 136 III 200 S. 202 Le 1 er août 2009, toutes les boutiques A. exploitées par X. ou ses concessionnaires ont été rebaptisées "B.". Elles ont continué à écouler les articles A. restant en stock. B. B.a En date du 3 août 2009, X. a adressé au Centre d'arbitrage et de médiation de l'OMPI (ci-après: le Centre) une demande de dommages-intérêts pour inexécution et rupture abusive du contrat de licence ainsi qu'une requête de mesures provisoires. Sur le fond, elle a conclu, en substance, à la constatation de la nullité de la résiliation du contrat de licence, à la condamnation de Y. au paiement de dommages-intérêts arrêtés à 4'679'588,30 euros et d'une indemnité pour tort moral, de même qu'à la compensation avec les créances de son adverse partie. Quant aux conclusions relatives aux mesures provisoires, elles tendaient, d'une part, à ce qu'interdiction fût faite à Y. d'entraver, par quelque moyen que ce fût, les démarches entreprises par X. pour vendre le stock en sa possession et, d'autre part, à ce que la requérante fût autorisée à écouler son stock, dans son état au 28 juillet 2009, par tous canaux et moyens de vente au-delà du 31 juillet 2009. Par lettre du 19 août 2009, le Centre a notifié aux parties la désignation de Me T., avocat, comme arbitre unique. Le 20 août 2009, Y. a adressé au Centre une réponse à la requête de X. ainsi qu'une demande reconventionnelle en dommages-intérêts non chiffrée, pour inexécution du contrat de licence, accompagnée d'une demande de mesures provisoires. Par ces dernières, la requérante entendait obtenir, entre autres choses, la cession ou la consignation du stock de produits A. jusqu'au prononcé de la sentence arbitrale. B.b L'arbitre unique a tenu, le 18 septembre 2009 à Genève, une audience consacrée aux requêtes de mesures provisoires formulées par les parties. Après quoi, le 7 octobre 2009, il a rendu une "sentence préliminaire" dans le dispositif de laquelle il a, notamment, enjoint à X. de céder à Y. le stock de produits A. en sa possession, fixé les modalités des opérations de cession et ordonné à Y. de payer à X. la somme provisoire de 1'080'005,45 euros. C. Le 20 novembre 2009, X. a formé un recours en matière civile. Reprochant à l'arbitre unique d'avoir statué extra petita ( art. 190 al. 2 let . c LDIP), d'avoir violé son droit d'être entendue en procédure contradictoire ( art. 190 al. 2 let . d LDIP) et d'avoir rendu une BGE 136 III 200 S. 203 sentence incompatible avec l'ordre public ( art. 190 al. 2 let . e LDIP), la recourante demande au Tribunal fédéral d'annuler certains chefs du dispositif de la sentence attaquée et, subsidiairement, de constaterla nullité de cette sentence. Dans sa réponse du 11 janvier 2010, Y. a conclu principalement à l'irrecevabilité du recours et, subsidiairement, au rejet de celui-ci. Le Tribunal fédéral a déclaré le recours irrecevable. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 2. (...) 2.3 La dernière objection a trait à la nature de la décision attaquée. Pour l'intimée, étant donné qu'elle revêt tous les éléments caractéristiques d'une ordonnance de mesures provisoires, cette décision n'est pas susceptible de recours. 2.3.1 Le recours en matière civile, au sens de l' art. 77 LTF en liaison avec les art. 190 à 192 LDIP (RS 291), n'est recevable qu'à l'encontre d'une sentence . L'acte attaquable peut être une sentence finale , qui met un terme à l'instance arbitrale pour un motif de fond ou de procédure, une sentence partielle , qui porte sur une partie quantitativement limitée d'une prétention litigieuse ou sur l'une des diverses prétentions en cause, voire une sentence préjudicielle ou incidente , qui règle une ou plusieurs questions préalables de fond ou de procédure (sur ces notions, cf. l' ATF 130 III 755 consid. 1.2.1 p. 757). En revanche, une simple ordonnance de procédure pouvant être modifiée ou rapportée en cours d'instance n'est pas susceptible de recours (arrêt 4A_600/2008 du 20 février 2009 consid. 2.3). Le cas des décisions sur mesures provisionnelles, visées par l' art. 183 LDIP , n'a pas encore été examiné par le Tribunal fédéral à ce jour. Il est cependant unanimement admis dans la doctrine - à juste titre -que le recours en matière civile n'est pas recevable contre de telles décisions, car elles ne constituent ni des sentences finales, ni des sentences partielles, ni des sentences préjudicielles ou incidentes(BERGER/KELLERHALS, Internationale und interne Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz, 2006, n os 1157 et 1539; KAUFMANN-KOHLER/RIGOZZI, Arbitrage international, 2006, n° 721; BERNARD DUTOIT, Droit international privé suisse, Commentaire de la loi fédérale du 18 décembre 1987, 4 e éd. 2005, n° 2 i.f. ad art. 183 LDIP ; POUDRET/BESSON, Comparative Law of International Arbitration, 2 e éd. 2007, n° 622 p. 533; RÜEDE/HADENFELDT, Schweizerisches Schiedsgerichtsrecht, BGE 136 III 200 S. 204 2 e éd. 1993-99, p. 253 let. ff; LALIVE/POUDRET/REYMOND, Le droit de l'arbitrage interne et international en Suisse, 1989, n° 13 ad art. 183 LDIP ; SÉBASTIEN BESSON, Arbitrage international et mesures provisoires, 1998, n° 495 p. 297; CESARE JERMINI, Die Anfechtung der Schiedssprüche im internationalen Privatrecht, 1997, n° 65 avec d'autres références en note de pied 243; ELLIOTT GEISINGER, Les relations entre l'arbitrage commercial international et la justice étatique en matière de mesures provisionnelles, SJ 2005 II p. 375 ss, 382 note de pied 21). Demeure réservée l'hypothèse dans laquelle l'arbitre, sous couleur d'ordonner des mesures provisionnelles, aurait en fait rendu une sentence proprement dite (LALIVE/POUDRET/REYMOND,ibid.; POUDRET/BESSON, ibid.;GEISINGER, ibid.). 2.3.2 L' art. 183 LDIP permet au tribunal arbitral d'ordonner, sauf convention contraire, des mesures provisionnelles ou des mesures conservatoires (al. 1) et de les subordonner, le cas échéant, à la fourniture de sûretés (al. 3). Si la partie concernée ne s'y soumet pas volontairement, le tribunal arbitral peut requérir le concours du juge compétent (al. 3). Les mesures provisionnelles ou provisoires ( vorsorgliche Massnahmen ou einstweilige Verfügungen ) sont les mesures qu'une partie peut requérir pour la protection provisoire de son droit pendant la durée du procès au fond et, dans certains cas, avant même l'ouverture de celui-ci (FABIENNE HOHL, Procédure civile, vol. II, 2002, n° 2776). Encore qu'il existe un grand nombre de distinctions et de classifications, en raison de la nature même de cette institution juridique (BESSON, op. cit., n° 38 p. 39), la doctrine classe généralement les mesures provisionnelles en trois catégories, en fonction de leur but: les mesures conservatoires ( Sicherungsmassnahmen ), qui visent à maintenir l'objet du litige dans l'état où il se trouve pendant toute la durée du procès; les mesures de réglementation ( Regelungsmassnahmen ), qui règlent un rapport de droit durable entre les parties pour la durée du procès; les mesures d'exécution anticipée provisoires ( Leistungsmassnahmen ) - elles peuvent avoir pour objet soit des prestations en argent, soit d'autres obligations de faire ou des obligations de s'abstenir -, qui tendent à obtenir à titre provisoire, en tout ou en partie, l'exécution de la prétention au fond litigieuse (cf., parmi d'autres, HOHL, op. cit., n° 2777). La dernière de ces trois catégories de mesures provisoires trouve son fondement dans la constatation qu'une modification du droit BGE 136 III 200 S. 205 est souvent nécessaire pour le maintien d'une situation de fait (BESSON, op. cit., n° 8 i.f. et l'auteur cité). Une mesure d'exécution anticipée peut, en effet, se révéler indispensable lorsque, en raison de l'inexécution prolongée d'une prestation, le requérant est menacé d'un dommage (HOHL, op. cit., n° 2866). Les mesures d'exécution anticipée provisoires ne sont du reste pas étrangères au droit suisse (pour des exemples tirés de la législation fédérale, cf. HOHL, op. cit., n° 2862). Ainsi, le Tribunal fédéral a jugé admissible d'ordonner, à titre conservatoire, l'exécution d'un contrat de distribution dans le cadre de mesures provisoires ( ATF 125 III 452 consid. 3c). De même, le Code de procédure civile du 19 décembre 2008, qui entrera prochainement en vigueur, prévoit-il, à son art. 262 let . d et e (RO 2010 1800), qu'une mesure provisionnelle peut avoir pour objet la fourniture d'une prestation en nature et, lorsque la loi le prévoit, le versement d'une prestation en argent. De telles mesures ont également cours dans le domaine de la propriété intellectuelle (cf. p. ex.: RALPH SCHLOSSER, Les conditions d'octroi des mesures provisionnelles en matière de propriété intellectuelle et de concurrence déloyale, sic! 2005 p. 339 ss, 352 s.) et l'arbitrage international ne les ignore pas (BERGER/KELLERHALS, op. cit., n° 1149; STEPHEN V. BERTI, in Commentaire bâlois, Internationales Privatrecht, 2 e éd. 2007, n° 7 ad art. 183 LDIP ; GEISINGER, op. cit., p. 378 i.f.; JERMINI, op. cit., n° 65 et note de pied 244). 2.3.3 Pour juger de la recevabilité du recours, ce qui est déterminant n'est pas la dénomination du prononcé entrepris, mais le contenu de celui-ci (arrêt 4A_600/2008 du 20 février 2009 consid. 2.3). La qualité de sentence ne dépend donc pas de la terminologie utilisée par l'arbitre, si bien qu'il ne suffit pas de baptiser de sentence une ordonnance de mesures provisoires pour en faire un objet de recours au sens de l' art. 190 LDIP (cf. BESSON, op. cit., n° 483; FRANÇOIS KNOEPFLER, Les mesures provisoires peuvent-elles être rendues sous forme de sentence arbitrale?, in Mélanges en l'honneur de Henri-Robert Schüpbach, 2000, p. 287; JEAN-FRANÇOIS POUDRET, Les mesures provisionnelles et l'arbitrage: aperçu comparatif des pouvoirs respectifs de l'arbitre et du juge, in Mélanges en l'honneur de François Knoepfler, 2005, p. 235 ss, 248). La solution consistant à qualifier de sentence une décision sur mesures provisoires est, au demeurant, dangereuse, car elle crée une situation pleine d'insécurité (pour plus de détails, cf. KNOEPFLER, op. cit., p. 286). Il en va notamment ainsi de la qualification de sentence partielle qui est propre à donner l'impression, erronée, que le tribunal arbitral a tranché définitivement une partie BGE 136 III 200 S. 206 du litige (GEORG VON SEGESSER, Vorsorgliche Massnahmen im Internationalen Schiedsprozess, ASA Bulletin 25/2007 p. 473 ss, 474). 2.3.4 2.3.4.1 La recourante fait grand cas de la lettre que l'arbitre unique a adressée aux parties, le 2 octobre 2009, pour les informer de la clôture des débats concernant les demandes de mesures provisoires. Elle cite, en particulier, le passage suivant de cette missive: "La sentence arbitrale partielle concernant celles-ci vous sera notifiée dans les tout prochains jours" (terme mis en évidence par la Cour de céans). Cependant, pareille qualification n'est nullement déterminante pour décider de la nature de la décision entreprise, comme on l'a indiqué plus haut, pas plus que ne l'est celle de "sentence préliminaire" figurant sur la première page de la décision motivée que le Centre a notifiée aux parties. 2.3.4.2 Pour conclure à l'existence d'une sentence partielle, la recourante fait valoir, en outre, que les ordres donnés aux parties par l'arbitre dans la décision litigieuse n'ont pas un caractère conservatoire ou provisoire, puisqu'ils l'obligent à transférer à l'intimée, de manière définitive et irréversible, le stock de vêtements en sa possession, c'est-à-dire à opérer un transfert de propriété de ces choses mobilières. Critiquant, de surcroît, les modalités de cette cession forcée, l'intéressée en déduit que la décision en cause ne tend ni à la conservation ni à la préservation de la situation jusqu'à droit connu sur l'issue de la procédure arbitrale, mais vide définitivement une partie du litige au fond, si bien qu'elle doit être qualifiée de sentence partielle. Plaiderait enfin pour cette thèse, toujours selon la recourante, le fait qu'il serait impensable qu'elle attende la fin du procès arbitral pour recourir contre l'ordre de cession du stock. Cette argumentation n'est pas pertinente. Elle restreint, en effet, l'objet des mesures provisionnelles à l'une des trois catégories susmentionnées, ignorant l'existence des deux autres. Or, c'est bien dans la catégorie des mesures d'exécution anticipée provisoires ou dans celle des mesures de réglementation, voire dans les deux, qu'il convient de ranger l'ordre donné à la recourante de céder le stock de vêtements à l'intimée. Pour le surplus, le texte même de la décision querellée fait ressortir clairement la volonté de l'arbitre unique de ne trancher définitivement aucune des prétentions des parties. Sous ch. 17 et 18, l'arbitre unique rappelle les limites de sa mission, à savoir le traitement des BGE 136 III 200 S. 207 demandes de mesures provisoires. Plus loin, dans la partie décisionnelle de son prononcé, il commence par citer in extenso l' art. 183 LDIP (ch. 70), puis énumère les questions de fond qu'il ne lui appartient pas de trancher à ce stade de la procédure, n'étant saisi que "dans le cadre de demandes de mesures provisoires sollicitées par les deux parties" (ch. 71). S'agissant plus particulièrement du stock, l'arbitre unique indique, sur le vu des motifs avancés par les deux parties, qu'il se justifie de décider de son sort "sous le bénéfice de l'urgence" (ch. 72). Cependant, il prend soin de souligner qu'il le fera "dans le cadre de son appréciation provisoire, sans préjudice de la décision qu'il prendra au fond" (ch. 73). De même, après avoir conclu que la cession du stock lui paraissait de nature à limiter les préjudices potentiels des deux parties (ch. 80), l'arbitre unique observe que le désaccord de celles-ci quant à la valeur du stock n'y met pas obstacle, car il relève "du fond du dossier", ajoutant que le paiement ordonné par lui du prix offert par l'intimée n'aura qu'un "caractère provisoire et que le prix définitif du stock ainsi cédé sera établi à l'issue de la procédure au fond" (ch. 82). Enfin, les deux derniers chiffres du dispositif de la décision attaquée viennent confirmer le caractère provisoire de celle-ci. Au demeurant, la recourante ne démontre pas, quoi qu'elle en dise, que la question de la propriété du stock, sinon celle de la valeur de celui-ci, ait formé l'un des objets du litige au fond. Rien de tel ne peut, en tout cas, être déduit des conclusions ad hoc prises par elle dans ses écritures des 3 août et 14 septembre 2009 (cf. let. B.a ci-dessus). 2.3.5 Dirigé, non pas contre une sentence, mais contre une décision de mesures provisionnelles au sens de l' art. 183 LDIP , le présent recours est, dès lors, irrecevable. Aussi n'est-il pas possible d'entrer en matière sur ses conclusions, qu'elles tendent à l'annulation de ladite décision ou à la constatation de sa nullité.
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1051ef9c-7787-413c-b387-5dbe18e0124d
Urteilskopf 141 V 433 48. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Bundesamt für Sozialversicherungen gegen A. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_13/2015 vom 11. August 2015
Regeste Art. 8 Abs. 1, Art. 9 Abs. 2 lit. f und Abs. 4 AHVG ; Art. 3 Abs. 1 IVG ; Art. 27 Abs. 2 EOG ; Zinsabzug auf dem im Betrieb eingesetzten eigenen Kapital und Beitragsaufrechnung. Die Zinsen von dem im Betrieb investierten Eigenkapital sind bei der Ermittlung des beitragspflichtigen Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit abzuziehen, bevor die steuerlich abzugsberechtigten AHV/IV/EO-Beiträge von der Ausgleichskasse aufgerechnet werden. Rz. 1172 der Wegleitung über die Beiträge der Selbstständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen (WSN) in der AHV, IV und EO, in der seit 1. Januar 2012 geltenden Fassung, ist gesetzwidrig (E. 3-5).
Sachverhalt ab Seite 434 BGE 141 V 433 S. 434 A. Mit Verfügung vom 11. November 2013 setzte die Ausgleichskasse Schwyz (nachfolgend: Ausgleichkasse) die Beiträge von A. als Selbstständigerwerbender für das Jahr 2009 auf Fr. 12'446.40 (einschliesslich Verwaltungskosten) fest (Steuermeldung vom 23. Oktober 2013), wogegen der Beitragspflichtige Einsprache erhob. Mit Verfügung vom 9. Mai 2014 setzte die Ausgleichskasse die von A. für das Jahr 2010 geschuldeten Beiträge als Selbstständigerwerbender auf Fr. 11'869.20 (einschliesslich Verwaltungskosten) fest (Steuermeldung vom 31. März 2014). Auch hiegegen reichte A. Einsprache ein. Die Ausgleichskasse vereinigte die beiden Einsprachen und wies sie mit Entscheid vom 29. Juli 2014 ab. B. Die von A. eingereichte Beschwerde, mit welcher er eine neue Berechnung der Beiträge für die Jahre 2009 und 2010 beantragt hatte, hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz dahin gut, dass es den angefochtenen Einspracheentscheid aufhob und die Sache an die BGE 141 V 433 S. 435 Ausgleichskasse zurückwies, damit diese die vom Beitragspflichtigen geschuldeten Beiträge für die Jahre 2009 und 2010 neu festlege und darüber wiederum verfüge (Entscheid vom 20. November 2014). C. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben. A. schliesst sinngemäss auf Abweisung der Beschwerde, während die Ausgleichskasse auf eine Vernehmlassung verzichtet. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Gemäss Art. 8 Abs. 1 AHVG werden vom Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit Beiträge erhoben. Art. 9 Abs. 2 AHVG umschreibt die Abzüge, die vom rohen Einkommen für die Ermittlung des beitragspflichtigen Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit vorgenommen werden. Lit. f bestimmt, dass der Zins des im Betrieb eingesetzten eigenen Kapitals abgezogen wird; der Zinssatz entspricht der jährlichen Durchschnittsrendite der Anleihen der nicht öffentlichen inländischen Schuldner in Schweizer Franken. Nach Art. 9 Abs. 4 AHVG in der seit 1. Januar 2012 gültigen, vorliegend anwendbaren Fassung (Übergangsbestimmung zur Änderung vom 17. Juni 2011 des AHVG) sind die steuerrechtlich zulässigen Abzüge der Beiträge nach Art. 8 AHVG sowie nach Art. 3 Abs. 1 IVG und Art. 27 Abs. 2 EOG (SR 834.1) von den Ausgleichskassen zum von den Steuerbehörden gemeldeten Einkommen hinzuzurechnen. Das gemeldete Einkommen ist dabei nach Massgabe der geltenden Beitragssätze auf 100 % aufzurechnen. Rz. 1172 der Wegleitung des BSV über die Beiträge der Selbstständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen (WSN) in der AHV, IV und EO, gültig ab 1. Januar 2008, in der seit 1. Januar 2012 geltenden Fassung, bestimmt, dass vom Einkommen (gemäss Rz. 1166) und nach Aufrechnung der AHV/IV/EO-Beiträge (gemäss Rz. 1170 f.) der Zins von dem im Betrieb investierten Eigenkapital (gemäss Rz. 1174) abzuziehen ist. 3. Aufgrund des vorinstanzlichen Entscheides und der Beschwerde strittig und zu prüfen ist, auf welche Weise der Zins des im Betrieb investierten Eigenkapitals gemäss Art. 9 Abs. 2 lit. f AHVG rechnerisch vom Roheinkommen in Abzug zu bringen ist. BGE 141 V 433 S. 436 3.1 Die Vorinstanz setzt sich einlässlich mit dieser Frage auseinander. Sie gelangt zum Schluss, Rz. 1172 WSN verletze Bundesrecht: Die dort angewendete Berechnungsweise, wonach der Zins des im Betrieb investierten Eigenkapitals vom gemeldeten Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit erst nach Aufrechnung der AHV/IV/EO-Beiträge abgezogen wird, sei gesetzwidrig. Nach Art. 9 Abs. 2 AHVG seien vom rohen Einkommen die Abzüge gemäss Art. 9 Abs. 2 lit. a-f AHVG vorzunehmen. Daraus folge, dass die Zinsen des im Betrieb investierten Eigenkapitals vor der Beitragsberechnung bei der Ermittlung des beitragspflichtigen Einkommens zu berücksichtigen sind. Mit dem Zinsabzug würden pauschal jene Einkommensbestandteile ausgeschieden, die auf dem Einsatz von Kapital beruhen und nicht der Beitragspflicht unterliegen. Nach der Rechtsprechung bezwecke Art. 9 Abs. 2 lit. f AHVG die Gleichbehandlung von Unselbstständigerwerbenden und Selbstständigerwerbenden bei der Beitragserhebung. Dieser Absicht des Gesetzgebers laufe es zuwider, wenn AHV-Beiträge aufgerechnet werden, bevor von dem von der Steuerbehörde gemeldeten rohen Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit die Eigenkapitalzinsen in Abzug gebracht wurden. 3.2 Das BSV bringt vor, das von der Steuerbehörde gemeldete (Neto-)Einkommen sei von den Ausgleichskassen laut Art. 9 Abs. 4 AHVG unter Einbezug der Beiträge auf 100 % aufzurechnen. Das gemeldete Einkommen sei als Beitragsaufrechnungsgrundlage heranzuziehen. Vor dem 1. Januar 2012 seien bei der Ermittlung des beitragspflichtigen Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit immer zunächst die persönlichen AHV/IV/EO-Beiträge wieder aufgerechnet und hernach sei der Eigenkapitalzins abgezogen worden. Mit der auf den 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Gesetzesrevision vom 17. Juni 2011 habe sich daran nichts geändert. Nachdem das von den Steuerbehörden gemeldete Einkommen unvermindert als Bemessungsgrundlage heranzuziehen sei, der Eigenkapitalzinsabzug nur eine pauschale Korrektur darstelle, die Beitragsaufrechnung materiell unverändert bleibe und die aufgerechneten Beiträge nicht mit den steuerseitig abgezogenen übereinstimmen müssten, sei keine Änderung in der Reihenfolge der bei der Ermittlung des beitragspflichtigen Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit durchzuführenden Operationen verbunden. 4. Laut Art. 9 Abs. 2 lit. f AHVG wird vom rohen Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit u.a. der Zins des im Betrieb eingesetzten eigenen Kapitals abgezogen (erster Halbsatz). Aus dem für die Auslegung in erster Linie massgebenden Wortlaut dieser BGE 141 V 433 S. 437 Bestimmung ( BGE 141 II 57 E. 3.2 S. 61 mit Hinweisen) ergibt sich lediglich, dass der Zins des im Betrieb eingesetzten eigenen Kapitals vom rohen Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit abgezogen wird. Damit wird der Zinsabzug auf dem investierten Eigenkapital gleich behandelt wie alle anderen, hier im Einzelnen nicht interessierenden Abzüge gemäss Art. 9 Abs. 2 lit. a-e AHVG . Art. 9 Abs. 4 AHVG bestimmt, die steuerrechtlich zulässigen Abzüge der Beiträge nach Art. 8 AHVG sowie nach Art. 3 Abs. 1 IVG und Art. 27 Abs. 2 EOG seien von den Ausgleichskassen zum von den Steuerbehörden gemeldeten Einkommen hinzuzurechnen, wobei das gemeldete Einkommen nach Massgabe der geltenden Beitragssätze auf 100 % aufzurechnen ist. Wiederum gestützt auf den Wortlaut kann Art. 9 Abs. 4 AHVG nur so verstanden werden, dass die Beitragsaufrechnung auf dem den Ausgleichskassen von den Steuerbehörden gemeldeten Einkommen vorzunehmen ist, bei dem es sich gemäss Art. 9 Abs. 2 Ingress AHVG um Roheinkommen, d.h. Einkommen ohne Abzüge, aber auch ohne Aufrechnung von Beiträgen, handelt. Somit bildet das rohe Einkommen Ausgangsbasis sowohl für den Eigenkapitalzinsabzug wie auch die Beitragsaufrechnung. Über die zeitliche Abfolge dieser beiden Rechenoperationen ist damit noch nichts ausgesagt. Wird der Zins auf dem investierten Eigenkapital erst abgezogen, nachdem die AHV-Beiträge auf dem rohen Einkommen aufgerechnet wurden, resultiert insgesamt eine (leicht) höhere Beitragsbelastung, insbesondere bei höherem Eigenkapital; bei der Umrechnung des Nettoeinkommens gemäss Steuermeldung ins Bruttoeinkommen wird der Eigenkapitalzins erst nach der Umrechnung und vom Bruttoeinkommen in Abzug gebracht. Damit wird der Zinsabzug zu einem Teil des beitragspflichtigen Einkommens, wie die Vorinstanz anhand von Berechnungsbeispielen richtig festgehalten hat. Es steht indessen fest, dass auf den Zinsen für das investierte Eigenkapital von Gesetzes wegen keine AHV-Beiträge erhoben werden ( Art. 9 Abs. 2 lit. f AHVG ; vgl. BGE 139 V 537 ). Der vorinstanzlich vertretenen Auffassung ist aus diesem Grund beizupflichten. Das kantonale Gericht hat die Verwaltungspraxis (Rz. 1172 WSN) zu Recht als bundesrechtswidrig erklärt. 5. Die Einwendungen des Bundesamtes vermögen zu keinem anderen Ergebnis zu führen. Es trifft zu, dass die von den Steuerbehörden gemeldeten Einkommen grundsätzlich als Nettoeinkommen gelten, die durch Einbezug der AHV/IV/EO-Beiträge auf 100 % aufgerechnet werden. Im Weiteren wendet das BSV ein, mit dem Abzug des Zinses auf dem investierten Eigenkapital nach Art. 9 Abs. 2 lit. f AHVG BGE 141 V 433 S. 438 solle sodann dem Umstand Rechnung getragen werden, dass das Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit ein gemischtes, durch den Einsatz von Arbeit und Kapital erzieltes Einkommen ist, und der Kapitalertrag nicht der AHV-Beitragspflicht unterstellt ist; mittels Eigenkapitalzinsabzugs werde schematisch und pauschal ein Kapitalertragsanteil aus dem Einkommen ausgeschieden. Vor der auf den 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Gesetzesrevision seien bei der Ermittlung des beitragspflichtigen Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit immer zunächst die persönlichen AHV/IV/EO-Beiträge wieder aufgerechnet worden; erst danach sei der Eigenkapitalzinsabzug vorgenommen worden. Diese Argumente gehen an der Sache vorbei und sind daher nicht geeignet, eine Bundesrechtsverletzung durch das kantonale Gericht zu begründen (nicht publ. E. 1). Nicht geprüft zu werden braucht, wie es sich hinsichtlich der Beitragsaufrechnung und des Eigenkapitalzinsabzugs vor Inkrafttreten der revidierten Fassung des Art. 9 Abs. 4 AHVG am 1. Januar 2012 verhalten hat, ist doch auf den vorliegenden Fall - wie erwähnt - die neue Fassung dieser Gesetzesbestimmung anwendbar. Dass sich der Unterschied zwischen der früheren und der geltenden Fassung von Art. 9 Abs. 4 AHVG auf die Zuständigkeit beschränkt, indem die Beitragsaufrechnung früher den Steuerbehörden oblag, während nunmehr (wiederum; vgl. BGE 139 V 537 E. 4.2 und 4.3 S. 543 f.; Botschaft vom 3. Dezember 2010 zur Änderung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung [AHVG; Verbesserung der Durchführung], BBl 2011 543 ff., insbesondere S. 552 f. Ziff. 2.1 zu Art. 9 Abs. 4 AHVG ) die Ausgleichskassen mit dieser Aufgabe betraut sind, wie das BSV geltend macht, mag zutreffen, ist aber im vorliegenden Zusammenhang belanglos. Mit der vorinstanzlich festgestellten Gesetzwidrigkeit von Rz. 1172 WSN ist keine Änderung der Rechtsprechung verbunden, welche nur unter bestimmten Voraussetzungen (vgl. statt vieler BGE 138 III 359 E. 6.1 S. 361; BGE 137 V 282 E. 4.2 S. 291) in Betracht fallen würde. Vielmehr hat sich das Bundesgericht nach Massgabe des heute in Kraft stehenden Rechts bis anhin noch nie vertieft mit der Frage befasst, in welcher Reihenfolge die Beitragsaufrechnung auf dem Roheinkommen und der Zinsabzug vom investierten Eigenkapital vorzunehmen sind. Im Urteil H 239/83 vom 5. Dezember 1985, in: ZAK 1986 S. 170 hat sich das Eidgenössische Versicherungsgericht zwar zur Frage der Reihenfolge von Eigenkapitalzinsabzug und Beitragsaufrechnung geäussert; indessen galten damals andere gesetzliche BGE 141 V 433 S. 439 Grundlagen. Insbesondere kannte das Gesetz keine dem heutigen Art. 9 Abs. 4 AHVG entsprechende Bestimmung, welche in gleicher Weise die Methode der Umrechnung auf 100 % statuiert hätte. Abgesehen davon hat sich das zitierte Urteil mit der nach der Verwaltungspraxis geltenden Methode der Prozentumrechnung befasst, die der seinerzeit geltenden Rechtslage widersprochen hatte. Aus ZAK 1986 S. 170 lässt sich somit für den vorliegenden Fall nichts ableiten. BGE 111 V 289 (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts H 203/83 vom 5. Dezember 1985) sodann umschrieb die Aufgaben von Steuerbehörde und Ausgleichskasse im Rahmen der Beitragsfestsetzung und äusserte sich zum Zweck der Beitragsaufrechnung (siehe dazu nunmehr auch BGE 139 V 537 E. 4.1 S. 543) und zu deren Durchführung. Zur vorliegend interessierenden Frage nach der Reihenfolge von Eigenkapitalzinsabzug und Beitragsaufrechnung nahm das Gericht hingegen auch in jenem Urteil nicht Stellung.
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10545988-249f-4ea3-be63-8ad63f4dd0a4
Urteilskopf 116 V 305 46. Extrait de l'arrêt du 16 novembre 1990 dans la cause Caisse cantonale valaisanne de compensation contre R. et Tribunal cantonal valaisan des assurances
Regeste Art. 6bis, Art. 6quater, Art. 23bis und Art. 23ter AHVV : Berechnung des Sonderbeitrags. Der Freibetrag nach Art. 6quater AHVV ist auch dann nicht anwendbar, wenn der Liquidationsgewinn nach Vollendung des 62. bzw. 65. Altersjahres erzielt worden ist.
Erwägungen ab Seite 305 BGE 116 V 305 S. 305 Extrait des considérants: 3. Quant à son principe, l'obligation d'acquitter une cotisation spéciale n'est pas en cause en l'espèce. Ne l'est pas non plus le montant du bénéfice de liquidation, par 58'432 francs. Du reste, sur ce point, la caisse de compensation est liée par la communication de l'autorité fiscale ( ATF 116 V 4 consid. 3). a) Aux termes de l' art. 4 al. 2 let. b LAVS , le Conseil fédéral peut excepter du calcul des cotisations le revenu de l'activité lucrative obtenu par les femmes après l'accomplissement de leur 62e année, par les hommes après l'accomplissement de leur 65e année, jusqu'à concurrence d'une fois et demie le montant minimum de la rente simple de vieillesse prévue à l' art. 34 al. 2 LAVS . Le Conseil fédéral a fait usage de cette délégation de compétence à l' art. 6quater RAVS , qui fixe, à son alinéa 2, à 14'000 francs par an (12'000 francs jusqu'au 31 décembre 1989) la part du revenu de l'activité indépendante non soumise à cotisations dans ce cas. BGE 116 V 305 S. 306 Selon les premiers juges, l' art. 17 let . d RAVS assimile les bénéfices en capital au revenu provenant d'une activité indépendante. L'égalité de traitement commanderait donc d'appliquer aussi l' art. 6quater RAVS aux bénéfices en capital obtenus après l'âge de 62 ou de 65 ans. En l'occurrence, la cotisation spéciale devrait donc être calculée sur la base d'un gain déterminant de 46'400 francs (58'400 francs moins 12'000 francs). b) Ce raisonnement - contesté tant par la caisse que par l'Office fédéral des assurances sociales (OFAS) - ne peut pas être suivi. En cas de liquidation d'une entreprise, le bénéfice en capital provient généralement d'une activité lucrative pratiquée pendant toute la durée de l'exploitation de l'entreprise (RCC 1986 p. 608 consid. 2b; cf. à propos de l'impôt annuel spécial selon l' art. 43 AIFD : MASSHARDT/GENDRE, Commentaire IDN, note 2 ad art. 43). Même si la liquidation intervient après l'âge de 62 ou de 65 ans, ce bénéfice représente donc, le plus souvent, le revenu d'une activité exercée en grande partie avant l'âge d'ouverture du droit à la rente de vieillesse. Pour cette raison déjà, il n'est guère possible de transposer telles quelles aux bénéfices de liquidation les règles sur les cotisations des personnes poursuivant une activité indépendante après cet âge limite. Au demeurant, les bénéfices en capital sont partiellement assimilés, selon le système adopté par le Conseil fédéral, à des prestations de prévoyance volontairement allouées par l'employeur, lorsque l'assuré a accompli sa 50e année au moment de la réalisation du bénéfice ( art. 23ter al. 1 let. a RAVS ). Dans cette mesure, ils sont donc déjà exonérés du paiement de cotisations en vertu de l' art. 6bis RAVS , auquel renvoie l' art. 23ter al. 1 RAVS . Sur ce plan, la situation du travailleur indépendant est semblable à celle du salarié, pour lequel la franchise de l' art. 6quater RAVS n'est pas non plus applicable (le législateur partant de l'idée que la prestation de prévoyance allouée par l'employeur se rattache aussi, quant à son fondement, à une période d'activité antérieure à l'âge d'ouverture du droit à la rente de vieillesse). Dès lors, de deux choses l'une: ou bien le bénéfice en capital est assimilé pour une part - et pour des raisons de politique sociale évidentes - à un capital affecté à des buts de prévoyance (cf. RCC 1983 p. 295; KÄSER, Unterstellung und Beitragswesen in der obligatorischen AHV, p. 220, note 14.23); ou bien ce même bénéfice est considéré, pour le tout, comme le pur revenu d'une activité lucrative et il peut être partiellement exonéré en vertu de BGE 116 V 305 S. 307 l' art. 6quater RAVS . Mais on conçoit mal que les avantages attachés à chacun des deux systèmes puissent être combinés, et ce serait accorder un privilège injustifié que de permettre une exemption supplémentaire lorsque la cessation de l'activité indépendante intervient après l'âge de 62 ou de 65 ans. En tout cas, on ne voit vraiment pas en quoi le refus d'appliquer ici la franchise prévue à l' art. 6quater RAVS serait source d'inégalités de traitement entre assurés ou entraînerait, sur le plan de l'équité, des conséquences insatisfaisantes.
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10561b05-3c78-43ac-92e7-b1e368ba4086
Urteilskopf 119 Ib 380 39. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 23. Juni 1993 i.S. A. gegen Privatschule B., Gemeinde Walzenhausen und Regierungsrat des Kantons Appenzell A.Rh. (Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 97 ff. OG , Art. 11 USG und Art. 22ter BV ; Sanierungsvorhaben für Erschliessungsstrasse und Parkierungsanlage; Bestandesgarantie. 1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Bereich des Umweltschutzrechts (E. 1). 2. Die geplante Verlegung einer Schule hat keine Auswirkungen auf die Besitzstandsgarantie (E. 2). 3. Keine Anhaltspunkte, dass das Sanierungsvorhaben zu einer Grenzwertüberschreitung führt (E. 3d). Emissionsbegrenzung im Sinne von Art. 11 Abs. 2 USG (E. 3e).
Sachverhalt ab Seite 381 BGE 119 Ib 380 S. 381 Die Privatschule B., Walzenhausen, ist Eigentümerin der Parzellen Nrn. 631, 1041 und 1324 im Gebiet Sonnenberg der Gemeinde Walzenhausen. Sie führt eine Ausbildungsstätte, in welcher sie Seminarien, Tagungen und Kurse für Jugendliche und Erwachsene abhält. Der Gemeinderat Walzenhausen erliess am 26. September 1983 für das zur Ein- und Zweifamilienhaus-Reservezone gehörende Gebiet Sonnenberg einen Quartierplan, der am 29. Mai 1984 vom Regierungsrat des Kantons Appenzell A.Rh. genehmigt wurde; am 29. Dezember 1989 genehmigte der Regierungsrat eine geringfügige Änderung dieses Planes. Die Sonderbauvorschriften bestimmen unter anderem, dass die für die Privatschule notwendigen Autoabstellplätze im Gebiet C anzuordnen seien, wobei die erforderliche Anzahl im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens festzulegen sei. Mindestens 50% der Autoabstellplätze seien dabei unterirdisch zu erstellen. Die Privatschule B. reichte für den Bau von drei Doppeleinfamilienhäusern sowie für den Neubau der Zufahrtsstrasse von der Staatsstrasse zur Ausbildungsstätte und einen Autounterstand Baugesuche ein. Am 15. August 1990 erteilte die Baubewilligungskommission Walzenhausen die Baubewilligung für die Strasse und die Abstellplätze unter Auflagen und wies die dagegen eingegangenen Einsprachen ab. A., Eigentümer der Parzellen Nrn. 1019 und 1174, die an die Parzellen Nrn. 631 und 1041 angrenzen, rekurrierte dagegen beim Gemeinderat Walzenhausen. Der Gemeinderat wies am 15. Juli 1991 den Rekurs ab, soweit er darauf eintrat. Er ergänzte die Baubewilligung der Baubewilligungskommission vom 15. August 1990 mit folgenden Auflagen: "Der überdeckte Autounterstand ist soweit in den Hang hineinzuverschieben, dass sämtliche Bauteile unter das gewachsene Terrain zu liegen kommen. Auf die ersten 3-4 überdachten Unterstellplätze ist zu verzichten (Total 36-37 Plätze). Das Terrain ist so zu gestalten, dass die unterirdischen Bauten auf 3 Seiten unter dem gestalteten Terrain liegen." Dagegen erhob A. Rekurs beim Regierungsrat des Kantons Appenzell A.Rh. und beantragte, das Baugesuch sei abzuweisen, eventualiter sei die Baugesuchstellerin zu verpflichten, geeignete Schutzvorkehren zu treffen, um die zu erwartenden zonenwidrigen Immissionen BGE 119 Ib 380 S. 382 zu verhindern. Am 25. Februar 1992 wies der Regierungsrat den Rekurs ab. A. führt gegen diesen Beschluss des Regierungsrats sowohl Verwaltungsgerichtsbeschwerde als auch staatsrechtliche Beschwerde. Das Bundesgericht weist die Beschwerde sowohl als Verwaltungsgerichtsbeschwerde als auch als staatsrechtliche Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. a) Der Beschwerdeführer hat gegen den letztinstanzlichen kantonalen Entscheid des Regierungsrats des Kantons Appenzell A.Rh., der in Anwendung des kantonalen Gesetzes über die Einführung des Bundesgesetzes über die Raumplanung (EG zum RPG) vom 28. April 1985, des kommunalen Baurechts und des eidgenössischen Umweltschutzrechts erging, sowohl Verwaltungsgerichtsbeschwerde als auch staatsrechtliche Beschwerde eingereicht. Er hat beide Rechtsmittel in einer Beschwerdeschrift erhoben, was zulässig ist ( BGE 118 Ib 417 E. 1a). Welches Rechtsmittel zulässig ist, ob im vorliegenden Fall beide Rechtsmittel ergriffen werden können und in welchem Umfang auf ein zulässiges Rechtsmittel eingetreten werden kann, prüft das Bundesgericht von Amtes wegen und mit freier Kognition ( BGE 118 Ia 112 E. 1, BGE 118 Ib 49 f. E. 1, 196 E. 1, 417 E. 1). Entsprechend der subsidiären Natur der staatsrechtlichen Beschwerde ( Art. 84 Abs. 2 OG ) ist zunächst zu prüfen, ob die Verwaltungsgerichtsbeschwerde offensteht. b) Nach Art. 97 OG in Verbindung mit Art. 5 VwVG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig gegen Verfügungen, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen oder hätte stützen sollen, sofern diese von den in Art. 98 OG genannten Vorinstanzen erlassen worden sind und keiner der in Art. 99-102 OG oder in der Spezialgesetzgebung vorgesehenen Ausschlussgründe gegeben ist. Dies gilt auch für Verfügungen, die sowohl auf kantonalem bzw. kommunalem wie auch auf Bundesrecht beruhen, falls und soweit die Verletzung von unmittelbar anwendbarem Bundesrecht in Frage steht ( BGE 118 Ib 234 E. 1a, 417 E. 1b, je mit Hinweisen). Zu dem im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde überprüfbaren Bundesrecht gehört auch das Bundesverfassungsrecht, soweit die Rüge eine Angelegenheit betrifft, die in die Sachzuständigkeit der eidgenössischen Verwaltungsrechtspflegeinstanz fällt ( BGE 118 Ib 11 E. 1a mit Hinweis). BGE 119 Ib 380 S. 383 Im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde sind auch auf unselbständiges kantonales Ausführungsrecht zum Bundesrecht gestützte Anordnungen zu überprüfen sowie auf übrigem kantonalem Recht beruhende Anordnungen, die einen hinreichend engen Sachzusammenhang mit der im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu beurteilenden Frage des Bundesverwaltungsrechts aufweisen. Soweit dagegen dem angefochtenen Entscheid selbständiges kantonales Recht ohne den genannten Sachzusammenhang zum Bundesrecht zugrunde liegt, steht ausschliesslich die staatsrechtliche Beschwerde zur Verfügung ( BGE 118 Ib 11 E. 1a, 234 E. 1b, je mit Hinweisen). c) Im vorliegenden Fall macht der Beschwerdeführer geltend, der angefochtene Entscheid des Regierungsrats verletze umweltschutzrechtliche Bestimmungen des Bundes, so namentlich Art. 11 Abs. 2 USG . Zu dieser Rüge ist der Beschwerdeführer als Eigentümer zweier Parzellen, die an die Liegenschaften der Beschwerdegegnerin anstossen, im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert ( Art. 103 lit. a OG ). Der Beschwerdeführer ist ebenfalls legitimiert, mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde eine Verletzung von Art. 4 BV (Verweigerung des rechtlichen Gehörs und willkürliche Rechtsanwendung) geltend zu machen. Die vom Beschwerdeführer ebenfalls als verletzt gerügten Art. 75 und 76 EG zum RPG weisen zwar den geforderten engen Sachzusammenhang zu den in Frage stehenden umweltschutzrechtlichen Bestimmungen des Bundes auf, um im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde überprüft zu werden. Indessen ist nicht ersichtlich und auch nicht dargetan, inwiefern diese kantonalen Vorschriften die in Betracht fallenden bundesrechtlichen Umweltschutzbestimmungen ergänzen oder - soweit erlaubt - verschärfen. Diesen Bestimmungen kommt somit keine selbständige Bedeutung zu (vgl. BGE 117 Ib 147 E. 2d/cc, BGE 115 Ib 456 E. 1c). d) Der vom Beschwerdeführer ferner als verletzt gerügte Art. 4 EG zum RPG (Bestandesgarantie) weist diesen engen Sachzusammenhang nicht auf. Diese Rüge ist deshalb mit staatsrechtlicher Beschwerde geltend zu machen. Als Eigentümer einer Parzelle (Nr. 1019) im Quartierplangebiet Sonnenberg ist der Beschwerdeführer gemäss Art. 88 OG legitimiert, eine Verletzung von Art. 4 EG zum RPG geltend zu machen. Gleich verhält es sich mit der Rüge, der angefochtene Entscheid verletze im Zusammenhang mit der Bestandesgarantie "die Beweisregeln von Art. 8 ZGB ", womit sich der Beschwerdeführer auf den auch im kantonalen Verwaltungsrecht geltenden BGE 119 Ib 380 S. 384 Grundsatz beruft, dass derjenige das Vorhandensein einer Tatsache zu beweisen hat, der aus ihr Rechte ableitet (vgl. HANS-JÜRG SCHÄR, Gesetz über das Verwaltungsverfahren des Kantons Appenzell A.Rh. vom 28. April 1985, N. 21 zu Art. 6, N. 3 zu Art. 10). e) Die Akten enthalten alle erheblichen Sachverhaltselemente, weshalb sich die vom Beschwerdeführer beantragten Beweismassnahmen erübrigen. 2. a) Im vorliegenden Fall geht es in der Hauptsache um die Bewilligung eines Sanierungsvorhabens, welches die Lösung des Erschliessungs- und Parkplatzproblems im Quartierplangebiet Sonnenberg bezweckt. Der Gemeinderat Walzenhausen bewilligte am 15. Juli 1991 den Bau eines Autounterstandes mit 36-37 Plätzen sowie einer Zufahrtsstrasse. Wie der Regierungsrat im angefochtenen Entscheid verdeutlicht, sind neun Parkplätze für die von der Beschwerdegegnerin neu geplanten drei Doppeleinfamilienhäuser erforderlich. Hievon sind sechs Plätze im Unterstand projektiert; die übrigen 30-31 Plätze sollen der bestehenden Privatschule dienen. b) Der Beschwerdeführer weist in seiner Beschwerde darauf hin, dass der Betrieb der Privatschule als solcher dem Zweck der Ein- und Zweifamilienhauszone widerspricht. Dies trifft offenkundig zu. Der Regierungsrat stellte in seinem Rekursentscheid vom 5. April 1983 betreffend den Quartierplan Sonnenberg ausdrücklich fest, dass das Schulungszentrum lediglich in der Wohn- und Gewerbezone als zonenkonform zu bezeichnen wäre. Indessen müsse der Besitzstand aufgrund der Eigentumsgarantie gewahrt bleiben. Demgemäss lasse die Gemeindebauordnung den Weiterbestand der Schule und eine angemessene Erweiterung zu; die Ausbaumöglichkeiten seien aber insoweit gleichzeitig begrenzt. Der Regierungsrat schrieb der Gemeinde vor, die Sonderbauvorschriften dahin zu ändern, dass "die bauliche Erweiterung der bestehenden Privatschule (nur) im Rahmen der Erweiterungsgarantie" gewährleistet sei. c) Im vorliegenden Baubewilligungsverfahren machte der Beschwerdeführer geltend, die Beschwerdegegnerin werde ihr Schulungszentrum von Walzenhausen nach Kehrsatz verlegen, womit die Berufung auf die Bestandesgarantie entfalle. Nach Auffassung des Regierungsrats kommt eine Betriebsverlegung grundsätzlich einem Verzicht auf die Bestandesgarantie gleich. Eine Betriebsverlegung des Schulungszentrums von Walzenhausen nach Kehrsatz sei zwar offensichtlich. Indessen sei ein genauer Zeitpunkt dieser Betriebsverlegung angesichts der frühen Planungsphase und möglicher Verzögerungen nicht bestimmbar. Deshalb sei von der tatsächlichen BGE 119 Ib 380 S. 385 Situation, wie sie sich bei der Entscheidfällung präsentiere, auszugehen. Der Beschwerdeführer wirft dem Regierungsrat vor, er habe den rechtserheblichen Sachverhalt unvollständig festgestellt und den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem er ohne nähere Begründung davon absah, dem entsprechenden Beweisantrag des Beschwerdeführers auf Edition der Unterlagen des Baubewilligungsverfahrens in Kehrsatz stattzugeben. d) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers und des Regierungsrats hat die geplante Verlegung der Privatschule keine Auswirkungen auf die Besitzstandsgarantie. Die Nutzung der bestehenden Bauten könnte auch nach einem Verkauf im Rahmen der bisherigen Zweckbestimmung vom neuen Eigentümer weitergeführt werden (vgl. ERICH ZIMMERLIN, Kommentar zum Baugesetz des Kantons Aargau, zweite Auflage, Aarau 1985, S. 566, N. 4c zu § 224). Die vom Regierungsrat in seinem Beschluss angeführten Zitate stehen diesem Schluss nicht entgegen, sondern sind vielmehr dahingehend zu verstehen, dass sich die Privatschule nach einer allfälligen Verlegung am neuen Standort nicht mehr auf die Besitzstandsgarantie berufen kann (vgl. ERICH ZIMMERLIN, a.a.O., S. 320, N. 3 zu § 135 und S. 566 f., N. 4d zu § 224; ALDO ZAUGG, Kommentar zum Baugesetz des Kantons Bern vom 9. Juni 1985, Bern 1987, S. 67 f., N. 2 zu Art. 3). Eine Verlegung der Privatschule bewirkt somit entgegen den Ansichten des Regierungsrats und des Beschwerdeführers keinen Verzicht auf die Besitzstandsgarantie. Die vom Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dieser Verlegung beantragten Beweismassnahmen erweisen sich als unerheblich, weshalb eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör wie auch der geltend gemachte Verstoss gegen die Regeln über die Beweislastverteilung zu verneinen ist. Aus den gleichen Gründen liegt insoweit auch keine unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts vor ( Art. 104 lit. b OG ). e) Im Zusammenhang mit der Frage der Betriebsverlegung wirft der Beschwerdeführer dem Regierungsrat ausserdem vor, er habe Art. 4 EG zum RPG (Bestandesgarantie) willkürlich angewendet. Das Bundesgericht hebt jedoch einen angefochtenen Entscheid nicht auf, wenn sich nur die Begründung als unhaltbar erweist. Die Aufhebung eines Entscheids rechtfertigt sich vielmehr nur, wenn dieser auch im Ergebnis verfassungswidrig ist ( BGE 117 Ia 135 E. 2c mit Hinweisen). Der Regierungsrat ging in seinem angefochtenen Beschluss zumindest im Ergebnis richtigerweise davon aus, dass die BGE 119 Ib 380 S. 386 Verlegungsabsichten der Beschwerdegegnerin keinen Einfluss auf die Bestandesgarantie bewirken. Die Willkürrüge erweist sich insoweit als unbegründet und ist abzuweisen. Ferner behauptet der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 22ter BV , weil der Beschwerdegegnerin trotz der vorgesehenen Betriebsverlegung die Bestandesgarantie eingeräumt wurde. Da, wie ausgeführt, die Verlegungsabsichten keinen Einfluss auf die Bestandesgarantie haben, erweist sich auch diese Rüge als unbegründet. 3. a) Das Bundesgesetz über den Umweltschutz soll unter anderem Menschen gegen schädliche und lästige Einwirkungen schützen ( Art. 1 Abs. 1 USG ). Das geltende Recht sieht die Begrenzung schädlicher oder lästiger Einwirkungen wie etwa Luftverunreinigung oder Lärm an der Quelle nach einem zweistufigen Konzept vor ( Art. 11 Abs. 1 USG ): Zunächst sind unabhängig von der bestehenden Umweltbelastung die Emissionen im Rahmen der Vorsorge so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist ( Art. 11 Abs. 2 USG ). In einem zweiten Schritt sind die Emissionsbeschränkungen zu verschärfen, wenn feststeht oder zu erwarten ist, dass die Einwirkungen unter Berücksichtigung der bestehenden Umweltbelastung schädlich oder lästig werden ( Art. 11 Abs. 3 USG ; BGE 118 Ib 26 E. 5b, 234 E. 2a). Für die Beurteilung dessen, was als schädlich und lästig gilt und somit zu verschärften Emissionsbegrenzungen führt, ist auf die Grenzwerte abzustellen, die der Bundesrat durch Verordnung festlegt ( Art. 13 Abs. 1 USG ). b) Der Regierungsrat führte in seinem angefochtenen Beschluss aus, dass die fraglichen Grundstücke nach dem Bebauungsplan in der Ein- und Zweifamilienhaus-Reservezone lägen. Die zuständige kantonale Behörde hätte für dieses Gebiet die Empfindlichkeitsstufe II gemäss Art. 43 Abs. 1 lit. b der Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV) festzusetzen. Die für die Empfindlichkeitsstufe II geltenden Immissionsgrenzwerte von 60 dB (A) während des Tages und 50 dB (A) während der Nacht würden durch das Zu- und Wegfahren einzelner Automobile von der Parkierungsanlage nicht erreicht werden, zumal sich die Situation durch die neue Linienführung der Zufahrtsstrasse mit geringeren Steigungsverhältnissen verbessern werde. Das Bauvorhaben stehe auch im Einklang mit der Luftreinhalte-Verordnung (LRV), weil man der vorsorglichen Emissionsbegrenzung bereits im Rahmen des Quartierplans Rechnung getragen habe. BGE 119 Ib 380 S. 387 c) Es stellt sich die Frage, ob nicht die meisten umweltschutzrechtlichen Fragen bereits weitgehend in den Regierungsratsbeschlüssen vom 5. April 1983 (Rekursentscheid betreffend Quartierplan Sonnenberg) und vom 29. Mai 1984 (Genehmigungsentscheid betreffend Quartierplan Sonnenberg) entschieden worden sind. Dies hätte zur Folge, dass im vorliegenden Baubewilligungsverfahren diese Fragen grundsätzlich nicht mehr überprüft werden könnten (vgl. BGE 116 Ia 207 E. 3b, BGE 115 Ib 335 E. 4c). Da indessen aufgrund der nachfolgenden Erwägungen der angefochtene Regierungsratsbeschluss weder umweltschutzrechtlich noch verfassungsrechtlich zu beanstanden ist, kann diese Frage offengelassen werden. d) Der Quartierplan verwies die Festsetzung der Anzahl der erforderlichen Abstellplätze ins Baubewilligungsverfahren; er bestimmte indessen, dass 50% der Autoabstellplätze unterirdisch zu erstellen seien. Bei der Überprüfung der erforderlichen Parkplatzzahl ist, wie der Regierungsrat richtig festgestellt hat, von der heutigen Nutzung auszugehen, die durch Art. 4 EG zum RPG (Bestandesgarantie) geschützt ist (vgl. vorangehende E. 2d und e). Dass für den Betrieb der Privatschule 30 Abstellplätze notwendig sind, ist unbestritten. Auch kann nicht gesagt werden, dass die für die drei Doppeleinfamilienhäuser vorgesehenen neun Parkplätze, wovon sechs Plätze in der hier umstrittenen Parkierungsanlage geplant sind, nicht erforderlich sind. Der Parkplatzbedarf ist genügend ausgewiesen. Mit einer Reduktion der Parkplatzzahl könnte die heutige unbefriedigende Parkplatzsituation nicht gelöst und dadurch der Zweck des Quartierplans Sonnenberg, nämlich unter anderem die zweckmässige Erschliessung des Gebiets Sonnenberg, nicht erfüllt werden. Mit dem vorliegenden Sanierungsvorhaben soll die gegenwärtig unbefriedigende Erschliessungssituation verbessert werden. Mit Blick auf die Lärm- und Luftverunreinigungsproblematik erscheint - isoliert betrachtet - die vorgesehene Parkplatzzahl als beachtlich. Indessen ist insoweit zu berücksichtigen, dass die für die Privatschule vorgesehenen Parkplätze nicht kurzfristig, mit entsprechend häufigen Fahrzeugbewegungen, benutzt werden. Der grösste Teil der die Privatschule besuchenden Schüler ist in dieser selbst untergebracht. Dies hat zur Folge, dass die Parkplätze während längeren Zeitabschnitten belegt werden. Die von diesen Parkplätzen ausgehende Belastung ist daher als klein zu bezeichnen. Es ist festzustellen, dass keine Anhaltspunkte vorliegen, wonach die geplante Erschliessungsstrasse und die Parkierungsanlage in bezug auf den Lärm oder die Luftverunreinigung eine Grenzwertüberschreitung BGE 119 Ib 380 S. 388 bewirken werden. Es ist, wie der Regierungsrat ausgeführt hat, davon auszugehen, dass die heutige Situation durch das umstrittene Projekt verbessert wird. e) Damit bleibt einzig noch zu prüfen, ob der Regierungsrat, wie der Beschwerdeführer behauptet, die Emissionsbegrenzung im Sinne von Art. 11 Abs. 2 USG nicht durchgesetzt habe. Der Beschwerdeführer macht dabei geltend, er habe im Rekursverfahren verlangt, das Bauvorhaben als Tiefgarage zu realisieren oder zumindest eine gesamthafte Überdeckung beim westlichen Teil des Autounterstandes vorzunehmen. Darauf sei der Regierungsrat jedoch nicht eingegangen. Nach Art. 12 der zum Quartierplan Sonnenberg gehörenden Sonderbauvorschriften sind mindestens 50% der Autoabstellplätze unterirdisch anzuordnen. Mit der Anwendung dieser Bestimmung im vorliegenden Baubewilligungsverfahren ist der Regierungsrat der Pflicht zur Emissionsbegrenzung im Sinne von Art. 11 Abs. 2 USG nachgekommen. Da bei der Anwendung dieser Bestimmung das Verhältnismässigkeitsprinzip auch in finanzieller Hinsicht zu beachten ist, ist es angesichts der zu erwartenden Emissionen nicht zu beanstanden, dass der Regierungsrat keine weitergehenden Bedingungen und Auflagen im Sinne der Vorschläge des Beschwerdeführers verlangt hat. Der Regierungsrat hat somit kein Bundesumweltschutzrecht verletzt, als er die Baubewilligung für die projektierte Parkplatzanlage und die Erschliessungsstrasse bestätigte. Auch wenn der Regierungsrat die Vorschläge des Beschwerdeführers (Tiefgarage, weitergehende Überdeckung) nicht ausdrücklich abgelehnt hat, geht aus seiner Begründung ohne weiteres hervor, dass er weitergehende Bedingungen und Auflagen als unverhältnismässig betrachte. Auf die in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer erwähnte Aktennotiz der Baubewilligungskommission Walzenhausen vom 10. März 1986, wonach die Beschwerdegegnerin einer Überdeckung des westlichen Teils des Autounterstandes zugestimmt haben soll, musste der Regierungsrat nicht weiter eingehen, da diese Aktennotiz nicht im vorliegenden Baubewilligungsverfahren erstellt wurde. Aufgrund der gesamten Umstände ist es auch nicht zu beanstanden, dass der Regierungsrat auf die Einholung der vom Beschwerdeführer beantragten Expertise betreffend Emissionsbegrenzung verzichtet hat. Der Regierungsrat durfte davon ausgehen, dass sich eine solche nicht als nötig erweise. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und eine unrichtige oder unvollständige BGE 119 Ib 380 S. 389 Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts ist auch insoweit zu verneinen.
public_law
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1,993
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CH
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105a5eb7-fbd2-4029-ba9e-82bea0ccf116
Urteilskopf 88 II 362 49. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. Oktober 1962 i.S. Einwohnergemeinde Liestal gegen Stutz.
Regeste Art. 44 Abs. 1OR,Art. 37 Abs. 6 MFG. Der Schadenersatzanspruch des Eigentümers eines Motorfahrzeuges gegen den Eigentümer einer mangelhaft angelegten Strasse kann nicht wegen Verschuldens des Führers herabgesetzt oder abgewiesen werden.
Sachverhalt ab Seite 362 BGE 88 II 362 S. 362 Der von Colonello geführte Lastwagen des Stutz fuhr über den Rand einer der Einwohnergemeinde Liestal gehörenden Strasse hinaus aufangeschütteten Humus, sank ein und stürzte ab. Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft sprach Stutz gegenüber der Strasseneigentümerin Fr. 20'000.-- Schadenersatz zu. Die Einwohnergemeinde Liestal erklärte die Berufung mit dem Antrag auf Abweisung der Klage. Das Bundesgericht wies die Berufung ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Die Beklagte macht geltend, Art. 44 Abs. 1 OR sei auch deshalb anzuwenden, weil der Kläger gemäss Art. 37 Abs. 6 MFG das Verschulden des Lastwagenführers Colonello wie eigenes Verschulden zu vertreten habe. Art. 37 MFG regelt die Haftpflicht des Halters eines Motorfahrzeuges, durch dessen Betrieb Schaden verursacht wird. Sie kann entfallen oder gemildert werden, wenn ein Dritter den Schaden verschuldet oder mitverschuldet. Art. 37 Abs. 6 MFG bestimmt: "Als Dritte im Sinne dieses Artikels gelten nicht die Personen, deren sich der Halter zum Betrieb des Motorfahrzeugs bedient oder die es mit seiner Einwilligung führen." Diese Norm dient nur der Einschränkung des Begriffs des Dritten "im Sinne dieses Artikels". Sie gilt also nur BGE 88 II 362 S. 363 für Fälle, die von Art. 37 MFG erfasst werden. Wenn der Halter eines Motorfahrzeuges geschädigt wird und sich die Frage seiner Mitverantwortung für den von ihm selbst erlittenen Schaden stellt, trifft sie nicht zu. Art. 44 Abs. 1 OR , dem dieser Fall untersteht, verwendet denn auch den Begriff des "Dritten" nicht, sondern umschreibt einfach die Gründe, aus denen der Richter die Ersatzpflicht ermässigen oder gänzlich verneinen kann. Solche Gründe bestehen, wenn der Geschädigte in die schädigende Handlung eingewilligt hat oder wenn Umstände, für die er einstehen muss, auf die Entstehung oder Verschlimmerung des Schadens eingewirkt oder die Stellung des Ersatzpflichtigen sonstwie erschwert haben. Zu diesen Umständen gehört das Verschulden des Geschädigten selbst, dagegen nicht auch das Verschulden anderer. So dürfen z.B. die Schadenersatzansprüche eines geschädigten Kindes nicht wegen Mitverschuldens des Inhabers der elterlichen Gewalt gemindert werden ( BGE 71 I 55 f., BGE 81 II 165 ). Ob der Ansprecher für das Verhalten dessen, der den Schaden mitverschuldet hat, einstehen müsste, wenn nicht er selbst, sondern ein anderer geschädigt wäre, ist unerheblich. Namentlich hat der Halter eines Motorfahrzeuges den Schaden, den ihm ein Dritter und der Führer zufügen, nicht deshalb ganz oder teilweise selber zu tragen, weil ihn gemäss Art. 37 Abs. 6 MFG das Verschulden des Führers nicht entlastet, wenn der Betrieb des Fahrzeuges einen Dritten schädigt. Der geschädigte Dritte soll nach seiner Wahl Ersatz des Schadens vom Halter des Fahrzeuges oder vom schuldhaft handelnden Führer verlangen können. Belangt er den Halter, so kann dieser gemäss Art. 51 OR in der Regel auf den Führer Rückgriff nehmen (Art. 41 Abs. 2 MFG). Wer den Schaden endgültig zu tragen hat, ist erst in der Auseinandersetzung zwischen dem Halter und dem Führer zu entscheiden. In gleicher Weise kann der geschädigte Halter des Motorfahrzeuges nach seiner Wahl vollen Schadenersatz von dem ihn schädigenden Dritten oder vom schuldhaft handelnden Führer verlangen, und es bleibt gemäss Art. 51 OR der BGE 88 II 362 S. 364 Auseinandersetzung zwischen diesen beiden überlassen, wer den Schaden endgültig zu tragen hat. Der Dritte, der vom Halter belangt wird, kann nicht einwenden, den Führer treffe ein Mitverschulden. Der Halter hat für dieses nicht gemäss Art. 37 MFG einzustehen. Er hat durch den Betrieb des Fahrzeuges niemanden geschädigt. Die Frage, ob Colonello den Unfall schuldhaft mitverursacht habe, stellt sich daher nicht.
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Urteilskopf 90 IV 159 35. Urteil des Kassationshofes vom 18. Juni 1964 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen Riess.
Regeste Art. 59 MFG; Art. 91 SVG . Angetrunkenheit ist unabhängig von weiteren Beweisen und individuellen Unterschieden bei einem Blutalkoholgehalt von 0,8 und mehr Gewichtspromillen anzunehmen.
Sachverhalt ab Seite 159 BGE 90 IV 159 S. 159 A.- Riess führte in der Nacht vom 3. auf den 4. Oktober 1961 um 24.00 Uhr seinen Personenwagen "BMW" vom Kreuzplatz in Zürich nach Scheuren-Forch. Die um 00.40 Uhr erhobene Blutprobe wies einen Alkoholgehalt von chemisch 1,31 und interferometrisch von 1,35 Gewichtspromillen auf, was, auf den Zeitpunkt der Fahrt zurückgerechnet und eine durch krankhafte Veranlagung möglicherweise verspätete Resorption einbezogen, BGE 90 IV 159 S. 160 einem Blutwert von 0,9 bis 0,95 Gewichtspromillen entsprach. Riess war schon 1957 wegen Führens eines Motorfahrzeuges in angetrunkenem Zustand gebüsst worden. B.- Riess wurde angeklagt, ein Motorfahrzeug in angetrunkenem Zustand bei Rückfall geführt zu haben (Art. 59 Abs. 2 MFG). Das Obergericht des Kantons Zürich sprach ihn mit Urteil vom 10. Januar 1963 frei mit der Begründung, die Alkoholkonzentration habe zur Zeit der Tat die Grenze von 1 Promille nicht überschritten und andere Indizien, die auf Angetrunkenheit schliessen liessen, seien nicht festgestellt. C.- Die Staatsanwaltschaft führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das vorinstanzliche Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Bestrafung des Angeklagten nach Art. 59 Abs. 2 MFG an das Obergericht zurückzuweisen. D.- Riess beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 59 MFG macht sich strafbar, wer ein Motorfahrzeug in angetrunkenem Zustand führt. Die Bestimmung will nach der Rechtsprechung nicht jede noch so geringfügige alkoholbedingte Enthemmung treffen, sondern soll nur dann angewendet werden, wenn diese einen solchen Grad erreicht hat, dass eine sichere, den Verkehrsvorschriften entsprechende Führung des Motorfahrzeuges nicht mehr gewährleistet ist. Das ist unabhängig von der individuellen Alkoholverträglichkeit und ohne Rücksicht darauf, ob auch andere Umstände auf Angetrunkenheit hinweisen, im Prinzip immer anzunehmen, wenn der Alkoholgehalt einen bestimmten Grenzwert erreicht. Der Kassationshof ist in verschiedenen Urteilen davon ausgegangen, dass diese Grenze bei 1 Promille liege (nicht veröffentlichte Entscheide vom 4. April 1949 i.S. Flückiger, vom 9. Oktober 1954 i.S. Stähelin, vom 5. Oktober 1956 i.S. Wenger). Daran, so erklärte er noch am BGE 90 IV 159 S. 161 26. September 1958 i.S. Zeder, sei festzuhalten, jedenfalls bis zuverlässige Untersuchungsergebnisse über den Grad der Enthemmung bei Alkoholkonzentrationen von weniger als 1 Promille vorlägen. Das bedeute aber nicht, dass bei einer geringeren Alkoholkonzentration die Bestrafung nach Art. 59 MFG ausgeschlossen sei; in solchen Fällen dürfe indessen nicht allein aus dem Alkoholgehalt, sondern nur zusammen mit andern Anzeichen auf Angetrunkenheit geschlossen werden. 2. Seither mehrten sich die Stimmen aus Fachkreisen, die für eine Herabsetzung des Grenzwertes eintreten. Wie schon ALDER ("Blutproben zur Alkoholbestimmung", 3. Vortragstagung des ACS 1957 S. 27), weist auch das Gerichtlich-medizinische Institut der Universität Zürich darauf hin, dass sich der Alkohol bereits bei einem Gehalt von etwa 0,5 Promille im Blut auswirke und Enthemmungen in Erscheinung treten (vgl. Merkblatt, veröffentlicht in SJZ 1958 S. 383/84). Nach Prof. SCHWARZ, dem Leiter dieses Instituts, sind alle, die sich täglich mit Alkoholvergehen zu befassen haben, darüber einig, dass es an der Zeit wäre, die Promillegrenze auf 0,8 herabzusetzen (vgl. Festschrift zum Zentenarium des Schweiz. Juristenvereins 1961 S. 242). Ähnlich äusserte sich HARTMANN im Aufsatz "Die Promillegrenze im Strassenverkehr" (Neue Zürcher Zeitung Nr. 978 vom 13. März 1963). Er führte dort aus, im Laufe von bald 40 Jahren seien alle Ärzte des genannten Institutes zur Überzeugung gelangt, dass ein Gehalt von 1 Promille selbst für trinkfeste Spitzenfahrer die äusserste verantwortbare Grenze darstelle; die Frage stelle sich, ob bei der heutigen Verkehrsdichte die starre Promillegrenze nicht in dem Sinne gelockert werden sollte, dass auch Fahrzeugführer, die infolge von Alkoholstörungen den Verkehr gefährden und einen Blutalkoholgehalt von weniger als 1 Gewichtspromille aufweisen, vermehrt wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand bestraft werden sollten. Am 3. Internationalen Kongress über Alkohol und Strassenverkehr, der im September 1962 in London BGE 90 IV 159 S. 162 stattfand, wurde allgemein die Auffassung vertreten, die Unfallgefahr nehme spätestens bei 0,5 Promille eindeutig zu; von keiner Seite wurde es für möglich angesehen, dass Werte über 0,8 Promille im Strassenverkehr tragbar seien (vgl. SJZ 1962 S. 348 mit Zitat aus der Neuen Juristischen Wochenschrift 1962 S. 1904). Österreich hat den bisher von der Rechtsprechung einheitlich angenommenen Grenzwert von 1 Promille durch die Strassenverkehrsordnung vom 6. Juli 1960 auf 0,8 Promille gesenkt. Nach einer Verlautbarung des westdeutschen Bundesministeriums der Justiz wird der Vorschlag, das Führen von Kraftfahrzeugen bei einem Blutalkoholwert von mindestens 0,8 Promille allgemein zu verbieten, damit begründet, dass bei diesem Wert nach der nahezu einstimmigen Meinung eines Ausschusses von massgeblichen Wissenschaftern auf dem Gebiet der Blutalkoholforschung die Kraftfahrer meistens verkehrsgefährdende Leistungsminderungen aufweisen (vgl. Deutsche Richterzeitung 1962 S. 63). Andere Staaten wie Dänemark, Schweden und Norwegen bemessen den Grenzwert noch niedriger (vgl. GRISEL, L'Analyse du sang, in Journal des Tribunaux 1958 IV S. 144; GAISBAUER, Fahrsicherheit und 0,8 Promillegrenze, in Juristische Blätter 1963 S. 364/5). Auch in einzelnen Kantonen wurde schon bisher die Toleranzgrenze bei 0,8 Gewichtspromillen, entsprechend dem früher angewandten Wert von 1 Volumenpromille angenommen (wie beispielsweise im Kanton Bern). 3. Im Hinblick auf diese Entwicklung sah sich der Kassationshof veranlasst, die Frage, welcher Blutalkoholgehalt als Grenzwert für die Feststellung der Angetrunkenheit der Fahrzeugführer im Sinne des Gesetzes (Art. 59 MFG; Art. 91 SVG ) gelten könne, erneut zu prüfen. Im Bestreben, die Rechtsprechung auf gesicherte medizinische und biologische Erkenntnisse zu stützen, liess er sich, ohne Bezugnahme auf den vorliegenden Fall, von Prof. Dr. med. Läuppi, Bern, Prof. Dr. med. Klelholz, Basel und Prof. Dr. med. Bernheim, Genf über den jetzigen Stand der Forschung berichten. BGE 90 IV 159 S. 163 Die Gutachter erstatteten ihren Bericht gestützt auf das einschlägige Schrifttum, auf Unterlagen aus deutschen und österreichischen Gutachten sowie auf ihre eigenen Erfahrungen. An die Spitze stellen sie die Untersuchung der Alkoholwirkung auf die Gesamtpersönlichkeit. Im Mittelpunkt der komplexen Schädigung, so führen sie aus, ständen Besonnenheitsstörungen und Kritiklosigkeit im weitesten Sinne: "Ein Mensch, der Alkohol getrunken hat, ist subjektiv - vor allem im Stadium leichter Alkoholisierung - in der Regel davon überzeugt, dass seine Fahrsicherheit nicht beeinträchtigt ist. Er glaubt, dass er eine Ausnahme bilde. Ganz allgemein sinkt aber die Fahrweise selbst bei einem geübten Motorfahrzeugführer sehr schnell auf die Stufe des Anfängers herab. Das subjektive Leistungsgefühl ist im Gegensatz zur objektiven Leistungsfähigkeit gesteigert. Die Fahrweise behält deshalb unter Alkohol die gleiche "individuelle Tönung", ohne dass aber die objektiven Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Automatismen gehen unter Alkohol verloren, ohne dass der Betroffene es merkt." Eine weitere wesentliche Feststellung geht dahin, dass unter Alkoholeinwirkung vor allem komplexere psychomotorische Leistungsteste Ausfälle zeigen. Die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit dauernd auf einen Gegenstand gerichtet zu halten (Tenazität), sowie die Fähigkeit, die Aufmerksamkeit neuen Gegenständen zuzuwenden (Vigilität), werden herabgesetzt. Derartige Ausfälle treten in der Regel schon bei Werten von 0,5 Gewichtspromillen in Erscheinung. Bei gleichbleibender Fähigkeit, das Fahrzeug technisch richtig zu bedienen, nimmt indessen die Fähigkeit zur Beurteilung der Gesamtlage deutlich ab. Bei den feinsten Prüfungsmerkmalen in der resorptiven Phase unter Alkohol finden sich bereits deutliche Störungen zwischen 0,2 und 0,5 Gewichtspromillen Blutalkoholkonzentration, wobei in der postresorptiven Phase diese Fälle allerdings bei Werten unter 0,8 Gewichtspromillen nicht mehr nachweisbar sind. Die Gutachter haben sodann die Leistungsausfälle im einzelnen untersucht. Auch hier bestätigt sich das Bild einer verlangsamten Auffassung und Aufmerksamkeit, einer verschlechterten BGE 90 IV 159 S. 164 Koordination und Geschicklichkeit. Mit verfeinerten Nachweismethoden konnte ermittelt werden, dass Gleichgewichtsstörungen unter wesentlich geringfügigerer Alkoholwirkung auftreten, als früher angenommen wurde. Schwanken beginnt bereits bei 0,6 Gewichtspromillen, unter Umständen schon bei 0,4 Gewichtspromillen. SpontanNystagmus der Augen ist bei Blutalkoholkonzentrationen von 0,5 Gewichtspromillen in 50% der Fälle, bei solchen von 0,8 Gewichtspromillen in etwa 80% der Fälle nachweisbar. Die Reaktionszeit ist, wie die Sachverständigen darlegen, umso stärker beeinträchtigt, je schwieriger, differenzierter und unerwarteter die verlangte Reizbeantwortung ist. Die unter Alkohol gelegentlich zu beobachtende Reaktionsbeschleunigung gehe auf Kosten der Sorgfalt und Zuverlässigkeit. Bezüglich des Sehvermögens ergibt sich aus dem Gutachten, dass die Tiefeneinstellung schon bei 0,3 Gewichtspromillen verlangsamt, der indirekte Visus zwischen 0,3 und 1,2 Gewichtspromillen stets herabgesetzt, eine Verschlechterung der Konvergenz schon ab 0,4 Gewichtspromillen zu beobachten ist. Eingehend prüften die Sachverständigen die Frage des Grenzwertes. Nach einer besonders sorgfältigen Auseinandersetzung mit der Literatur schlagen sie vor, auf 0,8 Gewichtspromille zu gehen, vor allem, weil diese Zahl mit der bisherigen Ordnung nicht vollständig bricht. Sie führen dazu aus: "Seit in der Schweiz der kritische Grenzwert von 1,0 Gewichtspromillen vor Jahrzehnten wenigstens de facto als Richtlinie in die Rechtssprechung eingegangen ist, sind in der Alkoholforschung erhebliche Fortschritte erzielt worden, speziell in bezug auf Auswirkungen relativ niedriger Blutalkoholkonzentrationen unter 1,0 Gewichtspromille. Hier konnte das Beobachtungsgut im Verlauf der Jahre erheblich erweitert werden. Neue Untersuchungsmethoden und Testkombinationen sowie Fahrversuche an Modellen oder auf Teststrecken brachten differenziertere Erkenntnisse und erlaubten vielseitigere sowie präzisere Interpretationen... Der derzeitige Stand des Wissens kann kurz etwa folgendermassen umschrieben werden: a) Leistungsminderungen in bezug auf zahlreiche Einzelfunktionen, die im Verkehr eine Bedeutung haben und exakteren BGE 90 IV 159 S. 165 Messmethoden zugänglich sind, beginnen schon bei ausgesprochen niedrigeren Blutalkoholkonzentrationen, teilweise unter 0,5 Gewichtspromillen. b) Das daraus resultierende Bild ist jedoch immer noch zu günstig, bestehen doch bei der Prüfung von Einzelleistungen optimale Bedingungen, indem sich die Versuchsperson ausschliesslich auf den Test konzentrieren kann. Bei allen komplexen Testen waren hingegen die Schädigungen vervielfacht. Da der heutige Verkehr noch höhere Anforderungen stellen dürfte als dies selbst in komplexen psychotechnischen Prüfungen der Fall ist, kommt diesem Moment besondere Bedeutung zu. c) In Fahrversuchen unter genauer Kontrolle an Modellen und auf Teststrecken (Motorrad und Auto) haben sich denn auch schon niedrige und niedrigste Blutalkoholkonzentrationen (0,2 bis maximal 0,8 Gewichtspromillen) auf alle Probanden als Beeinträchtigung ausgewirkt, wobei entweder die Fehlerzahlen oder der Zeitbedarf anstiegen d) Die alkoholisch bedingten Verminderungen von apperzeptiven, psychomotorischen und sinnesphysiologischen Leistungen sind aber nur Teile einer viel komplexeren Schädigung und stellen in diesem Sinne - abgesehen von ihrer eigenständigen Bedeutung für die Verkehrstauglichkeit - Indikatoren für weitere, allerdings nicht in Zahlenwerten ausdrückbare Alterationen dar, insbesondere solche der Gesamtpersönlichkeit. Durch zahlreiche Beobachtungen verschiedener Autoren ist erstellt, dass die Persönlichkeitsveränderungen durch Alkohol (mangelnde Selbstkritik, Enthemmung, Sorglosigkeit, Minderung des Verantwortungsbewusstseins, Bereitschaft zum Wagnis, Bewegungsdrang) für das Verhalten im Verkehr von noch grösserer Bedeutung sind und in der Regel schon bei noch niedrigeren Blutalkoholwerten auftreten, als die psychotechnisch messbaren Leistungsminderungen. Verteilungsphänomene des Alkohols im Gehirn, nämlich höhere Konzentrationen im Rindengrau als in den übrigen Organabschnitten, stützen diese Erfahrungen über Persönlichkeitsschädigungen bei niedrigen Blutalkoholwerten. Aus den statistischen Berechnungen vom Gefährdungskoeffizienten durch Alkohol im Verkehr (Freudenberg) wie auch aus experimentellen Forschungsergebnissen am Menschen geht also übereinstimmend hervor, dass schon relativ niedrige Blutalkoholkonzentrationen die Verkehrstauglichkeit zumindest einschränken. Da im heutigen Verkehr schon der nüchterne Verkehrsteilnehmer häufig überfordert ist, wird man jede Leistungsminderung durch Alkohol ernst nehmen müssen. Sie stellt ein zusätzliches und überdies unnötiges Risiko dar. In diesem Sinne wäre die Auffassung, dass eine Blutalkoholkonzentration von 0,5-0,6 Gewichtspromillen in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle bereits einen kritischen Wert darstelle, in Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation durchaus vertretbar. Allerdings kann gegen eine solche Lösung der Einwand erhoben werden, dass in einem gewissen Prozentsatz möglicherweise doch noch eine nicht nennenswert beeinträchtigte Verkehrstauglichkeit bestehen oder der Nachweis der Untauglichkeit unter den günstigen Bedingungen einer Nachuntersuchung jedenfalls schwierig sein könne. Als Kompromiss mag es BGE 90 IV 159 S. 166 deshalb angezeigt sein, den kritischen Grenzwert etwas höher als 0,6 Gewichtspromille, in Anbetracht der gestiegenen Anforderungen im Verkehr jedoch niedriger als nach überwiegender bisheriger Übung (meistens 1,0 Gewichtspromille) anzusetzen. Innerhalb dieser Gabel bietet sich eine Blutalkoholkonzentration von 0,8 Gewichtspromillen als Richtwert an und liegt in einem Bereich, der sowohl biologischen wie methodischen Streuungen hinreichend Rechnung trägt." Die Frage, ob Automobilisten, Motorradfahrer und Radfahrer bezüglich der Toleranzgrenze in Hinsicht auf den kritischen Grenzwert gleich zu behandeln seien, wird vom Gutachten vorbehaltlos bejaht. Auch zur umstrittenen Frage der von Mensch zu Mensch verschiedenen Alkoholtoleranz hat das Gutachten eingehend Stellung bezogen. Faktoren, welche die Alkoholverträglichkeit auf längere Sicht oder vorübergehend vermindern können, werden aufgezählt. Sie sind zum Teil allgemein bekannt. Steigende Bedeutung erhält in diesem Zusammenhang der eventuell potenzierende Effekt nach Einnahme von bestimmten Heilmitteln. Was die Toleranzsteigerung anbetrifft, so ist zwar nicht zu verkennen, dass in gewissen Grenzen die Trinkgewöhnung zu einer erhöhten Alkoholverträglichkeit führt. Doch wird diese Wirkung in weiten Kreisen stark überwertet. Wesentlich erscheint, dass die Gutachter bei ihren bisherigen Untersuchungen auf niemanden gestossen sind, der bei Blutalkoholwerten von 0,6-0,8 Gewichtspromillen noch keine fassbaren Leistungsverminderungen in psychotechnischen Versuchen aufgewiesen hätte. 4. Dieses Gutachten, das allgemein gültige Erkenntnisse vermittelt, überzeugt. Der Kassationshof folgt ihm auch darin, dass sich als Richtwert für die Feststellung der Angetrunkenheit des Fahrzeugführers eine Blutalkoholkonzentration von 0,8 Gewichtspromillen rechtfertige. Zwar wäre nach den Ausführungen der Gutachter die Auffassung, dass ein Blutalkoholgehalt von 0,5 bis 0,6 Gewichtspromillen in der Mehrzahl der Fälle bereits einen kritischen Wert darstelle, durchaus vertretbar. Fragen könnte sich daher, ob der zulässige Gehalt an Blutalkohol BGE 90 IV 159 S. 167 auf diesen Wert herabzusetzen sei, zumal nicht ausser acht gelassen werden darf, dass an die Fahrtüchtigkeit, die psycho-physische Eignung und Leistungsfähigkeit des Fahrzeugführers im Vergleich zu den früheren Verhältnissen wesentlich höhere Anforderungen gestellt werden. Um dem Einwand zu begegnen, dass in einem gewissen Prozentsatz doch eine nicht nennenswert beeinträchtigte Verkehrstauglichkeit bestehen oder der Nachweis der Untauglichkeit unter den günstigen Bedingungen einer Nachuntersuchung schwierig sein könne, mag es indessen angezeigt sein, die Grenze etwas höher als bei 0,6 Gewichtspromillen, in Anbetracht der gestiegenen Anforderungen im Verkehr jedoch niedriger als bei 1,0 Gewichtspromille anzusetzen. Für den Wert von 0,8 Gewichtspromillen spricht auch, dass dieser nach der Darstellung der Gutachter in einem Bereich liegt, der sowohl biologische wie methodische Streuungen hinreichend berücksichtigt. Der als Grenzwert bezeichnete Blutalkoholgehalt von 0,8 Gewichtspromillen stellt demgemäss eine allgemeingültige Grenze dar, der gegenüber der Einwand höherer individueller Alkoholverträglichkeit - wie schon bei der bisherigen Promillegrenze - grundsätzlich versagt. Indessen besteht bis 0,8 Gewichtspromille keine in jedem Fall zugesicherte Straffreiheit. Ein Alkoholgehalt des Blutes von 0,5 bis 0,8 Gewichtspromillen kann, wie das Gutachten mit Nachdruck hervorhebt, bei gleichzeitig wirksamen, weiteren Umständen (z.B. Krankheit, Übermüdung) Folgen zeitigen, wie sie bei einem ausgeruhten, gesunden Menschen erst bei Alkoholkonzentrationen von 0,8 und mehr Gewichtspromillen auftreten. 5. Die Vorinstanz hat für den Kassationshof verbindlich festgestellt (Art. 273 Abs. 1 lit. b und 277 bis Abs. 1 BStP), dass Riess mit einem Blutalkoholgehalt von 0,9 bis 0,95 Gewichtspromillen seinen Wagen geführt hat. Damit hat er den von weiteren Beweisen und individuellen Unterschieden unabhängigen Grenzwert überschritten. Da er schon 1957 wegen Führens eines Motorfahrzeuges in BGE 90 IV 159 S. 168 angetrunkenem Zustand gebüsst worden ist, ist er rückfällig und daher nach Art. 59 Abs. 2 MFG zu bestrafen. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil der I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 10. Januar 1963 aufgehoben und die Vorinstanz angewiesen, den Beschwerdegegner wegen Führens eines Motorfahrzeuges in angetrunkenem Zustand bei Rückfall zu bestrafen.
null
nan
de
1,964
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
105d2ec9-8af8-4368-852d-d10587402270
Urteilskopf 126 V 75 15. Auszug aus dem Urteil vom 9. Mai 2000 i.S. IV-Stelle Zug gegen A. und Verwaltungsgericht des Kantons Zug
Regeste Art. 28 Abs. 2 IVG : Kürzung von Tabellenlöhnen. - Für die Bestimmung des Invalideneinkommens ist primär von der beruflich-erwerblichen Situation auszugehen, in welcher die versicherte Person konkret steht. Ist kein tatsächlich erzieltes Erwerbseinkommen gegeben, können rechtsprechungsgemäss Tabellenlöhne beigezogen werden. - Die Frage, ob und in welchem Ausmass Tabellenlöhne herabzusetzen sind, hängt von sämtlichen persönlichen und beruflichen Umständen des konkreten Einzelfalles ab (leidensbedingte Einschränkung, Alter, Dienstjahre, Nationalität/Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad), welche nach pflichtgemässem Ermessen gesamthaft zu schätzen sind. Dabei erlaubt ein Abzug vom statistischen Lohn von insgesamt höchstens 25%, den verschiedenen Merkmalen, die das Erwerbseinkommen zu beeinflussen vermögen, Rechnung zu tragen. - Bei der Überprüfung des gesamthaft vorzunehmenden Abzuges, der eine Schätzung darstellt und von der Verwaltung kurz zu begründen ist, darf das Sozialversicherungsgericht sein Ermessen nicht ohne triftigen Grund an die Stelle desjenigen der Verwaltung setzen.
Erwägungen ab Seite 76 BGE 126 V 75 S. 76 Aus den Erwägungen: 3. a) Es ist unbestritten, dass das vom Versicherten ohne Invalidität erzielbare Einkommen (Valideneinkommen) im Jahre 1992 Fr. 56'376.- betrug, dies bei 45 Wochenstunden. Angepasst an die Nominallohnentwicklung im Baugewerbe (vgl. Die Volkswirtschaft, 1996 Heft 12, Anhang S. 13, Tabelle B4.4, und 1999 Heft 12, Anhang S. 28, Tabelle B10.2) ergibt sich im Jahre 1998 ein Valideneinkommen von Fr. 60'727.55. Das Umrechnen auf 40 Wochenstunden, wie es das kantonale Gericht vorgenommen hat, geht nicht an. Denn als Valideneinkommen ist grundsätzlich das gesamte Erwerbseinkommen zu berücksichtigen (vgl. ZAK 1980 S. 592 Erw. 3a; RKUV 1989 Nr. U 69 S. 181 Erw. 2c), was hier umso mehr Gültigkeit hat, als die in der Firma X geleisteten 45 Wochenstunden die normale Arbeitszeit bilden. b) aa) Für die Bestimmung des trotz Gesundheitsschädigung zumutbarerweise noch realisierbaren Einkommens (Invalideneinkommen) ist primär von der beruflich-erwerblichen Situation auszugehen, in welcher der Versicherte konkret steht. Übt er nach Eintritt der Invalidität eine Erwerbstätigkeit aus, bei der - kumulativ - besonders stabile Arbeitsverhältnisse gegeben sind und anzunehmen ist, dass er die ihm verbleibende Arbeitsfähigkeit in zumutbarer Weise voll ausschöpft, sowie das Einkommen aus der Arbeitsleistung als angemessen und nicht als Soziallohn erscheint, gilt grundsätzlich der von ihm tatsächlich erzielte Verdienst als Invalidenlohn ( BGE 117 V 18 Erw. 2c/aa; RKUV 1991 Nr. U 130 S. 272 Erw. 4a, je mit Hinweisen; nicht publizierte Erw. 6b des in AHI 1998 S. 179 auszugsweise veröffentlichten Urteils W. vom 31. Oktober 1997). bb) Ist kein solches tatsächlich erzieltes Erwerbseinkommen gegeben, namentlich weil der Versicherte nach Eintritt des Gesundheitsschadens keine oder jedenfalls keine ihm an sich zumutbare neue Erwerbstätigkeit aufgenommen hat, so können nach der Rechtsprechung Tabellenlöhne beigezogen werden (ZAK 1991 S. 321 BGE 126 V 75 S. 77 Erw. 3c, 1989 S. 458 Erw. 3b; OMLIN, Die Invalidität in der obligatorischen Unfallversicherung, Diss. Freiburg 1995, S. 215). Wie in BGE 124 V 322 Erw. 3b/aa dargelegt, stellte das Eidg. Versicherungsgericht zu diesem Zweck jeweils auf die Oktoberlohnerhebung des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit (seit 1. Januar 1998: Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit, seit 1. Juli 1999: Staatssekretariat für Wirtschaft) ab. Diese Publikation ist indessen letztmals für 1993 herausgegeben und im Jahre 1994 von der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) abgelöst worden, welche im Zweijahresrhythmus erscheint. Für den Verwendungszweck des Einkommensvergleichs ist dabei auf die im Anhang enthaltene Statistik der Lohnsätze, d.h. der standardisierten Bruttolöhne (Tabellengruppe A) abzustellen, wobei jeweils vom so genannten Zentralwert (Median) auszugehen ist. Bei der Anwendung der Tabellengruppe A gilt es ausserdem zu berücksichtigen, dass ihr generell eine Arbeitszeit von 40 Wochenstunden zu Grunde liegt, welcher Wert etwas tiefer ist als die betriebsübliche durchschnittliche Arbeitszeit seit 1993 von wöchentlich 41,9 Stunden (Die Volkswirtschaft, 1999 Heft 12, Anhang S. 27, Tabelle B9.2). Dazu kommt, dass die Tabellenlöhne Berufe mit unterschiedlichem Anforderungsniveau beinhalten, wobei der Lohn mit steigendem Anforderungsniveau deutlich zunimmt: Das erste - und oberste - Anforderungsniveau umfasst anspruchsvolle und schwierigste Arbeiten. Das zweite beinhaltet die Verrichtung selbstständiger und qualifizierter Arbeiten. Beim dritten Anforderungsniveau sind Berufs- und Fachkenntnisse vorausgesetzt und unter das vierte - und niedrigste - Anforderungsniveau fallen einfache und repetitive Tätigkeiten (LSE 1994 S. 25 f.). 4. Die Vorinstanz nahm vom Tabellenlohn (Fr. 4'294.- gemäss LSE 1996 S. 17, Anforderungsniveau 4, Männer) vorab einen leidensbedingten Abzug von 25% vor. Damit wollte sie dem Umstand Rechnung tragen, dass der Beschwerdegegner wegen seiner physischen Einschränkungen (vermehrt sitzend zu verrichtende Arbeit, keine wiederholte Tätigkeit über Kopfniveau) das durchschnittliche Lohnniveau nicht erreiche. Zusätzlich gewährte sie unter dem Titel der Teilzeitarbeit einen weiteren Abzug von 5%, weil Teilzeitbeschäftigte überproportional weniger verdienen würden als Vollzeitangestellte. Weitere 10% liess sie schliesslich zum Abzug zu, da Jahresaufenthalter wie der Versicherte unterdurchschnittlich entlöhnt würden. BGE 126 V 75 S. 78 Die IV-Stelle wendet sich gegen die Annahme eines im Vergleich zum statistischen Tabellenlohn um mehr als einen Viertel verminderten Invalideneinkommens und sieht keinen Anlass für Abzüge aus Gründen des Beschäftigungsgrades (Teilzeit) und der Aufenthaltskategorie (Jahresaufenthalter). 5. a) aa) Das Eidg. Versicherungsgericht anerkannte zuerst, dass Versicherte, die in ihrer letzten Tätigkeit körperliche Schwerarbeit verrichteten und nach Eintritt des Gesundheitsschadens auch für leichtere Arbeiten nur beschränkt einsatzfähig sind, in der Regel das entsprechende durchschnittliche Lohnniveau gesunder Hilfsarbeiter nicht erreichen, weshalb es den Tabellenlohn um 25% herabsetzte (nicht publizierte Erw. 4b des Urteils BGE 114 V 310 ). bb) In der Folge stellte es fest, dass sich die gegenüber Durchschnittswerten zu erwartende Reduktion des Lohnansatzes bei gesundheitlich beeinträchtigten Versicherten, die - im Rahmen leichter Hilfsarbeitertätigkeiten - nicht mehr voll leistungsfähig sind, unabhängig von der früher ausgeübten Tätigkeit grundsätzlich gleich präsentiert (nicht veröffentlichtes Urteil O. vom 27. März 1996; vgl. statt vieler auch BGE 124 V 323 Erw. 3b/bb; AHI 1999 S. 180 Erw. 3b). Damit entwickelte sich der ursprünglich nur bei Schwerarbeitern zugelassene Abzug zu einem allgemeinen behinderungsbedingten Abzug, welcher sowohl bei Versicherten, die vollzeitig eine ihrem Leiden angepasste Arbeit ausüben, als auch bei bloss teilzeitig einsetzbaren Versicherten erfolgt (AHI 1999 S. 181 Erw. 3b; RKUV 1999 Nr. U 343 S. 414 Erw. 4b/cc, je mit Hinweis auf ZAK 1989 S. 458 Erw. 3b). Gleichzeitig betonte das Eidg. Versicherungsgericht, dass der Abzug von 25% nicht generell und in jedem Fall zur Anwendung komme. Im Gegenteil sei anhand der gesamten Umstände des konkreten Einzelfalles zu prüfen, ob und in welchem Ausmass das hypothetische Einkommen als Invalider gekürzt werden müsse. Dabei sei auch ein Abzug von weniger als 25% denkbar (AHI 1999 S. 181 Erw. 3b, 1998 S. 177 Erw. 3a; RKUV 1999 Nr. U 343 S. 414 Erw. 4b/cc, 1998 Nr. U 304 S. 373 Erw. 3). cc) Sodann trug die Rechtsprechung dem Umstand Rechnung, dass weitere persönliche und berufliche Merkmale einer versicherten Person, wie Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Nationalität oder Aufenthaltskategorie sowie Beschäftigungsgrad Auswirkungen auf die Lohnhöhe haben können. Denn die in den LSE erstmals vorgenommene Quantifizierung dieser Merkmale zeigt auf, dass die Höhe des Lohnes auch durch sie mitbestimmt wird ( BGE 124 V 323 Erw. 3b/aa). BGE 126 V 75 S. 79 So hat das Eidg. Versicherungsgericht beispielsweise in dem in AHI 1999 S. 237 veröffentlichten Urteil Z. vom 28. Juli 1999 einen Abzug wegen des fortgeschrittenen Alters des Versicherten - im Zeitpunkt des Verfügungserlasses 53-jährig - verneint, da mit zunehmendem Alter die Lohnzuwachskurve zwar flacher verlaufe, der Faktor Alter sich aber nicht lohnsenkend auswirke (AHI 1999 S. 242 Erw. 4c). Dagegen hielt es im in AHI 1999 S. 177 publizierten Urteil N. vom 24. März 1999 fest, dass eine versicherte Person nach dem gesundheitlich bedingten Verlust der bisherigen Stelle in einer angepassten Tätigkeit insofern keinen allgemeinen Durchschnittslohn erhalten könne, als der ihr offen stehende Arbeitsmarkt lediglich derjenige für Personen sei, welche in einem Betrieb neu anfangen (AHI 1999 S. 181 Erw. 3b). Zugleich wies es aber darauf hin, dass die Bedeutung der Dienstjahre im privaten Sektor abnehme, je niedriger das Anforderungsprofil sei (AHI 1999 S. 181 Erw. 3b und 243 Erw. 4c). Ausserdem beachtete es, dass nicht immer sämtliche Ausländer weniger Einkommen erzielen als der Totalwert aller Schweizer und Ausländer; vielmehr können sich je nach Aufenthaltskategorie und Anforderungsniveau weit gehende Unterschiede ergeben, insbesondere bei Inhabern einer Niederlassungsbewilligung der Kategorie C, bei welchen der Durchschnittslohn für einfache und repetitive Tätigkeiten darüber liegen kann (nicht veröffentlichte Urteile B. vom 30. August 1999, P. vom 30. März 1999, B. vom 19. März 1999 und N. vom 6. Oktober 1998). Schliesslich wurde berücksichtigt, dass Teilzeitangestellte nicht zwingend weniger als Vollzeittätige verdienen, zum Beispiel in Beschäftigungsbereichen, in denen Teilzeitarbeit Nischen auszufüllen vermag, die arbeitgeberseits stark nachgefragt und dementsprechend entlöhnt werden (nicht veröffentlichte Urteile S. vom 28. September 1999 und R. vom 5. Juli 1999). b) aa) Die vom Eidg. Versicherungsgericht herausgebildete Rechtsprechung, den mit Blick auf die Behinderung gewährten Abzug nicht schematisch, sondern in Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles vorzunehmen, hat den Zweck, ausgehend von statistischen Werten ein Invalideneinkommen zu ermitteln, welches der im Einzelfall zumutbaren erwerblichen Verwertung der noch möglichen Verrichtungen im Rahmen der (Rest-)Arbeitsfähigkeit am besten entspricht. Dieser Gesichtspunkt verdient auch hinsichtlich der übrigen in Betracht fallenden einkommensbeeinflussenden Merkmale, des Lebensalters, der Anzahl Dienstjahre, der Nationalität/Aufenthaltskategorie und des Beschäftigungsgrades BGE 126 V 75 S. 80 (vgl. Erw. 5a/cc), den Vorzug. Ein Abzug soll auch diesbezüglich nicht automatisch, sondern dann erfolgen, wenn im Einzelfall Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Versicherte wegen eines oder mehrerer dieser Merkmale seine gesundheitlich bedingte (Rest-)Arbeitsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur mit unterdurchschnittlichem erwerblichem Erfolg verwerten kann. bb) Es rechtfertigt sich aber nicht, für jedes zur Anwendung gelangende Merkmal separat quantifizierte Abzüge vorzunehmen und diese zusammenzuzählen, da damit Wechselwirkungen ausgeblendet werden. So bestimmt sich beispielsweise der Anfangslohn in einer neuen Firma in der Regel nicht isoliert nach der Anzahl Dienstjahre, sondern u.a. auch auf Grund der mitgebrachten Berufserfahrungen. Ganz allgemein ist der Einfluss aller Merkmale auf das Invalideneinkommen (leidensbedingte Einschränkung, Alter, Dienstjahre, Nationalität/Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad) unter Würdigung der Umstände im Einzelfall nach pflichtgemässem Ermessen gesamthaft zu schätzen (vgl. AHI 1999 S. 181 Erw. 3b und 243 Erw. 4c, 1998 S. 292 Erw. 3b; nicht veröffentlichtes Urteil T. vom 28. April 1999). cc) Letztlich ist der Abzug vom statistischen Lohn unter Berücksichtigung aller jeweils in Betracht fallenden Merkmale auf insgesamt höchstens 25% zu begrenzen. dd) In diesem Zusammenhang ist der Verwaltung und - im Beschwerdefall - dem Richter das verfassungsrechtliche Gebot der Begründungspflicht ( Art. 8 Abs. 1 BV ) in Erinnerung zu rufen. Nach der Rechtsprechung zu Art. 4 Abs. 1 aBV soll diese verhindern, dass sich die Behörde von unsachlichen Motiven leiten lässt, und dem Betroffenen ermöglichen, die Verfügung gegebenenfalls sachgerecht anzufechten. Dies ist nur möglich, wenn sowohl er wie auch die Rechtsmittelinstanz sich über die Tragweite des Entscheides ein Bild machen können. In diesem Sinn müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf welche sich ihre Verfügung stützt. Dies bedeutet indessen nicht, dass sie sich ausdrücklich mit jeder tatbeständlichen Behauptung und jedem rechtlichen Einwand auseinandersetzen muss. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken ( BGE 124 V 181 Erw. 1a mit Hinweisen). Bezüglich der hier interessierenden Thematik hat die Verwaltung kurz zu begründen, warum sie einen Abzug vom Tabellenlohn gewährt, insbesondere welche Merkmale sie bei ihrer gesamthaften Schätzung berücksichtigt. BGE 126 V 75 S. 81 6. Das kantonale Gericht hat einen Abzug von insgesamt 40% zugelassen. Wie ausgeführt, stellt der gesamthaft vorzunehmende Abzug eine Schätzung dar. Bei deren Überprüfung kann es nicht darum gehen, dass die kontrollierende richterliche Behörde ihr Ermessen an die Stelle der Vorinstanz setzt. Bei der Unangemessenheit ( Art. 132 lit. a OG ) geht es um die Frage, ob der zu überprüfende Entscheid, den die Behörde nach dem ihr zustehenden Ermessen im Einklang mit den allgemeinen Rechtsprinzipien in einem konkreten Fall getroffen hat, nicht zweckmässigerweise anders hätte ausfallen sollen. Allerdings darf das Sozialversicherungsgericht sein Ermessen nicht ohne triftigen Grund an die Stelle desjenigen der Verwaltung setzen; es muss sich somit auf Gegebenheiten abstützen können, welche seine abweichende Ermessensausübung als naheliegender erscheinen lassen ( BGE 123 V 152 Erw. 2 mit Hinweisen). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, übersteigt doch der vom kantonalen Gericht gemachte Abzug von 40% bereits erheblich den maximal zulässigen Abzug von 25%. Überdies liegt er, wie noch zu zeigen sein wird, beträchtlich über dem vom Gericht nachfolgend als angemessen bezeichneten Abzug. 7. a) Die Vorinstanz ist ohne nähere Begründung davon ausgegangen, dass der Beschwerdegegner nach Eintritt des Gesundheitsschadens nurmehr eine Tätigkeit mit Anforderungsniveau 4 ausüben kann. Man kann sich fragen, ob angesichts seiner schulischen und beruflichen Ausbildung (Mittelschule, Verkehrstechniker) und unter Berücksichtigung der physischen Einschränkungen nicht eine Beschäftigung mit Anforderungsniveau 3 angenommen werden könnte. Da es sich jedoch um einen Grenzfall handelt, kann dem kantonalen Gericht hierin gefolgt werden. Gemäss Tabelle A 1 der LSE 1996 belief sich der Zentralwert für die mit einfachen und repetitiven Aufgaben (Anforderungsniveau 4) beschäftigten Männer im privaten Sektor (bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden) im Jahre 1996 auf monatlich Fr. 4'294.-. Auf der Basis von 41,9 Wochenstunden und in Berücksichtigung des Nominallohnindexes für Männer von 1996 bis 1998 (Die Volkswirtschaft, 1999 Heft 12, Anhang S. 28, Tabelle B10.3) ergibt sich im Jahre 1998 ein Gehalt von monatlich Fr. 4'550.10 oder Fr. 54'601.20 für das ganze Jahr (Fr. 4'550.10 x 12). Da der Versicherte nur zu 50% arbeitsfähig ist, ist dieser Betrag hier zu halbieren, was Fr. 27'300.60 ausmacht. BGE 126 V 75 S. 82 b) Nach dem Gesagten hängt die Frage, ob und in welchem Ausmass der statistische Lohn von Fr. 27'300.60 zu korrigieren ist, von den gesamten persönlichen und beruflichen Umständen des konkreten Einzelfalles ab. Der Beschwerdegegner kann gemäss MEDAS-Gutachten vom 26. Januar 1998 nur für leichte, wechselbelastende, vermehrt sitzend zu verrichtende Arbeiten ohne wiederholte Tätigkeiten über dem Kopfniveau eingesetzt werden, sodass er auf dem Arbeitsmarkt in Konkurrenz mit einem Mitbewerber ohne physische Einschränkungen benachteiligt ist, was sich auf das Lohnniveau auswirkt. Kaum ins Gewicht fällt hier das streitige Merkmal des Beschäftigungsgrades, zumal Teilzeitarbeit "hauptsächlich eine weibliche Beschäftigungsform" bildet (LSE 1996 S. 14; vgl. auch LSE 1994 S. 30) und somit vor allem die Verdienstmöglichkeiten von Frauen durch eine Teilzeitarbeit reduziert werden. Dafür, dass der Versicherte wegen seiner ausländischen Nationalität und dem Status als Jahresaufenthalter auf dem Arbeitsmarkt eine Lohneinbusse hinnehmen müsste, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, entsprach doch sein Einkommen vor Eintritt der Invalidität durchaus branchenüblichen Ansätzen, die auch für Schweizer Geltung hatten (vgl. RKUV 1993 Nr. U 168 S. 104 Erw. 5b; ZAK 1989 S. 458 Erw. 3b). Im vorliegenden Fall trägt eine Herabsetzung um insgesamt 15% diesen Tatsachen angemessen Rechnung. c) Bei einem Abzug von 15% resultiert ein Invalideneinkommen von Fr. 23'205.50 (Fr. 27'300.60 x 0,85) und - im Vergleich mit dem Valideneinkommen von Fr. 60'727.55 (Erw. 3a) - demzufolge ein Invaliditätsgrad von rund 62%. Damit besteht nach wie vor Anspruch auf eine halbe Invalidenrente.
null
nan
de
2,000
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
10603a5b-f845-4f57-ba6e-32422ed4ef9f
Urteilskopf 83 IV 92 26. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 10. April 1957 i.S. Schoch gegen Polizeirichteramt der Stadt Zürich.
Regeste Art.26Abs. 3 MFG, Art. 46 Abs. 1 und 2 MFV . Darf an einer Rechtseinmündung überholt werden, wenn die beiden zusammentreffenden Strassen jeweils nicht gleichzeitig dem Verkehr offen stehen, sondern durch Lichtsignale abwechslungsweise geöffnet bzw. geschlossen werden?
Sachverhalt ab Seite 92 BGE 83 IV 92 S. 92 A.- Am 7. Januar 1956, um 18.20 Uhr, führte Albert Schoch in Zürich einen Taxameter durch den mit einer Leitlinie versehenen Seilergraben Richtung Pfauen. Als er sich der rechtsseitigen Einmündung der Mühlegasse näherte, leuchtete im Seilergraben das grüne Licht der automatischen Signalanlage auf. Schoch setzte seine Fahrt ohne Halt fort und überholte in der Einmündungszone Seilergraben/Mühlegasse einen Trolleybus. B.- Am 4. Dezember 1956 büsste der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichtes Zürich Schoch wegen BGE 83 IV 92 S. 93 Übertretung von Art. 26 MFG und 46 MFV mit Fr. 10.-. Er legte ihm zur Last, an einer Strassenkreuzung überholt zu haben. C.- Schoch führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Einzelrichters sei aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Als er sich der Einmündung genähert habe, habe das grüne Licht aufgeleuchtet, während der Verkehr in der Mühlegasse durch rotes Licht gesperrt worden sei. Unter diesen Umständen sei er berechtigt gewesen, auch in der Einmündungszone vorzufahren. Übrigens werde das Überholen an Strasseneinmündungen weder durch Art. 26 MFG noch durch Art. 46 MFV untersagt. D.- Das Polizeirichteramt der Stadt Zürich beantragt Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. ... 2. Nach Art. 26 Abs. 3 MFG und Art. 46 Abs. 2 MFV darf an Strassenkreuzungen, Bahnübergängen und an unübersichtlichen Stellen nicht überholt werden. Der gesetzgeberische Grund des Verbotes liegt darin, dass die besonderen Gefahren, die das Zusammentreffen zweier oder mehrerer Strassen für den Verkehr an sich schon schafft, nicht durch Überholmanöver noch erhöht werden sollen ( BGE 75 IV 129 ). Das gilt nach feststehender Rechtsprechung auch für Stellen, an denen eine Strasse in eine andere einmündet ( BGE 82 IV 24 und dort zitierte Urteile). Die Verkehrslage an der Rechtseinmündung der Mühlegasse in den Seilergraben unterscheidet sich jedoch insofern wesentlich von den der bisherigen Rechtsprechung zugrunde liegenden Fällen, als die beiden genannten Strassen jeweils nicht gleichzeitig dem Verkehr offen stehen, sondern durch Lichtsignale abwechslungsweise geöffnet bzw. geschlossen werden. Leuchtet im Seilergraben das BGE 83 IV 92 S. 94 grüne Licht auf, was der Fall war, als sich der Beschwerdeführer der Einmündung näherte, wird der Verkehr in der Mühlegasse durch rotes Licht gesperrt. Ein solches Signal schafft für den davor stehenden Strassenbenützer ein absolutes Verbot, auf dessen Beachtung sich der bei grünem Licht durchfahrende Führer verlassen darf. Wurde demnach die durch das rote Licht gesperrte Rechtseinmündung der Mühlegasse für den Richtung Pfauen durch den Seilergraben fahrenden Fahrzeugführer verkehrsrechtlich ausgeschaltet, wurden damit auch die Gefahren behoben, denen Art. 26 Abs. 3 MFG und Art. 46 Abs. 2 MFV begegnen wollen. Unter solchen Verhältnissen das Überholen an einer Strasseneinmündung zu verbieten, ginge über den Sinn des Gesetzes hinaus und würde zu einer zweckwidrigen Hemmung des Verkehrs führen. So dürfte beispielsweise von zwei nebeneinander vor einem roten Signal anstehenden Fahrzeugkolonnen nach Aufleuchten des grünen Lichtes die linke Kolonne nicht schneller durch die Einmündungszone fahren als die rechte, sondern müsste sich stets auf gleicher Höhe mit den rechts befindlichen Fahrzeugen halten, und zwar selbst dann, wenn das erste dieser Kolonne aus irgendwelchen Gründen sehr langsam führe oder Schwierigkeiten hätte voranzukommen. Eine solche Ordnung wäre sinnlos und liesse sich auch durch den Umstand nicht rechtfertigen, dass die Signalanlage einmal versagen könnte. Diese Möglichkeit ist angesichts der technischen Vollkommenheit der zur Regelung des Verkehrs verwendeten Einrichtungen verschwindend klein und fällt daher gegenüber dem Bedürfnis, die Flüssigkeit des Verkehrs zu fördern, nicht ins Gewicht. Ebensowenig kommt entscheidend in Betracht, dass die Beachtung des roten Lichtes nicht unter allen Umständen gesichert ist; das Verbot, bei rotem Licht durchzufahren, ist so zwingender Natur, dass Übertretungen nur selten vorkommen und jedenfalls in vollem Umfang von den fehlbaren Führern zu verantworten sind. Der Beschwerdeführer konnte daher in der BGE 83 IV 92 S. 95 Einmündungszone Seilergraben/Mühlegasse andere Fahrzeuge überholen, ohne damit gegen Art. 26 Abs. 3 MFG und Art. 46 Abs. 2 MFV zu verstossen. 3. Art. 46 Abs. 1 MFV gestattet das Überholen nur, wenn die dazu erforderliche Strecke frei und übersichtlich ist. Unübersichtlich war die Stelle, an welcher der Beschwerdeführer den Trolleybus überholte, nicht schon deswegen, weil ihm wegen des zu überholenden Fahrzeugs die Sicht in die Mühlegasse genommen war. Wie ausgeführt, durfte er sich bei Durchfahren der Einmündungszone auf das grüne Licht verlassen. Dass sonst irgendwelche besonderen Umstände seine Sicht beeinträchtigt hätten, nimmt die Vorinstanz selber nicht an. Auch liegt nichts dafür vor, dass die Überholstrecke durch andere Strassenbenützer belegt gewesen wäre und er infolgedessen nur unter Gefährdung des Verkehrs sein Manöver hätte durchführen können. War aber das zum Vorfahren erforderliche Strassenstück übersichtlich und frei, fällt dem Beschwerdeführer auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 46 Abs. 1 MFV kein verkehrswidriges Verhalten zur Last.
null
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Urteilskopf 108 Ia 140 27. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 25. Juni 1982 i.S. Bänziger gegen Kantonsrat des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 89 OG ; Art. 4 und 31 BV ; Zürcher Unterhaltungsgewerbegesetz, Zulässigkeit des Verbots ideeller Immissionen. 1. Nach zürcherischem Recht läuft die Beschwerdefrist für die Anfechtung eines durch die Volksabstimmung angenommenen Erlasses von der Veröffentlichung des Erwahrungsbeschlusses des Kantonsrats im Amtsblatt an (E. 1). 2. Die Kantone und Gemeinden können baupolizeiliche und dem Schutz der Umgebung dienende Immissionsvorschriften auch bezüglich Betrieben aufstellen, die dem Arbeitsgesetz unterstehen (E. 5b). 3. Unbestimmte Rechtsbegriffe (wie "ideelle Immissionen") verstossen nicht gegen Art. 4 BV , sofern sie sich verfassungskonform auslegen lassen (E. 5c aa). 4. Dass Bewilligungen zum Betrieb von Unterhaltungsbetrieben nicht erteilt werden sollen, wenn von diesen übermässige Einwirkungen ideeller Art auf die Nachbarschaft ausgehen, liegt im öffentlichen Interesse und stellt eine zulässige, polizeilich motivierte Einschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit dar (E. 5c bb).
Sachverhalt ab Seite 141 BGE 108 Ia 140 S. 141 In der Abstimmung vom 27. September 1981 hat das Volk des Kantons Zürich mit 134'385 gegen 48'722 Stimmen das Gesetz über das Unterhaltungsgewerbe (Unterhaltungsgewerbegesetz, UGG) angenommen. Dieses Gesetz bestimmt in § 2, dass das Unterhaltungsgewerbe die öffentliche Sicherheit und Ordnung weder stören noch gefährden darf (Abs. 1); jede übermässige Einwirkung ideeller oder materieller Art auf die Nachbarschaft ist unzulässig (Abs. 2). Bewilligungspflichtige Unterhaltungsgewerbe im Sinne des Gesetzes sind u.a. Darbietungen, bei denen ein kultureller, sportlicher oder wissenschaftlicher Wert nicht überwiegt (§ 9 lit. a). Die Bewilligung ist insbesondere dann zu verweigern, wenn wegen der Lage des Betriebslokals eine übermässige Einwirkung ideeller oder materieller Art auf die Nachbarschaft zu erwarten oder eingetreten ist (§ 13 Abs. 2). Der Regierungsrat hat mit Beschluss vom 21. Oktober 1981 (publiziert am 6. November 1981) das Gesetz über das Unterhaltungsgewerbe auf den 1. Januar 1982 in Kraft gesetzt. Am 2. November 1981 hat der Kantonsrat den Beschluss über die Erwahrung der Ergebnisse der kantonalen Volksabstimmung vom 27. September 1981 gefasst; der Erwahrungsbeschluss wurde im Amtsblatt des Kantons Zürich am 13. November 1981 publiziert. Am 14. Dezember 1981 reichte Ernst Bänziger betreffend das UGG staatsrechtliche Beschwerde ein u.a. mit dem Antrag, dessen §§ 2 Abs. 2 und 13 Abs. 2 seien aufzuheben. Die Begründung erscheint in den Erwägungen. Am 28. Januar/1. Februar 1982 erstattete das Büro des Kantonsrates die Vernehmlassung mit den Anträgen, die Beschwerde sei abzuweisen, allenfalls sei wegen Nichteinhaltung der Beschwerdefrist darauf nicht einzutreten. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab BGE 108 Ia 140 S. 142 Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 1. Das Büro des Kantonsrates begründet seinen Antrag auf Nichteintreten damit, dass der Text des Gesetzes bereits mit der Abstimmungsvorlage am 21. August 1981 und die Ergebnisse der Volksabstimmung am 6. Oktober 1981 bzw. der Inkraftsetzungsbeschluss am 21. Oktober 1981 (recte 6. November) publiziert worden seien. Die Beschwerde vom 14. Dezember 1981 sei daher verspätet. Gemäss Art. 89 Abs. 1 OG ist die Beschwerde binnen 30 Tagen, von der nach dem kantonalen Recht massgebenden Eröffnung oder Mitteilung des Erlasses an gerechnet, einzureichen. Abzustellen ist somit auf die Veröffentlichung des Erlasses selbst und der Feststellung, dass derselbe rechtens zustandegekommen ist und damit in Kraft treten kann, wobei es eine Frage des kantonalen Rechts ist, was unter "Eröffnung" bzw. "Mitteilung" ( Art. 89 Abs. 1 OG ) zu verstehen ist. Dazu wurde bereits in BGE 99 Ia 180 festgestellt, dass nach zürcherischem Recht die Veröffentlichung im Amtsblatt des Kantons Zürich die massgebliche Form darstellt (§ 2 des Gesetzes betreffend die Einführung eines Amtsblattes vom 18. Dezember 1833). Die dreissigtägige Beschwerdefrist nach Art. 89 OG begann daher nicht vor der Veröffentlichung des Erwahrungsbeschlusses des Kantonsrates im Amtsblatt zu laufen, in welchem festgestellt wird, dass keine Einsprachen gegen das Ergebnis der Volksabstimmung eingereicht oder dass diese erledigt sind, und demzufolge das Gesetz "als vom Volke angenommen erklärt" wird. Da der Erwahrungsbeschluss erst am 13. November 1981 im Amtsblatt veröffentlicht worden ist, wurde die vorliegende Beschwerde unter Berücksichtigung des Bundesgesetzes vom 21. Juni 1963 über den Fristenlauf rechtzeitig eingereicht. 5. a) Nach der Darstellung in der Vernehmlassung besteht der Hauptzweck des angefochtenen Gesetzes darin, übermässige Einwirkungen (Immissionen) ideeller oder materieller Art auf die Nachbarschaft zu verhindern (§ 2 Abs. 2), die von ortsansässigen Unterhaltungsbetrieben ausgehen. Dieses Ziel soll sowohl bei bewilligungspflichtigen wie auch bei bewilligungsfreien Betrieben angestrebt werden. Die Bewilligung ist insbesondere dann zu verweigern, wenn wegen der Lage des Betriebslokals eine übermässige Einwirkung ideeller oder materieller Art auf die Nachbarschaft zu erwarten oder eingetreten ist (§ 13 Abs. 2). BGE 108 Ia 140 S. 143 b) Der Beschwerdeführer rügt die allgemeine Ausrichtung des UGG auf die Nachbarschaft, d.h. die Umgebung eines Unterhaltungsgewerbes, erst in der Beschwerdeergänzung. In der Beschwerde selbst wandte er sich in dieser Hinsicht nur gegen den Begriff der ideellen Immission (vgl. lit. c hienach); das Verbot materieller Immissionen wurde hingegen nicht angefochten. Die neue Rüge, § 2 Abs. 2 UGG sei infolge der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 2 Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung) bundesrechtswidrig, da Art. 6 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (ArG) den Schutz der Umgebung eines Betriebes vor schädlichen und lästigen Einwirkungen abschliessend regle, ist verspätet. Die Beschwerdeergänzung gemäss Art. 93 Abs. 2 OG ist nur insoweit statthaft, als die Erwägungen der kantonalen Behörde dazu Anlass geben; hingegen dürfen keine neuen Anträge gestellt und keine neuen Rügen vorgebracht werden, die schon in der Beschwerde selber hätten erhoben werden können ( BGE 102 Ia 213 ). Da die Rüge der Verletzung der derogatorischen Kraft des Bundesrechts schon in der Beschwerde hätte erhoben werden können, ist darauf nicht einzutreten. Diese Rüge erwiese sich übrigens materiell als unbegründet. Polizeivorschriften der Kantone ohne Arbeitsschutz als Hauptzweck sind vom Arbeitsgesetz vorbehalten ( Art. 71 lit. c ArG ; vgl. WALTER HUG, Kommentar zum Arbeitsgesetz, Bern 1971, N. 23 zu Art. 71-73). Beim Schutz der Umgebung des Betriebs vor schädlichen und lästigen Einwirkungen wird nicht der Schutz der Arbeitnehmer angestrebt, sondern der Schutz der Bevölkerung im allgemeinen. So können die Kantone und Gemeinden baupolizeiliche Immissionsvorschriften auch bezüglich Betrieben aufstellen, die dem Arbeitsgesetz unterstehen. c) In der staatsrechtlichen Beschwerde wurden die Vorschriften in § 2 Abs. 2 und § 13 Abs. 2 UGG aus zwei Gründen als verfassungswidrig bezeichnet. Einmal sei der Begriff der "ideellen Immission" nicht genügend umschrieben, so dass der Bürger die Wirkung des Gesetzes nicht im voraus einigermassen zuverlässig abzuschätzen vermöge. Diese ungenügende Bestimmtheit stelle einen Verstoss gegen Art. 4 BV dar. Gesetze müssten klar und genügend bestimmt sein, damit der Bürger voraussehen könne, was erlaubt und was unerlaubt ist. Die Bestimmungen seien aber auch deshalb verfassungswidrig, weil sie kein eigentliches polizeiliches Motiv verfolgten, sondern BGE 108 Ia 140 S. 144 weil andere Beweggründe im Spiel seien. Es solle offensichtlich gegen das angeblich wuchernde Sex-Gewerbe in der Stadt Zürich vorgegangen werden, weil dieses in den betroffenen Kreisen zu Protesten und politischen Vorstössen geführt habe. Anstatt nun aber, soweit tatsächlich erforderlich, das in solchen Fragen immer noch massgebende Strafrecht anzuwenden, werde ein verwaltungsrechtlicher Weg beschritten, indem für bestimmte Unterhaltungsgewerbe eine Bewilligungspflicht eingeführt wird. Dieselbe verletze, zumal dabei auf "ideelle Immissionen" abgestellt werden solle, die Handels- und Gewerbefreiheit. Die beiden Rügen der Verfassungsverletzung sind nachfolgend zu untersuchen. aa) Der Beschwerdeführer macht geltend, der Begriff der "ideellen Immission" sei bisher in der Rechtswissenschaft nicht bekannt. Dies trifft nicht zu, würde aber auch nicht ausschliessen, dass ein solcher Begriff in einem neuen Gesetz erstmals verwendet wird. Bekanntlich gibt es neben dem zivilrechtlichen Immissionsverbot gemäss Art. 684 ZGB zahlreiche öffentlichrechtliche Immissionsverbote auf der Stufe der Kantone und Gemeinden. Wenn es sich dabei auch um verschiedene, voneinander grundsätzlich unabhängige Ordnungen handelt, hindert dies nicht, dass der Schutz, der durch diese beiden Instrumente vermittelt wird, in konkreten Fällen der gleiche sein kann und der Wortlaut der entsprechenden Normen häufig weitgehend übereinstimmt. Begriffe, die sich in einem Normkreis als geeignet erweisen, können dies auch in einem andern sein. Gemäss Art. 684 ZGB ist jedermann verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum des Nachbarn zu enthalten. Verboten sind insbesondere alle schädlichen und nach Lage und Beschaffenheit der Grundstücke oder nach Ortsgebrauch nicht gerechtfertigten Einwirkungen durch Rauch oder Russ, lästige Dünste, Lärm oder Erschütterung. Obwohl man aus der letztgenannten Aufzählung allenfalls schliessen könnte, es seien nur materielle Immissionen verboten, hat das Bundesgericht schon früh auch immaterielle Immissionen unter diese Bestimmung subsumiert. Das ZGB beschränkt das Einspracherecht des Eigentümers nicht auf die sogenannten körperlichen Immissionen; es verbietet allgemein "alle übermässigen Eingriffe" und zieht die Grenze zwischen dem, was der Nachbar als zulässig dulden und dem, was er als BGE 108 Ia 140 S. 145 übermässig abwehren darf, einzig nach den Anforderungen, die sich aus den Bedürfnissen des menschlichen Zusammenlebens ergeben ( BGE 42 II 452 ). Die Doktrin folgt heute dem Bundesgericht in dieser Auslegung (vgl. ARTHUR MEIER-HAYOZ, Kommentar zum Sachenrecht, N. 73 zu Art. 684). Eine strenge Scheidung zwischen materiellen und immateriellen Immissionen ist auch nicht immer möglich. Materielle Immissionen sind häufig mit schwerwiegenden psychischen Schäden verbunden (MEIER-HAYOZ, N. 75), und die Schädlichkeit, z.B. des Lärmes, hängt nicht nur von der naturwissenschaftlich messbaren Phonstärke ab, sondern auch von andern Komponenten, die vorab psychisch wirken. Instruktiv ist die Kasuistik, die zum Tatbestand der ideellen Immissionen (im Zivilrecht) entwickelt wurde (vgl. MEIER-HAYOZ, N. 180): Betrieb eines Asyls für unheilbare Kranke neben einer Villa; Anblick der in einem Freibad sich an- und auskleidenden Badegäste; unmittelbare Nachbarschaft eines Schlachthauses; die Nachbarschaft einer Bedürfnisanstalt; Einbau von Urnennischen in eine Friedhofmauer, die mit der nachbarlichen Hauswand eine Einheit bildet; die ästhetische Erscheinung eines Gebäudes, z.B. die Errichtung einer ausgesprochen hässlichen, das Schönheitsgefühl grob verletzenden Baute. Schon diese Praxis zeigt, dass der unbestimmte Rechtsbegriff der ideellen Immission ebenso wie jener der Immission (übermässige Einwirkung) überhaupt offenbar ein taugliches Rechtsinstrument darstellt. Es liegt eben im Wesen des Immissionsrechts, dass es nicht anders geregelt werden kann als mit dem weiten Begriff der "übermässigen Einwirkung". In jedem konkreten Fall muss festgestellt werden, was anhand der Situation als übermässige Einwirkung anzusehen ist. Das gilt sowohl für die privatrechtliche als auch für die öffentlichrechtliche Immissionsvorschrift. Der Bürger hat keinen Anspruch darauf, schon bei Erlass des Gesetzes eine Kasuistik mitgeliefert zu erhalten. Es ist allerdings nicht zu leugnen, dass sich die Auswirkungen derartiger Regelungen nicht genau voraussehen lassen und dass es einer langen Praxis - die ihrerseits immer wieder neuen Gegebenheiten angepasst werden muss - bedarf, um das Immissionsrecht zu konkretisieren. Darin unterscheiden sich die materiellen Immissionen nicht von den immateriellen. Wohl gibt es bei den ersteren teilweise naturwissenschaftliche Messmethoden, doch muss deren Tragweite in rechtlicher Hinsicht gleichermassen durch die Praxis bestimmt werden (z.B. die Dezibel-Grenze bei Lärmimmissionen). Dabei ist BGE 108 Ia 140 S. 146 nicht zu verkennen, dass die rechtsanwendende Behörde bei der Beurteilung immaterieller Immissionen mit besonderer Sorgfalt vorzugehen hat, da die Gefahr, einen objektiven Standpunkt zu verlassen und persönliche Gesichtspunkte zu überschätzen, bei der Einschätzung seelischer und moralischer Beeinträchtigungen besonders gross ist (MEIER-HAYOZ, N. 76). Demnach besteht kein Anlass, solche Normen, die sich durchaus verfassungskonform handhaben lassen, deswegen im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle aufzuheben. Der Begriff der ideellen Immission ist als solcher genügend klar. Man kann ihn durchaus so definieren, wie dies in der seinerzeitigen Vernehmlassung des Stadtrates von Zürich zum Gesetzesentwurf geschehen ist: "Ideelle Immissionen sind solche Einwirkungen, welche das seelische Empfinden verletzen beziehungsweise unangenehme psychische Eindrücke erwecken. Sie können die Nachbarn direkt belästigen oder aber indirekte Wirkungen zeitigen, indem sie die Vermietbarkeit von Wohnungen erschweren oder den Geschäften ihre Kunden fernhalten." Der Einwand, die §§ 2 Abs. 2 und 13 Abs. 2 des UGG würden wegen der Unbestimmtheit des darin verwendeten Begriffs der "ideellen Immission" gegen Art. 4 BV verstossen, ist also nicht begründet. bb) Öffentlichrechtliche Immissionsvorschriften können Schranken sowohl der Eigentumsgarantie als auch der Handels- und Gewerbefreiheit darstellen. Um zulässig zu sein, müssen sie auf einer genügenden gesetzlichen Grundlage beruhen, dem öffentlichen Interesse dienen und verhältnismässig und rechtsgleich sein. Insbesondere kantonale Bestimmungen über die Ausübung von Handel und Gewerbe sind in Art. 31 Abs. 2 BV ausdrücklich vorbehalten; sie dürfen jedoch, soweit die Bundesverfassung nichts anderes vorsieht, den Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit nicht beeinträchtigen, d.h. sie dürfen keine wirtschaftspolitische, sondern nur eine polizeiliche oder sozialpolitische Zwecksetzung haben. Dass das Strafrecht bestimmten öffentlichen Interessen ebenfalls Schutz gewährt, schliesst verwaltungsrechtliche - präventive oder repressive - Schutzbestimmungen nicht aus. Auch das Argument, es solle mit der angefochtenen Regelung offensichtlich gegen das angeblich wuchernde Sex-Gewerbe vorgegangen werden, weil dieses in den betroffenen Kreisen zu Protesten und politischen Vorstössen geführt habe, lässt nicht auf das Fehlen BGE 108 Ia 140 S. 147 eines (verfassungsrechtlich zulässigen) polizeilichen Motivs schliessen. Die Kernfrage ist, ob die Verhinderung übermässiger ideeller Einwirkungen auf die Nachbarschaft einem genügenden öffentlichen Interesse entspricht (vgl. BGE 97 I 506 E. 4c am Ende). Denn die Anerkennung des Schutzes vor ideellen Immissionen im privaten Nachbarrecht heisst noch nicht, dass ein gleiches auch im öffentlichen Immissionsschutz möglich ist; hiezu bedarf es des weiteren Elementes des öffentlichen Interesses, das eben beim privaten Nachbarschutz nicht erforderlich ist. Es ist nicht einzusehen, warum zwar der Schutz vor materiellen Immissionen neben dem privaten nachbarrechtlichen auch einem öffentlichen Bedürfnis entsprechen soll (was in der Praxis allgemein anerkannt ist), nicht aber der Schutz vor immateriellen, ideellen Immissionen. Das öffentliche Interesse bezieht sich nicht nur auf Materielles, wie die im Bau- und Planungsrecht geläufige Ästhetikklausel, die sich auf ideellen Werte bezieht, sowie die Begriffe des Landschafts- und Ortsbildschutzes zeigen. Was ursprünglich ausschliesslich dem Schutz privater Interessen diente, erwies sich im Laufe der Zeit immer mehr auch als gesellschaftspolitisch bedeutsam. Je enger die Menschen unter den modernen zivilisatorischen Verhältnissen zusammenleben, umso mehr wird der Schutz des Einzelnen auch zu einer öffentlichen Aufgabe, wie sich gerade im Bereiche des Immissionsschutzes gezeigt hat. Angesichts dieser Entwicklung geht es nicht an, den Schutz vor ideellen Immissionen allein dem Nachbarrecht zu überlassen, zumal ideelle Werte nicht weniger hoch einzustufen sind als materielle. So hängt etwa die Wohnqualität, deren Schutz heute nicht nur einem privaten, sondern auch einem öffentlichen Interesse entspricht, auch von ideellen Faktoren ab: nicht nur Lärm und Gerüche, sondern auch eine unästhetische oder sonstwie unerfreuliche Umgebung können die Wohnqualität (und sei es auch nur über den Ruf der Wohngegend) in erheblichem Mass beeinträchtigen. Moderne Unterhaltungsgewerbe, die mit Sex-Geschäfte machen, brauchen zwar die öffentliche Sittlichkeit als solche nicht zu beeinträchtigen, sie können aber unter Umständen auf die Umgebung derart unangenehm und lästig wirken, dass auch dies zu verhindern im öffentlichen Interesse liegt. Gerade die Entwicklung im Gebiet der Brauerstrasse in Zürich hat gezeigt, dass das besonders penetrante, auf breiten Konsum ausgerichtete Sex-Gewerbe einer Peep-Show weitere Sex-Gewerbe nach sich zieht und dass BGE 108 Ia 140 S. 148 diese insgesamt - und über den von ihnen selbst beanspruchten Raumbedarf hinaus - einem Wohngebiet die Wohnqualität nehmen und dadurch zur "Verslumung" beitragen. Die Erhaltung bestimmter Gebiete für ihren angestammten Nutzungszweck ist aber ebenfalls ein anerkanntes öffentliches Interesse, das als Schranke sowohl für die Eigentumsgarantie wie auch für die Handels- und Gewerbefreiheit in Betracht fällt. Dem Schutz dieses öffentlichen Interesses dient zwar in erster Linie das öffentliche Planungs- und Baurecht, doch ist ein Zusammenwirken gewerbepolizeilicher Gesetze (wie des UGG) mit dem öffentlichen Bau- und Planungsrecht insofern denkbar, als das letztere durch seine Nutzungsbestimmungen den Rahmen für das zulässige Mass gewerblicher Einwirkungen absteckt, während die ersteren die unzulässigen Immissionsquellen bezeichnen. Das ermöglicht ein selektives Vorgehen durch den Gesetzgeber, was gerade bei ideellen Immissionen erwünscht sein kann. Die überwiegende Mehrheit, mit welcher das Zürcher Volk dem UGG zugestimmt hat, spricht dafür, dass die Allgemeinheit ideelle Immissionen aus Unterhaltungsbetrieben in bestimmten Verhältnissen als derart beeinträchtigend empfindet, dass deren Verbot einem öffentlichen Interesse entspricht. Dies zu beschliessen liegt in der Macht des kantonalen Gesetzgebers und hält vor der Handels- und Gewerbefreiheit stand. Die Norm ihrerseits ist im Anwendungsfall verfassungskonform zu handhaben. Aus ihrer Ausrichtung auf den Immissionsschutz hin ergibt sich für die Behörden namentlich die Pflicht, bei der Würdigung ideeller Immissionen den Charakter der fraglichen Umgebung zu berücksichtigen, wie dies in § 2 Abs. 2 UGG sinngemäss vorgesehen ist. Der Begriff der ideellen Immissionen erweist sich in örtlicher Hinsicht damit als weniger weittragend als derjenige der öffentlichen Sittlichkeit, der an bestimmten moralischen Vorstellungen anknüpft und damit von räumlichen Einschränkungen frei ist.
public_law
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1,982
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Urteilskopf 125 II 169 15. Extrait de l'arrêt de la Ie Cour de droit public du 2 mars 1999 dans la cause G. contre Tribunal administratif du canton de Genève (recours de droit administratif)
Regeste Art. 12, 14 und 15 OHG ; Recht auf Entschädigung; Subsidiarität staatlicher Leistungen. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen Entscheid, mit dem Leistungen nach dem Opferhilfegesetz wegen des subsidiären Charakters staatlicher Leistungen verweigert wurden (E. 1). Grundsätze für die Ausrichtung von Genugtuungsleistungen nach dem System des OHG (E. 2a und b). Subsidiärer Charakter staatlicher Entschädigung gegenüber Leistungen von Privat- und Sozialversicherungen (E. 2b und c). Vorliegend zielen die Sozialversicherungsleistungen («Integritätsentschädigung» nach dem UVG) teilweise auf Wiedergutmachung der vom Opfer erlittenen immateriellen Unbill (E. 2d). Angesichts der gestützt auf das UVG ausgerichteten Beträge kommt eine Entschädigung nach dem OHG nicht in Betracht (E. 2d).
Sachverhalt ab Seite 170 BGE 125 II 169 S. 170 Dame G. était employée jusqu'au 1er janvier 1993, date à partir de laquelle elle a reçu des prestations de l'assurance-chômage jusqu'au mois d'août 1997. Elle est à la retraite depuis le mois de septembre 1997. Le 24 juillet 1993, elle a été agressée par un inconnu alors qu'elle pratiquait la course à pied. Elle a subi une fracture ouverte du tibia et du péroné de la jambe droite, qui a nécessité plusieurs interventions chirurgicales; elle a aussi souffert de contusions multiples et d'un hématome à l'oeil droit. Une plainte pénale a été déposée, mais le Procureur général du canton de Genève l'a classée le 16 septembre 1993, l'auteur de l'agression n'ayant pu être identifié. Le 18 octobre 1995, dame G. a demandé une indemnité à l'instance cantonale genevoise d'indemnisation instituée en vertu de la loi fédérale sur l'aide aux victimes d'infractions, du 4 octobre 1991 (LAVI; RS 312.5). Le 27 juin 1996, l'instance cantonale a rejeté la demande, pour tardiveté, décision confirmée par le Tribunal administratif du canton de Genève. Par arrêt du 3 juin 1997, le Tribunal fédéral a admis un recours de droit administratif formé contre cet arrêt et renvoyé la cause à l'instance cantonale pour nouvelle décision ( ATF 123 II 241 ). Statuant à nouveau le 27 octobre 1997, l'instance cantonale a alloué à dame G. un montant de 4'000 fr. à titre de provision au sens de l' art. 15 LAVI . Dame G. a recouru contre cette décision auprès du Tribunal administratif, le 28 novembre 1997. Le 28 janvier 1998, l'assureur-accidents de son ancien employeur (ci-après: l'assureur) a alloué à dame G. une indemnité pour atteinte à l'intégrité fixée à 29'160 fr., sur la base d'un gain annuel maximal assuré de 97'200 fr. et d'une atteinte de 30% (soit 10% de BGE 125 II 169 S. 171 séquelles physiques et 20% de séquelles psychiques). Le 17 avril 1998, l'assureur a alloué à dame G. une indemnité de 100'000 fr. en raison de l'invalidité permanente, évaluée à 35%. Par arrêt du 9 juin 1998, le Tribunal administratif a rejeté le recours, en considérant, en bref, que la réparation morale au sens des art. 11 ss. LAVI était subsidiaire à celle des prestations d'assurance. Eu égard à celles fournies par l'assureur, une réparation supplémentaire au titre de la LAVI était exclue. Agissant par la voie du recours de droit administratif, dame G. demande principalement au Tribunal fédéral d'annuler l'arrêt du 9 juin 1998, et d'admettre sa demande d'indemnisation. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. Erwägungen Extrait des considérants: 1. La décision attaquée a été rendue en application de la LAVI. La démarche de la recourante tend à l'obtention d'une indemnité pour tort moral fondée sur l' art. 12 al. 2 LAVI . Il n'est pas contesté que cette loi est applicable. En particulier, la qualité de victime au sens de l' art. 2 al. 1 LAVI ne fait pas de doute (cf. ATF 123 II 241 consid. 3b p. 243). Dirigé contre une décision ( art. 5 PA ) ne relevant pas des exceptions prévues aux art. 99 ss OJ ( ATF 122 II 315 consid. 1 p. 317, ATF 121 II 116 consid. 1 p. 117) et émanant de l'autorité cantonale de recours prévue à l' art. 17 LAVI , le recours de droit administratif est recevable ( ATF 123 II 548 consid. 1 et les arrêts cités). La décision de première instance, du 27 octobre 1997, concerne uniquement l'octroi d'une somme de 4'000 fr. à titre de provision au sens de l' art. 15 LAVI ; l'instance cantonale y rappelle la subrogation de l'Etat dans les prétentions de la victime ( art. 14 LAVI ), mais ne statue pas définitivement sur le droit de la recourante à une indemnité fondée sur l' art. 12 al. 2 LAVI . Toutefois, dans l'arrêt cantonal attaqué, le Tribunal administratif a abouti à la conclusion qu'en raison des prestations déjà reçues par la victime, une indemnité fondée sur l' art. 12 al. 2 LAVI ne se justifiait pas. Tel qu'il est soumis au Tribunal fédéral, l'objet du litige consiste bien en un refus définitif de toute prestation fondée sur la LAVI. Si la décision de première instance avait un caractère incident, l'arrêt attaqué met définitivement terme à la procédure d'indemnisation. Le recours satisfait en outre aux conditions de délai et de forme, en particulier quant à ses conclusions et à sa motivation ( ATF 118 Ib 134 consid. 2; voir aussi BGE 125 II 169 S. 172 ATF 123 II 359 consid. 6b/bb p. 369/370). La recourante a qualité pour agir au sens de l' art. 103 let. a OJ . 2. La cour cantonale rappelle dans son arrêt que l'indemnisation fondée sur la LAVI a un caractère subsidiaire par rapport aux autres possibilités de réparation qui s'offrent à la victime. Fondé sur des motifs d'équité, le système d'indemnisation mis en place par la LAVI permettrait de tenir compte de la situation financière de la victime et, en particulier, des autres réparations qu'elle a pu obtenir de l'auteur de l'infraction ou de tiers, en particulier des assurances, cette dernière notion devant s'entendre largement. Même si l'atteinte subie par la recourante était grave, les montants versés par l'assurance-accidents, soit environ 120'000 fr. (en réalité, la recourante a finalement reçu 129'160 fr., soit 100'000 fr. d'indemnité complémentaire LAA pour la perte de gain, et 29'160 fr., pour atteinte à l'intégrité), constituaient une réparation suffisante. En outre, une partie du montant de 29'160 fr. représentait une indemnité pour atteinte à l'intégrité au sens de l' art. 25 al. 2 LAA ; celle-ci était de même nature que l'indemnité à titre de réparation morale de l' art. 47 CO . La recourante estime que le principe de subsidiarité, posé à l' art. 14 LAVI , devrait s'apprécier séparément pour chaque type d'indemnité (dommage matériel d'une part, tort moral d'autre part) et qu'en l'espèce, rien ne lui a été versé à raison de son tort moral. L'indemnité pour atteinte à l'intégrité, allouée sur la base de l' art. 24 LAA , ne serait pas assimilable à une indemnité pour tort moral au sens de l'art. 14 al. 1 dernière phrase LAVI. Les sommes versées par l'assurance ne seraient d'ailleurs pas suffisantes, compte tenu de l'atteinte psychique dont la recourante subit encore les effets. En définitive, la recourante estime, soit en s'inspirant du montant de la prestation LAA, soit sur la base d'une appréciation globale, que le montant de l'indemnité pour tort moral devrait être au minimum de 25'000 fr. a) L' art. 64ter Cst. prévoit que l'aide fournie aux victimes par la Confédération et les cantons inclut une «indemnisation équitable lorsqu'en raison de l'infraction, ces victimes connaissent des difficultés matérielles». Selon l' art. 12 al. 1 LAVI (dont la teneur a été modifiée par le ch. III de la loi fédérale sur les prestations complémentaires à l'AVS - ci-après: LPC, RO 831.30 - en vigueur depuis le 1er janvier 1998, RO 1997, p. 2952 ss, 2959), la victime a droit à une indemnité pour le dommage qu'elle a subi si ses revenus (soit ceux qu'elle aura probablement après l'infraction) ne dépassent pas BGE 125 II 169 S. 173 le quadruple du montant destiné à la couverture des besoins vitaux, fixé à l' art. 3b al. 1 let. a LPC . Selon l' art. 12 al. 2 LAVI , une somme peut être versée à la victime à titre de réparation morale, indépendamment de son revenu, lorsqu'elle a subi une atteinte grave et que des circonstances particulières le justifient. En prévoyant l'octroi d'une réparation morale à la victime, le législateur est allé sciemment au-delà des exigences de la Constitution (cf. ATF 121 II 369 consid. 2 p. 372); il a considéré que cet aspect de l'indemnisation participait de l'»aide» prévue à l' art 64ter 1 ère phrase Cst., et pouvait donc être octroyée indépendamment de la situation matérielle de la victime (FF 1990 II p. 916). b) Si la définition de l' art. 12 al. 2 LAVI correspond dans une large mesure aux critères prévus aux art. 47 et 49 CO ( ATF 123 II 210 consid. 3b p. 214), le débiteur de la réparation morale, ainsi que la nature juridique d'une telle obligation, ne sont pas les mêmes, ce qui peut conduire à des différences dans le système de la réparation ( ATF 121 II 369 consid. 3c/aa p. 373). Certes, pour des raisons pratiques récemment évoquées par le Tribunal fédéral ( ATF 123 II 210 consid. 3b/dd p. 216), on ne saurait perdre totalement de vue l'intérêt d'une certaine cohérence, à cet égard, entre le régime de la LAVI et celui du droit civil. C'est toutefois à l'autorité d'indemnisation qu'il appartient, dans le cadre de son large pouvoir d'appréciation, de décider si, et dans quelle mesure les «circonstances particulières» justifient l'application des critères du droit civil. aa) En mettant en place le système d'indemnisation prévu par la LAVI, le législateur n'a pas voulu assurer à la victime une réparation pleine, entière et inconditionnelle du dommage qu'elle a subi. L'indemnisation fondée sur la LAVI a au contraire pour but de combler les lacunes du droit positif, afin d'éviter que la victime supporte seule son dommage lorsque l'auteur de l'infraction est inconnu ou en fuite, lorsqu'il est insolvable, voire incapable de discernement. bb) Conformément à la disposition constitutionnelle qui fait état des «difficultés matérielles» de la victime, le législateur a fixé, pour la réparation du dommage matériel, une limite de revenu au-delà de laquelle aucune indemnité n'est versée; il a recouru pour cela à une limite «connue et éprouvée dans la pratique», soit le plafond fixé à l' art. 3c LPC (cf. également l' art. 2 OAVI , dans sa nouvelle teneur du 26 novembre 1997, en vigueur dès le 1er janvier 1998, RO 1997 p. 2824). L'indemnité ne couvre intégralement le dommage que pour le cas où les revenus de la victime ne dépassent pas la limite supérieure BGE 125 II 169 S. 174 fixée à l' art. 3b al. 1 let. a LPC (cf. art. 3 al. 1 OAVI , également modifié); dans les autres cas (revenus supérieurs à la limite LPC et inférieurs au plafond LAVI), la réparation n'est que partielle ( art. 13 al. 1 LAVI , art. 3 al. 3 nouveau OAVI); enfin, aucune indemnité n'est allouée lorsque les revenus déterminants de la victime dépassent le quadruple du montant LPC (plafond LAVI; art. 3 al. 2 nouveau OAVI). Conformément à l' art. 13 al. 3 LAVI , le Conseil fédéral a fixé à 100'000 fr. le montant maximum de l'indemnité ( art. 4 OAVI ), ce qui démontre encore que l'indemnisation fondée sur la LAVI n'a pas été voulue pleine et entière, contrairement au système découlant des art. 41 ss CO . Quant à l'indemnité pour réparation morale, elle ne dépend pas du revenu de la victime, mais de la gravité de l'atteinte, et de l'existence de circonstances particulières. Cela signifie clairement que le législateur n'a pas voulu l'octroi par l'état d'une réparation morale dans tous les cas. Par l'usage d'une formulation potestative et le recours à une notion juridique indéterminée, le texte légal laisse une importante marge d'appréciation à l'autorité, quant au principe et à l'étendue de l'indemnité pour tort moral ( ATF 121 II 369 consid. 3c p. 373). Celle-ci peut être accordée en plus de la réparation du dommage, ou au contraire dans les cas où aucune indemnité n'a été versée. Malgré la formulation de l' art. 12 al. 2 LAVI , il n'est pas fait totalement abstraction de considérations matérielles, car la réparation morale peut, dans certains cas, permettre d'atténuer les rigueurs du système (notamment les limites de revenus), par exemple dans les cas où le dommage matériel n'est pas important, mais dans lesquels le versement d'une somme d'argent à titre de réparation se justifie, comme en cas d'infractions d'ordre sexuel (FF 1990 II 393). En définitive, le versement d'une indemnité LAVI pour tort moral se rapproche d'une allocation ex aequo et bono, et justifie que l'on tienne compte de la situation dans son ensemble; le large pouvoir d'appréciation reconnu à l'autorité d'indemnisation n'a comme principales limites que le respect de l'égalité de traitement et l'interdiction de l'arbitraire (GOMM/STEIN/ZEHNTER, Kommentar zum OHG, Berne 1995, p. 184-185 no 26). cc) Tant l'indemnité que la réparation morale ont un caractère subsidiaire, l'Etat n'intervenant que dans la mesure où l'auteur de l'infraction ou les assurances, sociales ou privées, ne réparent pas effectivement, rapidement et de manière suffisante le dommage subi (FF 1990 II 923-924). Ce principe de subsidiarité de l'intervention étatique est concrétisé à l' art. 14 LAVI . Selon cette disposition, les prestations BGE 125 II 169 S. 175 reçues en réparation du dommage matériel (abstraction faite des prestations prises en compte pour le calcul du montant déterminant) sont déduites du montant de l'indemnité. Il en va de même pour les prestations reçues à titre de réparation du tort moral. La subrogation de l'Etat - à concurrence du montant qu'il a alloué - dans les prétentions que la victime peut faire valoir en raison de l'infraction, ainsi que la priorité de ces prétentions sur celles que la victime peut encore faire valoir ( art. 14 al. 2 LAVI ), procèdent également du principe de subsidiarité. Pratiquement, la victime doit ainsi rendre vraisemblable qu'elle ne peut rien recevoir de tiers (auteur de l'infraction, assurances, etc.) ou qu'elle n'en peut recevoir que des montants insuffisants ( art. 1er OAVI ). c) Sur le vu de ce qui précède, la recourante considère à tort qu'une réparation morale fondée sur la LAVI lui serait due automatiquement dès lors qu'elle n'a rien reçu à ce titre de la part de tiers. Elle perd en effet de vue que les conditions d'octroi d'une indemnité pour tort moral sont posées avant tout à l' art. 12 al. 2 LAVI , et que seule est déterminante à ce titre l'existence - outre d'une atteinte grave - de circonstances particulières. Cette dernière condition fait clairement ressortir que la victime n'a pas un droit à l'allocation d'une indemnité pour tort moral du simple fait qu'elle n'aurait rien reçu de ce chef de la part de la victime ou de tiers. A l'inverse, comme le relève l'Office fédéral, une indemnité pour tort moral ne saurait être refusée au seul motif que le préjudice matériel a déjà été réparé. d) En l'espèce, la recourante a obtenu de son assureur-accidents, par décision du 23 janvier 1998 fondée sur les art. 24-25 LAA , la somme de 29'160 fr. représentant une atteinte fixée à 10% pour l'intégrité physique, et à 20% pour l'intégrité mentale, soit 30% calculés sur un gain annuel maximum de 97'200 fr. Le 12 mai 1998, l'assureur-accidents a alloué 100'000 fr. en capital à titre de prestation complémentaire LAA pour perte de gain. La recourante a donc perçu au total 130'000 fr. environ, dont une certaine partie pour l'atteinte subie à son intégrité mentale. La recourante relève que l'indemnité pour atteinte à l'intégrité psychique ( art. 24 LAA ) aurait sa cause dans l'atteinte corporelle; déterminée en proportion du salaire, cette indemnité ne serait pas de même nature qu'une indemnité pour tort moral, qui tendrait à réparer, de manière plus complète, une atteinte immatérielle. S'appuyant sur l' art. 43 al. 2 let . d LAA (qui traite de la subrogation de l'assureur pour les prestations de même nature), le Tribunal administratif relève au contraire que, dans l'optique de la LAA, l'indemnité pour BGE 125 II 169 S. 176 atteinte à l'intégrité était de même nature que celle allouée à titre de réparation morale. La recourante invoque en vain la doctrine (GHÉLEW/RAMELET/RITTER, Commentaire de la loi sur l'assurance-accidents, Lausanne 1992 p. 67 ss ad art. 43 LAA ). Selon ces auteurs en effet (p. 121 ss ad art. 24 LAA ), l'indemnité pour atteinte à l'intégrité constitue une prestation sui generis qui, tout en s'en distinguant «sur des points essentiels», s'apparente à la réparation du tort moral, et dont la finalité est de dédommager une diminution durable de l'intégrité physique ou mentale, indépendamment des effets de celle-là sur la capacité de gain de l'assuré. Pour ces auteurs également, l'indemnisation a un caractère objectif (la gravité de l'atteinte est évaluée selon les seules constatations médicales, et non en fonction de la manière dont elle est ressentie par l'assuré); la réparation du tort moral n'est donc que partielle, les aspects subjectifs du dommage (notamment pretium doloris et préjudice esthétique) en étant exclus (cf. ATF 113 V 118 consid. 4b p. 221). Si, dans cette mesure, une telle indemnité se distingue de la réparation du tort moral, une partie de la doctrine, suivant l' art. 43 al. 2 let . d LAA, la range avec celle-ci. Les commentateurs de la LAVI sont d'ailleurs clairement de la même opinion (GOMM/STEIN/ZEHNTER, op.cit. p. 225 art. 14 LAVI ). Contrairement à ce que soutient la recourante, l'indemnité pour atteinte à l'intégrité fondée sur la LAA comporte donc, au moins pour partie, un élément de réparation du tort moral. On ne saurait dès lors contester que la recourante a reçu une somme d'argent en raison des souffrances morales qu'elle a endurées après l'agression. Compte tenu du système de réparation - partielle et subsidiaire - instauré par la LAVI, la recourante ne peut prétendre obtenir par ce biais l'éventuelle différence entre la réparation de l'atteinte à son intégrité, et la réparation de son tort moral, qu'elle estime à un montant de 40'000 à 50'000 fr. La cour cantonale pouvait, sans violer le droit fédéral, considérer qu'en raison des sommes reçues par la recourante, celle-ci ne se trouvait pas, malgré la gravité de l'atteinte subie, dans un cas où les circonstances particulières justifiaient une réparation morale.
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nan
fr
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CH
Federation
1068471d-c5d2-4f57-954f-43e47bb079fc
Urteilskopf 137 III 444 66. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Y. AG (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_235/2011 vom 8. August 2011
Regeste Art. 781 ZGB ; Inhalt und Umfang eines Kiesausbeutungsrechts. Der privatrechtliche Dienstbarkeitsvertrag und die öffentlich-rechtliche Kiesabbaubewilligung bestimmen Inhalt und Umfang der im Grundbuch als "Kiesausbeutungsrecht" eingetragenen Dienstbarkeit. Die dingliche Berechtigung umfasst nicht nur den Abbau von Sand, Kies und weiteren Materialien, sondern auch sämtliche Tätigkeiten auf dem belasteten Grundstück, die zur Wiederherrichtung nicht mehr genutzter Abbaustellen erforderlich sind (E. 2-4).
Sachverhalt ab Seite 444 BGE 137 III 444 S. 444 Die X. AG (Beschwerdeführerin) und die Y. AG (Beschwerdegegnerin) verfügen je über Dienstbarkeiten für den Kiesabbau zulasten des Grundstücks Nr. 324. Die Beschwerdegegnerin baut auf einem Teil des Grundstücks Sand, Kies und weitere Materialien ab und richtet den ursprünglichen Zustand fortlaufend wieder her, indem BGE 137 III 444 S. 445 sie die abgebauten Flächen mit Aushub verfüllt, mit Humus bedeckt und zuletzt begrünt. Zu ihren Gunsten besteht seit 1979 eine mit dem Stichwort "Kiesausbeutungsrecht" im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeit. Die zu Gunsten der Beschwerdeführerin Ende 2005 begründeten und 2006 im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten umfassen das "Abbaurecht für Sand, Kies, Aushub und übrige Materialien" mit dazugehörigem "Fahrwegrecht" und "Leitungsrecht" sowie das "Deponierecht (ausschliesslich) für Aushubmaterial der Klasse 1" mit dazugehörigem "Fahrwegrecht" und "Leitungsrecht". Die Beschwerdeführerin erhob Klage mit den Begehren, der Beschwerdegegnerin zu verbieten, auf dem Grundstück Nr. 324 Aushubmaterial jedweder Art zu deponieren und das Grundstück Nr. 324 mit Aushubmaterial zu befahren, und eventualiter festzustellen, dass die Beschwerdegegnerin auf dem Grundstück Nr. 324 über keine Dienstbarkeit im Sinne eines Deponierechts sowie eines Fahrwegrechts für den Zu- und Abtransport von Aushubmaterial verfügt. Die kantonalen Gerichte wiesen die Klage ab. Die Beschwerdeführerin erneuert vor Bundesgericht ihre Klagebegehren. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Dienstbarkeit zu Gunsten der Beschwerdegegnerin ist im Grundbuch mit dem Stichwort "Kiesausbeutungsrecht" eingetragen. Sie geht zurück auf einen Vertrag vom 4. Mai 1979 zwischen dem Vater des heutigen Grundeigentümers und der Beschwerdegegnerin. Den Dienstbarkeitsvertrag von 1979 haben die Begründungsparteien in Zusatzvereinbarungen vom 4. Juli 1981 und vom 7. April 1988 ergänzt und bestätigt und in einer Vereinbarung vom 6. Dezember 2006 unter Einbezug des heutigen Grundeigentümers zusätzlich ausgedehnt. Der Dienstbarkeitsvertrag und alle Zusatzvereinbarungen sind beim Grundbuch angemeldet und zu den Belegen genommen worden. Die Beschwerdegegnerin hat auf Grund des Kiesausbeutungsrechts während Jahren Sand, Kies und weitere Materialien abgebaut und die abgebauten Flächen fortlaufend in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt und renaturiert bzw. rekultiviert. 2.1 Die im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeit zu Gunsten der Beschwerdegegnerin ist eine Personaldienstbarkeit ( Art. 781 Abs. 1 BGE 137 III 444 S. 446 ZGB ) und gehört zu den sog. Ausbeutungsrechten, d.h. zu den Rechten auf Gewinnung von Bodenbestandteilen wie Lehm, Torf, Schiefer, Sand, Steine u.ä. (vgl. LEEMANN, Berner Kommentar, 1925, N. 36 zu Art. 781 ZGB ; LIVER, Zürcher Kommentar, 1980, N. 174 zu Art. 730 ZGB ). 2.2 Als Personaldienstbarkeit bestimmt sich ihr Inhalt und Umfang nach den für die Grunddienstbarkeiten geltenden Regeln ( Art. 781 Abs. 3 ZGB ; vgl. BGE 132 III 651 E. 8 S. 655). Ausgangspunkt ist der Grundbucheintrag. Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrag deutlich ergeben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend ( Art. 738 Abs. 1 ZGB ). Nur wenn sein Wortlaut unklar ist, darf im Rahmen des Eintrags auf den Erwerbsgrund zurückgegriffen werden. Ist auch der Erwerbsgrund nicht schlüssig, kann sich der Inhalt der Dienstbarkeit - im Rahmen des Eintrags - aus der Art ergeben, wie sie während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist ( Art. 738 Abs. 2 ZGB ; vgl. BGE 137 III 145 E. 3.1 S. 147 f.). Ist der Eintrag nicht klar und muss auf den Erwerbsgrund abgestellt werden, bestimmt sich gemäss Art. 781 Abs. 2 ZGB der Inhalt der Personaldienstbarkeit, soweit es nicht anders vereinbart wird, nach den gewöhnlichen Bedürfnissen der Berechtigten (vgl. STEINAUER, Les droits réels, Bd. III, 3. Aufl. 2003, N. 2577 S. 120). Massgebend sind dabei die Bedürfnisse im Zeitpunkt der Begründung der Dienstbarkeit (vgl. BGE 132 III 651 E. 8.1 S. 656). 2.3 Die Bestimmung von Inhalt und Umfang der Dienstbarkeit hat die Frage zu beantworten, was die Beschwerdegegnerin alles zu tun befugt ist, um ihre Dienstbarkeit ihrem Zweck gemäss auszuüben. Das Obergericht hat festgestellt, nicht angefochten seien die amtsgerichtlichen Ausführungen, wonach der Grundbucheintrag "Kiesausbeutungsrecht" keine hinlängliche Antwort über den Inhalt und den Umfang der Dienstbarkeit geben könne. Streitig sei einzig die Auslegung des dem Grundbucheintrag zugrunde liegenden Dienstbarkeitsvertrags mit seinen Zusatzvereinbarungen. 2.3.1 Zum Gegenstand des Dienstbarkeitsvertrags hat das Obergericht festgestellt, dass der Beschwerdegegnerin darin auf unbestimmte Zeit das dingliche Recht eingeräumt werde, auf einem Teil der Liegenschaft unbeschränkt Kies, Sand und alle übrigen Materialien und Elemente auszubeuten (Ziff. 1), und dass das von der Kiesausbeutung in Anspruch genommene Terrain durch die BGE 137 III 444 S. 447 Beschwerdegegnerin fortlaufend wieder einzufüllen, zu humusieren und zu begrünen sei (Ziff. 4 des Dienstbarkeitsvertrags vom 4. Mai 1979). 2.3.2 Bereits aufgrund des Wortlautes von Ziff. 4 hat das Obergericht angenommen, der Dienstbarkeitsvertrag könne nur so verstanden werden, dass es sich um ein Kiesausbeutungsrecht mit anschliessender Renaturierung handle bzw. dass das Ausbeutungsrecht durch die Beschwerdegegnerin ohne Wiederauffüllung nicht ausgeübt werden könne. 2.3.3 Für sein Verständnis des Dienstbarkeitsvertrags spreche auch, so hat das Obergericht dafürgehalten, der Zusammenhang von Ziff. 4 zu Ziff. 2 des Vertrags, wonach die Beschwerdegegnerin bei der Ausübung des Ausbeutungsrechts grösstmögliche Sorgfalt anzuwenden und insbesondere die Vorkehren zu treffen habe, damit das anschliessende Erdreich nicht in Bewegung gerate. Solle das anschliessende Erdreich nicht in Bewegung geraten, müsse es der Beschwerdegegnerin möglich sein, fortlaufend Aushubmaterial zur Wiederauffüllung auf das Grundstück zu bringen und dort zu deponieren. Aufgrund des Vertrags vom 4. Mai 1979 habe der Zweck des Kiesausbeutungsrechts somit nicht darin bestanden, eine unbeschränkt grosse Grube zu schaffen. Die Landschaft habe vielmehr erhalten und die abgebauten Gebiete hätten wieder aufgefüllt und humusiert werden sollen, so dass das Land irgendwann wieder genutzt werden könne. 2.3.4 Dass von einem Kiesausbeutungsrecht mit anschliessender Rekultivierung auszugehen sei und dass die Dienstbarkeit nicht ohne anschliessende Rekultivierung und Wiederherstellung ausgeübt werden könne, hat das Obergericht schliesslich aus den späteren Zusatzvereinbarungen abgeleitet, insbesondere aus der Vereinbarung vom 7. April 1988. Es hat weiter erwogen, zum selben Ergebnis führten auch die öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die die Vertragsparteien bei den von ihnen auf privatrechtlicher Ebene getroffenen Vereinbarungen zu beachten hätten und auf die in den Vereinbarungen vom 4. Mai 1979 und vom 7. April 1988 verwiesen werde. Beim Abbau von Kies seien verschiedene Bestimmungen des Gewässer-, Natur- und Landschaftsschutzes zu berücksichtigen bzw. die abgebauten Gebiete entsprechend den öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu rekultivieren, was auch aus den der Beschwerdegegnerin seit dem 20. Januar 1982 erteilten öffentlich-rechtlichen Bewilligungen hervorgehe. BGE 137 III 444 S. 448 2.3.5 Sei im Kiesausbeutungsrecht zu Gunsten der Beschwerdegegnerin somit die Wiederauffüllung und Humusierung des abgebauten Gebietes enthalten, hat das Obergericht geschlossen, müsse es der Beschwerdegegnerin möglich sein, auf dem belasteten Grundstück das Aushubmaterial zur Auffüllung zu deponieren und das belastete Grundstück zu diesem Zweck zu befahren. 3. Der Grundbucheintrag lautet auf "Kiesausbeutungsrecht". Vor Obergericht war nicht mehr streitig, dass der Grundbucheintrag den Inhalt und den Umfang der Dienstbarkeit nicht eindeutig festlegt. Gleichwohl ist darauf einzugehen, setzt doch die Beschwerdeführerin die Dienstbarkeiten "Kiesausbeutungsrecht" und "Kiesabbaurecht" inhaltlich gleich. 3.1 Grundbuchtechnisch wird das Stichwort "Kiesausbeutungsrecht" als "Bezugsrecht für Kies" verstanden (vgl. URS FASEL, Grundbuchverordnung [GBV], 2008, N. 17 zu Art. 35 GBV , S. 441). Die Umschreibung ist zu allgemein, als dass sie genauen Aufschluss darüber geben könnte, welche einzelnen Ausübungsbefugnisse das "Kiesausbeutungsrecht" dem Berechtigten verleiht (vgl. zur Bedeutung des Stichworts: BGE 128 III 169 E. 3a S. 172). 3.2 Nach dem zur Zeit der Begründung bestehenden und dem heutigen allgemeinen Sprachgebrauch meint "Ausbeutung" bzw. "ausbeuten" nicht nur "abbauen" als Tätigkeit hier des Tagebaues, sondern ganz allgemein "wirtschaftlich nutzen" (vgl. Duden, Das grosse Wörterbuch der deutschen Sprache [...], Bd. I, 1976, S. 238 zu "ausbeuten", und Duden, Das Herkunftswörterbuch, Bd. VII, 4. Aufl. 2007, S. 92 zu "Beute"). Dass ein "Kiesausbeutungsrecht" vom Wortlaut und Wortsinn her weiter geht als ein "Kiesabbaurecht" belegen die im Grundbuch zu Gunsten der Beschwerdeführerin eingetragenen Dienstbarkeiten. Neben dem "Abbaurecht für Sand, Kies, Aushub und übrige Materialien" wurden die zu dessen Ausübung erforderlichen Dienstbarkeiten "Fahrwegrecht" und "Leitungsrecht" separat begründet und im Grundbuch eingetragen, während das "Kiesausbeutungsrecht" selbst nach Ansicht der Beschwerdeführerin ohne Begründung einer eigenen Dienstbarkeit das Fahrwegrecht zum Transport von Kies mit umfasst und über den Abbau von Kies auch die Entnahme von Sand und weiteren Materialien zulässt (vgl. zur Auslegung des Grundbucheintrags: BGE 86 II 243 E. 5 S. 251; Urteile 5A_617/2009 vom 26. Januar 2010 E. 3.2 und 5C.257/2001 vom 3. Dezember 2001 E. 2a). BGE 137 III 444 S. 449 3.3 Der Grundbucheintrag "Kiesausbeutungsrecht" legt die damit verbundenen Rechte und Pflichten im Einzelnen nicht derart eindeutig fest, dass, wie die Beschwerdeführerin meint, kein Raum bleibt, um für die Ermittlung des Inhaltes der Dienstbarkeit auf ihren Erwerbsgrund zurückzugreifen (vgl. BGE 123 III 461 E. 2b S. 464; BGE 128 III 169 E. 3a S. 172). Die Auslegung des Grundbucheintrags ergibt, dass die Dienstbarkeit nicht auf den eigentlichen Abbau von Kies und anderen Materialien beschränkt sein muss und weitergehend zur allgemeinen wirtschaftlichen Nutzung des Kiesvorkommens bzw. der Kiesabbaustätte auf dem belasteten Grundstück berechtigen kann. In diesem Rahmen ist der Inhalt der Dienstbarkeit zunächst anhand ihres Erwerbsgrundes zu bestimmen (E. 2.2 hiervor). 4. Gegen die obergerichtliche Auslegung des Erwerbsgrundes wendet die Beschwerdeführerin zur Hauptsache ein, im Kiesausbeutungsrecht der Beschwerdegegnerin sei kein dingliches Recht enthalten, nach erfolgtem Kiesabbau die Abbaufläche fortlaufend in den ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen, d.h. mit Aushubmaterial zu verfüllen, mit Humus zu bedecken und zuletzt zu begrünen. Aus dem Dienstbarkeitsvertrag und den Zusatzvereinbarungen ergebe sich vielmehr eine schuldrechtliche Pflicht der Beschwerdegegnerin gegenüber dem Grundeigentümer, die Kiesgruben wieder aufzufüllen und die betroffenen Stellen zu renaturieren bzw. zu rekultivieren. Diese bloss schuldrechtliche Pflicht aber könne nicht mit ihrem Deponierecht in Widerspruch geraten. 4.1 Eine Verpflichtung zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands besteht gemäss den Feststellungen des Obergerichts aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften und der Bewilligungen zum Kiesabbau, die der Beschwerdegegnerin seit 1982 zustehen (E. 2.3.4 hiervor). 4.1.1 Während die Beschwerdeführerin diese öffentlich-rechtlichen Vorschriften offenbar für belanglos hält, betont die Beschwerdegegnerin, eine Kiesabbaubewilligung werde stets nur unter der Bedingung erteilt, dass mit dem fortschreitenden Abbau der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werde. Sie verweist - wie bereits das Obergericht - auf die in den Akten liegenden Bewilligungen und den dazu gehörenden "Landschafts- und Abbauplan" der P. AG, aus dem die wiederherzustellende Sekundärlandschaft ersichtlich sei. BGE 137 III 444 S. 450 4.1.2 Für das Bundesgericht ist unangefochten und verbindlich festgestellt, dass die Wiederauffüllung der ausgehobenen Kiesgrube und die Renaturierung bzw. Rekultivierung der Abbauflächen eine Bedingung der erteilten Bewilligung zum Kiesabbau ist. Die Bewilligungen, auf die das Obergericht verwiesen hat, belegen diesen Sachverhalt. Danach kann die Bewilligung jederzeit widerrufen werden, wenn die Bedingungen, Auflagen und Vorschriften nicht eingehalten werden. Zu diesen Bedingungen und Auflagen gehört, dass die Wiederinstandstellung und Begrünung der abgebauten Fläche schrittweise mit dem Abbau zu erfolgen hat (Ziff. 3.3 und 4.8 der Bewilligung zur Entnahme von Kies vom 20. Januar 1982 und Ziff. 4.3 und 5.5 der Bewilligung für die Erweiterung der Kiesgrube vom 11. Januar 1994). Entsprechende Verpflichtungen zur Wiederherrichtung nicht mehr genutzter Abbaustellen werden regelmässig mit der Bewilligung zum Kiesabbau auferlegt (vgl. etwa BEAT EDELMANN, Rechtliche Probleme des Kiesabbaus im Kanton Aargau, 1990, S. 90 und 104 ff.; JACQUES MATILE, Un cas pratique: les gravières, in: L'aménagement du territoire en droit fédéral et cantonal, 1990, S. 219 ff., 241 f.; LAURENT SCHULER, L'exploitation des gisements naturels en droit vaudois, RDAF 2007 I S. 185, 195 f.). 4.1.3 Es kann somit festgehalten werden, dass die Beschwerdegegnerin kraft öffentlichen Rechts verpflichtet ist, schrittweise mit dem Kiesabbau den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen und die abgebauten Flächen zu renaturieren bzw. zu rekultivieren. 4.2 Das Obergericht ist davon ausgegangen, der Grundeigentümer habe der Beschwerdegegnerin neben dem Abbaurecht auch alle weiteren Rechte vertraglich eingeräumt, die sie benötigt, um ihre öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Wiederinstandstellung und Begrünung der abgebauten Fläche zu erfüllen (E. 2.3.4 hiervor). 4.2.1 Das Obergericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass bei der Auslegung des Dienstbarkeitsvertrags die öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu berücksichtigen sind. Denn die Dienstbarkeit ist hier unstreitig im Hinblick auf die öffentlich-rechtliche Kiesabbaubewilligung eingeräumt und vor deren Hintergrund insbesondere durch die Zusatzvereinbarungen näher umschrieben worden. Öffentlich-rechtliche Bestimmungen, auf die im Dienstbarkeitsvertrag verwiesen wird, können insoweit den Inhalt der privatrechtlichen Dienstbarkeit bestimmen, wenn die Auslegung des Erwerbsgrundes, insbesondere unter Berücksichtigung des Zwecks der Dienstbarkeit BGE 137 III 444 S. 451 ergibt, dass die Parteien diese inhaltliche Bestimmung so gewollt haben (ausführlich: BEAT ESCHMANN, Auslegung und Ergänzung von Dienstbarkeiten, 2005, S. 79 f., mit Hinweisen). 4.2.2 Die einschlägige Ziff. 4 des Dienstbarkeitsvertrags von 1979 ist zwar neutral formuliert und schreibt allgemein vor, "das von der Kiesausbeutung in Anspruch genommene Terrain ist durch die Berechtigte fortlaufend wieder einzufüllen, zu humusieren und zu begrünen". Wie die Ziff. 4 des Dienstbarkeitsvertrags von den Begründungsparteien selbst verstanden wurde, ergibt sich jedoch aus deren Zusatzvereinbarung von 1988, auf die das Obergericht verwiesen hat. Darin wird unter dem Zwischentitel "Rekultivierung" festgehalten, der Abbauer habe dafür besorgt zu sein, dass die Rekultivierung gemäss behördlicher Vorschrift erfolgt. Weiter heisst es, die Parteien stimmten überein, dass demzufolge im heutigen Zeitpunkt die Rekultivierung gemäss dem Plan Nr. 1 vom Februar 1988 des Büros P. erfolgt. Die Vertragsklausel schliesst mit dem Satz: "Der Grundeigentümer erklärt sich mit dieser Regelung ausdrücklich einverstanden" (Ziff. 7 der Vereinbarung vom 7. April 1988). 4.2.3 Die Vertragsabrede mit ihrer ausdrücklichen Bezugnahme auf "die Rekultivierung gemäss behördlicher Vorschrift" kann nur dahin gehend verstanden werden, dass der Grundeigentümer der Beschwerdegegnerin gestattet und damit das Recht eingeräumt hat, ihrer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Wiederherstellung des früheren Zustandes nachzukommen, d.h. das belastete Grundstück auch zu diesem Zweck zu nutzen. Aus diesem Gesamtrechtsverhältnis von öffentlich-rechtlicher Kiesabbaubewilligung und damit verbundener privatrechtlicher Dienstbarkeit einen Teil - nach Ansicht der Beschwerdeführerin die Wiederherstellung des früheren Zustandes - herauszubrechen, wäre nicht sachgerecht, darf doch nicht leichthin angenommen werden, die Parteien hätten eine unangemessene vertragliche Lösung gewollt (vgl. BGE 122 III 420 E. 3a S. 424; BGE 126 III 119 E. 2c S. 121). Die obergerichtliche Auslegung berücksichtigt vielmehr richtigerweise den öffentlich-rechtlichen Gesamtzusammenhang, in den die Dienstbarkeit eingebettet ist (vgl. BGE 128 III 265 E. 3a S. 267), und die Bedürfnisse der Berechtigten, wie sie bereits im Zeitpunkt der Begründung der Dienstbarkeit bestanden haben (vgl. E. 2.2 hiervor). 4.2.4 Ernsthafte Gründe dafür, vom klaren Wortlaut des Vereinbarungstextes abzuweichen, sind weder ersichtlich noch dargetan (vgl. BGE 137 III 444 S. 452 BGE 136 III 186 E. 3.2.1 S. 188). Die Beschwerdeführerin gibt die Ziff. 7 der Zusatzvereinbarung in ihrer Darstellung der dienstbarkeitsrechtlichen Ausgangslage überhaupt nicht und in der Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil nur verstümmelt wieder, während die Beschwerdegegnerin die Wichtigkeit der Vertragsklausel mehrfach hervorhebt. 4.2.5 Zur Hauptsache wendet die Beschwerdeführerin ein, es handle sich bei der Wiederherstellung des früheren Zustandes nach erfolgtem Kiesabbau um eine schuldrechtliche Verpflichtung der Beschwerdegegnerin gegenüber dem Grundeigentümer. Eine bloss schuldrechtliche Verpflichtung aber habe keine dingliche Wirkung, so dass der frühere Zustand nach erfolgtem Kiesabbau auch von einer anderen Firma, beispielsweise von ihr selber gestützt auf ihr Deponierecht, wiederhergestellt werden könne, wenn der Grundeigentümer dies wolle. Der Beschwerdeführerin ist darin beizupflichten, dass schuldrechtliche Pflichten - von den gesetzlichen Sonderfällen in Art. 730 Abs. 2 und Art. 741 ZGB abgesehen - persönlicher Natur sind und nur die Vertragsparteien binden (vgl. Urteil 5A_229/2010 vom 7. Juli 2010 E. 4.1.2, in: ZBGR 92/2011 S. 209 f.). Es erscheint auch nicht als ausgeschlossen, wie das die Beschwerdeführerin betont, dass der Grundeigentümer selber an der Wiederherstellung des früheren Zustandes ein Interesse hat, beispielsweise um das Grundstück später landwirtschaftlich wieder nutzen zu können, und dass die Beschwerdegegnerin insoweit auch ihm gegenüber verpflichtet sein mag, die abgebauten Flächen mit Aushubmaterial aufzufüllen, mit Humus zu bedecken und zu begrünen. Entscheidend ist indessen, dass die Beschwerdegegnerin ihre Verpflichtung zu dieser Wiederherstellung des früheren Zustandes nur erfüllen kann, wenn sie berechtigt ist, zu diesem Zweck das Grundstück zu betreten und darauf Aushubmaterial zu deponieren und alle weiteren Arbeiten auszuführen. Diese Rechte hat der Grundeigentümer der Beschwerdegegnerin im Dienstbarkeitsvertrag mit seinen Zusatzvereinbarungen eingeräumt (E. 4.2.2 hiervor). Da neben dem Dienstbarkeitsvertrag insbesondere auch die Zusatzvereinbarung von 1988 dem Grundbuchamt eingereicht und zu den Belegen genommen worden ist, kommt den darin der Beschwerdegegnerin eingeräumten Rechten dingliche Wirkung zu (vgl. Urteil 5C.269/2001 vom 6. März 2002 E. 4b, nicht publ. in: BGE 128 III 169 , BGE 128 III 265 E. 3a Abs. 3 S. 267; allgemein: STEINAUER, a.a.O., N. 2536 S. 102 f., mit Hinweisen). BGE 137 III 444 S. 453 . 4.3 Aus den dargelegten Gründen ist der Haupteinwand der Beschwerdeführerin unbegründet. Zur wirtschaftlichen Nutzung des Kiesvorkommens bzw. der Kiesabbaustätte auf dem belasteten Grundstück und damit zur Ausübung des im Grundbuch eingetragenen Kiesausbeutungsrechts gehören einerseits der Abbau von Sand, Kies und weiteren Materialien und andererseits die fortlaufende Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes verbunden mit der Renaturierung bzw. Rekultivierung. Die Beschwerdegegnerin ist aufgrund ihrer Dienstbarkeit deshalb insbesondere auch berechtigt, auf dem belasteten Grundstück Aushubmaterial zu deponieren und das belastete Grundstück mit Aushubmaterial zu befahren. Da die Dienstbarkeit der Beschwerdegegnerin zeitlich vor den allenfalls gleichgerichteten Dienstbarkeiten der Beschwerdeführerin im Grundbuch eingetragen wurde, gehen die Rechte der Beschwerdegegnerin nach dem Grundsatz der Alterspriorität den Rechten der Beschwerdeführerin vor (vgl. Art. 972 ZGB ; BGE 57 II 258 E. 2 S. 262; 131 III 345 E. 2.3.1 S. 352).
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Urteilskopf 124 V 19 4. Urteil vom 23. Februar 1998 i.S. R. gegen Ausgleichskasse des Kantons Solothurn und Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
Regeste Art. 84 Abs. 2, Art. 97 ff., Art. 128 f. OG; Art. 65 KVG : Verordnung über die Beiträge des Bundes zur Prämienverbilligung in der Krankenversicherung vom 12. April 1995. Das kantonale Recht, welches in Ausführung von Art. 65 KVG die Prämienverbilligung in der Krankenversicherung regelt, ist autonomes kantonales Recht. Gegen letztinstanzliche kantonale Gerichtsentscheide ist daher grundsätzlich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Eidg. Versicherungsgericht nicht zulässig.
Sachverhalt ab Seite 19 BGE 124 V 19 S. 19 A.- R. reichte am 14. August 1996 einen Antrag auf Prämienverbilligung in der Krankenversicherung für das Jahr 1996 ein. Mit Verfügung vom 20. Dezember 1996 sprach ihm die Ausgleichskasse des Kantons Solothurn für das Jahr 1996 eine Prämienverbilligung in Höhe von Fr. 120.-- zu. BGE 124 V 19 S. 20 B.- Auf Beschwerde hin verneinte das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn nach Androhung der reformatio in peius mit Entscheid vom 28. Februar 1997 einen Anspruch auf Prämienverbilligung und wies die Sache in Aufhebung der angefochtenen Kassenverfügung an die Ausgleichskasse zurück, damit diese die Frage der Rückforderung im Sinne der Erwägungen prüfe. C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt R. eine Prämienverbilligung in Höhe von Fr. 402.05. Die Ausgleichskasse des Kantons Solothurn schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet. D.- Das Eidg. Versicherungsgericht eröffnete am 25. Juni 1997 mit dem Schweizerischen Bundesgericht einen Meinungsaustausch über die Frage der Zuständigkeit. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 128 OG beurteilt das Eidg. Versicherungsgericht letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne von Art. 97, 98 lit. b-h und 98a OG auf dem Gebiet der Sozialversicherung. Hinsichtlich des Begriffs der mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbaren Verfügungen verweist Art. 97 OG auf Art. 5 VwVG . Nach Art. 5 Abs. 1 VwVG gelten als Verfügungen Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen (oder richtigerweise hätten stützen sollen; BGE 116 Ia 266 Erw. 2a) und zum Gegenstand haben: Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechten oder Pflichten, Feststellung des Bestehens, Nichtbestehens oder Umfanges von Rechten oder Pflichten, Abweisung von Begehren auf Begründung, Änderung, Aufhebung oder Feststellung von Rechten oder Pflichten, oder Nichteintreten auf solche Begehren ( BGE 122 V 193 Erw. 1, BGE 120 V 349 Erw. 2b, je mit Hinweisen). 2. a) Mit dem angefochtenen Entscheid hat das kantonale Gericht in Anwendung der regierungsrätlichen Verordnung über die provisorische Regelung der Prämienverbilligung in der Krankenversicherung 1995 und 1996 vom 19. Dezember 1995 einen Anspruch des Beschwerdeführers auf Prämienverbilligung für das Jahr 1996 verneint. Die regierungsrätliche Verordnung stützt sich ihrerseits auf Art. 65 KVG . Nach dessen Abs. 1 gewähren die Kantone den Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen Prämienverbilligungen. Diese sind so festzulegen, dass die BGE 124 V 19 S. 21 jährlichen Beiträge des Bundes und der Kantone nach Art. 66 KVG grundsätzlich voll ausbezahlt werden (Abs. 2). Die Voraussetzungen, unter denen Prämienverbilligungen ausbezahlt werden, sind jedoch im Bundesrecht nicht geregelt. Insbesondere hat der Bundesgesetzgeber darauf verzichtet, den Begriff der "Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen" zu konkretisieren (NEF, Die Prämienverbilligung in der Krankenversicherung, in: LAMal-KVG, Recueil de travaux en l'honneur de la Société suisse de droit des assurances, Lausanne 1997, S. 493; vgl. auch COULLERY/KOCHER, Der Rechtsbegriff der "bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnisse" nach Artikel 65 KVG, in: Soziale Sicherheit [CHSS] 1997 S. 24 ff.). Die Kantone geniessen damit eine erhebliche Freiheit in der Ausgestaltung der Prämienverbilligung, indem sie autonom festlegen können, was unter "bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen" zu verstehen ist ( BGE 122 I 346 f. Erw. 3f). Die kantonalen Vorschriften zur Prämienverbilligung stellen daher nicht unselbständiges kantonales Ausführungsrecht zu Bundesrecht, sondern autonomes kantonales Recht dar, dessen Verletzung nicht mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 97 ff. bzw. Art. 128 f. OG gerügt werden kann. Demzufolge ist grundsätzlich die staatsrechtliche Beschwerde gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide im Bereich der Prämienverbilligungen gegeben ( Art. 84 Abs. 2, Art. 86 Abs. 1 und Art. 87 OG ). Dem Gesagten entspricht auch die bisherige Praxis des Bundesgerichts (nicht veröffentlichtes Urteil N. vom 26. Mai 1997) im Zusammenhang mit Prämienverbilligungen im Rahmen von Art. 4 des Bundesbeschlusses vom 13. Dezember 1991 über befristete Massnahmen gegen die Entsolidarisierung in der Krankenversicherung (AS 1991 2607, ausführlicher in der Fassung vom 7. Oktober 1994, AS 1995 515). Lediglich dort, wo sich die Prämienverbilligung auf die Verordnung über die Beiträge des Bundes zur Prämienverbilligung in der Krankenversicherung vom 12. April 1995 (SR 832.112.4) stützt oder richtigerweise hätte stützen sollen, wie etwa auf Art. 10 über die Zuständigkeit eines Kantons, beruht der vorinstanzliche Entscheid auf einer bundesrechtlichen Grundlage und kann mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Eidg. Versicherungsgericht angefochten werden. Diese Auffassung teilt auch die II. öffentlichrechtliche Abteilung des Bundesgerichts im Rahmen des durchgeführten Meinungsaustausches. b) Nichts anderes ergibt sich aus den Rechtspflegebestimmungen der Art. 85 bis 91 KVG, welche sich nicht auf die Prämienverbilligung nach Art. 65 KVG BGE 124 V 19 S. 22 beziehen. Es handelt sich bei letzterer Bestimmung vielmehr um einen Regelungsbereich, hinsichtlich dessen die im Falle von Streitigkeiten erforderlichen Rechtswege nicht durch das KVG selber umschrieben sind (SPIRA, Le contentieux en matière d'assurance-maladie selon le nouveau droit, in: Revue jurassienne de jurisprudence [RJJ] 1996 S. 197 f.). Auf die Prämienverbilligungsstreitigkeiten sind daher die spezialgesetzlichen Verfahrensnormen nach KVG nicht anwendbar. Die Frage der sachlichen Zuständigkeit beurteilt sich mithin allein nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesverwaltungsrechtspflege. c) Nach dem Gesagten ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde mangels bundesrechtlicher Verfügungsgrundlage nicht einzutreten. Hingegen kommt die Behandlung der Eingabe vom 18. März 1997 als staatsrechtliche Beschwerde in Betracht, weshalb sie dem Bundesgericht überwiesen wird ( Art. 96 Abs. 1 OG ). 3. (Gerichtskosten)
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106a836d-1f96-4b11-9959-1aa8862bc921
Urteilskopf 91 III 1 1. Entscheid vom 4. März 1965 i.S. Bank Henry Ansbacher & Co.
Regeste Verfrühter oder hinfällig gewordener Rechtsvorschlag? Art. 74 SchKG . Beschwerde des Gläubigers wegen ungerechtfertigter Berücksichtigung des Rechtsvorschlages; Frist. (Erw. 1). Unter welchen Voraussetzungen ist ein vor der förmlichen Zustellung des Zahlungsbefehls erhobener Rechtsvorschlag zulässig? (Erw. 2). Ein gültiger Rechtsvorschlag bleibt wirksam, wenn sich die Zustellung des Zahlungsbefehls nachträglich als fehlerhaft erweist und es deshalb zu einem neuen Zustellungsakte kommt. (Erw. 3). Eine Fristverlängerung nach Art. 66 Abs. 5 SchKG kann auch stillschweigend gewährt werden. (Erw. 4). Wirkung der Betreibungsferien (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 2 BGE 91 III 1 S. 2 A.- Für Forderungen von Fr. 1'659,049.50 und Fr. 2'277.60, je nebst Zins, gegen die in Mülheim an der Ruhr domizilierte Schuldnerin erwirkte die Rekurrentin am 13. März 1964 in Zug einen Arrestbefehl und hob hierauf Betreibung an. Das Betreibungsamt Zug stellte am 23. März den Zahlungsbefehl Nr. 3540 aus und liess ihn samt der Arresturkunde am 30. März zur Zustellung in das Ausland durch die Gerichtskanzlei Zug versenden. Am 26. Mai, als das Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls noch nicht zurückgekommen war, erhob der Zuger Anwalt der Schuldnerin Rechtsvorschlag mit Hinweis auf die Betreibungsnummer, und am 5. Juni reichte die Schuldnerin eine Arrestaufhebungsklage ein. B.- Im August 1964 forschte das Betreibungsamt dem immer noch nicht eingelangten Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls nach, jedoch ohne Erfolg. Daher erstellte es ein neues Exemplar und übermittelte es dem Anwalt der Gläubigerin am 7. September mit dem Vermerk, der Zahlungsbefehl sei am 3. Juni durch das Amtsgericht Mülheim an der Ruhr an die Schuldnerin zugestellt worden. (Im Arrestaufhebungsprozess war der 3. Juni als Tag der Zustellung der Arresturkunde angegeben worden; daher nahm das Betreibungsamt an, dies sei auch das Datum der Zustellung des Zahlungsbefehls.) In der Rubrik "Rechtsvorschlag" brachte es den Vermerk an: "Schuldner erhebt Rechtsvorschlag ohne nähere Begründung durch Herrn Rechtsanwalt Dr. E. Keusch, Zug". C.- Am 30. September 1964 traf dann das Gläubigerdoppel des seinerzeit nach Mülheim versandten Zahlungsbefehls auf dem Betreibungsamt Zug ein. Beigefügt war eine Zustellungsbescheinigung des Inhaltes, die Zustellung sei am 24. September erfolgt, und zwar durch Zurücklassen der zuzustellenden Schriftstücke im Geschäftslokal der Schuldnerin, "weil die Annahme ohne gesetzlichen Grund verweigert wurde". Dieses Original-Gläubigerdoppel samt Zustellungszeugnis BGE 91 III 1 S. 3 übermittelte das Betreibungsamt anfangs Oktober ebenfalls dem Anwalt der Gläubigerin. Hiebei war die Rubrik "Rechtsvorschlag" leer gelassen. Es ging denn auch kein neuer Rechtsvorschlag ein. D.- Am 18. November 1964 stellte die Gläubigerin das Fortsetzungsbegehren, mit der Bemerkung: "Auf die erst am 24. September 1964 richtig erfolgte Zustellung des Zahlungsbefehls ist innert der gesetzlichen Frist von 10 Tagen kein Rechtsvorschlag erhoben worden". Das Betreibungsamt wies dieses Begehren zurück, indem es erklärte: "Der Rechtsvorschlag ist rechtsgültig - auf keinen Fall verspätet - erfolgt, so dass die Betreibung vor dessen Beseitigung nicht fortgesetzt werden kann".Auf Anfrage teilte es dem Anwalt der Gläubigerin am 20. November auch das Datum des Rechtsvorschlages, 26. Mai 1964, mit. E.- Am 27. November 1964 führte die Gläubigerin Beschwerde mit dem Antrag, das Betreibungsamt sei anzuweisen, ihrem Fortsetzungsbegehren Folge zu geben und die arrestierten Forderungen zu pfänden. Sie nahm den Standpunkt ein, der am 24. September zugestellte Zahlungsbefehl sei unbestritten geblieben und daher vollstreckbar geworden. Die Rechtsvorschlagserklärung vom 26. Mai 1964 sei nicht zu berücksichtigen, weil der Rechtsvorschlag nicht zum voraus, vor der Zustellung des Zahlungsbefehls, erklärt werden dürfe. Darauf erwiderte die Schuldnerin, der in Mülheim mit der Zustellung beauftragte Beamte habe schon am 20. Mai 1964 bei ihr vorgesprochen und "den zuständigen Organen" den Zahlungsbefehl zur Kenntnisnahme vorgelegt. So sei ihr dessen Inhalt genau bekannt geworden und sie habe deshalb Rechtsvorschlag erhoben. Dies, obwohl sie die Annahme der Urkunde verweigert habe, worauf das Amtsgericht Mülheim sie ihr am 3. Juni 1964 durch die Post und schliesslich am 24. September 1964 nochmals in aller Form habe zustellen lassen. Die Beschwerde der Gläubigerin erscheine übrigens als verspätet, weil sie schon am 7. September 1964 vom Rechtsvorschlag Kenntnis erhalten habe, ohne hierauf etwas vorzukehren. F.- Mit Entscheid vom 11. Januar 1965 hat die kantonale Aufsichtsbehörde die Beschwerde der Gläubigerin abgewiesen. G.- Gegen diesen Entscheid richtet sich der vorliegende Rekurs der Gläubigerin, die am Begehren der Beschwerde festhält. BGE 91 III 1 S. 4 Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Laut Art. 76 SchKG ist der Inhalt des Rechtsvorschlages dem Betreibenden auf der für ihn bestimmten Ausfertigung des Zahlungsbefehls mitzuteilen, gleichviel ob das Betreibungsamt den Rechtsvorschlag als gültig anerkennt oder nicht (vgl. JAEGER, N. 1 zu Art. 76). Hält das Amt den Rechtsvorschlag für ungültig, so hat es jedoch zugleich mit der Mitteilung seines Inhaltes an den Betreibenden zu erklären, dass es die Betreibung nicht als dadurch gehemmt betrachte (vgl. JAEGER, N. 4 zu Art. 74 und N. 5 zu Art. 76; FRITZSCHE SchK I 110 oben). Die Frist zur Beschwerdeführung betreffend die von den Aufsichtsbehörden zu beurteilende Gültigkeit des Rechtsvorschlages läuft von dem Tage an, an dem die Beteiligten Kenntnis erhalten, dass das Betreibungsamt den Rechtsvorschlag als gültig oder als ungültig befunden hat (JAEGER, N. 4 zu Art. 74). Im vorliegenden Fall erhebt sich daher in der Tat die von der Schuldnerin aufgeworfene Frage, ob es der Gläubigerin zugestanden habe, die Ungültigkeit des Rechtsvorschlages erst gegen Ende November gegenüber der Ablehnung ihres Fortsetzungsbegehrens geltend zu machen, obwohl ihr der Rechtsvorschlag schon am 7. September mitgeteilt worden war. Nun hatte aber diese Mitteilung, wonach der Zahlungsbefehl am 3. Juni in Mülheim zugestellt worden war, keine Veranlassung geboten, an der Gültigkeit des ohne Angabe eines Datums vermerkten Rechtsvorschlages zu zweifeln. Der Gläubigerin kann es in dieser Hinsicht nicht schaden, dass sie sich nicht näher auf dem Betreibungsamt erkundigt hat, wobei ihr allenfalls irgendwelche wirkliche oder vermeintliche Verfahrensmängel bekannt geworden wären. Auffallen musste ihr freilich die anfangs Oktober erfolgte neue Übermittlung eines Zahlungsbefehldoppels nebst einer amtlichen Bescheinigung über die erst am 24. September vorgenommene (förmliche) Zustellung des Zahlungsbefehls. Allein, da in diesem Zahlungsbefehldoppel kein Rechtsvorschlag vermerkt war, blieb offen, ob das Betreibungsamt den früher erhobenen Rechtsvorschlag noch gelten liess oder nicht. Im übrigen blieb abzuwarten, ob gegenüber der "förmlichen" Zustellung vom 24. September etwa nochmals Rechtsvorschlag erhoben werde. Unter diesen Umständen versäumte die Gläubigerin nichts, wenn sie ihrer Auffassung, BGE 91 III 1 S. 5 es hätte eines neuen Rechtsvorschlages bedurft, durch Stellung des Fortsetzungsbegehrens Ausdruck gab und erst nach Ablehnung dieses Begehrens Beschwerde erhob. 2. Die Beschwerde stützt sich auf Art. 74 SchKG , wonach der Rechtsvorschlag innerhalb zehn Tagen nach der Zustellung des Zahlungsbefehls zu erklären ist. Somit sei ein vor dieser Zustellung, zum voraus, auf Vorrat, erklärter Rechtsvorschlag unzulässig, also ungültig. Dem ist grundsätzlich beizustimmen. Der Rechtsvorschlag bedeutet einen Widerspruch des Betriebenen gegenüber dem Zahlungsbefehl. Er ist deshalb an die von der Zustellung des Zahlungsbefehls an laufende gesetzliche Frist gebunden und setzt normalerweise voraus, dass diese Zustellung erfolgt ist (BLUMENSTEIN, Handbuch S. 246/47 mit Hinweis aufBGE 26 I 373Erw. 2 [= Sep. Ausg. 3 S. 185]). Indessen ist ein Rechtsvorschlag nicht auf Vorrat erhoben worden, wenn er sich auf eine bestimmte Betreibung bezieht, die bereits eingeleitet und vom Betreibungsamt durch Ausstellung eines Zahlungsbefehls mit einer bestimmten Betreibungsnummer anhand genommen wurde. Erhebt der Schuldner Rechtsvorschlag gegenüber einer solchen ihm genau zur Kenntnis gelangten Betreibung, sei es auch, bevor es zu der vom Amte beabsichtigten oder schon ins Werk gesetzten Zustellung des Zahlungsbefehls kam, so ist der Rechtsvorschlag weder "auf Vorrat" (im Hinblick auf eine allenfalls noch unbestimmte Anzahl künftiger Betreibungen), noch auch nur in einem zu verpönenden Sinne "zum voraus" (vor dem Bestehen eines zur Zustellung bestimmten Zahlungsbefehls) erklärt worden. Dieses Vorgehen der Schuldnerin ist weder rechtsmissbräuchlich, noch stört es den Gang der Betreibung. Das Betreibungsamt kann von einem solchen Rechtsvorschlag Vormerk nehmen und ihn zu gegebener Zeit dem Gläubiger mitteilen. Gegen die hier vorliegende Rechtsvorschlagserklärung vom 26. Mai 1964 ist umso weniger etwas einzuwenden, als der betreffende Zahlungsbefehl bereits zur Zustellung versandt worden und es auch bereits zum Versuch einer Zustellung am Domizil der Schuldnerin gekommen war, und zwar nach ihrer eigenen Angabe am 20. Mai. Da ein an der Annahmeverweigerung des Adressaten gescheiterter Zustellungsversuch unter Umständen die Fiktion einer effektiv vollzogenen Zustellung rechtfertigt (vgl. BGE 90 III 8 ), hatte die Schuldnerin ein rechtsschutzwürdiges Interesse, binnen gesetzlicher Frist seit BGE 91 III 1 S. 6 jenem Zustellungsversuche Recht vorzuschlagen, um im Falle der Zustellungsfiktion die Frist nicht zu versäumen. 3. Eine Frage für sich ist, ob der Rechtsvorschlag vom 26. Mai 1964 nachträglich unwirksam geworden sei, als sich ergab, dass laut Bescheinigung des Amtsgerichts Mülheim an der Ruhr eine förmliche Zustellung des Zahlungsbefehls erst am 24. September 1964 erfolgt war. Der Vorinstanz ist jedoch darin beizustimmen, dass es bei der Rechtswirksamkeit des früher erklärten Rechtsvorschlages zu bleiben hat. Es ist bereits entschieden worden, dass, wenn die Zustellung eines Zahlungsbefehls ungültig und daher nochmals vorzunehmen war, ein auf die erste Zustellung hin erklärter Rechtsvorschlag beachtlich bleibt ( BGE 78 III 155 ff.). Dementsprechend brauchte auch im vorliegenden Falle - gesetzt auch, vor dem 24. September 1964 sei keine gültige oder als gültig zu fingierende Zustellung erfolgt - die im Mai abgegebene Rechtsvorschlagserklärung nicht wiederholt zu werden. 4. Obwohl die Gläubigerin den Rechtsvorschlag als verfrüht beanstandet hatte, wirft die Vorinstanz auch noch die Frage auf, ob er nicht vielleicht verspätet war. Denn es sei nicht ausgeschlossen, dass ein - rechtswirksamer - Zustellungsversuch schon vor dem von der Schuldnerin angegebenen Tage des 20. Mai 1964 erfolgt sei. Nun gebühre ihr aber wegen ihres ausländischen Domizils eine Verlängerung der Rechtsvorschlagsfrist um etwa zehn Tage, also auf 20 Tage, und diese verlängerte Frist habe sie sicher eingehalten, da der Zahlungsbefehl erst am 30. April in Zug zur Zustellung auf dem Weg der Rechtshilfe abgesandt worden sei. Es erweckt Bedenken, dass die Vorinstanz von sich aus der Schuldnerin eine Fristverlängerung gewähren zu dürfen glaubt. Nach Art. 66 Abs. 5 SchKG ist die Gewährung dieser Rechtswohltat Sache des Betreibungsamtes. Allerdings kann auch die Aufsichtsbehörde in den Fall kommen, auf Beschwerde eines Beteiligten über die Anwendung der erwähnten Gesetzesnorm zu befinden, namentlich wenn der Schuldner die Validierung einer verspäteten Handlung anbegehrt (vgl. JAEGER, N. 21 zu Art 66 SchKG ; BGE 43 III 12 , BGE 73 III 29 /30). Im vorliegenden Falle hatte indessen das Betreibungsamt durch die Entgegennahme des Rechtsvorschlages vom 26. Mai 1964 bereits stillschweigend eine dessen Rechtzeitigkeit begründende Fristverlängerung gewährt für den Fall, dass eine rechtswirksame BGE 91 III 1 S. 7 Zustellung des Zahlungsbefehls (entgegen der unverdächtigen, wenn auch auf kein Beleg gestützten Angabe der Schuldnerin) mehr als zehn Tage zuvor erfolgt sein sollte (vgl. BGE 47 III 195 ff.). Diese Fristverlängerung liegt entgegen der Ansicht der Rekurrentin durchaus im Sinne des Art. 66 Abs. 5 SchKG . Denn diese Norm hat gerade die dem Schuldner obliegenden, an gesetzliche Fristen gebundenen Handlungen im Auge. Dem im Auslande wohnenden Schuldner ist vorweg für den Rechtsvorschlag, aber auch für andere Handlungen wie etwa die Beschwerdeführung, eine den Umständen entsprechende Verlängerung der gesetzlichen Fristen zuzubilligen. In diesem Sinne wurde z.B. in dem von der Vorinstanz angeführten, von der Rekurrentin ebenfalls besprochenen Fall ent schieden ( BGE 73 III 154 unten: "Mindestens eine ebenso lange Frist musste für den Rechtsvorschlag gewährt werden"; vgl. fernerBGE 50 III 81, BGE 52 III 14 , BGE 70 III 77 ; JAEGER, N. 19 zu Art. 66 SchKG ; FRITZSCHE SchK I 95/96). Übrigens liessen schon die vom 10. bis 24. Mai 1964 laufenden Pfingst-Betreibungsferien den Rechtsvorschlag als auf alle Fälle rechtzeitig erscheinen. Denn eine während der Ferien erfolgte Zustellung entfaltete ihre Wirkungen erst am ersten Tage nach Ablauf der Ferien, so dass sich die Frist für den Rechtsvorschlag bis zum 4. Juni erstreckte ( BGE 82 III 52 Erw. 1). Sollte aber eine Zustellung schon zwischen dem 1. und dem 9. Mai erfolgt sein, so lief jene Frist immerhin bis zum 27. Mai ( Art. 63 SchKG ). Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
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Urteilskopf 115 II 283 50. Arrêt de la Ire Cour civile du 20 septembre 1989 dans la cause dame O. contre compagnie d'assurances X. (recours en réforme)
Regeste Haftpflicht des Motorfahrzeughalters. Selbstverschulden des Geschädigten. - Anwendung des Vertrauensprinzips ( Art. 26 Abs. 2 SVG ) auf das Fahrverhalten vor einem Fussgängerstreifen ( Art. 33 Abs. 2 SVG ). Die dem Fahrzeugführer zustehende Reaktionszeit richtet sich nach den Umständen (E. 1). - Den Fussgänger, der überraschend und ohne Kontrollblick nach links die Fahrbahn betritt, obwohl er mit den Örtlichkeiten und den Verkehrsverhältnissen vertraut ist, trifft ein grobes Verschulden im Sinne von Art. 59 Abs. 1 SVG , auch wenn er einen Fussgängerstreifen benützt (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 283 BGE 115 II 283 S. 283 A.- Le 12 mai 1982 vers 18 h 15, S. circulait au volant de sa voiture sur la route cantonale de Collombey en direction de Monthey lorsqu'il heurta dame O., qui traversait la chaussée sur un passage pour piétons à hauteur d'un centre commercial. S. BGE 115 II 283 S. 284 s'arrêta entre 20 et 23 m après la collision. La route, rectiligne sur 1500 m, était sèche; la vitesse y était limitée à 70 km/h. Il faisait beau. Le trafic était dense. Dame O., grièvement blessée, fut hospitalisée 5 mois. Son taux d'invalidité globale fut évalué à 80%. Les enquêtes et expertises ont établi que, au moment du choc, dame O. avait parcouru 2-2,5 m depuis le bord de la chaussée et qu'elle s'était élancée en courant, sans regarder sur sa gauche, alors que la voiture de S., qui circulait normalement à droite de la chaussée à une vitesse comprise entre 50 et 55 km/h, se trouvait à une distance comprise entre 13,9 et 21,2 m du point de choc; S. n'avait pas freiné avant la collision, qui intervint 1-1,38 s plus tard. B.- Dame O. ouvrit action contre la compagnie d'assurances X., assureur de la responsabilité civile du détenteur S. Ses dernières conclusions demandent 114'621 francs en raison du préjudice déjà subi comme ménagère, 80'000 francs pour tort moral et, principalement, 507'600 francs à titre de rente capitalisée ou, subsidiairement, une rente mensuelle de 3'000 francs dès le 22 janvier 1988. La défenderesse conclut à libération. Par jugement des 22 janvier et 30 août 1988, le Tribunal cantonal du Valais rejeta la demande. C.- Dame O. recourt en réforme contre ce jugement, dont elle demande l'annulation. Elle conclut au paiement par la défenderesse de 142'434 francs et d'une rente mensuelle de 2'000 francs dès le 22 janvier 1988 ou, à défaut, de sa valeur capitalisée, soit 338'533 francs. La défenderesse conclut au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. La demanderesse reproche à la cour cantonale d'avoir violé l' art. 59 al. 1 LCR en retenant que le détenteur n'avait pas commis de faute et que l'accident avait été causé par la faute grave du lésé. Pour elle, dès lors que la faute du détenteur est présumée, il faut choisir, parmi les variantes envisagées par la cour cantonale et que celle-ci n'a pas écartées, celles qui sont le plus favorables au lésé. Cette présomption en faveur du lésé amènerait à retenir qu'au moment où la demanderesse s'élança sur la chaussée, l'automobile de S. se trouvait à 21,2 m et qu'il s'écoula 1,38 s avant le choc sans que le conducteur eût la moindre réaction. En estimant que, même dans cette hypothèse, S. n'avait aucune possibilité d'arrêter son BGE 115 II 283 S. 285 véhicule avant la collision, la cour cantonale aurait violé le droit fédéral, car l'existence d'une faute ne dépendrait pas de la possibilité d'arrêter complètement son véhicule en présence du comportement irrégulier d'un piéton: la loi exigerait du conducteur, si l'accident ne peut être évité, qu'il se comporte de façon à réduire sa gravité et ses conséquences dommageables. a) Le conducteur, tenu de faciliter aux piétons la traversée de la chaussée, circulera avec une prudence particulière avant les passages de sécurité et, au besoin, s'arrêtera pour laisser la priorité aux piétons qui s'y engagent ( art. 33 al. 1 et 2 LCR ). Mais, en vertu du principe de la confiance, le conducteur n'a pas à escompter, de façon générale, un comportement incorrect ou inattendu du piéton; conformément à l' art. 26 al. 2 LCR , il ne devra faire preuve de prudence particulière qu'en présence d'indices concrets d'un tel comportement ( ATF 112 IV 87 consid. 2, ATF 97 IV 244 consid. 1). Même si le piéton bénéficie de la priorité, le conducteur peut compter que celui-ci ne l'exercera pas si son véhicule se trouve à une distance telle qu'il ne pourra pas s'arrêter ( ATF 98 IV 223 consid. 3, 4). Il n'aura pas à diminuer sa vitesse si le piéton qui se tient au bord de la route montre sans ambiguïté par son comportement qu'il ne revendique pas la priorité (SCHAFFHAUSER, Grundriss des schweizerischen Strassenverkehrsrechts, I, n. 497). Si le piéton commet une faute qui pourrait créer un risque d'accident, le conducteur devra alors faire tout son possible pour que le dommage ne se produise pas, que ce soit grâce au freinage, à une manoeuvre d'évitement ou à un avertissement ( ATF 96 IV 135 ). Si la collision est inévitable, il doit faire en sorte que le danger pour la vie et l'intégrité corporelle soit, sinon exclu, à tout le moins diminué (SCHAFFHAUSER, op.cit., n. 407). Il doit réagir immédiatement ( ATF 106 IV 394 consid. 1a). La jurisprudence admet un temps de réaction de 1 s mais elle l'abaisse à 0,6-0,7 s lorsque, en fonction des circonstances, le conducteur devait déjà se tenir prêt à freiner son véhicule ( ATF 93 IV 62 , ATF 92 IV 23 , ATF 91 IV 84 consid. 2). Selon la doctrine, un temps de 1 s serait plus conforme à la réalité dans la presque totalité des cas (BUSSY/RUSCONI, n. 4.6 ad art. 31 LCR ), s'il n'est encore manifestement trop court (OFTINGER/STARK, Schweiz. Haftpflichtrecht, II/2, p. 224 s. No 521; SCHAFFHAUSER, op.cit., n. 418). Comme l'indique le texte de l' art. 59 al. 1 LCR , le fardeau de la preuve des circonstances permettant d'exclure la responsabilité incombe au détenteur ( ATF 111 II 90 ). En revanche, l'appréciation BGE 115 II 283 S. 286 de la faute est une question de droit, que le Tribunal fédéral revoit librement ( ATF 113 II 328 consid. c). b) Il est établi que S. a aperçu la demanderesse avancer sur le trottoir, regarder à droite en direction de ses enfants qui jouaient, puis s'élancer en courant sur la chaussée sans porter son attention à gauche, alors que rien dans son comportement ne permettait de déduire qu'elle allait traverser. S. ne disposait donc d'aucun indice concret lui permettant de supputer un comportement incorrect du piéton. La demanderesse ne le conteste pas mais reproche à S. de n'avoir pas immédiatement actionné les freins de l'automobile lorsqu'elle surgit. La cour cantonale a considéré comme adéquat un temps de réaction de 0,7 s auquel elle a ajouté 0,1 s pour le temps de réaction mécanique; elle en déduit que S. disposait de 0,2 à 0,6 s pour actionner ses freins; dès lors, la réaction de celui-ci, tardive d'une fraction de seconde, ne pourrait être considérée comme une négligence. Le temps de réaction du conducteur comprend le temps pour agir sur la commande et la réaction du mécanisme (BUSSY/RUSCONI, loc.cit.); il commence avec la perception de l'événement dangereux et se termine par le début de l'effet mécanique du freinage (SCHAFFHAUSER, op.cit., n. 411 ss). La cour cantonale a retenu qu'entre le moment où l'intention de la demanderesse était reconnaissable pour S. et le choc, il s'écoula entre 1 s et 1,38 s; elle a de même retenu que S. ne ralentit qu'"après" la collision. Dès lors, le laps de temps qu'elle qualifie de réaction tardive est celui pendant lequel un conducteur réagissant en 0,8 s eût déjà freiné son automobile. S. a donc réagi non pas en 0,8 s mais entre 1 et 1,38 s au moins après l'irruption de la demanderesse sur la chaussée. Encore faut-il que, compte tenu des circonstances, S. fît preuve d'une inattention fautive. La jurisprudence, statuant sur le temps de réaction d'un automobiliste avisant des piétons qui s'apprêtaient à emprunter un passage de sécurité, a fixé un temps de réaction adéquat à 0,6-0,7 s ( ATF 91 IV 84 consid. 2). S. s'est trouvé dans une situation différente; il n'avait pas à compter avec la traversée, inopinée, de la demanderesse. La configuration des lieux et la seule présence de la demanderesse au bord de la chaussée n'exigeaient pas de lui une attention accrue. Dès lors, sa réaction, tardive de 0,2 à 0,6 s si l'on admet le temps de réaction exigé par la cour cantonale, se tient dans les limites posées par la jurisprudence, qui a jugé qu'une demi-seconde d'inattention n'emportait pas qualification de négligence ( ATF 92 IV 23 , 89 IV BGE 115 II 283 S. 287 105). Le retard devient même insignifiant si l'on considère que les circonstances n'appelaient pas nécessairement une réaction aussi prompte que celle qu'a posée, abstraitement, la cour cantonale (mêmes arrêts). 2. La demanderesse, qui admet avoir commis une faute, estime que celle-ci doit être relativisée compte tenu de l'attention qu'elle portait à la surveillance, au point d'en oublier sa propre sécurité, de ses enfants jouant au bord de la chaussée. Elle affirme que la jurisprudence est en général "pleine de mansuétude" pour la faute des piétons. En conséquence, sa responsabilité ne saurait exclure celle du détenteur mais tout au plus entraîner une réduction des dommages-intérêts en application de l' art. 59 al. 2 LCR . a) Le piéton désirant traverser la chaussée ne doit pas s'élancer à l'improviste ( art. 49 al. 2 LCR ); il ne jouit de la priorité que si le véhicule peut s'arrêter à temps ( art. 47 al. 3 OCR ). Il doit donc manifester à temps son intention (SCHAFFHAUSER, op.cit., n. 776). Les devoirs du piéton et du conducteur sont en corrélation: si le piéton ne doit pas se lancer à l'improviste ni user de son droit de priorité lorsque le véhicule ne peut s'arrêter à temps, il faut inversement admettre qu'en pareille circonstance le conducteur n'a pas à accorder la priorité au piéton ni à compter qu'il s'engagera sur le passage en annonçant son intention seulement lorsque le véhicule se trouve immédiatement avant le passage ( ATF 91 IV 81 /82). Constitue une faute grave la violation de règles élémentaires qui devraient s'imposer à toute personne prudente dans la même situation; le juge prend en considération les circonstances objectives de l'acte et les conditions subjectives propres à son auteur ( ATF 111 II 90 ). Commet une faute grave le piéton qui s'élance imprudemment et de façon imprévisible sur la chaussée ( ATF 91 II 115 , ATF 85 II 518 ). Commet également une faute grave, atténuée cependant par l'âge, l'enfant de 9 ans qui traverse une route à grande circulation, située en dehors d'une localité, sans s'assurer ou sans s'assurer suffisamment que la voie est libre ( ATF 111 II 91 , 93). b) Il ressort des faits que la route de Collombey supportait ce jour-là un grand trafic et que la demanderesse, qui habitait depuis près de deux ans à proximité immédiate et connaissait parfaitement les lieux et les conditions de circulation, s'est brusquement élancée sur la chaussée sans un regard sur sa gauche. La demanderesse s'est élancée à l'improviste au sens de la loi. BGE 115 II 283 S. 288 Compte tenu des circonstances, ce comportement, qui est le fait d'un adulte, constitue une violation de règles élémentaires de prudence, c'est-à-dire une faute grave. Certes, la demanderesse allègue qu'elle était en train de surveiller ses enfants, situés à sa droite; mais il ressort du jugement attaqué que ceux-ci n'étaient pas au bord de la chaussée - ils jouaient sur une place près d'un bâtiment "à quelques dizaines de mètres" du passage - et que la demanderesse, qui venait d'envoyer sa fille aînée auprès d'eux, était en réalité pressée de gagner le centre commercial tout proche pour y acheter un journal avant l'heure de fermeture. Ces faits lient le Tribunal fédéral ( art. 63 al. 2 OJ ) et ne sauraient être critiqués par la demanderesse ( art. 55 al. 1 let . c OJ). 3. Il résulte de ce qui précède que la défenderesse, qui répond pour le détenteur du véhicule ( art. 65 al. 1 LCR ), a rapporté la double preuve exigée par l' art. 59 al. 1 LCR . L'action a donc été rejetée à juste titre par la cour cantonale.
public_law
nan
fr
1,989
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
1071a277-0f93-40c3-b4b0-4312a3d48029
Urteilskopf 116 IV 182 36. Urteil des Kassationshofes vom 30. November 1990 i.S. A. und B. gegen öffentliches Amt des Kantons Wallis (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 18 Abs. 3, Art. 117 und Art. 237 Ziff. 2 StGB ; fahrlässige Tötung, fahrlässige Störung des öffentlichen Verkehrs; Lawinenunglück. Sorgfaltspflichten der bei Lawinengefahr für das Schliessen einer öffentlichen Strasse Verantwortlichen (Dienstchef einer kantonalen Abteilung für Strassenunterhalt und Strassenmeister). Nach Verweigerung der Mittel für das Einrichten eines Lawinenbeobachtungs- und Sicherungsdienstes beschränkt sich die Sorgfaltspflicht auf das Erstellen eines einfachen Sicherheitsdispositivs (Instruktion der Kantoniere und Erkundigungen bei fachkundigen Informanten).
Sachverhalt ab Seite 182 BGE 116 IV 182 S. 182 A.- Am Samstag, den 2. März 1985 gegen 09.00 Uhr, ging vom Täschwang auf der rechten Mattertalseite eine Lawine nieder, deren Anrissgebiet sich unterhalb der Sattelspitze auf etwa 3100 m ü.M. befand und in der Talsohle auf 1460 m ü.M. zum Stehen kam. Die Lawine verschüttete die zu jenem Zeitpunkt geöffnete Strasse Täsch-Zermatt und riss einen Taxikleinbus und einen Personenwagen mit sich. Dabei fanden alle elf Insassen den Tod. Die Strasse Täsch-Zermatt ist durch eine Reihe von Lawinenzügen gefährdet und weist keine Schutzbauten wie Tunnels oder Galerien auf, obwohl der Grosse Rat des Kantons Wallis im Jahre 1972 den Ausbau der Strasse mit Schutzbauten an den gefährdeten Stellen beschlossen hatte. Eine besondere Gefahrenstelle bildet der Täschwang kurz nach der Ausfahrt von Täsch, wo praktisch alle Jahre, in der Regel im Frühjahr, eine Lawine niedergeht. BGE 116 IV 182 S. 183 Am Unglückstag löste sich die Lawine spontan; Grund dafür waren rund 30 cm Neuschnee, der Triebschneeeintrag in die obersten sehr steilen Hänge des Täschwang und der ungünstige Schneedeckenaufbau. Die Strasse Täsch-Zermatt ist eine öffentliche Strasse mit Verkehrsbeschränkungen. Der Unterhalt und die Sicherung der Strasse obliegen dem Kanton, der diese Verpflichtungen an das Baudepartement und dieses seinerseits an die Abteilung für Strassenunterhalt abtrat. Die genannten Sonderbewilligungen erteilt das Justiz- und Polizeidepartement durch die Kantonspolizei. Die Halter der verunfallten Fahrzeuge besassen eine solche Bewilligung. B.- Das Kreisgericht Oberwallis I für den Bezirk Visp verurteilte A., Chef der Abteilung Strassenunterhalt des Kantons Wallis, und B., Strassenmeister im Bezirk Visp, wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Störung des öffentlichen Verkehrs zu einer zweimonatigen bedingten Gefängnisstrafe. Das Kantonsgericht Wallis wies die Berufungen der Verurteilten am 22. September 1988 ab und bestätigte den erstinstanzlichen Entscheid. C.- A. und B. führen Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Da sich die beiden Nichtigkeitsbeschwerden gegen den gleichen Entscheid richten, denselben Streitgegenstand betreffen und auch dieselben Rechtsfragen aufwerfen, können sie in einem Entscheid behandelt werden. 2. Die Vorinstanz begründete den Schuldspruch der Beschwerdeführer im wesentlichen wie folgt: a) A. sei den ihm als Dienstchef der Abteilung für Strassenunterhalt obliegenden Verkehrssicherungspflichten nicht nachgekommen, weil er die Verantwortung für die Öffnung oder Schliessung der Strasse Täsch-Zermatt an den Strassenmeister abgetreten habe, ohne die sich aufgrund dieser Delegation aufdrängenden Weisungen zu erteilen und ohne die angesichts der ihm bekannten Lawinengefahren auf der genannten Strecke nötigen Anordnungen zu treffen, damit die Erstellung und Durchführung eines einfachen, aber wirksamen Sicherheitsdispositivs gewährleistet sei. Ferner treffe ihn der Vorwurf, dass er entgegen der in seinem BGE 116 IV 182 S. 184 Pflichtenheft vorgesehenen Aufgabe die für den fraglichen Strassenabschnitt unerlässliche Ausbildung der Kantoniere vollständig vernachlässigt habe, obschon er gewusst habe, dass der Strassenmeister den Entscheid über eine allfällige Sperrung der Strasse praktisch dem Ermessen der Kantoniere überliess. Dieses Verhalten habe den Sorgfaltspflichten eines für die Strassensicherung verantwortlichen Dienstchefs widersprochen und zu einer für A. aufgrund seiner beruflichen Stellung, Ausbildung und Erfahrung voraussehbaren Gefährdung der Strassenbenützer geführt. b) Dem Strassenmeister B. seien neben einer gewissen Mitschuld am Fehlen jeglichen tauglichen Sicherheitsdispositivs vor allem vorzuwerfen, dass er die Einschätzung der Lawinengefahr und den Entscheid über eine Sperrung der Strasse praktisch den in dieser Beziehung zu wenig ausgebildeten und erfahrenen Kantonieren überlassen habe, ohne diese genügend zu instruieren und zu überwachen. Zudem habe er dafür einzustehen, dass er die nach den Umständen dringend notwendigen Sicherheitsvorkehren wie Abhörung des Lawinenbulletins, Erkundigungen bei den Kantonieren und lawinenkundigen Einheimischen wie dem EISLF (Eidgenössisches Institut für Schnee und Lawinenforschung Weissfluhjoch-Davos)-Beobachter in Zermatt unterlassen habe. Aufgrund seiner beruflichen Kenntnisse hätte B. bei zumutbarer Aufmerksamkeit und Vorsicht die durch sein pflichtwidriges Verhalten heraufbeschworene Gefahr für Leib und Leben der Strassenbenützer voraussehen können. c) Diese pflichtwidrigen Unterlassungen der Beschwerdeführer hätten - trotz Voraussehbarkeit der damit verbundenen Gefahren - zum schweren Lawinenunfall vom 2. März 1985 und damit zum Tod von elf Personen geführt, wobei sowohl das Verhalten des Abteilungsleiters als auch jenes des Strassenmeisters ursächlich (im Sinne des natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhangs) zum tatbestandsmässigen Erfolg beigetragen hätten. Da die am Unglücksmorgen herrschende Lawinengefahr bei pflichtgemässem Verhalten der Verantwortlichen erkennbar gewesen wäre und die Strasse somit rechtzeitig hätte geschlossen werden können und müssen, wäre das tragische Ereignis vermeidbar gewesen. Der Tatbestand des Art. 117 StGB sei somit objektiv und subjektiv erfüllt. d) Zur Zeit des Lawinenunfalls habe auf der Strasse zwischen Täsch und Zermatt reger Verkehr geherrscht. Die Personen, die in der fraglichen Zeit auf dieser Strecke unterwegs gewesen seien, BGE 116 IV 182 S. 185 seien ernsthaft gefährdet gewesen, ebenfalls in die Lawine zu geraten und dadurch eine Verletzung oder sogar den Tod zu erleiden. Aus den Erwägungen zum Delikt der fahrlässigen Tötung ergebe sich, dass diese Gefährdung von Leib und Leben mehrerer Personen, die der Lawine glücklicherweise entronnen seien, durch das pflichtwidrige Verhalten der beiden Beschwerdeführer verursacht, und der Gefährdungserfolg durchaus voraussehbar gewesen sei. Damit sei auch der objektive und subjektive Tatbestand des Art. 237 Ziff. 2 StGB gegeben. 3. Die Beschwerdeführer bringen vor, sie hätten nicht fahrlässig gehandelt. Insbesondere bestreiten sie den Kausalzusammenhang zwischen den ihnen vorgeworfenen Sorgfaltspflichtverletzungen und dem Lawinenunglück; auch stellen sie in Abrede, dass die Lawinengefahr erkennbar gewesen sei und der Unfall hätte vorausgesehen werden können. Die gegenteiligen Annahmen der Vorinstanz seien bundesrechtswidrig. 4. Ist die Tat darauf zurückzuführen, dass der Täter die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit u.a. nicht bedacht hat, so begeht er das Verbrechen oder Vergehen fahrlässig ( Art. 18 Abs. 3 Satz 1 StGB ). Die Vorinstanz legt den Beschwerdeführern in diesem Sinne unbewusste Fahrlässigkeit zur Last, und zwar in der Form der Unterlassung. a) Beim unechten fahrlässigen Unterlassungsdelikt ist dem Täter ein Erfolg zuzurechnen, wenn dieser durch Anwendung der pflichtgemässen Vorsicht höchstwahrscheinlich vermieden worden wäre. Der sogenannte hypothetische Kausalzusammenhang setzt eine hohe Wahrscheinlichkeit voraus; mit anderen Worten ist er nur gegeben, wenn die erwartete Handlung nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der Erfolg höchstwahrscheinlich entfiele ( BGE 108 IV 7 f. und BGE 105 IV 19 f. je mit Hinweisen). Dass die rechtzeitige Sperrung der Strasse den Erfolg vermieden hätte, ist offensichtlich. Der kausale Zusammenhang zwischen der Unterlassung und dem tatbestandsmässigen Erfolg ist daher insoweit ohne weiteres gegeben. b) Vom Täter kann aber nur eine Handlung gefordert werden, die für ihn möglich ist. Dies ist nur der Fall, wenn die Gefahr des Erfolgseintritts und die Eingriffsmöglichkeit für den Täter erkennbar waren. Insoweit gilt der Massstab der adäquaten Kausalität (STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allgem. Teil I, S. 384 ff., insbes. N 37 und S. 420 N. 3). Weil hier nicht die Frage nach der natürlichen Verkettung, sondern eine Wertungsfrage BGE 116 IV 182 S. 186 (adäquate Kausalität) beantwortet werden muss, wird auch klar, dass es dabei um eine auf Nichtigkeitsbeschwerde hin überprüfbare Rechtsfrage geht ( BGE 110 IV 44 f. E. 3 mit Hinweis, vgl. dazu auch BGE 115 II 448 f. E. b). Kann den Beschwerdeführern auch in diesem Sinne zugerechnet werden, dass die Strasse nicht gesperrt wurde und deshalb Strassenbenützer in der niedergegangenen Lawine ums Leben kamen? 5. Als kausale - im vorstehend dargelegten Sinne - pflichtwidrige Unterlassung legte die Vorinstanz den Beschwerdeführern zur Last, bereits ein geringer Aufwand zur Feststellung der Lawinengefahr am Unglücksmorgen und auch ein sehr einfaches Sicherheitsdispositiv mit entsprechenden Informationslieferanten wie dem EISLF-Beobachter in Zermatt hätten die Lawinengefahr rechtzeitig erkennen lassen; eine Zusammenarbeit mit dem EISLF-Beobachter in Zermatt wäre angesichts der bekannten Lawinengefahren zwischen Täsch und Zermatt und des Umstandes, dass das Lawinenbulletin zuwenig auf die einzelnen Regionen abgestimmt sei, angezeigt gewesen. Dass ein eigentlicher Lawinenbeobachtungs- und Warndienst nicht eingerichtet war, wurde den Beschwerdeführern nicht vorgeworfen, weil sie die vorgesetzte Behörde über die Notwendigkeit einer solchen Einrichtung aufmerksam gemacht hatten. Der EISLF-Beobachter schätzte, wie im Gutachten des EISLF Weissfluhjoch-Davos festgehalten ist, am Morgen des 2. März 1985 um zirka 08.00 Uhr die Lawinengefahr in Zermatt wie folgt ein: "Grosse und steigende Schneebrettgefahr an Hängen aller Expositionen oberhalb rund 2000 m". Diese Beurteilung konnte er aufgrund einer Schneeprofilaufnahme im Felde und langjähriger Erfahrung abgeben. Der gerichtlich beigezogene Experte des EISLF hielt in seinem Gutachten dazu fest: "Aufgrund dieser Unterlagen ist nachträglich zu schliessen, dass im Mattertal am Samstagmorgen um 8.00 Uhr eine erhebliche örtliche Schneebrettgefahr oberhalb von 2000 m herrschte. Sie war besonders an windabgekehrten Hängen der Expositionen Nord und West vorhanden. Dies musste vor allem der Skifahrer im freien Gelände beobachten. Als Folge der anhaltenden Schneefälle war diese Schneebrettgefahr bis mittags im Steigen begriffen, womit sich auch grössere spontane Lawinen lösen konnten." Daraus folgt nun aber entgegen der Auffassung der Vorinstanz und wie der Beschwerdeführer B. zu Recht geltend macht nicht, dass die herrschende Lawinengefahr erkannt und die Strasse BGE 116 IV 182 S. 187 Täsch-Zermatt rechtzeitig geschlossen worden wäre, wenn der EISLF-Beobachter von Zermatt am Unglücksmorgen um 8.00 Uhr durch den Strassenmeister oder die Kantoniere über seine Beobachtungen und Messungen und seine Einschätzung der Lage befragt worden wäre. Selbst der beigezogene Experte schliesst daraus - und dies ausdrücklich bloss aus nachträglicher Betrachtungsweise - lediglich auf eine erhebliche örtliche Schneebrettgefahr. Eine Gefahr für grössere spontane Lawinen, die dann auch das in Frage stehende Strassenstück gefährdet hätten, war gemäss dem Experten erst als Folge der anhaltenden Schneefälle bis am Mittag zu erwarten. Selbst wenn die Beschwerdeführer ein einfaches Sicherheitsdispositiv erstellt gehabt hätten und B. seine Kantoniere instruiert hätte, sich beim EISLF-Beobachter zu erkundigen, oder dies selber getan hätte, wäre die Lawinengefahr daher nicht für den Vormittag des Unglückstages erkannt und die Strasse Täsch-Zermatt somit nicht bereits vor dem Lawinenniedergang um 9.00 Uhr gesperrt worden. Dass bei weiteren Erkundigungen im Rahmen des zumutbaren einfachen Sicherheitsdispositivs andere Stellen bedeutsame Informationen über die Lawinengefahr hätten liefern können, wird im angefochtenen Urteil nicht festgestellt. Das gleiche gilt in bezug auf lawinenkundige Einheimische, die hätten gefragt werden sollen; aus den Akten ergibt sich vielmehr, dass die als Zeugen einvernommenen Einheimischen übereinstimmend eine Lawinengefahr am Morgen des Unglückstags verneinten. Hätten die Beschwerdeführer somit ihren Sorgfaltspflichten genügt und hätten sie das, was ihnen zur Last gelegt wird, vorgekehrt, so wäre für sie eine Lawinengefahr, die zur Strassensperrung hätte führen müssen, doch nicht erkennbar gewesen, d.h. die zusätzlichen Informationen, die sie erhalten hätten, wären nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht geeignet gewesen, dies zu bewirken. 6. Dem Beschwerdeführer B. wird zusätzlich vorgeworfen, er hätte gemäss eigener Aussage die Strasse gesperrt, wenn er das Lawinenbulletin vom Vortag gekannt hätte und über den Schneefall im Mattertal orientiert gewesen wäre. Auch daraus darf jedoch, wie er in seiner Nichtigkeitsbeschwerde zu Recht einwendet, nicht gefolgert werden, wenn er am fraglichen Samstagmorgen das Lawinenbulletin abgehört und sich über den Schneefall im Mattertal erkundigt hätte, wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit die Lawinengefahr erkannt und die Strasse rechtzeitig gesperrt worden. BGE 116 IV 182 S. 188 a) Abgesehen davon, dass allein aufgrund eines Geständnisses des Angeklagten ein Schuldspruch nicht erfolgen dürfte, ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer vor dem erstinstanzlichen Gericht aussagte, das Lawinenbulletin hätte ihn nicht veranlasst, sich nach den Verhältnissen im Mattertal zu erkundigen, weil es keine Lawinengefahr signalisiert und er auch keine solche erwartet habe; wenn hingegen die Meldung seitens der Strassenwärter gekommen wäre, dass 12-15 cm schwerer Neuschnee gefallen sei "und es immer noch schneie", hätte er die Strasse ohnehin, d.h. auch ohne Abhören des Lawinenbulletins, sperren lassen. Die Vorinstanz stellte nicht fest, es habe am Morgen des Unfalltages weiter geschneit. Vielmehr ergibt sich aus der Formulierung bei der Fragestellung "bei Ende Schneefall", dass sie davon ausging, es sei am Morgen kein Schnee mehr gefallen. Deshalb war aber eine Bedingung, die der Beschwerdeführer für die Schliessung der Strasse stellte, nicht erfüllt, so dass sich aus seiner Aussage nicht ergibt, er hätte, wenn er die erwähnten Erkundigungen eingezogen gehabt hätte, die Strasse gesperrt. b) Der Vorinstanz ist beizupflichten, und dies wird vom Beschwerdeführer denn auch nicht in Abrede gestellt, dass er als Strassenmeister das Lawinenbulletin hätte abhören und dass er, wenn dieses oder andere Umstände dies erheischten, sich am fraglichen Samstagmorgen bei den zuständigen Strassenwärtern nach den Verhältnissen, insbesondere dem Schneefall hätte erkundigen müssen. Das letzte vor dem Unfall zugängliche Bulletin des 1. März 1985 meldete für das Wallis eine mässige, lokale Schneebrettgefahr. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers bezieht sich die Formulierung "ohne die südlichen Täler" nur auf Graubünden, dessen Südtäler zum Alpensüdhang gehören, während die südlichen Täler des Wallis noch zum Alpenhauptkamm gezählt werden, so dass nicht von der für den Alpensüdhang gemeldeten bloss geringen Lawinengefahr auszugehen ist. Dies bedeutete nach der erwähnten Interpretationshilfe des EISLF für Verkehrswege noch keine unmittelbare Gefahr. Aus dem darin enthaltenen Hinweis auf einen ungünstigen Schneedeckenaufbau musste der Beschwerdeführer, wenn das EISLF selbst daraus nur eine mässige Gefahr folgerte, nicht weitergehende Schlüsse ziehen, und aufgrund des Lawinenbulletins hatte der Beschwerdeführer daher eine Lawinengefahr nicht erkennen können. Selbst wenn er dieses pflichtgemäss zur Kenntnis genommen hätte, hätte er daher nach dem BGE 116 IV 182 S. 189 gewöhnlichen Lauf der Dinge keine Veranlassung für eine Strassensperrung gehabt. c) Ob der Beschwerdeführer nach der Auffassung der Vorinstanz in jedem Falle oder nur aufgrund des Lawinenbulletins bei den zuständigen Strassenwärtern hätte Erkundigungen über die Verhältnisse, insbesondere über den Schneefall, einziehen müssen, ist aus dem Urteil nicht klar ersichtlich, kann aber offenbleiben. Selbst wenn er davon Kenntnis gehabt hätte, dass im Mattertal 12-15 cm Neuschnee gefallen waren, es aber zu schneien aufgehört hatte, hätte er daraus nicht - jedenfalls nicht für den Morgen des Unfalltages - auf eine derart grosse Lawinengefahr schliessen müssen, die eine Sperrung der Strasse Täsch-Zermatt erfordert hätte. Wie bereits erwähnt, erkannte selbst der EISLF-Beobachter in Zermatt aufgrund seiner landjährigen Erfahrungen und der Informationen aus dem Schneeprofil für den Vormittag noch keine Lawinengefahr, die grössere spontane Lawinen hätte erwarten lassen. 7. Der Vollständigkeit halber ist anzuführen, dass die dem Beschwerdeführer A. angelastete mangelnde Ausbildung der Strassenwärter ebenfalls keine adäquat kausale pflichtwidrige Unterlassung darstellt. Inwieweit dies der Fall sein könnte, führt die Vorinstanz nicht aus und ist auch nicht ersichtlich. Mit einer solchen Ausbildung hätte wohl höchstens erreicht werden können, dass die Kantoniere ihre Aufgaben im Rahmen eines einfachen Sicherheitsdispositivs zuverlässig hätten erfüllen können. Dass ein solches aber nicht genügt hätte, wurde dargelegt. Ebenso ist zu wiederholen, dass die Beschwerdeführer für das Fehlen eines eigentlichen Lawinenbeobachtungs- und Warndienstes zu Recht nicht verantwortlich gemacht wurden (siehe E. 8). 8. Offenbleiben kann, ob die am Morgen des Unglückstags bestehende Lawinengefahr erkennbar gewesen wäre, wenn ein eigentlicher Lawinenbeobachtungs- und Sicherungsdienst bestanden hätte. Denn die Vorinstanz hat zu Recht angenommen, dass die Beschwerdeführer nicht zur Einrichtung eines solchen Dienstes verpflichtet waren. Ihre Pflicht beschränkte sich darauf, ihre vorgesetzte Behörde auf die Notwendigkeit eines solchen Dienstes aufmerksam zu machen. Dieser Pflicht sind sie nach den Feststellungen der Vorinstanz nachgekommen. Eine weitergehende Pflicht traf sie nicht. Vor allem waren sie nicht verpflichtet, die Strasse bei entsprechenden winterlichen Verhältnissen etwa generell zu BGE 116 IV 182 S. 190 sperren, nachdem der Grosse Rat beschlossen hatte, sie im Winter offenzuhalten. Da die Beschwerdeführer ihre vorgesetzte Behörde mit der Forderung nach einem Lawinenbeobachtungsdienst darauf aufmerksam gemacht hatten, dass ohne einen solchen Dienst die der Strasse drohende Lawinengefahr unter bestimmten Umständen nicht erkennbar ist, tragen nicht sie, sondern allenfalls diejenigen, die sich des Hinweises der Beschwerdeführer hätten annehmen müssen, die Verantwortung dafür, dass die Strasse wegen des Fehlens eines Lawinenbeobachtungsdienstes am Unglücksmorgen offen war. Nach dem Gesagten beschränkte sich die Pflicht der Beschwerdeführer auf alle anderen Vorkehrungen, die nach den vorinstanzlichen Feststellungen möglich gewesen wären, um den drohenden Lawinenniedergang rechtzeitig zu erkennen und die Strasse zu sperren. Da jedoch diese den Beschwerdeführern zur Verfügung stehenden Mittel nicht geeignet waren, die Lawinengefahr am Unglücksmorgen zu erkennen, verletzte die Vorinstanz Bundesrecht, wenn sie dennoch den eingetretenen Erfolg den Beschwerdeführern zugerechnet hat. Die Nichtigkeitsbeschwerden sind deshalb gutzuheissen.
null
nan
de
1,990
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CH
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10761a61-c872-4f8d-bb20-74d7fac64144
Urteilskopf 106 II 141 26. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 13. Mai 1980 i.S. Ruth Streuli gegen Zanovi AG und Lippuner (Berufung)
Regeste Simulationseinrede gegenüber Abtretungsgläubigern. Alle Einreden, die dem Vertragspartner gegenüber dem Gemeinschuldner zugestanden hätten, kann er auch den Abtretungsgläubigern entgegenhalten (E. 3c).
Sachverhalt ab Seite 141 BGE 106 II 141 S. 141 A.- Ernst Streuli betrieb in Schönenberg eine Schweinezucht. Mit öffentlich beurkundetem Gütertrennungsvertrag vom 8. Mai 1974 verkaufte er seiner Ehefrau Ruth Streuli-Isler den Bestand von 1524 Schweinen und vermietete er ihr die Stallungen. Der Kaufpreis wurde auf Fr. 360'000.-- festgesetzt. Davon waren Fr. 139'000.-- durch Verrechnung mit güterrechtlichen Ansprüchen der Ehefrau zu tilgen, während die restlichen Fr. 221'000.-- in monatlichen Raten zu Fr. 7'000.-- zu bezahlen waren. Der Mietzins für die Stallungen wurde mit Fr. 4'000.-- pro Monat vereinbart. Gemäss Vertrag begründeten die Eheleute Streuli eine beschränkte Gütertrennung "in bezug auf die bisher vom Ehemann geführte und nun weiter der Ehefrau gehörende Schweinemästerei". BGE 106 II 141 S. 142 Ruth Streuli leistete keine der monatlichen Kaufpreis- oder Mietzinsraten. Am 27. Juni 1975 wurde über Ernst Streuli der Konkurs eröffnet. Die Konkursmasse verzichtete darauf, Ansprüche gegen die Ehefrau aus dem Gütertrennungsvertrag geltend zu machen. Die Zanovit AG und Hans Lippuner, Futtermittellieferanten des Betriebs Streuli, liessen sich als Gläubiger die Ansprüche im Sinne von Art. 260 SchKG abtreten. B.- Im Mai 1977 klagten die Zanovit AG und Hans Lippuner gegen Ruth Streuli auf Zahlung von Fr. 413'600.-- nebst 5% Zins seit 17. März 1977. Gefordert wurde damit der gesamte Kaufpreis sowie der Mietzins vom 15. Mai 1974 bis 27. Juni 1975. Das Bezirksgericht Horgen sprach den Klägern Fr. 385'600.-- nebst Zins zu. Auf Appellation und Anschlussappellation hin schützte das Obergericht des Kantons Zürich die Klage am 28. Juni 1979 für Fr. 397'600.-- nebst 5% Zins seit 17. März 1977. C.- Die Beklagte hat gegen diesen Entscheid Berufung eingelegt mit dem Antrag, die Klage abzuweisen. Das Bundesgericht heisst die Berufung gut, hebt das Urteil des Obergerichts auf und weist die Klage ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Das angefochtene Urteil verpflichtet die Beklagte, den mit ihrem Ehemann geschlossenen, in die Form des Ehevertrags gekleideten Kauf- und Mietvertrag zu erfüllen und den Kaufpreis von Fr. 360'000.-- sowie Fr. 53'600.-- Mietzins zu bezahlen. An den Kaufpreis werden Fr. 16'000.-- als eingebrachtes Gut der Beklagten angerechnet, nicht aber die weitergehenden, im Vertrag zur Verrechnung gestellten Frauenguts- und Vorschlagsansprüche. Die Beklagte macht zur Hauptsache geltend, Kauf und Miete seien gar nie wirklich vollzogen worden. Ihr Ehemann habe vielmehr den Betrieb weiterhin geführt, den Schweinebestand verkauft und den Erlös zugunsten seiner eigenen Gläubiger, darunter der beiden Kläger, verwendet. Subsidiär vertritt die Beklagte den Standpunkt, durch die vertragliche Verrechnung mit güterrechtlichen Ansprüchen sei der Kaufpreis für Fr. 139'000.-- definitiv getilgt worden. 2. Die Kläger machen als Abtretungsgläubiger Ansprüche der Konkursmasse geltend, mithin Forderungen, welche ohne BGE 106 II 141 S. 143 die Konkurseröffnung dem Ehemann Streuli gegen seine Frau zugestanden hätten. Was die Kläger selbst im Vorfeld der Konkurseröffnung getan, gewusst und beabsichtigt haben, ist unerheblich. Soweit der Ehemann der Beklagten damals Zahlungen an sie leistete, ist das im Kollokationsverfahren, nicht im vorliegenden Prozess von Belang. Aus der genannten Situation folgt weiter, dass kein Anwendungsfall der güterrechtlichen Haftung beim Wechsel des Güterstandes gemäss Art. 179 Abs. 3 und 188 ZGB gegeben ist. Nach diesen Bestimmungen hätten die Kläger im Betreibungsverfahren gegen den Schuldner Streuli die an seine Frau verkauften Schweine pfänden und verwerten oder die Tiere nach der Konkurseröffnung zur Masse ziehen lassen können (EGGER, N. 7 und LEMP, N. 44/46 zu Art. 188 ZGB ). Darum handelt es sich hier aber nicht. Aus den Berufungsvorbringen geht nicht hervor, ob die Beklagte diese grundsätzliche Situation zu bestreiten versucht. Jedenfalls steht ihr die Erschöpfungseinrede des Art. 188 Abs. 2 ZGB nicht zu, weil die Kläger Rechte der Masse und nicht eigene Forderungen geltend machen (EGGER, N. 9 ff. und LEMP, N. 50 ff. zu Art. 188 ZGB ). Im übrigen verfolgen die güterrechtlichen Erörterungen der Beklagten wohl nur den Zweck, Wertlosigkeit oder Ungültigkeit des Kaufvertrags dadurch zu belegen, dass die Schweine den Gläubigern gar nicht hätten entzogen und von ihr daher nicht hätten wirksam erworben werden können. Unverbindlichkeit wegen Willensmangels wird in diesem Zusammenhang nicht geltend gemacht, soll doch die Lage in bezug auf die güterrechtliche Haftung beiden Ehegatten bewusst gewesen sein. Inwiefern sonst die güterrechtliche Haftung den Verkauf der Schweine an die Beklagte unwirksam machen sollte, wird nicht dargetan und ist auch nicht ersichtlich. Die Ehegatten können einen solchen Vertrag durchaus im Bewusstsein abschliessen, dass damit die güterrechtliche Haftung unverändert bleibt, sei es auch nur in der Annahme, diese werde sich gar nicht realisieren. 3. Zu prüfen ist, ob die geltend gemachten Kaufpreis- und Mietzinsforderungen der Konkursmasse gegen die Beklagte zu Recht bestehen. a) Im kantonalen Verfahren hat die Beklagte den Vertrag vom 8. Mai 1974 noch wegen Irrtums angefochten. Das Obergericht stellt indes fest, dass dieser mangels fristgerechter Anfechtung als genehmigt zu gelten hat. Mit der Berufung wird BGE 106 II 141 S. 144 hiegegen nichts eingewendet. Es erübrigt sich daher, auf die Frage einzutreten, ob die Beklagte bei Vertragsabschluss hinsichtlich der finanziellen Lage ihres Mannes sowie des Vorschlags in einem Irrtum befangen war und welches allenfalls die Folgen einer Unverbindlichkeit wären. b) Nach Meinung der Beklagten ergibt sich die Ungültigkeit des Vertrages aus den Feststellungen der Vorinstanz über den Parteiwillen. Für das Obergericht bestärkte die Befragung der Eheleute Streuli den Verdacht, dass es sich beim ganzen Vertragswerk um etwas Unlauteres gehandelt haben könnte. Eine Simulation gemäss Art. 18 Abs. 1 OR wird jedoch ausdrücklich verneint. Die Eheleute Streuli hätten eine Sicherung der Familie gewollt für den Fall, dass es dem Ehemann wirtschaftlich schlecht ginge. Diesfalls sollten die Tiere wirklich der Beklagten gehören, doch seien beide Vertragsparteien der Auffassung gewesen, der Kaufpreis werde nicht bezahlt. Wenn es dem Ehemann wieder besser ginge, sollte der Vertrag offenbar gar keine Wirkung entfalten. Diese Argumentation der Vorinstanz ist widersprüchlich. Eine Simulation wird verneint, zugleich aber festgestellt, dass nach dem übereinstimmenden Parteiwillen der Kaufpreis nicht bezahlt werden und unter Umständen der Vertrag überhaupt wirkungslos sein sollte. Massgebend und für das Bundesgericht verbindlich sind die tatsächlichen Feststellungen über den wirklichen Willen der Vertragspartner, während Rechtsfrage ist, ob das für die Annahme einer Simulation genügt ( BGE 97 II 207 E. 5, BGE 85 II 100 mit Hinweisen). Für die Beklagte ist es ein Rätsel, wie das Obergericht einen Kaufpreis zusprechen konnte, der nach dem Parteiwillen gar nicht zu zahlen war. Gleich verhalte es sich in bezug auf den Mietzins, auch wenn eine entsprechende Feststellung im angefochtenen Urteil fehle. Aus den Feststellungen der Vorinstanz ist insoweit auf Simulation zu schliessen, als der Vertrag die Zahlung eines Kaufpreises vorsah. Gleiches muss zumindest nach dem Sinn des Urteils für den Mietzins gelten. Wie es sich mit der Gegenleistung auf Eigentumsübertragung am Tierbestand verhält, braucht nicht entschieden zu werden. Wenn der Eigentumsübergang, wie das Obergericht feststellt, ernstlich gewollt war, kommt allenfalls Schenkung oder fiduziarische Übereignung in Betracht. Zur Zahlung eines Kaufpreises und eines Mietzinses war die Beklagte durch den Vertrag jedenfalls nicht wirksam verpflichtet. BGE 106 II 141 S. 145 c) Damit ist noch nicht entschieden, ob das Gesagte auch im Verhältnis der Beklagten zur Konkursmasse ihres Ehemannes und zu den Abtretungsgläubigern gilt. Wo ein Gemeinschuldner vor Konkursausbruch durch derartige Verträge Vermögensstücke dem Zugriff seiner Gläubiger entzieht, kann das zur Anfechtung auf Rückerstattung oder auf Wertersatz nach Art. 285 ff. SchKG und infolge Simulation sogar zum Einbezug in die Konkursmasse und zur Abwehr des Aussonderungsanspruchs gemäss Art. 242 SchKG führen. Dies steht vorliegend indes nicht zur Diskussion, weil die Kläger den Vertrag als gültig betrachten und seine Erfüllung verlangen, während es die Beklagte ist, die ihnen die Simulation entgegenhält. Aus Art. 18 Abs. 2 OR folgt, dass die Simulationseinrede grundsätzlich auch Dritten entgegengehalten werden kann, es sei denn, diese hätten die (simulierte) Forderung im Vertrauen auf ein schriftliches Schuldbekenntnis erworben ( BGE 96 II 390 E. 3b, BGE 88 II 429 , 71 III 156 E. 2). Nun haben aber weder die Kläger noch die Konkursmasse die Forderung im Vertrauen auf den streitigen Vertrag erlangt, sondern allein auf Grund der Konkurseröffnung. Entsprechend kann die Simulationseinrede auch gegenüber dem Gläubiger erhoben werden, der ein durch Simulation erworbenes Recht pfänden lässt (VON TUHR/PETER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen OR I, S. 295). Im Falle des Konkurses kommt dazu, dass die Konkursmasse oder die Abtretungsläubiger nicht Dritte, insbesondere nicht Rechtsnachfolger des Gemeinschuldners sind, sondern an seine Stelle treten. Sie können alle seine Rechte geltend machen, tragen aber auch seine sämtlichen Pflichten. Die Beklagte kann ihnen daher alle Einreden entgegenhalten, die ihr dem Gemeinschuldner gegenüber zugestanden hätten, wie sie auch nur solche Einreden und nicht jene erheben kann, die ihr gegenüber den Klägern persönlich zustünden ( BGE 95 I 318 E. 2, BGE 87 II 172 E. 1; JÄGER, N. 3 zu Art. 260 SchKG ; BLUMENSTEIN, Handbuch des Schweizerischen Schuldbetreibungsrechts, S. 805 ff.; vgl. demgegenüber noch BGE 72 II 361 E. 3, BGE 41 III 146 E. 2). Dass die Berufung der Beklagten auf Simulation gegenüber ihrem Ehemann rechtsmissbräuchlich wäre und somit auch den Klägern nicht entgegengehalten werden könnte, wird nicht geltend gemacht und ist auch nicht anzunehmen, hat doch nach dem Beweisverfahren die Beklagte beim Vertragsschluss offensichtlich eine völlig passive Rolle gespielt. d) Der Kaufpreis- und Mietzinsanspruch gegen die Beklagte BGE 106 II 141 S. 146 entfällt deshalb zumindest insoweit, als der Vertrag Zahlung vorsah. Eine Forderung aus ungerechtfertigter Bereicherung oder unerlaubter Handlung ist weder an die Kläger abgetreten noch von diesen eingeklagt worden. Es kann daher offenbleiben, wieweit derartige Ansprüche konkursrechtlich eine Anfechtungsklage gemäss Art. 285 ff. SchKG vorausgesetzt hätten.
public_law
nan
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1,980
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Urteilskopf 105 Ia 249 49. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. Oktober 1979 i.S. Israel British Bank Ltd. (in winding up) gegen Schweiz. Volksbank, Handelsgericht und Kassationsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde).
Regeste Art. 2 ÜbBest. BV. Kautionspflicht von Konkursmassen. Eine kantonale Bestimmung, wonach einer Konkursmasse eine Prozesskostenkaution auferlegt werden kann, ist mit der bundesrechtlichen Ordnung des Konkursverfahrens vereinbar. Die Auflage einer Kaution verstösst damit nicht gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts.
Sachverhalt ab Seite 249 BGE 105 Ia 249 S. 249 Die Schweizerische Volksbank unterhielt Geschäftsbeziehungen mit der Israel British Bank Ltd. in Tel Aviv, welche am 13. Oktober 1974 in Zwangsliquidation ("in winding up") versetzt wurde, nachdem ihr bereits ein Verwalter beigegeben worden war. Am 24. Dezember 1974 reichte die Schweizerische Volksbank in Prosekution eines Arrestes beim Handelsgericht des Kantons Zürich Klage auf Bezahlung von etwas über 5 Mio Fr. gegen die Israel British Bank Ltd. ein. Die Beklagte erhob Widerklage auf Zahlung von 38,5 Mio US$. Das Handelsgericht BGE 105 Ia 249 S. 250 auferlegte ihr hierauf eine Prozesskaution, welche das Kassationsgericht auf Nichtigkeitsbeschwerde hin mit Entscheid vom 5. Juli 1977 auf 1,7 Mio Fr. festsetzte. Diese Kaution ist geleistet worden. Nachdem die Israel British Bank Ltd. eine Klageduplik und Widerklagereplik im Umfange von 620 Seiten mit neuen Eventualwiderklagebegehren eingereicht hatte, forderte das Handelsgericht die Widerklägerin auf, eine zusätzliche Prozesskaution von diesmal etwas über 2 Mio Fr. zu leisten. Die Israel British Bank Ltd. erhob wiederum Nichtigkeitsbeschwerde und beantragte dabei, von einer erneuten Kautionsauflage sei abzusehen. Das Kassationsgericht des Kantons Zürich setzte mit Entscheid vom 25. Januar 1979 die weitere Prozesskaution auf 1,5 Mio Fr. fest. Die Kautionsauflage stützt sich auf § 73 Ziff. 7 der Zürcher ZPO, nach welcher Bestimmung eine als Kläger oder Widerkläger auftretende "Konkurs- oder Nachlassmasse" für die Gerichtskosten und die Prozessentschädigung Kaution zu leisten hat. Die Israel British Bank Ltd. legte gegen den Entscheid des Kassationsgerichtes vom 25. Januar 1979 staatsrechtliche Beschwerde ein. Sie machte unter anderem geltend, die Kautionsauflage verstosse gegen die derogatorische Kraft des Bundesrechts. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, in diesem Punkt aus folgender Erwägungen Erwägung: 2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, das SchKG lasse es nicht zu, dass einer Konkursmasse eine Prozesskostenkaution auferlegt werde. Die kantonalen Instanzen hätten mit ihren auf § 73 Ziff. 7 der Zürcher ZPO gestützten Entscheiden die derogatorische Kraft des Bundesrechts missachtet. a) Das Kassationsgericht nimmt im angefochtenen Entscheid vom 25. Januar 1979 zu dieser Frage nicht mehr direkt Stellung, sondern verweist dafür auf die Erwägungen im früheren Entscheid vom 5. Juli 1977. Dort hat es offen gelassen, ob die Beschwerdeführerin als Konkursmasse zu behandeln sei, da die Kautionspflicht, auch wenn sie einer Konkursmasse auferlegt werde, die Verwirklichung des Bundesrechts nicht gefährde. Dem schweizerischen Konkursrecht liege der Gedanke zugrunde, dass die Konkursverwaltung mangels ausreichender flüssiger Mittel von der Prozessführung absehen und von der Möglichkeit der Abtretung nach Art. 260 SchKG BGE 105 Ia 249 S. 251 Gebrauch machen solle. Demgemäss habe das Bundesgericht einen Anspruch der Konkursmasse auf unentgeltliche Prozessführung unter Hinweis auf die Abtretungsmöglichkeit abgelehnt. Dass die Abtretung die kleinen Gläubiger benachteilige, sei nur insoweit richtig, als ganz allgemein das Prozessrisiko für einen Kläger in günstigen finanziellen Verhältnissen weniger ins Gewicht falle als für einen weniger gut situierten. Im übrigen habe auch der mittellose Konkursgläubiger Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege. Sei demnach die Konkursverwaltung verpflichtet, beim Fehlen liquider Mittel vom Prozessführungsrecht keinen Gebrauch zu machen, so habe die Kautionspflicht lediglich zur Folge, dass die Pflichterfüllung der Konkursverwaltung sichergestellt werde. Dies könne nicht bundesrechtswidrig sein. b) Die Beschwerdeführerin macht demgegenüber geltend, die bundesrechtliche Ordnung schütze den Prozessgegner und die Gerichtskasse dadurch, dass Ansprüche bezüglich Gerichtskosten und Prozessentschädigungen aus Prozessen der Konkursmasse Masseforderungen würden. Daneben schaffe das Bundesrecht durch die Ordnung der Konkursverwaltung praktisch Gewähr dafür, dass für die Konkursmasse sachgemäss gehandelt werde. Diese Ordnung sei abschliessend und gestatte es den Kantonen nicht, die Kautionspflicht der Konkursmasse einzuführen. Das gelte gleich wie in der Schweiz auch in Israel. Durch die Einführung der Kautionspflicht für Konkursmassen würde die Verwertung der Aktiven des Gemeinschuldners zu Gunsten der Gläubigergesamtheit verhindert, da sie der Konkursverwaltung die Prozessführung in manchen Fällen verunmögliche. Keine Konkursmasse habe flüssige oder bevorschussbare Mittel in Millionenhöhe, auch wenn sie genügend Aktiven besitze. Eine Abtretung im Sinne von Art. 260 SchKG biete gerade im vorliegenden Falle keine Gewähr dafür, dass die Aktiven der Gemeinschuldnerin verwertet würden, da kein Gläubiger eine so grosse Forderung habe, dass es als vernünftig erschiene, ein solches Prozesskostenrisiko zu tragen. § 73 Ziff. 7 ZPO führe dazu, dass Schuldner grosser Forderungen sich im Konkurs des Gläubigers darauf beschränken könnten, die Forderung wider besseres Wissen zu bestreiten, mit der Folge, dass sie nicht zu bezahlen hätten. Dieses Ergebnis könne vom Bundesrecht nicht zugelassen werden. Die Bestimmung der Zürcher ZPO über die Kautionspflicht der Konkursmasse sei BGE 105 Ia 249 S. 252 zudem willkürlich, weil bei amtlich verwalteten Konkursmassen - im Gegensatz zu den in Ziff. 1-6 von § 73 ZPO genannten Fällen - keine Gefährdung der Prozesskosten bestehe. c) Die Beschwerdegegnerin wendet in ihrer Vernehmlassung hauptsächlich ein, die Konkursverwaltung dürfe einen Prozess gar nicht führen oder weiterführen, wenn nicht feststehe, dass die Masse zur Kostendeckung ausreiche. Die Kautionspflicht erleichtere ihr die Einhaltung dieser Pflicht, da sie oft nur schwer zum voraus den Erlös aus der Verwertung von Aktiven und die Höhe künftiger Prozesskosten abschätzen könne. Das Risiko, dass die Prozesskosten die Aktiven überstiegen, sei bei einer Konkursmasse mindestens ebenso gross wie bei einer Aktiengesellschaft in Liquidation. Auch könne die Konkursmasse die Verjährung von Forderungen durch Betreibung unterbrechen, bis sie ihre Aktiven verwertet habe und wisse, ob sie über die für die Prozessführung notwendigen Mittel verfüge. d) Die Frage, ob die Beschwerdeführerin als Konkursmasse zu behandeln und bezüglich der Kautionspflicht einer solchen gleichzustellen ist, kann auch im vorliegenden Verfahren offen gelassen werden, weil, wie zu zeigen sein wird, das Bundesrecht der kantonalrechtlichen Festsetzung einer Kautionspflicht für Konkursmassen nicht entgegen steht. Die Frage der Sicherstellung von Gerichtskosten und Anwaltskosten der Gegenpartei ist eine solche des Prozessrechts und wird demnach im kantonalen Verfahren vom kantonalen Recht beherrscht. Das SchKG enthält selbst für Prozesse vollstreckungsrechtlichen Charakters keine entsprechenden Vorschriften. Beim vorliegenden Prozess handelt es sich zudem, ungeachtet der Tatsache, dass mit der Klage ein Arrest prosequiert wird und die Beklagte und Widerklägerin eine Konkursmasse sein mag, um einen normalen Forderungsprozess. Das SchKG enthält auch keine Vorschriften, welche sich auf die prozessuale Kautionspflicht von Konkursmassen beziehen. Die Beschwerdeführerin behauptet dies selber nicht; sie will die Unzulässigkeit der Kautionsauflage aus allgemeinen Grundsätzen des Konkursrechts ableiten. Wenn die konkursrechtlichen Verfahrensvorschriften die Konkursverwaltung verpflichten, für die Masse nur Prozesse zu führen, falls ausreichende Mittel zur Deckung der Kosten vorhanden sind, und wenn diesen Kosten der Charakter von Massaschulden zukommt, so wird damit nicht primär der BGE 105 Ia 249 S. 253 Zweck verfolgt, das Gericht und die Gegenpartei in bezug auf diese Kosten sicherzustellen, sondern es soll ein geordnetes Konkursverfahren gewährleistet werden, was einschliesst, dass sich die Verfahrenskosten ganz allgemein im Rahmen der zur Deckung verfügbaren Mittel zu halten haben. Darin liegt keine bundesrechtliche Regelung der Kostenhaftung für Prozesse, an welchen Konkursmassen als Parteien beteiligt sind, und auch keine Regelung der Kautionspflicht. Es kann deshalb nicht gesagt werden, dass für entsprechende kantonale Regelungen kein Raum mehr bliebe. Auch der Einwand vermag nicht durchzudringen, die Kautionspflicht von Konkursmassen verunmögliche die bestmögliche Verwertung der Aktiven zu Gunsten der Gesamtheit der Konkursgläubiger und widerspreche deshalb dem Bundesrecht. Zwar hat das Bundesgericht in BGE 85 I 147 ausgeführt, um eine gleichmässige Befriedigung aller Gläubiger zu ermöglichen, seien grundsätzlich auch bestrittene Rechte durch die Konkursmasse selber auf dem Prozessweg geltend zu machen. Sei die Konkursmasse im Falle der Klageerhebung kautionspflichtig, so bestehe beim Fehlen liquider Mittel die Gefahr, dass sie selbst begründete Ansprüche nicht geltend machen könne und deren Abtretung nach Art. 260 SchKG anbieten müsse; dadurch würden die kleinen Gläubiger, die das Prozessrisiko nicht zu übernehmen wagten, benachteiligt. Das Bundesgericht erachtete aber als fraglich, ob im Hinblick auf diese für die ordnungsgemässe Liquidation unerwünschte Folge die Auferlegung einer Prozesskaution an eine Konkursmasse geradezu bundesrechtswidrig sei. Entgegen der Argumentation des Kassationsgerichts ist dem zitierten bundesgerichtlichen Urteil darin beizupflichten, dass die Abtretung von Ansprüchen der Konkursmasse an die Gläubiger zur Geltendmachung gemäss Art. 260 SchKG die kleinen Gläubiger eher benachteiligt. Nur ein Gläubiger mit einer hohen Forderung wird in der Regel das Risiko auf sich nehmen, Prozesse mit grösseren Streitwerten zu führen, da das Prozessergebnis bis zur Deckung seiner Konkursforderung dem prozessierenden Gläubiger zugute kommt. Ein "kleiner" Gläubiger wird kaum einen Prozess um Ansprüche führen, welche den Betrag seiner Konkursforderung erheblich übersteigen, liegt es doch nicht in seinem Interesse, für die übrigen Gläubiger die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Diese Regelung wird BGE 105 Ia 249 S. 254 indessen vom SchKG sanktioniert und ist damit geltendes Bundesrecht. Selbst wenn die Kautionspflicht im einen oder andern Falle eine Konkursverwaltung dazu veranlassen sollte, im Zweifel von der Prozessführung abzusehen und zur Abtretung gemäss Art. 260 SchKG zu schreiten, so könnte dieses Ergebnis nicht als dem Sinne des Bundesrechts widersprechend beurteilt werden. Dazu kommt, dass die Gläubigerschaft, welche die Prozessführung namens der Masse wünscht, die Möglichkeit hat, einen Kostenvorschuss zu leisten, falls der Masse die liquiden Mittel fehlen. Vor allem aber ist zu beachten, dass die Prozessführungsmöglichkeiten von Konkursmassen nicht in erster Linie durch die Kautionspflicht, sondern durch die zur Verfügung stehenden Mittel beschränkt werden. Die Konkursverwaltung kann angesichts ihrer Aufgabe, für die Gesamtheit der Gläubiger eine möglichst hohe Dividende zu erzielen, nicht alle vorhandenen Mittel für die Führung riskanter Prozesse einsetzen. Sie wird schon aus diesem Grunde keine Prozesse führen, wenn zur Kostendeckung die liquiden Mittel nicht ausreichen. Die Kautionspflicht bringt deshalb keine ins Gewicht fallende Erschwerung der Prozessführung mit sich, sondern erleichtert es der Konkursverwaltung, das Kostenrisiko eines Prozesses abzuschätzen. Ferner trifft es zu, dass der Entscheid über die Prozessführung in der Regel so lange hinausgeschoben werden kann, bis aus der Liquidation der Aktiven die Mittel für die Kautionsleistung bereitstehen. Aus diesen Gründen kann nicht gesagt werden, die Kautionspflicht von Konkursmassen gemäss § 73 Ziff. 7 der Zürcher ZPO laufe dem SchKG zuwider. Selbst wenn die Beschwerdeführerin - was offen bleiben kann - als Konkursmasse zu behandeln wäre, würde daher die auf dieser Bestimmung beruhende Kautionsauflage des Kassationsgerichtes nicht gegen die derogatorische Kraft des Bundesrechts und damit nicht gegen Art. 2 ÜbBest. BV verstossen.
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Urteilskopf 95 I 366 54. Urteil vom 13. Juni 1969 i.S. von Dach gegen Schütz und Appellationshof des Kantons Bern
Regeste Güterzusammenlegung, Gewinnbeteiligung des früheren Eigentümers. 1. Bei Güterzusammenlegungen haben die Betroffenen aufgrund der Eigentumsgarantie Anspruch auf wertgleichen Realersatz (Erw. 4). 2. Beteiligung des früheren Eigentümers am Gewinn im Falle der Veräusserung von Land durch den neuen Eigentümer. a) Das Gewinnbeteiligungsrecht - ist eine öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung (Erw. 5) - liegt im öffentlichen Interesse (Erw. 6 a). b) Gegen die Eigentumsgarantie und gegen Art. 4 BV verstösst eine kantonale Ordnung des Gewinnbeteiligungsrechts, welche - vorschreibt, dass bei der Berechnung des Gewinns der "landwirtschaftliche" und nicht der wirkliche Verkehrswert dem Verkaufserlös gegenüberzustellen ist (Erw. 6 c); - unberücksichtigt lässt, dass auch das dem Anspruchsberechtigten neu zugeteilte Land im Werte gestiegen ist (Erw. 6 d).
Sachverhalt ab Seite 367 BGE 95 I 366 S. 367 A.- Am 26. Mai 1963 wurde im Kanton Bern ein Gesetz über Bodenverbesserungen und landwirtschaftliche Hochbauten (Meliorationsgesetz, MelG) erlassen, das die Art. 87-100 EG/ZGB ersetzte, am 13. Juni 1963 vom Bundesrat genehmigt wurde und am 1. Oktober 1963 in Kraft trat. Es enthält in den Art. 34-45 Vorschriften für Güterzusammenlegungen und bestimmt in Art. 43 unter dem Randtitel: "Gewinnbringende Veräusserung nach Neuzuteilung": BGE 95 I 366 S. 368 "1 Die Genossenschafter sind verpflichtet, einen durch Verkauf von Land oder Einräumung von Nutzungsrechten innert 15 Jahren seit Genehmigung des Neuzuteilungsplanes durch den Regierungsrat erzielten Gewinn verhältnismässig an die Grundeigentümer im alten Bestand zurückzuzahlen. 2 Die Rückzahlung umfasst im ersten Jahr den vollen Gewinn und vermindert sich um 1/15 für jedes folgende Jahr. 3 Streitigkeiten beurteilt der Zivilrichter nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung. 4 Im Dekret des Grossen Rates werden nähere Vorschriften über die Berechnung des Gewinns erlassen." Das Dekret des Grossen Rates wurde am 18. Februar 1964 erlassen und bestimmt im Abschnitt "Gewinnbringende Veräusserung nach erfolgter Neuzuteilung": "§ 13. Geltendmachung des Anspruches. 1 Wird innert 15 Jahren seit Genehmigung des Neuzuteilungsplanes durch den Regierungsrat Land im zusammengelegten Gebiet veräussert oder werden Nutzungsrechte an solchem Land eingeräumt, so gibt das Grundbuchamt allen beteiligten Grundeigentümern im alten Bestand Mitteilung unter Hinweis auf Artikel 43 des Meliorationsgesetzes und die Dekretsbestimmungen. 2 Können sich die Parteien über den Gewinnanspruch nicht einigen, so hat der Ansprecher innert eines Jahres seit der Mitteilung nach Absatz 1 Klage beim Zivilrichter zu erheben. § 14. Berechnung des Gewinnes. Der Gewinn im Sinne von Artikel 43 Absatz 4 des Meliorationsgesetzes wird wie folgt berechnet: 1. Bei Verkauf: Vom Verkaufspreis werden abgezogen: a) der landwirtschaftliche Verkehrswert im Zeitpunkt des ersten Verkaufs; bei späteren Verkäufen der jeweilige Erwerbspreis; b) die Meliorationskosten; c) allfällige Rückerstattungen von Bundes- und Kantonsbeiträgen infolge Zweckentfremdungen, sofern sie vom Verkäufer geleistet wurden; d) Handänderungsgebühren, Vermögensgewinnsteuern, Notariats- und Vermessungskosten; e) allfällige Aufwendungen des Verkäufers in der Zwischenzeit, die zur Werterhöhung führten. Die Abzüge sind zu belegen. 2. Bei Einräumung von Nutzungsrechten: Der über die land- und forstwirtschaftliche Nutzung hinausgehende Gewinn." BGE 95 I 366 S. 369 B.- In den Gemeinden Kappelen und Worben wurde im Jahre 1954 ein Güterzusammenlegungsverfahren gemäss den Art. 87 ff. EG/ZGB eingeleitet. Der Neuzuteilungsplan wurde vom Regierungsrat am 13. Juni 1958 genehmigt. In diese Güterzusammenlegung wurden auch die in der Gemeinde Worben gelegenen landwirtschaftlichen Heimwesen der heutigen Parteien einbezogen. Das Hausgrundstück der Beschwerdeführerin Witwe E. von Dach grenzt an die Strasse Worben-Studen, dasjenige des Beschwerdegegners F. Schütz liegt unweit davon an einer Nebenstrasse. Beide waren Eigentümer je zweier langgestreckter Parzellen, die in unmittelbarer Nähe des Hofes lagen und mit den Schmalseiten an die genannte Strasse grenzten; ferner besassen beide weiteres Land in der Nähe dieser Strasse. Bei der Neuzuteilung erhielt die Beschwerdeführerin u.a. die gegenüber ihrem Hof liegende, an die Strasse Worben-Studen grenzende, annähernd rechteckige und 98 a haltende Parzelle Nr. 163, der Beschwerdegegner u.a. die ebenfalls annähernd rechteckige und 58 a haltende Parzelle Nr. 300, die - von der Strasse Worben-Studen aus gesehen - hinter der Parzelle Nr. 163 der Beschwerdeführerin und gegenüber seinem Hof an der Nebenstrasse liegt, ferner die an das Hausgrundstück grenzende, noch weiter von der Strasse entfernte und 135 a haltende Parzelle Nr. 301. Die Parzellen Nr. 163 und 300 umfassen früheren Besitz beider Parteien. C.- Mit Vertrag vom 30. September 1963 verkaufte die Beschwerdeführerin die Parzelle Nr. 163 im Halt von ca. 9800 m2 zum Preis von Fr. 20.- je m2 an Hans Hofstetter. Von dieser Parzelle gehörten vor der Güterzusammenlegung zwei Streifen von zusammen 1400 m2 zu den Parzellen Nr. 189 und 192 des Beschwerdegegners Schütz. Dieser verlangte gestützt auf Art. 43 MelG einen Anteil an dem von der Beschwerdeführerin erzielten Gewinn und belangte sie durch Klage auf Bezahlung von Fr. 10'920.-- nebst 5% Verzugszins. Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage. Der Gerichtspräsident von Nidau holte ein Gutachten über den "landwirtschaftlichen Verkehrswert" des verkauften Landes im Zeitpunkt des Verkaufs ein und hiess dann die Klage mit Urteil vom 25. Juni 1968 gut aufgrund folgender, einen noch höheren Gewinnanspruch ergebenden Berechnung: BGE 95 I 366 S. 370 Verkaufspreis pro m2 Fr. 20.- Abzüge gemäss § 14 Ziff. 1 des Meliorationsdekrets: - Landwirtschaftlicher Verkehrswert Fr. 4.- - Meliorationskosten, Subventionsrücker stattungen, Handänderungsabgaben usw. Fr. 3.- Fr. 7.- Gewinn pro m2 Fr. 13.- Gewinn auf 1400 m2 Fr. 18'200.-- Anteil des Klägers 11/15 Fr. 13'346.65 Der Appellationshof des Kantons Bern, an den die Beklagte appellierte, bestätigte das Urteil des Gerichtspräsidenten am 5. November 1968. D.- Gegen das Urteil des Appellationshofes führt Witwe Elise von Dach staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, es sei aufzuheben. Sie macht Verletzung der Eigentumsgarantie und des Art. 4 BV geltend. Die Begründung dieser Rügen ergibt sich, soweit notwendig, aus den nachstehenden Erwägungen. E.- Der Appellationshof des Kantons Bern und Fritz Schütz beantragen Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Prozessuales). 2. Die Beschwerdeführerin rügt als Verletzung der Eigentumsgarantie, dass gewisse ihrer Grundstücke in die Güterzusammenlegung einbezogen worden seien, obwohl es sich nicht um "eigentlich landwirtschaftliche Grundstücke", sondern um "potentielles Bauland" gehandelt habe. Diese Rüge ist verspätet. Die Beschwerdeführerin hätte sich der 1954 erfolgten Einbeziehung jenes Landes in die Güterzusammenlegung durch Anrufung des Regierungsstatthalters gemäss Art. 87 Abs. 4 EG/ZGB oder durch eine vom Regierungsrat zu beurteilende Einsprache im Sinne von Art. 92 EG/ZGB widersetzen können (ZOLLINGER, Die Güterzusammenlegung im Kanton Bern, Diss. Bern 1946 S. 41). Nachdem das nicht geschehen ist, wurde die Einbeziehung rechtskräftig; sie konnte daher im weiteren Verfahren und kann erst recht nach dessen Abschluss nicht mehr in Frage gestellt werden. Auch die Neuzuteilung an die Beschwerdeführerin konnte, nachdem der Regierungsrat den Neuzuteilungsplan am 13. Juni 1958 genehmigt hatte und dieser Entscheid unangefochten BGE 95 I 366 S. 371 geblieben war, nicht mehr beanstandet werden. Die Beschwerdeführerin ficht sie denn auch nicht an, sondern erklärt vielmehr, sie habe "an sich" Realersatz erhalten, womit sie anerkennt, dass die Neuzuteilung dem Art. 95 EG/ZGB entsprach, wonach "jeder Eigentümer soweit tunlich für den Wert der abgetretenen Grundstücke den Ersatz in Grundstücken in möglichst gleicher Lage und von annähernd gleicher Bodengüte und Ertragsfähigkeit erhalten" soll. Als Verletzung der Eigentumsgarantie und des Art. 4 BV rügt sie dagegen, dass sie nach Verkauf der ihr neu zugeteilten Parzelle Nr. 163 aufgrund des Art. 43 MelG und der §§ 13 und 14 des Dekretes verpflichtet wird, dem Beschwerdegegner als dem früheren Eigentümer eines Teils des verkauften Landes Fr. 10'920.-- als Anteil am Gewinn zu bezahlen. 3. Die Beschwerdeführerin macht nicht geltend, der Appellationshof habe diese Bestimmungen willkürlich, d.h. in einer mit ihrem klaren Wortlaut und Sinne unvereinbaren Weise ausgelegt oder angewendet und damit Art. 4 BV verletzt. Davon kann auch nicht die Rede sein, denn die dem angefochtenen Entscheid zugrunde liegende Gewinnberechnung entspricht dem § 13 des Dekretes und insofern auch dem Art. 43 MelG. Die in der Beschwerde erhobenen Rügen richten sich gegen die in jenen Bestimmungen enthaltene Ordnung des Gewinnbeteiligungsrechts selber. Die Beschwerdeführerin will - so sind ihre in dieser Beziehung nicht ganz klaren Ausführungen offenbar zu verstehen - geltend machen, diese Ordnung verstosse jedenfalls insoweit gegen die Eigentumsgarantie und den Grundsatz der Rechtsgleichheit, als sie auch gelte gegenüber Grundeigentümern, die bei der Güterzusammenlegung Land eingeworfen und neu zugeteilt erhalten haben, das den Charakter und den Wert von Bauland habe. Diese Rüge ist zulässig. Der Umstand, dass die Frist zur Anfechtung des MelG und des Dekretes abgelaufen ist, hindert die Beschwerdeführerin nicht, die Verfassungswidrigkeit einzelner Bestimmungen noch im Anschluss an eine gestützt darauf ergangene Anwendungsverfügung geltend zu machen ( BGE 95 I 4 E. 2 mit Hinweisen auf frühere Urteile). Dem steht auch der weitere Umstand nicht entgegen, dass der Bundesrat das MelG am 13. Juni 1963 genehmigt hat; denn diese Genehmigung schliesst, wie das Bundesgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung BGE 95 I 366 S. 372 verfassungsmässiger Rechte weder gegen den Erlass selbst noch gegen eine Anwendungsverfügung aus ( BGE 71 I 251 ff. mit Hinweisen auf frühere Urteile). 4. Bei den Landumlegungen (landwirtschaftliche Güterzusammenlegung, Baulandumlegung usw.) werden den Eigentümern von Land im Zusammenlegungsgebiet anstelle ihrer zerstreuten, kleinen und ungünstig geformten Grundstücke im Interesse einer rationellern Bodennutzung arrondierte grössere und besser geformte Grundstücke zugewiesen. Die Landumlegung ist in der schweizerischen Rechtsprechung und Lehre als expropriationsähnlicher Tatbestand bezeichnet worden ( BGE 52 I 150 ; HAAB N. 54 und 58 zu Art. 656 ZGB ; vgl. HANS HUBER, Staat und Privateigentum in der Schweiz, in "Staat und Privateigentum", 1960 S. 94/5). Sie unterscheidet sich aber wesentlich von der Enteignung, und zwar vor allem dadurch, dass dem Eigentümer sein Land nicht zugunsten des Gemeinwesens entzogen wird und dass er grundsätzlich Anspruch auf vollen Realersatz, d.h. auf Zuteilung gleichwertigen Landes hat (vgl. MEIER-HAYOZ, Komm. zum Sachenrecht, Systemat. Teil N. 232 c). Die kantonalrechtlichen Bestimmungen über Landumlegungen stellen öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkungen dar. Die Eingriffe in die Eigentumsverhältnisse, welche die Landumlegungen nach sich ziehen, sind daher mit der Eigentumsgarantie nur vereinbar, wenn und soweit sie auf gesetzlicher Grundlage beruhen und im öffentlichen Interesse liegen; die Entschädigung, die für den Entzug des Eigentums zu leisten ist, besteht im wertgleichen Realersatz, auf den der Eigentümer grundsätzlich Anspruch hat. Sieht das kantonale Recht, wie dies regelmässig der Fall ist, einen solchen Anspruch auf wertgleichen Realersatz ausdrücklich vor, so prüft das Bundesgericht die Frage, ob eine bestimmte Neuzuteilung im einzelnen Falle einen wertgleichen Realersatz darstelle, nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür (vgl. BGE 85 I 89 , BGE 90 I 231 E. 4 und 289 E. 6; unbestimmt BGE 94 I 610 E. 4b). Der Anspruch des Grundeigentümers, bei Landumlegungen wertgleichen Realersatz zu erhalten, folgt indessen unmittelbar aus der bundesrechtlich gewährleisteten Eigentumsgarantie. Diese gebietet es, in den Erlassen über Landumlegungen dem Eigentümer des eingeworfenen Landes einen Anspruch auf wertgleichen Realersatz (nach Vornahme des Abzugs für BGE 95 I 366 S. 373 gemeinsame Anlagen) einzuräumen und in den Fällen, wo Realersatz aus besonderen Gründen (vgl. z.B. Art. 38 lit. b MelG) nicht möglich ist, einen Anspruch auf Entschädigung in Geld, und zwar, da der Eingriff in das Eigentum dann einer Enteignung gleichkommt, für den vollen Verkehrswert. Ob das kantonale Recht in dieser Beziehung den Anforderungen der Eigentumsgarantie genüge, hat das Bundesgericht frei zu prüfen. 5. Das in Art. 43 MelG vorgesehene, degressive Gewinnbeteiligungsrecht steht in engem Zusammenhang mit der Güterzusammenlegung. Wie der dieser eigentümliche Zwang zum Abtausch von Land, stellt auch das Gewinnbeteiligungsrecht eine öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung dar. Diese besteht darin, dass der Eigentümerwährend einer bestimmten Zeit den Wert des ihm neu zugeteilten Landes durch Veräusserung (oder Einräumung von Nutzungsrechten) nicht voll realisieren kann, sondern den "erzielten Gewinn" oder einen Teil desselben dem früheren Eigentümer auszubezahlen hat. Ein derartiges Gewinnbeteiligungsrecht kennen auch andere Kantone, sei es, dass sie es wie Bern selber regeln (§ 89 der aarg. Bodenverbesserungsverordnung vom 21. Juni 1957), sei es, dass sie die Meliorationsgenossenschaften ermächtigen, es in ihren Statuten vorzusehen (Art. 95 des zürch. Landwirtschaftsgesetzes vom 22. September 1963, § Bobis der solothurn. Bodenverbesserungsverordnung vom 27. Dezember 1960/9. Juli 1963). Mit diesen andern Ordnungen hat sich das Bundesgericht hier nicht zu befassen. Zu prüfen ist lediglich, ob das Gewinnbeteiligungsrecht, wie es in Art. 43 des bern. MelG und in den §§ 13 und 14 des Dekretes geregelt ist, mit der Eigentumsgarantie und dem Grundsatz der Rechtsgleichheit vereinbar ist. Gegen die Eigentumsgarantie verstösst das Gewinnbeteiligungsrecht nach dem in Erw. 4 Gesagten, wenn es nicht auf gesetzlicher Grundlage beruht, nicht im öffentlichen Interesse liegt oder den Anspruch des Eigentümers auf wertgleichen Realersatz verletzt. Art. 4 BV ist verletzt, wenn die Regelung die Betroffenen rechtsungleich behandelt, sei es, dass sie Unterscheidungen trifft, für die kein vernünftiger Grund besteht, sei es, dass sie Unterscheidungen nicht macht, die sie nach dem Grundsatz, dass Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich zu behandeln ist ( BGE 90 I 162 E. 2), machen sollte. 6. Das streitige Gewinnbeteiligungsrecht beruht unbestritten auf einer gesetzlichen Grundlage, da es in Art. 43 MelG BGE 95 I 366 S. 374 vorgesehen ist, die §§ 13 und 14 des Dekretes ihre Grundlage in Art. 43 Abs. 4 MelG haben und die vom Appellationshof vertretene Auslegung dieser Bestimmungen von der Beschwerdeführerin nicht beanstandet wird. Dass das Gewinnbeteiligungsrecht im öffentlichen Interesse liegt, wird von der Beschwerdeführerin mit Recht nicht bestritten. Da die Güterzusammenlegung im öffentlichen Interesse liegt (MEIER-HAYOZ a.a.O. N. 223 d und dort zitierte Urteile des Bundesgerichts; vgl. auch BGE 94 I 608 ), gilt dies auch für das Gewinnbeteiligungsrecht; denn es ist geeignet, die Durchführung der Güterzusammenlegung zu erleichtern, werden doch zahlreiche Grundeigentümer, die - zu Recht oder Unrecht - glauben, ihr Altbesitz oder ein Teil desselben sei wegen der zu erwartenden baulichen Entwicklung mehr wert als das ihnen neu zugeteilte Land, sich mit der Neuzuteilung eher abfinden, wenn ihnen eine Beteiligung an dem bei der späteren Veräusserung ihres Altbesitzes erzielten Gewinn in Aussicht steht. Einer näheren Prüfung bedarf dagegen die Frage, ob das Gewinnbeteiligungsrecht, wie es im Kanton Bern geordnet ist, nicht den Grundsatz der Rechtsgleichheit oder den aus der Eigentumsgarantie folgenden Anspruch des Grundeigentümers auf wertgleichen Realersatz verletzt. a) Die Beschwerdeführerin erklärt mit Recht, dass sie das Institut der Gewinnbeteiligung an sich nicht beanstande. Für dieses lassen sich in der Tat gute Gründe anführen. Durch die Güterzusammenlegung wird der vorher zerstreute Grundbesitz des einzelnen Grundeigentümers in eine einzige oder einige wenige Parzellen zusammengefasst. Nun kann es vorkommen, dass ein Teil des Zusammenlegungsgebietes infolge rechtlicher Massnahmen, wie z.B. den Erlass eines Zonenplans, oder einfach infolge der baulichen Entwicklung der Gemeinde bald nach der Beendigung des Zusammenlegungsverfahrens zu wertvollem Bauland wird, während für das übrige Gebiet auf lange Zeit nur die landwirtschaftliche Nutzung in Frage kommt. Es wäre stossend, wenn diejenigen Grundeigentümer, deren Grundbesitz im nunmehrigen Baugebiet zusammengefasst worden ist, durch Veräusserung ihres Landes grosse Gewinne erzielen könnten, während andere, die vor der Zuteilung im gleichen Gebiet Land besassen, leer ausgingen. Durch die Beteiligung der früheren Grundeigentümer am Gewinn soll dieses stossende Ergebnis gemildert und ein billiger Ausgleich geschaffen werden. BGE 95 I 366 S. 375 b) Das Gewinnbeteiligungsrecht bezieht sich auf das gesamte neu zugeteilte Land, so dass jeder Grundeigentümer die gleiche Chance und das gleiche Risiko hat. Insofern verletzt es den Grundsatz der Rechtsgleichheit zweifellos nicht. Aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nicht unbedenklich erscheint es dagegen, dass nur derjenige einen Teil des Gewinns abzugeben hat, der neu zugeteiltes Land innert 15 Jahren veräussert und dazu vielleicht aus irgendeinem Grunde genötigt ist, während derjenige, der diese Zeit verstreichen lässt und erst später veräussert, den ganzen Gewinn für sich behalten kann. Hierin liegt indessen entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin noch keine Verletzung des Art. 4 BV . Ein zeitlich unbefristetes Gewinnbeteiligungsrecht ist nicht wohl denkbar; eine Befristung drängt sich, gleich wie beim Anteil der Miterben am Gewinn im bäuerlichen Erbrecht ( Art. 619 ff. ZGB ), der Natur der Sache nach auf. Auch die Grundstückgewinnsteuer knüpft in der Regel (vgl. BGE 95 I 135 ) an die Veräusserung an und trifft, sofern der Steuersatz mit der Besitzesdauer sinkt, den Eigentümer, der früher veräussert, stärker als denjenigen, der zuwartet. c) Als mit Art. 4 BV und mit der Eigentumsgarantie unvereinbar erscheint es dagegen, dass nach § 14 Ziff. 1 lit. a erster Halbsatz des Dekretes bei der Berechnung des Gewinnes ausnahmslos vom "landwirtschaftlichen Verkehrswert im Zeitpunkt des ersten Verkaufes" auszugehen ist. Unter Gewinn versteht man gemeinhin die Differenz zwischen dem Verkaufserlös und den Gestehungskosten (vgl. BGE 95 I 135 ). Bei unentgeltlichem Erwerb, z.B. durch Erbgang oder Schenkung, mag anstelle der Gestehungskosten des Rechtsvorgängers auch der Verkehrswert zur Zeit des Erwerbes in Frage kommen. Bei der Güterzusammenlegung, wo das neuzugeteilte Land den wertgleichen Realersatz für den abgetretenen Altbesitz darstellt, liegt es am nächsten, den Gewinn aufgrund der Differenz zwischen dem Verkaufserlös und dem Verkehrswert zur Zeit des Eigentumsübergangs zu berechnen. Keinesfalls darf, sofern der wirkliche Verkehrswert den "landwirtschaftlichen Verkehrswert" weit übersteigt, ohne weiteres und in allen Fällen von letzterem ausgegangen werden, da dies zu unhaltbaren Ergebnissen führt. Bauland und Bauerwartungsland sind bei der Neuzuteilung, nach dem Gebot des wertgleichen Realersatzes, grundsätzlich denjenigen und nur denjenigen Eigentümern zuzuweisen, die BGE 95 I 366 S. 376 solches Land eingeworfen haben (vgl. BGE 90 I 290 /91). Der Wert dieses Landes aber ist in der Regel beträchtlich höher als sein "landwirtschaftlicher Verkehrswert". Geht man bei der Gewinnberechnung gemäss § 14 des Dekretes vom letzteren aus, so hat dies zur Folge, dass der Veräusserer dem früheren Eigentümer nicht nur die seit der Neuzuteilung eingetretene Wertsteigerung, die sich als "Gewinn" betrachten lässt, zu vergüten hat, sondern einen Teil des Wertes, den sein früheres wie auch das ihm neu zugeteilte Land schon zur Zeit der Neuzuteilung hatte. Damit wird dem Begriff "Gewinn" in Art. 43 MelG ein Sinn beigelegt, den er vernünftigerweise nicht haben kann. Ob man so weit gehen kann, § 14 Ziff. 1 lit. a erster Halbsatz des Dekretes als mit dem klaren Wortlaut und Sinn des Art. 43 MelG unvereinbar und deshalb gegen Art. 4 BV verstossend zu betrachten, erscheint immerhin als fraglich, da sowohl Art. 43 MelG als auch § 14 des Dekretes ihre Fassung vom Grossen Rate erhalten haben. Die Frage kann offen bleiben, da § 14 Ziff. 1 lit. a erster Halbsatz des Dekretes jedenfalls gegen das für Güterzusammenlegungen geltende, unmittelbar aus der Eigentumsgarantie folgende Gebot des wertgleichen Realersatzes verstösst. Wer vor der Neuzuteilung Bauland oder Bauerwartungsland besass, konnte bis zum Inkrafttreten der Neuzuteilung den vollen Wert dieses Landes durch Veräusserung realisieren. Wird ihm bei der Neuzuteilung wiederum solches Land im gleichen Werte zugewiesen, so erhält er keinen wertgleichen Realersatz, wenn das Land mit einem Gewinnbeteiligungsrecht belastet ist, aufgrund dessen er bei der Veräusserung nicht mehr den vollen Verkehrswert, den das Land zur Zeit der Neuzuteilung hatte, für sich behalten kann, sondern einen Teil desselben, der aufgrund der Differenz zwischen dem Erlös und dem "landwirtschaftlichen Verkehrswert" berechnet wird, dem früheren Eigentümer herauszugeben hat. Dadurch wird das Ergebnis der unter Beachtung des Gebots des wertgleichen Realersatzes durchgeführten Güterzusammenlegung nachträglich zuungunsten eines einzelnen Grundeigentümers abgeändert und dieser ohne Entschädigung enteignet. Die Beschwerdeführerin macht geltend, das von ihr für Fr. 20.- pro m2 verkaufte Land sei schon mehrere Jahre vor Einleitung des Güterzusammenlegungsverfahrens Fr. 12-15 pro m2 wert gewesen. Wenn bei der Gewinnberechnung demgegenüber von einem "landwirtschaftlichen Verkehrswert" von Fr. 4.- ausgegangen wird, so wird nicht nur die seit der BGE 95 I 366 S. 377 Neuzuteilung eingetretene Wertsteigerung, sondern darüber hinaus ein Teil des früheren Wertes des Landes als "Gewinn" behandelt, womit der Beschwerdeführerin ein Teil des Vermögens, das sie schon vor der Neuzuteilung besass, entschädigungslos entzogen wird. Darin liegt, wie sie mit Recht geltend macht, eine Verletzung der Eigentumsgarantie. d) Die in Art. 43 MelG und § 14 des Dekretes enthaltene Regelung des Gewinnbeteiligungsrechts ist aber noch aus einem weiteren Grunde verfassungswidrig. Wer neu zugeteiltes Land veräussert, hat den dabei erzielten "Gewinn" ganz oder teilweise an den früheren Eigentümer herauszugeben ohne Rücksicht darauf, ob und inwieweit auch das diesem neu zugeteilte Land an der Wertsteigerung teilgenommen hat, ob also der Gewinn auf Kosten des früheren Eigentümers gemacht wurde und dieser, im Verhältnis zum Veräusserer, infolge der Neuzuteilung eine Vermögenseinbusse erlitten hat. Das führt wiederum zu äusserst stossenden Ergebnissen, die mit dem Grundsatz der Rechtsgleichheit und der Eigentumsgarantie unvereinbar sind. Handelt es sich bei dem Land, das dem nunmehrigen Veräusserer neu zugeteilt worden ist, um Bauland oder Bauerwartungsland, so wird, nach dem Gebot des wertgleichen Realersatzes, in der Regel auch dem früheren Eigentümer dieses Landes bei der Neuzuteilung wieder Bauland oder Bauerwartungsland zugeteilt worden sein, dessen Wert im gleichen oder ähnlichen Masse steigt wie der Wert seines früheren Landes. Wird diese Wertsteigerung bei der Berechnung des vom früheren Eigentümer beanspruchten Gewinnanteils ausser Betracht gelassen, so macht er, wenn sein früheres Land kurz nach der Neuzuteilung verkauft wird, während er das ihm neu zugeteilte Land erst nach Ablauf der 15-jährigen Frist veräussert, einen doppelten Gewinn; er erhält den Gewinn, der auf dem Verkauf seines früheren Landes erzielt wird, ganz oder teilweise, und kann überdies die Wertsteigerung des ihm selber neu zugeteilten Landes voll realisieren, während der Veräusserer seines früheren Landes nicht nur die seit der Neuzuteilung eingetretene Wertsteigerung, sondern, wie unter lit. c hievor dargelegt, auch noch einen Teil seines früheren Vermögens verliert. Das ist so stossend, dass es als eine den Art. 4 BV verletzende rechtsungleiche Behandlung bezeichnet werden muss. Ferner liegt darin wiederum ein Verstoss gegen das Gebot des wertgleichen Realersatzes und damit gegen die Eigentumsgarantie. In diesem Punkte besteht BGE 95 I 366 S. 378 auch ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Gewinnbeteiligungsrecht bei der Güterzusammenlegung und dem Gewinnanteilsrecht der Miterben nach Art. 619 ff. ZGB , auf das der Appellationshofim angefochtenen Entscheid zur Rechtfertigung der bernischen Ordnung hinweist. Denn beim bäuerlichen Erbrecht wird einer von mehreren Miterben durch Zuweisung des Heimwesens unter dem Verkehrswert gegenüber den andern Miterben begünstigt, während bei der Güterzusammenlegung alle Grundeigentümer grundsätzlich wertgleichen Realersatz erhalten. Dass die Ordnung des Gewinnbeteiligungsrechts im vorliegenden Falle auch wegen der Nichtberücksichtigung der beim Anspruchsberechtigten eingetretenen Wertsteigerung des neu zugeteilten Landes unhaltbar ist, ergibt sich ohne weiteres aus einem Vergleich des Alt- und Neubesitzes der beiden Parteien. Je ein Teil ihres Altbesitzes grenzte an die Strasse Worben-Studen oder lag unweit derselben und hatte deshalb als Bauland oder Bauerwartungsland zu gelten. Die der Beschwerdeführerin neu zugeteilte und dann im Jahre 1963 veräusserte Parzelle Nr. 163, die ca. 1400 m2 früheres Land des Beschwerdegegners umfasst, grenzt wiederum an die Strasse Worben-Studen. Die dem Beschwerdegegner zugeteilte Parzelle Nr. 300 grenzt zwar nicht an diese Strasse, jedoch unweit derselben an eine Nebenstrasse, und auch die ihm weiter zugeteilte grosse und arrondierte Parzelle Nr. 301 befindet sich in diesem Gebiete. Das ihm in der Nähe seines Hofs neu zugeteilte Land dürfte daher ebenfalls Bauland oder Bauerwartungsland sein und deshalb heute (wie übrigens schon im Zeitpunkt der Zuteilung) gleich wie die von der Beschwerdeführerin veräusserte Parzelle Nr. 163 einen weit höheren Wert als den auf Fr. 4.- pro m2 geschätzten "landwirtschaftlichen Verkehrswert" haben. Ist aber beiden Parteien bei der Neuzuteilung Bauland oder Bauerwartungsland zugeteilt worden, so verstösst es gegen Art. 4 BV und gegen die Eigentumsgarantie, dass die Beschwerdeführerin verpflichtet wird, dem Beschwerdegegner einen Gewinnanteil auszubezahlen ohne Rücksicht darauf, dass das diesem zugewiesene Land in gleichem oder ähnlichem Masse an Wert zugenommen hat wie das der Beschwerdeführerin zugeteilte Land. 7. Da sich die dem angefochtenen Entscheid zugrunde liegende Regelung des Gewinnbeteiligungsrechts als verfassungswidrig erweist, ist dieser Entscheid aufzuheben, ohne dass der weitere Einwand der Beschwerdeführerin zu prüfen ist, der BGE 95 I 366 S. 379 Appellationshof habe Art. 4 BV auch dadurch verletzt, dass er das am 1. Oktober 1963 in Kraft getretene MelG rückwirkend auf einen Kaufvertrag vom 30. September 1963 angewandt hat. Der Appellationshof wird nochmals über die Berufung der Beschwerdeführerin zu entscheiden haben. Dass er dabei zu einem andern Ergebnis als zur Abweisung der Klage des Beschwerdegegners gelangen könnte, erscheint als ausgeschlossen, da nicht nur eine Vorschrift des Dekretes, auf das Art. 43 Abs. 4 MelG für die Gewinnberechnung verweist, verfassungswidrig ist, sondern die gesetzliche Ordnung noch den weiteren Mangel aufweist, dass sie die Wertsteigerung des dem Ansprecher zugeteilten Landes ausser Betracht lässt. Es wird daher Sache des Gesetzgebers sein, zu prüfen, ob am Gewinnbeteiligungsrecht festzuhalten und wie es auszugestalten sei. Bei der Beratung des Art. 43 MelG im Grossen Rate ist mit Recht gesagt worden, es sei "ausserordentlich schwierig, die Gewinnbeteiligung gerecht zu lösen" (Tagblatt des Grossen Rates, Jahrgang 1962 Heft IV S. 537). Es kann nicht Aufgabe des Bundesgerichts sein, sich hier zur Frage zu äussern, wie das Gewinnbeteiligungsrecht auszugestalten sei, um vor Art. 4 BV und der Eigentumsgarantie standzuhalten. Bemerkt sei einzig, dass Fachleute auf dem Gebiete der Güterzusammenlegung die Anwendung des Gewinnbeteiligungsrechts auf Baugebiete als fragwürdig betrachten. So erklärte ERNST TANNER, Professor an der ETH, die "mehr als zehnjährige Erfahrung zeigt, dass die Teilungspflicht innerhalb des Baugebietes wegen ihrer überwiegend negativen Auswirkung (Hortung von Bauland, Verwertung nicht abgetauschter, oft unförmiger Teilstücke usw.) besser nicht angewendet wird" (Güterzusammenlegung und Planung in der Schweiz, in Heft 38 der Schriftenreihe für Flurbereinigung, Stuttgart 1964 S. 50). Und im gleichen Sinne hat sich ULRICH FLURY, Dipl. Kulturing. ETH, in einer 1967 abgeschlossenen Arbeit über den "Beizug von Bauland in Gesamtmeliorationen" mit näherer Begründung und unter Hinweis auf Beispiele aus der Praxis geäussert (S. 43, 73, 112, 148/50, 180). Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern vom 5. November 1968 aufgehoben.
public_law
nan
de
1,969
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
1077cc22-ad94-436d-a30b-5a429799ca69
Urteilskopf 125 II 217 20. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 11. Mai 1999 i.S. F. gegen Fremdenpolizei des Kantons Bern und Haftgericht III Bern-Mittelland (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG und Art. 13c Abs. 4 ANAG , Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK , Art. 105 Abs. 2 OG ; Verhältnismässigkeit der Ausschaffungshaft eines straffällig gewordenen Kosovo- Albaners. Zur Aufrechterhaltung der Ausschaffungshaft muss der dadurch gesicherte Vollzug der Wegweisung «absehbar» sein; für Kosovo-Albaner soll bei der entsprechenden Prognose nicht ohne besonderen Anlass auf die maximal mögliche Haftdauer abgestellt werden (E. 2 u. 3b). Trotz grundsätzlichem Novenverbot (E. 3a) berücksichtigt das Bundesgericht die veränderten Verhältnisse in casu selber, da der Haftrichter ein seit seinem ersten Entscheid eingereichtes weiteres Entlassungsgesuch entgegen BGE 124 II 1 ff. nicht an die Hand genommen hat (E. 3c).
Sachverhalt ab Seite 218 BGE 125 II 217 S. 218 Der aus dem Kosovo stammende, der albanischen Ethnie angehörende F. (geb. 1980) wurde am 26. Februar 1998 nach Belgrad ausgeschafft. Am 5. Mai 1998 reiste er erneut illegal in die Schweiz ein und ersuchte hier unter dem falschen Namen Arben Malushi (geb. 3.4.1981) um Asyl. Das Bundesamt für Flüchtlinge trat am 22. Mai 1998 auf sein Gesuch nicht ein und wies ihn weg; ab dem 6. Juni 1998 galt er an dem ihm zugewiesenen Aufenthaltsort als verschwunden. Am 26. Oktober 1998 wurde F. in Winterthur angehalten und in Untersuchungshaft genommen. Mit Strafbefehl vom 20. November 1998 verurteilte ihn die Bezirksanwaltschaft Winterthur wegen Verstosses gegen das Bundesgesetz vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 30 Tagen und einer Busse von Fr. 300.--. F. wurde anschliessend den für den Vollzug der Wegweisung zuständigen Berner Behörden übergeben, welche ihn mangels der für die Ausschaffung nötigen Dokumente am 21. November 1998 aus der Haft entliessen. Am 20. Februar 1999 hielt die Polizei F. erneut in Winterthur an; mit Strafbefehl vom 22. Februar 1999 wurde er wegen Vergehens gegen das Waffengesetz (Mitführen eines Schlagringmessers) und Widerhandlung gegen das Strassenverkehrsgesetz (Nichtmitsichführen des Führerausweises) zu zehn Tagen Gefängnis bedingt und einer Busse von Fr. 300.-- verurteilt. Tags darauf nahm ihn die Fremdenpolizei des Kantons Bern in Ausschaffungshaft; das Haftgericht III Bern-Mittelland prüfte und bestätigte diese am 24./25. Februar 1999. Am 23. März 1999 ersuchte F. um Haftentlassung, was das Haftgericht am 29./31. März 1999 ablehnte: Nach Auskunft des Bundesamts für Flüchtlinge vom 26. Februar und 26. März 1999 sei F. aufgrund seines strafrechtlich relevanten Verhaltens von der generellen Verlängerung der Ausreisefrist in den Kosovo ausgenommen; zwar seien für die Zeit vom 26. März 1999 bis 9. April 1999 alle geplanten Rückführungen in die Bundesrepublik Jugoslawien eingestellt, ohne anders lautende Verfügung würden diese hernach aber BGE 125 II 217 S. 219 wieder aufgenommen. Im Hinblick hierauf sei die Haft nach wie vor zulässig, zumal die Situation durch das Bundesamt und die Fremdenpolizei «aufmerksam verfolgt» werde. Hiergegen hat F. am 20. April 1999 beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht mit dem Antrag, diesen Entscheid aufzuheben und seinem Haftentlassungsgesuch zu entsprechen. Die Fremdenpolizei des Kantons Bern und das Bundesamt für Ausländerfragen (für das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement) beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Das Haftgericht III Bern-Mittelland hat ohne ausdrücklichen Antrag Stellung genommen und ein am 21. April 1999 bei ihm eingegangenes weiteres Haftentlassungsgesuch von F. nachgereicht. Dieser liess sich seinerseits nicht mehr vernehmen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und ordnet die unverzügliche Haftentlassung an Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 1. Die zuständige Behörde kann einen Ausländer bei Vorliegen der Voraussetzungen von Art. 13b ANAG in Ausschaffungshaft nehmen bzw. dort belassen; diese waren vorliegend ursprünglich erfüllt: Der Beschwerdeführer wurde rechtskräftig aus der Schweiz weggewiesen (vgl. Art. 13b Abs. 1 ANAG ; BGE 121 II 59 E. 2 S. 61; BGE 122 II 148 E. 1 S. 150). Sein bisheriges Verhalten (Untertauchen, Verwendung einer falschen Identität, Einreise trotz entsprechender Sperre) liess ohne weiteres den Schluss zu, dass er sich - ohne Haft - zu gegebener Zeit für den Vollzug der Wegweisung nicht zur Verfügung halten würde ( Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG ; BGE 122 II 49 E. 2a S. 50 f.; BGE 119 Ib 193 E. 2b S. 198). Die Behörden sind dem Beschleunigungsgebot nachgekommen ( Art. 13b Abs. 3 ANAG ; BGE 124 II 49 ff.); die Haftbedingungen ihrerseits wurden nie beanstandet (vgl. Art. 13c Abs. 3 sowie Art. 13d Abs. 2 ANAG ; BGE 123 I 221 ff.; BGE 122 II 299 ff.; BGE 122 II 49 E. 5 S. 52 ff.). Der angefochtene Entscheid ist deshalb bundesrechtskonform, falls die Aufrechterhaltung der Haft weiterhin verhältnismässig ist und der Vollzug der Wegweisung nicht - wie der Beschwerdeführer einwendet - aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen inzwischen als undurchführbar zu gelten hat; in diesem Fall liesse sich die Haft nicht mehr mit einem hängigen Ausweisungsverfahren rechtfertigen, und sie verstiesse deshalb gegen Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK (vgl. Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG ; BGE 119 Ib 193 E. 2c S. 198 f.; BGE 125 II 217 S. 220 vgl. auch BGE 122 II 148 E. 3 S. 152 f.; ausführlich: Urteil vom 24. Mai 1995 i.S. Troshupa, E. 4, veröffentlicht in: Praxis 85/1996 Nr. 118 S. 383 ff.). 2. Der Umstand allein, dass die Ausreise nur schwer organisiert werden kann, lässt die Haft nicht bereits dahinfallen oder die Ausschaffung als undurchführbar erscheinen. Gerade wegen solcher Schwierigkeiten und Ungewissheiten hat der Gesetzgeber die Haftdauer erheblich erhöht und die Möglichkeit der Haftverlägerung geschaffen (BBl 1994 I 305ff. S. 316). Die Haft ist gestützt auf Art. 13c Abs. 5 lit. a (2. Halbsatz) ANAG, weil unverhältnismässig, nur dann aufzuheben, wenn für die Undurchführbarkeit des Vollzugs der Entfernungsmassnahme triftige Gründe sprechen oder praktisch feststeht, dass sich die Ausschaffung innert der gesetzlichen Frist kaum wird realisieren lassen ( BGE 122 II 148 E. 3 S. 152 f.). Dies ist in der Regel nur der Fall, wenn die Ausschaffung auch bei gesicherter Kenntnis der Identität oder der Nationalität des Betroffenen bzw. trotz seines Mitwirkens bei der Papierbeschaffung mit grosser Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen erscheint. Zu denken ist etwa an eine längerdauernde Transportunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen bzw. an eine ausdrückliche oder zumindest klar erkennbare und konsequent gehandhabte Weigerung eines Staates, gewisse Staatsangehörige zurückzunehmen (Alain Wurzburger, La jurisprudence récente du Tribunal fédéral en matière de police des étrangers, in: RDAF 1997 I S. 330 f., so auch statt zahlreicher anderer unveröffentlichter Entscheide das Urteil vom 2. November 1998 i.S. Musa, E. 4b). Als rechtliche Gründe können der Ausschaffung das Gebot des Non-refoulements oder eine Unzumutbarkeit des Vollzugs entgegenstehen, weil der Ausländer im Heimatstaat einer konkreten Gefährdung ausgesetzt wäre ( Art. 14a Abs. 3 und 4 ANAG ). Diesbezüglich sind die Prüfungspflichten des Haftrich- ters allerdings beschränkt: Gegenstand seines Verfahrens bildet ausschliesslich die Rechtmässigkeit und Angemessenheit der Ausschaffungshaft als solcher (vgl. Art. 13c Abs. 2 ANAG ), indessen nicht auch die Asyl- und Wegweisungsfrage; über diese entscheiden die zuständigen ausländerrechtlichen Behörden an sich abschliessend und verbindlich (vgl. Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 4 und 5 OG und Art. 11 Abs. 2 lit. b AsylG ). Der Haftrichter hat die Haftgenehmigung deshalb nur zu verweigern, wenn sich der zu sichernde Wegweisungsentscheid als offensichtlich unzulässig erweist (vgl. BGE 121 II 59 E. 2c S. 62). Dies ist nicht bereits dann der Fall, wenn eine Wegweisung trotz Ausschaffungsstopps vollzogen wird, weil der BGE 125 II 217 S. 221 Betroffene wegen seiner Straffälligkeit hiervon ausgenommen wurde. In solchen Situationen ist auf dem Rechtsmittelweg oder wiedererwägungsweise an die für die Wegweisung zuständigen (Asyl-)Behörden zu gelangen. Die Frage, welche Schwere die Delinquenz für einen Ausschluss vom Aufschub des Wegweisungsvollzugs erreichen muss und in welchem Verfahren hierüber zu entscheiden ist, bildet ebenso wenig Gegenstand der Haftprüfung wie jene, ob eine Wegweisung wegen nachträglich veränderter Umstände unzumutbar geworden sein könnte (so bezüglich des Kosovos die unveröffentlichten Entscheide vom 5. Oktober 1998 i.S. Salihi und vom 2. November 1998 i.S. Musa). 3. a) Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann beim Bundesgericht die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Õberschreitung oder Missbrauch des Ermessens, gerügt werden ( Art. 104 lit. a OG ); das Bundesgericht überprüft den angefochtenen Entscheid in dieser Hinsicht frei. Soweit als Vorinstanz eine richterliche Behörde entschieden hat, ist es an deren Feststellung des Sachverhalts jedoch gebunden, falls dieser nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften ermittelt worden ist ( Art. 105 Abs. 2 OG ). Dies schliesst das Vorbringen von neuen tatsächlichen Behauptungen und Beweismitteln weitgehend aus ( BGE 114 Ib 27 E. 8b S. 33; FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 286/287). Insbesondere können nachträgliche Veränderungen des Sachverhalts in der Regel nicht mehr berücksichtigt werden, denn einer Behörde ist nicht vorzuwerfen, sie habe den Sachverhalt im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG fehlerhaft festgestellt, wenn sich dieser nach ihrem Entscheid verändert hat ( BGE 121 II 97 E. 1c S. 99 f.; BGE 107 Ib 167 E. 1b S. 169). Das Bundesgericht prüft den Haftentscheid deshalb grundsätzlich lediglich aufgrund der Sachlage, wie sie sich dem Haftrichter präsentierte. Was der Beschwerdeführer dort nicht ausdrücklich vortrug oder was sich nicht offensichtlich aus den damals bekannten Akten ergab, darf es bei seinem Entscheid an sich nicht berücksichtigen. Neue Sachvorbringen sind durch den kantonalen Richter (soweit nicht allenfalls die Voraussetzungen einer Revision gegeben sind) bei der Prüfung eines Haftentlassungsgesuchs oder im Rahmen des nach dreimonatiger Dauer der Ausschaffungshaft fälligen Haftverlängerungsverfahrens zu berücksichtigen (so unveröffentlichte Urteile vom 20. Juni 1995 i.S. Miri, E. 3; vom 29. September 1995 i.S. Gavazi, E. 2; jüngst bestätigt im unveröffentlichten Entscheid vom 28. April 1999 i.S. Toth, E. 1b). BGE 125 II 217 S. 222 b) aa) Unter dieser beschränkten Õberprüfungsbefugnis ist der angefochtene Entscheid nicht zu beanstanden: Der Haftrichter prüfte das Entlassungsgesuch des Beschwerdeführers am 29. März 1999 zu einem Zeitpunkt, als die Luftangriffe der NATO auf Jugoslawien erst begonnen hatten und noch davon ausgegangen werden konnte, dass diese relativ kurzfristig abgeschlossen würden. Ihm lag ein Schreiben des Bundesamts für Flüchtlinge vom 26. Februar 1999 vor, wonach der Beschwerdeführer wegen seines strafrechtlich relevanten Verhaltens von der generellen Verlängerung der Ausreisefrist ausgenommen und die Wegweisung deshalb unverzüglich zu vollziehen sei; gestützt hierauf durfte er davon ausgehen, die Wegweisung sei nach wie vor nicht offensichtlich unzulässig. Am 26. März 1999 hatte das Bundesamt zwar mitgeteilt, dass für die Zeit vom 26. März bis 9. April 1999 alle geplanten Rückführungen in die Bundesrepublik Jugoslawien eingestellt seien, weil die Fluggesellschaft JAT derzeit nicht in der Lage sei, die Flüge mit Sicherheit durchzuführen; ohne anders lautende Verfügung würden die Rückführungen ab diesem Zeitpunkt aber wieder aufgenommen. Unter diesen Umständen konnte eine rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit des Wegweisungsvollzugs (noch) ohne Verletzung von Bundesrecht verneint werden, war die Ausschaffung des Beschwerdeführers gestützt auf die Erklärungen des Bundesamts zu diesem Zeitpunkt doch nach wie vor absehbar. bb) Heute hat die entsprechende Einschätzung indessen anders auszusehen: Der Bundesrat hat am 7. April 1999 die gruppenweise vorläufige Aufnahme jener jugoslawischen Staatsangehörigen beschlossen, «die in der Schweiz keine ordentliche fremdenrechtliche Aufenthaltsbewilligung erhalten können oder die ein Asylgesuch gestellt haben und bei denen feststeht, dass sie ihren letzten Wohnsitz in der Provinz Kosovo hatten»; er hat damit entsprechende Wegweisungsvollzüge als zurzeit unzumutbar bewertet. Zwar hat er diesen Beschluss am 28. April 1999 insofern präzisiert, als davon Personen ausgenommen sind, «bei denen festgestellt wird, dass sie die öffentliche Sicherheit und Ordnung verletzt haben oder in schwerwiegender Weise gefährden oder sich der Gewaltanwendung oder massiver Drohungen gegen das Personal von Wohneinrichtungen für Asylsuchende sowie gegen Mitglieder und Angestellte der Fürsorgebehörden schuldig gemacht haben» (Ziff. 10 lit. c des BRB vom 28. April 1999; vgl. Art. 14a Abs. 6 ANAG ). Gemäss der Vernehmlassung des Bundesamts für Ausländerfragen ist dabei an schwere oder wiederholte Zuwiderhandlungen gegen Strafbestimmungen BGE 125 II 217 S. 223 des Betäubungsmittelgesetzes, des Strafgesetzbuches (insbesondere Delikte gegen Leib und Leben, Vermögensdelikte, Verbrechen und Vergehen gegen die Freiheit, strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität, gemeingefährliche Delikte, strafbare Handlungen gegen die öffentliche Gewalt usw.) sowie des Strassenverkehrsgesetzes zu denken; davon ausgenommen seien Bagatelldelikte (z.B. Entwendungen, geringfügige ANAG- oder SVG-Õbertretungen). Losgelöst von der Frage, ob das strafrechtlich relevante Verhalten des Beschwerdeführers diese Schwere erreicht - was, wie dargelegt nicht durch den Haftrichter, sondern die Asyl- bzw. Fremdenpolizeibehörden zu beurteilen ist -, hält das Bundesamt in seiner Vernehmlassung fest, dass zurzeit aufgrund der aktuellen Lage der angeordnete Wegweisungsvollzug «technisch nicht durchführbar» sei. Wie lange dieser Zustand dauern werde, sei momentan nicht absehbar. Sollte sich die Situation entspannen, bestehe die feste Absicht, möglichst rasch mit den Behörden der Bundesrepublik Jugoslawien Kontakt aufzunehmen, um die Rückführung von weg- und ausgewiesenen Personen gemäss Rücknahmeabkommen wieder aufzunehmen, selbst wenn nach den politischen und militärischen Auseinandersetzungen der letzten Tage eine solche Kontaktaufnahme nicht einfach sein werde. Es stehe somit noch nicht fest, dass der Vollzug der Wegweisung des Beschwerdeführers nicht bis zum Ende der längstmöglichen Ausschaffungshaft (23. November 1999) erfolgen könnte. Das Bundesamt übersieht dabei indessen, dass nach der Rechtsprechung der Vollzug der Wegweisung «absehbar» sein muss. Bei der hierfür erforderlichen Prognose ist - ohne besondere Gründe, wie etwa eine vom Betroffenen ausgehende ernsthafte Bedrohung oder erhebliche Gefährdung von Personen im Sinne des Haftgrunds von Art. 13a lit. e ANAG (in Verbindung mit Art. 13b Abs. 1 lit. b ANAG ), welche die Verhältnismässigkeit der Aufrechterhaltung der Haft wegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten - nicht zum Vornherein auf die maximal mögliche Haftdauer von neun Monaten abzustellen (vgl. Art. 13b Abs. 2 ANAG und BGE 122 II 148 E. 3 S. 153). Die vage Möglichkeit, dass - wie das Bundesamt ausführt - nicht «völlig ausgeschlossen» ist, dass eine Rückschaffung in den Kosovo noch dieses Jahr wieder möglich sein könnte, genügt in Fällen wie dem vorliegenden zu einer Aufrechterhaltung der Haft trotz der aktuellen technischen Unmöglichkeit des Wegweisungsvollzugs in den Kosovo nicht. Nach Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK muss das Ausweisungsverfahren BGE 125 II 217 S. 224 «schwebend» sein, was voraussetzt, dass mit dem Vollzug der Wegweisung, zu deren Sicherstellung die Ausschaffungshaft ausschliesslich dient (vgl. BGE 122 II 49 E. 5a S. 53; PETER UEBERSAX, Menschenrechtlicher Schutz bei fremdenpolizeilichen Einsperrungen, in: recht 1995 S. 62 f.), ernsthaft zu rechnen ist. Gestützt auf die aktuelle Situation kann dies hinsichtlich des Beschwerdeführers zurzeit nicht mehr angenommen werden, und die Haft erweist sich deshalb als unverhältnismässig. c) Aufgrund der konkreten Verhältnisse des Einzelfalls und mit Blick auf Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK ist das Bundesgericht -im Gegensatz zur dargestellten Praxis (vgl. E. 3a) - vorliegend verfahrensrechtlich nicht an die Sachverhaltsfeststellungen des Haft-richters und an das Novenverbot gebunden; es kann deshalb den veränderten Umständen in seinem Urteil selber unmittelbar Rechnung tragen: aa) Die Fremdenpolizei hat nach der Rechtsprechung die Rechtmässigkeit und Verhältnismässigkeit der Haft fortlaufend zu prüfen und dabei insbesondere zu berücksichtigen, ob allenfalls einer der in Art. 13c Abs. 5 ANAG genannten Haftbeendigungsgründe eingetreten ist. Ihre jeweilige Beurteilung kann im Rahmen der vom Gesetz vorgesehenen, regelmässigen, obligatorischen und fakultativen Haftkontrollverfahren (zumindest) alle zwei Monate richterlich geprüft werden ( BGE 124 II 1 E. 2c S. 5). Der Haftrichter hat seinerseits ein innerhalb der vom Gesetz vorgesehenen Sperrfristen eingereichtes Entlassungsgesuch an die Hand zu nehmen, wenn sich die Haft aufgrund neuer Umstände augenfällig als rechtswidrig erweist. Es geht - wie das Bundesgericht bereits festgestellt hat - nicht an, dass der inhaftierte Ausländer in solchen Fällen schutzlos bleibt und allenfalls lediglich aufsichtsrechtlich gegen die Fremdenpolizei vorgehen kann ( BGE 124 II 1 E. 3a S. 6; ANDREAS ZÜND, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, Verfahrensfragen und Rechtsschutz, in AJP 7/95 S. 863 f.). bb) Die Fremdenpolizei des Kantons Bern hat sich geweigert, den Beschwerdeführer aus der Haft zu entlassen; dies solle der Haft- richter beurteilen. Dessen negativer Entscheid vom 29. März 1999 war - wie dargelegt - als solcher zwar nicht bundesrechtswidrig, doch wäre er es heute gestützt auf die inzwischen veränderten Verhältnisse. Der Beschwerdeführer hat am 21. April 1999 ein weiteres Haftentlassungsgesuch eingereicht, das der Haftrichter dem Bundesgericht mit seiner Vernehmlassung am 27. April 1999 übermittelt hat, da es innerhalb der Sperrfrist von Art. 13c Abs. 4 ANAG BGE 125 II 217 S. 225 eingereicht worden sei und ihn deshalb nicht betreffe. Auf dieses hätte er nach dem Gesagten aber eintreten und die nötigen Konsequenzen ziehen müssen ( BGE 124 II 1 E. 3a S. 6), weshalb es sich als überspitzt formalistisch erwiese, die vorliegende Beschwerde dennoch ab- und die Sache bzw. das zweite Haftentlassungsgesuch im Sinne der Erwägungen an die an sich zuständigen kantonalen Behörden zurückzuweisen. Im Sinne einer Kompetenzattraktion ist die vorliegende Beschwerde deshalb gutzuheissen und direkt die Haftentlassung des Beschwerdeführers anzuordnen. Den kantonalen Behörden steht es selbstverständlich frei, diesem Kontrollauflagen zu machen und ihn, sobald sich ein Wegweisungsvollzug in die Bundesrepublik Jugoslawien wieder hinreichend konkretisiert, gegebenenfalls erneut in Haft zu nehmen. In der Zwischenzeit wäre mit Blick auf sein bisheriges Verhalten allenfalls eine Ein- oder Ausgrenzung im Sinne von Art. 13e ANAG zu prüfen, deren Missachtung eine Gefängnis- oder Haftstrafe nach sich ziehen könnte ( Art. 23a ANAG ; vgl. BGE 124 IV 280 ff.).
public_law
nan
de
1,999
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
107c9b67-4d0a-4986-a3ee-0c138be7e816
Urteilskopf 102 V 134 30. Arrêt du 1er octobre 1976 dans la cause Caisse nationale suisse d'assurance en cas d'accidents contre Orodan et Cour de justice du canton de Genève
Regeste Art. 62 Abs. 2 KUVG . Fortführung der Unfallversicherung bei einem Arbeitslosen, der bei Ablauf der 30tägigen, nach Aufhören des Lohnanspruchs beginnenden Frist in den Ferien weilt.
Sachverhalt ab Seite 134 BGE 102 V 134 S. 134 A.- L'architecte Louis Orodan, né en 1929, marié et père de famille, a travaillé pour le compte de la maison Motosacoche S.A. du 24 février au 31 mai 1975. Licencié à cette dernière date, il s'annonça à l'assurance-chômage. Celle-ci versa ses prestations, sauf pendant les deux semaines du 23 juin au 5 juillet 1975, période durant laquelle l'intéressé avait pris des vacances à ses frais. Le 17 juillet 1975, alors qu'il se trouvait à la piscine de Carouge, le prénommé subit un accident: il fit une chute et se fractura le scaphoïde du poignet gauche. Le cas fut annoncé à la Caisse nationale suisse d'assurance en cas d'accidents, auprès de laquelle il avait été assuré lorsqu'il travaillait au service de Motosacoche S.A. Considérant que le droit au BGE 102 V 134 S. 135 salaire dans cette entreprise avait pris fin le 31 mai 1975, cette assurance refusa de couvrir les conséquences de l'événement précité. Une décision dans ce sens fut communiquée à l'intéressé le 1er septembre 1975. B.- Louis Orodan recourut contre cet acte administratif. Invoquant les dispositions de l'arrêté fédéral du 20 juin 1975 instituant dans le domaine de l'assurance-chômage et du marché du travail des mesures propres à combattre le fléchissement de l'emploi et des revenus, il conclut à la prise en charge de son cas par la Caisse nationale. Par jugement du 13 février 1976, la Cour de Justice de Genève lui donna gain de cause... Les premiers juges ont retenu en substance qu'il serait "choquant et inéquitable" d'admettre que le seul fait d'avoir pris 15 jours de vacances pendant son chômage ait fait perdre à Louis Orodan son droit aux prestations de la Caisse nationale. C.- Cette dernière interjette recours de droit administratif, en concluant au rétablissement de la décision. Elle soutient que l'interruption du service des prestations de l'assurance-chômage pour cause de vacances a interrompu la couverture par l'assurance-accidents selon l'art. 62 al. 2 LAMA, modifié le 20 juin 1975. L'intimé conclut au rejet du recours, avec suite de frais et dépens également. Erwägungen Considérant en droit: 1. a) Aux termes de l'art. 62 al. 2 LAMA, dans sa teneur antérieure au 1er juillet 1975, l'assurance "finit le trentième jour suivant celui auquel le droit au salaire prend fin". L'arrêté fédéral du 20 juin 1975 instituant dans le domaine de l'assurance-chômage et du marché du travail des mesures propres a combattre le fléchissement de l'emploi et des revenus a modifié, pour la durée de sa validité, la disposition susmentionnée en y ajoutant la précision suivante: "Pour les bénéficiaires d'indemnités au sens de la loi fédérale sur l'assurance-chômage, elle dure au-delà de ce terme et prend fin lorsque cesse le droit aux indemnités de chômage." Se fondant sur l'arrêté fédéral susmentionné, le Conseil fédéral a édicté l'art. 29b de l'Ordonnance II sur l'assurance-accidents. Cette disposition a la teneur suivante: BGE 102 V 134 S. 136 "L'assuré doit prouver son droit à l'indemnité au sens de l'art. 62, 2e al. 2e phrase, de la loi par une attestation de sa caisse d'assurance-chômage. La prolongation de l'assurance au profit de bénéficiaires d'indemnités au sens de la loi fédérale du 22 juin 1951 sur l'assurance-chômage prend fin le dernier jour du droit aux prestations d'une caisse d'assurance-chômage, après une période ininterrompue de chômage complet ou partiel; la maladie, un accident ou le service militaire n'interrompent pas cette période." b) L'art. 62 al. 2 nouveau LAMA est manifestement destiné à améliorer la situation des chômeurs. Ses dispositions d'exécution ne sortent pas du cadre fixé par le législateur: en prévoyant que les rapports d'assurance cessent, au-delà du 30e jour dès la fin du droit au salaire, à la date à laquelle l'assuré finit de toucher des indemnités de l'assurance-chômage - sous réserve des cas de maladie, accident et service militaire -, après une période ininterrompue de chômage complet ou partiel, le Conseil fédéral ne fait qu'appliquer la lettre de la loi, qui ne réserve un traitement de faveur qu'aux bénéficiaires des indemnités de chômage. Pareille réglementation ne saurait prêter le flanc à la critique: il était opportun de régler de façon simple et claire une situation susceptible de se présenter fréquemment en pratique. 2. En l'espèce, il n'est pas mis en question que le droit au salaire de l'intimé s'est éteint le 31 mai 1975. Le délai de 30 jours de l'art. 62 al. 2 nouveau LAMA est donc arrivé à échéance le 30 juin 1975. Or, il est incontesté qu'à cette date l'intéressé ne bénéficiait pas d'indemnités de l'assurance-chômage, y ayant renoncé pour prendre des vacances (cf. p.ex. DTA 1971 p. 34). C'est par conséquent à tort que les premiers juges ont considéré que l'assurance-accidents n'avait pas pris fin à ce moment-là. Peu importe à cet égard que Louis Orodan ait par la suite à nouveau touché des indemnités de sa caisse d'assurance-chômage, dès le 7 juillet 1975. Car le droit à de telles prestations ne joue un rôle, du point de vue de la durée de l'assurance-accidents, que dans le cadre limité fixé à l'art. 62 al. 2 nouveau LAMA, aux conditions prévues à l'art. 29b de l'Ord. II. La reprise du service des prestations de l'assurance-chômage ne pouvait faire renaître les rapports avec l'assurance-accidents, qui avaient pris fin le 30 juin 1975. On ne saurait donc dire que la Caisse nationale a interprété de manière restrictive lesdites règles légales. BGE 102 V 134 S. 137 S'il n'avait pas pris de vacances à ses frais en juillet 1975, le recourant aurait certes conservé sa qualité d'assuré. Cette circonstance n'autorise cependant pas le juge à s'écarter d'une réglementation claire, indispensable pour créer une situation juridique nette. D'autant plus que l'intéressé avait la possibilité de prolonger l'assurance suivant l'art. 62 al. 2 LAMA. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral des assurances prononce: Le recours de droit administratif est admis et le jugement attaqué, annulé.
null
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fr
1,976
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CH_BGE_007
CH
Federation
108b3265-ca93-4b5f-92a9-7ffd6d36eb20
Urteilskopf 115 III 111 25. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 14. September 1989 i.S. Konkursmasse Wenger gegen Kobel (Berufung)
Regeste Dispositionsunfähigkeit des Gemeinschuldners, Schutz des gutgläubigen Dritterwerbers ( Art. 204 Abs. 1 SchKG , Art. 865, 866 und 973 ZGB ). Solange die Konkurseröffnung weder publiziert ( Art. 232 SchKG ) noch im Grundbuch vorgemerkt worden ist ( Art. 960 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB ), vermag die mit der Konkurseröffnung eintretende Dispositionsunfähigkeit des Gemeinschuldners gegenüber dem Rechtserwerb des gutgläubigen Dritten im Bereich des Immobiliarsachenrechts keine Wirkung zu entfalten.
Sachverhalt ab Seite 112 BGE 115 III 111 S. 112 A.- Am 30. Oktober 1987 wurde über das Vermögen des Fritz Wenger der Konkurs eröffnet. Am 6. November 1987 belastete der Gemeinschuldner seine Grundstücke (GB Amriswil StWE-Bl. 189 und 224) mit einem Inhaberschuldbrief im zweiten Rang im Betrag von Fr. 35'000.--. Die Eintragung im Grundbuch erfolgte gleichentags und damit noch vor der erst am 23. November 1987 veranlassten Vormerkung der Verfügungsbeschränkung. Den Inhaberschuldbrief übergab Fritz Wenger am 1. Dezember 1987 an Rudolf Kobel, der ihm dafür Fr. 35'000.-- in bar bezahlte. Nachdem die Konkurseröffnung am 4. und 5. Dezember 1987 im kantonalen Amtsblatt sowie im Schweizerischen Handelsamtsblatt veröffentlicht worden war, gab Rudolf Kobel am 11. Februar 1988 seine Forderung im Konkurs des Fritz Wenger ein. Mit Kollokationsverfügung vom 10. März 1988 wies das Konkursamt Schaffhausen diese Forderung ab; gleichzeitig eröffnete es Rudolf Kobel, der Schuldbrief vom 6. November 1987 werde - da erst nach Konkurseröffnung errichtet - als leere Pfandstelle behandelt und nach Verwertung der Grundstücke gelöscht. B.- Gegen dieses Vorgehen beschwerte sich Rudolf Kobel am 16. März 1988 bei der Aufsichtsbehörde des Kantons Schaffhausen über das Schuldbetreibungs- und Konkurswesen. Seine Eingabe wurde in der Folge an das Kantonsgericht überwiesen und von diesem als Kollokationsklage behandelt. Mit Urteil vom 27. Juni 1988 hiess das Kantonsgericht die Klage gut, wobei es die Konkursverwaltung anwies, die Grundpfandforderung Rudolf Kobels anzuerkennen und zulasten der verpfändeten Liegenschaften im Lastenverzeichnis zuzulassen; überdies wurde die Konkursverwaltung dazu verhalten, einen allfälligen Pfandausfall zu kollozieren. C.- Die Konkursmasse von Fritz Wenger, vertreten durch das Konkursamt Schaffhausen, widersetzte sich diesem Urteil mit Berufung an das Obergericht des Kantons Schaffhausen. In teilweiser Gutheissung der Berufung und Abweisung der Klage stellte das Obergericht mit Urteil vom 20. Januar 1989 fest, dass die BGE 115 III 111 S. 113 Grundpfandforderung von Rudolf Kobel bestehe, jedoch ausserhalb des laufenden Konkursverfahrens geltend zu machen sei. Ein von der Konkursmasse gestelltes Gesuch um Erläuterung dieses Urteils wies das Obergericht des Kantons Schaffhausen am 14. April 1989 ab. D.- Mit Berufung an das Bundesgericht beantragt die Konkursmasse von Fritz Wenger, vertreten durch das Konkursamt Schaffhausen, die vollständige Abweisung der Klage. Weiter wird die Feststellung verlangt, dass Rudolf Kobel gegenüber dem Gemeinschuldner bloss eine obligatorische Forderung ohne Pfandsicherung zustehe, die nur ausserhalb des Konkursverfahrens geltend gemacht werden könne. Rudolf Kobel schliesst sinngemäss auf Abweisung der Berufung, während das Obergericht des Kantons Schaffhausen auf Gegenbemerkungen verzichtet hat. Das Bundesgericht weist die Berufung ab, soweit es darauf eintritt, und bestätigt das angefochtene Urteil. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Der Schutz des guten Glaubens beim Erwerb von Schuldbriefen ist in den Art. 865 und 866 ZGB geregelt. Während Art. 865 ZGB das Vertrauen desjenigen auf den Bestand der Forderung aus Schuldbrief und Gült schützt, der sich in gutem Glauben auf das Grundbuch verlassen hat, erweitert Art. 866 ZGB diesen Schutz auf denjenigen, der in gutem Glauben auf den Wortlaut des formrichtig erstellten Pfandtitels abgestellt hat. Es handelt sich dabei um eine Ausdehnung des Grundsatzes des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs, wie er in Art. 973 ZGB verankert ist. Für den gutgläubigen Dritterwerber eines Schuldbriefs oder einer Gült besteht daher sowohl die Forderung als auch das Pfandrecht gemäss den Angaben des Pfandtitels Zu Recht ( BGE 107 II 450 E. 3b, BGE 89 II 392 f.). Das Bundesgericht hat bislang wiederholt angenommen, der gutgläubige Dritterwerber eines Schuldbriefes oder einer Gült sei unabhängig davon, ob der Pfandtitel wegen Handlungsunfähigkeit des Schuldners oder aus anderen materiellen Gründen nicht gültig zustande gekommen sei, sowohl bezüglich des Erwerbs der Forderung als auch des Pfandrechts zu schützen. Der gute Glaube des Dritten, der einen nichtigen Schuldbrief erwirbt, kann allerdings nur dann zur Heilung des Rechtsmangels führen, wenn nicht das BGE 115 III 111 S. 114 Erwerbsgeschäft selbst an einem Nichtigkeitsgrund leidet ( BGE 107 II 451 mit Hinweisen). Ob sich dieser sachenrechtliche Schutz des gutgläubigen Dritterwerbers auch gegenüber Art. 204 Abs. 1 SchKG durchzusetzen und die dingliche Verfügung eines hiezu unfähigen Gemeinschuldners zu heilen vermag, bleibt nachstehend zu prüfen. a) Das Bundesgericht musste sich bereits mit dem Fall eines Gemeinschuldners befassen, der wie vorliegend ein Grundstück nach der Eröffnung, aber noch vor der Bekanntmachung des Konkurses an den offenbar gutgläubigen Sohn weiterveräussert hatte, In seinen Erwägungen hielt es fest, dass der gutgläubig erwerbende Käufer nur mit seiner Einwilligung oder aufgrund eines Urteils des Besitzes entsetzt werden dürfe ( BGE 55 III 170 ). Das Bundesgericht konnte sich dabei namentlich auf JAEGER berufen, der den guten Glauben des Dritterwerbers bei unterbliebener Vormerkung bis Zur öffentlichen Bekanntmachung der Konkurseröffnung vermutet und bis zu diesem Zeitpunkt dem Gutglaubensschutz des Sachenrechts mehr Gewicht beimisst als der Verfügungsunfähigkeit gemäss Art. 204 Abs. 1 SchKG (JAEGER, Schuldbetreibung und Konkurs, 3. A. 1911, Bd. II, N. 7 zu Art. 204 SchKG , S. 52; anders aber bezüglich Fahrnis, vgl. N. 7 Abs. 1). Schon zuvor hatte WIELAND - zumindest sinngemäss - den Schutz des gutgläubigen Dritten höher bewertet, indem auch er die Wirksamkeit der Verfügungsbeschränkung von der öffentlichen Bekanntmachung des Konkurses abhängig machte (WIELAND, Zürcher Kommentar, 1909, N. 7 lit. b/bb zu Art. 960 ZGB , S. 549, sowie N. 10 lit. b zu Art. 974 ZGB ). Desgleichen ist im jüngeren Schrifttum der Vorrang des sachenrechtlichen Gutglaubensschutzes mit Nachdruck bekräftigt worden (AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 4. A. 1988, § 41 Rz. 12, S. 329; GILLIERON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 2. A. 1988, S. 289 f.; ADRIAN STAEHELIN, Probleme aus dem Grenzbereich zwischen Privat- und Zwangsvollstreckungsrecht, Basel 1968, S. 61 f.; FAVRE, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, deutsche Fassung, Freiburg 1956, S. 267 ff.; sinngemäss auch HINDERLING, in: ZSR NF 83/1964, S. 113 Anm. 10, mit Kritik an der Ausgestaltung des Gesetzes und Hinweis auf den wünschbaren Gutglaubensschutz zugunsten des Erwerbers von Mobilien; vgl. sodann auch SILVIA VERENA LEEMANN, Die Vormerkung von Verfügungsbeschränkungen im Grundbuch nach schweizerischem ZGB, Zürcher Diss. 1937, S. 66, sowie HANS BGE 115 III 111 S. 115 EUGEN MÜLLER, Zur Frage der Grundbuchsperre im geltenden schweizerischen Recht, Zürcher Diss. 1942, S. 73). b) Demgegenüber hat BGE 55 III 170 verschiedentlich Ablehnung hervorgerufen und namentlich in HAAB einen Kritiker gefunden (ZBJV 66/1930, S. 459-461). Nach Ansicht dieses Autors werde damit dem Gemeinschuldner die Möglichkeit eingeräumt, zwischen der Eröffnung des Konkurses und deren Bekanntmachung die ganze Masse in wirksamer und unanfechtbarer Weise zu verschenken, sofern nur die Empfänger der Schenkung gutgläubig seien. Selbst die Anfechtung nach Art. 286 SchKG , wo der gute Glaube des Empfängers unerheblich bleibe, biete gegen solches Tun keine Handhabe, da sich die paulianischen Klagen lediglich gegen die vor der Konkurseröffnung getroffenen Verfügungen richteten. Das Bundesgericht verkenne mit seiner Rechtsauffassung - so HAAB -, dass Art. 204 SchKG und Art. 973 ZGB überhaupt nicht miteinander kollidieren könnten; dies, weil die Publikationswirkung des Grundbuches die gemäss Art. 204 Abs. 1 SchKG ohne weiteres mit dem Konkursdekret begründete Beschränkung der Verfügungsbefugnis des Gemeinschuldners nicht zu decken vermöge, wie auch derjenige nicht in seinem guten Glauben geschützt werde, der vom Gemeinschuldner nach der Konkurseröffnung eine bewegliche Sache erworben habe. c) Bereits vor HAAB haben sich andere Autoren im gleichen Sinne geäussert (OSTERTAG, Berner Kommentar, 2. A. 1917, N. 28 zu Art. 960 ZGB ; OSTERTAG, in: Grundriss zu den Vorlesungen über das Sachenrecht des schweizerischen Zivilgesetzbuches, St. Gallen 1912, sowie FRANZ JENNY, Der öffentliche Glaube des Grundbuches nach dem schweizerischen ZGB, Freiburger Diss. 1926, S. 177/178). In namhaften Werken ist HAAB's Kritik ausdrücklich oder wenigstens sinngemäss aufgenommen worden (HOMBERGER, Zürcher Kommentar, 2. A. 1938, N. 38 zu Art. 960 ZGB ; zurückhaltender auch FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. II, 2. A. 1968, S. 41 f., insb. auch Anm. 66 S. 42, welcher hingegen noch in der Vorauflage auch den gutgläubigen Erwerber beweglicher Sachen in analoger Weise geschützt haben wollte (vgl. 1. A. 1954, S. 42)). Auch im jüngeren Schrifttum finden sich in Anlehnung an die ältere Lehre und unter Berufung auf den Wortlaut von Art. 204 und 205 SchKG klare Stellungnahmen gegen den Vorrang des sachenrechtlichen Gutglaubensschutzes (DESCHENAUX, Le registre foncier, in: Traité de droit privé suisse, Bd. V/II, 2, 1983, S. 555; CHRISTIAN PETER MEISTER, Vorsorgliche Massnahmen bei BGE 115 III 111 S. 116 immobiliarsachenrechtlichen Streitigkeiten, Zürcher Diss. 1977, S. 68; STEINAUER, SJK Nr. 1279, S. 7), derweil sich gewissen Gesamtdarstellungen des Schuldbetreibungsrechts keine Aussagen zu dieser Frage entnehmen lassen (BLUMENSTEIN, Schuldbetreibungsrecht, 1911, § 50, II. Kap., S. 695 ff.; unklar VON OVERBECK, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, 1940, S. 163 ff.). 4. Anders als die Vorschriften über die Pfändung, die in Art. 96 Abs. 2 SchKG einen Rechtserwerb des gutgläubigen Dritten am gepfändeten Grundstück zulassen, erklärt Art. 204 Abs. 1 SchKG die nach der Konkurseröffnung vom Gemeinschuldner vorgenommenen Rechtshandlungen gegenüber den Konkursgläubigern, ohne Vorbehalt zugunsten des um die Konkurseröffnung nicht wissenden Dritten, als ungültig. Mit guten Gründen wird daher der Vorrang des konkursrechtlichen Gläubigerschutzes gemäss Art. 204 Abs. 1 SchKG gegenüber dem Gutglaubensschutz des Immobiliarsachenrechts - entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil - von nicht wenigen Autoren befürwortet. Diese Auffassung wird nicht nur mit der differenzierenden Regelung des Gesetzes untermauert; sie vermag sich auch auf den Wortlaut der konkursrechtlichen Bestimmungen zu stützen, wonach die Dispositionsunfähigkeit des Gemeinschuldners bereits mit der Konkurseröffnung eintritt und der Bekanntmachung des Konkursdekrets (vgl. Art. 35 und 232 SchKG ) - abgesehen von Art. 204 Abs. 2 und 205 Abs. 2 SchKG - keine weitere Bedeutung zukommt. Ob jedoch bereits aus dem Umstand, dass das Gesetz gemäss seinem Wortlaut dem Schutze der Konkursgläubiger mehr Gewicht beizumessen scheint als demjenigen des Rechtsverkehrs, gefolgert werden kann, diese Vorzugsstellung gelte gleichermassen gegenüber dem im Sachenrecht verankerten Schutz des gutgläubigen Dritterwerbers, ist fraglich. Dass sich der Gesetzgeber in Art. 204 Abs. 1 SchKG bewusst für die unbedingte Geltung der Verfügungsunfähigkeit auch gegenüber dem sachenrechtlichen Gutglaubensschutz entschieden hätte, kann auch in Anbetracht des mit Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches geschaffenen zweiten Absatzes des Art. 96 SchKG (vgl. Art. 58 SchlT) bloss als naheliegend bezeichnet werden. Ein solcher Schluss wird nämlich durch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes, insbesondere durch die Materialien des Zivilgesetzbuches, zumindest nicht ausdrücklich erhärtet. Anderseits mag erstaunen, dass die geltende Fassung von BGE 115 III 111 S. 117 Art. 204 SchKG in unveränderter Form auch Eingang in den Vorentwurf der Expertenkommission für die Gesamtüberprüfung des SchKG vom Dezember 1981 gefunden hat (Vorentwurf, S. 63) und selbst der begleitende Bericht keinerlei Ausführungen über den möglichen Widerspruch zum sachenrechtlichen Gutglaubensschutz enthält (Bericht, S. 62 ff.). Ein gewichtiges Indiz gegen die Annahme einer uneingeschränkten Wirkung von Art. 204 Abs. 1 SchKG findet sich wiederum in Art. 960 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB , wonach Verfügungsbeschränkungen im Grundbuch unter anderem aufgrund eines Konkurserkenntnisses vorgemerkt werden können. Daraus liesse sich ableiten, die wirksame Durchsetzung des Zum Schutze der Konkursgläubiger erlassenen Art. 204 Abs. 1 SchKG verlange gerade im Bereich des Immobiliarsachenrechts zusätzliche Vorkehren und der Dritterwerber dürfe sich vor der Vormerkung der Verfügungsbeschränkung auf seinen guten Glauben in die Verfügungsfähigkeit des Veräusserers verlassen. Doch wird dieser Vormerkung von einem wesentlichen Teil der Lehre im Konkursfall gerade unter Berufung auf Art. 204 Abs. 1 SchKG bloss deklaratorische Wirkung zuerkannt (VON TUHR, Eigentumsbeschränkungen nach schweizerischem Recht, in: ZSR NF 40/1921, S. 62; HAAB, a.a.O.; DESCHENAUX, a.a.O., S. 555, insbes. auch S. 280 Anm. 5 und S. 295 Anm. 47, 49; MEISTER, a.a.O., S. 70; ähnlich bereits OTTO SCHEIDEGGER, in: ZSR NF 28/1909, S. 301). Entscheidende Bedeutung kann somit dem Wortlaut des Gesetzes, das älter ist als das Zivilgesetzbuch, nicht zukommen. Bei der Auslegung von Art. 204 Abs. 1 SchKG gilt es vielmehr, nach seinem Sinn und Zweck zu suchen, wobei den insgesamt in Frage stehenden Bestimmungen und den allenfalls gegenläufigen Interessen Rechnung zu tragen ist ( BGE 113 II 411 E. 3b/cc). 5. Ein begründetes Schutzbedürfnis besteht vorerst einmal auf seiten der Konkursgläubiger, denen die Schmälerung des Schuldnervermögens grundsätzlich nicht zuzumuten ist. Aus der Sicht des Dritterwerbers dagegen muss sich ein gegenüber Art. 204 Abs. 1 SchKG zurücktretender Gutglaubensschutz als unzulänglich erweisen. Er soll sich daher nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung auf die aus dem Grundbuch oder - im Falle des Schuldbriefes - aus dem Pfandtitel selbst ersichtliche Rechtslage verlassen dürfen, so dass der Handlungsunfähigkeit des Schuldbriefschuldners oder anderen, aus dem Titel nicht ersichtlichen Mängeln gegenüber dem gutgläubigen Dritten keine Beachtung zu BGE 115 III 111 S. 118 schenken ist ( BGE 107 II 450 E. 3b). Entsprechend hat sich das Bundesgericht in BGE 55 III 170 wenigstens sinngemäss für den Vorzug des sachenrechtlichen Gutglaubensschutzes gegenüber Art. 204 Abs. 1 SchKG ausgesprochen. Andernfalls würde die Verlässlichkeit des Grundbuches erheblich geschmälert, was den Bedürfnissen des Rechtsverkehrs in keiner Weise entspräche (vgl. auch BGE 107 II 450 E. 3a). Auch bei dieser Rechtslage müssen die Konkursgläubiger nicht schutzlos bleiben. Zweifel sind zwar angebracht, ob mit der Publikation der Konkurseröffnung, die den guten Glauben im Sinne des Art. 973 ZGB endgültig beseitigt, bereits ein hinreichender Gläubigerschutz gewährleistet wird (so offenbar STAEHELIN, a.a.O., S. 62); die Bekanntmachung wird ja erst veranlasst, wenn die Durchführung des ordentlichen Konkursverfahrens feststeht ( Art. 232 Abs. 1 SchKG ). Das Gesetz sieht jedoch zum Schutze der Konkursgläubiger in Art. 176 SchKG zusätzlich vor, dass das Konkurserkenntnis, sobald es vollstreckbar geworden ist, auch dem Grundbuchführer mitgeteilt wird, der allfällige Verfügungsbeschränkungen gemäss Art. 960 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB vorzumerken hat (vgl. Art. 233 SchKG und Art. 40 Abs. 2 lit. f KOV ). Dieselbe Möglichkeit besteht gemäss Art. 170 SchKG bereits nach Anbringung des Konkursbegehrens und nach Art. 174 Abs. 2 SchKG auch während des Verfahrens vor zweiter Instanz. Auch wenn die von Gesetzes wegen mit der Konkurseröffnung eintretende Verfügungsunfähigkeit des Gemeinschuldners wenigstens im Bereich des Immobiliarsachenrechts keinerlei Wirkungen gegenüber dem Rechtserwerb des gutgläubigen Dritten zu entfalten vermag, verbleibt die Möglichkeit, auf die im Sachenrecht selbst vorgesehene Verfügungsbeschränkung zurückzugreifen. Der Vormerkung gestützt auf Art. 960 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB muss jedenfalls stets dann eigenständige Bedeutung beigemessen werden, wenn sie vor der Publikation des Konkursdekretes erfolgt (LEEMANN, a.a.O., S. 66, sowie MÜLLER, a.a.O., S. 72). Damit besteht Gewähr, dass der weitreichende Gutglaubensschutz des Sachenrechts nicht einseitig zulasten der Konkursgläubiger zu Buche schlägt, sondern im Falle der grundbuchlichen Vormerkung der Verfügungsbeschränkung gar nicht erst zur Geltung gelangen kann (vgl. so schon BLUMENSTEIN, a.a.O., S. 696 Anm. 8). Wo letzteres - wie vorliegend - ausnahmsweise gleichwohl der Fall wäre, ist schliesslich mit einem Teil der Lehre zu erwägen, den Rechtsschutz der Art. 286 und 287 SchKG über den Wortlaut hinaus auch gegen Handlungen BGE 115 III 111 S. 119 zu gewähren, die der Schuldner erst nach der Konkurseröffnung begeht (in diesem Sinne STAEHELIN, a.a.O., S. 62 f.). 6. Nach den unbestrittenen Ausführungen im angefochtenen Urteil ist der Schuldbrief formgerecht errichtet worden. Weiter hat die Vorinstanz in tatsächlicher Hinsicht für das Bundesgericht gemäss Art. 63 Abs. 2 OG verbindlich festgestellt, dass sich der Berufungsbeklagte zur Zeit des Erwerbs des Wertpapiers im guten Glauben befunden hat. Dabei muss ihm Zweifelsohne auch die Stellung eines Dritten zuerkannt werden, denn obgleich er als erster Nehmer in den Besitz des vom Eigentümer zugunsten des Inhabers errichteten Schuldbriefes gelangt ist, war er an dessen Ausstellung - soweit ersichtlich - nicht beteiligt (zur Drittstellung vgl. HOMBERGER, a.a.O., NN. 9, 12 zu Art. 973 ZGB ). Endlich liegen nach den Feststellungen der Vorinstanz keine Anhaltspunkte vor, die darauf schliessen liessen, dass das zum Erwerb des Schuldbriefes führende Geschäft seinerseits mit einem Nichtigkeitsgrund behaftet gewesen wäre. Bei dieser Sachlage kann somit dem Obergericht gefolgt werden, wenn es - ausgehend von der zutreffenden Erwägung, dass Art. 204 Abs. 1 SchKG im Bereich des Immobiliarsachenrechts durch den Schutz des gutgläubigen Dritterwerbers eingeschränkt wird - den Bestand von Forderung und Pfandrecht geschützt hat. Das Obergericht hat festgehalten, dass die Forderung des Berufungsbeklagten erst nach der Eröffnung des Konkurses entstanden ist. In Übereinstimmung mit Lehre und Rechtsprechung hat es daraus gefolgert, dass diese Forderung im laufenden Konkursverfahren nicht berücksichtigt werden dürfe, denn um als Konkursforderung gelten zu können, hätte ihr Entstehungsgrund bereits vor der Konkurseröffnung bestanden haben müssen (vgl. dazu AMONN, a.a.O., § 42 Rz. 8, S. 334; GILLIERON, a.a.O., S. 297; bereits BLUMENSTEIN, a.a.O., S. 651). Mit diesem Schluss ist das Obergericht dem Anliegen der Berufungsklägerin wenigstens teilweise nachgekommen; da dagegen insbesondere auch seitens des Berufungsbeklagten kein Widerstand erwachsen ist, muss es damit sein Bewenden haben. Gemäss der Rechtsprechung kann demnach der Berufungsbeklagte für seine erst nach der Konkurseröffnung entstandenen Forderungen nicht aus der Konkursmasse, sondern höchstens aus den konkursfreien Aktiven des Gemeinschuldners befriedigt werden ( BGE 79 III 127 ff.; BGE 72 III 85 E. 3).
null
nan
de
1,989
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
108bfa3c-6377-4ef1-963f-1dfb7ff91c87
Urteilskopf 117 Ia 297 48. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 20 août 1991 dans la cause D.E. contre S.E. (recours de droit public)
Regeste Genfer Urteil betreffend Massnahmen zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft. Falsche Rechtsmittelbelehrung; Einsprache erhoben anstelle einer Berufung. 1. Unter gewissen Bedingungen schützt der Grundsatz von Treu und Glauben denjenigen, der sich auf eine falsche Auskunft der Behörde verlassen hat. Der Irrtum kann in der falschen Angabe des zu ergreifenden Rechtsmittels bestehen (E. 2). 2. Da Art. 363 der Genfer ZPO nicht in klarer Weise das Säumnisurteil bei einem Entscheid betreffend Eheschutzmassnahmen ausschliesst und damit auch nicht die Einsprachemöglichkeit, konnten sich die Partei und deren Bevollmächtigter darauf verlassen, dass dieses irrtümlicherweise von der Behörde angegebene Rechtsmittel zur Verfügung steht. Umdeutung der irrtümlichen Rechtsvorkehr? (E. 3).
Erwägungen ab Seite 298 BGE 117 Ia 297 S. 298 Extrait des considérants: 2. Selon la décision attaquée, l'opposition au jugement de mesures protectrices de l'union conjugale n'était pas recevable. Seul l'appel l'était (BERTOSSA/GAILLARD/GUYET, note 2 ad art. 78), avant comme après les modifications de la loi genevoise de procédure civile entrées en vigueur les 1er janvier 1982 et 1er août 1987 (SJ 1973 p. 12 ss; 1988 p. 638). Il s'agit donc de savoir si le recourant - respectivement son conseil - pouvait se fier à l'indication erronée du tribunal ou de son greffe et suivre la voie de l'opposition, puis de rechercher le cas échéant les conséquences de son erreur. Découlant directement de l' art. 4 Cst. et valant pour l'ensemble de l'activité étatique ( ATF 107 Ia 211 consid. 3a), le principe de la bonne foi donne au citoyen le droit d'être protégé dans la confiance légitime qu'il met dans les assurances reçues des autorités ( ATF 108 Ib 385 consid. b, ATF 105 Ib 159 consid. b, ATF 103 Ia 508 ). Il le protège donc lorsqu'il a réglé sa conduite d'après des décisions, des déclarations ou un comportement déterminé de l'administration. Entre autres conditions - cumulatives - auxquelles la jurisprudence subordonne le recours à cette protection ( ATF 109 V 55 consid. 3a), il faut que l'administré ait eu de sérieuses raisons de croire à la validité des assurances et du comportement dont il se prévaut et qu'il ait pris sur cette base des dispositions qu'il ne pourrait modifier sans subir un préjudice ( ATF 104 Ib 237 consid. 4, ATF 103 Ia 114 , 508 et les arrêts cités). Lorsque ces conditions sont réunies, le principe de la bonne foi l'emporte sur celui de la légalité ( ATF 112 Ia 355 consid. cc, ATF 107 V 160 consid. 2) et permet au justiciable de se prévaloir, en particulier, d'une indication erronée de l'autorité quant au délai de recours, s'il pouvait, dans les circonstances concrètes de l'espèce, s'y fier de bonne foi ( ATF 113 Ia 229 , ATF 112 Ia 310 consid. 3, ATF 111 Ia 357 et les arrêts cités). Même tardif, son recours doit alors être déclaré recevable, conformément à la règle des art. 38 PA et 107 al. 3 OJ, qui est de portée générale ( ATF 105 Ib 160 consid. 5, BGE 117 Ia 297 S. 299 100 Ib 457/458 consid. 3a, 96 II 72, 96 III 99) et selon laquelle la fausse indication des voies de recours n'entraîne aucun préjudice pour les parties. La protection de la bonne foi n'est exclue que si l'erreur - ainsi sur la compétence ( ATF 108 Ib 385 consid. b) - est clairement reconnaissable, en raison d'éléments objectifs (la nature de l'indication fournie et le rôle apparent de celui dont elle émane) et subjectifs (la position ou la qualité de l'administré ou du justiciable concerné). S'agissant des voies et formes de recours, une plus grande sévérité serait certes de mise à l'endroit d'un homme de loi qu'à l'égard d'un simple particulier: il n'y a pas de protection pour la partie dont l'avocat eût pu déceler l'erreur à la seule lecture du texte légal, sans recourir à la jurisprudence ou à la doctrine ( ATF 112 Ia 310 , ATF 106 Ia 16 ss consid. 3 et les arrêts cités). L'erreur peut consister - outre l'absence d'une "Rechtsmittelbelehrung" obligatoire - dans l'indication fausse, peu claire ou équivoque de l'autorité compétente ou du délai à respecter, mais aussi de la voie à suivre ( ATF 114 Ib 46 consid. Ia), ici l'appel ou l'opposition. En revanche, le renseignement ne peut évidemment créer un recours qui n'existe pas ( ATF 108 III 26 , ATF 111 Ib 153 ). Mais le remède peut varier (délai respecté ou restitution, transmission à l'autorité compétente, etc.). Le principe est que la possibilité de recourir ne saurait être restreinte ni écartée; l'administré ou le justiciable ne doit pas subir un dommage. 3. En l'espèce, l'indication de la voie de recours émanait du Tribunal de première instance ou de son greffe et elle était annexée au jugement, désigné comme rendu par défaut. Elle était inexacte selon la jurisprudence et la doctrine genevoises. a) L'argument de la cour cantonale, selon laquelle le recourant ne subit aucun préjudice, est manifestement insoutenable. En effet, si le mémoire du recourant est considéré comme une requête de nouvelles mesures protectrices de l'union conjugale, celles qui ont été prises le 1er novembre 1990 subsisteront, en principe, et pour le moins, jusqu'à la date du dépôt dudit mémoire, le 7 décembre suivant (cf. pour les mesures provisoires dans le divorce: SJ 1954 p. 486; 1961 p. 49). Les art. 173 al. 3 et 176 al. 1 ch. 1 CC et leur interprétation récente ( ATF 115 II 201 , ATF 114 II 18 et 26) ne sauraient écarter l'autorité d'une première décision restée inattaquée. Il s'ensuit que la solution de la cour cantonale laisse un dommage réel à la charge du recourant. BGE 117 Ia 297 S. 300 b) Il faut ensuite se demander si le recourant et son avocat avaient des raisons sérieuses de mettre en doute, dans le délai utile, la validité des renseignements que la décision de première instance leur donnait. Le mandataire affirme, sans être contredit, qu'il a été consulté deux jours seulement avant l'expiration du délai d'opposition. Et, selon la décision attaquée, le texte de l'art. 363 PC gen. n'exclut pas de manière limpide le prononcé d'un jugement par défaut, et donc la voie de l'opposition. On peut concéder à l'intimée que si, pour connaître l'effet de l'absence de comparution, l'art. 363 PC gen. n'est pas décisif dans son texte, l'art. 365 PC gen. en revanche, dans le même chapitre IV des mesures protectrices et autres interventions en matière d'union conjugale, ouvre expressément la seule voie de l'appel, et sans doute pas par inadvertance, d'autant que, pour de nombreuses autres procédures spéciales du titre XVI, la loi genevoise prévoit et règle la procédure d'opposition (chap. I-III et V-VII par exemple, art. 332-334, 340, 354, 368, 376 al. 4, 395 et 396 PC gen.). Il n'en demeure pas moins que, dans les seuls deux jours dont il disposait pour défendre les intérêts de son client, le mandataire du recourant pouvait, vu le silence du texte de l'art. 363 PC gen., se fier à l'indication de la décision à attaquer, alors que la voie indiquée est la règle en cas de non-comparution, qu'elle est prévue dans de nombreuses procédures spéciales, que la jurisprudence genevoise a dû clarifier la situation, enfin et surtout que le tribunal lui-même a estimé opportun de donner des directives aussitôt après sa propre décision, qui exprimait un avis contraire. c) Il est vrai que le mandataire du recourant était enfin au clair lorsqu'il écrivit à la Cour de justice le 28 janvier 1991. Il eût donc pu former appel, tardivement certes, mais avec l'espoir certain qu'on ne lui en tiendrait pas rigueur et que la cour cantonale entrerait en matière sur ce second recours, après avoir considéré le délai comme respecté ou sinon restitué. Mais le tribunal lui avait communiqué que son mémoire avait été transmis à la Cour de justice "pour des motifs de compétence" et le conseil du recourant demandait précisément à celle-ci, dans ladite lettre, d'"examiner ce qu'il en est afin que les parties puissent, le cas échéant, être convoquées". Or, il ne reçut pas de réponse, mais seulement la décision attaquée céans. En revanche, le dossier cantonal contient une formule adressée le 1er février 1991 par le greffe de la Cour à celui du Tribunal de première instance pour l'aviser "que par BGE 117 Ia 297 S. 301 acte déposé le 7.12.90, à la requête de D. E., il a été interjeté appel du jugement du 1er novembre 1990 rendu entre lui et S. E.". Tant le tribunal que la cour avaient donc considéré - du moins de prime abord - le mémoire d'opposition (laquelle ressortit à la compétence du premier) comme un appel (de la compétence de la seconde). De fait, la question de la conversion de l'acte se posait. C'était un premier remède envisageable à l'erreur commise dans le dispositif de la décision du tribunal et l'indication de la voie de recours. La cour cantonale ne l'a pas examinée. Sa décision doit dès lors être annulée et la cause renvoyée pour nouveau jugement. Il ne paraît guère admissible en soi que l'on puisse reprocher au recourant de n'avoir pas respecté les formes de l'appel, car ce serait seulement un effet des erreurs du tribunal. Au demeurant, contrairement à l'avis de l'intimée, il n'est pas du tout certain que dans le mémoire en opposition ne figurent pas "les griefs de fait et de droit" requis par l' art. 300 al. 1 let . c PC gen., alors que l'opposition "contient ... l'exposé des faits" et "mentionne en outre les moyens de droit" ( art. 88 al. 1 let . c et al. 2 PC gen.). Si la conversion n'était pas possible, la cour cantonale devrait rechercher un autre moyen de sauvegarder les droits légitimes du recourant, éventuellement par la restitution du délai d'appel, à l'instar par exemple du délai d'opposition lorsqu'à raison "d'autres circonstances de force majeure", le défaillant n'a pu "former opposition dans le délai fixé" (art. 86 al. 1 PC gen.) ou encore de la règle de l' art. 35 OJ , applicable aussi aux délais fédéraux légaux ( ATF 85 II 46 ) et qui peut apparaître comme la conséquence d'un principe général (POUDRET, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, Berne 1990, vol. I, p. 288).
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nan
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1,991
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CH_BGE_002
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Federation
108ee87b-6c8c-453d-a5f7-c107fb16d071
Urteilskopf 96 II 108 19. Sentenza 11 giugno 1970 della I. Corte civile nella causa La Ginevrina contro F.lli Marci e liteconsorti.
Regeste Art. 465 LMV . Inverkehrbringen feuergefährlicher Reinigungsmittel. Art. 41 und 55 OR . 1. Art. 465 LMV verbietet, die darin genannten Produkte als zum Reinigen von Kleidern geeignet anzupreisen, nicht aber, sie auf ausdrückliches Verlangen hin zu diesem Zwecke zu verkaufen (Erw. 3). 2. Grenzen der Pflicht des Verkäufers, den Erwerber von feuergefährlichen Reinigungsmitteln auf die Gefahr, die mit dem Gebrauch solcher Mittel verbunden ist, aufmerksam zu machen: Diese Pflicht ist in Art. 465 LMV abschliessend geregelt (Erw. 6). 3. Verhältnis zwischen der Haftung des Geschäftsherrn gemäss Art. 55 OR und seiner Haftung nach Art. 41 OR (Erw. 7).
Sachverhalt ab Seite 109 BGE 96 II 108 S. 109 A.- Irene Büchler comperò nel maggio 1965 tre litri di gasolina nella drogheria della società in nome collettivo Fratelli Marci, Locarno, con l'intenzione di usarne per pulire un mantello di suo marito. Friedrich Dreyer, dipendente della ditta, consegnò la merce richiesta in tre bottiglie da un litro cadauna e raccomandò all'acquirente di essere molto prudente nell'usare la sostanza, di natura infiammabile, di non deporla in luogo caldo e di adoperarla con finestre e porte aperte. Irene Büchler conservò la gasolina nel lavatoio sito al pianterreno della sua abitazione. In questo locale, il mattino del 5 agosto 1965, si accinse a pulire il mantello; versò i tre litri di gasolina in una bacinella, vi immerse il mantello e strofinò la stoffa. Seguendo il consiglio del droghiere, lasciò aperte le finestre, nonchè la porta tra il lavatoio e le scale che conducono al primo piano. Terminato il lavoro, appese il mantello ad asciugare, e versò nella vasca del gabinetto di decenza la gasolina rimasta. Pochi minuti dopo, quando Irene Büchler era già salita al primo piano, un'esplosione distrusse la casa. Le scintille prodotte dalla lavatrice automatica sita nel lavatoio, e in funzione al momento della lavatura del mantello, avevano acceso i vapori della gasolina. B.- I coniugi Büchler avevano assicurato la casa contro i pericoli del fuoco e delle esplosioni presso la società di assicurazioni "La Ginevrina". Questa versò loro la somma di fr. 225 000.-- e convenne davanti al Pretore di Locarno-città la ditta Fratelli Marci e il droghiere Dreyer per il pagamento di fr. 205 000.-- oltre il 5% di interessi dal 18 novembre 1965. Essa rimproverava in sostanza ai convenuti di aver causato l'esplosione con un atto illecito, e d'aver violato l'art. 465 dell'ordinanza sul commercio delle derrate alimentari e degli oggetti d'uso e consumo del 26 maggio 1936 (ODerr.). Il Pretore respinse l'azione. Con sentenza del 29 dicembre 1969, la Camera civile del Tribunale di appello del Cantone Ticino, adita dall'attrice, ne respinse il ricorso, confermando il giudizio pretoriale. BGE 96 II 108 S. 110 C.- "La Ginevrina" impugna la sentenza di seconda istanza davanti al Tribunale federale, mediante un tempestivo ricorso per riforma. Essa chiede l'accoglimento della petizione. I convenuti propongono di respingere il ricorso. Erwägungen Considerando in diritto: 1. e 2. - ... 3. L'attrice asserisce che i detersivi contenenti idrocarburi, data la facilità con cui questi evaporano, non possono essere venduti per la pulitura di abiti. Essa cita al proposito l'art. 465 cpv. 3 ODerr. Questa disposizione, nella seconda frase, vieta unicamente di "porli in vendita come prodotti per smacchiare vestimenta". Tale nozione di messa in vendita è più ristretta di quella della messa in commercio, fissata nell'art. 4 ODerr. L'art. 465 cpv. 3, seconda frase, ODerr. vieta unicamente di propagandare gli accennati prodotti come adatti a scopi di pulitura, non di venderli agli interessati che vogliono usarli per pulire capi di vestiario. Pone in vendita una sostanza come prodotto smacchiante il venditore che, nell'intento di stimolarne la vendita, attira l'attenzione su tali qualità con degli affissi o con etichette, o anche solo verbalmente. Che l'ordinanza non intende vietare la semplice messa in commercio di idrocarburi facilmente volatilizzabili come smacchiatori, risulta dall'art. 486 cpv. 1 lett. b ODerr, dove nei testi francese e italiano, tra gli scopi della benzina destinata a usi domestici, si annovera espressamente anche la pulitura di capi di vestiario. La sentenza impugnata non accerta che Dreyer, oppure la ditta Fratelli Marci, abbiano reclamizzato la vendita di gasolina como prodotto smacchiatore ai sensi delle suddette considerazioni. Essa constata unicamente che Irene Büchler si è recata nel negozio dei Fratelli Marci per acquistare due o tre litri di gasolina, intendendo pulire il mantello di suo marito, e che Dreyer, assecondando il suo desiderio, gliene ha venduto 3 bottiglie di un litro. L'attrice non afferma che i convenuti abbiano raccomandato al pubblico l'acquisto di gasolina quale prodotto smacchiatore. Le bottiglie in cui Irene Büchler acquistò la gasolina non recavano d'altra parte nessuna iscrizione che potesse far pensare ad una sua messa in vendita come smacchiatore, ai sensi della disposizione citata. Al contrario, le bottiglie BGE 96 II 108 S. 111 portavano solo un'etichetta con la scritta "Gasolina" e il nome della ditta che la forniva. Stando alla deposizione di Dreyer, tale etichetta fu incollata sulle bottiglie solo al momento della vendita. I recipienti con lo stampo delle parole "Gift, poison, veleno" e del teschio erano destinati alla vendita di qualsiasi sostanza velenosa, e non esclusivamente della gasolina, e furono presumibilmente riempite solo al momento della vendita. Al convenuto non si può quindi rimproverare di aver violato l'art. 465 cpv. 3 seconda frase ODerr. 4. L'attrice si richiama pure ai limiti di quantità posti alla vendita di smacchiatori e detersivi liquidi dall'art. 465 cpv. 3 prima frase ODerr. La divisione dell'igiene del dipartimento delle opere sociali del Cantone Ticino, in una pubblicazione apparsa sul foglio ufficiale no. 15 del 21 febbraio 1964, attirava l'attenzione su alcune modifiche dell'ODerr. e scriveva, in merito all'art. 465 ODerr., quanto segue: "Divieto della messa in commercio di liquidi smacchiatori e per la pulitura di indumenti contenenti benzolo e tetracloruro di carbonio. La vendita di liquidi smacchiatori è limitata a 3 dl alla volta. E vietato mettere in commercio per uso domestico tali liquidi con allusioni all'impiego per la pulitura di indumenti." Questa pubblicazione non può essere fatta rientrare tra le "disposizioni più minute in materia di sicurezza" emanate dal Cantone ai sensi dell'art. 465 cpv. 4 ODerr. Essa può solo essere concepita come un sunto, in parte peraltro impreciso, dell'art. 465 ODerr. La pubblicazione non è atta a vietare un atto permesso ai sensi dell'art. 465 cpv. 3 prima frase ODerr. Detto articolo limita unicamente la capienza dei recipienti, in cui i detersivi liquidi possono venir venduti, ma non la quantità di prodotto che può venir venduta alla stessa persona. Lo scopo della limitazione va palesemente cercato nell'intento di evitare esplosioni di grossi recipienti. Dello stesso parere sopra enunciato è del resto il chimico cantonale. Dreyer avrebbe pertanto potuto senz'altro vendere a Irene Büchler 10 bottiglie di 3 dl di gasolina. Il fatto che egli abbia venduto 3 bottiglie di un litro non ha nessun nesso causale con l'esplosione, come la precedente istanza ha costatato in modo vincolante. L'esplosione non avvenne a causa della misura dei recipienti destinati a contenere i tre litri di gasolina; BGE 96 II 108 S. 112 infatti, il liquido era già stato usato quando si verificò l'evento. La violazione del divieto dell'art. 465 cpv. 3, prima frase, ODerr. non può pertanto obbligare Dreyer a risarcire il danno. 5. - Sulle bottiglie in esame mancava l'iscrizione "facilmente infiammabile", che l'art. 465 cpv. 2 ODerr. prescrive per le sostanze smacchiatrici facilmente infiammabili. La Corte cantonale afferma che questo fatto non è causale per l'esplosione, Irene Büchler sapendo che la gasolina era facilmente infiammabile, tanto che ha usato particolari precauzioni durante la pulitura. La precedente istanza ha quindi accertato in modo vincolante che i vapori di gasolina si sarebbero incendiati anche se Dreyer avesse adempiuto a quanto prescritto. La mancata applicazione dell'etichetta non è elemento tale da comportare per il convenuto l'obbligo di risarcire il danno. 6. Secondo l'attrice, vendendo a Irene Büchler tre litri di gasolina, Dreyer ha messo in pericolo l'integrità, la vita e i beni di terzi, in quanto egli doveva sapere che in ogni economia domestica esistono apparecchi elettrici e interruttori, le cui scintille possono incendiare i vapori. Essa intende con ciò asserire che Dreyer avrebbe dovuto informare l'acquirente anche sulle possibilità d'incendio dovute a scintille derivanti da impianti elettrici; si rifà, al riguardo, alla prassi del Tribunale federale, secondo cui chi crea un pericolo è anche tenuto a prendere i provvedimenti necessari ad evitare i danni (RU 82 II 28; 93 II 92 e 339; 95 II 96 ). Con la vendita della gasolina Dreyer non ha tuttavia creato un pericolo concreto. La sostanza venduta non costituiva un pericolo per nessuno, se fosse stata usata con le dovute cautele. Il pericolo concreto è nato solo al momento in cui l'acquirente usò, circa tre mesi dopo, la gasolina per pulire un mantello in un locale dove contemporaneamente era in funzione la lavatrice elettrica. Può darsi che Dreyer avrebbe potuto prevedere simile evento, siccome l'esperienza insegna che di tanto in tanto nell'economia domestica dei vapori di benzina vengono accesi da scintille elettriche. Questo non comportava però l'obbligo per Dreyer di rendere attenta l'acquirente su tali astratti pericoli, alla stessa stregua che il venditore di automobili non è tenuto a rendere attento l'acquirente sui pericoli della circolazione stradale o l'armaiolo ad orientare l'acquirente di un'arma da fuoco sui pericoli che comporta BGE 96 II 108 S. 113 un'errata manipolazione della stessa, solo perchè sono causa di molti incidenti. Il dovere d'informare chi usa, a scopo domestico, particolari sostanze smacchiatrici e detersivi liquidi da parte di chi li mette in commercio, è regolato in modo essauriente dall'art. 465 ODerr. Il pericolo di una facile infiammabilità basta che sia indicato con la scritta chiara e ben visibile "facilmente infiammabile". La legge non richiede al venditore un ulteriore obbligo d'informazione e di avvertenza, posto che l'acquirente del detersivo sia in possesso delle normali capacità di discernimento. L'acquirente deve preoccuparsi da solo che l'astratto pericolo d'incendio non si concretizzi. L'istruzione sul modo in cui la sostanza o i suoi vapori sono infiammabili non è compito del venditore; spetta bensì all'acquirente sapersi adeguare, tenendo conto di quanto insegna l'esperienza. Il fatto che il convenuto non abbia reso attenta l'acquirente sulla possibilità di incendio dei vapori di gasolina causato dalle scintille di un elettrodomestico e di conseguenza non le abbia consigliato di eseguire la pulitura unicamente all'aperto, non può essere fatto assurgere a colpa. Alla luce di quanto ha constatato la Corte cantonale, il convenuto non era a conoscenza che Irene Büchler intendeva pulire il mantello vicino ad una lavatrice in funzione. Dreyer non ha cagionato a Irene Büchler un danno ai sensi dell'art. 41 cpv. 1 CO. L'azione, in quanto promossa contro di lui, dev'essere quindi respinta. 7. L'attrice ha convenuto in giudizio anche la ditta Fratelli Marci che, tramite il suo dipendente Dreyer, ha venduto la gasolina a Irene Büchler. Quale venditrice, la suesposta ditta era contrattualmente tenuta unicamente a consegnare all'acquirente l'oggetto venduto, ed a procurargliene la proprietà (art. 184 CO); essa non era però obbligata a orientarla circa la pericolosità della gasolina e a spiegarle quando la stessa può provocare un'esplosione. La convenuta non è pertanto tenuta a versare l'indennità a titolo di violazione contrattuale. L'attrice dà poi per dimostrato il buon fondamento della sua azione, imputando a Dreyer e alla ditta Fratelli Marci di aver commesso un atto illecito. Il padrone dell'azienda è tenuto a risarcire i danni che il suo impiegato od operaio ha cagionato per atto illecito nell'esercizio delle sue incombenze di servizio, salvo che provi di avere BGE 96 II 108 S. 114 usato tutta la diligenza per impedire un danno di questa natura o che il danno si sarebbe verificato anche usando tale diligenza (art. 55 cpv. 1 CO). Nella fattispecie, non potendosi addebitare a Dreyer nessun comportamento scorretto, la società in nome collettivo Fratelli Marci non è tenuta a rispondere ai sensi dell'art. 55 cpv. 1 CO. Anche il padrone di un'azienda può comunque commettere un atto illecito ai sensi dell'art. 41 CO. L'assicuratore che ha risarcito i danni può quindi, di regola, far valere contro di lui un diritto di regresso, dato che, secondo l'art. 51 cpv. 2 CO, deve assumere in primo luogo il risarcimento del danno colui che l'ha commesso per atto illecito. Il Tribunale federale, in prassi costante, reputa però che il padrone dell'azienda non è responsabile per colpa propria, giusta l'art. 41 CO, se ha tralasciato di istruire e sorvegliare diligentemente il suo dipendente, autore del danno. Tale omissione giustifica solo la responsabilità ai sensi dell'art. 55 CO nei rapporti extracontrattuali (RU 77 II 248, 80 II 350). Il padrone d'azienda è tenuto a rispondere per atto illecito, in seguito ad una azione o ad un'omissione di un suo dipendente, solo se gli si può addebitare d'aver impartito istruzioni illegali (RU 80 II 251). Un simile comportamento, contrariamente all'opinione dell'attrice, non può tuttavia essere dedotto dalla circostanza che nel negozio della ditta Fratelli Marci era in vendita della gasolina per la pulitura di abiti in bottiglie da un litro, e nemmeno dal fatto che, all'atto della vendita, non si è accennato alla possibilità che i vapori di gasolina si infiammassero a causa di una scintilla scaturita da una lavatrice. Già si è detto che l'intenzione dell'acquirente di usare gasolina per pulire degli abiti, non ha reso illecita la vendita, la quale nemmeno era illecita se il venditore era a conoscenza di tale intenzione. La vendita di bottiglie da un litro, invece che da tre dl, non può essere considerata la causa dell'esplosione. Il quesito di sapere se una società in nome collettivo è responsabile dell'atto illecito commesso da un socio nell'esercizio del commercio sociale, può rimanere aperto. Dispositiv Il Tribunale federale pronuncia: Il ricorso per riforma è respinto e la sentenza impugnata è confermata.
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Urteilskopf 102 II 7 2. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 27. Januar 1976 i.S. A. gegen Bank X.
Regeste Umwandlung einer geschuldeten, aber nicht erzwingbaren Sachleistung in eine Geldschuld. 1. Art. 43 ff. OG . Berufung gegen einen sog. Taxationsentscheid gemäss § 376 zürch. ZPO; Voraussetzungen (Erw. 1). 2. Art. 63 Abs. 2 OG . Schätzung einer Briefmarkensammlung anhand von Indizien als Tatfrage. Anwendung von Art. 42 Abs. 2 OR (Erw. 2)? 3. Art. 8 ZGB . Wer eine Wertsteigerung der Briefmarken behauptet und dafür ein Gutachten beantragt, ist zum Beweise zuzulassen (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 7 BGE 102 II 7 S. 7 A.- Der Arzt A. hinterlegte am 28. September 1965 bei der Bank X. drei versiegelte Pakete, enthaltend "erstklassige BGE 102 II 7 S. 8 Briefmarken" im Werte von angeblich mindestens Fr. 150'000.--. Die Marken dienten als Sicherheit für ein Darlehen in diesem Betrage, das A. von B. erhielt. Im Juli 1966 liess A. die Sicherheit durch Schuldbriefe ersetzen. Als er daraufhin die Briefmarken zurückverlangte, behauptete die Bank, sie habe ihm die drei versiegelten Pakete längst zurückerstattet. A. bestritt dies, was die Bank ihm nicht widerlegen konnte. B.- Im September 1971 klagte A. gegen die Bank X. und deren Vizedirektor auf Herausgabe der Marken. Das Bezirksgericht Horgen wies die Klage ab. Auf Appellation des Klägers hiess das Obergericht des Kantons Zürich sie am 4. März 1974 gegen die Bank jedoch gut und verpflichtete diese, die drei versiegelten Pakete mit den Marken unverzüglich herauszugeben. Das Urteil konnte nicht vollstreckt werden, da die Beklagte die Marken angeblich nicht mehr besass. C.- Am 30. Juli 1974 stellte der Kläger gestützt auf § 376 zürch. ZPO das Begehren, es sei ihm der Geldwert, den die streitigen Briefmarken am 4. März 1974 hatten, nebst 7% Zins seit diesem Datum zuzusprechen; eventuell habe ihm die Beklagte Fr. 181'551.80 nebst Zins seit 15. Juli 1966 zu bezahlen. Der Einzelrichter des Bezirksgerichtes Horgen setzte am 17. Oktober 1974 den Wert der Marken auf Fr. 150'000.-- fest, verurteilte die Beklagte zur Zahlung dieses Betrages und wies die Klage im übrigen ab. Der Kläger legte dagegen Rekurs ein, der vom Obergericht des Kantons Zürich durch Beschluss vom 27. Februar 1975 abgewiesen wurde. D.- Die Erben des A., der am 31. Januar 1975 gestorben ist, haben die Berufung erklärt. Sie beantragen, den Beschluss des Obergerichtes aufzuheben und das Begehren des Klägers vom 30. Juli 1974 gutzuheissen oder die Sache zur Durchführung eines Beweisverfahrens an das Obergericht zurückzuweisen. Die Beklagte beantragt, auf die Berufung nicht einzutreten oder sie abzuweisen. BGE 102 II 7 S. 9 Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Ist die Herausgabe einer beweglichen Sache im zürcherischen Befehlsverfahren nicht erzwingbar, so kann der Berechtigte gemäss § 376 ZPO den Geldwert der Sache beanspruchen (Abs. 1). Der Wert ist auf Verlangen des Gläubigers im summarischen Verfahren, nötigenfalls durch Abnahme von Beweisen, zu ermitteln; seine Festsetzung hat die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils (Abs. 2). Die Beklagte bestreitet, dass ein im sog. Umwandlungs- oder Taxationsverfahren gemäss § 376 ZPO ergangener Entscheid mit der Berufung an das Bundesgericht weitergezogen werden kann. Diese Bestimmung stehe im Abschnitt über die Vollstreckung von Urteilen und erlaube dem Richter nur, den Geldwert einer Sache, die nicht mehr herausgegeben werden könne, festzustellen und zuzusprechen. Das Verfahren gleiche deswegen zwar einem Schadenersatzprozess, diene aber nur der Vollstreckung einer nicht mehr erfüllbaren Leistung; ein Schaden, der ausserhalb der gerichtlich zugesprochenen Sache liege, könne nicht geltend gemacht werden. Dem ist vorweg entgegenzuhalten, dass die kantonalen Instanzen im Taxationsverfahren kein Schadenersatzbegehren zu beurteilen, sondern eine geschuldete, aber nicht erzwingbare Sachleistung in eine Geldschuld umzuwandeln hatten. Dass sodann der Beschluss der letzten kantonalen Instanz über die Umwandlung mit der Berufung angefochten werden kann, hat das Bundesgericht schon im Entscheid 30 II 563 ff. angenommen. Es hielt das Rechtsmittel für zulässig, weil die im Taxationsverfahren festgesetzte Geldforderung auf dem gleichen Schuldgrund beruht wie die nicht erfüllbare Sachleistung, die bei der Umwandlung zu beachtenden Grundsätze ebenfalls dem materiellen Bundesrecht angehören und weil durch den Taxationsentscheid eine Zivilrechtsstreitigkeit endgültig erledigt wird. Dass der Entscheid nicht Urteil, sondern Beschluss genannt werde, sei unerheblich; ebenso ob er von einem ordentlichen oder besonderen Gericht und in welcher Prozessart er gefällt werde. Es hilft der Beklagten daher nicht, dass der Geldwert einer nicht erbringbaren Sachleistung seit 1913, als die heute noch geltende ZPO in Kraft getreten ist, im beschleunigten Verfahren festgesetzt BGE 102 II 7 S. 10 wird (vgl. auch BGE 20 S. 79). Entgegen der Annahme der Beklagten anerkennen übrigens auch STRÄULI/HAUSER (Gesetze über die zürcherische Rechtspflege II, 2. Aufl. N. 4 zu § 376 ZPO ), dass Taxationsentscheide mit der Berufung angefochten werden können. Im gleichen Sinn hat das Bundesgericht mit Bezug auf Urteile entschieden, die im zürcherischen Befehlsverfahren gemäss § § 292 ff. ZPO gefällt werden. Auch diesfalls genügt für die Zulässigkeit der Berufung, dass das summarische Verfahren zur endgültigen Beurteilung eines zivilrechtlichen Anspruches führte und kein ordentliches vorbehalten wurde ( BGE 82 II 562 Erw. 3, BGE 90 II 463 Erw. 1). Hier verhielt es sich nicht anders. Da auch die weiteren Voraussetzungen - Anfechtung eines Endentscheides und Streitwert von wenigstens Fr. 8'000.-- - erfüllt sind, ist auf die Berufung der Erben A. einzutreten. 2. Das Obergericht führt aus, nach dem zwischen A. und B. abgeschlossenen Darlehensvertrag müsse als bewiesen gelten, dass der Kläger der Bank als Sicherheit für die geliehenen Fr. 150'000.-- Briefmarken in eben diesem Wert übergeben habe. Ein Beweis dafür, dass die Marken zur Zeit der Übergabe mehr wert gewesen seien, liege dagegen nicht vor und könne nicht erbracht werden, da eine Expertise sich als zwecklos erweise. Dass die Banken den Wert von Pfändern durchwegs unter deren Nominalwert anzusetzen pflegten, helfe dem Kläger nicht, zumal die Bank hier bloss als Treuhänderin aufgetreten sei. Zu Unrecht rügen die Berufungskläger, das Obergericht habe dabei die in Art. 42 Abs. 2 OR enthaltenen Grundsätze verletzt oder überhaupt nicht angewendet. Die Vorinstanz schloss aus den gesamten Umständen, insbesondere aus der Höhe der Darlehenssumme und der Rolle der Beteiligten, die Briefmarken hätten im Zeitpunkt der Hingabe den Wert des Darlehens erreicht, jedoch nicht übertroffen. Dieser Schluss ist für das Bundesgericht verbindlich. Er enthält keine rechtliche Wertung von Tatsachen, sondern beruht auf Würdigung des Beweisergebnisses, zu dem auch das nachträgliche Verhalten der Beteiligten und die Quittung der Bank gehörten. Dass er sich nicht auf einen direkten Beweis, sondern bloss auf Indizien stützt, ändert nichts ( BGE 75 II 102 ). Auch der Schluss aus Indizien auf einen bestimmten Wert einer Sache BGE 102 II 7 S. 11 ist tatsächlicher Natur und deshalb der Überprüfung durch das Bundesgericht entzogen (vgl. BGE 75 II 102 , BGE 76 II 193 Erw. 3, BGE 77 II 293 , BGE 84 II 537 , BGE 86 II 313 Erw. 3). Eine Schätzung im Sinne von Art. 42 Abs. 2 OR hätte übrigens von den gleichen Anhaltspunkten ausgehen müssen, folglich zu keinem andern Ergebnis geführt, zumal der Kläger dem gewichtigen Indiz, das die Vorinstanz in der Höhe des Darlehens erblickte, nichts Gleichwertiges entgegenzuhalten wusste. Diese Bestimmung ist zudem nur anwendbar, wenn ein ziffermässiger Nachweis ausgeschlossen ist ( BGE 84 II 11 , BGE 89 II 219 /20, BGE 97 II 218 und dort angeführte Urteile). 3. Die Berufungskläger machen ferner geltend, die nicht mehr auffindbaren Briefmarken hätten seit der Verpfändung an Wert gewonnen; sie seien am 4. März 1974, als die Beklagte zur Herausgabe verpflichtet wurde, erheblich mehr wert gewesen als bei ihrer Übergabe, was die Vorinstanz verkenne. Das Obergericht hielt auch "eine Expertise über eine allfällige Wertsteigerung" der Briefmarken bis zum 4. März 1974 für nutzlos, da vorerst durch optische Begutachtung der Marken ein zuverlässiger Wert ermittelt werden müsste; das sei unbestrittenermassen aber nicht möglich, folglich auch die Wertsteigerung nicht mehr festzustellen. Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Gewiss könnte der genaue Wertzuwachs nur nach einer vorausgehenden optischen Begutachtung der Marken festgestellt werden, da deren Wert je nach den Qualitätsmerkmalen nicht bloss sehr verschieden sein, sondern auch unterschiedlich steigen konnte. Die streitigen Marken hatten nach der Feststellung des Obergerichts im September 1965 jedoch einen Wert von Fr. 150'000.--; ihre allgemeine Wertsteigerung kann daher auch ohne optische Begutachtung einigermassen zuverlässig ermittelt werden. Es ist gerichtsnotorisch, dass jedenfalls wertvolle Briefmarkensammlungen die allgemeine Inflation mitmachten und zu höheren Preisen gehandelt wurden, als die Flucht in die Sachwerte das grösste Ausmass erreichte. Das muss angesichts ihres Wertes im September 1965 auch von den streitigen Marken gelten; es kann keinem Zweifel unterliegen, dass sie seitdem in ihrem Wert gestiegen sind. Der Kläger hat denn auch ausdrücklich den Geldwert der Marken vom 4. März 1974 verlangt und beantragt, es sei BGE 102 II 7 S. 12 darüber eventuell eine Expertise durchzuführen. Sein Begehren betraf eine rechtserhebliche Tatsache, weshalb er gemäss Art. 8 ZGB Anspruch darauf hatte, zum Beweise zugelassen zu werden. Der angefochtene Beschluss ist daher gestützt auf Art. 64 Abs. 1 OG aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese hat, wenn nötig mit Hilfe von Sachverständigen, näher abzuklären, wie stark Briefmarken der streitigen Art seit September 1965 bis März 1974 durchschnittlich im Wert gestiegen sind. Sie hat alsdann je nach dem Ergebnis den Geldwert, der für die nicht mehr erbringbare Sachleistung zuzusprechen ist, neu festzusetzen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird gutgeheissen, der Beschluss des Obergerichtes (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich vom 27. Februar 1975 aufgehoben und die Sache zur neuen Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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Urteilskopf 116 Ia 264 42. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 15. Juni 1990 i.S. A. und B. M. gegen Kantonale Steuerverwaltung St. Gallen und Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Berufliche Vorsorge; steuerrechtliche Behandlung von Einkaufsbeiträgen; Frage des zulässigen Rechtsmittels. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist zulässig, wenn öffentliches Recht des Bundes die Grundlage bildet, auf die sich die Verfügung stützt oder stützen sollte (E. 2). Die steuerrechtlichen Vorschriften von Art. 80-84 BVG sind Steuerharmonisierungsbestimmungen. Die Verletzung dieser Vorschriften ist im Bereich der kantonalen Steuern mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 2 ÜbBest.BV geltend zu machen (E. 3). Die Verweigerung des Abzugs ( Art. 81 Abs. 2 BVG ) von Beiträgen zum Einkauf früherer Beitragsjahre in ein vor dem 1. Januar 1985 begründetes Vorsorgeverhältnis der 2. Säule für Angehörige der Eintrittsgeneration, deren Anspruch auf Altersleistungen vor dem 1. Januar 2002 entsteht, verletzt Bundesrecht nicht (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 265 BGE 116 Ia 264 S. 265 Die Eheleute A. und B. M., damals beide im Dienste der Stadt St. Gallen erwerbstätig, machten in der Steuererklärung 1987/88 von den Einkünften des Bemessungsjahres 1986 einen Abzug von Fr. ... entsprechend dem von Frau B. M. (geboren am 22. Mai 1928) am 30. Dezember 1986 geleisteten Beitrag an die städtische Versicherungskasse für den Einkauf von Beitragsjahren (Wegkauf einer Rentenkürzung zufolge beim Eintritt in die Kasse nicht erbrachter Einkaufssumme nach Art. 13 der Kassenstatuten). Sie wurden abweichend von ihrer Steuererklärung für 1987 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. ... veranlagt, wobei ihnen der Abzug von Fr. ... verweigert wurde, dies gestützt auf Ziff. 2 der Übergangsbestimmungen des IV. Nachtragsgesetzes (vom 3. Juli 1986) zum Steuergesetz vom 23. Juni 1970 (StG, sGS 811.1), welche lautet: "2. Beiträge für den Einkauf von Beitragsjahren in der beruflichen Vorsorge können nicht abgezogen werden, wenn das Vorsorgeverhältnis vor dem 1. Januar 1985 begründet wurde und ein Anspruch auf Altersleistungen vor dem 1. Januar 2002 besteht." Die Eheleute M. machten, mit Einsprache, Rekurs an die Verwaltungsrekurskommission und Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen vergeblich geltend, der Abzug sei ihnen zu gewähren und das steuerbare Einkommen auf Fr. ... zu reduzieren, da Ziff. 2 der Übergangsbestimmungen dem zwingenden Art. 81 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG, SR 831.40) widerspreche. Mit Urteil vom 30. August 1989 wies das Verwaltungsgericht als letzte kantonale Instanz ihre Beschwerde (ohne Kostenauflage) ab. BGE 116 Ia 264 S. 266 Gegen dieses Urteil, das ihnen am 6. September 1989 zugestellt wurde, erheben A. und B. M. am 27. September 1989 rechtzeitig staatsrechtliche Beschwerde mit dem Begehren, es sei die Veranlagung für die Staats- und Gemeindesteuern 1987 mit Fr. ... Einkommen aufzuheben und das Einkommen auf Fr. ... zu reduzieren bzw. das Verwaltungsgericht zu einer solchen Reduktion anzuweisen. Sie rügen die Verletzung der derogatorischen Kraft des Bundesrechts durch Missachtung der zwingenden Vorschrift von Art. 81 Abs. 2 BVG . In ihrer Begründung, auf die in den Erwägungen zurückzukommen sein wird, überlassen sie es dem Bundesgericht, die Beschwerde wegen Verletzung von Art. 81 Abs. 2 BVG allenfalls als Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu behandeln. Das Verwaltungsgericht und die Steuerverwaltung des Kantons St. Gallen beantragen unter Hinweis auf das angefochtene Urteil, die Beschwerde sei abzuweisen. Die zur Vernehmlassung eingeladene Eidgenössische Steuerverwaltung enthält sich in ihrer Vernehmlassung einer Stellungnahme hinsichtlich der kantonalen Steuern, da ihr diesbezüglich kein Aufsichtsrecht zustehe, und weist lediglich darauf hin, dass der Bundesgesetzgeber für die direkte Bundessteuer in Art. 156 BdBSt die gleiche sinnvolle Einschränkung des Abzugs von Beiträgen für den Einkauf von Beitragsjahren vorgenommen habe. Das Bundesgericht weist die staatsrechtliche Beschwerde, soweit es darauf eintritt, ab Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 2. a) Gemäss Art. 97 Abs. 1 OG beurteilt das Bundesgericht letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne von Art. 5 VwVG , die von einer der in Art. 98 OG aufgeführten Vorinstanzen ausgehen und die unter keine der Ausnahmen der Art. 99-102 OG fallen. Als Verfügungen gelten Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen ( Art. 5 Abs. 1 VwVG ) oder richtigerweise hätten stützen sollen ( BGE 113 Ib 372 E. 1b; BGE 112 Ib 237 E. 2a, mit Hinweisen). b) Dabei kann von einer Verfügung, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützt oder stützen sollte, nicht schon dann die Rede sein, wenn bei der Anwendung selbständigen kantonalen Rechts eine Bundesnorm nur zu beachten oder mit anzuwenden ist, sondern nur wenn öffentliches Recht des Bundes die oder eine BGE 116 Ia 264 S. 267 der Grundlagen bildet, auf der im betreffenden Sachgebiet die Verfügungen im Einzelfall abzustützen sind ( BGE 112 V 113 E. 2d, mit Hinweis auf Pfister, Staatsrechtliche und Verwaltungsgerichts-Beschwerde; Abgrenzungsschwierigkeiten, in: ZBJV 121/1985 S. 533 ff., insbes. S. 549 f.). In den Fällen, in denen Grundlage der Verfügungen einerseits selbständiges kantonales Recht, anderseits das öffentliche Recht (Verwaltungsrecht) des Bundes bildet, können letztinstanzliche Verfügungen der kantonalen Behörden mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden, soweit ausschliesslich eine Verletzung dieses Bundesrechts in Frage steht ( BGE 108 Ib 74 E. 1a, mit Hinweisen), während die Verletzung des selbständigen kantonalen Rechts mit staatsrechtlicher Beschwerde geltend zu machen ist, wobei die beiden Beschwerden dem Bundesgericht gegebenenfalls in einer einzigen Eingabe unterbreitet werden können. Offenbar zu weit geht die Annahme, dass eine gleichzeitige Grundlage für kantonale Verfügungen im öffentlichen Recht des Kantons und des Bundes (mit den entsprechenden Schwierigkeiten der Rechtsmittelabgrenzung) auch bestehe, wo das Bundesrecht nur Grundsatznormen aufstellt, welche von den Kantonen bei der Ausgestaltung ihres selbständigen Rechts zu beachten sind ( BGE 105 Ib 108 E. 1c, mit Hinweisen). Blosse Grundsatz- oder Rahmenbestimmungen im öffentlichen Recht des Bundes, die zur Handhabung im Einzelfall der Ausführung durch selbständiges kantonales Recht bedürfen, bilden nicht Grundlage der Verfügung, die sich nicht auf solche Normen des öffentlichen Rechts des Bundes stützt, wie das Bundesgericht seither für Bauland-Erschliessungsbeiträge erkannte ( BGE 112 Ib 239 ). Sollte das angewendete selbständige kantonale Recht Grundsatz- oder Rahmenbestimmungen des öffentlichen Bundesrechts verletzen, so steht gegen die Verfügung die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Grundsatzes der derogatorischen Kraft des Bundesrechts offen. c) Verfügungen betreffend die Veranlagung kantonaler Steuern stützen sich - in der Regel ausschliesslich - auf öffentliches Recht des Kantons. Die Frage, ob (der letztinstanzliche kantonale Entscheid über) eine solche kantonale Verfügung gleichzeitig gestützt auf öffentliches Recht des Bundes ergehen kann, wurde vom Bundesgericht aufgeworfen und bejaht im Falle einer Steuerpflichtigen in internationalen Verhältnissen, in dem ausschliesslich die Anwendung des zum öffentlichen Recht des Bundes gehörenden Doppelbesteuerungsabkommens der Schweiz streitig war BGE 116 Ia 264 S. 268 ( BGE 102 Ib 265 E. 1a; vgl. dazu die Diskussion in Mélanges André Grisel, Neuchâtel 1983, S. 689 ff.). Sie wurde seither in verschiedenen nicht publizierten Urteilen offengelassen (vgl. auch ASA 55, 587 E. 2, 659 E. 1). Auch wo öffentlichrechtliche Vorschriften des Bundes diesen selbst (Art. 10 Abs. 1 Garantiegesetz, SR 170.21), öffentliche Anstalten und Körperschaften oder Private von den Steuern der Kantone und Gemeinden befreien (wie z.B. Art. 47 Abs. 2 MVG , SR 833.1; Art. 31 Abs. 1 KVG , SR 832.10; Art. 94 und 110 AHVG , SR 831.10; bis 1983 Art. 45 Abs. 2 IVG , SR 831.20 u.a.), kann ihre Verletzung durch einen letztinstanzlichen Entscheid über die Veranlagung kantonaler Steuern nicht mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden, sondern nur mit verwaltungsrechtlicher Klage gemäss Art. 116 lit. f OG ( BGE 111 Ib 7 E. 2b, mit Hinweisen). Auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin wird die Verletzung einer derartigen Steuerbefreiungsvorschrift durch kantonale Verfügungen lediglich überprüft, wo diese die Veranlagung der direkten Bundessteuer zum Gegenstand haben ( BGE 109 Ib 112 E. 3). 3. a) Die Beschwerdeführer verweisen auf die von RIEMER (Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, S. 136 N. 1) vertretene Auffassung, wonach die Vorschriften von Art. 80-84 BVG über die steuerrechtliche Behandlung der Vorsorge (1. Titel des 6. Teils) mit Ausnahme von Art. 82 Abs. 2 BVG für Bund, Kantone und Gemeinden unmittelbare Geltung hätten, weshalb das kantonale Steuerrecht sich strikte an diese Bestimmungen zu halten habe und andernfalls letztinstanzlich mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden könnte. Sie machen geltend, insbesondere Art. 81 Abs. 2 BVG , der den vollen Abzug aller Beiträge vorsehe, müsse als zwingende Vorschrift von den Kantonen angewendet werden. Die Kantone dürften die Bestimmung wohl in die kantonalen Gesetze übernehmen, doch nur mit ihrem genauen Wortlaut und ohne sachliche Änderungen. b) Die Auffassung, wonach die Vorschriften von Art. 81-84 BVG "unmittelbare Geltung" hätten, wird auch im Kommentar UMBRICHT/LAUER (Das neue Pensionskassen-Gesetz, Teil 8 Kap. 6.3) und von F. FESSLER (Die steuerliche Behandlung der Vorsorge, StR 41/1986 S. 110 ff., bes. S. 116 Anm. 38) vertreten (vgl. auch ZUPPINGER/BÖCKLI/LOCHER/REICH, Steuerharmonisierung, S. 89). Sie bezieht sich zunächst auf das Inkrafttreten der BGE 116 Ia 264 S. 269 Vorschriften am 1. Januar 1985 bzw. am 1. Januar 1987 (Art. 81 Abs. 2-3, 82 und 83 BVG, vgl. Art. 1 Abs. 1 und 5 V über die Inkraftsetzung und Einführung des BVG, SR 831.401), das nicht von der Ausführung in kantonalen Steuergesetzen abhänge. Die daran anschliessende Überlegung, dass sich das kantonale Steuerrecht auf alle Fälle "strikte" an die bundesrechtlichen Bestimmungen zu halten habe, ist anhand ihrer Bedeutung (als eventuelle Grundsatz- oder Rahmenbestimmungen) näher zu prüfen; sie erlaubt jedenfalls noch nicht den Schluss, dass die Anwendung mit den BVG-Vorschriften unvereinbaren kantonalen Steuerrechts letztinstanzlich mittels Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden könne. c) Im Bundesrecht wird zunächst die Steuerfreiheit für registrierte und nichtregistrierte Vorsorgeeinrichtungen, also auch im überobligatorischen Bereich und im Bereich der sog. 3. Säule, in differenzierter Weise geordnet ( Art. 80 BVG ). Art. 81 BVG hält fest, dass die Beiträge der Arbeitgeber an Vorsorgeeinrichtungen als Geschäftsaufwand gelten (Abs. 1). Es folgt die vom Beschwerdeführer angerufene Bestimmung: "2 Die von den Arbeitnehmern und Selbständigerwerbenden an Vorsorgeeinrichtungen nach Gesetz oder reglementarischen Bestimmungen geleisteten Beiträge sind bei den direkten Steuern des Bundes, der Kantone und Gemeinden abziehbar." Nach Art. 82 BVG legt der Bundesrat in Zusammenarbeit mit den Kantonen die anerkannten Vorsorgeformen und die Abzugsberechtigung für Beiträge fest, die Arbeitnehmer und Selbständigerwerbende für weitere anerkannte Vorsorgeformen (3. Säule) leisten. Die Leistungen aus Vorsorgeeinrichtungen und Vorsorgeformen nach Art. 80-82 sind bei den direkten Steuern des Bundes, der Kantone und der Gemeinden in vollem Umfang als Einkommen steuerbar ( Art. 83 BVG ). Dagegen sind Ansprüche aus diesen Vorsorgeeinrichtungen und Vorsorgeformen vor ihrer Fälligkeit von den direkten Steuern des Bundes, der Kantone und der Gemeinden befreit ( Art. 84 BVG ). d) Die Vorschriften von Art. 80-84 BVG beziehen sich nicht ausdrücklich auf den Steuergesetzgeber, insbesondere in Bund und Gemeinde, der Vorschriften in bestimmtem Sinne zu erlassen hätte. Sie lauten teils wie Vorschriften eines Steuergesetzes (Art. 81 Abs. 3, 82 Abs. 1 BVG). In der Hauptsache enthalten sie Regelungen, die mit ähnlicher Bestimmtheit auch in Steuergesetzen zu finden sind, aber verbunden mit dem Verweis auf bestimmte BGE 116 Ia 264 S. 270 (beispielsweise direkte) Steuern der Kantone und Gemeinden sowie eventuell des Bundes, bei denen die Regeln gelten sollen (Art. 80 Abs. 2, 81 Abs. 1 und 2, 83 und 84 BVG). Schliesslich enthalten einzelne der Vorschriften sinngemäss oder ausdrücklich Anweisungen, die sich nur an den Gesetzgeber richten können (Art. 80 Abs. 3 und 4 sowie Art. 82 Abs. 2 BVG ). Von der Delegationsnorm in Art. 72 Abs. 2 BVG abgesehen, umschreiben die Vorschriften nicht etwa einen Spielraum, in dem sich die Vorschriften kantonaler Steuergesetze zu bewegen haben, sind also nicht blosse Rahmenvorschriften. Vielmehr enthalten sie mindestens verpflichtende Grundsätze und zielen insoweit auf eine Vereinheitlichung des Rechts der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden. Damit lassen sie sich als Steuerharmonisierungsbestimmungen qualifizieren (YERSIN, Prévoyance professionnelle et impôts successoraux, ASA 55, S. 465 ff., bes. S. 468 f.; auch in: Prévoyance professionnelle et fiscalité, Lausanne 1986, S. 105 ff.). e) Dies entspricht der verfassungsrechtlichen Grundlage. Die Bestimmungen stützen sich, was die berufliche Vorsorge (2. Säule) anbelangt, auf Art. 34quater Abs. 5 BV , wonach der Bundesgesetzgeber die Kantone verpflichten kann, Einrichtungen der beruflichen Vorsorge von der Steuerpflicht zu befreien, sowie in bezug auf Beiträge und anwartschaftliche Ansprüche den Versicherten und ihren Arbeitgebern Steuererleichterungen zu gewähren. Die Gleichstellung anderer Vorsorgeformen (3. Säule) in Art. 82 BVG stützt sich auf Art. 34quater Abs. 6 BV , wonach der Bund in Zusammenarbeit mit den Kantonen die Selbstvorsorge insbesondere durch Massnahmen der Fiskal- und Eigentumspolitik fördert. Art. 34quater Abs. 6 BV umschreibt die Gesetzgebungskompetenz zwar weniger präzis, dürfte aber dem Bund nicht die Befugnis zu weitergehender Gesetzgebung auf dem Gebiet kantonaler und kommunaler Steuern geben als Art. 34quater Abs. 5 BV für die 2. Säule (YERSIN, a.a.O., ASA 55, S. 467-469, mit Hinweisen; H. MEYER, Steuerliche Aspekte der beruflichen Vorsorge, in: Festgabe P. Steinlin: Zur Verwirklichung der 2. Säule, St. Gallen 1981, S. 133 ff., bes. S. 138 f.). Für die Bestimmung über die Besteuerung der Leistungen in Art. 83 BVG kann die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers nur aus Art. 42quinquies BV hergeleitet werden, wonach der Bund auf dem Wege der Bundesgesetzgebung Grundsätze für die Steuergesetzgebung der Kantone und Gemeinden erlassen und die Einhaltung dieser Grundsatzgesetzgebung überwachen kann (insbes. Abs. 2 und 3; vgl. YERSIN, a.a.O., ASA 55, S. 468 Anm. 4). BGE 116 Ia 264 S. 271 In der Literatur überwiegt denn auch die Auffassung, dass insbesondere Art. 83 und die Übergangsbestimmung dazu in Art. 98 Abs. 4 BVG , aber allgemein die steuerrechtlichen Bestimmungen in Art. 80-84 BVG zwar für die Kantone verbindliche, aber doch nur Grundsatzvorschriften darstellen, die für die Veranlagung der Steuerpflichtigen nicht anwendbar sind, ohne dass der Kanton sie in seiner Steuergesetzgebung ausführt; Grundlage für die Veranlagung kantonaler oder kommunaler Steuern kann nur das kantonale Recht sein (YERSIN, Prévoyance professionnelle et pratiques fiscales, ASA 56, S. 385 ff., bes. S. 387; JUNG, Le traitement fiscal du 2e pilier, notamment en matière d'impôt fédéral direct, in: Prévoyance professionnelle et fiscalité, Lausanne 1986, S. 29; WEIDMANN, Berufliche Vorsorge und gebundene Selbstvorsorge - ungelöste Steuerprobleme, StR 42/1987 S. 95 ff., bes. S. 97; LAFFELY, Problèmes d'application des dispositions fiscales de la LPP, StR 41/1986 S. 57 und 128 ff.; bes. S. 60, 128, 133; vgl. LAFFELY, Traitement fiscal des attributions de l'employeur à une institution de prévoyance, in: Schweizer Personalvorsorge [SPV] 1/1988 S. 364; ZIGERLIG, Ausgewählte Sonderfragen zur steuerlichen Behandlung der 2. Säule, SPV 1/1988 S. 373, vgl. auch S. 379 f.; PASCHOUD, Le traitement fiscal du troisième pilier, in: Prévoyance professionnelle et fiscalité, Lausanne 1986, S. 87 ff., bes. S. 101 betreffend Einbezug der Beiträge in eine Zwischentaxation des Erwerbseinkommens; z.T. a. M. MEYER, Personalvorsorge und Steuern, StR 38/1983 S. 209 ff., bes. S. 221). Dieser vorwiegenden Auffassung ist zuzustimmen, greift dabei der Bund doch nicht mehr als notwendig in die Steuerhoheit der Kantone und in ihre kantonale Gesetzgebung ein, weniger einschneidend als wenn er unmittelbar anwendbare Vorschriften über rein kantonale Steuern erlassen würde. f) Der Bundesgesetzgeber selber hat beim Erlass des Bundesgesetzes vom 22. März 1985 zur Anpassung des Bundesratsbeschlusses über die Erhebung einer direkten Bundessteuer an das Bundesgesetz über die berufliche Vorsorge (AS 1985 II S. 1222) zum Ausdruck gebracht, dass die steuerrechtlichen Vorschriften von Art. 80-84 BVG als Teil der Steuerharmonisierung den Charakter vereinheitlichender Grundsatzbestimmungen haben, die der Ausführung in den eidgenössischen und kantonalen Steuergesetzen bedürfen (Botschaft vom 1. Mai 1984, BBl 1984 II S. 725 ff., bes. S. 728 Ziff. 112; Amtl.Bull. S 1984 S. 731; N 1985 S. 291 f.). BGE 116 Ia 264 S. 272 g) Die Verfügungen über die Veranlagung kantonaler und kommunaler Steuern, für welche die Art. 80-84 BVG gelten, stützen sich auf kantonales (eventuell kommunales) Recht. Die letztinstanzlichen kantonalen Entscheidungen hierüber unterliegen demnach nicht der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Sollte das kantonale Recht die verbindlichen Grundsätze dieser Bestimmungen verletzen, können die Entscheidungen mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung der derogatorischen Kraft des Bundesrechts angefochten werden. In der Vorlage über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden, die ebenfalls eine Vereinheitlichung der kantonalen Steuerordnungen durch Grundsatzbestimmungen des Bundesgesetzgebers bringen wird (ZUPPINGER/BÖCKLI/LOCHER/REICH, a.a.O., S. 3 f.), ist denn auch - im Sinne einer Sondervorschrift - die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht, das die Anwendung des kantonalen Steuergesetzes im Einzelfall auf die Übereinstimmung mit den bundesrechtlichen Harmonisierungsgrundsätzen überprüfen soll, ausdrücklich als zulässig vorgesehen ( Art. 70 Abs. 1 E StHG ), gerade weil sich die Beschwerde gegen Verfügungen richten wird, die sich auf kantonales Recht stützen (Botschaft vom 25. Mai 1983, BBl 1983 III S. 146 f.). 4. a) Der angerufene Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 2 ÜbBest.BV) bedeutet, dass öffentliches Recht des Bundes dem kantonalen öffentlichen Recht vorgeht. In Sachgebieten, welche die Bundesgesetzgebung abschliessend geregelt hat, sind die Kantone zur Rechtssetzung nicht befugt und ihre Erlasse unbeachtlich. In den Sachgebieten, die das öffentliche Recht des Bundes nicht abschliessend regelt, sind die Kantone nur zuständig, öffentlichrechtliche Vorschriften zu erlassen, die nicht gegen Sinn und Geist des Bundesrechts verstossen, dessen Zwecke nicht beeinträchtigen oder gar vereiteln. Ob die beanstandeten kantonalen Normen mit dem Bundesrecht vereinbar sind, prüft das Bundesgericht auf entsprechende Rüge hin frei ( BGE 113 Ia 311 E. 2a und b; BGE 112 Ia 401 E. 4a; BGE 104 Ia 108 E. 4a, mit weiteren Hinweisen). b) Die Beschwerdeführer machen sinngemäss geltend, Art. 81 Abs. 2 BVG enthalte hinsichtlich der streitigen Abzüge von Einkaufsbeiträgen der sog. Übergangsgeneration an eine Vorsorgeeinrichtung der 2. Säule eine abschliessende Regelung. Die Bestimmung verlange den vollen Abzug aller Beiträge (also auch der BGE 116 Ia 264 S. 273 Einkaufs-Beiträge) aller Steuerpflichtigen, und dies auch bei gleichzeitig nicht voller ( Art. 83 BVG ), sondern nach Art. 98 Abs. 4 BVG zulässiger reduzierter Besteuerung der späteren Renten. Das Verwaltungsgericht ist mit Recht nicht dieser Auffassung gefolgt. Art. 81 Abs. 2 BVG lautet zwar insofern präzis, als die von Arbeitnehmern und Selbständigerwerbenden an (registrierte oder nichtregistrierte, vgl. Art. 80 Abs. 1 BVG ) Vorsorgeeinrichtungen "nach Gesetz oder reglementarischen Bestimmungen geleisteten" Beiträge abziehbar sind. Die bestimmte Formulierung täuscht jedoch. Denn das BVG geht von der Ordnung der Versicherungspflicht und der versicherten Leistungen aus (2. Teil, 1. Titel, Art. 7 ff. BVG ), überbindet die Beiträge an die Vorsorgeeinrichtungen für Arbeitnehmer ausschliesslich den Arbeitgebern und begrenzt lediglich den verhältnismässigen Anteil der Arbeitnehmerbeiträge, kennt aber im übrigen keinerlei Vorschriften über die Beiträge (insbesondere deren Höhe), die rein nach reglementarischen Bestimmungen der Vorsorgeeinrichtung erhoben und von den Arbeitgebern den Arbeitnehmern vom Lohn abgezogen werden dürfen ( Art. 65 Abs. 2 und 66 BVG ). Eine Begrenzung der nach Art. 81 Abs. 2 BVG abziehbaren Beiträge an Vorsorgeeinrichtungen der 2. Säule ergibt sich nur aus dem Zweck der im BVG geregelten Vorsorge, nämlich Betagten, Hinterlassenen und Invaliden die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise zu ermöglichen ( Art. 1 Abs. 2 BVG ), was eine Versicherung über das Erwerbseinkommen hinausgehender Leistungen ausschliesst. Wenn in Art. 81 Abs. 2 BVG vom Gesetz die Rede ist, nach welchem abziehbare Beiträge geleistet werden, dürften neben diesen wenigen im BVG verankerten Grundsätzen vor allem Gesetze über die Beiträge von Versicherten öffentlichrechtlicher Pensionskassen von Bedeutung sein; im übrigen bestimmen sich die abziehbaren geleisteten Beiträge ausschliesslich nach den Reglementen, welche die Vorsorgeeinrichtungen selber unter blosser Aufsicht der zuständigen Behörden ( Art. 62 Abs. 1 BVG ) erlassen. Dass Art. 81 Abs. 2 BVG den Beitragsabzug abschliessend regeln und für öffentlichrechtliche Vorschriften der Kantone (Steuergesetze) keinerlei Raum lassen sollte, ist nicht anzunehmen. Auch wenn der Sinn von Art. 81 Abs. 2 BVG , der durch Auslegung zu ermitteln ist, wenig Spielraum für besondere Regelungen des kantonalen Steuergesetzgebers lässt, sind solche beispielsweise BGE 116 Ia 264 S. 274 hinsichtlich des Abzugs freiwilliger Beiträge (die nach dem Reglement der Vorsorgeeinrichtung geleistet werden können) wohl nicht ausgeschlossen (vgl. STEINER, Die steuerliche Behandlung des Einkaufs von Beitragsjahren und der Beiträge zur Verbesserung von Versicherungsleistungen bei der 2. Säule, SPV 1/1988 S. 359 ff., S. 361; FESSLER, a.a.O., StR 41/1986 S. 120 und Anm. 63 daselbst). c) Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts steht der volle Abzug der Beiträge nach Art. 81 Abs. 2 BVG im Einklang mit der vollen Besteuerung der Vorsorgeleistungen ( Art. 83 BVG ) und hat die Einschränkung des Abzugs von (Einkaufs-)Beiträgen dementsprechend ihren guten Sinn, wo die Vorsorgeleistungen aus einem vor dem 1. Januar 1987 begründeten Vorsorgeverhältnis nach der steuerrechtlichen Übergangsordnung in Art. 98 Abs. 4 BVG (bei Erreichen des Versicherungsalters vor dem 1. Januar 2002) nicht voll als Einkommen zu versteuern ist. Die Kritik der Beschwerdeführer richtet sich zur Hauptsache gegen diese Auffassung. Sie ist von vornherein nicht berechtigt, soweit die Beschwerdeführer sie an den Erwägungen des Verwaltungsgerichts üben, in denen es die von ihnen vorgeschlagene Auslegung von Art. 81 Abs. 2 BVG mit der Rechtsgleichheit kaum vereinbar fand ( Art. 4 BV ). Das Verwaltungsgericht hat entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer Art. 81 Abs. 2 BVG nicht als verfassungswidrig bezeichnet, sondern es hat eine verfassungsmässige Auslegung dieser Vorschrift gesucht, was nicht nur richtig, sondern insbesondere mit Art. 113 Abs. 3 BV vereinbar ist (vgl. BGE 112 Ib 469 E. 3b; BGE 111 Ia 25 , 297, mit Hinweisen). Sowohl bei der Schaffung des BVG als auch bei den parlamentarischen Beratungen des neuen Art. 156 BdBSt (in der Fassung vom 22. März 1985), der mit Ziff. 2 der umstrittenen st.gallischen Regelung weitgehend übereinstimmt und nachträglich eingeführt wurde, um ein unbeabsichtigtes Schlupfloch für schlau berechnende Versicherte zu stopfen (Amtl.Bull. N 1985 S. 291), stand fest, dass der volle Abzug der Beiträge nach Art. 81 Abs. 2 BVG Gegenstück der vollen Besteuerung der Leistungen sein sollte (vgl. Botschaft zum BVG vom 19. Dezember 1975, BBl 1976 I S. 213; Amtl.Bull. S 1980 S. 320-322, wo von der ständerätlichen Kommission eine Einschränkung der Bundeskompetenz zur Grundsatzgesetzgebung über den Abzug der Beiträge bei den kantonalen Steuern vorgeschlagen und schliesslich verworfen wurde; Amtl.Bull. S 1984 S. 732; N 1985 S. 292, 294/5). BGE 116 Ia 264 S. 275 Die Eidgenössischen Räte nahmen in Kauf, dass dieses Ziel des BVG nicht absolut zu verwirklichen ist. Die Übergangsbestimmungen bringen für Vorsorgeverhältnisse, die schon vor dem 1. Januar 1987 bestanden, einerseits gewisse Vorteile mit sich für Versicherte, deren Vorsorgeleistungen vor dem 1. Januar 2002 beginnen (und die diese Leistungen nicht voll zu versteuern haben), anderseits gewisse Nachteile für Versicherte, deren Vorsorgeleistungen nach dem 1. Januar 2002 beginnen (und die diese Leistungen voll zu versteuern haben, obwohl sie Beiträge vor dem 1. Januar 1987 leisteten und damals nicht voll vom steuerbaren Einkommen abziehen konnten); dies betrachteten die Räte als eine schon beim Erlass von Art. 81 Abs. 2 und 98 Abs. 4 BVG gewollte, wegen der Vereinfachung vertretbare schematische Lösung (Amtl.Bull. S 1984 S. 735/6; N 1985 S. 303/4). Die Beschwerdeführer wollen aus den Beratungen zu Art. 156 BdBSt Schlüsse ziehen, die zu weit gehen. Wenn der Bundesrat zweifelte, ob er gestützt auf die Kompetenz zum Vollzug des BVG ( Art. 97 Abs. 1 BVG ) zuständig sei, in einer Vollziehungsverordnung zu den steuerrechtlichen Grundsatzbestimmungen für die 2. Säule u.a. die Abgrenzung der in der Übergangszeit abzugsfähigen Einkaufs-Beiträge für alle Kantone verbindlich zu ordnen (vgl. Art. 14 seines Entwurfs zu einer BVV 4 in ASA 53, S. 499 und die Mitteilungen des BSV zu den steuerrechtlichen Verordnungen vom 13. November 1985 in ASA 54, S. 375), ist daraus keineswegs das Eingeständnis zu entnehmen, dass Art. 156 BdBSt und entsprechende Bestimmungen der kantonalen Steuergesetze mit dem sinngemäss ausgelegten Art. 81 Abs. 2 BVG nicht vereinbar wären. d) Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts muss bei am 1. Januar 1987 bereits bestehenden Vorsorgeverhältnissen, aus denen Altersleistungen vor dem 1. Januar 2002 zu laufen beginnen und nach Art. 98 Abs. 4 lit. b BVG noch nicht der vollen Besteuerung als Einkommen gemäss Art. 83 BVG unterliegen, der Abzug seit dem 1. Januar 1985 (Inkrafttreten des Art. 81 BVG ) geleisteter Beiträge für den Einkauf früherer Versicherungsjahre vom steuerbaren Einkommen nicht zugelassen werden. Diese Auslegung ist einleuchtend. Besteuert der Kanton die Leistungen aus einem solchen Vorsorgeverhältnis nicht voll, wie es ihm der Bundesgesetzgeber freistellt, so verstossen entsprechende Einschränkungen des Beitragsabzugs nicht gegen den Grundsatz von Art. 81 Abs. 2 BVG . Zwar ist es BGE 116 Ia 264 S. 276 der Sinn dieser Bestimmung, dass die aus dem Versicherungsverhältnis seit 1. Januar 1985 geschuldeten Beiträge steuerfrei bleiben sollen, und zwar auch wenn die im bestehenden Vorsorgeverhältnis versicherten Leistungen nach dem 1. Januar 1987 noch verbessert werden (vgl. die graphische Darstellung der Übergangsregelung des BVG, wie sie im BdBSt ausgeführt wurde, in: Amtl.Bull. S 1984 S. 735 und N 1985 S. 303, Varianten 2a und 2b); der Steuergesetzgeber kann dem nur mit der Bemessung des bei Leistungsbeginn bzw. Fälligkeit vor dem 1. Januar 2002 steuerfreien Teils der Vorsorgeleistungen Rechnung tragen. Dass er auch den seit 1. Januar 1985 erfolgenden Einkauf früherer Versicherungsjahre, für welche die Beiträge in der Zeit vor dem 1. Januar 1985 nicht geleistet wurden, ungeachtet der Fälligkeit der Altersleistungen voll zum Abzug vom laufenden steuerbaren Einkommen zulassen müsste, ginge weit darüber hinaus und ist nicht der Sinn von Art. 81 Abs. 2 BVG . Höchstens kann man sich fragen, ob es der beschränkten Besteuerung der späteren Leistungen entspricht, wenn Einkaufsbeiträge unter solchen Umständen gar nicht (auch nicht teilweise oder beschränkt) abgezogen werden. Doch wird eine Bestimmung des Steuergesetzes, die das - wie Art. 156 BdBSt - ausschliesst, in einer entsprechenden Übergangsordnung als sachgemäss betrachtet (FESSLER, a.a.O., StR 41/1986 S. 121; RIVIER, Le traitement fiscal du deuxième pilier: Remarques critiques, in: Prévoyance professionnelle et fiscalité, Lausanne 1986, S. 39 ff., bes. S. 47; STEINER, a.a.O., SPV 1/1988 S. 361 und 363). Sie ist denn auch mit wenigen Ausnahmen in der Steuergesetzgebung aller Kantone vorgesehen (HELBLING, Personalvorsorge und BVG, 4. Aufl. 1989, S. 179). e) Der Kanton St. Gallen erklärt in der Übergangsbestimmung Ziff. 1 des IV Nachtragsgesetzes vom 3. Juli 1986 zum StG von den Leistungen aus beruflicher Vorsorge, die auf einem vor dem 1. Januar 1985 begründeten Vorsorgeverhältnis beruhen und vor dem 1. Januar 2002 erstmals fällig werden, 20% der Einkünfte als steuerfrei, wenn die Beiträge mindestens zu 20% vom Steuerpflichtigen (bzw. seinen Angehörigen, dem Erblasser usw.) erbracht worden sind, und sogar 40% der Einkünfte, wenn die Beiträge ausschliesslich von ihm erbracht worden sind. Die Besteuerung der Leistungen aus solchen Vorsorgeverhältnissen der Übergangsgeneration entspricht somit in St. Gallen derjenigen in der direkten Bundessteuer. Es wird von den Beschwerdeführern BGE 116 Ia 264 S. 277 nicht dargetan und ist auch nicht ersichtlich, weshalb dies nicht sachgerecht wäre. Und es verletzt deshalb Art. 81 Abs. 2 BVG nicht, wenn die seit dem 1. Januar 1985 für den Einkauf früherer Beitragsjahre vom Arbeitnehmer der Übergangsgeneration geleisteten Beiträge vom Abzug ausgenommen sind.
public_law
nan
de
1,990
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
109b1463-b675-44a4-8af4-9bd3b4debd33
Urteilskopf 107 Ib 35 9. Estratto della sentenza 28 gennaio 1981 della I Corte di diritto pubblico nella causa P. contro Tribunale amministrativo del Cantone Ticino (ricorso di diritto amministrativo)
Regeste Widerruf einer Baubewilligung. 1. Allgemeine Voraussetzungen, unter denen der Widerruf von Verwaltungsakten zulässig ist. Unter Vorbehalt besonderer Vorschriften und Praxis der Kantone ist ein solcher Widerruf, wenn er von einer Aufsichtsbehörde verfügt wird, denselben Voraussetzungen unterworfen wie wenn er von der Bewilligungsbehörde selbst angeordnet würde (Erw. a; Präzisierung der Rechtsprechung). 2. Im Kanton Tessin hat gemäss Art. 65 VV zum Baugesetz der Widerruf einer Baubewilligung im wesentlichen nach den von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Grundsätzen zu erfolgen. Das gilt auch für einen vom Staatsrat als Aufsichtsbehörde über die Gemeinden und Departemente verfügten Widerruf (Erw. b). 3. Ist die Baubewilligung nach Durchführung eines Ermittlungs- und Einspracheverfahrens, in welchem die sich gegenüberstehenden Interessen allseitig zu prüfen und gegeneinander abzuwägen waren, erteilt worden, so ist der Widerruf nur zulässig, wenn eine schwere Verletzung eines besonders gewichtigen öffentlichen Interesses vorliegt (Erw. c).
Sachverhalt ab Seite 36 BGE 107 Ib 35 S. 36 P. ha costruito (recte: intendera costruire) su un terreno di sua proprietà un fabbricato destinato a scopi agricoli. Il Consiglio di Stato ticinese, agendo come autorità di vigilanza sui Comuni e sui Dipartimenti, ha revocato successivamente il permesso di costruzione, ritenendolo contrario alla legislazione federale sulla protezione delle acque. L'autorizzazione cantonale e la licenza comunale erano cresciute, formalmente, in giudicato. Il Tribunale cantonale amministrativo ha respinto il ricorso presentato da P. Il Tribunale federale ha annullato la sentenza del Tribunale amministrativo, poiché la revoca del permesso non era giustificata da un interesse pubblico sufficiente. Erwägungen Considerando in diritto: 4. (...) a) La revoca di un permesso di costruzione divenuto definitivo non è prevista al diritto federale (LCIA e DFU), per cui sono applicabili i principi generali del diritto amministrativo, costantemente applicati dal Tribunale federale. La revocabilità di un atto amministrativo dipende dall'esito del confronto di due antitetici interessi pubblici: quello dell'attuazione del diritto e quello della sicurezza giuridica. Il secondo prevale sul primo, e impedisce quindi la revoca, se l'atto amministrativo in questione ha creato diritti soggettivi a favore del destinatario, se è stato preceduto da una procedura di accertamento e di opposizione BGE 107 Ib 35 S. 37 destinata a esaminare e a soppesare gli opposti interessi in gioco, oppure se l'interessato ha già fatto uso della facoltà conferitagli, in particolare, trattandosi di un permesso di costruzione, se ha in buona fede iniziato i lavori o investito somme ragguardevoli in vista degli stessi. Tuttavia, qualora queste circostanze sono verificate, l'atto amministrativo può ancora essere revocato, generalmente contro indennità, se esso viola in modo particolarmente grave un interesse pubblico eminente ( DTF 105 II 141 consid. 4a; DTF 103 Ib 206 /7 e riferimenti; sentenza del 31 ottobre 1973 in re Meroni, consid. 3, pubblicato in Rep. 1974, pagg. 278/9). La revoca può ancora apparire giustificata, malgrado siano realizzate le suddette circostanze, quando subentrano fatti nuovi, nuove conoscenze tecniche o modifiche legislative oppure quando sussiste motivo di revisione secondo gli art. 136 e 137 OG ; anche in questi casi la revoca è però ammissibile dietro corresponsione di un'indennità adeguata ( DTF 100 Ib 302 /3 e riferimenti). D'altra parte, il Tribunale federale ha precisato che il postulato della sicurezza giuridica può prevalere in determinate circostanze particolari, anche laddove nessuna delle tre ipotesi menzionate è realizzata ( DTF 103 Ib 244 ). Trattandosi di revoca ad opera di un'autorità di vigilanza, il Tribunale federale ha rilevato in DTF 97 I 10 che essa è ammissibile solo in presenza di violazioni manifeste di chiare norme legali, di disposizioni essenziali di procedura o di interessi pubblici. In DTF 100 Ib 97 /98 esso ha ribadito il principio che le decisioni amministrative possono di regola essere revocate sia dall'autorità da cui emanano che dall'autorità superiore e ha aggiunto, senza risolvere la questione, che nei due casi la dottrina ammette generalmente la revoca alle medesime condizioni. Il Tribunale federale ha però lasciato intendere che i Cantoni possono varare norme o elaborare prassi che si scostano da questo principio. La giurisprudenza deve ora essere precisata nel senso indicato dalla dottrina, la quale, tuttavia, non esamina l'argomento espressamente, ma si limita a sottolineare che la revoca può essere disposta sia dall'autorità che ha emanato l'atto viziato sia dall'autorità superiore (GRISEL, Droit administratif suisse, pag. 208; KNAPP, Précis de droit administratif, pagg. 136 e 137, n. 620 e 628; LEUTENEGGER, Das formelle Baurecht der Schweiz, pag. 330; nonché le opere degli autori già citati in DTF DTF 100 Ib 98 ). Ai Cantoni rimane la facoltà di limitare il campo BGE 107 Ib 35 S. 38 d'intervento dell'autorità di vigilanza con norme speciali o per il tramite della prassi delle autorità amministrative o giudiziarie ( DTF 100 Ib 98 ; KNAPP, loc.cit.). D'altronde, l'esigenza della violazione manifesta di norme legali ( DTF 97 I 10 ) deve necessariamente essere presa in considerazione già nell'ambito dell'indispensabile confronto tra il principio dell'attuazione del diritto e quello della sicurezza giuridica. b) Nel Cantone Ticino la revoca del permesso di costruzione è espressamente menzionata solo all' art. 65 del regolamento 22 gennaio 1974 di applicazione della legge edilizia (RLE): questa norma ha però un contenuto sostanzialmente identico ai principi generali riassunti in precedenza, poiché subordina la revoca all'esistenza di un interesse pubblico preponderante e l'esclude, in principio, laddove il permesso sia stato rilasciato dopo un'esauriente valutazione degli interessi in gioco oppure se l'interessato ha già iniziato i lavori o utilizzato altrimenti l'autorizzazione. I medesimi principi sono del resto richiamati da SCOLARI (Commentario della legge edilizia, art. 56 n. 31 e segg.). Per quanto riguarda più precisamente la revoca da parte dell'autorità di vigilanza, la legislazione cantonale prevede all'art. 148ter della legge organica comunale del 1o marzo 1950, cui rinvia l'art. 56 cpv. 4 della legge edilizia cantonale del 19 febbraio 1973 (LE), che il Consiglio di Stato può annullare in ogni tempo le risoluzioni degli organi comunali "quando fossero in dissonanza a norme della costituzione, di leggi o di regolamenti" oppure "quando fossero in modo manifesto di grave pregiudizio agli interessi del comune". I limiti dell'intervento del Consiglio di Stato come autorità di vigilanza sui Dipartimenti - intervento che discende direttamente dall'organizzazione gerarchica dello Stato (cfr. art. 36 cpv. 1 n. 3 della Cost. cantonale) - non sono invece precisati dal diritto cantonale. Ne segue che la revoca di un permesso di costruzione cresciuto in giudicato da parte del Consiglio di Stato, agente come autorità di vigilanza sui Dipartimenti e sui Comuni, soggiace nel diritto ticinese alle medesime esigenze sgorganti direttamente dai principi generali del diritto amministrativo. Invero SCOLARI (op.cit. Introduzione n. 115) afferma che "i presupposti per l'intervento dell'autorità di vigilanza sono dati in specie quando sono violate chiare norme di diritto o quando importanti interessi pubblici sono trascurati". Egli non deriva tuttavia codesta regola dal diritto e neppure dalla prassi cantonale, che, come emerge chiaramente anche dalla motivazione della sentenza impugnata, non si scosta BGE 107 Ib 35 S. 39 sostanzialmente dai principi generali sviluppati dalla giurisprudenza del Tribunale federale. c) Nella fattispecie l'atto amministrativo che il Consiglio di Stato ha revocato è un permesso di costruzione. Si tratta di un'autorizzazione di polizia che non conferisce al titolare alcun diritto nuovo e mediante la quale l'autorità accerta che nessun impedimento di diritto pubblico si oppone all'esecuzione dei lavori progettati ( DTF 103 Ib 208 consid. 5a; art. 34 RLE; SCOLARI, art. 39 LE n. 3). Il ricorrente non pretende di avere già iniziato i lavori di costruzione del manufatto o di avere già investito somme ragguardevoli in vista dell'edificazione. Dall'incarto del Dipartimento dell'interno e del Municipio di O. emerge però che il permesso di costruzione è stato rilasciato dopo un'esauriente procedura, nel corso della quale i vari interessi in causa hanno potuto essere sufficientemente vagliati. Il ricorrente ha infatti presentato una prima domanda di costruzione il 9 settembre 1977, pubblicata il 29 settembre e trasmessa dal Municipio al Dipartimento delle pubbliche costruzioni, senza preavviso, il 6 dicembre 1977. Contro questa domanda non vi sono state opposizioni. Il 19 dicembre 1977 la Sezione della pianificazione urbanistica del Dipartimento dell'ambiente ha richiesto al Municipio di O. informazioni concernenti l'attività e l'azienda agricola di P. L'autorità comunale ha risposto in modo esauriente il 5 gennaio 1978. Il 18 dicembre 1978 il ricorrente ha presentato al Municipio una nuova domanda, ritirando nel contempo la prima. Neppure contro di essa sono state presentate opposizioni. Il Municipio l'ha trasmessa al Dipartimento delle pubbliche costruzioni il 6 febbraio 1979 con preavviso favorevole, a condizione che la costruzione sia allacciata alle canalizzazioni comunali esistenti. Il 7 marzo 1979 la Sezione della pianificazione urbanistica, rammentando che la prevista costruzione è conforme a quanto convenuto con il richiedente in sede di sopralluogo, ha preavvisato favorevolmente la domanda di costruzione, qualificata come agricola ai sensi dell'art. 4 cpv. 3 DFU. L'Ispettorato forestale, la Commissione per la protezione delle bellezze naturali e del paesaggio e la Sezione protezione acque e aria hanno anch'essi formulato preavviso favorevole rispettivamente il 20 febbraio, il 12 e il 26 marzo 1979, subordinandolo a determinate condizioni. Di conseguenza il 27 marzo 1979 il Dipartimento delle pubbliche costruzioni ha rilasciato a P. l'autorizzazione cantonale a costruire, a condizione che non sia toccata l'area boschiva e che la costruzione sia allacciata alla fognatura BGE 107 Ib 35 S. 40 comunale mediante l'utilizzazione di materiale ben determinato. Infine, la licenza edilizia comunale è stata rilasciata il 10 aprile 1979. Si può quindi affermare che il permesso di costruzione è stato rilasciato dopo un'esauriente procedura d'accertamento, nel corso della quale gli interessati avevano la possibilità di sollevare opposizioni e gli organi dell'amministrazione preposti all'applicazione delle varie leggi hanno potuto formulare preavvisi e condizioni (cfr. art. 41 segg. LE e 52 segg. RLE). Inoltre, come emerge dagli atti, la seconda domanda di costruzione è stata presentata da P. seguendo i suggerimenti dati da funzionari dell'amministrazione in occasione del sopralluogo. In queste circostanze, secondo la giurisprudenza citata in precedenza, il ricorrente beneficia del principio dell'affidamento, non essendovi motivi particolari che ostano alla sua applicazione (cfr. Rep. 1974 pag. 280 consid. c), e il permesso di costruzione può essere revocato solo se viola in modo particolarmente grave un interesse pubblico eminente.
public_law
nan
it
1,981
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
109e0556-00e9-4256-881a-dbf37f86a522
Urteilskopf 109 Ib 130 21. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 3. Juni 1983 i.S. Adolf Besmer und Mitbet. gegen Schweiz. Eidgenossenschaft und Präsident der Eidg. Schätzungskommission, Kreis 9 (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Befugnis zur Einleitung eines Enteignungsverfahrens; Aussteckung. Prozessuales (E. 1). Die Rüge, es seien nicht alle materiell- und formellrechtlichen Bedingungen für die Einleitung eines Enteignungsverfahrens erfüllt, ist im Einspracheverfahren zu erheben (Bestätigung der Rechtsprechung). Allerdings hat der Präsident der Schätzungskommission vor Eröffnung des Verfahrens summarisch zu prüfen, ob die Voraussetzungen hiezu gegeben seien (E. 2a-c, 3). Das Eidg. Militärdepartement ist aufgrund von Art. 98 des Beschlusses der Bundesversammlung über die Verwaltung der schweizerischen Armee befugt, ein Expropriationsverfahren für den Bau militärischer Anlagen einzuleiten (E. 2d). Zweck der Aussteckung ( Art. 28 EntG ). Ist die Aussteckung mangelhaft, so kann sie in der Regel während der Planauflage berichtigt oder vervollständigt werden; fehlt sie, so ist die Planauflage in analoger Anwendung von Art. 30 Abs. 4 EntG zu wiederholen (E. 4, 5).
Sachverhalt ab Seite 131 BGE 109 Ib 130 S. 131 Das Eidgenössische Militärdepartement (EMD) beabsichtigt, auf dem Gebiete der Gemeinden Rothenthurm (SZ) und Oberägeri (ZG) einen Waffenplatz für Infanterie- und Aufklärungstruppen zu erstellen. Nach dem Projekt sollen die Kasernenanlagen etwas nördlich des Dorfes Rothenthurm und westlich der nach Biberbrugg führenden Kantonsstrasse errichtet werden. Anschliessend an das Kasernenareal soll sich das Übungsgelände für die Aufklärungstruppen (sog. Aufklärungsgelände) über den südlichsten Teil des Ägeririeds - eines Hochmoores - bis hinauf zum Nesseliwald erstrecken. Das sog. Infanteriegelände wird östlich der Kantonsstrasse, etwa auf Höhe der Dritten Altmatt liegen. Da es nicht gelang, das ganze für das Kasernenareal und das "Aufklärungsgelände" benötigte Gebiet freihändig zu erwerben, ersuchte das EMD den Präsidenten der Eidgenössischen Schätzungskommission, Kreis 9, ein Enteignungsverfahren gegen 40 Eigentümer von Boden in der Gemeinde Rothenthurm und gegen zwei Eigentümer von Grundstücken auf dem Gebiet der Gemeinde Oberägeri einzuleiten. Dem Gesuch wurde nach Prüfung der Pläne und Verzeichnisse stattgegeben; Aussteckungen waren keine vorgenommen worden. Während die Planauflage in der Gemeinde Oberägeri keine Schwierigkeiten bot, weigerte sich der Gemeinderat von Rothenthurm, die Auflage durchzuführen und für die entsprechende öffentliche Bekanntmachung zu sorgen. An seiner Stelle nahm schliesslich auf Gesuch des Schätzungskommissions-Präsidenten der Regierungsrat des Kantons Schwyz das Notwendige vor. BGE 109 Ib 130 S. 132 Während der Eingabefrist stellten verschiedene Enteignete und weitere Interessierte beim Präsidenten der Schätzungskommission die Anträge, das laufende Planauflageverfahren sei aufzuheben und ein neues Verfahren erst einzuleiten, nachdem die Eidgenössischen Räte den vom Bundesrat angeforderten Kredit für die Erstellung des Waffenplatzes Rothenthurm genehmigt hätten; zudem wurde um Gelegenheit zur Einsichtnahme in sämtliche Projektpläne und Akten ersucht und eventuell verlangt, dass die Einsprachefrist auf 60 Tage ausgedehnt werde. Mit Entscheid vom 5. Mai 1983 forderte der Präsident der Schätzungskommission den Enteigner auf, sofort den Umfang des Waffenplatz-Perimeters, die Strassenachsen, die Ecken der Erdwälle und die Grundrisse der geplanten Gebäude auszustecken; ausserdem verlängerte er die Eingabefrist auf 60 Tage. Alle anderslautenden Anträge wurden abgewiesen. Gegen diesen Präsidialentscheid haben die Gesuchsteller Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht, die vom Bundesgericht teilweise gutgeheissen worden ist aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. a) Der Entscheid des Präsidenten der Schätzungskommission ist als Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG gemäss Art. 97 OG grundsätzlich mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar. Die Bestimmung von Art. 98 lit. f OG steht - wie das Bundesgericht schon im Entscheid vom 8. Mai 1982 i.S. Bad Schinznach AG (entgegen BGE 100 Ib 184 f.) festgestellt hat - einer solchen Anfechtung nicht entgegen (vgl. auch BGE 99 Ib 113 ). Da es sich jedoch beim angefochtenen Entscheid um eine Zwischenverfügung handelt, kann er nur dann selbständig mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde weitergezogen werden, wenn er einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken kann ( Art. 97 OG in Verbindung mit Art. 5 und 45 VwVG ). Diese Voraussetzung wird anders als im staatsrechtlichen Verfahren schon als erfüllt betrachtet, wenn der Beschwerdeführer ein schutzwürdiges Interesse an der sofortigen Aufhebung oder Abänderung der Verfügung hat ( BGE 101 Ib 15 E. 1, BGE 99 Ib 416 f. E. 1b). Ein solches Interesse darf hier, wo es um die Gültigkeit eines Enteignungs- und Planauflageverfahrens sowie um Verwirkungsfristen geht, aus Gründen der Prozessökonomie und der Rechtssicherheit bejaht werden (vgl. GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege S. 108). BGE 109 Ib 130 S. 133 b) Die Beschwerdeführer sind insofern zur Einreichung einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde befugt, als ihre Begehren vom Präsidenten der Schätzungskommission abgewiesen worden sind oder darauf nicht eingetreten worden ist; es braucht daher nicht geprüft zu werden, ob sämtliche Beteiligten von der Expropriation betroffen sind. Übrigens beschränkt sich der Kreis der zur Einsprache Legitimierten seit der Einführung von Art. 48 VwVG und der Revision von Art. 103 OG nicht mehr nur auf die Enteigneten ( BGE 108 Ib 245 ff., 507 E. 3). 2. In der Beschwerde wird vorgebracht, der Präsident der Schätzungskommission hätte dem Gesuch des EMD mangels Befugnis des Departementes nicht stattgeben dürfen und habe sich zu Unrecht darauf berufen, dass der Einwand der fehlenden Legitimation auf dem Wege der Einsprache zu erheben sei. a) Nach Lehre und Rechtsprechung kann mit der Einsprache im engeren Sinne ( Art. 35 lit. a EntG ) nicht nur das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen zur Ausübung des Enteignungsrechts ( Art. 1 EntG ) bestritten, sondern auch geltend gemacht werden, es fehlten die formellrechtlichen Bedingungen für eine Enteignung (HESS, Das Enteignungsrecht des Bundes, N. 1-10 zu Art. 35 und N. 1-6 zu Art. 3 EntG ; BGE 108 Ib 376 ). Solche Rügen können daher im Anschluss an die Verfahrenseröffnung durch den Schätzungskommissions-Präsidenten nicht mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben werden ( Art. 102 lit. d OG ; BGE 105 Ib 204 , BGE 108 Ib 377 ; GYGI, a.a.O., S. 115 und 172 in fine). b) Allerdings ist einzuräumen, dass der Präsident vor Einleitung der Enteignung summarisch prüfen muss, ob die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben seien. Ist dies offensichtlich nicht der Fall, hat er die Eröffnung des Verfahrens zu verweigern; so zum Beispiel, wenn ein vom Werk betroffener Privater Antrag auf Verfahrenseinleitung stellt - ausser er sei gesetzlich hiezu befugt (vgl. BGE 106 Ib 234 E. 2a) -, wenn ein Kanton um Enteignung für den Nationalstrassenbau ersucht, obschon das Ausführungsprojekt noch nicht genehmigt worden ist ( BGE 99 Ib 488 ff.) oder wenn ein Unternehmen die vorzeitige Besitzeinweisung für den Bau elektrischer Leitungen begehrt, bevor es noch zur Enteignung ermächtigt worden ist ( BGE 105 Ib 198 ff.). Wird das Verfahren trotz derart schwerer Mängel eingeleitet, kann es vom Bundesgericht aufsichtsrechtlich aufgehoben werden ( Art. 63 EntG ; BGE 104 Ib 343 ). BGE 109 Ib 130 S. 134 c) Im vorliegenden Fall kann jedoch von solchen Mängeln nicht die Rede sein. Nach Art. 3 Abs. 1 EntG bedarf es zur Ausübung des Enteignungsrechtes durch den Bund eines Beschlusses des Bundesrates, soweit nicht durch die Bundesgesetzgebung eine andere Amtsstelle dazu ermächtigt ist. Nun anerkennen die Beschwerdeführer selbst, dass dem EMD in Art. 98 des Beschlusses der Bundesversammlung über die Verwaltung der schweizerischen Armee (VR) das Recht erteilt wird, Grundstücke oder dingliche Rechte an solchen für militärische Anlagen zu erwerben (Abs. 1) und nötigenfalls zu enteignen (Abs. 2). Aufgrund dieser Bestimmung durfte der Präsident der Schätzungskommission bei seiner vorläufigen Prüfung davon ausgehen, das EMD sei legitimiert, ein Gesuch um Eröffnung des Enteignungsverfahrens zu stellen, und diesem sei zu entsprechen. Anlass zum Einschreiten besteht in dieser Hinsicht jedenfalls nicht. d) Selbst wenn aber anzunehmen wäre, der Präsident hätte seine Prüfung weitertreiben und die Frage der gesetzlichen Ermächtigung des EMD endgültig abklären müssen, könnte der Argumentation der Beschwerdeführer nicht gefolgt werden. Aus prozessökonomischen Gründen rechtfertigt es sich, bereits in diesem Verfahren hiezu einige Bemerkungen anzubringen: Das Verwaltungsreglement für die schweizerische Armee vom 30. März 1949 (SR 510.30), das das EMD zur Einleitung des Enteignungsverfahrens ermächtigt, ist gemäss der vor Inkrafttreten des Geschäftsverkehrsgesetzes befolgten Praxis in Form eines "Beschlusses der Bundesversammlung" erlassen worden. Es stützt sich auf die Militärorganisation der Schweizerischen Eidgenossenschaft (SR 510.10) sowie das Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege und wurde dem Referendum nicht unterstellt. In der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist bisher offen gelassen worden, ob solche rechtssetzenden Beschlüsse der Bundesversammlung zu den "von der Bundesversammlung erlassenen Gesetze und allgemeinverbindlichen Beschlüssen" zählen, an die das Bundesgericht nach Art. 113 Abs. 3 BV gebunden ist, oder ob sie vom Gericht gleich wie Rechtsverordnungen des Bundesrates auf ihre Rechtsbeständigkeit hin überprüft werden können ( BGE 100 Ib 170 , BGE 104 Ib 424 ). Diese Frage, die auch in der Lehre umstritten ist (AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse, Bd. I S. 176 Nr. 449 d; GRISEL, Le contrôle des ordonnances fédérales, in: Etudes et documents du Conseil d'Etat, Bd. 16/1962 S. 190 N. 9; BRÜHWILER, Die neue BGE 109 Ib 130 S. 135 Verfahrensordnung der Bundesversammlung, ZBl 64/1963 S. 67), braucht in der vorliegenden Sache ebenfalls nicht beantwortet zu werden. Entgegen der Meinung der Beschwerdeführer kann nämlich der Bestimmung von Art. 98 VR, wird von ihrer Überprüfbarkeit ausgegangen, die Recht- und Verfassungsmässigkeit nicht abgesprochen werden. Die Beschwerdeführer übersehen offenbar, dass Art. 98 VR als solcher nicht die gesetzliche Grundlage für die Enteignung zum Bau militärischer Anlagen bildet - diese ist schon durch Art. 1 EntG gegeben -, sondern sich darauf beschränkt, die zur Ausübung des Enteignungsrechtes zuständige Instanz zu bezeichnen. Nun kann das Enteignungsrecht nicht nur vom Bunde selbst ausgeübt, sondern auch an Dritte verliehen werden, und zwar durch Bundesbeschluss für Werke, die im Interesse der Eidgenossenschaft oder eines grossen Teils des Landes liegen ( Art. 3 Abs. 3 lit. a EntG ); dient die Enteignung anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken, ist die Ermächtigung durch Bundesgesetz vorzunehmen ( Art. 3 Abs. 2 lit. b EntG ). Genügt aber zur Übertragung des Enteignungsrechts an Dritte für ein Werk wie das hier umstrittene ein einfacher, dem Referendum entzogener Bundesbeschluss (vgl. HESS, a.a.O. N. 7 zu Art. 3 EntG ), so muss ein solcher auch dort genügen, wo es nur darum geht, die Enteignungsbefugnis vom Bundesrat an ein Departement zu delegieren. - Wäre auf die Rüge der fehlenden Legitimation des EMD einzutreten, so müsste sie demnach abgewiesen werden. 3. Die weiteren Rügen der Beschwerdeführer, die sich gegen die Einleitung des Enteignungsverfahrens an sich richten, sind vom Präsidenten der Schätzungskommission zu Recht ebenfalls ins Einspracheverfahren verwiesen bzw. abgewiesen worden. Der unter Hinweis auf BGE 100 Ib 187 erhobene Einwand, die Planauflage sei mangels eines genehmigten Ausführungsprojektes zumindest verfrüht, geht deshalb fehl, weil sich das fragliche Urteil ausschliesslich auf Expropriationsverfahren für den Nationalstrassenbau bezieht. Das Nationalstrassengesetz sieht für den Landerwerb eine Sonderregelung vor, indem das Einsprache- und Plangenehmigungsverfahren einerseits und das eigentliche Enteignungsverfahren andererseits nicht nebeneinander, sondern nacheinander durchzuführen sind und das zweite erst bei Vorliegen des genehmigten Ausführungsprojektes eingeleitet werden darf ( Art. 39 NSG ; BGE 99 Ib 490 ff., BGE 106 Ib 21 mit Verweisungen). Für den Landerwerb zum Bau militärischer Anlagen besteht eine solche Sondervorschrift nicht. BGE 109 Ib 130 S. 136 Dem von ihnen selbst zitierten Urteil hätten die Beschwerdeführer auch entnehmen können, dass dem Präsidenten der Schätzungskommission die Befugnis fehlt, ein Enteignungsverfahren zu sistieren oder gar aufzuheben, falls sich die Möglichkeit einer erneuten Überprüfung des Projektes zeigt ( BGE 100 Ib 189 ). Daran ändert auch die - ebenfalls angerufene - Rechtsprechung nichts, wonach für die künftige Erweiterung eines Werkes nur enteignet werden darf, wenn der Bedarf mit Bestimmtheit voraussehbar ist und die Realisierung des Werkes mit einiger Sicherheit feststeht (vgl. BGE 98 Ib 417 ff.). Diese Voraussetzungen gelten für die vorsorgliche Enteignung ( Art. 4 lit. a EntG ) und tragen dem Umstand Rechnung, dass der Enteigner in diesem Falle der Pflicht zur Einreichung eines Werkplanes enthoben ist ( Art. 27 Abs. 3 EntG ). Zudem ist der Einwand, es fehle ein konkretes Projekt oder dessen Verwirklichung sei zu wenig sicher, ebenfalls im Einspracheverfahren zu erheben. Eine Aussetzung des Verfahrens in Anwendung von Art. 51 EntG wird übrigens von den Beschwerdeführern nicht verlangt und fiele schon deshalb ausser Betracht, weil sie erst nach Ablauf der Eingabefrist angeordnet werden könnte. 4. Aus dem angefochtenen Entscheid geht hervor, dass der Präsident der Schätzungskommission zunächst glaubte, von einer Aussteckung im Sinne von Art. 28 EntG absehen zu können. Tatsächlich sind an sich Fälle denkbar, in denen sich eine Aussteckung erübrigt, und lassen verschiedene kantonale Enteignungsgesetze entsprechende Ausnahmen zu (vgl. etwa Art. 40 des bernischen Enteignungsgesetzes vom 3. Oktober 1965, Art. 23 des Enteignungsgesetzes des Kantons Tessin vom 8. März 1971 und § 21 des Enteignungsgesetzes des Kantons Basel-Stadt vom 26. Juni 1974). Das Bundesgesetz über die Enteignung schreibt indessen die Aussteckung in jedem Falle vor, während auf die Aufstellung von Profilen, wo nicht erforderlich, verzichtet werden kann. Gegen die nachträglich angeordnete Aussteckung wenden die Beschwerdeführer zunächst ein, diese sei ungenügend, da die Lage und Anordnung von festen Einrichtungen wie Stellungen, Zielanlagen und Sicherheitsvorrichtungen nicht markiert würden; ausserdem müsste auch die Höhe der als Schiesspodeste vorgesehenen Erdwälle sowie der geplanten Kasernenbauten durch Profile angegeben werden. a) In rein tatsächlicher Hinsicht ist zunächst festzuhalten, dass es sich bei den sog. Schiesspodesten, wie aus der Vernehmlassung des EMD hervorgeht, lediglich um kleinere Erdaufschüttungen BGE 109 Ib 130 S. 137 handelt, bei deren Ausgestaltung auch den Bedürfnissen des Naturschutzes Rechnung getragen werden wird. Das EMD sichert im weiteren zu, dass nicht nur die eigentlichen Gebäude, sondern auch die im Schiessgelände vorgesehenen Bauten wie Stellungen und Zielanlagen ausgesteckt würden. b) Zweck der Aussteckung ist, wie in Art. 28 EntG umschrieben, die durch das Werk bedingten Veränderungen im Gelände offenkundig zu machen und damit den Werkplan, aus dem Art, Umfang und Lage des Werkes, Sicherheitszonen und weitere Vorkehren ersichtlich sein müssen ( Art. 27 Abs. 1 EntG ), zu veranschaulichen und zu verdeutlichen. Plan und Aussteckung bilden in diesem Sinne ein Ganzes, das Instrumentarium, anhand dessen sich der Private über das Werk und seine Auswirkungen ein Bild machen kann. Nur wenn Pläne und Aussteckung nicht genügen, um die Einwirkungen auf die nicht enteigneten Teile und Nachbargrundstücke sowie auf die öffentlichen Wege und Einrichtungen beurteilen zu können, sind nach Art. 28 EntG auch Profile aufzustellen. c) Den Beschwerdeführern ist darin zuzustimmen, dass es technisch durchaus möglich wäre, mehr als angeordnet auszustecken und auch Profile aufzustellen. In Anbetracht dessen, dass neben dem Übersichtsplan 1:10'000 und dem Detailplan 1:2000 auch massstäbliche Modelle des Kasernenareals und des Aufklärungsgeländes aufgelegt worden sind, darf jedoch davon ausgegangen werden, dass diese Unterlagen und die angeordnete Aussteckung den Betroffenen ein genügendes Bild über das Werk verschaffen und es ihnen ermöglichen, ihre Rechte im jetzigen Zeitpunkt des Verfahrens wirksam zu verteidigen, d.h. ihre Einsprachen gegen das Werk in Kenntnis der Sache vorzubringen und allfällige Entschädigungsforderungen zu begründen ( Art. 35 und 36 EntG ). Übrigens ergibt sich aus der Beschwerde, dass nicht so sehr die geplanten Bauten an sich Anlass zu Befürchtungen geben, sondern der zukünftige Betrieb des Waffenplatzes und die mit diesem verbundenen Immissionen. So verständlich jedoch der Wunsch auch ist, genaue Kenntnis über die zu erwartenden Beeinträchtigungen zu erlangen und ihnen zu wehren, so wenig kann ihm wohl durch das Aufstellen zusätzlicher Pflöcke und von Profilen entsprochen werden. Vielmehr werden die Beschwerdeführer nicht nur an der Einigungsverhandlung, sondern vor allem im Einspracheverfahren vor dem zuständigen Departement über die sie betreffenden Fragen eingehend zu informieren sein, werden ihnen die Unterlagen, BGE 109 Ib 130 S. 138 die nicht Gegenstand der Planauflage bilden, vorzulegen sein und wird ihnen in Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes Gelegenheit zu bieten sein, zu allen sich nicht schon aus den aufgelegten Akten ergebenden Gesichtspunkten Stellung zu nehmen. d) Im übrigen beklagen sich die Beschwerdeführer zu Unrecht darüber, dass der Präsident der Schätzungskommission mit dem Enteigner vor der Planauflage Rücksprache nahm, ohne gleichzeitig auch die Enteigneten anzuhören. Der Präsident hat die ihm vom Enteigner eingereichten Pläne und Verzeichnisse sowie die Aussteckung von Amtes wegen zu prüfen. Zeigen sich Mängel, so ladet er das Unternehmen zu den erforderlichen Abänderungen und Ergänzungen ein. Kontakte mit dem Enteigner sind also unvermeidlich, wenn der Schätzungskommissions-Präsident die ihm vom Gesetzgeber auferlegten Pflichten erfüllen will. Die Enteigneten sind dagegen zu dieser Vorprüfung nicht beizuziehen; ihre Rechte bleiben durch die Möglichkeit gewahrt, im Planauflageverfahren Beschwerde wegen Verletzung von Art. 28 EntG zu führen (vgl. Art. 30 Abs. 4 EntG , Art. 16 der Verordnung über die eidgenössischen Schätzungskommissionen). Von einer Verletzung von Art. 6 Abs. 1 EMRK kann deshalb keine Rede sein. 5. Gemäss Art. 28 EntG sind die Aussteckung und, sofern notwendig, das Aufstellen der Profile vor der Auflage der Pläne und dem Beginn der Eingabefrist vorzunehmen. Der Sinn dieser Bestimmung ist klar: Bilden Planauflage und Aussteckung gemeinsam Grundlage und Voraussetzung für die Eingabe der Privaten, so haben sie "Hand in Hand zu gehen" (Botschaft des Bundesrates vom 21. Juni 1926, BBl 1926 II S. 43), müssen also gleichzeitig erfolgen. Nach Art. 16 der Verordnung für die eidgenössischen Schätzungskommissionen vom 24. April 1972 kann jeder Enteignete, wenn der Enteigner die Bestimmungen von Art. 28 EntG nicht beachtet, bis zur Einigungsverhandlung beim Präsidenten Beschwerde führen. Aus dieser Vorschrift ist im angefochtenen Entscheid abgeleitet worden, die Nichtvornahme der Aussteckung beeinflusse die Gültigkeit der Planauflage nicht, sondern führe nur dazu, dass die Enteigneten auch nach Ablauf der Eingabefrist noch Begehren stellen könnten. Diese Auffassung ist jedoch nicht zu teilen. Wohl wird in der Regel eine mangelhafte Aussteckung nicht die Nichtigkeit des Planauflageverfahrens zur Folge haben und kann eine entsprechende Rüge, die nicht rechtzeitig vor dem Präsidenten der Schätzungskommission oder vor Bundesgericht erhoben worden BGE 109 Ib 130 S. 139 ist, im Einspracheverfahren nicht mehr zugelassen werden (vgl. nicht publ. Entscheid vom 30. Juni 1982 i.S. Häfele E. 2). Hier ist indessen die Aussteckung nicht fehlerhaft, sondern überhaupt nicht vorgenommen worden. In solchen Fällen rechtfertigt es sich, da Pläne und Aussteckung in gewissem Sinne eine Einheit bilden, analog der Bestimmung von Art. 30 Abs. 4 EntG vorzugehen. Demnach ist die Planauflage auch dann zu wiederholen bzw. eine neue Eingabefrist anzusetzen, wenn durch eine unvollständige Aussteckung und deren Berichtigung die Interessen von Enteigneten wesentlich berührt werden. Dass hier die Interessen der Enteigneten durch die nachträgliche Vornahme der zunächst vollständig fehlenden Aussteckung erheblich betroffen werden, steht ausser Frage. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde ist daher der angefochtene Entscheid in dem Sinne abzuändern, dass die Planauflage nach Kontrolle der Aussteckung durch den Präsidenten der Schätzungskommission unter erneuter öffentlicher Bekanntmachung und persönlicher Benachrichtigung der in Art. 31 EntG genannten Entschädigungsberechtigten um 30 Tage zu verlängern ist. Sollte die Auflagefrist schon abgelaufen sein, ist eine neue Planauflage anzuordnen; bereits eingereichte Eingaben sind indessen, um Formalismus zu vermeiden, von Amtes wegen zu behandeln und brauchen nicht erneuert zu werden.
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109f8f2d-7dfa-42d0-b111-ab86891b2fdb
Urteilskopf 123 IV 175 27. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 10. September 1997 i.S. D. gegen Statthalteramt des Bezirkes Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Merkmale der Lotterie und des lotterieähnlichen Wettbewerbs ( Art. 1, 38 und 56 Abs. 2 LG ; Art. 43 Ziff. 2 LV ). Fall eines von einer Zeitung veranstalteten Wettbewerbs, bei dem die Teilnehmer die Lösung über eine 156er-Telefonnummer übermitteln mussten. Einsatz: Die im Vergleich zu den normalen Telefongebühren höhere Gebühr für die Benützung einer 156er-Telefonnummer (Telekiosk), über welche der Wettbewerbsteilnehmer die Lösung zu übermitteln hat, ist jedenfalls im Umfang des darin enthaltenen Anbieteranteils ein Einsatz. Unerheblich ist, ob der Einsatz dem Veranstalter des Wettbewerbs oder einem Dritten zufliesst (E. 2a). Gewinn: Darunter fallen nicht nur Waren und Geld, sondern vermögensrechtliche Vorteile jeder Art, z.B. auch Gratisreisen (E. 2b). Planmässigkeit: Sie ist unter anderem gegeben, wenn der Veranstalter sein Spielrisiko durch vorgängige Festlegung der in Aussicht gestellten Gewinne ausschliesst. Unerheblich ist, ob die ausgesetzten Gewinne vom Veranstalter oder von Dritten finanziert werden (E. 2c). Zufall: Bedeutung dieses Merkmals für die Abgrenzung zwischen Lotterie und lotterieähnlichem Wettbewerb (E. 2d).
Sachverhalt ab Seite 176 BGE 123 IV 175 S. 176 D. kündigte als verantwortliche Leiterin des Verlages X. in einer Zeitung unter der Überschrift "Fliegen Sie zu 007" einen Wettbewerb an, gemäss dessen Spielregeln unter 16 angeführten Namen diejenigen fünf Darsteller ausgewählt werden mussten, welche bereits einmal "James Bond" verkörpert hatten. Die Lösungen konnten bis zum Teilnahmeschluss am 15. November 1995 mit einer entsprechenden Zahlenkombination unter Benützung einer 156er-Telefonnummer für Fr. -.86/Min. eingetippt werden, wobei alle richtigen Antworten an einer Verlosung von insgesamt 21 Preisen teilnahmen. Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirkes Zürich verurteilte D. am 30. Januar 1997 wegen (vorsätzlicher) Widerhandlung gegen das Bundesgesetz betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen BGE 123 IV 175 S. 177 Wetten (LG; SR 935.51) in Anwendung von dessen Art. 38 i.V.m. Art. 1 und 4 zu einer Busse von 500 Franken. Das Obergericht des Kantons Zürich wies die von D. dagegen erhobene kantonale Nichtigkeitsbeschwerde am 22. Mai 1997 ab. D. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der Beschluss des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zu ihrer Freisprechung von Schuld und Strafe an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht hat die Nichtigkeitsbeschwerde abgewiesen Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 1. Gemäss Art. 38 Abs. 1 LG wird bestraft, wer eine durch dieses Gesetz verbotene Lotterie ausgibt oder durchführt. Lotterien sind nach Art. 1 Abs. 1 LG grundsätzlich verboten. Vorbehalten bleiben sogenannte Tombolas, die ausschliesslich dem kantonalen Recht unterstehen und von ihm zugelassen, beschränkt oder untersagt werden können ( Art. 2 LG ), sowie die gemeinnützigen oder wohltätigen Zwecken dienenden Lotterien und die Prämienanleihen, soweit deren Ausgabe und Durchführung erlaubt sind ( Art. 3 LG ). Gemäss Art. 1 Abs. 2 LG gilt als Lotterie jede Veranstaltung, bei der gegen Leistung eines Einsatzes oder bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts ein vermögensrechtlicher Vorteil als Gewinn in Aussicht gestellt wird, über dessen Erwerbung, Grösse oder Beschaffenheit planmässig durch Ziehung von Losen oder Nummern oder durch ein ähnliches auf Zufall gestelltes Mittel entschieden wird. Art. 4 LG untersagt die Ausgabe und die Durchführung einer durch dieses Gesetz verbotenen Lotterie. Die Durchführung der Lotterie umfasst die dem Lotteriezweck dienenden Handlungen, wie die Ankündigung und Bekanntmachung einer Lotterie, die Ausgabe der Lose, die Empfehlung, das Feilbieten, die Vermittlung und den Verkauf von Losen, Coupons oder Ziehungslisten, die Losziehung, die Ausrichtung der Gewinne, die Verwendung des Ertrages. Werden Widerhandlungen gegen Art. 38-42 LG im Geschäftsbetrieb einer juristischen Person oder Gesellschaft begangen, so sind gemäss Art. 45 LG die handelnden Organe oder Gesellschafter strafbar. Der bundesrätliche Entwurf eines Lotteriegesetzes (BBl 1918 IV 356 ff.) verzichtete auf eine Definition des Lotteriebegriffs, weil sie sich erstens in der Expertenkommission als schwierig erwiesen hatte und weil zweitens "gerade eine Legaldefinition unter Umständen die Umgehung des Gesetzes erleichtern könnte, indem man Unternehmungen, BGE 123 IV 175 S. 178 die unbestreitbar die Zwecke und Gefahren der Lotterie in sich schliessen, mit äusserlichen Merkmalen ausstatten würde, die ihre Subsumtion unter den gesetzlichen Lotteriebegriff ausschliessen oder doch sehr zweifelhaft machen würden" (Botschaft des Bundesrates, BBl 1918 IV 333 ff., 343). In den Verhandlungen der eidgenössischen Räte wurde dann aber doch eine Legaldefinition eingefügt. Um die damit verbundenen Gefahren auszuschalten, wurde der Bundesrat im Gesetz ermächtigt, auf dem Verordnungsweg lotterieähnliche Unternehmungen den Lotterien gleichzustellen (siehe Sten.Bull. StR 1921 S. 37, 100, Voten des Berichterstatters Andermatt; Sten.Bull. NR 1922 S. 861, 882, Voten des Berichterstatters Mächler). Gemäss Art. 56 Abs. 2 LG ist der Bundesrat befugt, auf dem Verordnungsweg lotterieähnliche Unternehmungen den in diesem Gesetz über die Lotterien enthaltenen Bestimmungen zu unterwerfen. Nach Art. 43 Ziff. 2 der Vollziehungsverordnung zum Lotteriegesetz (LV; SR 935.511) sind den Lotterien gleichgestellt Preisausschreiben und Wettbewerbe jeder Art, an denen nur nach Leistung eines Einsatzes oder nach Abschluss eines Rechtsgeschäftes teilgenommen werden kann und bei denen der Erwerb oder die Höhe der ausgesetzten Gewinne wesentlich vom Zufall oder von Umständen abhängig ist, die der Teilnehmer nicht kennt. a) Die Legaldefinition der Lotterie in Art. 1 Abs. 2 LG enthält vier Merkmale, nämlich (1.) den Einsatz des Teilnehmers oder den Abschluss eines Rechtsgeschäfts, (2.) die Aussicht auf einen Gewinn, (3.) die Planmässigkeit und (4.) das aleatorische Moment ( BGE 103 IV 213 E. 4a S. 218; BGE 85 I 168 E. 5 S. 176 f. mit weiteren Hinweisen). Auch die den Lotterien gleichgestellten Wettbewerbe im Sinne von Art. 43 Ziff. 2 LV setzen einen Einsatz und die Aussicht auf einen Gewinn sowie die Planmässigkeit (siehe zu letzterem BGE 99 IV 25 E. 5b S. 33 ff.) voraus; hingegen genügt es, dass der Erwerb oder die Höhe der ausgesetzten Gewinne "wesentlich" vom Zufall oder von Umständen abhängig ist, "die der Teilnehmer nicht kennt". b) Die Beschwerdeführerin macht wie bereits im kantonalen Verfahren geltend, die von ihr angekündigte Veranstaltung erfülle keines der vier Merkmale einer Lotterie. 2. a) Einsatz im Sinne der Lotteriegesetzgebung ist der Vermögenswert, den der Einleger als Gegenleistung für die Teilnahme an der Verlosung der in Aussicht gestellten Gewinne erbringen muss. Unerheblich ist, ob die Einsätze letztlich dem Veranstalter oder einem Dritten zufliessen und ob aus der Veranstaltung ein Gewinn resultiert. Auch ganz kleine Beträge von einigen Rappen stellen BGE 123 IV 175 S. 179 einen Einsatz dar. Der Einsatz kann in einer anderen Leistung von Vermögenswert verborgen sein (siehe zum Ganzen CHRISTIAN KLEIN, Die Ausnützung des Spieltriebes durch Veranstaltungen der Wirtschaftswerbung und ihre Zulässigkeit nach schweizerischem Recht, Diss. Zürich 1970, S. 90 ff.; WILLY STAEHELIN, Das Bundesgesetz betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten als Strafgesetz, Diss. Zürich 1941, S. 36 ff.; WERNER MEILI, Untersuchungen über die Entwicklung und die volkswirtschaftliche Bedeutung der Lotterien in der Schweiz und im Ausland, Diss. Zürich 1946, S. 18 ff.; LUCAS DAVID, Schweizerisches Werberecht, 1977, S. 202 ff.). aa) Die Wettbewerbs-Lösung konnte nur über eine 156er-Telefonnummer (sogenannter Telekiosk) übermittelt werden. Die Höhe der dem Benützer einer 156er-Nummer von der Telecom PTT belasteten Gebühr hängt von der vierten Ziffer der Telefonnummer ab; ist dies, wie im vorliegenden Fall, eine 4, so beträgt die Gebühr Fr. -.86/Min. Diese Gebühr ist unstreitig höher als die normale Telefongebühr, was dem durchschnittlichen Telefonbenützer unbestrittenermassen bekannt ist. Sie enthält u.a. einen sogenannten "Anbieteranteil", den die Telecom PTT dem Abonnenten überweist, der über die fragliche 156er-Nummer etwas "anbietet". Jedenfalls dieser in der Telefongebühr enthaltene Anbieteranteil ist ein Einsatz im Sinne der Lotteriegesetzgebung. bb) Was die Beschwerdeführerin dagegen einwendet, ist unbegründet. Wohl sind die Kosten der Übermittlung der Wettbewerbs-Lösung, d.h. die "Transportkosten", als solche kein Einsatz im Sinne der Lotteriegesetzgebung; denn nicht "gegen" diese Leistung werden den Teilnehmern die Gewinne in Aussicht gestellt. Kein Einsatz ist somit das gewöhnliche Briefporto bei postalischer Einsendung der Wettbewerbs-Lösung (siehe LUCAS DAVID, op.cit., S. 203; CHRISTIAN KLEIN, op.cit., S. 92). Kein Einsatz ist folgerichtig auch die normale Telefongebühr bei telefonischer Übermittlung der Wettbewerbs-Lösung. Die im Vergleich zur normalen Telefongebühr unstreitig höhere Gebühr für die Benützung einer 156er-Nummer unterscheidet sich aber wegen des darin enthaltenen Anbieteranteils wesentlich von der normalen Gebühr; im Umfang dieses Anbieteranteils dient die Gebühr nicht der Finanzierung des "Transports" der Wettbewerbs-Lösung. Unerheblich ist, dass die Übermittlung der Wettbewerbs-Lösung über die 156er-Telefonnummer nach der Darstellung in der Beschwerde für die Teilnehmer gesamthaft betrachtet jedenfalls nicht teurer und insbesondere auch einfacher ist als die schriftliche BGE 123 IV 175 S. 180 Einsendung per Post. Das bedeutet bloss, dass der Wettbewerbs-Teilnehmer die Gebühr für die obligatorische Benützung der 156er-Telefonnummer allenfalls nicht als eine unnötige finanzielle Belastung empfindet. Dies ist aber lotterierechtlich unerheblich. Entscheidend ist allein, dass die Gebühr für die Benützung der 156er-Telefonnummer im Unterschied zur normalen Telefongebühr sowie zum Briefporto unter anderem einen Anbieteranteil enthält. Ohne Bedeutung ist, ob der Wettbewerbs-Teilnehmer weiss, dass die Telecom PTT einen Teil der ihm belasteten Gebühr von 86 Rp./Min. - nämlich rund 43,65 Rp./Min. - als Anbieteranteil dem Abonnenten der fraglichen Telefonnummer überweist. Auch der in einer andern Leistung verborgene und daher für den Teilnehmer nicht als solcher erkennbare Einsatz ist lotterierechtlich relevant. Subjektiv ist im vorliegenden Fall bloss, aber immerhin, das Bewusstsein des Teilnehmers erforderlich, dass er allein über die vom Veranstalter angegebene 156er-Telefonnummer und somit nur durch Zahlung der im Vergleich zu den normalen Gebühren höheren Gebühr von 86 Rp./Min. am Wettbewerb und damit an der Verlosung der ausgesetzten Gewinne teilnehmen kann. Ob in einem Fall der vorliegenden Art entsprechend den Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil "die Gefahr des unüberlegten Mitspielens" besonders gross ist, weil der (erst mit der Telefonrechnung zu zahlende) Einsatz kreditiert wird und der Teilnehmer nicht einmal genau weiss, was ihn die Teilnahme kostet, kann dahingestellt bleiben. Die Gefahr des unüberlegten Mitspielens ist nach den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid kein wesentliches Merkmal der Lotterie. Die Ausführungen in der Nichtigkeitsbeschwerde, mit denen die fragliche Gefahr bestritten wird, gehen somit an der Sache vorbei. Wohl sind die Lotterien gerade auch aus sozialen Gründen verboten und kann unter diesem Gesichtspunkt ein Einsatz von einigen Rappen nicht ins Gewicht fallen. Das Gesetz verlangt aber weder für den Begriff der Lotterie noch für die Strafbarkeit der Durchführung einer Lotterie gewisse Mindesteinsätze. Im übrigen sei der Vollständigkeit halber folgendes festgehalten: Das Telefonat dauerte 1-2 Minuten, wenn der Wettbewerbs-Teilnehmer die Namen der gesuchten fünf "James Bond"-Darsteller durch Wählen bzw. Tippen der diesen beigeordneten zweistelligen Zahlen, also einer insgesamt zehnstelligen Zahl, auf der Wählscheibe bzw. Tastatur seines Telefonapparates angab. Wenn die Eingabe des Teilnehmers "nicht richtig verstanden" wurde, erhielt er BGE 123 IV 175 S. 181 die Gelegenheit, die seines Erachtens fünf richtigen Namen offen anzugeben. Es darf angenommen werden, dass im letztgenannten Fall das Telefonat 3 Minuten oder gar länger dauern konnte, zumal der Teilnehmer noch seinen eigenen Namen samt Adresse angeben musste. Ein Gespräch von 3 Minuten Länge kostet aber insgesamt Fr. 2.58. Das ist mehr als das Doppelte des Briefportos, was nach einer Bemerkung in der Nichtigkeitsbeschwerde Mindestvoraussetzung für die Annahme eines relevanten Einsatzes sein soll. b) Als 1. Preis winkte eine Flugreise nach London samt Übernachtung in einem Erstklasshotel und Tickets für die Filmpremiere von "Golden Eye" für zwei Personen, als 2.-6. Preis das Probefahren eines BMW Z3 roadster während eines Wochenendes; der 7.-16. Preis bestand in einer CD und der 17.-21. Preis in einem Mehrzweckwerkzeug. Alle diese in Aussicht gestellten Gewinne sind offensichtlich "vermögensrechtliche Vorteile" im Sinne von Art. 1 Abs. 2 LG . Der Einwand der Beschwerdeführerin, dass nur nutz- bzw. verwertbare Vermögensgegenstände lotterierechtlich relevante Gewinne seien, ist unbegründet. Zwar sprechen die in der Nichtigkeitsbeschwerde zitierten Autoren in diesem Zusammenhang von Vermögensgegenständen (so CHRISTIAN KLEIN, op.cit., S. 78 f.) bzw. von Waren oder Geld (so WILLY STAEHELIN, op.cit., S. 44 unten). Sollten diese Autoren damit tatsächlich anderweitige vermögensrechtliche Vorteile, wie etwa üblicherweise nur gegen Entgelt erbrachte Dienstleistungen, als lotterierechtlich unerhebliche Gewinne betrachten, könnte ihnen nicht gefolgt werden. Andere Autoren erwähnen denn auch als Beispiele für vermögensrechtliche Vorteile u.a. Gratisreisen (so LUCAS DAVID, op.cit., S. 204; ANNE-CATHERINE IMHOFF-SCHEIER, La validité des jeux-concours publicitaires envoyés par correspondance, ZSR 104/1985 I S. 25 ff., 38 f.). Eine Beschränkung der relevanten Gewinne auf nutz- oder verwertbare Gegenstände bzw. auf Waren und Geld unter Ausschluss etwa von Dienstleistungen findet im Wortlaut von Art. 1 Abs. 2 LG - "ein vermögensrechtlicher Vorteil als Gewinn", "un avantage matériel consistant en un lot", "un lucro sotto forma di premio" - keine Stütze. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern sich eine solche Beschränkung aus Sinn und Zweck des Gesetzes ergeben könnte. Im übrigen ist in Art. 43 Ziff. 2 LV betreffend die den Lotterien gleichgestellten Preisausschreiben und Wettbewerbe schlicht von "Gewinnen" die Rede. c) Das Merkmal der Planmässigkeit ist u.a. und jedenfalls dann gegeben, wenn der Veranstalter Art und Umfang der in Aussicht gestellten Gewinne von vornherein festlegt und damit sein eigenes BGE 123 IV 175 S. 182 Spielrisiko ausschliesst, sich also nicht dem Zufall unterwirft (siehe BGE 99 IV 25 E. 5 S. 31 ff., 33, mit Hinweisen; LUCAS DAVID, op.cit., S. 204). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Der Veranstalter hat 21 genau bezeichnete Preise in Aussicht gestellt. Was die Beschwerdeführerin dagegen einwendet, ist unbegründet. Es ist unerheblich, dass die vom Veranstalter in Aussicht gestellten Gewinne nicht von ihm selbst finanziert, sondern von Dritten gestiftet worden sind. Der Begriff der Lotterie setzt nicht voraus, dass der Veranstalter die Preise auch selber finanziert. Daher ist es unerheblich, dass der Veranstalter schon deshalb keinen Verlust erleiden konnte, weil Dritte die in Aussicht gestellten Preise stifteten. Ohne Bedeutung ist auch, wem die von den Teilnehmern geleisteten Einsätze zufliessen und ob aus der Veranstaltung ein Reingewinn resultiert. Unerheblich ist ferner, dass die Veranstaltung für den Veranstalter angeblich "ökonomisch in jedem Fall indifferent" war und es für ihn daher nichts zu berechnen gegeben habe und deshalb auch kein Plan habe erstellt werden müssen. Die Planmässigkeit betrifft nicht unmittelbar die Frage von Einnahmen und Ausgaben bzw. von Gewinn und Verlust, sondern die Frage des Spielrisikos, des Zufalls. Auf welche Weise das Spielrisiko ausgeschlossen werden kann, hängt wesentlich auch von der Art der Veranstaltung ab; bei einer wöchentlich veranstalteten Zahlenlotterie beispielsweise sind dazu andere Massnahmen erforderlich als bei einem Wettbewerb. Die Planmässigkeit besteht im hier zu beurteilenden Fall eines Wettbewerbs, bei dem die Teilnehmer, deren Zahl ungewiss ist, eine bestimmte Frage beantworten müssen, schlicht darin, dass durch vorgängige Festlegung der Gewinne das Spielrisiko für denjenigen, welcher dessen Folgen zu tragen hätte, ausgeschlossen wird. d) Auch die vierte Voraussetzung, das aleatorische Moment, ist vorliegend erfüllt. Was die Beschwerdeführerin dagegen einwendet, ist zum einen unbegründet und geht zum anderen an der Sache vorbei. Zwar setzt die richtige Beantwortung der gestellten Wettbewerbsfrage ein Wissen bzw. eine gewisse geistige Anstrengung voraus und ist die Richtigkeit der übermittelten Lösung insoweit von wesentlicher Bedeutung, als der Teilnehmer ohne richtige Lösung von vornherein keinen Gewinn erwerben kann. Andererseits hat aber ein Teilnehmer mit der Übermittlung der richtigen Lösung noch nichts gewonnen. Da bei Wettbewerben der vorliegenden Art erfahrungsgemäss mehr richtige Lösungen eingehen als Preise - BGE 123 IV 175 S. 183 hier: 21 - ausgesetzt sind, entscheidet über die Erwerbung eines Gewinns letztlich der Zufall. Selbst wenn (zufälligerweise) die Zahl der eingegangenen richtigen Lösungen die (von vornherein festgelegte) Zahl der ausgesetzten, unterschiedlichen Preise nicht übersteigen sollte, entscheidet jedenfalls über die Grösse oder Beschaffenheit des Gewinns des einzelnen Teilnehmers der Zufall, was genügt (siehe dazu BGE 62 I 46 E. 1c S. 50). Allerdings wurde in dem in der Nichtigkeitsbeschwerde zitierten BGE 55 I 53 ff. u.a. erkannt, die Voraussetzung des Zufalls im Sinne des Gesetzes fehle, wenn im Unternehmen bei der Entscheidung über den Gewinnanfall Faktoren mitwirkten, "welche in der teilweisen Betätigung des Einlegers oder Unternehmers oder eines Dritten liegen"; denn dann entscheide nicht mehr, wie bei der Los- oder Nummernziehung, "etwas Unberechenbares, etwas ausserhalb jeder menschlichen Einwirkung stehendes, über den Gewinnanfall, sondern die menschliche Betätigung in Verbindung mit Unberechenbarem und Unbekanntem" (S. 64). Wie es sich damit im einzelnen verhält, kann hier dahingestellt bleiben. Denn ein Wettbewerb wird gemäss Art. 43 Ziff. 2 LV u.a. schon dann als lotterieähnliche Unternehmung (s. Art. 56 Abs. 2 LG ) den Lotterien gleichgestellt, wenn der Erwerb oder die Höhe der ausgesetzten Gewinne "wesentlich vom Zufall... abhängig ist". Art. 43 LV in dieser Fassung wurde erst durch Bundesratsbeschluss vom 10. Mai 1938, in Kraft seit 1. Juli 1938, eingefügt, bestand also zur Zeit der Ausfällung des vorstehend wiedergegebenen Bundesgerichtsentscheides vom 11. Februar 1929 noch nicht. Bei Wettbewerben aller Art, bei denen eine Frage beantwortet oder ein Lösung gefunden werden muss und unter den richtigen Einsendungen das Los über Erwerb oder Höhe des Gewinns entscheidet, mag es zweifelhaft sein, ob der Zufall allein massgebend sei. Auch aus diesem Grunde ist der Bundesrat gemäss Art. 56 Abs. 2 LG befugt, "lotterieähnliche Unternehmungen" den im Lotteriegesetz enthaltenen Bestimmungen zu unterwerfen, und werden in Art. 43 Ziff. 2 LV Wettbewerbe den Lotterien gleichgestellt, wenn u.a. Erwerb oder Höhe des Gewinns immerhin "wesentlich" vom Zufall abhängt. Gerade in bezug auf die Bedeutung des Zufallsmoments unterscheidet sich die lotterieähnliche Unternehmung von der Lotterie (s. dazu WILLY STAEHELIN, op.cit., S. 68 ff.; WERNER MEILI, op.cit., S. 57 f.). Beim hier zu beurteilenden Wettbewerb hingen der Erwerb und die Höhe der Gewinne angesichts der Art der gestellten Aufgabe, der Zahl der zu erwartenden richtigen Lösungen und der ausgesetzten BGE 123 IV 175 S. 184 Gewinne jedenfalls zumindest im Sinne von Art. 43 Ziff. 2 LV wesentlich vom Zufall ab. e) Damit sind alle Merkmale eines einer Lotterie im Sinne von Art. 1 Abs. 2 LG gleichgestellten Wettbewerbs gemäss Art. 43 Ziff. 2 LV erfüllt.
null
nan
de
1,997
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CH
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10a14f06-dd0b-4117-88a6-ed7c400d8b99
Urteilskopf 124 I 208 26. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 25. August 1998 i.S. K. gegen Staatsanwaltschaft und Obergericht des Kantons Luzern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Persönliche Freiheit, Art. 4 BV , Art. 5 EMRK ; Beweisverfahren im Haftprüfungsverfahren, Wiederholungsgefahr. Trotz des Beschleunigungsgebots kein grundsätzlicher Ausschluss von Beweismassnahmen im Haftprüfungsverfahren (E. 3). Zulässigkeit der Abweisung von Beweisbegehren zur Frage der Wiederholungsgefahr im vorliegenden Fall (E. 4). Anforderungen an die Wiederholungsgefahr; Bejahung von Wiederholungsgefahr (E. 5). Zulässige Dauer der Untersuchungshaft (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 209 BGE 124 I 208 S. 209 Der jugoslawische Staatsangehörige K. wurde wegen des Verdachts, gegenüber seiner von ihm geschiedenen Ehefrau bei einer Auseinandersetzung mit seiner Pistole einen Tötungsversuch begangen zu haben, von den Strafverfolgungsbehörden des Kantons Luzern in Untersuchungshaft versetzt. Die Haft ist mehrmals verlängert und Haftentlassungsgesuche sind abgewiesen worden. Die Abweisung eines Haftentlassungsgesuches durch die Staatsanwaltschaft focht K. im Juni 1998 beim Obergericht des Kantons Luzern an, verlangte seine Entlassung aus der Haft und beantragte zur Annahme von Wiederholungsgefahr Beweismassnahmen. Das Obergericht wies den Rekurs ab. Es bejahte den Tatverdacht und nahm Wiederholungsgefahr als speziellen Haftgrund an. Den Beweisbegehren gab es keine Folge, weil im Haftrekursverfahren für Beweisergänzungen kein Raum sei. Gegen diesen Entscheid hat K. beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV , der persönlichen Freiheit und von Art. 5 EMRK erhoben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 2. Die Strafprozessordnung des Kantons Luzern (StPO/LU) bestimmt, dass der Angeschuldigte in der Regel in Freiheit bleibt ( § 80 Abs. 1 StPO /LU). Er darf indessen in Haft gesetzt werden, BGE 124 I 208 S. 210 wenn er eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtigt wird und wenn einer der speziellen Haftgründe vorliegt ( § 80 Abs. 2 StPO /LU). Als spezieller Haftgrund gilt u.a. die Wiederholungsgefahr; sie ist gegeben, wenn konkrete Hinweise für die Annahme bestehen, dass der Angeschuldigte weitere strafbare Handlungen begehen werde ( § 80 Abs. 2 Ziff. 4 StPO /LU). (...) 3. Das Obergericht hat den angefochtenen Entscheid auf das Vorliegen des speziellen Haftgrundes der Wiederholungsgefahr im Sinne von § 80 Abs. 2 Ziff. 4 StPO /LU gestützt. In dieser Hinsicht hat der Beschwerdeführer vor dem Obergericht um Abnahme von weiteren Beweisen, nämlich um Befragung von zwei Zeugen und um Erstellung eines Obergutachtens ersucht. Das Obergericht gab diesen Begehren nicht statt und begründete dies damit, im Haftprüfungsverfahren, das seiner Natur nach rasch durchgeführt werden muss, sei für Beweismassnahmen kein Raum. Der Beschwerdeführer erblickt darin eine Verletzung von Art. 4 BV . Nach der Luzerner Strafprozessordnung ebenso wie nach der Rechtsprechung zur persönlichen Freiheit und zu Art. 5 Ziff. 3 und 4 EMRK bedarf es eines raschen richterlichen Entscheides über die Anordnung bzw. Aufrechterhaltung von Untersuchungshaft; auf Grund von § 83bis StPO /LU hat das Obergericht innert dreier Tage über Haftbeschwerden zu entscheiden. Das Beschleunigungsgebot belässt daher nur wenig Raum für ausgedehnte Beweismassnah-men. Zur Frage des dringenden Tatverdachts ist in diesem Verfahrensstadium kein Beweisverfahren durchzuführen, weil der Haftrichter dem erkennenden Strafrichter nicht vorzugreifen hat. Vorbehalten bleibt allenfalls die Abnahme eines liquiden Alibibeweises (Urteil vom 7. Oktober 1992 i.S. B. in: EuGRZ 1992 S. 553 E. 3b/cc sowie Urteil vom 12. September 1996 i.S. S. in: EuGRZ 1997 S. 15 E. 2d/bb). In Bezug auf die besonderen Haftgründe kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Beweisverfahren ebenfalls nicht ausgeschlossen werden. Sofern die Interessen der materiellen Rechtsfindung in schwierigeren Fällen eine längere Entscheidungsfrist notwendig machen, könne dies unter dem Beschleunigungsgebot in Kauf genommenen werden. In diesem Sinn interpretierte das Bundesgericht die Regel der Strafprozessordnung des Kantons Zürich, wonach der Haftrichter innert zweier Tage über den Antrag auf Untersuchungshaft bzw. auf Weiterführung der Haft zu entscheiden hat, grundrechtskonform als Ordnungsvorschrift (Urteil vom 7. Oktober 1992 i.S. B. in: EuGRZ 1992 S. 553 E. 3b/dd sowie Urteil vom 12. September 1996 i.S. S. in: EuGRZ 1997 S. 15 E. 2d/bb). BGE 124 I 208 S. 211 Demnach kann es zur Wahrung der von der Verfassung geschützten (materiellen) Parteirechte im Einzelfall geboten sein, von der kantonalen Prozessordnung abzuweichen, namentlich was den Ausschluss von gewissen Beweiserhebungen oder die Fristbestimmungen für den Erlass des haftrichterlichen Entscheides betrifft (Urteil vom 12. September 1996 i.S. S. in: EuGRZ 1997 S. 15 E. 2d/cc). Auf Grund dieser Erwägungen kann ein Beweisverfahren zum Vorliegen von besonderen Haftgründen nicht zum vornherein ausgeschlossen werden. Soweit das Obergericht im angefochtenen Entscheid ausführt, für Beweismassnahmen zur Abklärung der Wiederholungsgefahr sei im Haftprüfungsverfahren grundsätzlich kein Raum, kann ihm nicht gefolgt werden. 4. Eine sorgfältige Lektüre des angefochtenen Entscheides zeigt, dass das Obergericht - über die pauschale Aussage zur Unzulässigkeit von Beweismassnahmen hinaus - die konkreten Beweisbegehren in antizipierter Beweiswürdigung abgelehnt hat. Im Folgenden ist zu prüfen, ob diese Ablehnung unter dem Gesichtswinkel von Art. 4 BV verfassungsrechtlich zulässig ist. a) Nach der Rechtsprechung kann der Richter das Beweisverfahren schliessen, wenn die Beweisanträge eine nicht erhebliche Tatsache betreffen oder offensichtlich untauglich sind oder wenn er auf Grund bereits abgenommener Beweise seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen kann, dass seine Überzeugung durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert würde. Das Bundesgericht greift auf staatsrechtliche Beschwerde nur ein, wenn die Beweiswürdigung offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, auf einem offenkundigen Versehen beruht oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft ( BGE 120 Ia 31 S. 40; BGE 117 Ia 262 S. 268 f.; BGE 115 Ia 97 S. 101; BGE 103 Ia 490 S. 491, mit Hinweisen). Das Bundesgericht hebt einen Entscheid im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren nur auf, wenn er sich im Resultat als verfassungswidrig erweist, und nicht schon dann, wenn nur die Begründung unhaltbar ist ( BGE 122 I 257 S. 262; BGE 119 Ib 380 S. 385, mit Hinweisen). Es ist daher auch zu prüfen, ob sich der angefochtene Entscheid allenfalls unter Substituierung der Motive im Resultat verfassungsrechtlich halten lässt. b) Das Obergericht liess bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr den Führungsbericht des Direktors des Zentralgefängnisses Luzern, Herr A., nicht ausser Acht. Dieser Bericht vom 18. Juni 1998 BGE 124 I 208 S. 212 attestiert dem Beschwerdeführer ein korrektes Verhalten. Bei dieser Sachlage ist nicht ersichtlich, was eine neue Befragung von Herrn A. beweismässig hätte bringen können; jedenfalls durfte das Obergericht ohne Willkür ausschliessen, dass die Zeugenbefragung etwas an der auf das psychiatrische Gutachten abgestützten Beurteilung der Wiederholungsgefahr ändern könnte. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in der Zwischenzeit in das Untersuchungsgefängnis Basel verlegt werden musste, ändert daran nichts und ist für das bundesgerichtliche Verfahren wegen des Novenverbots unbeachtlich ( BGE 121 I 367 S. 370, mit Hinweisen). Die Abweisung des Antrags auf Befragung des Gefängnisdirektors hält daher vor Art. 4 BV stand. Gleich verhält es sich mit dem als Zeugen angerufenen Psychologen B. Zum einen basiert schon der Führungsbericht offensichtlich auch auf dessen Beurteilung. Zum andern hat es der Beschwerdeführer unterlassen, im Einzelnen darzulegen, was Herr B. über den positiven Führungsbericht hinaus beweismässig hätte ausführen können. Gesamthaft gesehen hat das Obergericht daher die Verfassung durch die Abweisung der Begehren um Befragung der beiden Zeugen nicht verletzt. c) Das Obergericht hat seinen Entscheid wesentlich auf das Gutachten von Dr. med. X. abgestützt. Der Beschwerdeführer hat dieses Gutachten auf Grund eines Berichts von Dr. med. Y. kritisiert und deshalb eine Oberexpertise gefordert, was vom Obergericht abgelehnt worden ist. Dr. X. beschrieb den Beschwerdeführer als uneinsichtig und realitätsfremd, weil dieser weder die Scheidung von seiner Ehefrau anerkennen noch die Schussabgabe wahrhaben wolle. Auf Grund der gesamten Umstände schliesst der Gutachter auf eine paranoide Denkweise. Aus diesem Grunde stelle der Beschwerdeführer eine Gefahr insbesondere für seine frühere Ehefrau dar, weshalb auch die Frage einer Verwahrung zu prüfen sei. Der Beschwerdeführer kritisiert dieses Gutachten als oberflächlich. Seine Kritik geht indessen über diejenige von Dr. Y. hinaus. Dieser beanstandet zwar, dass keine fremdanamnestischen Abklärungen und keine testpsychologische Prüfungen vorgenommen worden sind. Er zieht indessen die Schlussfolgerung des Gutachters nicht in Frage und spricht selber davon, dass eine paranoide Persönlichkeitsstörung tatsächlich in Betracht zu ziehen sei. Hierfür genüge indessen die blosse Beobachtung von Uneinsichtigkeit, Rechthaberei, Unnachgiebigkeit und realitätsinadäquater Misstrauens- und Eifersuchtshaltung allein nicht. BGE 124 I 208 S. 213 Diese Ausführungen zeigen, dass weitere gutachterliche Abklärungen im Hinblick auf das Hauptverfahren und die Frage einer allfälligen Verwahrung tatsächlich angezeigt erscheinen, wie auch das Obergericht im angefochtenen Entscheid mit der Formulierung, solche wären hilfreich und sachdienlich, ausführt. Die Stellungnahme von Dr. Y. bezieht sich indessen auf das Hauptverfahren und die Frage der Verwahrung. Zur Wiederholungsgefahr spricht er sich nicht aus, zieht sie insbesondere nicht in Zweifel. Für ihn fällt vielmehr eine paranoide Persönlichkeitsstörung ausdrücklich in Betracht. Weiter darf berücksichtigt werden, dass Dr. X. zwar keine fremdanamnestischen Abklärungen getroffen, sich im Gutachten immerhin auf Zeugenaussagen aus dem Dossier gestützt hat. In Anbetracht dieser Umstände kann nicht gesagt werden, das Gutachten von Dr. X. weise in Bezug auf das Haftprüfungsverfahren und die Abklärung der Wiederholungsgefahr derartig gravierende Fehler auf, dass eine Oberexpertise unumgänglich sei. Das Obergericht konnte vielmehr ohne Verletzung des rechtlichen Gehörs im Sinne von Art. 4 BV das Beweisbegehren des Beschwerdeführers abweisen. Auch insofern erweist sich die Beschwerde als unbegründet. 5. Nach § 80 Abs. 2 Ziff. 4 StPO /LU liegt Wiederholungsgefahr vor, wenn konkrete Hinweise für die Annahme bestehen, dass der Angeschuldigte weiterhin strafbare Handlungen begehen werde. Das Obergericht führt aus, dass hierfür die Gefahr weiteren Delinquierens offenkundig sein müsse; Wiederholungsgefahr sei anzunehmen, wenn der Angeschuldigte vorsätzlich zumindest ein Vergehen verübt hat und sich auf Grund der Umstände des untersuchten Deliktes eine konkrete Befürchtung weiterer Delinquenz ergibt. Das Bundesgericht hat in seiner neuesten Rechtsprechung dargelegt, dass die Anordnung bzw. Aufrechterhaltung wegen Fortsetzungsgefahr nur verhältnismässig sei, wenn einerseits die Rückfallprognose sehr ungünstig und andererseits die zu befürchtenden Delikte von schwerer Natur seien. Die rein hypothetische Möglichkeit der Verübung weiterer Delikte sowie die Wahrscheinlichkeit, dass nur geringfügige Straftaten verübt würden, reichten dagegen nicht aus, um Präventivhaft zu begründen ( BGE 123 I 268 S. 270). Das Obergericht verwies im angefochtenen Entscheid auf sein eigenes Urteil vom 2. April 1998. Es ging von einer paranoiden Persönlichkeitsstörung aus, hielt mit dem Gutachter fest, dass der Beschwerdeführer seine ehemalige Gattin immer noch als unter seiner Kontrolle stehenden Besitz betrachte, und verwies auf den Verlust des Realitätssinnes, der sich insbesondere darin zeige, dass BGE 124 I 208 S. 214 er die Trennung von seiner Ehefrau immer noch nicht wahrhaben und den Umstand, dass die Pistole anlässlich des ihm vorgeworfenen Verhaltens geladen und entsichert gewesen ist, nicht aktzeptieren will. Daher seien weitere Konflikte und gewaltsame Konfrontationen konkret zu befürchten. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, vermag nicht durchzudringen. Ein gewisser Verlust des Realitätssinnes kann ihm nicht abgesprochen werden. Er hat den Tathergang in keiner Weise plausibel schildern und nicht erklären können, wie die Pistole geladen und entsichert worden ist. Sowohl aus dem Gutachten von Dr. X. als auch aus den Einvernahmen geht hervor, dass er die Trennung von seiner Ehefrau nicht wahrhaben kann. Aus dem Dossier ergibt sich, dass er die Tage vor der Tat seine ehemalige Frau verfolgte und ihre Wege mit grosse Eifersucht kontrollierte, obwohl ihm diese klar zu verstehen gab, dass sie zur Zeit keinen Kontakt wünsche. Der Beschwerdeführer reagierte darauf vollkommen unkontrolliert und bedrängte sie mit der Pistole. Gerade der Umstand, dass er sich an das Tragen der Pistole gewöhnt hat und diese anlässlich einer Auseinandersetzung mit seiner ehemaligen Frau tatsächlich hervorholte, zeigt seine hohe Gefährlichkeit. In Freiheit belassen, darf angesichts der Eifersucht und der Unkontrolliertheit seines Handelns mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass er seiner ehemaligen Frau weiterhin nachgehen wird, sie bedrohen wird und ihr gegenüber auch ein schweres Delikt begehen könnte. Es kann daher nicht gesagt werden, die Verübung weiterer Delikte sei lediglich hypothetisch und beziehe sich auf geringfügige Straftaten. In Anbetracht all dieser Umstände durfte das Obergericht ohne Verletzung der Strafprozessordnung, der Verfassung und der EMRK Wiederholungsgefahr annehmen. Beim Vorliegen von Wiederholungsgefahr, die nach dem Gesagten nur unter sehr restriktiven Bedingungen angenommen werden kann, fallen mildere Massnahmen als die Haft kaum in Betracht. Ein wirksamer Schutz der ehemaligen Frau des Beschwerdeführers lässt sich nur mit der Aufrechterhaltung der Haft bewerkstelligen. Die in § 83ter Abs. 2 StPO /LU aufgeführten milderen Massnahmen kommen insbesondere in Frage, wenn eine gewisse Fluchtgefahr besteht. Die persönliche Meldung bei einer Amtsstelle, die Verpflichtung, einen bestimmten Ort nicht zu verlassen, oder eine Kaution sind kaum geeignet, der Gefahr der Begehung einer weitern schweren Straftat zu begegnen. Die Beschwerde ist daher auch in diesem Punkte unbegründet. BGE 124 I 208 S. 215 6. Schliesslich beanstandet der Beschwerdeführer die Dauer der Haft und verlangt wegen der Gefahr der Überhaft seine Entlassung. Eine Überschreitung der zulässigen Haftdauer liegt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung dann vor, wenn diese die mutmassliche Dauer der zu erwartenden Freiheitsstrafe übersteigt. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Untersuchungshaft stets so lange dauern darf wie die zu erwartende Strafe ( BGE 105 Ia 26 E. 4b S. 33). Der Haftrichter darf die Untersuchungshaft nur solange erstrecken, als ihre Dauer nicht in grosse Nähe der konkret zu erwartenden Strafe rückt. Dieser Grenze ist auch deshalb Bedeutung zu schenken, weil das erkennende Gericht dazu neigen könnte, die Dauer der erstandenen Haft bei der Strafzumessung mitzuberücksichtigen. Insofern besteht eine Art absoluter Höchstdauer der Untersuchungshaft ( BGE 116 Ia 143 E. 5a S. 147; BGE 107 Ia 256 E. 2b S. 258, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung der Strassburger Organe). Die Frage, ob eine Haft als übermässig bezeichnet werden muss, ist auf Grund der konkreten Verhältnisse des einzelnen Falles zu beurteilen. Dabei ist eine Abwägung zwischen den Interessen des Verfolgten an der Wiederherstellung seiner Freiheit und den entgegenstehenden Interessen des Staates an der wirksamen Verfolgung seines Strafanspruchs vorzunehmen ( BGE 107 Ia 256 E. 2b S. 258). Nach der Rechtsprechung wird die Möglichkeit der Ausfällung einer lediglich bedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe grundsätzlich nicht berücksichtigt (Urteil vom 22. Dezember 1995 i.S. S. in: EuGRZ 1998 S. 514; vgl. zur Berücksichtigung der Möglichkeit der bedingten Entlassung SZIER 2/1992 S. 489 f.). Im vorliegenden Fall ist der Beschwerdeführer wegen des Verdachtes der versuchten vorsätzlichen Tötung an das Kriminalgericht überwiesen worden. Dem Schuldspruch des urteilenden Kriminalgerichts darf im Haftprüfungsverfahren nicht vorgegriffen werden. Auch wenn die Tat nicht als versuchte vorsätzliche Tötung, sondern etwa als Gefährdung des Lebens qualifiziert würde, wäre mit einer empfindlichen Freiheitsstrafe zu rechnen. Wie dargetan, ist dabei die Möglichkeit einer lediglich bedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe nicht von Bedeutung. In Anbetracht dieser Umstände kann nicht gesagt werden, die Untersuchungshaft von rund sieben Monaten, gerechnet von der Verhaftung bis zum Erlass des angefochtenen Entscheides, übersteige die mutmassliche Dauer der zu erwartenden Freiheitsstrafe oder rücke in grosse Nähe. Die Rüge der übermässig langen Untersuchungshaft ist daher ebenfalls unbegründet.
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Urteilskopf 103 Ib 23 6. Urteil des Kassationshofes vom 9. März 1977 i.S. Low gegen Regierungsrat des Kantons Zürich
Regeste Art. 55 Abs. 2 StGB ; probeweiser Aufschub der Landesverweisung. Für den Entscheid über den Vollzug oder den bedingten Aufschub der gerichtlich angeordneten Landesverweisung eines bedingt Entlassenen sind, wenn er die öffentliche Sicherheit nicht gefährdet, einzig die Verhältnisse seiner Resozialisierung massgebend; fremdenpolizeiliche Überlegungen sind für den Strafrichter ohne Belang.
Sachverhalt ab Seite 24 BGE 103 Ib 23 S. 24 Choon Hock Low wurde am 24. November 1975 vom Obergericht des Kantons Zürich wegen Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über die Betäubungsmittel und Veruntreuung zu 2 Jahren Zuchthaus verurteilt und für die Dauer von 6 Jahren des Landes verwiesen. Mit Verfügung vom 9. September 1976 entliess die Justizdirektion des Kantons Zürich Low auf den 18. Oktober 1976 bedingt aus dem Strafvollzug und bestimmte die Probezeit auf 3 Jahre. Der Vollzug der Landesverweisung wurde dagegen nicht probeweise aufgeschoben. Low rekurrierte an den Regierungsrat des Kantons Zürich, der den Rekurs am 1. Dezember 1976 abwies. Low führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der Beschluss des Regierungsrates des Kantons Zürich vom 1. Dezember 1976 sei aufzuheben und der Vollzug der Landesverweisung für die Dauer von 6 Jahren probeweise aufzuschieben. Der Regierungsrat des Kantons Zürich beantragt die Abweisung, das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement die Gutheissung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 55 Abs. 2 StGB entscheidet die Behörde, die über die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug befindet, auch darüber, ob und unter welchen Bedingungen der Vollzug einer gerichtlich angeordneten Landesverweisung probeweise BGE 103 Ib 23 S. 25 aufgeschoben werden soll. Bei diesem Entscheid steht der Behörde ein weites Ermessen zu, das sich jedoch im Rahmen sachlich haltbarer Gründe halten muss. Insbesondere darf der Entscheid, ob der Vollzug der Landesverweisung bedingt aufzuschieben sei, nicht auf Überlegungen gestützt werden, die mit dem Sinn und Zweck der bedingten Entlassung unvereinbar sind. Denn die beiden Entscheidungen stehen in engem Zusammenhang zueinander und verfolgen im wesentlichen das gleiche kriminalpolitische Ziel, das darin besteht, dem Verurteilten Gelegenheit zu bieten, während einer Probezeit sich in Freiheit zu bewähren und sich wieder in die Gesellschaft einzuordnen. Massgebend ist somit, ob dieser Zweck durch den Aufschub oder den Vollzug der Nebenstrafe besser erreicht werden kann. Darf mit grösster Wahrscheinlichkeit erwartet werden, dass der Aufschub der Landesverweisung am geeignetsten ist, den Verurteilten vor einem Rückfall zu bewahren, so ist diese Massnahme anzuordnen. Ist dagegen anzunehmen, dass die Aussichten für künftiges Wohlverhalten ebenso gut oder noch besser durch den Vollzug der Landesverweisung verwirklicht werden, oder drängt sich diese Massnahme aus Gründen der öffentlichen Sicherheit auf, so ist der Aufschub zu verweigern. Die Frage, ob die Schweiz oder das Heimatland die günstigeren Voraussetzungen für die Resozialisierung biete, ist im Einzelfall anhand der persönlichen Verhältnisse des Verurteilten, seiner Beziehungen zur Umwelt und seiner Bindung zu beiden Ländern sowie der Arbeitsmöglichkeiten zu prüfen ( BGE 100 Ib 365 mit Verweisungen). 2. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Führung des Beschwerdeführers in der Strafanstalt und die Aussichten auf seine Besserung die bedingte Entlassung rechtfertigen. Die Vorinstanz anerkennt, dass der Beschwerdeführer, der sich seit 1974 in der Schweiz aufhält und seither mit einer Schweizerin verheiratet ist, eine ausreichende Bindung zu seinem Gastland besitzt, anderseits als Malaysier chinesischer Herkunft in seinem Heimatland der Diskriminierung ausgesetzt ist und Schwierigkeiten hätte, dort Arbeit zu finden, während ihm, wie sich aus den Akten ergibt, von seinem früheren Arbeitgeber in Zürich die Weiterbeschäftigung zugesichert wurde. Die Vorinstanz gelangt daher zum Schluss, dass unter den gegebenen Verhältnissen eine Resozialisierung des BGE 103 Ib 23 S. 26 Beschwerdeführers in der Schweiz besser gelingen könnte als in seinem Heimatland. Trotzdem wird ihm im angefochtenen Entscheid der Aufschub der Landesverweisung verweigert, nicht weil die Vorinstanz davon ausgeht, der Beschwerdeführer gefährde die öffentliche Sicherheit in einem Mass, dass selbst der probeweise Aufschub untragbar wäre, sondern allein mit der Begründung, dass die kantonale Fremdenpolizei Fernhaltemassnahmen vorgesehen habe, weshalb die Resozialisierung in der Schweiz praktisch undurchführbar sei und ein Aufschub der Landesverweisung keinen Sinn hätte. Diese Betrachtungsweise widerspricht der Zielsetzung des Art. 55 Abs. 2 StGB und ist daher unhaltbar. Der Entscheid über den bedingten Aufschub der gerichtlich ausgesprochenen Landesverweisung ist strafrechtlicher Art, für den einzig die eingangs erwähnten Kriterien massgebend sind. In Fällen wie dem vorliegenden, wo nicht die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, sondern die Wiedereingliederung des Verurteilten in die Gesellschaft im Vordergrund steht, bleibt für fremdenpolizeiliche Überlegungen, die auf die Abwehr der Überfremdung und die Vermeidung von Störungen des Arbeitsmarktes sowie auf den Schutz der öffentlichen Ordnung ausgerichtet sind ( BGE 98 Ib 89 E. 2 b) und dem Zweck der bedingten Entlassung zuwiderlaufen, kein Raum. Auf die Meinungsäusserung der kantonalen Fremdenpolizei kommt es somit nicht an. Der bedingte Aufschub der Landesverweisung ist in einem solchen Fall auch dann zu gewähren, wenn damit gerechnet werden muss, dass der bedingt Entlassene früher oder später, sei es freiwillig, sei es aus fremdenpolizeilichen Gründen die Schweiz doch noch verlassen wird. Die gegenteilige Auffassung der Vorinstanz hätte überdies die nachteilige Folge, dass dem Beschwerdeführer während der Dauer der gerichtlichen Landesverweisung die Einreise in die Schweiz verwehrt bliebe, wogegen ihm im Falle einer bloss fremdenpolizeilichen Wegweisung die Fremdenpolizeibehörde jederzeit eine Bewilligung zur Wiedereinreise erteilen kann. 3. Hat die Vorinstanz die Voraussetzungen für den bedingten Aufschub der Landesverweisung zwar als gegeben erachtet, diese Massnahme aber aus rechtlich unzutreffenden Gründen verweigert, so ist sie anzuordnen. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, um zu prüfen, ob an den probeweisen BGE 103 Ib 23 S. 27 Aufschub der Landesverweisung bestimmte Bedingungen im Sinne des Art. 55 Abs. 2 StGB zu knüpfen seien. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Beschluss des Regierungsrates des Kantons Zürich vom 1. Dezember 1976 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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Urteilskopf 121 IV 29 7. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 25. Januar 1995 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Appenzell A.Rh. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 292 StGB (Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen); Subsidiarität gegenüber anderen Ungehorsamstatbeständen. Kann der Strafrichter im Verfahren wegen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen eine vom Zivilrichter erlassene vorsorgliche Verfügung auf ihre Rechtmässigkeit prüfen? (E. 2a). Der Ungehorsam erfüllt auch dann den Tatbestand von Art. 292 StGB , wenn das durch die Verfügung untersagte Verhalten ohnehin schon, etwa als Ehrverletzung oder als unlauterer Wettbewerb, strafbar ist; anders, wenn die Missachtung der Verfügung als solche einen besonderen Straftatbestand des eidgenössischen oder kantonalen Rechts erfüllt (Subsidiarität von Art. 292 StGB gegenüber anderen Ungehorsamstatbeständen) (E. 2b).
Sachverhalt ab Seite 30 BGE 121 IV 29 S. 30 A.- Mit Amtsbefehl vom 8. September 1992 erliess der Präsident des Kantonsgerichts von Appenzell A.Rh. gestützt auf Art. 224 und 231 ZPO /AR und Art. 28c ff. ZGB im Rahmen eines Zivilprozesses zwischen einer Bank und X. wegen Persönlichkeitsverletzung für die Dauer des hängigen Feststellungs- und Unterlassungsverfahrens eine vorsorgliche Verfügung. Darin wurde X. unter Androhung von Haft oder Busse nach Art. 292 StGB verboten, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptverfahrens die in einer 54 Punkte umfassenden Liste aufgeführten Äusserungen über die Bank sowie die Angestellten und die Beauftragten der Bank in irgendeiner Form gegenüber Dritten zu machen. X. focht den Amtsbefehl innert der fünftägigen Rechtsmittelfrist nicht an. In einem Schreiben, das er an sämtliche Mitglieder des Kantonsrates von Appenzell Ausserrhoden versandte, bezeichnete X. insbesondere die Angehörigen des Kaders der Bank als Bank-Gangster, Ganoven, Gauner und kaufmännische Nullen. In einem zweiten Schreiben an A. und B. betitelte er BGE 121 IV 29 S. 31 diese beiden Kaderleute der Bank u.a. als ausgemachte Ganoven; von diesem Schreiben liess er dem Verhöramt von Appenzell A.Rh. eine Orientierungskopie zukommen. B.- Das Kantonsgericht von Appenzell A.Rh. sprach X. am 28. Oktober 1993 des mehrfachen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung ( Art. 292 StGB ) schuldig. Es bestrafte ihn deswegen (und wegen einer hier nicht interessierenden Beschimpfung) mit 10 Tagen Haft, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von zwei Jahren, und mit 1'500 Franken Busse. Das Obergericht von Appenzell A.Rh. bestätigte auf Appellation des Verurteilten hin die erstinstanzlichen Schuldsprüche und bestrafte X. deswegen mit einer Busse von 1'500 Franken, bedingt vorzeitig löschbar bei einer Probezeit von einem Jahr. C.- Der Gebüsste führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Gemäss Art. 292 StGB wird wegen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen mit Haft oder mit Busse bestraft, wer der von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet. a) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann der Strafrichter in einem Verfahren wegen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen gemäss Art. 292 StGB die Rechtmässigkeit der Verwaltungsverfügung frei prüfen, wenn dagegen keine Beschwerde an das Verwaltungsgericht möglich war. Die Kognition des Strafrichters ist auf offensichtliche Rechtsverletzung und Ermessensmissbrauch beschränkt, wenn eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht zwar möglich war, von dieser Möglichkeit aber nicht Gebrauch gemacht wurde oder der Entscheid des Verwaltungsgerichts noch aussteht. Ist die Rechtmässigkeit der Verfügung von einem Verwaltungsgericht bejaht worden, so kann der Strafrichter sie nicht mehr überprüfen (zum Ganzen BGE 98 IV 106 ; TRECHSEL, Kurzkommentar, Art. 292 StGB N. 7 mit Hinweisen). Verfügungen mit der Androhung von Strafen gemäss Art. 292 StGB im Falle des Ungehorsams können nicht nur im Verwaltungsverfahren, sondern auch in andern Verfahren getroffen werden, BGE 121 IV 29 S. 32 etwa im Rahmen eines Zivilprozesses. Das Bundesgericht hat in BGE 98 IV 106 E. 3e (S. 111) offengelassen, ob der Strafrichter in einem Verfahren wegen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen im Sinne von Art. 292 StGB eine Verfügung des Zivilrichters auf ihre Rechtmässigkeit überprüfen könne, aber immerhin darauf hingewiesen, dass die Berechtigung und Notwendigkeit der Überprüfung von solchen richterlichen Anordnungen weniger offenkundig sei als bei Verwaltungsverfügungen (siehe dazu auch MAX KUMMER, Die Vollstreckung des Unterlassungsurteils durch Strafzwang, ZStrR 94/1977 [Festgabe Schultz] S. 377 ff., 389). In BGE 90 IV 206 ff. hat es geprüft, ob der Zivilrichter im Rahmen eines Eheschutzverfahrens den Ehemann durch eine Verfügung unter Androhung von Strafe gemäss Art. 292 StGB zum Verlassen der ehelichen Wohnung verpflichten dürfe; das Bundesgericht hat dies bejaht und dabei u.a. erkannt, dass Art. 186 StGB (Hausfriedensbruch) den Erlass einer solchen Verfügung nicht hindere. Es kann hier offenbleiben, ob der Strafrichter in einem Verfahren wegen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen gemäss Art. 292 StGB die Verfügung eines Zivilrichters auf ihre Rechtmässigkeit überprüfen kann und welche Kognition ihm dabei gegebenenfalls zusteht, wenn die Verfügung des Zivilrichters mit einem Rechtsmittel hätte angefochten werden können, dies aber, wie im vorliegenden Fall, unterblieben ist. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwieweit der Amtsbefehl selber unrechtmässig sein soll, und dies ist auch nicht ersichtlich. b) aa) Nach Rechtsprechung und herrschender Lehre gilt Art. 292 StGB als Auffangtatbestand, der nur subsidiär eingreift, wenn der Ungehorsam als solcher keinen speziellen Straftatbestand des eidgenössischen oder kantonalen Rechts erfüllt ( BGE 106 IV 279 E. 2, BGE 90 IV 206 E. 3, je mit Hinweisen; STRATENWERTH, Schweiz. Strafrecht, Bes. Teil II, § 51 N. 12; PETER STADLER, Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen [ Art. 292 StGB ], Diss. ZH 1990, S. 25 ff., mit Hinweisen). Art. 292 StGB ist allerdings nicht nur im Sinne der Konkurrenzlehre subsidiär zu den besonderen Ungehorsamstatbeständen. Vielmehr ist die in einer Verfügung enthaltene behördliche Androhung der Ungehorsamsstrafe gemäss Art. 292 StGB gar nicht wirksam und daher unbeachtlich, wenn der Ungehorsam gegen diese Verfügung bereits in einer besonderen Bestimmung des eidgenössischen oder kantonalen Rechts mit Strafe bedroht wird, und es fällt dann schon aus diesem Grunde eine Verurteilung gemäss Art. 292 StGB ausser Betracht. BGE 121 IV 29 S. 33 Der Ungehorsam gegen richterliche Amtsbefehle im Sinne der Zivilprozessordnung des Kantons Appenzell A.Rh. wird weder durch eine besondere Bestimmung des Bundesrechts noch durch eine spezielle Vorschrift des kantonalen Rechts mit Strafe bedroht; im Gegenteil bestimmt Art. 232 Abs. 2 ZPO /AR, dass in den Amtsbefehlen unter anderem "die Bestrafung wegen Ungehorsams gemäss Art. 292 StGB anzudrohen" ist. Art. 173 ff. StGB betreffend Ehrverletzungen sind keine Bestimmungen, die den Ungehorsam gegen eine amtliche Verfügung als solchen mit Strafe bedrohen. Was der Beschwerdeführer dazu im einzelnen vorbringt, ist unbegründet. bb) Der durch eine bestimmte Handlung Verletzte kann frei wählen, ob er gegen den Täter zivilrechtlich oder strafrechtlich vorgehe oder ob er beide Wege beschreite. Wählt er den Zivilweg, so kann er, soweit dies im einschlägigen Gesetz vorgesehen ist, beim Richter beantragen, dass dieser dem Beklagten durch vorsorgliche Massnahmen eine drohende weitere Verletzung verbiete (siehe z.B. Art. 28c ZGB , Art. 14 UWG [SR 241]). Der Zivilrichter wird eine entsprechende Verfügung erlassen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür erfüllt sind. Fehlt es an einer speziellen Bestimmung, welche die Missachtung dieser Verfügung mit Strafe bedroht, so kann der Richter unter Hinweis auf Art. 292 StGB für den Ungehorsam gegen die von ihm erlassene Verfügung die in Art. 292 StGB vorgesehenen Strafen androhen. Art. 292 StGB ist mithin in dem Sinne "subsidiär", als er nur dann zur Anwendung gelangen kann, wenn keine andere Strafbestimmung den Ungehorsam an sich bestraft ( BGE 90 IV 206 ). Die behördliche Androhung von Strafe gemäss Art. 292 StGB bei Ungehorsam gegen die von der Behörde erlassene Verfügung und eine Verurteilung nach Art. 292 StGB sind mit anderen Worten nur dann unwirksam resp. bundesrechtswidrig, wenn die Tathandlung der Missachtung der Verfügung schon den Tatbestand einer andern Strafbestimmung des eidgenössischen oder kantonalen Rechts erfüllt. Die Subsidiarität von Art. 292 StGB bedeutet demnach nicht, dass die behördliche Androhung von Strafe gemäss Art. 292 StGB bei Ungehorsam gegen die von der Behörde erlassene Verfügung und eine Verurteilung nach Art. 292 StGB auch dann unwirksam resp. bundesrechtswidrig seien, wenn das durch die Verfügung untersagte Verhalten ohnehin schon, etwa als Ehrverletzung oder als Widerhandlung gegen das UWG, strafbar ist. Das ergibt sich schon daraus, dass etwa der Zivilrichter in einem Zivilprozess weder prüfen muss BGE 121 IV 29 S. 34 noch prüfen kann, ob das Verhalten, welches er durch eine Verfügung verbietet, strafbar sei. Der Richter hat vor dem Erlass der Verfügung unter Androhung der Ungehorsamsstrafe nach Art. 292 StGB lediglich zu prüfen, ob die im einschlägigen Gesetz genannten Voraussetzungen für das fragliche Verbot oder Gebot erfüllt seien und ob der Ungehorsam gegen diese Verfügung nicht schon durch eine besondere Bestimmung des eidgenössischen oder kantonalen Rechts (etwa des Prozessstrafrechts) mit Strafe bedroht wird. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist somit unbegründet, soweit der Beschwerdeführer darin seine Verurteilung gemäss Art. 292 StGB mit dem Argument anficht, dass der richterliche Amtsbefehl vom 8. September 1992 jedenfalls insoweit unrechtmässig sei, als ihm darin unter Androhung der Ungehorsamsstrafe ehrverletzende Äusserungen im Sinne von Art. 173 ff. StGB bis zum rechtskräftigen Abschluss des Zivilprozesses verboten wurden.
null
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Urteilskopf 93 III 59 11. Arrêt du 16 octobre 1967 dans la cause Abetel.
Regeste Konkurs. Kollokationsplan. Abtretung streitiger Ansprüche. 1. Wirkungen der gemäss Art. 260 SchKG und 756 Abs. 2 OR zwei Gläubigern erteilten Abtretung der Verantwortlichkeitsansprüche gegen einen Verwaltungsrat, auf deren Geltendmachung durch die Konkursmasse selbst die Mehrheit der Gläubiger verzichtet hat (Erw. 1). 2. Darf die Konkursverwaltung, welche die eingegebenen Forderungen prüft und den Kollokationsplan erstellt ( Art. 244 ff. SchKG ), eine Forderung allein auf die mündlichen Erklärungen des Vertreters der Gläubiger hin zulassen, um einen Kollokationsprozess zu vermeiden, zu dessen Führung ihr mangels Aktiven die Mittel fehlen würden? (Erw. 2). 3. Legitimation des Gemeinschuldners zur Beschwerde auf Berichtigung eines Kollokationsplans, in den eine nicht genügend belegte Forderung aufgenommen wurde (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 60 BGE 93 III 59 S. 60 A.- Le 2 février 1967, le Président du Tribunal du district de Lausanne a prononcé la faillite de Raymond Abetel, domicilié à Lausanne, qui s'était déclaré insolvable. Le failli était l'un des administrateurs de l'Office de constructions et de comptabilité Stella SA (en abrégé: Stella SA), à Servion. Cette société est également tombée en faillite. Willy Gall, à Morges, et Marius Badel, à Tolochenaz, ont produit le 18 février 1966 dans la faillite de Stella SA, le premier, une créance de 28 640 fr., le second, une créance de 18 071 fr. A l'appui de leurs productions, ils exposaient que la société faillie s'était engagée par un contrat conclu avec chacun BGE 93 III 59 S. 61 d'eux à édifier une villa sur leur terrain, que les travaux n'avaient pas été éxécutés ou n'étaient pas terminés et qu'ils avaient subi de ce fait un préjudice. Selon les indications données par Raymond Abetel dans son recours à l'autorité cantonale, les créances produites par Willy Gall et Marius Badel auraient été contestées par les administrateurs de Stella SA, mais admises par l'administration de la faillite à concurrence de 20 644 fr. 40 pour le premier créancier et de 10 079 fr. pour le second. La masse en faillite de Stella SA a fait cession à Willy Gall et Marius Badel, selon les art. 756 al. 2 CO et 260 LP, de la créance en dommages-intérêts que la société faillie pourrait faire valoir contre ses deux administrateurs Raymond Abetel et Joseph Dekumbis, lequel est domicilié à Fribourg. B.- Fondés sur cette cession, Willy Gall et Marius Badel sont intervenus conjointement dans la faillite personnelle de Raymond Abetel. Ils ont produit une créance de 50 000 fr. à titre de dommages-intérêts consécutifs à la mauvaise gestion du prénommé, qui aurait engagé sa responsabilité en sa qualité d'administrateur de Stella SA Ils ont réservé leurs droits contre Joseph Dekumbis. Le failli a contesté cette production. Le 10 mars 1967, l'office des faillites de Lausanne a invité les deux créanciers à produire toutes les pièces justificatives, notamment un décompte de construction. Le 17 mars, les créanciers ont produit une copie de leurs interventions dans la faillite de Stella SA, qui renferment le décompte en question, en précisant que celui-ci n'épuisait pas leurs prétentions. Par décision du 30 mars 1967, l'office a écarté la production en indiquant comme motif du rejet: "Il n'est rien dû". Toutefois, le 6 avril 1967, l'office a modifié l'état de collocation et admis la créance en cinquième classe, mais pour le montant de 10 000 fr. seulement. C.- Le 8 avril 1967, Raymond Abetel a porté plainte contre cette décision. Il demandait que la créance fût écartée et les créanciers Willy Gall et Marius Badel renvoyés à intenter à la masse en faillite une action en contestation de l'état de collocation. Dans sa détermination du 26 avril 1967, le préposé à l'office des faillites de Lausanne a notamment exposé que, pendant le délai d'opposition et avant qu'un procès n'ait été intenté à la masse, le 6 avril 1967, il avait eu un entretien à l'office avec le BGE 93 III 59 S. 62 mandataire des créanciers. Les explications complémentaires données à cette occasion l'avaient amené à modifier sa première décision. Il avait acquis la conviction que les intervenants avaient été les victimes du failli et le montant de la production avait été réduit à 10 000 fr. Il avait dès lors modifié l'état de collocation conformément à l'art. 65 OOF. Il précisait que la masse en faillite n'avait aucun actif; la procédure de faillite suivait son cours grâce à l'avance de frais de 600 fr. que Raymond Abetel avait fournie avant de déposer son bilan; la masse n'avait donc pas les moyens de soutenir un procès. Statuant le 5 mai 1967 en sa qualité d'autorité inférieure de surveillance, le Président du Tribunal du district de Lausanne a rejeté la plainte. Il a considéré que les griefs articulés ne visaient ni l'imprécision ou l'inintelligibilité de l'état de collocation, ni un vice de forme, ni l'inobservation des prescriptions réglant la procédure, mais que le failli contestait la créance admise par l'administration. Or cette contestation ne pouvait pas faire l'objet d'une plainte, mais devait être vidée par une action judiciaire, voie qui n'est toutefois pas ouverte au failli. D.- Raymond Abetel a recouru à l'autorité cantonale supérieure. Il a produit une "déclaration de garantie" souscrite le 25 mai 1967 par son épouse séparée de biens Micheline Abetel, née Rossetti, maîtresse de travaux à l'aiguille, qui se déclare propriétaire de biens mobiliers et immobiliers sis dans le canton de Vaud et qui donne la garantie qu'elle assumera tous les frais du procès que la masse en faillite de son mari pourrait avoir à soutenir dans le litige qui l'oppose à Willy Gall et Marius Badel. Le 26 juin 1967, la Cour des poursuites et faillites du Tribunal cantonal vaudois a rejeté le recours. E.- Contre cet arrêt, Raymond Abetel recourt au Tribunal fédéral et conclut: "1. Le prononcé de la Cour des poursuites et faillites du Tribunal cantonal vaudois, rendu le 26 juin 1967, est annulé. 2. L'office des faillites de Lausanne est invité à fixer le délai prévu à l'art. 250 L.P. aux créanciers Gall et Badel. 3. L'existence de dommages étant établie à satisfaction de droit, les productions Gall et Badel feront l'objet d'une production personnelle et individuelle. Erwägungen Considérant en droit: 1. a) Selon l'art. 260 LP, si la masse en faillite renonce à exercer elle-même un droit du failli, elle en fait cession aux BGE 93 III 59 S. 63 créanciers qui le demandent. Cette cession est une institution sui generis relevant du droit de la poursuite pour dettes et de la procédure. Les actes juridiques du droit civil qui s'en rapprochent le plus sont la cession des créances (art. 164 ss. CO) et le mandat (art. 394 ss. CO). Cependant les règles qui régissent ces actes ne sont en principe applicables à la cession de l'art. 260 LP que sous certaines réserves, c'est-à-dire dans la mesure où elles sont compatibles avec le sens et le but de cette institution particulière (RO 84 III 43; cf. J. FLACHSMANN, Die Abtretung der Rechtsansprüche nach Art. 260 SchKG , thèse Zurich 1926, p. 6 ss.; F. GUISAN, Note au JdT 1932 II 29 ss.; M. BRIDEL, Contribution à l'étude de l'art. 260 LP, JdT 1939 II 98 ss., qui préfère la théorie de la saisie dans la faillite à celle du mandat d'un caractère particulier). Le bénéficiaire de la cession prévue à l'art. 260 LP est autorisé par l'administration de la faillite à poursuivre la réalisation du droit litigieux ou douteux "en lieu et place de la masse, en son propre nom, pour son compte et à ses risques et périls" (formule no 7 à l'usage des offices de faillite; RO 86 III 158 consid. 1) et à utiliser le montant obtenu pour couvrir sa créance, y compris les frais; l'excédent éventuel doit être versé à la masse (formule No 7, ch. 3 des "conditions" de l'autorisation). Le créancier cessionnaire peut faire valoir la créance cédée en justice ou par voie amiable et même transiger (cf. RO 43 III 164 ss., 49 III 124, 50 III 22; M. BRIDEL, loc.cit., p. 111, no 23). b) L'art. 754 al. 1 CO institue notamment la responsabilité des administrateurs à l'égard de la société anonyme, de même qu'envers chaque actionnaire ou créancier social pour le dommage qu'ils leur causent en manquant intentionnellement ou par négligence à leurs devoirs. Selon l'art. 755 CO, lorsque le dommage est éprouvé par la société elle-même et subi d'une manière indirecte seulement par des actionnaires ou des créanciers, ceux-ci ne peuvent actionner qu'en paiement des dommages-intérêts dus à la société. L'art. 756 al. 1 CO dispose que, dans la faillite de la société, les droits des créanciers sont exercés en premier par l'administration de la faillite. Mais l'al. 2 ajoute: "Si celle-ci y renonce, tout actionnaire ou créancier peut demander que l'action en responsabilité lui soit cédée. Ce qu'il retire doit être employé conformément aux dispositions de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite". La cession du droit d'agir en justice comprend aussi bien les BGE 93 III 59 S. 64 créances de la masse, soit l'action de la société, que celles des actionnaires ou créanciers en réparation du dommage qu'ils subissent indirectement; en revanche, elle ne concerne pas les prétentions d'autres actionnaires ou créanciers (RO 86 III 160 ss., consid. 3). c) La cession des droits de la masse selon les art. 260 LP et 756 al. 2 CO peut être faite à un seul créancier ou à plusieurs d'entre eux. Chaque cessionnaire est alors habile à faire valoir individuellement la prétention entière (RO 43 III 163 s., 49 III 124). Mais si plusieurs cessionnaires se décident à agir, ils doivent procéder conjointement et ester en justice comme consorts (RO 43 III 164; moins net RO 63 III 71, consid. l'qui admet l'ouverture de procès séparés tout en relevant qu'en pareil cas la jonction des causes prononcée d'office par l'autorité cantonale s'accorderait mieux avec les instructions de la formule no 7, ch. 5; cf. aussi FAVRE, Droit des poursuites, p. 344; FRITZSCHE, Schuldbetreibung, Konkurs und Sanierung, tome II, p. 166; LEUCH, n. 2 ad art. 36 du Code de procédure civile bernois, p. 71; GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, p. 269; cf. sur les inconvénients de procès séparés H. U. WALDER, Probleme um Art. 260 SchKG und Versuch ihrer Behebung, BlSchK 1958 p. 65 ss.). En l'espèce, Willy Gall et Marius Badel ont agi conjointement; ils sont intervenus ensemble dans la faillite de Raymond Abetel et ont produit une créance de 50 000 fr. à titre de dommages-intérêts, en leur qualité de cessionnaires des droits de la masse en faillite de Stella SA Dans la mesure où elle admettait leur production, l'administration de la masse en faillite de Raymond Abetel devait les colloquer conjointement comme créanciers. 2. Il appartient à l'administration de la faillite de statuer sur chaque production; elle n'est pas liée par les déclarations du failli (art. 245 LP). Elle ne peut cependant admettre que les productions qui sont suffisamment justifiées (art. 59 OOF). Elle doit procéder aux vérifications nécessaires (art. 244 LP). C'est à la personne qui produit une créance qu'il incombe de l'étayer en remettant à l'office les moyens de preuve adéquats (art. 232 ch. 2 LP). a) En l'espèce, le préposé à l'office des faillites de Lausanne a tout d'abord invité le mandataire de Willy Gall et Marius Badel à produire des pièces justificatives à l'appui de l'intervention conjointe de ses clients. Il s'est ainsi conformé à BGE 93 III 59 S. 65 l'art. 59 al. 1 OOF. Il a reçu dudit mandataire la copie des productions faites par chacun des créanciers dans la faillite de Stella SA Ces productions renferment le décompte des créances dont Willy Gall et Marius Badel se prétendent titulaires contre ladite société. Sur le vu de ces pièces, le préposé a écarté la production conjointe des prénommés dans la faillite de Raymond Abetel. Puis il a modifié sa décision pendant le délai d'opposition à l'état de collocation, en se fondant sur l'art. 65 OOF, et admis la créance pour le montant réduit de 10 000 fr. A l'appui de cette nouvelle décision, il invoque un entretien qu'il a eu le 6 avril 1967 avec le mandataire des intervenants, au cours duquel il aurait acquis la conviction que ceux-ci avaient été les victimes du failli. Aucune pièce, ni aucun autre moyen de preuve n'établissent le bien-fondé de la production de Willy Gall et Marius Badel. Le préposé aux faillites se réfère uniquement aux explications orales du mandataire des intervenants. Or le dossier ne fournit aucune précision à cet égard. On ne saurait voir dans les déclarations faites verbalement par le mandataire d'une partie les moyens de preuve exigés par la loi. De plus, la décision à prendre sur l'admission ou le rejet de la production ne dépend pas de la conviction que les intervenants ont été les victimes du failli, mais du point de savoir si, en sa qualité d'administrateur de Stella SA, Raymond Abetel a manqué intentionnellement ou par négligence à ses devoirs et causé par là un dommage à ladite société et, indirectement, à ses créanciers (cf. art. 754 al. 1 CO). La production d'une créance en dommages-intérêts par Willy Gall et Marius Badel n'est dès lors pas suffisamment justifiée pour être admise à l'état de collocation. b) Le fait que la masse en faillite de Raymond Abetel n'a aucun actif et n'est donc pas en mesure de soutenir un procès en contestation de l'état de collocation ne saurait motiver une décision contraire. Sans doute plusieurs auteurs estiment-ils que la commission de surveillance désignée par l'assemblée des créanciers pourrait, en vertu de l'art. 237 al. 3 ch. 1 LP, admettre une créance rejetée par l'administration, si cette mesure correspondait à son avis à l'intérêt des créanciers; tel serait le cas, par exemple, lorsque le rejet d'une prétention douteuse exposerait la masse à un procès dont les frais seraient hors de proportion avec le dividende afférent à la prétention dont il s'agit (JAEGER, n. 5 ad art. 247 LP; FAVRE, op cit., p. 333; FRITZSCHE, BGE 93 III 59 S. 66 op.cit. p. 140). Fût-elle admissible pour la commission de surveillance - la question demeure indécise - cette considération ne vaudrait en tout cas pas pour l'administration, qui doit procéder objectivement, c'est-à-dire statuer suivant le résultat de ses investigations, sans égard au fait que sa décision est avantageuse pour la masse ou non; elle doit tenir compte aussi de l'intérêt du failli et ne peut admettre à l'état de collocation que les productions dont les auteurs sont réellement créanciers (cf. RO 25 I 594 ss., consid. 3 et A. DE GOUMOENS, De la procédure de collocation..., thèse, Lausanne, 1913, p. 70). Au surplus, l'épouse du failli a souscrit une déclaration par laquelle elle s'est engagée formellement à fournir à l'office des faillites l'avance des frais présumés du procès en contestation de l'état de collocation que Willy Gall et Marius Badel pourraient intenter à la masse en vue de faire reconnaître le bien-fondé de leur production conjointe. 3. En admettant à concurrence de 10 000 fr. la créance produite par Willy Gall et Marius Badel, alors que cette production n'était pas suffisamment justifiée, l'administration de la faillite de Raymond Abetel n'a pas observé les prescriptions relatives à l'établissement de l'état de collocation (art. 244, 232 ch. 2, respectivement 231 al. 3 LP; 59 OOF). La plainte du failli est dès lors recevable (JAEGER, n. 2 b ad art. 249 LP; FAVRE, op.cit., p. 337), de même que son recours à l'autorité cantonale supérieure de surveillance et au Tribunal fédéral. Le recours est fondé dans la mesure où il tend à faire redresser l'irrégularité commise par l'administration. La production de Willy Gall et Marius Badel doit être écartée, du moment qu'elle n'est pas suffisamment justifiée. L'état de collocation rectifié en conséquence sera déposé à nouveau et le dépôt sera publié conformément à l'art. 249 LP (FAVRE, op.cit., p. 337). La voie de l'action en contestation de l'état de collocation reste ouverte aux deux intervenants conjoints dont la production est écartée. Dispositiv Par ces motifs, la Chambre des poursuites et des faillites: Admet le recours et réforme la décision rendue le 26 juin 1967 par la Cour des poursuites et faillites du Tribunal cantonal vaudois, en ce sens que la production de Willy Gall et Marius Badel est écartée de l'état de collocation dressé dans la faillite de Raymond Abetel.
null
nan
fr
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CH_BGE_005
CH
Federation
10bc876f-6e22-4337-9e8d-cd91a9182cbc
Urteilskopf 81 II 339 54. Urteil der II. Zivilabteilung vom 14. Juni 1955 i.S. Lüthi gegen Schweizerische Spar- und Kreditbank und Trepp.
Regeste Pfandbestellung an Inhaberpapieren (Auslegung von Art. 901 Abs. 1 ZGB ), insbesondere Nachverpfändung ( Art. 903 ZGB ). (Erw. 1 und 2.) Unter welchen Voraussetzungen kommt dem nachgehenden Pfandgläubiger der Schutz eines gutgläubigen Besitzerwerbers nach Art. 933 ff. ZGB zu? (Erw. 3 und 4). Sind die Inhaberpapiere dem vorgehenden Pfandgläubiger von einer juristischen Person verpfändet worden, so ist deren Organ (der einzige Verwaltungsrat und allfällig einzige Aktionär) nicht auch persönlich ein mittelbarer Besitzer und daher nicht in der Lage, diese Papiere in eigenem Namen für seine eigenen Verbindlichkeiten nachzuverpfänden (Erw. 5 und 6).
Sachverhalt ab Seite 339 BGE 81 II 339 S. 339 A.- Frau Dr. Trepp übergab zwei ihr gehörende Inhaberschuldbriefe der Stahlrohr-, Bau- und Gerüstungs A. G. (hiernach STABAG genannt) zur Verwaltung. Am 8. Oktober 1949 verpfändete die STABAG, vertreten durch BGE 81 II 339 S. 340 ihren einzigen Verwaltungsrat C. E. Dunz, diese beiden Titel für ihre jeweiligen Verpflichtungen der Schweizerischen Spar- und Kreditbank, die seither den unmittelbaren Besitz an den Pfändern hat. B.- Im Jahre 1950 nahm Dunz persönlich bei Lüthi ein Darlehen von Fr. 25'000.-- auf, das er in vier Teilbeträgen ausbezahlt erhielt. Laut einer am 6. /8. Juli 1950 mit Lüthi getroffenen schriftlichen Vereinbarung verpfändete ihm Dunz diese bei der erwähnten Bank liegenden Titel "im Nachpfand". Eine Anzeige an die Bank erfolgte erst am 25. September 1950 durch Lüthi. Die Bank erwiderte darauf, sie könne das Nachpfandrecht nicht anerkennen, da Dunz bei ihr keine Titel in eigenem Namen verpfändet habe. C.- Hierauf erhob Lüthi gegen die Schweizerische Spar- und Kreditbank und gegen Frau Dr. Trepp Klage auf Feststellung, dass ihm an den beiden Schuldbriefen das Nachpfandrecht zustehe. Das Bezirksgericht Zürich hiess die Klage gut, das Obergericht wies sie mit Urteil vom 25. Januar 1955 ab. D.- Mit vorliegender Berufung hält Lüthi am Klagebegehren fest. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Das Pfandrecht an Forderungen steht unter den Bestimmungen über das Faustpfand, soweit sich nicht aus besondern Vorschriften etwas Abweichendes ergibt ( Art. 899 Abs. 2 ZGB ). Im Rahmen der Vorschriften über die Form der Verpfändung von Forderungen bestimmt Art. 901 Abs. 1 ZGB , bei Inhaberpapieren genüge zur Verpfändung die Übertragung der Urkunde an den Pfandgläubiger. Das will nicht etwa heissen, es sei in allen Fällen eine körperliche Übergabe nötig. Vielmehr ist Art. 901 Abs. 1 ZGB entsprechend der für Sachen aufgestellten Norm des Art. 884 Abs. 1 ZGB dahin zu verstehen, dass "der Besitz" an der Pfandsache (bezw. der Urkunde, d.h. dem Inhaberpapier) dem Pfandgläubiger zu übertragen sei. BGE 81 II 339 S. 341 Damit sind grundsätzlich alle Arten der Besitzübertragung nach Art. 922-925 ZGB als zulässig erklärt, freilich mit der sich aus Art. 884 Abs. 3 und Art. 717 ZGB ergebenden Einschränkung. Es gilt somit für die Verpfändung von Inhaberpapieren dasselbe wie für die Verpfändung von Sachen, indem Art. 901 Abs. 1 im Gegensatz zu den für Forderungen anderer Art aufgestellten Vorschriften von Art. 900 einer- und 901 Abs. 2 anderseits nichts als eben dies hervorheben will. Diese Auslegung entspricht namentlich auch der gesetzlichen Ordnung der Eigentumsübertragung. Diese wird bei Inhaberpapieren nach Art. 967 Abs. 1 OR ausdrücklich an die Übertragung des "Besitzes" an der Urkunde geknüpft. Es handelt sich bei Art. 901 Abs. 1 ZGB nur um eine kürzer gefasste, gleich zu verstehende Wendung, ähnlich übrigens wie bei Art. 884 Abs. 2 ZGB , der vom gutgläubigen "Empfänger der Pfandsache" spricht, aber jeden Besitzempfänger (entsprechend Abs. 1 daselbst) meint, soweit die Erfordernisse des Abs. 3 gewahrt sind. Es besteht denn auch kein sachlicher Grund, die Verpfändung von Inhaberpapieren nicht in gleicher Form zuzulassen, wie sie für Sachen gilt. Dies um so weniger, als die besitzesrechtlichen Grundsätze der Art. 933 ff. ZGB für Inhaberpapiere wie Sachen einfach an den Besitz anknüpfen, handle es sich nun um das Eigentum oder um ein beschränktes dingliches Recht; ja, der gutgläubige Besitzer eines Inhaberpapieres (oder von Geld) ist in einer Hinsicht noch stärker geschützt als der Besitzer gewöhnlicher Sachen ( Art. 935 ZGB ). Die Ausführungen von BGE 41 II 47 , die anscheinend einen Schutz des gutgläubigen Erwerbers beim "Pfandrecht an Forderungen" allgemein verneinen, beziehen sich, wie sich aus dem Zusammenhang jener Erwägungen ergibt, in Wirklichkeit nur auf Forderungen im Sinne von Art. 900 ZGB , "für die keine Urkunde oder nur ein Schuldschein besteht." Auch die dort zitierte Kommentarstelle (WIELAND, N. 7 zu Art. 899 ZGB ) hat nur diese Tragweite (wie denn derselbe Autor in N. 2 zu Art. 901 Inhaberpapiere BGE 81 II 339 S. 342 als dem Schutz des gutgläubigen Erwerbers unterstehend betrachtet). Die Rechtsprechung steht bereits auf diesem Boden (vgl. BGE 70 II 106 Erw. 2). 2. Bei der Nachverpfändung ist eine körperliche Übergabe der Sache oder Urkunde von vornherein nicht möglich, weil sie sich beim vorgehenden Pfandgläubiger befindet und dieser zur Herausgabe erst nach vollständiger Befriedigung verpflichtet ist ( Art. 889 Abs. 1 ZGB ). Der Vorschrift von Art. 903 ZGB (die auch bei Inhaberpapieren gilt, BGE 66 II 18 , BGE 72 II 353 /4) hat der Kläger mit der Anzeige an die Bank genügt. Es bedurfte (im Unterschied zu der für Sachen geltenden Vorschrift des Art. 886 ZGB ) keiner ausdrücklichen Anweisung im Sinne des soeben erwähnten Art. 889 Abs. 1 ZGB (der aber natürlich vom vorgehenden Pfandgläubiger auch bei Inhaberpapieren zu beobachten ist; denn der "Berechtigte", an den er das Pfand nach seiner Befriedigung herauszugeben hat, ist eben der nachgehende Pfandgläubiger). 3. Ist das nachgehende Pfandrecht gültig bestellt, so geniesst der nachgehende ebenso wie der vorgehende Pfandgläubiger den Schutz des gutgläubigen Erwerbers nach Art. 933 ff., namentlich auch 935 ZGB. Entgegen LEEMANN (N. 1-3 zu Art. 886 ZGB ), wonach ein nachgehender Pfandgläubiger nicht Besitzer wäre, man es vielmehr mit einer Mobiliarhypothek zu tun hätte, ist die Benachrichtigung des vorgehenden Pfandgläubigers von der Nachverpfändung als Besitzanweisung im Sinne von Art. 924 ZGB aufzufassen (OFTINGER, N. 43 des Systematischen Teils und N. 3 zu Art. 886 ZGB ). Danach erhält der nachgehende Pfandgläubiger einen vom mittelbaren Besitz des Verpfänders abgeleiteten, gleichfalls mittelbaren Besitz (mit entsprechendem Rechtsschutz gemäss Art. 933 ff. ZGB ), während der unmittelbare Besitz einstweilen beim vorgehenden Pfandgläubiger bleibt. 4. Voraussetzung einer gültigen Einräumung solchen Besitzes an den nachgehenden Pfandgläubiger ist nun BGE 81 II 339 S. 343 aber, dass der Verpfänder selbst wirklich (mittelbarer) Besitzer sei. Denn Besitz übertragen kann nur, wer solchen hat. Fehlt es daran, so hilft dem andern auch guter Glaube nicht. Er ist in diesem Falle gar nicht Empfänger, d.h. Besitzerwerber, und kann sich daher auch nicht auf "gutgläubigen" Besitzerwerb berufen. Guter Glaube vermag niemals den fehlenden Besitz, d.h. die fehlende tatsächliche Verfügungsgewalt des Veräusserers oder Verpfänders, sondern nur das allfällig fehlende Verfügungsrecht eines besitzenden Veräusserers oder Verpfänders zu ersetzen, bei tatsächlicher Besitzübertragung (vgl. HAAB-SIMONIUS, N. 56 zu Art. 714 ZGB ). Die kantonalen Gerichte haben denn auch den vorliegenden Fall deshalb verschieden beurteilt, weil das Bezirksgericht den die Nachverpfändung vornehmenden C. E. Dunz als (mittelbaren) Besitzer der beiden Inhaberschuldbriefe betrachtete, während das Obergericht ihm die Stellung eines Besitzers abspricht und ihn einem blossen Besitzdiener gleichachtet, der gar nicht in der Lage war, dem Kläger in eigenem Namen (mittelbaren) Pfandbesitz einzuräumen. 5. Dieser letzteren Ansicht ist im wesentlichen beizustimmen. Besitzerin war die STABAG, der die beiden Inhaberschuldbriefe von der Eigentümerin anvertraut worden waren, und die sie der Bank zu Faustpfand übergeben hatte. Denn als Ausfluss ihrer Rechtsfähigkeit ( Art. 53 ZGB ) kommt den juristischen Personen auch Besitz zu. Das Organ aber und dessen allfällige Mitglieder sind nicht auch persönlich Besitzer; sie üben "analog dem Besitzdiener" den Besitz nicht für sich selbst, sondern für die juristische Person aus (HOMBERGER, N. 14, und OSTERTAG, N. 17 ff. zu Art. 919 ZGB ). Gewiss ist ein Dienstchef, ein Prokurist oder gar der einzige Verwaltungsrat einer Aktiengesellschaft kein gewöhnlicher Besitzdiener. Er befindet sich nicht in so abhängiger Stellung, dass er, ohne selbst in der Unternehmung etwas verfügen zu können, lediglich die Weisungen eines Vorgesetzten oder Geschäftsleiters zu befolgen hätte (vgl. BGE 81 II 339 S. 344 WIELAND, N. 2 zu Art. 919 ZGB ; STAUDINGER, N. 26 zu § 854 des deutschen BGB, der den Organen einer juristischen Person eine Mittelstellung zwischen einem Besitzer und einem Besitzdiener zuweist). Allein wenn man auch nicht von einem Besitzdiener im engern Sinne sprechen will, hat das Organ der juristischen Person in deren Herrschaftsbereich doch nur insoweit selbständige Verfügungsgewalt, als es im Namen der juristischen Person handelt. Es übt dabei den Besitz nicht für sich selbst, auch nicht als unselbständigen, sondern nur für die juristische Person aus. Mitunter kann die Tätigkeit eines Organs gleichwie eines in leitender Stellung befindlichen Beamten oder Angestellten es allerdings mit sich bringen, dass nach aussen privater Besitz der betreffenden natürlichen Person vorzuliegen scheint. In solchen Fällen erhebt sich die Frage, ob ihr persönlich ein (zumeist unmittelbarer) Besitz anvertraut sei, kraft dessen eine von ihr wenn auch unbefugterweise im eigenen Namen getroffene Verfügung für einen gutgläubigen Empfänger der Sache nach Art. 933 ZGB gültig wäre. Und abgesehen hievon ist der gutgläubige Empfänger eines Inhaberpapiers nach Art. 935 ZGB auch dann geschützt, wenn sich der Verfügende eigenmächtig in den persönlichen Besitz gesetzt hatte. Ein solcher Besitz des hier verfügenden C. E. Dunz lag aber nicht vor. Beim Abschluss des Nachverpfändungsvertrages waren die (der Bank von der STABAG als Faustpfand übergebenen) Inhaberpapiere nicht zur Stelle. Der Kläger konnte sich damals nicht auf tatsächlich von ihm festgestellten Besitz des Nachverpfänders, sondern nur auf dessen Erklärungen stützen. Wie es sich mit den Besitzverhältnissen verhielt, erfuhr er erst nach der Anzeige an die Bank. Hätte sich dabei ergeben, dass die als Gegenstand der Nachverpfändung bezeichneten Inhaberpapiere sich gar nicht dort befanden, ja allenfalls, dass sie überhaupt nicht existierten, so wäre die Nachverpfändung zweifellos nicht zustande gekommen. Nun waren sie zwar in der Tat BGE 81 II 339 S. 345 als Faustpfand im unmittelbaren Besitze der Bank; allein es war offenkundig, dass es sich um Besitz der STABAG, nicht des C. E. Dunz persönlich handelte, da dieser sie seinerzeit der Bank namens der STABAG für deren Verpflichtungen verpfändet hatte, was die Bank dem Kläger sogleich zu wissen tat. War aber dergestalt durch die Art der Erstverpfändung, wie sie die Bank dem Kläger offenbarte, das Fehlen eines persönlichen Besitzes des Nachverpfänders Dunz klargestellt, so konnte auch der Kläger keinen mittelbaren Nachpfandbesitz erwerben. Hat er somit die Pfandgegenstände gar nicht im Sinne der Art. 933 ff. ZGB (und des einen Anwendungsfall davon betreffenden Art. 884 Abs. 2 ZGB ) "empfangen", so kommt ihm kein besitzesrechtlicher Schutz zu. 6. Da Dunz eindeutig in eigenem Namen (und in eigenem Interesse, zur Sicherstellung persönlicher Darlehensschulden) handelte, ist nicht zu prüfen, ob eine statt dessen im Namen der STABAG erfolgte Nachverpfändung der in Frage stehenden Inhaberpapiere gültig gewesen wäre oder aber an einer dem Kläger erkennbaren Überschreitung oder missbräuchlichen Ausübung der Befugnisse des Dunz als Verwaltungsrat der erwähnten Gesellschaft, somit an bösem Glauben des Empfängers hätte scheitern müssen. Zu Unrecht will der Kläger Dunz und die STABAG als identisch betrachtet wissen, da es sich um eine Einmanngesellschaft gehandelt habe. Selbst wenn Dunz nicht nur einziger Verwaltungsrat (was festgestellt ist), sondern ausserdem einziger Aktionär der STABAG gewesen sein sollte, müssten er und die Gesellschaft als verschiedene Rechtssubjekte in ihren Beziehungen zu den Gläubigern des einen und des andern klar unterschieden werden. Mit vollem Recht, und keineswegs in rechtsmissbräuchlicher, nach Art. 2 Abs. 2 ZGB verpönter Weise haben sich daher die Beklagten auf das Fehlen eines persönlichen Besitzes des Dunz berufen, weshalb der Kläger seinerseits nicht Pfandbesitzer geworden ist. BGE 81 II 339 S. 346 Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Standes Zürich, II. Zivilkammer, vom 25. Januar 1955 bestätigt.
public_law
nan
de
1,955
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
10bc91d5-aa8c-44f9-872f-57cf3620ef10
Urteilskopf 99 Ib 150 19. Urteil vom 18. Mai 1973 i.S. Frei gegen Regierungsrat des Kantons Zürich.
Regeste Gewässerschutz. 1. Anwendbarkeit des neuen Gewässerschutzgesetzes vom 8. Oktober 1971 in Fällen, die im Zeitpunkt seines Inkrafttretens hängig waren (Erw. 1). 2. Bewilligungen für Bauten ausserhalb des im generellen Kanalisationsprojekt abgegrenzten Gebietes (Art. 20 Gewässerschutzgesetz, Art. 27 Allgemeine Gewässerschutzverordnung). Begriff des sachlich begründeten Bedürfnisses (Erw. 2). 3. Anwendungsfall: Reparaturwerkstätte für Gesellschafts- und Lastwagen in der Nähe eines Autobahnanschlusses. Sachlich begründetes Bedürfnis bejaht (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 150 BGE 99 Ib 150 S. 150 A.- Fritz Frei betreibt an der Brunaustrasse in Zürich eine Autogarage mit einer Werkstätte, in der Personen-, Gesellschafts- und Lastwagen gewartet und repariert werden. Wegen Raumknappheit und aus verkehrspolizeilichen Gründen will er BGE 99 Ib 150 S. 151 die Werkstätte für Grossfahrzeuge vom übrigen Betrieb abtrennen und an einen anderen Ort verlegen. Er kaufte deshalb das auf dem Gebiet der Gemeinde Horgen neben der Zufahrtsstrasse zur Autobahn N 3 Richtung Chur liegende Grundstück Kat. Nr. 7590. Das Land gehört nach dem Zonenplan der Gemeinde nicht zur Bauzone, sondern zum Übrigen Gemeindegebiet, das nur in beschränktem Masse baulich genutzt werden darf; es befindet sich auch ausserhalb des Einzugsgebietes des generellen Kanalisationsprojektes. B.- Der Gemeinderat Horgen wies am 4. Oktober 1971 das von Fritz Frei gestellte Baugesuch ab, weil keine Gründe für eine Ausnahmebewilligung gemäss Bauordnung der Gemeinde gegeben seien. Der Rekurs des Gesuchstellers gegen diesen Beschluss wurde vom Bezirksrat Horgen am 10. März 1972 geschützt, worauf die Gemeinde die Sache an den Regierungsrat des Kantons Zürich weiterzog. Dieser hiess am 18. Oktober 1972 ihren Rekurs im Sinne der Erwägungen gut und bestätigte den Entscheid des Gemeinderates. Den Erwägungen ist zu entnehmen: Das Bauprojekt scheitere daran, dass ein sachlich begründetes Bedürfnis im Sinne des Art. 20 des eidg. Gewässerschutzgesetzes vom 8. Oktober 1971 und des Art. 27 der Allgemeinen Gewässerschutzverordnung des Bundesrates vom 19. Juni 1972 nicht nachgewiesen sei. Allerdings wäre die vom Gesuchsteller geplante Reparaturwerkstätte für Grossfahrzeuge offenbar die einzige in der Gegend der Nationalstrasse N 3, des Sihltals und des engeren Raumes Zürich. Der vorgesehene Standort hätte auch den Vorteil, dass er über die Autobahn, ohne Beanspruchung des kommunalen Strassennetzes, erreicht werden könnte. Die Baute könnte aber auch an anderen Stellen im Raume Zürich und Umgebung, die ebenso geeignet und zudem "zonenkonform" wären, errichtet werden. Demnach sei der Gesuchsteller weder dringend auf die geplante Anlage angewiesen, noch könne er sich auf ein hinreichendes öffentliches Interesse berufen. Die bestehende Möglichkeit des Anschlusses an eine - von Privaten auf ihre Kosten erstellte - Schmutzwasserleitung begründe kein sachliches Bedürfnis. Sei somit die Baubewilligung allein schon auf Grund des Bundesrechts zu verweigern, erübrige es sich, auf die aus kantonalen Bestimmungen abgeleiteten Argumente der Parteien und der Vorinstanz einzutreten. BGE 99 Ib 150 S. 152 C.- Fritz Frei beantragt mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde, der Entscheid des Regierungsrates sei aufzuheben, jener des Bezirksrates zu bestätigen und der Gemeinderat einzuladen, die nachgesuchte Baubewilligung zu erteilen; eventuell sei die Sache zu neuer Beurteilung an den Regierungsrat zurückzuweisen. Es wird geltend gemacht, der Regierungsrat habe Bundesrecht verletzt; auch habe er den Sachverhalt mangelhaft festgestellt. Der Beschwerdeführer sei auf die geplante Anlage dringend angewiesen, weil er mit der Werkstätte für Grossfahrzeuge in eine vom Wohngebiet entfernte Gegend ausweichen müsse, und weil er das gekaufte Grundstück mit Verlust weiterveräussern müsste, falls er sein Projekt nicht ausführen könnte. Der vorgesehene Standort in unmittelbarer Nähe des Autobahnanschlusses Horgen sei auch im öffentlichen Interesse erwünscht, da die Grossfahrzeuge der Kunden in der Regel über die Autobahn hin- und wegfahren könnten, also das kommunale Strassennetz nicht beanspruchen müssten, und da es sich aufdränge, zwei Herde starker Lärmimmissionen - Autostrasse und Reparaturwerkstätte - zusammenzulegen. Das Bauvorhaben des Beschwerdeführers werde von der kantonalen Verkehrspolizei und vom Zürcher Autogewerbe-Verband unterstützt. D.- Der Regierungsrat des Kantons Zürich und das Eidg. Departement des Innern beantragen die Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Während der Pendenz der Streitigkeit vor dem Regierungsrat - am 1. Juli 1972 - ist das neue Gewässerschutzgesetz vom 8. Oktober 1971 in Kraft getreten. Wie es in Art. 45 Abs. 2 bestimmt, ist mit seinem Inkrafttreten das gleich betitelte BG vom 16. März 1955 aufgehoben worden. Das neue Gesetz enthält - abgesehen von dem hier ausser Betracht fallenden Art. 44 betreffend die Bundesbeiträge - keine Übergangsbestimmungen. Weder in der Botschaft des Bundesrates vom 26. August 1970 (BBl 1970 II 425 ff.) noch in den Verhandlungen der eigenössischen Räte wurde das Problem des Übergangsrechts erörtert, soweit es nicht die Bundesbeiträge betrifft. In den anderen Beziehungen sind mangels einer ausdrücklichen Regelung im Gesetz die einschlägigen Vorschriften BGE 99 Ib 150 S. 153 des Schlusstitels des ZGB heranzuziehen ( BGE 96 I 676 ). Der Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung wird allgemein als vordringliche nationale Aufgabe betrachtet. Die Bestimmungen des neuen Gesetzes, die eine längst als notwendig erachtete Verschärfung der Gewässerschutzvorschriften bringen und eine möglichst rasche Verhinderung weiterer Gewässerverunreinigungen gewährleisten sollen, sind um der öffentlichen Ordnung willen aufgestellt (vgl. BBl 1970 II 426f.; BGE 98 Ia 33 ). Sie finden deshalb auf alle Tatsachen Anwendung, soweit das Gesetz eine Ausnahme nicht vorgesehen hat ( Art. 2 SchlT ZGB ). Das Gewässerschutzgesetz von 1971 ist somit - unter Vorbehalt des Art. 44 - auch in Fällen massgebend, in denen das Verfahren im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Rechts noch nicht abgeschlossen war ( BGE 99 Ia 124 E. 9). Es ist demnach im vorliegenden Fall anwendbar, ebenso die Allgemeine Gewässerschutzverordnung, die auch am 1. Juli 1972 in Kraft getreten ist. 2. Art. 20 des neuen Gewässerschutzgesetzes (GSchG) bestimmt im ersten Satz, dass Baubewilligungen für Gebäude und Anlagen ausserhalb des im generellen Kanalisationsprojekt abgegrenzten Gebietes nur erteilt werden dürfen, "sofern der Gesuchsteller ein sachlich begründetes Bedürfnis nachweist" ("dans la mesure où le requérant peut démontrer objectivement l'existence d'un besoin", "in quanto il richiedente dimostri l'esistenza di un bisogno oggettivamente fondato"). Der zweite Satz des Art. 20 schreibt vor, dass die Bewilligung erst erteilt werden darf, wenn die Ableitung und Reinigung oder eine andere zweckmässige Beseitigung der Abwässer festgelegt ist und die Zustimmung der kantonalen Fachstelle für Gewässerschutz vorliegt. Nach dem ersten Satz des Art. 27 Abs. 1 Allg. GSchV gilt das Bedürfnis für einen Neu- oder Umbau ausserhalb der Bauzonen bzw. des durch das generelle Kanalisationsprojekt abgegrenzten Gebietes als sachlich begründet, "wenn der Gesuchsteller auf das geplante Gebäude oder eine Anlage dringend angewiesen ist und deren abgelegener Standort durch ihre Zweckbestimmung bedingt oder im öffentlichen Interesse erwünscht ist" ("lorsque les constructions projetées constituent une nécessité absolue pour le requérant et que leur éloignement est justifié par le but auquel elles sont destinées, ou qu'elles sont souhaitables dans l'intérêt public", "se l'edificio progettato o un impianto BGE 99 Ib 150 S. 154 costituisce una necessità urgente per il richiedente e la sua ubicazione discosta è condizionata dallo scopo per cui esso è previsto o è auspicabile nell'interesse pubblico"). Der Schlusssatz des Art. 27 Abs. 1 Allg.GSchV bestimmt, dass die Möglichkeit des Anschlusses an eine Kanalisation in keinem Fall ein sachliches Bedürfnis begründet. Der nachfolgende Abs. 2 nennt Beispiele von Bauten oder Anlagen, für die ein sachlich begründetes Bedürfnis im Sinne des Gesetzes bestehen kann (Landwirtschaftsbetriebe, Freilandgärtnereien; Bergbahnstationen, Bergrestaurants, Hochgebirgsunterkünfte; Sanatorien; Militär-, Zivilschutz- und Zollanlagen; Anlagen zur Erschliessung von Rohstoffen; Anlagen zur Herstellung oder Lagerung gefährlicher Güter; Schiessanlagen). Die Umschreibung des sachlich begründeten Bedürfnisses in Art. 27 der Verordnung ist für das Bundesgericht gleich wie Art. 20 GSchG verbindlich, wenn sie als gesetzmässig betrachtet werden kann und auch mit den verfassungsrechtlichen Grundsätzen, an die der Bundesrat sich zu halten hatte, vereinbar ist ( BGE 97 I 446 ). a) Nach Art. 20 GSchG kommt eine Bewilligung nur in Betracht, wenn der Gesuchsteller ein Bedürfnis nachweist. Er muss demnach dartun, dass er selber der geplanten Baute oder Anlage bedarf. Das Bedürfnis muss aber nach der Gesetzesvorschrift auch "sachlich (objectivement, oggettivamente) begründet" sein. Was damit gemeint ist, ergibt sich aus der ratio legis. Dem Art. 20 GSchG liegt die Überlegung zugrunde, dass die ausserhalb des Kanalisationsrayons erstellten, mit mehr oder weniger behelfsmässigen und schwer zu kontrollierenden Einrichtungen für die Abwasserbeseitigung versehenen Bauten erfahrungsgemäss eine stetige Gefahr für ober- und unterirdische Gewässer bedeuten, und dass daher das nationale Werk der Abwassersanierung in Frage gestellt würde, wenn für abgelegene Bauwerke mit derartigen als definitive Lösung gedachten Abwasserbeseitigungen überall uneingeschränkt Bewilligungen erhältlich wären (vgl. zit. Botschaft des Bundesrates, BBl 1970 II 453). Der Gesuchsteller, der ausserhalb des im generellen Kanalisationsprojekt abgegrenzten Gebietes bauen will, muss sich daher auf Gründe berufen können, die so gewichtig sind, dass sich eine Ausnahme von der zum Schutz der Gewässer aufgestellten Regel des Ausschlusses der Bewilligung abgelegener Bauten verantworten lässt. Erforderlich ist einerseits, BGE 99 Ib 150 S. 155 dass der Gesuchsteller selber an der Ausführung seines Projektes in erheblichem Masse interessiert ist, und anderseits, dass auch ein gewisses öffentliches Interesse an der geplanten Baute und insbesondere an ihrem Standort ausserhalb des Kanalisationsrayons besteht (vgl. BBl a.a.O.; StenBull 1971 StR 139, NR 701, 703). b) Art. 27 Abs. 1 Allg.GSchV verlangt nach dem deutschen Wortlaut in erster Linie, dass der Gesuchsteller auf die geplante Baute oder Anlage "dringend angewiesen" ist; ähnlich lautet der italienische Text ("necessità urgente"), während die französische Fassung ("nécessité absolue") von den beiden anderen Texten abweicht. Dem Wortlaut und Sinn des Art. 20 GSchG entsprechen die deutsche und die italienische Fassung der Verordnungsvorschrift. Gemäss dem Gesetz "sachlich begründet" kann das Bedürfnis des Gesuchstellers in der Tat schon dann sein, wenn er auf die geplante Anlage, ohne sie geradezu "absolut" nötig zu haben, "dringend" angewiesen ist, d.h. an ihr ein bedeutendes, aktuelles und intensives Interesse hat. Das Gesetz mutet ihm nicht zu, eine "absolute" Notwendigkeit nachweisen zu müssen. Ferner ist nach der deutschen Fassung des Art. 27 Abs. 1 Allg.GSchV erforderlich, dass der abgelegene - ausserhalb des Kanalisationsrayons liegende - Standort der geplanten Anlage "durch ihre Zweckbestimmung bedingt oder im öffentlichen Interesse erwünscht" ist. Der italienische Wortlaut deckt sich auch in diesen Punkten mit dem deutschen. Dagegen ist der französische Text hier wiederum etwas anders gefasst. Einerseits verwendet er anstelle der Ausdrücke "bedingt" und "condizionata" das Wort "justifié", und anderseits bezieht er das Erfordernis der Wünschbarkeit im öffentlichen Interesse auf die geplanten Bauten ("constructions projetées"), nicht auf den abseitigen Standort. Indessen haben alle drei Fassungen, richtig verstanden, die gleiche Bedeutung. Ob der in einem bestimmten Projekt vorgesehene abgelegene Standort im öffentlichen Interesse erwünscht sei, kann nicht unabhängig vom übrigen Inhalt des Projektes, insbesondere von der Zweckbestimmung der geplanten Anlage, festgestellt werden. Es ist anzunehmen, dass in allen drei Texten die Wünschbarkeit sowohl der vorgesehenen Zweckbestimmung als auch des gewählten Standortes gemeint ist. Ebenso ist den in der deutschen und der italienischen Fassung stehenden Ausdrücken BGE 99 Ib 150 S. 156 "bedingt" und "condizionata" die gleiche Bedeutung beizumessen, die das im französischen Text gebrauchte Wort "justifié" hat. Die Meinung kann nicht sein, dass eine Ausnahmebewilligung abgesehen vom Fall, wo das Vorhaben im öffentlichen Interesse erwünscht ist, nur möglich sein soll, wenn für die Baute angesichts ihrer Zweckbestimmung überhaupt kein anderer Standort als ein solcher ausserhalb des Kanalisationsrayons in Betracht fallen könnte; denn diese Auslegung wäre schwerlich damit vereinbar, dass die Verordnungsvorschrift die "Erwünschtheit im öffentlichen Interesse" genügen lässt. Wird der erste Satz des Art. 27 Abs. 1 Allg.GSchV gemäss den vorstehenden Ausführungen aufgefasst, dann wird er auch im Sinne des Gesetzes gedeutet. So ausgelegt, hält er sich im Rahmen des Gesetzes. Die Bestimmung im Schlusssatz des Art. 27 Abs. 1 Allg.GSchV, dass die Möglichkeit des Anschlusses an eine Kanalisation in keinem Fall ein sachliches Bedürfnis begründet, ist ebenfalls als gesetzmässig anzusehen; denn Art. 20 GSchG bringt klar zum Ausdruck, dass die Bedürfnisfrage unabhängig von den Möglichkeiten der Abwasserbeseitigung zu prüfen ist. c) Es besteht auch kein Grund anzunehmen, dass die Verordnungsvorschrift mit dem Gebot der Verhältnismässigkeit oder mit sonstigen verfassungsrechtlichen Grundsätzen, die der Bundesrat zu beachten hatte, nicht vereinbar sei. Sie ist, wenn ihr die oben dargelegte Auslegung gegeben wird, als gesetz- und verfassungsmässig zu betrachten. 3. a) Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid die Frage, ob der Beschwerdeführer im Sinne der Verordnung auf die geplante Baute dringend angewiesen sei, mit der Begründung verneint, dass sich im Raume Zürich und Umgebung auch ein Standort in einem Kanalisationsrayon finden liesse. Bei der Beurteilung dieser Frage ist jedoch vom Standort abzusehen. Zu prüfen ist zunächst, ob der Beschwerdeführer der projektierten Anlage überhaupt, unabhängig von der dafür gewählten Stelle, dringend bedürfe. Auch das bestreitet der Regierungsrat nach seinen Ausführungen in der Vernehmlassung. Er bemerkt dort, der Beschwerdeführer werde in seiner Existenz nicht gefährdet, wenn er nicht bauen könne; der beabsichtigte Neubau solle vielmehr der Erweiterung eines gut gehenden Betriebes dienen. Diese Überlegung kann aber ebenfalls nicht entscheidend BGE 99 Ib 150 S. 157 sein. Sie läuft darauf hinaus, dass vom Gesuchsteller entgegen dem Sinn der gesetzlichen Ordnung der Nachweis einer absoluten Notwendigkeit gefordert wird. Anderseits liegt auf der Hand, dass das dringende Bedürfnis des Beschwerdeführers nicht einfach mit dem Beweis für seine Behauptung, er müsste im Fall der Verweigerung der Bewilligung das Grundstück in Horgen mit Verlust veräussern, dargetan werden könnte. Indessen macht er ferner geltend, sein Betrieb in Zürich leide unter Raumnot und auch darunter, dass die Möglichkeit der Zu- und Wegfahrt für die Grossfahrzeuge aus verkehrspolizeilichen Gründen unsicher geworden sei; zudem würden die in der Nähe des Betriebes liegenden Wohngebiete durch die lärmige Arbeit an den Grossfahrzeugen mehr und mehr behelligt. Diese Darstellung ist glaubwürdig; sie wird auch von keiner Seite bestritten. Die darauf gestützte Folgerung des Beschwerdeführers, dass er genötigt sei, die Werkstätte für die Grossfahrzeuge an einen besser geeigneten Ort zu verlegen, leuchtet ein. Es muss angenommen werden, dass er, falls ihm dies verwehrt wäre, seinen Betrieb infolge der von ihm dargelegten widrigen Umstände nicht ohne einschneidende Einschränkung oder Behinderung fortsetzen könnte. Daraus ist aber zu schliessen, dass er auf den geplanten Neubau dringend angewiesen ist. Wenn die projektierte Baute auch einer Erweiterung des bestehenden Betriebes dienen soll, ist das kein Grund, anders zu entscheiden. b) Es ist nicht bestritten, dass in der Gegend der Nationalstrasse N 3, des Sihltals und des engeren Raumes Zürich einzig der Beschwerdeführer eine Werkstätte für Grossfahrzeuge betreibt. Deshalb dürfte ein grosser Personenkreis daran interessiert sein, dass dieser Betrieb in der gleichen Gegend weitergeführt werden kann. Es lässt sich aber auch nicht mit Grund bestreiten, dass ein gewisses öffentliches Interesse an der Zulassung des vom Beschwerdeführer gewählten Standortes besteht. Die von ihm vorgesehene Lösung ermöglicht es, Unzukömmlichkeiten zu vermeiden, die sich anderswo einstellen würden. Da der umstrittene Standort an der Nationalstrasse N 3 in unmittelbarer Nähe eines Anschlusswerkes liegt, kann er von den Grossfahrzeugen, die dort gewartet und repariert werden sollen, in den meisten Fällen direkt über die Autobahn erreicht und verlassen werden, so dass der Verkehr auf dem örtlichen Strassennetz durch den neuen Betrieb des Beschwerdeführers BGE 99 Ib 150 S. 158 praktisch nicht behindert würde. Weil die gewählte Stelle von Wohnquartieren entfernt ist und sich unmittelbar neben der Autobahn befindet, ist auch nicht zu befürchten, dass der von der Reparaturwerkstätte ausgehende Lärm die Bevölkerung der Umgebung, die ohnehin den durch den Schnellverkehr auf der Autostrasse verursachten starken Lärm ertragen muss, in erheblichem Ausmass zusätzlich belästigen würde. Unter diesen Umständen ist anzunehmen, dass der vorgesehene abgelegene Standort durch die Zweckbestimmung der geplanten Baute gerechtfertigt und im öffentlichen Interesse erwünscht ist. Die Vorinstanz und das Eidg. Departement des Innern wenden ein, der projektierte Neubau gehöre in eine Industriezone. Wohl ist nicht völlig ausgeschlossen, dass ein Platz in einer solchen Zone gefunden werden könnte. Entgegen der Meinung der beiden Behörden ist es aber - wie gesagt - nicht der Sinn der gesetzlichen Ordnung, dass ein ausserhalb des Kanalisationsrayons liegender Standort nur in Betracht kommt, wenn eine geeignete Stelle innerhalb dieses Gebietes schlechterdings nicht auszumachen ist. Die vom Beschwerdeführer Frei vorgesehene Lösung wäre allerdings kaum zulässig, wenn er einen Platz in einem durch ein generelles Kanalisationsprojekt abgegrenzten Gebiet, der gleiche oder ähnliche Vorzüge wie der von ihm gewählte Standort hätte, in absehbarer Zeit und zu annehmbaren Bedingungen ausfindig machen könnte. Darüber besteht jedoch keine Gewissheit. Der erwähnte doppelte Vorteil der umstrittenen Stelle ist so gewichtig, dass es sich aufdrängt, sie als durch die Zweckbestimmung der Baute gerechtfertigt und im öffentlichen Interesse erwünscht zu betrachten. c) Zusammenfassend ist festzustellen, dass im vorliegenden Fall ein sachlich begründetes Bedürfnis im Sinne des Art. 20 GSchG und des Art. 27 Allg.GSchV dargetan ist. 4. Nach Art. 20 Satz 2 GSchG ist jedoch die Ausnahmebewilligung an die weitere Voraussetzung geknüpft, dass die Ableitung und Reinigung oder eine andere zweckmässige Beseitigung des Abwassers festgelegt ist (vgl. Art. 27 Abs. 3 Allg.GSchV) und die Zustimmung der kantonalen Fachstelle für Gewässerschutz vorliegt. Es ist noch abzuklären, wie es sich in dieser Hinsicht im Fall des Beschwerdeführers verhält. Die Sache ist daher zur Aktenergänzung und zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, die ohnehin noch zu BGE 99 Ib 150 S. 159 prüfen hat, ob der Baubewilligung nicht Vorschriften des kan tonalen Rechts entgegenstehen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird insofern gutgeheissen, als der angefochtene Entscheid aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
public_law
nan
de
1,973
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
10bda3b7-1612-46d0-9620-3ea50a4aa932
Urteilskopf 137 IV 87 12. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen gegen X. und Regionales Zwangsmassnahmengericht (Beschwerde in Strafsachen) 1B_174/2011 vom 17. Mai 2011
Regeste Art. 31 Abs. 2 und 3 BV , Art. 5 EMRK ; Art. 222 und 381 StPO , Art. 81 Abs. 1 lit. b und Art. 111 BGG , aktuelles Rechtsschutzinteresse; Beschwerdebefugnis der Staatsanwaltschaft gegen einen Haftentlassungsentscheid des Zwangsmassnahmengerichts. Die Staatsanwaltschaft hat ein aktuelles Rechtsschutzinteresse am Feststellungsbegehren, die vom Zwangsmassnahmengericht angeordnete Haftentlassung sei bundesrechtswidrig und damit auch an der Beschwerde ans Bundesgericht gegen den Entscheid der Anklagekammer, die darauf nicht eintrat (E. 1). Die Staatsanwaltschaft ist befugt, Haftentscheide des Zwangsmassnahmengerichts innerkantonal anzufechten; an der in BGE 137 IV 22 begründeten Rechtsprechung ist festzuhalten (E. 2 und 3).
Sachverhalt ab Seite 87 BGE 137 IV 87 S. 87 A. Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Untersuchungsamt St. Gallen, führt gegen X. eine Strafuntersuchung wegen gewerbsmässigen Betrugs. Am 4. Februar 2011 liess die zuständige BGE 137 IV 87 S. 88 Staatsanwältin X. festnehmen und beantragte der regionalen Zwangsmassnahmenrichterin des Kreisgerichts Rheintal gleichentags, diesen in Untersuchungshaft zu versetzen. Am 5. Februar 2011 entliess die Zwangsmassnahmenrichterin X. aus der Untersuchungshaft unter Anordnung von Ersatzmassnahmen. Am 11. Februar 2011 erhob der Leitende Staatsanwalt Beschwerde gegen diesen Entscheid bei der Anklagekammer mit dem Antrag, es sei festzustellen, dass die Entlassung von X. aus der Untersuchungshaft auf einer Verletzung von Art. 221 und Art. 237 StPO beruhe. Am 16. März 2011 trat die Anklagekammer auf die Beschwerde nicht ein. B. Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt der Erste Staatsanwalt, diesen Entscheid aufzuheben und die Anklagekammer anzuweisen, in der Sache zu entscheiden. (...) Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Rechtsmittelentscheid über eine Haftentlassung. Dagegen ist die Beschwerde in Strafsachen nach den Art. 78 ff. BGG gegeben. Nach Art. 81 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde berechtigt, wer am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat. Da das Bundesgericht nur konkrete und keine bloss theoretischen Fragen entscheidet, tritt es aus Gründen der Prozessökonomie auf Beschwerden nur ein, wenn die Beschwerdeführer ein aktuelles praktisches Interesse an ihrer Behandlung haben ( BGE 133 II 81 E. 3 S. 84; BGE 125 I 394 E. 4a S. 397; je mit Hinweisen). Vorliegend wurde der Beschwerdegegner von der Zwangsmassnahmenrichterin gegen den Willen der Staatsanwaltschaft aus der Untersuchungshaft entlassen und befindet sich offenbar seither in Freiheit. Der Staatsanwalt hat der Anklagekammer zwar nicht die Anordnung von Untersuchungshaft gegen den Beschwerdegegner beantragt, sondern nur die Feststellung, dass die von der Zwangsmassnahmenrichterin verfügte Haftentlassung bundesrechtswidrig sei. Würde er mit diesem Antrag durchdringen, könnte er den Beschwerdegegner umgehend wieder festnehmen lassen und dem BGE 137 IV 87 S. 89 Zwangsmassnahmengericht die Anordnung von Untersuchungshaft beantragen. Das Feststellungsbegehren ist damit ein taugliches Mittel, die angestrebte Festsetzung des Beschwerdegegners zu erreichen, und es erscheint fraglich, ob der Staatsanwalt mit einem ebenfalls zulässigen Antrag auf Anordnung von Untersuchungshaft rascher zum Ziel kommen könnte. Insofern sind in dieser speziellen Konstellation das Feststellungs- und das "Leistungsbegehren" (auf Anordnung von Untersuchungshaft) gleichwertig, womit es im pflichtgemässen Ermessen der Staatsanwaltschaft liegt, das Vorgehen zu wählen. Der allgemeine prozessuale Grundsatz, dass derjenige, welcher ein Leistungsbegehren stellen kann, kein rechtlich geschütztes Interesse an einem Feststellungsbegehren hat, kommt ausnahmsweise nicht zur Anwendung. Hatte aber somit die Staatsanwaltschaft ein rechtlich geschütztes Interesse an der Beurteilung ihres Feststellungsbegehrens durch die Anklagekammer, so hat sie ein solches auch an der gegen deren Nichteintretensentscheid gerichteten Beschwerde ans Bundesgericht. Auf die Beschwerde ist einzutreten. 2. Die Anklagekammer begründet ihr Nichteintreten in doppelter Weise. Einmal geht sie in bewusster Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesgerichts (unten E. 3.1) davon aus, dass die Staatsanwaltschaft nicht befugt ist, den Haftentscheid der Zwangsmassnahmenrichterin innerkantonal anzufechten. Zum andern erwägt sie, auf die Beschwerde wäre mangels aktuellen Rechtsschutzinteresses selbst dann nicht einzutreten, wenn die Staatsanwaltschaft befugt wäre, sie zu erheben. Das trifft nicht zu, wie sich bereits aus der bundesgerichtlichen Eintretenserwägung (E. 1 letzter Absatz) ergibt. 3. 3.1 Die kantonale Beschwerdeinstanz beurteilt Beschwerden gegen Entscheide des Zwangsmassnahmengerichts in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen ( Art. 20 Abs. 1 lit. c und Art. 393 Abs. 1 lit. c StPO [SR 312.0]). Nach Art. 222 StPO kann die verhaftete Person Entscheide über die Anordnung, die Verlängerung und die Aufhebung der Untersuchungs- oder Sicherheitshaft bei der Beschwerdeinstanz anfechten. Von einem Beschwerderecht der Staatsanwaltschaft ist in dieser Bestimmung nicht die Rede. Das Bundesgericht hat dazu in BGE 137 IV 22 E. 1 (bestätigt im Urteil 1B_65/2011 vom 22. Februar 2011) zusammenfassend erwogen, dass die Gesetzesmaterialien hinsichtlich des Beschwerderechts der Staatsanwaltschaft nicht auf ein qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers BGE 137 IV 87 S. 90 schliessen lassen. Nach der in Art. 111 BGG statuierten Einheit des Verfahrens, die im Lichte des Grundsatzes des doppelten Instanzenzuges auszulegen ist, muss derjenige, der zur Beschwerde ans Bundesgericht berechtigt ist, sich am Verfahren vor allen kantonalen Instanzen als Partei beteiligen können. Dazu erheischt das öffentliche Interesse an einer funktionierenden Strafjustiz, dass die Staatsanwaltschaft ein Beschwerderecht an die kantonale Beschwerdekammer gegen einen die Haft aufhebenden Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts besitzt. Ansonsten käme es in bestimmten Fällen zu einer unerwünschten, nach Möglichkeit zu vermeidenden Gabelung des Rechtsmittelzuges, etwa wenn das Zwangsmassnahmengericht die Untersuchungshaft unter Anordnung von Ersatzmassnahmen aufhebt: Dagegen müsste sich der Betroffene mit Beschwerde an die kantonale Beschwerdekammer und die Staatsanwaltschaft direkt mit Beschwerde ans Bundesgericht zur Wehr setzen. 3.2 Die Anklagekammer erwägt im angefochtenen Entscheid, das Bundesgericht habe die Frage der Beschwerdelegitimation in verkürzter Sicht - ausschliesslich unter dem Gesichtspunkt von Art. 222 i.V.m. Art. 381 StPO bzw. Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG - geprüft. Hingegen habe es sich mit den verschiedenen Funktionen der Staatsanwaltschaft als Verfahrensleitung im Vorverfahren ( Art. 16 Abs. 2 StPO ) und als Partei im gerichtlichen Hauptverfahren ( Art. 104 Abs. 1 lit. c StPO ) nicht auseinandergesetzt. Mit der Einreichung der Anklage verliere die Staatsanwaltschaft ihre Befugnisse zur Verfahrensleitung und werde zur reinen Partei, die als Vertreterin des staatlichen Strafanspruchs befugt sein müsse, Parteirechte auszuüben. Im Vorverfahren sei sie indessen die Verfahrensleitung und könne in diesem Verfahrensabschnitt nicht zugleich Partei sein, auch in einem allfälligen Beschwerdeverfahren nicht. Dass ihre Befugnisse in verschiedener Hinsicht beschränkt seien, etwa indem für die Anordnung von Zwangsmassnahmen das Zwangsmassnahmengericht zuständig sei, beeinträchtige weder die Rechtsstellung der Staatsanwaltschaft als Verfahrensleitung, noch werde sie dadurch zur Partei in den jeweiligen Zwischenabschnitten des Vorverfahrens. Das Zwangsmassnahmengericht entscheide zwar auf Antrag der Staatsanwaltschaft, letztlich aber an deren Stelle. Mit dieser partiellen Verlagerung einzelner verfahrensleitender Befugnisse an das Zwangsmassnahmengericht werde ein erhöhter Rechtsschutz bei besonders schwerwiegenden Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen sichergestellt. Trotz dieser speziell geregelten Zuständigkeiten bleibe indessen die Verfahrensleitung während des Vorverfahrens BGE 137 IV 87 S. 91 bei der Staatsanwaltschaft. So sei sie weiterhin befugt, die vom Zwangsmassnahmengericht verfügten oder genehmigten Anordnungen jederzeit wieder aufzuheben, und es stehe ihr auch frei, auf die von diesem nicht angeordneten oder nicht genehmigten Verfügungen unter geänderten Verhältnissen oder mit anderer Begründung zurückzukommen; die Entscheide des Zwangsmassnahmengerichts während des Vorverfahrens seien in diesem Sinne nur einseitig - für die betroffene Privatperson, nicht aber für die Staatsanwaltschaft - verbindlich. Von einer Parteistellung der Staatsanwaltschaft im klassischen Sinn könne daher im strafprozessualen Vorverfahren keine Rede sein. Angesichts ihrer beherrschenden Stellung im Vorverfahren bestehe kein Bedarf, ihr in diesem Verfahrensabschnitt eine Rechtsmittellegitimation zuzuerkennen. 3.3 Die Anklagekammer folgert aus dem Umstand, dass die Staatsanwaltschaft im Vorverfahren die Verfahrensleitung innehat, dass sie in diesem Stadium nicht zugleich Partei sein könne. Diese Argumentation überzeugt nicht. 3.3.1 Einmal beschränken sich die Überlegungen der Anklagekammer auf die Auslegung ihres Verfahrensrechts - der StPO - und blenden massgebliche Gesichtspunkte aus, die sich aus dem Verfahrensrecht der übergeordneten Instanz - dem BGG - und den einschlägigen verfassungs- und konventionsrechtlichen Rahmenbedingungen ergeben. Mit der dargelegten Rechtsprechung des Bundesgerichts (oben E. 3.1), welche die gesamte Rechtsordnung miteinbezieht, setzt sich die Anklagekammer denn auch mit keinem Wort kritisch auseinander und widerlegt sie nicht. 3.3.2 Zum andern trifft es zwar durchaus zu, dass die Staatsanwaltschaft im Vorverfahren grundsätzlich die Verfahrensleitung innehat, aber eben nur insoweit, als ihr die entsprechenden Leitungsbefugnisse auch zustehen und ihr diese nicht - wie zum Beispiel der Entscheid über die Anordnung von Zwangsmassnahmen - entzogen sind. In diesen Fällen hat sie indessen das Recht, dem Zwangsmassnahmengericht z.B. die Anordnung von Untersuchungshaft zu beantragen und diesen Antrag zu vertreten, und das Zwangsmassnahmengericht ist verpflichtet, ihn zu beurteilen. Damit hat sie in diesem Verfahren materiell Parteistellung, unabhängig davon, ob sie im Gesetz ausdrücklich als Partei des Vorverfahrens aufgeführt wird oder nicht. Dazu kommt, dass nach den einschlägigen verfassungs- und konventionsrechtlichen Verfahrensgarantien (insbesondere Art. 31 Abs. 2 und 3 BV , Art. 5 EMRK ) Haftanordnungs- und BGE 137 IV 87 S. 92 -prüfungsverfahren kontradiktorisch auszugestalten sind (vgl. BGE 126 I 172 E. 3c; Entscheid 1P.541/2002 vom 8. November 2002 E. 2.1, in: Pra 2003 Nr. 64 S. 317; je mit Hinweisen), was begriffsnotwendig die Beteiligung mindestens zweier Verfahrensparteien - hier der Staatsanwaltschaft und des Beschuldigten - voraussetzt. Zutreffend ist zwar, dass das Zwangsmassnahmengericht bei geänderten Verhältnissen auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder des Beschuldigten jederzeit auf seinen Entscheid zurückkommen und ihn abändern kann. Inwiefern die Entscheide des Zwangsmassnahmengerichts deswegen für die Staatsanwaltschaft nicht verbindlich sein sollten, wie die Anklagekammer ausführt und daraus ableitet, dass die Staatsanwaltschaft deswegen nicht Partei des Beschwerdeverfahrens sein könne, ist unerfindlich. Dass eine Behörde innerhalb eines Verfahrens verschiedene Funktionen - als Verfahrensleitung und als Partei - ausüben kann, ist im öffentlichen Recht zudem keineswegs aussergewöhnlich. So kann beispielweise eine Gemeinde im Rechtsmittelverfahren gegen einen von ihr erlassenen Bauentscheid ebenso Parteirechte ausüben wie ein kantonales Strassenverkehrsamt, dessen Entscheid über einen Führerausweisentzug vom kantonalen Verwaltungsgericht aufgehoben wurde und das berechtigt ist, diesen Gerichtsentscheid vor Bundesgericht (als Partei) anzufechten ( Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG i.V.m. Art. 24 Abs. 2 lit. a SVG ). 3.3.3 Der angefochtene Entscheid ist somit nicht geeignet, die Rechtsprechung des Bundesgerichts, wonach die Staatsanwaltschaft befugt ist, die Entscheide des Zwangsmassnahmengerichts bei der Beschwerdekammer anzufechten, in Frage zu stellen. Daran ist festzuhalten.
null
nan
de
2,011
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
10c0adbd-ac17-401b-80a6-ecaa3344c530
Urteilskopf 117 Ia 41 9. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 13. März 1991 i.S. Heinz Aebi und Mitbeteiligte sowie Hanspeter Gygax-Immoos und Mitbeteiligte gegen den Grossen Rat des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerden)
Regeste Art. 85 lit. a OG ; Abstimmungsbeschwerden gegen die Laufental-Abstimmung vom 12. November 1989. Einfluss auf die Willensbildung der Stimmbürger durch eine unvollständige behördliche Information in den Abstimmungserläuterungen sowie durch die Presse und Private. Stellt das Bundesgericht im Rahmen seiner Prüfung des Abstimmungsverfahrens Mängel fest und lassen sich deren Folgen nicht ziffernmässig ermitteln, so bedeutet dies nicht, dass die Mängel schon deswegen als erheblich zu erachten wären und der angefochtene Entscheid aufgehoben bzw. die Abstimmung neu durchgeführt werden müsste. Vielmehr ist nach den gesamten Umständen - und dabei sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht - zu beurteilen, ob eine Beeinflussung des Abstimmungsergebnisses möglich gewesen ist. Mit Blick auf die gesamten Umstände, unter denen sich der Urnengang abspielte, lässt sich im vorliegenden Fall nicht sagen, die festgestellten Mängel des Abstimmungsverfahrens seien geeignet gewesen, das Abstimmungsergebnis derart zu beeinflussen und zu verfälschen, dass es durch die Mängel anders ausgefallen wäre als ohne sie. Von der Aufhebung des Urnenganges ist daher abzusehen.
Sachverhalt ab Seite 42 BGE 117 Ia 41 S. 42 In bezug auf Sachverhalt und Prozessgeschichte ist zunächst auf die Urteile des Bundesgerichts vom 18. März 1987 ( BGE 113 Ia 146 ff.) und vom 20. Dezember 1988 ( BGE 114 Ia 427 ff.) zu verweisen. Gestützt auf das Bundesgerichtsurteil vom 20. Dezember 1988, das Anschlussverfahrensgesetz vom 19. November 1975 sowie den Laufentalvertrag vom 10. Februar 1983 und seine Ergänzung vom 12. Mai 1989 wurde die Volksabstimmung im Amtsbezirk Laufen über den Anschluss an den Kanton Basel-Landschaft am 12. November 1989 ein zweites Mal durchgeführt. Die Abstimmungsfrage "Wollt Ihr Euch aufgrund des vereinbarten Vertrages vom 10. Februar 1983 und seiner Ergänzung vom 12. Mai 1989 dem Kanton Basel-Landschaft anschliessen?" wurde aufgrund des provisorischen Ergebnisses mit 4343 Nein-Stimmen und 4652 Ja-Stimmen beantwortet, wobei die Stimmbeteiligung 93,5% betrug. Am 12. bzw. 15. November 1989 erhoben 10 Stimmberechtigte des Amtsbezirks Laufental, nämlich Jacqueline Wannier, Hans-Peter Herrmann-Steiner, Erich Franz-Burri, Willi Steiner-Weber und Peter Schnell-Hänggi einerseits sowie Ursula Gygax-Immoos, Hanspeter Gygax-Immoos, Thomas Hügli, Hansrudolf Gygax-Jeger und Pius Jeger anderseits, Abstimmungsbeschwerde an den Grossen Rat des Kantons Bern. Sie beantragten im wesentlichen, das Abstimmungsergebnis vom 12. November 1989 sei ungültig zu erklären. Zudem wurde verlangt, über die rechtsgültige BGE 117 Ia 41 S. 43 Durchführung der fraglichen Abstimmung sei eine amtliche Untersuchung einzuleiten, und es wurde um Nachprüfung der Stimmzettel, Stimmausweise und Stimmregister ersucht. Zusammenfassend machten die damaligen Beschwerdeführer geltend, unzulässige Interventionen von seiten der Behörden des Kantons Basel-Landschaft und diesem Kanton nahestehender Privater hätten das Abstimmungsergebnis beeinflusst und verfälscht. Im einzelnen erhoben sie - soweit hier wesentlich - folgende Rügen (wobei die Gliederung im vorliegenden Verfahren derjenigen im kantonalen Verfahren und in den Rechtsschriften der Parteien entspricht): (b) In einer ganzseitigen Anzeige sei in der Gratiszeitung "Nordschweiz" vom 9. November 1989 dem Stimmbürger suggeriert worden, die Berner Behörden hätten die Laufental-Abstimmung von 1983 nicht nur mit den bisher bekanntgewordenen Fr. 330'000.--, sondern mit zusätzlichen, weit höheren Vergütungen an Werbebüros beeinflusst. Dabei handle es sich um eine mit Lug und Trug vorgebrachte Beeinflussung des Stimmbürgers durch eine Zeitung, die als Streuausgabe in alle Haushalte des Laufentals verbreitet werde. (c) In einem von drei Laufentaler Gewerbetreibenden unterzeichneten Schreiben seien Gewerbler im Laufental aufgefordert worden, ihre Mitarbeiter für ein Ja zum Baselbiet zu bewegen. Darüber hinaus seien sie angeregt worden, ihren Mitarbeitern für den Fall eines Anschlusses des Laufentals an das Baselbiet am Montag, 13. November 1989, dem der Abstimmung folgenden Tag, einen bezahlten freien Tag zu gewähren. Insbesondere wird folgende Stelle aus dem Schreiben beanstandet: "Bitte lasst das Eure Mitarbeiter im Verlauf dieser Woche wissen. Vielleicht stimmt gerade wegen diesem Freitag der Einte oder Andere für den Anschluss!" Dabei handle es sich um Wahlbestechung und Stimmenkauf. In verschiedenen Betrieben sei das Schreiben bei den Angestellten bekanntgemacht worden. Einige Betriebe hätten ihren Mitarbeitern am 13. November 1989 tatsächlich frei gegeben. (f) In verschiedenen Gemeinden hätten Personen abgestimmt, welche seit längerer Zeit nicht mehr im Amtsbezirk Laufen gewohnt hätten und daher dort nicht mehr stimmberechtigt gewesen seien. (h) In dem vom Bezirksrat Laufental herausgegebenen Bulletin Nr. 4 habe der Kanton Basel-Landschaft durch die Beantwortung der - die steuerliche Abzugsfähigkeit der Kosten für die Benützung privater Verkehrsmittel zwischen Wohn- und Arbeitsort betreffenden - Frage Nr. 239 eindeutig Einfluss auf den Ausgang der Laufental-Abstimmung genommen, da seine Antwort nicht mit einem Entscheid der Steuerrekurskommission Basel-Landschaft vom 16. Mai 1989 übereinstimme. Dadurch habe der Kanton Basel-Landschaft eindeutig das Gebot der Objektivität verletzt, welches gemäss Bundesgerichtsentscheid vom 20. Dezember 1988 als Pflicht bezeichnet worden sei. Zudem handle es sich insoweit um einen Verstoss gegen die vom 12. Mai 1989 datierte Vereinbarung über das Verhalten der Behörden in der Laufental-Abstimmung. BGE 117 Ia 41 S. 44 (k) In dem vom Bezirksrat herausgegebenen Bulletin Nr. 4 habe der Kanton Basel-Landschaft für den Anschluss geworben (wie mit dem Bulletin Nr. 5). Mit der falschen Antwort zur Frage Nr. 239 habe der Kanton Basel-Landschaft unlautere Propaganda betrieben (wie Rüge h), wodurch das knappe Abstimmungsergebnis wesentlich beeinflusst und verfälscht worden sei. Am 22. November 1989 beauftragte der Regierungsrat des Kantons Bern den Regierungsstatthalter des Amtsbezirks Thun, Antonio Genna, mit einer amtlichen Untersuchung über die Laufental-Abstimmung vom 12. November 1989 und ordnete die Nachprüfung der Stimmberechtigung sowie der Stimmzettel an. Regierungsstatthalter Genna gelangte in seinem Schlussbericht vom 3. Dezember 1989 zu folgender zusammenfassender Würdigung des Untersuchungsergebnisses: "Die Nachprüfung der Stimmzettel, der Stimmausweise und der Stimmregister ergab ... zahlenmässig nur geringfügige Mängel, die insgesamt nicht geeignet waren, das Ergebnis der Laufental-Abstimmung wesentlich zu verfälschen." Am 20. Dezember 1989 beantragten der Regierungsrat und die parlamentarische Justizkommission dem Grossen Rat des Kantons Bern, die Abstimmungsbeschwerden seien abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden könne; das Ergebnis der Laufental-Abstimmung vom 12. November 1989 sei nach Zusammenstellung der nachgeprüften Protokolle wie folgt beurkundet und erwahrt: "Zahl der Stimmberechtigten 9691 Zahl der eingelangten Ausweiskarten 9067 Zahl der eingelangten Stimmzettel 9062 Davon ausser Betracht fallend: leer 52 ungültig 17 In Betracht fallende Stimmzettel 8993 Absolutes Mehr 4497 Zahl der Ja 4650 Zahl der Nein 4343 Stimmbeteiligung: 93,5%" Mit Entscheid vom 5. Februar 1990 hiess der Grosse Rat des Kantons Bern die von Willi Steiner-Weber und Mitbeteiligten sowie die von Hanspeter Gygax-Immoos und Mitbeteiligten erhobenen Beschwerden gut, soweit darauf eingetreten werden konnte, und hob das Ergebnis der Laufental-Abstimmung vom 12. November 1989 auf. Der Grosse Rat gelangte zur Auffassung, durch die anonyme, in der "Nordschweiz" vom 9. November 1989 erschienene Anzeige (b), das von Gewerbetreibenden unterzeichnete BGE 117 Ia 41 S. 45 Schreiben (c), die unrechtmässige Abstimmungsteilnahme von ungefähr zehn Personen (f) und die im Bulletin Nr. 4 wiedergegebene irreführende Antwort des Kantons Basel-Landschaft zu Frage Nr. 239 (h, k) sei das Abstimmungsergebnis insgesamt unzulässig beeinflusst worden. Aufgrund dieser zu beanstandenden Vorkommnisse bestünden berechtigte Zweifel, ob das Ergebnis der Abstimmung vom 12. November 1989 korrekt und unverfälscht zustandegekommen sei. In Anbetracht des knappen Unterschiedes zwischen Ja-Stimmen und Nein-Stimmen sei nicht auszuschliessen, dass das Abstimmungsergebnis ohne die erfolgten unzulässigen Interventionen anders lauten würde. Die Abstimmung sei daher zu kassieren, und der Regierungsrat werde ihre Wiederholung anzuordnen haben. Hiergegen erhoben Heinz Aebi, Robert Koller, Monika Oser und Alex Imhof, die teilweise bereits Beschwerdeführer in den früheren bundesgerichtlichen Verfahren waren (s. BGE 113 Ia 146 ff. und BGE 114 Ia 427 ff.), staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht (nachfolgend: Beschwerdeführer 1). Sie beantragen im wesentlichen, der Grossratsentscheid vom 5. Februar 1990 sei wegen Verletzung ihrer politischen Rechte ( Art. 85 lit. a OG ) und wegen Verletzung von Art. 4 BV (Verstoss gegen das Willkürverbot) aufzuheben. Zudem erhoben auch Hanspeter Gygax-Immoos und die weiteren im kantonalen Verfahren obsiegenden Beschwerdeführer staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht (nachfolgend: Beschwerdeführer 2). Sie beantragen, der Entscheid des Grossen Rates des Kantons Bern vom 5. Februar 1990 sei aufzuheben, soweit darin auf ihre im kantonalen Verfahren vorgebrachten Rügen nicht eingetreten worden sei. Auf die von Hanspeter Gygax-Immoos und Mitbeteiligten erhobene staatsrechtliche Beschwerde tritt das Bundesgericht nicht ein. Die von Heinz Aebi und Mitbeteiligten erhobene staatsrechtliche Beschwerde heisst es gut, soweit auf sie eingetreten werden kann, und der Entscheid des Grossen Rates des Kantons Bern vom 5. Februar 1990 wird aufgehoben. Gemäss den bundesgerichtlichen Erwägungen hat der Grosse Rat die kantonalen Abstimmungsbeschwerden als unbegründet abzuweisen und anschliessend das Ergebnis der Laufental-Abstimmung vom 12. November 1989 zu erwahren. BGE 117 Ia 41 S. 46 Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. Das vom Verfassungsrecht des Bundes gewährleistete politische Stimmrecht gibt dem Bürger einen Anspruch darauf, dass kein Abstimmungsergebnis anerkannt wird, das nicht den freien und unverfälschten Willen der Stimmberechtigten zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt ( BGE 115 Ia 206 E. 4, BGE 114 Ia 432 mit Hinweisen). Daraus folgt, dass jeder Stimmbürger seinen Entscheid gestützt auf einen möglichst freien und umfassenden Prozess der Meinungsbildung soll treffen können ( BGE 114 Ia 432 E. 4a, BGE 113 Ia 294 E. 3a). a) Die Freiheit der Meinungsbildung schliesst grundsätzlich jede direkte Einflussnahme der Behörden aus, welche geeignet wäre, die freie Willensbildung der Stimmbürger im Vorfeld von Wahlen und Abstimmungen zu verfälschen ( BGE 114 Ia 432 E. 4a, BGE 113 Ia 295 E. 3b, BGE 112 Ia 335 E. 4b mit Hinweisen). Eine solche unerlaubte Beeinflussung liegt etwa dann vor, wenn die Behörde, die zu einer Sachabstimmung amtliche Erläuterungen verfasst, ihre Pflicht zu objektiver Information verletzt und über den Zweck und die Tragweite der Vorlage falsch orientiert ( BGE 114 Ia 432 E. 4a, BGE 112 Ia 335 E. 4b mit Hinweisen). Eine unerlaubte Beeinflussung der Stimmbürger kann ferner vorliegen, wenn die Behörde in unzulässiger Weise in den Abstimmungskampf eingreift und entweder positive, zur Sicherung der Freiheit der Stimmbürger aufgestellte Vorschriften missachtet oder sich sonstwie verwerflicher Mittel bedient. Hingegen ist es zulässig, dass eine Behörde den Stimmberechtigten eine Vorlage zur Annahme oder Ablehnung empfiehlt und Erläuterungen oder Berichte dazu beilegt, sofern sie dabei ihre Pflicht zu objektiver Information nicht verletzt und über den Zweck und die Tragweite der Vorlage nicht falsch orientiert ( BGE 114 Ia 433 E. 4b, BGE 113 Ia 295 f. E. 3b). Diese Verpflichtung zur Objektivität, welche von derjenigen zur Neutralität zu unterscheiden ist (vgl. BGE 114 Ia 434 ff.), ergibt sich namentlich aus der hervorragenden Stellung, die den Behördenmitgliedern zukommt, aus den Mitteln, über die sie verfügen, und aus dem Vertrauen, das sie gegenüber den Bürgern zu bewahren haben, damit das gute Funktionieren der demokratischen Institutionen gewährleistet ist. Die demokratische Willensbildung im Rahmen eines Wahl- oder Abstimmungskampfes kann auch durch die miteinander im Wettstreit stehenden Parteien und Interessengruppen oder durch BGE 117 Ia 41 S. 47 einzelne Drittpersonen beeinträchtigt werden, namentlich auch durch die Presse oder andere Medien, indem falsche und irreführende Angaben verbreitet werden, um die Bürger dadurch zu täuschen. Solche Machenschaften sind zwar unerwünscht und verwerflich, doch lassen sie sich ohne erhebliche Beschränkung der freien Meinungsäusserung praktisch nicht vermeiden. Eine solche Beschränkung der betreffenden Rechte im Rahmen eines Wahl- oder Abstimmungskampfes wäre problematisch, da die Meinungsfreiheit bzw. Meinungsäusserungsfreiheit durch ungeschriebenes Verfassungsrecht wie auch durch die Pressefreiheit ( Art. 55 BV ) gewährleistet ist und es sich hierbei um wesentliche Voraussetzungen der Demokratie handelt (s. BGE 113 Ia 316 ff., BGE 98 Ia 79 f. E. 3b, BGE 96 I 224 und 592; vgl. auch J. P. MÜLLER, Kommentar BV, Meinungsfreiheit, Rz. 3 ff., sowie Art. 55 BV , Rz. 1 und 36 ff.; CHRISTOPH HILLER, Die Stimmrechtsbeschwerde, Diss. ZH 1990, S. 421 ff.). Die Ausübung dieser Freiheiten kann natürlich zu harten Meinungsauseinandersetzungen führen, deren Ausgang unter Umständen nicht mehr der Objektivität entspricht, was hinzunehmen ist, solange sich die Polemik innerhalb des rechtlich Zulässigen und des Ordre public abspielt. Wichtig ist dabei, dass die Informationsorgane den jeweiligen politischen Gegnern dieselben Möglichkeiten einräumen, sich auszusprechen, was insbesondere dann gilt, wenn diese Informationsorgane regional oder lokal praktisch eine Monopolstellung innehaben. Es darf aber den Stimmbürgern zugetraut werden, dass sie fähig sind, zwischen verschiedenen bekundeten Meinungen zu unterscheiden und auszuwählen, dass sie offensichtliche Übertreibungen als solche erkennen können und dass sie schliesslich in der Lage sind, vernunftsgemäss aufgrund ihrer eigenen Überzeugung zu entscheiden. Entsprechend hat das Bundesgericht schon wiederholt erkannt, dass Einflüsse der genannten Art, die zwar gegen die guten Abstimmungssitten verstossen und daher unerwünscht sind, nur ausnahmsweise die Aufhebung einer Abstimmung zu rechtfertigen vermögen: Nur bei schwerwiegenden Verstössen dränge es sich auf, eine Abstimmung zu wiederholen. Die beanstandete unerlaubte Beeinflussung müsse sich ohne Zweifel entscheidend auf den Urnengang ausgewirkt haben. Von einer unzulässigen Beeinflussung der demokratischen Willensbildung durch Private bzw. die Presse könne erst dann gesprochen werden, wenn durch sie in einem so späten Zeitpunkt mit offensichtlich unwahren und irreführenden Angaben in den Abstimmungskampf eingegriffen werde, dass es dem Bürger nach BGE 117 Ia 41 S. 48 den Umständen unmöglich sei, sich ein zuverlässiges Bild von den tatsächlichen Verhältnissen zu schaffen (s. etwa BGE 98 Ia 79 ff. E. 3b, BGE 102 Ia 268 f. E. 3, zudem in der amtlichen Sammlung nicht publ. E. 6b von BGE 105 Ia 368 ff. in ZBl 81/1980 S. 251, BGE vom 5. Januar 1982 in ZBl 83/1982 S. 207 sowie BGE vom 7. Februar 1991 in ZBl 92/1991 S. 347 ff.). b) Stellt das Bundesgericht im Rahmen seiner Prüfung des Abstimmungsverfahrens Mängel fest und lassen sich deren Folgen nicht ziffernmässig ermitteln, so bedeutet dies nicht, dass die Mängel schon deswegen als erheblich zu erachten wären und der angefochtene Entscheid aufgehoben bzw. die Abstimmung neu durchgeführt werden müsste. Vielmehr ist nach den gesamten Umständen - und dabei sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht - zu beurteilen, ob eine Beeinflussung des Abstimmungsergebnisses möglich gewesen ist. Dabei ist namentlich auf die Grösse des Stimmenunterschiedes, die Schwere des festgestellten Mangels und dessen Bedeutung im Rahmen der gesamten Abstimmung abzustellen. Erscheint die Möglichkeit, dass die Abstimmung ohne den Mangel anders ausgefallen wäre, als derart gering, dass sie nicht mehr ernsthaft in Betracht kommt, so kann von der Aufhebung des Urnenganges abgesehen werden (s. BGE 114 Ia 42 ff. und 446 f. E. 7a, BGE 113 Ia 302 E. 4a, 112 Ia 134 E. 3a und 338 E. 5, zudem ZBl 83/1982 S. 207 und nicht publ. E. 6 von BGE 105 Ia 368 ff. in ZBl 81/1980 S. 251, ferner BGE 102 Ia 269 ; vgl. auch HILLER, a.a.O., S. 118 f. und 420 ff.). 6. Der Grosse Rat distanzierte sich vom Antrag des Regierungsrates und der parlamentarischen Justizkommission vom 20. Dezember 1989 und gelangte mit seinem Entscheid vom 5. Februar 1990 seinerseits zum Schluss, dass die gegen den Urnengang geführten Beschwerden gutzuheissen seien, soweit darauf eingetreten werden könne, und dass das Abstimmungsergebnis vom 12. November 1989 aufzuheben sei. Er hielt fest, dass vier Unregelmässigkeiten die Abstimmung beeinflusst hätten, nämlich die in der "Nordschweiz" vom 9. November 1989 erschienene Anzeige (Rüge b), das von Gewerbetreibenden unterzeichnete Schreiben (c), die im Bulletin Nr. 4 wiedergegebene Antwort des Kantons Basel-Landschaft zu Frage Nr. 239 (h, k) und die unrechtmässige Abstimmungsteilnahme von ungefähr zehn Personen (f); diese letzte Tatsache für sich alleine hätte zwar das Ergebnis nicht verfälscht, doch sei sie zusammen mit den andern Vorkommnissen zu berücksichtigen, durch die das Abstimmungsergebnis insgesamt BGE 117 Ia 41 S. 49 unzulässig beeinflusst worden sei. In Anbetracht des knappen Unterschiedes zwischen Ja-Stimmen und Nein-Stimmen sei nicht auszuschliessen, dass das Ergebnis ohne die erfolgten Interventionen anders lauten würde. Deshalb und wegen der Schwere dieser als rechtswidrig zu erachtenden Interventionen sei die Abstimmung aufzuheben und zu wiederholen. Die Beschwerdeführer 1 werfen dem Grossen Rat vor, Tatsachen willkürlich gewürdigt und einen politischen Entscheid gefällt zu haben, durch den sie in ihren politischen Rechten verletzt würden. a) Am 9. November 1989, am Tag vor der Eröffnung des Urnenganges, erschien in der gratis an alle Haushalte abgegebenen Zeitung "Nordschweiz" eine ganzseitige Anzeige. Dieses Inserat war oben mit den offiziellen Wappen des Bezirks Laufen und des Kantons Basel-Landschaft versehen und lautete wie folgt: "An meine Freunde im Laufental Letztes Mal habe ich bei der Laufental-Abstimmung auf Grund der ausgesprochen grossen Propaganda für Bern gestimmt. Kürzlich habe ich einen Bekannten in Bern getroffen. Natürlich haben wir über unser schönes Laufental gesprochen. Dabei hat er mir überraschend gesagt, dass die 330'000 Franken, die 1983 vom Kanton Bern für Propagandazwecke ausgegeben und später in aller Munde waren, bei weitem nicht die ganze finanzielle Unterstützung gewesen sei. Denn von den zusätzlichen, weit höheren Vergütungen der Berner Behörden an Werbebüros - er sprach von rund 640'000 Franken - habe niemand gesprochen. Ich möchte nun meine Mitbürger und Mitbürgerinnen bitten, nicht nochmals der bernischen Propaganda zu glauben und ein überzeugtes Ja für Baselland in die Urne zu legen. Danke schön. Ein verantwortungsbewusster Bürge (Name des Inserenten ist dem Verlag bekannt)." Der Verfasser dieser Anzeige deutet somit an, die bernischen Behörden hätten sich 1983 viel stärker in den Abstimmungskampf eingemischt, als dies die Untersuchungen im Zusammenhang mit der "Finanzaffäre" ergeben hätten. Nach Auffassung des Grossen Rates ist diese Behauptung krass falsch und geeignet, den Stimmbürger zu täuschen. Er hält dafür, aufgrund der konkreten Umstände sei es dem Wähler unmöglich gewesen, sich aus anderen Quellen rasch ein zuverlässiges Bild über den tatsächlichen Umfang der staatlichen Abstimmungsfinanzierung im Jahre 1983 zu verschaffen. Diese Beurteilung werde noch durch die Tatsache verstärkt, dass der Inserent für den Leser anonym geblieben sei und das Gerücht somit nicht sofort habe widerlegt werden BGE 117 Ia 41 S. 50 können. Dadurch sei es dem Stimmbürger weitgehend verunmöglicht worden, den Inhalt des Inserates kritisch zu würdigen. Zudem sei erstmals gegenüber einer breiteren Öffentlichkeit behauptet worden, bei der ersten Laufental-Abstimmung seien neben den bekanntgewordenen Beträgen zusätzlich von staatlicher Seite 640'000 Franken an Werbebüros bezahlt worden. Das Inserat sei wegen seiner irreführenden Machart und vor allem wegen seines späten Erscheinungszeitpunktes mit dem politischen Stimmrecht der Bürger nicht zu vereinbaren. In diesem Punkt sei daher eine unzulässige Beeinflussung der Willensbildung der Stimmbürger zu erblicken. Demgegenüber halten die Beschwerdeführer 1 dafür, beim Verfasser des fraglichen Inserates könnte es sich um einen berntreuen Provokateur handeln, welcher von den Behörden hätte identifiziert werden müssen. Bei objektiver Würdigung der strittigen Anzeige ist festzustellen, dass sie zwar eine aufsehenerregende Behauptung enthält, dass diese aber nicht in irgendeinem Bezug zu konkreten Anhaltspunkten steht, sondern laut Inserat einzig auf den angeblichen Äusserungen einer nicht erkenntlich gemachten Person beruht. Diese Äusserungen scheinen bezweckt zu haben, die pro-bernische Seite in Verruf zu bringen und bei bisher berntreuen Stimmbürgern eine ablehnende Haltung gegenüber den Behörden des Kantons Bern zu provozieren. In der Tat vermochte der an alle Haushalte verteilte Text bestehende Leidenschaften zu schüren; und indem er ummittelbar vor der Eröffnung des Urnenganges veröffentlicht wurde, wurde jede Erwiderung oder Gegendarstellung noch vor der Abstimmung verunmöglicht. Der Stimmbürger war somit nicht in der Lage, sich noch rechtzeitig vor dem Urnengang über den Wahrheitsgehalt der im Inserat behaupteten Angaben zu informieren und gegebenenfalls den ersten Eindruck zu korrigieren. Im Normalfall ist ein derart gravierendes Vorkommnis geeignet, einen Wahl- bzw. Abstimmungsausgang wesentlich zu beeinflussen, indem Enthüllungen über unzulässige Machenschaften, wie sie im fraglichen Text behauptet wurden, bei den Stimmbürgern Wut und Enttäuschung auslösen und noch unentschlossene unter ihnen dazu veranlassen können, ihre Meinung zu ändern oder dem Urnengang fernzubleiben. Bei den im vorliegenden Fall gegebenen besonderen Verhältnissen geht es jedoch nicht an, den ganzen Rahmen der Gegenstand des Verfahrens bildenden Abstimmungskampagne ausser acht zu lassen. Die Frage, ob das Laufental beim Kanton Bern bleiben BGE 117 Ia 41 S. 51 oder sich dem Kanton Basel-Landschaft anschliessen will, beschäftigt die Bewohner der Region schon seit mehr als zehn Jahren und trennt sie in Befürworter und Gegner eines solchen Anschlusses. Der Urnengang von 1983 hatte eine kleine Mehrheit zugunsten der Berntreuen ergeben. Die "Finanzaffäre", die in der Folge zur Wiederholung der Abstimmung führte, rief bei der Bevölkerung heftige Reaktionen hervor. Entsprechend wurde die Kampagne, welche der Abstimmung vom 12. November 1989 vorausging, sehr intensiv und lebhaft geführt, dies während mehreren Monaten. Die Meinungen der - insgesamt relativ wenigen - Stimmberechtigten haben sich somit im Verlaufe eines langen Prozesses langsam gebildet. Es ist daher wenig wahrscheinlich, dass die praktisch in letzter Minute vor dem Urnengang erfolgte "Enthüllung" in der Gratiszeitung "Nordschweiz" bei einem erheblichen Teil der Wähler noch zu einem Meinungsumschwung hat führen können. Sind dennoch Wähler durch das strittige Inserat betroffen worden, so ist völlig offen, wie sie darauf reagiert haben, sei es mit Gleichgültigkeit, sei es mit Entrüstung über das angeprangerte Vorgehen der Berner Behörden oder sei es damit, in der fraglichen Anzeige bloss eine Machenschaft von Anschlusswilligen oder allenfalls eine solche von Berntreuen zu erblicken. Jedenfalls gibt es keinen Anhaltspunkt, der die Auffassung des Grossen Rates stützen würde, dass das Inserat einzig den Anschlusswilligen genützt habe. Auch wenn das Vorkommnis an sich eine Verletzung des Stimmrechts der Bürger bedeutete, so besteht nach dem Gesagten keine hinreichende Wahrscheinlichkeit zur Annahme, dass diese Rechtsverletzung sich in Berücksichtigung der geschilderten besonderen Verhältnisse entscheidend auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt habe. Diese Folgerung entspricht im übrigen im wesentlichen der Auffassung, die der Regierungsrat und die parlamentarische Justizkommission in ihrem zuhanden des Grossen Rates erstatteten Antrag vom 20. Dezember 1989 bekundeten. b) Am 8. November 1989 wandten sich drei Laufentaler Gewerbetreibende in einem mit "Ende Oktober 1989" datierten Schreiben an eine grosse Anzahl Unternehmer, von denen angenommen wurde, sie seien Befürworter eines Anschlusses des Laufentals an den Kanton Basel-Landschaft. Diese Unternehmer wurden aufgefordert, ihre Angestellten zu einem Ja zum Baselbiet zu veranlassen und ihnen für den Fall eines Anschlusses am Montag, 13. November 1989, dem der Abstimmung folgenden Tag, einen bezahlten freien Tag zu gewähren. Der Inhalt des fraglichen Schreibens BGE 117 Ia 41 S. 52 wurde am 10. November 1989 in der "Basler Zeitung" enthüllt und kritisiert. Ein anschliessend wegen angeblicher Wahlbestechung im Sinne von Art. 281 StGB durchgeführtes Ermittlungsverfahren gemäss Art. 82a des Gesetzes über das Strafverfahren des Kantons Bern vom 20. Mai 1928 (StrV) hat ergeben, dass kein einziges von 30 befragten Unternehmen seine Mitarbeiter am 13. November 1989 von den beruflichen Verpflichtungen befreite; in der Folge wurde das Ermittlungsverfahren abgeschlossen, und am 1. Oktober 1990 stimmte die Staatsanwaltschaft des Seelandes dem Antrag des Untersuchungsrichters von Laufen bei, keine Strafverfolgung zu eröffnen. Nach Auffassung des Grossen Rates hatte indes auch das genannte Schreiben der Gewerbetreibenden dazu beigetragen, das Abstimmungsergebnis zu verfälschen; dass dem Arbeitnehmer mit dem Brief ein geldwerter Vorteil in Aussicht gestellt und dabei seine Abhängigkeit vom Arbeitgeber ausgenützt worden sei, lasse das Schreiben als besonders verwerflich und damit klarerweise unstatthaft erscheinen. Grundsätzlich ist es einem Arbeitgeber nicht verwehrt, mit seinen Angestellten über Politik zu diskutieren und auf sachliche Weise zu versuchen, sie zur Überzeugung zu bringen, ihre politischen Rechte in bestimmtem Sinne auszuüben. Hingegen geht es nicht an, auf sie irgendwelchen Druck auszuüben oder ihnen für den Fall, dass sie seinem Wunsche entsprechend stimmen, materielle Vorteile zu versprechen. Dies wäre eine unerlaubte Einwirkung auf die Willensbildung bzw. die Stimmrechtsausübung (vgl. ZBl 81/1980 S. 251 f.). Nach dem Gesagten handelt es sich beim Ansinnen der Gewerbetreibenden im fraglichen Schreiben zweifellos um einen derartigen unzulässigen Versuch, Bürger mit dem Versprechen materieller Vorteile zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen und dadurch ihre Meinungs- und Stimmfreiheit einzuengen. Eine andere Frage ist dabei aber wiederum, ob dieses Vorkommnis zu einer Verfälschung des angefochtenen Abstimmungsergebnisses führte. Der Grosse Rat bejahte dies, räumte aber gleichzeitig ein, dass nicht habe ermittelt werden können, wie viele Wähler sich durch das Schreiben zu einem Meinungswechsel und entsprechend zu einer anderen Stimmabgabe als ursprünglich vorgesehen veranlasst gesehen hätten. Dazu ist zunächst festzustellen, dass er - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer 1 - aufgrund von Art. 93 StrV keine Einsicht in die Akten des Verfahrens wegen Wahlbestechung hatte. Unabhängig davon gehen aber ganz BGE 117 Ia 41 S. 53 allgemein aus den Akten keine Anhaltspunkte hervor, die den Schluss zuliessen, durch das fragliche Schreiben der Gewerbetreibenden sei das Abstimmungsergebnis bedeutsam beeinflusst worden. Mit Blick auf die gesamten Umstände, unter denen sich der Urnengang abspielte, der - auch bei klarerweise hoher Stimmbeteiligung - insgesamt relativ kleinen Zahl von Stimmberechtigten und der während langer Zeit ausführlichst erfolgten Diskussionen über die Vor- und Nachteile eines Kantonswechsels ist es nur wenig wahrscheinlich, dass die genannte Ankündigung, die Arbeitnehmer im Falle eines Anschlusses an den Kanton Basel-Landschaft einen bezahlten freien Tag beziehen zu lassen, geeignet war, bei Berntreuen einen Meinungswechsel herbeizuführen und das Abstimmungsergebnis derart zu beeinflussen und zu verfälschen, dass es durch den Mangel anders ausgefallen wäre als ohne ihn. c) aa) Am 30. Juni 1989 hatte der Bezirksrat Laufental die Bevölkerung des Bezirks eingeladen, ihm Fragen über die möglichen Folgen des Urnenganges vom 12. November 1989 zu unterbreiten. In der Folge beantworteten die Behörden der Kantone Bern und Basel-Landschaft die eingetroffenen Fragen je aus ihrer Sicht und fassten die Antworten in fünf Broschüren zusammen, welche im Verlaufe der Monate September und Oktober 1989 an alle Haushalte des Bezirks abgegeben wurden. In Beantwortung der im Bulletin Nr. 4 aufgeführten Frage 239 bemerkte die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft folgendes: "Nach einem Entscheid der kantonalen Steuerrekurskommission kann ein in Pfeffingen wohnhafter und in Basel arbeitender Steuerpflichtiger die Kosten für die Benützung eines Privatautos als Gewinnungskosten geltend machen (Fr. -.50/km). Das gleiche dürfte auch für die im Laufental wohnhaften Pendler gelten, sofern sie für ihren Weg zur Arbeit tatsächlich das Auto benützen. Aufgrund dieser Sachlage müssen u. E. folgende Beispiele im Steuervergleich korrigiert werden: ... (Auflistung von 6 Fällen mit Angaben, in welchen bzw. wievielen Fällen die Steuerbeträge im Kanton Basel-Landschaft geringer sein sollen.) Zu erwähnen ist noch, dass aufgrund der guten Finanzlage in unserem Kanton hier sicher ein mindestens ebenso grosses Potential für eine Steuersenkung wie im Kanton Bern besteht. Aussagekräftiger als die Berechnungen im 'Gegensteuer' dürfte die von der Eidg. Steuerverwaltung herausgegebene Steuerstatistik sein. Wir verweisen auf 'Steuerbelastung in der Schweiz, Bern 1989'. Obwohl sich die betreffenden Angaben auf das Jahr 1988 beziehen, haben sie auch für die jetzige Steuersituation weitgehend Gültigkeit. Daraus ergibt sich folgendes Fazit: Das Arbeitseinkommen von Ledigen wird im Kanton Basel-Landschaft in allen untersuchten Fällen weniger belastet als im Kanton Bern. Für Verheiratete ohne Kinder ist der Kanton Bern lediglich im Einkommensbereich 15'000-20'000 günstiger. In BGE 117 Ia 41 S. 54 allen übrigen untersuchten Fällen wird das Arbeitseinkommen in unserem Kanton milder besteuert. Das Arbeitseinkommen von Verheirateten mit 2 Kindern wird im Kanton Basel-Landschaft in allen untersuchten Fällen weniger stark belastet als im Kanton Bern. Das gleiche gilt für das Einkommen von Rentnern. Dieses unterliegt im Kanton Bern zum Teil einer mehr als doppelt so hohen Steuerbelastung wie im Kanton Basel-Landschaft. Angesichts dieser klaren Resultate aus einer unabhängigen Statistik kann an der Tatsache, dass unser Kanton steuerlich günstiger als der Kanton Bern ist, wohl kaum ernsthaft gezweifelt werden." Am 4. Dezember 1989, also rund drei Wochen nach der Abstimmung vom 12. November, ersuchte Ursula Gygax die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft um weitere Auskünfte. Mit Antwortschreiben vom 13. Dezember 1989 präzisierte diese die Angaben betreffend Abzugsfähigkeit der Kosten für ein privates Verkehrsmittel wie folgt: "Nach einem allfälligen Anschluss an unseren Kanton könnten die Einwohner des Laufentales nach der bisherigen Praxis mehrheitlich die Kosten eines privaten Verkehrsmittels nicht vom steuerbaren Einkommen in Abzug bringen, da ihr Weg zur Arbeit und zurück mit dem öffentlichen Verkehrsmittel weniger als 2 1/2 Studen pro Tag ausmachen dürfte. Die Fahrzeit Laufen-Basel beträgt mit der SBB 18 Minuten (Schnellzug) resp. 28 Minuten (Regionalzug). Bis zum Aeschenplatz sind es maximal 10 Minuten zu Fuss. Der Zeitaufwand für die Entfernung Ihres Wohnortes zum Bahnhof Laufen ist uns nicht bekannt. Die gesamte Zeitlimite dürfte dadurch nicht überschritten werden. Ein Abzug ist aber zulässig: - wenn kein öffentliches Verkehrsmittel zur Verfügung steht - wenn die Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels unzumutbar ist, z.B. - bei Gebrechlichkeit, oder in der Regel - bei mehr als 1,5 km Entfernung der Haltestelle von Wohn- oder Arbeitsort." Im kantonalen Beschwerdeverfahren machten Ursula Gygax und Mitbeteiligte - im vorliegenden bundesgerichtlichen Verfahren also die Beschwerdeführer 2 - geltend, die durch die Behörden des Kantons Basel-Landschaft im Bulletin Nr. 4 vorgenommene ungenaue Beantwortung der Frage 239 habe das Abstimmungsergebnis entscheidend beeinflusst. Der Grosse Rat trat auf diese Rüge materiell ein, obwohl sie erst mit nach Ablauf der Beschwerdefrist eingereichten Eingaben im einzelnen begründet worden war, und er entschied, sie sei zutreffenderweise erhoben worden. Er hielt dafür, die Beantwortung der Frage 239 durch die Behörden des Kantons Basel-Landschaft stelle eine unzulässige Intervention in den Abstimmungskampf dar und verletze damit das BGE 117 Ia 41 S. 55 Gebot zur objektiven Information sowie der Nichtintervention in einen Abstimmungskampf eines andern Kantons. In diesem Punkt liege somit eine Verletzung des politischen Stimmrechts der Beschwerdeführer 2 vor. Durch die irreführende Antwort des Kantons Basel-Landschaft seien die Stimmberechtigten in unzulässiger Weise beeinflusst worden. Demgegenüber sind die Beschwerdeführer 1 der Auffassung, der Grosse Rat sei zu Unrecht auf die betreffende Rüge eingetreten und habe sie auch materiell falsch gewürdigt. bb) Die Art. 86-88 des bernischen Gesetzes über die politischen Rechte vom 5. Mai 1980 (GPR) regeln die Fälle, in denen mit Stimmrechts-, Abstimmungs- bzw. Wahlbeschwerde geltend gemacht werden kann, dass Gemeinde- oder Staatsorgane durch ihre Verfügungen das Stimmrecht oder ganz allgemein bei der Vorbereitung oder Durchführung einer Abstimmung oder Wahl bzw. bei der Ermittlung der Abstimmungs- oder Wahlergebnisse gesetzliche Vorschriften verletzt haben. Art. 89 Abs. 2 GPR bestimmt, dass eine solche Beschwerde ohne vorheriges Einspracheverfahren innert drei Tagen seit der Entdeckung des Beschwerdegrundes, spätestens aber drei Tage nach der Veröffentlichung der Ergebnisse einer Abstimmung oder Wahl, beim Regierungsrat einzureichen ist. Man kann sich fragen, ob der Grosse Rat die zuletzt genannte Rüge zu Recht materiell geprüft hat, oder ob auf sie wegen verspäteter Substantiierung in Anwendung von Art. 89 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 90 GPR schon gar nicht hätte eingetreten werden dürfen (vgl. in diesem Zusammenhang BGE 113 Ia 146 ff.), wenn davon ausgegangen würde, dass zusätzliche Auskünfte zu den in den verschiedenen Bulletins enthaltenen Angaben ohne weiteres noch rechtzeitig vor der Abstimmung vom 12. November 1989 hätten eingeholt werden können. Die Frage kann indes offenbleiben, erweist sich doch die Rüge bei materieller Prüfung ohnehin als unbegründet, wie nachfolgend aufzuzeigen ist. cc) Nach Art. 2ter Abs. 1 lit. a Ziff. 3 der vom 4. Oktober 1988 datierten Änderung der Verordnung des Regierungsrates des Kantons Basel-Landschaft zum Steuer- und Finanzgesetz dieses Kantons vom 22. Oktober 1974 können unselbständig Erwerbende, die für ihren Weg zur Arbeit das Privatauto benützen, die Auslagen vom Einkommen abziehen, die bei Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels entstehen würden; steht kein solches zur Verfügung oder kann dessen Benützung dem Steuerpflichtigen nicht BGE 117 Ia 41 S. 56 zugemutet werden (z.B. wegen Gebrechlichkeit, beachtenswerter Entfernung von der nächsten Haltestelle, ungünstigen Fahrplanes usw.), so ist gemäss derselben Bestimmung für Privatautos pro Fahrkilometer ein Abzug bis zu 50 Rp. zulässig. Mit dem im Bulletin Nr. 4 bei der Beantwortung der Frage 239 durch den Kanton Basel-Landschaft erwähnten Entscheid der Steuerrekurskommission Baselland vom 16. Mai 1989 wurde einem in Pfeffingen wohnhaften und in Basel arbeitenden Steuerpflichtigen ein derartiger Gewinnungskostenabzug zugestanden. Die Steuerrekurskommission bestätigte dabei die von den kantonalen Steuerbehörden entwickelte Praxis, wonach der Pauschalabzug von 50 Rp. pro Fahrkilometer nur dann zu gewähren sei, wenn der tägliche Arbeitsweg (Hin- und Rückfahrt) bei Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels eine Reisezeit von in der Regel mehr als rund 2 1/2 Stunden erfordere. Dieses letztgenannte Kriterium ist in der Beantwortung der Frage 239 nicht enthalten, während das erwähnte Antwortschreiben der Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft vom 13. Dezember 1989 ausdrücklich darauf hinweist und zudem festhält, einem am Aeschenplatz in Basel arbeitenden Einwohner Laufens stehe die Abzugsmöglichkeit nicht zu, da für ihn der tägliche Arbeitsweg hin und zurück nur höchstens eine Stunde und 16 Minuten betrage. Es ist zu bedauern, dass die Behörden des Kantons Basel-Landschaft sich nicht die Mühe nahmen, die Frage 239 im Sinne der vorstehenden Ausführungen umfassend zu beantworten. Dieser Mangel ist jedoch - wie dargelegt (s. oben E. 5) - nicht für sich alleine, sondern im gesamten Rahmen der Abstimmungskampagne zu würdigen. Dabei ist zunächst festzustellen, dass die Beantwortung der Frage 239 durch die Behörden des Kantons Basel-Landschaft nach dem Gesagten eben nicht geradezu falsch, sondern lediglich ungenau bzw. unvollständig erfolgte, und dies auch nur hinsichtlich der betreffenden Möglichkeit des Gewinnungskostenabzugs; zudem wurde die diesbezügliche Antwort nicht als absolut geltend, sondern auf das aufgeführte Beispiel bezogen und hypothetisch gehalten formuliert ("... Das gleiche (wie gemäss Entscheid der Steuerrekurskommission) dürfte auch für die im Laufental wohnhaften Pendler gelten ..."), wodurch der Bürger ihre Unvollständigkeit bemerken konnte. Hinzu kommt nun aber, dass bereits die Beantwortung der Frage 239 zusätzliche steuerliche Aspekte berührte (s. vorstehende lit. aa), wie dies auch für eine grosse Zahl weiterer Antworten zutraf, und dass nebstdem viele der in den fünf Bulletins zusammengefassten BGE 117 Ia 41 S. 57 insgesamt fast 300 Antworten andere interessierende Punkte (die Gemeindeorganisation, das Schulwesen, kulturelle Aspekte usw.) erörterten. Auf diese Weise sowie im Verlaufe der übrigen, wie dargelegt während langer Zeit äusserst intensiv geführten Abstimmungskampagne konnten sich die Stimmberechtigten umfassend über die Vor- und Nachteile eines Verbleibs beim Kanton Bern bzw. eines Anschlusses an den Kanton Basel-Landschaft informieren. In Anbetracht dessen ist jedenfalls zweifelhaft, dass die aufgezeigte, bloss teilweise Ungenauigkeit einer einzigen der insgesamt annähernd 300, verschiedenste Themenbereiche betreffenden Antworten geeignet war, den Ausgang der Abstimmung entscheidend zu beeinflussen. d) aa) Die drei Rügen (b, c sowie h bzw. k), die den Grossen Rat hauptsächlich zur Aufhebung des angefochtenen Abstimmungsergebnisses veranlassten, erweisen sich demnach als unbegründet. bb) Aber auch die verbleibende vierte Rüge (f), die zwar nicht ausschlaggebend, aber im Gesamtzusammenhang mit den vorstehend beurteilten drei Rügen zum Gutheissungsentscheid des Grossen Rates führte, vermag die Auffassung der Beschwerdeführer 2 nicht zu stützen. Die Gegenstand dieser Rüge bildenden Unregelmässigkeiten liess der Regierungsrat pflichtgemäss abklären (vgl. BGE 114 Ia 42 ff.). Dementsprechend ordnete der mit der betreffenden amtlichen Untersuchung beauftragte Regierungsstatthalter von Thun, Antonio Genna, die Nachprüfung der Stimmberechtigung sowie der Stimmzettel an. Die Untersuchung ergab zahlenmässig nur geringfügige Mängel, die laut Schlussbericht vom 3. Dezember 1989 sowie Antrag des Regierungsrates und der parlamentarischen Justizkommission vom 20. Dezember 1989 nicht geeignet waren, das Abstimmungsergebnis zu verfälschen (oben lit. C). In der Tat erwies sich, dass höchstens zehn bis zwanzig Personen fälschlicherweise zur Abstimmung zugelassen worden waren (Bericht Genna, Zusammenfassung Ziff. 2-4): "2. Ein Stimmausweis entsprach nicht den gesetzlichen Vorschriften und hätte nicht akzeptiert werden dürfen. In einem weiteren Fall wurden die Vorschriften über die briefliche Stimmabgabe verletzt. Andere Unstimmigkeiten (Fälschungen, Duplikatmissbräuche) wurden bei der Überprüfung der Ausweiskarten nicht entdeckt. 3. Die Kontrolle der Stimmregister ergab folgende von den Stimmregisterführern zu verantwortende Mängel: - Vier Personen wurden unter Missachtung der speziellen Vorschriften über die Einwohnungsfrist für die Laufental-Abstimmung ins BGE 117 Ia 41 S. 58 Stimmregister aufgenommen. Zwei davon haben am Urnengang teilgenommen. - Sechs Personen wurden infolge unrichtiger Berechnung der Einwohnungsfrist ins Stimmregister aufgenommen. Alle haben abgestimmt. - Ein Ehepaar, das sich am 1.8.89 anmeldete, jedoch erst am 1.9.89 im Laufental zuzog, wurde zu Unrecht ins Stimmregister aufgenommen. - Eine Person wurde in zwei Gemeinden gleichzeitig ins Stimmregister aufgenommen, sie hat jedoch nur einmal an der Abstimmung teilgenommen. Diese Mängel konnten das Abstimmungsresultat nicht entscheidend beeinflussen (Umlagerung von max. 10 Stimmen). 4. Ein systematischer, planmässiger und massenhafter Zuzug ortsfremder Personen zum alleinigen Zwecke der Teilnahme an der Laufental-Abstimmung ... lässt sich durch einen Vergleich mit der Entwicklung der Stimmberechtigten-Zahlen der letzten Jahre ausschliessen. Hingegen ist es möglich, dass vereinzelt Personen ihre Schriften entgegen den gesetzlichen Bestimmungen ins Laufental verlegt oder hier belassen haben. In mindestens sechs Fällen besteht diesbezüglich gestützt auf gewisse Indizien ein konkreter Verdacht ... In den meisten Fällen erwies sich der Verdacht als absolut unbegründet. Die Nachprüfung der Stimmzettel, der Stimmausweise und der Stimmregister ergab somit zahlenmässig nur geringfügige Mängel ..." Entsprechend hielt denn auch der Grosse Rat fest, diese durch Regierungsstatthalter Genna festgestellten Mängel seien zwar nicht für sich alleine, jedoch zusammen mit den übrigen unzulässigen Vorkommnissen gemäss Rügen b, c sowie h bzw. k geeignet gewesen, das Abstimmungsergebnis zu verfälschen. Diese Rügen erweisen sich nun aber wie aufgezeigt als unbegründet. In Anbetracht der doch deutlichen Differenz zwischen Ja- und Nein-Stimmen (oben lit. B und C) vermochten indes ebenfalls die durch den Bericht Genna erstellten geringfügigen Unregelmässigkeiten gesamthaft den Ausgang der Abstimmung nicht entscheidend zu beeinflussen. cc) Demnach hätte der Grosse Rat das Ergebnis der Abstimmung vom 12. November 1989 nicht aufheben dürfen. Die Beschwerde der Beschwerdeführer 1 ist daher bereits aus den vorstehend dargelegten Gründen gutzuheissen.
public_law
nan
de
1,991
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
10c0db33-aa59-4e5d-9e24-e685d2c17cf0
Urteilskopf 136 III 60 7. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause X. contre les époux Y. (recours en matière civile) 5A_265/2009 du 17 novembre 2009
Regeste Art. 42 Abs. 1 und 2 sowie Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG ; Bestimmung des Streitwerts, wenn das Rechtsbegehren nicht auf Bezahlung einer bestimmten Geldsumme lautet. Lautet das Rechtsbegehren nicht auf Bezahlung einer bestimmten Geldsumme und lässt sich der Streitwert nicht ohne weiteres den Feststellungen des angefochtenen Entscheids oder weiteren Angaben aus den Akten entnehmen, so hat der Beschwerdeführer gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG Angaben zu machen, die dem Bundesgericht eine einfache Ermittlung des Streitwerts ermöglichen; andernfalls erweist sich die Beschwerde als unzulässig (E. 1.1).
Sachverhalt ab Seite 61 BGE 136 III 60 S. 61 A. X. est propriétaire des parcelles n os 1668 et 1669, situées sur le territoire de la commune de B. Les époux Y. sont copropriétaires de la parcelle n° 1666, sise dans la même commune. La parcelle n° 1666 bénéficie d'une servitude de passage à pied, grevant la parcelle n° 1669; elle dispose également d'une servitude de passage pour tous véhicules, grevant la parcelle n° 1668. Cette dernière servitude a été constituée en mars 1999 pour un montant de 5'000 fr. Les parcelles n os 1668 et 1669 comprennent plusieurs zones de forêt, que traverse le tracé des deux servitudes de passage. A plusieurs reprises, des arbres situés sur la propriété de X. se sont abattus sur ledit tracé. Dès juillet 2005, les époux Y. ont invité X. à entretenir la forêt en cause, sans succès. B. Le 3 août 2007, les époux Y. ont ouvert action devant le Président du Tribunal civil de l'arrondissement de l'Est vaudois, concluant, notamment, à ce que X. leur doive 1'500 fr., à ce qu'ordre lui soit donné de remettre en état les chemins sur lesquels s'exercent les servitudes de passage au bénéfice de leur parcelle et de procéder aux travaux d'entretien réguliers de la forêt jouxtant la parcelle n° 1666. X. a conclu au rejet des conclusions déposées par les époux Y. et pris de nombreux chefs de conclusions reconventionnelles. En substance, elle a réclamé la suppression de la servitude de passage pour tous véhicules ainsi que l'enlèvement du chemin aménagé sur l'assiette de cette servitude, la libération et la radiation de la servitude de passage à pied grevant la parcelle n° 1669 en faveur du bien-fonds n° 1666. Elle a également demandé que l'entretien des forêts jouxtant ces deux servitudes de passage soit mis à la charge des propriétaires de la parcelle n° 1666. Par jugement du 2 juin 2008, le Président du Tribunal civil de l'arrondissement de l'Est vaudois a partiellement admis les conclusions des époux Y., rejetant les conclusions reconventionnelles de X. Statuant le 8 janvier 2009, la Chambre des recours du Tribunal cantonal du canton de Vaud a rejeté l'appel interjeté par X. contre le jugement rendu en première instance. C. Par acte du 20 avril 2009, X. exerce, devant le Tribunal fédéral, un recours qu'elle intitule à la fois recours en matière civile et recours constitutionnel subsidiaire. La recourante reprend les conclusions présentées devant les instances cantonales, demandant BGE 136 III 60 S. 62 subsidiairement l'annulation de la décision cantonale et le renvoi de l'affaire à l'autorité précédente. Invités à se déterminer, les époux Y. concluent au rejet du recours. La cour cantonale s'est référée aux considérants de son arrêt. Par arrêt du 17 novembre 2009, le Tribunal fédéral a déclaré irrecevable le recours en matière civile, admettant en revanche partiellement le recours constitutionnel subsidiaire. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 1. (...) 1.1 L'arrêt entrepris a été rendu dans une affaire civile ( art. 72 al. 1 LTF ), de nature pécuniaire. 1.1.1 Le recours en matière civile n'est en principe ouvert que si la valeur litigieuse minimale de 30'000 fr. est atteinte ( art. 74 al. 1 let. b LTF ). C'est le montant litigieux devant la dernière instance cantonale qui est déterminant ( art. 51 al. 1 let. a LTF ) et l'autorité cantonale de dernière instance doit mentionner celui-ci dans son arrêt ( art. 112 al. 1 let . d LTF). Lorsque les conclusions ne tendent pas au paiement d'une somme d'argent déterminée, le Tribunal fédéral fixe la valeur litigieuse selon son appréciation ( art. 51 al. 2 LTF ), comme sous l'ancien droit ( art. 36 al. 2 OJ ; cf. Message du 28 février 2001 concernant la révision totale de l'organisation judiciaire fédérale, FF 2001 4099 ch. 4.1.2.6 in fine). Ce contrôle d'office ne supplée toutefois pas au défaut d'indication de la valeur litigieuse: il n'appartient pas en effet au Tribunal fédéral de procéder lui-même à des investigations pour déterminer cette valeur, si elle ne résulte pas d'emblée des constatations de la décision attaquée ( art. 105 al. 1 LTF ) ou d'autres éléments ressortant du dossier (cf. arrêt 5A_621/2007 du 15 août 2008 consid. 1.2; JEAN-FRANÇOIS POUDRET, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire du 16 décembre 1943, vol. I, 1990, n° 4.1 ad art. 36 OJ ). Le recourant doit ainsi indiquer, conformément à l' art. 42 al. 1 et 2 LTF , les éléments suffisants pour permettre au Tribunal de céans d'estimer aisément la valeur litigieuse, sous peine d'irrecevabilité (JEAN-MAURICE FRÉSARD, Commentaire de la LTF, 2009, n° 7 ad art. 51 LTF ). Le Tribunal fédéral n'est toutefois lié ni par l'estimation de la partie recourante ou un accord des parties, ni par une estimation manifestement erronée de l'autorité cantonale (arrêt 5A_641/2008 du 8 janvier 2009 consid. 1.1 et la référence; BEAT RUDIN, in Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, n° 47 ad art. 51 LTF et les références). BGE 136 III 60 S. 63 Lorsque la contestation porte sur l'existence d'une servitude, on retiendra l'augmentation de valeur qu'elle procurerait au fonds dominant ou, si elle est plus élevée, la diminution de valeur du fonds servant ( ATF 113 II 151 consid. 1; ATF 95 II 14 consid. 1; arrêts 5A_23/2008 du 3 octobre 2008 consid. 1.1 et la jurisprudence citée; 5A_32/2008 du 29 janvier 2009 consid. 1.2; 5A_621/2007 précité consid. 1.2). 1.1.2 En l'espèce, étaient encore litigieuses devant la dernière instance cantonale les conclusions de la recourante tendant à la suppression de la servitude de passage à pied et pour tous véhicules ainsi qu'à l'enlèvement du chemin aménagé sur l'assiette de cette servitude, la conclusion visant à la libération et à la radiation de la servitude de passage à pied grevant la parcelle n° 1669 en faveur de celle des intimés, ainsi que celle visant à faire supporter à ceux-ci l'entretien des forêts jouxtant ces deux servitudes de passage. La recourante soutient que la valeur litigieuse serait atteinte en considérant que l'entretien de la forêt serait une prestation périodique, chiffrée à 2'000 fr., qu'elle capitalise sur vingt ans. Elle affirme ensuite péremptoirement que le coût de l'enlèvement du chemin litigieux serait de 30'000 fr., mais ne donne aucune indication sur la valeur liée à la suppression des deux servitudes (passage pour tous véhicules et passage à pied exclusivement). Il ressort du dossier cantonal que le coût d'abattage des arbres, lié à l'entretien de la forêt, est de 2'000 fr. Cet abattage ponctuel, ne saurait toutefois être considéré sans autre comme une prestation périodique à capitaliser. Aucun élément ne permet en outre de retenir que l'enlèvement de l'aménagement du chemin serait supérieur à 30'000 fr., les intimés se référant à une pièce exposant que le coût d'aménagement s'est élevé à 15'000 fr. Quant à l'estimation du coût de la suppression de la servitude de passage à pied et pour tous véhicules, il est rappelé que celle-ci a été constituée pour un montant de 5'000 fr. Enfin, la recourante ne dit mot de la valeur liée à la suppression des deux servitudes de passage (à pied et pour tous véhicules) et les éléments du dossier ne permettent pas non plus de l'estimer. Il s'ensuit qu'il n'est donc pas possible de constater d'emblée et avec certitude que l'addition des divers chefs de conclusions formulés par la recourante atteint 30'000 fr. ( art. 52 LTF ). Faute de constatations ou d'éléments d'appréciation permettant au Tribunal fédéral de fixer aisément la valeur litigieuse, le recours en matière civile est donc irrecevable au regard de l' art. 74 al. 1 let. b LTF .
null
nan
fr
2,009
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
10d58a33-496a-4f81-8747-e8dde17301c3
Urteilskopf 101 Ib 410 70. Estratto della sentenza 14 marzo 1975 nella causa Simona contro Consiglio di Stato del Cantone Ticino
Regeste Gewässerschutz. Begriff des Störers. Verteilung der Kosten der durch antizipierte Ersatzwornahme getroffenen Feststellungs-, Vorbeugungs- und Behebungsmassnahmen, falls mehrere Störer beteiligt sind. 1. Die Regeln über die Tragung der Kosten der antizipierten Ersatzvornahme gründen sich nicht auf die öffentliche Ordnung im Sinne des Art. 2 SchlT ZGB (Erw. 3). 2. Art. 8 GSchG vom 8. Oktober 1971 ändert hinsichtlich der Tragung dieser Kosten nichts an den Grundsätzen, die schon aus Art. 12 des Gesetzes vom 16. März 1955 abzuleiten waren (Erw. 4). 3. Begriffe des Verhaltens- und des Zustandsstörers (Erw. 5). 4. Sind mehrere Störer beteiligt, die aus verschiedenen Gründen verantwortlich sind, so hat die Behörde, welche die Rückerstattung der Kosten der antizipierten Ersatzvornahme erreichen will, in der Regel die in Art. 50 Abs. 2 und 51 Abs. 2 OR aufgestellten Kriterien analog anzuwenden. Sie wird sich im allgemeinen in erster Linie an den Verhaltensstörer und nur subsidiär an den Zustandsstörer halten (Erw. 6).
Sachverhalt ab Seite 411 BGE 101 Ib 410 S. 411 A.- Il dott. Emilio Simona è locatario a Locarno di una casa monofamiliare di proprietà dello Stato del Cantone Ticino. Nell'ottobre 1968 la ditta Franco Bologna effettuava la revisione del serbatoio dell'impianto di riscaldamento dello stabile. In tale occasione essa metteva fuori uso il bocchettone esterno del tubo di scarico e ne installava uno interno. Il vecchio bocchettone non veniva tuttavia tolto od occluso. Il 22 agosto 1969 Alfredo Togni, socio della ditta Petrol-Togni, trasportava alla casa locata dal dott. Simona 5000 litri di olio combustibile. Togni aveva già provveduto personalmente in precedenza a riempimenti del serbatoio della casa in questione ma in epoca anteriore alla sostituzione del bocchettone. Senza rendersi conto di tale sostituzione, egli versava il combustibile nel vecchio bocchettone, provocando la fuoriuscita di una quantità considerevole del liquido, di cui parte s'infiltrava nel suolo. Valendosi dell'intervento di ditte private, dell'Ufficio tecnico del Comune di Locarno e dei pompieri di Locarno, il Dipartimento delle Opere sociali del Cantone Ticino disponeva i provvedimenti necessari per proteggere la falda freatica. BGE 101 Ib 410 S. 412 Con decisione del 27 dicembre 1973 il Dipartimento cantonale delle Opere sociali attribuiva al dott. Simona la responsabilità amministrativa della fuoriuscita di olio combustibile intervenuta il 22 agosto 1969, e lo dichiarava tenuto a rimborsare allo Stato gli importi da esso anticipati per le misure di prevenzione e di risanamento. Il 20 marzo 1974 il Consiglio di Stato del Cantone Ticino respingeva il ricorso presentato dal dott. Simona contro la decisione dipartimentale. Nella decisione si rileva che, alla stregua di un principio fondamentale del diritto amministrativo, è responsabile quale perturbatore chi sia all'origine, sia pure soltanto involontariamente, di un'infrazione alle norme di legge vigenti. La sostituzione della tubazione per il riempimento della cisterna era stata disposta a suo tempo dal dott. Simona o da persone per il cui operato questi è responsabile. La sua responsabilità amministrativa è quindi data oggettivamente; sulla responsabilità civile non spetta all'autorità amministrativa di pronunciarsi, bensì al giudice civile. C.- Il dott. Simona è insorto contro la decisione del Consiglio di Stato con ricorso di diritto amministrativo, facendo valere nel merito che la ditta Togni era stata a suo tempo messa al corrente della sostituzione del tubo di carico; egli non può essere chiamato a rispondere di un difetto d'informazione intervenuto nell'ambito di quella ditta. Responsabile sarebbe d'altronde anche la ditta Bologna, la quale ha effettuato la modifica dell'installazione, senza togliere il bocchettone utilizzato in precedenza. Erwägungen Considerando in diritto: 3. L'evento dannoso sui cui effetti finanziari verte la controversia ha avuto luogo il 22 agosto 1969. L'autorità cantonale ha applicato con ragione, conformemente alla regola generale della non retroattività ( art. 1 del titolo finale del codice civile), la legge federale sulla protezione delle acque dall'inquinamento, del 16 marzo 1955, vigente fino al 30 giugno 1972, e non la nuova legge federale dell'8 ottobre 1971, che l'ha sostituita il 1o luglio 1972. La giurisprudenza del Tribunale federale con cui si dichiara applicabile la nuova legge ai procedimenti ancora pendenti alla sua entrata in vigore si riferisce a casi di domanda d'autorizzazione (DTF 99 BGE 101 Ib 410 S. 413 Ia 124 consid. 9, 99 Ib 152 consid. 1, Zbl 1973, pag. 450 consid. 2). Secondo l' art. 2 del titolo finale CC, norme fondate sull'ordine pubblico - quali, ad esempio, gli art. 19 e 20 della nuova legge federale contro l'inquinamento delle acque - sono applicabili in tutti i casi dal momento della loro entrata in vigore, salvo le eccezioni previste dalla legge. La disciplina dell'onere delle spese relative all'attuazione surrogatoria dei provvedimenti di accertamento e di risanamento non è stata fondata sull'ordine pubblico ai sensi del menzionato art. 2 del titolo finale CC. Ne segue che sugli eventi prodottisi sotto l'imperio della legislazione precedente va giudicato in base alle norme allora in vigore. Non esiste infatti nell'ambito di cui trattasi alcuna ragione suscettibile di giustificare un'applicazione della nuova normativa. In particolare, un inasprimento successivo della responsabilità amministrativa per eventi che già hanno avuto luogo non potrebbe essere sorretta da considerazioni fondate sull'ordine pubblico, quali quelle che giustificano l'applicazione, in ogni caso, delle restrizioni in materia edilizia previste dalla nuova legge federale sulla protezione delle acque contro l'inquinamento. 4. L'art. 12 LPA consente, secondo la giurisprudenza del Tribunale federale ( DTF 91 I 299 segg.), non solo di attuare anticipatamente in luogo di chi v'era tenuto i provvedimenti necessari, bensì anche di porre le spese derivate da una siffatta attuazione surrogatoria anticipata a carico di colui che ha perturbato la protezione delle acque (cfr., in senso critico, IMBODEN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung n. 355 II pag. 261 seg.; in senso favorevole: GUENG, in Zbl. 1973, pag. 273, nota 84). Nella nuova legge contro l'inquinamento delle acque (art. 8) è stata disposta, in ragione della frequenza di questo tipo particolare di attuazione surrogatoria, una disciplina speciale ed esplicita (cfr. al proposito il Messaggio del Consiglio federale, FF 1970 vol. II, pag. 345). L'opinione espressa dal Dipartimento federale dell'interno nelle proprie osservazioni al ricorso, secondo cui l'art. 12 LPA non permette di addossare le spese di un'attuazione surrogatoria anticipata ad un perturbatore che non fosse stato in grado di adottare le misure necessarie, è inesatta. La legge contro l'inquinamento delle acque, dell'8 ottobre 1971, non ha innovato alcunché a tale proposito; essa s'è limitata a prevedere esplicitamente l'obbligo, già a carico del perturbatore in virtù dell'art. BGE 101 Ib 410 S. 414 12 LPA, di sopportare le spese dell'attuazione surrogatoria anticipata. Non v'è ragione di scostarsi oggi dall'interpretazione data all'art. 12 LPA dal Tribunale federale in DTF 91 I 300 segg. La diffusa motivazione ivi contenuta risulta convincente anche al lume di un nuovo esame del problema. 5. Laddove si tratti di eliminare un perturbamento o un pericolo, l'autorità è tenuta, secondo una regola generale vigente nello stato di diritto, ad intervenire nei confronti del perturbatore ( DTF 87 I 113 /114, DTF 90 I 4 consid. 1). Anche l'obbligo di pagare le spese incorse per l'attuazione surrogatoria anticipata incombe in linea di principio al perturbatore, ossia a colui che ha cagionato il perturbamento o il pericolo. a) In DTF 91 I 302 consid. 3b il Tribunale federale ha chiarito che è da considerare perturbatore non soltanto chi ha cagionato il perturbamento o il pericolo, bensì anche chi può disporre delle persone o cose che hanno dato luogo alla situazione lesiva della protezione delle acque. Tale nozione corrisponde in larga misura alla distinzione oggi generalmente riconosciuta in dottrina tra perturbatore per comportamento e perturbatore per situazione. Perturbatore per comportamento è chi cagiona mediante il comportamento proprio o di terzi di cui è responsabile (figli minori, ausiliari di un imprenditore) un pericolo o un perturbamento contrario alle disposizioni di polizia. Perturbatore per situazione è invece colui che ha la responsabilità di eliminare i pericoli o i perturbamenti conseguenti ad una situazione contraria alle disposizioni di polizia, nella quale si trova una cosa determinata. La responsabilità per situazione incombe a chi, quale proprietario o detentore di un potere di fatto, ha la disponibilità della cosa da cui è scaturito il perturbamento (cfr. WOLFF H. J., Verwaltungsrecht, III 3a ediz., pag. 61 segg. par. 127 I; in senso analogo: DREWS-WACKE, Allgemeines Polizeirecht, 7a ediz., pag. 217 segg.; ULE-RASCH, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, pag. 108 segg. e 115 segg.). b) Il ricorrente non ha cagionato con un comportamento contrario alle disposizioni di polizia la fuoriuscita dell'olio combustibile, e, di conseguenza, il perturbamento della protezione delle acque garantita dalla relativa normativa. Per il fatto di avere ordinato la revisione del serbatoio e la fornitura d'olio combustibile, egli non deve rispondere di eventuali errori commessi dalla ditta incaricata della revisione (Bologna), BGE 101 Ib 410 S. 415 o di quella fornitrice del combustibile (Petrol-Togni). Non trattasi invero del comportamento di persone par le quali il ricorrente deve assumere una responsabilità amministrativa. Una tale responsabilità non può neppure essere fondata sull'atto (incarico, ordinazione) che è stato all'origine del comportamento del personale delle ditte summenzionate. Non ogni anello della catena causale che porta al perturbamento o al pericolo costituisce infatti una fonte di responsabilità. Secondo l'opinione generale, la responsabilità sgorgante dal diritto di polizia va limitata in virtù di un ulteriore criterio. Questo limite è rappresentato dall'esigenza di ciò che la dottrina e la giurisprudenza germaniche denominano immediatezza della causalità. Secondo tale concetto, sono da considerare quali cause rilevanti ai fini del diritto di polizia soltanto atti che già di per sé abbiano travalicato la frontiera del pericolo; perturbatore ai sensi del diritto di polizia è soltanto colui il cui comportamento abbia causato direttamente il pericolo; cause ulteriori, soltanto indirette, non entrano quindi in linea di conto (DREWS-WACKE, op.cit., pag. 223). Per ovviare a certi inconvenienti che implica la limitazione della responsabilità secondo il criterio dell'immediatezza, H.J. Wolf propone di considerare determinante che l'atto il quale abbia causato l'evento sia contrario al diritto di polizia; cause rilevanti sarebbero quindi, secondo tale dottrina, gli atti che, da soli, abbiano provocato un pericolo o un perturbamento in modo biasimato dal diritto (WOLFF, Verwaltungsrecht, III, 3a ediz., pag. 62). Dal punto di vista della loro applicazione pratica, ambedue i citati criteri di limitazione della responsabilità sogliono portare ad un risultato identico. Per quanto concerne il caso in esame, nella parte avuta dal ricorrente nel rapporto di causalità non può invero ravvisarsi una causa immediata, con la quale sia stato concretamente ecceduto il limite del pericolo, né un atto con cui, mediante una violazione del diritto di polizia e in particolare del precetto della salvaguardia dell'ordine e della sicurezza pubblici, sia stato creato uno stato di pericolo. Una responsabilità amministrativa del ricorrente quale perturbatore per comportamento va quindi esclusa. c) In seguito alla cambiata ubicazione del bocchettone, non accompagnata dall'eliminazione del bocchettone vecchio o dalla sua occlusione, era insorto il rischio che il combustibile BGE 101 Ib 410 S. 416 venisse introdotto nel posto sbagliato, e che le acque s'inquinassero a causa dell'infiltrazione nel suolo del combustibile stesso. Ci si deve pertanto chiedere se il ricorrente, come locatario dello stabile in cui si trovava l'installazione, possa essere ritenuto responsabile di questa situazione di pericolo e delle sue conseguenze, cioè se possa essere considerato quale perturbatore per situazione. Responsabile per i pericoli derivanti da una determinata situazione è in primo luogo, secondo l'unanime dottrina, il proprietario (DREWS-WACKE, op.cit., pag. 235). Tale forma di responsabilità può inoltre incombere a colui che ha la disponibilità fattuale di una cosa, ad esempio, l'inquilino, l'affittuario, il mandatario o l'amministratore. L'autorità competente può pretendere che, oltre al proprietario, o in sua vece, ognuno di tali aventi diritto faccia uso del proprio potere di disposizione nel modo e nella misura necessari per escludere che la sicurezza e l'ordine pubblici siano messi in pericolo per effetto della cosa di cui dispongono. Ciò implica a carico di ognuno degli interessati una corrispondente responsabilità. Il ricorrente non assume nella fattispecie la semplice posizione d'inquilino; egli è in grado di adottare determinati provvedimenti concernenti l'immobile locato, quali la revisione del serbatoio dell'olio combustibile e la sostituzione del bocchettone, che normalmente sogliono essere di competenza dell'amministratore dell'immobile o dello stesso proprietario. In base al suo potere fattuale di disposizione, egli può essere considerato in un certo senso, accanto al proprietario, quale perturbatore per situazione. Così, ad esempio, l'autorità avrebbe potuto intimargli di eliminare il bocchettone inutilizzabile o di tollerare lavori di scavo intrapresi per tutelare la falda freatica dalle infiltrazioni di combustibile. Appare per converso dubbio se da un potere fattuale di disposizione e da certi poteri d'amministrazione possa essere dedotta una responsabilità amministrativa per le conseguenze finanziarie dello stato difettoso del serbatoio. Un'eventuale responsabilità sarebbe comunque configurabile esclusivamente quale responsabilità per situazione esistente accanto a quella del proprietario. d) Ammesso - senza che tale punto debba essere approfondito in questa sede - che il ricorrente vada considerato quale perturbatore per situazione con riferimento alla fuoriuscita di combustibile, rimane da decidere se nelle circostanze BGE 101 Ib 410 S. 417 concrete egli possa essere tenuto ad assumere il pagamento integrale delle spese per i provvedimenti d'accertamento e di risanamento adottati. Accanto al ricorrente entra in linea di conto, quale perturbatore per situazione obbligato al pagamento delle spese, il proprietario dell'immobile. Inoltre, la ditta di revisione di serbatoi (Bologna), che aveva sostituito l'installazione di carico senza eliminare il vecchio bocchettone, è responsabile quale perturbatrice per comportamento; infatti, tale modifica incompleta dell'installazione ha fatto insorgere uno stato di pericolo ed è stata una causa immediata dell'evento dannoso occorso successivamente. Il comportamento della ditta Bologna, che ha contribuito alla causalità del danno, viola già di per sé, senza tener conto delle conseguenze prodottesi concretamente, le prescrizioni del diritto di polizia. Ci si può chiedere se anche l'attività svolta dalla ditta fornitrice dell'olio combustibile implichi una propria responsabilità amministrativa. Una causa di pericolo, contraria al diritto di polizia, potrebbe peraltro essere ravvisata unicamente nel fatto che tale ditta non aveva provveduto ad informare tutto il personale suscettibile d'essere incaricato d'eseguire una fornitura di olio combustibile all'immobile occupato dal dott. Simona, dell'avvenuta sostituzione dell'installazione di carico in quell'edificio, e del conseguente rischio di un'utilizzazione erronea del vecchio bocchettone. Nella fattispecie può rimanere indeciso se questa omissione della ditta Petrol-Togni sia sufficiente a dar luogo ad una sua responsabilità amministrativa. Per l'esito del presente giudizio è determinante che, ammessa la qualità di perturbatore per situazione del ricorrente, essa va riconosciuta altresì al proprietario, secondo perturbatore per situazione, come pure a uno, od eventualmente a due, ulteriori soggetti, perturbatori per comportamento (le ditte Bologna e Petrol-Togni). 6. Sul concorso di responsabilità in materia di polizia in presenza di più perturbatori il Tribunale federale s'è pronunciato succintamente in DTF 94 I 411 consid. 5d. In quella sentenza s'era stabilito che la proprietaria di una condotta, messa a disposizione per scaricare una nave petroliera, doveva essere considerata perturbatrice, dato che era responsabile dello stato difettoso della condotta, rottasi durante le operazioni di scarico. Vi si affermava che, pur entrando in linea di BGE 101 Ib 410 S. 418 conto quale perturbatore altresì il vetturale o l'armatore, per non aver l'equipaggio fatto un uso corretto dell'impianto di scarico, l'autorità amministrativa poteva porre a carico della proprietaria della condotta guastatasi l'intero ammontare delle spese necessarie per i provvedimenti di protezione e di prevenzione. Si soggiungeva che, in presenza di una pluralità di perturbatori, era consentito all'autorità di scegliere quello da cui intendesse pretendere il pagamento delle spese incorse; in casi del genere esisterebbe infatti una responsabilità ai sensi degli 50/51 CO. I principi su cui si fonda la menzionata sentenza vanno precisati. In dottrina, URS GUENG ("Zur Haftungskonkurrenz im Polizeirecht", in Zb vol. 74 (1973), pag. 257 segg.), nel criticare la decisione del Tribunale federale, ha tentato di sviluppare determinate regole da seguire nella scelta del perturbatore chiamato a rispondere in caso di concorso plurimo di responsabili. Gueng nega l'esistenza di una responsabilità solidale analoga a quella prevista dagli art. 50/51 CO e tale da consentire all'autorità di scegliere liberamente il responsabile a cui far pagare la totalità delle spese necessarie incorse. Con ragione questo autore ha rilevato che, mentre la responsabilità solidale del diritto civile intende assicurare al danneggiato la possibilità di conseguire rapidamente e semplicemente il risarcimento del pregiudizio finanziario sofferto, tale possibilità non deve ritenersi determinante nell'ambito del diritto di polizia per risolvere il problema del concorso di responsabilità amministrative. Partendo dal principio che, in presenza di una pluralità di perturbatori, l'autorità deve rivolgersi a quello che sia in grado di ripristinare l'ordine pubblico in modo adeguato alle esigenze di polizia, Gueng ha cristallizzato alcuni criteri che deve adempiere la scelta: questa deve cadere in primo luogo su colui che appaia più idoneo a realizzare il ripristino e dal quale possa più ragionevolmente pretendersi la richiesta prestazione fondata sul diritto di polizia. In quanto non vi osti l'interesse di polizia, deve inoltre scegliersi tra più perturbatori per causa diversa, quello a cui incomba soggettivamente la responsabilità maggiore dell'evento dannoso: così, ad esempio, l'autorità deve rivolgersi al perturbatore per comportamento prima che al perturbatore per situazione, a colui che ha cagionato il danno con colpa prima che a colui che è privo di colpa, al perturbatore che ha agito intenzionalmente, BGE 101 Ib 410 S. 419 prima che a quello che ha agito solo con negligenza, ecc. Nella fattispecie non occorre esaminare se queste regole particolari, che traggono la loro origine dalla dottrina germanica, siano compatibili con la frequente necessità pratica di determinare con urgenza chi sia tenuto ad eliminare il perturbamento, né è d'uopo analizzare se l'interesse pubblico diretto ad impedire o combattere tempestivamente ed efficacemente il pericolo escluda nella maggioranza dei casi il ricorso ad una sia pur auspicabile differenziazione teorica. Nel presente giudizio non si tratta infatti di determinare quale sia il perturbatore obbligato ad eliminare una situazione contraria al diritto di polizia, bensì di decidere a chi incomba l'onere delle spese di un'attuazione surrogatoria anticipata. Laddove l'autorità competente adotti sin dall'inizio, direttamente od avvalendosi di terzi, i provvedimenti necessari per eliminare una situazione in contrasto con il diritto di polizia, per non poter tali provvedimenti, in ragione della loro natura od ampiezza, essere ragionevolmente pretesi da alcuno dei perturbatori, il problema del concorso di responsabilità si riduce a quello d'accertare a chi debbano essere successivamente addossate le spese relative. Nel regolamento delle conseguenze finanziarie di un'attuazione surrogatoria anticipata perdono importanza le obiezioni desunte dalla necessità di una determinazione rapida ed efficace, che possono essere sollevate contro una differenziazione accurata circa il soggetto obbligato ad eliminare il perturbamento. Né v'è alcuna ragione degna di protezione perché l'autorità obblighi uno solo dei perturbatori entranti in linea di conto ad assumere a proprio carico tutte le spese, lasciandogli poi la cura d'esercitare i suoi diritti di regresso nei confronti degli altri (GUENG, op.cit., pag. 273 seg.). Non esiste alcuna norma giuridica né alcuna seria considerazione teorica in virtù della quale, per determinare i soggetti obbligati a sopportare le spese di un'attuazione surrogatoria anticipata, debbano essere seguite le stesse regole applicabili allorché sia da determinare il perturbatore tenuto ad eliminare un perturbamento od un pericolo. Riserve d'ordine pratico circa i criteri selettivi, valide nella contingenza testé menzionata, non possono essere rilevanti in sede di decisione sull'onere delle spese di un'attuazione surrogatoria anticipata. BGE 101 Ib 410 S. 420 Ne discende che, in caso di pluralità di perturbatori, l'autorità amministrativa deve effettuare la scelta di colui contro il quale intende far valere le sue pretese non procedendo arbitrariamente, bensì usando in modo conforme ai suoi doveri del proprio potere d'apprezzamento (cfr. sull'esercizio di tale potere d'apprezzamento e sui criteri di scelta, DREWS-WACKE, op.cit. pag. 229 segg. e 244 segg.). Anche se l'interesse di polizia a creare una rapida ed efficace protezione contro uno stato di pericolo o ad eliminare con sollecitudine un perturbamento può giustificare, nella scelta del perturbatore tenuto ad adottare i provvedimenti di prevenzione e di risanamento, un criterio che non si fondi in primo luogo su una differenziazione secondo la proporzione soggettiva di causalità di ognuno dei vari perturbatori, tale deroga alla cennata differenziazione non ha ragione d'essere nella disciplina delle conseguenze finanziarie di un'attuazione surrogatoria anticipata. Il corretto esercizio del proprio potere d'apprezzamento fa obbligo all'autorità di ripartire le spese, per quanto possibile, secondo i principi generali in materia di responsabilità, ossia in base alla partecipazione causale soggettiva ed oggettiva di ognuno. L'attribuzione arbitraria dell'intero onere ad un solo perturbatore non può essere ammessa laddove vi siano altri perturbatori che abbiano contribuito, in parte addirittura in proporzione maggiore, a causare il pregiudizio. Le regole contenute nell'art. 50 cpv. 2 e nell' art. 51 cpv. 2 CO possono essere applicate analogicamente nel riparto delle spese. Mentre non sussistono per l'obbligo di rimborso regolato dal diritto pubblico le ragioni che giustificano la responsabilità solidale del diritto civile e la possibilità per il danneggiato di chiedere il risarcimento ad uno qualsiasi dei debitori in solido, per la ripartizione tra più responsabili delle spese sostenute dall'autorità in virtù del diritto pubblico devono trovare applicazione i principi su cui si basa la disciplina civilistica del regresso. Né l'art. 12 LPA (che menziona: "a spese di chi vi era tenuto"), né le disposizioni del diritto cantonale (art. 29 della legge d'applicazione: stessa formulazione; art. 5 del decreto esecutivo del Consiglio di Stato: "a carico dei responsabili dell'inquinamento") consentono all'autorità di pretendere da uno dei vari responsabili scelto arbitrariamente il rimborso di tutte le spese incorse. Le norme di legge determinanti nell'ambito del regolamento dell'onere finanziario non ostano invero BGE 101 Ib 410 S. 421 ad una differenziazione conforme ai principi generali del diritto. 7. Dalle risultanze degli atti appare, come già s'è detto, che l'addebito d'aver causato in modo contrario al diritto di polizia un evento dannoso va mosso in primo luogo alla ditta incaricata della revisione del serbatoio; modificando l'impianto di carico senza eliminare nel contempo il bocchettone messo fuori servizio, essa ha creato in modo per lei riconoscibile il rischio che s'è poi avverato. Omettendo di far valere le proprie pretese nei confronti di tale ditta, perturbatrice per comportamento, e addossando tutte le spese al ricorrente quale perturbatore per situazione, l'autorità cantonale ha abusato del proprio potere d'apprezzamento. La decisione impugnata deve quindi essere annullata. Spetterà all'autorità cantonale decidere se si giustifichi di porre a carico, oltre che della ditta Bologna, anche della ditta Petrol-Togni una parte (per quest'ultima, minore) delle spese. Tale aspetto dovrà essere esaminato, dopo aver dato agli interessati l'occasione di esprimersi al riguardo, tenendo conto dei principi sopra illustrati; ove non fosse sufficiente procedere nei confronti del o dei perturbatori per comportamento, non potrà negligersi che anche allo Stato incombe, quale proprietario dell'immobile, una responsabilità per situazione. Dispositiv Per questi motivi, il Tribunale federale, pronuncia: Il ricorso è accolto e la decisione impugnata è annullata.
public_law
nan
it
1,975
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
10da5ea4-176a-4c44-b018-ee741a9f4a85
Urteilskopf 101 Ib 318 57. Auszug aus dem Urteil vom 3. Oktober 1975 i.S. Verband der Schweizerischen Automatenbranche und Mitbeteiligte gegen Eidg. Justiz- und Polizeidepartement
Regeste Bundesgesetz über die Spielbanken, Bewilligungspflicht für das Aufstellen von Geldspielapparaten, Widerruf einer Bewilligung (Bestätigung der Rechtsprechung). 1. Unzulässigkeit eines Spielapparates, der sich für das Glücksspiel eignet und vom Aufsteller leicht manipuliert werden kann (Erw. 3 und 4). 2. Widerruf einer - hier durch ein früheres Urteil des Bundesgerichtes erteilten - Bewilligung, Voraussetzungen (Erw. 2 und 5). Liquidationsfrist (Erw. 6).
Sachverhalt ab Seite 318 BGE 101 Ib 318 S. 318 Mit Urteil vom 17. März 1967 hob das Bundesgericht eine Verfügung des Eidg. Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) vom 15. Oktober 1966 auf, durch welche der Spielapparat BGE 101 Ib 318 S. 319 "Tivoli" als unzulässig erklärt worden war, und entschied, das Aufstellen und Inbetriebsetzen dieses Apparates sei nach Art. 3 SBG gestattet, da der Ausgang des Spiels vorwiegend auf Geschicklichkeit beruhe. Durch Urteil vom 1. März 1968 erklärte das Bundesgericht den in ähnlicher Weise funktionierenden Apparat "GO-AND-STOP" ebenfalls gemäss Art. 3 SBG als zulässig. Da Missbräuche festgestellt wurden, sah sich das EJPD veranlasst, diesen Apparat durch Verfügung vom 1. Juni 1970 zu verbieten. In Änderung seiner Rechtsprechung schützte das Bundesgericht am 1. Oktober 1971 dieses Verbot ( BGE 97 I 748 ). In der Folge erhielt das EJPD Anfragen, ob der Spielapparat "Tivoli" weiterhin zulässig sei. Es erteilte darauf dem Eidg. Amt für Mass und Gewicht (EAMG) den Auftrag, einen vom Bewilligungsempfänger zur Verfügung gestellten Apparat "Tivoli" anhand der im Bundesgerichtsurteil vom 1. Oktober 1971 aufgestellten Kriterien zu prüfen. Das EAMG erstattete im August 1972 Bericht. Danach hatte sich in einer grossen Serie von Blindspielversuchen ergeben, dass der Apparat ohne Beeinflussung, also beim reinen Glücksspiel, über 70% der Einsätze als Gewinne auszahlt. Das EAMG stellte auch fest, dass durch leicht vorzunehmende, vom Spieler nicht erkennbare Manipulationen der Spielablauf wesentlich verändert werden könne. Aufgrund dieses Berichtes und gestützt auf die Erwägungen des Bundesgerichtsurteils vom 1. Oktober 1971 nahm die Eidg. Polizeiabteilung in Aussicht, den Spielapparat "Tivoli" durch eine Verfügung des EJPD unzulässig erklären zu lassen. Dies wurde der Firma des ursprünglichen Bewilligungsempfängers unter Zustellung des Prüfungsberichtes des EAMG mitgeteilt und im Bundesblatt vom 1. September 1972 zuhanden weiterer Aufsteller von Spielapparaten "Tivoli" bekanntgemacht mit Hinweis auf die Möglichkeit, den Bericht des EAMG einzusehen und dazu Stellung zu nehmen. Solange die Spielapparate vom Typ "GO-AND-STOP" den Markt beherrschten, gingen kaum Klagen hinsichtlich des "Tivoli" ein. Deshalb wurde der Entscheid über sein Verbot vorerst aufgeschoben und die weitere Entwicklung abgewartet. Mit der Zeit mehrten sich die Klagen, dass abgeänderte Apparate "Tivoli" aufgestellt seien; auch machten Konkurrenten geltend, dieses Gerät sei nach der neuen bundesgerichtlichen BGE 101 Ib 318 S. 320 Praxis unzulässig. Am 18. Februar 1975 traf das EJPD folgende Verfügung: "1. Der Spielapparat "Tivoli" fällt unter das in den Artikeln 35 der Bundesverfassung und 1 und 3 des Bundesgesetzes vom 5. Oktober 1929 über die Spielbanken enthaltene Verbot. 2. Das Betreiben der bereits aufgestellten Spielautomaten "Tivoli", die in allen Teilen mit dem vom Bundesgericht am 17. März 1967 bewilligten identisch sind, ist noch bis zum 1. Oktober 1975 gestattet". Gegen diese Verfügung erheben der Verband der Schweiz. Automatenbranche und verschiedene Aufsteller von "Tivoli"- Spielapparaten Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die Beschwerdeführer beantragen in erster Linie die Aufhebung der angefochtenen Verfügung. In mehreren Beschwerden wird das Eventualbegehren gestellt, die Angelegenheit Sei "zur ergänzenden Feststellung des Sachverhaltes" und zur Neubeurteilung an das EJPD zurückzuweisen. Schliesslich wird beantragt, bei Aufrechterhaltung des Verbotes sei in Abänderung von Ziff. 2 der angefochtenen Verfügung das Betreiben der bereits aufgestellten Automaten "Tivoli" noch während einer längeren Frist zu gestatten. Den Beschwerden ist aufschiebende Wirkung verliehen worden. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Beschwerdelegitimation.) 2. Nach dem Urteil vom 1. Oktober 1971 ( BGE 97 I 748 ), durch welches der Spielapparat "GO-AND-STOP" als unzulässig erklärt wurde, drängte es sich auf, den in ähnlicher Weise funktionierenden Spielapparat "Tivoli" nach den vom Bundesgericht aufgestellten Kriterien auf seine Zulässigkeit zu überprüfen. Obschon die Bewilligung des "Tivoli" schon länger bestand als die Bewilligung des "GO-AND-STOP", kann sich daraus kein grundsätzliches Hindernis für einen sachlich begründeten Widerruf ergeben. Auch aus den in der Rechtsprechung entwickelten Regeln über den Widerruf (vgl. BGE 100 Ib 301 ff. und die dort zitierten Entscheidungen) lässt sich nicht ableiten, ein Widerruf der Bewilligung falle hier von vornherein ausser Betracht. Wiederholt wurde bestätigt, dass das Postulat der Rechtssicherheit im allgemeinen dann vorgehe, wenn durch die frühere BGE 101 Ib 318 S. 321 Verwaltungsverfügung ein subjektives Recht begründet worden sei, oder wenn die Verfügung in einem Verfahren ergangen sei, in welchem die sich gegenüberstehenden Interessen allseitig zu prüfen und gegeneinander abzuwägen waren (vgl. dazu die kritischen Bemerkungen von PETER SALADIN, Verwaltungsprozessrecht und materielles Verwaltungsrecht, Referate zum Schweiz. Juristentag 1975, S. 336), oder wenn der Private von einer ihm durch die Verfügung eingeräumten Befugnis bereits Gebrauch gemacht habe. Die Bewilligung eines Spielapparates begründet kein subjektives Recht des Bewilligungsempfängers oder gar von andern Aufstellern gleicher Geräte. Dass von einer Bewilligung bereits Gebrauch gemacht worden ist, dürfte dann von entscheidender Bedeutung sein, wenn - wie insbesondere bei Baubewilligungen - die Benützung der Bewilligung erhebliche Investitionen erfordert und zur Schaffung eines Zustandes führt, der nur unter Vernichtung gutgläubig geschaffener Werte wieder beseitigt werden kann. Bei Bewilligungen, die eine bestimmte dauernde Tätigkeit gestatten (wie Führerausweis, Bewilligung zur Ausübung eines Gewerbes, Bewilligung eines Spielapparates), kann sich aus der Tatsache, dass von der Bewilligung bereits Gebrauch gemacht wurde, kein besonderes Hindernis für einen sachlich begründeten Widerruf ergeben. Auch dem dritten Gesichtspunkt - Erlass der früheren Verfügung nach allseitiger Prüfung der Interessen - kann bei der Bewilligung einer gewerblichen Tätigkeit kein entscheidendes Gewicht zukommen, wenn die aufgrund der erteilten Bewilligung gemachten Erfahrungen oder andere neue Erkenntnisse zeigen, dass die Bewilligung dem Sinn der gesetzlichen Vorschrift nicht entspricht. Die Bewilligung eines Spielapparates gemäss Art. 3 SBG erfolgt sinngemäss immer unter dem Vorbehalt des Widerrufs im Falle von Missbräuchen oder für den Fall, dass neue wichtige Erkenntnisse zu einer andern grundsätzlichen Beurteilung führen ( BGE 97 I 752 E. 4b). Die formelle Rechtskraft der Bewilligung steht einer neuen Prüfung des bewilligten Spielapparates nicht entgegen. Ob ein Widerruf gerechtfertigt ist, muss im Einzelfall aufgrund einer Interessenabwägung entschieden werden. Abgesehen von den Kriterien, welche das Bundesgericht im Urteil vom 1. Oktober 1971 festlegte, gaben auch eine Reihe von Meldungen über missbräuchliche Veränderungen an "Tivoli"-Spielapparaten BGE 101 Ib 318 S. 322 dem EJPD begründeten Anlass zu einer neuen Prüfung der Frage, ob dieses Gerät im Sinne von Art. 3 SBG als Geschicklichkeitsapparat gestattet werden darf. 3. a) In der angefochtenen Verfügung führt das Departement gestützt auf den Bericht des EAMG aus, es handle sich beim "Tivoli" um ein Gerät gemischter Natur, das auch beim unbeeinflussten Spiel, d.h. ohne Einsatz der Geschicklichkeit, eine angemessene Gewinnchance biete und sich daher für das reine Glücksspiel eigne. In den Beschwerden wird die Schlussfolgerung - Eignung zum Glücksspiel - an sich nicht bestritten, aber geltend gemacht, die Gewinnchance beim "Blindspiel" sei nicht in korrekter Weise ermittelt worden, und daher sei die Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes unrichtig bzw. unvollständig. b) Das Spielgerät "Tivoli" ist ein Dreiwalzen-Apparat. Auf jeder der drei Walzen sind in verschiedenfarbigen Feldern zehn Zahlen von 1 bis 6 in unregelmässiger Verteilung und Reihenfolge angebracht. Der Spieler setzt nach Geldeinwurf die drei Walzen durch Herunterziehen eines Hebels gleichzeitig in Gang. Eine Aufschrift weist darauf hin, dass die Drehgeschwindigkeit der Walzen durch schnelles Herunterziehen des Hebels verringert wird. Durch Betätigen der den Walzen zugeordneten drei Federzugknöpfe kann der Spieler versuchen, die Walzen so anzuhalten, dass die Kombination der erscheinenden Zahlen einen Gewinn zur Folge hat. Ein Gewinn wird ausbezahlt, wenn auf allen drei Walzen beim Stillstand eine Zahl mit rotem Querstrich sichtbar ist. Einen roten Querstrich weisen die Felder mit den Zahlen 1, 2, 3 und 4 auf. Dem Bericht des EAMG ist zu entnehmen, dass das 1972 vorgeführte Gerät eine Besonderheit hat, welche - nach der Beschreibung - bei dem 1966 begutachteten Gerät nicht bestand: Die linke Walze ist beim 1972 geprüften Apparat so konstruiert, dass sie zunächst nicht gestoppt werden kann und stets bei Ziffer 5 anhält. Durch Drücken des zugeordneten linken Knopfes nach dem Anhalten kann dann eine andere Zahl ins Schauglas gebracht werden. Dass in diesem Punkt eine Abweichung vom ursprünglich bewilligten Prototyp vorliegt, wird von den Beschwerdeführern zwar nicht ausdrücklich anerkannt, aber auch nicht bestritten. BGE 101 Ib 318 S. 323 Für die Prüfung des Gerätes auf seine Eignung zum Glücksspiel musste das EAMG den besondern Fangmechanismus der linken Walze durch ständiges Drücken des Knopfes ausschalten, um zu verhindern, dass immer wieder die einen Gewinn ausschliessende Zahl 5 erschien. Eine normale Erfolgsquote bei einem nicht durch Geschicklichkeit beeinflussten Spiel liess sich nur eruieren, indem der die Gewinnchance aufhebende Fangmechanismus der linken Walze ausgeschaltet wurde. Das Blindspiel verlief dann so, wie wenn ein Spieler, der bemerkt hat, dass sonst die dritte Walze immer bei der Zahl 5 hält, ständig den Knopf über dieser Walze drücken würde. Diese Versuchsanordnung erlaubte es festzustellen, welche Gewinnchancen nach der Konstruktion des Apparates für denjenigen bestehen, der nicht durch besondere Geschicklichkeit die gewinnbringenden Zahlen im Schauglas anzuhalten versucht, sondern stets einen Knopf drückt und im übrigen den Apparat bis zum Stillstand laufen lässt. Das unbestrittene Ergebnis einer langen Versuchsserie ist eine durchschnittliche Auszahlungsquote von über 70% der Einsätze. Ohne Geschicklichkeit können somit nach der Konstruktion des Apparates Gewinne erzielt werden, welche den Einsatz erheblich übersteigen. Dass zur Erreichung dieses Resultates der Fangmechanismus der linken Walze durch ständiges Drücken auf den zugeordneten Knopf ausgeschaltet wurde, machte das im übrigen gänzlich unbeeinflusste Spiel nicht zum Geschicklichkeitsspiel. Es wurde damit lediglich eine Testsituation geschaffen, welche die wirkliche Eignung des Apparates zum Glücksspiel erkennen liess. Die massgebenden Feststellungen des EAMG erscheinen als zutreffend und bedürfen keiner Ergänzung oder Korrektur. Die Beanstandungen der Beschwerdeführer erweisen sich in diesem Punkt als unbegründet. c) Es wäre nun technisch durchaus möglich, dass trotz verhältnismässig hoher Erfolgschance beim Blindspiel durch geschickte Beeinflussung erheblich höhere Gewinne erzielt werden könnten. Den Beschwerdeführern ist zuzugeben, dass das Gutachten des EAMG nichts darüber aussagt, ob und allenfalls in welchem Mass ein Spieler durch geschicktes Eingreifen seine Erfolgschancen Steigern und so Gewinne erzielen kann, welche erheblich über der festgestellten Durchschnittserwartung beim unbeeinflussten Spiel (reinen Glücksspiel) liegen. BGE 101 Ib 318 S. 324 Die Abklärung dieser Frage ist jedoch nicht erforderlich; denn Apparate, die sich für das Glücksspiel eignen, entsprechen den Anforderungen von Art. 3 SBG nicht, auch wenn ein gewisser Geschicklichkeitseinfluss möglich ist. Besteht beim unbeeinflussten Spiel im Durchschnitt eine Erfolgsquote von 70%, so beruht der Spielausgang nicht in unverkennbarer Weise ganz oder vorwiegend auf Geschicklichkeit. Zudem muss bei einem solchen Gerät die technisch mögliche Steigerung der Gewinnchance durch den geschickten Spieler aus kommerziellen Gründen eng beschränkt sein. Dieser Typus des zum Glücksspiel geeigneten, nur von wenigen, besonders geschickten Spielern als Geschicklichkeitstest benutzbaren Spielapparates ist gemäss Art. 3 SBG nicht zulässig ( BGE 97 I 758 ). 4. a) Unabhängig davon, ob der vorgeführte Apparat sich in unverändertem Zustand für das Glücksspiel eignet, hat auch die Möglichkeit, den Spielcharakter eines Gerätes durch geringfügige technische Eingriffe leicht zu manipulieren, zur Folge, dass der Apparat gemäss Art. 3 SBG nicht zulässig ist ( BGE 97 I 759 ff. E. 6f und g). Die Wirkung möglicher Manipulationen kann in zwei Richtungen gehen: Bei einem Spielapparat, der in der unveränderten Form nur dem geschickten Spieler Erfolgschancen bietet, kann durch Änderungen die reine Glücksspielchance erhöht und damit die Verwendbarkeit zum Glücksspiel erst geschaffen werden. Anderseits besteht bei solchen gemischten Geräten oft ein Interesse des Aufstellers daran, die Beeinflussungsmöglichkeit und damit die Gewinnchancen des geschickten Spielers zu vermindern oder zu beseitigen, damit der Apparat vorwiegend oder ausschliesslich als Glücksspielgerät benutzt und nicht immer wieder durch geschickte Spieler vollständig geleert wird. Zeigt der bewilligte Apparat - wie im vorliegenden Fall - schon eine durchschnittliche Blindspiel-Erfolgsquote von über 70% der Einsätze, so fällt die erste Manipulationsmöglichkeit praktisch ausser Betracht: Der Aufsteller wird natürlich die bereits ausreichende Erfolgschance beim Glücksspiel nicht erhöhen. Hingegen besteht - wie bereits erwähnt - auch hier ein offensichtliches Interesse, die Einflussmöglichkeit des geschickten Spielers zu verringern oder gänzlich zu eliminieren; denn eine Erfolgsquote von über 70% beim unbeeinflussten BGE 101 Ib 318 S. 325 Spiel verbunden mit einer erheblichen Steigerungsmöglichkeit für jeden geschickten Durchschnittsspieler dürfte praktisch einen Ertrag für den Aufsteller ausschliessen. b) Aus den Akten ergibt sich, dass die Spielapparate "Tivoli" leicht manipuliert werden können, ohne dass dies - ausser mit exakten Messungen - sicher festzustellen ist. aa) Im Untersuchungsbericht des EAMG werden einzelne Manipulationsmöglichkeiten erwähnt: Verkürzung der Einwirkzeit durch Verstellen von Schrauben, Erhöhung der Umlaufgeschwindigkeit der Walzen durch stärkere Antriebsfedern, Veränderungen des Bremsweges der Walzen durch Anbringen von Gewichten. bb) In den Jahren 1971-1975 sind dem EJPD eine Reihe von Strafuntersuchungen gemeldet worden, welche den Verdacht von Änderungen an "Tivoli"-Apparaten betrafen. Ohne dass hier der Ausgang aller dieser Verfahren näher abzuklären und zu erörtern wäre, ist festzuhalten, dass in mehreren Fällen die Abänderung von Spielapparaten "Tivoli" (vor allem durch Anbringen von Zusatzgewichten) klar nachgewiesen wurde. Die vom EAMG festgestellte Möglichkeit von Änderungen ist also nicht rein theoretischer Natur, sondern hat bereits wiederholt zu Missbräuchen geführt. Entgegen der Behauptung in einzelnen Beschwerden besteht eben für den Aufsteller auch bei diesem Apparat durchaus ein Interesse an gewissen Änderungen. Zwar wird er nicht die bereits recht hohe Erfolgschance beim unbeeinflussten Glücksspiel vergrössern; hingegen liegt es in seinem Interesse, den möglichen Geschicklichkeitseinfluss und damit die zusätzliche Gewinnchance des geschickten Spielers herabzusetzen oder auszuschliessen. Durch eine solche Änderung wird das Gerät einem reinen Glücksspielautomaten angenähert. c) Der Spielapparat "Tivoli" entspricht somit nicht nur wegen der direkten Eignung zum Glücksspiel, sondern auch wegen seiner Manipulierbarkeit den Anforderungen nicht, welche gemäss Art. 3 SBG an ein bundesrechtlich zulässiges Geschicklichkeitsspielgerät gestellt werden müssen. 5. Wie beim Spielapparat "GO-AND-STOP", so führt auch im vorliegenden Fall die Abwägung der Interessen der Aufsteller an der Aufrechterhaltung der seinerzeit erteilten Bewilligung gegen das öffentliche Interesse an der möglichst lückenlosen Durchsetzung der gesetzlichen Ordnung zum Schluss, dass der Widerruf der Bewilligung gerechtfertigt ist. BGE 101 Ib 318 S. 326 In bezug auf die Eignung zum Glücksspiel und auf die Manipulierbarkeit bestehen zwischen den Spielapparaten "GO-AND-STOP" und "Tivoli" keine Unterschiede, die rechtlich relevant sein könnten und eine unterschiedliche Beurteilung zu begründen vermöchten. Der Tatsache, dass die Bewilligung des Apparates "Tivoli" länger bestand, kann im Rahmen der ganzen Interessenabwägung kein entscheidendes Gewicht zukommen. Bis zum Verbot der Apparate "GO-AND-STOP" waren die "Tivoli"-Apparate nicht sehr verbreitet. In der Folge vergrösserte sich offenbar ihr Marktanteil. Seit dem Verbot der "GO-AND-STOP"-Automaten durch das EJPD und der Bestätigung dieses Verbots durch das Bundesgerichtsurteil vom 1. Oktober 1971 musste man in Fachkreisen erkennen, dass auch der Spielapparat "Tivoli" den verschärften Anforderungen nicht entsprechen konnte und dass eine Überprüfung des Apparates wohl zum Widerruf der Bewilligung führen werde. Das im Jahre 1972 von der Eidg. Polizeiabteilung eingeleitete, aber dann zunächst nicht weitergeführte Überprüfungsverfahren stellte eine zusätzliche Warnung in dieser Richtung dar. Wenn trotzdem noch grössere Beträge in "Tivoli"-Apparate investiert worden sein sollten, dann geschah dies gewiss nicht, weil deren rechtliche Zulässigkeit als gesichert gelten konnte, sondern vermutlich eher wegen der grossen Nachfrage nach einem dem "GO-AND-STOP" ähnlichen gemischten Spielgerät, das auch für das Glücksspiel verwendbar ist. Da bei nüchterner Beurteilung spätestens seit 1972 mit dem Widerruf der Bewilligung gerechnet werden musste, kann das Ausmass der dennoch für die Anschaffung und den Betrieb solcher Apparate aufgewendeten Mittel kein entscheidendes Argument gegen den Widerruf der Bewilligung sein. Den Umfang der in Frage stehenden Investitionen abzuklären, erübrigt sich daher. Der Vorschlag, es sei - bei Annahme der Unzulässigkeit des Spielapparates nach der neuen Praxis - die seinerzeit erteilte Bewilligung nicht einfach zu widerrufen, sondern im Sinne einer verhältnismässigen Übergangsregelung seien die jetzt schon aufgestellten "Tivoli"-Apparate weiterhin zu tolerieren und lediglich das Aufstellen neuer Exemplare zu untersagen, erscheint nicht als befriedigende, praktikable Lösung. Die vorhandenen Apparate müssten genau registriert und gekennzeichnet werden. Zudem wären sie durch Fachleute auf BGE 101 Ib 318 S. 327 die Übereinstimmung mit dem seinerzeit bewilligten Prototyp zu kontrollieren. Nach den bisherigen Erfahrungen besteht der Verdacht, dass eine grössere Anzahl vorhandener "Tivoli"-Apparate nicht bewilligungskonform ist. Die Eigentümer und Aufsteller wären natürlich bestrebt, die Benützungsdauer dieser nicht mehr ersetzbaren Apparate mit allen Mitteln zu verlängern, was kostspielige Kontrollen eines überalterten Apparatebestandes nach sich ziehen müsste. Vor allem aber hätte eine solche unbestimmte "Aufbrauchsfrist" zur Folge, dass noch während langer Zeit eine offenbar recht ansehnliche Zahl von - dem Art. 3 SBG nicht entsprechenden - leicht manipulierbaren Geräten mit bundesrechtlicher Zustimmung im Gebrauch verbliebe und zum verbotenen Glücksspiel verwendet werden könnte. Da die Amortisationszeit von Spielapparaten wenige Jahre (nach den Angaben in einem andern bundesgerichtlichen Verfahren 1-4 Jahre) beträgt, dürfte übrigens die Mehrzahl der vorhandenen "Tivoli"-Geräte längst amortisiert sein. Nach den gesamten Umständen lässt sich nicht annehmen, Aufsteller und Eigentümer hätten an einer unbegrenzten Duldung der bereits vorhandenen Apparate ein schutzwürdiges Interesse, welches das öffentliche Interesse an der Herstellung eines rechtsgleichen, gesetzmässigen Zustandes überwiege. Der seit 1972 voraussehbare Widerruf der Bewilligung verletzt kein Bundesrecht. Angesichts der Nachteile und der grundsätzlichen Problematik der in den Beschwerden vorgeschlagenen "Zwischenlösung" ist ein Betriebsverbot auch für die jetzt aufgestellten "Tivoli"-Apparate nicht unverhältnismässig. Soweit sich die Beschwerden gegen das Dispositiv 1 der angefochtenen Verfügung richten, sind sie somit abzuweisen. 6. In der angefochtenen Verfügung vom 12. Februar 1975 wird das Betreiben der bereits aufgestellten Spielapparate "Tivoli", soweit sie der seinerzeit erteilten Bewilligung in allen Teilen entsprechen, noch bis zum 1. Oktober 1975 gestattet. Obschon die Beschwerdeführer in der geschilderten Weise gewarnt worden sind, ist ihnen eine angemessene Frist für die Liquidation des 1967 bewilligten und auch nach der Widerrufsankündigung von 1972 weiterhin tolerierten Betriebes der "Tivoli"-Spielapparate einzuräumen. Für die Geräte "GO-AND-STOP" hat das Bundesgericht die Liquidationsfrist auf BGE 101 Ib 318 S. 328 acht Monate festgesetzt ( BGE 97 I 761 E. 7). Gründe für eine abweichende Bemessung sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Aus dem längern Bestand der Bewilligung ergibt sich kein stichhaltiges Argument für eine längere Liquidationszeit. Wer "Tivoli"-Apparate im Vertrauen auf die Bewilligung anschaffte oder aufstellte, befindet sich jetzt in der gleichen Lage wie 1971 die Eigentümer und Aufsteller der "GO-AND-STOP"-Geräte. Auch für diese Interessierten kam damals der Widerruf nicht ganz unerwartet. Die formell etwas gewichtigere Warnung durch das Bundesgerichtsurteil vom 1. Oktober 1971 und die Widerrufsankündigung vom 1. September 1972 liessen sich wohl eher für eine kürzere Liquidationsfrist ins Feld führen. Alles in allem erscheint es jedoch als angemessen, auf eine Differenzierung zu verzichten und die Übergangsfrist auch hier in der gleichen Grössenordnung festzulegen wie im Falle des Spielapparates "GO-AND-STOP". Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Beschwerden werden abgewiesen, soweit sie sich gegen das Dispositiv 1 der angefochtenen Verfügung richten. 2. Das Betreiben der aufgestellten Spielapparate "Tivoli", die in allen Teilen mit dem vom Bundesgericht am 17. März 1967 bewilligten Gerät übereinstimmen, ist noch bis zum 1. Juli 1976 gestattet.
public_law
nan
de
1,975
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
10dd5fdf-c309-46bf-9bbd-ba92d6e4f2be
Urteilskopf 115 V 239 33. Sentenza del 31 luglio 1989 nella causa Cassa cantonale pensioni dei Grigioni contro E. e Tribunale amministrativo del Cantone dei Grigioni
Regeste Art. 73 BVG : Vornahme ergänzender Abklärungen. Im Bereich der beruflichen Vorsorge ist der Richter nicht befugt, die Sache zu ergänzenden Abklärungen und neuer Verfügung an die Verwaltung zurückzuweisen, weil Ausgangspunkt des Verfahrens nach Art. 73 BVG nicht eine Verfügung im Rechtssinne ist, sondern eine blosse Stellungnahme der Vorsorgeeinrichtung, welche nur aufgrund eines auf Klage hin ergangenen Gerichtsurteils rechtsverbindlich wird.
Sachverhalt ab Seite 240 BGE 115 V 239 S. 240 A.- Mario E., nato nel 1938, era stradino-autista presso un ufficio tecnico cantonale grigionese. Il 17 luglio 1986 il Governo cantonale dei Grigioni rescisse il rapporto di servizio e il 17 giugno 1987 la Cassa cantonale pensioni dei Grigioni rifiutò all'assicurato l'erogazione di una pensione di invalidità negando che ne fossero dati i presupposti. Un primo gravame di Mario E. venne tutelato il 1o settembre 1987 dal Tribunale amministrativo del Cantone dei Grigioni, il quale rinviò gli atti alla Cassa "per complemento d'istruttoria e resa di nuova decisione", dal momento che, secondo i primi giudici, gli atti medici sarebbero stati insufficientemente probanti. Dopo gli ulteriori accertamenti, la Cassa rese il 13 aprile 1988 un nuovo provvedimento di diniego, munito dell'indicazione che rimedio di diritto sarebbe stato il ricorso al competente Tribunale amministrativo del Cantone dei Grigioni. B.- Mario E. si prevalse del rimedio di diritto indirizzando un "ricorso" alla predetta autorità giudiziaria. Con giudizio del 19 agosto 1988 il Tribunale amministrativo del Cantone dei Grigioni ha disposto, in accoglimento del gravame, l'annullamento della "impugnata decisione" e il rinvio degli atti alla Cassa cantonale "per complemento d'istruttoria... e resa di una nuova decisione". C.- La Cassa pensioni produce ricorso di diritto amministrativo a questa Corte chiedendo, in annullamento del querelato giudizio, che si accerti essere Mario E. al momento della rescissione del contratto stato completamente capace di lavoro. In sostanza, affermando che oggetto di ricorso di diritto amministrativo può essere una decisione di rinvio, adduce che a torto i primi giudici avrebbero applicato il diritto federale in luogo di quello cantonale, interpretando in modo errato la nozione di invalidità. Mario E. postula la declaratoria di irricevibilità del ricorso di diritto amministrativo. L'Ufficio federale delle assicurazioni sociali, in ordine, ammette l'impugnabilità delle decisioni di rinvio e, nel merito, precisa che la prima istanza avrebbe disatteso di dire che l'assicurato, non avendo diritto a prestazioni dell'assicurazione per l'invalidità, nemmeno aveva diritto a prestazione obbligatoria giusta la normativa in materia di LPP, ma che da esaminare sarebbe stato comunque se un diritto fosse esistito nell'ambito di una previdenza più estesa. BGE 115 V 239 S. 241 Erwägungen Diritto: 1. Giusta l' art. 73 cpv. 1 LPP ogni Cantone designa il tribunale che, in ultima istanza cantonale, decide le controversie tra istituti di previdenza, datori di lavoro e aventi diritto. Questo disposto si applica, da un lato, agli istituti di previdenza registrati di diritto privato o di diritto pubblico sia per quel che concerne le prestazioni minime obbligatorie che per quel che attiene alle prestazioni più estese di quelle minime ( art. 49 cpv. 2 LPP ) - e, d'altro lato, alle fondazioni di previdenza a favore del personale non registrate, nel campo delle prestazioni che eccedono il minimo obbligatorio ( art. 89bis cpv. 6 CC ). Per il cpv. 2 dell' art. 73 LPP i Cantoni prevedono una procedura semplice e spedita e di regola gratuita; il giudice accerta d'ufficio i fatti. Secondo l' art. 73 cpv. 4 LPP , poi, le decisioni dei tribunali cantonali designati dal cpv. 1 di questo disposto possono essere impugnate davanti al Tribunale federale delle assicurazioni con ricorso di diritto amministrativo. 2. In ordine, l'opponente eccepisce l'irricevibilità del ricorso di diritto amministrativo, contestando la legittimazione della Cassa cantonale pensioni dei Grigioni di interporre ricorso di diritto amministrativo, da un lato, e la legittimità di impugnare un giudizio di rinvio, d'altro lato. a) Per quel che concerne il punto della legittimazione ricorsuale della Cassa, l'addebito è infondato. In effetti, la Cassa cantonale pensioni dei Grigioni, quale istituto di previdenza, può, ai sensi dell' art. 73 cpv. 1 LPP , essere parte alla procedura giudiziaria di prima istanza ed in seguito, conformemente al cpv. 4 dell' art. 73 LPP , essa è legittimata ad adire il Tribunale federale delle assicurazioni (cfr. DTF 114 V 105 consid. 1b; RIEMER, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, pag. 127; MEYER, Die Rechtswege nach dem BVG, RDS 106/1987 I, pagg. 613 e 629). b) Rimane da esaminare il tema dell'impugnabilità del giudizio di rinvio. Il Tribunale federale delle assicurazioni esamina d'ufficio, trattandosi di questione di diritto, le condizioni formali di validità e regolarità della procedura amministrativa ( DTF 113 V 203 consid. 3d, DTF 112 V 83 consid. 1, DTF 111 V 346 consid. 1a, DTF 110 V 129 consid. 2 e 149 consid. 2b, DTF 107 V 248 consid. 1b; GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2a ediz., pag. 73 cpv. 3 e sentenze ivi citate). BGE 115 V 239 S. 242 Nell'evenienza concreta la Cassa pensioni ha reso una "decisione" che l'interessato ha impugnato mediante "ricorso" al Tribunale amministrativo del Cantone dei Grigioni, ciò nel rispetto dell'art. 81 cpv. 2 dell'Ordinanza sulla Cassa cantonale pensioni dei Grigioni (OCP). In una sentenza odierna in re N. (cfr. DTF 115 V 224 ) il Tribunale federale delle assicurazioni ha avuto modo di affermare, dando una risposta ad un quesito lasciato in precedenza irrisolto dalla giurisprudenza (cfr. DTF 113 V 200 consid. 2 e DTF 112 Ia 184 consid. 2a), come le istituzioni previdenziali di diritto pubblico, alla stessa stregua di quelle di diritto privato, non siano legittimate a rendere decisioni "stricto sensu". Non esistendo motivo per trattare in modo diverso gli enti previdenziali pubblici da quelli privati, le determinazioni delle autorità, in sostanza delle amministrazioni pubbliche, altro non possono configurare che dichiarazioni di autorità di rifiutare o sollevare pretese, ai sensi dell' art. 5 cpv. 3 PA , e, quindi, non sono decisioni. Si tratta di determinazioni inidonee a crescere in giudicato se non impugnate mediante ricorso nei brevi termini di perenzione di istanza previsti dal diritto processuale. Il rimedio di diritto previsto dall'art. 73, per quanto riferito al procedimento cantonale, non è infatti il ricorso, bensì l'azione, definita come richiesta indirizzata all'autorità giudiziaria e intesa ad ottenere il riconoscimento di diritti o prestazioni, oppure ad accertare l'esistenza o l'inesistenza di un diritto. Orbene, l'azione è preceduta da una dichiarazione dell'amministrazione, vale a dire da una presa di posizione, suscettibile di imporsi soltanto in virtù di una pronunzia di un tribunale; viceversa, il ricorso è diretto avverso una decisione, la quale senza di essa impugnativa crescerebbe in giudicato. Nel primo caso si tratta di una procedura primaria, nel secondo di una procedura secondaria. La decisione emanata da un'autorità legittimata soltanto a rilasciare semplici determinazioni è nulla come decisione, ma valida quale determinazione. L'azione avvia una procedura unica, mentre il ricorso introduce una procedura che è la continuazione di un precedente procedimento (GRISEL, Traité de droit administratif, vol. II, pag. 940). Non contrasta ora di principio il diritto federale che un'autorità giudiziaria cantonale chiamata a decidere quale autorità di ricorso disponga di annullare la decisione amministrativa rinviando gli atti all'amministrazione per ulteriori accertamenti e resa di una BGE 115 V 239 S. 243 nuova decisione, ciò mediante un giudizio deducibile al Tribunale federale delle assicurazioni quando siano dati particolari presupposti ( DTF 113 V 159 ). Tuttavia, il rinvio ha senso solo in quanto volge a permettere la resa di una nuova decisione sostitutiva di quella annullata (GYGI, op.cit., pag. 232). Tale non è il caso quando l'autorità cantonale sia stata adita per azione, dal momento che all'origine del procedimento non sta una decisione amministrativa che deve essere annullata e che altrimenti cresce in giudicato, ma la determinazione di una parte inabile a rendere decisioni in senso tecnico-giuridico. Il rinvio può trovare giustificazione solo nella procedura di ricorso che è la continuazione di un precedente procedimento amministrativo, ma non in una procedura primaria. Né si vede come il giudice possa costringere una parte a modificare una sua dichiarazione unilaterale di volontà. È compito del giudice dire se il rifiuto di dar seguito a una richiesta trovi fondamento nel diritto applicabile, condannando se del caso la parte che rifiuta la prestazione pretesa dall'altra. Dati questi presupposti, non può essere tutelato il giudizio dell'ultima istanza cantonale nella misura in cui quest'ultima ha statuito quale autorità di ricorso, annullando una decisione e rinviando gli atti all'amministrazione per complemento di istruttoria e resa di un nuovo provvedimento. 3. In queste condizioni, intervenendo d'ufficio, questa Corte annulla il giudizio in lite. Gli atti sono retrocessi ai primi giudici ai quali, nell'ambito degli accertamenti prescritti dall' art. 73 cpv. 2 LPP , spetterà assumere tutte le prove ritenute necessarie per rendere una nuova pronunzia. Le considerazioni che precedono impongono a questa Corte di non entrare nel merito delle censure di merito mosse dalla Cassa ricorrente al giudizio controverso. Dispositiv Per questi motivi, il Tribunale federale delle assicurazioni pronuncia: Il ricorso di diritto amministrativo è accolto nel senso dei considerandi, il giudizio querelato del Tribunale amministrativo del Cantone dei Grigioni essendo annullato e gli atti ritornati all'autorità giudiziaria cantonale perché, dopo aver promosso gli accertamenti richiesti, renda una pronunzia di merito.
null
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1,989
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Federation
10deddb8-0d01-48ff-bf77-2eec83c39037
Urteilskopf 100 Ib 126 23. Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. Juni 1974 i.S. SA Cotexma N.V. gegen Eidg. Amt für geistiges Eigentum.
Regeste Art. 57 und 59 Abs. 5 PatG , Art. 30 PatV I und II. Ein Patentgesuch wird auch durch dessen Rückzug im Sinne von Art. 57 PatG erledigt. Das Patenterteilungsverfahren wird dadurch beendet.
Sachverhalt ab Seite 126 BGE 100 Ib 126 S. 126 A.- Die belgische Firma SA Cotexma N.V. liess am 10. März 1970 beim eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum das Patentgesuch Nr. 3555/70 für ein Florgewebe und ein Verfahren zu dessen Herstellung einreichen und dafür die Priorität der britischen Anmeldung vom 10. März 1969 beanspruchen. Das Gesuch wurde Ende November 1973 zurückgezogen. BGE 100 Ib 126 S. 127 Mit Begleitschreiben vom 6. Dezember 1973 gab das Amt daraufhin die Akten gemäss Art. 30 PatV II zurück und schrieb der Gesuchstellerin die Anmeldegebühr zur Hälfte gut. Am 7. Januar 1974 liess die Cotexma dem Amt ein neues Patentgesuch Nr. 1288/74 für ein Verfahren zur Herstellung eines Florgewebes unterbreiten. Es wurde als Teilgesuch bezeichnet, das aus der Teilung des Gesuches Nr. 3555/70 hervorgegangen und gemäss Art. 57 PatG auf dessen Anmeldedatum zurückzubeziehen sei. Das Amt lehnte dies durch Verfügung vom 29. Januar 1974 ab, wobei es offen liess, ob der Sache nach ein Teilgesuch vorliege. B.- Die Cotexma führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Begehren, es sei festzustellen, dass das Patentgesuch Nr. 1288/74 als Teil des Gesuches Nr. 3555/70 entgegenzunehmen ist; eventuell habe das Amt die materiellen Voraussetzungen des Art. 57 PatG zu prüfen und, falls diese erfüllt sind, das Gesuch Nr. 1288/74 entgegenzunehmen. Das Amt beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 57 PatG erhält ein Patentgesuch, das aus der Teilung eines mehrere Erfindungen umfassenden Gesuches hervorgeht, das Anmeldedatum des ursprünglichen Gesuches, wenn es bei seiner Einreichung ausdrücklich als Teilgesuch bezeichnet wurde und das ursprüngliche zur Zeit der Einreichung des abgetrennt3n "noch nicht erledigt ist". Was unter dem Wort "erledigt" zu verstehen ist, wird weder im Gesetz noch in den Vollziehungsverordnungen gesagt und ist auch der Botschaft des Bundesrates zum Gesetzesentwurf nicht zu entnehmen. Im allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet das Wort dasselbe wie beendet oder abgeschlossen. Im gleichen Sinne wird es im Zivilprozessrecht verwendet, um zu sagen, womit ein Verfahren beendet werden kann oder wann ein Prozess als erledigt zu gelten hat. Der Begriff "Erledigung" wird in den Prozessordnungen freilich unterschiedlich gehandhabt. Die Berner ZPO beschränkt ihn in Art. 203 Abs. 1 auf Fälle, in denen der Rechtsstreit gegenstandslos wird oder mangels rechtlichen Interesses dahinfällt. Der BZP spricht nicht bloss in diesen Fällen, sondern auch beim gerichtlichen BGE 100 Ib 126 S. 128 Vergleich und beim Abstand einer Partei von "Erledigung des Rechtsstreites ohne Urteil" (Art. 72 und 73). Nach § 238 der Zürcher ZPO sodann gilt auch das Urteil als Erledigung des Rechtsstreites. So wie anders sind damit jedoch stets bestimmte Arten von Beendigung des Prozesses gemeint. Eine andere Bedeutung können die Ausdrücke "Erledigung" oder "erledigt" auch im Verwaltungsverfahren, insbesondere im Patenterteilungsverfahren, nicht haben. 2. Dass ein Patentgesuch nicht nur durch Verleihung oder Verweigerung des Patentes, sondern auch durch Rückzug erledigt werden kann, erhellt vor allem aus Art. 59 Abs. 5 und Art. 30 PatV I und II. Diese Bestimmungen regeln die Rückgabe von Gebühren und Akten, falls ein Patentgesuch "zurückgewiesen oder zurückgezogen" wird. Die Zurückweisung wird vom Amt verfügt. Zieht der Bewerber dagegen sein Gesuch zurück, so bedarf es keiner Verfügung des Amtes mehr, damit der Rückzug wirksam werde. In einer "Auskunft" vom 14. September 1970 (veröffentlicht im Schweizerischen Patent-, Muster- und Marken-Blatt 1970 I S. 43) erklärte das Amt freilich, dass es nach Rückzug des Stammgesuches ein Teilgesuch entgegennehme, wenn es den Rückzug administrativ noch nicht vollzogen habe. Es will sich dabei aber nicht behaften lassen, sondern ist der Ansicht, dass gemäss Art. 56 Abs. 2 PatG nicht nur für das Patentgesuch, sondern auch für die Rückzugserklärung auf deren Übergabe an die schweizerische Post abgestellt werden müsse. Die Beschwerdeführerin vertritt dagegen die Auffassung, dass das Amt die Rücktrittserklärung durch eine anfechtungsfähige Verfügung zu vollziehen habe, weshalb das Stammgesuch erst mit dem Ablauf der Beschwerdefrist als endgültig erledigt gelten könne. Unter Rückzug oder Abstand ist im Zivilprozessrecht die Erklärung des Klägers zu verstehen, sein Begehren fallenzulassen (GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl. S. 294/5; KUMMER, Grundriss des. Zivilprozessrechts, S. 130; LEUCH, ZPO für den Kanton Bern, N. 6 zu Art. 397). Ob eine solche Erklärung den Prozess unmittelbar beendet oder ob erst der gestützt darauf erlassene Entscheid des Richters diese Wirkung hat, hängt wiederum von den einzelnen Prozessordnungen ab. Ersteres ist z.B. nach Art. 73 BZP und Art. 397 Abs. 2 der Berner ZPO (KUMMER und LEUCH, je a.a.O.), letzteres BGE 100 Ib 126 S. 129 dagegen gemäss § 104 Abs. 2 und § 238 der Zürcher ZPO der Fall (STRÄULI/HAUSER, ZPO Zürich, 2. Aufl. Anm. 1/III zu § 238). Art. 73 BZP ist, soweit der Beschwerdeführer über den Streitgegenstand verfügen kann, nach Art. 40 und 135 OG auch im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren anwendbar. Rechtsprechung und Lehre anerkennen, dass die Beschwerde selbst dann, wenn dem Beschwerdeführer eine "reformatio in pejus" droht, gültig zurückgezogen werden kann ( BGE 70 I 311 /12, BGE 97 V 252 /3; GRISEL, Droit administratif suisse, S. 509 Ziff. 6 lit. b; GYGI, Verwaltungsrechtspflege und Verwaltungsverfahren im Bund, S. 48/9). Nach einer im Verfahrensrecht allgemein geltenden Regel beurteilt die Wirksamkeit von Prozesshandlungen sich zudem nach dem Zeitpunkt ihrer Vornahme; bei schriftlichen Eingaben insbesondere kommt es, wie aus den Vorschriften über die Fristenberechnung erhellt, nicht darauf an, wann sie bei der zuständigen Behörde eintreffen, sondern wann sie der Post übergeben werden (vgl. Art. 32 OG ; GULDENER, a.a.O. S. 213 ff.; JEANPRETRE, L'expédition et la réception des actes de procédure et des actes juridiques, in SJZ 69 S. 349). Weshalb im Patenterteilungsverfahren von diesen Grundsätzen abgewichen werden sollte, versucht die Beschwerdeführerin nicht darzutun und ist auch nicht zu ersehen. Ist aber von ihnen auszugehen, so hat das Patentgesuch Nr. 3555/70 seit dem 29. November 1973, als die Beschwerdeführerin es zurückgezogen hat, als erledigt zu gelten. Das Verwaltungsverfahren dient der Vorbereitung und dem abschliessenden Erlass einer Verfügung, durch welche (die gegenseitigen Rechte oder Pflichten in einer Verwaltungssache) für die Verwaltung wie für die übrigen beteiligten Parteien in endgültiger, verbindlicher und erzwingbarer Weise geregelt werden (vgl. Art. 1, 5, 6 und 44 VwG; GYGI, a.a.O. S. 11 und 20/21; GRISEL, a.a.O. S. 191/2 und 466/7). Durch den Rückzug des Gesuches, welches das Patenterteilungsverfahren auslöst, verzichtet der Gesuchsteller darauf, dass die Verwaltungsbehörde über sein Begehren entscheidet. Das Verfahren wird dadurch beendet; die Verwaltung hat alsdann keinen Anlass mehr, eine Verfügung zu erlassen, noch bleibt dafür Raum. Im vorliegenden Fall liegt denn auch auf der Hand, dass das Schreiben des Amtes vom 6. Dezember 1973 keine Verfügung im angeführten Sinne enthält. BGE 100 Ib 126 S. 130 3. Der Beschwerdeführerin ist freilich zuzugeben, dass der Rückzug eines Patentgesuches auch administrativ zu vollziehen ist. Weder das Gesetz noch die Verordnungen verlangen aber, dass das Amt die Beendigung des Verfahrens, wie das z.B. in einem gerichtlichen Abschreibungsbeschluss geschieht, förmlich festzustellen habe. Einer solchen Feststellung käme übrigens selbst dann, wenn sie vorgeschrieben wäre, bloss deklaratorische Bedeutung zu (vgl. BGE 74 I 283 ). Über die in Art. 30 PatV I und II vorgesehenen Folgen des Rückzuges hat das Amt ohnehin nicht zu entscheiden; es hat dem Bewerber nur die darin nicht ausgenommenen Akten und Gebühren zurückzugeben. Sein Schreiben vom 6. Dezember 1973 erschöpft sich denn auch in der Mitteilung, dass der Beschwerdeführerin infolge Rückzugs des Patentgesuches "die unten verzeichneten Akten und Gebühren" zurückerstattet würden (vgl. GYGI, a.a.O. S. 98 ff; GRISEL, a.a.O. S. 467 unten). Diese Mitteilung und die darin erwähnten Vorkehren können als Verwaltungshandlungen im weitesten Sinne angesehen (GRISEL, a.a.O. S. 191), nicht aber als "autoritative Anordnung einer Verwaltungsbehörde" (GYGI, a.a.O. S.11) oder als Vollstreckungsverfügung gemäss Art. 5 Abs. 2 VwG bezeichnet werden. Ebensowenig hilft der Beschwerdeführerin der Einwand, solange ein Patentgesuch im Register nicht gelöscht sei, müsse es nach Art. 9 ZGB als anhängig im Sinne von Art. 55 Abs. 3 PatV I bzw. Art. 84 Abs. 3 PatV II gelten. Gemäss Art. 9 ZGB erbringen öffentliche Register für die durch sie bezeugten Tatsachen vollen Beweis, bis die Unrichtigkeit ihres Inhaltes nachgewiesen ist. Gemeint sind damit vor allem die vom Bundesrecht vorgesehenen öffentlichen Register (KUMMER, N. 22 zu Art. 9 ZGB ). Das Patentgesuchsregister ist jedoch nicht öffentlich ( Art. 55 Abs. 3 PatV I und Art. 84 Abs. 3 PatV II), folglich nicht beweiskräftig im Sinne von Art. 9 ZGB . Daran ändert nichts, dass das Amt es insbesondere für Aufkünfte verwenden darf. Die Eintragungen in diesem Register haben keine konstitutive Wirkung. Im Rückzug des Gesuches läge zudem der in Art. 9 ZGB vorbehaltene Gegenbeweis. 4. Unbehelflich ist ferner, dass die in Art. 57 PatG enthaltene Wendung "noch nicht erledigt" in den romanischen Fassungen nicht wörtlich übersetzt vorkommt. Die drei Gesetzestexte BGE 100 Ib 126 S. 131 haben trotzdem die gleiche Bedeutung, wenn der französische und italienische auch eher als der deutsche darauf schliessen lassen, dass man bei der Ausarbeitung des Gesetzes nur an die Beendigung des Verfahrens durch Erteilung oder Verweigerung des Patentes, nicht aber an die Möglichkeit des Rückzugs des Gesuches gedacht hat. Diese Möglichkeit besteht indes, und wenn der Bewerber davon Gebrauch macht, wird das Verfahren dadurch beendet. Wollte man dagegen einzig eine Verwaltungsverfügung als Erledigung im Sinne von Art. 57 PatG gelten lassen, so könnte nach dem Rückzug des ursprünglichen Patentgesuches ein Teilgesuch mit Prioritätsanspruch entweder überhaupt nicht oder dann unbeschränkt eingereicht werden. Dass dies der Sinn des Art. 57 sei, behauptet auch die Beschwerdeführerin nicht. Endet das Patenterteilungsverfahren aber schon mit dem Rückzug des Gesuches und entfällt deswegen eine abschliessende Verfügung des Amtes, so stellt sich die Frage nicht, ob die Erledigung erst mit Ablauf der Beschwerdefrist eintrete. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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10df0590-39cf-40d4-9a73-47822b6a3e81
Urteilskopf 140 V 58 8. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Stiftung Alters- und Pflegeheim X. gegen Stadt Zürich, Amt für Zusatzleistungen zur AHV/IV (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_582/2013 vom 18. März 2014
Regeste Art. 25a Abs. 5 KVG ; Restfinanzierung der Pflegekosten; Zuständigkeit und Verfahren. Bestätigung der Rechtsprechung gemäss BGE 138 I 410 , wonach der grundsätzliche Anspruch auf Übernahme ungedeckter Pflegekosten durch die öffentliche Hand bundesrechtlicher Natur ist (E. 4.1). Bestätigung der Rechtsprechung gemäss BGE 138 V 377 , wonach das ATSG auf Streitigkeiten betreffend Restfinanzierung von Pflegeleistungen jedenfalls dann Anwendung findet, wenn der kantonale Gesetzgeber keine oder keine abweichende Regelung getroffen hat (E. 4.2). Präzisierung, dass das ATSG auch anzuwenden ist, wenn der Wille des kantonalen Gesetzgebers sich weder den einschlägigen kantonalen Bestimmungen noch den Materialien entnehmen lässt (E. 4.2).
Sachverhalt ab Seite 59 BGE 140 V 58 S. 59 A. P. trat am 1. August 2011 in das von der Stiftung Alters- und Pflegeheim X. betriebene Heim ein, während ihr Ehemann bis zu dessen Tod im August 2012 in der vormalig gemeinsamen Wohnung in der Stadt Zürich blieb. Mit Einspracheentscheid vom 11. Januar 2013 teilte das Amt für Zusatzleistungen zur AHV/IV der Stadt Zürich der Stiftung Alters- und Pflegeheim X. mit, es übernehme ab 1. Januar 2013 die Pflegebeiträge für P. nicht mehr. B. Hiegegen erhob die Stiftung Alters- und Pflegeheim X. Beschwerde beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich. Dieses verneinte seine Zuständigkeit und trat auf das Rechtsmittel mit Beschluss vom 31. Mai 2013 nicht ein. C. Sowohl die Stiftung Alters- und Pflegeheim X. (Verfahren 9C_582/2013) als auch die Stadt Zürich, Amt für Zusatzleistungen zur AHV/IV (Verfahren 9C_587/2013), erheben gegen den Nichteintretensbeschluss Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Die Stadt Zürich schliesst sich der Beschwerde der Stiftung Alters- und Pflegeheim X. an. BGE 140 V 58 S. 60 D. Mit Entscheid vom heutigen Tag tritt das Bundesgericht auf die Beschwerde der Stadt Zürich (Verfahren 9C_587/2013) betreffend dieselbe Zuständigkeitsfrage zufolge Verspätung des Rechtsmittels nicht ein. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde im Verfahren 9C_582/2013 gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Streitig ist die innerkantonale Zuständigkeit für die Beurteilung von strittiger Restfinanzierung der Pflegekosten gemäss Art. 25a Abs. 5 Satz 2 KVG . 3.1 Die Vorinstanz erwog, Art. 25a Abs. 5 KVG normiere die Restfinanzierung nicht inhaltlich, sondern sei nur eine Delegationsnorm, welche die Regelungskompetenz den Kantonen übertrage. Diese Kompetenz beinhalte sowohl die Regelung des inner-, wie auch des interkantonalen Verhältnisses, woran nichts ändere, dass die Kantone noch keine umfassende Regelung (Konkordat) erlassen hätten, vielmehr liege darin eine kantonalrechtliche Lücke. Im Kanton Zürich enthielten weder das kantonale Pflegegesetz vom 27. September 2010 (LS 855.1) noch die Verordnung vom 22. November 2010 über die Pflegeversorgung (LS 855.11) verfahrensrechtliche Bestimmungen zur Restfinanzierung ungedeckter Pflegekosten nach Art. 25a Abs. 5 KVG . Das Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) werde in der regierungsrätlichen Weisung vom 28. April 2010 zum Pflegegesetz nicht erwähnt. Die Anwendbarkeit des ATSG ergebe sich weder direkt noch gestützt auf die Materialien. Selbst wenn das ATSG mangels kantonaler Verfahrensbestimmungen zu berücksichtigen wäre, käme lediglich eine Anwendung als subsidiäres kantonales Recht in Frage, ohne dass im kantonalen Recht (namentlich nicht im Einführungsgesetz vom 13. Juni 1999 zum Krankenversicherungsgesetz [EG KVG; LS 832.01]) für die Restfinanzierung der Pflegekosten die Zuständigkeit des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich statuiert werde. Ebenso wenig ergebe sich dessen Zuständigkeit aus § 3 des Gesetzes vom 7. März 1993 über das Sozialversicherungsgericht (GSVGer; LS 212. 81). Die sich auf Art. 25a Abs. 5 Satz 2 KVG stützenden kantonalen Vorschriften seien autonomes kantonales Recht. Dass Art. 25a Abs. 5 Satz 2 KVG nicht im Ausnahmekatalog von Art. 1 Abs. 2 BGE 140 V 58 S. 61 KVG figuriere, lasse nicht darauf schliessen, das ATSG wäre von Bundesrechts wegen auch auf autonomes kantonales Recht anwendbar, das basierend auf Art. 25a Abs. 5 Satz 2 KVG ergangen sei. Weil es sich im vorliegenden Fall um einen Streit zwischen einer Pflegeeinrichtung und einer Behörde handle, falle schliesslich die verfahrensrechtliche Erschwerung nicht ins Gewicht, welche bezogen auf natürliche versicherte Personen in BGE 138 V 377 ein Argument für die Zuständigkeit des kantonalen Versicherungsgerichts gewesen sei. 3.2 Die Beschwerdeführerin bringt vor, Art. 1 Abs. 2 KVG sei im Zuge der Neuordnung der Pflegefinanzierung nicht erweitert worden. Das ATSG sei folglich auch im Bereich der Restfinanzierung von Pflegekosten anzuwenden, woran nichts ändere, dass die Leistung nicht durch eine Sozialversicherung erbracht werde. Art. 25a Abs. 5 Satz 2 KVG stelle es den Kantonen nicht frei zu legiferieren, sondern belasse ihnen nur in eingeschränktem Mass Regelungskompetenz, namentlich hinsichtlich der Zuständigkeit für die Ausrichtung der Pflegebeiträge, und somit ausschliesslich für den Erlass von Ausführungsbestimmungen. Bei dem Art. 25a Abs. 5 KVG umsetzenden kantonalen Recht handle es sich nicht um autonomes kantonales Recht, sondern um unselbstständiges kantonales Ausführungsrecht, welches dem Bundessozialversicherungsrecht zuzuordnen sei. Damit fände das ATSG Anwendung. Im Übrigen sei nicht davon auszugehen, dass der kantonale Gesetzgeber einen von den anderen sozialversicherungsrechtlichen Ansprüchen abweichenden Verfahrensweg im Auge gehabt habe. 3.3 Die Stadt Zürich bringt inhaltlich nichts vor. Sie reicht aber einen - ebenfalls - die innerkantonale Zuständigkeit für die Beurteilung einer Pflegefinanzierungsstreitigkeit betreffenden Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 23. Oktober 2013 (Verfahren VB.2013.00200) ins Recht, mit welchem das kantonale Verwaltungsgericht entschied, solche Streitigkeiten fielen in den Zuständigkeitsbereich des kantonalen Sozialversicherungsgerichts, sowie eine Kopie der von ihr gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid erhobenen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 21. November 2013 (hängiges Verfahren 9C_849/2013). 4. 4.1 Gemäss Art. 25a Abs. 5 Satz 2 KVG ist die Legiferierungskompetenz der Kantone auf die Regelung der Restfinanzierung der BGE 140 V 58 S. 62 Pflegekosten beschränkt. Allein Sache der Bundesgesetzgebung bleibt die abschliessende Normierung der Leistungen der obligatorischen Krankenversicherung. Aber auch der grundsätzliche Anspruch auf Übernahme der ungedeckten Pflegekosten durch die öffentliche Hand (Kanton oder Gemeinden) ist keine Leistung autonomen kantonalen Rechts, sondern ein bundesrechtlicher Anspruch, woran die den Kantonen in Art. 25a Abs. 5 Satz 2 KVG übertragene Zuständigkeit nichts ändert (vgl. BGE 138 I 410 E. 4.2 und 4.3 S. 418 f.). Davon scheint auch der kantonale Gesetzgeber auszugehen, spricht er doch in § 9 Pflegegesetz (Randtitel: "Pflichtleistungen") von der Gesamtheit der Pflegeleistungen gemäss Art. 25a Abs. 5 KVG . Diese Gesamtheit der Pflegeleistungen umfasst neben den Leistungen zu Lasten der Versicherer und zu Lasten der Versicherten auch die restlichen Kosten, welche von der Gemeinde zu tragen sind (§ 9 Abs. 4, § 10, § 13 Abs. 3 und § 15 Abs. 2 Pflegegesetz). Ob die kantonale Kompetenz auch das Verfahren umfasst, hat das Bundesgericht in BGE 138 V 377 E. 5.3 S. 382 offengelassen, unter Hinweis darauf, dass im Bundesgesetz vom 13. Juni 2008 über die Neuordnung der Pflegefinanzierung (AS 2009 3517 ff.) keine explizite Anwendbarkeitserklärung des ATSG erfolgte, weil diese für den Gesetzgeber selbstverständlich war. Auch wenn Art. 1 Abs. 2 KVG die Ausnahmen von der Anwendbarkeit des ATSG nicht abschliessend regelt, ist der im Zuge der Neuregelung der Pflegefinanzierung unverändert gebliebene gesetzliche Ausnahmekatalog mindestens ein Indiz, dass für den Gesetzgeber die Anwendbarkeit des ATSG auf Streitigkeiten über die Restfinanzierung evident war. Zum gleichen Schluss gelangte etwa auch der Vorstand der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) in seinen am 22. Oktober 2009 verabschiedeten "Empfehlungen zur Umsetzung der Neuordnung der Pflegefinanzierung", worin er die im Rahmen von Art. 25a Abs. 5 KVG anerkannten und geleisteten Zahlungen als sozialversicherungsrechtliche Beiträge nach KVG bezeichnete, die in den Anwendungsbereich des ATSG fielen. 4.2 Das Bundesgericht hat in BGE 138 V 377 E. 5.6 S. 384 f. entschieden, das Verfahren gemäss ATSG finde auf Streitigkeiten über die Restfinanzierung von Pflegeleistungen jedenfalls dann Anwendung, wenn der kantonale Gesetzgeber keine oder keine abweichende Regelung getroffen hat. Daran ist festzuhalten. Während in BGE 138 V 377 , den Kanton St. Gallen betreffend, keine kantonale Norm BGE 140 V 58 S. 63 vorlag, indes aus den Materialien ein klarer gesetzgeberischer Wille hervorging, wonach es sich bei diesen Streitigkeiten um eine sozialversicherungsrechtliche Leistung handle und demzufolge das ATSG Anwendung finde, ist weder den zürcherischen Normen noch den einschlägigen kantonalen Materialien ein Hinweis auf das anwendbare Verfahrensrecht zu entnehmen. Auch in diesem Fall fehlender kantonaler Grundlagen ist das Verfahren gemäss ATSG anwendbar. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die kantonalen Versicherungsgerichte für die Beurteilung von Ansprüchen gemäss Art. 25a Abs. 5 KVG nicht geeignet sein sollten. Zudem ist Folgendes zu beachten: Nach dem Gesagten (E. 2, nicht publ., und E. 4.1 hievor) sind die Ansprüche auf Übernahme der ungedeckten Pflegekosten sozialversicherungs- sowie bundesrechtlicher Natur. Gemäss Art. 1 lit. b ATSG finden auf Sozialversicherungsrecht des Bundes die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des ATSG Anwendung. Das mit dem ATSG (unter anderem) verfolgte gesetzgeberische Ziel einer Verfahrensvereinheitlichung ( Art. 1 lit. b ATSG ) kann nur erreicht werden, wenn das einschlägige Verfahrensrecht möglichst umfassend und - vorbehältlich gesetzlich geregelter Ausnahmen - insbesondere für die Beurteilung bundessozialversicherungsrechtlicher Ansprüche angewendet wird. Nicht zuletzt führte es zu einem wenig wünschbaren, der Maxime der einheitlichen Anwendung des Bundesrechts widersprechenden Zustand, wenn für den gleichen (bundessozialversicherungsrechtlichen) Anspruch in gewissen Kantonen das ATSG als Bundesrecht, in anderen das ATSG als subsidiäres kantonales Recht und wieder in anderen Kantonen das ATSG überhaupt nicht zur Anwendung gelangte. Art. 25a Abs. 5 Satz 2 KVG enthält mit Bezug auf das Verfahrensrecht keinen (expliziten) Vorbehalt des Bundesgesetzgebers zu Gunsten des kantonalen Rechts (vielmehr ging der Gesetzgeber wohl selbstverständlich von der Anwendbarkeit des ATSG aus; E. 4.1 hievor). 5. 5.1 Im Kanton Zürich regeln weder das Pflegegesetz noch die zugehörige Verordnung das Verfahren bei Streitigkeiten über die Restfinanzierung von Pflegekosten noch lassen sich den Materialen Hinweise darauf entnehmen, der kantonale Gesetzgeber hätte eine vom ATSG abweichende Verfahrensordnung beabsichtigt (E. 3.1 hievor). Nach dem Gesagten findet damit das ATSG und finden insbesondere dessen Rechtspflegebestimmungen ( Art. 56 ff. ATSG ) Anwendung. BGE 140 V 58 S. 64 5.2 Nicht zuletzt sprechen auch spezifische kantonalrechtliche Praktikabilitätsgründe für die Anwendbarkeit des ATSG. Die Zuständigkeit für die Restfinanzierung fällt im Kanton Zürich in den kommunalen Kompetenzbereich (§ 21 Abs. 1 Pflegegesetz). Mangels Verfügungskompetenz einer Gemeinde gegenüber einer gemeindefremden öffentlich-rechtlichen oder einer privatrechtlichen Pflegeinstitution wäre die Anfechtung einer abgelehnten Übernahme ungedeckter Pflegebeiträge mittels Rekurs (§ 19 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 19b Abs. 2 lit. c des kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 [VRG; LS 175.2]) in diesen Fällen ausgeschlossen, und es müsste ein Klageverfahren vor Verwaltungsgericht als einziger Instanz angehoben werden (§ 81 lit. a VRG). Dass der kantonale Gesetzgeber für die Pflegefinanzierung unterschiedliche Rechtswege vorsehen wollte, je nachdem, ob sich eine Person in einer gemeindeeigenen öffentlich-rechtlichen Pflegeinstitution oder in einer auswärtigen Pflegeeinrichtung beziehungsweise in einer privatrechtlichen Institution befindet, ist nicht anzunehmen und liegt umso weniger auf der Hand, als das Pflegegesetz in § 9 Abs. 4 und 5 die Tragung der ungedeckten Pflegekosten detailliert regelt, während das Verfahrensrecht keinerlei Erwähnung fand. 5.3 Auf Streitigkeiten betreffend die Pflegefinanzierung zwischen der versicherten Person und dem Kanton gemäss Art. 25a Abs. 5 KVG gelangen somit auch im Kanton Zürich die (verfahrensrechtlichen) Bestimmungen des ATSG zur Anwendung. Gemäss dem in Art. 56 ff. ATSG vorgezeichneten Rechtsweg ist das kantonale Versicherungsgericht zuständig für die Beurteilung von Streitigkeiten über die Restfinanzierung von Pflegekosten. Die Sache ist an dieses zum materiellen Entscheid zurückzuweisen. 5.4 Anders ist die Rechtslage, wenn es nicht um einen konkreten Leistungsfall geht, sondern um den (grundsätzlichen) Umfang der (kantonalen) Mitfinanzierung von ausserkantonalen Wahlbehandlungen nach Art. 49a KVG . In einem solchen Streitfall handelt es sich um die Abgeltung der stationären Leistungen bzw. um die künftige Praxis des Kantons bei der Anerkennung von Forderungen einer stationären Einrichtung. Der Anspruch eines Leistungserbringers gegen den Kanton auf anteilmässige Vergütung der stationären Behandlung lässt sich aus Art. 41 Abs. 1 bis KVG nicht abstrakt, sondern nur anhand eines konkreten Falles ableiten. Damit geht es in der Sache um eine Tarifstreitigkeit zwischen Leistungserbringerin BGE 140 V 58 S. 65 und Kanton, auch wenn Patienten davon indirekt betroffen sein können. Auf diese Streitigkeit sind die Bestimmungen des ATSG nach dem klaren Wortlaut von Art. 1 Abs. 2 lit. b KVG von vornherein nicht anwendbar. Dies steht im Einklang mit dem Grundsatz, wonach das ATSG primär auf das Verhältnis zwischen Versicherten und Versicherern zugeschnitten ist, und mit Art. 1 Abs. 2 KVG diejenigen Bereiche nicht unter das ATSG fallen, für welche das ATSG-Verfahren nicht geeignet ist (9C_905/2013 vom 4. Februar 2014 E. 3.1.2).
null
nan
de
2,014
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
10e51318-c6cb-4816-89c5-73b6a7b3e104
Urteilskopf 86 II 221 37. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 14. Junl 1960 i. S. Fritschi gegen Kohler und Erben Studer.
Regeste Sicherungsübereignung von Grundstücken. Zulässigkeit. Rechtsgrund. Ernstgemeinter Kauf mit Rückkaufsrecht des Veräusserers. oder reine Sicherungsübereignung? Form des Vertrags auf Übertragung von Grundeigentum ( Art. 657 Abs. 1 ZGB , Art. 216 Abs. 1 OR ). Fall, dass der öffentlich beurkundete Vertrag nicht den richtigen Kaufpreis oder nicht den wahren Rechtsgrund der Eigentumsübertragung angibt. Nach Treu und Glauben unbeachtlicher Formmangel ( Art. 2 ZGB ). Kauf; Rücktritt des Verkäufers bei Verzug des Käufers ( Art. 214 OR ). Der Verkäufer, der sich das Rücktrittsrecht nicht ausdrücklich vorbehalten hat, verliert dieses beim Grundstückkauf nicht mit dem Besitzesübergang, sondern erst mit der Eintragung des Käufers im Grundbuch ( Art. 214 Abs. 3 und Art. 221 OR ). Verwirkung des Rücktrittsrechts aus Art. 214 Abs. 1 OR infolge Versäumung der sofortigen Anzeige im Sinne von Art. 214 Abs. 2 OR schliesst ein Vorgehen nach Art. 107 ff. OR nicht aus. Mehrmalige Nachfristsetzung. Erklärung des Rücktritts für den Fall der Nichteinhaltung der Nachfrist.
Sachverhalt ab Seite 222 BGE 86 II 221 S. 222 Aus dem Tatbestand: A.- Mit öffentlich beurkundetem Vertrag vom 25. Juli 1938 verkaufte Fritschi, der im eigenen Haus eine mechanische Werkstatt betrieb, an Studer sein Haus (Liegenschaft Nr. 1847) im Schatzungswerte von Fr. 29'530.-- und drei Stücke Wiesland im Schatzungswerte von Fr. 370.-- zum Preise von Fr. 22'000.--, der laut Vertrag durch Übernahme der auf den Liegenschaften lastenden Grundpfandschulden im gleichen Betrag zu tilgen war. Der Übergang von "Zins, Nutzen und Schaden" wurde auf den 1. August 1938 festgesetzt. Ebenfalls am 25. Juli 1938 schlossen Fritschi und Studer einen schriftlichen Vertrag, der unter Hinweis auf den Kaufvertrag über die Liegenschaften feststellte, dass "mit diesem Kaufvertrage d.h. mit dem Kaufpreise" eine Schuld Fritschis gegenüber Studer von Fr. 8000.-- "als verrechnet abgeschrieben worden" sei, "indem der Kaufpreis dementsprechend kleiner angesetzt wurde." BGE 86 II 221 S. 223 Mit öffentlich beurkundetem Vertrag vom gleichen Tage räumte Studer dem Fritschi an den verkauften Liegenschaften für vier Jahre ab 1. August 1938 ein Kaufsrecht zum Preise von Fr. 27'000.-- ein. Mit einem weitern, als "Miet- bzw. Pachtvertrag" überschriebenen Vertrage vermietete bzw. verpachtete Studer dem Fritschi die in Frage stehenden Liegenschaften ab 1. August 1938. Als Mietzins hatte Fritschi den Betrag zu bezahlen, der dem banküblichen Zins für eine Hypothek von Fr. 22'000.-- entsprach. Zudem hatte er "für die Brandsteuer, Wasserzins und elektr. Licht und Kraft aufzukommen." Die Kündigung war dem Vermieter grundsätzlich erst nach Ablauf des Kaufsrechts gemäss Kaufsrechtsvertrag vom 25. Juli 1938 gestattet. Der Kaufvertrag wurde gemäss Bescheinigung des Grundbuchamtes des Bezirkes Zurzach vom 10. August 1938 ins "Interimregister mit einfacher Grundbuchwirkung im Sinne des Art. 48 des Schlusstitels des ZGB" eingetragen. B.- Am 1. August 1947 schlossen Studer und Fritschi für fünf Jahre einen neuen Kaufrechtsvertrag, in welchem die Kaufsumme auf Fr. 29'000.-- erhöht wurde. Am 4. März 1948 gewährte Studer dem Fritschi ein Darlehen von Fr. 15'000.--. In der Folge ermöglichte er den Widerruf des am 28. April 1948 über Fritschi eröffneten Konkurses, indem er eine Gutsprache in Höhe von Fr. 4000.-- leistete. Am 8. Februar 1950 liess er Fritschi eine Aufstellung über dessen Schulden ihm gegenüber zustellen, worin u.a. die rückständigen Zinsen von folgenden Posten gefordert wurden: - Forderung herrührend aus Zahlung im Konkurs Fr. 3799. 65 - Kapital "lt. Kaufvertrag vom 25. Juli 1938" " 7000.-- - Kapital vom 4. März 1948 " 15 000.-- In seiner Antwort vom 12. Februar 1950 anerkannte Fritschi diese Forderungen mit Ausnahme des ersten Postens, der noch abgeklärt werden müsse, machte aber geltend, zur Verzinsung der Kapitalien genüge der Mietzins, BGE 86 II 221 S. 224 den sein derzeitiger Mieter an die Bank Studers zahle; zudem sei "der ganze Betrag an der Liegenschaft gesichert." C.- Am 6. Juni 1950 verkaufte Fritschi dem Studer sein Werkstattinventar zum Preise von Fr. 9644.50, der laut Kaufvertrag "mit der Schuld des Fritschi an Studer zu verrechnen, d.h. an diese Schuld gutzuschreiben" war. In einem neuen Kaufrechtsvertrage vom gleichen Datum wurde der Kaufpreis für die Liegenschaften auf Fr. 54'000.-- erhöht und die Ausübungsfrist bis zum 1. Juni 1955 verlängert. D.- Nachdem Studer am 28. September 1950 "sämtliche Darlehen" auf den 11. November 1950 gekündigt hatte, betrieb er Fritschi im Jahre 1951 u.a. für das Darlehen von Fr. 15'000.-- und die Forderung aus der Zahlung im Konkurs sowie für die Zinsen des "Fr. 22'000.-- übersteigenden Kapitals von Fr. 7000.--", abzüglich des zur Verrechnung gebrachten Kaufpreises für das Werkstattinventar. Rechtsöffnung erhielt er nur für einen kleinen Teilbetrag, weil der Richter das Darlehen von Fr. 15'000.-- als nicht fällig betrachtete. Abrechnungen Studers vom Februar und Dezember 1953 sowie vom Dezember 1954 führten als Schuld Fritschis u.a. das Kapital von Fr. 7000.-- auf. E.- Am 27. Februar 1955 kündigte Studer den Mietvertrag auf den 1. Juni 1955. Als er ausserdem noch eine Betreibung einleitete, machte ihm Fritschi am 9. April 1955 den Vorschlag, ihm die Liegenschaften samt Inventar zu Fr. 44'000.-- abzukaufen, womit alle gegenseitigen Ansprüche ausgeglichen sein sollten. Am 25. April 1955 wurde ein entsprechender Kaufvertrag öffentlich beurkundet. Fritschi hatte an den Kaufpreis bis Ende Mai 1955 den Betrag von Fr. 35'000.-- (den er gegen eine I. Hypothek von einer Bank zu erhalten hoffte) bar zu zahlen. Für die restlichen Fr. 9000.-- sollte zugunsten Studers ein Namenschuldbrief im II. Rang errichtet werden. BGE 86 II 221 S. 225 Am 6. und 15. Juni 1955 mahnte Studer den Käufer schriftlich zur Zahlung der Fr. 35'000.--. Nachdem Studer im September 1955 gestorben war, setzten seine Erben dem Käufer mit Schreiben vom 19. November 1955 eine letzte Frist bis zum 30. November 1955. Für den Fall, dass der Betrag von Fr. 35'000.-- samt Verzugszinsen bis dahin nicht bezahlt sein sollte, erklärten sie zugleich den Rücktritt vom Kaufvertrag. Fritschi zahlte nicht. Am 19. Januar 1956 verkauften die Erben Studer das Wohnhaus mit Werkstatt (Liegenschaft Nr. 1847) einschliesslich des Werkstattinventars zum Preise von Fr. 42'000.-- an den Spenglermeister Kohler. Dieser Kaufvertrag wurde ins Grundbuch (Interimregister) eingetragen. F.- Am 18. Oktober 1956 reichte Fritschi gegen Kohler und die Erben Studer Klage ein mit den Begehren, es sei festzustellen, dass er Eigentümer der Liegenschaften sei; anstelle Kohlers sei er (Fritschi) als Eigentümer der Liegenschaft Nr. 1847 im Grundbuch einzutragen; ferner seien die Beklagten zu verpflichten, ihm (u.a. wegen Verletzung des Vertrags vom 25. April 1955) Schadenersatz im Betrage von Fr. 20'000.-- zu leisten. In Übereinstimmung mit den aargauischen Gerichten weist das Bundesgericht die Klage ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Um darzutun, dass er trotz dem Verkauf von 1938 Eigentümer der streitigen Liegenschaften geblieben sei, hat Fritschi im kantonalen Verfahren geltend gemacht, der Kaufvertrag vom 25. Juli 1938 sei nur zwecks Sicherstellung der ihm gewährten Darlehen abgeschlossen worden. Es habe sich dabei also um ein fiduziarisches Rechtsgeschäft gehandelt. Hätte der beurkundende Notar den Vertragsparteien die Begründung eines Pfandrechts vorgeschlagen, so hätten sie ebenfalls zugestimmt. Studer habe gar nicht unbeschränktes Eigentum an den Liegenschaften BGE 86 II 221 S. 226 erwerben wollen, sondern es sei ihm immer daran gelegen gewesen, wieder in den Besitz der geliehenen Geldbeträge zu kommen und dafür gesichert zu sein. Dies ergebe sich namentlich auch aus den Abrechnungen, die er ihm (Fritschi) zugestellt habe. Er selber (Fritschi) habe nach dem Mietvertrag "alle diejenigen Rechte und Pflichten" behalten, "die ihm als eigentlicher (richtig: eigentlichem) Eigentümer zustanden bzw. oblagen". Vor Bundesgericht hat Fritschi seine Stellungnahme dahin verdeutlicht, dass der Kaufvertrag vom 25. Juli 1938 zumal im Hinblick auf den Weiterbestand der Forderung Studers gegen ihn nicht dem wahren Willen der Vertragsparteien entsprochen habe; dieser Wille sei vielmehr auf grundpfändliche Sicherstellung der Darlehen gegangen; Studer habe nicht Eigentümer werden und er selber (Fritschi) sein Eigentum nicht aufgeben wollen. An diesen Ausführungen ist richtig, dass die Vertragsparteien mit dem im Juli 1938 abgeschlossenen Kaufvertrag den Zweck verfolgten, Studer eine Sicherheit für das dem Fritschi geliehene Geld zu verschaffen. Dies ist von der Vorinstanz ausdrücklich festgestellt worden und steht nach den Umständen ausser Zweifel. Aus der Tatsache, dass ein nach seinem Wortlaut auf Übertragung des Eigentums gerichteter Vertrag zur Sicherung einer Forderung des Erwerbers abgeschlossen wird, folgt aber keineswegs, dass die in Frage stehende Sache nach dem wahren Willen der Vertragsparteien nur verpfändet werden soll. Der wirtschaftliche Zweck, bewegliche oder unbewegliche Sachen zur Sicherung eines Geldgebers zu verwenden, lässt sich nämlich nicht bloss durch deren Verpfändung, sondern auch durch deren (fiduziarische) Übereignung erreichen. Im schweizerischen Recht ist anerkannt, dass die Übereignung zu Sicherungszwecken (Sicherungsübereignung) zulässig ist und dem Erwerber das volle Eigentum verschafft ( BGE 41 III 446 , BGE 56 II 447 , BGE 71 III 86 , BGE 72 II 240 , BGE 78 II 414 ; OFTINGER, Fahrnispfand, Systematischer Teil N. 234 ff., mit weitern BGE 86 II 221 S. 227 Literaturangaben; zum fiduziarischen Geschäft im allgemeinen vgl. fernerBGE 71 II 99, BGE 78 II 451 , BGE 85 II 99 /100). Als Rechtsgrund einer Eigentumsübertragung zu solchem Zweck kann ein Kauf, verbunden mit der Einräumung eines Rückkaufsrechtes dienen (sog. Sicherungskauf; vgl. BGE 41 III 446 , BGE 56 II 447 ), aber auch eine Abmachung des Inhalts, dass die Sache dem Geldgeber als Sicherheit für seine Forderung zu Eigentum übertragen werde und der Schuldner berechtigt sei, sie im Falle der Tilgung seiner Schuld zurückzuverlangen (sog. reine Sicherungsübereignung; vgl. BGE 71 III 86 , BGE 72 II 240 , BGE 78 II 416 ). Wenn OFTINGER (a.a.O. N. 242) den EntscheidBGE 72 II 361dahin deutet, dass bei Grundstücken der Rechtsgrund der Eigentumsübertragung nicht in einer solchen Abmachung liegen könne, so ist dies unrichtig; der erwähnte Entscheid, der sich mit einer als Kauf getarnten fiduziarischen Schenkung befasst, sagt an der angeführten Stelle nur, bei Grundstücken sei eine Eigentumsübertragung ohne Angabe eines Rechtsgrundes unzulässig. Bei einem als Kauf bezeichneten Sicherungsgeschäft handelt es sich um einen ernstgemeinten Kauf, wenn der übereinstimmende Wille der Parteien dahin geht, dass nicht nur die Sache ins Eigentum des Geldgebers übergehen, sondern auch der vereinbarte Preis tatsächlich beglichen werden soll (sei es durch Barzahlung, wobei das bezahlte Geld wirtschaftlich die Darlehensvaluta bildet, vgl. BGE 56 II 444 ff., sei es durch Verrechnung mit einem bereits gewährten Darlehen), und dass die dadurch geschaffene Lage unter dem einzigen Vorbehalt der Ausübung des dem Veräusserer eingeräumten Rückkaufsrechts bestehen bleiben soll (was in der Regel nur angenommen werden kann, wenn die Parteien die Leistung und die Gegenleistung als gleichwertig ansahen). In diesem Falle sind die den Kauf kennzeichnenden Rechtswirkungen (vgl. Art. 184 OR ) wirklich gewollt, auch wenn der Beweggrund des Geschäftsabschlusses darin lag, dem BGE 86 II 221 S. 228 Erwerber für dem Veräusserer zur Verfügung zu stellendes oder bereits zur Verfügung gestelltes Geld eine Sicherheit zu verschaffen. Anders verhält es sich dagegen z.B. dann, wenn die Parteien übereinstimmend der Meinung sind, der "Käufer" solle zwar Eigentümer der Kaufsache werden, habe aber den vereinbarten Kaufpreis nicht zu begleichen, sondern solle die ihm in Wirklichkeit ohne Gegenleistung überlassene Sache als Sicherheit für eine Forderung erhalten mit der Verpflichtung, sie im Falle der Bezahlung seiner Forderung an den Schuldner zurückzuübertragen. Ein solches Geschäft ist kein wirklicher Kauf, sondern unter dem Kaufvertrag verbirgt sich die Vereinbarung einer reinen Sicherungsübereignung. Im vorliegenden Falle betrug der Kaufpreis nach den vorgelegten Verträgen in Wirklichkeit Fr. 30'000.-- (und entsprach damit ungefähr dem Schatzungswert der Liegenschaften), weil Studer darnach nicht nur die Grundpfandschulden von Fr. 22'000.-- zu übernehmen, sondern darüber hinaus gemäss Zusatzvertrag seine Forderung von Fr. 8'000.-- als mit dem Kaufpreis verrechnet abzuschreiben hatte. Entsprachen diese Abmachungen dem wirklichen Willen der Vertragsparteien und sollte Fritschi nur das auf vier Jahre befristete Rückkaufsrecht gemäss Kaufrechtsvertrag vom 25. Juli 1938 vorbehalten bleiben, so liegt nach dem Gesagten ein ernstgemeinter Kauf vor. Nach dem Umständen ist nun allerdings nicht sicher, dass die Verrechnung des Darlehens von Fr. 8000.-- mit dem Kaufpreis wirklich gewollt war; denn Studer verlangte in der Folge für den grössten Teil des Betrags von Fr. 8000.--, nämlich für Fr. 7000.--, von Fritschi Zinsen (welchen Anspruch er in seinem Rechtsöffnungsbegehren von 1951 auf eine "separate Abmachung" stützte), und nahm den Betrag von Fr. 7000.-- als "Kapital It. Kaufvertrag vom 25. Juli 1938" in die Abrechnungen auf, die er Fritschi in den Jahren 1950-1954 zugehen liess und von denen Fritschi mindestens die erste als richtig anerkannte. Es kann hier jedoch dahingestellt bleiben, BGE 86 II 221 S. 229 ob aus diesen (und einigen weitern) Indizien mit genügender Sicherheit geschlossen werden könne, die Vertragsparteien seien schon im Juli 1938 darüber einig gewesen, dass die im Zusatzvertrag vereinbarte Verrechnung nicht stattfinden, sondern der Betrag von Fr. 8000.-- (oder ein Teil davon) weiterhin als Schuld Fritschis gelten solle. Wollte man nämlich davon ausgehen, dass dies der wahre Wille der Parteien gewesen sei, so wäre daraus doch keineswegs zu schliessen, dass nur eine Verpfändung der Liegenschaften gewollt gewesen sei. Vielmehr müsste nach den gesamten Umständen angenommen werden, es habe die Abmachung bestanden, Studer solle die Liegenschaften Fritschis gegen blosse Übernahme der - nach der klaren Meinung der Parteien ihren Wert nicht erreichenden - Grundpfandschulden als Sicherheit für seine weiterbestehende Forderung von Fr. 8000.-- zu Eigentum erhalten und entsprechend diesem Zweck der Eigentumsübertragung (vgl. BGE 78 II 416 , Erw. 2 a.E.) unabhängig von seinen Pflichten aus dem Kaufrechtsvertrag (insbesondere auch noch nach dem Erlöschen des auf vier Jahre befristeten Kaufrechts) verpflichtet sein, sie nach Bezahlung seiner Forderung an Fritschi zurückzuübertragen. In diesem Falle läge zwar kein wirklicher Kauf, wohl aber ein Vertrag auf reine Sicherungsübereignung vor. (Dass Studer die Liegenschaften unter dem einzigen Vorbehalt des auf vier Jahre befristeten Kaufsrechts des Veräusserers gegen blosse Übernahme der Grundpfandschulden von Fr. 22'000.-- kaufweise erwerben und demzufolge nach unbenütztem Ablauf der Frist für die Ausübung des Kaufsrechts berechtigt sein solle, von Fritschi die Rückzahlung des Darlehens von Fr. 8000.-- zu verlangen, ohne ihm dafür die Liegenschaften zurückgeben zu müssen, kann nicht die Meinung der Vertragsparteien gewesen sein; denn Fritschi hatte keinen Anlass, für den Fall, dass ihm die Ausübung des Kaufsrechts innert vier Jahren nicht möglich sein sollte, Studer den Betrag zu schenken, um den der Wert der Liegenschaften BGE 86 II 221 S. 230 die Grundpfandschulden überstieg). Die Übertragung des Eigentums an Studer war also auf jeden Fall gewollt und die darüber getroffene Abmachung rechtlich zulässig. Der Mietvertrag, auf den Fritschi noch hinweist, verrät keinen andern Parteiwillen. Aus der Tatsache, dass Studer dem Fritschi die "volle Benützung sämtlicher Räumlichkeiten und Grundstücke" sowie das Recht zur Untervermietung und zur Vornahme gewisser (keine Wertverminderung verursachender) Umbauten einräumte und dass Fritschi einen dem Hypothekarzins entsprechenden Mietzins zu zahlen sowie die Brandsteuer usw. zu tragen hatte, folgt keineswegs, dass das Eigentum nach dem wahren Willen der Parteien nicht auf Studer habe übergehen sollen. Dass die zu Sicherungszwecken erfolgte Übereignung der Liegenschaften mangels Übertragung des (unmittelbaren) Besitzes ungültig sei, ist schon deswegen unrichtig, weil es für die Übertragung von Grundeigentum einer Besitzesübertragung nicht bedarf. Was Fritschi zur Begründung dafür vorbringt, dass er Eigentümer der Liegenschaften geblieben und Studer zu Unrecht als solcher eingetragen worden sei, ist also nicht stichhaltig. 5. Kann Fritschi seinen Eigentumsanspruch nicht auf die von ihm geltend gemachten Gründe stützen, so bleibt noch die in den Rechtsschriften und in den kantonalen Urteilen nicht aufgeworfene, aber nach der Rechtsprechung ( BGE 78 II 226 Erw. 2; vgl. auch BGE 85 II 568 ) als Rechtsfrage von Amtes wegen zu prüfende Frage zu entscheiden, ob der Vertrag, der die Übertragung des Eigentums an Studer vorsah, den gesetzlichen Formvorschriften genüge oder ob er wegen Formmangels ungültig und die darauf beruhende Eintragung Studers im Grundbuch aus diesem Grunde ungerechtfertigt sei. Laut Gesetz bedarf ein Vertrag auf Übertragung von Grundeigentum, insbesondere ein Kaufvertrag, der Grundstücke zum Gegenstand hat, zu seiner Gültigkeit der BGE 86 II 221 S. 231 öffentlichen Beurkundung ( Art. 657 Abs. 1 ZGB , Art. 216 Abs. 1 OR ). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes ( BGE 84 IV 164 und BGE 86 II 36 mit Hinweisen; Urteil der I. Zivilabteilung vom 10. Mai 1960 i.S. City Umbau AG gegen Cresta AG, S. 9) muss die Form alle wesentlichen Punkte eines solchen Vertrages decken, namentlich auch die ganze für das Grundstück versprochene Gegenleistung, und zwar gilt dies, wie in den eben angeführten Urteilen in Abweichung von einer frühern Praxis entschieden wurde, auch dann, wenn die Gegenleistung teilweise schon vor der Beurkundung des Vertrages erbracht wurde. Geht man - mit den Erben Studer - davon aus, dass die in den Verträgen vom Juli 1938 niedergelegten Abmachungen dem wirklichen Willen der Parteien entsprochen haben und dass insbesondere die im Zusatzvertrag enthaltene Vereinbarung über die Verrechnung der Forderung Studers mit dem Kaufpreis ernst gemeint sei, so erweist sich der Grundstückkauf vom 25. Juli 1938 nach der eben angeführten Praxis als formnichtig; denn die öffentliche Urkunde gibt den Kaufpreis mit Fr. 22'000.-- an, während er, wie schon gesagt, in Wirklichkeit Fr. 30'000.-- betrug, wenn Studer nicht bloss die Grundpfandschulden von Fr. 22'000.-- zu übernehmen, sondern ausserdem seine Forderung von Fr. 8000.-- als mit dem Kaufpreis verrechnet abzuschreiben hatte. Die Formgültigkeit des Vertrags, auf den die Eintragung im Grundbuch sich stützt, wäre aber auch dann mindestens zweifelhaft, wenn man annähme, die Verrechnungsabrede sei simuliert und Fritschi habe Studer die Liegenschaften gegen blosse Übernahme der Grundpfandschulden von Fr. 22'000.-- überlassen wollen, um ihm für das weiterhin geschuldete Darlehen von Fr. 8000.-- in Gestalt des die Pfandbelastung übersteigenden Wertes der Liegenschaften eine Sicherheit zu verschaffen. In diesem Falle hätte man es, wie in Erw. 4 hievor dargetan, entgegen dem Vertragswortlaut nicht mehr mit einem wirklichen Kauf, sondern mit einer BGE 86 II 221 S. 232 blossen Sicherstellungsvereinbarung zu tun. Im öffentlich beurkundeten Vertrag wäre also der Rechtsgrund der Eigentumsübertragung unrichtig angegeben. Die Abmachung, dass die Übereignung einfach den erwähnten Zweck habe und dass Studer folglich unter allen Umständen (auch nach dem Erlöschen des Fritschi eingeräumten Kaufsrechts) verpflichtet sei, die Liegenschaften bei Bezahlung seiner Forderung an Fritschi zurückzuübertragen, hätte aber doch wohl als wesentlicher Punkt des Übereignungsvertrags zu gelten, so dass der Vertrag jedenfalls bei strenger Auslegung der in den erwähnten Präjudizien niedergelegten Grundsätze nur gültig wäre, wenn der öffentlich beurkundete Vertragstext diese Abmachung irgendwie zum Ausdruck brächte, was nicht der Fall ist. 6. Die Formnichtigkeit eines Vertrags ist jedoch nach der Rechtsprechung unbeachtlich, wenn die Berufung darauf einen offenbaren Rechtsmissbrauch darstellt, d.h. gegen Treu und Glauben verstösst ( BGE 72 II 41 mit Hinweisen, BGE 78 II 226 Erw. 2, BGE 84 II 375 Erw. 2 und 641 Erw. 2). Die Frage, ob der Formmangel nach Treu und Glauben nicht berücksichtigt werden dürfe, stellt sich auch dann, wenn er im Prozess nicht ausdrücklich geltend gemacht wurde ( BGE 78 II 227 ). Sie ist wie die Formfrage selber von Amtes wegen zu prüfen (vgl. den eben zit. Entscheid). Dabei hat der Richter ohne Bindung an starre Regeln die gesamten Umstände nach freiem Ermessen zu würdigen ( BGE 72 II 44 , BGE 78 II 227 , BGE 84 II 375 ). Im vorliegenden Falle hat Fritschi seine Pflichten aus dem Kaufvertrage vom 25. Juli 1938 erfüllt, indem er die Liegenschaften im Grundbuch auf Studer übertragen liess. Studer seinerseits hat die ihm überbundenen Grundpfandschulden übernommen und verzinst. Für den mit dem Kaufpreis verrechneten (oder allenfalls durch die Übertragung der Liegenschaften sichergestellten) Darlehensbetrag hat er in der Folge zwar Zinsen verlangt, womit Fritschi einverstanden war; doch konnte dieser das Kapital (das Studer auch nach der am 28. September BGE 86 II 221 S. 233 1950 erfolgten Kündigung "sämtlicher Darlehen" nicht einzutreiben suchte) behalten und von Studer sogar neue Darlehen erwirken, die Studer ihm offenbar im Vertrauen darauf gewährte, dass er in den ihm übertragenen Liegenschaften wirtschaftlich (auch) dafür eine gewisse Sicherheit besitze. Fritschi machte in seinem Schreiben vom 12. Februar 1950 ausdrücklich geltend, dass der ganze Betrag seiner Schulden "an der Liegenschaft gesichert" sei. Am 25. April 1955 schloss Fritschi mit Studer über die seinerzeit an diesen veräusserten Liegenschaften einen Kaufvertrag, der zur Voraussetzung hat, dass Studer Eigentümer dieser Liegenschaften geworden sei. Auf diesen Vertrag beruft er sich auch noch im vorliegenden Prozess. Unter diesen Umständen würde es einen klaren Rechtsmissbrauch bedeuten, wenn Fritschi heute behaupten würde, der Kaufvertrag von 1938 sei wegen Formmangels ungültig. Dieser Formmangel muss daher unbeachtet bleiben, mit andern Worten es ist so zu halten, wie wenn jener Vertrag gültig zustandegekommen wäre. Fritschi muss deshalb die Annahme gegen sich gelten lassen, dass Studer seinerzeit zu Recht als Eigentümer eingetragen worden sei und das folglich Kohler von seinen Erben das Eigentum an der Liegenschaft Nr. 1847 habe erwerben können. Ist die Klage Fritschis auf Feststellung seines Eigentums an der Liegenschaft Nr. 1847 und auf entsprechende Berichtigung des Grundbuchs aus diesem Grund abzuweisen, so kann die von den Erben Studer in den mündlichen Vorträgen vor Obergericht und vor Bundesgericht aufgeworfene Frage der Ersitzung gemäss Art. 661 ZGB dahingestellt bleiben. 11. ...c) Dass die Erben Studer mit dem Verkauf der Liegenschaft Nr. 1847 ihre Pflichten aus dem Kaufvertrage vom 25. April 1955 verletzt hätten, kann deshalb nicht anerkannt werden, weil sie von diesem Vertrage wirksam zurückgetreten sind. Zu Unrecht behauptet Fritschi, die Erben Studer seien BGE 86 II 221 S. 234 gemäss Art. 214 Abs. 3 OR überhaupt nicht berechtigt gewesen, von diesem Vertrage zurückzutreten, weil die Liegenschaften schon vor der Zahlung des Kaufpreises durch "brevi manu traditio" in seinen Besitz übergegangen seien und Studer sich das Rücktrittsrecht nicht ausdrücklich vorbehalten habe. Abgesehen davon, dass nach der Auffassung von OSER/SCHÖNENBERGER (N. 12 zu Art. 214 OR ) die Bestimmung von Art. 214 Abs. 3 OR nur für den Kreditkauf gilt, während nach dem Sinne des Vertrags vom 25. April 1955 die Liegenschaften erst nach Zahlung des Kaufpreises an Fritschi zurückzuübertragen waren, ist der im Abschnitt über den Fahrniskauf stehende Art. 214 OR gemäss Art. 221 OR auf den Grundstückskauf nicht unmittelbar, sondern lediglich entsprechend anwendbar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Funktion, die bei der Erfüllung des Fahrniskaufs dem Besitzesübergang zukommt, bei der Erfüllung des Grundstückskaufs der Eintragung im Grundbuch zufällt. Nicht der vor der Zahlung des Kaufpreises erfolgte Besitzesübergang, sondern die vor der Zahlung vollzogene Eintragung des Käufers im Grundbuch hat daher beim Grundstückskauf die in Art. 214 Abs. 3 OR vorgesehenen Rechtsfolgen. Fritschi kann sich also schon deshalb nicht mit Erfolg auf diese Bestimmung berufen, weil der Kauf vom 25. April 1955 nicht im Grundbuch eingetragen worden ist. Stand Art. 214 Abs. 3 OR einem Rücktritt nicht im Wege, so hätte Studer, der die Liegenschaften erst nach Zahlung des Kaufpreises an Fritschi zurückzuübertragen hatte, gemäss Art. 214 Abs. 1 und Art. 221 OR das Recht gehabt, ohne weiteres vom Vertrage zurückzutreten, als Fritschi mit der Barzahlung, die gemäss Vertrag vom 25. April 1955 bis Ende Mai 1955 zu leisten war, in Verzug kam. Dieses Recht hat er verwirkt, weil er die sofortige Anzeige im Sinne von Art. 214 Abs. 2 OR unterliess. Damit hat er aber nicht auch das Recht verloren, nach Art. 107 ff. OR vorzugehen ( BGE 49 II 32 Erw. 3, insbesondere S. 34; BECKER N. 5 zu Art. 214 OR ). Ebensowenig BGE 86 II 221 S. 235 hat er das Rücktrittsrecht dadurch eingebüsst, dass er den Rücktritt nicht sofort erklärte, nachdem er Fritschi im Mahnschreiben vom 15. Juni 1955 erstmals eine Nachfrist im Sinne von Art. 107 Abs. 1 OR angesetzt hatte und die Zahlung innert dieser (bis zum 30. Juni 1955 reichenden) Frist nicht erfolgt war. Der Gläubiger, der nach unbenütztem Ablauf der Nachfrist keine Wahlerklärung im Sinne von Art. 107 Abs. 2 OR abgibt, ist vielmehr berechtigt, dem Schuldner neuerdings eine Nachfrist im Sinne von Art. 107 Abs. 1 OR anzusetzen ( BGE 76 II 304 mit Hinweisen; OSER/SCHÖNENBERGER N. 21 zu Art. 107 OR ). Dies haben die Erben Studer mit ihrem Schreiben vom 19. November 1955 getan. Dass sie dabei für den Fall der Nichteinhaltung der Frist zugleich den Rücktritt vom Vertrag erklärten, war zulässig ( BGE 44 II 174 mit Hinweisen undBGE 50 II 19; OSER/SCHÖNENBERGER N. 33 zu Art. 107 OR ). Mit dem unbenützten Ablauf dieser letzten Frist, die am 30. November 1955 endigte, ist also der Vertrag vom 25. April 1955 ohne weiteres infolge Rücktritts dahingefallen.
public_law
nan
de
1,960
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
10e52b06-b24f-4315-bc19-e349a89e0a0e
Urteilskopf 97 II 326 45. Arrêt de la IIe cour civile du 16 décembre 1971 dans la cause Masse en faillite de Quartz d'Hormy SA contre Studer.
Regeste Art. 676 ZGB 1. Eine auf fremdem Grundstück befindliche Vorrichtung zum Abtransport und zur Lagerung von Quartz gilt als "Leitung" im Sinne von Art. 676 ZGB , sofern ihre Funktion der Beförderung des Materials wichtiger ist als diejenige der Lagerung (Erw. 2). 2. Die Dienstbarkeit entsteht, wenn die Leitung äusserlich wahrnehmbar ist, mit deren Erstellung, vorausgesetzt, dass die Parteien einen schriftlichen Dienstbarkeitsvertrag abgeschlossen haben (Erw. 4). 3. Wenn die Vorrichtung Zugehörcharakter hat, so hat derjenige, der sie erstellte, Anspruch auf ein gesetzliches Pfandrecht an den Grundstücken, die praktisch das in Art. 676 ZGB genannte Werk darstellen, nämlich am Steinbruch, in dem Quartz gewonnen wird (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 327 BGE 97 II 326 S. 327 A.- En 1966, Quartz d'Hormy SA a chargé Martial Studer de la construction d'une installation d'évacuation et de stockage de quartz à sa carrière d'Hormy, à St-Léonard. Le coût total s'est élevé à 69 899 fr.25. Studer reçut 38 000 fr. en cours de travaux. Le 20 février 1967, le Juge-Instructeur de Sion ordonna l'inscription de l'hypothèque légale provisoire sur les immeubles appartenant à Quartz d'Hormy SA à Hormy sur St-Léonard, en garantie de 31 733 fr. 40. Le 1er avril 1967, Studer a ouvert action en paiement du solde de 31 899 fr. 25. Il a requis l'inscription définitive de l'hypothèque légale. Quartz d'Hormy SA s'est opposée à l'action et a demandé reconventionnellement le versement de 14 924 fr. avec intérêts. Elle a fait valoir certains défauts de l'ouvrage et le retard intervenu dans l'exécution des travaux, et a opposé, de ce fait, en compensation les pénalités prévues par le contrat. Elle a BGE 97 II 326 S. 328 invoqué la nature forfaitaire du contrat passé avec Studer et a déclaré ne pas avoir à assumer le coût des travaux complémentaires. Elle a contesté la possibilité d'inscrire une hypothèque légale pour des travaux effectués à des installations situées en dehors du fonds grevé. Aux débats devant l'autorité cantonale, Quartz d'Hormy SA a retiré ses conclusions reconventionnelles et reconnu devoir le solde de la facture établie sur la base du devis. En revanche, elle a maintenu son opposition au paiement des factures relatives aux travaux complémentaires et à l'inscritpion de l'hypothèque légale. B.- Par jugement du 24 octobre 1968, le Tribunal cantonal du Valais a condamné Quartz d'Hormy SA à payer à Studer le montant de 31 899 fr. 25 avec intérêts à 5% dès le 4 mars 1967 et a ordonné l'inscription définitive de l'hypothèque légale. La cour cantonale a rejeté toutes les exceptions de la défenderesse tirées du prétendu caractère forfaitaire du contrat. Pour ce qui concerne l'hypothèque légale, elle a estimé que l'installation d'évacuation de matériaux de la carrière appartenant à Quartz d'Hormy SA doit être considérée comme une autre conduite au sens de l'art. 676 al. 1 CC et partant comme un accessoire du fonds, dont elle est un élément indispensable et dont elle augmente sensiblement la valeur. L'inscription de l'hypothèque légale doit dès lors être accordée sur les immeubles qui bénéficient directement des installations construites par le demandeur. C.- Quartz d'Hormy SA recourt en réforme au Tribunal fédéral. Elle conclut au rejet des conclusions tendant à l'inscription définitive de l'hypothèque légale. L'intimé conclut au rejet du recours et à la confirmation de l'arrêt attaqué. D.- Quartz d'Hormy SA a été déclarée en faillite le 20 février 1969. L'instruction du recours en réforme a été suspendue. Le 22 juin 1971, la deuxième assemblée des créanciers a décidé de continuer le procès pendant entre la société faillie et Studer. Erwägungen Considérant en droit: 1. Le demandeur est, aux termes de l'art. 837 al. 1 ch. 3 CC, un entrepreneur qui a fourni des matériaux et du travail pour la construction d'une installation, dont Quartz d'Hormy SA l'avait chargé. Le délai de trois mois de l'art. 839 al. 2 CC a été BGE 97 II 326 S. 329 respecté. L'inscription d'une hypothèque légale n'est cependant possible que sur un immeuble pour lequel les matériaux et le travail ont été fournis. L'installation livrée par le demandeur est une construction métallique qui évacue les matériaux de quartz provenant de l'exploitation de la carrière appartenant à la défenderessse. Elle consiste essentiellement en un plan incliné supérieur sur lequel glissent les matériaux, qu'un tapis roulant transporte ensuite jusqu'au sommet d'une deuxième glissière ou chéneau inférieur, d'où ils descendent pour être stockés et chargés sur des camions. Le tapis roulant et la glissière inférieure reposent sur des piliers métalliques. Il est constant que l'installation construite par le demandeur ne se trouve pas sur une parcelle appartenant à la défenderesse, mais sur une parcelle voisine des terrains de la défenderesse. Il est évident, d'autre part, que, sans cette installation, l'extraction de quartz et l'exploitation de la carrière ne seraient pas possibles. Dans ce sens, il y a lieu d'admettre que cette installation augmente la valeur des immeubles propriété de Quartz d'Hormy SA 2. La cour cantonale a jugé que l'installation de transport, d'évacuation et de stockage des matériaux de quartz doit être considérée comme une "autre conduite" au sens de l'art. 676 al. 1 CC. La doctrine faisant rentrer dans la notion de conduite aux termes des art. 676 et 691 CC, par exemple, des téléphériques et des voies de raccordement (MEIER-HAYOZ, n. 10 et HAAB, n. 1 à l'art. 676 CC; HAAB, n. 9 aux art. 691/92/93 CC), l'opinion de la cour cantonale est fondée à la condition que la fonction de transport et d'acheminement du matériau soit plus importante que celle de stockage, qu'elle représente autrement dit le but principal de l'installation (MEIER-HAYOZ, n. 8 à l'art. 676 CC). La recourante le conteste. Elle prétend que la fonction de stockage est essentielle, qu'elle s'exerce de façon permanente et subsiste même lors des interruptions annuelles de l'activité de la carrière, de fin octobre à début avril. On ne saurait concevoir la fonction de transport sans celle de stockage. Pour l'intimé, au contraire, la fonction de stockage est tout à fait secondaire, pour ne pas dire inexistante. Dans ses considérants relatifs à la nature juridique de l'installation, la cour cantonale n'a mentionné que la fonction de transport; elle a ignoré l'autre. BGE 97 II 326 S. 330 C'est un point de fait qui doit être élucidé par un renvoi de la cause à l'instance inférieure, car de sa solution pourrait dépendre l'issue du litige. En revanche, c'est à tort que la recourante invoque l'absence de tout lien physique entre l'installation, qui se trouve intégralement sur des terrains appartenant à des tiers, et la carrière. Une conduite ne perd pas cette qualité, même si elle se trouve complètement hors du fonds pour lequel elle a été établie. Ce qui importe, ce n'est pas qu'elle soit prolongée jusque sur le fonds en question, mais qu'elle remplisse sa fonction de transport dans l'exploitation de ce fonds et de l'entreprise qui l'occupe. 3. Les conduites visées à l'art. 676 CC sont présumées appartenir au propriétaire de l'entreprise dont elles proviennent. Elles sont désignées comme accessoires de cette entreprise (art. 676 al. 1 CC). La recourante affirme que, l'installation construite par l'intimé étant un ouvrage immobilier, elle ne saurait, en vertu de la définition contenue à l'art. 644 al. 2 CC qui limite la notion d'accessoires à des objets mobiliers, être considérée comme un accessoire de la carrière. Elle se méprend cependant sur la portée du terme "accessoires" qui figure à l'art. 676 CC. Le législateur a étendu par analogie, dans cette disposition, la notion d'accessoires des art. 644/645 CC, pour permettre d'incorporer les conduites, en tant qu'ouvrages immobiliers, dans la propriété du fonds dont elles proviennent (MEIER-HAYOZ, n. 34 à l'art. 676 CC). Le Tribunal fédéral a eu l'occasion récemment de préciser que la qualité d'accessoires prévue à l'art. 676 CC ne doit pas être comprise dans le sens de la définition des art. 644 et 645 CC (RO 97 II 37). 4. Les conduites ne sont des accessoires de l'entreprise dont elles proviennent que si une servitude a été constituée. C'est la condition indispensable pour justifier un droit de propriété sur une construction immobilière distinct de celui du fonds où la construction a été faite. Elles n'ont pas la qualité d'accessoires, si leur établissement est fondé sur une concession précaire ou une simple autorisation personnelle, ayant une portée purement obligatoire (HAAB, n. 7 et 12 à l'art. 676 CC; MEIER-HAYOZ, n. 18 à l'art. 676 CC). Si la conduite, comme en l'espèce, est apparente, la servitude est constituée dès l'établissement de la conduite, sans inscription au registre foncier (art. 676 al. 3 CC). BGE 97 II 326 S. 331 Cependant, même dans ce cas, les parties sont tenues de conclure une convention écrite (art. 732 CC; HAAB, n. 9 à l'art. 676 CC; MEIER-HAYOZ, n. 20 à l'art. 676 CC). Faute de convention, et si le droit de voisinage (art. 691 CC) ne trouve pas application, le propriétaire du fonds où a été installée la conduite devient, en vertu du principe de l'accession, propriétaire de la conduite (HAAB, n. 9 à l'art. 676 CC). La servitude n'est pas constituée. En l'espèce, le juge qui a ordonné l'inscription provisoire de l'hypothèque légale a précisé, dans sa décision, que Quartz d'Hormy SA avait passé une convention écrite autorisant la construction de l'installation sur la parcelle voisine. Dans son mémoire de réponse, la défenderesse a exposé que l'installation destinée au transport du quartz n'avait pas fait l'objet d'une servitude, "mais d'une simple convention passée avec le propriétaire du terrain". Le jugement attaqué ne contient aucune constatation à ce sujet. Il admet sans autre l'existence d'une servitude. On ignore cependant si la convention passée entre les parties tendait à la constitution d'une servitude ou ne conférait au bénéficiaire qu'un simple droit personnel, de nature obligatoire. Dans la première hypothèse, la servitude s'est constituée, sans inscription, dès l'établissement de l'installation; cette dernière a qualité d'accessoire de l'entreprise et du fonds de Quartz d'Hormy SA Elle n'a en revanche jamais acquis cette qualité si la convention n'avait qu'une portée obligatoire. C'est un autre point qui doit être élucidé par le juge du fait et qui pourrait se révéler décisif. D'ailleurs, et suivant les circonstances, il y aurait lieu pour la cour cantonale de se demander si la recourante peut déduire le droit d'établir son installation sur le fonds d'autrui des règles du droit de voisinage, notamment de l'art. 691 CC, au regard duquel la décision du juge est susceptible de remplacer l'accord des parties. 5. Pour le cas où la qualité d'accessoire de l'installation et partant un droit de propriété distinct de celui du fonds où l'installation a été faite seraient définitivement acquis, l'intimé doit être mis au bénéfice de l'hypothèque légale sur les immeubles appartenant à la recourante et qui constituent pratiquement l'entreprise mentionnée à l'art. 676 CC, soit une carrière dont sont extraits les minéraux de quartz. L'intimé a en effet fourni BGE 97 II 326 S. 332 des matériaux et du travail en créant une installation destinée à l'exploitation d'un fonds (qui est en même temps l'entreprise du propriétaire) dont il a, de ce fait, augmenté la valeur. L'identité du droit de propriété sur l'installation et sur le fonds, respectivement l'entreprise à laquelle l'installation est rattachée, justifie l'inscription, sur le fonds en question, de l'hypothèque légale, dont le but est justement de garantir les créances des entrepreneurs et artisans pour la plus-value créée par leur construction (RO 41 I 293). Ce privilège est d'autant plus fondé que l'aliénation, la constitution en gage et la réalisation forcée (à part l'exception de l'art. 12 ORI, dépourvue en l'espèce d'importance pratique) de l'entreprise visée à l'art. 676 s'étendent ipso jure aux conduites, en tant qu'accessoires (HAAB, n. 17-19 à l'art. 676 CC; MEIER-HAYOZ, n. 37-40 à l'art. 676 CC). Ceci est, du reste, conforme à la règle générale de l'art. 805 al. 1 CC, quand bien même la notion d'accessoires de l'art. 676 CC n'est pas celle définie à l'art. 644 al. 2 CC. 6. L'inscription de l'hypothèque légale sur l'immeuble où se situe l'entreprise dont provient la conduite ne donne lieu à aucune difficulté, si la conduite est constituée en servitude foncière. Comme telle, elle partage juridiquement le sort du fonds dominant, dont elle dépend (LIVER, n. 37 à l'art. 730 CC et Nachtrag p. 659). La doctrine a déjà reconnu, dans ce cas, à l'entrepreneur le droit d'obtenir l'inscription de l'hypothèque légale sur le fonds dominant (LEEMANN, n. 20 à l'art. 837 CC). La constitution d'une servitude foncière n'est pas à priori exclue. Le Tribunal fédéral a certes jugé, dans l'arrêt déjà cité (RO 97 II 37), que le but visé à l'art. 676 CC est mieux servi par la constitution d'une servitude personnelle. En effet, cette disposition a été introduite dans l'intérêt des entreprises de production et de transport d'énergie électrique, pour qui le problème de la vente ou de la constitution en gage de la conduite, séparément du fonds d'où elle provient, peut se poser. Ce n'est sûrement pas le cas pour une simple installation d'évacuation des matériaux extraits d'une carrière, qui ne se justifie que si elle est liée à ce fonds et qui pratiquement a bien plus la qualité de partie intégrante que d'accessoire du fonds en question. La solution ne peut pas être différente, si la conduite, en tant qu'accessoire d'une entreprise en vertu de l'art. 676 al. 1 CC, est constituée en servitude personnelle, à la condition, BGE 97 II 326 S. 333 comme en l'espèce, que l'entreprise soit propriétaire du fonds, pour lequel la conduite a été établie. La jurisprudence ayant déjà admis le droit à l'inscription de l'hypothèque légale pour des travaux exécutés sur l'ordre d'un locataire (RO 92 II 227), l'inscription devrait cependant être accordée, même si l'entreprise, dont la conduite est un accessoire, n'était pas propriétaire du fonds exploité, pour autant que la conduite ait été établie pour ce fonds. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Admet le recours, annule le jugement rendu le 24 octobre 1968 par le Tribunal cantonal du Valais et renvoie la cause à l'autorité cantonale pour nouveau jugement dans le sens des considérants.
public_law
nan
fr
1,971
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
10ec3263-75fb-4eb2-829b-037b3b2a24da
Urteilskopf 83 II 517 70. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 12. Dezember 1957 i.S. H. und M. Preisig gegen Heim und Koller.
Regeste Ausübung des Vorkaufrechts. Die Frist des Art. 681 Abs. 3 ZGB beginnt erst zu laufen, wenn der Vorkaufsberechtigte von allen für seine Entschliessung beachtlichen Bestimmungen des Kaufvertrages sichere Kenntnis erhalten hat.
Sachverhalt ab Seite 517 BGE 83 II 517 S. 517 A.- Das landwirtschaftliche Grundstück Sommersberg in Gais stand im Miteigentum der Beklagten Helene und Martha Preisig in Gais zu je 1/6, von Klara Kaiser-Preisig in Basel zu 1/3 und von Lily Blättler-Preisig in Basel zu 1/3. Mit öffentlich beurkundetem Vertrag vom 15. September 1955 verkaufte Klara Kaiser-Preisig ihren Anteil den beiden Klägern Heim und Koller zum Preise von Fr. 30'000.--. Es handelte sich um einen vorzeitigen Verkauf, der nach Art. 218 ff. OR der Bewilligung durch den Regierungsrat bedurfte. Diese wurde am 25. Oktober 1955 erteilt und den andern Miteigentümern unter Hinweis auf ihr Vorkaufsrecht am 5. November 1955 mitgeteilt. Am 15. gl.M. erklärten die Beklagten, das Vorkaufsrecht ausüben zu wollen, worauf das Grundbuchamt sie als Erwerberinnen des verkauften Anteils eintrug. B.- Da die Beklagten indessen vom Verkauf bereits am 17. September 1955 durch den Verwalter der Liegenschaft, Menet, der den Verkauf vermittelt hatte, benachrichtigt worden waren, hielten die Käufer die Ausübung BGE 83 II 517 S. 518 des Vorkaufrechtes für verspätet. Sie erhoben im April 1956 Klage mit den Begehren 1. auf Feststellung der verspäteten Geltendmachung des Vorkaufsrechtes, weshalb das Grundbuchamt den verkauften Miteigentumsanteil zu Unrecht auf die Beklagten übertragen habe und dieser Eintrag zu löschen sei; 2. auf Feststellung des gültigen Bestandes des Kaufvertrages und des Anspruches der Kläger auf entsprechende Eintragung als Miteigentümer. C.- Sowohl das Bezirksgericht Mittelland wie auch das Obergericht des Kantons Appenzell A.Rh., dieses mit Urteil vom 26. März 1957, haben die Klage gutgeheissen. Zur Begründung wird ausgeführt, die Monatsfrist zur Ausübung des Vorkaufsrechts nach Art. 681 Abs. 3 ZGB habe mit dem Zeitpunkt hinreichender Kenntnisnahme vom Kaufvertrage durch die Vorkaufsberechtigten zu laufen begonnen. Solche Kenntnis hätten die Beklagten am 17. September 1955 infolge mündlicher Orientierung durch den Kaufsvermittler Menet erlangt. Somit hätten sie das Vorkaufsrecht spätestens am 17. Oktober 1955 ausüben müssen; ihre Erklärung vom 15. November 1955 sei verspätet. Der Umstand, dass der Kaufvertrag mit Rücksicht auf die Sperrfrist des Art. 218 OR (in der Fassung gemäss Art. 50 EGG ) noch der behördlichen Bewilligung bedurfte, deren Erteilung erst am 5. November 1955 den Beklagten mitgeteilt wurde, habe den Fristenlauf nicht hinausgeschoben. Vielmehr hätten die Beklagten in den an sich gültigen abgeschlossenen Kaufvertrag schon vor der behördlichen Bewilligung eintreten können und auch müssen, um die der Ausübung ihres Rechtes gesetzte Frist nicht zu versäumen. Bei rechtzeitigem Eintritt wäre der Anspruch auf Erwerb auf sie übergegangen, so wie er den Käufern zustand, nämlich unter der Bedingung, dass der Verkauf von der Behörde bewilligt werde. D.- Gegen dieses Urteil richtet sich die vorliegende Berufung der beiden Beklagten mit dem Antrag auf gänzliche Abweisung der Klage. Der Antrag der Kläger geht auf Bestätigung des angefochtenen Urteils. BGE 83 II 517 S. 519 Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Bedeutung der Sperrfrist des Art. 218 OR ? Frage offen gelassen). 2. Nach der für vorgemerkte Vorkaufsrechte aufgestellten, aber auch auf gesetzliche Rechte solcher Art gemäss Art. 682 ZGB anwendbaren Vorschrift von Art. 681 Abs. 3 ZGB erlischt das Vorkaufsrecht "mit dem Ablauf eines Monats, nachdem der Berechtigte von dem Verkaufe Kenntnis erhalten hat". Aus welcher Quelle die dem Berechtigten zugekommene Kunde stammt, spielt keine Rolle. Neben einer Anzeige durch den Verkäufer gemäss Art. 681 Abs. 2 ZGB ist auch eine Benachrichtigung von anderer Seite, ja selbst eine zufällige Kenntnisnahme geeignet, die Monatsfrist in Lauf zu setzen. Dieser Wirkung einer hinreichenden Kenntnisnahme kann keineswegs Art. 969 Abs. 2 ZGB entgegengehalten werden ( BGE 44 II 385 , BGE 56 II 172 /73). Die Geltendmachung des Vorkaufsrechts spielt sich unter den Beteiligten ab, wobei dem Grundbuchamt keine wesentliche Mitwirkung zukommt. Wo die öffentliche Beurkundung nicht durch den Grundbuchverwalter vorzunehmen ist (vgl. Art. 948 Abs. 3 ZGB und Art. 55 SchlT), werden übrigens die Absätze 2 und 3 von Art. 681 ZGB oft zur Auswirkung kommen, schon bevor der Kauf zur Eintragung angemeldet wird, also bevor das Grundbuchamt davon erfährt. Das für die Ausübung der im EGG vorgesehenen Vorkaufsrechte geltende besondere Verfahren (Art. 13/14 EGG) gilt nicht ausserhalb des Bereiches dieses Spezialgesetzes. Indessen beginnt die Frist des Art. 681 Abs. 3 ZGB nicht ohne weiteres zu laufen, sobald dem Vorkaufsberechtigten der Kaufsabschluss als solcher zur Kenntnis gelangt. Einmal sind blosse Gerüchte nicht geeignet, ihn zu rechtsgeschäftlichem Handeln zu bestimmen; es bedarf sicherer Kenntnisnahme (vgl. LEEMANN, N. 66 zu Art. 681 ZGB ). Sodann muss dem Vorkaufsberechtigten ausser der Tatsache eines Kaufsabschlusses auch der wesentliche Inhalt BGE 83 II 517 S. 520 des Vertrages bekannt geworden sein ( BGE 44 II 385 , BGE 73 II 167 Erw. 5). Gemeint sind damit nicht nur die für das Zustandekommen eines bestimmten Kaufvertrages unerlässlichen Elemente, die sog. essentialia (v. TUHR OR § 20 VIII am Ende), worauf BGE 56 II 174 anspielt, sondern alle wesentlichen Bedingungen des konkreten Vertrages (HAAB, N. 39 zu den Art. 681 und 682 ZGB ), also auch die Abreden über Nebenleistungen und andere Vertragsfolgen, die nicht als selbstverständlich oder für die Willensbildung der Vorkaufsberechtigten völlig belanglos zu betrachten sind. Schon in BGE 44 II 386 /87 wurde ausgesprochen, die Ausübung des Vorkaufsrechts setze voraus, dass der Berechtigte "über den Kaufvertrag mit dem Dritten und dessen wesentlichen Inhalt" unterrichtet sei. Art. 681 Abs. 2 ZGB verpflichte den Verkäufer zur Anzeige, damit der Berechtigte "das, was er für die Entschliessung über die Ausübung oder Nichtausübung seines Rechtes wissen muss", sobald als möglich erfahre. Ebenso gehöre zum Beweis einer in anderer Weise erlangten wirksamen Kenntnis "nicht nur der Nachweis des Wissens um die Veräusserung an sich, sondern auch um ihre wesentlichen, für die Entschliessung über die Ausübung des Vorkaufs bedeutsamen Bedingungen". 3. Davon geht freilich auch der angefochtene Entscheid aus, und er stellt, für das Bundesgericht verbindlich ( Art. 63 Abs. 2 OG ), fest, an der mündlichen Unterredung vom 17. September 1955 habe der Kaufsvermittler Menet die Beklagten nicht nur über den Verkauf des streitigen Miteigentumsanteils an die beiden Kläger, sondern auch über den vereinbarten Kaufpreis und überhaupt über alles orientiert, was er zwei Tage später der andern Miteigentümerin Lily Blättler-Preisig bzw. deren Ehemann brieflich mitteilte. In diesem Briefe wird ausgeführt, der Verkauf sei erfolgt "gegen Barzahlung für den Betrag von Fr. 30'000.--, Kaufantritt 1. Oktober 1955". Unerwähnt sind dagegen in der brieflichen Kundgabe folgende Bestimmungen des Kaufvertrages geblieben: BGE 83 II 517 S. 521 "5. Die Grundbuch- und Verschreibungskosten, sowie auch sämtliche Vermittlungskosten von Herrn Jakob Menet-Heim, Gais, werden von der Käuferschaft bezahlt. 6. Die Käuferschaft tritt in das Pachtverhältnis mit dem derzeitigen Pächter Franz Dörig-Klotz, Sommersberg, Gais, ein." Es fehlt auch an einem Nachweis, ja an Anhaltspunkten dafür, dass diese Abreden an der mündlichen Besprechung vom 17. September 1955 mit den Beklagten erwähnt worden wären. Sie lassen sich indessen nicht als belanglos oder selbstverständlich bezeichnen. Die Grundbuch- und Verschreibungskosten werden an manchen Orten gewöhnlich nicht ganz vom Käufer getragen, sondern hälftig auf die beiden Kontrahenten verteilt. Und ein Mäklerlohn ist ohne abweichende Vereinbarung vom Auftraggeber allein zu entrichten, also gegebenenfalls vom Verkäufer (vgl. Art. 412 OR und OSER/SCHÖNENBERGER, N. 24 dazu). Hier ist nun nicht einmal erwiesen, dass Menet, den die Beklagten als Verwalter der Liegenschaft kannten, an der in Frage stehenden Unterredung von seiner Mäklertätigkeit sprach. Unerörtert blieb vollends, wer ihn mit der Vermittlung beauftragt hatte (es war wohl die Verkäuferin, in deren Namen er den Kaufvertrag unterzeichnet hat), und es wurde den Beklagten nicht mitgeteilt, dass (dennoch) die Käuferschaft (also gegebenenfalls die eintretenden Vorkaufsberechtigten) den Mäklerlohn zahlen sollten. Es mag sich um hundert oder auch mehrere hundert Franken handeln, eine nicht unwesentliche Aufwendung, zumal in den Augen eines Miteigentümers, dem der Kaufsabschluss und damit die Tätigkeit des Mäklers unter Umständen ungelegen kommt. Bei dieser Sachlage waren die Aufschlüsse, welche die Beklagten nach obergerichtlicher Feststellung am 17. September 1955 erhielten, nicht ausreichend, und es kann offen bleiben, ob sie überhaupt in einer Weise erfolgten, dass die betagten Beklagten sie richtig zu verstehen und im Bewusstsein festzuhalten vermochten. 4. Hatten die Beklagten somit am 17. September 1955 keine rechtswirksame Kenntnis vom Kaufvertrag im Sinne von Art. 681 Abs. 3 ZGB erlangt, so waren sie nicht BGE 83 II 517 S. 522 gehalten, eine Erklärung über die Ausübung des Vorkaufsrechtes binnen Monatsfrist von jenem Tag an abzugeben. Und da auch keine andere ausreichende Kenntnisnahme vor dem 5. November 1955 erwiesen ist, hat der am 15. gl.M. erfolgte Eintritt in den Kaufvertrag als fristgemäss zu gelten. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Appenzell Ausserrhoden vom 26. März 1957 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
public_law
nan
de
1,957
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
110076c9-9a46-4d4c-a4b4-f1e9faf23c02
Urteilskopf 125 V 141 21. Arrêt du 5 mai 1999 dans la cause Caisse interprofessionnelle d'AVS de la Fédération romande des syndicats patronaux contre Z et Commission cantonale de recours en matière d'AVS/AI, Genève
Regeste Art. 23 Abs. 1 AHVG ; Art. 46 Abs. 2 und Art. 49 Abs. 1 AHVV : Adoption der Kinder der verstorbenen Ehefrau durch den Witwer. Da der Witwer nicht Pflegevater im Sinne der Rechtsprechung war, beginnt sein Anspruch auf eine Witwerrente erst am ersten Tag des Monats, der dem Eintritt der Rechtskraft des Adoptionsentscheids folgt.
Sachverhalt ab Seite 141 BGE 125 V 141 S. 141 A.- a) Du mariage de X et Y, célébré en 1984, sont nés deux enfants: D. le 13 juillet 1985, et C. le 30 mars 1987. X étant décédé le 21 août 1986, ses deux enfants ont perçu chacun une rente simple d'orphelin. Sa veuve a épousé Z le 28 mai 1988, moment à partir duquel les enfants D. et C. ont fait ménage commun avec leur mère et son nouvel époux. Mme Z est elle-même décédée le 1er novembre 1995, de sorte que les deux enfants ont été mis au bénéfice d'une rente double d'orphelin. BGE 125 V 141 S. 142 Donnant suite à une requête de Z du 19 décembre 1995, la Cour de justice du canton de Genève a, par décision du 5 décembre 1997, prononcé l'adoption de D. et C. par leur beau-père. b) Z a sollicité le versement d'une rente de veuf le 13 février 1998. Par décision du 18 mars 1998, après avoir consulté l'Office fédéral des assurances sociales (OFAS), la Caisse interprofessionnelle d'AVS de la Fédération romande des syndicats patronaux (la caisse) lui a reconnu le droit à cette prestation à compter du 1er janvier 1998. B.- Z a recouru contre cette décision devant la Commission cantonale genevoise de recours en matière d'AVS (la commission de recours), en concluant au versement d'une rente de veuf à partir du 1er janvier 1997, date d'entrée en vigueur de la 10e révision de l'AVS. Par jugement du 29 juillet 1998, la commission a admis le recours et réformé la décision litigieuse dans le sens des conclusions de l'assuré. C.- La caisse interjette recours de droit administratif contre ce jugement dont elle demande l'annulation en concluant au rétablissement de sa décision du 18 mars 1998, ce que l'OFAS propose également au terme de son préavis. L'assuré intimé conclut implicitement au rejet du recours, en se référant à une attestation du Service du Tuteur général de Genève du 26 novembre 1998. Erwägungen Considérant en droit: 1. Le litige porte sur le début du droit de l'intimé à une rente de veuf. Il doit être tranché à la lumière des règles adoptées lors de la 10e révision de l'AVS, lesquelles sont entrées en vigueur le 1er janvier 1997 et ont notamment instauré la rente de veuf (dispositions transitoires, let. f). 2. a) L' art. 23 LAVS , al. 1 à 3, dispose ce qui suit: 1 Les veuves et les veufs ont droit à une rente si, au décès de leur conjoint, ils ont un ou plusieurs enfants. 2 Sont assimilées aux enfants de veuves ou de veufs: a. Les enfants du conjoint décédé qui, lors du décès, vivaient en ménage commun avec la veuve ou le veuf et qui sont recueillis par le survivant, au sens de l'art. 25, 3e alinéa; b. Les enfants recueillis au sens de l'art. 25, 3e alinéa, qui, lors du décès, vivaient en ménage commun avec la veuve ou le veuf et qui sont adoptés par le conjoint survivant. BGE 125 V 141 S. 143 3 Le droit à la rente de veuve ou de veuf prend naissance le premier jour du mois qui suit le décès du conjoint et, lorsqu'un enfant recueilli est adopté conformément au 2e alinéa, lettre b, le premier jour du mois suivant l'adoption. b) Sous le titre marginal "Droit à la rente de veuve et de veuf", l' art. 46 al. 2 RAVS dispose que sont réputés enfants recueillis au sens de l' art. 23 al. 2 let. b LAVS , les enfants qui pourraient, au décès de leur mère nourricière ou de leur père nourricier, prétendre à une rente d'orphelin au sens de l' art. 49 RAVS . Cette dernière disposition, prise en application de l' art. 25 al. 3 LAVS , définit les conditions du droit à la rente d'orphelin pour les enfants recueillis. Selon l' art. 49 al. 1 RAVS , les enfants recueillis ont droit à une rente d'orphelin au décès des parents nourriciers en vertu de l' art. 25 LAVS , si ceux-ci ont assumé gratuitement et de manière durable les frais d'entretien et d'éducation. A cet égard, il sied de rappeler que le statut d'enfant recueilli au sens de la jurisprudence rendue sous l'empire de l'ancien art. 49 al. 1 RAVS , en vigueur jusqu'au 31 décembre 1996, est réputé gratuit si le montant des prestations en faveur de l'enfant que les parents nourriciers reçoivent de la part de tiers (par exemple les pensions alimentaires), couvrent moins du quart des frais d'entretien effectifs de l'enfant ( ATF 122 V 183 sv. consid. 2b et les références; voir aussi les ch. 3210 et 3214 des Directives de l'OFAS concernant les rentes [DR]). Cette jurisprudence conserve toute sa valeur sous l'empire du nouveau droit. 3. En l'espèce, la commission de recours a considéré que pour fixer le début du droit de l'intimé à la rente de veuf, il était sans importance que les enfants D. et C. aient été adoptés par l'intimé, dès lors qu'ils avaient tous deux, par rapport à lui, le statut d'enfants recueillis. En effet, au jour du décès de leur mère, l'intimé avait pourvu à leur entretien depuis de nombreuses années, ainsi que la Cour de justice l'a constaté dans sa décision du 5 décembre 1997. Les conditions posées par l' art. 23 al. 2 let. a LAVS seraient ainsi réalisées, de sorte que l'intimé aurait droit à une rente de veuf à partir du 1er janvier 1997, date d'entrée en vigueur de la 10e révision de l'AVS (dispositions transitoires, let. f, al. 2). La caisse recourante estime en revanche que le litige doit être tranché à la lumière de l' art. 23 al. 1 LAVS , car les conditions de l' art. 23 al. 2 let. a et b LAVS ne sont pas remplies. En effet, soutient-elle en se référant aux ch. 3210 et 3214 DR, la gratuité du statut d'enfant recueilli n'existait pas lors du décès de Mme Z, car les rentes simples d'orphelin dont chaque BGE 125 V 141 S. 144 enfant bénéficiait couvraient à cette époque-là plus du quart de leurs frais d'entretien. Quant à l'intimé, il paraît soutenir - en se référant à une attestation du Service du Tuteur général de Genève du 26 novembre 1998 - que le statut d'enfant recueilli au sens de l' art. 49 al. 1 RAVS devrait être examiné par rapport à l'entretien auquel il a personnellement subvenu durant les deux années qui suivirent le décès de son épouse. 4. a) En soi le texte de l' art. 23 al. 2 let. a et b LAVS est clair et il n'y a pas lieu de déroger à son sens littéral par voie d'interprétation ( ATF 124 II 199 consid. 5a, 245 consid. 3, 268 consid. 3a, ATF 124 III 129 consid. 1b/aa, ATF 124 V 189 consid. 3a et les références). Le statut des deux orphelins doit donc être déterminé en fonction de la situation qui prévalait au jour du décès de leur mère le 1er novembre 1995. A cet égard, on ne saurait suivre le raisonnement de l'intimé, car cela reviendrait à étendre la portée de l' art. 23 al. 2 let. a et b LAVS à une éventualité que le législateur n'a pas envisagée. En l'espèce, à la lecture des tables figurant à l'appendice IV des DR, valables dès le 1er janvier 1994, on constate que le coût de l'entretien d'un enfant âgé de 7 à 12 ans, quand il y en a deux dans la famille, s'élevait mensuellement à 817 francs en 1995. Or, il ressort des pièces du dossier que les enfants D. et C. percevaient chacun une rente simple d'orphelin, dont le montant mensuel avait été porté à 376 francs dès janvier 1993. En conséquence, les prestations de tiers en leur faveur, en 1995, ont couvert manifestement plus du quart de leurs frais d'entretien effectifs (204 francs, selon les tables précitées). Il s'ensuit que l'intimé n'était pas, au sens de la jurisprudence, le père nourricier des enfants D. et C. au jour du décès de leur mère. Dès lors, la caisse recourante a considéré à juste titre que les conditions de l' art. 23 al. 2 LAVS n'étaient pas remplies et nié en conséquence le droit de l'intimé à une rente de veuf à partir du 1er janvier 1997. b) Lorsque Mme Z est décédée, le 1er novembre 1995, l'intimé n'avait pas encore la qualité de père adoptif des enfants D. et C. Il ne remplissait donc pas non plus, à ce moment-là, les conditions posées par l' art. 23 al. 1 LAVS pour prétendre une rente de veuf. Ces conditions n'ont été réalisées qu'à partir de l'entrée en force de la décision par laquelle la Cour de justice du canton de Genève a prononcé l'adoption des deux enfants par l'intimé. Quant au moment précis de la naissance du droit à la rente de veuf dans un tel cas, il ne ressort ni du texte légal ni des directives d'application. BGE 125 V 141 S. 145 Dans son préavis, l'OFAS propose de retenir le premier jour du mois suivant l'entrée en force de la décision d'adoption, ainsi qu'il l'avait indiqué à la recourante le 19 février 1998. Cette solution est judicieuse, car elle est conforme à la règle existant dans des situations similaires, en particulier à l' art. 23 al. 3 LAVS (voir aussi ATF 107 V 210 consid. 1b, ATF 101 V 261 et ch. 3244 DR). Au demeurant, la date du 1er janvier 1998 coïncide avec le jour où les rentes doubles d'orphelin ont été remplacées par des rentes simples du chef de l'adoption, ce qui, d'un point de vue économique, est cohérent. c) Vu ce qui précède, il convient d'admettre le recours et d'annuler le jugement attaqué.
null
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1101853b-4c12-4c1c-9a11-1803ddbd302d
Urteilskopf 120 IV 10 3. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 28 janvier 1994 en la cause B. c. Ministère public du canton de Vaud (pourvoi en nullité)
Regeste Verurteilung gestützt auf einen Sachverhalt, der in einem Punkt von einem Einstellungsbeschluss abweicht; ne bis in idem. Der Grundsatz "ne bis in idem" verbietet es, eine Person wegen desselben Sachverhalts zweimal strafrechtlich zu verfolgen; er ist verletzt, wenn in bezug auf den Verfahrensgegenstand, die betroffene Person und die Tat Identität besteht. Der Richter darf in einem Verfahren wegen vollendeten Mordversuchs eine bestimmte Tatsache - hier: die Wegnahme einer Handgranate - feststellen, auch wenn in diesem Punkt das Verfahren von der zuständigen Behörde eingestellt worden ist (E. 2b).
Sachverhalt ab Seite 11 BGE 120 IV 10 S. 11 A.- En automne 1981, B. a fait la connaissance de M.; ils ont sympathisé et se sont revus régulièrement, nouant une liaison sentimentale; leurs rapports se sont cependant dégradés au cours de l'été 1984; M. décida de rompre, le 5 août 1984, ce qui entraîna une scène assez violente. Depuis cette date, B. n'a plus revu M., mais il lui a téléphoné à de nombreuses reprises; comme il se montrait insistant, M. lui a dit clairement qu'elle ne souhaitait pas le revoir pour les fêtes de fin d'année 1984. Le 31 décembre 1984, M. reçut, à son domicile un colis contenant une boîte en bois fermée portant, à l'une de ses extrémités, un bouton semblable à celui d'un tiroir. Elle tenta de l'ouvrir en tirant sur le bouton, mais, remarquant que la boîte ne paraissait pas être de fabrication industrielle, elle pensa à l'éventualité d'une farce; elle préféra ôter les vis et décoller les parois; elle vit à l'intérieur un objet ressemblant à une massue qu'elle ne put identifier. Elle en parla à un collègue, lequel pensa qu'il pouvait s'agir d'une grenade à manche. M. se rendit alors à la gendarmerie, qui fit appel à un démineur, lequel confirma qu'il s'agissait bien d'une grenade. L'examen effectué a montré qu'il s'agissait d'une grenade de l'armée suisse dont l'allumage devait être provoqué, à l'aide d'une ficelle, en tirant sur BGE 120 IV 10 S. 12 le bouton d'ouverture de la boîte; selon les experts, l'explosion de cette grenade aurait sans doute occasionné la mort du manipulateur et celle de toute personne se trouvant à son contact. Grâce au numéro du détonateur, il fut possible d'établir que cette grenade provenait d'un lot qui avait été distribué, notamment, le 25 février 1980 à la compagnie dans laquelle B. effectuait un cours de répétition en qualité de grenadier. La justice militaire suisse, ayant appris l'utilisation d'une grenade suisse, a ouvert une enquête qui s'est terminée par une ordonnance de non-lieu prononcée par l'auditeur du Tribunal de division 1, le 11 septembre 1987, qui a considéré, sur la base des éléments dont il disposait, qu'il n'était pas établi que la grenade ait été dérobée par B. B.- Statuant le 19 février 1993, le Tribunal criminel du district de Nyon a acquis la conviction que B. avait fait envoyer ce paquet dans l'intention de causer la mort de sa destinataire; partant, il l'a condamné, pour crime manqué d'assassinat, à la peine de onze ans de réclusion. Par arrêt du 21 avril 1993, la Cour de cassation cantonale a rejeté le recours formé par le condamné. C.- B. se pourvoit en nullité à la Cour de cassation pénale du Tribunal fédéral contre cet arrêt. Erwägungen Extrait des considérants: 2. b) Le recourant soutient qu'il y a eu violation du principe "ne bis in idem", parce que l'autorité cantonale a retenu, dans les considérants de sa décision, qu'il avait soustrait une grenade lors de son cours de répétition, alors qu'il avait obtenu sur ce point une ordonnance de non-lieu rendue par l'autorité militaire compétente. Le principe "ne bis in idem", bien qu'il puisse également être déduit de l' art. 4 Cst. et qu'il soit consacré par l'art. 4 du septième protocole relatif à la CEDH, appartient, selon la jurisprudence constante, au droit pénal fédéral ( ATF 118 IV 269 consid. 2, ATF 116 IV 262 consid. 3 et les références citées). Il en résulte que sa violation peut donner lieu à un pourvoi en nullité ( art. 269 al. 1 PPF [RS 312.0]; ATF 118 IV 269 consid. 2). Ce principe, qui est un corollaire de l'autorité de chose jugée, interdit qu'une personne soit pénalement poursuivie deux fois pour les mêmes faits ( ATF 118 IV 269 consid. 2). L'autorité de la chose jugée ne s'attache normalement qu'au dispositif de la décision définitive rendue en premier BGE 120 IV 10 S. 13 lieu (SCHMID, Strafprozessrecht, Zürich 1993, p. 163 no 587). L'autorité de chose jugée et le principe "ne bis in idem" supposent qu'il y ait identité de l'objet de la procédure, de la personne visée et des faits retenus (SCHMID, op.cit., p. 164 no 589; HAUSER, Strafprozessrecht, Bâle 1984, p. 241; PIQUEREZ, Procédure pénale, p. 472 s.). Il existe une certaine controverse sur la notion d'identité des faits, qu'il n'est pas nécessaire d'évoquer ici plus avant ( ATF 118 IV 269 consid. 2; SCHMID, op.cit., p. 164 no 589; HAUSER, op.cit., p. 241 s.; PIQUEREZ, op.cit., p. 473 no 2642 s.). S'agissant plus particulièrement d'une ordonnance de non-lieu rendue pour insuffisance des charges - comme c'est le cas en l'espèce -, il est admis que l'autorité de chose jugée est restreinte en ce sens que la poursuite peut être reprise en cas de découverte de preuves ou de charges nouvelles (PIQUEREZ, op.cit., p. 471 no 2628). Il apparaît cependant d'emblée en l'espèce que le recourant n'a pas été poursuivi ou puni deux fois pour les mêmes faits. Dans la procédure pénale militaire, il s'agissait de savoir si le recourant avait dérobé la grenade pendant son cours de répétition, tandis que dans la procédure actuelle, il s'agissait de déterminer s'il avait fait envoyer le colis piégé dans l'intention de tuer le destinataire. Les deux procédures se rapportent donc à des faits distincts, qui se sont produits en un autre lieu, à une autre date et contre d'autres intérêts. L'état de fait qui fonde l'accusation n'étant pas identique, le principe "ne bis in idem" ne trouve pas application. Le recourant n'a nullement été poursuivi ou puni deux fois pour les mêmes faits, puisque l'autorité cantonale, dans la présente procédure, ne l'a pas reconnu coupable de vol d'une grenade et ne l'a pas puni pour ce motif. Il reste à se demander si l'autorité cantonale, en admettant que le recourant avait dérobé la grenade, n'a pas porté atteinte à l'autorité de chose jugée qui s'attacherait à l'ordonnance de non-lieu rendue par l'auditeur. Or, le concept d'autorité de chose jugée n'a pas la portée que semble lui prêter le recourant. Il ne concerne en principe que le dispositif, c'est-à-dire ce qui a fait l'objet de la décision définitive. Or, l'autorité cantonale ne s'est nullement prononcée sur l'existence ou l'inexistence d'une infraction au code pénal militaire, de sorte qu'elle n'a pas statué sur le même objet. Dès lors que les deux décisions portent sur des infractions nettement distinctes, le jugement cantonal n'empiète pas sur la conclusion juridique qui constitue le dispositif de la décision militaire. Certes, les deux autorités ne sont pas parvenues aux mêmes conclusions sur un point de fait. Fondée sur des éléments différents, leur appréciation des BGE 120 IV 10 S. 14 preuves a divergé. On ne voit cependant pas en quoi cela violerait le droit fédéral. En effet, l'autorité cantonale était seule compétente pour statuer sur le délit manqué d'assassinat et il lui appartenait, sur la base des moyens de preuve apportés devant elle, d'établir l'ensemble des faits pertinents pour trancher la question qui lui était soumise et relevait de sa seule compétence. Le juge compétent apprécie librement les preuves ( art. 249 PPF ) et on ne voit pas pourquoi il devrait être lié, sur un point de fait, par l'opinion d'une autorité militaire. L'autorité pénale cantonale n'est en aucune façon subordonnée à la juridiction militaire et elle dispose à son égard d'une indépendance totale. On ne voit pas pourquoi l'autorité cantonale serait liée par l'opinion de l'auditeur, du seul fait que celui-ci s'est exprimé en premier. Certes, il est souhaitable d'éviter des décisions contradictoires; on se trouve ici dans une situation qui présente une certaine analogie - encore que l'indépendance des questions soit plus marquée - avec le cas du juge administratif appelé à statuer sur un retrait du permis de conduire après un jugement pénal définitif; or, dans ce contexte, il a été admis que le juge administratif pouvait, à certaines conditions, s'écarter des faits retenus par le juge pénal ( ATF 119 Ib 158 ss); dès lors que l'autorité cantonale disposait d'autres indices que ceux soumis à l'auditeur, elle pouvait sans aucun doute s'écarter des constatations de fait de celui-ci (cf. ATF 119 Ib 158 consid. 3c/aa). Il n'y a donc pas eu violation du principe de l'autorité de chose jugée ou de l'adage "ne bis in idem".
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Urteilskopf 104 Ia 215 36. Extrait de l'arrêt du 21 juin 1978 en la cause Unité Jurassienne, Charpilloz et Vecchi contre Conseil des 187 du Grand Conseil du canton de Berne
Regeste Art. 85 lit. a OG ; Prinzip der Einheit der Materie. 1. Eine abstrakte Normkontrolle von kantonalen Verfassungsbestimmungen kann das Bundesgericht nicht durchführen (Bestätigung der Rechtsprechung). Die Bundesversammlung hat die Übereinstimmung kantonaler Verfassungsbestimmungen mit dem Bundesrecht, inkl. der von der EMRK gewährleisteten Rechte mit verfassungsrechtlichem Inhalt, zu prüfen (E. 1b und c). 2. Prinzip der Einheit der Materie. Anwendung desselben auf den Verfassungsentwurf des Kantons Bern in seinen neuen Grenzen (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 216 BGE 104 Ia 215 S. 216 Dans la perspective de la création du canton du Jura - et, par voie de conséquence, de la séparation des trois districts du Nord (districts des Franches-Montagnes, de Porrentruy et de Delémont) - il est apparu nécessaire de préparer la modification de certaines dispositions de la Constitution bernoise, afin d'adapter l'organisation étatique du canton et ses bases juridiques à la situation nouvelle. Le Grand Conseil bernois, siégeant sans la participation des 13 députés des districts des Franches-Montagnes, de Porrentruy et de Delémont et formant ainsi le "Conseil des 187", a établi le texte d'un projet de "Constitution du canton de Berne dans ses nouvelles frontières", modifiant et complétant la constitution bernoise. Dans un premier rapport présenté le 10 août 1977, le Conseil exécutif du canton de Berne a proposé au Conseil des 187 de répartir les diverses dispositions de ce projet en plusieurs paquets distincts, chacun d'eux devant être l'objet d'une question posée séparément aux membres du Conseil des 187, puis au corps électoral du canton de Berne. Le Gouvernement désirait éviter toute contestation au sujet de l'application du principe de l'unité de la matière posé à l'art. 104 de la constitution cantonale. Par la suite, cependant, se fondant sur un avis qu'il avait obtenu le 28 juillet 1977 du Secrétaire général de l'Assemblée fédérale, le Conseil exécutif s'est rallié à l'opinion contraire de la Commission du Conseil des 187, proposant de soumettre aux électeurs et électrices l'ensemble du projet en leur posant une question unique. Le 5 décembre 1977, le Conseil des 187 a adopté le texte définitif du projet de "Constitution du canton de Berne dans ses nouvelles frontières", modifiant et complétant de la manière suivante la Constitution bernoise de 1893: "Art. 1. Le canton de Berne est une république démocratique et l'un des Etats de la Confédération suisse. La souveraineté cantonale appartient au peuple qui l'exerce directement par les électeurs et indirectement par les autorités. Art. 2. Il est tenu compte des besoins spécifiques du Jura bernois et, pour les questions relatives à la langue et à la culture, de la population d'expression française du district bilingue de Bienne d'une part ainsi que du Laufonnais d'autre part. A cet effet, il est reconnu à la population de ces régions des droits particuliers de coopération, notamment de proposition et de préavis pour les affaires cantonales et intercantonales les concernant spécialement. BGE 104 Ia 215 S. 217 La législation règle les dispositions de détail. Art. 2bis. Le canton collabore avec les autres cantons pour toutes les tâches qu'il est judicieux de mener à bien au niveau intercantonal. Art. 17. Premier alinéa inchangé. Les langues officielles sont: - dans le Jura bernois le français, - dans le district de Bienne l'allemand et le français, - dans les autres districts l'allemand. Les lois, décrets, ordonnances ainsi que les arrêtés sont communiqués en allemand dans la partie allemande du canton, en français dans la partie française. 4e et 5e alinéas abrogés. Art. 17bis. Les autorités judiciaires compétentes pour l'ensemble du canton emploient en règle générale la langue du district compétent. D'entente avec les parties, le juge peut autoriser l'autre langue nationale. Devant ces instances, chaque partie a le choix entre les deux langues nationales. Art. 17ter. Le Grand Conseil règle, par décret, l'usage des langues dans le district bilingue de Bienne. Art. 26, ch. 20. Il nomme une commission paritaire formée de députés du Jura bernois et de députés d'expression française du district de Bienne d'une part, de députés du reste du canton d'autre part. Cette commission traite à titre consultatif les questions concernant le Jura bernois et les populations d'expression française du district de Bienne. Art. 26, ch. 20bis. Il nomme une commission paritaire formée des députés du district de Laufon d'une part, de députés du reste du canton d'autre part. Cette commission traite à titre consultatif les questions concernant le Laufonnais. Art. 28bis. Si des décisions concernant les affaires prévues par l'article 2 ne réunissent pas la majorité des voix exprimées soit par les députés du Jura bernois et les députés d'expression française du district de Bienne, soit par les députés du Laufonnais, ceux-ci peuvent demander qu'une autre réglementation soit soumise au vote. Art. 33 al. 4. Un siège est garanti au Jura bernois. Art. 34 al. 3. Sous réserve du droit minimum du Jura bernois, sont élus au Conseil exécutif: - au premier tour de scrutin, les candidats qui ont obtenu la majorité absolue dans l'ordre des suffrages valablement exprimés; - au scrutin de ballottage, qui est tout à fait libre, les candidats qui ont obtenu le plus grand nombre de suffrages. 5e alinéa supprimé. Les articles 105, 106, 107, 108, 109 du texte actuel sont périmés. A leur place figurent les dispositions ci-après: Titre VII: Dispositions transitoires relatives à la séparation des districts de Delémont, des Franches-Montagnes et de Porrentruy Art. 105. Après la séparation, le Grand Conseil termine la législature en cours sans les membres des cercles électoraux concernés. BGE 104 Ia 215 S. 218 Pour le Conseil exécutif est valable l'article 34, alinéa 2, de la Constitution cantonale. Art. 106. Le Conseil exécutif est compétent pour procéder à l'adaptation rédactionnelle de lois et décrets qu'implique la séparation. Le Conseil exécutif présente au Grand Conseil un rapport portant sur les adaptations qu'il opérera. Le Grand Conseil peut former opposition contre chacune d'elles. Art. 107. Le Conseil exécutif décide souverainement de la conclusion d'accords sur la poursuite exceptionnelle de procès civils, pénaux ou administratifs qui échappent à la compétence des autorités bernoises par l'effet de la séparation. Les art. 58 et 59 de la Constitution fédérale demeurent réservés. Art. 108. Le Conseil exécutif est compétent pour arrêter des réglementations, édicter des prescriptions et conclure des accords tendant à constater et garantir l'état de la situation et fixant les conditions du transfert ou de l'utilisation provisoires des biens du canton de Berne, ainsi que de ses institutions et de ses corporations. Le Conseil exécutif représente le canton de Berne et ses institutions dans les affaires relatives à la séparation. Le Conseil exécutif est seul compétent, sous réserve de l'approbation du Grand Conseil, pour conclure des accords portant sur le partage des biens avec le nouveau canton. Les conventions qui sont du domaine législatif ou qui portent sur le transfert de litiges à des instances d'arbitrage ou de bons offices sont soumis au référendum facultatif ( art. 6quater Cc ). Art. 109. Supprimé. L'art. 110 est nouvellement intitulé comme suit: Titre VII bis Autres dispositions transitoires B. Entrée en vigueur Les modifications constitutionnelles entreront en vigueur après leur adoption par le peuple, à une date fixée par le Conseil exécutif." En décembre 1977, le Conseil des 187 a fait publier ce texte constitutionnel accompagné d'un message adressé aux électeurs et électrices du canton de Berne. La votation constitutionnelle a été fixée au 26 février 1978 sur l'ensemble du nouveau territoire du canton de Berne. Le 21 février 1978, agissant par la voie du recours de droit public, l'association "Unité Jurassienne", Yvan Vecchi et Alain Charpilloz ont demandé au Tribunal fédéral: "I. d'annuler la décision du Conseil des 187 du canton de Berne du 5 décembre 1977 et la décision du Conseil exécutif l'exécutant, de soumettre au corps électoral bernois, le 26 février 1978, la modification des articles 1, 2, 17, 26 chiffre 20, 33 alinéa 4, 34 alinéa 3, le BGE 104 Ia 215 S. 219 complément par les articles 2bis, 17bis, 17ter, 26 chiffre 20bis, 28bis, 105, 106, 107, 108, la suppression des articles 105, 106, 107, 108, 109 du texte actuel de la Constitution du canton de Berne adoptée par le peuple bernois le 4 juin 1893. II. d'annuler la votation constitutionnelle intervenue le 26 février 1978, si elle a été menée à chef." La demande d'effet suspensif présentée par les recourants ayant été rejetée, la votation constitutionnelle a eu lieu le 26 février 1978 sur l'ensemble du territoire du canton de Berne, à l'exception des districts des Franches-Montagnes, de Porrentruy et de Delémont. La majorité s'est prononcée nettement en faveur du projet de "Constitution du canton de Berne dans ses nouvelles frontières". Erwägungen Considérant en droit: 1. b) Selon l' art. 6 Cst. , les cantons sont tenus de demander à la Confédération la garantie de leurs constitutions. L'Assemblée fédérale est compétente pour examiner les constitutions cantonales et leur accorder la garantie fédérale ( art. 85 ch. 7 Cst. ). Celle-ci est donnée aux conditions prévues à l' art. 6 al. 2 Cst. ; en particulier, les dispositions de ces constitutions ne doivent pas être contraires à celles de la Constitution fédérale. Le Tribunal fédéral connaît des réclamations pour violation de droits constitutionnels des citoyens ( art. 113 Cst. ). L' art. 84 OJ indique comme objet du recours de droit public les décisions et arrêtes. Il s'agit dès lors de savoir si les prescriptions des constitutions cantonales sont aussi comprises dans les décisions et arrêtes entendus dans ce sens, et s'il entre ainsi dans les attributions du Tribunal fédéral d'examiner les constitutions cantonales pour rechercher si elles violent les droits constitutionnels du citoyen. La jurisprudence a admis que l'art. 85 ch. 7 est une règle spéciale par rapport à l'art. 113, de telle sorte que les prescriptions des constitutions cantonales ne peuvent pas être attaquées par le moyen du recours de droit public. Cette règle a été posée dans un arrêt du 21 novembre 1891 (ATF 17 p. 622). Elle a été confirmée à réitérées reprises depuis lors (ATF 22 p. 1019 consid. 4; 56 I 330 consid. 2; 69 I 177 consid. 1; 71 I 252 consid. 3). Elle a été élargie dans ce sens que la garantie accordée par la Confédération mettait obstacle même à l'examen préjudiciel des dispositions constitutionnelles cantonales et BGE 104 Ia 215 S. 220 empêchait ainsi d'attaquer celles-ci à propos d'une décision d'espèce ( ATF 83 I 181 consid. 6; cf. toutefois ATF 89 I 398 /399). Cette jurisprudence a été approuvée par certains auteurs (F. FLEINER, Bundesstaatsrecht p. 59; WERNER GUT, Die Gewährleistung der Kantonsverfassungen durch den Bund, thèse Zurich 1928, p. 31; HANS RÜEGG, Die Verordnung nach zürcherischem Staatsrecht, thèse Zurich 1926, p. 144), mais la plupart l'ont critiquée (BURCKHARDT, Comm. ad art. 6 Cst. p. 71; Z. GIACOMETTI, Verfassungsgerichtsbarkeit, p. 110 ss.; F. FLEINER et Z. GIACOMETTI, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, p. 134; BERNARD SCHAUB, Die Aufsicht des Bundes über die Kantone, thèse Zurich 1956, p. 203; LEONHARD JENNY, Die Aufsicht des Bundes über die Kantone, thèse Zurich 1905, p. 107 ss.; HANS MARTI, Probleme der staatsrechtlichen Beschwerde, RDS 81/1962, vol. II, p. 44; CLAUDE BONNARD, Problèmes relatifs au recours de droit public, RDS 81/1962, vol. II, p. 407 ss.; THEODOR DE JONCHEERE, Der Rechtsschutz in Verfassungsstreitigkeiten durch die politischen Bundesbehörden, thèse Zurich 1958, p. 149). Dans un arrêt longuement motivé, prononcé le 9 octobre 1963, le Tribunal fédéral a exposé les raisons pour lesquelles il fallait s'en tenir à cette jurisprudence, tout au moins lorsque le recours de droit public est formé à la suite de la publication de la disposition constitutionnelle cantonale et tend au contrôle abstrait de celle-ci. L'intention du constituant ne peut pas avoir été de confier, avant ou après la garantie accordée par l'Assemblée fédérale, le contrôle d'une prescription constitutionnelle cantonale à un autre organe fédéral, soit à la Cour constitutionnelle. Il est vrai que l'arrêté accordant la garantie fédérale est pris sous la forme d'un arrête fédéral simple qui ne lie pas le Tribunal fédéral ( art. 113 al. 3 Cst. ); mais il ne s'ensuit pas que ce dernier doive être compétent pour se prononcer, avant ou après l'octroi de la garantie, sur la même question de la conformité de la prescription constitutionnelle cantonale à la Constitution et au droit fédéral, même du seul point de vue des droits individuels du citoyen. Cette dualité de décisions serait critiquable sous l'angle de la sécurité du droit. Si les décisions étaient différentes, l'arrête de l'Assemblée fédérale relatif à la garantie s'opposerait à l'arrêt du Tribunal fédéral. On ne saurait pas dans quelle mesure la garantie serait atteinte par un BGE 104 Ia 215 S. 221 arrêt du Tribunal fédéral. Cela mettrait en question la délimitation exacte entre le contrôle effectué par l'Assemblée fédérale avant l'octroi de la garantie et les tâches qui incombent au Tribunal fédéral en tant que Cour constitutionnelle. Ce danger serait particulièrement grave si l'on devait admettre que l'arrêt du Tribunal fédéral accueillant ou rejetant le recours pourrait être rendu déjà avant l'arrête sur l'octroi de la garantie et si, par la suite, l'Assemblée fédérale refusait celle-ci ( ATF 89 I 392 ss. consid. 2, 3 et 4). D'une manière générale, les auteurs ont maintenu leurs critiques (voir notamment HANS HUBER, Die staats- und verwaltungsrechtliche Rechtsprechung im Jahre 1963, ZBJV 1964 p. 421 et 422; HANS MARTI, Die staatsrechtliche Beschwerde, 3e éd., p. 88 et 89); seul, Claude Bonnard a déclaré, dans une remarque sur l'arrêt précité, se rallier à la thèse admise par le Tribunal fédéral (JdT 1964 I p. 220 ss.). Récemment, le Tribunal fédéral a encore une fois confirmé cette jurisprudence ( ATF 100 Ia 364 consid. 5b), que les recourants ne mettent d'ailleurs pas en cause. c) Ainsi, dans la mesure où les recourants entendent tenir pour arbitraire la suppression, dans le nouveau texte de la Constitution du canton de Berne dans ses nouvelles frontières, de la mention de l'existence du peuple du Jura, le présent recours est irrecevable. C'est à l'Assemblée fédérale qu'il appartient, en vertu des art. 6 et 85 ch. 7 Cst. , de se prononcer sur la compatibilité de la revision constitutionnelle bernoise avec le droit fédéral. Il en va de même en ce qui concerne le motif que les recourants déclarent tirer d'une prétendue violation de l' art. 14 CEDH . Il est vrai que, selon l' art. 6 al. 2 lettre a Cst. , la garantie fédérale est accordée pourvu que la constitution cantonale ne renferme rien de contraire aux dispositions de la Constitution fédérale, mais, d'après la jurisprudence, le contrôle de l'Assemblée fédérale n'est pas différent de ce que pourrait être celui du Tribunal fédéral si ce dernier avait à examiner la conformité des constitutions cantonales au droit fédéral ( ATF 89 I 395 consid. 3). En vertu du principe constitutionnel de la force dérogatoire du droit fédéral (art. 2 disp. trans. Cst.), l'Assemblée fédérale examine la conformité de la prescription constitutionnelle cantonale au droit fédéral et, en particulier, aux dispositions de la Convention européenne des droits de BGE 104 Ia 215 S. 222 l'homme. Au surplus, cette Convention impose à la Suisse de garantir à ses propres ressortissants, de même qu'à des tiers, la jouissance des droits protégés par ladite Convention (voir H. SCHORN, Die europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Frankfurt am Main 1965, p. 55). Or, d'après la jurisprudence, ces droits ont, de par leur nature, le caractère de droits constitutionnels ( ATF 101 Ia 69 consid. 6). Il en résulte que l'Assemblée fédérale, avant d'accorder la garantie fédérale, doit s'assurer que la revision constitutionnelle cantonale ne viole pas les droits de nature constitutionnelle que garantit la Convention européenne. Dés lors, l'exception d'irrecevabilité soulevée par le Gouvernement bernois est fondée. Il convient donc de déclarer irrecevable le recours dans la mesure où il est dirigé, pour arbitraire ou pour violation de l' art. 14 CEDH , contre certaines dispositions matérielles de la Constitution du canton de Berne dans ses nouvelles frontières. 2. Il y a donc lieu d'examiner si le Conseil des 187 a violé le principe de l'unité de la matière en obligeant les électeurs et électrices du canton de Berne à se prononcer en bloc pour ou contre le projet de "Constitution du canton de Berne dans ses nouvelles frontières". a) S'agissant d'un recours de droit public en matière d'élections et de votations, le Tribunal fédéral examine librement l'interprétation du droit constitutionnel cantonal et des dispositions légales étroitement liées au droit de vote lui-même, à son contenu et à son étendue ( ATF 101 Ia 232 ). Toutefois, s'il faut considérer deux interprétations possibles du droit constitutionnel cantonal comme également défendables, le Tribunal fédéral donne la préférence à celle qu'a retenue la plus haute autorité du canton ( ATF 103 Ia 155 ; ATF 100 Ia 58 ; ATF 97 I 32 ). Dans leur mémoire, les recourants citent l' art. 104 Cst. bern. aux termes duquel "si le projet du Grand Conseil ou le projet émané de l'initiative porte sur des objets de nature diverse, le peuple sera appelé à voter séparément sur chacun d'eux". Ils critiquent l'interprétation donnée par le Conseil exécutif dans son rapport complémentaire du 7 septembre 1977 et par le Conseil des 187 dans la décision attaquée, mais ils n'allèguent pas que cette disposition constitutionnelle cantonale pose un principe de l'unité de la matière plus rigoureux qu'en droit fédéral non écrit. Ils se réfèrent expressément à la jurisprudence BGE 104 Ia 215 S. 223 du Tribunal fédéral. Il n'y a donc pas lieu en l'espèce de rechercher l'interprétation exacte qu'il conviendrait de donner à l' art. 104 Cst. cant. ni même de dire si l'interprétation qu'en a faite le Conseil des 187 (la plus haute autorité du canton) est la bonne. Il faut simplement examiner, au regard de la jurisprudence, si le principe de l'unité de la matière a été violé. C'est là une question que le Tribunal fédéral examinera librement; il s'ensuit que le moyen, que les recourants paraissent vouloir tirer d'une violation de l' art. 4 Cst. , n'a pas de sens. b) D'après la jurisprudence, le droit de vote garanti par le droit fédéral comprend aussi la liberté de vote, c'est-à-dire le droit pour le citoyen de voter dans le secret, à l'abri de toute influence extérieure, et de remplir son bulletin d'une manière conforme à sa volonté réelle. Le citoyen a donc le droit d'exiger qu'aucun résultat d'élection et de votation ne soit reconnu s'il n'est pas l'expression sûre et véritable de la volonté populaire ( ATF 90 I 73 consid. 2a et les arrêts cités). En matière de référendum financier, la conséquence en est que la question posée au peuple ne peut porter que sur un seul objet, à moins qu'il ne s'agisse de dépenses qui sont interdépendantes ou ont un but commun qui les réunit par un lien réel et objectif. Sans doute est-il en principe souhaitable que les citoyens puissent s'exprimer séparément sur chaque crédit particulier, afin que leur soit épargné le dilemme d'avoir à s'exprimer par un seul oui ou par un seul non sur deux objets dont l'un emporte leur adhésion et l'autre pas. Mais l'application stricte de ce principe irait souvent à l'encontre de l'intérêt général. A certaines conditions, les autorités cantonales devraient avoir la possibilité de réunir plusieurs crédits en un seul projet soumis au peuple, et cela non seulement dans les cas où deux dépenses sont à ce point dépendantes l'une de l'autre que l'une ne pouvait se faire sans l'autre, mais aussi lorsqu'elles poursuivent un but commun qui les réunit étroitement par un lien objectif ( ATF 99 Ia 183 consid. 3c et les arrêts cités). Cette définition du principe de l'unité de la matière est valable, d'une manière générale, dans tous les cas où le peuple est appelé à se prononcer ( ATF 99 Ia 646 consid. 5b, 731 consid. 3). Elle est donc aussi applicable en l'espèce, s'agissant d'un projet de revision d'une constitution cantonale qui est obligatoirement soumis à l'approbation du corps électoral; cela n'est d'ailleurs contesté ni par les recourants, ni par le Conseil exécutif. BGE 104 Ia 215 S. 224 En doctrine, on admet aussi que le principe de l'unité de la matière a un caractère relatif. Il n'exige pas toujours que chaque disposition d'un projet soit soumis séparément au corps électoral; l'essentiel est que ces dispositions aient entre elles un rapport intrinsèque étroit et qu'elles poursuivent le même but (cf. MANFRED BEAT KUHN, Das Prinzip der Einheit der Materie bei Volksinitiative auf Partialrevision der Bundesverfassung, thèse Zurich 1956, p. 118 et 119; voir aussi ARTHUR WOLFFERS, Die Einheit der Materie, Zbl 75, 1974, p. 457 ss.). Dans son Message du 20 avril 1977 concernant l'initiative populaire "contre la vie chère et l'inflation", le Conseil fédéral a relevé que la notion du "rapport intrinsèque" entre les diverses exigences d'une initiative laisse une large marge pour apprécier si une initiative portant sur plusieurs objets répond ou non au principe de l'unité de la matière. Rappelant les avis exprimés dans la doctrine, il a constaté que les spécialistes du droit constitutionnel interprètent différemment, mais non contradictoirement, la notion du rapport intrinsèque qui est considéré comme une condition de l'unité de la matière. En revanche, le Conseil fédéral et le Tribunal fédéral en ont une conception commune et claire; les deux autorités estiment que l'unité de la matière n'est pas respectée quand une initiative groupe sans justification objective des buts ou exigences divers (FF 1977 II p. 483 et 484). c) En l'espèce, on doit admettre qu'il existait de bonnes raisons de soumettre à l'approbation du corps électoral l'ensemble du projet qui formait un tout. Dans son message aux électeurs et électrices du canton de Berne de décembre 1977, le Conseil des 187 relève en effet que l'objet de la revision soumise au peuple est l'adaptation de la constitution cantonale à la situation issue de la séparation; "seules les dispositions qui concernent directement cette nouvelle situation ont été prises en considération". Le message précise certes que la question d'une revision constitutionnelle s'est posée sous trois aspects (réorganisation de l'Etat cantonal dans ses nouvelles frontières, nouvelle définition des garanties constitutionnelles en faveur de la partie du Jura restée bernoise et du Laufonnais, définition des compétences pour les diverses dispositions à prendre en relation avec la séparation), mais cela ne signifie nullement qu'entre ces trois groupes de dispositions il n'existait pas un rapport intrinsèque étroit. Au contraire, il ressort clairement du texte soumis au peuple le 26 février 1978 que toutes ces BGE 104 Ia 215 S. 225 dispositions constitutionnelles forment un tout; elles sont en rapport étroit les unes avec les autres et poursuivent toutes le même but, qui est l'adaptation de la constitution cantonale à la situation résultant de la séparation des trois districts du Jura Nord. Dans leur mémoire, les recourants ne contestent pas sérieusement cette unité du but. Ils se contentent de reprocher à la Commission du Conseil des 187 de n'avoir pas suivi la proposition faite par le Conseil exécutif dans son rapport complémentaire du 5 septembre 1977. Or, il est clair que le Conseil exécutif n'était pas lié par sa première proposition; de plus, son interprétation du principe de l'unité de la matière n'était pas décisive, car c'est à la plus haute autorité du canton - soit, en l'occurrence, au Conseil des 187 - que la décision appartenait. Par ailleurs, il faut encore relever que les recourants ne prétendent pas, dans leurs mémoires, que chacun des articles du projet de Constitution du canton de Berne dans ses nouvelles frontières aurait dû être soumis séparément à l'approbation du corps électoral; ils ne précisent pas non plus comment ces articles auraient dû être regroupés ni quelles auraient été les questions posées aux citoyens. Tout au plus font-ils valoir que les dispositions nouvelles des art. 2bis et 26 ch. 20 auraient dû faire l'objet de questions distinctes, qu'en outre et surtout, il y aurait une disposition qui, "à elle seule, montre de façon éclatante que la décision cantonale ne respecte pas le principe de l'unité de la matière: il s'agit de l'art. 1er de la Constitution du canton de Berne". Or, cela n'est pas exact: en réalité, les dispositions nouvelles des art. 1er et 2 du projet sont inséparables. Certes, on a supprimé à l' art. 1er la mention de l'existence, dans le canton de Berne, des deux peuples de l'ancien canton et du Jura (mention introduite à l'art. 1er al. 2 par la votation constitutionnelle du 29 octobre 1950), mais à l'art. 2, le Conseil des 187 a tenu à définir à nouveau les garanties constitutionnelles données, d'une part au Jura bernois et, dans certains domaines, à la population de langue française du district de Bienne, d'autre part au Laufonnais. Il apparaît ainsi clairement, contrairement à l'opinion soutenue par les recourants, qu'en tout cas les citoyens ne pouvaient pas se prononcer séparément sur les dispositions nouvelles de l'art. 1er et de l'art. 2. En définitive, les recourants n'ont pas démontré que le Conseil des 187 aurait dépassé le pouvoir d'appréciation dont il BGE 104 Ia 215 S. 226 disposait dans l'application du principe de l'unité de la matière. Il aurait certes été possible de suivre la proposition du Conseil exécutif de répartir les diverses dispositions du projet en plusieurs paquets distincts. Mais il s'agissait là d'une décision de nature politique, que n'imposait pas le respect du principe juridique précité. Dans ces conditions, on ne saurait dire que ce dernier a été violé. Le présent recours doit donc être rejeté.
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Urteilskopf 87 IV 85 19. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 15. September 1961 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen Schaller.
Regeste Art. 217 Ziff. 1 Abs. 1 StGB . Unterhaltsverpflichtungen im Sinne dieser Bestimmung sind auch die vom schuldigen Ehegatten nach Art. 151 Abs. 1 ZGB zu erbringenden Leistungen, soweit sie eine Entschädigung für den ehelichen Unterhalt darstellen, den der schuldlose Ehegatte durch die Scheidung verloren hat.
Erwägungen ab Seite 86 BGE 87 IV 85 S. 86 Der Kassationshof zieht in Erwägung: 2. Wie der Kassationshof bereits in BGE 69 IV 182 f. auseinandergesetzt hat, sind Unterhaltsverpflichtungen im Sinne von Art. 217 StGB nicht nur die nach Art. 152 ZGB geschuldeten Beiträge, sondern auch die vom schuldigen Ehegatten nach Art. 151 Abs. 1 ZGB zu erbringenden Leistungen, soweit sie eine Entschädigung für den ehelichen Unterhalt darstellen, den der schuldlose Ehegatte durch die Scheidung verloren hat. Von dieser Praxis abzugehen, besteht entgegen der Auffassung der Vorinstanz kein Anlass. a) In ständiger Rechtsprechung hat die II. Zivilabteilung des Bundesgerichtes den Unterhaltsanspruch aus Eherecht den Vermögensrechten des Art. 151 Abs. 1 ZGB zugezählt und den Verlust desselben durch Scheidung der Ehe als Beeinträchtigung dieser Vermögensrechte betrachtet. Sie hat sodann der zur vollständigen oder teilweisen Abgeltung eines solchen Verlustes in Rentenform gesprochenen "Entschädigung" den Charakter einer Unterhaltsrente zuerkannt und sie unter dieser Bezeichnung weitgehend der Bedürftigkeitsrente des Art. 152 ZGB gleichgestellt ( BGE 60 II 392 , BGE 71 II 10 , Urteil vom 7. Juni 1956 i.S. B. gegen B., veröffentlicht in ZR 1958 Nr. 107; vgl. auch BGE 80 II 189 und BGE 84 II 416 ). Kommt aber nach dem Gesagten der de schuldlosen Ehegatten als Ersatz für den ehelichen Unterhalt zugesprochenen Entschädigungsrente die Funktion einer Unterhaltsleistung zu, dann kann auch die dem schuldigen Ehegatten obliegende Pflicht zu deren Bezahlung unbedenklich als Unterhaltspflicht im Sinne von Art. 217 Ziff. 1 Abs. 1 StGB erachtet werden. b) Ausser Zweifel steht überdies der familienrechtliche Charakter der Verpflichtung, wie er nach Art. 217 Ziff. 1 Abs. 1 StGB gefordert ist. Der Anspruch des berechtigten Ehegatten stützt sich auf Art. 151 ZGB , also auf eine BGE 87 IV 85 S. 87 Bestimmung des Familienrechtes, und die im Verlust des ehelichen Unterhaltes liegende Beeinträchtigung von Vermögensrechten hebt sich als Entschädigungsgrund von den Entschädigungsgründen des Obligationenrechts, aus denen ebenfalls Rentenleistungen zugesprochen zu werden pflegen (z.B. Art. 45 Abs. 3, 46 OR ), deutlich dadurch ab, dass der schuldige Ehegatte nach Art. 151 ZGB nicht, wie etwa der Schadenstifter nach Art. 41 OR , schlechthin zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, sondern nur eine angemessene Entschädigung zu entrichten hat (vgl. das oben angeführte Urteil vom 7. Juni 1956 i.S. B. gegen B.). Seine Verpflichtung, dem schuldlosen Ehegatten als Ersatz für den durch die Scheidung verlorenen Unterhalt eine Rente zu bezahlen, stellt denn auch nichts anderes als eine Nachwirkung der aufgelösten Ehe dar. c) Die Auffassung der Vorinstanz, dass durch die Vernachlässigung einer gemäss Art. 151 Abs. 1 ZGB statuierten Rentenverpflichtung der Tatbestand des Art. 217 Ziff. 1 Abs. 1 StGB objektiv nicht erfüllt werden könne, geht demnach fehl.
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de
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11120465-63b0-4c56-9d1f-8263de0c64ab
Urteilskopf 86 II 139 23. Urteil der II. Zivilabteilung vom 5. Juli 1960 i. S. M. gegen Regierungsrat des Kantons Solothurn.
Regeste 1. Zulässigkeit der Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 68 OG gegen eine im Sinne von Art. 386 ZGB getroffene Massregel (Erw. 1). 2. Reihenfolge der Beurteilung, wenn neben einer Berufung oder Nichtigkeitsbeschwerde eine staatsrechtliche Beschwerde erhoben worden ist; Art. 57 Abs. 5 und Art. 74 OG (Erw. 2). 3. Zu Massnahmen im Sinne von Art. 386 ZGB ist sowohl die zuständigerweise den Entmündigungsprozess führende Vormundschaftsbehörde (Erw. 4) wie auch diejenige des jeweiligen Wohnsitzes des Schutzbefohlenen zuständig. Vorbehalt der Frage, nach welchen Grundsätzen bei einem positiven oder negativen Kompetenzkonflikt zwischen diesen beiden Behörden zu entscheiden wäre (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 140 BGE 86 II 139 S. 140 A.- Gegen M., geboren 1912, reichte die Vormundschaftsbehörde der Einwohnergemeinde Trimbach am 7. November 1958 beim Amtsgericht Olten-Gösgen Klage auf Entmündigung nach Art. 369 ZGB ein. Am 20 Januar 1960, einen Tag nach Eingang des vom Amtsgericht eingeholten psychiatrischen Gutachtens und mit Berufung auf dessen Inhalt, entzog die klagende Vormundschaftsbehörde dem Interdizenden, "wohnhaft in Grenchen, z.Zt. in der Heil- und Pflegeanstalt. ..", vorläufig die Handlungsfähigkeit gemäss Art. 386 Abs. 2 ZGB und ordnete eine Vertretung für dringende Angelegenheiten an. B.- Gegen diese Verfügung führte M. Beschwerde, wurde aber sowohl vom Oberamtmann von Olten-Gösgen wie auch, in oberer Instanz, vom Regierungsrat des Kantons Solothurn abgewiesen. Er hatte namentlich auch die Zuständigkeit der Vormundschaftsbehörde von Trimbach zu vorsorglichen Massnahmen nach Art. 386 ZGB bestritten, und zwar mit der Begründung, dazu wäre "im Rahmen von Entmündigungsverfahren wegen Geisteskrankheit (gemäss Art. 369) das Amtsgerichtspräsidium Olten bzw. bei erfolgter Berufung das Obergerichtspräsidium Solothurn allein zuständig, die gemeindliche Vormundschaftsbehörde BGE 86 II 139 S. 141 Trimbach nur antragsberechtigt". Der Regierungsrat bemerkte zur Zuständigkeitsfrage in seinem Entscheid vom 3. Juni 1960: "Zuständig für den vorliegenden Entzug der Handlungsfähigkeit ist die den Entmündigungsprozess führende Vormundschaftsbehörde, das ist die Vormundschaftsbehörde der Einwohnergemeinde Trimbach". C.- Gegen diesen Entscheid hat M. Berufung an das Bundesgericht eingelegt mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und der Regierungsrat anzuhalten, "die Sache im Sinne nachstehender Ausführungen (betr. Zuständigkeit und Verweigerung der Anhörung, alles Verletzung ZGB 386, 374 usf.) neu zu beurteilen". In der Begründung bestreitet er, im Unterscheid zu seiner Stellungnahme vor dem Regierungsrat, nicht mehr die sachliche, wohl aber die örtliche Zuständigkeit der Vormundschaftsbehörde von Trimbach. Er führt aus, er habe zwar in Trimbach gewohnt und "die damalige Wohnsitzgemeinde Trimbach" zur Einleitung des Entmündigungsverfahrens gezwungen; nach Anhängigmachung der Klage habe er dann aber Trimbach verlassen und sei nach Dulliken und hierauf (Ende Januar 1959) nach Grenchen gezogen, wo er noch heute Wohnsitz habe. Als örtlich zur Ergreifung von Massnahmen im Sinne von Art. 386 ZGB zuständig sei entgegen der Ansicht des Regierungsrates die Vormundschaftsbehörde des jeweiligen Wohnortes des Schutzbefohlenen zu betrachten, im vorliegenden Fall also diejenige von Grenchen. D.- Der Regierungsrat hat anlässlich der Akteneinsendung Gegenbemerkungen angebracht. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die in Art. 386 ZGB vorgesehenen Massregeln sind vorläufiger Natur, wie sich aus dem sie alle betreffenden Randtitel ("Vorläufige Fürsorge") und im besondern aus der Wendung "vorläufige Entziehung der Handlungsfähigkeit" BGE 86 II 139 S. 142 im zweiten Absatz ergibt. Solche Massregeln betreffende Entscheide der obern kantonalen Spruchbehörden unterliegen nicht der Berufung an das Bundesgericht (vgl. namentlich BGE 77 II 281 Erw. 3; betreffend Art. 386 ZGB ausdrücklich BGE 80 II 92 ). Dagegen können sie, freilich nicht schlechthin wegen Verletzung bundesrechtlicher Normen, wohl aber wegen eines der in Art. 68 OG vorgesehenen Gründe, mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten werden. Es handelt sich hier um eine Zivilsache wie etwa bei den vorsorglichen Massregeln im Scheidungsprozess; somit ist die Nichtigkeitsbeschwerde ebenfalls (vgl. BGE 72 II 323 , BGE 75 II 95 ) zulässig. Da die unrichtige Benennung des Rechtsmittels nicht schadet, lässt sich die vorliegende Berufung, die eine Zuständigkeitsfrage des Bundesrechtes aufwirft, also den Nichtigkeitsbeschwerdegrund des Art. 68 Abs. 1 lit. b OG geltend macht, als Nichtigkeitsbeschwerde an Hand nehmen (vgl. BGE 82 II 565 Erw. 6, BGE 85 I 196 ). Die formellen Erfordernisse einer Nichtigkeitsbeschwerde, die im wesentlichen mit den für die Berufung geltenden übereinstimmen ( Art. 69 und 71 OG ), sind erfüllt. 2. Da die Frage der örtlichen Zuständigkeit allen andern Fragen vorgeht, besteht kein Anlass, nach der sinngemäss anwendbaren Regel von Art. 57 Abs. 5 (Art. 74) OG die angekündigte staatsrechtliche Beschwerde und deren Beurteilung abzuwarten. 3. Die sachliche Zuständigkeit der Vormundschaftsbehörde wird vom Beschwerdeführer mit Recht nicht mehr in Zweifel gezogen; sie ist in Art. 386 ZGB ausdrücklich festgelegt. Umstritten ist nur mehr die örtliche Zuständigkeit: Während der Regierungsrat "die den Entmündigungsprozess führende Vormundschaftsbehörde" für unbedingt und ausschliesslich zuständig hält, ist nach Ansicht des Beschwerdeführers zu Massregeln im Sinne von Art. 386 ZGB ausschliesslich die Behörde des jeweiligen Wohnsitzes des Schutzbefohlenen befugt, also nach Verlegung des BGE 86 II 139 S. 143 Wohnsitzes während des Entmündigungsverfahrens die Behörde des neuen Wohnsitzes. Art. 386 ZGB fasst die Frage nach der örtlichen Zuständigkeit bei Wohnsitzveränderung während des Entmündigungsverfahrens nicht ins Auge. Ihre Beantwortung kann aber nicht dem kantonalen Recht anheim gegeben werden; es handelt sich vielmehr um eine Lücke des Bundesrechts. Indessen drängt sich keine der möglichen Lösungen dermassen auf, dass eine ausschliessliche Zuständigkeit der einen der in Frage kommenden Vormundschaftsbehörden anerkannt werden müsste. Man wird den zu wahrenden Interessen besser gerecht, wenn man sowohl die - zuständigerweise - den Entmündigungsprozess führende wie auch die Vormundschaftsbehörde des jeweiligen Wohnsitzes des Interdizenden als befugt erachtet, Massnahmen im Sinne von Art. 386 ZGB zu treffen. Ja, es mag mitunter auch ein Einschreiten der Vormundschaftsbehörde eines andern Ortes geboten sein, sei es eines blossen Aufenthaltsortes oder irgendeines Ortes, wo dringend etwas angeordnet werden muss (vgl. KAUFMANN, N. 16/17 und 36, EGGER, N. 43 ff. zu Art. 386 ZGB ). In den letztern Fällen liegt freilich in der Regel eine (der Rechtshilfe auf Ersuchen gleich zu achtende) Amtsbesorgung für diejenige Behörde vor, der eigentlich die Betreuung des Interdizenden obliegt, also für eine der soeben in erster Linie genannten Vormundschaftsbehörden. Von diesen ist nun zum Entzug der Handlungsfähigkeit und, als Folge davon, zur Anordnung einer Vertretung gewöhnlich die den Entmündigungsprozess führende, fortlaufend über dessen Ergebnisse unterrichtete Vormundschaftsbehörde am besten in der Lage. Diese die Wirkungen der Entmündigung vorwegnehmende, wenn auch dem endgültigen Entscheid der hiefür zuständigen Behörde nicht vorgreifende Massnahme darf erst getroffen werden, wenn sich die Vormundschaftsbehörde vom Bestehen eines Entmündigungsgrundes überzeugt hat (vgl. BGE 57 II 8 ), und darüber lässt sich in manchen BGE 86 II 139 S. 144 Fällen nur im Verlauf des Entmündigungsverfahrens genügende Klarheit gewinnen. Ist somit zwar nicht zur Ergreifung jeglicher Massnahmen im Sinne von Art. 386 ZGB überhaupt nur die den Entmündigungsprozess zuständigerweise führende, also in der Regel die Vormundschaftsbehörde des bei Einleitung dieses Prozesses bestehenden Wohnsitzes des Interdizenden zuständig (wie R. ZIPKES, Die vorläufige Fürsorge vor der Bevormundung, S. 90, annimmt), so besteht doch diese Zuständigkeit, wenn der Interdizend seinen Wohnsitz während des Entmüdigungsprozesses verändert, weiter neben derjenigen der Vormundschaftsbehörde des neuen Wohnsitzes. Es kann dahingestellt bleiben, wie die Wahl zwischen diesen beiden Behörden bei einem positiven oder negativen Kompetenzkonflikt zu treffen wäre, und ob im besondern zum vorläufigen Entzug der Handlungsfähigkeit ein für allemal der das Entmündigungsverfahren zuständigerweise führenden Vormundschaftsbehörde der Vorrang gebühren würde oder die Wahl nach den Umständen des einzelnen Falles zu treffen wäre. 4. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Zwar kann der knappen Bemerkung des Regierungsrates zur Zuständigkeitsfrage nicht ohne Vorbehalt beigestimmt werden. Sie scheint besagen zu wollen, die den Entmündigungsprozess führende Vormundschaftsbehörde sei zum vorläufigen Entzug der Handlungsfähigkeit in allen Fällen zuständig. Sie ist es aber (abgesehen von der Lösung eines allfälligen Kompetenzkonfliktes) nur, wenn sie zur Führung des Entmündigungsprozesses wirklich zuständig ist. Im vorliegenden Falle war (ähnlich wie bei vorsorglichen Massnahmen im Scheidungsprozesse nach Art. 145 ZGB , vgl. BGE 83 II 495 ) summarisch zu prüfen, ob die Zuständigkeit, an welche sich die Befugnis zu den vorsorglichen Massnahmen knüpft, gegeben sei oder wenigstens nicht sicher fehle. Indessen mag auf sich beruhen bleiben, ob der Regierungsrat, ohne sich darüber in seinem Entscheide zu äussern, die Frage des Wohnsitzes des Beschwerdeführers BGE 86 II 139 S. 145 zur Zeit der Einleitung der Entmündigungsklage in solcher Weise geprüft habe. Dass der Beschwerdeführer damals in der Tat in Trimbach Wohnsitz hatte, ergibt sich jedenfalls aus seinen eigenen Vorbringen vor Bundesgericht. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird als Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 68 Abs. 1 lit. b OG an Hand genommen; die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
public_law
nan
de
1,960
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CH_BGE_004
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Urteilskopf 110 V 308 49. Urteil vom 5. Oktober 1984 i.S. Schweizerische Krankenkasse Helvetia gegen O. und Versicherungsgericht des Kantons Aargau
Regeste Art. 5 Abs. 3 KUVG . - Wird die Beitrittserklärung von einer Drittperson und nicht vom Aufnahmebewerber selber abgegeben, so muss sich dieser - unabhängig von einem allfälligen persönlichen Fehlverhalten - alle gesundheitlichen Umstände entgegenhalten lassen, die bei eigenhändiger Gesundheitserklärung hätten angezeigt werden können und müssen (Erw. 2b). - Der rückwirkende Versicherungsvorbehalt ist grundsätzlich in jedem Falle zulässig, in welchem die Kasse bei gehöriger Gesundheitserklärung zu einem Versicherungsvorbehalt berechtigt gewesen wäre und einen solchen auch angebracht hätte (Erw. 2c). - Das Recht und die Pflicht zur Vertretung der ehelichen Gemeinschaft durch den Ehemann gemäss Art. 162 Abs. 1 ZGB umfasst praxisgemäss auch die Befugnis, die Familienmitglieder bei einer Krankenkasse zu versichern oder deren Kasse zu wechseln (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 309 BGE 110 V 308 S. 309 A.- Eveline O. verliess am 6. November 1981 das eheliche Domizil und reichte die Scheidungsklage ein. Am 4. Dezember 1981 stellte ihr Ehemann ein Gesuch um ihre Aufnahme in die Schweizerische Krankenkasse Helvetia. Deren Frage in der Beitrittserklärung nach dem Bestehen von Krankheiten oder Krankheitsanlagen verneinte er dabei. In der Folge erfuhr die Krankenkasse, dass Eveline O. vom 28. Oktober 1981 bis 20. Januar 1982 bei Dr. med. K. in B. und ab 28. Dezember 1981 bei Dr. med. R. in der Psychiatrischen Klinik X. in ärztlicher Behandlung gestanden hatte. Mit Verfügung vom 30. Dezember 1982 belegte die Kasse daraufhin die Versicherung mit einem Vorbehalt für "psychonervöse, organnervöse Leiden". B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons Aargau in Aufhebung der Kassenverfügung vom 30. Dezember 1982 mit Entscheid vom 13. Juni 1983 gut. C.- Die Krankenkasse führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der kantonale Entscheid sei aufzuheben und ihre Verfügung vom 30. Dezember 1982 zu bestätigen. Eveline O. lässt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen. Das Bundesamt für Sozialversicherung schliesst auf Gutheissung. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 5 Abs. 3 KUVG darf die Aufnahme in die Kasse nicht aus gesundheitlichen Gründen oder wegen Schwangerschaft abgelehnt werden. Die Kassen können jedoch Krankheiten, die bei der Aufnahme bestehen, durch einen Vorbehalt von der Versicherung ausschliessen; das gleiche gilt für Krankheiten, die vorher bestanden haben, sofern sie erfahrungsgemäss zu Rückfällen führen können. Der Versicherungsvorbehalt fällt spätestens nach fünf Jahren dahin. Hat eine Kasse bei der Aufnahme oder Höherversicherung eines Mitgliedes keinen Versicherungsvorbehalt angebracht, so darf sie einen solchen im nachhinein nicht mehr verfügen, es sei denn, der Gesuchsteller habe in schuldhafter Weise eine bestehende oder eine vorher bestandene, zu Rückfällen neigende Krankheit nicht angezeigt. BGE 110 V 308 S. 310 Unter dieser Voraussetzung kann sie innerhalb Jahresfrist, seitdem sie vom schuldhaften Verhalten des Gesuchstellers Kenntnis hatte oder hätte haben müssen, und spätestens nach fünf Jahren einen rückwirkenden Versicherungsvorbehalt anbringen ( BGE 102 V 195 Erw. 2, BGE 101 V 136 Erw. 1; RSKV 1982 Nr. 514 S. 276 Erw. 4, 1981 Nr. 469 S. 268). Schuldhaft verletzt ein Aufnahmebewerber oder ein Versicherter die Anzeigepflicht, wenn er der Kasse auf deren Frage hin eine bestehende Krankheit oder eine vorher bestandene, zu Rückfällen neigende Krankheit nicht anzeigt, obwohl er darum wusste oder bei der ihm zumutbaren Aufmerksamkeit hätte wissen müssen ( BGE 108 V 248 Erw. 2b). 2. a) Es ist unbestritten, dass der Ehemann der Beschwerdegegnerin eine Meldepflichtverletzung beging, als er in der Beitrittserklärung vom 4. Dezember 1981 das Bestehen einer Krankheit oder von Krankheitsanlagen bei seiner Ehefrau verneinte. Ebenso steht fest, dass die Beschwerdegegnerin im Zeitpunkt der Anmeldung von der Unterlassung ihres Ehemannes nichts wusste und sie auch im nachhinein nie billigte, so dass ihr in diesem Zusammenhang kein Verschulden zur Last gelegt werden kann. Damit stellt sich die Frage, ob die vom Ehemann unbestrittenermassen schuldhaft begangene Anzeigepflichtverletzung die Kasse berechtigt, die schuldlose Beschwerdegegnerin mit einem Versicherungsvorbehalt zu belasten. b) Die Vorinstanz hat diese Frage unter Berufung auf Entscheide des Eidg. Versicherungsgerichts ( BGE 108 V 28 Erw. 1, BGE 101 V 136 und BGE 96 V 4 ) vorab mit der Begründung verneint, die Massnahme der Kasse (rückwirkender Versicherungsvorbehalt) hätte ein persönliches Verschulden der Beschwerdegegnerin vorausgesetzt. Überdies führte sie aus, dass der Beschwerdegegnerin die Anzeigepflichtverletzung auch aufgrund des Stellvertretungsrechts nicht angerechnet werden könne. Die von der Vorinstanz erwähnte Rechtsprechung - für die Zusammenfassung und weitere Zitate sei auf Erwägung 1 hievor verwiesen - betrifft indessen einen anders gelagerten Sachverhalt, indem dort die Aufnahmebewerber oder Versicherten die Gesundheitserklärung persönlich vorgenommen und damit eine allfällige Anzeigepflichtverletzung in eigener Person begangen hatten. Im vorliegenden Fall geht es dagegen um die möglichen Rechtsfolgen, wenn eine Drittperson für den Aufnahmebewerber den Beitritt zur Kasse beantragt und dabei eine tatsachenwidrige Gesundheitserklärung BGE 110 V 308 S. 311 abgegeben hatte. Wie im folgenden darzulegen sein wird, hat sich hierbei der Aufnahmebewerber - unabhängig von einem allfälligen persönlichen Fehlverhalten - alle gesundheitlichen Umstände entgegenhalten zu lassen, die bei eigenhändiger Gesundheitsdeklaration hätten angezeigt werden können und müssen. c) Das Gesetz räumt den Krankenkassen in Art. 5 Abs. 3 KUVG das Recht ein, bei der Aufnahme bereits bestehende Schädigungen von der Versicherung auszuschliessen. Blieb der Kasse wegen Anzeigepflichtverletzung eine Krankheit verborgen und hätte sie bei Kenntnis des wahren Sachverhalts einen Vorbehalt verfügt, so liegt mit der vorbehaltlosen Aufnahme des Bewerbers ein rechtswidriger Zustand vor. Diesen können die Kassen praxisgemäss durch einen nachträglich angebrachten (rückwirkenden) Vorbehalt korrigieren und so die Lage herstellen, die ohne Anzeigepflichtverletzung bestünde. Das Korrektiv des rückwirkenden Vorbehalts muss grundsätzlich in jedem Fall anwendbar sein, in welchem die Kasse bei gehöriger Gesundheitsdeklaration durch den Aufnahmebewerber oder seinen Vertreter zu einem Versicherungsvorbehalt berechtigt gewesen wäre und einen solchen auch angebracht hätte. Nur so können ihre Rechte aus Art. 5 Abs. 3 KUVG rechtsgenüglich gewahrt werden. Denn die Kassen sind von Gesetzes wegen uneingeschränkt befugt, die im Zeitpunkt der Aufnahme bestehenden und bekannten Krankheiten sowie die mit einer Rückfallsgefahr behafteten früheren Krankheiten von der Versicherung auszuschliessen. Entsprechend müssen die Korrekturmöglichkeiten gestaltet sein, wenn der Kasse vorbehaltsfähige Krankheiten auf irreguläre Weise nicht zur Kenntnis gelangt sind. Würde nun aber die Anwendung des rückwirkenden Vorbehalts davon abhängig gemacht, dass der Versicherte selbst die Anzeigepflichtverletzung begangen oder bei einer Anmeldung durch eine Drittperson diese nicht richtig unterrichtet hatte oder sonstwie bösgläubig war, so liefe das auf eine Einschränkung der Kassenrechte aus Art. 5 Abs. 3 KUVG hinaus, indem ein allfälliger Vorbehalt nachträglich nicht mehr verfügt werden könnte, obwohl ein solcher bei korrekter Gesundheitserklärung angebracht worden wäre. Das ist nach dem Gesagten nicht zulässig. Beizufügen bleibt, dass sich die Beschwerdegegnerin die streitige Anzeigepflichtverletzung auch dann entgegenhalten lassen müsste, wenn eine rechtliche Prüfung ergäbe, dass ihr die Verschweigung nach den zivilrechtlichen Regeln der Stellvertretung nicht BGE 110 V 308 S. 312 zugerechnet werden könnte. Die den Kassen in Art. 5 Abs. 3 KUVG eingeräumten Rechte dürfen durch diese Regeln nicht verkürzt werden. Die vorinstanzliche Rechtsauffassung erweist sich somit als bundesrechtswidrig. 3. Die Beschwerdegegnerin hat eingewendet, die Kasse hätte die in der Beitrittserklärung gemachten Angaben sofort auf ihre Richtigkeit hin überprüfen können und müssen. Die aus dieser Unterlassung resultierenden Folgen habe die Kasse selber zu tragen und deshalb eine vorbehaltlose Versicherung zu gewähren. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Das Recht und die Pflicht zur Vertretung der ehelichen Gemeinschaft durch den Ehemann gemäss Art. 162 Abs. 1 ZGB umfasst nach der Rechtsprechung auch die Befugnis, die Familienmitglieder bei einer Krankenkasse zu versichern oder deren Krankenkasse zu wechseln (RSKV 1976 Nr. 239 S. 23). Im vorliegenden Fall hatte die Kasse keinen Grund, an dieser Vertreterstellung des Ehemannes der Beschwerdegegnerin zu zweifeln. Nur in diesem Falle hätte die Kasse Abklärungen treffen müssen. Sollte im übrigen tatsächlich weder eine gesetzliche noch eine gewillkürte Stellvertretung vorgelegen haben, wie die Vorinstanz annimmt, so vermöchte das, wie bereits oben dargelegt, nichts daran zu ändern, dass der Beschwerdegegnerin die Anzeigepflichtverletzung des Ehemannes für die Belange der Krankenversicherung zurechenbar wäre. Wie zu entscheiden wäre, wenn die Beschwerdegegnerin die Zugehörigkeit zur Krankenkasse Helvetia nachträglich nicht genehmigt oder ihre Genehmigung wegen Willensmängeln angefochten hätte, kann hier offenbleiben, da keiner dieser Sachverhalte gegeben ist. Die Beschwerdegegnerin hat die Mitgliedschaft bei der Helvetia nicht in Frage gestellt, womit der Kasse die obgenannten Rechte aus Art. 5 Abs. 3 KUVG zustehen. Ebensowenig hatte die Kasse Veranlassung, die in der Beitrittserklärung gemachten Angaben zur Gesundheit der Beschwerdegegnerin anzuzweifeln, weshalb auch in diesem Punkte keine Abklärungspflicht der Kasse bestand (vgl. dazu BGE 108 V 250 Erw. 4b mit Hinweisen). 4. (Unentgeltliche Verbeiständung.) BGE 110 V 308 S. 313 Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 13. Juni 1983 aufgehoben.
null
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Urteilskopf 105 V 74 19. Sentenza del 30 gennaio 1979 nella causa Mombelli contro Cassa cantonale di compensazione e Tribunale delle assicurazioni del Cantone Ticino
Regeste Art. 27 Abs. 1 ELV , Art. 47 AHVG und 79 AHVV. Rückerstattung unrechtmässig bezogener Ergänzungsleistungen: - Solidare Haftung der Miterben; Erlass der Rückerstattung, der in casu von zwei Erben verlangt, von der Ausgleichskasse aber nur einem von ihnen gewährt worden ist ( Art. 603, 639 Abs. 1 und 2 ZGB , Art. 143 und 144 OR ). - Zur Verjährung des Rückforderungsanspruchs im Laufe des Erlassverfahrens, wenn die Rückerstattungsverfügung in Rechtskraft erwachsen ist; analoge Anwendung der in Art. 16 Abs. 2 AHVG erwähnten Verjährungsfrist.
Sachverhalt ab Seite 75 BGE 105 V 74 S. 75 A.- Angiolina Mombelli, deceduta l'11 gennaio 1974, percepì indebitamente dal 1968 al 1971 a titolo di prestazioni complementari alla rendita AVS l'importo di Fr. 2096.-- che la Cassa di compensazione, con decisione del 22 novembre 1971, le chiese di restituire. Una domanda di condono proposta dall'interessata venne respinta dalla cassa medesima per carenza del presupposto della buona fede mediante decisione del 6 dicembre 1971. Contro questa decisione Angiolina Mombelli interpose tempestivo ricorso al Tribunale delle assicurazioni del Cantone Ticino. Soltanto nel maggio del 1974 la Cassa di compensazione presentò la risposta al gravame chiedendone la reiezione. All'intimazione della copia responsiva il figlio dell'assicurata, V. Mombelli, comunicò al Tribunale cantonale che, nel frattempo, la madre era decessa e che né lui, né la sorella vedova E. Lurati-Mombelli erano in grado di provvedere alla restituzione della somma indebitamente percepita dalla madre. Con un primo giudizio del 5 agosto 1974 il Tribunale cantonale dispose lo stralcio del ricorso dai ruoli e la trasmissione degli atti alla Cassa di compensazione. I primi giudici costatarono che il debito dovuto a titolo di restituzione da un'assicurato passa, in via di principio dopo il suo decesso agli eredi, i quali hanno la facoltà di chiederne il condono a seconda della loro situazione personale. Inoltre, essi asserirono che se l'assicurato decede mentre è in corso un procedimento giudiziario concernente il condono, si giustifica il rinvio della causa alla Cassa di compensazione perché esamini se le condizioni del condono siano adempiute dagli eredi. Il 5 febbraio 1976 la Cassa di compensazione si rivolse agli eredi per ulteriori accertamenti. La relativa documentazione le venne trasmessa quello stesso mese. Il 31 marzo 1978 la Cassa di compensazione chiese all'Ufficio tassazioni i dati fiscali concernenti V. Mombelli. Costatato che il suo reddito determinante superava il limite di reddito previsto dall' art. 42 cpv. 1 LAVS , con decisione del 5 aprile 1978 essa respinse la domanda di condono di V. Mombelli affermando che, ammessa la buona fede, non era dato il presupposto dell'onere troppo grave, il quale doveva essere assolto dagli eredi obbligati alla restituzione e veniva accertato in base alle condizioni di esistenza degli stessi, tenuto conto di tutte le circostanze speciali. BGE 105 V 74 S. 76 Con decisione della stessa data la Cassa di compensazione accolse la domanda di condono di E. Lurati-Mombelli essendo dati i requisiti della buona fede e dell'onere troppo grave. B.- Contro la decisione amministrativa di rifiuto del condono V. Mombelli insorse con ricorso al Tribunale delle assicurazioni del Cantone Ticino chiedendone l'annullamento e affermando che l'obbligo di restituzione non poteva essere considerato solidalmente a carico degli eredi. Poiché alla sorella era stato concesso il condono, a suo carico sarebbe dovuta rimanere soltanto la metà della somma da restituire. Infatti, l'intero asse ereditario (gravato da passività) era stato diviso in parti uguali tra lui e la sorella e negli ultimi anni egli aveva contribuito alle spese di cura e mantenimento della madre e, da ultimo, aveva sopportato le spese funerarie. Subordinatamente il ricorrente chiedeva la deduzione delle spese sopportate dalla somma che sarebbe ancora stata da restituire. Replicando alla risposta della Cassa di compensazione V. Mombelli chiese inoltre che l'onere gravoso fosse accertato considerando i suoi redditi sino al 1974. Con giudizio del 4 settembre 1978 il Tribunale delle assicurazioni del Cantone Ticino respinse il ricorso. In sostanza i primi giudici argomentarono che a norma dell'art. 603 cpv. 1 CCS gli eredi rispondevano solidalmente dei debiti della successione; che presupposti del condono erano la buona fede e l'onere troppo gravoso e che questa ultima condizione doveva essere considerata in base alle capacità finanziarie della persona tenuta a restituire. Secondo i primi giudici la restituzione costituisce un onere troppo grave quando l'obbligato - per far fronte al dovere di rimborsare l'indebito - deve intaccare quella parte di redditi e di sostanza di primaria necessità per la sopravvivenza propria e dei familiari. Infine, ricordato che secondo la giurisprudenza federale la nozione di onere troppo gravoso per il condono di una prestazione deve essere interpretata alla luce degli art. 42 LAVS e 60 OAVS e che l'onere deve essere stabilito al momento in cui l'obbligato è tenuto a restituire e non in periodo precedente, essi conclusero ritenendo che se il momento della restituzione era stato ritardato a seguito di ricorso, l'onere gravoso era da valutare per il periodo immediatamente successivo al giudizio da rendere. Esaminati i conteggi della Cassa di compensazione i primi giudici ritennero che tale presupposto non era dato a beneficio del ricorrente. BGE 105 V 74 S. 77 C.- V. Mombelli deferisce la lite con ricorso di diritto amministrativo a questa Corte chiedendo l'annullamento del giudizio impugnato e il riconoscimento ch'egli nulla deve alla Cassa di compensazione. Asserisce che a norma dell' art. 47 cpv. 2 LAVS il diritto di esigere la restituzione si prescrive in un'anno dal momento in cui la Cassa di compensazione ha avuto conoscenza del fatto e al più tardi 5 anni dopo il pagamento della rendita. Dato che le prestazioni complementari di cui beneficiò sua madre risalgono al 1968/71 e il Tribunale cantonale ha atteso dal 1971 sino all'agosto del 1974 per decidere il rinvio degli atti alla Cassa di compensazione, la quale a sua volta ha emanato la controversa decisione soltanto nell'aprile del 1978, il termine di 5 anni è trascorso senza sua colpa. Il ricorrente trova inoltre ingiusto che il calcolo del reddito determinante sia fatto sulla base del suo reddito attuale. Egli è dell'avviso che se la Cassa di compensazione e il Tribunale cantonale fossero stati più solleciti, al momento del giudizio il suo reddito non sarebbe stato superiore a quello determinante. Sempre secondo il ricorrente il giudizio cantonale richiama a torto l'art. 603 CCS, norma non applicabile nel presente caso. Infatti, il diritto civile prevedendo la responsabilità solidale dei coeredi la combina con il diritto di regresso (art. 639 e 640 CCS). Ma se egli dovesse essere chiamato a restituire la somma richiesta dalla Cassa di compensazione, non potrebbe ricuperare nulla dalla sorella, la quale potrebbe eccepire di aver ottenuto il condono. Di conseguenza, nella denegata ipotesi di restituzione gli si potrebbe chiedere soltanto la metà della somma da restituire, ossia Fr. 1048.--. D'altronde, secondo il ricorrente, gli art. 16 LPC e 47 LAVS non sono stati introdotti per favorire, con il condono, le categorie meno abbienti, né queste norme possono condurre a sfavorire un erede rispetto ad un'altro mettendo a solo suo carico l'intero importo da restituire. Nemmeno scopo di queste norme può essere quello di condonare un debito a una determinata persona per poi interamente recuperarlo da un'altra. Cassa di compensazione e Ufficio federale delle assicurazioni sociali postulano la disattenzione del gravame. Erwägungen Diritto: 1. In virtù dell' art. 3 cpv. 6 LPC il Consiglio federale può emanare prescrizioni dettagliate sulla restituzione di prestazioni. Esso ha usato di BGE 105 V 74 S. 78 questa facoltà emanando l'art. 27 cpv. 1 OPC, che dispone quanto segue: "Le prestazioni complementari indebitamente riscosse devono essere restituite dal beneficiario o dai suoi eredi. Per ciò che concerne la restituzione di tali prestazioni e il condono dell'obbligo di restituirle, sono applicabili per analogia le prescrizioni relative alla legge federale sull'assicurazione per vecchiaia e i superstiti." Questa disposizione rinvia all' art. 47 LAVS , il cui primo capoverso prescrive che le prestazioni indebitamente riscosse devono essere restituite. Tuttavia il rimborso non può essere chiesto se l'interessato era in buona fede e se la restituzione costituisce per lui un onere troppo grave. Lo stesso articolo, al terzo capoverso, assegna al Consiglio federale il potere di regolare la procedura. Agendo nell'ambito di detta delegazione esso, nell'Ordinanza sull'assicurazione per la vecchiaia e i superstiti, ha stabilito che se una cassa viene a conoscenza che una persona, o per essa il suo rappresentante legale, ha ricevuto una rendita alla quale non aveva diritto oppure una rendita troppo elevata, la cassa medesima deve ordinare la restituzione dell'importo indebitamente ricevuto da tale persona. Se la rendita è stata versata nelle mani di una terza persona o di un'autorità a norma dell' art. 76 cpv. 1 OAVS , quella è tenuta alla restituzione ( art. 78 OAVS ). Sulla portata e condono della restituzione il Consiglio federale ha disposto che la restituzione dell'importo indebitamente ricevuto deve essere condonata interamente o in parte se la persona tenuta a restituire o il suo rappresentante legale poteva ammettere in buona fede di pretendere giustamente la rendita o se la restituzione le impone un onere troppo grave, avuto riguardo alle sue condizioni economiche ( art. 79 cpv. 1 OAVS ). Ha inoltre precisato che il condono è pronunciato dalla Cassa di compensazione a domanda scritta della persona tenuta a restituire. La domanda deve essere motivata e presentata alla Cassa di compensazione entro 30 giorni dalla notificazione dell'ordine di restituzione emanato dalla cassa stessa ( art. 79 cpv. 2 OAVS ). Se le condizioni indicate all' art. 79 cpv. 1 OAVS sono adempite in modo evidente, la Cassa di compensazione può accordare il condono di spontanea volontà ( art. 79 cpv. 3 OAVS ). Le disposizioni procedurali pertanto scindono il procedimento in due fasi distinte: L'una concernente la restituzione di una prestazione indebitamente BGE 105 V 74 S. 79 percetta, l'altra riferita al condono e precisano, anche nel tempo, che il condono possa essere chiesto solo dopo la notifica dell'ordine di restituzione. Nella sentenza inedita del 3 maggio 1977 in re Cubaynes questa Corte ha precisato che l'assicurato dispone di regola di due rimedi di diritto nei confronti di una decisione in cui la cassa, dichiarando che egli indebitamente ha percepito una prestazione, ne ordina la restituzione: - Se pretende di avere avuto diritto alla prestazione deve ricorrere nel termine di 30 giorni all'autorità di ricorso. - Se per contro egli ammette di aver indebitamente ricevuto la prestazione, ma intende far valere la sua buona fede e la sua situazione economica, deve nello stesso termine di 30 giorni presentare alla cassa una domanda di condono. 2. Nel caso in esame la defunta Angiolina Mombelli non ha ricorso contro la decisione che le ordinava la restituzione dell'indebito riconoscendone quindi la legittimità. Di conseguenza la decisione amministrativa del 22 novembre 1971, con cui la Cassa di compensazione aveva disposto la restituzione dell'indebito è cresciuta in forza di cosa giudicata ( art. 97 cpv. 1 LAVS ). V. Mombelli, figlio della defunta assicurata, subingreditole solidalmente con la sorella nell'obbligo di restituzione, eccepisce, per la prima volta con il ricorso di diritto amministrativo l'intervento della prescrizione e richiama in diritto l' art. 47 cpv. 2 LAVS . a) Su questo punto occorre precisare che recentemente la Corte plenaria del Tribunale federale delle assicurazioni deliberando in re Albertalli ha affermato che l'eccezione di prescrizione deve essere esaminata (d'ufficio o su istanza di parte) nel procedimento proposto contro l'ordine di restituzione, non può invece essere ritenuta quando oggetto di controversia sia solo il condono. Infatti, non è lecito al giudice delle assicurazioni sociali di rimettere in discussione una decisione di restituzione cresciuta in giudicato nel processo relativo al condono, essendo i due procedimenti (quello riferito a restituzione e quello riferito al condono) da considerare separati; principio questo di regola applicabile e in particolare quando eccepibile sia la prescrizione. b) Nello stabilire questo principio la Corte implicitamente si era riferita ad un eventuale fatto prescrittivo intervenuto prima BGE 105 V 74 S. 80 che fosse resa la decisione ordinante la restituzione, aperto rimanendo il tema di stabilire come debba agire il giudice delle assicurazioni sociali adito con un ricorso contro una decisione denegante il condono, quando eccepita sia la prescrizione avvenuta dopo che la Cassa di compensazione abbia ordinato la restituzione. In questa seconda ipotesi, se nel frattempo non sia intervenuto un fatto estintivo del diritto di cui si chiede l'abbandono, il giudice delle assicurazioni non può prescindere dall'esaminare la questione ex officio (IMBODEN/RHINOW, volume 1o no 34 B II, p. 202), anche se la decisione amministrativa è cresciuta in giudicato e se tema controverso è il condono (quindi un provvedimento di grazia e non la consistenza dell'obbligazione). c) Nell'evenienza concreta il ricorrente si prevale dell' art. 47 cpv. 2 LAVS per affermare l'intervento di un fatto prescrittivo del credito vantato nei suoi confronti dalla Cassa di compensazione. Secondo detta norma, applicabile come già si è detto per analogia nell'ambito delle prestazioni complementari, il diritto di esigere la restituzione si prescrive nel termine di un anno a contare dal momento in cui la Cassa di compensazione ha avuto conoscenza del fatto e al più tardi 5 anni dopo il pagamento della prestazione. Aperto il tema di dire se più esattamente si debba accennare a termine di perenzione piuttosto che a termine di prescrizione, resta la considerazione che tale disposizione è applicabile unicamente alla decisione della cassa, la quale - pena la decadenza del diritto - è tenuta a decidere entro il termine fissato e per il credito a quel momento non prescritto. Una volta reso il provvedimento l' art. 47 cpv. 2 LAVS non è più applicabile. Da quanto sopra esposto discende che se nel ricorso di diritto amministrativo V. Mombelli voleva accennare a prescrizione intervenuta prima della decisione di restituzione della cassa, l'eccezione sarebbe formalmente improponibile (v. consid. 1a) o comunque infondata perché il 22 novembre 1971 la pretesa vantata dalla Cassa di compensazione per prestazioni versate dal 1968 al 1971 non era manifestamente prescritta. Per una prescrizione successiva al 22 novembre 1971 - se, come già si è detto, inapplicabile è l' art. 47 cpv. 2 LAVS - sorge il problema di stabilire quando dopo la resa di una decisione amministrativa cresciuta in forza di cosa giudicata - o in caso di ricorso dopo l'emanazione di una sentenza pure BGE 105 V 74 S. 81 cresciuta in forza - cominci a decorrere un nuovo termine di prescrizione (prescrizione dell'esecuzione), quale sia la sua durata e a quali interruzioni esso sia eventualmente soggetto. La LAVS nulla dice al riguardo. Per il credito di contributi ( art. 16 cpv. 2 LAVS ) essa prevede un termine di prescrizione di 3 anni dopo la fine dell'anno civile in cui la decisione è passata in giudicato. Questo termine rimane sospeso durante la procedura d'inventario chiesta dagli eredi o la moratoria concordataria e se alla sua scadenza è in corso una procedura di esecuzione e fallimento esso spira alla chiusura di tale procedura. A prescindere dalla natura diversa del credito di contributi e del credito in restituzione di prestazioni indebitamente versate, ambedue i crediti scaturiscono da decisioni amministrative cresciute in giudicato e sono somme di denaro che la Cassa di compensazione deve provvedere ad incassare. Pertanto, nulla osta all'applicazione per analogia del disposto di cui all' art. 16 cpv. 2 LAVS nella procedura d'esecuzione della restituzione, quando le prestazioni indebitamente versate siano state determinate con decisione amministrativa cresciuta in giudicato. La prescrizione dell'esecuzione si attua quindi 3 anni dopo la fine dell'anno civile in cui è cresciuto in giudicato il provvedimento imponente il pagamento di una somma di denaro se non interviene interruzione del termine di prescrizione (IMBODEN/RHINOW, op.cit. p. 204). Nel caso in esame, ritenuto che tutti gli atti connessi ad un procedimento di condono, intesi cioè a far accertare che sono dati i presupposti per non solvere o per solvere solo parzialmente un credito stabilito in una decisione definitiva, sono pur sempre idonei ad interrompere la prescrizione, risulta dalla documentazione della causa che la prescrizione dell'esecuzione non è intervenuta. Infatti, malgrado le lungaggini della procedura amministrativa e giurisdizionale, la Cassa di compensazione compiendo atti idonei ad interrompere la prescrizione sino all'epoca in cui emanò la controversa decisione del 5 aprile 1978, mai procrastinò il procedimento per 3 anni almeno. 3. Il ricorrente contesta inoltre che alla fattispecie sia applicabile l'art. 603 CCS, il quale imponendo la responsabilità solidale dei coeredi, la combina con la facoltà di uno di essi di esercitare il diritto di regresso nei confronti degli altri. A mente del ricorrente ciò sarebbe reso impossibile dal fatto che la Cassa di compensazione ha già condonato la restituzione alla sorella. BGE 105 V 74 S. 82 Premesso che eredi legittimi della defunta Angiolina Mombelli sono il figlio V., qui ricorrente, e la figlia E. Lurati-Mombelli; che essi (secondo le affermazioni contenute negli allegati di causa) non hanno rinunciato all'eredità ai sensi dell'art. 566 CCS e che giusta l'art. 27 cpv. 1 OPC l'obbligazione di restituzione di prestazioni complementari indebitamente percette dal de cuius diventa un'obbligazione degli eredi, ne consegue che essi devono personalmente restituire l'indebito rispondendo non solo con gli attivi della successione, ma anche con il loro patrimonio personale ( DTF 96 V 72 consid. 1 e la giurisprudenza ivi citata). Nel querelato giudizio i primi giudici hanno affermato che applicabile era l'art. 603 CCS, secondo il quale gli eredi sono solidalmente responsabili per i debiti della successione. Il richiamo a questa norma è esatto nella misura in cui il credito venga portato in esecuzione prima della divisione (infatti l'art. 603 CCS è contenuto nel Titolo XVII, capo 1o riferito alla comunione prima della divisione) mentre dopo la divisione deve valere l'art. 639 CCS, secondo il quale gli eredi rispondono solidalmente per i debiti della successione anche dopo la divisione e con tutti i loro beni, ritenuto però che la responsabilità solidale si prescrive in 5 anni dalla divisione o dalla esigibilità del credito verificatasi più tardi (art. 639 cpv. 2 CCS). Dalle due norme risulta comunque affermata la validità generale del principio di responsabilità solidale tra i coeredi. Per quanto concerne la disposizione dell'art. 639 cpv. 2 CCS occorre osservare che l'espressione "si prescrive" è impropria e deve essere intesa nel senso che entro i 5 anni termina soltanto la responsabilità solidale e non si prescrive il debito stesso e che tale responsabilità si distingue quando non è stata fatta valere durante 5 anni (ESCHER, Kommentar Zivilgesetzbuch/art. 639, p. 745 e seguenti). Quindi da detta disposizione e dalla sua interpretazione risulta che per essa non interviene una prescrizione dell'obbligazione, ma solo decade il diritto di poterla pretendere quale obbligazione solidale. Nell'evenienza concreta si ignora quando ebbe luogo la divisione dopo il decesso avvenuto l'11 gennaio 1974 di Angiolina Mombelli. Comunque, ammettendo entro il termine di 5 anni la domanda di condono della coerede E. Lurati-Mombelli e respingendo in data 5 aprile 1978 quella del ricorrente, che venne obbligato al pagamento integrale dell'importo BGE 105 V 74 S. 83 indebitamente percetto dalla madre, la Cassa di compensazione ha manifestamente fatto valere il principio di responsabilità solidale. Quindi anche a questo riguardo non può essere affermato che valendo la responsabilità solidale, essa non è stata tempestivamente fatta valere dalla Cassa di compensazione. Secondo l' art. 143 CO vi è responsabilità solidale fra più debitori quando ciascuno di essi è singolarmente obbligato all'adempimento dell'intera obbligazione. Il creditore in particolare può a sua scelta esigere da tutti i debitori solidali o da uno di essi tutto il debito od una parte soltanto ( art. 144 cpv. 1 CO ). L'espressione "a sua scelta" non può evidentemente essere interpretata "a suo arbitrio" quando la designazione del debitore solidale è fatta dall'amministrazione, da un'ente cioè espletante funzioni di diritto pubblico e tenuto quindi a rispettarne i principi. Nella fattispecie non appare per niente violatrice di diritto la decisione della Cassa di compensazione, la quale esaminando la situazione personale dei coeredi tenuti alla restituzione, decida di condonare il debito soltanto ad uno di essi (quando adempiuti siano i presupposti di buona fede e di onere troppo grave), escludendone l'altro contro cui poi procede all'incasso. Né può essere argomentato che, in questo caso, al coerede tenuto al pagamento possa essere imputata solo quella parte di somma non condonata all'altro, dal momento che la responsabilità dei coeredi è solidale e per l'intero importo e che appunto tale solidarietà permette al creditore di procedere nei confronti di ciascuno e per l'intero importo. Infondata infine è l'argomentazione ricorsuale secondo cui la Cassa di compensazione condonando l'onere ad uno dei coeredi abbia così reso impossibile l'esercizio del diritto di regresso di chi è tenuto al pagamento. Diversi sono infatti i rapporti tra il creditore e i debitori e quelli interni tra i debitori fra di loro. Inoltre, anche secondo il codice delle obbligazioni un debitore non dispone di eccezioni derivate dalla particolare situazione di un'altro debitore; in particolare un debitore non può far valere il condono concesso ad un codebitore (VON BÜREN, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, p. 96). Ne deve quindi essere dedotto che quale solidalmente responsabile il ricorrente non può derivare un fatto prescrittivo dall'art. 639 CCS e nemmeno il diritto a solvere, dato il condono concesso alla sorella, solo la metà del credito BGE 105 V 74 S. 84 fatto valere dalla Cassa di compensazione. 4. Resta ancora da esaminare se legittimamente la Cassa di compensazione e i primi giudici abbiano ritenuto non sussistere i presupposti per condonare al ricorrente l'obbligazione di rimborsare la prestazione indebita percepita dalla madre. Per quanto concerne il condono occorre precisare che in questa materia la procedura non riguarda l'assegnazione o il rifiuto di prestazioni assicurative ( art. 132 e 134 OG ), motivo per cui il Tribunale federale delle assicurazioni si limita ad esaminare se violato sia il diritto federale, compreso l'eccesso o l'abuso del potere d'apprezzamento, ed è vincolato all'accertamento di fatto di un tribunale cantonale, salvo che detto accertamento non sia manifestamente inesatto o incompleto ( art. 104 e 105 cpv. 2 OG ). Inoltre, la procedura non è gratuita (art. 135 in relazione con l' art. 156 OG ). Come già esposto nel primo considerando, per l' art. 47 cpv. 1 LAVS il condono può essere chiesto soltanto se l'interessato era di buona fede e se la restituzione costituisce per lui un onere troppo grave. Nel caso in esame non è dubbia la buona fede del ricorrente. La restituzione dell'indebito venne infatti richiesta perché la defunta sua madre era personalmente venuta meno a un obbligo di informazione. Resta quindi da esaminare se anche il presupposto dell'onere troppo grave sia dato. Al riguardo il ricorrente critica i primi giudici, i quali avrebbero ritenuto la sua situazione personale nel momento in cui essi decisero e non già in epoca anteriore, quando il suo reddito era inferiore. In sostanza, V. Mombelli considera ingiusto che le lungaggini della Cassa di compensazione e il suo modico aumento di reddito gli comportino un onere che in precedenza non sarebbe sussistito. Secondo i principi enunciati dal Tribunale federale delle assicurazioni nella sentenza del 7 giugno 1978 in re Klaentschi ( DTF 104 V 61 ), determinante per statuire in materia di condono è la situazione economica del debitore al momento in cui egli è tenuto a pagare. Questo procedimento, richiamato rettamente dai primi giudici, non è illegittimo. Infatti, nella fattispecie, se la decisione denegante il condono data del 5 aprile 1978, il giudizio cantonale che la conferma è stato prolato il 4 settembre 1978. Orbene, nel periodo trascorso fra queste due date, dalla documentazione BGE 105 V 74 S. 85 della causa non risulta che le condizioni del ricorrente siano mutate. A ragione pertanto i primi giudici, fondandosi sugli accertamenti fatti dalla Cassa di compensazione nell'aprile del 1978 - la quale doveva attenersi alla situazione di fatto esistente al momento in cui decise ( DTF 99 V 102 ) -, costatarono che essa aveva tenuto esattamente conto della situazione economica di V. Mombelli a quel momento e rifiutarono di riconoscere adempiuto il requisito dell'onere troppo grave negandogli il condono dell'obbligo di restituzione. Dispositiv Per questi motivi, il Tribunale federale delle assicurazioni dichiara e pronuncia: Il ricorso di diritto amministrativo è respinto.
null
nan
it
1,979
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
11223a7b-7e6a-480b-9026-8c25f845281b
Urteilskopf 99 II 195 28. Arrêt de la IIe Cour civile du 12 juillet 1973 dans la cause Hoirs Friderici contre Chemins de fer fédéraux suisses.
Regeste Haftpflicht für den Sachschaden, den der Halter eines Motorfahrzeugs bei einem Zusammenstoss mit einem Eisenbahnzug erlitten hat. Entsprechende Anwendung von Art. 61 Abs. 2 SVG (Erw. 1). Dem Halter des beschädigten Automobils kann das Verschulden des Fahrzeugführers entgegengehalten werden (entsprechende Anwendung von Art. 58 Abs. 4 SVG ; Änderung der Rechtsprechung) (Erw. 2). Der Entlastungsbeweis des Art. 55 OR steht dem Autohalter, der nach Art. 58 Abs. 4 SVG für das Verschulden des Fahrzeugführers wie für sein eigenes Verschulden verantwortlich ist, nicht offen (Erw. 3). Verteilung des Schadens nach Massgabe des der Eisenbahnunternehmung und dem Autohalter anzurechnenden Verschuldens (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 196 BGE 99 II 195 S. 196 A.- Le 17 août 1970, Roland Paratte conduisait un camion avec remorque appartenant à son employeur, la société en nom collectif hoirs de Charles Friderici. Il devait faire une livraison à la rue du Lac, à Clarens, dans un immeuble sis à gauche par rapport à son sens de marche. Il ne connaissait pas les lieux. Ayant aperçu un signal "interdiction de tourner à gauche" devant l'immeuble en question, il s'est engagé un peu plus loin à gauche dans l'avenue Rousseau pour y faire demi-tour. Cette avenue débouche sur la place de la gare aux marchandises de Clarens. A droite de l'entrée de cette place se trouvait un écriteau rectangulaire rendu difficilement visible par des hautes herbes et portant la mention "accès réservé aux usagers du chemin de fer". Quatre employés des CFF procédaient en gare de Clarens à une manoeuvre consistant à tirer trois wagons au moyen d'un tracteur électrique de la voie 9 sur la voie 8 puis, après avoir tourné l'aiguille 7, à les refouler sur la voie 7 jusqu'à l'aiguille 1. Le conducteur du tracteur se trouvait à l'arrière de son véhicule, du même côté que le chef de manoeuvre, soit sur le côté nord du convoi et, dans la seconde phase de la manoeuvre, en queue de celui-ci. Les deux autres employés se tenaient du même côté, chacun sur l'unique vigie qui équipait les wagons, l'un à l'avant du deuxième wagon (dans le sens de marche de la rame), l'autre à l'arrière du premier wagon. Après le passage de la voie 9 à la voie 8, le chef de manoeuvre a tourné l'aiguille 7, puis il a donné le départ, sans avoir vu le camion de Paratte. Le conducteur du tracteur a actionné le siffiet avant de démarrer. Il a aperçu à un moment donné un camion circulant dans la partie ouest de la cour. Il s'est porté en cours de trajet sur le côté sud du tracteur. Le chef de manoeuvre est monté au passage de la rame sur le marchepied arrière, côté nord, du wagon qui précédait immédiatement le tracteur. Alors que le convoi roulait, un des deux employés qui occupaient les deux premiers wagons a fait observer à l'autre que ceux-ci étaient mal accrochés. Ils n'ont pas vu arriver le camion de Paratte. BGE 99 II 195 S. 197 Celui-ci était déjà engagé dans la cour de la gare aux marchandises lorsque le convoi s'est mis en marche sur la voie 8. Il n'a pas entendu de coup de siffiet. Il roulait à une allure réduite. Quant à la rame en manoeuvre, elle avançait à 10 ou 11 km/h. Lorsqu'il a vu les wagons, Paratte a accéléré en braquant à gauche pour tenter d'éviter la collision. L'angle du premier wagon a toutefois heurté le flanc droit du camion, dont il a accroché les ridelles droites, puis le tampon droit du wagon s'est pris sous l'angle de la remorque. Le camion a été sérieusement endommagé. B. - Par demande du 23 juin 1971, les hoirs de Charles Friderici ont conclu au paiement par les Chemins de fer fédéraux de 20 864 fr. 25 avec intérêts, somme correspondant au dommage causé par l'accident du 17 août 1970. Les défendeurs ont conclu à libération des fins de la demande. Par jugement du 22 septembre 1972, la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois a condamné les défendeurs à payer à la demanderesse 10 432 fr. 10 avec intérêt à 5% dès le 17 août 1970. Ses motifs sont en bref les suivants: Le montant du dommage est incontesté. Selon l'art. 61 al. 2 LCR, applicable par analogie, il doit être réparé en proportion des fautes du détenteur du camion et de l'entreprise de chemin de fer ou des personnes dont ils sont responsables. Les CFF répondent des fautes de leurs organes, qui n'ont pas signalé la voie 7 traversant la place de la gare en oblique, et de leurs employés, qui n'ont pas respecté les prescriptions du règlement sur le service des manoeuvres. Quant à la demanderesse, elle n'a pas commis de faute propre. Elle répond en revanche de la faute d'inattention manifeste de son chauffeur Paratte. Il ressort de toutes les circonstances de l'espèce que les parties supportent une responsabilité égale dans la survenance de l'accident. C.- La demanderesse recourt en réforme au Tribunal fédéral en reprenant ses conclusions de première instance. Les défendeurs ont formé un recours joint. Ils proposent le rejet du recours en réforme principal et le déboutement total de la demanderesse. Erwägungen Considérant en droit: 1. L'entreprise de chemin de fer répond du dommage résultant du fait qu'une personne a été tué ou blessée au cours de l'exploitation, à moins qu'elle ne prouve que l'accident est BGE 99 II 195 S. 198 dû à la force majeure, à la faute de tiers ou à celle de la victime (art. 1er al. 1 LRC). Elle répond de la même manière, selon l'art. 11 al. 1 LRC, des dommages causés aux objets se trouvant sous la garde personnelle de la victime, si l'avarie, la destruction ou la perte est en connexité avec l'accident. Sauf ce cas, et sous réserve des objets consignés comme marchandises ou bagages, elle ne répond des dommages matériels que s'il y a eu faute de sa part (art. 11 al. 2; RO 93 II 124 consid. 8 b). Aux termes de l'art. 58 al. 1 LCR, le détenteur est civilement responsable si, par suite de l'emploi d'un véhicule automobile, une personne est tuée ou blessée ou qu'un dommage matériel est causé. Il ne répond en revanche des dommages matériels subis par un autre détenteur que si celui-ci fournit la preuve qu'ils ont été causés par la faute ou l'incapacité passagère de discernement du détenteur intimé ou d'une personne dont il est responsable, ou encore par une défectuosité du véhicule (art. 61 al. 2 LCR). La réglementation différente consacrée par la loi sur la responsabilité civile des entreprises de chemins de fer d'une part, la loi sur la circulation routière d'autre part, en matière de responsabilité pour dommages matériels pouvait conduire à des solutions inéquitables en cas de conflit de responsabilités dérivant de ces deux lois. Aussi le Tribunal fédéral a-t-il déclaré l'art. 61 al. 2 LCR applicable par analogie à la responsabilité pour dommages matériels dans les rapports entre un détenteur de véhicule automobile et une entreprise de chemin de fer, confirmant ainsi une jurisprudence instaurée sous le régime de la loi sur la circulation des véhicules automobiles de 1932 (RO 93 II 125 s. consid. 8 d et les arrêts cités). Contrairement à ce que soutient la demanderesse, c'est dès lors avec raison que le Tribunal cantonal s'est référé à l'art. 61 al. 2 LCR et a considéré que seules les fautes des parties ou des personnes dont elles répondaient entraient en considération pour déterminer la répartition du dommage consécutif à l'accident du 17 août 1970. 2. La demanderesse fait valoir qu'elle n'a commis aucune faute et que la faute de son chauffeur ne lui est pas opposable. Elle invoque notamment l'arrêt Commune de Liestal c. Stutz, du 23 octobre 1962 (RO 88 II 362 ss.) et l'arrêt non publié Canton d'Argovie c. Dreier, du 2 juin 1964. a) Dans la cause Commune de Liestal c. Stutz, la commune BGE 99 II 195 S. 199 défenderesse était responsable du dommage subi par le détenteur d'un camion, en vertu de l'art. 58 CO. Elle invoquait l'art. 44 al. 1 CO, applicable selon elle parce que le demandeur répondait de la faute du chauffeur du camion comme de sa propre faute (art. 37 al. 6 LA). La Ie Cour civile du Tribunal fédéral a déclaré cette disposition inapplicable lorsque le détenteur d'un véhicule automobile est lésé et qu'il s'agit de savoir s'il est coresponsable du dommage qu'il subit. Les "faits" dont la partie lésée est responsable aux termes de l'art. 44 al. 1 CO comprennent la faute propre du lésé, mais pas la faute de tiers. Peu importe que le demandeur doive répondre du comportement de la personne qui a contribué par sa faute à créer le dommage si un autre que lui a été lésé. Le détenteur de véhicule automobile lésé peut réclamer à son choix la réparation totale au tiers qui lui a causé le dommage ou au conducteur fautif; c'est l'art. 51 CO qui déterminera lequel de ces deux responsables supportera définitivement le dommage; le tiers actionné par le détenteur ne peut pas invoquer la faute concurrente du conducteur. Dans l'arrêt Canton d'Argovie c. Dreier, la Ie Cour civile devait également statuer sur les prétentions d'un détenteur de véhicule automobile fondées sur l'art. 58 CO. Elle a déclaré que l'art. 58 al. 4 LCR, invoqué par le défendeur, ne valait que pour les cas visés par cette disposition; il est inapplicable lorsque c'est le détenteur qui a subi un dommage et que se pose la question de sa coresponsabilité pour ce dommage (consid. 4). Le Tribunal fédéral s'est référé à l'arrêt Commune de Liestal c. Stutz dont il a repris l'argumentation. b) Dans deux arrêts antérieurs en revanche, le Tribunal fédéral avait admis que la faute du conducteur était opposable au détenteur de véhicule automobile lésé et justifiait la réduction de ses prétentions fondées sur l'art. 58 CO (RO 56 II 96 et arrêt non publié Elsener c. Korporation Zug, du 27 janvier 1953, consid. 4). Il a de même tenu compte de la faute concurrente du domestique, qui conduisait un véhicule hippomobile, comme facteur de réduction de l'indemnité demandée par le propriétaire de ce véhicule à une entreprise de chemin de fer (RO 25 II 568 s.), et de celle des employés d'un voiturier, pour diminuer les dommages-intérêts qu'il réclamait à une compagnie de tramways (RO 35 II 325). Le Tribunal fédéral a également réduit de moitié BGE 99 II 195 S. 200 les dommages-intérêts alloués au lésé qui avait ouvert action contre une banque en vertu de l'art. 41 CO et dont l'employé avait lui aussi commis un acte illicite ayant contribué à créer le dommage (RO 61 II 187 s. consid. 3). Dans un arrêt de 1931'le Tribunal fédéral a libéré une entreprise de chemin de fer de toute responsabilité dérivant des art. 1er et 11 LRC envers le détenteur d'un camion parce que le conducteur de celui-ci avait commis une faute grave, qualifiée de faute d'un tiers (RO 57 II 364). Il a laissé ouverte dans un arrêt plus récent la question de savoir si la faute du conducteur devait être considérée comme faute propre du détenteur lésé ou comme faute d'un tiers au sens de la loi sur la circulation routière (RO 87 II 312). c) La doctrine unanime considère que celui qui répond à l'égard des tiers de la faute de ses auxiliaires, en vertu de la loi, peut également se voir opposer une telle faute lorsqu'il est luimême lésé et qu'il demande réparation à un autre responsable; en particulier, le détenteur de véhicule automobile lésé répond comme de sa propre faute de la faute du conducteur et des auxiliaires au service du véhicule (M. PETITPIERRE, La responsabilité causale, in RDS 1930 p. 85 a; VON TUHR/SIEGWART I p. 101; E. GAYLER, Die ausservertragliche Haftung für Hilfspersonen, thèse Zurich 1944, p. 104; E. MEIER, Schadenstragung bei Kollision von Gefährdungshaftungen, thèse Zurich 1945, p. 14, 21; BUSSY, Les accidents de passages à niveau, 1956, no 73 p. 37 s.; Responsabilité civile automobile, FJS 911 a, no 11 p. 4 s., et 916 b, no 12 p. 6; OFTINGER, Schweizerisches Haftpflichtrecht I p. 142, II/2 p. 497-499; P. PORTMANN, Organ und Hilfsperson im Haftpflichtrecht, 1958, p. 142-144; R. GREC, La situation juridique du détenteur de véhicule automobile en cas de collision de responsabilités, thèse Lausanne 1969, p. 80-82; KELLER, Haftpflicht im Privatrecht, 1970, p. 96 s.; GUHL/MERZ/KUMMER, Das Schweizerische Obligationenrecht, 6e éd., 1972, p. 95). La jurisprudence instaurée par les arrêts Commune de Liestal c. Stutz et Canton d'Argovie c. Dreier a dès lors été critiquée (BUSSY, FJS 908, no 16 p. 10 et 911 a, loc.cit.; GREC, loc.cit.; KELLER, loc.cit.; CH. WYNIGER, Über Haftungskollisionen, insbesondere von Kausalhaftungen, in Publications juridiques de l'Automobile Club de Suisse, cahier 4, 1971, p. 11 n. 23). d) Cette jurisprudence doit être revisée. La règle selon laquelle BGE 99 II 195 S. 201 la personne qui a des auxiliaires répond, dans telle situation déterminée par la loi, de leurs fautes en cas de dommages causés à autrui vaut par analogie, à défaut de disposition légale expresse, lorsque les rôles sont inversés, c'est-à-dire lorsque le dommage touche aussi ou seulement cette personne. Le responsable à qui elle demande réparation peut lui opposer la faute concurrente de l'auxiliaire. Les deux cas ont ceci de commun que l'auxiliaire a commis une faute ayant entraîné un dommage. Il n'y a pas de raison de traiter cette faute différemment selon que le dommage atteint un tiers ou la personne au service de laquelle se trouve l'auxiliaire. Lorsqu'une disposition légale prescrit qu'une personne répond, en telle qualité déterminée, de la faute de ses auxiliaires comme de la sienne propre pour le dommage causé à autrui, il est conforme au système et à l'esprit de la loi d'appliquer cette règle par analogie lorsque l'auxiliaire a contribué par sa faute à causer à la personne qui l'emploie un dommage dont elle demande réparation à un tiers. L'application de ce principe à la présente espèce conduit à admettre que la faute du conducteur Paratte, dont la demanderesse répondrait pour le dommage causé aux défendeurs, peut lui être opposée pour le dommage qu'elle a subi et dont elle demande réparation. L'art. 58 al. 4 LCR prescrit en effet que le détenteur répond de la faute du conducteur et des auxiliaires au service du véhicule comme de sa propre faute. Cette disposition, qui vise le dommage causé à autrui, doit être appliquée par analogie lorsque les personnes qu'elle mentionne ont contribué par leur faute à causer au détenteur un dommage dont il demande réparation à un tiers. Le texte de l'art. 44 al. 1 CO ne saurait faire obstacle à une telle application analogique. La faute propre de la partie lésée n'est pas le seul motif de réduction des dommages-intérêts. Les "faits dont elle est responsable" comprennent précisément la faute du conducteur et des auxiliaires au service du véhicule, puisque le détenteur en répond à l'égard d'autrui en vertu d'une disposition légale expresse. L'art. 51 CO ne peut pas non plus être invoqué contre l'opposabilité au détenteur lésé de la faute concurrente du conducteur et des auxiliaires. Sans doute sont-ils solidairement responsables, avec le tiers attaqué par le détenteur, du dommage subi par ce dernier. Mais le principe selon lequel la responsabilité d'une personne n'est pas diminuée à l'égard du lésé du BGE 99 II 195 S. 202 fait qu'un tiers se trouve lui aussi responsable du même dommage (RO 89 II 122 consid. 5 a) n'est pas applicable ici: les personnes mentionnées à l'art. 58 al. 4 n'ont pas la qualité de tiers par rapport au détenteur lésé, puisqu'il répond de leur faute comme de la sienne propre en vertu de cette disposition. La Ie Cour civile s'est déclarée d'accord avec la revision de la jurisprudence qu'elle avait consacrée dans les arrêts Commune de Liestal c. Stutz et Canton d'Argovie c. Dreier (art. 16 al. 1 OJ). 3. La demanderesse fait valoir que même si elle devait endosser la faute de son chauffeur, ses conclusions devraient être admises. Elle disposerait en effet de la preuve libératoire de l'art. 55 CO. Or, dit-elle, le jugement attaqué admet qu'elle n'avait pas d'instructions spéciales à donner et qu'elle n'a pas commis de faute propre. La question de savoir si la demanderesse a fourni la preuve libératoire prévue par l'art. 55 CO peut rester indécise. Cette preuve n'est en effet pas ouverte au détenteur d'un véhicule automobile qui répond selon l'art. 58 al. 4 LCR de la faute du conducteur comme de sa propre faute (OFTINGER, op.cit.; II/2 p. 476, 491 n. 201; cf. aussi vol. I p. 428 n. 9; BUSSY, Responsabilité civile automobile, FJS 908, no 13 p. 8; BUSSY/RUSCONI, Code suisse de la circulation routière, n. 3. 3 ad art. 58 LCR, p. 216). L'art. 58 LCR, lex specialis, exclut l'application de l'art. 55 CO, lex generalis, qui prévoit en faveur de l'employeur une preuve libératoire. L'argument tiré de l'art. 55 CO est ainsi mal fondé. Dans la mesure où le conducteur Paratte a commis une faute, elle est opposable à la demanderesse comme sa propre faute. 4. A titre subsidiaire, la demanderesse fait valoir que la réduction des dommages-intérêts qui lui sont dus devrait être inférieure à 30%, la faute du conducteur Paratte ayant été appréciée trop sévèrement. Les défendeurs soutiennent au contraire que cette faute est exclusive et de nature à les libérer de toute responsabilité. a) Selon le jugement déféré, on ne peut pas retenir à la charge des organes des CFF le fait de n'avoir pas apposé à l'entrée de la cour de la gare un signal réglementaire d'interdiction générale de circuler. Le camion ne pouvait en effet faire demitour que sur le domaine des CFF, du moment qu'il était engagé dans la partie supérieure de l'avenue Rousseau. Le défaut d'une BGE 99 II 195 S. 203 signalisation adéquate est dès lors sans relation de causalité avec l'accident. Il s'agit là non pas d'une constatation de fait quant à la causalité naturelle, mais d'une déduction relative à la causalité adéquate, qui peut être revue par le Tribunal fédéral (RO 96 II 395 s. consid. 1 et 2). Cette déduction n'est pas fondée. La présence d'un signal d'interdiction générale de circuler, normalement visible, était propre à attirer l'attention du chauffeur du camion sur le fait qu'il devait manoeuvrer sur une aire fermée à la circulation. Il aurait été amené à redoubler de prudence, voire à s'entendre avec le personnel de la gare pour faire demi-tour en circulant sur le domaine des CFF. Une signalisation adéquate était donc de nature à éviter l'accident. Le Tribunal cantonal relève en outre que l'aspect des lieux est suffisamment caractéristique, les voies de chemin de fer et les lignes électriques étant immédiatement visibles dès l'entrée de la place, pour qu'il n'ait pas été nécessaire d'apposer un signal spécial à cet endroit, selon l'art. 5 al. 2 LCR. Contrairement à ce qu'allègue la demanderesse, il n'y a pas qu'une seule voie et une seule ligne électrique dont on perçoit la présence, soit celles qui traversent la cour obliquement. On voit encore les voies et lignes qui bordent la place, ainsi que la halle aux marchandises et le quai de chargement. Tous ces éléments manifestent que la place fait partie de la gare, soit du domaine du chemin de fer, et que d'après sa destination elle est réservée aux usagers qui ont à expédier des marchandises ou à en prendre livraison. La cour cantonale pouvait dès lors admettre sans violer l'art. 5 al. 2 LCR que les défendeurs n'étaient pas tenus de placer un signal d'interdiction générale de circuler, bien que la place, ouverte à un cercle indéterminé d'usagers, ait le caractère d'une voie publique au sens de l'art. 1er LCR (RO 86 IV 30 ss. consid. 2 et 3) et que le personnel de la gare ait constaté que les conducteurs étrangers à la région étaient nombreux à s'y engager par erreur. b) Le Tribunal cantonal considère que les défendeurs ont commis une faute en ne signalant pas la voie 7 qui traverse la place de la gare en oblique. Une petite croix de Saint-André était nécessaire en vertu de l'art. 5 litt. c de l'ordonnance du 7 mai 1929 concernant la fermeture et la signalisation des croisements à niveau des chemins de fer avec les routes et chemins BGE 99 II 195 S. 204 publics, applicable étant donné le caractère de voie publique au sens de l'art. 1er LCR de la place en question. Les défendeurs contestent cette argumentation. Ils font valoir que l'ordonnance du 7 mai 1929 n'oblige pas les entreprises de chemins de fer à signaler la présence des voies sur leur domaine réservé à l'exploitation. La place de la gare aux marchandises de Clarens n'est pas une route ni un chemin public au sens de cette ordonnance. L'ordonnance du 7 mai 1929 ne vise expressément que les croisements à niveau des chemins de fer avec les routes et chemins publics (art. 1er al. 1); elle ne dit rien des croisements à niveau établis sur des places qui font partie du domaine du chemin de fer. Mais lorsqu'une telle place est ouverte à la circulation des usagers, la sécurité de ceux-ci et du chemin de fer exige que le croisement soit signalé d'une manière adéquate. L'entreprise de chemin de fer dont la halle aux marchandises et le quai de chargement ne sont accessibles, notamment par des véhicules à moteur, que par une place à travers laquelle est installée une voie servant aux manoeuvres crée un état de choses dangereux pour autrui; elle est dès lors tenue de prendre les précautions nécessaires pour empêcher un dommage de survenir (RO 82 II 28 et les arrêts cités, 93 II 92 consid. 2, 236 litt. c, 339 consid. 5, 95 II 96 consid. 2). Un des moyens propres à prévenir des accidents est d'avertir les usagers que la place est coupée par une voie. La circulation étant peu importante, il suffit de placer une croix de Saint-André (signal No 132). Cette signalisation du croisement à niveau était d'autant plus nécessaire en l'espèce qu'au su du personnel de la gare, les conducteurs étrangers à la région étaient nombreux à s'engager par erreur sur cette place. La Cour civile vaudoise était dès lors fondée à appliquer, tout au moins par analogie, l'ordonnance concernant la fermeture et la signalisation des croisements à niveau des chemins de fer avec les routes et chemins publics et à considérer le défaut de signalisation comme une faute dont répondent les défendeurs. Ceux-ci contestent à tort le rapport de causalité entre cette faute et l'accident. La croix de Saint-André aurait attiré l'attention du chauffeur du camion sur le danger qu'il courait à s'approcher de la voie sans s'assurer que le passage était libre. Si les voies et les lignes électriques sont visibles dès l'entrée de BGE 99 II 195 S. 205 la place, la voie 7 ne l'est pas immédiatement depuis un véhicule qui y débouche, selon le jugement déféré. c) Les défendeurs contestent la faute retenue à leur charge par le Tribunal cantonal, qui admet que leurs employés n'ont pas respecté les prescriptions du règlement du service des manoeuvres des CFF, en particulier les art. 96 à 104 traitant du contrôle du parcours. Ils font notamment valoir le droit de priorité du chemin de fer. Il est vrai que la seule présence d'installations ferroviaires doit inciter à une grande prudence toutes les personnes qui entrent en contact avec le chemin de fer, en particulier les conducteurs de véhicules à moteur à l'approche de passages à niveau. Mais cela ne dispense pas le personnel de l'entreprise ferroviaire d'user aussi de toute l'attention commandée par les circonstances pour éviter des accidents, quand bien même il bénéficie de la priorité. En l'espèce, les premiers juges constatent que le chauffeur Paratte s'était déjà engagé dans la cour de la gare aux marchandises lorsque le convoi s'est mis en marche sur la voie 8. A un moment donné, le conducteur du tracteur a aperçu un camion qui circulait dans la partie ouest de la place. En cours de trajet, il s'est porté du côté sud de son véhicule. Il n'a cependant pas signalé la présence de ce camion en mouvement au chef de manoeuvre, qui se trouvait du côté nord. Celui-ci a tourné l'aiguille 7 après que le convoi eut passé de la voie 9 à la voie 8, puis il a donné l'ordre de départ, sans avoir vu le camion. Le conducteur du tracteur a actionné le siffiet avant de démarrer. Cet avertissement, certes nécessaire, ne suffisait pas. Lorsque la rame roulait sur la voie 8, le camion était déjà engagé sur la place. Si le chef de manoeuvre avait observé la voie 7 pour s'assurer qu'elle était libre avant d'y envoyer le convoi, il se serait rendu compte qu'un camion avec remorque se dirigeait vers le milieu de la place, où celle-ci est traversée par ladite voie. Il aurait pu alors prendre les mesures propres à éviter une collision, soit en interrompant la manoeuvre jusqu'à ce que le camion fût hors d'atteinte, soit en faisant arrêter celui-ci. Les deux autres agents du chemin de fer occupés à la manoeuvre, qui se tenaient également du côté nord, chacun sur l'unique vigie qui équipait les wagons, n'ont pas non plus remarqué le camion. Les défendeurs allèguent que les agents qui effectuent BGE 99 II 195 S. 206 une manoeuvre doivent pouvoir communiquer entre eux, de vive voix ou par des signaux, ce qui implique qu'ils soient du même côté du convoi; le choix de ce côté est déterminé par l'emplacement du poste de commande du véhicule à moteur, qui en l'espèce était du côté nord. Mais ces exigences n'empêchent pas les agents de se porter momentanément de l'autre côté du convoi, comme l'a fait le conducteur du tracteur, pour observer le parcours. Les employés des CFF n'ont pas prêté l'attention voulue à ce qui se passait sur la place traversée par la voie 7 où allait s'engager leur convoi et ne se sont pas assurés, avant d'entreprendre la manoeuvre sur cette voie, que le mouvement de la rame ne mettrait personne en danger. Ils ont dès lors commis des fautes dont les défendeurs répondent. d) Avec raison, la demanderesse ne conteste pas que son chauffeur ait commis une faute. Il n'a pas prêté l'attention voulue à la route, en l'occurrence à la place, et à la circulation, enfreignant la règle de l'art. 3 al. 1 LCR. Il a parcouru plus de 100 mètres depuis son entrée sur la place jusqu'au point de choc alors que la rame franchissait 55 mètres de l'aiguille 7 à ce point; roulant à 10 ou 11 km/h, elle a mis plus de 20 secondes pour y parvenir. En n'apercevant pas les wagons qui se dirigeaient vers lui durant ce laps de temps, le conducteur a manifestement manqué à son devoir d'attention. Or il aurait dû être d'autant plus prudent que la présence des voies de chemin de fer et des lignes électriques, visibles dès l'entrée de la place, lui montrait clairement qu'il manoeuvrait sur une aire où des mouvements de convois ferroviaires pouvaient se produire à tout instant. e) Compte tenu des fautes retenues à la charge des parties, l'appréciation de l'autorité cantonale, qui a considéré que celles-ci supportaient une responsabilité égale dans la survenance de l'accident et a partant réduit de moitié les dommagesintérêts, est fondée. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours principal et le recours joint et confirme le jugement attaqué.
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